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  • B.A., Toronto. 18e^4; U.A., ISS5.
  • J'eilow in the ködern langua^e ■
  • Department, U.C., 1893-1894.
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  • DEUTSCHE OLASSIKER
  • DES
  • MITTELALTERS.
  • MIT WORT- UND SACHERKLÄRUNGEN.
  • BEGRÜNDET
  • VON
  • FRANZ PFEIFFER.
  • SIEEENTEE BAND.
  • OOTTFRIED'S VON STRASSBURGi TRISTAN.
  • ERSTER THEIL.
  • LEIPZIG:
  • F. A. BROCKHAUS.
  • 1873.
  • GOTTFEIED'S VON STMSSBUEG
  • /
  • TRISTAN.
  • U^^
  • HERAUSGEGEBEN
  • VON
  • HEINHOLD BECHSTEI]^r.
  • ERSTER THEIL
  • ZWEITE AUFLAGE.
  • LEIPZIG:
  • F. A. B R 0 C K H A ü S
  • IST.}.
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  • EINLEITUNG.
  • Anraiithig und von künstlerischer Schönheit wie keine
  • zw eite Romanclichtung des deutschen Mittelalters ist der Tri-
  • stan Gottfried's von Straßburg; in keiner waltet ein solch
  • wunderbarer und seelenvoller Einklang zwischen Inhalt und
  • Form. Mangelt diesem Dichter die schlichte Einfachheit und
  • €dele Klarheit seines Genossen und Vorbildes Hartmann von
  • Aue, ist er weit entfernt von der sittlich ernsten Strenge und
  • großartigen Hoheit seines Widersachers AVolfram von Eschen-
  • bach, so ist er einzig und unübertroffen im leichten Flusse
  • der Piede, im geistreichen und zierlichen Spiele der Worte,
  • Gedanken und Bilder, in der einschmeichelnden und zaube-
  • risch ergreifenden Kunst der Seelenmalerei. Schon von den
  • Zeitgenossen und nächsten Nachkommen wird sein Genius be-
  • wundert und gepriesen, und über ein Jahrhundert lang findet
  • seine Dichtersprache bewusste und unbewusste Nachahmung.
  • Mit dem sinkenden Mittelalter wird sein Name vergessen, aber
  • mit dem Erwachen der deutschen Studien feierte auch Gott-
  • fried nach langem Schlummer seine Wiedergeburt. Nicht
  • nur aus literargeschichtlichem Interesse und um der Beleh-
  • rung willen vertiefen wir uns in sein Gedicht. Wer vor-
  • urtheilslos sich ihm nähert, aber empfänglich ist für die Poesie
  • unserer Vorzeit, der wird unwillkürlich in hohem Maße ge-
  • fesselt und findet reichen ästhetischen Genuß. Ja Gottfried
  • ist auch lebendig für die Gegenwart gewonnen; denn mancher
  • Dichter hat sich ihn zum Vorbild auserkoren.
  • Daß es dem Dichter des Tristan mit seiner ausgeprägten
  • Eigenart zu seiner Zeit nicht an feindseligen Gegnern gefehlt
  • habe, das dürfen wir auch ohne bestimmte äußere Zeugnisse
  • annehmen und schließen es aus einzelnen Andeutuncren. Auch
  • VI EINLEITUNG.
  • in imseni Tagen ist er nicht ohne Anfechtung geblieben. Seine
  • Lebensanschaimng fand Tadel, der sittlich bedenkliche Stoflf
  • seines Liebesromans gab vor allem Anlaß zu verwerfendem
  • Urtheil. Auch philologische Bedenken wurden laut wider seine
  • Verskunst. Solchen immer nur vereinzelten Ausstellungen
  • gegenüber, die noch dazu meist einem grämlichen Gemüthe
  • entstammten, hat die Literaturgeschichte doch ihr Urtheil dahin
  • festgestellt, daß Gottfried von Straßburg als einer der her-
  • vorragendsten Dichter, den Deutschland je geboren, in Ehren
  • zu halten ist, als ein wirklicher Classiker unseres Alterthums.
  • Wenn der Tristan auch auf heutige Leser noch einen wirk-
  • lich ästhetischen Eindruck zu machen vermag, so verdanken
  • sie dies gewiss vorzugsweise der unnachahmlichen Kunst des
  • Dichters. Einigermaßen wird auch das unbekannte franzö-
  • sische Original solches Verdienst beanspruchen dürfen. Ein
  • gut Theil aber dieser A^ irkung kommt zugleich den allgemein
  • menschlichen Motiven der Erzählung zu, welche uns das mittel-
  • alterliche und insbesondere höfisch-ritterliche Costüm in Stoif
  • und Darstellung fast ganz vergessen lassen. Gottfried's Ge-
  • dicht war zu seiner Zeit gewiss ein echt modernes. Macht es
  • aber mit Abrechnung einiger Einzelheiten in der Erzählung
  • und einiger geschichtlich charakteristischen Anschauungen
  • nicht auch heute noch den Eindruck des Modernen? Auch
  • daß die Handlung im fernen Lande vor sich geht, stört uns
  • nicht; diese Fremde blickt uns nicht fremd und seltsam an.
  • Für die ästhetische Würdigung wird der jeweilige Ge.
  • schmack immer maßgebend sein. Beim Tristan können wir
  • aus den angedeuteten Gründen ziemlich mühelos zu einer
  • lebendigen Nachemptindung gelangen ähnlich wie bei Hart-
  • mann's Gregor und Armem Heinrich, während bei Schöpfungen
  • wie z. B. bei Hartmann's Erec und Iwein, es vorerst der Ver-
  • tiefung bedarf, ehe wir dem Gegenstande und der Kunst des
  • Dichters gerecht werden. Erfüllt eine solche Anschauung that-
  • sächlich die weiteren Kreise, so wird selbst der Fachmann sich
  • ihrem Banne nicht ganz entziehen können, sobald er auf dem
  • Standpunkt des genießenden Lesers steht. Aber an sich,
  • wissenschaftlich betrachtet, darf dies das literargeschichtliche
  • Urtheil nicht bestimmen. Gedichte wie die zuletzt genannten
  • hören darum nicht auf, Blüten der Kunst zu sein, weil sie
  • vielleicht dem heutigen Geschmacke nicht ohne weiteres zu-
  • sagen wollen. In dieser Beziehung werden die Erzeugnisse
  • des Mittelalters gar zu leicht unterschätzt. Aber es will mich
  • bedünken, als habe auch in der Behandlung der Literatur-
  • EINLEITUNG. VI!
  • geschiclite Jas historische ürtheil öfters unter dem Drucke
  • von Vorliebe und Abneigung gelitten.
  • Die Literaturgeschichte scheidet bekanntlich in der erzäh-
  • lenden Dichtung des Mittelalters das Volksepos, die dichte-
  • rische Verherrlichung der heimischen Heldensage, vom Kunst-
  • epos oder, wie es mit Beschränkung auf seine kurze Blütezeit
  • auch genannt wird, vom höfischen, vom ritterlichen Epos.
  • Eine solclie systematische Scheidung ist wohl nöthig, ja auch
  • zweckmäßig, aber sie kann weder hinsichtlich der Form noch
  • auch hinsichtlich des Inhaltes genau bis ins Einzelne durch-
  • geführt werden. Ein Gegensatz zwischen der heimischen Dich-
  • tung und der von außen eingeführten, nach fremden Vor-
  • bildern geschaffenen bestand allerdings und wird nie völlig
  • geschwunden sein. Er war begründet in den gesellschaftlichen
  • Verhältnissen und Unterschieden, ja er tritt auch historisch
  • nach den Landschaften hervor. Allein so schroff, wie er oft
  • dargestellt und unter Rubriken gebracht wird , Avar dieser
  • Gegensatz niemals; die Zeit milderte ihn, sie glich ihn aus
  • mit Hülfe des universalen, des kosmopolitischen Geistes,
  • welcher das mittelalterliche Leben durchdrang und erfüllte.
  • Wenn fremde Stoffe ebendeshalb, weil sie nicht vaterländisch
  • w^aren, zunächst auch keine Volksthümlichkeit besaßen, so
  • wurden sie doch volksthümlich durch das allgemeine Bedürf-
  • niss nach poetischer Anregung und Unterhaltung, sowie durch
  • die Kunst hervorragender Meister. Gilt dies vor allen von
  • den christlichen, biblischen Erzählungen, so wurden auch
  • antike, romanische und keltische, selbst einzelne orientalische
  • Sagenstoft'e zu einem Gemeingute der abendländischen AVeit
  • und fanden namentlich in unserm Vateriaude, wo schon früh
  • das Aneignungsvermögen dem fremden Geiste willig entgegen-
  • kam, eine neue Heimat und ihre dichterische Verklärung, wie
  • auch hinwiederum manche Dichtungen, die unserm heimischen
  • Boden erwachsen waren, ihren Weg in andere Lande ge-
  • nommen haben. Sagengestalten wie König Alexander, König
  • Artus, Parzival und Tristan sind in der Blütezeit mittelalter-
  • licher Poesie und noch lange darüber hinaus nahezu so volks-
  • thümlich und in gewissem Sinne so national wie Siegfried und
  • Dietrich von Bern.
  • Die Sage von Tristan ist eine keltische, ihre Heimat
  • Britannien und Irland. In England wird sie frühzeitig dich-
  • terisch verwerthet, von da gelaugt sie nach Frankreich, wo
  • X EINLEITUNG.
  • Dagegen finden sich mehrere Stellen, in welchen der Dich-
  • ter sein kritisches Missfallen an bereits vorhandenen Versionen
  • der Sage unverhohlen und mitunter nicht ohne Schärfe kund-
  • gibt. So sagt er gleich im Eingange (V. 131 — 134), daß viele
  • die Geschichte Tristan's gelesen, aber nur wenige sie in der
  • rechten Weise erzählt hätten. Er deutet somit auf die allge-
  • meine Bekanntschaft der Sage im Volke hin und zugleich auf
  • seine literarischen Vorgänger. Diese erste Bemerkung ist all-
  • gemein, sie sagt uns nicht, in welcher Sprache jene Erzählungen
  • verfasst wurden. Wenn Gottfried dann ferner (V. 146 — 154) sein
  • Urtheil dahin erläutert, daß die Erzähler sich nicht nach dem
  • Vorbilde des Thomas von Britannie gerichtet hätten, so braucht
  • auch hieraus nicht geschlossen zu werden, daß die Getadel-
  • ten ausschließlich Deutsche seien, wohl aber ergibt der ganze
  • Zusammenhang der Stelle, daß Gottfried hier auch an deutsche
  • Vorgänger gedacht, ja daß er diese vorzugsweise im Auge ge-
  • habt habe.
  • Gleich im Beginne der Erzählung (V. 322 — 328) bietet sich
  • dem Dichter Gelegenheit, auf eine Abweichung seiner Quelle
  • von der andern populär gewordenen Tradition aufmerksam zu
  • machen. Riwalin gilt als ein Lohnoissere, als ein König über
  • das Land zu Lohnois, dagegen war er nach sicherer Über-
  • lieferung des Thomas ein Parmenier. — Sodann verwirft Gott-
  • fried die entschieden poetische Erzählung von der Schwalbe
  • und dem Frauenhaar und von Tristan's zielloser Fahrt (V. 8605
  • — 32). In dieser für unsern Sinn etwas nüchternen Auslassung
  • des Dichters regt sich allerdings, wie Jakob Grimm treffend
  • bemerkte, bereits das Gefühl der modernen Kritiker. — Ebenso
  • leugnet Gottfried, daß Marke und Isolt den Minnetrank koste-
  • ten (V. 12655 — 60), während ihn Brangasne in die See gewor-
  • fen habe, wie uns auch Gottfried vorher (V. 11G98 fg.) er-
  • zählte. — Der Zwerg Melot war nach dem allgemeinen Glau-
  • ben befähigt, Geheimnisse aus den Sternen zu lesen, dagegen
  • schildert ihn die Quelle des Dichters nur als gewandt und
  • listig (V. 14241 — 53). — Daß in gleicher Weise, wie Gottfried
  • es thut, auch andere die Überlieferung der Tristansage mit
  • kritischen Augen ansahen, darüber belehrt uns die polemische
  • Äußerung (V. 16913 — 26) gegen diejenigen, welche ein bloßes
  • Liebeleben in der Wildniss ohne materielle Nahrung nicht
  • glaubhaft und unsinnig finden. Zugleich ist die Stelle gegen
  • vorliegende Versionen gerichtet, in welchen Tristan als Jäger
  • und Fischer geschildert wird, der durch seine Geschicklich-
  • keit sich und seiner Geliebten das Leben fristet.
  • EINLEITUNG. XI
  • Wirklich ist auch eine deutsche Erzählung von Tristan
  • vorhanden, welche einmal zeitlich der Gottfriedischen voraus-
  • geht, und sodann inhaltlich von dieser abweicht, aber dies
  • nicht nur in den von Gottfried berührten Stellen, sondern
  • auch noch in gar vielen Einzelheiten. Diese andere Tradition
  • stimmt im Allgemeinen mit der französischen des Berox. In
  • ihr «hängt die Fabel», wie Jakob Grimm wider ein abfälliges Ur-
  • theil von Gervinus bemerkte (Göttingische gelehrte Anzeigen,
  • 1835, GG2; jetzt auch Kl. Schriften ä, 186), gegenüber der
  • Erzählung von Gottfried «noch in festerer Fuge». Es ist dies
  • der Tristan des Eilhart von Oberge, eines niedersächsischeuy
  • aus dem Hildesheimischen stammenden Ritters und Dienst-
  • mannen Heinrich's des Löwen. Er erscheint urkundlich in den
  • Jahren 1189 — 1207. Sein Gedicht ist wahrscheinlich nach
  • einer französischen (Quelle gearbeitet. Es ist in dem ein-
  • fachen Erzählerton abgefasst, wie er vor Heinrich von Vel-
  • deke allgemein war. Man setzt es daher um das Jahr 1170.
  • Die Sprixche des Dichters ist nicht das Niederdeutsch, son-
  • dern das Hochdeutsch der mittleren Lande, das sogenannte
  • Mitteldeutsch. Leider besitzen wir eine alte, noch dem
  • 12. Jahrhundert angehörende Gestalt des Gedichtes nur in
  • Bruchstücken. ^) Dagegen hat sich das ganze Werk erhal-
  • ten in einer jüngeren Bearbeitung, welche in zwei Hand-
  • schriften des 15. Jahrhunderts, einer Heidelberger, früher
  • Vaticanischen, und einer Dresdener vorliegt. Im Einzelnen
  • weichen beide Handschriften formal voneinander ab. Bisjetzt
  • kennen wir von der Bearbeitung selbst nur einzelne kürzere
  • oder längere Proben. -) Es ist hohe Zeit, daß sie vollständig,
  • wo möglich in einer Gegenüberstellung der beiden Texte
  • sowie mit Berücksichtigung der alten Bruchstücke zur Ver-
  • öffentlichung gelange.
  • Daß es außer diesem einen Gedichte von Eilhart vor Gott-
  • 1) I. In: Gottfried's von Strasburg Werke von v. d. Hagen 2, 315 (1^23),
  • mitgetheilt von Hoffmann von Fallersleben mit den Ergänzungen aus der
  • (Dresdener) jüngeren Bearbeitung; wiederholt in Hoffmann's Fundgruben
  • 1, '-'32 (1830), — II. In: Bruchstücke aus Jansen's des Enenkels gereimter
  • Weltchronik, S. 37 (1854) von Karl Roth. — III. In Pfeiffers Germania
  • ', 155 (18 mitgetheilt von K. A. Barack.
  • -') I. In Jakob Grimm's genannter Recension über das Buch der Liebe^
  • Spalte 500 fg. (isi2) aus der Dresdener Handschrift. — II. In v. d. Ha-
  • gen's und Büsching's literarischem Grundrisse, S. 127—130 (18l2) aus der
  • Dresdener Hs. — III. In Groote's Ausgabe des Tristan (1821), S. XXIX
  • Heidelb. Hs., S. 41f, Dresdener Hs. — IV. S. obige Anmerkung 1) I (1S23).
  • — V. In einem Aufsatze Rcinhold Köhlcr's in Pfeiffer's Germania 11, 389 fg.
  • (186'")) Heidelb. und Dresdener Hs. —VI. In einer Mittheilung R. Köliler's
  • in Pf. Germania 14, 24<; (1 '-•;!<; Dresdener Hs.
  • XII EINLEITUNG.
  • fried's Zeit bei uns nocli andere gegeben habe , dürfen wir
  • schon daraus schließen, daß Gottfried öfters geradezu mehrere
  • nennt. Sollten aber nicht auch einzelne seiner polemischen
  • Äußerungen dies bestätigen? Gottfried spricht in jener Stelle
  • nur von einer Scliwalbe, die Bearbeitung von Eilhart's Ge-
  • dichte meldet von zwei Schwalben, die sich über den Besitz
  • eines Frauenhaares stritten. Dort wird uns ferner erzählt,
  • Tristan habe während seiner Verbannung gejagt und gefischt.
  • Also kann diese Yersion nicht Anlaß zu den spöttischen Be-
  • merkungen gegeben haben, gegen welche Gottfried eifert. Es
  • muß vielmehr eine Erzählung vorhanden gewesen sein, welche
  • bei aller sonstigen Verschiedenheit von Gottfried's Quelle min-
  • destens in diesem einen Punkte mit ihr zusammenstimmte.
  • Um das Jahr 1210 dichtete, was hier in Kürze voraus-
  • genommen werden soll, Gottfried von Straßburg sein un-
  • sterbliches Werk, hinterließ es aber unvollendet. Fort-
  • setzung und Schluß lieferte um 1240 Ulrich von Türheim,
  • einen ähnlichen Versuch wagte dann später um 1300 Hein-
  • rich von Freiberg.
  • Aus der jüngeren Bearbeitung von Eilhart's Gedichte gieng
  • das prosaische Volksbuch hervor, welches zuerst 1498 in
  • Augsburg erschien, in der Folgezeit öfters wiederholt wurde,
  • dann auch im «Buch der Liebe;) (zuerst Frankfurt 1587) Auf-
  • nahme fand. ^) Keuerdings wurde das Volksbuch wiederholt
  • und zum Theil modernisiert in Büsching's und v. d. Hageivs
  • Buch der Liebe und in den Volksbüchern von Simrock und
  • JNIarbach.
  • Aus dem Volksbuche schöpfte hinwiederum Hans Sachs
  • bei Abfassung seiner Tragödie: Tristrant mit Isalde, vom
  • 7. Februar 1553.
  • Der neueren Versuche, die Tristansage episch oder dra-
  • matisch zu bearbeiten, können wir hier nicht im Einzelnen
  • gedenken. Es mag genügen, wenn an Immermann's herr-
  • liches, leider unvollendetes Epos, an die schwungvolle Fort-
  • setzung des Gottfriedischen Gedichts von Hermann Kurtz
  • und an Richard Wagner's geistreiche, aber spröde Opern-
  • dichtung erinnert wird. -')
  • ') Bibliographische Nachweise der beiderlei Ausgaben in Jakob Grimm's
  • Eecension, Sp. 491; in v. d. Hagen's Minnesingern 4, 588, Anmerk. 2; in
  • Goedeke's Mittelalter, S. 781, und Grundriß 1, 115. 11(5.
  • '^) Eine zusammenfassende Besprechung dieser neueren Versuche gedenkt
  • der Herausgeber zu geben in einer Schrift, betitelt: Tristan und Isolt in
  • deutschen Dichtungen der Neiizeit.
  • EINLEITUNG. XIII
  • Nicht allein die vorhandenen Denkmäler und diese in ver-
  • schiedenen Handschriften, Bearbeitungen und Ausgaben geben
  • uns vollwichtiges Zeugniss von der Beliebtheit der Tristan-
  • sage in Deutschland während des Mittelalters und im Beginne
  • der neuen Zeit, es stehen uns auch zur Ergänzung litera-
  • rische Zeugnisse zu Gebote, welche auf die Vertrautheit
  • mit der Sage und mit ihren Hauptfiguren schließen lassen.
  • Ein Theil derselben beziehen sich nur auf Gottfried's Tristan
  • und sind daher besser an anderer Stelle zu berücksichtigen.
  • Andere, die allgemein gehalten sind, wurden bisweilen, wie
  • mir scheint zu voreilig, auch auf Gottfried gedeutet. Wenn
  • nun auch nicht geleugnet werden soll, daß sein Gedicht
  • wesentlich zur Verbreitung der Erzählung beigetragen hat, so
  • kann doch im einzelnen Falle diese Kenntniss ebenso gut
  • durch die andern Bearbeitungen vermittelt worden sein, ja
  • manchmal beziehen sich die Anspielungen bei den Dichtern
  • entschieden auf eine dieser letzteren.
  • Besäßen wir ein leicht zugängliches und handliches Werk,
  • V hes, wie es Wilhelm Grimm für die deutsche Heldensage
  • geui;(n, die Zeugnisse über die außerdeutsche Sagenwelt in
  • den deutschen Dichtungen des Mittelalters in knapper und
  • kritisch sichtender Weise zusammenstellte, dann würde hier
  • eine einfache Verweisung wohl am Platze sein. Wer diesen
  • Dingen näher nachgehen will, muß im vierten Theile von
  • V. d. Hagen's Minnesingern sich die Stellen zusammensuchen.
  • Eine vollständige Sammlung dieser Zeugnisse kann natürlich
  • nicht in der Aufgabe einer einleitenden Betrachtung zu einer
  • Ausgabe des Gottfriedischen Tristan liegen, doch möchte, weil
  • dieselben auch noch in anderer Beziehung nicht unwichtig
  • sind, wenigstens auf einige, auf die ältesten oder bezeichnend-
  • sten ausdrücklich hinzuweisen sein.
  • Vor Gottfried finden wir auf die Tristansage angespielt in
  • einem Liede Heinrich's von Veldeke. Tristan musste un-
  • freiwillig der Königin treu sein; ihn zwang der Minnetrank
  • mehr als die Kraft der Minne; ich aber, setzt der Dichter
  • hinzu, bedarf eines solchen Zaubers nicht, ich minne sie, die
  • Cieliebte, doch mehr als er die seine. (Minnesangs Frühling,
  • 58, 35.)
  • Wahrscheinlich ebenfalls noch vor Gottfried finden wir
  • fast dasselbe Bild benutzt in einem Liede des Bernger von
  • Horheim, eines schwäbischen Ritters, welcher 1190 mit Hein-
  • rich VI. nach Apulien zog. Die betreffende Strophe ist er-
  • weislich einem französischen Liede nachgebildet, nichtsdesto-
  • XIV EINLEITUNG.
  • weniger wird dadurch die Bekanntschaft der Sage in Deutsch-
  • land bezeugt. (Minnes. Fr. 112, 1.)
  • In einem Gedichte des von Gliers in der Pariser Hand-
  • schrift heißt es, es sei eine Noth, der Minne zu dienen.
  • Mancher leide den Tod durch sie, der ihrer doch mit herzlicher
  • Treue pflege; «so Tristan, der mich jammern muß», (v. d. Ha-
  • gen's Minnesinger 1, 105, Strophe 7.)
  • An den Minnetrank knüpft ebenfalls Reinmar von Zwe-
  • ter, der bekannte Spruchdichter, an. Um der Treue willen zu
  • einem geliebten Weibe litt Tristan den Tod; er trank diese
  • Liebe aus einem Glase. Auch ich habe das getrunken aus
  • meiner Herrin Augen. (Hagen, Minnes. 2, 181, Strophe 25.)
  • Der Marner, ein Schwabe bürgerlichen Standes (f 1287),
  • benutzt ein ähnliches Motiv in einem Wächterliede. Troja
  • ward einst zerstört, dem Tristan geschah viel Liebesweh um
  • Isalden willen; auch jetzt noch hält die Minne manchen wer-
  • then Mann gefangen. (Hagen, Minnes. 2, 237, Strophe 2.)
  • In einem eingestreuten Liede, einer Tanzweise, in Ulrich's
  • von Liechtenstein Frauendienst bittet der Dichter seine Ge-
  • liebte, daß sie ihn wie Isalde den Tristram trösten möge.
  • Die Stelle ist auch formal wichtig:
  • Min hend' ich välde mit triuwen algernde üf ir füeze,
  • däz s'als isalde Tristrämen getrdesten mich müeze.
  • (Lachmann 394, 16, Strophe 3.)
  • Die Form Isalde, welche hier durch den Reim gesichert ist,
  • stammt aus der nieder- oder mitteldeutschen Tradition, die
  • auch in Oberdeutschland allgemein war, während Gottfried im
  • Nominativ nur Isolt oder Isot sagt und in den andern Casus
  • auch nur o und 6, niemals a verwendet.
  • Auch Tristan's Altern werden erwähnt in einem Liede
  • Konrad's von Würzburg. Der Dichter klagt, Amor sei
  • durch Mars verdrängt worden. Liebende wie Riwalin und
  • Blanscheflur gebe es nicht mehr. (Hagen, Minnes. 2, 312,
  • II, Strophe 3.)
  • Wie in Liedern, so wird auch in epischen Dichtungen
  • auf die Tristansage angespielt. Wir gedenken nur der Stellen
  • bei Wolfram von Eschenbach. Tristan wird in seinen Ge-
  • dichten nicht genannt, dagegen erwähnt er den Morolt von
  • Irland im Parzival (I, 1445. II, 263. 442. 705. 828), doch ohne
  • Beziehung auf seine Schicksale in der Tristanerzählung. Riwalin,
  • der minne gernde^ wird ausdrücklich als König von Lohneis
  • bezeichnet (II, 440), was wahrscheinlich schon in der Vorlage
  • EINLEITUNG. XV
  • Stand. Von Parzival wird gesagt, er sei nicht von einem
  • Kurvenal erzogen worden, er verstehe sich nicht auf Cour-
  • toisie (III, 85G). Parzival's Gattin, Konduiramur, heißt es
  • (IV, 247), überstrahle an Schönheit die beiden Isolden.
  • AVichtiger sind aber einige Stellen in didaktischen Ge-
  • dichten, weil diese das wirkliche Leben berühren. — Tho-
  • masin von Zirclaria kommt in seinem Lehrgedichte, der
  • wälsche Gast genannt (verfasst 1216), auf die Lektüre der
  • Jugend zu sprechen (V. 1023—1078) und empfiehlt aus dem
  • Gebiete der höfischen Dichtung eine Anzahl Personen als gute
  • Vorbilder. Den Jungfrauen nennt er unter andern auch
  • Blanscheflör ; wahrscheinlich meint er die Mutter Tristan's,
  • nicht die Geliebte Flore's. Die Jungherren erhalten folgende
  • Lehre:
  • Juncherren suln von Gäwein 1041
  • hoeren, Clies, Erec, Iwein,
  • und suln rihten sin jugent
  • gar nach Gäweins reiner tugent.
  • volgt Artus dem künege her, 1045
  • der treit iu vor vil guote 1er,
  • und habt ouch in iuwerm muot
  • künic Karin den helt guot.
  • lät niht verderben iuwer jugent.
  • gedenket an Alexanders tugent, 1050
  • an gevuoc volgt rr Tristande ,
  • Seigrimos , Kälogriande.
  • Ohne Zweifel hat hier Thomasin den Charakter Tristan's im
  • Sinne, wie er von Gottfried geschildert ist.
  • In Hugo's von Trimberg Renner, dem bekannten und
  • einst vielgelesenen Lehrgedichte (verfasst um 1300), wird uns
  • bei Gelegenheit einer Herzensergießung des Dichters, daß man
  • es unmöglich allen Leuten recht machen und alle V\''ünsche
  • erfüllen könne, auch von der Verschiedenheit und Manig-
  • faltigkeit des literarischen Geschmacks erzählt. Da heißt es
  • von einem, er höre gern von Dietrich von Bern und von den
  • alten Recken, ein anderer wolle von Herrn Ecken, ein dritter
  • von der Reußen Sturm , der vierte wolle Siegfried's Wurm,
  • der fünfte kU kern Tristerant u. s. w. (IG 154 — 70).
  • 1043 Sin altertbümlich für ir; vgl. zu Tristan bbO. — 104tj treit = trägt.
  • vor tragen, zeigen. — he dat. pl.:=euch. — 1051 gevuoc st. niasc, Schick-
  • lichkeit, Anstand.
  • XVIII EINLEITUNG.
  • einem Akrostichon verewigte. So erfahren wir seine Autor-
  • schaft zunächst nur durch die Fortsetzungen der genannten
  • jüngeren Dichter, üh'ich's und Heinrich's, welche in mehreren
  • Handschriften sich an das Hauptwerk unmittelbar anschließen.
  • Vom älteren dieser Fortsetzer ist der von der Welt geschie-
  • dene Dichter nur Meister Gottfried genannt, der jüngere fügt
  • seinen Beinamen hinzu und nennt ihn Meister Gottfried von
  • Straßburg.
  • Seltsamerweise fehlt in den Handschriften, welche wir bis-
  • jetzt vom Tristan kennen, irgendwelche Überschrift, irgend-
  • welcher Titel u. dgl., durch welche der Name des Verfassers
  • auch ohne dessen Bekenntniss im Gedichte selbst und ohne
  • die Angabe in der folgenden Fortsetzung kundgegeben würde.
  • Dafür erscheint er ein paarmal als Autor in andern Hand-
  • schriften, sogar auch mit Unrecht. Die Betrachtung dieser
  • Zeugnisse führt uns zugleich auf eine andere Seite von Gott-
  • fried's Dichterthätigkeit, auf seine Lyrik.
  • In der großen Pariser Liederhandschrift, die früher ohne
  • Grund die Manessische genannt wurde, stehen drei Gedichte
  • unter dem Namen Gottfried von Straßburg; das Register fügt
  • diesem Namen «Meister» hinzu. Diese Gedichte sind: ein Früh-
  • lings- und Minnelied von 6 Strophen, ein umfangreicher Lob-
  • gesang auf die heilige Jungfrau (63 Strophen) und ein Gedicht
  • von der Armuth (13 Strophen). Außer dem letzteren Stücke,
  • welches bisjetzt nur in der Pariser Handschrift vorliegt, finden
  • sich die Gedichte auch anderwärts. Die ältere Heidelberger
  • Handschrift enthält das Frühlingslied ebenfalls und zwar unter
  • dem Namen Gottfried von Straßburg. Hier sind es aber nur
  • 5 Strophen. • Der Lobgesang findet sich auch in der Wein-
  • gartner Liederhandschrift, hier ohne Namen und nur in 36
  • Strophen und diese in anderer Ordnung. Elf Strophen aus
  • diesem Lobgesange, darunter zwei bisher unbekannte, haben
  • sich später in einer Karlsruher Pergamentsammeihandschrift
  • des 14. Jahrhunderts gefunden, aber ebenfalls ohne Namen.
  • Das Frühlings- und Minnelied ist uns zweimal unter dem
  • Namen des Dichters überliefert. Diese Überlieferungen diffe-
  • rieren, wie angedeutet, um eine Strophe; ich glaube, daß nicht
  • allein die sechste der Pariser Handschrift, sondern auch die
  • fünfte, doppelt überlieferte unecht ist, kann aber die Gründe,
  • welche R. Heinzel in seinem Aufsatze «Über Gottfried von
  • Straßburg)) (Zeitschr. f. d. österr. Gymn., 1868, VH. u. VIIL Heft,
  • S. 559 fg.) gegen die Echtheit des ganzen Liedes vorbringt,
  • nicht für stichhaltig finden.
  • EINLEITUNG. XIX
  • Der Lobgesaiig wurde von Moriz Haupt auf Grund der
  • drei Handschriften kritisch herausgegeben in seiner Zeit-
  • schrift 4, 513 fg. (184:4). Dem allgemeinen Glauben folgend
  • hegte er nicht den mindesten Zweifel an der Echtheit. Franz
  • Pfeiffer wies aber in einem glänzenden , auch noch in vielen
  • andern Dingen hochwichtigen Aufsatze in seiner Germania
  • 3, 59 fg. (1858) ') unwiderleglich nach, daß weder der Lob-
  • gesang noch auch das Lied von der Armuth von Gottfried
  • verfasst sein können. Beide gehören einer jüngeren Zeit an,
  • ihre Verfasser sind wohl Klostergeistliche gewesen.
  • Hätte der Schreiber und Künstler der Pariser Handschrift
  • diesen kritischen Scharfblick besessen, dann würde das allein
  • übrigbleibende Frühlingslied für ihn sicher nicht Anlaß genug
  • gewesen sein, Gottfried auch im Bilde darzustellen.
  • Wird somit die lyrische Production Gottfried's auf ein sehr
  • geringes Maß beschränkt, so wird für die abgesprochenen um-
  • fangreicheren Gedichte doch ein ganz kleiner Ersatz gewährt,
  • indem, wie wir sehen werden, dem Dichter, auf ein glaub-
  • würdiges literarisches. Zeugniss hin, zwei Strophen zuerkannt
  • werden dürfen, welche die handschriftliche Überlieferung unter
  • einen andern Autor stellte.
  • Wie in der Pariser Handschrift, so erscheint auch in einer
  • Straßburger Sammelhandschrift Gottfried's Name mit Unrecht.
  • Unter einer Anzahl kleiner Erzählungen befindet sich dort
  • eine Märe von der Minne mit der Angabe in der Über-
  • schrift, daß sie von Meister Gottfried von Straßburg gemacht
  • sei. Auch im Texte zu Anfang wird dieser Name genannt.
  • Es hat sich aber herausgestellt, daß jene Stelle verdorben
  • ist, daß vielmehr Konrad von Würzburg diese Erzählung ver-
  • faßt hat, welche gewöhnlich unter dem Name «das Herzmäre» ^)
  • geht; der Dichter beruft sich hier auf die Autorität Gottfried's
  • und bekennt sich als seinen Schüler.
  • Jener Irrthum in der Pariser Handschrift und dieser in
  • der Straßburger, der allerdings schon mehr das Gepräge ab-
  • sichtlicher Fälschung trägt, sind gleichwohl historisch bedeut-
  • sam in Hinblick auf Gottfried's Namen und Geltung.
  • Die äußern literarischen Zeugnisse über Gottfried und
  • sein Hauptwerk sind nicht in so großer Anzahl vorhanden
  • ') Jetzt auch aufgenommen in : Freie Forschung. Kleine Schriften
  • zur Geschichte der deutschen Literatur und Sprache von Franz Pfeififer
  • (Wien 18(;-1, Nr. IV).
  • -) Herausgegeben von Franz Roth (Frankfurt a. M. 184G) und von
  • Hans Lambel, Nr. VII der «Erzählungen und Schwanke» (12. Band dieser
  • Sammlung, 1872).
  • b*
  • XXII EINLEITUNG.
  • wie ist so gar meisterlich 20
  • sin Tristan! swer den ie gelas,
  • der mac wol beeren, daz er was
  • ein schroeter süezer worte
  • und wiser sinne ein jDorte.
  • wie kuude er so wol tihten, 25
  • getiliten krümbe slihten,
  • prisen beider bände lip ,
  • beide man und werdiu wip!
  • wie truoc im so höbe gunst,
  • in tiutsclier zungen rebte kunst, 30
  • got, der kunst wol gunde,
  • daz er sie so wol künde.
  • In Rudolfs Alexander findet sieb ferner noch eine Be-
  • ziehung auf Gottfried, welche zuerst von Docen nachgewiesen
  • wurde (v. d. Hagen's Museum 1, 163). Die Stelle lautet:
  • Der wise metster Gotfrit sanc
  • daz veste si blcede unde kraue;
  • daz glesine gelücke
  • ez breche in kleiniu stücke u. s. w.
  • Daß unter dem Meister Gottfried nur Gottfried von Straß-
  • burg und kein anderer Dichter des Namens Gottfried, wie
  • G. von Neifen, G. von Dotzenbach, G. von Hohenlohe, ge-
  • meint sei, bedarf keiner näheren Auseinandersetzung. Wichtig
  • ist in dem Citate, daß es heißt kscdig»; es ist also von
  • einem lyrischen Gedichte die Rede. Wirklich findet sich
  • in der Pariser Handschrift eine Strophe über das gläserne
  • Glück, dessen Wortlaut mit der Anführung in Rudolfs
  • 21 swer correl. ^=nlid. wer. — ie adv. =je. — gelas = gelesen )iat. —
  • 23 scliroeter stm., Schneider, der die Worte fein zuschneidet. — 24 ein (statt
  • eine) poi'le, eine Pforte, Thor, bildlicli , etwa wie unser: Mund gebraucht
  • wird. Oder sollte der Dichter im Bilde bleibend ein borte swm., Kleider-
  • besatz gemeint haben? — 26 die Überlieferung wohl verdorben. — krümbe
  • sl,i/iten, eine Krümmung gerade maolieu. — getihten ist zu fassen als gen.
  • pl. oder auch als dat. pl. von getilite stf., (nicht stn.), Dichtung. Worauf
  • soll diese Bemerkung gehen? War Gottfried ein Bearbeiter älterer un-
  • modern gewordener Gedichte? Die Fähigkeit besaß er gewiss wie kein
  • anderer. (Fedor Bech vermuthet einen Fehler für: gerillten oder berihten
  • swv. ; in rtnie gerillten sage Rudolf öfter; alsdann vor krümbe Komma.) —
  • 27 beider hande lip, beider Arten Leiber, d. h. beiderlei Personen. —
  • 28 beide — w/id= sowohl — als auch. — man pl., Männer. — iverJiu irip,
  • werthe Frauen. — einem gumf fragen, für einen günstige Gesinnung hegen.
  • — 30 vorausgenommenes Object von V. 32 (=Ai>). — 31 gunnen mit dat.
  • (kunst), einen begünstigen.
  • 2 blcede adj., ängstlich, kraftlos. — kranc adj., schwach. — 3 glesin
  • adj., gläsern.
  • EINLEITUNG. XXIIl
  • Alexander fast ganz übereinstimmt. Die Strophe ist dort
  • unter die Lieder Ulrich's von Liechtenstein eingereiht, fehlt
  • aber in dessen Fraueudienst. Jedenfalls besitzt das Zeugniss
  • Rudolfs mehr Gewicht als das des viel jüngeren Schreibers
  • der Pariser Handschrift, der auch sonst in den Namen der
  • Dichter sich vielfach geirrt hat. Die Strophe vom gläsernen
  • Glück ist eine freie Bearbeitung eines Spruchs von Publius
  • Syrus. Die Wahl einer solchen dichterischen Aufgabe ist eher
  • von Gottfried als von Ulrich von Liechtenstein vorauszusetzen.
  • Überdies hat Gottfried auch im Tristan einen Spruch des
  • Publius Syrus paraphrasiert (vgl. zu 18047 fg.). Daß hier
  • stücke mit gelücke reimt, während im Tristan stucke durch
  • zucke, dat. von zuc, erwiesen ist (V. 7060), scheint mir nicht
  • gegen die Autorschaft Gottfried's zu sprechen. Die Dichter
  • bedienen sich eben der Nebenformen. — Mit dieser Strophe
  • verbunden ist eine zweite in gleichem Tone über Mein und
  • Dein, welche auch ähnlichen Charakter trägt. Wir können
  • sie ohne Bedenken ebenfalls als Eigenthum Gottfried's an-
  • erkennen.
  • Ein weiteres Zeugniss über Gottfried aus einer etwas jün-
  • geren Zeit, aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, findet
  • sich im Eingange von Konrad's von Stoffeln Epos Gauriel
  • von Montavel, der Ritter mit dem Bocke. Der Dichter be-
  • klagt sich, daß seinen Helden keiner der bekannten Erzäh-
  • ler, meister Gotfrit und her Wolfram und von Oiiive her
  • Hartman^ bisjetzt genannt habe, deshalb wolle er das Ver-
  • säumte nachholen (Pfeiffer's Germania 6, 390).
  • Wieder wärmer als diese einfache Erwähnung sind zwei
  • Zeugnisse aus dem Ende des 13. Jahrhunderts. Gottfried's
  • talentvollster Nachahmer, Konrad von Würzburg (f 1287),
  • hat in seinen zahlreichen Erzählungen nur einmal seines
  • Meisters gedacht, in dem erwähnten «Herzmaere». In einem
  • seiner letzten Gedichte, in der sogenannten goldenen Schmiede,
  • einem Lobgedichte auf die Jungfrau Maria, ist ihm durch die
  • lyrische Haltung des Ganzen noch mehr Anlaß und Gelegen-
  • heit gegeben, den Meister voll Dankbarkeit und Begeisterung
  • zu preisen. Ähnlich wie es Rudolf von Ems im Wilhelm
  • gethan, bekennt Kourad seine Schwäche gegenüber der Meister-
  • schaft Gottfried's. «Nachdem Konrad den Wunsch aus-
  • gesprochen, der hohen Himmelskönigin in der Schmiede seines
  • Herzens ein Lied aus Gold und Edelsteinen zu würken, ge-
  • steht er, nicht diejenige Kunst und Meisterschaft zu besitzen,
  • um sie nach voller Würdigkeit loben und preisen zu können.
  • XXIV EINLEITUNG.
  • Das wäre selbst dann unmöglich, wenn seine Rede wie ein
  • Adler sich in die Höhe zu schwingen vermöchte. Nun sei
  • aber seine Wortfügung ungelenk, er sei fremd in dem Früh-
  • lingsgarten der Kunst, wo die (Rede-)Blumen gebrochen wer-
  • den, wie sie zu einem ihrer würdigen Kranze gehören; der
  • Glanz erhabener Gedanken lasse ihn ungeblendet, seltene
  • Reime kommen bei ihm nicht zur Blüte und ebenso wenig
  • klinge in ihm der ununterbrochene leise dahinrauschende
  • Strom klarer Erfindung» [Worte Pfeiffer'sJ. Dann fährt Kon-
  • rad fort:
  • Ich sitze ouch niht üf grüenem kle
  • von süezer rede touwes naz, 95
  • da wirdeclichen üffe saz
  • von Strasburg meist er Götfrit,
  • der als ein weeher houbetsmit
  • guldin getihte worhte.
  • der het an' alle vorhte i(»o
  • dich gerüemet, vrouwe, baz
  • denn' ich, vil reinez tugentvaz,
  • immer künne dich getuon.
  • Man hat diese Stelle früher fälschlich auf das Vorhandensein
  • einer geistlichen Dichtung von Gottfried bezogen und dann
  • insbesondere auf den Lobgesang. Nach Pfeiffer's Nachweise
  • in dem gedachten Aufsatze bezieht sie sich vielmehr auf eine
  • Stelle im Tristan (V. 4851 fg.). Die Wiederholung des Bildes
  • vom Klee (Tristan, V. 4919) deutet sicher darauf, daß dem
  • Konrad diese Stelle vorgeschwebt habe.
  • Aus dem 15, Jahrhundert liegen zwei Zeugnisse vor. In
  • dem bekannten Ehrenbriefe des Jakob Püterich aus Reicherz-
  • hausen, einem dichterischen Verzeichnisse von Ritterbüchern,
  • heißt es unter anderm in der 101. Strophe: von Strasshurg
  • 95 touwes nu2, naß vom Thaue. — 96 wirdeclichen adv., würdig, erhaben.
  • — Cife adv., mit da zu verbinden : darauf, worauf, auf welchem. — 99 gul-
  • din getihte = ein ff. (goldenesj get. — ivorhte prset. von würken swv., wirken,
  • verfertigen. — 100 fiet ist conj. = hätte. — an' alle vorhte (FurchtJ erklärt
  • Wilhelm Grimm; «mit Ziiversicht, ohne, wie ich, an seinen Gaben zu
  • zweifeln.)) Das ist nur hinter der Voraussetzung richtig, daß hei Indi-
  • cativ ist, wie früher allgemein geglaubt wurde. Vielmehr ist an' alle corhte
  • eine auf Ellipse beruhende formelliafte Wendung; ich sage es ohne Furcht,
  • ohne Scheu, es ist wahr, und insofern == ohne allen Zweifel, wie auch
  • Pfeiffer erklärt Germ. 3, 78. — 101 baz compar., besser. — 102 tugentvaz stn.,
  • eigentlich: Gefäß der Tugend, Vollkommenheit; vaz wird häufig bildlich
  • so gebraucht; es entspricht unserm: Inbegriff, — 103 immer adv., jemals.
  • — künne conj. pr£es.= könne, im Stande sei. — getuon, verst. tuon , ver-
  • tritt hier das Verbum : rüernen.
  • EINLEITUNG. XX 7
  • (iotffit Tfistram hat hesachei (d. L. geschaffen) ohne wei-
  • teren Zusatz (Haupt's Zeitschrift 6, 50).
  • Schließlich gedenken wir zweier Stellen in Ulrich Fiirte-
  • rer's großem cyklischen Gedichte von der Tafelrunde, welches
  • er im Auftrage Herzog Albrecht's von Baiern (147[> — 1508)
  • vorfasste. Zuerst heißt es :
  • von Straspiirg her Gotfrides kunst
  • man mag mit warheit wol geriimen.
  • Später wird gesagt: Gotfrid von Straspurg und Hartman
  • von Awe, Rudolf (d. h. Rudolf von Ems), Wirrich (d. h. Wirnt
  • von Grafenberg) und von Türlin Herr Albrecht seien mit dem
  • Thau der Kunst benetzt gewesen, (v. d. Hagen's Minnes. 4,
  • ()20. 88G.)
  • Gegenüber dem schwärmerischen Lobe aus dem Munde
  • zweier Dichter, die selbst Tüchtiges geleistet, wie Rudolf und
  • Konrad, sind diese Zeugnisse weniger gewichtig, sie zeigen
  • uns aber doch die nachhaltige Theilnahme, welche Gottfiied
  • und seinem Werke geschenkt wurde.
  • Den betrachteten literarischen Zeugnissen reihen sich die
  • beiden Fortsetzungen insofern an, als ihre Verfasser nicht
  • ohne weiteres die Erzählung wieder aufnehmen, sondern
  • vorerst des großen Verlustes gedenken, welcher das unvollen-
  • dete Werk betroifen hat durch des Dichters Tod, und ihres
  • Vorgängers hohe Meisterschaft bewundernd preisen. ^)
  • Gottfried ist nicht nur von den Vertretern der Literatur
  • auf lange Zeit gekannt und geschätzt gewesen, sein unvoll-
  • endetes Werk wurde nicht nur abzuschließen gesucht, son-
  • dern er wirkte auch lebendig ein auf die Dichterwelt. Er
  • hatte eine Schule. Den Einfluß, den seine Dichtersprache,
  • seine Technik, sein zierlich spielender Stil auf die Kunst-
  • jünger, auf Erzähler und Liederdichter ausübte, lässt sich
  • bis ziemlich weit in das 1-1. Jahrhundert verfolgen. Es wird
  • sich dies noch schärfer nachweisen lassen, wenn erst Gott-
  • fried's Dichtersprache namentlich nach ihrer rhetorischen
  • Seite hin im Zusammenhange dargestellt ist. Die Dichter,
  • die ihn priesen und fortsetzten, waren auch seine Nachahmer;
  • selbst in geistlichen Dichtungen, wie z. B. im Passional. ist
  • Gottfried's Art herauszufühlen. Es ist hier nicht der Ort,
  • diesen lebendigen Einfluß darzulegen. Nur eins soll bemerkt
  • werden. Der nun autorlos gewordene Lobgesang ist ein treff-
  • ') Vgl. den Wortlaut der ytellen iin zweiten Bande.
  • XXVI EINLEITUNG.
  • liches Beispiel einmal von der Verzerrung des Gottfriedischen
  • Stiles, sodann von dem Bewusstscin, welches diesen stilistischen
  • Charakter anerkannte. Der Schreiber der Pariser Handschrift
  • verfuhr nicht gedankenlos, aber er verwechselte unkritisch das
  • Original mit der verunglückten Copie. Und desselben Fehlers
  • haben sich die Neueren schuldig gemacht, auch Pfeiffer nicht
  • ausgenommen, denn es gab eine Zeit, wo auch er den allge-
  • meinen Glauben von der Autorschaft Gottfried's theilte (s.
  • Stuttgarter Ausgabe der Weingartner Liederhandschrift Nr. 30),
  • bis die nähere Einsicht zum Zweifel und schließlich zur Wahr-
  • heit führte. Entlehnungen einzelner Wendungen werden
  • wir immer bei den Epigonen finden, Gottfried's Tristan ist
  • aber auch bisweilen geradezu geplündert worden (vgl. die
  • Anmerkungen zu 842 fg. 10966 fg. 10991 fg ).
  • Aber nicht nur bei den Kunstgenossen fand Gottfried
  • Theilnahme und Anerkennung, er hatte auch trotz einer Ccn-
  • currenz Halt im Volke, in der Lesewelt. Das beweisen uns
  • die Handschriften, die damaligen Bücher. Sie sind uns jetzt
  • Quellen, sind das Material, welches uns befähigt, unsere
  • alten Literaturdenkmäler in erneuter Gestalt wieder erstehen
  • zu lassen, sie sind aber ebenso gut auch literarische Zeug-
  • nisse von dem Einflüsse eines Autors oder eines Werkes auf
  • die Zeitgenossen und nächsten Nachkommen, und zwar recht
  • sprechende.
  • Die Zahl der Tristanhandschriften erreicht bei weitem
  • nicht die von den Nibelungen und die vom Parzival, allein sie
  • ist immer verhältnissmäßig eine ganz stattliche. Und wie
  • manche mögen verloren gegangen oder vernichtet worden sein!
  • Erhalten haben sich sechs vollständige Pergamenthandschrif-
  • ten, von denen vier als Haupthandschriften zu gelten haben,
  • dazu kommen zwei Papierhandschriften und vier größere oder
  • kleinere Bruchstücke. Zu diesem Material sind noch zwei
  • Handschriften ideell zu rechnen, die nach zuverlässiger Nach-
  • richt ehedem vorhanden waren. Von der andauernden Be-
  • liebtheit des Tristan gibt uns das Alter der Handschriften den
  • Beweis. Mehrere gehören in das 14. und 15. Jahrhundert.
  • Und fragen wir nach der örtlichen Verbreitung, so belehrt
  • uns hierüber die Sprache oder vielmehr der Dialekt der Schrei-
  • ber. Wir finden nicht allein oberdeutsches Idiom, sondern
  • auch mitteldeutsches und niederdeutsches vertreten. Also in
  • ganz Deutschland ist der Tristan zur Lektüre begehrt worden.
  • EINLEITUNG. XXVII
  • Ein so vielgenannter, gepriesener und einflußreicher Dich-
  • ter wie Gottfried von Straßburg, in dessen Schöpfung zudem
  • eine scharf ausgeprägte Individualität hervortritt, v^ird immer
  • auch ein ])ersönliches Interesse erwecken. Aber leider sind
  • wir auch hier wie bei so vielen Dichtern des Mittelalters
  • ohne bestimmte historische Zeugnisse. Bei Walther von der
  • Vogelweide hat es nahezu gelingen können, eine Biographie
  • aus den eigenen Andeutungen herauszulesen und aufzubauen;
  • bei Gottfried ist es nicht möglich. Der Tristan, soviel er auch
  • lyrische Elemente enthält und Persönliches hindurchschimmern
  • lässt, ist immer ein episches Gedicht, in welchem die Indivi-
  • dualität des schaifenden Künstlers zurücktritt und in welchem
  • kein Raum ist für Beziehungen auf äußere Lebensschicksale,
  • und der lyrischen Stücke sind es nur wenige, auch ist ihr
  • Inhalt nicht politischer Natur.
  • Der Ertrag, welchen uns die Dichtungen Gottfried's und
  • mit ihnen die literarischen Zeugnisse für die Biographie ge-
  • währen, ist nur ein geringer. Der Name Gottfried von
  • Striißburg ist für den Dichter gesichert. Daß wir hier zu-
  • nächst an die alte berühmte Bischofsstadt am Rheine denken
  • werden, liegt auf der Hand. Man hat auch die Benutzung
  • des Rheins zu einem dichterischen Bilde (Y. 19439 fg.) auf
  • (üf rheinische Heimat beziehen wollen; allein jenes ist auch
  • von andern Dichtern geschehen, die erweislich aus anderer
  • Gegend stammten. Geeigneter würde die Erwähnung des Sie-
  • bengebirges (V. 12220) erscheinen, wenn diese Stelle über-
  • liaupt sicher wäre (s. die Anmerkung).
  • Die literarischen Zeugnisse nennen den Dichter Meister
  • Gottfried, oder mit dem vollen Namen Meister Gottfried von
  • Straßburg, Rudolf von Ems auch den weisen" Gottfried von
  • Straßburg. Niemals wird er in den älteren Zeugnissen «Herr»
  • genannt. Nur bei dem späten Ulrich Fürterer heißt es her
  • Gottfried. Hieraus hat man geschlossen, Gottfried sei nicht
  • adelichen, sondern bürgerlichen Standes gewesen. Und daß
  • er auch wirklich für einen Bürgerlichen gegolten habe, soll
  • sein Bild in der Pariser Handschrift bezeugen, weil es ibm
  • kein Schwert, keinen Helm und keinen Wappenschild als
  • Kmbleme beilegt.
  • Aber der Titel Meister bezeichnet auch den gelehrten
  • Stand. Und daß der Dichter wirklich gelehrt war, bezeugt
  • sein Tristan zur Genüge. Er sagt selbst, daß er nach seiner
  • Quelle in lateinischen und wälschen Büchern gesucht habe
  • (155 fg.). In Stelleu, die er nicht der Vorlage entlehnte, son-
  • XXVIII EINLEITUNG.
  • dern die sein volles Eigenthum sind, zieht er die antike My-
  • thologie heran (4851 fg.). Er benutzt, wie wir gesehen, ein-
  • mal im Tristan den Publiiis SyruS; ebenso in dem ihm zu-
  • erkannten Spruchgedichte.
  • Dem geistlichen Stande kann Gottfried nicht angehört
  • haben. Zwar die Wahl einer Liebessage für die dichterische
  • Bearbeitung würde dies nicht unbedingt beweisen, aber sie
  • macht es doch wahrscheinlich. Im Einzelnen kommen Äuße-
  • rungen vor, welche nur ein Laie thun konnte (vgl. V. 17947 fg.).
  • Die oft angeführte Stelle im Gottesgericht vom tugendhaften
  • Christ (V. 15736 fg.) ist keineswegs ein Zeugniss von des
  • Dichters Gottlosigkeit und einer frevelhaften Gesinnung, son-
  • dern richtet sich mit unerhörter Freisinnigkeit gegen die
  • Hierarchie, welche mit dem Aberglauben spielte und heilige
  • Handlungen zu bloßen Farcen herabwürdigte und in solcher
  • Weise ausnutzte. *)
  • Über seine äußern Verhältnisse erfahren wir nichts im
  • Tristan; aber aus der behaglichen Stimmung, die dort herrscht,
  • aus dem Mangel an Klagen über persönliche Bedrängniss und
  • über Kargheit der Gönner, die uns sonst so oft entgegen-
  • tönen, dürfen wir schließen, daß sich Gottfried in günstiger
  • Lebenslage befunden habe.
  • Der Dichter war nach seinem eigenen Bekenntnisse schon
  • herangereift, als er sich zum Tristan rüstete (V. 21 fg.). Er
  • offenbart sich in bewunderungswürdiger Weise als ein Kenner
  • des menschlichen Herzens; aber auch nur der, welcher der
  • Liebe Lust und Leid genossen und erduldet hat, kann sie
  • so ergreifend schildern. Überdies sagt uns Gottfried selbst,
  • daß auch ihm die Liebe genaht sei (vgl. V. 16925 fg. 17104—
  • 40). Aber wie sollen wir es deuten, wenn der Dichter be-
  • kennt, daß er das Ziel nicht erreicht habe? Stellt er sich
  • dadurch in einen Gegensatz zu Tristan und Isolt? oder will
  • er sagen, daß er ehelos geblieben sei?
  • Eine persönliche Beziehung finden wir ferner in einem
  • Akrostichon, mit welchem das Gedicht anhebt. Mit Aus-
  • nahme der allerersten ergeben die Anfangsbuchstaben der
  • neun Eingangsstrophen den Namen Dieterich. Da der Name
  • i) Vgl. deu Aufsatz von Hermann Kiirtz : .(Gottfried von Straßbiirg
  • und das Grottesurtheil seiner Zeit» in der Wochenausgabe der Aug8burger
  • Allgemeinen Zeitung (II. Jahrgang, 1868, Nr. 31—33), dann mit einem zwei-
  • ten früher veröffentlichten (s. unten S. XXXI) vereinigt unter dem Titel:
  • «Zum Leben Gottfried's von Straßburg», in der Germania, 15. Jahrg. (1870),
  • S. 207 fg. 322 fg.
  • EINLEITUNG. XXIX
  • des Dichters anderwärts belegt ist, so kann dieser Dietericli
  • nur einen Gönner bezeichnen, welchem der Tristan gewidmet
  • wurde. Der erste Buchstabe ist G; man bezieht ihn auf Gott-
  • fried; sollte er nicht zugleich auch den Titel des Gönners,
  • also vielleicht grilve ausdrücken?
  • Die folgenden Anfangsbuchstaben sind T und I, gewiss vom
  • Dichter auf Tristan und Isolt bezogen.
  • Welcher Zeit der Dichter und sein Werk angehört, lässt
  • sich mit ziemlicher Sicherheit bestimmen. Schon die Sprache
  • weist auf die gute, die classische Zeit des Mittelhochdeutschen
  • hin. Genaueres ergibt die berühmte literarische Stelle in
  • Tristan's Schwertleite (Abschnitt A'III). Yon Hartmann von
  • Aue wird gesprochen als von einem noch lebenden Zeit-
  • genossen. Hartmann ist, wie wir wissen, um 1220 bereits
  • todt; also fällt der Tristan früher. Bliker von Steinahe
  • dichtete schon vor 1193. Diese Jahrzahl rückt die Abfassung
  • des Tristan von 1220 schon näher an den Anfang des Jahr-
  • hunderts. Heinrich von Yeldeke ist bereits geschieden, auch
  • die Nachtigall von Hagenau, unter welcher verhüllenden Be-
  • zeichnung wir ohne Zweifel Reinmar den Alten zu verstehen
  • haben. Nach dem Zusammenhang der Stelle kann Reinmar
  • noch nicht lange gestorben sein; die Nachtigall von der Yogel-
  • weide soll an ihrer Statt von nun an das Banner tragen.
  • Reinmar widmet noch im Jahre 1194 oder 1195 ein Klagelied
  • seinem Gönner, dem Herzog Leopold VI. von Osterreich (f 1194).
  • Also kann der Tristan nicht in das 12. Jahrhundert mehr ge-
  • hören, wenigstens nicht tief hinein. Nach aligemeiner Berech-
  • nung würde also die Abfassungszeit sich auf die ersten Jahre
  • des 13. Jahrhunderts begrenzen lassen. Nehmen wir die An-
  • nahme als gesichert an, daß Gottfried mit seiner Polemik
  • gegen die vindcpre v.iilder m/rre auf Wolfram von Eschenbach
  • und seinen Anhang und nicht, wie man wohl auch vermuthen
  • könnte, auf die P^rzähler der volksthümlichen abenteuerlichen
  • Heldengeschichten hinziele, so fällt der Tristan nach 1203,
  • um welche Zeit Wolfram den Parzival begann. Im Wilhelm
  • hat Wolfram öfters sich polemisch geäußert, und diese Be-
  • merkungen wurden dahin gedeutet, daß sie Antworten auf
  • die Angriffe Gottfried's seien (s. die Einleitung zur Über-
  • tragung von H. Kurtz, S. LXXXIX fg.). Ich bekenne, daß ich
  • in diesen Dingen skeptischer Natur bin. Nur einer Stelle
  • möchte ich eine directe Beziehung zuerkennen, nämlich der
  • Äußerung 4, 19 — 24:
  • XXX EINLEITUNG.
  • Ich Wolfram von Eschenbach,
  • swaz ich von Parziväl gesprach, 20
  • des sin äventiur mich wiste,
  • etslich man daz priste:
  • ir was euch vil, die'z smaehten
  • und baz ir rede wsehten.
  • Wolfram spricht von vielen Tadlern; er wird auch persönlich
  • von seinen Kunstgenossen bittere Bemerkungen vernommen
  • haben.
  • Wolfram's Wilhelm ist um 1215 gedichtet. Der Tristan
  • wird einige Jahre nach 1203 und einige Jahre vor 1215 zu
  • setzen sein; in runder Summe erhalten wir somit als Ent-
  • stehungszeit das Jahr 1210.
  • Stellt sich für den Dichter Gottfried von Straßburg eine
  • bestimmte Zeit heraus, so werden wir keinen Augenblick Be-
  • denken tragen, einen urkundlichen Nachweis, welchen wir der
  • Schrift E. H. Meyer's : «Walther von der Vogelweide identisch
  • mit Schenk Walther von Schipfe» (Bremen 1863) verdanken,
  • auf ihn zu beziehen. Dort nämlich (S. 5) wird auf eine Ur-
  • kunde des Königs Philipp vom 18, Juni 1207 hingewiesen,
  • deren Zeugenreihe ein Godofredns Bodelaritts de Argentina
  • beschließt. Demnach wäre Gottfried rotularius, Notar, Schrei-
  • ber der Stadt Straßburg oder des dortigen Bischofs gewesen.
  • Letzteres wohl weniger v/egen seiner ungescheut an den Tag
  • gelegten antihierarchischen Gesinnung. Der Stand eines Stadt-
  • schreibers würde sich trefflich in Einklang bringen lassen
  • mit der Gelehrsamkeit des Dichters. Vielen mag dieser Nach-
  • weis zugleich ein weiterer Beleg gewesen sein für Gottfried's
  • Bürgerthum. Auch stimmt der Besitz eines Amtes zu der
  • Innern Befriedigung, welche aus den Worten des Dichters
  • herauszulesen ist.
  • Neuerdings sind mit Anknüpfung an diesen urkundlichen
  • Nachweis weitere Studien über Gottfried von Straßburg an-
  • gestellt worden, welche zum Theil das Bild, welches wir uns
  • von ihm machen durften, vervollständigen, zum Theil aber
  • einigermaßen verändern.
  • 20 swaz correl. = was. — gesprach:= gesTprochen habe. — 21 wUen swv.
  • mit ace. {mich) und gen. (des), einen zu etwas weisen (stv.), veranlassen.
  • — ävent/'ar, äoentiure stf., die in der Quelle vorgefundene Greschichte. —
  • 22 etslich riuoi, (etlicher Mann), mancher Mann, mancher. — prisen swv. =
  • nhd. preisen stv. — 23 ir was vit, ihrer war viel (s. zu Tristan 9. 29), ihrer
  • waren viele. — 24 ba:: adv. compar., besser. — wcehen swv., verschönen, baz
  • ■woehen. schöner einrichten.
  • EINLEITUNG. XXXI
  • Hermann Kurtz, der Übersetzer und Fortsetzer des Tri-
  • stan, hat die Ergebnisse seiner Forschungen zuerst an einem
  • Orte niedergelegt, wo sie der Fachmann nicht suchen und
  • wohl auch nicht immer finden würde ^) ; um so dankenswerther
  • ist die Veröffentlichung an einem zugänglicheren Orte. Wir
  • verweisen auf die Ausführung des Einzelnen und heben nur
  • die Hauptpunkte hervor.
  • Auch nach der Ansicht von Kurtz ist jener Godefredus
  • Rotularius de Argentina mit unserm Dichter ein und dieselbe
  • Person. Er ist der Stadtschreiber, steht aber nicht im Dienste
  • des Bischofs. Denn der vorletzte Zeuge in der Urkunde ist
  • ein Rodulphus de Argentina und dieser erweist sich aus
  • andern Zeugnissen als Schultheiß von Straßburg.
  • Im Gegensatze zu der allgemeinen Annahme, daß der bür-
  • gerliche Gottfried von Straßburg seinen Zunamen habe, weil
  • er von oder aus Straßburg stamme oder in Straßburg an-
  • sässig sei, wird nun die Ansicht aufgestellt, daß Gottfried
  • einem straßburgischen Adels- oder Patriciergeschlechte von
  • Straßburg angehöre.
  • In Schöpflin's Alsatia illustrata ist in den Jahren 1219
  • und 1220, also zu Gottfried's Zeit oder doch dieser Zeit
  • höchst nahestehend, ein Angehöriger einer familia nobilis
  • nachgewiesen, der sich abwechslungsweise Waltherus de Ar-
  • gentina und Waltherus de Strazburg schrieb. Hier könnte
  • immer der Beisatz de Argentina oder de Strazburg ein Mit-
  • glied der Stadt Straßburg bezeichnen. Nun findet sich aber
  • in den alten Straßburger Rathsverzeichnissen, welche Schilter
  • in seiner Vorrede zu Königshofen's Chronik mittheilt, beim
  • .)ahre 1220 ein Rathsherr Waltherus de Strazburg. «Es wird
  • einleuchten, daß das Vorkommen dieses Namens im Schöße
  • einer Versammlung, die aus lauter Straßburgern im strengsten
  • Sinne des Wortes bestand, jede andere Erklärung ausschließt:
  • der Name kann nur ein Familienname sein.»
  • In elsässischen Urkunden kommt seit den achtziger Jahren
  • des vergangenen Jahrhunderts bis 1215, theils mit einem Bru-
  • der Waltherus zusammen, theils allein, ein Rudoli'us unter
  • dem Titel Scultetiis oder Causidicus, d. h. Schultheiß, vor.
  • Im Jahre 1219 erscheint ein Waltherus de Argentina, der
  • ') Feuilleton der Wochenaussabc der Augsburger Allgemeinen Zei-
  • tung, II Jalirgang (1868), Nr. 23. 'J4, 25. 3') (vom 28. August), unter dem
  • Titel: .Zum Leben (Jottfried's von Straßburg» (vgl. die Anmerkung auf
  • H. XXVIII); im nnuen Abdrucke hat der Verfasser an einzelnen Stellen
  • Zusätze gemacht oder leise geändert.
  • XXXII EINLEITUNG.
  • weiterhin in einer Urkunde von 1220 und in der gleichzeitigen
  • Rathsliste bei Schilter Waltherus de Strazburg heißt, da-
  • zwischen aber, in einer Urkunde vom Anfang des Jahres 1220
  • Waltherus filius sculteti quondam genannt wird.
  • «Der Name», sagt Kurtz weiter, «gehört somit einer schon
  • vor dem 13. Jahrhundert in Straßburg ansässigen Familie an.
  • Daß es in Basel damals eine Familie dieses Namens gegeben,
  • hat man längst gewusst, wie denn Wilhelm Wackernagel
  • (Pfeiffer's Germania 3, 260) dieselbe für unsern Dichter ins
  • Auge fasst, mit rühmlicher Entsagung jedoch zugibt, daß seine
  • Sprache nicht gestatte, in Gottfried einen Baseler zu erkennen.
  • Um so merkwürdiger, daß noch niemand darauf gekommen
  • ist, eine Verzweigung dieser Familie nach Straßburg zu ver-
  • muthen; denn die wahrscheinlichste Annahme ist doch wohl
  • die, daß ursprünglich ein Straßburger Geschlecht in Basel
  • einwanderte, wo es den Namen de Argentina erhielt, und daß
  • ein Zweig dieses Geschlechts später mit dem feststehenden
  • Familiennamen von Basel nach Straßburg zurückkam, dort
  • also, nach neuerem genealogischem Brauch zu reden, eine Linie
  • Straßburg-Straßburg bildete. »
  • Dürfen wir annehmen, daß unser Gottfried von Straßburg
  • dieser Familie angehörte und daß er das Amt eines Stadt-
  • schreibers bekleidete, so können wir vielleicht mit Kurtz aus
  • einer urkundlichen Nachricht schließen, daß er 1216 nicht
  • mehr am Leben war. In einer Urkunde nämlich von diesem
  • Jahre 1216 über den Verkauf eines stiftischen Zehntens an
  • eins der herrschenden Geschlechter sind die Zeugen, vielleicht
  • auch die Bürgen, lauter Collegen des Käufers, nämlich Raths-
  • herren, und unter ihnen erscheint zuletzt ein Waltherus nota-
  • rius, unter welchem wohl der Stadtschreiber zu verstehen ist.
  • Wenn Godefredus de Argentina nicht häufiger in Urkun-
  • den erscheint, so sucht Kurtz den Erklärungsgrund in dem
  • Umstände, daß des Stadtschreibers Zeugniss immer als selbst-
  • verständlich mit eingeschlossen gewesen sei, indem er es war,
  • der für alle städtischen Zeugen das gemeinsame Stadtsiegel,
  • das ihn stillschweigend repräsentierte, an die Urkunden
  • hängte.
  • Das Amt eines Stadtschreibers war in älterer Zeit viel
  • bedeutender als heute und oft in den Händen des städtischen
  • Adels.
  • Schon in der Einleitung zu seiner Tristanübersetzung wies
  • Kurtz in höchst sinnvoller Weise auf den charakteristischen
  • Zug hin, wie der bürgerliche Meister Gottfried in stolzem
  • EINLEITUNG. XXXIII
  • Sclbstbewusstsein mit soinen Brüdern in Apollo, die sämmt-
  • licli Edelleiite waren, wenig Umstände macht imd sie einfach
  • mit Namen nennt, ohne sie mit her zu titulieren. Dies hat
  • auch jetzt noch seine Geltung, nur ist es anders aufzufassen,
  • (iottfried als städtischer Edelmann und im Besitze einer hohen
  • Stellung, die ihn von den Fahrenden scheidet, steht dem
  • ritterlichen Adel ebenbürtig gegenüber.
  • Den Gönner Dietrich findet Kurtz in einer dem Geschlechte
  • (Jottfried's verwandten burggräflichen Familie von Straßburg.
  • Von dfn Beziehungen zu historischen Vorfällen, welche
  • Kurtz aus dem Tristan herauszufinden geneigt ist, scheint
  • mir nur die eine einigermaßen begründet zu sein, deren in
  • d(>m späteren Aufsatze über das Gottesgericht gedacht wird.
  • Es ist wohl möglich, daß der Dichter bei Erzählung des
  • Gottesgerichtes an die Kanonisation der heiligen Kunigunde
  • vom 3. April l^JOO und an das grausame Ketzergericht zu
  • Straßburg vom Jahre 1212 gedacht hat und namentlich durch
  • b'tzteres zu dem heftigen Ausfalle getrieben worden ist. Be-
  • halt diese Vermuthung Geltung, dann würde der Tristan nach
  • 1212 vollendet oder vielmehr abgebrochen worden sein.
  • Weshalb der Dichter das begonnene Werk nicht zu Ende
  • liihrte, darüber besitzen Avir keine gleichzeitigen Nachrichten.
  • Ulrich von Türheim sagt uns, der Tod habe den Meister vor
  • der Zeit hinweggerufen. Und in gleicher Weise äußert sich
  • Heinrich von Freiherg. Wir sind wohl gerne geneigt, einen
  • Seelenconflict des Dichters anzunehmen oder eine äußere A'er-
  • anlassung, die ihm Halt gebot; so lange wir aber nicht näher
  • be'ehrt werden, müssen wir die Nachricht der beiden Fort-
  • setzer gelten lassen.
  • Die Beweise für das Bürgerthum Gottfried's könnten wider
  • seinen Adel geltend gemacht werden. Der Titel «Meister»
  • verträgt sich gewiss mit einem städtischen Amte, welches ge-
  • lehrte Bildung bedingt und voraussetzt. Allein, wird man
  • einwenden, bei einem ailelichen Stadtschreiber wäre nichts-
  • destoweniger der Titel «Herr» angewendet worden. Darauf
  • möchte allerdings mit Kurtz zu erwidern sein, daß mit den
  • «Meistern» des 13. Jahrhunderts säuberlich verfahren werden
  • müsse. Das Wort liatte zu Gottfried's Zeit keinen so be-
  • schränkten Sinn, wie jetzt allgemein angenommen zu werden
  • scheint. Tristan wird von Isolt mit «Meister» angeredet, als
  • er das Amt des Schiffskapitäns und ihres Kammerherrn ver-
  • waltete (V. 11574. llG()3j, und vom Dichter selbst öfters so
  • GOTTFBIED VON STHA88BUBO. I. 2. Aufl. C
  • XXXIV EINLEITUNG.
  • genannt (V. 11658. 11685), und Tristan war nicht bloß ade-
  • licher, sondern fürstlicher Abkunft. Wir können hinzufügen,
  • daß selbst heute noch in Zusammensetzung das Wort Meister
  • zur Bezeichnung von hohen Ämtern dient, welche fast nur mit
  • Adelichen besetzt zu werden jjflegen, wie Forstmeister und
  • Jägermeister. Diese Titel hätten nicht entstehen können, wenn
  • nicht auch das einfache Meister der hohen Geburt gemäß
  • wäre. Der Jägermeister heißt im Tristan auch wirklich
  • einmal einfach meister (3056). Die Charge einer Hofmeisterin
  • oder in doppelter Zusammensetzung einer Oberhofmeisterin
  • kommt auch heute nur einer Adelichen zu; im Tristan wird
  • dafür einfach meisterinne gesagt (V. 4798), welches in die-
  • sem Zusammenhange nicht abstract für leitcerinne (V. 48lo),
  • sondern concret für ze hove kamerfsrhi steht. — Es werden
  • sich gewiss noch anderwärts geschichtliche und literarische
  • Belege finden lassen, daß das Wort «Meister« als Titel nicht
  • bloß auf das Bürgerthum beschränkt war.
  • Der Mangel eines Wappens auf dem Bilde Gottfried's in
  • der Pariser Handschrift wird von Kurtz dahin gedeutet: der
  • Künstler habe auf dem figurenreichen Bilde nicht gut die
  • Wappen aller Dargestellten, die wohl Ebenbürtige des Dich-
  • ters waren, anbringen können und so habe er lieber auch das
  • der Hauptperson weggelassen. Das ist wohl möglich, aber
  • ebenso denkbar ist, daß der Schreiber der Handschrift, den
  • beinahe ein Jahrhundert von Gottfried trennt, in dem Dich-
  • ter eben wegen seines Titels «Meister« einen Bürgerlichen
  • sah und sich darum nicht bemühte, sein Wappen zu erlangen.
  • Das Bild beweist nicht gegen den Adel Gottfried's, ebenso-
  • wenig als die Angabe bei Fürterer für ihn in Anspruch ge-
  • nommen werden kann.
  • Erneuter Forschung oder glücklichem Zufalle wird es
  • hoffentlich noch gelingen, über Gottfried, über sein Leben
  • und seine Lebenslage Genaueres zu erkunden. Die dankens-
  • werthen Entdeckungen von Hermann Kurtz, die zum minde-
  • sten den Stempel der Wahrscheinlichkeit tragen und gegen
  • welche bisjetzt nichts Erhebliches eingewendet werden konnte,
  • verändern die Gestalt des Dichters nur insoweit, als sie ihn
  • bestimmt einem Geschlechte zuweisen und ihn zu einem
  • de Argentina machen, ohne ihn der alten Stadt am Rheine
  • zu berauben und ohne ihm seine Geburt als Argentinensis
  • abzusprechen. Der feine Kenner des Ritterthums und der
  • Courtoisie steht auf der Höhe des gesellschaftlichen Lebens,
  • aber er hört darum nicht auf, ein Bürger zu sein
  • EINLEITUNG. XXXV
  • Der Tristan ist Gottfried's letztes Werk. Der Tod hin-
  • derte ihn an der Vollendung. Gering an Zahl und Aus-
  • dehnung sind die andern sichern Erzengnisse seiner Dichter-
  • kraft. Aher gewiss hat Gottfried mehr geschaffen. Kudolf
  • von Ems sagt, er habe Männer nnd werthe Frauen ge-
  • priesen. Das deutet auf lyrische Production. Lieder und
  • Sprüche würden mehr von ihm bekannt und in die große
  • Sammlung aufgenommen worden sein, wenn er der Dicht^r-
  • zunft der Fahrenden angehört hätte. Der Schreiber der Pa-
  • riser Handschrift ließ sich von der Nachahmung des Gott-
  • friedischen Stiles im Lobgesange täuschen und hielt ihn fiir
  • des Meisters eigenes Werk. Liegt hierin nicht aber zugleich
  • auch eine Andeutung, daß Gottfried sich auf dem Gebiete
  • der geistlichen Liederdichtung versucht habe? Auch jene
  • Fälschung in der Würzburger Handschrift führt auf die V^r-
  • muthung, daß Gottfried auch kleine Erzählungen, Novellen
  • ohne seinen Namen verfasste. Ebenso weist hierauf die Ent-
  • lehnung ganzer Stellen aus dem Tristan in einer solchen
  • Novelle. Auch die etwas dunkele Aussage des Rudolf von
  • Ems, daß Gottfried es verstanden habe, getihten krümle za
  • slihteit , bezieht sich auf eine Thätigkeit, von der wir die
  • sichern Belege noch entbehren müssen. Aber der Tristan
  • selbst belehrt uns, daß wir es mit keinem Anfänger zu thun
  • baber. Eine solche Sprache, ein solcher Stil reift nicht ohne
  • jahrelange Übung heran. Und der Eingang mit seiner etwas
  • herben Erörterung über Publikum und Kritik sieht nicht da-
  • nach aus, als habe ein Dilettant, der dem literarischen Trei-
  • ben bisjetzt fern gestanden, nun plötzlich den Entschluß ge-
  • fasst, sich auch einmal dichterisch zu versuchen.
  • Es wird eine Aufgabe der Forschung sein, wenn auch
  • keine leichte, Gottfried's Werke aus ihrer Namenlosigkeit
  • hervorzusuchen. Nach meiner Überzeugung, die aber hier
  • nur als Vermuthung ausgesprochen sein soll, ist z. B. Hart-
  • mann's von Aue zweites Büchlein eine Jugendarbeit Gottfried's.
  • I Findet die Dichterthätigkeit Gottfried's mit dem Tristan
  • I ihren Abschluß, so ist dieses letzte Werk, auch ohne daß
  • wir die vorausgegangenen alle kennen, ganz ohne Zweifel auch
  • j als sein Meisterwerk anzuerkennen. Nur der Tristan, der
  • noch dazu ohne Verfassernamen in die Welt gieng, wird von
  • I den bewundernden Kunstjüngern genannt oder berührt.
  • Mit künstlerischem und kritischem Bewusstsein schritt der
  • I Dichter an seine letzte große Aufgabe. Er wählt einen schon
  • XXXVI EINLEITUNG.
  • bekannten Stoff. Aber er will auch stofflich etwas Neues
  • bringen, er hat Gründe, mit der landläufigen Erzählung von
  • Tristan und Isolt unzufrieden zu sein. Er hätte es gewiss
  • vermocht, das vorhandene unmodern gewordene Gedicht des
  • Eilhart in eine neue Form umzugießen. Ein Dichter unserer
  • Tage würde , wenn ihm auch der Stoff nicht mehr zeitgemäß
  • erschien, nach durchaus freiem Ermessen verändern, weglassen
  • und zusetzen, verschiedene Traditionen vermischen, neue Mo-
  • tive erfinden können. Das war für einen mittelalterlichen
  • Dichter unmöglich. Auch Gottfried musste der Sitte folgen;
  • er suchte nach einer Quelle, die ihm die bessere, die rechte
  • schien. Er suchte nach der Erzählung eines Thomas von Bri-
  • tannie in wälschen und lateinischen Büchern (V. 150 fg.). Der
  • Dichter ist so glücklich, endlich auch die äventiure, daz
  • wäre mccre zu finden. In seiner Polemik gegen die andere
  • von ihm verschmähte und verworfene Tradition beruft er sich
  • öfters auf seine Quelle, ja er nennt auch den Thomas noch-
  • mals ausdrücklich (V. 326).
  • Die Vorlage, nach welcher Gottfried arbeitete, war wälsch,
  • französisch, d. h. nordfranzösisch. Als unmittelbare Beweise
  • sollten früher die zahlreichen französischen Fremdwörter, die
  • auch sonst in unserer ritterlichen Poesie vorkommen, sowie
  • die nicht selten eingestreuten den Vers füllenden Redewen-
  • dungen in französischer Sprache gelten. Dagegen hat sich,
  • wie mir scheint mit Recht, Richard Heinzel erklärt^); er
  • sieht in diesen fremden Elementen nur einen Ausdruck des
  • Zeitgeschmacks, der Mode und weist nach, daß insbesondere
  • die französischen Verse bei Gottfried nicht dem Metrum des
  • französischen Kunstepos entsprechen und darum vom deut-
  • schen Dichter selbständig verfasst sein müssen. Dagegen möchte
  • ich doch den Beweis für ein französisches Original, welches
  • das Wortspiel mit lameir (V. 11986 fg.) darbietet, nicht preis-
  • geben.
  • Wie Hartmann bei seinem Erec und bei seinem Iwein dem
  • Chrestien von Troyes nachdichtete, so könnte man auch Chre-
  • stien's verlorenen Tristan als die Quelle vermuthen, wenn
  • nicht der Thomas von Britannie als Gewährsmann genannt
  • wäre. Das englische Gedicht in Strophenform Sir Tristrem ^),
  • 1) Zu Anfang seines Aufsatzes ((Tristan und seine Quelle» in Haupt'a
  • Zeitschrift 14 (1869), 272 fg.
  • ■) Zuerst von Walter Scott 1811 veröffentlicht, wiederholt in v, d. Ha-
  • gen's Tristanausgabe 2, 123.
  • EINLEITUNG. XXXVII
  • welches sich auf einen Thomas von Erceldonne beruft, kann
  • aus verschiedenen Gründen, die hier nicht näher zu ent-
  • wickeln sind, nicht die Quelle Gottfried's gewesen sein; es
  • ist aber insofern für uns wichtig, als es trotz manigfacber
  • Abweichungen im Einzelnen doch im Großen und Ganzen mit
  • der Tradition der Sage stimmt, zu welcher sich Gottfried be-
  • kannte.
  • Von den erhaltenen französischen Tristangedichten sind
  • namentlich zwei zu beachten. Leider sind beide nur in
  • Bruchstücken vorhanden. Das eine Gedicht trägt den Autor-
  • uamen eines Berox und stimmt im Großen und Ganzen mit
  • der Tradition Eilhart's. Das zweite beruft sich auf einen
  • Thomas (bei Michel ') als erstes Stück des zweiten Bandes
  • und als erstes und drittes Stück des dritten Bandes). Mit
  • Gottfried's Tristan lassen sich diese Fragmente nicht ver-
  • gleichen, wie man früher annahm, denn die Erzählung beginnt
  • durch einen tückischen Zufall gerade da, wo Gottfried ab-
  • bricht. Wohl aber stimmen die Fragmente des Thomas,
  • wiederum im Großen und Ganzen, mit dem Schlüsse des eng-
  • lischen Tristrem. Der Rückschluß lag nahe, daß das fran-
  • zösische Gedicht in seinem nicht erhaltenen vorderen Theile
  • mit Gottfried's Tristan übereingestimmt haben werde.
  • Somit konnte der Schluß gezogen werden, daß das fran-
  • zösische Gedicht des Thomas, welches in seiner Ganzheit nur
  • ideell vorhanden ist, wahrscheinlich die Vorlage Gottfried's
  • war. Man könnte dies schließen, auch wenn kein Autorname
  • genannt wäre, auch wenn sich der Dichter nicht auf einen
  • Thomas beriefe. Die Übereinstimmung beider Namen aber,
  • zu denen sich noch ein dritter Thomas, der Thomas von Er-
  • celdonne gesellt, erschien bedeutungsvoll. Sie erhöhte die
  • Wahrscheinlichkeit der Vermuthung. Das Verhältniss übrigens
  • des Thomas von Erceldonne zu dem französischen Thomas ist
  • noch nicht völlig aufgeklärt, auch nach einer neueren Unter-
  • suchung noch nicht, doch berührt dies nicht weiter die Frage
  • nach der Quelle des Gottfriedischen Tristan.
  • Neuerdings ist die Lösung der Quellenfrage um einen Schritt
  • weiter gefördert worden. Ein junger französischer Gelehrter,
  • ') Der Titel der wichtigen Sammlung ist: Tristan. Recueil de ce qui
  • reste de poüms r^latil's ;v ses aventures, composes eu fiaiK^ais, cu auglo-
  • normand et eu grcc daus les XII et XIII siecles, publiö par Francisque
  • Michel (Londres I, II, 183fi; III, k-M).
  • XXXVIII EINLEITUNG.
  • A. Bessert, uiiternabm es, jene französischen Bruchstücke
  • des Thomas mit dem Ende des Gottfiiedischen Tristan noch
  • einmal genauer zu vergleichen ^j, und er fand, daß ein Stück,
  • wenn auch nur ein geringes, wirklich gemeinsam sei, soweit
  • nämlich eine freie ümdichtung mit einer Vorlage überhaupt
  • übereinstimmen kann. Es entspricht die Stelle bei Gottfried
  • V. 19478 bis zu Ende den Versen bei Thomas 5—20. 24—26.
  • 83 — 90 im ersten Fragment des dritten Bandes der Michel'schen
  • Sammlung.
  • Hierauf stellte Richard Heinzel eine umfassende Unter-
  • suchung an über die Quelle des Tristan.^) Die sorgsame Ver-
  • gleichung der verschiedenen Traditionen liefert nur ein geringes
  • Endergebniss, sie zeigt uns weniger wie die Quelle beschaffen
  • gewesen sei, als wie sie nicht gewesen sei. Der Abweichungen
  • auch in den sonst verwandten Überlieferungen sind so viele
  • und bedeutende, daß es ganz unmöglich ist. sich die wirk-
  • liche Gestalt der Quelle zu construieren. Besonders wichtig
  • erscheint in Heinzel's Aufsatze der Nachweis, daß sich in den
  • französischen Bruchstücken des Thomas Äußerungen und Be-
  • ziehungen finden, welche sich mit der Gottfriedischen Sagen-
  • gestalt nicht vereinigen lassen. Sodann glaubt Heinzel aus
  • einzelnen Wendungen in jenem Bruchstücke schließen zu
  • müssen, daß der Dichter nicht die ganze Tristaugeschichte,
  • sondern nur den letzten Theil derselben, der anhebt mit der
  • Ankunft Tristan's in der Bretagne (bei Gottfried in Arun-
  • del), verfasste; somit habe von vornherein der französische
  • Thomas nur einen Theil der Quelle Gottfried's ausmachen
  • können. Hat diese Annahme Bestand, so fallen alle auf ein
  • größeres und vollständiges Tristangedicht des Thomas bezüg-
  • lichen Vermuthungen zu Boden. Die neue und seltsame
  • Hypothese, mit welcher Heinzel seine Vergleichung der Sagen-
  • traditionen einleitet, daß Gottfried im Allgemeinen zwei Quellen
  • gefolgt sei, einem lateinischen Chronikwerke des Thomas von
  • Britannie und einer französischen Dichtung, wird sich schwer-
  • lich der Zustimmung erfreuen können.
  • Daß Gottfried seiner Quelle nicht sklavisch folgte, sondern
  • ') Tristan et Iseult, poeme de Gotfrit de Strasbourg compare ä d'autres
  • poemes sur le meme sujet. These presentee ä la facuUe des lettres de
  • Paris par A. Bessert (Paris, Franck, 1865).
  • '-) lu der vorher S. XXXVI Anmerk. ') genannten Abhandlung. —
  • Diese flrifiige und ausführliche Ai'beit wird leider durch eine allzugroße
  • Breite und durch den fühlbaren Mangel an Übersichtlichkeit beeinträchtigt.
  • EINLEITUNG. XXXIX
  • (laß er, ähnlich wie Hartmann von Aue sich an Christian von
  • Troyes anschloß, die Vorlage nur zu einem Wegweiser be-
  • nutzte, (las konnten wir von vornherein annehmen. So spricht
  • und (lichtet niemals ein Übersetzer, sondern nur ein freier
  • Künstler. Jetzt nach ßossert's Entdeckung sehen wir selbst
  • an den wenigen Zeilen, wie Gottfried dichterisch schaffte.
  • Er ist ausführlicher, selbst redseliger als sein Original, aber
  • auch unendlich schwungvoller; er überragt den Franzosen
  • himmelhoch.
  • Dem unbekannten Originale danken wir in Gottfried's Ge-
  • dichte in den Hauptzügen die dramatisch lebendige Compo-
  • sition und die lebenswahre, seelenvolle Charakteristik. Na-
  • mentlich an der Charakteristik hat aber auch der deutsche
  • Dichter gewiss wesentlichen Antheil.
  • Eine ästhetische Würdigung des Gedichtes kann hier
  • nicht bezweckt werden, auch muß der Herausgeber sich ver-
  • sagen, die ethische Seite zu berühren. Nur das eine mag
  • bemerkt werden, daß das Mittelalter in Tristan und Isolt kein
  • verabscheuungswürdiges Liehespaar erblickte. Die beige-
  • brachten Zeugnisse über die Beliebtheit der Tristansage sowie
  • die über Gottfried's Tristan mögen auch hierfür beweisen.
  • Namentlich gewichtig ist hier des strengen Sittenrichters Tho-
  • masin von Zirclaria charakteristische Empfehlung des Tristan
  • zur Jugendlektüre. Wenn es hier einmal gilt, historisch zu
  • fühlen und das ewig junge Kunstwerk und seinen Schöpfer
  • mit den Augen eines Zeitgenossen zu betrachten, so möge
  • daran erinnert werden, daß der Tristan in den Tagen des
  • Minn(jsanges und des Frauencultus entstand, daß er zunächst
  • für die vornehme "\\ elt bestimmt war, welche bis auf den heu-
  • tigen Tag eine größere Unbefangenheit und Duldsamkeit be-
  • währt als jene beengteren Kreise, in welchen das Princip
  • der Ehrbarkeit und Wohlanständigkeit nur zu leicht den
  • Blick trübt bei der Anschauung der Kunst und bei Beurthei-
  • lung des Genius. Erst ziemlich spät werden verdammende
  • Urthcile laut, aber nicht gegen Gottfried, sondern gegen die
  • Träger und den Inhalt des Romans.
  • Auch bei jedem andern Epos würden wir die NichtvoUen-
  • dung beklagen, hier aber ist sie doppelt beklagenswerth. Was
  • seinen mittelalterlichen Fortsetzern nicht gelingen wollte, würde
  • der beredte und seclenkundige Gottfried gewiss erreicht haben:
  • die Lösung des Conflicts, die Sühne nach der tragischen und
  • verhängnissvollen Schuld.
  • XL EINLEITUNG.
  • Haben wir in Gottfried's Tristan auch nur einen Torso
  • erhalten, so ist er doch so mächtig und reich, daß wir an
  • ihm den Künstler völlig erkennen und bewundern können.
  • Schönheiten der Darstellung lassen sich mehr fühlen als zer-
  • gliedern und beschreiben. Darum hier nur einige Andeu-
  • tungen über Gottfried's Dichtersprache, vor allen für die
  • Leser, welche vielleicht zum erstenmal an den Tristan
  • herantreten.
  • Gottfried hat einen bestimmten Stil. Wir finden diesen
  • Stil schon vorbereitet in der vorausgehenden Zeit, namentlich
  • bei Hartmann von Aue. Wir finden ihn aber noch ausgepräg-
  • ter in der französischen Dichtung. Von beiden Seiten ist
  • Gottfried die Anregung geworden, aber er bildete das Über-
  • lieferte aus und erhob es zu seiner eigenen, zu einer origi-
  • nalen Schöpfung. Dieser Stil besteht in der künstlerischen
  • Verwendung und Bevorzugung des grammatischen und rühren-
  • den Reimes, ferner der Wiederholung, der Antithese und des
  • Wortspiels. Meist findet diese Dichtungsweise ihren Platz in
  • den Betrachtungen, so namentlich im Eingange, aber sie er-
  • streckt sich auch auf die Erzählung. Mitunter, das ist nicht
  • zu leugnen, streift dieses zierliche Spiel an die Spielerei. Und
  • darin liegt die Gefahr für diesen Stil, der unter der Hand
  • der Nachahmer allzu leicht ausarten kann und wirklich auch
  • ausgeartet und selbst zum Unschönen verzerrt worden ist.
  • Ist dieser Stil ein künstlerisches Element und musste der
  • Herausgeber schon um seiner selbst willen bei der Erklärung
  • darauf aufmerksam machen, so ist er immer auch wesentlich
  • für das Verständniss. Fast durchgängig findet bei dem Spiele
  • gleicher Formen und Worte Verschiedenheit der Function
  • und der Bedeutung statt. Natürlich konnten nicht alle und
  • jede Fälle in den Anmerkungen berührt werden, der Leser wird
  • sich des Dichters Eigenthümlichkeit ohnehin bald einprägen,
  • Gottfried's stilistische Originalität besteht ferner unter
  • anderm in der Wahl und Bildung von Worten, in der Vor-
  • liebe für das Participium prsesentis, in der Anwendung be-
  • stimmter Phrasen und Formeln , in der Verbindung verschie-
  • dener Tempora und in einer weit ausgedehnten Synonymik.
  • Aber Gottfried's Stil ist nicht nur rhetorischer, er ist auch
  • technischer Natur. Zunächst ist der «grammatisch correcte»
  • Bau seiner Verse wenigstens zu erwähnen , seine Anwendung
  • voller ungekürzter Formen. Auch von der verschiedenen Gat-
  • tung der Reime und von ihrer Reinheit, die bei Gottfried ge-
  • EINLEITUNG. XLT
  • radezu bewunderungswürdig ist , soll hier nicht näher gehan-
  • delt werden. Wichtiger scheint mir ein Princip, welches zuerst
  • durch Gottfried in unserer erzählenden Poesie mit ßewusstsein
  • zur Anwendimg kam, das ist das lyrische Princip, die be-
  • stimmte Abwechselung von Hebung und Senkung, oder die An-
  • erkennung der Nothwendigkeit der Senkung. Noch aber ist die-
  • ses Princip nicht systematisch streng durchgeführt, noch kann
  • die Senkung, namentlich in zusammengesetzten Worten, fehlen.
  • Später erst wird, was wir hier in seinen Anfängen sehen, zur
  • festeren Regel, wie vor allen bei Konrad von Würzburg. Dann
  • war es nur ein Schritt noch zur Silbenzählung, welche als
  • metrisches Princip eine gar lange Zeit bei uns geherrscht hat.
  • Gottfried brach nicht vollständig mit der Metrik seiner Vor-
  • gänger und Zeitgenossen, aber sein Neues wandte er mit dem
  • Alten an gleichsam wie Nebenformen. Er vermied durch die
  • Auslassung der Senkungen nicht bloß die ermüdende Weich-
  • lichkeit der sonst regelmäßig gebauten Verse, sondern außer
  • der Malerei im einzelnen Ausdrucke benutzte er auch die bei-
  • den Principien zur stilgemäßen Charakteristik ganzer Stücke.
  • Man lese die Betrachtungen, die Reden der einzelnen Perso-
  • nen, man lese die Erzählung von Riwalin und Blanscheflur
  • und vergleiche diese Abschnitte mit ihren leicht dahinschwe-
  • benden Versen mit dem Drachenkampf, mit der Episode von
  • Rotte und Harfe und man wird bald in der ganzen Art des
  • Vortrags einen Unterschied herausfühlen. Daß öfters keine Ma-
  • lerei und kein besonderer Stil bezweckt wird, sondern daß die
  • Senkungen rein zufällig fehlen, versteht sich von selbst.
  • Ein zweites Princip in Gottfried's Metrik ist der jam-
  • bische Rhythmus. Aber der Dichter vermeidet auch nicht
  • trochäische Verse, sondern er wechselt mit ihnen ab und ver-
  • fällt so nicht in die Eintönigkeit, an welcher der moderne
  • Vers leidet.
  • Eine Eigenthümlichkeit Gottfried's besteht ferner in der
  • häufigen Anwendung des zweisilbigen Auftaktes. Auch da-
  • durch wird der eintönige Silbenfall vermieden. Zugleich
  • hängt der zweisilbige Auftakt zusammen mit dem Princip des
  • jambischen Rhythmus, indem dadurch ein trochäisch angelegter
  • Vers zu einem jambischen wird. Dieser Fall tritt namentlich
  • ein in den dreimal gehobenen Versen mit klingendem Aus-
  • gang, die öfters viermal gehoben und trochäisch sein würden,
  • wenn nicht der zweisilbige Auftakt die Wandlung veranlasste.
  • Kein einzigesmal kommt es bei Gottfried vor, daß drei-
  • XLII EINLEITUNG.
  • und viermal gehobene Verse miteinander gebunden werden,
  • was sich sonst auch gute Dichter gestatteten, und jeder
  • scheinbar viermal gehobene Vers lässt sich leicht in einen
  • dreimal gehobenen verändern.
  • Diese Wahrnehmungen mussten natürlich bei der Text-
  • herstellung sowie in dieser auch für weitere Kreise beabsich-
  • tigten Ausgabe bei den Fingerzeigen zur Erleichterung des
  • Lesens berücksichtigt und zur Anschauung gebracht werden.
  • Die wissenschaftliche Begründung dieser Fälle sowie die
  • Darlegung noch anderer Einzelheiten der metrischen Technik
  • Gottfried's behält sich der Herausgeber an einem andern
  • Orte vor.
  • Gottfried hat sein Gedicht, welches wie die meisten Roman-
  • dichtungen in den kurzen Reimpaaren abgefasst ist, mit
  • einer Reihe von Strophen eröffnet. Und solche Strophen
  • kehren bei Beginn größerer Abschnitte oder als Ruhepunkte
  • in der Erzählung öfters wieder. Gegen das Ende hin werden
  • sie seltener. Die Strophen bestehen aus vier Zeilen, eine
  • jode ist viermal gehoben und hat stumpfen Ausgang. Der
  • Rhythmus ist jambisch. Die Reime sind alle materiell gleich,
  • je zwei sind als gleiche Worte sogenannte gleiche oder rüh-
  • rende Reime. Diese Form ist eine volksthümliche, sprich-
  • wortähnliche, welche der Dichter zu künstlerischem Spiele be-
  • nutzte. Ohne Zweifel hat Gottfried durch diese Strophen dem
  • lyrischen Charakter seines Werkes einen äußern sichtbaren
  • Ausdruck verleihen wollen. —
  • Diese Ausgabe enthält den fünften Abdruck von Gott-
  • fried's Tristan. Zuerst wurde das Gedicht veröffentlicht im
  • Jahre 1785 im zweiten Bande der Sammlung deutscher Ge-
  • dichte aus dem 12., 13. und 1-4. Jahrhundert von Christoph
  • Heinrich Müller (Myller) , und zwar nach einer Züricher Ab-
  • schrift des Florentiner Codex. An den Tristan schloß sich
  • die Fortsetzung Heinrich's.
  • Im Jahre 1821 folgte die Ausgabe E. von Groote's mit
  • Ulrich, 1823 die von der Hagen's mit Ulrich und Heinrich,
  • 18-43 die Maßmann's mit Ulrich. Franz Pfeiffer, der nun
  • dahingeschiedene Herausgeber dieser Sammlung, wünschte und
  • bestimmte anfänglich, daß ich auch einen der Fortsetzer be-
  • arbeiten und anfügen solle und zwar den poesiereicheren Heinrich
  • von Freiberg. Ich erklärte mich dagegen. Einmal hätte sich
  • diese umfänglichere Fortsetzung nicht in den beiden für den
  • Tristan bestimmten Bänden unterbringen lassen, sodann schien
  • EINLEITUNG. » XLQI
  • es mir auch aus Innern Gründen nicht füglich zu sein. Wie
  • hoch ich auch den Heinrich und sein Gedicht schätze, und
  • ich halte es für weitaus das beste aus der Epigouenzeit, so
  • wenig scheint es mir doch in eine Sammlung zu gehören,
  • welche unsern mittelalterlichen «Classikern» gewidmet ist. ^)
  • Ich habe daher mit Bewilligung meines verstorbenen Freundes,
  • damit der Leser dichterisch nicht herabzusteigen brauche und
  • doch sachlich einen Abschluß finde, eine schlichte Nacherzäh-
  • lung beider Fortsetzungen auf Gottfried's unvollendetes Werk
  • folgen lassen.
  • Der von mir dargebotene Text ist völlig neu bearbeitet;
  • in der zweiten Auflage ist er nicht wesentlich geändert, son-
  • dern nur in Einzelheiten verbessert worden. Wenn man ver-
  • hältnissmäßig wenig Unterschiede mit den vorausgehenden
  • Ausgaben bemerken wird, so hat dies seinen Grund in der
  • im Ganzen trefflichen und einheitlichen Überlieferung. Ist
  • dieser günstige Umstand für den Herausgeber im Allgemeinen
  • eine Erleichterung seiner Arbeit, so bietet er im Einzelnen
  • und Feinen gerade recht viele Schwierigkeiten. Durch Pfeiffer's
  • Güte erhielt ich seine werthvollen, die Originale völlig er-
  • setzenden Collationen der Münchener, Heidelberger und Wiener
  • Handschrift. Für die Florentiner Handschrift benutzte ich
  • aus von der Hagen^s Nachlasse eine Collation des Müller'schen
  • Abdrucks mit dem Florentiner Original. Für die Nebenhand-
  • schriften verglich ich, wie mein Vorgänger Maßmaun, die
  • Lesarten bei Groote. Das umfangreichere, von Zingerle in
  • den «Findlingen» veröffentlichte Bruchstück war für die Ver-
  • gleichung wenigstens nicht unwichtig. Über mein kritisches
  • Verfahren gedenke ich in Pfeiffer's Germania das Nähere bei-
  • zubringen, nur das eine sei hier im Voraus und im Allgemeinen
  • bemerkt, daß ich aus Gründen die älteste Münchener Hand-
  • schrift, welche Groote nicht kannte, von der Hagen unkritisch
  • benutzte, Maßmann allzu sehr vernachlässigte, wieder mehr
  • in den Vordergrund gestellt habe. Noch ehe ich dazu gelangen
  • konnte, mein Verfahren theoretisch zu entwickeln, erschien eine
  • verdienstvolle, die Tristankritik betreffende Abhandlung von
  • Theodor von Hagen, aufweiche ich unter «Berichtigungen und
  • Zusätze» am Schlüsse des 2. Bandes noch hinweisen konnte. ''=)
  • ') Heinrich'3 Gedicht wird nun in der zweiten Sammlung oDeutache Dicli-
  • tungen des Mittelalters. Herausgegeben von Karl Bartsch- Aufnahme finden.
  • -) Kritische Beiträge zu Crottfried's von Straßburg Tristan ('Mühl
  • hauseu i. Th. 186S), Göttinger Doctordissertation.
  • XLIV EINLEITUNG.
  • Sie liegt jetzt auch in theilweise umgearbeiteter Gestalt an
  • einem zugänglicheren Orte vor. ') Th. von Hagen versucht eine
  • Classificierung der Tristanhandschriften und gelangt zu dem
  • Ergebnisse, daß zwei Textrecensionen anzunehmen seien, nach
  • welchen die Kritik bestimmt werden müsse. Sowohl gegen
  • mein Verfahren wie gegen v. Hagen's Ausführungen ist eine
  • nicht minder lobenswerthe Schrift von Hermann Paul gerichtet,
  • in welcher eine wesentlich andere Norm für die Textkritik
  • aufgestellt wird, indem drei verschiedene Handschriftenklassen
  • nachgewiesen werden -) In beiden Schriften sind neben den
  • kritischen Erwägungen auch Beiträge zur Stellenerklärung ge-
  • geben, namentlich in der Schrift von Paul. Nach beiden Rich-
  • tungen, nach der kritischen wie nach der hermeneutischen hin,
  • werden mir diese zwei Arbeiten willkommenen Anlaß zur Dis-
  • cussion bieten.
  • Wenn auch nach der Anlage dieser Ausgaben kritische
  • Fragen unberücksichtigt bleiben müssen, so boten sich doch
  • bisweilen Fälle dar, wo auch hier zu Gunsten der Erklärung
  • die handschriftlichen Überlieferungen heranzuziehen waren.
  • In der äußern Einrichtung schließt sich meine Ausgabe
  • an die vorhergehenden in dieser Sammlung an. ^) In manchen
  • Einzelheiten bin ich meinen eigenen Weg gegangen. Ich habe
  • genau zwischen den beiden Mitteln, den Vocal schwächer zu
  • machen oder zu tilgen, zwischen Punkt und Apostroph unter-
  • schieden. Den Punkt wende ich an bei Synkope, wenn der
  • Vocal im ersten Theile einer Senkung steht, den Apostroph
  • bei Apokope, wenn der Vocal unmittelbar einer Hebung vor-
  • ausgeht. Ausnahmen von dieser Regel kommen allerdings vor.
  • An die gekürzte Negation oder vor dieselbe ist kein Apostroph
  • gesetzt worden, also ern nicht efn. Nach meinem Systeme
  • ist e7'''n=r-er in (acc. von er). Nur wenn ein Missverständ-
  • ') In Bartsch's Germ, Studien I, (1872), 31 fg.: Die Handschriften des
  • Tristan und ihre Bedeutung für die Kritik.
  • -) Zur Kritik und Erklärung von Gottfried's von Straßburg Tristan
  • (Wien 1872), Leipziger Habilitationsschrift [Sonderabdruck aus der Ger-
  • mania, 17. Jahrgang]. — Diese Schrift kam mir leider erst während des
  • Druckes dieser Einleitung zu.
  • ■*) In der Verszählung stimmt meine Ausgabe mit der von der Hagen's.
  • Da vielfach nach Maßmann citiert wird, der sich nach der zufälligen
  • Spalten- und Verszahl richtet, so ist hierauf Rücksicht genommen vmd die
  • Spaltenzahl der Maßmann'schen Ausgabe links in Klammern gesetzt wor-
  • den. Die Verse sind danach leicht zu finden. MaÜmann hat auf jeder
  • Spalte 40 Zeilen, auf der ersten und zweiten Spalte je 20 Zeilen, auf den
  • letzten Spalten (Spalte 589 und 590) je 37 Zeilen.
  • EINLEITUNG. XLV
  • iiiss eintreten könnte, ist der Apostroph gesetzt worden, z. B.
  • sin'':^sine, weil sin auch^nhd. Sinn ist.
  • Der Punkt ist ein treffliches Zeichen, die handschriftliche
  • Überlieferung zu wahren und doch eine Hülfe für das Lesen
  • zu bieten, sodaß häßliche Kürzungen wie ivdrn, wtdr (die
  • allerdings geboten sind, wenn sie bei ungewandten Dichtern
  • unmittelbar vor einer Hebung stehen) vermieden werden können.
  • In gleicher Weise der Accent, wenn er den zweisilbigen Auf-
  • takt bezeicbnet. Kürzungen wie iur anstatt iiiicer, umh'' (vor
  • Consonant) statt umbe sind nicht nöthig, zumal bei einem
  • Dichter, der den zweisilbigen Auftakt so sehr bevorzugt.
  • Der Gravis wurde gesetzt bei der sogenannten schweben-
  • den Betonung. Man hat gegen diese schwebende Betonung
  • mancherlei eingewendet, sie ist aber durch die Lyrik erwiesen.
  • Wenn z. B. geschrieben steht h er re sprach er (5119), alle mit
  • einem namen (G0G8), so ist nicht damit die Anweisung ge-
  • geben, nun zu lesen herre^ aUe^ sondern es hat die Stamm-
  • silbe ihre Betonung und die Endsilbe gleichfalls, weil es der
  • Rhythmus verlangt. . Ein guter Declamator wird auch niemals
  • den öfters citierten Vers aus Schiller's Teil anheben: Sterben
  • ist nichts, sondern er wird auch die jambische Betonung
  • durchschimmern lassen: Sterben ist nichts.
  • Die Anwendung des Accents zur Bezeichnung des jambi-
  • schen und trocbäischen Rhythmus, des zweisilbigen Auftaktes
  • sowie der Hebungen bei fehlender oder zweisilbiger Senkung
  • geschah zunächst, um das Lesen zu erleichtern. Zugleich
  • sollten dadurch äußerlich diejenigen Verse Gottfried's hervor-
  • gehoben werden, die nicht in unserm Sinne regelmäßig sind,
  • in denen sich sein Festhalten an dem überkommenen und zeit
  • geuössischen Gebrauche offenbart. Im ersten Bande wurde
  • (leshalb die Accentbezeichnung durchgeführt, im zweiten Bande
  • dagegen kam sie nur im Interesse der Lektüre und nur spar-
  • sam zur Anwendung, da vorauszusetzen ist, daß bis dahin
  • der Leser sich hinlänglich geübt haben wird.
  • Drei Worte, die anceps sind, wurden je nach Hebung und
  • Senkung als Länge oder als Kürze genommen, nämlich 6? und
  • si (nhd. s?e, nicht sc/), nu und mi (nhd. Jtirn^ Nu [im Nuj, nicht
  • na7(), du und du (nhd. d2(, nicht dau). Ein Zugeständniss an den
  • Gebrauch der Herausgeber ist es, wenn ich um der Metrik
  • willen l-ei)i für dehein in beiden Bedeutungen für: ein und
  • für: kein angesetzt habe. Der Anfänger möge sich durch
  • dieses kein nicht irre machen lassen.
  • XLVI EINLEITUNG.
  • War es beim Beginn der Sammlung nöthig, auch Formen-
  • erklärung unter dem Texte zu geben, so war nunmehr im
  • Allgemeinen davon abzusehen. Pfeiffer hat schon in seinem
  • 'ö
  • Walther solch rein materielle Dinge in das Wortverzeichniss
  • verwiesen, wie z. B. öre, daz, Ohr; siüiiie^ diu, Sonne, ohne
  • jegliche Stellenangabe. Dies habe ich weiter ausgedehnt und
  • die Worte und Formen, welche nur in ihrer äußern Erschei-
  • nung von der jetzigen Sprachgestalt abweichen, hinten in das
  • Verzeichuiss gebracht. Auch auf die Unterschiede im Ge-
  • schlechte ist dort Rücksicht genommen. Eine vollständige
  • alphabetisch geordnete Grammatik wird man aber natürlich
  • nicht erwarten dürfen.
  • Im Allgemeinen war mein Grundsatz bei der Erklärimg,
  • das nicht zu berücksichtigen, was auch ein moderner Dichter
  • sagen könnte. Pfeiifer's Wunsch war es auch, daß seine Mit-
  • arbeiter mit dem Fortschreiten der Sammlung in den Erklä-
  • rungen enthaltsamer sein sollten. Ich meine, man muß den
  • Lesern auch etwas zutrauen.
  • Nach der Einrichtung dieser Ausgaben, die eines Glossars
  • entbehren, ist die Erklärung zunächst auf die erste Stelle
  • hingewiesen, in welcher das betreffende Wort mit seiner
  • vom Neuhochdeutschen abweichenden Bedeutung vorkommt.
  • Damit ist ein Übelstand verknüpft. Die erste Stelle ist näm-
  • lich nicht immer auch die geeignetste für die Erklärung.
  • Deshalb schien es mir nöthig, öfters Verweisungen auf Parallel-
  • stellen zu geben. Ein Wort wird durch ein anderes beige-
  • setztes Wort, durch ein Synonym, durch seine Stelle im Reime
  • u. dgl. öfters schärfer gezeichnet als da, wo es zufällig zuerst
  • begegnet. Wer zunächst um des literarischen und ästhetischen
  • Interesses willen den Tristan lesen und genießen will, der
  • möge sich um meine Verweisungen nicht weiter kümmern. Ich
  • hoffe aber denen, welche tiefer eindringen wollen, damit einen
  • Dienst geleistet zu haben, auch werden die Fachgenossen in
  • dieser Zugabe die zusammenhangende Arbeit nicht verkennen.
  • Wie von einer Stelle auf eine spätere verwiesen wird, so
  • musste auch öfters an vorhergehende erinnert werden.
  • Ist auf solche Weise öfters das Gedicht gewissermaßen
  • aus sich selbst heraus erklärt worden, so habe ich von Parallel-
  • stellen aus andern AVerken ahgesehen und nur ganz ver-
  • einzelt bei schwierigen oder charakteristischen Worten und
  • Stellen solche beigefügt.
  • Silberhell ist Gottfried's Sprache. Kein epischer Kunst-
  • EINLEITUIS'G. XLVII
  • dichter aus der classischen Zeit unseres Mittelalters erschließt
  • sich so leicht wie er dem Verständnisse des heutigen Lesers
  • oder scheint sich zu erschließen. Daher auch ist die An-
  • sicht weit verbreitet, und auch ich habe sie einst getheilt, als
  • sei Gottfried überhaupt ein leichter Schriftsteller, sein Tristan
  • ein durchaus klares Gedicht. Das aber ist keineswegs der
  • Fall. Seine Betrachtungen namentlich , seine lyrischen Er-
  • güsse sind reich an Schwierigkeiten, auch in die Erzählung
  • trägt seine gewählte Sprache bisweilen tiefere Beziehungen,
  • die nicht auf der Oberfläche liegen. Nicht immer, dess bin ich
  • mir wohl bewusst, ist es mir gelungen, den Schleier zu heben.
  • Die zu Gebote stehenden Hülfsmittel habe ich nach Mög-
  • lichkeit benutzt. Von den älteren Herausgebern bot nament-
  • lich Groote öfters schätzeuswerthe Fingerzeige. Bin ich vor
  • allen dem mittelhochdeutschen Wörterbuche, in welchem auf
  • Gottfried's Tristan in ausgedehnter Weise Rücksicht genom-
  • men ist, dankbar, so fehlte es doch auch nicht an Gelegen-
  • heit, seinen Angaben eine andere Auffassung entgegenzuhalten.
  • Auch die Übersetzer, Kurtz und Simrock, sind mitunter heran-
  • gezogen worden, theils um ihnen irgend einen schönen dichte-
  • rischen Ausdruck zu entlehnen, theils um ihnen zu wider-
  • sprechen. Auf die neueren Bemühungen, auf die Arbeiten
  • Heinzel's und v. Hagen's habe ich für diese zweite Auflage
  • nicht minder Kücksicht genommen; die Erklärungen Paul's,
  • welche unabhängig sind von der Textherstellung, sollen für
  • den zweiten Band benutzt werden, soweit ich ihnen beipflichten
  • kann.
  • Leider entbehrte ich bei meiner Arbeit nach der kritischen
  • wie nach der hermeneutischen Seite hin den Rath und den
  • Beistand des Mannes, welcher diese Sammlung begründet und
  • eröffnet und in ihrem Fortschreiten mit seiner Fürsorge be-
  • gleitet hat. Nur einen geringen Theil der Textbearbeitung'
  • konnte er noch prüfen und mit seinen Bemerkungen versehen.
  • Dem begonnenen Drucke vermochte sein ermüdetes Auge nicht
  • mehr zu folgen. Nun ist er geschieden, und sein Blick fällt
  • nicht mehr auf den Dichter in seiner Sammlung, dem er,
  • nächst Walther von der Vogelweide, vor allen zugethan war,
  • den er wie kein anderer kannte und verstand, für dessen
  • Ehre er ein so gewichtiges Wort gesprochen hatte.
  • Von Herzen sei auch hier meinem Freunde Fedor Bech
  • Dank gesagt für die aufopfernde Hülfe, w^^dche er auch dieser
  • meiner letzten Arbeit angedeihen ließ, nachdem er schon
  • XLVIII EINLEITUNG.
  • meine vorhergehende, mein Evangelienbuch, mit seinen lexi-
  • kalischen Schätzen ausstattete. Die Fachgenossen werden
  • später noch näher erfahren, wie viel nicht allein der Heraus-
  • geber, sondern überhaupt die Erklärung des Tristan der
  • freundlichen Theilnahme Bech's verdankt.
  • Zum Schlüsse sei mir vergönnt, den Wunsch, mit welchem
  • ich die erste Auflage hinausgehen ließ, zu wiederholen, daß
  • meine Bemühungen für dieses goldene Gedicht dazu beitragen
  • möchten, seine Freunde ihm noch näher zu verbinden und
  • neue Bewunderer ihm zu gewinnen.
  • Rostock, im October 1872.
  • Reinhold Bechstein.
  • INHALT
  • Seite
  • Einleitung V
  • I. Eingang 3
  • ir. Ri walin und Blanscheflur . IG
  • III. Rual li foitenant 69
  • IV. Die Entführung 81
  • V. Die Jagd 102
  • YI. Der junge Künstler 122
  • VII. Wiederseilen. 135
  • VIII. Tristan's Schwertleite 158
  • IX. Heimfahrt und Rache " .178
  • X. Morold 203
  • XI. Tantris 245
  • XII. Die Brautfahrt 275
  • XIII. Der Kan)]>f mit dem Drachen 296
  • GOTTFiilED VON STß.\SSBL'KG. I. 2. Aufl.
  • TRISTAN.
  • OOTTFBIBD VON STBASSBUBG. I. 2. Aufl.
  • I.
  • In der Betrachtung, mit welcher Gottfried seine Erzählung von Tristan
  • eröffnet, berührt er zuerst das Verhältniss des Dichters zur Lesewelt und
  • zur Kritik. Nur im dankbaren Angedenken findet das Verdienst seine
  • Dauer, und Unrecht ist es, das Verdienst nicht wohlwollend zu schätzen.
  • Mehr als die Tadelsucht, die selbst dem begehrten Werke entgegentritt,
  • ziemt Lob und Hingabe. Das abwägende Urtheil ist von Wertii, aber nur
  • durch Anerkennung gedeiht die Kunst. Der Vergessenheit fällt anheim, was
  • nicht Anerkennung findet. Absprechende oder beschönigende Beurthei-
  • lung schadet mehr als sie nützt, und gehässige Verkleinerungssucht er-
  • tüdtet vollends die Gabe des Urtheils. "Wohl dem, der in solch schwie-
  • riger Lage zur Bedeutung gelangt ist! Ich will, fährt der Dichter auf seine
  • Person übergehend fort , bei meiner Lebensreife und Erfahrung nicht
  • müßig bleiben. Der Welt, aber nur der edeln, nicht der leichtlebigen
  • Welt zu Liebe habe ich mir eine Aufgabe gestellt: ich will mit einer Er-
  • zählung denen, welche der Kummer der Liebe bedrückt, Zerstreuung und
  • Erleichterung gewähren. Zwar heißt es, dafj die Vertiefung in einen Lie-
  • besroman den Kummer mehren helfe. Jedoch in diesem Weh liegt so
  • viel Herzensfreude, daß ein edeles Herz nicht darauf verzichten mag.
  • Wer rein und edel liebt, der wünscht sich solche Dichtung. Und die-
  • sen Genuß will ich den Liebenden bieten in meiner Erzählung von Tri-
  • stan und Isolt. Es gibt Erzählungen von Tristan , die nicht die rechten
  • sind, ich aber habe die rechte gefunden , ich folge dem Thomas von Bri-
  • tannie. Dieser Boman soll edele Herzen erfreuen und veredeln und
  • ihnen ein leuchtendes Vorbild sein. Diese Liebenden haben mit den
  • Freuden der Liebe auch der Liebe Leid gekostet, ja selbst um der Liebe
  • willen den Tod erlitten. Darum leben sie fort in unserer Erinneriing.
  • (l) Gedsehte mau ir ze guote niht,
  • von den der werlde guot geschiht,
  • s6 wsere ez allez alse niht,
  • swaz guotes in der werlt geschiht.
  • 1 — 4 Auf die stilistischen Eigenthümlichkeiten in den Eingangs-
  • stropben soll zuerst aufmerksam gemacht werden: 1 nild Negation; 3 niht
  • sabst. = nichts. — 2 werlt stf., Menschheit; 4 werlt, Erde. — 1 ze guote
  • (Ton guot stn.), im Guten, in Güte, mü Wohlwollen [vgl. zu Gute thun,
  • halten]; 2 guot stn., Gutes. — ?> alse {=^als6, als) adv. Partikel, wie. —
  • 4 swaz ( = .sö war), wenn etwas, correlativ = nlid. was: was, wie viel auch
  • des Guten.
  • 1*
  • I. EINGANG.
  • Der guote man, swaz der in guot 5
  • und niwan der werlt ze guote tuot,
  • swer daz iht anders wan in guöt
  • vernemen wil, der missetuot.
  • Ich hoere es velschen harte vil,
  • daz man doch gerne haben wil: 10
  • da ist des lützelen ze vil,
  • da wil man, des man niht enwil.
  • Ez zimet dem man ze lobene wol,
  • des er iedoch bedürfen sol,
  • und läze ez ime gevallen wol, 15
  • die wile ez ime gevallen sol.
  • 5 — 8: 5 in yuot ( = in yuote), in Güte, aubjectiv: in guter Absicht;
  • 7 in guot , objectiv und elliptisch : in Güte gothan , für etwas Gutes. —
  • 6 tuon transitiv, schaffen, wirken; 8 tiion in Zusammensetzung misse-
  • tuon intrans., übel thun, unrecht handeln. Die Bildung nässe- liebt Gott-
  • fried. — 5 der guote man, der wackere Mensch, nicht, wie unser: guter
  • Mann, auf die Herzensgüte zu beziehen. — Solche Inversionen finden sich
  • im Tristan sehr häufig, vgl. z. B. 33. 39. 103. 111. 1383. 3147. 3211. —
  • 6 niwan (niwan einsilbig) adv. (daneben niuu-an, niu'dn), nur. — ze guote
  • = unserm: zu Gute, zum Besten. — 7 swer (s. zu V. 4) correl. , wer. —
  • — iht anders (adv. gen.), in irgendeiner Weise sonst. — ivan adv., außer,
  • als. — 8 vernemen stv., auf-, hinnehmen, anerkennen.
  • 9 — 12: 10 inl in Verbindung mit haben; 12 ^cil selbständig. —
  • 9 es gen. neutr. von ez , nhd. ersetzt durch den Gen. von da:: dessen,
  • abhängig von vil. — velschen swv., für vahch, schlecht erklären, ganz
  • wie unser: schlecht machen, herb und ungerecht kritisieren. — harte
  • adv. zur Verstärkung von Adject. und Adverb., gar, sehr. — vil, im Mhd.
  • nicht adjectivisch, sondern immer substantivischer Singular. — 10 da de-
  • monstr. pron. adv., im Mhd. immer örtlich (vgl. 303). da — da, hier — da.
  • — 11 iützel adj., hier subst, neutr., klein, wenig. — 12 des gen. abh. von
  • niht. — en- proklitiscbe Negationspartikel. Zwei Negationen {niJit und en-)
  • verstärken einander, heben sich nicht auf. — Der "VTortlaut der 3. Strophe
  • ist klar, aber die beiden letzten Zeilen lassen verschiedene Deutung zu.
  • Auch das ersehnte "Werk verschont die Kritik nicht. Hier ist des Unbe-
  • deutenden zu viel, urtheilen die einen, d. h. da hat der Dichter zu viel
  • Mühe auf einen interesselosen Gegenstand gewandt ; oder heißt es : auch
  • das kurze Gedicht ist ihnen zu lang? — 12 auf der andern Seite will man
  • (der eine) , was man (der andere) niciit will ; oder soll gesagt werden :
  • heute ist der Geschmack so, morgen anders? oder endlich: sind hier ver-
  • steckt die sittlich bedenklichen Stoße gemeint? man begehrt sie im Grunde
  • des Herzens, gibt sich aber den Anschein, sie verwerflich zu finden.
  • Kämen die Worte aus eines heutigen Dichters Munde , so würde man
  • ebenfalls zu rathen haben.
  • 13 — 16: 13 wol adv., gar wohl, sine dubio; 15 v:ol adv., direct zu
  • gevallen gehörig, hene. — 14 soZ = muß; 16 sol auxiliar = wird, mag. —
  • 15 ime, ihm reflexiv = sich; 16 ime rein demonstrativ^ihm. — 15 gevallen
  • stv. = nhd.; 16 gevallen, zufallen, zu Theil werden. — 13 ziinet 3. pers.
  • prses. von zernen stv. = ziemen swv., geziemen (obgleich diese Worte eine
  • mehr ethische Bedeutung gewonnen haben) , anstehen , schön stehen ;
  • vgl. 711. — 14: iedoch adv., nicht: jedoch, sondern: doch, ja doch, doch ein-
  • mal. — 15 idze conj., elliptisch = /a2e er, möge er lassen. — 16 die wile adv,
  • acc, die Zeit, dieweil, so lange. Einem literarischen Bedürfnisse freund-
  • lich entgegenzukommen, ist anständig; man soll sich ein neues Werk so
  • lange gefallen lassen, als es angeht; d. h. so lange, als es nicht durch ein
  • neueres abgelöst und überboten wird.
  • I. EINGANG.
  • Tiur' unde wert ist mir der man,
  • der guot und übel betrahten kan,
  • der mich und iegelichen man
  • nach sinem werde erkennen kan. 20
  • (2)fi
  • r' unde lop diu schephent list,
  • da list ze lobe geschaffen ist:
  • swä er mit lobe geblüemet ist,
  • da blüejet aller slahte list.
  • Reht' als daz dinc ze unruoche gät, 25
  • daz lobes noch ere niene hat,
  • als liebet daz, daz ere hat
  • und sines lobes niht irre gät.
  • Ir ist so vil, die des nu pflegent,
  • daz si daz guote z' übele v/egent, 30
  • daz übel wider ze guote wegent:
  • die pflegent niht, si widerpflegent.
  • 17 — 20: 17 man subst. uom.; 19 man halb pronominal und acc. iege-
  • lichen man, jeglichen Mann, jeden Mann, jedermann. — 17 wert adj.;
  • 20 werde von icert stn. (nhd, stm.) — IS betrahten swv., mit trahte (Be-
  • dacht) erwägen.
  • 21—24 : 21 list acc. ; 24 Hat nom. — 21 diu pl. neutr. bezogen auf die Subst.
  • verschiedener Geschlechter ; vgl. 34. — ■ichephen swv., schaffen, schöpferisch
  • hervorbringen, befördern. — li-^t stm., nur selten im Sinne von unserm :
  • List stf. (vgl. 2032 u. zu 13742), Klugheit, Weisheit, insbesondere: Kunst,
  • Kunstbetrieb (die Zusammensetzungen mit lint brauchen nicht alle ange-
  • führt zu werden). — 22 da hier relativ: wo, wenn, sobald, vorausgesetzt
  • daß. — list ist hier wohl innerlich zu fassen: Kunstbegabung. — ze lobe,
  • auf lübenswerthe Weise. Wenn wirkliches Talent von der Natur beschie-
  • den ist, dann regt die Anerkennung zu dichteiischer Production an. —
  • 23 sicä {^=so ivc'i) coiTel., wenn wo=nhd. wo. — er (nicht o', ere) d. h. list.
  • — 24 slafif, auch slahfe sti., Art; aller slahte (gen. sing.) jede Art; a,n{ aller
  • liegt ein Nachdruck. Der Dichter will die Einschränkung in V. 22 auf ein
  • weites Gebiet ausdehnen. Wenn das Talent ftiit Lob geblümt , wie mit
  • Blumen geschmückt wird, dann ist eine allgemeine Kunstblüte möglich.
  • 2-1 — 2S : 2.T als hier relativ; rehf als. ganz in derselben Weise wie. —
  • 'ine stn. öfters durch das Synonjnn: Sache zu übertragen. — unruodi
  • •:tm., Vernachlässigung (wie 4(iu2), dann Gleichgültigkeit; se unruozho gan,
  • zur Bedeutungslosigkeit gelangen, vergessen werden. — 2f; niene doppelte
  • Negation (ob aus niht und nc oder aus nie und nc noch fraglich), ent-
  • spricht ziemlich unserm nicht localen : nirgends. — 27 als := also, ganz so,
  • ebenso. — lieben swv. intrans. (ahd. liobem), belieben, behagen, gefallen;
  • vgl. das andere lieben in V. 174. — irre (hier wohl adverbial) gdn eines
  • Hny-'<, eines Dinges verlustig gehen, es (wie durch irre gehen) verfehlen
  • verlieren.
  • 29 — 32: 29 pflegen trans.; 32 pflegen in Zusammensetzung und in-
  • trans. — 29 ir ist eil 3. zu V. 9, nhd. : ihrer sind viel oder viele. — nu
  • adv., nun, jetzt, in unsern Tagen. — pflegen gtv. mit gen., etwas betrei-
  • ben, darauf aus sein. — 30. 31 wegen stv., abwägen. Gemeint sind die ab-
  • -prcchenuen und unterschätzenden, auf der andern .Seite dio allzu milden
  • iiid iberschätzondpn Beurtheiler. — ?,2 pfli'rjen inti-ans., hier in etwas spc-
  • oiellerer Bedeutung als in Y. 2;»: pflegen, Fürsorge liaben. — widerpfl^^gen,
  • das (lOgentheil von pfl'.g-'n, entgegenwirken. Solche ungerechte und un-
  • zuverlässige Beurtheiler meinen es nicht wohl mit der Kunst, sie vorderben
  • aie. "Der troibt'g nicht wohl, der hintertreibt.^^ Hermann Kurtz.
  • 1. EINGANG.
  • Ghunst iiüde nähe sehender sin,
  • swie wol diu schinen under in,
  • geherberget danne nit zuo z'in, 35
  • er leschet künst imde sin.
  • Hei, tugent, wie smal sint dine stege,
  • wie kumberlich sint dine wege!
  • die dine stege, die dine wege,
  • wol ime, der si wege und stege! 40
  • (^) irib' ich die zit vergebene hin,
  • so zitec ich ze lebene bin,
  • sone vare ich in der werlt sus hin
  • niht so gewerldet, alse ich bin.
  • 33 — 3t>: 33 sin nom. ; 36 sin acc. — 34 in dat. pl. reflexiv: sicli;
  • 35 m demonstrativ. — 33 chunst=ikunst stf., Können und Wissen, ent-
  • spricht hier unserm : Kunst im Sinne von: Kunstübung. — nahe adv., in
  • der Nähe, genau, nähe seilender sin, genau zusehender, aufmerksamer
  • Sinn, strenge Kritik; vgl. nähe merkende spehe 6510. — 34 swie ( = s6 toie),
  • adv. correl., wie auch. — sdnnen conj. prses. von sdnnen stv., scheinen,
  • sich zeigen. — under in, untereinander. Kunst und Kritik vertragen sich
  • wohl miteinander. — 35 herberge.n swv., Wohnung nehmen, sich gesellen,
  • ye- ist hier wie so oft in Gottifried's Sprache Verstärkung des einfachen
  • Zeitworts, hier mit der bestimmten Function von: mit (vgl. cutii, con-),
  • zusammen, doch kann auch i/e- die Function des Perfects oder besser des
  • Aorists haben: hat sich gesellt; s. zu 145. — danne adv., dann, alsdann,
  • aber dann; im Keime {-.manne) 11618. — nit stra., Verkleinerungssucht,
  • kritische Schelsucht. — znu s' (in), verstärkte Prseposition. — 36 leschen swv.,
  • löschen, vertilgen, zerstören. — kunst, hier im andern Sinne als V. 33, näm-
  • lich: Verständniss. — sin stm., ein Liebliugswort Gottfried's; sin, wie unser:
  • Sinn vieldeutig, ist öfters durch Synonymen wie Verstand, Inhalt u. dgl.
  • zu geben, sin, hier: Fähigkeit der Beurtheilung. Wird die Kritik persön-
  • lich, dann ist sie keine Kritik mehr.
  • 37—40: 37 stege pl. von stec, Steg, wenn nicht im Gegensatz zu stege
  • in V. 39 zugleich ein Wortspiel gesucht ist: stege pl. von stege stf. (sonst
  • auch swf.). Stiege, Treppe, steile Bahn; 40 stege conj. praes. von siegen
  • swv., einen Steg bereiten, dann bildl. : erstreben. — 38. 39 V)ege pl. von
  • wec; wege in V. 38 vielleioht auch zugleich pl. von wege stf., Bahn (aller-
  • dings seltenes Wort); 40 wege conj. prses. von ivegen swv., einen Weg
  • bereiten, zugleich ist wege conj. von wegen wie V. 30. 31, abwägen, schätzen.
  • Nicht eine Bedeutung ist in diesen Fällen anzunehmen, sondern die Worte
  • haben bei unserm Dichter wirklich den Doppelsinn; es sind eben Wort-
  • spiele, die wir leider nicht nachahmen können. — 37 hei interj. hat niclit
  • immer die Bedeutung des fröhlichen Aufjauchzens , sondern auch die der
  • Klage^=ach. — tugent stf., vieldeutiges Wort: Tüchtigkeit, Vollkommen-
  • heit. Eine Eeminiscenz an Matth. 7, 14 ist hier wohl anzunehmen. —
  • 38 luruberLldi adj., (kümmerlich), kummervoll, beschwerlich. Zur.^ Voll-
  • kommenheit, zur Größe zu gelangen, ist schwer und nur wenigen vergönnt. —
  • 39 die dine: im Mlid. vor dem Possessivpron. auch der Artikel. — Glücklich
  • der, welcher zu den Auserkorenen, allgemein Anerkannten gehört.
  • 41 — 44: 41 hin gehört zu trtbe: hintreiben, hinleben, verbringen;
  • 43 hin nicht zu vare zu ziehen (hinfahren, hinleben), sondern ist mit sus
  • (synonym von so, vgl. 670) ein Begriff; sus /i/« = sodann. fernerhin, wie in
  • V. 4393. 6::03. — 41 Dieser Vers benutzt als Anfang des Schwanks vom
  • Häslein, Hagen's Gesammtabenteuer Nr. XXI. — trW und vare in V. 43
  • prjBS. in der Function des Conj, prset. ; vgl. 135 fg. — zit in der Regel wie
  • nhd. stf, ; vgl, zu 18892. — vergebene adv. hat wie das nhd. : umsonst die
  • doppelte Bedeutung frustra ( = nhd. vergebens) und gratis; hiev frustra,
  • ohne etwas zu schaffen; vgl. zu 12398. — 42 sitec adj., zeitig, reif. — so
  • I. EINGANG. 7
  • Ich hall mir eine unmüezekeit 45
  • der vverlt ze liebe vür geleit
  • und edelen herzen z'einer hage,
  • den herzen, den ich herze trage,
  • der werlde, in die min herze siht.
  • ich meine ir aller werlde niht 50
  • als die, von der ich hoere sagen,
  • diu deheine swsere müge getragen
  • lind niwan in fröuden welle sweben:
  • die läze ouch got mit fröuden leben!
  • Der werlde und diseme lebene 55
  • enkumt min rede niht ebene:
  • ir leben und minez zweient sich,
  • ein ander werlt die meine ich,
  • diu sament in einem herzen treit
  • ir siieze sür, ir liebez leit, 60
  • ir herzeliep, ir senede not,
  • ir liebez leben, ir leiden tot,
  • ir lieben tot, ir leidez leben:
  • dem lebene si min leben ergeben,
  • der werlt wil ich gewerldet w^csen, 65
  • mit ir verderben oder genesen.
  • relat., wie sehr. — 43 .tone^^so-ne enklit. Negation. — varen stv., gehen,
  • leben. — 44 ijeirerUlet, eine Gottfriedische Bildung wie noch in V. 65,
  • ahnlich wie: geschult; etwa: welterfüllt.
  • 4ö annuiezekeit stf., Unmiiße, Arbeit, Aufgabe. — 4ö vür legen, vor-
  • setzen, auferlegen. — 47 /ia{je stf., Behagen, Freude. — 48 herze tragen
  • mit dat., einem Herz, Neigung entgegentragen, für einen Neigung hegen,
  • ehen&o friJude ir. 2.')1; naiot (r. 3404; vgl. zu 77;). — 50 ihrer aller Welt, die
  • allgemeine Welt meine ich nicht; werkle ist wohl nicht = der toerlde gen.
  • sing. abh. von nUit (alsdann = uichts), sondern entweder = (//e werlde j^lur.
  • acc, wie tcerlt öfter gebraucht wird, wogegen freilich V. 58 spricht, oder
  • die werlde sing. acc. Nebenform von werlt: s. zu 10868. — 51 als=als6,
  • wie zum Beispiel. — die ich nur von Hörensagen, nicht aus eigener
  • llrfalirung kenne. — .12 dehein , daneben einsilbig kein, adj. pron. = lat.
  • >tUii!f, irgendein oder kein; hier: kein. — swccre s,ti., Beschwerde, Kununer.
  • — 'j'-tratjen stv., verstärktes tragen, ertragen. — r)4 schalkhafte Bemerkung :
  • diese Leichtlebigen und Vergnügungssüchtigen sind zwar nicht nach meinem
  • «ieschmacke, aber meinethalben : möge es ihnen nur immer gut gehen. —
  • iiiitfrnuden, hier im stilistischen Gegensatz zu in fröuden nicht = nhd. mit
  • Freuden, sondern =^ ?/(// Iiulden: vgl. zu 1*51.
  • .')(3 rede stf. ist hier wohl noch nicht bestimmt die dichterische Rede,
  • die Erzählung, sondern im Allgemeinen die Sache, die in Rede steht, das
  • Vorhaben. — etieiif adv., be(iuem , passend, gelegen. — hl zweien swv.,
  • trennen [noch in : entzweien]. — 59 .■iamcnt (Nebenform saviet s. zu 3170)
  • adv., zusammen. — <;o derselbe Vers in Rudolfs von Ems Barlaam V. 5156
  • (13(t,lt;), — süeze^^süezez. — si'r adj. subst. stn., das Saure, Bittere. —
  • <>l herzfUe}) stn., Herzensfreude, wie in V. 185. 232 dorn herzeleit entgegen-
  • gesetzt. — senede \>a.Ti. ^= senendc; v. not, Sehnsucht, Liebesnoth. — 62 leit
  • adj., leid, selten mehr attributiv, dafür: leidig; trüb; vgl. I7.i0. — 65 ge-
  • werldet muß hier den Begriff haben : der Welt zugesellt, darum dabei der
  • Dativ. — vexcn stv., sein. — 6»; genesen stv., am Leben bleiben.- verderben
  • Wt geneien=^\\n?,cvn\: leben oder sterben. —
  • 10 I. EINGANG.
  • wan ein dinc, daz mir widerstät:
  • swer innecliclie liebe hat,
  • doch ez im we von herzen tuo,
  • daz herze stet doch ie dar zuo. 110
  • der iunecliche minnenmuot,
  • so der in siner senegluot
  • ie mere und mere brinnet,
  • so er ie serer miunet.
  • diz leit ist liebes alse vol, 115
  • daz übel daz tuot so herzewol,
  • daz es kein edele herze enbirt,
  • Sit ez hie von geherzet wirt.
  • ich weiz ez wärez alse den tot
  • und erkenne ez bi der selben not: 120
  • (5) der edele senedaere
  • der minnet senediu maere.
  • von diu swer seneder maere ger,
  • derne vär niht verrer danne her:
  • ich wil in wol bemseren 125
  • von edelen senedseren,
  • 107 wan conj., nisi, eUiptisch: wenn ein Ding, ein Umstand nicht wäre. —
  • u-iderstän, hier nicht im nhd. Sinne: zuwider sein oder Widerstand leisten,
  • sondern: entgegenstehen, einen Gegensatz bilden, etwa: dagegen sprechen.
  • — Iü9. 110 das erste doch relativ wie noch in V. 11G77. 14236, wenn auch,
  • obgleich (mhd. im Ganzen nicht häufig, bei Gottfried nur vereinzelt, nhd.
  • abgekommen), das zweite cZocä demonstr.= nhd. — 110 te adv., immer. Das
  • Herz hält doch immer daran, an der Liebe fest. — 111 minnenmuot fasse ich
  • als Zusammensetzung : Liebesjnuth, Liebessinn. — 112 senegluot stf., Sehn-
  • suchtsglut, Liebesglut. — 113 brinnen stv.=nhd. brennen swv. , entzündet
  • sein, glühen. — 114 serer compar. von si/re, heftiger. — 115 liebes, wohl nicht
  • gen. von liep adj. subst., des Erfreuenden, sondern von liep stn. (dem leit
  • entgegengesetzt), die Freude wie in V. 221.— 116 herzeicol, herzlich wohl. —
  • 117 enbern stv. mit gen. (es), (etwas entbehren), auf etwas verzichten. —
  • 118 Sit conj., (seit), nachdem, sobald einmal. — gelierzet part. von herzen,
  • geherzen wie in V. (31.t2, ermuthigeu, erfrischen. Die reiche Freude, welche
  • zugleich im Liebesschmerze liegt, stärkt das Herz, läßt es nicht brechen.
  • Man kann aber auch gelierzet im Stile Gottfricd's als direct von herze abge-
  • leitet ansehen, dann wäve geherzet part. defect. soviel wie: herzerfüllt (vgl.
  • gerierldet V. 44). — 119 warez starke Flexion, wörtlich : als etwas so Wah-
  • res, Gewisses. Diese betheuernde Wendung bei Gottfi-ied ziemlich häufig
  • z. B. 5837. 9432. 10492. 17751; veränderte Formel in V. 14417: dieselben
  • oder ähnliche Ausdrücke aucli bei andern Dichtern, vgl. Haupt zu Engel-
  • hard 2102 und Sommer zu Flore 3756. — 120 ich erkenne es. d. h. ich
  • habe es kennen gelernt bi, an derselben Noth; ich weiß eä aus eigener
  • Erfahrung. — 121 auf edele liegt der Nachdruck. — 123 von diu (instru-
  • mentalis), deshalb. — 124 varen, varn stv., (fahren), überhaupt: gehen. —
  • verrer compar. von verre adv., ferner, weiter. — danne adv. hier nach compar.,
  • denn, als. — lier adv., bis hierher. Der suche nicht weit herum. — ■ 125 be-
  • mccren swv. findet sich ferner in V. 17231 im Sinuc von: besprechen, er-
  • zählen, ähnlich in Ulrich's von Tiirheim Tristan in V. 2115 (550,15); steht
  • dasselbe Wort auch hier, dann ist in nach dem Sinne dat. pl. : icli will
  • ihnen erzählen. Gottfried's Eigenart gemäßer ist hier bemceren mit acc.
  • (ihn), einen mit mcvre, mit einer Erzählung, versehen. —
  • I. EINGAKG. 11
  • die reiüe scne vvol täten schin:
  • ein senedaere, ein senedserin,
  • ein man, ein wip; ein wip, ein man,
  • Tristan, isot; Isot, Tristan. 130
  • Ich M-eiz wol, ir ist vil gewesen,
  • die von Tristande haut gelesen;
  • und ist ir doch niht vil gewesen,
  • die von im rehte haben gelesen.
  • Tuen aber ich diu geliche nuo 135
  • und schephe miniu wort dar zuo,
  • daz mir ir iegeliches sage
  • von disem maere missehage ,
  • so wirbe ich anders, danne ich sol.
  • ich entüon es niht: si sprächen wol 140
  • und niwan üz edelem muote
  • mir unde der werlt ze guote.
  • benamen si täten ez in guot:
  • und swaz der man in guot getuot,
  • daz ist ouch guot und wol getan. 145
  • aber als ich gesprochen hän,
  • daz si niht rehte haben gelesen,
  • daz ist, als ich iu sage, gewesen:
  • sine sprächen in der rihte niht,
  • als Thomas von Britanje gibt, 150
  • 127 se7ie stf., (Sehnsucht), Liebespein, oft geradezu synonym mit lieOe und
  • minne. — schtn adj., offenbar, sclnn tuon mit acc, klar machen, offen-
  • baren, zeigen. — 12S seneda'rin stf. s. zu 98.
  • 1.32. l.'U beide lesen stÜRemäß verscbieden; das er8te = nlid. lesen,
  • das zweite = vortragen, berichten, erzählen; vgl. si sprächen in V. 140
  • und lese» iu V. 230. Vgl. auch ^u 2t55ü. — 1.34 rehte adv., aufrechte "Weise;
  • im Worte liegt der Doppelsinn : richtig und gut, den Gottfried gleich nach-
  • her in V. 14t) fg, aufklärt. — haben (im Gegensatz von hänt 132) conj.,
  • haben mögen.
  • 1.35 iliu (instruraent. wie in V. 123) geltche (adv.), desgleiclicn, glei-
  • cher Maßen. Die Worte an sich sind klar; bezichen sie sich auf das
  • vorhergehende Urtheil: fahre ich iu gleicher Weise mit meinem Tadel
  • fortV oder: erwähle ich ebenfalls den Koman von Tristan, werde ich
  • Concurrent meiner Vorgänger V — 13(! schrphen swv., hier bestimmter als
  • in V. 21: bilden, gestalten. Spräclie ich mich außerdem sogar dahin aus.
  • — 137 sacie stf.. Aussage; die Darstellung (aller Erzäliler). — 138 rnisse-
  • hagen swv. = missbehagen. — 13'.) werben stv., handeln. — 144 in getuot ist
  • ge- wobl das Perfect : getban hat; öfters kann man schwanken, ob ge-*
  • 80 zu erklären ist, oder ob es das Verbum verstärkt. Der Herausge1)er
  • wird ni)ch einige derartige Fälle berühren, im Übrigen dem Leser die Be-
  • urtheilung der rerfect-Function überlassen; vgl. zu .3.'). — 143 benamen
  • (aus 6i nnrnen) adv., in Walirheit, eigentlich; hat hei Gottfried öfters wie
  • hier ziemlich den Charakter einer Betheuerung. — 149 rihte stf., Rich-
  • tung, rechte Weise. — l.'<0 gilit 3. pers. pra;s. von jehen stv., spreclien. —
  • 12 I. EINGANG.
  • der äventiure meister was
  • und an britünschen buochen las
  • aller der lantherren leben
  • und ez uns ze künde hat gegeben.
  • Als der von Tristände seit, 155
  • die rihte und die warheit
  • begunde ich sere suochen
  • in beider hande buochen
  • waischen und latinen,
  • und begunde mich des pinen, 160
  • (6) daz ich in siner rihte
  • rihte dise tihte.
  • sus treip ich manege suoche,
  • unz ich an einem buoche
  • alle sine jehe gelas, 165
  • wie dirre äventiure was.
  • waz aber min lesen do wsere
  • von disem senemaere:
  • daz lege ich miner willekür
  • allen edelen herzen vür, 170
  • daz si da mite unmüezic wesen:
  • ez ist in sere guot gelesen,
  • guot? ja, innecliche guot:
  • 151 äventiure stf., eines der vieldeutigsten Worte, hier : Erzählung, Koman.
  • — meister stm., hier : Dichter, äventiure kann gen. plur. sein , dann all-
  • gemein: Dichter von Romanen; oder gen. sing., dann: Dichter der vorliegen-
  • den Erzählung, der äventiure meister ist aber nicht, wie Heinzel in Haupt's
  • Zeitschr. 14, 272 will: Chronist. — 152 an prsep. bei lesen=nhd. in. — lesen,
  • hier höchst wahrscheinlich wieder: erzählen. — britünsch, britunisch adj.,
  • hretonisch. — 151-i der ist wohl nicht bloßer Artikel, sondern Demonstrativ:
  • aller jener (der bekannten) Landherren, Landesfürsten, einheimischen Ade-
  • lichen. Die Zusammensetzungen mit lant-=nhd. Land- oder = nhd. Lan-
  • des-, Lands-, nie im Gegensatz zur Stadt oder zum Meer und öfters die
  • Allgemeinheit bezeichnend, sind bei Gottfried recht häufig. — Ibi ze künde
  • stf. (nhd. Kunde) yeben, bekannt machen.
  • 156 wär/ieit stf., die rechte Quelle. — 15S hande gen. pl. von Jtant in
  • der Bedeutung: Art (während die regelmäßige Form hende lautet); beider
  • hande. beider Arten, beider Art; ferner zweier hande 1332, welcher hande
  • 3540 (s. die Bemerkung), sogar jaemerllcher hande 7277 [nhd. erhalten in:
  • allerhand]. — 159 valach (auch välsch) adj., wälsch, romanisch. — Latin
  • adj., lateinisch. — IfiO beginnen im Mhd. neben ze mit Infinitiv auch mit
  • bloßem Infinitiv, bei Gottfried wiegt letzteres vor; vgl. Gr. 4,95. 108. —
  • ptnen swv. refl. mit gen., (peinigen), sich um etwas bemühen. — 162 rihte
  • ^Tpnet. = rihtete (nicht prjes. ) von rihten swv.. einrichten, ausführen. —
  • tihte stf., Dichtung, aber nicht körperlich zu fassen; getihte stn. ist da-
  • gegen meist das fertig vorliegende Gedicht. — 163 suoche stf., das Suchen,
  • Nachsuchung, Forschung. — 164 anze, unz adv. conj. und prpep., bis. —
  • 165 gelesen, verst. lesen. — 166 dirre äceniiure {gen.): wie es um diese Ge-
  • schichte stand. — 169 väner luilleiür adv. gen., nach meinem freien Ent-
  • schlüsse. — 172 nach ez ist mir guot. ließ steht mhd. in der Eegel das Partie,
  • prset., wo wir Infinitiv mit zu setzen; vgl. Gr. 4,129. —
  • 1. EINGANG. 13
  • ez liebet liebe und edelt muot,
  • ez staetet triuwe und tugendet leben, 175
  • ez kan wol lebene tugende geben;
  • wan swä man beeret oder list
  • daz von so reinen triuwen ist,
  • da liebent dem getriuwen man
  • triuwe und ander tugende van: 180
  • liebe, triuwe, stseter muot,
  • ere und ander manic guot,
  • daz geliebet niemer anders wa
  • so sere noch s6 wol so da,
  • da man von herzeliebe saget 185
  • und herzeleit üz liebe klaget.
  • lieb' ist ein also sseiec dinc,
  • ein also sseleclich gerinc ,
  • daz niemen äne ir lere
  • noch tugende hat noch ere. 190
  • so manec wert leben, so liebe frumet,
  • so vil so tugende von ir kumet,
  • owe daz allez, daz der lebet,
  • nach herzeliebe niene strebet,
  • daz ich so lützel vinde der, 195
  • 174 lieben ewv., hier traus. (ahd. liuhjit), lieb, angeuchm macheu wie noch
  • in V. 8297. (Das Wort erhalten nur in der andern Bedeutung amare, lieb
  • haben , und dieses bei Gottfried nur mit dem Acc. der Sache wie in
  • V. 123Ö1. 18982; eine Person lieben ist rninnen; vgl. zu 27. 492.) — eclelen, edeln
  • 8WV., veredeln. — 175 stosten swv., stätigen, stätig machen. — tutenden
  • 8WV., mit Tugenden zieren, werthvoll machen; das Wort, auch sonst ver-
  • einzelt gebraucht, passt recht in Gottfried's Redeweise; vgl. 17975. —
  • 176 tu'jent steht häufig im Plural; tiiyende liier: Vorzüge, Zierden. —
  • 179 lieben swv. intrans. (wie in V. 27) hier mit dat. der Person. — 180 da
  • im vorhergehenden Vers gehört zu vati. va7i = vo>i , eine Alterthümlich-
  • keit (keine dialektische Besonderheit), bei Gottfried sehr häufig, aber nur
  • als Abverb und im Keime. — 181 atcete adj., beständig, fest, synonym mit
  • triuwe; vgl. 12941. 16404. — 183 yeliebet perf., liat beliebt, ist lieb geworden.
  • — niemer — noch (184)=nhd. nimmer — und. — 184 su — äo — so = so — so
  • — wie. — 185 lierzeliebe nicht dat. von -liebe stf., was schon liebe (186) sti-
  • listisch verbietet, sondern von herzeUep stn. ; vgl. zu 61. — 186 hier ist
  • klai/en swv. mit acc. nicht: beklagen, sondern: etwas klagen fnhd. von
  • Krankheiten gesagt], innerlicher und passiv gefasst: etwas sclimerzlich em-
  • pfinden; vgl. zu 198. — 187 sdiiec adj., (selig), gesegnet. — 188 sceleclich adj.,
  • synouyme Bildung von sa-lec, hier im Gegensatze subjectiv zu fassen : segen-
  • bringend, beglückend. — yerinc stm., Ringen, Bemühen. — 190 noch — noch
  • ^nhd. weder — noch. — 191 wert adj. unflect. = ut';-rfei, werth, glücklicli.
  • — liebe ist nom. — frurnen swv., schaffen, bewirken. — so vertritt das
  • Object: wie es die L. schafft oder: welches u. s. w. — 192 = so vil tugende
  • (gen. pl.) so ... — 193 der aus dar pron. adv., da, noch jetzt nach dem
  • Belativum, namentlich in der Bibelsprache. Dieselbe Wendung in V. 1410;
  • coUecti" für: aUe, die da leben. — 195 ^«7?^/ adj., wenig, klein; hier neutr.
  • Bubst. (ähnlich wie vil), wenig. —
  • 14 I. EINGANG.
  • die lüterliche herzeger
  • durch friunt ze herzen wellen tragen
  • niwan durch daz vil arme klagen,
  • daz hie bi z'etelicher zit
  • verborgen in dem herzen lit. 200
  • (7) War umbe enlite ein edeler muot
  • niht gerne ein übel durch tüsent guot ,
  • durch manege fröude ein ungemach?
  • swem nie von liebe leit geschach,
  • dem geschach ouch liep von liebe nie. 205
  • liep unde leit diu waren ie
  • an minnen ungescheiden.
  • man muoz mit disen beiden
  • er' unde lop erwerben
  • oder ane si verderben. 210
  • von den diz senemaere seit,
  • und hseten die durch liebe leit,
  • durch herzewunne senedez klagen
  • in einem herzen niht getragen,
  • sone waere ir name und ir geschiht 215
  • so manegem edelen herzen niht
  • ze sselden noch ze liebe komen.
  • uns ist noch hiute liep vernomen,
  • süeze und iemer niuwe
  • ir inneclichiu triuwe , 220
  • ir liep, ir leit, ir wunne, ir not;
  • 196 lüterllch adj., lauter. — herzeger stf., Herzenssehnsucht , Herzensnei-
  • gung. — 198 wir sagen: und nur. — vil adv. zur Verstärkung, gar, sehr.
  • — arra adj., gering (wohl nicht: erbärmlich, wie es Benecke zu fassen
  • scheint zu Iwein 2847). — klagen subst. inf. stn., hier nicht das laute Kla-
  • gen, der Schmerzausdruck, sondern die Sclimerzemiifindung, das Leid. —
  • 199 hie bi nämlich bei der herzeger. — eteltch, auch etealich = etlich,
  • manch ; z'etelicher zit, bisweilen. — 191 — 200 Der Dichter beklagt, daß trotz
  • des Glückes der Liebe und ihrer schönen Wirkungen doch so wenige
  • lieben wollen und zwar nur um das ganz geringe Leid, welches unmerk-
  • lich mit der Liebe verbunden ist, zu vermeiden.
  • 202 guot ist Plural; Wohlthaten, wohlthuende Empfindungen. — 207 un-
  • gescheiden part. adj., ungeschieden: in, bei der Minne vereint. — 211 ab-
  • hängig von die in V. 212. — 212 und mit folg. Conj. conditional; wir
  • können dieses und vielfach gerade so setzen, in der Regel reicht der Con-
  • junctiv aus: hätten die u. s. w. Gottfried liebt dies conditionale und,
  • vgl. z. B. V. 222. 2.376. 6062. 13724. — 215 geschieht stf., Geschichte, Schick-
  • sal. — 217 scelden dat. pl. von soelde stf.. Glück, Heil; häufig wie hier
  • im Plural gebraucht. — 218 vernomen s. zu 172; ähnliche Wendung in
  • V. 517.5. — 219 Apposition zu liep in V. 218. — niuwe adj., frisch und er-
  • frischend, etwa: anziehend. —
  • I. EINGANG. 15
  • al eine und sin si lange tot,
  • ir süezer name der lebet iedoch,
  • und sol ir tot der werkle noch
  • ze guote lange und iemer leben, '225
  • den triuwe gernden triuwe geben,
  • den ere gernden ere:
  • ir tot muoz iemer mere
  • uns lebenden leben und niuwe wesen;
  • wan swä man noch gehöret lesen 230
  • ir triuwe, ir triuwen reinekeit,
  • ir herzeliep, ir herzeleit,
  • Deist aller edelen herzen bröt.
  • hie mite so lebet ir beider tot.
  • wir lesen ir leben, wir lesen ir tot: 235
  • und ist uns daz süez' alse brot.
  • Ir leben, ir tot sint unser bröt.
  • sus lebet ir leben, sus lebet ir tot.
  • sus lebent si noch und sint doch tot,
  • und ist ir tot der lebenden brot. [240]
  • (8) Und swer nu ger, daz man im sage
  • ir leben, ir tot, ir fröude, ir klage, 240
  • der biete herze und ören her:
  • er vindet alle sine ger.
  • 222 al eine adv. coiij., (allein), obgleich, und als Conditioualpart. tritt
  • verstärkend hinzu [vgl. nhd. wenn aucli, obgleich aucli]. — 230 noch adv.,
  • noch fernerhin, in Zukunft. — ge/imren, verstärktes hoeren; bei Grottfried
  • öfter.
  • 233 — [24ii]. In Hagen's Ausgabe sind 2 Verse nicht mitgezählt. —
  • JJieso beiden Strophen mit der spielenden Wiederholung derselben Keime
  • machen keinen künstlerischen Eindruck. Sie auf eine zu reducieren, macht
  • Schwierigkeiten. Ich gebe Hermann Kurtz recht, wenn er in seinen An-
  • merkungen S. ").^G sagt: ('Sollten diese Zeilen je von (lottfried herrüliren,
  • 80 müsste man doch annehmen, daß sie versuchsweise auf den ersten
  • Wurf in sein Manuscript kamen und der späteren Überarbeitung beson-
  • dere vorbehalten blieben. »
  • 24(1 k-luf/e stf., hier (wie klagen in V. 198) der fröude entgegengesetzt:
  • der Schmerz. — 242 f/rr stf., Kegehren, Wunsch; hier objectiv: was er
  • wünscht; vgl. zu 4.")2.
  • n.
  • RIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • Eiu juuger Fürst in Parmenien, Kiwalin mit Namen und mit dem
  • Beinamen Kanelengres, zieht gegen den bretonischen Herzog Morgan, von
  • dem er ein Lehen besaß, zu Felde. Mit -wechselndem Glücke wird der
  • Krieg geführt. Endlich schließen sie auf ein Jahr lang Friede; und Ri-
  • walin kehrt voll Befriedigung in sein Land zurück.
  • Kanel rüstet sich zu einer neuen, aber friedlichen Fahrt an den Hof
  • Marke's, des jungen weitberühmten Königs von Kurnewal und Engeland.
  • Parmenien vertraut er der Obhut seines Marschalls Enal li foitenant.
  • König Marke empfängt den Gast mit allen Ehren. Beim lieblichen
  • Maienfeste Ün Tintajoel's Nähe werden Eitterspiele gehalten, in welchen
  • sich Eiwalin glänzend hervurthut und aller Frauen "Wohlgefallen erregt.
  • Er sieht Marke's schöne Schwester Blanscheflur und begrüßt sie. Bald
  • vereint beide eine glühende Neigung.
  • Nach Beendigung des Festes bricht ein Feind in Marke's Land. Ei-
  • walin im Heere der Landesvertheidiger wird auf den Tod verwundet. Nie-
  • mand trägt größeres Leid als Blanscheflur. In Verkleidung sucht sie den
  • Todtwunden in seiner Einsamkeit auf und ergibt sich ihm in inniger Um-
  • armung, nicht ahnend, daß sie mit dem empfangenen Kinde den Tod em-
  • pfangen sollte. Eiwalin gesundet, und die Liebenden genießen in traulichem
  • Umgange des höchsten Erdenglücks.
  • Nicht lange danach kommt Eiwalin die Kunde, Morgan bedrohe sein
  • Land, und er rüstet sich zur Heimkehr. Sein Scheiden betrauert Blansche-
  • flur aufs tiefste. Beim Abschiede gesteht sie ihm ihre drohende Schande.
  • Eiwalin tröstet und überredet sie, mit ihm das Land zu verlassen. Nach
  • der Ankunft in Parmenien entbietet er seinen Marschall Eual zu sich, auf
  • dessen Eath er sich mit Blanscheflur ehelich verbindet. In sicherer Obhut
  • lägst er sein "Weib zurück und zieht mit Eual gegen den Feind. In har-
  • tem Kampfe findet Eiwalin den Tod. Blanscheflur wird vom Schmerze
  • überwältigt, gebiert ein Söhnlein und stirbt.
  • II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUB. 17
  • Ein herre in Parmenie was,
  • der järe ein kint, als ich ez las:
  • der was, als uns diu wärheit 24.5
  • an siner äventiure seit,
  • M'ol an gebürte künege genoz,
  • an lande fürsteu ebengroz,
  • des libes schoene und wunneclich,
  • getriuwe, küene, milte, rieh; • 250
  • und den er fröude solte tragen,
  • den was der herre in sinen tagen
  • ein fröude berndiu sunne.
  • er was der vrerlde ein wunne,
  • der ritterschefte ein lere, 255
  • siner mäge ein ere,
  • sines landes zuoversiht:
  • an ime brast aller tugende niht,
  • der herre haben solde,
  • wan daz er ze verre wolde T 260
  • in sines herzen lusten sweben 1
  • und niwan nach sinem willen leben; •
  • daz ime ouch sit ze leide ergie.
  • wan leider diz ist und was ie:
  • üf gendiu jugent und voUez guot , 265
  • diu zwei diu füerent übermuot.
  • 243 hvrre swra. mit t : die Kürze bei G. nicht erwiesen. Das vieldeu-
  • tige Wort kann in den meisten Fällen durch : Herr wiedergegeben wer-
  • den, indem aucli im neuen AVorte, poetisch gefasst, die Begriffe wie Gott,
  • Ritter, Fürst u. s. w. enthalten sind. Erklärungen im Einzelnen daher
  • nicht geboten. — 244 ein kint, überhaupt: jung, ein Jüngling, Knabe. —
  • 246 äventiure stf. synonym mit gesdiilit, hier : Geschichte. — 24S ebenyruz adj.,
  • gleich an GröCe, Macht [vgl. ebenbürtig] : G. liebt diese Bildungen mit eben ;
  • 8. auch zu lü"<74. —247. 248 künec geht hier auf die Geburt, //irA^e auf die
  • Herrschaft, darum folgt der letztere Vergleich als Steigerung an zweiter
  • Stelle. — 250 stilgemäßer ist vtilfe, rieh , als milte rieh, mildreich, reich an
  • Milde, sehr freigebig (vgl. vier Bezeichnungen ohne Copula in 6iner Zeile
  • z. B. in V. 2915 1. — milte adj., mild oder; freigebig. — unter rieh (volle
  • Form riehe in V. 745) adj. kann nicht reich, mächtig verstanden sein, was
  • schon vorher gesagt ist, und weil hier Tugenden genannt werden; man
  • könnte denken: charaktervoll, von mächtiger Persönlichkeit; wahrschein-
  • licher ist rieh im Sinne von freigebig, Steigerung von milte, und dieses
  • wäre in unserm Sinne mild, voll Herzensgüte; vgl. zu 4469. — 251 friiude
  • steht hier synonym mit juuot, huLde; vgl. zu ■)4. 773. — 2.')3 bern stv., bringen,
  • auch hervorbringen, gewähren; ein edeles, poetisches, bei G. besonders
  • beliebtes Wort, fröude bernde, freudebringend, erfreuend. — 25t) mdc stm.,
  • gen. maf/es. Verwandter. — 258 bresten stv. mit gen., hier in übertragener
  • Bedeutung: gebrechen, an etwas fehlen. — 259 Attraction möglich = rff;'
  • fügende die; eher der gen. part., quartnn; vgl. 2543. — hi'rre=ein herre. —
  • 260 v:an daz, nur daß. — ze verre adv., zu weit, allzusehr. — 263 sU adv.,
  • seitdem, einst. — 266 ähnlich V. 8406. — bei übermuot wie in V. 340 nicht
  • ersichtlich, ob stm. oder stf.; b. zu 297. 582. —
  • GOTTFRIED VOX STEASSBURG. I. 2. Aufl. 2
  • 18 II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • vertragen, daz doch vil manic man
  • in michelem gewalte kan,
  • dar an gedähte er selten;
  • übel mit übele gelten, 270
  • kraft erzeigen wider kraft:
  • dar ziio was er gedanchäft.
  • Nune löufet ez die lenge niht,
  • der allez daz, daz ime geschiht,
  • mit Karies lote gelten wil. 275
  • weiz got, der man muoz harte vil
  • an disem borge übersehen
  • oder ime muoz dicke schade geschehen.
  • (9) swer deheinen schaden vertragen kan,
  • da wahsent dicke schaden an, 280
  • und ist ein yeiclicher site: ;Si't''-"
  • hie vähet man den beren mite, "■
  • der riebet einzele schaden,
  • unz er mit schaden wirt beladen,
  • ich waene, ouch ime alsam gescbach, 285
  • . wan er sich alse vil gerach,
  • 267 vertragen inf. subst. , verträglich geschehen lasseu. — 268 selbst bei
  • großer Gewalt, Macht. — 269 selten adv. [das Adj. neueren Ursprungs]
  • könnte jetzt ebenfalls in solcher Verbindung gesagt werden ; ebenso V. 4421.
  • seZie« hat meist die Bedeutung : niemals; vgl. 4418. 12819. Eine Ironie liegt
  • aber hierin keineswegs, wie vom Begriff des modernen Adjectivs aus gelehrt
  • wird, sondern selten ist einfach schwächer geworden und hat den Charakter
  • der Negation eingebüßt; vgl. zu 322. — 270 gelten atv., vergelten. — 271 kraft
  • stf., Gewalt, Gewaltthat. — 272 gedanchäft adj., auf etwas denkend, be-
  • dacht ; ein von G. gern gebrauchtes Wort , sonst äußerst selten.
  • 27.3 G. liebt die Fortführung der Erzählung mit nu, demonstrativ und
  • relativ, mit folgendem Praesens w^ie mit folgendem Prset. ; vgl. z. B. 534.
  • 1636. 3251. 3377 und zu 333. 435. — die lenge loufen=nh.d. die Länge, auf
  • die Länge, Dauer gehen. — 274 der = svjer. — 275 wörtl.: mit Karl's (des
  • großen Kaisers) Loth (Gewicht) vergelten (abwägen), eine im Mhd. beliebte
  • formelhafte Wendung : «etwas nach der größten Strenge erwidern , dem
  • Andern nicht das Geringste übersehen oder zu Gute halten.» Benecke. —
  • 276 weiz got oder weizgot gehört zu den häufigsten Betheuerungen im
  • Tristan. — der man, hier wie man ; vgl. Gr. 4, 459. — 277 bore stm., das Er-
  • borgte, dann überhaupt: das Zugefügte (vgl. das übertragene vergelten);
  • bore als Wort von Kurtz gut gegeben durch: «Handel». — 280 an wahsen,
  • daraus erwachsen. — dicke adv., oft: compar. dicker 6440, superl. dickest 5076.
  • — schade swm. hier im Plural (wie in V. 283), Schäden, Verluste; ähn-
  • liche Wendungen in V. 1065. 1239. — 281 veiclich adj., (eigentlich: zum
  • Tode bestimmt), unselig. — site stm., Sitte stf., Brauch, im Allgemeinen
  • auch: Art und Weise; site bei G. iin Ganzen nicht häufig, mit Vorliebe
  • dagegen in Compositionen angewandt wie bastsite , hovesite u. s. w. —
  • 283 gemeint sind die einzelnen Bienenstiche. — 285 wcenen swv. , über-
  • haupt : glauben, meinen. — alsam (al-sarn b. zu 8490) adv., ganz so, eben-
  • so. — 286 wan=wande conj. im Nebensatze, weil; s. zu 77. — gerach
  • wohl nicht praet. von gerechen wie in V. 10213, verstärktes rechen, son-
  • dern ge- drückt die Gewohnheit aus: sich zu rächen pflegte; das Plus-
  • quamperfect dagegen in V. 18932. —
  • II. RIWALIN UND BLANSCHEFLÜR. 19
  • biz er den schaden dar an genam.
  • daz aber er ie ze schaden kam, - -^^Lx^
  • daz enköm von archeite niht,
  • da von doch manegem schade geschiht: 290
  • ez kom von dem geleite
  • siner kintheite,
  • daz er in siner blüenden jugent
  • mit jugentlicher herren tugent
  • wider sin selbes saelden streit. ' 295
  • daz geschüof sin spilndiu kintheit,
  • diu mit ir übermuote
  • in sinem herzen bluote.
  • er tete vil rehte als elliu kint,
  • diu selten vorbesihtec sint: 300
  • er nam vür sich niht sorgen war,
  • wau lebete und lebete und lebte et dar.
  • do sin leben ze lebene vienc,
  • uf alse der tagesterne gienc
  • und lachende in die werlde sach, 305
  • dö wände er, des doch niene geschach,
  • daz er iemer also solte leben
  • und in der lebenden süeze sweben.
  • »
  • Nein sines lebenes begin
  • der gie mit kurzem lebene hin; 310
  • diu morgenliche sunne
  • siner werltwünne,
  • dö diu von erste spiln began,
  • do viel sin gaeher äbent an,
  • der ime vor was verborgen, 315
  • und laschte im sinen morgen. i
  • 387 'jenemen=^neiiien. — 289 archeit stf., Bosheit, arge, übele Gesinnung. —
  • 291 geleite stn, mit gen. poetisch umschreibend — von seiner Jugend (s. zu
  • 244); vgl. 2068. — 293 da: conj., indem, weil. — 294 tugent, hier: Strebsam-
  • keit (die sich in Thatenlust zeigt). — 295 loider prsep. im Mhd. vorzugs-
  • weise mit dat. ; erwiesen im Reime z. B. in V. 14051. — stn selbes, sui ipsius ;
  • ■wir sagen: sein eigen. — 296 g e seh äff en^= schaffen. — spiln swv. , (spielen),
  • sich erfreuen; spilnde part. , vergnügt, heiter. — 297 übermuote dat. von
  • übermuot stra., Hochgefühl, stolzer Sinn; vgl. zu 582. — 300 vorbesihtec
  • »dj., vorsichtig, vorsorglich. — 302 wan adv. conj., hier nach Negation:
  • sondern. — 'H (aus eht) adv., eben, einmal, dem oberd. halt, halter ent-
  • sprechend, von G. wirksam angewandt. — dar adv., dahin. — 303 do
  • conj .= da (immer zeitlich und causal); in V. 300 do adv.; vgl. zu 11.470.
  • — vähen stv., hier: anfangen. — 304 tagesterne 3wm.= Morgenstern. —
  • 308 in der lebenden Süßigkeit, im süßen Dasein.
  • 313 von f'rste, zuerst. — yjifn swv., hier: funkeln. — 314 goefte adj.,
  • jfth, plötzlich. — an oallen , hereinfallen, anbrechen. — 315 vor adv., vor-
  • her- vgl. zu 2070. —
  • 2*
  • 20 II. BIWALIN UND BLANSCHEFLUE.
  • wie er aber genennet wsere,
  • daz kündet uns diz maere;
  • (10) sin äventiure tiiot ez schin:
  • sin rehter name was Riwalin, 320
  • sin änam was Kanelengres.
  • genuoge jehent und w^enent des:
  • der selbe herre er wsere
  • ein Lobnoissere,
  • künec über daz laut ze Lobuois: 325
  • nu tuot uns aber Thomas gewis,
  • der ez an den äventiuren las,
  • daz er von Parmenie was
  • unde haete ein sunderz laut
  • von eines Britünes bant 330
  • und solte dem sin Untertan:
  • der selbe hiez liduc Morgan.
  • Nu daz der herre Riwalin
  • wol und nach grozen eren sin
  • wol driu jär ritter was gewesen 335
  • und hsete wol hin heim gelesen
  • ganzliche kunst ze ritterschaft,
  • i ze iirliug' vollecliche kraft, «
  • ^* er hsetT'fant, liut' unde guot.
  • weder ez do not ald' übermuot 340
  • geschüefe, des enweiz ich niht,
  • wan als sin äventiure gibt,
  • 321 änam, änavie swm., Beiuame, Spitzname. — 322 genuoc adj. flect., wäh-
  • rend nhd. genug nur im Singular unflectiert steht ; mhd. genuoc selten =
  • hinreichend, meist = viel, groß. Eine Ironie ist ebenso wenig wie bei
  • selten (s. zu 269) vorhanden; der moderne Begriff verleitete zu der An-
  • nahme. — des nicht direct abhängig von den Verben (jehen mit gen.,
  • wcenen mit acc), sondern= deshalb, darüber, in dieser Sache. — 326 geivis
  • tuon=^ge-wiss machen, versichern. — 329 ei>i sunderz laut, ein besonderes
  • Land, abgesondert vom Stammsitz Parmenien, insofern ein Lehen, was
  • die folgenden Verse erläutern; vgl. sunderlant 5623. — HO Britun stm.,
  • Breton. — 332 li französischer Artikel; vgl. 467. 3752. f?wc = neufran-
  • zösisch ; liduc hier gewissermaßen als Name aufgefasst.
  • 333 Nu daz, nachdem, sehr häufige relative Satzverbindung zur Weiter-
  • führung der Erzählung bei G.; vgl. z. B. 407. 731. 2786. 5742. 6626 und zu
  • 273. 435. — 336 hin heim, hin nach Hause, eine beliebte Wendung Gott-
  • fried's. h. h. lesen, einheimsen, zu seinem Besten erwerben. — 337 ganz-
  • lich adj., (gänzlich), vollkommen; bei G. nur adj. — 338 urliuge stn.,
  • Krieg. — 340 weder — aide (Nebenform von oder), ob — oder. — 342 wan
  • hier elliptisch: das weiß ich nicht, aber nur so viel weiß ich, daß . . .
  • so in V. 343 fasst zusammen; dieses ivan etwa unserm: genug ent-
  • sprechend, mit dem wir bei ausgesprochenem Zweifel die Behauptung fol-
  • gen lassen, wenn wir mit: nur, aber, jedoch nicht ausreichen; vgl. 3170. —
  • II. RIWALIN ü.ND BLANSCHEFLÜR. 21
  • SO greif er Mörga'neu an
  • als einen schuldigen man.
  • er kom geriten in sin lant 345
  • mit alse kreftiger haut,
  • daz er im mit gewalte
  • genuoge bürge valte;
  • die stete muosen sich ergeben
  • und Icßsen ir guot unde ir leben, 350
  • reht' alse liej) als ez in was,
  • nnz er zesamene gelas
  • gült' unde güotes die kraft,
  • daz er sine ritterschaft
  • so stärke gemerte, 355
  • swar er mit her gekerte,
  • ez waeren bürge oder stete,
  • daz er vil sines willen tete.
  • (11) ouch nam er dicke schaden dar an.
  • er galt mit manegem biderben man; 360
  • wan Morgan was an siner wer,
  • der bestüont in ofte mit her
  • nnd tete in dicke schadehaft;
  • wan z' urliug' und ze ritterschaft
  • beeret verlüst unde gewin: 365
  • hie mite so gänt urliuge hin;
  • Verliesen unde gewinnen
  • daz treit die kriege hinnen.
  • ich wsene, im Morgan alsam tete;
  • er valte im ouch bürg' unde stete 370
  • und brach im underwilen abe
  • sine liute und sine habe
  • und tete im, swaz er mohte,
  • daz doch niht vil entohte,
  • 351 8. zu 6896. — 35li giilte stf., Zahlung, Zins. — kru/t stf., hier: Menge. —
  • 354 fg. Constrnction : 354. 355 (so). :inS((l(iz). 356.357 (swar, ez tvccren b. o.
  • St., er mit h. gek.). — 3.55 i/e» swv., verst. meren, vermehren. — 356 swar
  • (sö-war) adv. correl., wohin. — keren swv. , sich wenden, ge- Function
  • des Plusquamperf. — 'dCO [jiUen stv. , hier: entgelten, büßen. — hlderbe adj.,
  • tüchtig, tapfer. — 361 auf seiner Hut, zu seiner Wehr, Vertheidigung bereit.
  • — HV.\ schadehaft , schadhaft machen [nhd. nur noch von Sachen], in
  • Schaden bringen; vgl. 762. — 365 h(erca swv. r-^ gehören. — 368 hinnen
  • tra;ie lieißt wohl: hinziehen, verlängern. — 371 underwilen (=under teilen
  • dat. pl. von teile) adv., zu Zeiten, bisweilen, öfters. — abe brechen mit dat.
  • und acc, einem an etwas Abbruch thun. — .373 mohte nicht=nhd. mochte,
  • wünsci.te, sondern^^vermochte , konnte; raugen nur selten mit: mögen zu
  • geben. — :;74 tagen anom. v., taugen, nützen. —
  • 22 II. RiWALlN UND BLANSCHEFLUR.
  • wan in tet iemer Ri walin 375
  • mit grozem schaden wider in
  • und treip des mit im alse vil,
  • unz er in brähte üf daz zil,
  • daz er sich nihtes künde erwern
  • noch sich niender trüte ernern 380
  • niwan in sinen vesten ,
  • den Sterkesten unde den besten,
  • die selben besäz Riwalin
  • und gap im üz voller hant dar in
  • bataljen unde striten. 385
  • er tete in z'allen ziten
  • strackes rehte unz in diu tor.
  • ouch hsete er dicke da vor
  • turneie und riche ritterschaft.
  • alsus lac er im obe mit kraft 390
  • und herte in in dem lande
  • mit roube und mit brande,
  • unz sich Morgan ze tage do bot
  • und daz erwarp mit aller not,
  • daz ez getaget wart under in zwein 395
  • und ein jär fride getragen enein,
  • und wart der von in beiden
  • mit bürgen und mit ei den
  • (12) gestaetet, alse er solte sin.
  • hie mite so kerte Riwalin 400
  • mit den sinen heim rieh unde fro.
  • üz milter hant lont' er in do
  • 375 in tiion, hinein (in die Burgen zurüclc) treiben, einschließen. — 378 ü/
  • daz zil, an das Ende, endlich dahin. — 379 nihte>> adv. gen., durchaus
  • nicht, keineswegs; bei G. selten; subst. gen. =nhd. nichts z. B. in V. 9504,
  • — 380 niender adv., nirgend. — trüwen (vgl. 9534) swv. = getrauen, sich
  • getrauen, sich gehört zu ernern swv., (ernähren), erretten. — 383 besitzen
  • stv. , belagern. — 384 geben nhd. zu übersetzen: bieten, liefern. — 385 ba-
  • taljen swv. subst. inf. Fremdwort, Scharmützeln. — 389 turneie pl. von
  • turnei stm. , Turnier, Ritterspiel. — riche adj., allgemein: herrlich. —
  • 390 obe ligen mit dat., einen besiegen. — 391 heren swv. mit acc, einen
  • mit einem Heer, mit Krieg überziehen [erhalten in: verheeren], sodann:
  • einem durch den Krieg Schaden zufügen (rauben und brandschatzen). —
  • 393 sich ze tage bieten, sich zu einer Frist erbieten oder stilgemäßer tac^^
  • Unterhandlung? — 39.') tagen swv., vertagen. — 396 ein jär /nrfe=:nhd.,
  • d. h. ein , auf ein Jahr lang Friede ; Zusammensetzung järfride nicht ge-
  • boten. — enein {;=in ein) s. zu 820. enein trauen mit acc, etwas zusam-
  • men, zu Stande bringen; vgl. 10507. — 399 stceten swv., bestätigen. —
  • 400 hie mite , auch liie mite so liebt unter den Epikern besonders G. zur
  • Weiterführung der Erzählung, namentlich am Anfang neuerer größerer
  • Abschnitte, z. B. 2551. 3440. 4021. 4211. — 401 rieh und V. 403 nicht: reich
  • (etwa mit Beute beladen), sondern: glücklich; vgl. zu 745. —
  • II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 23
  • und machte s' alle riebe.
  • er lie si froliche
  • und wol nach sinen ereu 405
  • wider z'ir heimuote keren.
  • Nu daz Kanele alsus gelanc,
  • nu was da nach vil harte unlanc,
  • unz daz er aber einer vart
  • durch banekie eneine wart 410
  • und er sich aber üz reite
  • mit grözer ri'cheite,
  • also der eregire tuot.
  • al daz geriete und al daz guot,
  • des er bediu'fen wolte 415
  • und ein jär haben solte,
  • daz wart im an ein schif getragen.
  • er hgete vil gehoeret sagen,
  • wie hövesch und wie erbsere
  • der junge künic wsere 420
  • von Kurnewäle Marke,
  • des ere wuohs do starke:
  • der haete do ze siner haut
  • Kumewal und Engelaut.
  • Kurnewäl was aber sin erbe do. 425
  • umb' Engelande stuont ez so:
  • daz haete er sit des mäles,
  • daz die Sähsen von Gäles
  • die Britüne da vertriben
  • und si da herren beliben, 430
  • von den ez ouch den namen verliez
  • 406 heimuote dat. von heimuot stu. oder heimuote stf. uud stn. , Heimat;
  • von heimuot stf. müsste wie iu Handschr. W heiinüete stehen.
  • 4(J7 iiiir gelinget unpers., nhd. mir gelingt etwas, ich habe Glück. —
  • 4u8 eil harte inilanc , nicht gar sehr laug, bald. — 409 aber adv., wiederum.
  • — 410 eneine (nach den beiden ältesten Hss.) ausnahmsweise für enein (s.
  • zu S20). enein verden mit gen. fV. lü.ifi i/ruhe) , einig werden übe'r etwas,
  • beschlieüen. — banekle stf. Fremdwort, Ergötzung, etwa unser: Amüsement.
  • — 411 reite =: reitete. nz reiten, ausrüsten. — 412 richeit stf., Reichthum,
  • Pracht. — 413 eregir adj. subst., ehrbegierig, ehrgeizig. — ^V.^ hijvesch adj.,
  • vieldeutiges Wort im Mhd., (höfisch), fein gesittet. — erbccre adj., (ehr-
  • bar), auf Ehre bedacht, edel. — 422 vre ist hier: Ansehen , Macht. — 427 sit
  • dex mäles, (sintemal), seit der Zeit, seitdem. — 42U s. Namenverzeichniss.
  • — 431 verläzen stv. , von G. in den verschiedensten Bedeutungen und
  • Wendungen gebraucht, hier: zurücklassen, aufgeben, nicht länger be-
  • halten. —
  • 24 II. KIWALIN UND BLANSCHEFLUE.
  • daz lant, daz e Britanje hiez,
  • und wart ouch iesa do genant
  • nach den von Gäles Engelant.
  • Ku die daz lant besäzen 435
  • und ez ünder sich gemäzen,
  • dö weiten s' alle künegelin
  • und herren von in selben sin:
  • (13) diz wart ir aller imgewin.
  • sus begünden si sich under in 440
  • slahen ünde morden starke
  • und befülhen ouch dö Marke
  • sich und daz lant in sine pflege:
  • Sit her dient' ez im alle wege
  • so sere und so vorhtliche, 445
  • daz nie kein künicriche
  • einem künege me gediente baz.
  • ouch saget di istorje von im daz,
  • daz allen den bilanden,
  • diu siuen namen erkanden , 450
  • dehein künec so werder was als er.
  • da hin was Riwalines ger.
  • aldä däht' er beliben,
  • ein jär mit ime vertriben
  • und von im werden tugenthaft 455
  • und lernen niuwe ritterschaft
  • und ebenen sine site baz.
  • sin edelez herze seite im daz:
  • erkaude er fremeder lande site,
  • da bezzerte er die sine mite 460
  • und würde selbe erkant dervan.
  • 433 iesd (ic-sd) adv., sogleich.
  • 435 jVu (ohne daz) hier relativ ; auch diese Satzverbindung bei G. häufig;
  • vgl. 471.1449. 1583.^2129 und zu 273. 333. — besitzen stv. , hier: in Besitz
  • nehmen. — 436 ff einäzen = gemessen hatten. — 442 befülhen praet. pl. von be-
  • velhen stv., befehlen, empfehlen, in den Schutz eines übergeben. — 443 pflege
  • stf., mehr als unser: Pflege; Obhut, Schirm und Schutz. — 44.5 vorJäliche
  • adv., mit Furcht, Gehorsam. — 447 baz compar. zu icol , besser (öfters
  • auch: mehr, weiter). — gediente = geA\ent hat. — 448 istorje stf., Historie,
  • verwendet der Dichter einigemal (V. .5884. 15919) neben äventiure, wdrheit,
  • geste. — 449 bUant stm. , Nebenland, Nachbarland. — 450 name steht hier
  • umschreibend für die Person, aber geistig gefasst •, sinen n. = ihn; vgl. zu
  • 1058. — iirkennen swv, , kennen, kennen lernen. — 451 werder starke
  • Flexion. — 452 j^^r stf., hier subjectiv : wünschte er; vgl. 242. — 455 tugent-
  • haft adj., wohl erzogen, fein gebildet; vgl. zu 11164. — 457 ebenen swv.,
  • gleichmäßig machen, glätten, ausbilden [vgl. feilen, Schliff]. — 461 erkant
  • part. steht nahezu adjectivisch im Sinne von V. 451 : bekannt, berühmt. —
  • II. BIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 25
  • mit disen sinnen huob er an:
  • er bevälch sin liut und sin lant
  • an sines märschälkes hant,
  • eines herren von dem lande, ■ 465
  • an dem er triuwe erkande,
  • der hiez Rüal li foitenant.
  • sus kerte Riwalin zehant
  • mit zwelf gesellen über se:
  • er bedörfte do deheines me, 470
  • er hjete her hie mite gennoc.
  • Nu sich diu zit also getruoc,
  • daz er ze Kurnewäle kam
  • und üf dem mer aldä vernam,
  • daz Märke der m^ere 475
  • ze Tintajole wsere,
  • da kerte er sine reise hin.
  • da stiez er üz, da vant er in
  • (14) und wart des innecliche fro.
  • sich und die sine kleite er do 480
  • riliche und alse im wol gezam.
  • nu daz er dö ze hove kam,
  • Marke der tugenderiche
  • der enpfieng in tugentliche
  • und mit im al die sine. 485
  • man bot da Riwaline
  • den antphanc und die ere,
  • daz ez ime da vor nie mere
  • ze deheinen ziten anderswä
  • so werde erboten wart so da 490
  • 4ü2 tnit disen sinnen, in solcher verständigen Weise. — 463 W«< stn., Volk. —
  • 467 foitenant Fremdwort, (der Treue haltende), der Getreue: ständiger
  • Beiname Rual's; vgl. 1588 fg. .')nO; wirkliclier Name Foitenant in V. 1640
  • und öfters. — 46S zehant adv. , (zur Hand), sogleich. — 470 do , hier wie in
  • V. 306 demonstr. , aber rein adverbial = jetzt ; vgl. zu 11. 303. — 471 her
  • 8tn., (Heer), Schaar, Mannschaft, Gefolge; ebenso von einer kleinen Zahl
  • in V. 1S372.
  • 472 getrafjen, sicli zutragen, sich fügen. — 475 niccre adj. , be-
  • rühmt. — 477 hin gehört zunächst zu da. — 478 üz stozen (elliptisch ge-
  • dacht : ans Land stoßen , um auszusteigen ?) , landen. — 480 die sine ( : Ri-
  • waline 4S.'i) stark flect. ^^nhd. schwach: die Seinen. — 481 rtltche = r2ch-
  • itche adv., kostbar. — 487 c'nifphanc {='M, anphanc H W) stm. , Empfang,
  • speciell Temiinus aus dem Hoflcben, die feierliche Begrüßung der Gäste;
  • vgl. 18628. — ere stf., Ehrenbezeugung, die Honneurs. — 488 da vor s. zu
  • 315. — nie mn-e , niemals, noch niemals. — 490 ruerde adv., werth, Avür-
  • dig, herrlich; oder seht es auf den Eindruck d«s Empfangs: so wohl-
  • thuend? —
  • 26 II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • hie sputen sine gedanke mite.
  • diz liebete ime den hovesite.
  • er dähte dicke wider sich:
  • «benamen, got selbe der hat mich
  • ze diseme lantgesinde bräht! 495
  • min sselde hat mich wol bedäht:
  • swaz ich von Markes tugenden ie^
  • gehorte sagen, deist allez hie.
  • sin leben daz ist höfsch unde guot.)'
  • sus Seite er Marke sinen muot, 500
  • war umbe er kernen waere.
  • nu Marke siniu maere
  • und sinen müot haete vernomeu,
  • er sprach: «got und mir willekomen!
  • lip unde guot und swaz ich hän, 505
  • daz sol ze iuwerm geböte stän.»
  • Kanelengres der was da wol
  • des hoves, der hof der was sin vol:
  • arm' unde riche hseten in
  • liep unde werden under in, 510
  • und wart nie gast geminnet baz.
  • euch künde er wol geschulden daz:
  • der tugenthafte Riwalin
  • der was und künde wol gesin
  • mit libe und mit guote, 515
  • mit geselleclichem muote
  • ze ir aller dienste bereit.
  • 492 lieben (vgl. 174) hier mit dat. der Person, acc. der Sache, einem etwas
  • angenehm machen. Das Prset. liebete (in allen alten Hss. statt liebte)
  • eigentlich nicht grammatisch correct; doch ist übei-haupt zu Gottfried's
  • Zeit die schwache Conj. schon in Unordnung gerathen ; vgl. Lachmann
  • zu Iwein 45. — hovesite stm. , Hofgebrauch, überhaupt: Hofleben. —
  • 495 lantgesinde stm. (wie Hausgesinde), das Gesinde, die Bewohnerschaft
  • des (dieses) Landes. — 496 bedenken [wie unser: einen mit einem Ge-
  • schenke bedenken], für etwas sorgen: mein Glück (hier soelde halb perso-
  • nificiert) hat es wohl mit mir gemeint ; völlig vom Nhd. abweichende Bedeu-
  • tung von bedenken in V. 14803. — 500 rnuot stm., hier: Absicht. Dieses viel-
  • deutige Wort bei Gottfried sehr häufig und unmöglich an allen Stellen in
  • seinen Schattierungen zu erklären; es bieten sich Synonyma, falls Muth
  • nicht passt, Gemüth, Sinn, Gesinnung, Gedanke und dgl. und erklärt sich
  • vielfach durch beigesetzte Adjectiva und synonyme Substantiva.
  • h07 V!ol roesen (stn) mit gen., erfreut sein über etwas. — 508 vol wesen
  • mit gen. (sin sui, ejus), von einem voll, erfüllt sein [vgl. von seinem Lobe,
  • seines Lobes voll sein]. Die Wendung kehrt öfters wieder, z. B. 16409. .
  • — 512 ge schulden swv. , verschulden, verdienen. — 514 gesin öfters im
  • Interesse des Verses für das einfache sin. — 516 geselleclich adj., freund-
  • schaftlich. —
  • 11. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 27
  • als lebete er in der werdekeit
  • (15) und in der rehten güete,
  • die er iu sin gemüete 520
  • mit tägelichen tilgenden nam,
  • unz Markes hohgezit dö kam.
  • die hühzit haete Marke
  • besetzet also starke,
  • so mit geböte so mit bete: 525
  • swenn' er in siiien boten tete,
  • so kom diu ritterschaft zehant
  • von dem künicriche z' Engelant
  • in dem jare z'einem male
  • gevarn ze Kurnewäle. 530
  • die selben brähten mit in dar
  • manege süeze frouwen schar
  • und ander manege Schönheit.
  • Nu was diu hohgezit geleit,
  • benennet unde besprochen 535
  • die bliienden vier wöchen,
  • so der vil süeze meie in gät
  • unz an daz, da er ende hat,
  • bi Tintajöl so nahen
  • daz si sich undersähen, 540
  • in die schoensten ouwe,
  • die deheines ougen schouwe
  • filS uerdekeit stf., Würde, ehrenvolles Ansehen. — 521 nemen stv., aufneh-
  • men, fassen. — r)22 hohgezit stf. = h6hztt , hochztt , Fest, insbesondere das
  • Maifest. — .'>24 besetzen swv. , eigentlich: mit Gästen besetzen, dazu ein-
  • laden oder in der andern Bedeutung: festsetzen, anberaumen? — 525 so
  • — so = so — wie, sowohl — als auch; steht gerne iu Formeln; vgl. z. B.
  • 1342. — mit geböte und (so) mit bete , öfters angewandte formelhafte Wen-
  • dung, in der gebot nicht als strenger Befehl aufzufassen ist; vgl. zu
  • t)252. — bete stf. = nhd. Bitte (bite mhd. äußerst selten). — 526 boten
  • tuon wie V. 18163; unser: einen Boten senden trifft den Begriff nicht
  • ganz, die Wendung ist abstracter; eher: Botschaft senden; boten tuon ^
  • bieten, entbieten, kund thun. — ."i29 mal stn. bei G. nur mit einer Aus-
  • nahme (V. 4.')32) von der Zeit gebraucht; z' einem male, zu einer Zeit,
  • unser: einmal. — 533 sch6nli<;it stf. ist hier wohl collectiv zu fassen =
  • achaene pl. ; es bezielit sich auf die Schönheit der Damen des Gefolges
  • (frouiren in V. 532 die edeln Frauen, die Herrinnen); wir würden es pro-
  • saisch ausdrücken : und manch andere Schönheiten ; vgl. zu 627.
  • 534 h'gen stv.. verlegen, festsetzen; vgl. tac legen 9262. — 535 benennen
  • 8WV., bestimmen, anberaumen. — i>esprechen stv. = nhd., verabreden; vgl. V.
  • 6463, in V. 15:il.i dagegen gesprochen. — 536 nicht Obj. von V. 535, sondern
  • adverb. Acc, auf die vier Woclien. — 537 gün öfters mit Synonymen zu ver-
  • tauschen; in g.=an g., einziehen. — 540 sich undersehen, sich unter ein-
  • ander, wechselseitig sehen [vgl. sich unterhalten, unterreden]; diese Zu-
  • sammensetzungen mit linder- in verschiedenen Functionen bei G. häufig.
  • — 541 abhängig von V. 534. 535. — 542 schoiave stf., Anschauen, Blick. —
  • 28 II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • ie überlühte e oder sit.
  • diu senfte süeze sumerzit
  • diu hsete ir süeze unmüezekeit 545
  • mit süezem fiize an si geleit.
  • diu kleinen waltvögelin ,
  • diu des oren fröude sulen sin,
  • bluomen, gras, loup unde bluot
  • und swaz dem ougen sanfte tuot 550
  • und edele herze erfröuwen sol,
  • des was diu sumerouwe vol:
  • man vant da, swaz man wolte,
  • daz der meie bringen solte:
  • den schate bi der sunnen, 555
  • die linden bi dem brunnen,
  • die senften linden winde,
  • die Markes ingesinde
  • (16) sin wesen engegene macheten.
  • die liebten bluomen lacheten 560
  • üz dem betöuwetem grase.
  • des meien friunt, der grüene wase,
  • der hsete üz bluomen ane geleit
  • so wunneclichiu sumerkleit,
  • daz si den lieben gesten 565
  • in ir öugen widerglesten.
  • diu süeze boumbluot sach den man
  • so rehte suoze lachende an,
  • daz sich daz herze und al der muot
  • wider an die lachende bluot 570
  • mit spilnden ougen machete
  • und ir ällez widerlachete.
  • daz senfte vogelgedoene ,
  • daz süeze, daz schoene,
  • daz ören unde muote 575
  • vil dicke kumet ze guote,
  • daz fulte da berc unde tal.
  • 543 überliuhten swv. , überstrahlen, überblicken. — 558 — 559 die relat. be-
  • zogen auf die drei vorhergehenden Subst. — ingesinde dat. — sin steht
  • hier, worauf Fedor Bech aufmerksam macht, nachdem es kein Erklärer
  • bis jetzt erkannt hat, in alter Weise neutral für jedes Geschlecht und für
  • jeden Numerus; hier insbesondere für ir in der Bedeutung suum quidque:
  • die jedes in seiner Art (we^en) entgegenkamen, sich darboten; vgl. Gr. 4,
  • 341 (nur zwei Beispiele). Frommaun zu Herbort 2202. Rückert zu Tho-
  • masin 33. — 562 wase swm., Rasen. — 566 widerglesten swv., zurückglänzen.
  • ^— 572 allez adv. acc. , durchaus, immer. — wider-, re-, entgegen. —
  • II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 29
  • diu sselige nahtegal,
  • daz liebe süeze vogelin,
  • daz iemer süeze müeze sin, 580
  • daz kallete üz der blüete
  • mit sollier übermüete,
  • daz da manc edele herze van
  • fröud' unde höhen muot gewan.
  • Da hsete diu geselleschaft 585
  • fro unde sere fröudehaft
  • gehütet üf daz grüeue gras,
  • als iegeliches wille was.
  • da nach, als iegeliches ger
  • ze fröuden stuont, da nach lac er: 590
  • die riehen lägen riebe,
  • die höveschen hövischliche.
  • dise lägen uuder siden da,
  • jene ünder bluomen auderswä.
  • diu linde was genuoger dach; 595
  • genuoge man gehütet sach
  • mit löupgrüenen esten.
  • von gesinde noch von gesten
  • (17) wärt geherberget nie
  • so wunneclichen alse hie. 600
  • euch vant man da rät über rät,
  • als man ze höhgeziten hat,
  • an si)ise unde an wsete,
  • des iegelicher haste
  • ze wünsche sich gewarnet dar. 605
  • dar zuo so nam ir Marke w^ar
  • so groze und also riebe.
  • 578 sujulic adj. als Epitlieton meist in schwäclicrcr Bedeutung als : glücklich,
  • glückbringend; unser: lieb passt dafür, wenn es auch sodic nicht erreicht;
  • ▼gl. zu 1218. 1452. — 5S0 in Wunschsätzen mhd. 7««c';6'n = nhd. mögen ; vgl.
  • Gr. 4,80. — 581 hallen swv. , laut schwatzen und singen, schmettern. —
  • 582 übervi9etc dat. von zi/zermt/ol stf. oder übermüete stf.; vgl. zu 297.
  • 51*^6 fr<">udeliaft adj. , frühlicli. — 587 hüten (mit einfachem t nach o
  • Hss. wie biten und bitten) swv., eine Hütte aufsciilagen, unter Hütten,
  • Zelten Wohnung nehmen, sich lagern. — r)'.»2 die hnce.ichen, hier vielleicht
  • nicht abstract: die Feinen, sondern die zum Hofe Gehörigen , im Gegen-
  • satz zu den riehen in V. 591, die Mächtigen, die Herreu. — huvischltche
  • adv. , hofgemäß. — .')9.i itnder siden (wohl dat. plur. ; vgl. zu 667), unter
  • Seidenstoffen , unter aufgespannten Seidentüchern. — 596 gehütet , hier
  • wegen des folgenden >//i7 = mit Hütten versehen. — 599 herbergen hier
  • unpers.: ward gewohnt. — 601 rat stm. , Vorrath , Zurüstung. — 603 = V.
  • 8(j01. — 605 ze vunsche, nach Wunsch, nach Kräften. — icat'nen swv.,
  • vorbereiten, rüsten. — 607 'jrozc adv. zu r/ro: , in hohem Maße; im Ganzen
  • selten gebraucht. —
  • 30 II. KIWALIN UND BLANSCHEFLUK.
  • (laz si alle ri'liche
  • lebeten unde wären fro.
  • sus huop diu höhgezit sich dö: 610
  • und swes der gerne sehende man
  • ze sehene guoten muot gewan,
  • daz lie diu State da wol geschehen;
  • man sach da, swaz man wolte sehen:
  • dise füoren sehen frouwen, 615
  • jene ander tanzen schouwen;
  • dise sahen buhurdieren;
  • jene ander justieren.
  • swä zuo den man sin wille truoc,
  • des alles vant er da genuoc. 620
  • wan alle , die da wären ,
  • von fröudebseren jären,
  • die flizzen sich enwiderstrit
  • ze fröuden an der höhgezit.
  • und Märke der guote, 625
  • der hövesche hohgemuote
  • I an' ander frouwen Schönheit,
  • die er hsete an sinen rinc geleit,
  • so hsete er doch besunder
  • ein sunderlichez wunder, 630
  • [ Blanscheflür sin swester da:
  • ein maget, daz da noch anderswä
  • schoener wip nie wart gesehen.
  • wir beeren von ihr schcene jehen,
  • sin' gestehe nie kein lebende man 635
  • mit inneclichen ougen an,
  • ern minnete da nach iemer me
  • wip unde tugende baz dan e.
  • (510 sich heben stv. , aubebeu, beginnen. — 613 State stf., Gelegenheit. —
  • 617 buhurdieren swv. Fremdwort deutschen Stammes, denBuhurt reiten; s.
  • zu 650. — 618 justieren swv. Fremdwort =;fjo;.7jerew, die Tjost kämpfen; s. zu
  • 9214. — ^22 fröudeboere adj., erfreuend. ^— 623 sich fitzen stv. mit gen, = nhd.
  • (V. 8540), hier mit ze, sich befleißigen, bedacht sein. — eniuiderstrlt adv.,
  • um die Wette; öfters mit enwette (s. zu 16897) verbunden. — 626 hohgemuot
  • adj., hochgesinnt [wie noch jetzt in poetischer Kede zulässig]; von G.
  • sparsam verwendet. — 627 äne prsep., ohne, außer. — Schönheit^ hier
  • wieder collectiv wie V. 533 für: au/Jer den andern schönen Frauen. —
  • 628 Tino stm., Gesellschaftskreis, Umgebung, synonym mit hof (vgl. V. 4985).
  • — legen swv. im Mhd. ausgedehnter als heute; hier in ähnlicher Bedeu-
  • tung wie unser: die Besatzung wohin legen, etwa: versammeln; vgl. be-
  • setzen in V. 524. — 629 besunder adv., besonders, namentlich. — 630 suyi-
  • derlich adj., besonders, ausgezeichnet. — 635 gesehen öiteTs= sehen:, hier
  • ge- wohl pluequaraperf. : kein Mann hätte sie angesehen, ohne u. s. w. —
  • 637 iemer rrn', hier: immer fort, fortan.
  • II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 31
  • (18) Diu sselege ougenweide
  • diu machete üf der heide 640
  • vil manegen man frech uiide fruot,
  • manec edele herze höchgemuot.
  • dar zuo was in der ouwe
  • manec ander schceniu frouwe,
  • der iegelichiu mohte sin 645
  • von schcene ein richiu künigin,
  • die muot und fröude ouch hären
  • den allen, die da wären,
  • und macheten raanic herze frö.
  • hie mite huop sich der buhurt do 650
  • von gesinde und ouch von gesten:
  • die werdesten und die besten
  • die riten da zuo wä unde wä.
  • ouch was der werde Marke da
  • und sin geselle Riwalin 655
  • an' ander ingesinde sin,
  • die sich ouch getiizzen hseten,
  • wie si'z da so getaeten,
  • daz ez da sageb^re
  • und wol ze lobene waere. 660
  • man sach da ze dem male
  • von pfelle und von zendäle
  • manec örs bedact ze flize,
  • manege decke snewi'ze,
  • gel, brün, rot, grüen' unde blä, 665
  • so sach man ander anderswä
  • von edelen siden wol gebriten,
  • jene ander manegen wis zesniten,
  • gcvehet und geparrieret,
  • 641/rcc/( adj., kühn, lebendig. — ]ruot adj., munter, fröhlich. — 642 lioch-
  • 'jeinuot, hier: hochgestimrat, freudig. — Ml die pl. nach dem Sinne auf den
  • Sing, manec fr. folgend. — <)50 buhurt stm., Turnierspiel von Schaar gegen
  • Schaar. — 653 wä unde vm, hier und da, überall, auch je nach dem Zusammen-
  • hange: hierliin und dorthin; im Mhd. häufige Wendung, insbesondere zu
  • Gottfried's Stile passend; s. zu 12214. — ß.iS ijetuon^=tuon. — ^b'd sageboare adj.,
  • (erzählbar), lobenswerth; von U. in verschiedener Nüancierung angewandt.
  • — 6 ze dem tnäle, zu der Zeit, damals. — 662 pfelle stm., kostbarer Seiden-
  • atoff. — zendäl , auch :i7iiläl {anB sindon?) etm. , ebenfalls ein Seidenstoff. —
  • 663 ors stn. = /-OA', namentlich das Streitross. — ze ßize, mit Fleiß, Sorgfalt. —
  • 665 brün adj.. niclit immer unsere dunkele braune Farbe gemeint, sondern:
  • dunkelroth und violett; vgl. 1112.') fg. und purpur brün 15S41. — 667 Sitie stf.
  • und 8wf., bei G. nach den Hss. swf. 2199; hier deutlich Plural, Seidenstoffe
  • (vgl. 593). — briten stv. , weben. — 668 manegen wU , manege wts 4615, in
  • manege wU 2350, auf manche Weise. — zesntden stv. s. zu 673. — 669 vehen
  • swv., bunt machen. — parrieren swv. Fremdwort, abstechend machen. —
  • 32 II. BIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • sus und SO gefeitieret. 670
  • diu ritterschaft diu fuorte kleit
  • mit wunderliclier ri'cbeit
  • zersniten und zerhouwen.
  • ouch lie der sumer wol schouwen,
  • daz er da mit Marke wolte sin: 675
  • manec wünneclicli schapelekin
  • von bluomen sach man an der schar,
  • diu er im ze stiure brähte dar,
  • (19) lö dirre silezeu sumerkraft
  • huop sich ein süeziu ritterschaft: 680
  • diu schar sich da dick' underwar.
  • si zogeten sich her unde dar
  • und triben des vil und so genuoc,
  • biz sich der buhurt dar getruoc,
  • da Blanscheflür diu werde, 685
  • ein wunder üf der erde,
  • und manc ander schoeniu frouwe
  • säzen an ir schouwe;
  • wan dise die riten so riebe,
  • so rehte keiserliche, 690
  • daz ez manc ouge gerne sach.
  • swaz aber von iemen da geschach,
  • so was der hövesche Riwalin
  • und muose ez ouch benamen sin,
  • der ez des tages und an der stete 695
  • ze wünsche vor in allen. tete.
  • ouch nämen sin die frouwen war
  • ^li) f eitleren swv. Fremdw. , schmücken. — 672 wunderlich adj., wunder-
  • bar. — 673 hier die Synonymen zersntden und zerhouiven zusammengestellt :
  • sie bezeichnen das Aufschneiden, Schlitzen des Kleides, d. h. des Ober-
  • kleides, wie es in verschiedenen Perioden Mode war, zersntden in V. 668
  • scheint dagegen auf die ausgeschnittenen Zacken in den Pferdedecken zu
  • gehen, deren Enden öfters mit Schellen geziert waren, — 676 scliai)elekin
  • stn. demin. (niederd. , insbesondere flämische Form) von sckapel (3149),
  • Kränzlein (zur Zierde des Hauptes.) — 678 stiure stf., Beisteuer, Gabe.
  • 679 sumerkraft stf., etwa: Sonimerfülle. — 680 ritterschaft stf., hier:
  • Eitterleben, ßitterspiele. — 681 underwerren stv. refl., sich untereinander
  • wirren (swv.), hin- und hertreiben. — 682 zogen swv., verstärktes ziehen. —
  • %M sich getragen, sich hinziehen. — 688 schouwe stf., hier: Schauplatz. —
  • 689 rxche adv. , reich, kostbar (äußerlich), köstlich (innerlich); hier wohl
  • das letztere. — 690 keiserliche adv. hier vereinzelt, das Adjectiv häufiger:
  • s. zu 708. — 695 an der stete (dat. von stat) , auf der Stelle, sogleich, wie
  • V. 7428 ; könnte hier nicht im Gegensatze zu des tages der Ort gemeint
  • sein: zur Stelle, hier? — 696 vor (prtep.) in allen tete, wir sagen: ihnen
  • allen vor (adv.) that; derartige Vertauschungen von Prsep. und Adv. sind
  • öfters nöthig bei der Übertragung; s. zu 730 und vgl. 997. —
  • IL RIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 33
  • und jähen des, daz in der schar
  • nieman nach ritterlichem site
  • also behendecliche rite, 700
  • und lebeten alle siniu dinc.
  • «seht», sprächen si «der jungelinc
  • der ist ein sseliger man:
  • wie sselecliche stet im an
  • allez daz, daz er begät! 705
  • wie gar sin lip ze wünsche stät!
  • wie gänt im so geliche enein
  • diu siniu keiserlichen bein!
  • wie rehte sin schilt z'aller zit
  • an siner stat gelimet lit! 710
  • wie zimet der schaft in siner haut!
  • wie wol stät allez sin gewant!
  • wie stät sin houbet und sin här!
  • wie süeze ist aller sin gebär!
  • wie saelecliche stät sin lip! 715
  • 6 wol si sseligez wip,
  • der fröude an ime beliben sol!»
  • nu marcto ir aller msere wol
  • {•20) Blanscheflür diu guote,
  • wan si in euch in ir muote, 720
  • swaz ir deheiniu tsete,
  • • ze hohem werde ha^te;
  • si ha'te in in ir muot genomeu,
  • er was ir in ir herze komen;
  • er truoc gewaltrcliche 725
  • 700 behendecliche adv., bebend, geschickt. -- 7U1 alle siniu dinc, häufige
  • formelhafte Umschreibung = alles an, von ihm, sein ganzes Wesen; vgl.
  • zu l'iüs. — 70G ze n-unsche. hier: auf erwünschte Weise, erwünscht. — xtän,
  • beschatten sein, ebenso V. 71.'). — 707 geliche enein gän, auf gleiche Weise
  • zusammengehen, d. h. zusammenstimmen, gleichmäßig gewachsen sein ;
  • vgl. das Gegentlieil in V. 19304. — lOS keiserlich adj. (das Adv. in V. 690) wen-
  • det Gottfried öfters an in der Bedeutung: gleich einem Kaiser, wie sonst
  • göttlich, königlich, fürstlich steht, hier sogar in durchaus übertragener
  • Weise von den Beinen gesagt. Beispiele von keiserlic// bei andern, auch
  • althochd. Diclitern, zumal aber bei Gottfried's Nachahmer, Konrad von
  • Würzburts'. sind von Haupt zusammengestellt zu Engelhard 863. Unhöfisch
  • ist das Wort nicht, sondern im Gegentheil ein höfisches Modewort, welches
  • wieder abkam , sich aber beim Volke lange erhielt. Sollte es nicht durch
  • ilen schönen König Philipp und die glänzende Krönung zu Mainz im Jahre
  • 119S in Scliwang gekommen sein? — 710 gcllmet part. adj., geleimt, bild-
  • lich wie unser: angegossen; dasselbe Bild in V. 662;'). — 714 gebar stm.,
  • Gebahren, Benehmen. — 716 si personalpron. vor subst. (wie heute noch
  • bei ich und (///), wofür nhd. das Demonstrativpr. eintritt; Gr. 4, .349. —
  • 71S ma:re stn., hier : (besprach. — 722 in hohem Werthe hielt, sehr werth
  • hielt, ha'ien öfters durch: halten (aestimare) zu geben; vgl. z. B. ^417.
  • l."»413. —
  • r.OTTFRIKD VOK STEASSBCKG. I. 2. Aufl. 3
  • II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • in ir lierzen künicriclie
  • den zepter und die kröne:
  • daz si doch also schöne
  • lind also toiigenlichen hal,
  • daz si'z in allen vor verstal. 730
  • Nu daz der bnhiirt dö zergie
  • nnd sich diu ritterschaft zerlie
  • und iegelicher kerte,
  • dar in sin muot gelerte,
  • nu köm ez von aventiure also, 735
  • daz Riwalin gekerte dö,
  • da Blanscheflür diu schcene saz.
  • hie mite gesprancte er näher baz
  • und als er ir under ougen sach ,
  • vil minnecliche er zuo ir sprach: 740
  • «ä, de vüs sal, la bele!»
  • <(merzi!)) dit la buzele
  • und sprach vil schämeliche:
  • «herre got der riche,
  • der elliu herze riche tuot, 745
  • der riche iu herze unde niuot!
  • und iu si grö'ze genigen,
  • und aber des rehtes unverzigen,
  • des ich an iuch zo redene hän.» ^
  • 729 tougenllchen adv., heimlich. — 73u verstelen , verhehlen, in allen vor
  • (adv.) v€rstal:=vox (prasp.) ihnen allen verhehlte; auch diese Art der Ver-
  • tauschung von Adv. und Prasp. öfters geboten; s. zu G9G und vgl. 2078.
  • 7.31 zergän, auseinandergehen, aufhören. — 732 zerläzen stv. rcü.,
  • sich trennen, sich zerstreuen; ähnliche Wendung 1117 fg. — 734 yeleren=^
  • leren; fast derselbe Vers 2344. — 735 von aventiure, von ungefähr, zu-
  • fällig; vgl. (jeschilit 2421. — 736 ge'keren=^'keren , sich wenden. — 738 'je-
  • sprengen = sprengen. — 739 minder ougen splien = ins Antlitz sehen. —
  • 741 de = deus, dien [erhalten im volksthüml. Ade, s. V. 3856]; andereFor-
  • men sind deus und deü. — vüs = vos , vous. — sal=^ salue, lat. salveat ; vgl.
  • 2679 fg. und zu 13301. — bele-= belle. Der Artikel la beim Vocativ wie
  • auch im Mhd. ; vgl. zu 744. — 742 merzi^^merci. — dit = dixit , neufr.
  • dit. — buzele = nenfr. 2J»celle. — 743 sc//«me;ic7/e adv., verschäint. — 744 der
  • Artikel Ijeim Vocativ im Mhd. zu beachten: vgl. Gr. 4, 564 [vgl. das alter-
  • thümliche jüdische: Gott der Gerechte]. — 745 riche, auch hier: glücklich,
  • froh; vgl. 401. 5199. — tuon^= machen, wie überhaupt der Gebrauch von
  • tuon durch das Synon. maclicn sehr beschränkt ist; vgl. 363. — 746 riehen
  • swv. trans., (bereichern), beglücken; vgl. 5676. Hier das Wortspiel nicht
  • im Wechsel der Bedeutung, sondern in dem der Form, abges. von V. 744
  • {riche adj., mäclitig, grofi) , V. 745 ricÄe adj., 746 riche conj. optat. —
  • 747 nigen stv. mit dat., einem sich verneigend Dank sagen. — 748 nnd aber,
  • wiewohl, jedoch; vgl. 1170. 10317. — unverzigen part. adj., (unverziehen),
  • unversagt, unverzichtet: ohne auf das Kecht zu verzichten. Solche Wen-
  • dungen öfters bei Gottfried. — 749 reden swv. mit gen. d. S. a7i einen, von
  • einem etwas in Anspruch nehmen. —
  • II. RIWALIN UND ELANSCHEFLUK. 35
  • «ach. süeze, waz hau ich getan?» • 750
  • sprach aber der hövesche Riwalin.
  • si sprach: «an emem friimde min,
  • (lern besten, den ich ie gewan,
  • da habet ir mich beswjeret an. »
  • «ja herre», dähte er wider sich 755
  • «waz mxve ist diz? od waz hän ich
  • begangen wider ir hulden?
  • waz git si mir ze schulden?»
  • (21) -ind wände, daz er etewen
  • ir mage, disen oder den, 760
  • unwizzende an der ritterschaft
  • gemachet hiote schadehaft,
  • da von ir herze swan'e
  • und ime erbolgen wa^re.
  • Nein, der friunt, des si gewiioc, 765
  • daz was ir herze, in dem si truoc
  • von sinen schulden ungemach,
  • daz was der friunt, von dem si sprach,
  • iedoch enweste er niht hie mite,
  • nach sinem älli'chem site 770
  • sprach er vil minnecliche z'ir:
  • «schoen', ich enwil niht, daz ir mir
  • haz oder argen willen traget;
  • wan ist ez war, als ir mir saget,
  • so rihtet selbe über mich: 7 75
  • swaz ir gebietet, daz tuon ich.o
  • 754 besu-ai-n swv., in Eeschwerniss versetzen, beleidigen. — löö ja h'rrc!
  • Ausruf wie : ach Gottl solche Interjectionen bei Gottfried beliebt z, B. 10804.
  • ■: h'-rrc -''ti?. nu ln-rre lOTOs, einfach htrre 12893. 17768. — 7ö») mwre
  • 1. pl. abhuiij;"ig von waz, wörtlich: was der Geschichten, der Dinge ist
  • . -, ; was der J.'inge sind das; was ist das. Gottfried braucht diese Wen-
  • dungen öfter'*, vgl. 10^)7. 7f;26. 8690. 922;^ und zu 1668. — 7')7 huhh' stf., Huld,
  • Gnade, im Mhd. oft im Plural. — 7.58 -n ■•, wir sagen einfach:
  • schuld. — 7'>;« eteu-er pron., etwelcher, irgend wer, irgend ein. — 761 un-
  • wizzend-' i)art., unwissentlich, aber verbaler: ohne ihn) zu wissen, zu ken-
  • nen; vgl. ."^■^78 ohne (es) zu wissen. — an der ritterscliaft, nicht: unter den
  • Kittern, sondern wie in V. 'i^o beim Ritterspiel, im Turnier. — 7('.2 vgl. ?,&?,.
  • — 764 i-rb'bf'n stv. mit dat., zornig werden über einen; das Part, prast.
  • steht hier adjectivisch, etwa: gram.
  • 76.') yriruoc prret. von ii':>i:ahe>i (kommt bei Gottfried im Infin. und
  • Prses. nicht vor) stv. mit gen., erwähnen [dies aus 'jcu-äfienen swv. in V.
  • 13774] , gedenken. — 767 von sineri schulden , um seinetwillen. — 769 Iiie
  • mite (selten bei iri:2''n) = davon. — 770 äulc/i (von al) adj., allgemein,
  • gewöhnlich. — 77.T u-ille swm. ist im Nhd. oft unsorm: Gesinnung ent-
  • sprechend, insofern Synon. von muot; vgl. 4.''i36. — trayn, auch hicr =
  • hegen wie in V. 48. —
  • 1 :5*
  • OÖ II. EIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • diu süeze sprach : c durch dise geschiht
  • enhazze ich iuch ze sere niht;
  • i'ne minne iuch euch niht umbe daz.
  • ich wil iuch aber versuochen baz, 780
  • wie ir mir ze buoze wellet stän
  • umbe däz. daz ir mir habet getan. »
  • Sus ueig er ir und wolte dan ,
  • und si, diu schoene, ersüfte in an
  • vil tougenlichen unde sprach 785
  • üz inneclichem herzen: «ach,
  • friunt lieber, got gesegene dich!»
  • do alrerste huob ez sich
  • mit gedanken under in.
  • Kanelengres der kerte hin 790
  • in maneger slahte trahte:
  • er trahte maneger slahte,
  • waz Blanschefliure swsere
  • und dirre msere wsere.
  • ir gruoz, ir rede betrahte er gar, 795
  • ir süft, ir segen, al ir gebär
  • daz marcte er al besunder
  • und begünde iedoch hier under
  • (22) ir siuften unde ir süezen segen
  • üf den wec der minne wegen: 800
  • er kom benamen an den wän,
  • diu zwei diu wseren getan
  • durch niht niwan durch minne.
  • daz enzünte ouch sine sinne,
  • daz si sä wider fuoren 805
  • und nämen Blanschefluoren
  • und fuorten si mit in zehant
  • 779 umbe daz, darum, deslialb. — 781 ze buoze stän mit dat., ciucin Kläger
  • gegenüber Buße, Genugthuung leisten, sich rechtfertigen.
  • 783 ntgen mit dat., hier ursprüngl. Bedeutung: sicli vor einem ver-
  • neigen. — dan (= danne, doJinen) adv., von dannen, weg : Gottfried wech-
  • selt zwischen dan und von dan. — 784 ersiu/ten swv. =nhd. erseufzen;
  • an ers. fehlt nhd., nur: anseufzen. — 787 gesegenen=^segenen; vgl. 10628.
  • — 788 alrerste (^=aller erste) adv., nun erst. — 791 trahte stf., Ti-achten,
  • Betrachtung, Grübelei. — 792 trahten swv., (betrachten), bedenken. —
  • 79.3 swcere., wohl nicht gen. (52) abhängig von waz, sondern conj. von swern
  • stv., (schwären swv.), wehe thun, schmerzen. — Blanschefliure ist wohl
  • dat., nicht acc; vgl. zu 12250. — 795 r/ar adv., gänzlich, durchaus (sonst
  • auch garwe s. zu 1297). — 796 svft stm., Seufzer. — 798 liier under. hierbei,
  • während dem; vgl. zu 1606. — 799 siuften subst. infin., das Seufzen oder
  • auch acc. von siufte swm., Seufzer. — 800 wegen stv., erwägen, deuten. —
  • 801 wärt stm., überhaupt: Glaube, Gedanke. — 805 sä adv., sogleich. —
  • II. RIWALJN UND BLANSCHEFLUK. 37
  • in Riwaliiies herzen lant
  • und kronden si dar inne
  • im /'einer küniginne. 810
  • ja Blanscheflür und Riwalin,
  • der künec, diu süeze künigin,
  • die teilten wol geliche
  • ir herzen künicriche:
  • daz ir wart Riwaline, 815
  • da wider wart ir daz sine;
  • und wiste iedoch dewederz niht
  • umbe des anderen geschiht.
  • si hieten sich wol under in zwein
  • einmüetecliche und rehte enein 820
  • mit ir gedanken undernomen.
  • da was wol reht ze rehte komen:
  • si lag ouch ime ze herzen
  • mit dem selben sraerzen,
  • den si von sinen schulden leit. S2b
  • und wände er aber gewisheit
  • ir willen niene h?ete,
  • in welher wis si'z tiete,
  • durch haz od aber durch minne,
  • daz machete sine sinne 830
  • in zwiVele wanken:
  • er wancte mit gedanken
  • wilen abe und wilen an.
  • iezuo wolt' er benamen dan
  • und al zehant so wolte er dar, 835
  • uuz er sich alse gar verwar
  • in den stricken sinor trabte,
  • daz er dännen niene mähte.
  • (2:3) Der gedanchäfte Riwalin
  • . der tete wol iin im selben schin, 840
  • 817 dcwcdtr: neutr. von deweder pron., keiner von beiden. — 819 ander
  • in zwt'in (neben ander in) bei Gottfried sehr häufig, untereinander, beider-
  • seitig. — 820 entin (= in ein) adv., zusammen, übereiii; häufig eng mit
  • Verben verbunden (vgl. 396. 41(i), seltener wie hier in selbständig adver-
  • bialer Weise; hier wie unser: einig. — S2l undernemen stv. refl., sich
  • untereinander nehmen; d. h. gegenseitig fesseln. — ,s27 //■ u-illen gen.
  • abh. von .jcwis/ieit. — ,^33 iviten (eigentlich dat. pl. von u-tle ; vgl. undrr-
  • UiWn :wi) adv., zuweilen, w. — w., bald — bald. —a6<' und an, ab und zu,
  • hm und her; vgl. 890. ir.ir)4. — .s34 iezuo (ie-zuo) adv., jetzt (jetzo). —
  • i^ib ocrwerren stv. [nhd. nur noch part. verworren] = verwirren swv., ver-
  • wickeln; vgl. zu las^f). — vV38 dünnen adv., nhd. nur: von danncn.
  • 38 11. EIWALIN UND BLANSCHEPLUK.
  • däz der minuende muot
  • reht' alse der frie vogel tuot,
  • der durch die friheit, die er liät,
  • üf daz gelimde zwi gestät;
  • als er des limes danne entsebet 845
  • und er sich üf ze flühte hebet,
  • so klebet er mit den füezen an.
  • sus reget er vedern und wil dan.
  • da mite gerüeret er daz zwi
  • an deheiner stat, swie küm ez si, 850
  • ezn binde in unde mache in haft;
  • so sieht er danne üz aller kraft
  • dar unde dar und aber dar,
  • unz er ze jüngeste gar
  • sich selben vehtende übersiget 855
  • und geli'met an dem zwige liget.
  • reht' in der selben wise tuot
  • der unbetwüngene muot:
  • so der in senede trabte kumet
  • und liebe an ime ir wunder fruinet 860
  • mit senelicher sw?ere,
  • so wil der senedsere .
  • ze siner fri'heite wider:
  • so ziuhet in diu süeze nid er
  • der eelimeten minne. 865
  • 841—851 fast wörtlich entlehnt vom Dichter des bchwaukcs von Ari-
  • stoteles und Phillis. Ges.-Abent. Nr. II. V. 8u9 — 319. — SU ztci stn.,
  • gen. zu'iges, Zweig stm. da: yelinule, yeli/nete zv:i, die Leirarutlie. — (lestan
  • = sich stellen, sich niederlassen. — 845 eniseben stv. mit gen., merken. —
  • 848 vedern, vederen sw. pl., (die Federn), die Fittige, Flügel. — 849 gerüereriy
  • verstärktes rüeren , berühren. — 850 deliein=^'ke\n: an keiner Stelle, nir-
  • gends. — ku'ia adj. (zu adv. kume, unser: kaum), schwach; seltenes Wort. —
  • 851 haft adj., haftend, fest. — ezn binde = ezne binde, ez enbinde: wir wenden
  • für solche beschränkende Sätze am besten: ohne daß an. 849 — 851 damit
  • (mit den Flügeln; berührt der Vogel die Euthe an keiner Stelle, ohne daß
  • sie, die Ruthe, wie schwach und dünn sie auch sei, ihn nicht fessele
  • (durch den Leim); positiv gefasst: überall, wo der Vogel mit den Flügeln
  • die Euthe berührt, fesselt sie ihn trotz ihrer Schwäche. Die Erklärung
  • im mhd. Wb. unter Icuin I, 9()S «wiewohl es beinahe unmöglich ist. daj es
  • ihn nicht binde» trifft den Sinn nicht. Die Übersetzer beziehen f:vie Ivm
  • ez sl auf die Schwäche der Berührung, was mit der Natur des Vogels nicht
  • zusammenstimmt. — 854 ze jüngeste, auch ze jungest adverbiale Wendung,
  • zuletzt. — 855 übersigen swv., überwältigen, schwächen. Die Zusammen-
  • setzungen mit über- in Verben, Adj. und Subst. und hier in vericiiiedenen
  • Functionen liebt der Dichter; in der 2. Hälfte sind sie häufiger. — Sri5 dieses
  • Bild würde uns jetzt sehr trivial klingen, aber in alter Zeit war itmen. in
  • der allgemeinen Bedeutung: befestigen, fesseln durchaus edel. Ob hier
  • diu gel'imete ininm' auf diese allgemeine Bedeutung zurückgelit oder das
  • Bild von dem Vogel auf der Leimrutlie zu Grunde liegt, wie Bcuecke zu
  • Iwein 532S glaubt, ist fraglich; vgl. zu 11814. —
  • 11. KIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 39
  • verwirret er sich inne
  • so sere, daz er sich von daii
  • noch sus noch so verrihten kan.
  • iils ergieng ez Riwaline,
  • den ouch die trahte sine 870
  • vcrwiirren in der minne
  • sines herzen küniginne.
  • in hiute wol beworrenheit
  • in wunderlich parat geleit;
  • wan er cnwiste, weder ir niiiot 875
  • wider in WtTr' übel oder guot;
  • orn erkände dannoch diz noch daz,
  • weder ir minne noch ir haz.
  • (•24) ern sach noch tröst noch zwivel an,
  • daz enliez ouch in noch dar noch dan. 880
  • trost unde zwLvel fuorten in
  • unendeclicheir under in :
  • trost Seite im minne , zwivel haz.
  • durch disen kriec und umbe daz,
  • sone mohte er sinen vesten wan 885
  • an ir dewederez verlän,
  • au haz noch ouch an minne.
  • sus swebeten sine sinne
  • in einer ungewissen habe:
  • tröst truog in an und zwivel abe. 890
  • orn vant niht staetes an in zwein.
  • si gehüllen so noch sus enein:
  • so zwivel kom und seite im, daz
  • sin Blanschefiür wser' ime gehaz,
  • so wancte er unde wolte dan. 895
  • zehant kom tröst und truog in an
  • ^ü!s verrihten swv. vetl., sich wieder in die richtige Verfassung hringen;
  • liier das Loswiuden gemeint; ähnliches Bild in V. ltJ502. — 873 öeworren-
  • heit stf., Verwirrung. — ts74 /Jrt/äf stf. Fremdw., AV'echsel; hier wohl ähn-
  • lich wie zu-ictl in V. ^iU. — s82 unendedichen adv., unentschieden. —
  • sst) arlän stv. , hier: au etwas hingeben. — 88S sweOen swv., nicht bloß
  • von der schaukelnden Ecwegunu in der Luft, von Gang und Flug, son-
  • dern auch vom Schwimmen, Fließen (9082; gebraucht, dient den Dichtern
  • iifters zum Bild; bei Gottfried vereinzelt. — :s,s9 /laOe stf., Hafen, gerne
  • im Bild gebraucht; vgl. l.Vja. — 890 das Bild von den Wellen genommen:
  • Trost trug, brachte ilin ;im Schiffe sitzenden) heran (ans Ufer, ans feste
  • Land der Gewissheit , Zweifel entfernte ihn, trieb ihn weiter in die See
  • hinaus. — ^i»2 (jehellcn stv., zusammentönen, zusammenstimmen, enei»
  • ;ieh., ül)erciii8timmen; in V. lls4s under in geh., untereinander zusammen-
  • stimmen. — s9.') wancte swv. pra-t. von wanken {: gedanken s;il) oder auch
  • von wenken {: brdenken 15117). — 896 an tragen stv. mit doppeltem Acc.
  • '■>ftcrs bei Gottfried, einem etwas bringen; vgl. 25So und zu 2142. —
  • 40 II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • ir minne und einen lieben wän:
  • sus muose er aber da bestän.
  • mit disem kriege enwiste er war:
  • ern mohte weder dan noch dar. 900
  • so er ie serer dannen ranc,
  • so minne ie mere wider twanc.
  • so er ie harter dannen floch,
  • so minne ie vaster wider zöch.
  • sus treip ez minne mit im an, 905
  • biz doch der tröst den sige gewan
  • und er den zwivel gar vertreip,
  • und Riwalin gewis beleip,
  • sin Blanscheflür diu minnet' in :
  • des was sin herze und al sin sin 910
  • einb^ereliche an si geleit,
  • daz niemen do da wider streit.
  • Nu daz diu süeze minne
  • sin herze und sine sinne
  • al nach ir willen haete bräht, 915
  • dannoch was ime vil ungedäht,
  • daz herzeliebe wsere
  • so nähe gende ein swaere.
  • (25) do er da sin äventiure
  • von siner Blanschefliure 920
  • von ende her betrahte
  • und allez sunder ahte:
  • ir här, ir stirne, ir tinne,
  • ir wange, ir munt, ir kinne,
  • den fröuderichen östertae, 925
  • der lachende in ir ougen lac,
  • \ do kom diu rehte minne,
  • 1 diu wäre fiuraerinne
  • I und stiez ir senefiuwer an ,
  • 897 u-än in der Bedeutung von Hoffnung meist mit liep verbunden ; bei
  • Gottfried einmal noch saelecltcher lu. 6201. — 899 ivar adv., wohin, relativ
  • zu dar. — 903 harter compar. adv., mehr, entschiedener. — 904 vaster compar.
  • adv, (vgl. 8869), fester, stärker. — 911 einbcereliche adv., übereinstimmend,
  • durch und durch.
  • 916 dannoch (=unserm: dennoch) adv., hier: noch damals, noch. —
  • ungeddht part. adj., unvermuthet. unbewusst. — 922 sunder adv., beson-
  • ders, im Einzelnen; häufig bei Gottfried. — ahten swv. mit acc, beach-
  • ten. — 923 tinne stn., Schlaf (an der Stirne), hier wohl plur. — 928 fiurop-
  • rmne stf., wörtlich etwa : Anfeurerin ; ein Gottfriedisches Wort. — 929 atozfn
  • stv. wird wie hier in vielen Wendungen durch unser: stecken ersetzt; ein
  • anderes an stözen in V. 1.581. — senefiuwer stn., Liebesfeuer. —
  • 11. ßlWALIN UND ELANSUHEFLÜR. 41
  • daz fiur, da von siu herze cnbran, 930
  • daz sinem libe sä zestunt
  • schinbiereliche tete kunt,
  • waz nähe geiidiii swaere
  • ' und senediu sorge waere.
  • wan er greif in ein ander leben: 935
  • ein niuwe leben wart ime gegeben.
  • er verwandelte da mite
  • äl sine sinne und sine site
  • und vi^art mitalle ein ander man-,
  • wan allez daz, des er began, 940
  • daz was mit wunderlichen siten
  • und mit blintheit undersniten.
  • sin ane geborne sinne
  • die wären von der minne
  • als wilde und alse unstcTte, 945
  • als er si erbeten ha^te.
  • sin leben begunde swachen
  • von rehtem herzelachen:
  • des er da vor was wol gewon, y
  • da zocli er sich mitalle von. 9^
  • swigen unde wesen unfro
  • daz was sin beste leben do,
  • wan elliu sin gemüotheit
  • was gar in senede not geleit.
  • Ouch vergie sin senelich geschiht 955
  • die seneden Blanschefliure niht:
  • diu was ouch mit dem selben schaden
  • durch in, als er durch si, beladen.
  • (26) diu gewältaerinne Minne
  • 932 sddnbcxreliclie adv., sichtbar, deutlich. — 935 •jr'tfen stv. mit prscp.
  • in c. acc, etwas angreifen, ergreifen, beginnen. — 939 mitalle adv., gänz-
  • lich. — 942 undersnlden stv., bunt, manigfaltig machen (zunächst von der
  • Tracht gesagt). Wir können in ähnlichem Bilde etwa übersetzen : ver-
  • l)rämt; vgl. 212H. 4H94. — 94G Tbcten der Hss. gibt keinen Sinn, xxud Er-
  • klärungen von : erbitten befriedigen nicht. Vielleiclit erweten in der Be-
  • fleutung von e/i^jre^en (vonvc// cn^wi^e), aus dem Joclie gelassen; daseinfache
  • jeweten in V. l.')243. Zur Bestätigung meiner Vermnthung weist F. Bech
  • auf Pseudo-Conrad Troj. Krieg 47(i32. Meine Conjectur, welcher aucli Lexer
  • im mhd. Handwb. 2, (il*; eine Stelle angewiesen, scheint vielseitige Zustim-
  • mung gefunden zu haben; dennoch ist sie nicht in den Text zu setzen. —
  • 947 swacjipn swv., schwacli werden. — 94^ an rechter Herzensfreude. —
  • 953 ijemnotheit stf., Frolisinn.
  • 9.").T midi vfrgät i;(eu\, mich flieht, mir entgeht etwas, bleibe von etwas
  • verschont. — 9.i9 {/evaltcerinne stf., Gewalthaberin; ein Gottfriedisclies
  • Wort. — Minnf swf. hier personificiert. —
  • 42 II. RIWALIN UND JJLANSCHEFLUR.
  • diu was ouch iu ir sinne 9C0
  • ein teil ze sturmeliclie komen
  • und Löete ir mit geiY:a,lte genomen
  • den besten teil ir mäze.
  • sine was an ir geläze
  • ir selber noch der weit nibt mite 9G5
  • nach ir gewonli'chem site :
  • swaz si sich fröiiden an genam,
  • swaz Schimpfes ir e wol gezam,
  • daz missestiiont ir allez do.
  • ir leben enschuof sich niiiwan so, 970
  • als ez ir an der not gewac,
  • diu nähen an ir herzen lac.
  • und alles des, des si geleit
  • von senelicher arebeit,
  • sone wiste si niht, waz ir war. 975
  • wan si wart nie da vor gewar,
  • waz sus getäniu swsere
  • und herzesorge wfere,
  • und sprach vil dicke wider sich:
  • aowe got herre, wie leb ich! 980
  • wie unde waz ist mir geschehen?
  • ich han doch manegen man gesehen,
  • von dem mir nie kein leit geschach ;
  • und Sit ich disen man gesach,
  • Sit wart min herze niemer nie 985
  • noch fri noch fröudehaft als e.
  • i*61 ein teil ndwaoc, etwas. — sturmelicJie aclv., atürmiscli. — 'Jü3 7/iß^e stf.,
  • die gleichmälöige Stimmuag und gleicbinäßige Haltung und Gebärde, galt
  • als ein besonderer Vorzug und wird bei den Dicbtern öfters gepriesen
  • und empfohlen und wie andere Tugenden auch personificiert; bei Gottfried
  • vgl. 18012 fg. 2737 fg. Hier ist luuze der Gleicbmuth, die Seelenruhe. —
  • 964 gelaz stm., Benehmen. — 9(5.5 mite wesen mit dat., einem zugesellt sein
  • wie in Y. 13479; sie gehörte sich und der "Welt nicht mehr an. — 966 ge-
  • ironlich adj., gewöhnlich, gebräuchlich. — 967 sic/t an ne/nen {genam plus-
  • quamperf.) einen oder eine.'i oder aucli von Sachen sidi an neiuen ein dinc
  • oder eines dingen häufiger und ausgedehnter als unser : sich annehmen
  • (nur mit gen.), öfters durcli andern Ausdruck zu ersetzen; hier: sich hin-
  • geben. — 96S schtjiqjf stm., Scherz, Kurzweil. — Auch gezam plusquamperf.
  • von zemen. — 969 missestän, übel anstehen. — 970 ■■ichaßen refl., sich ge-
  • stalten. — 971 geinegen stv. intrans., Gewicht haben , ausschlagen , sich
  • fügen, angemessen sein. — 973 gelUlen stv., verst. llden , erleiden. —
  • 974 orrbeit , arbeit stf., Mühe, Trübsal. — 975 ^car prffit. von 7verren stv.
  • mit dat. der Person, Kummer verursachen, meist entsprechend unserm:
  • fehlen; öfters die Frage: u-az wirret dir z. B. 11969. — 977 sus getan part.
  • adj., so beschaffen, solcli [vgl. das veraltete sothan]. —
  • 11. HIVVALIN UKD BLANSCHEFLUß. 43
  • diz sehen, daz ich in hän getan,
  • daz ist ein dinc, da von ich hän
  • erworben nähe gendiu leit.
  • min herze, daz nie not geleit, 990
  • daz ist da von verseret;
  • ez hat mich gar verkeret
  • an muote unde an libe.
  • sol iegelichem wibe,
  • diu in gehoeret unde gesiht, 995
  • geschehen, alse mir geschiht,
  • und ist ez danne an ime geborn,
  • so ist michel schoene an ime verlorn
  • (27) und ist unnütze lebende ein man.
  • ist aber, daz er von lere kan 1000
  • deheiner slahte zouberlist,
  • da von diz fremede wunder ist
  • und disiu wunderliche not,
  • so wsere er maneges bezzer tot
  • und ensölte in niemer wip gesehen. 1005
  • durch got, wie'st mir von ime geschehen
  • so leide und also swärel
  • nun' gesäch ich doch zewäre
  • noch in noch nie deheinen man
  • mit vientlichen ougen an 1010
  • nocli getruoc nie manne haz:
  • wä mite mac ich geschulden daz,
  • daz mir von iemen leit geschehe,
  • den ich mit friundes ougen sehe?
  • Waz wize ich aber dem guoten man? 1015
  • er ist hie lihte unschuldec an.
  • swaz herzesorge ich mir von im
  • 'S7 tuon hier Verbura vertreteud , darum der Acc. in (von sehen); daz
  • fasse ich nicht als Kelativ zu sehen subst. Inf. stu., sondern als Conj.|:
  • der Anblick (das heißt, setzt sie erklärend hinzu), dalj icli ihn gerade
  • erblickt habe, das ist u. s. w. —991 verseren swv., in edelcr Sprache noch
  • gebräuchlich: verletzen. — 997 an ime yeborn^=ime an geborn wie iu V.
  • 17936 = nhd. — 99H verlorn part., vergeblich; die Wendung etwa — an,
  • auf ihn verscliwendet. — 999 nhd. Schachtelung nöthig: ein uniitzel. vi. —
  • i'nniiizr adv. , hier mit gesteigertem Begriff: schädlich. — 1002 fremede,
  • tretiide adj., seltsam. — li)04 iuanenea adv. gen., um manches, viel; vgl.
  • 1474. — I0ü7 sväre adv., scliwer, schmerzlich. — \0^?> zeware (:e wäre),
  • :wdre adv., in "Wahrheit [zwar, ijuidem jünger].
  • 101.1 iri:en stv. mit dat., einem einen Verweis ertheilen , einen schel-
  • ten. —
  • 44 II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • lind ouch durch sinen willen nim,
  • daz wizze got, deist allermeist
  • min selbes herzen völleist. 1020'
  • ich sach da manegen man und in:
  • waz mag er mir des, daz min sin
  • vor den andern allen
  • an in einen ist gevallen?
  • do ich so vil manc edele wip 1025
  • den sinen keiserlichen lip
  • und sinen ritterlichen pris
  • mit lobe gehorte in ballen wis
  • als umbe triben unde tragen
  • und sines lobes so vil gesagen, 103O
  • und ich mit ougen selbe sach
  • die tugende, der man von im jach,
  • und allez in min herze las,
  • swaz lobeliches an im was:
  • da von ergouchete mir min sin, 1035
  • hie von geviel min herze an in.
  • entriuwen, daz erblante mich,
  • daz was daz zouber, da von ich
  • (28) min selber sus vergezzen hän.
  • ern hat mir leides niht getan, 1040-
  • der liebe man, von dem ich klage,
  • den ich mit klage ze maere trage.
  • min tumber meisterlöser muot,
  • der ist, der mir da leide tuot,
  • der ist, der minen schaden wih 1045
  • 1018 nemen stv. im Mhd. und namentlich von Gottfried in Verbindung mit
  • Subst. sehr häufig angewandt; datur nhd. annehmen und Synon. fassen,
  • finden u. dgl. oder die zu den Subst. gehörigen Verben; hier: wie viel
  • ich mich um ihn herzlich absorge; vgl. 18575. — 1020 volleist stm. stf.,
  • (völlige Leistung), Hülfe, Ursache; hier unentschieden, stf. in V. 19409. —
  • 1022 mugen mit gen. der Sache (des) und öfters mit gemüthl. Dativ =
  • dazu, dafür können; vgl. 9932. 17786 (wer kann für diese seine Blindheit
  • was?). — 1028 in ballen wis, nach Art eines Balles; "Walther v. d. Vogelw.
  • Pfeiffer 176, 2: in balles wis. Oallen gen. \or\ balle swm. (=nhd. Ballen) in
  • der Bedeutung: Ball. — 1035 eryouchen swv. intrans., gouch (Narr, eigentl.
  • Kukuk) werden, sich bethören. — 1036 gevallen, verst. vallen, verfallen auf
  • (an) einen, sich neigen zu einem; ein Lieblingswort des Dichters. —
  • 1037 entriuwen i = in triuwen) adv., in Treuen, traun (aus trüiven, trän). —
  • erblante prset. von erblenden swv., verblenden. — 1041 von, die Ursache be-
  • zeichnend. — klagen, hier wohl wie in V. 186, aber intrans.: durch den
  • ich Schmerz empfinde. — 1042 klage stf. dagegen =5M^rda. — ze mmre
  • tragen, eigentlich zur Sprache bringen, erwähnen, gedenken. — 1043 tump
  • adj., unverständig [dumm, stuUus jünger], — meisterUh adj., führerlos, un-
  • gezügelt. — 1044 vgl. zu 12409. —
  • II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 45
  • er wil und wil joch alze vil,
  • des er niht wellen solte,
  • ob er bedenken wolte.
  • waz fuoge wsere und ere.
  • nune siht ab er niht mere 1050
  • niwan sin selbes willen an
  • an disem sceligen man,
  • an den er in so kurzer frist
  • so rehte gar gevallen ist.
  • und semir got, ich wsene wol, 1055
  • ob ich es mit eren wsenen sol,
  • und sol ich mich der rede niht schämen
  • durch minen magetlichen namen,
  • so danket mich, diu herzeklage,
  • die ich durch in ze herzen trage, 1080
  • diu ensi' niwan von minnen :
  • des wirde ich hier an innen,
  • daz ich im so gerne wsere bi.
  • und swaz so dirre msere si,
  • mir wahset etewaz hier an, 10G5
  • daz minne meinet unde man.
  • wan swaz ich allen minen lip
  • umbe rehte minnendiu wip
  • und umbe liebe han vernomeu,
  • daz ist mir an min herze kernen: 1070
  • der süeze herzesmerze,
  • der vil manc edele herze
  • quelt mit süezem smerzeu,
  • der liget in minem herzen.»
  • Nu daz diu hövesche guote 1075
  • mit gänzlichem muote
  • 1046 >oc/( adv., auch, aber auch. — lOiS obe, ob, op conj. wie noch in dich-
  • terischer Si)rache = wenn. — lOVJ fnoye stf., Schicklichkeit, Austaud ; das
  • Wort auch im Plural in V. 1261. 525H. — 105.') semir {=seiu. sam iitir) gel,
  • ei(?entlich so mir Gott (vgl. so dir got 7070), hinzugedacht: lielfe. IJiese
  • aus einem Schwur gekürzte Betheuerung ziemlich häufig bei Gottfried. —
  • lUJS magetlich adj. (zu viaget, Mädchen), jungfräulich. — nanie swra., liier
  • nicht Name, Ehre, guter Ruf, sondern die Person und Eigenschaft um-
  • schreibend: m. n. =magetuo7a, Jungfräulichkeit in Bezug auf die Scl.ain-
  • haftigkeit. — 1062 innen = nh.d. inne; ferner im Reime 10447. — 10G7 Itp
  • 8tm. synon. von leben: mein Lebtag. — lü6S ?/iribe praep., in l^etreff, über,
  • Ton ; im Mhd. von bedeutenderem Umfang als das nhd. um.
  • 101*] ganzl'rl, adj., hier: ganz. —
  • 46 ir. RIWALIN UND BLANSCHEPLUR.
  • sich in ir herzen des entstuont,
  • als die minnenden alle tiiont,
  • (29) daz ir geselle Kiwalin
  • ir herzen fröude müese sin, 1080
  • ir meister trost, ir beste leben:
  • si begünde im ouge und oiige geben
  • und sach in, swä s'in mohte sehen.
  • swenn' ez diu fuoge lie geschehen,
  • so gruozte si in vil tougen 1085
  • mit inneclichen ougen.
  • ir seneliche blicke
  • die sähen in vil dicke
  • lang' unde minneclichen an.
  • do daz der minnende man, 1000
  • ir friunt, begunde merken,
  • alrerste begunde in Sterken
  • diu minne und ouch sin trost an ir;
  • alrerste enbran sin herzegir,
  • und sach der süezen allez sider 1095
  • baltlicher unde süezer wider,
  • dan er ie da vor getaete.
  • swenn' er die State haete,
  • so gruozte ouch er mit ougen dar.
  • nu sin diu schcene wart gewar, 1100
  • daz er si meinde als si in,
  • do was ir meistiu sorge hin;
  • wan si wand' allez e, daz er
  • hin z'ir enh^ete deheine ger.
  • ]iu wiste ab si wol, daz sin muot li05
  • hin z'ir was süezo und alse guot,
  • als liebes muot ze liebe sol.
  • 1077 entstein, auch cntstän refi. mit gen. der Sache, sicli auf etwas ver-
  • stehen, etwas verstehen, merken. — 1082 die Wiederholung von onyi;
  • drückt die fortgesetzten Elicke (wie in V. 10S6) aus, bezieht sich nicht
  • körperlich auf die heiden Augen, das eine und das andere ; solche Wieder-
  • holungen zur Verstärkung des Ausdrucks gehören zu Gottfried's Stile ;
  • vgl, zu 12214. ou'je ist liier wohl Plural statt des regelmäßigen ougen.
  • 0. (/ = Blicke schenken [vgl. Winke geben]. — 1084 üioenm; ( = $0
  • wenne) correl. conj., sobald. — fi'ofje stf., hier: schickliche Zeit , Gelegen-
  • heit. — lOS.') tougen adv., heimlich. — 1092 alrerste adv., hier: nun erst
  • recht. — 109.1 sider (compar. zu sit) adv., danach. — 1090 baulicher adv.
  • compar., kühner. — wider zu sehen, der süezen ist dat. : sah ihr entgegen,
  • sah sie an. — 1101 meinen swv., im Sinne haben, hier synonym mit
  • minnen; vgl. 7501. — 1107 liebes gen. und liebe dat. von liep stn., das Lieb,
  • Liebchen, der Geliebte. —
  • 11. RIWALIN UND ELANSCHEFLUK. 47
  • claz selbe wiste er an ir wol.
  • (laz selbe euzunde ir beider sin.
  • da von begunden s' iiiidcr in 1110
  • sich meinen unde minnen
  • mit herzenliclien sinnen.
  • ez ergienc in relite, also man gibt:
  • swä liep in liebes enge siht,
  • daz ist der minnen fiure. 1115
  • ein wähsendiu stiiire.
  • Nu Markes hobgezit zergie
  • und sich diu herschaft gar zerlie,
  • (30) do komeu Marke maere,
  • daz ein sin vient wsere, 1120
  • ein küncc, geriten in sin lant
  • mit also kreftiger hant,
  • der in niht schiere t?ete wider,
  • er brseche im allez daz dernider,
  • daz er beriten künde. 1125
  • zehant und an der stunde
  • besande Marke ein michel her
  • und kom in an mit starker wer.
  • er valit mit ime und sigete im an
  • und sluog und vienc so manegen man . 1130
  • daz ez von grozon söelden was,
  • der dannen kom od da genas.
  • 'da wart der werde Kiwalin
  • mit einem sper zer siten in
  • gestochen und so sere wunt, 1135
  • daz in die sine sä zostunt
  • 1111 meinen unde minnen beliebte allittorieroiulc Tautologie; aucli minnen
  • und (nucfi) meinen bei Gottfried in V. 191.'')4. — IIU fg. Paraphrase eines
  • Spriclxwortes. — 111") /iure ist dat. — 111C> stiure stf., hier: Beihülfe.
  • 111> hi':rschaf( stf., die üesellschaft der Hehren, der Adel, der Hof
  • [uhd. pl. Herrscliaftenj. — 112u ein Feind von ihm; mhd. das Possessivpr.
  • eigentlich gen. des Personalpr.) öfters zwischen Artikel und Subst. ; vgl.
  • uns. — 112:^ der = sirer, wenn der, wenn einer, wenn man. — achiere adv..
  • bald. — willer iuon mit acc., einen zurückbringen, vertreiben. — 1124 freie
  • Construction in Folge dos eingeschobenen Satzes V. 1128; -v briuche für
  • daz er hrcKdn-, abh. von cüiu. — im = Marke. — 112.1 henten .stv., (zu Rosse;
  • erreiclien. — 1127 hesenden swv., durch entsendete lioten aufbieten lassen,
  • eine Art Terminus für J^inbcrufung des Heeres und der Vasallen, dann
  • überliauiit : holen lassen. — ll2s an komcn mit acc. = aw einen koiifn.
  • «1. h. einem i^freuiullich oder fcindlicli) entgegentreten; hier: einen an-
  • greifen; vgl. 2172. — 1129 an sigen mit dat., an einem, über einen den
  • Sieg ^e.vinnen. — 11.3<'. zesiunt (zf stunde) adv.. zur Stunde, sogleich, oft
  • mit X(t (so.'i) verbunden. —
  • 48 II. ßlW'ALIN L'ND BLANSCHEFLUR.
  • vür einen hälptoten man
  • mit manegem jämer fuorten dan
  • hin heim ze Tintajole wider.
  • da leiten si'n totsleken nider. 1140
  • zehant erschullen msere,
  • Kanelengres der wsere
  • tötwunt und in dem strite erslagen:
  • des wart ein jfemerlichez klagen
  • in dem hove und in dem lande. , 1145
  • swer sine lügende erkande,
  • dem was sin schade von herzen leit.
  • si klageten, daz sin frumekeit,
  • sin schoener lip, sin süeziu jugent,
  • sin wol gelobetiu herrentugent 1150
  • so schiere solte an ime zergän
  • und ein so früejez ende hän.
  • sin friunt der künic Marke
  • der klagte in also starke,
  • daz er durch nie deheinen man 1155
  • so nähe gende klage gewan.
  • in weinde manic edel wip,
  • manec frouwe klagete sinen lip;
  • (31) und swer in ie da vor gesach,
  • den erbärmete sin ungemach. 1160
  • swaz aber ir aller swa^re
  • umbe sihen schaden waere,
  • so was ez iemer eine
  • sin Blanscheflür, diu reine,
  • diu hövesche, diu guote, 1165
  • diu mit durnähtem muote,
  • mit ougen und mit herzen
  • ir herzeliebes smerzen
  • 114u totsleken nach Hs. M; Hs. H totsiegen; totsiechen, wie nach Hs. W
  • und F in der 1. Auflage geschrieben wurde, ist doch gewagt, stehen fiect.
  • a,cc. von einem Adj. slec=slac, wie es im Alts, heißt und im Ahd. u. Mhd.
  • in der Form stalu stach vorkommt, mit der Bedeutung: schwach, schlaff.
  • Wahrscheinlich liatte die Vorlage von M totslahen, welches für siechen ge-
  • lesen und worin ch für k genommen wurde, was dem bairischen Schreiber
  • nicht fremd war, denn die Form mit k ist als eine bairische nachgewiesen.
  • Gottfried schrieb wohl totslachen, was aber nicht in den Text zu setzen ist.
  • Zusammensetzungen mit tot bei G. sind toticunt 1143. totsiech 12S7. — 1143 er-
  • slagen nicht = nhd. todtgeschlagcn (denn er lebt ja nocli), sondern nieder-
  • geschlagen, verwundet; in V. 1675 = nhd. — IHS frumekeit stf., Tüchtig-
  • keit, Tapferkeit [Frömmigkeit, pietas jünger]. — 11. i4 klagen trans., hier:
  • beklagen. — 1157 tveinen mit acc. =r beweinen. — 11H3 eine adj., öfters in der
  • Bedeutung: allein, ganz besonders. — 116(\ dnrnähte (ahd. durulmohti) adj.,
  • eigentlich: durch und durch genügend, dann : ..vollkommen, aufrichtig. —
  • 1168 herzeliep stn. s. zu 1107. —
  • 11. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 49
  • beklagete und ouch beweinete
  • und aber, do si vereinete 1170
  • und si ze klage State gewan,
  • so gie si sich mit banden an:
  • die sluoc si tüsent stunde dar
  • und niuwan dar, da ez ir da war,
  • da engegene, da daz herze lac, 1175
  • dar tete diu scboene manegen slac.
  • sus quelte daz vil süeze wij)
  • ir jungen, schoenen, süezen lip
  • mit alse klägelicher not,
  • daz si einen andern tot, 1180
  • der niht von minnen wsere komen,
  • do hsete vür ir leben genomen
  • und waere iedocb verdorben
  • und in dem leide erstorben,
  • wan daz si der trost labete 1185
  • und der gedingc.iif habete,
  • daz si in benamen wolte sehen ,
  • swie so ez mühte geschehen ;
  • und als si in gessehe,
  • swaz ir dar nach geschsehe, 1190
  • daz si daz allez gerne lite.
  • hie friste si daz leben mite ,
  • unz daz si wider ze sinnen kam
  • und in ir trabte do genam,
  • wie si in gesehen mühte, 1195
  • als ez ir leide tobte.
  • Sus kom ir in ir sinne
  • umb' eine ir meisterinne,
  • {'62) diu si alle zit und alle wege
  • haet' in ir lere und in ir pflege 1200
  • und si uz ir huote nie verlie:
  • inO^vereinen swv. intrans. , vereinsamen, allein sein. — 1172 an gän
  • mit aoc, einen angreifen, Hand an einen legen. — 1186 swm. (s.
  • 9182 außer Reim) , Hoffnung. — /ia>>en swv., pnct. habete [vgl. sich ge-
  • haben], halten, vf A. = unserm: aufrecht erhalten. — 1188 swie so Ver-
  • stärkung der correl. Conj. (s. zu 34), wie auch dann. — 1196 leide dat.
  • von leit 8tn. oder von leide stf.: ihrem Leide taugte, angemessen wäre.
  • 1197 Unpersönliche Construction : (ez) kam ihr in ihren Sinn (mhd.
  • plur.). — 1198 umbe prfep. , in betreff (wie lOCS), wie wenn vorher ein ein-
  • ziges Verbuni, etwa gedenken, stünde. — meisterinne (mcistcrin 1215) stf.,
  • Erzieherin, wie aus dem Folgenden hervorgeht. —
  • GOTTFRIED VON STBASSBURO. I. 2. Aufl. 4
  • 50 11. KIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • die nam si sunder iinde gie,
  • da niemen was niwan si zwo,
  • und huop ir klage bin z'ir also,
  • als si ie täten und noch tuont, 1205
  • den ir dinc stät, als ez ir stuont.
  • ir ougen über wielen,
  • die beizen träbene vielen
  • gedibteclicbe und ange
  • über ir vil liebtiu wange; - 1210
  • ir bende si zesamene vielt,
  • fleblicbe si die vür sieb bielt:
  • «ach mines libes!« si dö spracb,
  • «acb», spracb si «mines libes, acb,
  • acb, berzeliebiu meisterin, 1215
  • nu tuo mir dine triuwe scbin,
  • der vil und wunder an dir ist!
  • und Sit du nu so sselic bist,
  • daz al min sselde und al min rät
  • niwan an dinem rate stät, 1220
  • so klage icb dir min berzeleit
  • üf alle dine saelekeit:
  • dune belfes mir, so bin icb tot.»
  • «nu, frouwe, waz ist iuwer not
  • und iuwer klägelicbez klagen?» 1225
  • «ei, trüt, getar icb dir'z gesagen?»
  • «ja, liebiu frouwe, sprechet an!»
  • «micb toetet dirre tote man,"!
  • von Parmenie Riwalin:
  • den ssebe icb gerne, möbte ez sin, 1230
  • und weste ich wie icb'z erwürbe.
  • 1202 sunder adv., liier: abgesondert, bei Seite. — 1206 ir dinc hier Singu-
  • lar, ihre Sache, Angelegenheit. — 1209 gedthteclic^ie adv., dicht; vgl. 13054.
  • — atige adv., eigentlich: enge (wie iu V. 18201), dicht, öfters wortspieleud
  • mit ancltche verbunden; ein Lieblingswort des Dichters. — 1210 wange
  • starker Plural statt v-angen. ebenso dat. sing. st. in V. 1304, demnach das
  • Wort bei Gr. stn. statt swn. (nhd. sing, stf.) — 1212 ßehliche, fleheltche ady.,
  • flehentlieh. — 1217 wunder stn. steht öfters gleichsam adverbial, eine
  • wunderbare Menge, sehr viel. — 1218 scelic adj. hat hier deutlich die Be-
  • deutung: lieb und gut; ebenso scelekeit V. 1222 Gnade, Güte; vgl. zu 578.
  • — 1219. 1220 rat in Gottfried's Weise in beiden Versen verschieden:
  • 1) Eettung, 2) guter Eath, consilium, doch kann auch hier: Hülfe ver-
  • standen sein wegen V. 1223. — l226 trut subst. zu trat adj., traut, lieb;
  • das Geschlecht wechselt zwischen masc. (V. 1308) und neutr. ; hier in der
  • Anrede an ein Weib natürlich neutr. (wie das Lieb , Trautchen) , Freun-
  • din. — geturren anom. v. , verst. tiirren, wagen, dürfen. — gesagen = sagen.
  • — 1227 sprechet a« = saget an. — 1231 erwerben stv. , erlangen, durch-
  • setzen. —
  • II. RIWALIN UND BLANSCilEPLUR. 51
  • e (lanne er volle erstürbe;
  • wan leider ern mac niht genesen.
  • mäht du mir dar zuo guot gewesen,
  • ich engan dir niemer nihtes abe, 1235
  • die wile und ich daz leben habe.»
  • Diu meistcriune gedahte do:
  • "gestate ich dirre dinge also,
  • (33) -svaz mac da schaden gewahsen an?
  • wan dirre hälptote man 1240
  • der stirbet morgen oder noch:
  • so hän ich miner frouwen doch
  • gefristet lip und ere
  • und bin ir iemer mere
  • lieber danne ein ander wip.» 1245
  • «trüt frouwe», sprach si «lieber lip,
  • iuwer klage ist mir von herzen leit
  • und swä ich iuwer arebeit
  • mit minem libe erwenden kan,
  • da gezwivelt niemer an. 1260
  • ich sei selbe gän dar nider
  • und in gesehen und iesä wider.
  • ich sol die State erkunnen da,
  • 1232 volle adv. (zu vol), völlig, vollends. — ersterben stv., absterben, über-
  • haupt: sterben. — 1234 guot, hier in der Bedeutung: nützlich, hülfreich;
  • vgl. 5029. — geioesen. verst. wcsen wegen des erweiterten Keimes wie noch
  • V. 44'-7. — I23ö ahe gän mit dat. der Person, gen. der Sache, einem etwas
  • versagen; fast dieselbe Wendung in \'. (;'JC>4. — 123(3 unde steht öfters iu
  • Vertretung des Relativs, namentlich in dieser Wendung: die Zeit, in der;
  • BD lange als; vgl. z. B. 1755. 1870. 11433. 13515.
  • 123b gextaten in der Regel mit gen. , nhd . gestatten mit acc. — dirre
  • dinge gen. pl. ; wir begnügen uns oft mit dem Singular, dinc sing, und pl.
  • im Mhd. in Verbindung mit Adjectiven und adject. Pronomen umschreibt
  • Substantiva und subst. Pronomina; öfters bieten sich dafür Adverbia.
  • Nicht alle diese Wendungen brauchen im Einzelnen berücksichtigt zu wer-
  • den; vgl. zu Ttil. — 1239 gewahsen stv., \&x?,t. u-ahsen, erwachsen; vgl. 280.
  • — 1241 derselbe Vers 7(555. Die Wendung ist nicht ohne Weiteres zu er-
  • klären; steht noch elliptisch für : noch heute? oder ist hier eine bestimmte
  • Redensart mit oder auzuuehmcnr=unserm : morgen noch, noch morgen?
  • oder ist auch hier der (iebrauch Gottfried's wirksam, die specielle Angabe
  • der allgemeinen vorausgehen zu lassen: erstirbt morgen oder (überhaupt)
  • noch statt: er stirbt noch, vielleicht schon morgen? vgl. zu 2510. 3039.
  • 3320. — 1243 fristen swv., hier: Frist geben, erhalten (V. 1192 = nhd). — Irp
  • (Leben; und ere (Glück) stellt formelhaft. — 1244 iemer viere s. zu 037. —
  • 1'_'49 erwenden swv., abwenden. — 1250 gezwit>eln = ziciveln. — 1251 sidn im
  • Mhd. das hauptsächl. Hülfsverbum für das Futurum, nhd. vielfach beizu-
  • behalten oder zu vertauschen wie hier mit: wollen oder mit: werden. —
  • 1252 und iesä nider an gän anzuschließen. — 1253 erkunnen swv., kennen
  • lernen, erforschen. — state stf., hier überhaupt: die Verhältnisse , die Ge-
  • legenheit (in weitcrem Siune), wie wir aucli noch sagen, —
  • 4*
  • 52 11. KIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • wie er da lige oder wä,
  • und euch der Hute nemen war.» 1255
  • sus körn si in den gebserden dar,
  • als si sin angest wolte Idagen
  • und begünde im tougenliche sagen,
  • ir frouwe wolte in gerne sehen,
  • daz er ez lieze geschehen 1260
  • nach fuogen und nach eren.
  • sus begünde si do keren
  • mit disen mseren wider dan.
  • si nam die maget und leite ir an
  • eines armen betewibes kleit. 1265
  • ir antlützes Schönheit
  • mit dicken risen si verbaut
  • und nam ir frouwen an die hant
  • und kom ze Riwaline.
  • nu hsete ouch er die sine 1270
  • al besunder üz getriben
  • und was al eine beliben.
  • er sagete in allen unde jach,
  • einoede wasre sin gemach.
  • ouch jach diu meistcrinne, 1275
  • si brsehte ein arzätinne,
  • und erwärp, daz man si zuo im liez.
  • daz sloz si vür die tür do stiez:
  • (34) «nu frouwe», sprach si «sehet in!»
  • und si, diu schcene, diu gie hin 1280
  • und do si im under ougen sach,
  • «ach», sprach si «hiute und iemer ach,
  • owe daz ich ie wart geborn:
  • wie ist min trost alsus verlorn!»
  • 1257 ah conj., hier: als, wie wenn. — angest (G-eschlecht bei G-. unbe-
  • stimmt), hier nicht: Angst in unserm Sinne, sondern: der beängstigende,
  • gefahrvolle Zustand, Leid und Schmerz. — 12bd /rouwe swf., hier die eigent-
  • liche Bedeutung: Herrin. — 1264 s. zu 1058. — 1265 betewip (you beten, bit-
  • ten, betteln"* stn., Bettelweib. — 1267 die Bedeutungen von dicke, dick und
  • dicht kommen hier nah zusammen. — rtse fem. (st. u. sw.), Schleier,
  • Kopftuch. — verbinden stv. , s. zu 16283. — 1271 al besunder adv. , eigentl. :
  • ganz abgesondert, besonders, jedes für sich, hat im Mhd. öfters die Be-
  • deutung: jedes einzelne, dann: alle nacheinander. — 1272 al eine, ganz
  • einsam, unser: allein. — 1274 eincede (Geschlecht unbestimmt), Einsam-
  • keit. — gemach stn. (s. V. 16356), Gemächlichkeit, Buhe (4430), Erholung
  • (gemach ist hier nicht und überhaupt nicht: Wunsch, wohl aber steigert
  • sich der Begriff zu: Vergnügen; vgl. 15803. 16356; synonym mit fröudc
  • 15785). — 1278 5^02 stn., nicht: Schüsselschloß, sondern: der beschließende
  • Biegel. — stozen stv., hier: schieben.
  • II. RIWALIN ÜNJJ BLANSCHEFLUR. 53
  • Alsus neic ir dö Rivvalin 1285
  • vil küme, als ez dö mohte sin
  • von einem totsiechen man.
  • ouch sach si daz vil lützel an
  • und nam es harte kleine war,
  • wan saz et blintlichen dar 1290
  • und leite Riwaline
  • ir wange an daz sine,
  • biz daz ir aber do beide
  • von liebe und ouch von leide
  • ir libes kraft da von gesweich: 1295
  • ir rösevarwer munt wart bleich,
  • ir lieh diu kora vil garwe
  • von der vil liebten varwe,
  • diu da vor an ir libe lac;
  • ir klären ougen wart der tac 1300
  • trüeb' unde vinster als diu naht,
  • sus lac si in der ünmäht
  • und äne sinne lange,
  • ir wange an sinem wange
  • geliche als ob si waere tot. 1305
  • nu daz si do von dirre not
  • ein lützel wider ze krefte kam,
  • ir trüt si an ir arm dö nam
  • und leite ir munt an sinen munt
  • und kuste in hundert tüsent stunt 1310
  • in einer kleinen stunde ,
  • unz ime ir munt enzunde
  • sinn' unde kraft zer minne,
  • wan minne was dar inne:
  • ir munt der tete in fröudehaft, 1315
  • ir munt der brähte im eine kraft,
  • daz er daz keiserlichc wip
  • an sinen halptötcn lip
  • 1286 kutne adv. (zu ktiin 850), kaum (aber nicht zeitlich); viL k., nur
  • mit großer Mühe. — 129u .>t»7if« stv., sich setzen. — blintlichen adv., blind-
  • lings. — 1293 öe/rfe (auch st. flect. bcidiu) — und = engl, both — and, sowohl
  • - als auch. — 1290 geswiclifn stv., entweichen, verloren gehen. — 1297 Itch
  • rhalton in Leiche) stf., der Leib, dann: körperliches Aussehen, namcnt-
  • . !i wie hier: die Gesichtsfarbe, welclie Bedeutung bei G. vorherrscht;
  • > u'l. zu 10914. — fjarwe adv. (zu f/(ir adj. 595(;) , ganz und gar, durchaus;
  • :,'!. gar adv. 79.'), ber/arirc 7773. — l.'{04 = Ver8 18202. — 1308 an den arm
  • lieh an dem arme) =in den Arm (im Arme). — 1310 stunt (auch volle
  • rm stunde) stf., hier=:raal, 1311 st:inde=Zeit , Zeitraum. —
  • 54 II. KIWALIN UND ELANSCHEFLUR.
  • (35) vil nähe und innecliclie twanc.
  • da nach so was vil harte unlanc, 1320
  • luiz daz ir beider wille ergie:
  • und daz vil süeze wip enpfie
  • ein kint von sinem libe.
  • ouch was er von dem wibe
  • und von der minne vil nach tot; 1325
  • wan daz im got half üz der not,
  • sone künde er niemer sin genesen:
  • sus genas er, wände ez solte wesen.
  • Sus was, daz Kiwalin genas;
  • und Blanscheflür diu schoene was 1330
  • von ime entladen unde beladen
  • mit zweier bände herzeschaden:
  • groz leit lie si bi dem man
  • unde truoc daz groezer dan;
  • si lie da senede herzenot 1335
  • und truoc mit ir von dan den tot:
  • die not si mit der minne lie,
  • den tot si mit dem kinde enpfie.
  • und iedoch, swie so si genas,
  • in swelher wise so si was 1340
  • von ime entladen unde beladen
  • so mit frumen so mit schaden,
  • sone säch si doch niht anders an
  • wan liebe liebe und lieben man.
  • weder kint noch tödes ungeschiht 1345
  • enwiste s' an ir libe niht:
  • minn' unde man wiste s' wol
  • und tete, reht' alse der lebende sol
  • I und alse der minnende tuot:
  • l ir herze, ir sin, ir gernder muot 1350
  • lac niwan an Riwaline.
  • da wider lac ouch der sine
  • 1319 twingen stv., zwingen, drücken, wird häufig von der Umarmung und
  • vom Kusse gesagt; vgl. 12599. 12669. — 1321 der i(,'<7ie (Wunsch) ergöt (qe-
  • schieht, wird erfüllt), eine edele dichterische Wendung für die Erreichung
  • des Liebesziels. — 1327 wir sagen: so hätte er nimmer genesen können.
  • 1329 Sua tt'«s = so war es, so geschah es. — 1339 swie so conj. correl.
  • (s. zu 34), wiewohl auch. — l'ii2 fr unte , froine swm. (vgl. 10475, sonst
  • auch bei G. stf. 5842), Frommen, Nutzen, Gewinn; vgl. zu 3040. — 134i
  • ungescMht stf., Unheil, Missgeschick. —
  • II. EIWALIN UND BLANSCHEFLüR.
  • 55
  • aii ii\uucl au ir minnen.
  • si lia3teu in ir sinnen
  • beid' eine liebe und eine ger:
  • sus was er si, und si was er,
  • er was ir, und si was sin;
  • da Blanscheflür, da Riwalin,
  • (3G) da Riwalin, da Blanscheflür:
  • da beide j^ da leal amiir.']
  • ir leben was vil gemeine du,
  • si wären mit ein ander fro
  • und hüllten ir gemüete
  • mit vil gemeiner güete.
  • und swenne si mit fuogen
  • ir State enein getruogen,
  • so was ir werltwünne vol,
  • so was in sanfte und alse wol,
  • daz si enhagten niht ir leben
  • iimbe kein küuicriche gegeben.
  • Doch werte daz unlauge,
  • wan in ir anevange,
  • do si allerbeste lebeten
  • und in dem wünsche sw^ebeten,
  • du komen Riwaline boten:
  • Morgan sin vient haete geboten
  • ein starke samenung' in sin lant.
  • mit disem maere und al zehant
  • wart Riwahne ein schif bereit
  • und al sin dinc dar an geleit,
  • spis' unde ros, daz allez wart
  • zohant bereitet an die vart.
  • 1355
  • 1360
  • 1365
  • 1370
  • 1375
  • 1380
  • 1360 Iml adj. Fremdwort, lat. legalis, ncufr. loyal, treu, innig; deutlicher
  • iu V. 37Ö2. — amur (: Blan.-ichejlür) subst. Fremdwort, lat. ainor , Aus-
  • sprache =neufr. aiiioi/r. — Die Kürze des a beweist das AVortspiel mit
  • litmeir 119itO fg. — 13t!l getneine adj., gemeinsam; das Wort wendet Cr.
  • namentlich im -Ji. Theile des Gedichts mit Vorliebe an. — i;{G3 hohen swv.,
  • erhohen, freudig erheben. — VM\h .u , die Liebenden, ist Subject. — 136G State
  • stf., hier speciell : die (Gelegenheit der Zusammenkunft, Umgang. — getragen
  • — tragen, enein getragen: vgl. zu 396. — 1368 san/te adv., angenehm, wohl.
  • (1370 in der Lesart kein ander {künicrtche , himelriche) ist ander nicht=:
  • nhd. ander, sondern das ander der Vergleichung; vgl. zu 6683.)
  • 1373 allerhexte adv. , am allerbesten. — 1374 wünsch stm. . die höclistc
  • Vollkommenheit, Seligkeit. — 1376 gebieten stv., durch Befehl entbieten,
  • aufbieten. — 1377 samenungc stf., Versammlung, Heeresmacht. — 1382 an
  • rrnr- mit acc.=auf, für.
  • 56 II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUß.
  • Diu minnecliche Blanschefluor,
  • do si diu leiden mcere erfuor
  • umbe den vil herzelieben man, 1385
  • alrerste gieng ir kumber an:
  • von herzeleide ir aber geschach,
  • daz sine gehorte noch gesach.
  • ir lieh wart an ir libe
  • als einem toten wibe. 1390
  • üz ir munde gie niht me
  • wan daz vil arme wort «owe!»
  • daz eine sprach si und ouch niht me.
  • «Owe!» sprach si vil lange «owe!
  • owe nu minne und ouwe man! 1395
  • wie Sit ir mich gevallen an
  • mit also maneger arebeit !
  • minn', al der Averlde unsfelekeit,
  • so kurziu fröude als an dir ist,
  • so rehte unstsete so du bist, 1400
  • waz minnet al diu werlt an dir?
  • ich sihe doch wol, du lönest ir,
  • (37) als der vil välschäfte tuot:
  • din ende daz ist niht so guot,
  • als du der wcrlde geheizest, 1405
  • so du si von erste reizest
  • mit kurzem liebe üf langez leit.
  • din gespenstigiu trügeheit,
  • diu in so valscher süeze swebet,
  • diu triuget allez, daz der lebet: 1410
  • daz ist au mir wol worden schin.
  • daz al min fröude solte sin,
  • da von hän ich nü niht mere
  • wan totlich herzesere:
  • min trost vert hin und lät mich hie.^) 1415
  • In disem klagemsere gie
  • ir trütgeselle Eiwalin
  • 1396 an vollen raii a,cc.^ nhd. mit dat. (vgl. 5213), einem zufallen; hier
  • bildlich: Minne und Geliebter werden wie ein Erbe, wie ein unfreiwilliger
  • Erwerb aufgefasst, — 1398 unswlekeit stf., Unheil. — 1403 valschaft =
  • valschhaft adj. subst. , mit valsch (9579) behaftet, trügerisch. — 1405 [/,<-
  • heizen stv. , hier: verheißen. — 1406 reizen (lies reißen wie heißen) swv.,
  • reizen, locken. — 1408 f/espensiic adj., zauberisch, verführerisch. —
  • trügeheit, auch trügenheit stf., Trügerei, Falschheit. — 1414 herzesere stf.,
  • Herzeleid.
  • 1416 klagemccre stn., Klagerede [vgl. Klagelied]. — 1417 frut geselle,
  • trauter, lieber Freund (vgl. 2835. 3741), hier eher trütgeselle, Trautgeselle
  • II. RIWALIN V}iD BLANSCHEFLUR. 57
  • mit weinendem herzen in
  • und wolte nemen urloup von ir.
  • ^;frouwe», sprach er «gebietet mir, 1420
  • ich sol und muoz ze lande varn;
  • iuch, schoene, müeze got bewarn:
  • weset iemer sselec unde gesunt!»
  • alsus geswant ir anderstuut,
  • aber viel si von der herzenot 1426
  • vor ime in unmaht und vür tot
  • in ir meisterinne schoz.
  • der ir getriuwe senegenöz,
  • do der daz michel ungemach
  • an sinem herzeliebe ersach, 1430
  • er leiste ir wol gesellekeit;
  • wan er uam sich ir senede leit
  • vil innecliche mit ir an.
  • sin varwe und al sin kraft began
  • an sinem libe swachen. 1435
  • nach klägelichen sachen
  • gesaz er riuweclichen nider
  • und erbeite küme, daz si wider
  • (38) und alse vil ze kreften kam,
  • daz er si do mit banden nam 1440
  • und hielt daz fröudelöse wip
  • vil suozecliche an sinen lip
  • und kuste ie z' etelicher stunt
  • ir wange, ir ougen unde ir munt
  • und trüte si sus unde so, 1445
  • biz si ze jüngeste dö
  • (vgl. tiüthcrre 5860); ebenso trutgesellin 16774. G. liebt die Zusammen-
  • setzuugen mit geselle. — 1418 ähnliche Persouification des Herzens in
  • V. 116i<6: mit tüteni herzen, in V. 46S0: daz herze lache dar. — 1419 urloup
  • 8tm., Erlaubniss (zu gehen), Urlaub, dann überhaupt die persönliche Ver-
  • abschiedung. — 1420 gebietet mir, Hoflichkeitsformel beim Urlaub und
  • Abschied: ich stelle zu Befehl, dann überhaupt: lebt wohl. — li21 ze
  • lande, nach dem (Vater-) Lande, heim. — 1424 mir geswindet (stv.), mir
  • schwindet das ISewusstsein [nhd. mir schwindelt]. — ayiderstunt adv. acc,
  • zum anderninal, wiederum. — 1428 nenegenoz stm., Genosse in der Liebe
  • und im Liebesleid, « Leidgenosse ». Simrock. — 14.'U gesellekeit leisten [vgl.
  • Gesellschaft leisten], hier: Freundschaft, Liebe bewähren. — 14.36 nach
  • prsep., den Umstanden nach, ficmäß. — sache stf. sing. u. pl., oft in Um-
  • schreibung gebraucht (wie dinc, vgl. zu 1238). näcli klägelichen sachen,
  • wie es in solchen traurigen Verhältnissen und Ausenblicken zu geschehen
  • pflegt. — 1437 riuicecÜchr adv. , mit riutve (vgl. zu 1789), schmerzvoll. —
  • 1438 erbritpii swv., erwarten. — 1442 suozecliche adv., süß, lieblich, mit
  • Innigkeit. — 144."» trüte pra;t. von triuten swv., trüt, lieh haben, lieb-
  • kosen.
  • 58 II. KIWÄLIN UND BLANSCHEFLUR.
  • ze ir selber kom baz unde baz
  • und üfrelit von ir selber saz.
  • Nu Blanschefiür ze ir selber kam
  • und aber ir friundes war genam, 1450
  • si sach in jsemerlichen an:
  • «ach», sprach si «sselfger man,
  • wie ist mir so leide an iu geschehen!
  • herr^, wie hän ich iuch gesehen
  • ze so vil maneger herzeklage, 1455
  • als ich an minem herzen trage
  • von iu, von iuwern schulden '.^
  • getorste ich ez mit hulden
  • hin z'iu gereden, so möhtet ir
  • friuntlicher tuon und baz ze mir. 1460
  • herr' unde friunt, ich hän von iu
  • manec leit und vor den allen driu,
  • diu toedec unde unwendec sint:
  • daz eine ist, daz ich trage ein kint;
  • des entruwe ich niemer genesen, 1405
  • got enwelle min gehelfe wesen.
  • daz ander deist noch merre:
  • min bruoder und min herre,
  • so der an mir dis ungeschiht
  • und ouch sin selbes laster siht, 1470
  • der heizet mich verderben
  • und lästerliche ersterben,
  • daz dritte ist aber diu meiste not
  • und maneges erger danne der tot:
  • ich weiz wol, obe daz wol ergät, 1475
  • daz mich min bruoder leben lät
  • und er mich nilit ersterbet,
  • daz er mich aber enterbet
  • (39) und nimet mir guot und ere.
  • 1451 josmerlichen adv. , mit Jammer. — 1452 sctlic iu der Anrede
  • häufig; vgl. zu 1218. — 145:^ an prsep., hier: durch, von. — 1454 wie adv.,
  • hier in der Bedeutung: warum [nhd. beschränkter]; vgl. .3136 = nhd. —
  • 1455 ze prsep. bezeichnet Ziel und Zweck; für: warum habe ich euch
  • sehen, kennen lernen müssen, um so manigfachcs Herzeleid davon-
  • zutragen , wie ich (wirklich) um euertwillen im Herzen trage. — 1459 ge-
  • reden, verst. reden. — 1463 tcedec adj., todbringend. — unwendec adv., un-
  • abwendbar. — 1466 Bedingungssatz mit Conjunctiv, nhd. Indicativ : will
  • Gott nicht u. s. w. — gehelfe swm. , Mithelfer, Retter. — 1470 laster stn.,
  • Schmach, Schande. — 1472 lästerliche adv,, schmählich. — ersterben swv.,
  • sterben lassen, tödten. —
  • II. RIWALIN UND BLINSCHEFLUR. 59
  • SO muoz ich iemer mere 1480
  • unwert und swaches namen siu.
  • dar zuo muoz ich min kindelin,
  • daz einen lebenden vater hat,
  • ziehen äne vater rat.
  • und enwölte ich nieraer daz geklagen, 1485
  • seit' ich daz laster eine tragen,
  • daz min vil hoch geslehte
  • und der künic min bruoder mehte
  • des itewizes unde min
  • mit eren ledec und äne sin. 1490
  • swenn' aber alle, die nu siut,
  • diu msere sagent, ich habe ein kint
  • erworben kebesliche,
  • deist disem und jenem riche,
  • Kurnewäle und Engelande 1495
  • ein offenbseriu schände.
  • und ouwe, swenne daz geschiht,
  • daz man mich mit den ougen siht,
  • daz zwei laut von den schulden min .
  • genidert unde geswachet sin, 1500
  • so wsere ich eine bezzer tot.
  • seht, herre», sprach si «deist diu not,
  • daz ist diu wernde herzeklage,
  • in der ich alle mine tage
  • mit lebendem libe sterben muoz. 1505
  • herr', iuwer helfe diu entuoz,
  • und got enfüege ez danne also,
  • sone wirde ich niemer mere frö.»
  • «Trüt frouwe», sprach er do ze ir
  • ((habet ir deheine not von mir, 1510
  • die sol ich büezeu, obe ich mac.
  • li-Sl man kann schwanken, ob swac// = niedrig oder ethischer gefasst =
  • geschändet ist; ähnlich birgt unser: verachtet den Doppelsinn. — name
  • steht hier wohl wieder umschreibend (vgl. zu 1058), awachea namen=:
  • swiicli, sonst bezeichnet nmne auch den Stand. — 1484 rät stm. , Beihülfe.
  • — vater ist Genetiv. — 1485 'jeklagen, verst. klagen, beklagen. — 1486 eine
  • adj., allein. — 1489 itewiz stm. , Vorwurf, Schande. — 1490 äne erscheint
  • in solchen Wendungen als unflect. Adjectiv und Synonym von ledic^ frei,
  • los [los und ledig]. — 1493 kefeslicfte adv. , nach Art eines Kebsweibes,
  • unehelich. — 150(i niiiern swv. , erniedrigen. — sv-adten (vgl, 8299i swv.
  • trans., su-ucli machen, beschimpfen. — 1503 wernde, teerende part. adj.,
  • fortwährend, beständig; vgl. 11678. — 1506 entuoz = entuo^z, entuo ez.
  • 1511 büezen swv., nicht: büßen, Strafe leiden, sondern: wieder gut
  • machen, vergelten; öfters hezzern und i. ; vgl. 5'234. —
  • 60 II.. EIWALIN UND BLANSCHEFLUK.
  • und ouch bewarn vür disen tac,
  • daz in durch mine schulde iht me
  • leit oder laster üf erste.
  • ich hän, swaz her nach süle geschehen, 1515
  • so lieben tac an iu gesehen,
  • daz ez unbillich wsere,
  • ob ir deheine swsere
  • (40) mit minem willen soltet tragen.
  • frouwe, ich wil iu rehte sagen: 1520
  • min herze und allen minen muot,
  • leit unde liep, übel unde guot
  • und allez daz, daz iu geschiht,
  • da von enscheide ich mich niht:
  • da wil ich iemer wesen bi, 1525
  • swie kumberlich ez danne si;
  • und biute iu zweier dinge kür,
  • diu leget iuwerm herzen vür:
  • weder ich belibe oder var.
  • hier under nemet selbe war: 1530
  • weit ir daz, daz ich hie beste
  • und sehe, wie iuwer dinc erge,
  • daz si. geruochet aber ir
  • heim unde hinnen varn mit mir,
  • ich selbe und allez, daz ich hän, 1535
  • daz ist iu iemer undertän.
  • ir erbütet mir ez hie so wol,
  • daz ich es wol gedenken sol
  • mit aller slahte guote.
  • swes iu nu si ze muote, 1540
  • frouwe, des bewiset mich,
  • wan swaz ir weit, daz wil ouch ich.»
  • 1512 bewarn swv., hier intrans. : abwenden, verhüten. — vür disen tac,
  • von diesem Tage an, von nun an. — 1519 mit rrdnern vjillnn = durch m. w.,
  • um meinetwillen. — 1520 reJite adv. , hier: gerade heraus, aufrichtig. —
  • 1525 bi wesen , (hülfreich) nahe sein. — 1527 kür stf. , Wahl. — bie-
  • ten stv. , anbieten , überlassen. . bieten ein Lieblingswort Grottfried's. —
  • 1529 weder — oder hier in directem Satze (vgl. zu 340), entweder — oder;
  • wir können auch weder sparen. — 1530 war stf., Acht, Aufmerksamkeit.
  • xoar we/ne/i^wahrnehmen, hier: mit Aufmerksamkeit beachten. — 1531 bestän
  • anom. v. , bleiben. — 1533 geruochen swv. = nhd. geruhen, wünschen, be-
  • gehren. — 1537 erbieten mit dat. der Person, acc. der Sache {ez) , einem
  • eine (gute oder übele) Behandlung angedeihen lassen, sich einem erweisen ;
  • ebenso bieten in V. 1544. — 1541 bewisen swv. mit gen. und acc, belehren,
  • bescheiden.
  • II. RIWALIN UND ELANS CHEFLUR. Gl
  • «Genäde, herre», sprach si dö
  • «ir redet und bietet mir'z also,
  • als in got Ionen müeze, 1545
  • und alse ich iuwer füeze
  • iemer gerne suochen sol.
  • friunt uude herre, ir wizzet wol,
  • belibeus mac hie niht gesin:
  • min angest umbe min kindelin 1550
  • die enmäg ich leider niht verheln;
  • wan möhte et ich mich hin versteln:
  • daz wsere nü der beste rät
  • nach dem dinge, als ez mir stät.
  • friunt herre, dar zuo ratet ir. » 1555
  • «nu frouwe», sprach er «volget mir:
  • ze naht, als ich ze schifte ge,
  • so flieget ir daz, daz ir e
  • (-41) vil tougenliche dar sit komen;
  • biz daz hän ich urloup genomen, 1560
  • daz ich iuch danne vinde
  • bi minem ingesinde.
  • sus werbet! also muoz ez sin.»
  • Mit dirre rede kom Riwalin
  • ze Marke und seite im msere, 1565
  • waz ime enboten waere
  • umb^ sin Hut und umbe sin lant.
  • urloup uam er von ime zehant,
  • da nach von al den sinen.
  • die klageten Riwalinen, 1570
  • daz er die klage e nie gesach,
  • diu dö und da nach ime geschach:
  • 1543 (tchikIp stf., aufjer Gnade, Huld aueli wie hier: Dank. — 15J5 a/.
  • logisch ricbti;.; an also angeschlossen; wir lassen dalür: daß folgen. —
  • 1Ö46 fg. HöHichkeitsfurmel [vgl. zu Füßen legen. Hand küssen]: innigst
  • (in Gedanken fußfiillig) danken. — 15.50 nicht Angst um das Kindlein,
  • sondern die (eigene droliende) (Gefahr wegen des (künftigen) Kindleins. —
  • 1552 van stein öfters zur Eröffnung von Wunschsätzen wie utinain
  • (Gr. 4, 7y); wir müssen unser: nur in die Mitte des Satzes nach dem Per-
  • sonalpronomen steUen; bei G. selten: vgl. 2590. — 1553— .5.> hier wieder
  • wie in V. 1219—20 verschiedene Bedeutung von räf und raten: 1, Eettung,
  • Ausweg, 2j helfen. — 1555 friunt herre, nicht //•. h.=fr. unde h. wie in
  • V. 1548, sondern = nhd. Herr Freund; herre in dieser Weise nachgesetzt
  • ferner: yot h. 1715. 1726. 235S. — 1558 füegen swv. , einrichten, bewerk-
  • stelligen.
  • 1564 Mit prsep. gewinnt öfters die Bedeutung: sogleich nach; vgl.
  • hie mite 400. — 1565 muere sagen, eine beliebte Wendung, überhaupt: mit-
  • thellen. — 1572 hier do und da, jetzt und hier, nebeneinander. — nach
  • v>/je = um ihn.
  • 62 II. EIWALIN UND BLANSCHEFLÜE.
  • manec segeu wart im näcli gegeben,
  • daz got sin ere und sin leben
  • geruochte in sinem schirme hän. 157.')
  • nu ez an die naht begunde gän,
  • und er ze sinem schüfe kam
  • und al sin dinc dar an genam,
  • do vander sine frouwen da,
  • die schcßnen Blanscheflür : ie sä 1580
  • so wart daz schif gestozen an.
  • alsus so fuoren si von dan.
  • Nu Riwalin ze lande kam
  • und die vil grozen not vernam,
  • die Morgan hsete üf in gewant 1585
  • mit überkrefteclicher haut,
  • sinen märschalc er besaude,
  • an dem er triuwe erkande,
  • an dem sin meister tröst do lac,
  • der aller siner eren pfiac 1590
  • über sin liut und über sin lant:
  • daz was Eüal li foitenant,
  • der eren unde der triuwe ein habe,
  • der nie gewancte au triuwen abe:
  • der Seite im aller hande, 1595
  • als er ez wol erkande,
  • waz ängeslicher swsere
  • dem lande erstanden waere.
  • (42) «doch», sprach er «sit daz ir enzit
  • ze tröste uns allen komen sit 1600
  • und iuch got wider gesendet hat,
  • so sol sin alles werden rät,
  • und mugen vil harte wol genesen;
  • wir suln nu hohes muotes wesen,
  • unser angest sol nu kleine sin.» 1605
  • 1581 an stozen (elliptiscli an, in, daz ruer) , das Gegentheil vou üz stozen.
  • ■ — 1586 überkreftecuch adj., übermächtig. — 1590 eines eren (gen. pl.) pflegen,
  • ein bestimmter Terminus für die Repräsentation und Stellvertretung in
  • der Herrschaft. — 1594 i/eicawc^e = gewankt war. — 1597 ängeülch , auch
  • angeslich = anyestlich adj., (ängstlich), gefahrvoll. — 1599 enzit (■= in zit)
  • adv., zur Zeit, zu rechter Zeit. — 1602 sin gen. neutr. = es. — rat werden
  • mit gen., Eath, Hülfe in einer Sache geschafft werden. — 1603 im Mhd.
  • wird oft das Personalpronomen gespart; vgl. 1628. — 1604 hohes inuotes =
  • huchgerauot , fröhlichen Sinnes [vgl. gutes Muthes]. — 1605 sol im Gegen-
  • satz zu suln (sollen, wollen) in V. 1604 Auxiliar des Futurums = wird.
  • II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR. 63
  • Hier under seitc im Eiwalin
  • die lieben äventiure
  • umbe sine Blanscheliiure.
  • des wart er innecliche fro:
  • «ich sihe wol, herre», sprach er dö 1610
  • «imver ere wähset alle wis,
  • iuwer werdekeit und iuwer pris,
  • iuwer fröude und iuwer wunne,
  • diu stiget als diu sunne.
  • irne möhtet üf der erden 1615
  • von wibe niemer werden
  • so hohes namen als von ir.
  • von danne, herre, volget mir:
  • habe si wol ze iu getan,
  • des sult ir si geniezen län. 16-20
  • so wir unser dinc nu genden,
  • die not von uns gewenden,
  • diu uns nu so ze rucke lit,
  • so gebietet eine höhgezit
  • wol herlich unde riche: 1625
  • da nemet si offenliche
  • vor magen und vor mannen z'e.
  • und rate zwäre, daz ir e
  • ze kirchen ir geruochet jehen,
  • da ez pfäffen unde leieu sehen, 1630
  • der e nach kristenlichem site:
  • da speleget ir iuch selben mite,
  • und wizzet weerli'chen daz,
  • iuwer dinc sol iemer deste baz
  • ze eren und ze guotc ergän. o 1635
  • Nu daz geschach, daz was getan,
  • daz er des alles voUokam;
  • 16CH) Hier under adv. (vgl. zu 798) dient öfters zur Anknüpfung iu
  • der Erzählung; vgl. z. B. 21*)2. 3(>9S. — 1611 alle wis adv. acc. , auch //*
  • •lUe uts 12943, auf alle Weise, in jeder Hinsicht; bei G. häufig. — 1617 na;««^,
  • hier: Würde, Ansehen. — 1618 von danne adv., hier causal, verschieden
  • von dem örtlichen von dan: deslialb ; von dannen 9362. — 1621 genden =
  • 'jeenden swv., verst. enden, beenden, zu gutem Ende führen. — 1622 (/e-
  • icenden-^wenden ; vgl. 4921. — 1623 ze rucke stm., auf dem Kücken (als
  • schwere Bürde); [daraus: zurück]. — 1629 jehen stv. mit dat. der Person
  • (ir) und gen. der Sache (der e V. 1631), einem etwas geloben. — ze kirchen,
  • rein urtlicli: in der Kirche. Dieses Gelübniss ist aber noch nicht die
  • Trauung; vgl. Grimm's Rechtsalterthümer, S, 434 fg. — 1632 scelejrn swv.,
  • beseligen, beglücken. — 1633 iva-rHclien adv., wahrlich, fürwahr.
  • 1637 volttkomen stv. mit gen. der Sache, (vollends kommen), etwas
  • erreichen ; bei G. meist vollen, seltener vol. —
  • 64: II. mWALlN UND BLANSCHEPLüB.
  • und alse er si dö z'e genam,
  • (43) er bevälcli si hant von hande
  • dem getriuAven Foiteuande. 1640
  • der fuorte si ze Kanoel
  • üf daz selbe kastei,
  • nach dem sin herre, als ich ez las,
  • Kanelengres genennet was,
  • Kanel nach Kanoele. 1645
  • üf dem selben kästele
  • hsete er do sin selbes wip,
  • ein wip, diu müot ünde lip
  • mit wiplicher staete
  • der werlt gewirdet hsete. 1650
  • der bevalch er sine frouwen dö
  • und scliuof ir ir gemach also,
  • als ez ir namen wol gezam.
  • Nu Rüal wider zem herren kam,
  • do wurden si zwen' under in' zwein 1655
  • umbe ir ängest enein,"
  • alse ez in do was gewant.
  • si sanden über al ir laut
  • und samenten ir ritterschaft-,
  • alle ir State und alle ir kraft 1660
  • die kerteu si niwan ze wer.
  • alsus komea si mit her
  • Morgäne engegene geriten.
  • ouch wart ir harte wol gebiten
  • von Morgane und von den sinen: 1665
  • si enpfiengen Riwalinen
  • mit einer herten vehte.
  • hei waz da guoter knehte
  • 1639 hant von hande ferner in Y. 11403, wie von hande ze hande 15038, von.
  • Hand zu Hand, aus einer Hand in die andere, d. h. ohne Zwischenperson,
  • unmittelbar. — 1650 iverlt dat. — wirden swv. trans. , würdigen, verehren
  • [wie unser verehren im Sinne von: darbringen, weihen].
  • 1657 ez ist Jiiir (oder auch wie in V. 5121 umbe mich) yeivant (^= ge-
  • wendet), eine häufige und auch bei G. sehr beliebte Kedensart, welche in
  • der modernen Sprache durch verschiedene Wendungen zu geben ist: es
  • hat eine Bewandtniss mit mir, es entspricht meinen Verhältnissen, es ist
  • mir angemessen, es gereicht mir, es steht mit mir u. dgl.; vgl. zu 1874. —
  • 1660 State stf. hat auch öfters die Bedeutung: die augenblicklich zu Ge-
  • bote stehende Macht; vgl. zu 7393. — 1661 'keren swv. trans., wenden, ver-
  • wenden. — 1664 gebiten part. praet. von bit^n stv. mit gen., auf einen war-
  • ten. — 1667 vehte stf., Gefecht stn. — 1668 waz mit gen., hier = wie viel.
  • — guoter kneht ist eine Art Terminus, namentlich in Anreden, für : Ritter,
  • ohne daß guot eine ethische Bedeutung hat; vgl. zu 5416. —
  • il
  • II. KIVVALIN UND BLANSCHEFLUR. C5
  • gevellet unde geveiget wart!
  • wie lützel der da wart gespart! 1670
  • wie manic man kom da ze not,
  • lind wie vil maneger lac da tot
  • und wunt von ietwederm her!
  • an dirre veigen läntwer
  • wart der vil klageban-e erslagen, 1675
  • den al diu werlt wol solte klagen,
  • ob klägelichiu swsere
  • nach töde nütze waere.
  • (44) Kanelengres der guote,
  • der ritterlichem muote 1680
  • noch herren tugende an keiner stete
  • nie fuoz noch halben wanc getete,
  • der lac da jsemerlichen tot.
  • iedoch in aller dirre not
  • körnen die sine über in 1685
  • und brähten in mit nceten hin:
  • mit maneger klage si'n fuorten dan
  • und bestatten in als einen man,
  • der minner noch mere
  • niwan ir aller ere 1G90
  • mit ime do fuorte hin ze grabe.
  • daz ich nu vil von ungehabe
  • und von ir jamer sagete,
  • waz iegelicher klagete,
  • waz solte daz? es wsere unnot. 1695
  • si wären alle mit im tot
  • an eren unde an guote,
  • an allem dem muote,
  • der guoten Hüten solte geben
  • sa^ld' unde ScTledichez leben. 1700
  • 1669 veigen swv., veiye (1H74) machen, dem Tode weihen, tödten; vgl. zu
  • 6456. — 1673 teticecler pron. adj., jedweder, jeder von beiden. — 1674 veiffe
  • adj., dem Tode geweiht, dann: furchtbar, unglückselig [nhd. feige, f/m/c/^^s
  • jünger]. G. liebt das Wort. — lantwer &t{., (Landwehr), abstract : Landes-
  • vertheidigung ; vgl. zu 1S77, 1878. — liu-i kla[/eba're ndi. subst., beklageus-
  • werth. — 1682 fuo: adv. acc, eine Malobezeichnung, einen Fuß breit;
  • ▼gl. /uo: treten in V. 7373. Die "Wendung fuoz noch Italien elliptisch
  • = (einen) fuoz noch halben (fuoz); vgl. wurt noch halOez in V. 11228. —
  • icanc stm. tuen, eine zurückweichende oder seitwärts gerichtete Bewegung
  • machen, wanken, weichen, — getete plusquainperf., gethan hatte. In der
  • Kegel bei vayi'^ tuon die Pnop. von, hier der Dat., als stünde icanken oder
  • wenken , nhd. wanken, weichen von..., entweichen mit dat. — 1686 mit
  • nceten, nur mit großer Notb, kaum. — 16s9 ininner noch niere niwan (wan)
  • = un8erm: nicht mehr und nicht weniger als. — 1692 ungehabe stf., Leid-
  • wesen, Klage. — lt;9ö ?/«>i'j7 = unnothig, aber unnot ist wohl subst.
  • r.OTTKRIED VOX STEASSBURG. I. 2. Aufl. 5
  • G6 II. RIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • Diz ist geschehe!] , ez muoz nii sin :
  • er ist tot der guote Riwalin;
  • dane hderet nü niht mere zuo
  • wan eine, daz man umbe in tuo,
  • als mit rehte umb' einen toten man. 1705
  • da enist doch nü niht anders an:
  • man .sol und nuioz sich sin bewegen,
  • und sol sin got von himele pflegen,
  • der edeler herzen nie vergaz !
  • lind Silin wir sprechen vürbäz, J710
  • wie ez umb' Blanschefliure kam:
  • dö diu vil schcfene vernam
  • diu klagebseren meere,
  • wie dö ir herzen wsere?
  • got herre, daz solt du bewarn, 1715
  • daz wir daz iemer suln ervarn.
  • ich enhan da keinen zwivel an,
  • gewan ie wip durch lieben man
  • (45) totlichen herzesmerzen,
  • derne wsere ouch in ir herzen. 1720
  • daz was tötliches leides vol.
  • si bewserte al der werkle wol,
  • daz ir sin tot ze herzen gie.
  • ir engen diu enwurden nie
  • in allem disem leide naz. 1725
  • ja, got herre, wie kern daz,
  • daz da niht wart geweinet?
  • da was ir herze ersteinet:
  • dane was niht lebenes inne
  • niwan diu lebende minne 1730
  • und daz vil lebeliche leit,
  • daz lebende üf ir leben streit.
  • geklägete s' aber ir herren iht
  • mit klageworten? nein si niht:
  • si erstümmete an der stunde, 1735
  • 1704 tuon umbe eirtew= verfahren mit einem. — 1707 beivegen stv. rcfl.
  • mit gen., sich eines Dinges (oder auch einer Person) begeben , sich über
  • etwas trösten. — 1708 sol im "Wunschsatz : möge. — 1710 vürbaz (baz vür,
  • -weiter vorwärts) adv., weiterhin [unser: fürbaß fast nur noch örtlich]. —
  • 1720 abhängig von V. 1717; die Negation (-ne) steht mhd. nach niht zwiveln
  • ähnlich wie im Lat., wo wir nhd. sie sparen; in diesen Fällen mhd. meist
  • conj., nhd. indic. — 1728 ersteinen swv., versteinen. — 17.31 lebelich adj.,
  • im Gegensatz zu tötliches leides in V. 1720, lebendig, lebhaft. — 1732 üf
  • prsep., gegen. — 1735 erstummen swv. = verstummen; die Zusammensetznnge»
  • mit er- liebt der Dichter. —
  • II. EIWALIN UND BLANSCHEFLÜR. 67
  • ir klage starp in ir munde;
  • ir zunge, ir munt, ir herze, ir sin,
  • (laz was allez dö da hin.
  • diu schoene enklagete do niht me:
  • sine sprach dö weder ach noch we; 1740
  • si seig et nider unde lac
  • quelnde unz an den vierden tac
  • erbärmeclicher danne ie wip ;
  • si want sich unde brach ir lip
  • BUS unde so, her unde dar 1745
  • und treip daz an, biz si gebar
  • ein sunelin mit maneger not.
  • seht, daz genas und lac si tot.
  • Owe der ougenweide,
  • da man nach leidem leide 1750
  • mit leiderem leide
  • siht leider ougenweide!
  • Der ere au Riwaline lac,
  • der er nach grözen eren pfiac,
  • die wile und ez got wolte, 1755
  • daz er ir pflegen solte:
  • der leit was leider alze groz
  • und alles leides übergenoz;
  • (46) wan al ir trost und al ir kraft,
  • ir tuon und al ir ritterschaft , J760
  • ir ere und al ir werdekeit,
  • daz allez was do hin geleit.
  • 1741 iigcn stv., sich niederwärts bewegen, sinken, nider algen^ Verstärkung :
  • niedersinken. — 1742 quelnde part. nicht von quelen, queln swv., quälen
  • trans., sondern von quelen stv. (quil, quäl) intrans. [nhd. aufgegeben], sich
  • quälen, Schmerz erdulden ; vgl. 19390 und zu 5093. — 1743 erbärmeclicher
  • compar. adj. (oder adv.), erbarmenswerther. — 1744 stnen lip brechen, wohl
  • nicht gleichstehend mit: Bein brechen, sondern activer = sich brechen im
  • Sinne: sich krampfhaft krümmen. — 1746 an triben stv., weiter treiben. —
  • 1748 mhd. Wortstellung lac •sj = nhd. sie lag; vgl. 18555.
  • 1749 ougenneide stf., überhaupt: Anblick. — llhlmit, zugleich mit. —
  • leid*:r adj. compar. — 1752 leider niclit adv. interj., sondern adj. acc. cova-
  • ^tLr.^= leidere. Noch deutlicher wäre die Steigerung, wenn der Superl.
  • leideste stünde. Das leidige Leid (17.iO): Riwalin's Tod. Das traurigere Leirl
  • (17.M): Blanschetiur's Tod. Der (noch) traurigere Anblick (1752): Tristan's
  • Geburt, die ihn der Mutter beraubte.
  • 1753 Der relat., ea cujus. — 1757 der demonstr. — 175S übergenoz
  • stm., eigentlich der Genosse von höherem Ansehen; abstract und prosaisch
  • ausgedrückt: Extrem oder die höhere Potenz; das Wort wird im Mhd.
  • ziemlich häufig zu poetischen Vergleichen benutzt. — 1702 hin legen ^ bei
  • Seile Irgcn, a-'ifgebon ; hier passivisch: zu Ende sein; vgl. l^fS. —
  • ()3 II. EIWALIN UND BLANSCHEFLUR.
  • siü tot was aber wol lobelicli,
  • der ir ze sere erbärmeclich.
  • swie schäclelicli diu swsere 1765
  • liut' unde lande wajre,
  • diu von ir herren tode kam,
  • ez euwäs doch niht so klagesam,
  • so daz man dise quelende not
  • und den erbärmecliclien tot 1770
  • an dem vil süezen wibe sach:
  • ir jämer unde ir ungemach
  • beklage ein ieclicli sselec man:
  • und swer von wibe ie muot gewan
  • oder iemer wil gewinnen, 1775
  • der trahte in sinen sinnen,
  • wie lilite misselinge
  • an sus getanem dinge
  • guoten liuten üf erstät,
  • wie lihte ez in ze leide ergät 1780
  • an fröuden unde an libe;
  • und si dem reinen wibe
  • genäden wünschende umbe got,
  • daz sin güete und sin gebot
  • ir helfe, ir trost geruoche sin! 1785
  • und sagen wir umbe daz kindelin,
  • daz vater noch muoter haete,
  • waz got mit deme getaete.
  • 1763 vgl. zu 1743. — lohelich adj., löblich, ehrenvoll (als Heldenthat). —
  • 1768 klaoesara adj., beklagenswerth ; G. liebt die Bildungen mit -savi, vor-
  • zugsweise; die Fälle bei ihm und andern Dichtern sind in großer Menge
  • zusammengestellt von Haupt zu Engelhard 1185 ; unhöfisch scheinen mir
  • diese Adjectiva nicht, sie machen im Gegentheil den Eindruck des Ge-
  • wählten; bei G. zumal sind einige, wie dieses klagesam, sicher original,
  • seiner ganzen Art angemessen, und Konrad von Würzburg hat es dem
  • Meister abgesehen. — 1769 wie das war, daß man u. s. w. ; -wir können
  • übersetzen : so wie. — quelende scheint part. von quelen swv. trans., die
  • quälende, marternde Noth; es ist aber part. von (^we/ew stv. nach Analogie
  • von Mojjende not, partic. prses. act. mit passiver Bedeutung; vgl. Gr.
  • 4, 65 fg. — 1774 nvaot stm., hier alleinstehend mit der sichern Bedeutung :
  • Frohsinn, Freude, Glück. — 1777 misselinge stf., Misslingen, Missgeschick.
  • — 1783 genuden gen. pl., abh. von loünschen (sonst bei wünschen der Acc).
  • genäde, hier: Segen, gnädige Aufnahme. — si vjünschende = wünsche; im
  • Mhd. und insbesondere bei G. beliebte Umschreibung (Gr. 4, 6), günstig
  • für den Dichter, in jüngerer Zeit ins Abgeschmackte ausartend; vgl. bei
  • G. z. B. 1899. 5501. 13967 und zu 5511. — umbe pr8ep. = bei.
  • III.
  • RUAL LI FOITENANT,
  • Nach Riwalin's Fall bestimmt der treue Kual die Laudcshcrren, mit
  • Herzog Morgan Frieden zu schließen. Um Riwalin's und Blanscheflur's
  • Söhnlein vor dessen Anschlägen zu sichern, gibt er das Kind für sein
  • eigenes aus im Einverständnisse mit seiner Gemahlin Plorsete, welche die
  • Wöchnerin spielt und nach der üblichen Frist ihren Kirchgang hält.
  • Das Kind empfängt durch Kual in der Taufe den beziehungsreichen
  • Namen Tristan. Die sieben ersten Jahre ist Tristan in seiner ]Mutter
  • Pflege, dann wird er mit einem Erzieher in die Fremde gesandt, wo er in
  • den Sprachen und in allen schönen und ritterlichen Künsten unterrichtet
  • wird. Mit dem vierzehnten Jahre nimmt ihn Rual zu weiterer Ausbildung
  • wieder nach Hause^
  • Riiiw' imde staetiu triuwe
  • nach friuüdes tode ie niuwe, 1790
  • da ist der friimt ie niuwe:
  • daz ist diu meiste triuwe.
  • Swer nach dem friunde riuwe hat,
  • nach töde triuwe an ime begät,
  • daz ist vor allem lone, 1795
  • deist aller triuwe ein kröne,
  • mit der selben kröne was
  • gekrcenet dö, als ich ez las,
  • (47) der marschalc und sin saelec wip,
  • die beide ein triuwe unde ein lip 1800
  • gote linde der werlde wären,
  • des si guot bilde baren
  • 1789 Riuwe stf., nicht: Reue, sondern : Trauer (über einen Verlust). —
  • 1790 — 91 das 1. njuice^ erneut, das 2. =fri6ch, unvergänglich.
  • 1802 den gen. neutr. rel., davon. — bilde stn., Vorbild, Beispiel. —
  • bem stv., hier: gewähren. —
  • 70 HI RUAL LI FOITENANT.
  • beidiu der werlde unde gote,
  • wan si wol nach gotes geböte
  • ganzlicher triuwe wielten 1805
  • und ouch die wol behielten
  • an' alle missewende
  • unz an ir beider ende.
  • solt' iemen üf der erden
  • von triuwen halben werden 1810
  • künic oder künigin,
  • benamen daz möhten si wol sin,
  • als ich iu von in beiden
  • wserliche mac bescheiden,
  • wie er gefuor und si gewarp. 1815
  • tio Blanscheflür, ir frouwe, erstarp
  • und Riwalin begraben was,
  • des weisen dinc, der da genas,
  • daz gefüor nach ungenäden wol
  • als des, der vürbaz komen sol. 1820
  • der marschalc und diu marschalkin
  • nämen daz kleine weiselin
  • und bürgen ez vil tougen
  • (den liuten von den ougen.
  • si sageten unde hiezen sagen, 1825
  • ir frouwe hgete ein kint getragen;
  • daz wsere in ir und mit ir tot.
  • von der gedri'eten not
  • wart aber des landes klage do me;
  • ir klage wart aber do me dan e: 1830
  • klage, daz Riwalin erstarp,
  • klage, daz Blanscheflür verdarp,
  • klage ümbe ir beider kindelin,
  • an dem ir tröst do solde sin,
  • 1805 wallen stv. [nhd. swv., im Gebrauch sehr beschränkt] mit gen., pfle-
  • gen, besitzen. — 1807 mUsewende stf., (Misserfolg), Tadel, Schande, an'
  • alle m. auch ane m. gehört zu den mhd. Formeln; bei Gottfried nur hier.
  • — 1810 lialben dat. von halbe swf., Hälfte, Seite, von halben=:von Seiten,
  • wegen, durch; vgl. von gotes halben 4128. — 1815 gevarn stv., verfahren,
  • handeln. — geiverben, verst. tverben. — 1818 weise swm, (nhd. stf.), der
  • Verwaiste. — 1819 gevarn stv., hier: ergehen, ausschlagen. — ungendde
  • stf., ungünstiges Geschick, Unglück, nach ungenäden, nicht: zeitlich nach
  • dem Unglück, das ihn betroffen, sondern: im Verhältnisse zu dem Un-
  • glück seines Verwaistseins gestaltete sich sein dinc, sein Schicksal gün-
  • stig. — 1820 als eines solchen, der vürbaz, vorwärts, emporkommen
  • soll, dem ein günstiges Geschick bestimmt ist. — 1822 weiselin stn. dimin.
  • von vjeise. — 1328 gedrlct part. adj., verdreifacht, dreifach. —
  • III. ßUAL LI FOITENANT. 71
  • daz daz verdorben wasre. 1835
  • zuo aller dirre swaere
  • gienc in diu starke vorlite,
  • die Morgan an in worhte,
  • (48) als nähen alse ir lierren tot.
  • wan diz daz ist diu meiste not, 184
  • die man zer werlde haben mac,
  • swä so der man naht unde tac
  • den totvint vor ougen hat,
  • daz ist diu not, diu nähen gät
  • und ist ein lebelicher tot. 1845
  • in aller dirre lebenden not
  • wart Blanscheflür ze grabe getragen.
  • michel jämer unde klagen
  • daz wart begangen ob ir grabe.
  • ir muget wol wizzen, ungehabe 1850
  • der was da vil und alze vil.
  • nune söl ich aber noch enwil
  • iuwer oren niht beswaeren
  • mit z'erbärmeclichen maeren.
  • wan ez den oren missehaget, 1855
  • swä man von klage ze vil gesaget;
  • und ist vil lützel iht so guot,
  • ez enswäche, der's ze vil getuot.
  • von diu so läzen langez klagen
  • und flizen uns, wie wir gesagen 1860
  • umbe daz verweisete kint,
  • von dem diu maere erhaben sint.
  • Sich treit der werlde sache
  • vil ofte z' ungemache
  • und aber von ungemache 1865
  • ?e wider ze guoter sache.
  • 1835 würken swv. anom., bewirken, verursachen. — 1855—58 wieder Para-
  • phrase einer sprichwörtlichen Redensart. — 1857 vü lützel iht, gar wenig
  • etwas, d. h. nichts. — 1858 ez'n swache (vgl. zu 947), ohne daß es gering
  • werde, abnehme; wir wenden in diesem Falle Relativsatz an: das nicht ab-
  • nehme, seine Wirkung verliere, wenn man u. s. w. — 1859 fg. läzen, vlizen
  • conj. opt., lassen wir! bemühen wir! die ältere Sprache kann das Personal-
  • pronomen entbehren ; vgl. Gr. 4, 206 fg. — 1862 erheben stv., anheben, be-
  • ginnen, aber nicht in dem Sinne: von dem früher die Rede war (denn das
  • Kind ist ja kaum erst erwähnt), sondern : welches dieses Gedicht veranlasst
  • hat, welches der eigentliche Gegenstand des Gedichtes ist.
  • ISeii tragen refl., sich wenden, fügen. — der ire7-ldc in der modernen
  • Sprache concreter zu geben als in V. 2: der Menschen.
  • 72 III. KUAL LI FOITENANT.
  • Reht' in den noeteu sol der frume,
  • ze swelhem ende ez danne kume,
  • bedenken, wie sin werde rät:
  • die wile und er daz leben hat, 1870
  • so sol er mit den lebenden leben,
  • im selben trost ze lebene geben,
  • als tete der marschalc Foitenant:
  • wan ez im ze sorgen was gewant,
  • do bedähte er mitten in der not 1875
  • des landes schaden, sin selbes tot;
  • wan ime diu wer niht tohte
  • noch sich mit wer enmohte
  • (49) wider den vint gefristen,
  • dö friste er sich mit listen. 1880
  • er sprach die herren al zehant
  • über ällez sines herren lant
  • und brähte si ze suone.
  • wan in was niht ze tuone
  • wan flehen unde sich ergeben: 885
  • si ergäben güot ünde leben
  • an Mörgänes hulde.
  • die häzlifchen schulde
  • under Morgäne und under in
  • die legeten si mit listen hin 1890
  • und nerten ir Hut unde ir lant.
  • Der getriuwe marschalc Foitenant
  • fuor heim und sprach sin saelic wip
  • und bevälch ir verre und an den lip,
  • daz si sich iii leite 1895
  • nach der gewoneheite,
  • als ein wip kindes inne lit,
  • 1867 fruia adj. subst., wacker, tüchtig; vgl. zu 1148. — 1874 wan =
  • wände (Hs. W.), weil, da. — ze wegen des Begriffs der Bewegung in wen-
  • den; wir übertragen solche Zusätze bei mir ist gewant (vgl. zu 1657) am
  • besten durch ein entsprechendes Adverb : weil es mit ihm besorglich
  • stand. — 1877 wer stf., hier abstract: Vertheidigung. — 1878 wer, hier
  • concret: Heeresmacht; vgl. 1128 [vgl. unser: Landwelir]. — 1S79 gefrissten
  • swv., verst. fristen. — 1880 list öfters im Plural, — 1881 sprechen stv. mit
  • acc. der Person, sich mit einem besprechen und berathen; vgl. 1978 und
  • zu 9303 (gleichgültiger = nhd. einen sprechen in V. 3939). — 1883 suone
  • stf., (Sühne), Versöhnung, Friedensvertrag. — 1888 häzlich , hazlich adj.,
  • gehässig, feindselig. — schulde stf., hier pl., Verschuldung, Vergehen. —
  • 1891 neren, nern swv., (nähren), retten.
  • 1895. 1897 sich in legen, sich zu Bette legen; inne ligen, zu Bette liegen ;
  • beides speciell vom Wochenbette gesagt. — kindes gen. wie noch in V. 193U;
  • wir sagen: mit einem Kinde; vgl. Gr. 4, 671.
  • III. RÜAL LI rOITENANT. 73
  • und daz si näcli der selben zit
  • jaeh' unde jehende waere,
  • daz si daz kint gebsere, 1900
  • daz ir juncherre solte sin.
  • diu sielige marschalkin ,
  • diu giiote, diu staete,
  • diu reine Flönete,
  • diu wibes ere ein Spiegelglas 1905
  • und reliter güete ein gimme was,
  • diu was des li'hte gemant,
  • daz ir doch z'eren was gewant:
  • si stalte ir muot und al ir lip
  • ze klage und relite alse ein wip, 1910
  • diu eines kindes sol genesen,
  • si hiez ir kamere unde ir wesen
  • stellen unde machen
  • ze heinlichen Sachen;
  • und wände s' oucli erkande wol, 1915
  • wie man hie zuo gebären sol,
  • do nam si ir willeklage hier aber
  • si geli'chsente groz ungehabe
  • (50) an muote unde an libe,
  • gelich einem wibe, 1920
  • diu ze solhen noeten gät,
  • diu al ir dinc gestellet hat
  • ze sus getaner arebeit.
  • sus wart daz kint zuo z'ir geleit
  • vil tougenlichen unde also, 1925
  • daz ez vil lützel iemen du
  • an' eine ir ammen bevant.
  • 1901 sin (wesen) suln , meist sin solle, eine Umschreibung, deren Gottfried
  • sich öfters bedient für einen Begriff, der zwischen: sein und: nicht sein
  • inne liegt; dieser neue Begriff gestaltet sich verschieden, je nachdem das
  • Nichtsein in den Verhältnissen oder in der Vorstellung beruht, darum
  • öfters in dem einen sin solte scheinbar das Gegentheil vom andern. Hier:
  • das Bonst ihr Jungherr, Prinz, sein sollte, gewesen wäre; wir können
  • übersetzen: das ('eigentlich» ihr Herr war; vgl. zu 1954. 2210. — 1906 gimme
  • (lat. geruiiia) swf. , Edelstein. — 1907 manen swv., mahnen, hier mit gen.
  • und der Bed. : um etwas bitten. — 1909 stalte pra;t. von stellen mit acc,
  • richten, einrichten, gestalten. — 1912 wesen stu., hier: Leben, Aufenthalt,
  • Aufenthaltsort [vgl. Anwesen, Heimwesen]. — 191«; 'jeharen swv., sich be-
  • nehmen, sich anstellen. — 1917 hiervon, von ihrer Kenntniss des Kind-
  • bettes, nahm sie ab, ahmte sie nach ihre willeklage, ihren freiwilligen, ver-
  • stellten Schmerz. — 19 is gHichsenen, gelicfisen swv., heucheln. — 1927 be-
  • oinden stv., erfahren.
  • 74 III. RUAL LI FOITENANT.
  • Hie wart ein maere sä zehant:
  • diu guote marschalkinne
  • la3g' eines sunes inne. 1930
  • ez was oiicli war, si tete also:
  • si lac des sunes inne do,
  • der ir sunlicher triuwe pflac
  • unz an ir beider endetac.
  • daz selbe süeze kint truoc ir 1935
  • als süezliche kindes gir,
  • als ein kint siner muoter sol:
  • und was daz billich unde wol.
  • si leite ouch allen ir sin
  • mit muoterlicher liebe an in 1940
  • und was des alse staete,
  • als ob si in selbe haete
  • undör ir brüsten getragen,
  • als wir daz maere beeren sagen,
  • son' geschäch ez weder sit noch e, 1945
  • daz ein man unde ein wip ie me
  • mit solber liebe ir herren zugen,
  • als wir her nach erkennen mugen
  • an disem selben ma?re,
  • wie väterliche swser e 1950
  • und wie vil manege arebeit
  • der getriuwe marschalc durch iu leit.
  • Xu daz diu guote marschalkin
  • der not genesen solte sin
  • und nach ir sehs wöchen, 1955
  • als den fröuwen ist gesprochen,
  • des suns ze kirchen solte gän,
  • von dem ich her gesaget hän,
  • (51) si selbe in an ir arm näm
  • und truog in suoze, als ir gezam, 1960
  • 1933 sunlich [nhid. aufgegeben] adj., kindlich. — pflegen mit dat. der
  • Person (ir), gen. der Sache (s. tr.), einem etwas gewähren ; vgl. 3733. —
  • 1934 endetac stm., letzter Tag. Gottfried liebt das Wort ende in Bildungen
  • und Zusammensetzungen, — 1936 süezlich adj., süß, zart, innig. — 1946 ie
  • ine^ jemals wieder.
  • 1954 (vgl. zu 1901) hier können wir solte = videbatur , dicebatur bei-
  • behalten, um auszudrücken: (im Sinne, nach dem Glauben der Leute)
  • wieder gesund war. (Fedor Bech dagegen: o. solte g. s. = nach dem Gang
  • der Dinge musste wieder genesen sein«.) — 1956 gesprochen , ähnlich wie
  • in V. 535 besprochen, zur Bedingung, zur Pflicht gemacht. — 1957 dieses
  • solte stilistisch verschieden von dem in V. 1954; hier: pflichtgemäß sollte,
  • musste. — des suns , vgl. zu 1897. — 1958 her adv., bisher. —
  • III. ßUAL LI FOITKNANT. iO
  • mit ir zem gotes liüse also.
  • und als si ir inleite dö
  • goteliche hsete eupfangen
  • und von opfer was gegangen
  • mit schoenem ingesinde, 1965
  • do was dem kleinen kiude
  • der heilige touf bereit,
  • durch daz ez sine kristenheit
  • in gotes namen enpfienge,
  • swie'z ime dar nach ergienge, 1970
  • daz er doch kristen wsere.
  • nu daz sin toufaere
  • alles sines dinges was bereit
  • nach töuflicher gewoneheit,
  • er frägete umbe daz kindelin, 1975
  • wie sin name solte sin.
  • diu hövesche marschalkin gie dan
  • und sprach vil tougenliche ir man
  • und fragte in, wie er wolte,
  • daz man ez nennen solte. 1980
  • der marschalc der sweic lange,
  • er trahte ange und ange,
  • waz namen ime gebsere
  • nach sinen dingen wsere.
  • hier under so betrahte er 1935
  • des kindes dinc von ende her,
  • reht' alse er hsete vernomen,
  • wie sin dinc allez dar was komen:
  • «seht», sprach er «frouwe, als ich vernam
  • von sinem vater, wie ez dem kam 1990
  • umbe sine Blanschefliure,
  • ld62 inleite stf., wörtlich: Einführung (vgl. .-brülleite, swcrtleile), spcciell
  • und terminologisch : der erste feierliche Kirchgang der Wöchnerinnen. >—
  • 1%3 das mhd. Wörterbuch, I, 558 erklärt ^o^eii'c/c^ adv. ethisch: aufgottes-
  • fürchtige Weise; ich ziehe vor: (göttlich), christlich, kirchlich, feierlich;
  • vgl. zu 15()5y. — enpfangen: mit diesem Kirchgange ist zugleich Einsegnung,
  • purißcatio, verbunden; daher die inleite enp/angen. — 1964 op/er stn., die
  • Opferung, die übliche Opferspende (nicht die Messe). — 1968 kristenheit
  • stf. = Cliri8tenthum. — 1971 kristen adj. (aus christianus, christlich) subst.
  • inasc, Christ. — 1972 tovfcerp stm. = Täufer, der die Taufe vollziehende
  • Geistliche (das Wort als Beiname des heil. Johannes lebendig und ge-
  • läufig, scheint in der vom Diclitcr gebrauchten allgemeinen Anwendung
  • auch früher nicht vorzukommen). — 1974 touäich adj., was zur Taufe ge-
  • hört; vgl. 202."i. — 19S2 ange adv.. hier: mit sorgfältiger Mühe. — 1983 ge-
  • fxrre adj. mit dat. (allein V. 113^8), angemessen; ein Lieblingswort Gott-
  • fried's. — 1990 ntir kumet um'ic = e3 ergeht mir mit; vgl. 1711. —
  • 76 III. RUAL LI FOITENANT.
  • mit wie vil maneger triure
  • ir gcrnder wille an ime ergie,
  • wie si diz kint mit triure enpfie ,
  • mit welher triure si'z gewan, 1995
  • so nennen wir in Tristan. «
  • nu heizet triste triure:
  • und von der äventiure
  • (52) so wart daz kint Tristan genant,
  • Tristan getoufet al zehant. 2000
  • von triste Tristan was sin nam.
  • der name was ime gevallesam
  • und alle Avis gebaere;
  • daz kiesen an dem niisre:
  • sehen wie trüreclich ez was, 2005
  • da sin sin müoter genas;
  • sehen wie fruo im arebeit
  • und not ze rucke wart geleit;
  • sehen wie trüreclich ein leben
  • ime ze lebene wart gegeben; 2010
  • sehen an den trüreclichen tot,
  • der alle sine herzenöt
  • mit einem ende beslöz,
  • der alles todes übergenoz
  • und aller triure ein galle was. 2015
  • diz maere , der daz ie gelas ,
  • der erkennet sich wol, daz der nam
  • dem lebene was gehellesam:
  • er was reht', alse er hiez, ein man
  • und hiez reht', alse er was, Tristan: 2020
  • und swer nu gerne h^ete erkant,
  • durch weihe liste Foitenant
  • daz hieze sagen ze maere,
  • daz Tristan daz kint wsere
  • 1992 triure (ferner: äventiure 14383. 1.V793) 8tf.=:, Trauer.^ 1997 triste
  • franz., schriftgemäß zweisilbig ferner noch in V. 2001. — 2002 gevallesam adj.,
  • schicklich. — 2004 kiesen stv., sehen, ersehen. kiesen-=kiesen wir, ebenso sehen
  • in den folgenden Versen; vgl. zu 1859. — 2005 trüreclich adj., traurig. —
  • 2013 rnit einem ende verstärkt den Begriif besliezen. — 2015 galle swf. vielfach
  • bei mhd. Dichtern bildlich gebrauclit für Bitteres, Böses, Haß u. dgl.; vgl.
  • bei Gottfried I29ö(;. 13900 und Zusammensetzungen wie herzegalle 10243,
  • zorngalle 141b0, ntt galle 15G90. — 2017 erkennen refl., öfters bei Gottfried:
  • einsehen, eine Überzeugung gewinnen [refl. nhd. aufgegeben , doch noch :
  • sich auskennen]. — 2018 gehellesam adj., übereinstimmend, entsprechend.
  • — 2019 — 20 die Nebensätze mit ahe in prosaischer Übertragung an das
  • Ende zu stellen. —
  • Hl. RUAL LI FOITENANT. 77
  • von der geburteclichen not 2025
  • in siner toten muoter tot,
  • den sulen wir ez wizzen län:
  • ez wart durch triuwe getan.
  • der getriuwe tete ez umbe daz:
  • er vorhte Morganes liaz: 2030
  • ob er daz kint da wiste,
  • daz er ez so mit liste
  • so mit gewalte verdarbte,
  • daz lant an ime entarbte.
  • durch daz nam der getriuwe man 2035
  • ze kinde sich den weisen an
  • und züch ez alse schone,
  • daz ime diu werlt ze lone
  • (53) der gotes genäden wünschen sol:
  • daz verdiente er an dem weisen wol. 2040
  • Nu daz daz kint getoufet wart,
  • nach kristenlichem site bewart,
  • diu tugenderiche marschalkin
  • nam aber ir liebez kindelin
  • in ir vil heinliche pflege: 2045
  • si weite wizzen alle wege
  • und sehen, ob ime sin sache
  • stüende ze gemache,
  • sin süeziu muoter leite an in
  • mit also süezem flize ir sin, 2050
  • daz si im des niht engunde,
  • daz er ze keiner stunde
  • unsanfte nider getrsete.
  • nu si daz mit im ha^te
  • getriben uuz an sin sibende jär, 2055
  • daz er wol rede und ouch gebär
  • 2025 'jefjurteclic/i adj., die Geburt anlangend ; von der Noth bei der (.ieburt,
  • infolge der Geburtswehen; vgl. 1974. — 2032 List stm., liier: Hinterlist. —
  • 2034 pnterbcn swv., hier nicht das gewöhnliche enterben wie in \. 147S:
  • des Erbes berauben, sondern: des Erben, des rechtmäßigen Herrn berau-
  • ben. — 203() (vgl. zu it67) hier: annehmen (ohne sich) mit acc. ze kinde,
  • als Kind, an Kindesstatt.
  • 2u42 bewarn swv., hier: mit dem Sakrament versehen. — 2045 /lein-
  • lich = fiewdicii adj., vertraut, liebevoll; vom Dichter gerne gebraucht. —
  • 2047 fg. ob sein Befinden ein gemächliches, behagliches sei. — 2uöl gunncn
  • swv. anom. mit gen. und dat. = gönnen, doch decken sich beide Wörter
  • nicht; hier wäre gönnen nicht am Platze; wohlwollend gestattete sie ihm
  • nicht. — 2053 getreten stv., verst. treten. — 2u.iH gebär ist wolil hier die
  • äußere Haltung und Umgangsform . wie sie auch dem Kinde schon eigen
  • ist, nicht die menschliche Gebärde in unserm Sinne; vgl. 3S14 und zu 8031. —
  • 78 III. KUAL LI FOITENANT.
  • verneinen künde und ouch vernam,
  • sin vater, der marschalc, in do nam
  • und bevälch in einem wisen man:
  • mit dem sant' er in iesä dan 2060 j
  • durch fremede spräche in fremediu lant, '
  • und daz er aber al zehant
  • der buoche lere an vienge
  • und den ouch mite gienge
  • vor aller slahte lere. 2065
  • daz was sin erstiu kere
  • üz siner fri'heite:
  • do trat er in daz geleite
  • betwungenlicher sorgen ,
  • die ime da vor verborgen 2070
  • und vor behalten wären,
  • in den üf blüenden jären,
  • do al sin wunne solte erstän,
  • do er mit fröuden solte gän
  • in sines lebenes begin, . 2075
  • do was sin beste leben hin:
  • do er mit fröuden blüen began,
  • do viel der sorgen rife in an,
  • (54) der maneger jugent schaden tuot, ,
  • und darte im siner fröuden bluot. 2080 |
  • in siner ersten friheit
  • wart al sin friheit hin geleit.
  • der buoche lere und ir getwanc
  • was siner sorgen anevanc;
  • und iedoch, do er ir began, 2085
  • dö leite er sinen sin dar an
  • und sinen fliz so sere,
  • daz er der buoche mere
  • gelernete in so kurzer zit
  • dän kein kint e oder sit. 2090
  • 2063 der buoche lere, zunächst: der Unterricht im Lesen, dann: Wisscn-j
  • Schaft. — 2064 einem oder einem dinge mite ffän = init einem gehen, d. h.
  • einem folgen, sich nach einem richten (wie V. 3617); Gottfried hat einef
  • Vorliebe für diese Wendung. — 2066 kere stf., Wendung, Gang. — '.
  • 2069 betwungenlich adj., erzwungen, unfreiwillig. — 2070 — 71 Spiel mit vor.[
  • 1) vor zu da . davor, vorher. 2) vor zu behalten synon. mit verbergen , be-
  • wahren, wie: vorenthalten. — 2083 getwanc stm.. Zwang, Last. — 2085 be-
  • ginnen im Mhd. mit gen.; vgl. Gr. 4, 667. — 2089 gelernen swv., verst.
  • lernen, erlernen, d. h. überhaupt: lesen, studieren.
  • in. RUAL LI FOITENANT. 79
  • Under disen zwein lernüngen
  • der buoche unde der zungen
  • so vertete er siner stunde vil
  • au iegelichem seitespil:
  • da kerte er späte unde fruo "2095
  • sin emzekeit so sere zuo,
  • biz er es wunder künde,
  • er lernete alle stunde
  • hiute diz und morgen daz,
  • hiure wol, ze järe baz. 2100
  • über diz allez lernet' er
  • mit dem schilte und mit dem sper
  • behendecliche riten,
  • daz ors ze beiden siten
  • bescheidenliche rüeren. 2105
  • von Sprunge ez freche füeren,
  • turnieren und leisiren,
  • mit schenkelen sambelieren
  • relit' und nc\ch ritterlichem site.
  • hie bankete er sich ofte mite. 2110
  • wol schirmen, starke ringen,
  • wol loufen, sere springen,
  • dar zuo schiezen den schaft,
  • daz tete er wol nach siner kraft,
  • ouch hoere wir diz m^ere sagen, 2115
  • ez gelernete birsen unUe jagen
  • 2091 lernunge stf., Studium. — 2092 zujige swf.=Sprache. — 2093 ver-
  • tuoH, aufwenden. — 2100 ze järe, übers Jahr. — 2105 bescheidenliche adv.,
  • verständig, kunstgcmäli. — rüeren swv., terminus teclmicus in der Reit-
  • kunst, zunächst wohl vom Schenkeldruck und vom Sporn genommen;
  • allgemein heißt es : antreiben, dann elliptisch und intransitiv: daher spren-
  • gen; vgl. V. 873fi; einen an rtteren = ansprengen 6981. An unserer Stelle
  • soll wohl gesagt werden , daß Tristan lernte das Eoss nach rechts und
  • links zu dirigieren ohne Zügel. — 2106 von Sprunge, im Sprunge, d. h. im
  • Hochsprung, nicht im Galop, der eine leichte Gangart ist. — freche adv.,
  • kühn, dreist. — 2107 turnieren swv., Fremdwort vom franz. tourner, hier
  • in ursprüngl. Bedeutung: wenden. — leisieren, laisiren (die Hss. wecliseln)
  • Fremdwort vom franz. laissier = laisser, lat. laxare, das Ross mit ver-
  • hängtem Zügel laufen lassen. — 2108 sambelieren swv., Fremdwort, mit
  • gainba, gainbegla verwandt, dem Rosse die Schenkel (eigentlich das Knie)
  • geben; mit schenkelen tritt verdeutlichend hinzu. — 2110 banken = buneken
  • 9WV., sich erlustigen; vgl. banekie V. 410. — 2111 für schirmen haben wir
  • das fremde : parieren eingeführt. — 2113 schuft stra., Lanze (einschließlich
  • der Spitze); in V. 9172 = n]id. Speerstange. — 2116 birsen unde jagen , die
  • beiden -Tagdarten ; die Wendung steht beinahe formelhaft, birsen, die
  • Jagd mit dem Spürhund oder der einsame Jagdgang, und jagen , falls der
  • Ausdruck niclit allgemein das Jagen bezeichnet, die Treibjagd. Die dritte
  • Art, da: tfizen, die Falkenjagd, wird in Gottfried's Gedichte niemals ge-
  • nannt. — •
  • 80 III. EUAL LI FOITENANT.
  • nie kein man so wol so er,
  • ez wsere dirre oder der.
  • (55) aller liande liovespil r
  • diu tele er wol und künde ir vil. 2120
  • euch was er an dem libe,
  • daz jungelinc von wibe
  • nie sseleclicher wart gcborn.
  • sin dinc was allez üz erkorn
  • beid' an dem muote und an den siten. 2125
  • nu was aber diu saelde undersniten
  • mit werndem schaden, als ich ez las,
  • wan er leider arbeitsaelic was.
  • Nu sin vierzehende jär vür kam,
  • der marschalc in hin heim dö nam 2130
  • und hiez in z'allen ziten
  • varen unde riten,
  • erkunnen Hute unde lant,
  • durch daz im rehte würde erkant,
  • wie des ländes site wjere. 2135
  • diz tete der lobebsere
  • so lobelichen unde also,
  • daz in den ziten unde dö
  • in allem dem riche
  • nie kint so tugentliche 2140
  • gelebete alse Tristan,
  • al diu werlt diu truog in an
  • friundes ouge und holden muot,
  • als man dem billi'che tuot,
  • des muot niwan ze tugende stät, 2145
  • der alle untugende unmtere hat.
  • 2119 hovespil atn. = Jiöresc?iez spU: gemeint sind die andern, nicht speciell
  • ritterlichen, Künste und nobeln Passionen: Gesang, Waldliorn, (Saiten-
  • spiel ist schon genannt V. 2094), Schachzabelspiel, Parlieren verschiedener
  • Sprachen. — 2128 aröeitscelic adj., «bei steter Mühsal oder durch stete
  • Mühsal selig«. Sommer; in einem Worte etwa: leidbeglückt. Ähnliche
  • Bildungen mit -scclic vgl. Sommer zu Flore 1753.
  • 2129 vür Ironien gebraucht Gottfried öfters in verschiedener Bedeutung;
  • hier: herankommen; ähnlich in V. 4203 == unserm : auskommen; vgl. zu
  • V. 6295. — 2136 lobebcjere adj. subst., lobenswerth, löblich. — 2138 formel-
  • hafte öfters vriederkehrende Wendung ; vgl. 2147. — 2142 hier steht in der
  • Wendung an tragen mit doppeltem Accus, (vgl. zu 896) wohl in an = an
  • 2n=dem Dativ inte; vgl. zu 48. — 2l^& unma;re adj., unlieb, unwerth: un-
  • moere hän wie liep hän (nhd. auch gerne h., dagegen werth halten); hier
  • wegen des auslaut. e die Construction nicht sichtbar; vgl. zu 19160.
  • IV.
  • DIE ENTFÜHRUNG.
  • Zu dieser Zeit landet ein norwegisches Handelsschiff bei Kanoel. Der
  • Marschall geht mit Tristan und seinen andern Söhnen nach dem Schiffe,
  • um die Waaren zu beschauen und um Einkäufe zu machen. Tristan er-
  • blickt in dem Schiffe ein schönes Schachbret hangen und beginnt mit
  • einem der Kaufleute ein Spiel. Vater und Brüder begeben sich wieder
  • nach Hause, nur Kurvenal, sein Meister, bleibt bei ihm zurück. Die
  • Kaufleute finden an dem schönen, hochbegabten und liebenswürdigen
  • Knaben solches Gefallen, daß sie ihn zu rauben beschließen. Unmerklich
  • wird das Schiff vom Lande abgestoßen. Wie Tristan und Kurvenal diese
  • Entführung und den Entschluß der Fremden in Erfahrung bringen, er-
  • heben sie laute Klage. Kurvenal darf zurückkehren; in einem Bote fährt
  • er wieder heim und berichtet den trauernden und wehklagenden Altern
  • den unglückseligen Vorfall. Die Norweger haben einen furchtbaren acht
  • Tage währenden Sturm zu bestehen. Sie erkennen darin den Zorn und
  • die Strafe Gottes und wollen Tristan an das Land setzen. Darauf be-
  • ruhigt sich Meer und Wind. Tristan befindet sich in Kurneval. In ein-
  • samer Wildniss sucht er einen Weg und gelangt endlich auf eine Straße.
  • Dort gesellt er sich zwei Pilgern zu, mit denen er unter dem Vorgeben,
  • er sei aus diesem Lande und habe sich auf der Jagd verirrt, eine Strecke
  • zusammen wandert.
  • In den ziten unde do
  • kom ez von äventiure also ,
  • daz von Norwaege über se
  • ein koufschif unde deheinez me 2150
  • in daz hint ze Parmenie kam
  • und sin gclende da genam
  • und üz gestiez ze Kanoel
  • 2U9 SorwoE'je st. subst. (Geschlecht unbestimmt), Norwegen; vgl. Nor-
  • UMBge Volksname 2400. — 2150 dichterische Wendung für: ein einzelnes
  • Handelsschiff; ebenso 74S3 dehein me = einzig, 8597 =nur. — 2152 gelende
  • «tn., Landung. — l>153 uz gest6:e>i, verst. u: stozen (V. 478). —
  • OOTTPEIKD VON 3TBAS3BUEO. I. 2. Aufl. 6
  • 82 IV. DIE ENTFÜHRUNG.
  • vür Jaz selbe kastei ,
  • da der märschalc ze staite 2155
  • sin wesen üfe haete
  • und sin juncherre Tristan,
  • nu daz die fremeden köufman
  • (56) ir market bieten üz geleit,
  • vil schiere wart ze hove geseit, 2160
  • waz da koufrätes wpere.
  • hier under körnen msere
  • Tristande ze unheile:
  • da wseren valken veile
  • und ander schoene vederspil; 2165
  • und wart des maeres alse vil,
  • bis zwei des märschalkes kint,
  • wan kint der dinge flizec sint,
  • under in zwein würden enein,
  • daz si Tristanden zuo z'in zwein, 2170
  • ir wänbrüoder, nämen
  • und an ir vater kämen
  • und bäten den behanden,
  • daz er in durch Tristanden
  • der valken koufen hieze. 2175
  • der edele Rüal lieze
  • und hsete ez note verlän ,
  • ez enmüese allez vür sich gän,
  • des sin friunt Tristan bsete,
  • wan er in werder hsete 2180
  • und bot ez baz im einem
  • dan aller der deheinem
  • von lande od von gesinde.
  • 2155 se stcete, (in Beständigkeit), für gewöhnlich. — 2161 kou/rdt stm.
  • (Vorrath zum Verkaufen), Waare. — 2165 vederspil stn. [vgl. Windspiel],^
  • zur Jagd abgerichtete Vögel. — 2168 ßhec stn mit gen., sich einer Sache
  • befleißigen, auf etwas Bedacht nehmen; auch persönlich wie in V. 2185:
  • sich jemandem mit Aufmerksamkeit hingeben. — 2171 wänbrüoder stm.,
  • vermeintlicher Bruder; vgl. vaterwän 4229. — 2172 an einen körnen {siimlich.
  • wie einen an k. in V. 1128), wie unser : einen angehen, einem anliegen. —
  • 1273 behanden ( = bt handen) adv., eigentlich: bei der Hand, sogleich (vgl.
  • mhd. zehant, nhd. behend). — 2175 der valken gen. part. — 2176—78 Idzen
  • hier synonym mit dem folgenden verläzen, unterlassen. — note adv., mit
  • Noth, ungern; das Wort gewissermaßen Negation vertretend gehört auch
  • zu lieze; ebenso ez. — nach idn und verlän wird der folgende Satz im
  • Mhd. hypothetisch und negativ gewendet. Kual würde nicht im Stande
  • gewesen sein, etwas zu lassen und zu unterlassen, was Tristan erbat, ohne
  • daß es wirklich ausgeführt wurde (vgl. 6236). Jeden "Wunsch erfüllte er
  • ihm. — 2180 werder compar. —
  • IV. DIE ENTFÜHRUNG. 83
  • siner eigeneii kinde
  • was er so flizec niht so sin. 2185
  • dar an tet er der werlde schin,
  • wie Yollekomener triuwe er pflac.
  • waz tilgende und eren an im lac.
  • Er stüont üf unde nam zehant
  • sinen sün Tristanden an die hant 2190
  • nach vil vaterlichem site.
  • sin ander süne die giengen mite
  • lind da zuo hovegesindes vil,
  • die so durch ernest so durch spil
  • in volgeten unz an den kiel 2195
  • und swäz iemanne da geviel,
  • da in sin wille zuo getruoc,
  • des vant er umbe kouf genuoc,
  • (57) kleinoede, siden, edele wät:
  • des was da rät über rät. 2200
  • ouch was da schcene vederspil,
  • valken bilgerine vil,
  • smirlin und spärwsere,
  • habeche (miiz^ere
  • und ouch in roten vederen): 2205
  • von disen ietwederen
  • 2186 fg. diese Bemerkung bezieht sich nicht auf die Gegenwart, da das
  • eigentliche Verhältniss zwischen Kual und Tristan der Welt verborgen war,
  • sondern deutet im voraus auf die künftige Entdeckung des Geheimnisses.
  • — 218S liijen an einem ^ häufige mlid. "Wendung, nur durcli Umschrei-
  • bung wiederzugeben; hier: sich an einem, bei einem finden; vgl. zu 509S.
  • 2198 umhe kouf, zum Kaufen, für Geld, feil. — 2199 kleinoede stn., zier-
  • liches Kunstwerk, Bijouteriewaare. kl. hier pl., ebenso stden pl., Seiden-
  • stoffe; vgl. zu 667. — wdt, hier collectiv : Garderobe. — 2202 hilgerin (lat.
  • peregrinus. franz. pelerin) atm., hier wohl in directer Entlehnung adjecti-
  • viech: valken pilyenne pl. gen. von vil abh., falcones peregrini , "Wander-
  • falken. (Xuch pilgrimealke kommt vor.) — 2203 smirlin (falco smirillusy
  • franz. emcrillon) stn. (hier pl.), Lerchenfalke. — 2204. 2205 die Klammer
  • soll die Apposition zu den vorhergehenden Vogelnamen andeuten (nicht
  • bloß auf habeche zu beziehen). Von zweierlei Art waren die zum Verkauf
  • ausgestellten Vögel: müzuere stm. pl., Maußer, d. h. die die Maußer über-
  • standen haben, also ausgewachsene, und zweitens welche in rothen Federn,
  • also noch junge (s. Bech in Pf. Germania 7, 437). Heinrich Mynsinger in
  • seinem Buch von den Falken, Pferden und Hunden schreibt im 2. Kapitel
  • (S. 4): So ist dunckelfar der schwantz (bei den Falken), vnd darnach an
  • der prust vnd an den andern stetten , so int er oeech , Also das ain taile,
  • besunder in dem ersten Jar , ist gestreiffeit schwartz, vnd das ander iail
  • üunkelrotr , vnd darnach so wirf die selb rotte von Jar zu Jar ije weißer nach
  • dem vnd sich der falck ije vier maußet. — 2206 hier Plural von ietweder, von
  • beiden Arten; Haupt zu Erec (2. Ausgabe) 8371 bezieht ietwederen nicht
  • auf die Maußer und die rothgefiederten , sondern nimmt das Wort in all-
  • gemeinerer, nicht auf zwei beschränkter Bedeutung: jeder, all, was aller-
  • dings hier vorzuziehen ist. Der Ausdruck bezieht sich also wie die Be-
  • merkung in der Klammer a-'if alle vorhergenannten Vogelarten. —
  • 6*
  • 84 IV. DIE ENTFÜHRUNG.
  • vaiit man vollen market da.
  • Tristande hiez man koufen sä
  • valken unde smirli'n.
  • die sine bruoder solten sin, 2210
  • den wart gekoufet ouch durch, in.
  • man gewan in allen drin,
  • swes iegelicher gerte.
  • Nu man si do gewerte
  • alles, des si wolten, 2215
  • und dannen keren solten,
  • von äventiure ez do geschach,
  • daz Tristan in dem schiffe ersach
  • ein schächzäbel hangen,
  • an brete und an den spangen 2220
  • vil schöne und wol gezieret,
  • ze wünsche gefeitieret.
  • da bi hienc ein gesteine
  • von edelem helfenbeine
  • ergraben wol meisterliche. 2225
  • Tristan der tugenderiche
  • der sach ez flizeclichen an.
  • «ei», sprach er «edelen köiifmän,
  • so helfe iu got! und kunnet ir
  • schächzäbelspil? daz saget mir!» 2230
  • und sprach daz in ir zungen.
  • nu sähen si den jungen
  • aber noch flizeclicher an,
  • do er ir spräche reden began,
  • die lützel iemen künde da. 2235
  • sus begünden s' an dem jungen sä
  • merken elliu siniu dinc.
  • nu gediihte si nie jungelinc
  • 2210 sin suln hier = nhd.; hauptsächlich noch in Mundarten der bestimmte
  • Ausdruck für : vorstellen (ebenso in V. 13534 : das sein Bette in der "Vor-
  • stellung des Traumes war); vgl. zu 1901.
  • 2214 geweren^ gewern mit acc. der Person, gen. der Sache = einem
  • etwas gewähren. — 2219 schächzäbel (aus lat. tabula, Zwillingswort von:.
  • Tafel) stn., Schachbret. — 2223 ein gesteine stn., collectiv für: Steine, die
  • zum Brete gehörigen Spielfiguren. — 2225 ergraben part., eingegraben,
  • graviert, geschnitten; der Ausdruck ist allgemein : wahrscheinlich soll bloß
  • die kunstvolle Schnitzerei angedeutet werden, nicht die Gravierung der
  • Details. — meisterliche adv., meisterhaft, künstlerisch. — 2227 flizeclichen
  • adv., (fleißig), aufmerksam. — 222'^ so helfe iu got! (auch öfters gekürzt wie
  • einmal in der Hs. M. seif iu got), häufiger Zuruf der Überraschung = wahr-
  • haftig! bei Gott! oderunserm: wohlan! entsprechend; vgl. 4656. — 2238 ge-
  • dunken anom. v., verst. dünken. —
  • IV. DIE ENTFÜHRU>IG. 85
  • (58) so saelecliche sin getan
  • noch also schcene site hän. 2*240
  • «ja», sprach ir einer «friunt, ir ist
  • under uns genuoc, die disen list
  • wo\ kimnen; wellet ir'z besehen,
  • so mag ez harte wol geschehen:
  • wol her, so wil ich iuch bestän!» 2245
  • Tristan der sprach: «daz si getan!»
  • sus säzen si zwen' über daz spil.
  • der marschalc sprach: «Tristan, ich wil
  • wider üf ze herbergen gän;
  • wil du, du mäht wol hie bestän. 2250
  • min ander süne die gen mit mir;
  • so si din meister hie bi dir,
  • der neme din war und hüete din.»)
  • Sus gie der marschalc wider in
  • und sin Hut al gemeine 2255
  • wan Tristan al eine
  • und sin meister, der sin pflac,
  • von dem ich iu wol sagen mac
  • vür war, als uns diz m?ere seit,
  • daz knappe nie von hövescheit 2260
  • und von edeles herzen art
  • baz noch schöner gedelt wart;
  • und was der Kurvenal genant,
  • er hsete manege tugende erkant,
  • als er dem wol ze lere kam, 2265
  • der ouch von siner lere nam
  • vil manegiu tugentlichiu dinc.
  • der tugentriche jungelinc,
  • der wol gezogene Tristan
  • 2243 beseh'^n stv., versuchen, erproben. — 2245 wol her adv. inteij., wie
  • unser: wohlan! wohlauf! bei Gottfried öfters auch wol hin z. B, 3077. —
  • 2249 herberge stf. öfters im Plural; ze h. nach Hause; vgl. 1S409. —
  • 2252 meister stm., hier im Sinne von : Lehrmeister , Hofmeister.
  • 2255 gemeine hier adv, wie in V. 11613. al gem., eigentlich : durchaus
  • gemeinsam; zusammen. — 2260 hövescheit (= Höfischheit) stf., feiner An-
  • stand; Übertragung von courtoisie. — 2263 der nicht Artikel zu Kurvenal,
  • aondem deraonstr. dieser, derselbe [nhd. und der war]; vgl. 3909, 16653.
  • Gr. 4, 405. — 2264 tugent ist auch das, was zu einer guten Erziehung ge-
  • bort; vgl. zu 11164. — 2265 aia vertritt hier Relativbegriff von ttigent abh.:
  • mit welcher er demjenigen als Lehrer trefQich half, der u. s. w. — 2266 m-
  • me» 8tv,, hier: annehmen, lernen; vgl. 3290. —
  • 86 IV. DIE ENTFÜHRUNG.
  • saz undc spilte vür sich an 2270
  • so schöne und so hofliche,
  • daz in gemeinliche
  • die fremeden aber an sähen
  • und in ir herzen jähen,
  • j sin' gessehen nie deheine jugent 2275
  • gezieret mit so maneger tugent.
  • swaz fuoge er aber an der stete
  • mit gebserden oder mit spil getete,
  • (59) daz was in da wider alse ein wiut:
  • si nam des wunder, daz ein kint 2280
  • so manege spräche künde:
  • die fluzzen ime ze munde,
  • daz si'z e nie veruämen,
  • an swelhe stat si kämen.
  • der hövesche hovebsere 2285
  • lie siniu hovemssre
  • und fremediu zabelwortelin
  • underwilen fliegen in:
  • diu sprach er wol und künde ir vil,
  • da mite so zierte er in sin spil. 2290
  • euch sang er wol ze prise
  • schanzüne und spsehe wise ,
  • refloit und stampenie.
  • alsolher cürtosie
  • 2270 vür sie fi, nicht: still für sich , sondern: vorwärts, weiter; vgl. 10124, —
  • an spiln (wie ansetzen, anheben), zu spielen beginnen, welche Function
  • an namentlich bei Gottfried öfters hat. Tristan setzte sich (wieder) und
  • begann weiter zu spielen, weil das Spiel durch Eual's Anaprache und
  • Weggang unterbroclien worden war. — 2271 hofliche, hoveliche adv., hof-
  • gemäß, artig, — 2272 gemeinliche adv., gemeinsam, zusammen. — 221b jugent
  • stf., hier abstract für: Jüngling; ebenso V. 3126 in der Anrede; dem Fran-
  • zösischen nachgebildet in Y. 3139. — 2279 da wider, nämlich gegen die
  • im Folgenden erwähnte Sprachfertigkeit. — alse ein wint , poetische For-
  • mel für: wie ein Xichts, gering und unbedeutend. — 2282 ze munde ■= im.
  • Munde, dann dem Sinne nach := unserm : vom Munde. — 2285 hoveboei-e
  • adj., höfisch, gesittet. — 2286 hovemoere stn. , Hofrede, feine Auadrucks-
  • weise. — 2287 zabelwortelin stn., zierlicher Schachausdruck. — 2290 in dat.
  • pl., für sie. — 2291 ze jjrise , mit dem Erfolg des Preises, lobenswerth,
  • trefflich. — 2292 schanzüne pl. von schanznn (bei Gottfried nur im PL) stf.,
  • Fremdwort, franz. chanson, Gesang, Lied, wahrscheinlich im Gegensatz zu
  • spa;he vAse von einfachem Bau. — wise stf., gemeinhin: die Tonweise, Me-
  • lodie; hier liegt der Nachdruck auf spcehe adj., kunstvoll. — 229;! ri^ttoit
  • stn., Fremdwort, altfranz. reßet. mittellat. reflcctum, eine Liedergattung, ohne
  • Zweifel mit Kefrain ; vgl. zu 19216. — stampenie stf., Fremdwort, altfranz.
  • estampie, eine Liedergattung heitern Inhalts, gewöhnlich zur Fiedel ge-
  • sungen; bei Hans Sachs heißt eine schwankähnliche Dichtung noch Stam-
  • paney. — 2294 cürtosie (nach den ältesten Hss. statt cürtolsie) stf., Fremd-
  • wort, courtoisie, hofgemäßes Benehmen. —
  • IV. DIE ENTFÜHRUNG. 87
  • der treip er vil und so vil an, 2295
  • biz aber die werbenden man
  • ze rate wurden under in:
  • künden si in iemer bringen hin
  • mit deheiner slahte sinnen,
  • si möhten sin gewinnen 2300
  • grözen frumen und ere.
  • und biten ouch do niht mere,
  • si gebüten ir ruodergeren,
  • daz si bereite wseren,
  • und zugen si selbe ir anker in, 2305
  • als ez der rede niht solte sin. j
  • si stiezeii an und fuoren dan:
  • so lise, daz es Tristan
  • noch Kurvenal nie wart gewar,
  • unz si si hseten von dem var 2310
  • wol eine groze mile bräht.
  • wan jene die wären verdäht
  • an ir spil so sere,
  • daz si do nihtes mere
  • niwan ir spils gedähten. 2315
  • Nu si'z do Yollebrähten,
  • so daz Tristan daz spil gewan,
  • und er sich umbe sehen began,
  • (60) do sach er wol, wie"z was gevarn.
  • DU gesähet ir nie muoterbarn 2320
  • so rehte leidegen als in:
  • üf sprang er und stuont under in,
  • «ach», sprach er cedelen köufmän,
  • durch got waz get ir mit mir an?
  • 2296 werben, hier: Handelschaft treiben, die w. ?«., die Kaufleute. —
  • 2297 ze rate werden, übereinkommen. — 2299 sin und namentlich pl. sinne
  • hat wie hier öfters die Bedeutung von unserm : List-, vgl. 9110 und zu
  • ISSf^S. — 2300 sin=ies, damit, dadurch. — 2306 wie wenn es etwas Gleich-
  • gültiges wäre. — 2307 an stozen hier intransitiv und doppelt elliptisch
  • (vgl. zu 15>*1), entspr. unserm: in See stechen wie in V. 115:35; dann auch
  • von den Schiffen, die als lebende Wesen gedacht werden, selbst gesagt in
  • V. 11^79. — 2309 nie, öfters verstärkte Negation: durchaus nicht. — 2310 var
  • 8tn., Fähre, Landungsplatz. - 2312 verdä/ä part. adj., (in Gedanken) ver-
  • tieft. — 2319 .';^rarn = gegangen , geschehen. — 2320 viuoterharn stn.,
  • (Mutterkind), häufige Umschreibung für: Mensch, jemand [vgl. Menschen-
  • kind]. — 2321 leidec adj., in Leiden, schmerzvoll. — 2322 stan = üich.
  • stellen, treten; under in alsdann = unter sie. — 2324 an fjän mit einem =
  • anfangen mit einem. —
  • 88 IV. DIE ENTFÜHRUNG.
  • saget, wä wellet ir mich hin? 2325
  • «seht, friunt», sprach einer imder in
  • «diz enmäc nu niemän bewarn,
  • ir enmüezet hinnen mit uns varn.
  • gehabet iuch wöl und sit fro!«
  • Tristan der arme der huop dö 2330
  • so jsemerlichez klagen an,
  • daz Kurvenal sin friunt began
  • mit ime von herzen weinen
  • und solhe klage erscheinen,
  • daz al daz kielgesinde 2335
  • von ime und von dem kinde
  • unmuotic wart und sere unfro.
  • Kurvenälen säzten si do
  • in ein vil kleine schiffelin
  • und leiten züo z'ime dar in 2340
  • ein ruoder unde ein kleine brot
  • ze der verte und ze der hungers not
  • und sprächen, daz er kerte,
  • swar in sin muot gelerte;
  • Tristan der müese hin mit in. 2345
  • mit der rede si fuoren hin
  • und liezen in da swebenden,
  • in manegen sorgen lebenden.
  • Kurvenal swebete üf dem se.
  • in manege wis so was im we: 2350
  • we umbe daz michel ungemach,
  • daz er an Tristande sach;
  • we umbe sin selbes not,
  • durch daz er vörhte den tot,
  • wan er niht varen künde 2355
  • noch es nie da vor begunde.
  • und klagende sprach er wider sich:
  • «got herre, wie gewirbe ich?
  • (61) i-ne wärt alsus besorget nie.
  • 2325 Verbalellipse, zu ergänzen: thun oder bringen [nhd. noch: wo wollt
  • ihr mit mir hin?]; vgl. Gr. 4, 135 fg. — 2334 erscheinen swv., sehen lassen,
  • zeigen, äußern. — 2341 für das Bedürfniss des Hungers, also: für den
  • Hunger. — 2347 läzen häufig mit dem Part., statt mit dem Inf. verbunden,
  • gewöhnlicher mit dem Part, prast. als prses. ; diese Construction in der
  • Regel bei ■oinden und sehen; vgl. Gr. 4, 126.
  • 2359 besorget sin, werden stärker als unser: besorgt sein; in Ängsten
  • sein. —
  • IV. DIE ENTFÜHRUNG. 89
  • nu bin ich äiie liute hie 2360
  • und kan ouch selbe niht gevarn.
  • got herre, du solt mich bewarn
  • und min geverte hinnen sin!
  • ich wil üf die genäde din,
  • des ich nie began, beginnen: 2365
  • wis min geleite hinnen!»
  • hie mite greif er sin ruoder an:
  • in gotes namen fuor er dan
  • und kom in kurzer stunde,
  • als es im got gegunde, 2370
  • wider heim und seite msere,
  • wie ez gevaren wsere.
  • der marschalc und sin sselic wip,
  • diu beide leiten an ir lip
  • so jaemerliche klagenot, 2375
  • und wsere er vor ir ougen tot,
  • daz in diu selbe swsere
  • niht näher gangen waere.
  • sus giengen si do beide
  • in ir gemeinem leide 2380
  • und al ir ingesinde
  • nach ir verlornem kinde
  • weinen üf des meres stat.
  • manec zünge da mit triuwen bat,
  • daz got sin helfe wsere. 2385
  • da wart manc klagemsere:
  • ir klage was sus, ir klage was so;
  • und alse ez an den äbent do
  • und an ein scheiden muose gän,
  • ir klage, diu e was undertän, 2390
  • diu wart dö gar einbsere:
  • si triben da niwan ein msere,
  • 2363 ijeeerte swm., hier im poetischen Ausdrucke ursprüngliche Bedeutung:
  • Gefährte, Mitfahrender zugleich mit dem Anklänge an: Fahrender, Steuer-
  • mann; deutlicher geleite swm., Führer. — 236(> hinnen adv. = von hinnen,
  • von hier weg; vgl. 10737. — 2370 gegunnen anom. v. mit dat. und gen.,
  • verst. gunnen: wie es Gott über ihn verfügte. — 2375 klagenot stf., schmerz-
  • liche Trauer. — 2383 stat stm. u. stn. (nach vorwiegenden Lesarten bei
  • Gottfried stn.), gen. Stades, Gestade, Ufer. — 23"^.'S ?ielfe vielleicht nicht
  • stf., Hülfe, sondern swm., Helfer (vgl. gdielfe in V. 1466), was sich an ge-
  • leite in V. 23»U; gut anschließen würde. — 2390 undertän part., eigentlich
  • dazwischengethan , untermischt, verschieden. — 2391 einbcere adj., ein-
  • hellig. —
  • ^0 IV. DIE ENTFÜHRUNG.
  • si riefen hie, si riefen dort
  • niht anders wan daz eine wort:
  • «beäs Tristant, cürtois Tristant, -2395
  • tun cors, ta vie a de comant!
  • din schcener lip, din süeze leben
  • daz si hiute gote ergeben!»
  • (62) In disen dingen fuorten in
  • die Nörwsegen allez hin 2400
  • und haeten ez also bedäht,
  • si hseten an im voUebräht
  • ir willen allen unde ir ger.
  • do widerschuof ez allez der,
  • der elliu dinc beslihtet, 2405
  • beslihtende berihtet ,
  • dem winde, mer und elliu kraft
  • bibendo sint dienesthaft.
  • also der wolte und der gebot,
  • do huqp sich ein so michel not 2410
  • von stürmwetere uf dem se,
  • daz si alle samet in selben me
  • enmohten niht ze staten gestän,
  • wan daz si ir schif et liezen gän,
  • dar ez die wilden winde triben 2415
  • und si selbe äne tröst beliben.,
  • umbe ir lip und umbe ir leben:
  • si hseten sich mitalle ergeben-
  • an die vil armen stiure,
  • diu da heizet äventiure: 2420
  • si liezen ez an die geschiht,
  • weder si' genseren oder niht,
  • 2395 beäs (auch beä oline Unterschied der Function in V. 10721) adj., lat.
  • bellus, franz. beault, beau. — curtois adj. = neufr. courtois. — 2396 cors
  • = Corps. — a de = ä dien, ■ — vie (lat. vita) = neufi., doch ie wohl nicht
  • = i, sondern Diphthong mit hörbarem e, also = mhd. ie; vgl. 19218. —
  • comant = covimendand . .mit Ellipse des Hülfsverbs.
  • 2399 In (auch unter) disen dingen, öfters wiederkehrende "Wendung:
  • währenddem (unterdessen). — 2400 Norwoege swm. , der Norweger. —
  • 2401 hccten indic. — 2402 hceten conj. — 2404 widerschaffen stv., entgegen-
  • wirken, rückgängig machen. — 2405 beslihten swv., schlichten, ausglei-
  • chen. — 240fi berihten swv., einrichten, ordnen. — 2408 dienesthaft adj.,
  • untergeben, ergeben, gehorsam. — 2407. 2408 Keminiscenz an Matth. 8, 27. —
  • 2413 ze staten gestän mit dat. {in selben ^=%\c\\. selbst), häufige Kedewendung
  • [vgl. zw Statten kommen] , einem zu Hülfe kommen, helfen. — 2419 stiure
  • stf. kommt hier der Bedeutung: trost nahe. — 2421 geschiht stf. öfters =
  • äventiure (vgl. zu 735), Zufall; vgl. von geschihte 2569. — läzen an einen
  • oder an eleu-., einem überlassen, einem anheimgeben; vgl. 10651. —
  • IV. DIE ENTFÜHRUNG. 91
  • wände ir dinges was nie nie,
  • wan daz si mit dem wilden se
  • üf als in den himel stigen 2425
  • und iesä wider nider sigen
  • als in daz äpgründe.
  • si triben die tobenden ünde
  • wilen iif und wilen nider ,
  • iezuo dar uud iesä wider. 2430
  • ir aller keiner künde
  • noch enmohte deheine stunde
  • üf sinen füezen gestän.
  • alsus so was ir leben getan
  • wol ahte tage und ahte naht. 2435
  • hie von so haeten s' alle ir mäht
  • vil nach verloren unde ir sin.
  • nu sprach ir einer under in:
  • (63) «ir herren alle, semir got,
  • mich dunket, diz si gotes gebot 2440
  • umb' unser angeslichez leben:
  • daz wir so küme lebende sweben
  • in disen tobenden ünden,
  • deist niuwan von den Sünden
  • und von den üntriuwen komen, 2445
  • daz wir Tristanden hän genomen
  • sinen friunden roupliche.»
  • «ja», sprächen s' al geliche
  • «sich, du hast war, ez ist also.»
  • Hie mite berieten si sich do: 2450
  • möhten si stille vinden
  • an wazzer unde an winden,
  • daz si ze Stade gestiezen,
  • daz si in vil gerne liezen
  • friliche, swar er wolte, gän. 2455
  • und iesä, dö diz was getan,
  • 'Ji'il apffründe stn., Abgrund, insbesondere die Hölle (Gegensatz von hiinel
  • 2425). — 2428 und« 8tf. = lat. rmrla., Welle, Woge. — 243« 7naf>f stf., Kraft
  • ivgl. Ohnmacht] ; vgl. dOl'S. — 2447 roupliche adv., räuberisch. — 2448 al
  • etliche adv., (ganz gleich), gemeinsam, zusammen; in der Bedeutung zwi-
  • schen al gdiclte und alle (pl. aubst.) yelxche meist kein Unterschied. —
  • 2449 war /m6«n = recht haben.
  • 24r)l stille stf. [nhd. beschränkt], Ruhe. — 2455 friliche ^diX.. frei, un-
  • oehindert. —
  • 92 IV. DIE ENTFÜHRUNG.
  • daz diz ir aller wille wart,
  • do wart ir kumberlichiu vart
  • gesenftet an der stunde:
  • wint imde wac begunde 2460
  • sich sä zerlcesen und zerläu,
  • daz mer begunde nider gän,
  • diu sunne schinen liehte als e.
  • hie mite entbiten s' ouch do nime,
  • wan der wint haete si geslagen 2465
  • innerhalp den ahte tagen
  • in daz länt ze Kurnewäle
  • und wären ze dem male
  • bi dem Stade so nähen,
  • daz si bereite sähen, 2470
  • und stiezen üz ze lande aldä.
  • Tristanden nämen si sä
  • und sazten den üz an daz lant
  • und gäben ime brot an die hant
  • und ander ir spise ein teil. 24-75
  • «friunt», sprächen si «got gebe dir heil
  • und müeze dines libes pflegen!»
  • hie mite so buten s' im alle ir segen
  • (64) und kerten iesä wider dan.
  • Nu wie gewarp do Tristan? 2480
  • Tristan der eilende? ja
  • da saz er unde weinde aldä;
  • wan kint enkunnen anders niht
  • wan weinen, alse in iht geschiht.
  • der tröstelose eilende 2485
  • der vielt üf sine hende
  • ^ ze gote vil innecliche:
  • «ei», sprach er «got der riche,
  • so riche du genäden bist,
  • so vil so güete als an dir ist, 2490
  • 2459 senften swv., hier: besänftigen, beruhigen. — 2461 zerlassen swv. refl.,
  • sich auflöeen , aufhören. — 2464 nime (aus nie me, aber verschieden von
  • diesem) adv., nicht mehr, nicht länger. — 2468 vgl. zu 661. — 2469. 2470 so,
  • hier verstärkend [vgl. alsobald, alsbald, sogleich] und das folgende daz
  • relat. — bereite adv., hier: nahe.
  • 2481 eilende adj. und adj. subst., hier in der eigentlichen Bedeutung:
  • von der Heimat entfernt, fremd; öfters streift der Begriff bei Gottfried an
  • den heutigen an : verlassen , elend. —
  • IV. DIE ENTFÜHRUNG. 93
  • vil süezer got, so bite ich dich,
  • daz du genäde wider mich
  • und dine güete noch begast,
  • Sit daz du des verhenget hast,
  • daz ich alsus verfüeret bin; 2495
  • und wise mich doch noch da hin,
  • da ich bi liuten müge gesin.
  • nu warte ich allenthalben min
  • und sihe niht lebendes umbe mich,
  • dise groze wilde die fürht'ich: 2500
  • swar ich min ougen wende,
  • da ist mir der werlde ein ende;
  • swä ich mich hin gekere,
  • dane sihe ich ie nimere .
  • niwan ein toup gevilde 2505
  • und wüeste unde wilde,
  • wilde velse und wilden se.
  • disiu vorhte tuot mir we;
  • über daz allez so fürht'ich,
  • wolv' unde tier diu frezzen mich, 2510
  • swelhen ende ich kere.
  • ouch siget der tac sere
  • gegen der äbentzite.
  • swaz ich nu me gebite,
  • daz ich von hinnen niht engän, 2515
  • daz ist vil übele getan:
  • ich enile hinnen balde,
  • ich benähte in disem walde
  • (65) und wirt min danne niemer rät.
  • nu sihe ich, daz hie bi mir stät 2520
  • hoher velse und berge vil:
  • 2495 terfüeren swv., irre führen [vgl. verschlagen]. — 2498 tvarten swv.,
  • sich umschauen, umherijlicken. — irdn gen. nicht abh. von warten (wel-
  • ches auch den Gen. nach sich hat wie in V. 13679), sondern von allent-
  • halben adv. : auf allen Seiten von mir, überall um mich her; vgl. 11189. —
  • 2500 wilde stf., "Wildniss. — 2504 nimere adv. 8. zu 24B4. — 2505 toup adj.,
  • (taub), öde. — 2510 unter den Thieren haben wir hier keine besondere
  • Gattung von Wild zu verstehen: "Wölfe und (überhaupt andere wilde)
  • Thiere. Es ist diese Weise, die bestimmte Bezeichnung vorauszustellen
  • und die allgemeine nachfolgen zu lassen , öfters bei Gottfried zu finden,
  • und zwar ist sie der volksthümlichen Bede abgelauscht; vgl. zu 1241. —
  • 2511 sicelhen ende (ebenso allen e., manigen e.) adv. acc, nach welcher
  • Richtung hin (correlativ). — 2514 s^t•a^ pron. correl., hier: wenn irgend. —
  • gebiten stv., verst. biten, warten, hinzögern. — 2517 Conditionalsatz : eile
  • ich nicht. — 2518 dann übernachte ich, dann muß ich übernachten. —
  • 2519 rät werden hier mit persönl. Gen. und in negativem Satze: und dann
  • bin ich verloren; vgl. zu 1602. —
  • 94 IV. DIE ENTiÜHBüNG.
  • •
  • ich wsene, ich üf ir einen wil
  • klimmen, ob ich iemer mac,
  • und sehen, die wile ich hän den tac,
  • ob deheiner slahte bü hie si 2525
  • eintweder verre od nähen bi,
  • da ich liute vinde,
  • ze den ich mich gesinde,
  • mit den ich aber vürbaz genese,
  • in swelher wise ez danne wese.» 2530
  • Sus stuont er üf und kerte dan.
  • roc unde mantel haete er an
  • von einem pfelle, der was rieh
  • und an gewürhte wunderlich:
  • er was von Sarrazinen 2535
  • mit kleinen bortelinen
  • in fremdeclichem prise
  • nach heidenischer wise
  • wol underworht und underbriten,
  • und was der alse wol gesniten 2540
  • nach sinem schoenem libe,
  • daz von manne noch von wibe
  • enwurden edeler kleider nie
  • baz gesniten danne die.
  • dar zuo seit uns daz msere, 2545
  • der selbe pfelle er wsere
  • ingrüener danne ein meiesch gras,
  • und da mit er gefüllet was,
  • daz was so rehte wiz härmin,
  • daz ez niht wizer künde sin. 2550
  • 2525 bu stm., gen. büwes, Bau, Wohnung. — 2528 gesinden swv. refl., sich
  • gesellen. — 2529 genesen stv., hier überhaupt: in gutem Wohlbefinden
  • leben.
  • 2534 gewürhte (von würken, wirken) stn., Gewebe. — 2535 Sarrazin
  • stm., Sarazene, doch mit allgemeiner Bedeutung: Orientale, Heide, d. h.
  • Mohammedaner. — 2b37 fremdeclich adj., fremdartig, insofern auch wunder-
  • bar. — prts stm., hier objectiv: Vortrefflichkeit. (Zarncke's Erklärung im
  • mhd. Wb. II, 1,532,43 : ,,80 wie man im Auslande Ehrenkleider verfertiget'^
  • scheint mir zu viel in die Wendung zu legen); vgl. V. 6563. — 2538 hei-
  • denisch adj., unchristlich, orientalisch; selten und nur bedingt dogma-
  • tisch. — 2539 underwürken (-wirken) swv. anom., daz wischenwirken, durch-
  • weben. — underbriten stv. hat ähnliche Bedeutung : durchsticken ; vgl.
  • undersniden in V. 942. — 2547 ingrüene adj., sehr grün, echt grün. —
  • meiesch adj. zu meie [nhd. aufgegeben]. Solche Adjectivwendungen statt
  • der Substantivzusammensetzungen bei Gottfried öfters; vgl. Gr. 4, 258 fg. —
  • 2548 füllen swv., der alte Ausdruck für unser: füttern, insbesondere vom
  • Pelzfutter gesagt; vgl. vol 11124. — 2549 härmin adj. zu härm, von Hermelin.
  • IV. DIE EXTi-ÜHRUNG. 95
  • Hie mite bereite er sich do
  • weinende unde sere unfrö
  • üf sine kumberliclie vart.
  • dö ime diu vart unwendic wart,
  • linder s^nen gürtel zoher 2555
  • sinen röc ein lützel hoher;
  • den mantel wänt er enein
  • und leite in üf sin ahselbein
  • {Qß) und streich üf gegen der wilde
  • durch walt und durch gevilde. 2560
  • ern hsete weder wec noch pfat
  • wan alse er selbe getrat.
  • mit sinen füezen wegeter,
  • mit sinen banden stegeter:
  • er reit sin arme und siniu bein. 2565
  • über stoc und über stein
  • wider berc er allez klam,
  • unz er üf eine hoehe kam:
  • da vant er von geschihte
  • einen waltstic äne slihte 2570
  • mit grase verwahsen unde smal;
  • den kerte er anderhalp ze tal:
  • der trüege in eine rihte hin;
  • in kurzer wile brähte er in
  • üf eine schoene sträze, 2575
  • diu was ze guoter mäze
  • breit unde geriten hin unde her.
  • an dem selben wcge saz er
  • durch ruowe weinende nider.
  • nu truoc in ie sin herze wider 2580
  • 2557 enein winden, zusammenwickeln. — 2hb^ ahselbein sin., über-
  • haupt: Achsel, Schulter. — 2559 strichen stv. wird häufig wie ziehen von
  • der Bewegung, zumal der eiligen, gesagt, wie uz strichet balde 11579; bei
  • Gottfried wie hier meist mit Adverbien, einfach z. B. in V. 3865, vf Str.,
  • bergan eilen. — 2563 wegen swv., hier im eigentlichen Sinne: Weg berei-
  • ten. — 2564 steyen swv., ebenso : Steg bereiten. — 2565 rtten stv. gilt nicht
  • allein speciell vom Keiten: er bewegte gewaltsam Arme und Beine, ge-
  • brauchte sie zum Vorwärtsdringen; eine Metapher: er brauchte "Statt
  • Rosses ') u. s. w. liegt nicht in dem Ausdruck, ebenso wenig ein Scherz;
  • vgl. zu 9173. — 2570 waltstic stm. s. zu 2700. — slihte stf., Geradheit:
  • einen ungeraden, gewundenen Waldsteig. — 2572 anderhalp adv. acc,
  • auf die andere Seite, jenseits. — 2573 trüege (nach den ältesten Hss.) conj.
  • im Sinne Tristan's: der würde, wie er glaubte, wohl hinführen auf eine
  • rihte stf.. auf einen geraden Weg, d. h. auf einen Hauptweg. — 2576 ze
  • '•:r jnäzf, in gutem Verhältnisse, hinreichend; vgl. ze mäze 3191. —
  • ' geriten part. adj. nicht bloß speciell vom Reiten, 8ondern = begangen,
  • :anrbar, gebahnt.
  • 96 IV. DIE ENTFÜHRUNG.
  • zen friunden und zem lande,
  • da er die Hute erkande:
  • diz truog in grozen jämer an.
  • vil jsemerliche er aber began
  • ze gote klagen sin ungemach; 2585
  • ze himel er innecliche sach:
  • . «Got», sprach er «berre guoter,
  • ' min vater und min muoter
  • wie hänt si mich alsus verlorn!
  • owe, wan haete ich verborn 2590
  • min veigez schachzäbelspil ,
  • daz ich iemer hazzen wil!
  • spärwaere, valken, smirli'n
  • die läze got unsselic sin!
  • die hänt mich minem vater benomen. 2595
  • von der schulden bin ich komen
  • von friunden und von künden;
  • und alle, die mir gunden
  • (67) gelückes unde guotes,
  • die sint nu swseres muotes 2600
  • und sere trüric umbe mich.
  • ach, süeziu muoter, wie du dich
  • mit klage nu quelest, daz weiz ich wol;
  • vater, din herze ist leides vol:
  • ich weiz wol, ir sit beide 2605
  • ser' überladen mit leide.
  • und, ouwe herre, wiste ich doch,
  • daz ir daz wistet, daz ich noch
  • mit wol gesundem libe lebe,
  • daz wöere ein michel gotes gebe 2610
  • iu beiden unde da nach mir.
  • wan zwäre ich weiz vil wol, daz ir
  • küm' oder niemer werdet fro,
  • ezn gefüege danne got also,
  • daz ir bevindet, daz ich lebe. 2615
  • 2590 verhern stv. (berührt sich mit enbern s. zu 117) mit acc, unter-
  • lassen, vermeiden, einem entsagen; vgl. 17723. — ibdlveige adj., hier noch
  • stärker als in V. 1674: unselig, verwünscht. — 2595 benernen stv., entziehen,
  • entreißen. — 2597 künde adj. siibst. swm., der Bekannte, meist im Plural
  • [nhd. Kunde beschränkter]. In V. 2817 die Awnden = die Einheimischen
  • den gesten gegenübergestellt. — 2610 gebe stf., Gabe. —
  • IV. DIE ENTFÜHRUNG. 97
  • aller sorgaere rixtgebe,
  • got lierre, nü gefüege daz!»
  • Uiider diu, dö er so saz
  • klagende, als ich gesaget hau,
  • do gesäch er zuo von verre gan 2620
  • zwen' alte wällnere,
  • die wären gote gebcere:
  • getaget unde gejäret,
  • gebartet unde gebäret,
  • also diu wären gotes kint 2625
  • und wälbore dicke sint.
  • die selben wällenden man
  • die truogen unde halten an
  • linkappen unde solhe wät,
  • diu wälUi^ren relite stät, 2630
  • und uzen an ir wa?te
  • mermuschelen genahte
  • und fremeder zeichen genuoc.
  • ir ietwederre der truoc
  • einen wällestap an siner hant. 2635
  • ir liüete unde ir beingewant
  • daz stuont wol nach ir rehte.
  • die selben gotes knehte
  • (GS) die truogen an ir schenkelen
  • linhosen, die obe ir enkelen 2640
  • wol einer hende erwunden.
  • 2616 ratgebe swm., Rathgeber, Tröster. — aorgcere stm. = Sorger , [nhd.
  • nur: Versorger], der Unglückliebe; fem. sorgcerin in Y. 14490.
  • 2 l'nder (?m (instruiuentalis), unterdessen, während. — 2G"JI wallocre
  • stm., Waller, Pilger [vgl. Wallfahrt, dagegen nur: Pilgerstab für n-olle-
  • stap 263')]. — 2t>22 gote gpba're (s. zu 198o) , mit Gott, mit der Heiligkeit
  • übereinstimmend, ihr Äußeres verrieth ihre heilige Stellung. — 2623. 2624 ge-
  • taget part. adj. u. s. w. = be-tagt u. s. w. — 2G25 gotes kint häutiges Bei-
  • wort (ebenso goies kneht in V. 2G38) für Geistliche, Pilger und Gottes-
  • fürchtige; dagegen in V. 33.56 gotes /;/«; = Christus. — 2629 Itnkappi' swf.,
  • Kappe, talaraitiges Oberkleid mit Kapuze, von Leinen. — 2632 genwte wird
  • part. fiect. sein, dem Subst. nachgesetzt: angenähte Meermuscheln (acc),
  • doch ist möglicherweise gemete stn. {=znät) anzunehmen: von Meer-
  • muscheln (gen.) eine Stickerei, wenn nur das Wort überhaupt sonst vor-
  • käme. Auf alten Bildern werden die Pilger auch stets mit Muscheln auf
  • dem Kratjen dargestellt. — 2633 die Abzeichen, außer den Musclieln,
  • welche die Fahrt in die Fremde oder die Rückkunft aus der Fremde an-
  • deuten sollen. — 2637 rcht stn., hier: Stand. — 264u enkel stm., Fuß-
  • !;n.ichel. — 2i")4l einer hende adv. gen. (Nominalellipse), eine Hand breit;
  • rhaihfr hende 2902. — erwi/nden pl. prtet. von enrinden stv. intrans.,
  • itlich: an einem bestimmten Punkte umwenden, aufhören. —
  • '■OTTFBIED VOX STRASSrURG. T. 2. Aufl. 7
  • 98 IV. DIE ENTFÜHRUNG.
  • näh' an ir bein gebunden.
  • füeze und enkele wären blöz
  • vür den trit und vür den stuz.
  • oucb truogen s' über ir ruckebein, 2645
  • dar an ir riuwec leben schein,
  • geistliche stende balmen.
  • ir gebet ünde ir salmen
  • und swaz si guotes künden,
  • daz lären s' an den stunden. 2650
  • Tristan, da mite und er si ersach,
  • vorhtliche er wider sich selben sprach:
  • «genredeclicher trehti'u,
  • welch rät gewirdet aber nu min?
  • jene zwehe man, die dort her gänt, 2655
  • ist daz si mich ersehen haut,
  • die mugen mich aber wol vähen.»
  • nu si im begunden nähen
  • und er ir dinc erkande
  • an Stäben und an gewande, 2660
  • zehaut erkande er wol ir leben
  • und begünde im selben herze geben:
  • sin gemüete wart ein lützel frö.
  • üz vollem herzen sprach er do:
  • «lop dich, herre trehtih! 2665
  • diz mügen wol guote Hute sin;
  • i'ne darf kein angest von in haben.»
  • 2642 gebunden braucht nicbt wörtlicli genommen zu werden: mit einem
  • Bändel zugebunden (wie Unter- oder Eeithosen), sondern näJie gebunden =
  • nahe, fest anliegend. — 2645 ruckebein stn., Eückgrat, überhaupt: Bücken.
  • — 2646 riuwec adj., reuig, bußfertig. — 2645—47 «sie trugen auf ihrem
  • Eücken , zum Zeichen (dar an schein) daß sie Büßer waren {riuwec leben,
  • bußfertiges Leben, Büßerleben), Palmen, die ihnen ein heiliges Ansehen
  • gaben» (wörtlich: die geistlich standen^. Diese Erklärung Bech's ist die
  • richtige; meine in der 1. Ausgabe geäußerte Ansicht gebe ich auf. —
  • 264S saline swm. Lehnwort aus ^jsaimws, Psalm Fremdwort. — 2650 lesen,
  • hier nicht: ablesen, vorlesen, sondern: hersagen. — an den stunden, zu
  • der Zeit, damals, eben, gerade.
  • 2651 da mite und (ahnl. relat, wie die wile und 1236), hiermit als,
  • sobald. — 2653 genccdeclich aäj. = gena2dec [nhd. nur adverb.]. — frektin
  • stm., Herr, hauptsächlich für Gott und Christus gebraucht. — 26.54 ge-
  • iverden, verst. werden, von Gottfried öfters in solchen Fragen und in Ver-
  • bindung mit rät gebraucht; vgl. 54S9. 14397. — 2661 leben stn. berührt
  • öfters den Begriff: Stand. — 2662 im herze geben, sich Muth machen. —
  • 2665 lop dich Pronominalellipse = ?c/i lobe dich (?) oder besser mit F. Bech:.
  • alop dich wie got lop! neben gote lop! (ähnlich wol mich! neben wol
  • mir!)y> — 2667 dürfen swv. anom., bedürfen, brauchen. —
  • IV. DIE ENTFÜHRUNG. 99
  • vil schiere wart, daz si den kuaben
  • vor iu sitzen sähen.
  • nu si im begimden nähen, 2670
  • höfschliche er üf gein in spranc,
  • sine schcene hende er vür sich twanc.
  • nu hegünden in die zwene man
  • vil flizecliche sehen an
  • und nämen siner zühte war. 2675
  • guotliche giengen si dar
  • und gruozten in vil suoze
  • mit disem süezen gruoze:
  • (69) «den sal, beäs amis!
  • vil lieber friunt, swer so du sis, 2680
  • got müeze dich gehalten!»
  • Tristan geneic den alten:
  • «ei», sprach er «de benie
  • si sainte companie!
  • sus beilege geselleschaft 2685
  • die gesegene got mit siner kraft!»
  • aber sprächen ime die zwene zuo:
  • «vil liebez kint, wannen bist duo
  • oder wer hat dich da here bräht?»
  • Tristan der was vil wol bedäht 2690
  • und sinnesam von sinen tagen,
  • er begi'inde in fremediu ma3re sagen:
  • «söeligen herren», sprach er z'in
  • «von diseme lande ich bürtic bin
  • ■J66S iver(ien= geachehen. — 2672 die Hände vor sich, über die Brust fest
  • zusammenzulegen, war die Stellung für den ehrerbietigen Gruß (bei den
  • Geistlichen noch heute). — 2(176 guotliche adv. , gütig, freundlich. —
  • 2679 (U'il CHs. 'M.) = de (vgl. zu 741). deü sal, im Folgenden übersetzt =
  • Gott halte, behüte (dich); niclit elliptisch in V. 315S. — amis, lat. arnicus,
  • neufranz . ami ; öfters auch als Fremdwort vgl. z. B. 8955. — 2681 ge-
  • halten stv. , erhalten, behüten, segnen. — 2GS2 genigen. , verst. nigen. —
  • 2683 6enie, benedicat; vgl. zu 2960. — 2684 si 5aiw^e = neufranz. — com-
  • panie =rompagnie hier im franz. Satz, sonst cumpanie als Fremdwort
  • z. B. 4S13. 9418 [vgl. Kumpan]. — 2688 loannen adv., von wannen, woher;
  • die Betonung wannm findet Grund und Zulässiglieit im alten hwanän
  • (sonst immer wannen z. B. in V. 2751); ebenso einmal innen in V. 10953.
  • 2690 jcol bedäht part. adj. , sehr besonnen, vorsichtig [vgl. unbe-
  • dacht]. — 2691 sinnesam adj., verständig, listig. — von sinen tagen, für
  • sein Alter, trotz seiner Jugend, oder = ü. s. kindes tagen, von Jugend auf?
  • Eine Änderung in vor, wie v. Hagen Germ. Studien 1, 55 vorschlägt, ist
  • nicht geboten. — 2692 fremediu nuvre, sonderbare Geschichten, schalkhafter
  • und edeler Ausdruck für: Lüge; etwa: ein wunderliches Märchen. —
  • 2694 bürtic adj. = gebürtig. —
  • 100 IV. DIE ENTFÜHRUNG.
  • und solte riteu hiute 2695
  • ich und ander liute
  • jagen üf disem walde alhie.
  • do entreit ich, i'ne weiz selbe wie,
  • den jägeren unde den hundeu.
  • die die waltstige künden, 2700
  • die gefüoren alle baz dan ich:
  • wan äne stic verreit ich mich,
  • unz daz ich gar verirret wart,
  • sus traf ich eine veige vart,
  • diu truoc mich unz üf einen graben, 2705
  • dane künde ich min pfärt nie gehaben,
  • ez enwölte allez uider vür sich,
  • ze jungest geläc pfärt und ich
  • beide z'eiuem hüfen nider.
  • done künde ich nie so schiere wider 2710
  • ze minem stegereife komen,
  • ez enhaete mir den zügel genomen,
  • und lief allez den walt in.
  • sus kom ich an diz pfädelin,
  • daz hat mich unze her getragen. 2715
  • nu enkän ich memänne gesagen,
  • wä ich bin od war ich sol.
  • nu guoten liute, tuot so wol
  • (70) und saget mir, wä weit ir hin?»
  • «friunt», sprächen si dö wider in 2720
  • «gerüochet es unser trehtih,
  • so welle wir noch hinaht sin
  • ze Tintajole in der stat. «
  • Tristan guotiiche si do bat,
  • daz si in mit in dar liezen gän. 2725
  • «vil liebez kint, daz si getan»,
  • 2698 entnten stv. mit dat., einem (reitend, zu Pferde) entkommen. —
  • 2700 kunnen anom. v. mit acc., sich auf etwas verstehen [unser: können
  • passt hier nicht]. — 2701 die sind besser, glücklicher dahingezogen , oder
  • = unserm: die sind besser gefahren, denen ist es besser ergangen? —
  • 2702 sttc stm., im Mhd. nicht nur: Steig, Bergweg, sondern überhaupt:
  • Pfad, Wegbahn. — 2704 vart stf., "Weg, Fährte. — 2706 gehaben swv., an-
  • halten. — 2707 der Bedingungssatz mit der Negation (en) abhängig von
  • einer Ellipse : dort konnte ich mein Pferd durchaus nicht bändigen (d. h.
  • ich hielt das Pferd an ohne Erfolg, würde es aber vermocht haben), wenn
  • es nicht immer weiter niederwärts gewollt hätte; die ganz ähnliche Wen-
  • dung in V. 2710 fg. — 2710 .so seiner e = sogleich, alsbald. — 2711 stegereif
  • stm., Steigbügel. — 2718 tuot so tüoZ = unserm: seid so gut. — 2721 ge-
  • ruochen swv. mit gen., hier: geruhen, gestatten. — 2722 hinaht (alter In-
  • strumentalis, vgl. hiute) diese, d. h. hier die bevoi-stehende, Nacht.
  • IV. DIE ENTFÜHRUNG. 101
  • sprächen die wällenden man
  • «wil du da hin, so kere dan.»
  • Tristan der kerte mit in hin.
  • hie mite so hiiop sich linder in 2730
  • maneger slahte mrere,
  • Tristan der hovebaere
  • der was mit rede also gewar,
  • si frägeten her oder dar,
  • daz er alles des antwürte bot 2735
  • niwan ze staten und ze not.
  • er hsete sine mäze
  • an rede und an geläze
  • so wol, daz es die wisen,
  • die getageten und die grisen 2740
  • ze grözen saelden jähen
  • und aber ie baz besähen
  • sine gebaerde und sine site
  • und sinen schoenen lip da mite;
  • siniu kleider,. diu er ane truoc, 2745
  • diu gemareten si genuoc,
  • durch daz si wären sere rieh
  • und an gewürhte wunderlich;
  • und sprächen in ir muote:
  • «ä herre got der guote, 2750
  • wer öder wannen ist diz kint,
  • des Site so rehte schoene sint?»
  • sus giengen si betrahtende
  • und allez sin dinc ahtende:
  • diz was ir kurzewile 2755
  • wol eine willsche mtle.
  • 2733 gaoar adj., (gewahr), vorsichtig. — 2741 jehen stv. hier mit gen.
  • und pra;p. ze^ wie z. B. noch in V. 11239, eine Sache für etwas erklären,
  • auslegen; sie sahen in Tristan einen begnadeten (ze scelden= salegen )
  • Menschen [vgl. unser: begabt, Begabung] ; vgl. 3493. — 21 ^'o gerne rken svf^.,
  • verst. merken, bemerken, beachten. — 275C die wülsche intle im Gegensatz
  • zur grözen, zur deutschen (vgl. V. 2311) ist die kleine.
  • DIE JAGD.
  • In der Nähe der Straße hatten gerade die Hunde seines Oheims , des
  • Königs Marlve von Kurnewal , einen Hirsch gejagt. Die Jäger kommen
  • heran, und Tristan verabschiedet sich von den Pilgern : diese Leute eben
  • habe er heute verloren. Er naht den Jägern im Augenblicke , als der
  • Hirsch enthäutet und geviertheilt werden soll. Tristan erhebt Einsprache;
  • in seinem Lande werde der Hirsch entbästet. Die Jäger ersuchen ihn,
  • dieses hier unbekannte Eutbästen zu zeigen. Tristan A^ollführt meister-
  • haft und mit Bewunderung der Jäger nacheinander den Bast, die Furkie
  • und die Curie. Dann lehrt er , wie der zerlegte Hirsch in rechter Ord-
  • nung nach Hause geschafft und übergeben werden solle. Beim Heimritt
  • nennt er den Jägern seinen Xamen und gibt sich für den Sohn eines par-
  • menischen Kaufmanns aus; mit fremden Kaufleuten sei er hierher ge-
  • kommen. Vor Tintajoel angelangt, ordnet Tristan den Zug; mit Hörner-
  • schall reiten sie ein. Tristan begrüßt den König, der sich unwiderstehlich
  • zu ihm hingezogen fühlt. Man lobt vor Marke des Jünglings Sitten und
  • Jagdkünste, und dieser ernennt ihn zu seinem Jägermeister.
  • C^l) Nu kom ez in kurzer stunde:
  • sines Geheimes huncle,
  • Markes von Kurnewäle,
  • die hseten ze dem male, 2760
  • als uns daz wäre msere saget,
  • einen zitegen birz gejaget
  • zuo der sträze nähen,
  • da liez er sich ergäben
  • und stuont aldä ze bile: 2765
  • 2757 Tiomen stv., öfters [wie noch in volksthümlicher Rede] geschehen,
  • zufällig ijassieren. — 2763 nahen adv. ; vgl. 11902. — 2764 ergdhen swv.,
  • ereilen. — 2765 bil stm., Jagdausdruck: der Augenblick, wenn das gejagte
  • Wild steht, sich wendet und sich gegen Jäger oder Hunde zur Wehr setzt.
  • Über die Abstammung mancherlei Yermuthungen, noch keine Gewissheit. —
  • V. DIE JAGD. 103
  • im htete fluht und ile
  • alle sine kraft benomen.
  • nu wären oucli die jägere komen
  • mit michelem geschelle
  • liürnende ze gevelle. 2770
  • Tristan, dö er den bil ersach,
  • wider die pilgerine er sprach
  • wisliche, als er wol kimde:
  • herren, dise liuude,
  • disen hirz und dise Hute, 2775
  • seht, die verlos ich hiute;
  • nu hän ich s' aber funden:
  • diz sint mine künden.
  • gebietet mir, ze den wil ich.»
  • akint», sprächen si «got segene dich; 2780
  • ze Salden müezest du gevarn!»
  • «genäde, got müez' iuch bewarn!»
  • sprach aber der guote Tristan.
  • sus neig er in und kerte dan
  • gein dem liirze üf sine vart. 2785
  • Ku daz der hirz gevellet wart,
  • der da Jägermeister was,
  • der stracte in nider üf daz gras
  • üf alle viere alsam ein swin:
  • «wie nu, meister, waz sol diz sin?» 2790
  • sprach aber der hövesche Tristan:
  • «lät sten! durch got, waz gät ir an?
  • wer gesäch ie hirz zewirken so?»
  • der Jäger stuont üf höher do;
  • er sach in an und sprach im zuo: 2795
  • «wie wiltu, kint, daz ich im tuo?
  • hie ze lande enist kein ander list,
  • wau alse der hirz entblutet ist,
  • (72) so spaltet man in über al
  • von dem houbete ze tal 2800
  • 2769 gesehene stu. collect, zu schal, Getöse. — 2770 hürnen swv., auf dem
  • Home blasen. — rjeveHe stn., Fällung (des Wildes), der G-enickfaug.
  • 2792 lat «/«^"?j .' — lasst's gehn! hört auf, halt ein! — an gän; vgl. zu
  • 2324. — 2794 vf hoher stän (auch blo(j hoher st.) sich weiter weg stelleu,
  • zurücktreten. — 28o0 ze tal, hier bildlich, überhaupt: abwärts: wörtlich
  • m V. 2572. —
  • 104 V. DIE JAGD.
  • und da nach danne in viere,
  • s6 daz der vier quartiere
  • deheinez iht vil groezer si
  • dan daz ander da bi:
  • diz ist in disem lande site. ' 2805
  • kint, kanstu ihtes iht da mite?»
  • «ja, meister», sprach er wider in
  • «daz laut, da ich gezogen bin,
  • da ist der site niht also.»
  • «wie danne?» sprach der meister do. 2810
  • «man enbestet da den hirz.»
  • «entriuwen, friunt, dun' zeigest mirz,
  • sone weiz ich, waz enbesten ist.
  • ezn M^eiz niemen disen list
  • in disem künicriche hie; 2815
  • son' geh orte ich euch genennen nie
  • von künden noch von gesten.
  • trüt kint, was ist enbesten?
  • als guot du sist, nu zeige mirz:
  • gä her, enbeste disen hirz!» 2820
  • Tristan sprach: «lieber meister min,
  • sol ez mit iuwern huklen sin
  • und mag iu liep dar an geschehen,
  • so läze ich iuch vil gerne sehen,
  • als verre als ich's gemerket han, 2825
  • wie min lantsite ist getan,
  • als ir da fraget umbe den hast.»
  • der meister sach den jungen gast
  • vil güotli'ch'e lachende an,
  • wan er was selbe ein hövescher man 2830
  • und erkände al die fuoge wol,
  • die guot man erkennen sol.
  • «ja», sprach er «lieber friunt, nu tuo!
  • 2801 in viere elliptisch: in vier Theile; die Ellipse in V. 2789 = nbd. —
  • 2802 quartier stn., Fremdwort, Viertheil. — 2806 Uties (gen.) iht, verstärktes
  • /■///', irgend was [vgl. das mundartliche nichts nicht]. — da mite bei kunnen
  • (Verbalellipse Gr. 4, 137), nhd. davon bei: verstehen; ebenfalls: damit bei:
  • Bescheid wissen; vgl. zu 3043. — 2811 enbesten = entbesten swv., vom bast
  • (s. zu 2827) entledigen , weidmännisch enthäuten.
  • 2827 bast stm., Haut, (inwendige) Rinde wie in V. 2948 = nhd. ; ins-
  • besondere ist bast auch die thierische Haut (nhd. selten), davon schließ-
  • lich der weidmännische Kunstausdruck bast , die kunstmäßige Ablösung
  • der Haut (nicht bloß des Felles). —
  • V. DIE JAGD. 105
  • wol her, bist du ze kraue derziio,
  • triit geselle, liebez kint, 2835
  • ich selbe und die hie mit mir siiit,
  • wir helfen dir'ii mit hcnden
  • legen und umbe wenden,
  • swie so du vor gebiutest
  • und mit dem vinger tiutest » 284:0
  • Tristan der eilende knabe
  • sinen mantel zoli er abe
  • und leite den üf einen stoc:
  • er zoch hoher sinen roc.
  • sin ermel vielt er vorne wider; 2845
  • sin schcene här daz streich er nider,
  • üf sin öre leite er daz.
  • nu besähen si"n baz unde baz,
  • die da zem haste wären:
  • sin geläz und sin gebären 2850
  • daz nämen s' alle in ir muot
  • und dühte si daz alse guot,
  • daz si'z vil gerne sähen
  • und in ir herzen jähen,
  • sin dinc wser' allez edelich , 2855
  • siniu kleider freraede unde rieh,
  • sin lip ze wünsche getan,
  • si begünden alle zuo z'im gän
  • und siner dinge nemen war.
  • nu gie der eilende dar, 2860
  • der junge meister Tristan:
  • er greif den hirz mit banden an
  • und wolte in üf den rucke legen,
  • done künde er in nie dar gewegen,
  • wan er was ime ze swaere. 2865
  • -834 kraue adj., schwach [nhd. krank, aef/or jünger]. — 2839 vor gebieten,'
  • ■wie unser: vorschreiben. — 2840 verstärkter Ausdruck : andeutend zeigen.
  • ■ii'^45 Hagen's Erklärung: »er knüpfte die ausgezogenen Ärmel vorn
  • zusammen und schnürte damit den Kock auf» ist sehr gesucht. V. 2844
  • stellt für sich; das Aufziehen des Rockes geschieht viel leichter durch
  • den Gürtel; vgl. 25.').^ fg. Vielmehr ist der Sinn: Seine Ärmel, die an-
  • liegenden Kockärmel (vgl. zu lä74ü) faltete er vorne zurück, schlug sie
  • um, damit sie ihn bei seiner Arbeit nicht hinderten und damit er sie zu-
  • gleich nicht mit Blut besudelte. — 2S.Ö0 i/ebären subst. inf. ; vgl. zu WK'k
  • — 28.'i.'> eclelich = e(iell!c/i adj , edelartig, edel. — 2804 fjeivegen stv., be-
  • wegen . wenden.
  • 106 V. DIE JAGD.
  • do bat der liovebsere,
  • daz si'n im rehte leiten
  • und iif den bast bereiten.
  • Nu daz was schiere getan,
  • ze dem hirze gieng er obene stän. 2870
  • da begimde er in entwseten,
  • er sneit in uude entnaeten
  • unden von dem miüe nider.
  • ze den buocbeinen kerte er wider,
  • diu entrante er beide nach ir zit, 2875
  • daz rehte vor, daz linke sit.
  • diu zwei hufbein er dö nam
  • unde beschelte diu alsam:
  • (74:) do begimde er die hüt scheiden
  • von den siten beiden, 2880
  • do von den heften über al,
  • al von obene hin ze tal,
  • und breite sine hüt do nider.
  • ze sinen büegen kerte er wider,
  • von der brüst entbaste er die, 2885
  • daz er die brüst da ganze lie.
  • die büege leite er dort hin dan.
  • sine brüst er do began
  • üz dem rucke scheiden
  • und von den siten beiden 2890
  • ietwederhalp driu rippe da mite.
  • daz ist der rehte bästsite:
  • diu lät er iemer dar an,
  • der die brüst geloesen kan.
  • und al zehant so kerte er her, 2895
  • vil kündecliche enbaste er
  • 2S71 entwceten swv., eigentlich: entkleiden, enthäuten, synon. mit ent-
  • besten. ■ — 2872 entnceten = entna'te in. entncejen swv., eigentlich: eine Naht
  • auftrennen , aufschneiden. — 2874 buocbein stn. , Bugbein , der vordere
  • Oberschenkel, das Vorderblatt (entgegengesetzt dem hufbein 2877). —
  • 2875 entrennen swv., auseinander trennen, ablösen. — nach ir zit, nach
  • ihrer zeitlichen Ordnung, regelrecht nacheinander. — 2876 vor adv. und
  • sit adv. hier zusammen: vorher, zuerst; hierauf, nachher. — 2877 hufbein
  • stn., Hüftbein, die Keule. — 2878 beschelen swv., beschälen, enthäuten. —
  • 2881 heften dat. pl. von haft stf., Band oder von hefte stn., Heft? —
  • 2884 buoG Btm. = buocbein 2874. — 2891 ietwederhal]) adv., auf jeder von
  • beiden Seiten. — rippe stn. in der Form = nhd., Nebenform von riebe
  • swf. — 2894 geloesen swv., verst. lotsen, ablösen. — 2896 kündecliche adv.,
  • kundig, geschickt. —
  • V. DIE JAGD. 107
  • beidiu siniu hüfbein
  • besunder uilit wan beide euein.
  • ir reht er ouch den beiden liez :
  • den braten, da der rucke stiez • 2900
  • über lankeu gein dem ende
  • wol anderhalber hende,
  • daz die da ziraere uennent,
  • die den bastlist erkennen!.
  • die rieben er dö beide schiet, 2905
  • beid' er si von dem rucke schriet,
  • dar nach den panzen üf den pas:
  • und M'an daz uugebaere was
  • sinen schcenen banden, do sprach er:
  • «wol balde zwene knehte her! 2910
  • tuot diz dort hin danne baz
  • unde bereitet uns daz!»
  • sus was der hirz enbestet,
  • diu hüt billiche entlestet;
  • die brüst, die büege, siten, bein, 2915
  • daz hajte er allez über ein
  • vil schöne dort hin dan geleit:
  • hie mite so was der hast bereit.
  • (75) Tristan der eilende gast
  • «seht«, sprach er «meister, deist der hast 2920
  • und alse ist disiu kunst getan,
  • nu gerüochet ir her näher gän
  • ir und iuwer massenie
  • und machet die furkie!»
  • )uO breite swm., Braten, Fleisclistück. — 2901 lanke stf. und swf., (eigentl.
  • enkung), Lende (franz. r/anc). über /. = über den Lenden. — ende stn.,
  • ier speciell: der Schwanz. — 2903 zimere sing. (vgl. 2942) oder pl. von
  • Hier (in einigen Hss. auch zimbre) Fremdwort, franz. ciniier, Ziemer masc.
  • läufiger in: Hirsch-, Ochsenziemer]. — 2905 riebe (so in den beiden ältesten
  • Las.) swf. im Geschlecht =: nhd. , Nebenform von rippe stn. (sonst der
  • ocal kurz ribe). — 2906 schroten stv., schneiden, hauen. — 2^^0~i jjanze
  • kvm., franz. pance , Wanst, Magen. — pas stm. Diese und die zweite
  • teile in V. 3007 ergeben nicht, welches der Eingeweidestücke unter die-
  • jm Worte zu verstehen sei; vielleicht der Mastdarm? Nach F. Bech:
  • pas Fremdwort = jL>a>v.!,MÄ", dann vfohl = mazga7ic i. e. anus?)) — uf praep.,
  • ier wohl = bis auf, den pas mit inbegriffen; vgl. zu 18331. — 2908 ziriffe-
  • tre adj., unangemessen. — 2914 billiche adv., billig, nach der Ordnung. —
  • 'Ulest'Ti 8WV., entlasten, losmachen. — 2918 bereit adj., fertig, abgemacht.
  • 2923 iiiasseme stf., Fremdwort, altfranz. viaisnie von maison , mansio,
  • igentlich: Gesellschaft, im ursprünglichen Sinne : Hausgenossenschaft;
  • ann: Ingesinde, Gefolge; vgl. die franz. Form viehnie 32.J7. — 292 i für-
  • te stf., Fremdwort, etwa: Gabelung oder Gabelei; die Erklärung gleich
  • m Folgenden. —
  • 108 V. DIE J/..'?D.
  • cfurkie? triit kint, waz ist daz?
  • du nennest mir vor, i'ne weiz waz.
  • du hast uns disen jagelist,
  • der fremde und guot ze lobene ist,
  • wol meisterlichen her getan :
  • nu läz in ouch noch vür sich gän,
  • volfüere dine meisterschaft!
  • wir sin dir iemer dienesthaft. »
  • Tristan spranc enwec zehant:
  • eine zwisele hiu er an die hant,
  • daz die da furke nennent,
  • die die furkie erkennent.
  • doch ist niht sunders an den zwein;
  • furk' unde zwisele deist al ein.
  • sus kom er wider mit sinem stabe.
  • die lebere sneit er sunder abe,
  • netz' unde lumbele schiet er dan.
  • die zimeren er abe gewan
  • von dem lide, an dem si was.
  • Sus saz er nider üf daz gras,
  • diu stucke nam er elliu driu:
  • an sine furken baut er diu
  • mit sinem netze vaste;
  • mit einem grüenen baste
  • verstricte er'z sus unde so.
  • anu seht, ir herren», sprach er do
  • «diz heizent si furkie
  • in unser jagerie;
  • und wände ez an der furken ist,
  • dur daz so heizet dirre list
  • 292ti vor nennen wie vor zeln in "V. 306.5, nennen, mit Namen vorbringen:
  • du bringst da einen mir unbekannten Xamen vor; oder sollte vor nennen
  • im Sinne stehen wie vor benennen in V. 11383, verheißen? du machst mich
  • neugierig? — 2929 her adv., bisher, bisjetzt, soweit; oder her tuon^ da.T-
  • thun, mittheilen, zeigen? — 2933 enwec (=in wec) adv., weg; nhd. dafür:
  • hinweg; vgl. zu 13691. — 2934 zwisele stf., Gabel, gabelförmiger Zweig. —
  • Der Ausdruck ist knapp : Tristan hieb eine zwinele ab, die er in die Hand
  • nahm. — 2935 Jurke swf., Fremdwort, lat. furca, franz. fourque, Gabel. — ;
  • 2941 netze stn., das Netz um die Eingeweide; netze hier wohl pl. : die bei-
  • den Netze, das große und das kleine. — lumbel stn.? stm. ? (andere Hss.'
  • schwach lurnbelen), Theil der Eingeweide, wohl die Nieren (lat. lumbus). —
  • 2942 hier erscheint ziraere (andere Hss. zimbern, zimberen') in. schwacher
  • Elexion und deutlich als fem. Ist hier vielleicht der Ziemer gemeint
  • oder ein Theil der Eingeweide? — gevjinnen stv., öfters allgemein : bekom-
  • men, abe gew., herabnehmen. — 2943 lit stn., gen. Udes, Glied, Stück.
  • V. DIE JAGD. 109
  • furkie, und füeget ouch daz wol, . 2955
  • Sit ez äu der furkeu weseu sol.
  • diz neme ein kneht an sine hant!
  • nu tälanc weset ir gemant
  • (76) umb' iuwer ciine.»
  • «curie? de benie! » 2960
  • sprüchän si alle «waz ist daz?
  • wir vernj^emeu sarrazinesch baz.
  • waz ist curie, lieber man?
  • swic unde sage uns nibt hie van:
  • swaz es si, daz lä geschehen, 2965
  • daz wir'z mit ougen an gesehen.
  • diz tuo durch dine hövescheit ! »
  • Nu Tristan der was aber bereit:
  • den herzeric er dö gevienc
  • (ich meine, an dem daz herze hieuc) 2970
  • und enblüzte in aller siner habe,
  • daz herze sneit er halbez abe
  • hin gein dem spitzen ende
  • und nam ez in sine hende
  • und begüude ez teilieren, 2975
  • in kriuzewis ze vieren
  • und warf daz üf die hut nider.
  • ze sinem ricke kerte er wider,
  • milz unde hingen loste er- abe ;
  • do was si hin des rickes habe. 2980
  • nu daz lac üf der hiute da,
  • ric unde gorgen sneit er sä
  • obene, da diu brüst erwant.
  • daz houbet loste er al zehant
  • mit dem gehürne von dem kragen 2985
  • 2\)bb fliegen swv., passend, entsprechend sein. — 2956 stt conj., hier
  • .usal: weil. — 2958 tcüanc {=ta;/etanc) adv., für diesen Tag, heute, noch.
  • manen swv. hier mit prtep. /^?/;6e = bitten um [mahnen an]. — 2959 c/n-tc
  • f., Fremdwort, franz. cuire; die Erklärung ebenfalls gleich im Folgeu-
  • •D- — 29tJ0 du benie Ausruf (Pronominalellipse) wie >jot segene 13694.
  • 2969 herzeric stm. gen. -rickes, das Band, an dem das Herz und die
  • idern Eingeweide hängen, das Geschling (Hs. M herzer ine, danach also
  • ?r Herzbeutel). — gecä/icn stv., \evst. vähen, körperlich: erfassen, ergrei-
  • n; vgl. zu 7s:i5. — 2971 /laOe stf., hier: was drum und dran hängt; cdie
  • üllen". Simrock. — 2975 teilieren Fremdwort, franz. tailler, wenn nicht
  • ilieren 15ildung von teil wie ivandelieren von vandel. — 2976 in kriuzewis
  • Iv.. nhd. nur: kreuzweis. — 2978 hier allgemein )'ic ; vgl. 2969. —
  • '■ge swm. (vgl. 92ia), Gurgel stf., überhaupt: Schlund, Kehle. —
  • 'lünie stn. collect, zu hörn, Gehürn, Geweih. — krage swm., (Kra-
  • ' *:m.), Hals; vgl. 15S49. —
  • 110 V. DIE JAGD.
  • • und hiez daz ziio der brüste trcageii.
  • «nu wol her balde!» sprach er z'iii
  • «nemet balde disen rucke hin;
  • kome iemen armer Hute her,
  • der es geruoche oder ger,
  • dem teilet disen rucke mite,
  • oder tüot dermite nach iuwerm site:
  • so mache ich die curie.»
  • Dar gie diu cumpanie
  • und nam siner künste war.
  • Tristan hiez ime bringen dar,
  • daz er im e bereiten bat.
  • nu daz lac allez an der stat
  • (77) wol gemachet unde bereit,
  • als er in hsete vor geseit.
  • nu wären der quartiere
  • von dem herzen viere
  • vier halben üf die hüt geleit
  • nach jägelicher gewoneheit
  • und lägen üf der hiute also:
  • milz unde lungen sneit er dö,
  • dar nach den panzen unde den pas
  • und swaz der hunde spise was
  • in also kleiniu stuckelin,
  • als ez ein fuogemohte sin,
  • und spreite ez allez uf die hüt.
  • hie mite begunde er überlüt
  • den hunden ruofen: «za za zä!»
  • vil schiere wären s' alle da
  • und stuonden ob ir spise.
  • «seht)), sprach der wortwi'se
  • 2991 rucke (so lesen die besseren Hss.): an den Eücken ist wolil niclit zu
  • denken, und ricke als Nebenform von ric passt ebenfalls nicht. Bech hält
  • rucke für den vorderen, weniger werthvollen Theil des Hirschrückens. Ade-
  • lung 3, 1189 (Wien ISll) : « bei den Jägern werden die kleinen hornigen
  • Theile , welche den Hunden und allem Wildbrete zu beiden Seiten unten,
  • an den Läufern gleich über den Ballen herausgewachsen sind, die Eücken
  • oder Oberrücken genannt. » Aber auch das will nicht passen. i
  • 3003 halben dat. pl. von kalbe swf. : nach den vier Seiten hin. — 1
  • 3004 jägelich adj., jagdmäßig. — 3010 wie es passend war. — 3011 spreiten <
  • swv., hinstreuen. — 3012 überlüt (=züber lüt wie über al), eigentlich: offen-
  • bar, klar; vgl. zu 15051; hier = laut (über hat im Mhd. viel seltener als
  • jetzt den Begriff des Übermäßigen wie er im heutigen: überlaut hervor-
  • tritt). — 3013 der Ruf za za zä ! ist das in sprachliche Form gebrachte
  • Schnalzen der Zunge. — 3016 ivortwtse adj. subst., der Wortkundige, Be-
  • redte; vgl. 4708. —
  • V. DIE JAGD. 111
  • «diz heizent si curie
  • da heime in Parmenie,
  • und wil in sagen nmbe waz:
  • ez heizet curie umbe daz, 3020
  • durch daz ez üf der cuire lit,
  • swaz man den hunden dannc git;
  • als hat diu jägerie
  • den selben namen curie
  • von cuire funden unde geuomen. 3025
  • von cuire so ist curie komen.
  • und zwäre ez wart den hunden
  • ze guoten dingen funden
  • und ist ein guot gewoneheit,
  • wan swaz man in dar üf geleit, 3030
  • daz ist in süeze durch daz bluot
  • und machet ouch die hunde guot.
  • nu sehet an disen bästsite,
  • da enist kein ander spsehe mite:
  • nemet war, wie'r iu gevalle.« 3035-
  • «ä herre!» sprächen s' alle
  • «waz seistu, siieligez kint?
  • wir sehen wol, dise liste sint
  • (78) bracken unde hunden
  • ze grozen frumen funden.» 3040
  • Aber sprach der guote Tristan:
  • «nu nemet iuwer hüt hin dan,
  • wan ich enkan hie mite niht baz.
  • und wizzet wterliche daz ,
  • künd' ich iu baz gedienet hän, 3045
  • daz hit'te ich gerne getan,
  • der man der houwe sine wit
  • und widet üf sunder iuriu lit,
  • i02l, cuire stf., Fremchvort, franz. cuir, Haut, carte demgemäß wörtlich
  • etwa: Lederei (Häutung würde den Sinn verrücken), aber mit dem Sinne:
  • Speisung der Hunde mit den Eingeweiden , die auf der Haut liegen. —
  • 3030 'jelcit von 'jele(/en, verst. lec/en. — 3034 spcche stf., Kunst. — 303;) brache
  • 8wra., Leithund, Spürhund. — die hunde wohl nicht speciell die Jagd- und
  • Hetzhunde zu verstehen, sondern überhaupt: Hunde. — ZdiO frurae hier
  • pl. ; ohne Adject. ze frumen 6003 [vgl. zu Nutz und Frommen]; nach fru-
  • men 5147.
  • 3043 hie mite bei kunnen (vgl. 2S06); hier die Ellipse zu ergänzen: ich
  • weiß damit nichts weiter anzufangen. — 3047 wit (auch 2vide) stf., (Wiede),
  • Reis, Zweig zum Binden und Hängen, Strang. — Die Construction wech-
  • selt im folgenden Verse: der //(a?i := jedermann (von euch) für das 2. Per-
  • Bonalpron., mit welchem dann fortgefahren wird. — 3048 vf xciden swv.,
  • mit Wieden aufbinden; vgl. 344s fg. —
  • 112 V. DIE JAGD.
  • daz houbet füeret an der hant
  • und bringet iuwern pri'sänt 3050
  • ze hove nach liovelicbem site:
  • da liovet ir iuch selben mite.
  • so wizzet oucb ir selbe ^Yol,
  • wie man den birz prisanten sol:
  • prisantet in ze relite!» 3055
  • Den meister und die knehte
  • die uam aber dö wunder,
  • daz in daz kint besunder
  • und mit bescheidenlieite
  • so manc jägerebt vür leite oOßn
  • und daz ez so vil wiste
  • von sus getanem liste,
  • «sich», sprächen si <'Sceligez kint:
  • diu wunderlichen underbint,
  • diu du uns vor zelst und hast gezalt, 3065
  • diu dunkent uns so manicvalt.
  • wir sehen si noch baz z'ende gän:
  • swaz du biz da her hast getan,
  • daz ahten wir ze nihte.»
  • sus zugen si'm enrihte 3070
  • ein pfärit dar und bäten in,
  • daz er durch sine tugent mit in
  • nach siner kunst ze hove rite
  • und er si sinen läntsite
  • uuz an ein ende lieze sehen. 3075
  • Tristan sprach: «daz mac wol geschehen,
  • nemet den hirz üf und wol hin!»
  • sus saz er üf und reit mit in.
  • (79) ]S^u si also mit ein ander riten,
  • nu hseten jene vil küme erbiten 3080
  • .3050 prisant stra., Fremdwort, Präsent, Ehrengabe. — 3052 hoven swv., ähn-
  • lich wie eren, Dienst erweisen. — 3054 prisawfe« swv., Premdwort, präsen-
  • tieren, ehrerbietig darbringen.
  • 3059 bescheidenheit stf.^ (Unterscheidungsgabe), Verstand, Geschick-
  • lichkeit. — 3060 jagereht stn. , .Tägerpflicht, richtiger Jägerbrauch. —
  • 3064 underbint stn., (Unterbindung), Unterschied: Bast, Furkie, Curie im
  • Gegensatz zu der gewohnten Enthäutung und Viertheilung. — 3065 vor
  • zeln swv., aufzählen, überhaupt: mittheilen. — 3069 ze ni/tte = für nichts;
  • vgl. 7255 und zu 12393. — 3070 enrihte (= in rihte) adv., alsbald, sogleich;
  • bei Gottfried meist zeitlich, ferner z. B. in V. 7256. 14968; vgl. zu 6840. —
  • 3073 bezieht sich nicht auf die Keitkunst, sondern auf das kunstgemäße
  • Nachhauseschaffen des zerlegten Hirsches.
  • 3080 erbiten part. von erbiten stv., erwarten. —
  • V. DIE JAGD. 113
  • (1er State iinde der stunde:
  • ir iegelich begunde
  • entwerfen siniii msere,
  • von welhem laude er waere
  • und ^vie er da bin woere komcn. 3085
  • si bseten gerne vernomen
  • sin dinc und sin ahte.
  • diz uam in sine trabte
  • der sinnesame Tristan.
  • vil sinneclicbe er aber began 3090
  • sin äventiure vinden.
  • sin rede diu enwas kinden
  • nilit gelicb nocb sus noeb so.
  • vil sinneclicbe spracb er dö:
  • «jensit Britanje lit ein laut, 3095
  • deist Parmeni'e genant:
  • da ist min vater ein köufmän,
  • der wol näcb siner abte kan
  • der werkle leben scbon' unde wol,
  • icb meine ab, alse ein koufman sol. 3100
  • und wizzet endelicbe:
  • ern ist docb nibt so riebe
  • der babe unde des guotes
  • so tugentlicbes muotes:
  • der biez micb leren, daz icb kau. 3i05
  • nu komen dicke koufman
  • von fremeden künicricben dar:
  • der dinges uam icb so vil war
  • beid' an ir spriicbe und an ir siten,
  • unz mich min muot begunde biten 3110
  • und scbünden stseteclicbe
  • in fremediu küuicricbe;
  • und wände icb gerne baete erkant
  • unkunde liute und fremediu laut,
  • du was icb späte unde fruo 3115
  • 30S3 entwerfen stv. = nhd. , bestimmte Vorstellungen sich machen Ver-
  • muthungen aufstellen über xtiÜK ina;re, über Tristan's Geschichte, Verhält-
  • nisse. Müllers Erklärung im mhd. Wb. III, 737l^, 11 «jeder theilte seine
  • besonderu Vorstellungen darüber mit» scheint mir nicht in den Zusam-
  • menhang zu passen. — 3087 ahte stf., Stand. — 30S8 in trahte nemen, in
  • Erwägung zielien. — 30;>i) sinnecliche adv. , besonnen, listig. — aber =
  • wiederum; er bringt zum zweitenmal Erdichtetes vor. — 3091 vinden stv.
  • = erfinden, erdichten; derselbe Ausdruck von der musikalischen Produc-
  • tiou in V. 19200. 19204. — 3101 endeliche adv., schließlich; um eucli alles
  • genau zu sagen: vgl. zu 1365.'-). — 3111 schünden svw., antreiben, reizen —
  • GOTTFF.IED VON STBASSBURG. I. 2. Aufl.
  • 114 V. DIE Jagd.
  • also beträhtic dar zuo,
  • biz daz ich minem vater cntran
  • und fuor mit köufliuten dan:
  • (80) als bin ich her ze lande komen.
  • nu habt ir al min dinc vernomen. 3120
  • i'ne weiz, wie'z iu gevalle.»
  • «ä trüt kint», sprächen s' alle
  • «ez was an dir ein edeler muot.
  • imkünde ist manegem herzen guot
  • und leret maneger hande tugent. 3125
  • trüt geselle, süeziu jugent,
  • gebenediet si daz lant
  • von gote, da ie dehein marschant
  • erzoch so tugentlichez kint!
  • alle die künege, die nu sint, 3130
  • dien' erzügen alle ein kint niht baz.
  • nu, liebez kint, nu sage uns daz:
  • din hövescher vater, wie nante er dich?»
  • «Tristan», sprach er «Tristan heiz' ich.»
  • « deus adjüt», sprach einer do 3135
  • «durch got, wie nante er dich do so?
  • du wserest zwäre baz genant
  • juvente bele et la riant,
  • diu schoene jugent, diu lachende.»
  • sus riten s' ir msere machende, 3140
  • dirre sus und jener so.
  • ir kurzewile diu was do
  • niwan mit disem kinde.
  • sus frägete daz gesinde,
  • swes iegelichen do gezam. 3145
  • In kurzen ziten ez do kam,
  • Tristan daz er die burc gesach.
  • von einer linden er do brach
  • 3116 beträhtic adj., bedacht, dar zuo, darauf. — 3124 unkünde stf., Fremde,
  • Leben in der Fremde. — 3128 marschant stm., Fremdwort, Kaufmann. —
  • 3135 deus 3. Form, die älteste (vgl. zu 741) nach allen Hss. — adjüt franz.
  • conj. von adjouster, adjustare, beistehen; [vgl. unser: Gott bewahre, Gott
  • behüte]. — 3138 fg. wird wieder gleich deutsch gegeben mit Ausnahme
  • von et, welches übrigens in einer Hs. fehlt. — 3140 ncoire machen, Gespräch
  • führen. — 3145 iegeltchen ist acc. sing., nicht dat. pl. mich gezimt eines
  • dinges, es steht mir an, es passt für mich, ebenso in V. 7976. 10069. 17594;
  • dagegen braucht G. den Dativ bei zemen, yezemen in V. 13. 3546.
  • 3147 Nach Maßmann fasst auch von Hagen (Germ. Studien 1,55) Tristan
  • als dat., abh. von kam und will dafür schreiben Tristande der (=daz er).
  • Tristan ist vielmehr nom. : Tr. daz e/- Inversion = c^aJ Tristan; vgl. 3211 u.
  • zu Y. 5. —
  • V. DIE JAGD. 115
  • zwei schapel wol gelouLet:
  • eiuez säzte er iif sin houbet, 3150
  • daz ander er do witer maz,
  • dem Jägermeister bot er daz:
  • «ei», sprach er («lieber meister min,
  • saget waz bürge mac diz sin?
  • diz ist ein küniclich kastei» 3155
  • der meister sprach : u (deist) Tintajoel. »
  • «Tintajoel? a welch kastei!
  • de te sal, Tintajoel
  • (81) und allez din gesinde!»
  • «a wol dir süezem kinde!» 3160
  • sprachen sine geverten dö
  • «wis iemer stelle imde frö
  • und dir müez' alse wol geschehen,
  • also vil gerne wir'z gesehen I»
  • Sus körnen si zem bürgetor: 3165
  • Tristan gehabete dö da vor.
  • «ir herren», sprach er aber dö z'in
  • ((ich enweiz, wan ich iu fremede bin,
  • wie iuwer keiner ist genamet:
  • wan varn ie zwene und zwene samet, 3170
  • und ritet rehte ein ander bi,
  • also der hirz geschaffen si!
  • daz gehürne daz ge vor,
  • diu brüst da nach in sinem spor,
  • die rieben nach den büegen! 3175
  • dar nach so sult ir füegen,
  • däz daz jüngeste lit
  • iesä den rieben volge mit!
  • da nach so sult ir nemen war,
  • daz allerjüngeste var 3180
  • diu cuire und diu furkie:
  • deist rehtiu jägerie.
  • und lazet iu niht sin ze gäch.
  • 3149 schapel atn., Kranz von Laub. — [/cloubet part. adj. := belaubt. — 3151 er
  • machte das Maß des andern größer.
  • 316Ü gehaben swv., hier intrans. (durch Ellipse), anhalten. — 3170 s. zu
  • 342. — surftet adv., Nebenform von sament (vgl. 59), hier im Reime, ferner
  • COKT; samet und sunder = \\h(i. s. u. sonders 1314S. — 3174 spor stn., Spur
  • ' ' . in seiner Richtung. — 3177 jungest superl. adj., letzt. — 3180 aller-
  • i'i3te=^ze ailerj., zu allerletzt. — 3183 mir ist gäch = ich bin eilig, habe
  • ....0 (vgl. 13841); die Wendung mit luzen: seid nicht zu eilig. —
  • 8*
  • 116 V. DIE JAGD.
  • ritet schone ein ander nach:
  • min meister hie und ich sin kneht 3185
  • wir riten samet, dunk' ez iuch reht
  • und obe ez iu gevalle.»
  • «ja, trüt kint», sprächen s' alle
  • ((swie so du wilt, als wellen wir.»
  • «diz si!» sprach er «nu lihet mir 3190
  • ein hörn, daz mir ze mäze si,
  • und Sit ouch des gemant da bi,
  • swenn' ich an hebe, so beeret mir,
  • und alse ich hürne, als hürnet ir!»
  • der meister der sprach ime do zuo: 3195
  • «vil lieber friunt, hürn' unde tuo
  • reht' alse dir gevalle:
  • des volgen wir dir alle,
  • (82) ich unde die hie mit mir sint. »
  • (ca böneüre» sprach daz kint 3200
  • «mit guote, daz lät also sin.»
  • ein kleine hellez hornelin
  • daz gäben si'm an sine hant.
  • «nu hin!» sprach er «allez avant!»
  • Sus riten si gerotieret in 3205
  • zwen' unde zwene: als solte ez sin.
  • und als diu rotte gar in kam,
  • Tristan sin hornelin dö nam
  • und hürnete also riebe
  • und also wunnecliche, 3210
  • jene alle, die da mit im riten,
  • daz die vor fröuden küme erbiten,
  • daz si'm ze helfe kämen
  • und alle ir hörn nämen
  • und hürneten vil schöne 3215
  • mit ime in sinem done.
  • er fuor in vor ze prise,
  • si nach in siner wise .
  • 3191 ze mäze, angemessen, passend. — 3193 hoeren mit dat., einem zuhören,
  • auf einen hören. — 3200 a boneure, eigentlich: zur guten Stunde wie noch
  • heute: d la bonne heure, ein Ausruf: wohlan! — 3201 mit guote. Übers, von
  • a boneure; vgl. 3375. — 3204 allez franz. imper. = neufranz. — avant =
  • neufranz.
  • i2(ib rotieren =^rottieren Fremdwort, in Rotten eintheilen; gerotieret
  • nach V. 6895 u. 7005 vier Mann hoch; hier aber: paarweise. — 3207 rotte
  • stf., Schar [vgl. Rottenfeuer].
  • V. DIE JAGD. 117
  • besclieideulichen imde wol:
  • diu biirc diu Avart gedcenes vol. 3220
  • Der künec und al diu hovediet,
  • do si daz fremede jageliet
  • gehorten unde verMamen,
  • si erschräken unde erkämen
  • vil inuecliche sere, 3225
  • wan ez da vor nie mere
  • da ze hove wart vernomen.
  • nu was diu rotte iezuo koraen
  • vür den palas an die tür:
  • da waz vil ingesindes vür 3230
  • geloufen durch den hörnschäl ,
  • si nara groz wunder über al,
  • was des geschelles wsere.
  • ouch was der lobebajre
  • Marke selbe komen dar, 3235
  • nemen*dirre mcere war,
  • und mit im nianic cürtois man.
  • nu Tristan den künic sehen began,
  • (83) er begünde im wol gevallen.
  • vor den andern allen 3240
  • sin herze in sunder üz erlas,
  • wan er von sinem bluote was:
  • diu natiure zoh in dar.
  • er nam sin mit den ougen war
  • und begüude in grüezen schone. 3245
  • in fremedem horndone
  • ein ander wise huob er an:
  • so lüte er hürne* began,
  • daz im nieraen an der stunde
  • wol gevolgen künde. 3250
  • 3221 hovediet stf., Hofbevölkerung. Hofgesellschaft. — 3224 erkoinen
  • stv., erschrecken. — 3229 pnlas stm., (Palast, Palais) Hauptgebäude der
  • Burg. — 3236 das Mhd. kann das ze beim Inf. nach Verben der Bewegung
  • entbehren. — 3242 fg. es war im Mittelalter allgemeine Ansicht, daß die
  • Blutsverwandtschaft auch die Herzensneigung bewirke, z. B. im Märchen
  • von deu sieben Schwänen Altd. Blätter 1, l;U : zuhant bewegete sich das blut
  • in im con natürlicher Übe. — 3240 horndon stm. : don nicht der materieUe
  • Klang des Tons, sondern die Art des Blasens. — 3249 an der stunde, hier
  • wohl: damals wie in V. 13373; oder soll gesagt werden, daß ihm niemand
  • «sogleich > (vgl. zu 3Sl!S) in richtiger Weise folgen konnte?
  • 118 V. DIE JAGD.
  • Nu des was schiere ein ende:
  • der wol gezogen eilende
  • der lie sin hürnen iinde sweic.
  • vil schone er gein dem künege neic
  • und sprach mit süezem munde 3255
  • vil suoze, als er wol künde:
  • «deus säl roi et sä mehni'e:
  • künec und sin massenie
  • die gehälte got der guote!»
  • Marke der wol gemuote 3260
  • und al sin ingesinde
  • die danketen dem kinde
  • vil tugentlichen unde wol,
  • als man dem tugenthaften sol.
  • «ä!» sprächen s' al gemeine 3265
  • groze unde kleine,
  • «de duin duze äventiire
  • si duze creatilre: >
  • got gebe Suez' äventiure
  • so süezer creatiure!» • 2270
  • Der künec der nam des kindes war:
  • den Jäger den besande er dar
  • «sage an», sprach er «wer ist diz kiut,
  • des wort so wol besniten siut?»
  • «ä herre, ez ist ein Parmenois, 3275
  • so wunderlichen curtöis
  • und alse rehte tugentsam,
  • daz ich'z an kinde nie vernam,
  • (84) und gibt, er heize Tristan,
  • und si sin vater ein köufmän. 3280
  • i'n geloube ez aber niemer:
  • wie hsete ein koufman iemer
  • in siner ünmüezekeit
  • so gröze muoze an in geleit?
  • 3257 mehnie fem., eine frauz. Form vom Fremdwort massenie. —
  • 3266 solche Formeln zur Bezeichnung der Allgemeinheit bei Gottfried
  • selten. — 3267 (iwm = conj. donne. — düze:=dulce, neufr. douce. — 3269 der
  • Dichter behält das franz. Wort äventiure bei in der Bedeutung: Glück-
  • seligkeit, Heil, die noch öfters hervortritt, z. B. ere und ävcnt. 18938. llnge
  • und ä. 17061.
  • 3274 besniten part. adj., (in Eeden und Wort) fein, zierlich [vgl. ge-
  • feilt, zugespitzt]. — 3284 legen mit acc. und prsep. an c. acc, auf einen,
  • für einen etwas verwenden. —
  • V. DIE JAGD. 119
  • solt' er die muoze mit im liän, 3285
  • der sich unmuoze sol began?
  • ä lierre , er ist so tugenthaft ,
  • seht, dise niuwe meisterschaft,
  • also wir nü ze hove sin komen,
  • die hall wir gar von ime genomen. 3290
  • und ho3ret wunderlichen list :
  • relit' alse der hirz geschaffen ist,
  • als ist er her ze hove bräht :
  • wä wart ie list so wol bedäht?
  • nu sehet, daz houbet daz gat vor, 3295
  • diu brüst da nach in sinem spor,
  • büeg' unde bein, diz nnde daz,
  • daz wart schöner nnde baz
  • ze hove geprisantet nie.
  • seht dort, gesähet ir ie 3300
  • sus gemächete furkie?
  • i'n vernam von jägerie
  • solher liste nie niht me.
  • dar zuo liez er uns sehen e,
  • wie man den hirz enbesten sol: 3305
  • diu kunst gevallet mir so wol,
  • daz ich niemer hirz noch tier
  • gehouwen wil in vier quartier,
  • und solte ich iemer mere jagen.»
  • sus begünde er sinem herren sagen 3310
  • von ende siniu ma^re,
  • wie vollekomen er wsere
  • an hövescher jagerie
  • und wie er die curie
  • den hunden vür leite; 3315
  • und swaz der Jäger seite,
  • des nam der künec vil guote war
  • und hiez dem kinde ruofen dar,
  • (85) die jägere ze herbergen varn,
  • ir ambet unde ir dinc bewarn. 3320
  • 32S6 began refl. mit gen., sich mit etwas beschäftigen, in einem Verhält-
  • nisse leben. — 3307 tier ist speciell und im Gegensatz zu ////•; die Hirsch-
  • kuh [wie noch heute], dann auch das Reh. — 330S gehouwen stv., verst.
  • fiouiren. — 3309 wenn ich wieder jagen werde. — 3311 von ende = von An-
  • fang; von ende z'ende 34<)1. von ende unz ende 1004.^. — 3317 guote adj. zu
  • v:ar (s. zu 1530); dem schenkte der König gar groDe Aufmerksamkeit; vgl.
  • 13l7"<. 1430."). — 3320 hier wieder der specielle Begriff vorausgenommen : um
  • ihr Geschäft (avibet) und ihre Sachen (din:) zu "besorgen (tjcv:arn). —
  • 120 V. DIE JAGD.
  • die kerteii umbe und riten daii.
  • der Jägermeister Tristan
  • der gap sin liornelin da wider
  • und erbeizete zuo der erde nider.
  • Daz junge hovegesinde 3325
  • daz lief engegen dem kinde
  • und condewierte ez schöne
  • under armen vür die kröne,
  • ouch künde er selbe schöne gän.
  • dar zuo was ime der lip getan, 3330
  • als ez diu Minne gebot:
  • sin munt was_rehte_rösenröt^_,
  • «TUT varwe liehtT^sfn ougen klär;
  • brimreideloht was ime sin här,
  • gekrüspet bi dem ende; 3335
  • sin arme und sine hende
  • wol gestellet unde blanc;
  • sin lip ze guoter niäze lanc;
  • sine füeze und siniu bein,
  • dar an sin schoene almeistec schein, 3340
  • diu stuonden so ze prise wol,
  • als man'z an manne prisen sol.
  • sin gewant, als ich iu hän geseit,
  • daz was mit grözer hövescheit
  • nach sinem li'be gesniten. 3345
  • an gebserden unde an schoenen siten
  • was ime so rehte wol geschehen,
  • daz man in gerne mohte sehen.
  • 3324 erheizen swv., absteigen (vom Pferde).
  • 3327 condewieren swv., Fremdwort, franz. conduire, geleiten. — 332S under
  • armen y zwischen, an den Armen (vgl. 17ö27), am Arm. Das ist franzö-
  • sische Sitte, die aber zur Zeit des Dichters schon eingeführt gewesen sein
  • muß, sonst hätte er gegen die Vorlage die Situation geändert; vgl. Eudolf
  • Hildebrand in Pf. Germania 10, 130 Anmerk. — vür die kröne, vor den König.
  • [Wir brauchen Krone, Thron, Cabinet auch für die Person des Regenten,
  • aber nur abstract, nicht für die leibhaftige Erscheinung; jener Brauch
  • ähnelt unserm : vor die Majestät, Hoheit.] Vgl. V. 18454, wie noch ge-
  • sagt werden könnte, und zu 11162. — 3331 gebieten stv., hier = wünschen;
  • vgl. zu 525. — 3334 reideloht adj., lockicht. brün nicht als selbständiges
  • Wort aufzufassen, sondern Zusammensetzung brünreideloht , braungelockt
  • [vgl. unser häufiges: blondgelockt]; vgl. mit brünreidem häre 3919. —
  • 3335 gekrüspet part. adj. von kruspen swv.; häufiger ist krispen^= crispare,
  • kräuseln. Dieser Vers keine unnötiiigc Wiederholung. Tristan hatte
  • krause Locken, während z. B. Wate und Frute lange mit Goldschnüren
  • durchflochtene Locken trugen; Kudrun 355, 3. — 3337 gestellet jjart. adj.
  • von stellen, gestaltet, gebildet; vfel. 4077. 10899 und zu 15.349. — 3340 al-
  • meistec adv., allermeist, ganz besonders ; das nur einmal erscheinende ein-
  • fache meistec in V. 12223.
  • V. DIE JAGD. 121
  • Marke sach Tristanden an:
  • «friunt«, sprach er «heizest du Tristan?) 3350
  • «ja, herre, Tristan; deü sal!«
  • «deü sal, beäs vassal!»
  • «merzio, sprach er ageutil röis,
  • edeler künic Kürnewalöis ,
  • ir lind iur gesinde 3355
  • ir Sit von gotes kinde
  • iemör gebenedietl»
  • do wart ge merztet
  • (86) wunder von der hovediet.
  • si triben niwan daz eine liet: 3360
  • «Tristan, Tristan li Parmenois,
  • cum est beäs et cum cürtois!»
  • Mark^ sprach aber Tristande zuo:
  • «ich sage dir, Tristan, waz du tuo:
  • du solt mich einer bete gewern, 3365
  • der wil ich von dir niht enbern.»
  • «swaz ir gebietet, herre min.»
  • «du solt min Jägermeister sin!»
  • hie wart ein michel lahter van.
  • hier under sprach do Tristan: 3370
  • «herre, gebietet über mich.
  • swaz ir gebietet, daz bin ich:
  • iuwer Jäger und iuwer dienestman,
  • daz bin ich , alse ich beste kan. ■>
  • »mit guote, friunt», sprach Marke dö 3375
  • ((diz ist gelobet, nu si also!»
  • 3352 vassal franz., hier nicht iu unserm Sinne: Lehusträger, sondern:
  • Ritter, Junker. — 3353 gentil rois (hier Nomin., sonst roi in V. 3257) wie-
  • der im Folgenden verdeutscht. — 3358 mei'zien swv., Fremdwort, merzt
  • sagen, danken. — 33G2 c///n = franz. comme. — 3364 iuo ist nicht prses.=
  • ttiost, sondern imper. : was du thun sollst. — 3366 s. zu 117; hier mit praep.
  • oon. — 3369 lahter stn., Lachen, Gelächter. — 3374 beste acc. ueutr. in
  • adverb. Anwendung: aufs beste; alse beste = nhd. so gut. — 3476 gelobet
  • part. von geloben = iih(l. oder auch von loben in der Bedeutung: geloben,
  • zusagen; vgl. 5150.
  • VI.
  • DER JUNGE KÜNSTLER.
  • König Marke sucht dem fremden Jüngling das Leben an seinem
  • Hofe so angenehm wie möglich zu machen. Tristan zeigt dem neuen
  • Herrn seine Jagdkünste, den Bast, die Farkie und die Curie, ganz in
  • derselben Weise wie vorher den Jägern. Am Hofe macht er sich bei allen
  • beliebt. Als ein walisischer Harfner vor Marko spielte, offenbart sich
  • auch Tristan als des Harfenspiels und des Gesanges kundig, und erregt
  • dadurch allgemeine Bewunderung. Auch bekennt er, daß er noch andere
  • Saitenspiele und fremde Sprachen verstehe. Hierauf dringen die Fremden
  • am Hofe herbei, um Tristan in ihren Zungen auf die Probe zu stellen,
  • und allen weiß er zu antworten. Auch dies erregt Staunen und Bewun-
  • derung, und Marke trägt dem jungen Künstler seine Freundschaft an.
  • Nu Tristan der ist ze liuse komen
  • imwizzende, alse ir habet vernomen,
  • und wände docli eilende sin.
  • der unverwände vater sin, 3380
  • Marke der tugendericlie
  • der gewärj) vil tugentliclie;
  • oucb was des dö vil michel not:
  • er bat besunder unde gebot
  • al dem hovegesinde, 3385
  • daz si dem fremeden kinde
  • guot unde geusedic waeren,
  • und daz si'm ere baeren
  • mit rede und mit gesellekeit.
  • des wären s' alle samet bereit 3390
  • mit willeclichem muote.
  • 3380 unverwanf part. adj., unvermuthet. — vater, weil Marke mit dem
  • Tode von Tristan's Altern als nächster Blutsverwandter in aufsteigender
  • Linie Vaterstelle zu vertreten hätte. — 3389 gesellekeit stf., hier: freund-
  • schaftlicher Umgang. —
  • VI. DER JUNGE KÜNSTLEK. 123
  • sus was Tristan der guote
  • des küneges ingesiude dö.
  • der sach in gerne und was sin fro,
  • wan in truoc oucb sin herze dar, 3395
  • und nam sin gerne und ofte war,
  • wan er was z'allen ziten
  • höfschliclie an siner siten
  • (87) und truog in sinen dienest an
  • als ofte, als er sin State gewan. 3400
  • swä Marke was od swar er gie,
  • da was Tristan der ander ie,
  • und uam daz Marke wol vür guot:
  • er truog im harte holden muot,
  • und tete im wol, swenn' er in sach. 3405
  • In den dingen ez geschach:
  • innerhalp den ahte tagen
  • reit Marke selbe mit im jagen
  • und hovegesiudes vil da mite,
  • schouwen sinen jagesite 3410
  • und siner künste nemen war.
  • nu hiez im Marke bringen dar
  • sin jagephärt und gap im daz.
  • Tristan wart nie geriten baz,
  • wan ez was starc, scho3n' unde snel. 3415
  • ein hornelin süez' unde hei
  • hiez er im geben an sine hant.
  • «Tristan», sprach er «nu wis gemaut,
  • daz du min jagemeister bist,
  • und zeige uns dinen jagelist; 3420
  • nim diue hunde unde var
  • und schicke diue warte dar,
  • da, si dich rebte dünken stän.»
  • «nein, herre, ezn mac so niht ergän; »
  • sprach aber der hövesche Tristan 3425
  • 33i^:i ingesinde hier swm., Dienstmaun. — 339Ö vgl. 3241 fg. — 3405 ellip-
  • tisch = ez tete.
  • 3414 geriten part. adj. = beritten , mit einem Rosse versehen; hier
  • wegen vart mehr wirkliches l'articipium, gewöhnlich ivas. — 3419 jage-
  • meister (hier nicht Jägermeister), Jagdmeister im Wortspiel mit jagelist. —
  • 3422 varte stf., hier und im Folgenden Jägerausdruck: in V. 3427 eigent-
  • liche Bedeutung, hier übertragen: die zur v:arte gehörige Mannschaft;
  • darum im folgenden Verse in natürlicher Coustruction der Plural. —
  • 124 VI. DER JUNGE KÜNSTLER.
  • «heizet die jägere keren dan,
  • die sulü die warte säzen
  • und suln von ruore läzen:
  • die erkennent hie ze lande sich
  • und wizzent michel baz dan ich, 3430
  • wä der hirz hin ziuhet
  • und vor den hunden fliuhet;
  • die erkennent die gelegenheit.
  • so bin ich, der hie nie gereit,
  • und bin mitalle ein fremede kneht.» 3435
  • «daz weiz got, Tristan, du hast reht:
  • dune känst dich hier an niht bewarn,
  • die jägere müezen selbe varn
  • (88) und sich verrihten under in.»
  • Hie mite kerten die jägere hin 3440
  • und kuppelten ir hunde
  • und stalten an der stunde
  • ir warte, als si wol wisten wä,
  • und liezen z'einem hirze sä
  • und jageten den ze strite 3445
  • unz gein der äbentzite;
  • do erliefen in die hunde.
  • und an der selben stunde
  • kom Marke und sin Tristan
  • und mit in zwein manc hoveman 3450
  • gerant ze dem gevelle.
  • da wart gr6z horngeschelle
  • in maneger slahte done:
  • 3426 keren dan-, sich von dannen wenden (vgl. V. 356. 468), dann über-
  • haupt: gehen. — 3427 warte^ hier: der Anstand, der Hinterhalt, wo das
  • aufgespürte und gejagte Wild in die Schußlinie kommen soll. — sazen
  • swv. mit acc, besetzen. — 3428 ruore stf., ebenfalls Jägerausdruck, viel
  • besprochen und bestritten (vgl. Zarncke im mlid. Wb. II. 1, 816, wo Ver-
  • weis auf die einzelnen Schriften). Wie bei allen .Kunstausdrücken die
  • ursprüngliche Bedeutung zum Tlieil oder ganz verwischt und vergessen
  • wird und je nach den Umständen die verschiedensten Bedeutungen mög-
  • lich sind (erinnert sei an warte und curie), so auch bei ruore. Hier ruore
  • die Koppel, von r. läzen elliptisch: (die Hunde) von der Koppel lassen;
  • vgl. 3444 und zu 17294. — 3433 gelegenlieit stf., Lage (eigentl. wie hier:
  • Ortsbeschaffenheit, und übertragen: Beschaffenheit, Umstände). — 3437 be-
  • warn refl. , hier: sich vorsehen, Fürsorge zeigen, dem Sinne (nicht dem
  • Wortlaute) nach: sich bewähren; vgl. Parzival VII, 1014. — 3439 verrihten
  • refl., hier: sich einrichten, die nöthigen Anstalten treffen.
  • ,3442 stellen swv., hier: aufstellen. — 3444 doppelt elliptisch: sie ließen
  • (die Hunde) auf einen Hirsch (los zum Verfolgen); Gr. 4, 133. 641. vgl.
  • 3428 und zu 17294. — 3445 ze strite = um die Wette, — 3447 erloufen stv.
  • [wie erjagen], durch Laufen erreichen.
  • VI. DER JUNGE KÜNSTLER. 125
  • si hürneten so schone,
  • daz ez Marken sanfte tete 3455
  • und mit im niancgem an der stete.
  • Nu si den liirz gevalteu,
  • ir meister si dar stalten
  • Tristanden, den heinlichen gast,
  • und bäten, daz er si den hast 3460
  • von ende z'ende lieze sehen.
  • Tristan sprach: «daz sei geschehen!»
  • und mit der rede bereite er sich,
  • nu woene ich wol und dunket mich,
  • daz ez undurfte waere, 3465
  • ob ich iu zwir ein msere
  • nach ein ander vür leite,
  • reht' alse ich iu e seite
  • von jenem hirze, rehte also
  • enbaste er aber disen dö. 3470
  • den hast und die furkie,
  • die kunst von der curie,
  • do si den begunden sehen,
  • si begunden eines mundes jehen,
  • daz uiemen von dem liste * 3475
  • niht bezzers enwiste
  • noch niemer künde ervinden.
  • der künec der hiez dö binden
  • (89) den hirz üf unde kerte dan,
  • er und sin jägere: Tristan 3480
  • und al sin massenie.
  • mit gehürne und mit furkie
  • riten si do ze hüse wider.
  • Als was der guote Tristan sider
  • ein lieber hoveman under in. 3485
  • künec ünde gesinde hoeten in
  • in güoter geselleschaft.
  • euch was er alse dienesthaft
  • 3437 hier wieder plusquamperf. : gefällt hatten. — 3459 heinltch adj.
  • hier mit yast zusammengestellt: vertraut, lieb geworden. — 3465 undurfte
  • = H8. M und II (wohl dat. von undurft), unnöthig; vgl. undurften 14804.
  • 14954. — 3460 zwir adv., zweimal. — 3474 eines mundes = mit einem Muude,
  • emstimmig; vgl. 4166. — 3482 s^e//ir«e stn., hier wohl nicht wie in V. 2935,
  • sondern subst. eu hürnen (2770): Geblase, Hornschall.
  • 34>7 geselleschaft stf., freundscliaftlicher Verkehr. —
  • 12G VI. DER JUNGE KÜNSTLER.
  • dem armen imde dem riehen;
  • möht' er ir iegelicben 3490
  • üf siner hant getragen han,
  • daz hsete er gerne getan.
  • die saelde hsete im got gegeben,
  • er künde und wolte in allen leben:
  • lachen, tanzen, singen, 3495
  • riten, loufen, springen,
  • zuhten imde schallen:
  • daz künde er mit in allen.
  • er lebete, swie man wolte,
  • und als diu jugent solte, 3500
  • swes ir deheiner began,
  • daz huob er iemer mit im an.
  • Xü gefüogte sich daz,
  • daz Marke an einem tage saz
  • ein Kitzel nach der ezzenzit, 3505
  • so man doch kurzewile pflit,
  • und losete sere an einer stete
  • einem leiche , den ein harphaere tete ,
  • ein meister siner liste,
  • der beste, den man wiste; 3510
  • der selbe was ein Gäiöis.
  • nu kom Tristan der Parmenois
  • und saz ze sinen füezen dar
  • und uam so flizecliche war
  • des leiches unde der süezen noten, 3515
  • 3490 fg. hätte er tragen können; ebenso V. 3517. — 3493 saclde stf., hier:
  • Begabung; vgl. 2741. — 3497 zuhten swv. intrans., sich mit zuJit beneh-
  • men, fein und sittsam sein im Gegensatz zu schallen swv., lärmen (Hs.
  • M liest iuhten: hat der Schreiber an ein "Wort gedacht wie: jauchzen?);
  • vgl. Bech im Zeitzer Osterprogramm 1868, S. XXIV.
  • 3503 gefüegen, verst. füeyen; hier sich p?/. =:nhd. sich fügen; vgl. zu
  • 15795. — 3507 losen swv., lauschen, zuhören. — an einer stete, an einer
  • Stelle, auch auf saz in V. 3504 zu beziehen oder = aw der stete, so-
  • gleich? oder will die "Wendung besagen: in einem fort, mit gespannter
  • Aufmerksamkeit? — 3508 leich stm. ist hier wie in Y. 13325 ein In-
  • strumental-Tonstück ohne Gesang (über leich s. Müller im mhd. Wb. I,
  • 959, ferner Franz Pfeiffer's Vorbemerkung zum Leich "Walther's von der
  • Vogelweide in seiner "Walther- Ausgabe). Im Tristan hat leicli auch andere
  • Bedeutung: s. insbesondere zu 3524. ZeicÄ ^? [vgl. Spiel machen] = Leich
  • spielen; vgl. 3607. 3610 tmd zu 526. 745. — 3511 Gälois Fremdwort masc,
  • einer aus "Wales. — 3512 Parmenois Fremdwort masc. , Parmenier. —
  • 3515 note swf., nicht bloß Tonzeichen, sondern auch der lebendige Aus-
  • druck des Tones, der Ton selbst; die noten dann: die Melodie, der Satz;
  • insbesondere scheint aus den Stellen, wo von noten und noteltn die Eede,
  • hervorzugehen, daß im Gegensatz zu don und wise das Wort vorzugsweise
  • das Figurierte des Instrumentalspieles bezeichnen soll, die von der Me-
  • lodie nicht gebotenen Verzierungen. —
  • VI. DER JUNGE KÜNSTLER. 127
  • wser' ez im an den lip geboten,
  • ern möhte cz niht verswigen hän.
  • sin muot begunde im ii'f gan.
  • (90) sin herze daz wart muotes vol.
  • «meister», sprach er «ir harphet wol: 3520
  • die noten sint rehte vür braht
  • seneli'che und alse ir wart gedäht.
  • die macheten Britime
  • von minem hern Gurime
  • und von siner friundinne.» 3525
  • Diz nam in sine sinne
  • der harphier' und lost' allez dar,
  • als er der rede niht nseme war,
  • unz er den leich volante.
  • gein dem kinde er sich dö wante: 3530
  • «waz weistu'), sprach er «liebez kint,
  • von wannen dise noten sint?
  • kanstu ihtes iht hier an?«
  • «ja, schoener meister», sprach Tristan
  • «ich haete hie von meisterschaft; 3535
  • nu hat ez aber so kleine kraft,
  • daz ich vor iu niht engetar.»
  • «nein, friunt, se dise harphen dar,
  • lä beeren, welher bände
  • kan man in dinem lande?» 3540
  • «gebietet ir daz, meister min,
  • und söl ez mit iurm urloube sin,
  • daz ich iu harphe?» sprach Tristan.
  • «ja, trüt geselle, se, harph' an!»
  • 3516 hier im strengsten Sinne: tei Todesstrafe gebieten oder verbieten,
  • sonst überhaupt: ernstlich gebieten; vgl. I!s94. — 3517 versaigen trans.
  • 8. zu 15495. — 3522 scnellchc adv., innig; geht auf den guten Vortrag. —
  • alse ir wart (/eciaht = {so) wie ihrer gedacht wurde, wie sie der Componist
  • gewollt und vorgeschrieben hatte; hier wird das correcte Spiel belobt. —
  • 3524 /lern hier gekürzt vor dem Namen = Afr/ve/i ; min /icr=^monsieur, bei
  • G. nicht häufig; vgl. 14282. — 3524 fg. zeigen, diaß der leich des Harfners
  • die Melodie eines Gesangstückes, einer Ballade war.
  • 3534 scficene adj., hier nicht in unserm Sinne: (äathetiscli) schön, auch
  • wohl nicht = vornehm, als ehrendes Beiwort in der Anrede (mhd. Wb. II 2,
  • lyi), sondern, wie aucli öfters das altfranz. bei: lieb. — 3535 kein Selbstlob :
  • meistcrscfiaß stf., hier wie in V. 32s8: Kunstübung, Geschicklichkeit. —
  • 3536 kleine kraft haben, poetische Wendung für: gering sein; vgl. arme
  • (schwache^ kr. 13972. — 3537 gcturren anom. v., hier : wagen, sich getrauen. —
  • 3538 se ein Imper. von sehen, verschieden von sich, sieh, iu der Bedeutung
  • ecce,voilci, sieh da! da! hat also mehr die Geltung einer Interjection. Nach
  • Pfeiffer zu Walther 66, 4 in der Schweiz noch jetzt als Lockruf gebraucht.
  • se — dar, da, nimm hin! — 3539 welher hande ohne Substantiv = welcherlei,
  • was alles. — 3542 urlvup stm,, hier eigentliche Bedeutung: Erlaubniss.
  • 128 VI. DER JUNGE KÜNSTLER.
  • Als er die harphen do genam, 3545
  • sinen händeu si vil wol gezam-,
  • die wären, alse ich hän gelesen,
  • daz si nilit sclioener künden wesen,
  • weich unde linde, kleine, lanc
  • und rehte alsam ein härm blänc; 3550
  • mit den so ruorte er unde sluoc
  • ursuoche und notelin genuoc
  • seltssene, süeze, guote.
  • hie mite wart ime ze muote
  • umbe sine leiche von Britün. 3555
  • sus nam er sinen plectrün,
  • nagel unde selten zoher,
  • dise nider, jene hoher,
  • (91) rehte als er si wolte hau.
  • nu diz was schiere getan: 3560
  • Tristan, der niuwe spileman,
  • sin niuwez ambet huob er an
  • mit flizeclichem ruoche.
  • sine nöten und sine ursuoche,
  • sine seltssene grüeze 3565
  • die harj)hte er also süeze
  • und machete si so schoene
  • mit schoenem seitgedoene,
  • daz iegelicher dar zuo lief,
  • dirre jenem dar näher rief. 3570
  • 3546 gezeruen stv. mit dat., für etwas passen. — 3549 Unde, häufig im
  • Mhd. von der Weichheit und Zartheit der Haut und des Fleisches ge-
  • braucht. — kleine Si^i.-i hier: fein, zart, zierlich. — Zanc adj., langgestreckt,
  • schlank, schmal ; vgl. 10898. — 3550 liarm stm., das große Wiesel, Hermelin
  • (statt Härraelein). — 3551 rüeren swv., harfen, mit Fiugergriffen spielen;
  • dagegen slahen das Spielen mit allen Fingern oder mit einem Instrumente.
  • Beide Ausdrücke dann formelhaft (wie etwa: singen und sagen). — 3552 ur-
  • suoche stf. (wenn nicht pl. von ursuoch stm.), eigentlich: Untersuchung,
  • Versuch; gemeint ist das übliche Präludieren zum Versuch des Instru-
  • ments und der Stimmung. — 3553 seltsccne adj., seltsam, wunderbar. —
  • 3554 hie mite, während des Vorspiels. — mir wirt ze muote umbe . . . =
  • ich gedenke an . . ., mir fällt etwas ein. — 3555 Britün, xa-:' £c,o/7iv König
  • Artus. — 3556 jjlectrün stm., Fremdwort, lat. plectruin, das bekaniite Werk-
  • zeug, der Griffel, um die Saiten zu schlagen. Zarncke fasst das Wort im
  • mhd. Wörterbuche II 1, 523 in Beziehung auf die folgenden Zeilen nur
  • als: Stimmschlüssel, Saitenzieher. Nach Diefenbach 441*" hat plectrurn
  • allerdings vorzugsweise diese Bedeutung , daneben auch percussorium ci-
  • thare, sogar werbet (Wirbel), unter andern auch rottenhamer, richthemerlin
  • u. s. w., also ähnlich wie unsere Stimmhämmer Schlüssel und Hämmer zu-
  • gleich sind. — 3557 nagel pl. (selten negele) , Stimmschrauben, Wirbel. —
  • 3558 dise und jene auf seilen zu beziehen: die einen, die andern. —
  • 3565 grüeze werden die Eingangssätze, das Anschlagen genannt; denselben
  • Terminus weist Bech nach im J. Titurel 2512, 1. 35i4, 1. — 3570 einem dar
  • 7iäher r«o/^K = einem zurufen, herbeizukommen. —
  • VI. DER JUNGE KÜNSTLER. 129
  • vil schiere kom diu liovescliar
  • almeistec löufeude dar
  • und wände niemer komen ze fruo.
  • Nu Marke der sacli allez zuo
  • und saz allez trahtende, 3575
  • sinen friunt Tristanden alitende
  • und wunderte in des sere,
  • daz er so liövesclie lere
  • und alse guote liste.
  • die er an im selben wiste, 3580
  • also verhelen künde,
  • nu Tristan der begunde
  • einen leicli da läzen klingen in
  • von der vil stolzen friundi'n
  • Gräländes des schoenen. 3585
  • do begunde er suoze dornen
  • und harphen so ze prise
  • in britunsclier wise,
  • daz maneger da stuont unde saz,
  • der sin selbes namen vergaz: 3590
  • da begünden herze und oren
  • tumben unde toren
  • und üz ir rehte wanken:
  • •da würden gedanken
  • in maneger wise vür braht. 3595
  • da wart vil ofte gedäht:
  • «ä, saelic si der köufmän,
  • der ie so höveschen sun gewan!»
  • (92) ja sine vinger wize
  • die giengen wol ze flize 3600
  • walgende in den selten,
  • si begünden doene breiten,
  • daz der palas voller wart.
  • 3573 niemer ze fruo, nicht bald genug.
  • ib'^h 8. Nameuverzeichniss, — 35Sfi dcvnen swv., Töne hervorbringen
  • singen [uUd. tönen nur intrans. und nicht subjcctiv = klingen]. — 3590 sin
  • ■telOes namen (wie sin selbes llbes Gr. 4, 296) Umschreibung für: sich selbst.
  • — 3592 tniiiben swv., tump , unverständig werden. — toren swv., tore, thö-
  • richt werden. — 3593 rehte. dat. von reJd stn., hier: Art und Weise wie in
  • V. 4541. 169S4; oder vielleicht dat. von relde stf. in der Bedeutung = r//<^<?,
  • gerade Richtung? oder wortspielend beides zusammen? — 3594 ijedanken
  • ('.tranken) schw. Plural statt gcdanke, von Vortheil für den Dichter.
  • DisBe dem Nhd. gleiche Nebenform vorzugsweise in mitteldeutschen Denk-
  • inftlern. — 3001 lealgen swv. intrans., sich wälzen, «wühlen». Simrock;
  • 'Wogen». Kurtz. — 3'>02 breiten swv., ausbreiten. — 3603 voller nicht
  • ' "mpar., sondern starke Flexion; vgl. z. B. V. 3S67. 10739. —
  • GOTTFRIED VON STKASSBUKG. I. 2. Aufl. 9
  • 130 VI. DER JUNGE KÜNSTLER.
  • dano wart oucli oiigen uiht gespart,
  • der käphete vil manegez dar 3605
  • und nämen siner hende war.
  • Nu dirre leicli der was getan:
  • nu liiez der guote künec dar gän
  • lind sprach, daz man in b^ete,
  • daz er noch einen trete. 3610
  • «mü volimtiers!» sprach Tristan,
  • riliche hiiob er aber an
  • einen senelichen leich als^e
  • de la cürtoise Tispe
  • von der alten Bäbilone. 3615
  • den harphete er so schone
  • und gie den noten so rehte mite
  • nach rehte meisterhchem site,
  • daz es den harphcer wunder nam;
  • und alse ez ie ze staten kam, 3620
  • so lie der tugenderiche
  • suoz' unde wunnecliche
  • sine scliänzüne fliegen in:
  • fr sanc diu leichnotelin
  • britunsche und gälöise, 3625
  • latihsche und franzoise
  • so suoze mit dem munde,
  • daz niemen wizzen künde
  • wederz süezer w£ere
  • oder baz lobebsere, 3630
  • sin harphen oder sin singen,
  • sich huop von sinen dingen
  • und von siner fuoge
  • rede ünde zal genuoge:
  • si jähen al geliche, 3635
  • sin' vernsemen in dem richo
  • 3604 sparen swv, in der Bedeutung: unterlassen öfters in solchen passi-
  • vischen Wendungen: da wurde nicht unterlassen, Blicke zu werfen, da
  • fehlte es nicht an Blicken. — 3605 kaphen swv. =^ gaffen (aber ohne tadeln-
  • den Nebensinn), überhaupt: eifrig auf etwas schauen.
  • 3611 md=^mou, moult, lat. viultum, viel, sehr. — voluntiers = -a.ex\ir:Q,nz.
  • nolontiers. — 3615 aus dem alten Babylon. ■ — 3623 der Leich bestand als(<
  • abwechselnd aus reinem Instrumentalsatz und aus G-esang mit Begleitung.
  • — 3625 galols hier adj., walisisch. — 3626 franzois (aus franziscus oder
  • noch wahrscheinlicher aus franciensis) adj., französisch [dies eigentlich
  • ein doppeltes Adjectiv]. — 3629 wederz neutr. von weder pron. interr.,
  • welcher von beiden. — 3G33 fuoge stf., hier: Geschicklichkeit, Kunst. —
  • 3634 zal stf., Erzählung, Erwähnung, Gespräch. —
  • VI. DER JUNGE KUNSTLER.
  • 131
  • an einem man die fuoge nie.
  • der sprach dort und dirre hie:
  • (93) «ä, waz ist diz von kinde?
  • waz hän wir ze gesinde?
  • ez ist allez umbe den wint,
  • elliu diu kint, diu nu sint,
  • wider ünserm Tristände. »>
  • 3G40
  • Tristan dö der verande
  • sinen leich nach siner ger,
  • Marke sprach: «Tristan, gä her:
  • der dich da hat geleret,
  • der si vor gote geeret
  • und du mit ime! daz ist vil wol.
  • dine leiche ich gerne hoeren sol
  • underwilen wider naht,
  • so dii doch uiht gesh\fen mäht,
  • diz tuostu wol mir unde dir.»
  • «ja, herre, wol.» «nu sage mir,
  • kanst du kein ander seitspil noch?»
  • «nein, herre» sprach er. «nü iedoch,
  • reht' alse lieb als ich dir si,
  • Tristan, da frage ich dich es bi.»
  • «herre,» sprach Tristan al zehant
  • «irn dorftet mich niht hän gemant
  • so verre , ich seite ez iu doch wol ,
  • sit ich ez iu doch sagen sol
  • und ir ez wellet wizzen:
  • herre, icli lian geflizzen
  • au iegelichem seitespil,
  • und enkän doch keines alse vi),
  • i'ne künde es gerne mere.
  • 1645
  • 3650
  • .jooü
  • 3600
  • 3665
  • 2639 eon kinde steht für den Gen.: waz kinde.i ist diz, was für ein Kind ist
  • dies; 9. zu 75<>. — 'ii^40 geainde stn., hier in ursprüngliclier Bedeutung: Ge-
  • sellechaft, oder (/ainde dat. von yesint stm., Genosse? — 3641 tonbe den
  • wint, um Nichts, soviel wie Nichts; ähnliche Wendungen bei Gottfried
  • Bind: uinbe ein loup I<;0s8, umbe ein ijlänn ointjeriln 1(5874; vgl. zu 8673.
  • 3644 ehrenden swv. trans. = beenden ; vgl. 8352. — 3651 wider naht,
  • gegen Abend. — 3652 gosläfen stv., verst. ulafen, einschlafen. — 3657 wii-
  • t:agen : wenn ich dir lieb bin, im Vertrauen auf deine Zuneigung. — 3658 da
  • vieUeicht nicht zu bi geliürijj, sondern das satzbeginnende däf vgl. zu 3971.
  • — bi frä'jen mit acc. und gen., einen um etwas Ijefragen, bei einem Nach-
  • frage halten liber etwas , seltene Wendung [auch befragen in älterer Zeit
  • ungemein selten]. Kher da bi mit Bezug auf V. 3557: unter der Voraus-
  • aeUung (daß ich dir lieb bin; bei deiner Liebe). — 3664 flUcn stv. hier
  • nicht reflexiv, aber dieselbe Bedeutung: sich bemühen ; an, um. — 3*)67 daß
  • ich 6B nicht «^orne noch besser verstünde. —
  • 9*
  • 132 VI. DER JUNGE KÜNSTLER.
  • euch hän ich dise lere
  • niht vil manegen tac getriben,
  • und zwäre ich bin derbi beliben 3670
  • under malen küme siben jär
  • oder lützel mere, daz ist war.
  • mich lerten Parmenien
  • videln ünde Symphonien:
  • harphen iinde rotten 3675
  • daz lerten mich Gälotten,
  • zwene meister Galoise.
  • mich lerten Britünoise,
  • (94) die wären üz der stat von Lüt,
  • rehte li'ren ünde sämbiüt.» 3680
  • «sarabiiit, waz ist daz, lieber man?»
  • «daz beste seitspil, daz ich kan.»
  • aseht», sprach daz gesinde
  • {(got der hat disem kinde
  • üf rehte wunneclichez leben 3685
  • siner genäden vil gegeben.»
  • Marke der fragte in aber do me:
  • «Tristan, ich horte dich doch e
  • britiinisch singen und gälois,
  • guot latine und franzois: 3690
  • kanst du die spräche?» «herre, ja,
  • billiche wol.» nu kom iesä
  • der hüfe dar gedrungen;
  • und swer iht fremeder zungen
  • von den bilanden künde, 3695
  • der versüochte in sä zestuude:
  • dirre sus und jener so.
  • 3671 under malen {underwUen ist adverbialer) = mitunter , bisweilen, kann
  • hier nur die Bedeutung haben: zwischen hindurch, mit Unterbrechung. —
  • 3673 Farmenie swm. = Parmenois, Parmenier. — 3674 Lymphomen swv., auf
  • der Symphonie, einem musikalischen. Instrumente , spielen; es wird eine
  • Art des Geigenspiels gemeint sein. — 3675 rotten swv., auf der rotte (s. zu
  • 13123) spielen. — 3676 Gälotte sv^m. = Galoix, Waliser; vgl. 16276 fg. —
  • 3678 Britunois adj. subst. %iva.. = Britun, Bretone. — 3680 llren swv., die
  • lire (s. zu 7995) spielen. — sambiut (Geschlecht?) Fremdwort, franz. sam-
  • huque, lat. sarnbuca , ein Saiteninstrument und Saitenspiel, wohl eine Art
  • Harfe. — 3685 uf praep., für.
  • 3690 latine ist subst. stf., Latein (aus latina sc. lingua) wie in V. 11953.
  • Die vorhergehenden "Worte wie das folgende sind auch substantivisch zu
  • fassen, nicht adverbial, wie wir sagen: Deutsch, das Deutsche. — 3691 spräche
  • plur. — 3692 billiche adv., hier: ziemlich, b. tcol, ziemlich gut, ao ziem-
  • lich. —
  • VI. DER JUNGE KÜNSTLER. 133
  • hier uuder antwürte er do
  • hofsliche ir aller maeren:
  • Norwaegen , irlandreren , 3700
  • Alamanjen, Schotten imde Tenen.
  • da begünde sich mauc herze senen
  • nach Triständes fuoge.
  • da wölten genuoge
  • vil gerne sin gewesen als er. 3705
  • im sprach vil maneges herzen ger
  • siioz' unde minneclichen zuo:
  • «ä Tristan, wsere ich alse duo!
  • Tristan, du mäht gerne leben:
  • Tristan, dir ist der wünsch gegeben 3710
  • aller der fuoge, die kein man
  • ze dirre werlde gehaben kan.»
  • ouch macheten si hier under
  • mit rede michel wunder:
  • '«hörä!» sprach dirre «horä!» sprach der 3715
  • «elliu diu werlt diu hoere her:
  • ein vierzehenjaerec kint
  • kan al die liste, die nu sint!»
  • (95) Der künec sprach: «Tristan, hoere her:
  • an dir ist allez, des ich ger; 3720
  • du kanst allez, daz ich wil :
  • jagen, spräche, seitespil.
  • nu suhl ouch wir gesellen sin,
  • du der min und ich der din.
  • tages so suln wir riten jagen, 3725
  • des nahtes uns hie heime tragen
  • mit höveschlichen dingen:
  • harphen, videlen, singen,
  • daz kaustu wol, daz tuo du mir:
  • so kan ich spil, daz tuon ich dir; 3730
  • des ouch din herze lihte gert,
  • schceniu kleider unde pfert,
  • 3701 Alamanje swm., Deutscher. — 3710 wunach stm. , das Höchste, die
  • größte Meisterschaft; vgl. A*M^. — .Mlh horä = h<£rä imper. mit der ver-
  • stärkenden Partikel «; vgl. Gr. 3, 29o. Zingerle in Pf. Germania 7, 257.
  • 3723 o«:A zu ge%t>Uen. — 372ö tages adv. gen. = des Tags [wie nachts].
  • — 3726 hie hehne adv., daheim. — tragen stv. refl. mit f-tew., sich mit etwas
  • beschäftigen. — 373(t der König maclit einen Scherz mit den Worten spü,
  • und spikn (3734), er fasst sie im Gegensätze zu dem musikalischen Spiele
  • TriBt«n'8 aligemeiner: Unterhaltung, Ergötzung , und Unterhaltung bieten.—
  • 134 VI. DER JUNGE KÜNSTLER.
  • der gibe ich dir, svvie vil du wilt:
  • da mite hän ich dir wol gespilt.
  • sich, min swert und mine sporn, 3735
  • min armbrust und min guldin hörn,
  • geselle, daz bevilhe ich dir:
  • des underwint dich, des pflic mir
  • und wis du hövisch unde fro!»
  • Sus was der eilende do 3740
  • da ze höve ein trüt gesinde.
  • ezn gesäch nie man von kinde
  • die s?elde, die man an im sach:
  • swaz er getete, swaz er gesprach,
  • daz dühte und was ouch alse guot, 3745
  • daz ime diu werlt holden muot
  • und inneclichez herze truoc.
  • hie mite si der rede genuoc.
  • wir suln diz msere legen nider
  • und grifen aber an jenez wider, 3750
  • sin vater, der marschalc dan Rüal
  • li foitenant et li leal,
  • waz der nach ime getrete,
  • do er in verlören haete.
  • ^^738 pfleyen stv. mit dat. der Person, gen. der Sache, hier etwas anders
  • als in V. 1932: sich für einen eine Sache angelegen sein lassen.
  • 3749 nider legen [vgl. nhd. niederschlagen] gebraucht Gottfried neben
  • hin l. öfters im Sinne von: bei Seite legen, aufgeben, auf sich beruhen
  • lassen; vgl. 9743. 15023 und zu 4410, 9604. — 'SlbO r/rifen an . . . öfters ge-
  • sagt von mcere, liet = iinserm: aufnehmen; steht auch elliptisch z. B. 7235.
  • — 3751 dan Fremdwort, dominus, neuspanisch Don. — 3753 nach praep.,
  • eigentlich : hinter her [wie bei senden, suchen auch näcfi steht] ; nur durch
  • Umschreibting zu geben: was der, um nach ihm zu suchen, unternahm.
  • Yll.
  • WIEDERSEHEN.
  • Rual li Foitcnant begibt sich auf die Keise, um nach dem verlorenen
  • Tristan zu suchen. Er verarmt, geht zu Fuße und muß sein Brot erbet-
  • teln. Im vierten Jahre seiner Wanderung begegnet er in Dänemark jeneu
  • beiden Pilgern und wird von ihnen auf Tristan's Spur geleitet. Er fährt
  • nacli Kurnewal, und in Tintajoel findet er den Ersehnten, der seineu
  • Vater mit herzlicher Freude begrüßt und ihn trotz seines ärmlichen Ge-
  • wandes und Übeln Aussehens vor den König führt. Dieser heißt den
  • vermeintlichen Kaufmann als den Vater seines jungen Freundes will-
  • kommen. Rual wird gebadet und neu gekleidet, und speist an des Königs
  • Tische. Nach dem Essen erzählt er mit Rührung und unter schmerzliclier
  • Theilnahme Marke's und der Ritterschaft seine Fahrt und die Geschichte
  • Tristan's und seiner unglücklichen Altern. Tristan ist die neue Kunde,
  • er nicht der Sohn Rual's sei, nicht erfreulich zu hören. Marke er-
  • klärt, seinem Neffen Erbvater sein zu wollen, und Rual rüth, Tristaix möge
  • sich von seinem Olicim zum Ritter machen lassen.
  • Dan Küal li foitenant 3755
  • der schiffcte über mer zeliaiit
  • mit nnchelem guote ,
  • wan ime was wol ze niuote,
  • (96) ern wolte niemer wider komen,
  • ern haete etewaz vernomen 3760
  • endeclicher m»re,
  • wä sin juncherre wsere,
  • und stiez ze Korwjege zuo.
  • da vorsclite er späte unde fruo
  • in allem dem lande 3765
  • nach sinem friunt Tristande.
  • ^ 3761 endeclich adj., zum Ziel fahrend, voUbtäadig, sicher. — 3763 zuo
  • slo'.en, anlanden. —
  • 13G VII. WIEDERSEHEN.
  • waz half in daz? ern was da iiiht:
  • al sin siiochen was ein wiht.
  • imd alse er sin da niht envant,
  • dö kerte er Avider Irlant. 3770
  • seht, däne künde er iht me
  • von ime ervorschen danne als e.
  • hie mite begunde er an der habe
  • so swachen und so nemen abe,
  • daz er sich nider ze fuoze liez 3775
  • und siniu phärt verkoufen hiez
  • und mit dem guote sande
  • sine Ifute wider ze lande.
  • sich selben liez er in der not,
  • wan er gie betelen umbe bröt 3780
  • und treip daz stsetecliche
  • von riebe ze riche
  • von lande ze lande,
  • vorsehende nach Tri stände
  • wol driu jär oder mere, 3785'
  • biz daz er also sere
  • von sines libes schoene kam
  • und an der varwe als abe geiiam,
  • swer in da vor htete gesehen,
  • dern hsete niemer gejehen. 3790-
  • daz er ie herre würde.
  • die schameliche bürde
  • die truoc der werde dan Rüalt
  • geliche alsam ein art ribalt,
  • daz ime dehein sin armüot, ' 3795
  • als ez doch weizgot manegem tuot,
  • sinen giioten willen nie benam.
  • Nu ez in daz vierde jär do kam ,
  • (97) do was er ze Tenemarke
  • und vorschete euch da starke 380O
  • von stete ze stete, hin unde her:
  • 3767 h'A/en im Mhd. auch mit acc. [nhd. seltener]. — 376S ein wiJit = ein
  • Nichts, umsonst; vgl. 8185. — 3775 (vom Pferde) herabstieg. — 3781 stce-
  • tecilche adv., beständig. — 3792 schamelich adj., schimpflich. — 3794 ein
  • arf, nicht: eine Art, Gattung, sondern: in der Art; etwa = unserm: seines
  • Zeichens ; vgl. 7595. — ribalt stra., Fremdwort, Landstreicher, Vagabund. —
  • 3795 armiwt stn. (vgl. 4454), Armuth stf. — dehein sin: im Nhd. diese und
  • ähnliche Verbindungen nicht mehr möglich; dehein ist je nach ümständerk
  • durch Negation zu geben oder wegzulassen; vgl. 17266.
  • VII. WIEDERSEHEN. 137
  • von gotcs genädeu cid vant er
  • die zwoiie wällende man,
  • die sin juncherre Tristan
  • uf der wältstraze vant. 3805
  • die selben frägete er zehant;
  • die Seiten ime oucli mcere,
  • wenn' und wie lange es waere,
  • daz si einen knaben hseten gesehen
  • reht' als si in da hörten jehen 3810
  • und wie si'n mit in liezen gän,
  • wie sin dinc allez was getan
  • au antlütz' unde an häre,
  • an rede und an gebäre,
  • an libe und an gewande, 3815
  • und wie maneger hande •
  • sprach' unde fuoge er künde.
  • zehant und an der stunde
  • bekande er wol, im wierc also.
  • die wälljere bat er do 3820
  • däz si'z durch got tceten,
  • swä si'n geläzen haeten,
  • ob si die stat erkanden,
  • daz si si'm rehte nanden,
  • sus Seiten si Rüäle, 3825
  • ez wi3ere in Kurnewäle
  • ze Tintajöle in der stat.
  • die stat er ime dö nennen bat
  • aber und aber und sprach dö z'in:
  • cnu wä lit Kurnewäle hin?» 3830
  • ' stozet» sprächen jene zehant
  • «jensit Britanje an daz lant.»
  • «A!» dähte er «herre trehtih,
  • diz mac wol din genäde sin:
  • ist Tristan, also ich hau vernomen, 3835
  • alsus ze Kurnewäle komen,
  • so ist er rehte komen hin heim;
  • wan Märke der ist stn ddieim.
  • 3S18 vgl. V. 419»;. an der a'unde, hier entschieden in der Bedeutung:
  • sofort; an manchen Stellen zweifelhaft, ob diese Bedeutung oder = da-
  • mals, da; vgl. «477. 0.'>4l. 7102. 12918 und zu .3249. — 3819 bekennen swv.,
  • erkennen, merken.
  • 138 VII. WIEDERSEHEN.
  • (98) da wise mich hin, süezer got!
  • ä herre got, durcli din gebot 3840
  • nu lä mir noch so wol geschehen,
  • daz ich Tristanden müeze sehen!
  • diz msere, daz ich hän vernomen,
  • daz müeze mir ze fröuden komen!
  • ez dunket mich und ist ouch guot: 3845
  • ez hat mir minen swieren muot
  • erwecket unde gemachet fro.
  • sseligen liute«, sprach er do
  • «der megede sim m.üez' iuch bewarn!
  • ich wil üf mine sträze varn 3350
  • und sehen, ob ich in vinde.»
  • «nu gewi'se iuch nach dem kinde,
  • der al der werlde hat gewalt!»
  • «genäde!» sprach ab dö Rüalt,
  • «gebietet mir, hie'st bite nime.» 3855
  • «friunt», sprächen jene «a de, a de!»
  • Rüal dö sine sträze gie,
  • so daz er sinem libe nie
  • ruow' einen halben tac genam,
  • unz daz er zuo dem mere kam. 3860
  • da ruowete er, daz was im leit:
  • wan schif diu wären unbereit;
  • und alse er dö schiffunge vant,
  • er fuor ze Britanje in daz lant.
  • durch Britanje streich er do 3865
  • so striteclichen unde also,
  • daz nie kein tac so langer wart,
  • daz des iht würde gespart,
  • ern striche in iemer in die naht,
  • da zuo gap ime muot unde mäht 3370
  • der gedinge, der im was geseit.
  • ez machete ime sin arebeit
  • senft' unde harte lihtesam.
  • 3847 erwecken swv. , erquicken , erbeitern. — 3849 der megede sun wie
  • in V. 5167, Umsclireibung für Christus. — 3852 gewisen swv., verst. wisen,
  • führen. — 3855 bite stf., Warten, Verweilen; vgl. 8860.
  • 3859 ruoioe nemen, genemen sinei/i Itbe, sich Buhe nehmen, ausruhen. —
  • 3862 unbereit aclj. = nicht bereit; Gottfried hat eine Vorliebe für diese Zu-
  • sammensetzungen mit tm-. — 3863 schiffunge stf., Einschiffung, Schiffs-
  • gelegenheit. — 3866 striteclichen adv., (streithaft), tapfer, eifrig. —
  • 3873 lihtesam adj., leicht; vgl. zu 1768. —
  • VII. WIEDERSEHEN. 139
  • iiu er ze Kurnewäle kam,
  • zehant (16 fragte er nifere, 3875
  • wa Tintajoel wsere;
  • vil schiere er des bewiset wart.
  • (00) sus kerte er aber üf sine vart
  • und kom ze Tintajole zuo
  • eines sunnen äbendes fruo, 3880
  • do man ze messe solte gän.
  • sus gieng er vür daz münster stän;
  • da gie daz volc her unde dar,
  • und er nam allenthalben war
  • und spehete wä unde wä, 3885
  • obe er iemen fuude da,
  • der ime reht unde gebaere
  • ze siner frage waere,
  • wan er däht' allez wider sich:
  • «diz volc ist allez baz dan ich; 3890
  • swen ich mit rede bevähe,
  • ich fürhte, ez in versmähe,
  • daz er mir gebe antwürte umb' in,
  • Sit ich als armer fuore bin:
  • rät, herre got, waz ich getuo!» 3895
  • Nu gie der künic Marke zuo
  • mit einer wunneclichen schar,
  • der getriuwe der nam aber war
  • und ersäch niht, des er wolte.
  • und alse der künec do solte 3900
  • von messe wider ze hove gän,
  • Rüal gie von dem wege stän
  • und nam sunder dort hin dan
  • einen getageten hoveman:
  • « ä herre», sprach er «saget mir 3905
  • durch iuwer güete, wizzet ir,
  • ob ein kint hie ze hove si?
  • mau seit, ez wone dem künege bi
  • 3' bevähen stv., mit acc, wie unser: einen in Anspruch nehmen, oder:
  • angehen; mit rede 0er., einen anreden; vgl. 4112. — 3892 in nach den
  • Has. Btatt j//( , darum wolil altcrthümlich venntälicn 8wv. trans. = r^r-
  • ■<)iu'lien in der Bedeutung: beleidigen; vgl. zu 7554. Übrigens kommt
  • auch, v;\Q Bech nachweist, versmäfien, verächtlich dünken, mit dem Acc.
  • vor in einigen alten Hss. der Kaiaerchronik 2:{r»8. 14121 und Walther (L)
  • CO, ö Hs. A und E. — 3894 /«ore stf., Lebensweise, dann auch wie hier:
  • Auesehen , Erscheinung.
  • 3908 l/i uonrn mit dat. = bei einem wohnen, einem zugesellt sein, iu
  • Beziehung zu einem stehen. —
  • 140 VII. WIEDERSEHEN.
  • und ist daz Tristan genant.»
  • «ein kint?)) sprach jener al zehant 3910
  • "i'ne säge iu niht von kinde:
  • ein knappe ist hie gesinde,
  • der sol schiere nemen swert
  • und ist dem künege harte wert,
  • wau er kan kunst geuuoge 3915
  • und erkennet manege fuoge
  • und manege höveschlichiu dinc:
  • der ist ein starker jimgelinc
  • (100) mit brünreidem häre,
  • mit schcenem gebäre 3920
  • und ist ein eilende man:
  • den heizen wir hie Tristan.»
  • «Xu herre», sprach Rüal iesä
  • «sit ir hie hovegesinde?») «ja.))
  • «herre, durch iuwer ere 3925
  • so tuot ein Ititzel mere,
  • wan ir tuot harte wol dar an.
  • saget ime, hie si ein armer man,
  • der welle in sprechen unde sehen,
  • euch muget ir ime des wol verjehen, 3930
  • ich si von sinem lande.»)
  • sus Seite jener Tristande,
  • ein sin lantman waere da.
  • Tristan der kerte dar iesä;
  • und äl da mite daz er in gesäch, 3935
  • mit herzen und mit munde er sprach:
  • «Nu müeze unser trehtih
  • iemer gebenediet sin,
  • vater, daz ich dich sehen mnoz!*)
  • daz was sin aller erster gruoz; 3940
  • da nach lief er in lachende an
  • und kuste den getriuwen man,
  • als ein kint sinen vater sol :
  • daz was vil billich unde wol.
  • er was sin vater und er sin kint. 3945
  • 3913 swert nemen, Terminus für: Ritter werden (durch Empfang und An-
  • legung des Schwertes). — 3919 reit adj., gen. reides, gelockt; brunreit,
  • braungelockt; vgl. zu 3334.
  • 3930 verjehen stv. mit dat. und gep., einem etwas sagen.
  • VII. WIEDERSEHEN. 141
  • alle die viitere, die iiu sint
  • oder die vor uns Avurden ie,
  • dien' getaten alle ir kinde nie
  • väterlicher danne er im tete.
  • ja Tristan der ha3t' an der stete 3950
  • vater, muoter, mäge, man,
  • alle die friunt, die'r ie gewan,
  • enzwischen sinen banden da.
  • vil innecliclie sprach er: »ä,
  • getriuwer vater guoter, 3955
  • sage an, min süeziu muoter
  • und mine bruoder, lebent die noch?»
  • «i'ne weiz», sprach er «trüt sun, iedoch
  • (101) lebeten s', do ich s' nähest sach,
  • wan daz si michel ungemach 3960
  • von dinen schulden hseteu.
  • wie si aber sit her getseten ,
  • desu kan ich dir niht gesagen,
  • wan ich gesach in manegen tagen
  • nieman, den ich erkande; 3965
  • sone köm ich ouch ze lande
  • Sit der veigen stunde nie,
  • daz mir an dir so missegie. »
  • «ä», sprach er aber «trüt vater min,
  • waz sol dirre m?ere sin? 3970
  • din schoener lip, war ist der komen?»
  • «sün, da hästu mir'n genomeu.»
  • «so wil ich dir'n wider geben.»
  • «sun, daz muge "vvir ouch gelebeu.»
  • «nu vater, gä dan ze hove mit mir.» 3975
  • «nein, sun, dar gän ich niht mit dir:
  • du sihest wol, ich wsere
  • alsus niht lioveba;re. »
  • «nein, vater», sprach er «diz muoz geschehen,
  • der künoc, min herre sol dich sehen.» 3980
  • Rüal der hövesche, guote,
  • der gedä'hte in sinem muote:
  • 39:)3 enzwischen (—inzwischen nhd. nur adv.) prscp. mit dat. := zwi-
  • schen, iu. — 3959 nähest adv., jüngst, zuletzt. — 8961 s. zu 767. —
  • 3968 v,issp;ian mit dat., einem übel ergehen: ««, mit. — 3972 da steht
  • öfters satzbeginnend, namentlich in Antworten; vgl. 8695 und zu 365S,
  • Benecke zu Iweiu 490. — 3974 'jelcbcn, verst. Ichcn, erleben. — 3973 hove-
  • lixre adj., hier in ursprüngl. Bedeutung: dem Hofe angemessen, [vgl. hof-
  • fähig], überhaupt: anstandsgemäß. —
  • 142 VII. WIEDERSEHEN.
  • «min nackotage enwirret uilit,
  • swie mich der küiiec nu varnde siht,
  • er wirt mich gerne sehende, 3985
  • und wirde ich ime verjehende
  • iimbe si'nen neven, der hie stat;
  • swenn' ich im alle mine tat
  • von anegenge her gesage,
  • ez wirt vil schoene, daz ich trage.» 3990
  • Tristan der nam in an die hant.
  • sin bereitschaft nnde sin gewant,
  • daz was, als ez do mohte sin,
  • ein vil armez rockelin
  • beschaben nnde verslizzen, 3995
  • wä unde wä zerizzen:
  • daz truog er äne mantel an.
  • diu kleider, diu der guote man
  • (102) under sinem rocke truoc,
  • diu wären armeclich genuoc , 4000
  • vernozzen unde verselwet gar.
  • von ünrüoche was sin här
  • an houbet unde an harte
  • verwalken alse harte,
  • als obe er wilde wa^re. ' -1005
  • euch gie der sagebrere
  • an füezen unde an beinen bar.
  • dar zuo was er so wetervar,
  • als alle die von rehte sint,
  • den hunger, frost, sunn' unde wint 4010
  • ir varwe und ir lieh hat benomen.
  • alsus was er vür Marken komen,
  • daz er im under ougen stich.
  • Marke ze Tristande sprach:
  • :J9S3 nacketage swm., Xacktheit. — werren stv., ihier = unserm: schaden;
  • vgl. 12490. — 3985 fg. altes Beispiel vom ruturura mit dem Hülfswort wer-
  • den (nebst partic. prses., iihd. scheinbar infin.); vgl. Gr. 4, 7. — 3989 aa-i-
  • 'jenfje stn. , Angehen, Anfang.
  • 3992 bereitschaft stf., Ausrüstung (wie unser: Equipierung), Tracht. —
  • 3995 beschaben part. von beschaben stv., abschaben swv. • — verslizzen part.
  • von versitzen stv., (eigentlich: verschleißen), zerreißen, abnutzen. —
  • 4000 armeclich adj., ärmlich. — 4001 vernozzen part. von verniezen stv,,
  • verzehren , verbrauchen. — verselwen swv. , verschmuzen. — 4004 ver-
  • walken part. von verwalken stv., zusammenwalken swv., verfilzen. —
  • 4006 sageba:re adj., hier subst., der Löbliche. — 4008 w/^ryar adj., (wetter-
  • farbig), vom Wetter gekennzeichnet. — 4009 von rehte, mit Recht, von
  • rechtswegen , etwa: natürlicl).
  • VII. WIEDERSEHEN. 143
  • «sage du, Tristan, wer ist der mau?» -4015
  • «min vater, herre», sprach Tristan.
  • «hast du war?») «ja, lierre min.»
  • «der sol uns willekomen sin!»
  • sprach aber der tugenderiche.
  • Küal neig ime hofliche. 4020
  • Hie mite so kom diu ritterschaft
  • zuo geloufen herhäft
  • und da mit al diu hoveschar,
  • und riefen alle sunder dar:
  • «sire, sire, deu sal!» 4025
  • nu wizzet doch daz, daz Rüal,
  • swie unhovebsere
  • gewandeshalp er waere,
  • er was iedoch zeware
  • an libe und an gebäre 4030
  • vollekomen unde rieb,
  • er was des libes edelicb,
  • an geliden und an geliuno
  • gewahsen alse ein hiune:
  • sin arme und siniu bein wol lanc; 4035
  • schoen' unde herlich was sin gauc;
  • sin lip was aller wol gestalt.
  • ern was weder ze junc noch z'alt,
  • (103) wan in der aller besten tugent,
  • da daz alter und diu jugent 4040
  • dem lebene gebent die besten kraft.
  • er was an rehter herschaft
  • aller keiser genoz.
  • sin stimme alsam ein hurn doz,
  • sin rede diu was vil wol besuiten. 4045
  • man sach in mit herlichen siten
  • vor al der heVschefte stan:
  • er biete euch r alsam ffetan.
  • 4022 Iierliajt adj., scharenweise. — 402.') sire Frenulwort (lat. senior),
  • Herr; einsilbige Nebenform in V. 10721. — 4027 tcnhoveba're adj., vgl. zu
  • 3978. — 4028 f/ewandes/ialp adv. , wegen, in Betreff des Gewandes. —
  • 4033 geliiine stn., Bescliaffenheit , Gestalt. — 40;{4 hiuno swm., Heune
  • (Hunne), unser: Hüne, Kiese. — 4o;i7 aller starke Flexion = sein Leib war
  • ganz, durchaus u. s. w., oder: sein ganzer Leib; vgl. 45t>3. — 4042 her-
  • scha/t stf., ein Lieblingswort des Dichters, hier innerlich: die Herrlichkeit,
  • Hoheit. — 4044 du: prait. von diezen (4H(;j) stv. , tosen, schallen. —
  • 4047 hü-ichaft, hier wortspiclcnd in anderer Bedeutung als in V. 4042.
  • üußcrlicli: die Herren, der Hof wie in V. 1118,
  • 144 VII. WIEDERSEHEN.
  • Ilie liuop sicli micliel rünen
  • von rittern und barünen: 4050
  • si redeten hin, si redeten her:
  • «ja», sprächen s' alle «und ist daz der?
  • ist daz der hövesche köufman,
  • von dem uns sin sun Tristan
  • so manege tagende hat geseit? 4055
  • "wir haben von siner frumekeit
  • maer' unde maere vil vernomen.
  • wie ist er alsus ze hove komen?»
  • und spelleten sus unde so.
  • der guote kimec der hiez in do 4060
  • füeren ze kemenäten
  • und hiez in da beraten
  • mit ri'li'cher waete.
  • Tristan in schiere hsete
  • schone gebadet und wol gekleit. 4065
  • ein hüetelin was da bereit:
  • üf sin houbet sazte er daz],
  • und gestüont ouch daz niemanne baz,
  • wan er was under ougen rieh,
  • sin geschepfede diu was herlich. 4070
  • Tristan der nam in an die haut
  • liepliche, als ez im was gewant,
  • und fuorte in wider ze Marke,
  • nu begündß er in do starke
  • und sere wol gevallen. 4075
  • si sprächen under in allen:
  • «nu kieset, wie schiere edeliu wät
  • den man ze lobe gestellet hat!
  • (104) diu kleider stänt dem köufman
  • wol unde lobelichen an. 4080
  • ouch ist er selbe herli'ch.
  • wer weiz, ern si vil tugenderich:
  • er gebäret diu geliche wol,
  • ob man der wärheit jehen sol:
  • 4049 rvnen infin. subst. stn., Kaunen, Zuflüstern, heimliches Ge-
  • spräch. — 4059 spellen swv. , erzählen, plaudern. — 4061 kemenäte swf.
  • (14255), heizbares Gemach, dann: Frauengemacli , hier ohne Zweifel ins-
  • besondere = Garderobe. — 40G2 beraten stv., ausrüsten. — 4069 under ougen
  • (dat.), im Antlitze. — rtcli adj., hier: herrlich, schön; vgl. 6659. — 4070 ge-
  • schepjfede stf., Beschaffenheit, Gestalt; vgl. 11102.
  • 4078 stellen swv., gestalten", bilden. —
  • I
  • VII. WIEDERSEHEN. 145
  • jui seht, wie herli'che er gät, 4085
  • wie schcene gebaerde er hat
  • in eclclem gevvande,
  • und niuwan an Tristande
  • da kieset sine tugende an:
  • wie künde ein werbender man 4090
  • sin kint so schone erzogen hän ,
  • ez enmüese üz edelem herzen gän?»
  • Xu haete man wäzzer genomen,
  • lind was der künec ze tische komen.
  • sinen gast Rüäleu sazte er sä 4095
  • ze sinem tische und hiez im da
  • l>öfschliche dieneu unde wol,
  • 4ils man dem böveschen dienen sei.
  • <• Tristan», sprach er «gä balde dar,
  • iiim selbe dines vater war!» 4100
  • deiswär, ich weiz wol, daz geschach:
  • elliu diu ere und daz gemach,
  • daz er'm erbieten künde,
  • daz tete er, alse er'm gunde.
  • ouch az Rüal der guote 4105
  • mit willeclichem muote,
  • wan Tristan tete in fröudehaft.
  • Tristan der was sin Wirtschaft:
  • daz er Tristanden ane sach,
  • daz was sin meiste gemach. 4110
  • und als man do von tische gie,
  • der künec den gast mit rede bevie
  • und fragte in aller hande
  • beidiu von sinem lande
  • unde ouch umbe sine vart. 4115
  • und alse er in fragende wart,
  • diu ritterschaft lost' elliu dar
  • und nam Rüäles maere war.
  • (105) «H^rr^», sprach er «ez ist vür war
  • vil nach wol vierdehälp jar 4120
  • Sit des, daz ich von lande schiet;
  • 4088 niuican hat hier wahrscheinlich, ausgehend von der Bedeutung: nur,
  • aasgenommen, den Begriff: besonders aber, vor aUetu.
  • 410S xcirtschaft stf., Bewirthung, Mahlzeit, bildlich gebraucht, etwa:
  • seine beste Kost. — 4116 Um8chreibung=/röy('e, von Vortteil für den Dichter.
  • 4121 sff (/cj = Seitdemi vgl. 4J7. —
  • OOTTFBISD VON STBASSB^RG. I. 2. Aufl. 10
  • 146 VII. WIEDERSEHEN,
  • und swar ich sider hin geriet,
  • (lane fragte ich keines mseres nie
  • wan des, da ich mit nrabe gic
  • und daz mich her geleitet hat.» 4125
  • «waz was daz?» «Tristan, der hie stat.
  • und zwäre, herre, ich hän noch kint,
  • diu min von gotes halben sint,
  • und gan den guotes alse wol,
  • als dehein man sinen kinden sol: 4130
  • dri süne, wser' ich gewesen bi in,
  • ' daz eteslicher under in drin
  • iezuo wol ritter wsere;
  • hset' ich die halben swsere
  • erliten durch si alle dri, 4135
  • swie fremede so mir Tristan si,
  • die ich durch in erliten hän,
  • es waere vil und vil getan.»
  • «fremede?» sprach der künic do
  • «saget an, wie'st disem msere so? 4140
  • er ist iur sun doch, alse er gibt?»
  • «nein, herre, er bestät mich niht,
  • wan alse vil ich bin sin man.»
  • t5
  • I
  • Tristan erschrac und sach in an.
  • aber sprach der künec: «nu saget uns daz, 4145
  • durch weihe schulde und umbe waz
  • habet ir die not durch in erliten,
  • iuwer wi'p und iuwer kint vermiten,
  • als ir da jehet, so lange frist,
  • Sit daz er iuwer sun niht ist?» 4150
  • «herre, daz weiz got und^ch.«
  • «nu, friunt, bewi'set ouch mich!»
  • sprach aber der guote Marke
  • « es wundert mich vil starke.»
  • «wesf ich», sprach der getriuwe 4155
  • «ob ez mich niht geriuwe
  • und obe ez mir hie wsere
  • ze sägene gebaere,
  • 4142 mich bestät, mir kommt zu, mich geht an; von Gottfried öfters an-
  • gewandt; vgl. 12323 u. zu 4580.
  • 4148 vermiden stv., verlassen. — 4152 bewtsen hier ohne Genitiv; vgl.
  • 1541. — 4156 (/er iuwen stv. (12857), nicht: reuen, sondern: schmerzen; vgl.
  • zu 1789. —
  • VII. WIEDERSEHEN. 147
  • (lOG) hCn'YOj ich möchte iu wunder sagen,
  • wie sich diz dinc hat her getragen 4160
  • und wie ez sich gefüeget hat
  • nmbe Tristanden, der hie stät. »
  • Mark' und sin barünie
  • und al diu massenie,
  • die baten an der stunde 4165
  • alle üz einem munde:
  • «säget an, s^oliger man,
  • getriuwer man, wer ist Tristan?»
  • Der guote Rüal der sprach dö:
  • «herre, ez kom hie vor also, 4170
  • als ir wol wizzet unde die,
  • die bi den ziten wären hie,
  • daz min herre Riwalin,
  • des man ich was und solte sin,
  • ob ez got also wolte, 4175
  • daz er noch leben solte,
  • dem wart von iuwer frumekeit
  • s6 vil und also vil geseit,
  • daz er mir sin liut und sin laut
  • allez bevalch in mine haut. 4180
  • sus kom er her ze lande,
  • wan er iuch gerne erkande,
  • und wart ingesinde hie:
  • so wizzet ir wol, wie ez ergie
  • umbö die äventiure 4185
  • der schoencn Blanschefliure ,
  • wie er die ze friunt gewan
  • und si mit ime von hinne entran.
  • im si dö heim kämen, ,
  • ein ander z'e genämen, 4190
  • (in minem hüse daz geschach,
  • daz ich'z und manic man gcsach)
  • do bevalch er mir si in mine pflege:
  • Sit her pflac ich ir alle wcge,
  • so ich iemer beste künde. 4195
  • zehant und an der stunde
  • 4160 her trage n = z\itTageii.
  • 4172 bi den ziten, damals. — 4187 ze friunt, nhd. zur Freundin; vgl.
  • 10487. 10506. —
  • 10*
  • 148 VII. WIEDERSEHEN.
  • warb er unde besaiide
  • eine reise in sinem lande
  • (107) mit mägen und mit mannen
  • und fuor ouch iesä dannen 4200
  • und wart in einem strite erslagen,
  • als ir wol habet geliceret sagen.
  • und als daz msere vür kam
  • und diu vil schoene frouwe vernam,
  • wie ez gevaren waere, 4205
  • diu totli'che swsere
  • so sere ir in ir herze sluoc,
  • (Tristan hie stat, den si do truoc)
  • daz si den von der not gewan
  • und lac si selbe tot dervan. » 4210
  • Hie mite gie den getriuwen man
  • als inneclicher jämer an,
  • als er ez wol bescheinde,
  • wände er saz und weinde,
  • als ob er ein kint waere. 4215
  • ouch begünden von dem msere
  • den änderen allen
  • ir ougen über wallen,
  • der guote künic Marke,
  • dem gieng ez also starke 4220
  • mit jämer in sin herze,
  • daz ime der herzesmerze
  • mit trähenen üz den ougen floz
  • und ime wang' unde wät begöz.
  • Tristande was daz maere 42 2i
  • vil inneclichen swaere
  • von anders nihte wan von dan,
  • daz er an dem getriuwen man
  • vater unde vaterwän
  • also verloren solte hän. 4230
  • Sus saz Rüal der guote
  • mit trüreclichem muote
  • 4198 reise stf., Kriegazug; vgl. 18841.
  • 4213 bßscheinen awv., (bescheinigen), kund geben. — 4227 von dan., h.ier=
  • von danne in V. 1613, deshalb. — 4229 vaterwän atm,, Vaterglaube, Glaube,
  • einen Vater zu besitzen.
  • I
  • VII. WIEDERSEHEN. 149
  • und Seite dem gesindo
  • von dem vil armen kinde,
  • wie starke er des liiez uemen war, 4235
  • dö ez diu müoter gebar,
  • wie er'z an tougeuliclier stat
  • verbergen unde verlielen bat;
  • (108) wie er ze msere werden liez,
  • den läntliuten sagen hiez, 4240
  • ez waere in siner muoter tot;
  • wie er sinem wibe gebot,
  • alse ich iu e seite,
  • daz si sich in leite,
  • als ein wip kindes inne lit, 4245
  • und daz si nach der selben zit
  • der werkle jehende wasre,
  • daz si daz kint geb?ere;
  • wie si mit ime ze kirchen gie,
  • und wie er da die toufe eupfie: 4250
  • war umbe er Tristan wart genant;
  • wie er in sante in fremediu laut,
  • und swaz er fuoge künde
  • mit banden und mit munde,
  • wie er in daz leren hiez; 4255
  • wie er in in dem schiffe liez ,
  • und wie er ime da wart genomen,
  • und wie er nach im dar was komen
  • mit maneger arebeite.
  • Sus saz er unde seite 4260
  • diz nvc^re gar von ende her.
  • daz weinde Marke, daz weinde euch er,
  • daz weinden s' al gemeine
  • niwan Tristan al eine,
  • derne mohte es niht beklagen, 42Gj
  • swes er da gehörte sagen :
  • in kom diu rede ze gahes an.
  • swaz aber Rüal der guote man
  • dem gesinde erbarmekeite
  • von den gelieben seite, 4270
  • 42b7 'jafirs a-lv. gen.. jäh, plötzlich. — 4209 erban/fkeit stf., Erbärm-
  • licbe», Mitleid Erregendes. — 4270 gpli^p adj. (vgl. zu 108 2.-. ) , zusammen,
  • äcgenseitig heb, hier subst. pl.; die Geliebten, unser: die Liebenden. —
  • 150 VII. AVI«DER SEHEN.
  • Kanele und Blanschefliure:
  • elliu diu äventiure
  • diu was hie wider kleine
  • niwan diu triuwe al eine,
  • die er nach tode an ime begie, 421
  • als ir wol habet gehoeret wie ,
  • an ir beider kinde :
  • daz was dem ingesinde
  • (109) diu meiste triuwe, die kein man
  • ze siner herschaft ie gewan. 4280
  • Xu disiu rede alsus geschach,
  • Marke zuo dem gaste sprach:
  • «nu herre, ist diser rede also?»
  • Rüal der guote bot im do
  • ein vingerlin an sine hant: 4285
  • anu herre», sprach er «Sit gemant
  • miner rede und miner mgere.»
  • der guote und der gewsere
  • Marke nam ez und sah ez an.
  • der jämer, den er do gewan, 4290
  • der wart aber do vester.
  • «ä», sprach er «süeziu swester,
  • diz vingerlin daz gab ich dir,
  • und min vater der gab ez mir,
  • do er an sinem tode lac. 4295
  • disem msere ich wol gelouben mac
  • Tristan, gä her und küsse mich!
  • und zAväre, soltu leben und ich,
  • ich wil din erbevater sin.
  • Blanschefliure der muoter din 4300
  • und dinem vater Kanele,
  • den geuäde got zer sele
  • und ruoclie in beiden samet geben
  • daz ewecliche lebende leben.
  • Sit ez alsus gevaren ist, . 4305
  • daz doch du mir worden bist
  • 4273 J: leine — nicht so groß, darum niivan. — 4280 htrachaft , ]iier=iilKl.
  • coucret im Sinne von: Obrigkeit für: Herr und Herrin.
  • 4285 vinyerlin stn., Fingerring. — 4288 gcivcere adj., wahrhaft, treu;
  • vgl. 5180. — 4299 erbevater, Pflegevater, der den blutsverwandten Pflegesohn
  • zugleich zum Erben annimmt, entsprechend unserm: Adoptivvater. —
  • 4.!02 den genäde got noch im Nhd. erhalten; genäden swv., gnädig sein,
  • synonym von helfen (vgl. 12125). — zer sele, für die Seele, zum Besten der Seele.
  • VII. WIEDERSEHEN. 151
  • 0
  • von der vil lieben swester min,
  • i^eniochet es min trehti'n,
  • so wil ich iemer wesen fro.»
  • Zem gaste sprach er aber (16: 4310
  • «nu lieber friunt, nu saget mir,
  • wer Sit ir oder wie heizet ir?»
  • «Rüal, herre.» «Rüal?» «ja.»
  • liie mite versan sich Marke sä,
  • wan er ouch e in sinen tagen 4315
  • von ime vil ha^te gehoeret sagen,
  • wie wise und wie erb?ere
  • und wie getriuwe er wsere,
  • (HO) und sprach: «Rüal li foitenant?»
  • cjä herre, also bin ich genant.» 4320
  • nu gie der guote Marke hin
  • und kuste in unde enpfienc in
  • herliche und alse im wol gezam.
  • diu herschaft al zehant do kam
  • und kusten in besunder: 4325
  • si begünden in ze wunder
  • mit armen enbrazieren,
  • liöfschliche saluieren :
  • "willekömen, Rüal der werde,
  • ■ein wunder üf der erde ! » 43i»0
  • Rüal was da willekömen.
  • nu hi^te ouch in der künec genomen
  • an sine haut und leite in hin;
  • vil liepli'che sazte er in
  • ze sich an sine siten nider, 4335
  • und griffen an ir maere wider
  • und redeton aller hande
  • beidiu von Tristande
  • und ouch von Blanschefliure
  • ulle die aventiure , 4340
  • waz Kanel unde Morgan
  • ein ander bieten getan,
  • und wie daz ouch ein ende natn.
  • vil schiere ez an daz ma^rc kam ,
  • daz der künec Rüäle seite, 4345
  • 4327 enbrazieren swv., Freradwoit, franz. eiuhra^si^r , uniarinen.
  • 4328 salüierrn swv., Fremdwort, grü&en, öfters bei Gottfried; vgl. :)204.
  • 152 VII. WIEDERSEHEN.
  • %
  • mit welher kündekeite
  • Tristan dar komen wsere
  • und wie er seite m.'ere,
  • sin vater waere ein köufmän.
  • Rüal der sacli Tristanden an: 4350
  • «friunt», sprach er «ich hän lange
  • vil anclich und vil ange
  • mine marschandise
  • in armeclicher wise
  • dur dinen willen her getriben; 4355
  • deist aber allez nü beliben
  • an einem guoten ende,
  • dar iimbe ich mine hende
  • (111) iemer ze gote bieten sol.*)
  • Tristan sprach: «ich hoere wol, 436 0
  • sich machent disiu maere also,
  • daz ich ir späte wirde fro.
  • ich bin, also ich hän vernomen,
  • ze wunderlichen m^eren komen:
  • ich hoere minen vater sagen, 4365
  • min vater der si lange erslagen.
  • hie mite verzihet er sich min,
  • sus muoz ich äne vater sin,
  • zweier väter, die ich gewannen hän.
  • ä, vater unde vaterwän, 4370
  • wie Sit ir mir alsus benomen!
  • an den ich jach, mir waere komen
  • ein vater, an dem selben man
  • da verliuse ich zwene vätere an,
  • in unde den ich nie gesach.» 4375
  • der guote marschalc aber dö sprach:
  • «wie nü, geselle Tristan,
  • lä dise rede, dän' ist niht an.
  • ja bistu von der küufte min
  • 4346 künrlekeit stf., Klugheit, List. — 4352 ancltdi , ancliche , andicken
  • adv. = an.'7e adv. (19S2), eifrig; diese Verbindung Lei Gottfried öfters, vgl.
  • 13089. 17803. 18294. — ,4353 marschandise stf., Fremdwort, Kaufmann-
  • schaft. — 4856 fg. nhd. hat ein gutes Ende genommen. — 4367 verzihen
  • 8tv. refl. mit gen. (min)., auf etwas verzichten, sich von etwas lossagen. —
  • 4368 äne vater, scheinbar dne prsep. mit acc; der folgende als Apposition
  • stehende Genetiv zweier väter beweist, dafi dne hier adj. mit gen. ist, wenn
  • CS auch dem Subst. vorangeht; vgl. 5158. 6662. 15278 u. zu 1490. — ^^12 jehen
  • stv. an einen, sich zu einem bekennen, von einem voraussetzen; oder hier
  • einfacher: von einem aussagen? die jüngere Lesart an dem verwischt den
  • stilgemäßen Wechsel und verbindet einfacher an dem mit komen: an dem
  • ich glaubte einen Vater gewonnen zu Jiabeu, in dem verliere ich u. s. w. —
  • 4379 kunft stf.; Ankunft. -
  • VII. WIEDERSEHEN.
  • 153
  • werder, dan du wändest sin,
  • und bist ir geret iemer me,
  • und liäst doch zwene väter als e,
  • hie minen herren unde mich:
  • er ist din vater, also bin icii.
  • \olge et miuer lere
  • und wis iemer mere
  • allen künegen ebenher.
  • läz alle rede und tuo niht mer.
  • minen herren, diuen cieheim,
  • den bit, daz er dir helfe heim
  • und dich hie ritter mache,
  • wan du mäht diner sache
  • sus hin wöl selbe ncmen war.
  • ir herren, sprechet alle dar,
  • daz cz min herre gerne tuo!»
  • Sus sprächen s' alle samet derzuo :
  • «herr'j ez hat guote fuoge:
  • Tristan hat kraft genuoge
  • (112) und ist ein wol gewahsen man.»
  • der künec sprach: cneve Tristan,
  • sage an, wie stät din muot hie zuo?
  • ist ez dir liep, daz ich ez tuo?»
  • "trfit lierre, ich sage iu minen muot.
  • h?et' ich so ri'li'chez guot,
  • daz ich wol nach dem willen min
  • und also ritter mölite sin,
  • daz ich mich ritterliches namen
  • noch er sich min niht dörfte schämen;
  • und ritterlichiu Averdekeit
  • an mir niht würde iiider geleit,
  • s6 wolte ich gerne ritter sin,
  • die müezigen jugende min
  • lieben unde kercn
  • zo werltlichen eren;
  • wan ritterschaft, also man seit,
  • diu muoz ie von der kintheit
  • ncmen ir anegenge
  • 4380
  • ■138{>
  • 4390
  • •4395
  • •4400
  • 4405
  • 4410
  • 4415
  • 3S1 ir gen., durch sie, durch die Ankunft geehrt. — 4387 ebenher adj.,
  • •leich helir, gleich an Holieit; vgl. zu 24.s. — 4',VM — ze ritter, z' einem ritter
  • lache wie noch in V. 12744 ; vgl. Gr. 4, 823.
  • 4.399 ivol gewa/ixen, nicht: scliün von Wuchs, sondern: vollkommen
  • rwachscn. — 4410 ni'ler logen, hier: erniedrigen; vgl. öGG2 und zu 374',).
  • 154
  • VII. WIEDERSEHEN.
  • (ii;
  • oder si' wirt selten strenge.
  • daz ich min unversuoclite jugeut
  • iif wcrdekeit ünde üf tugent
  • so relite selten güebet liän,
  • daz ist vil sere missetän
  • und hän es an niicli selben liaz.
  • nu weiz ich doch nu lange daz,
  • senft' imde ritterlicher pris
  • diu missehellent alle wis
  • und mugen vil übele samet gewesen.
  • ouch hän ich selbe wol gelesen,
  • daz ere wil des libes not.
  • gemach daz ist der ereu tot,
  • da man's ze lange und ouch ze vil
  • in der kintheit pflegen wil.
  • und wizzet wol zewäre,
  • haet' ich vor einem järe
  • oder e min dinc so wol gewist,
  • als ez mir hie gesaget ist,
  • ez enwsere niht unz her gespart.
  • Sit ez ab do gesümet wart,
  • so ist reht, daz ich mich noch erhol,
  • wan min dinc stät billiche wol
  • an libe unde an muote.
  • got rate mir zem guote,
  • daz ich dem muote vollevar!»
  • 4420
  • 4425
  • 4430
  • 4435
  • 4440
  • Marke sprach: «neve, nim selbe war,
  • sich, wie du werben weitest, 4445
  • ob du künic wesen soltest
  • und herre übr allez Kurnewal.
  • so sitzet hie din vater Rüal,
  • der ganze triuwe zuo dir hat,
  • der si din rätgeb und din rät, 4450
  • daz di'n dinc also vollege,
  • daz ez nach dinem willen ste.
  • I
  • 4418 strenge adj., stark, fest. — 4423 und habe deshalb wider mich selbs;
  • einen Unwillen, mache mir selbst Vorwürfe. — 4425 senfte stf., hier: ru-
  • higes, behagliches Leben. — 442G missehellen stv., eigentlich: verschieden
  • lauten, dann : nicht übereinstimmen. — 4428 fg. vgl. den ähnlichen Gedanken
  • in V. 12511 — 16. — 4438 sümen swv., hier trans. : versäumen. — 4439 erholn
  • swv. refl. = unserm : nachholen; in V. 12026 = nhd. — 4442 raten stv.,
  • helfen, verhelfen. — 4443 vollevarn stv. mit dat., etwas vollziehen, aus-
  • führen, einer Sache genügen; vgl. zu 4519.
  • 4451 voUegen, in Erfüllung gehen. —
  • VII. WIEDERSEHEN, 155
  • vil lieber iieve Tristan,
  • liiiii dicli niht ärmuotes an;
  • wall Parnieiiie daz ist din 4455
  • und muoz din eigen iemer stn,
  • sol ich und din vater Rüal leben,
  • dar zuo wil ich dir stinre geben:
  • nun lant, min Hut und swaz ich hän,
  • trüt neve, daz si dir üf getan. 4460
  • \\i\ du din herze keren
  • ze vorderlichen eren,
  • und ist din wille also getan,
  • als ich von dir vernomen hän,
  • sone spar des minen niht dervor: 4465
  • Kurncwal daz si din ürhor,
  • min kröne si din zinsoerin.
  • wil dii zer werkle gewirdet sin,
  • so schaffe et umlie riehen muot:
  • ich gibe dir richlichez guot. 4470
  • sich, dCi hast keiserliche habe,
  • nune ganc dir selbe nihtes ahe.
  • bist du dir selbem alse hoH
  • und hästu muot, also du solt
  • und also du mir hast verjeben, 4475
  • daz hän ich schiere an dir gesehen.
  • sich, vinde ich herren muot an dir,
  • du vindest iemer mere an mir
  • (114) dines willen vollen schrin:
  • Tintajoel muoz iemer sin 4480
  • din triskämere und din trisor.
  • gesprengest du mir rehte vor
  • ■1454 sei um Armuth nicht besorgt; oder: lialte dich uicht für arm; (die
  • Erklärung im mhd. Wurterbuche II, 1, 3^56'*, olcbe nicht wie ein armer
  • MauD». scheint mir nicht in den Zusammenhang zu pasbcn). — 4460 vf
  • (uon, Terminus aus dem Lehnrecht, eröffnen, zur Verfügung stellen. —
  • 4462 vorderlich adj., (förderlich), vorzüglich. — 446j dervor adv., deshalb,
  • mit Kücksicht darauf (daß es mein ist). — 44 urlor stf., Zinsabwurf,
  • Rente. — 44(17 zinsa;r1n stf., Zinszahlerin; ein Gottfriedisches Bild. — ■
  • 44B!S wirden swv., liier: würdigen, ehren; bei Gottfried öfters; vgl. 18045.
  • ISOS'J und zu l()öO. — 44t;9 schaßi'u stv. umbe . . ., sorgen für ... — r'icher
  • muot, freigebiger Sinn (der nur durch Besitz zu erlangen und zur That zu
  • machen ist). — 4471 keiserlicfi adj., hier nicht abstract (vgl. zu 70S) ; ein
  • neuerer Dichter könnte ebenso sagen. — 447.'! holt adj., hier: treu; vgl.
  • Hech zu Gregor 127^. — 4476 han ist hier wie vereinzelt noch heute
  • .Vuxiliar für das Futurum exactum. — 4471» sv-rhi stm. , insbesondere
  • rotier sc/iroi , öfters bei uihd. Dichtern bildlich gebraucht. - 44^1 tris-
  • Jainere stf., Schatzkammer. — trhcr stm., Fremdwort, franz. (rhor, Schatz.
  • — 44!S2 geaprenrien swv., verst. sprengen; hier bildlicli vor fff sprengen =
  • vorangehen.
  • 150 VII. WIEDERSEHEN.
  • mit ri'lichcm muoto,
  • volg' ich dir nilit mit guoto,
  • so müeze mir allez daz zergän, 4485
  • daz ich ze Kurnewäle häii.o
  • Hie wart genigen riche:
  • si nigeii al geliche,
  • die bi dem m?ere Maaren.
  • si buten im unde baren 4490
  • er' imde lop mit schalle:
  • .«künec Märke», sprächen s' alle,
  • "du sprichest, als der hövesche sol.
  • diu Wort gezement der kröne wol.
  • din zunge, din herze und din hant, 4495
  • die gebieten iemer über diz lant !
  • wis iemer künic über Kurnwal!»
  • der getrmwe marschalc dan Rüal
  • und sin juncherre Tristan,
  • die griffen ir geschäfede an 4500
  • nach solher ri'cheite,
  • als in der kün^c vür leite
  • und in diu mäze was gegeben.
  • Nu strite ich umbe ir beider leben
  • beidiu des vater unde des suns. 4505
  • wan eteswer der fraget uns
  • durch daz, daz alter unde jugent
  • selten gehellent einer tiigent,
  • und jugent daz guot unruochet,
  • da ez daz alter suochet, 4510
  • wie si sich under in beiden
  • ie künden so bescheiden ,
  • daz letwederre besunder
  • siner ger hier under
  • und sines rehtes wielte, 4515
  • so daz Rüal behielte
  • 4485 zerfjaii. liier juit dat., einem verloren gehen.
  • 4487 riche adv., hier: in reicliem Maße, sehr viel. — 44!tl mit schalle,
  • mit Freudenachall, mit Jubel. — AhOO geschäfede stn., Geschäft, Sache. —
  • 4503 rnäze, hier : MaI5, Kichtschnur.
  • 4504 strtten stv. umbe . . ., hier wohl nicht bildlich: gegenüberstellen,,
  • vergleichen, sondern: ich bin im Streit (mit mir), im Zweifel wogen . . .
  • [vgl. unstreitig, unbestritten]. — 4508 gchellen stv. hier mit dat._ (oder
  • gi^Ai.!:), in einer Sache zusammenstimmen. — 4509 unruocheu swv. mit acc,
  • unbeachtet lassen. — 4512 bescheiden stv. refl., sich einrichten , überein-
  • kommen. — 4515 fg. Conjunctive, nhd. Indicative. —
  • VII. WIEDERSEHEN. 157
  • die mäzG an dem guote,
  • und Tristan sinem muote
  • 11')) mit vollem guote voUezüge?
  • diz prüeve ich schiere siinder lüge. 4520
  • lliial uude Tristan
  • die truogcu beide ein ander an
  • als ehenwilligen muot,
  • daz ir dcwedere übel noch guot
  • weder riet noch raten solte, 4525
  • wan alse der ander wolte.
  • Rüal, der tugende erkande,
  • der geloubete Tristände
  • und sach die jugcnde an im an;
  • so entweich ab Tristan 4530
  • den tugenden an Rüäle.
  • diz truoc si z'einem male
  • und z'einem zil gemeiner ger,
  • daz dirre gerte alse der.
  • alsus so wären s' under in zweiu 4535
  • mit willen und mit muote al ein.
  • hie von wart alter unde jugent
  • gehellesam an einer tugent;
  • alhie viel höher muot in sin,
  • hie mite behielten s' under in 4540
  • Tristan sin reht an muote,
  • Piüal die mäzc an guote,
  • daz ir ietwedere an der stete
  • niht wider sinem rehte tete.
  • 4519 toil'.'zlehen stv. mit dat., (vollzieheu), ctwa = uuscrm: gcnügeu. —
  • 4520 prüeven swv., beurtlieilen, erklären. — sunder lüge, formelhafte Wen-
  • dung und niclit wörtlich zu nehmen, etwa entsprechend unserm: ohne Kück-
  • halt; oder noch gleichgültiger als Betheuerung= cur loär? — 4523 eben-
  • irillic adj.. gleich willig, gleichgestimmt. — 4528 (idouben swv., (glauben),
  • Zutrauen hegen. — 4529 jagende (=Hs. M und H) Plural oder Neben-
  • fonnV — 4ö3ü . conj., dagegen. — entwichen stv., nachgeben. — 4532 7näl
  • 8tn., hier: Zielpunkt. — 4536 al ein, ganz eins, zusammen eins; vgl. 13015.
  • 14342. — 4538 gehellesam adj., übereinstimmend. — 4539 vallen stv. in . . .,
  • sich neigen zu . . ., gelangen [vgl. zufallen]. — sin stm., hier: Verstand,
  • Besonnenheit. Der Jugendmuth gesellte sich allhicr zu der Besonnenheit
  • (des Alters).
  • VIII.
  • TRISTAN'S SCHWERTLEITE.
  • Tristan und seine dreißig Genossen sind zur Schwertleite bereit und
  • ausgerüstet. Der Dichter getraut sich nicht, den Glanz dieses Festes
  • würdig und mit Erfolg zu beschreiben, nachdem solche Sceuen schon so
  • manigfache dichterische Bearbeitung gefunden haben , und so nimmt er
  • Gelegenheit, zeitgenössische oder erst kurz dahingeschiedene Dichter zu
  • erwähnen und ihre Vorzüge zu preisen. Zuerst nennt er Hartmann
  • den Auer; ihm gesteht er den Dichterlorber zu, indem er zugleich ainen
  • strafenden Seitenblick wirft auf Wolfram von Eschenbach und seine An-
  • hänger, auf die > Finder wilder Mären » , ohne aber einen Namen zu nen-
  • nen. Weiterhin jireist er unter den u Färbern», den erzählenden Dich-
  • tern, den Bliker von Steinahe, den Dichter des «Umbehanges ». Den
  • Heinrich von Veldeken hat Gottfried selbst nicht mehr gesehen, er
  • erinnert aber voll Dankbarkeit an ihn, weil er das erste Reis in deutscher
  • Zunge impfte. Von den ('Nachtigallen», von den Liederdichtern, will Gott-
  • fried nicht sprechen , aber er gesteht zu , daß ohne ihren Sang die Welt
  • arm an Freuden wäre. Seit die Nachtigall von Hagen au (Reinmar
  • der Alte) verstummt ist, soll die von der Vogel weide das Banner
  • votantragen. Der Dichter wünscht, daß seine Worte ebenso wie die an-
  • derer Erzähler beschaffen sein möchten, darum richtet er seine Bitte zum
  • Helikon, dem Sitze Apollo's und der neun Musen, daß sie ihm die Gabe
  • der Worte und Gedanken spenden. Aber wenn er auch mit seiner Rede
  • die Herzen zu erfreuen vermöchte, so will er doch darauf verzichten,
  • einen Gegenstand zu behandeln, an dem sich mancher vergeblich bemüht
  • habe. — Mit einer Vergleichung Tristan's mit seinen Gesellen , denen er
  • äußerlich gleiche, die er aber an inneren Vorzügen überstrahle, lenkt Gott-
  • fried wieder in die Erzählung ein.
  • Nachdem Tristan und die andern Jünglinge im Münster den Segen
  • empfangen haben, legt Marke seinem Neffen Schwert und Sporen an und
  • ermahnt ihn zu allem Guten. Auch den Schild reicht er ihm dar mit
  • Kuß und Segensspruch. In gleicher Weise rüstet Tristan seine Genossen
  • mit Schwert und Sporn und Schilde aus. Nach dieser Feier eilen sie zum
  • Ritterepiel.
  • VIII. tristan's schwertleite. 159
  • Sus greif Rual und Tristan 4545
  • ir dinc bescheidenlichen an,
  • als ez in beiden was gewant.
  • si gewünnen liarnasch unde gewant
  • innerhalp den diizec tagen,
  • daz drizec ritter selten tragen, 4550
  • die sich der hövesclie Tristan
  • ze gesellen wolte nemen an.
  • swer mich nu fraget unibe ir kleit
  • und umbe ir kleider ri'cheit,
  • wie diu zesamene wurden bräht, 4555
  • des bin ich kürze bedälit,
  • dem sage ich, als daz maere gibt,
  • sage ich ime anders iht,
  • (IIG) so widertribe er mich dar an
  • und sage er selbe baz dar van : 4560
  • ir kleider wären üf geleit
  • mit vier bände ri'cheit,
  • und was der viere iegelich
  • in ir ambete rieh:
  • daz eine daz was hoher muot; 4565
  • daz ander daz was voUez guot;
  • daz dritte was bescheidenheit,
  • diu disiu zwei zesamene sneit;
  • daz vierde daz was hövescher sin,
  • der naete disen allen drin. 4570
  • si worhten alle viere
  • vil rehte in ir maniere:
  • der hohe muot der gertc,
  • daz volle guot gewerte,
  • 454'J innerlial]/ adv. prsep. mit dat. (und gen. , nhd. luir mit gen. —
  • 4356 vgl. unsere Wendung : icli bin hierin nicht lange bedenklich, ra,sch(kurzc
  • adv. selten) entschlossen; vgl. 5394 (die Erklärung im mhd. Wörterbuch I,
  • 345'' «darauf brauche ich mich nicht lange zu besinnen» passt nicht). —
  • 4559 iciileitrtOen stv. mit acc, einen widerlegen. — 4561 v/ legen, häufig
  • angewandt bei Gottfried und in verschiedenen Bedeutungen, hier: aus-
  • denken; vgl. 11441 [vgl. aufstellen]. — 4564 ambct stn., hier bildlich: Be-
  • stimmung.— 4568 jffa??*««^ •i«i'(/?n, bildlich: im Schnitte zusammenbringen,
  • zusammenfügen, zusammenhalten; der Dichter wiederholt den in V. 4504 fg.
  • und namentlich in 4539 ausgesprochenen Gedanken. — 4570 noejen 8wv.,
  • nähen, hier mit dat., also intrans. (dagegen transit. in V. 4576): der hü-
  • fische Sinn war für diese alle drei die Nadel; er vereinte sie zu einem
  • ganzen Kleide. — 4572 mauirre stf., Fremdwort, Manier, Art und Weise,
  • ▼gl. 12672. —
  • 160 VIII. TRISTAN'« SCHWEETLEITE.
  • besclieidenlieit schiiof unde sncit; 4575
  • der sin der noote ir aller kleit
  • und ander ir feitiure,
  • baniere und covertiure
  • und anderen der ritter rät,
  • der den ritter bestät. 4580
  • swaz so daz ros und ouch den man
  • ze rittere geprüeven kan,
  • der geziuc was aller sere rieh ,
  • und alse^ rieh , daz iegelich
  • einem künege wol gezaeme, 4585
  • daz er swert dar inne nseme.
  • Sit die gesellen sint bereit
  • mit bescheidenlicher ri'cheit,
  • wie gevähe ich nü min sprechen an,
  • daz ich den werden houbetman 4590
  • Tristanden so bereite
  • ze siner swertleite,
  • daz man ez gerne verneme
  • und an dem msere wol gezeme?
  • i'ne weiz, waz ich da von gesage , 4595
  • daz iu geliche und iu behage
  • und schone an disem mgere ste.
  • wan bi minen tagen und e
  • (117) hat man so rehte wol geseit
  • von ritterlicher werdekeit, 4600
  • von richem geraete,
  • ob ich der sinne hajte
  • zwelve, der ich einen hän,
  • mit den ich umbe solte gän.
  • 4575 schaffen stv., hier: ins Werk setzen, einrichten. — 4577 feitiure stf.,
  • Fremdwort, lat. factura, Einrichtung, Schmuck; vgl. zu 670. — 4578 baniere
  • stf. (4797)-, banier^=-n.'h.d., Sanier stn., Fahne. — cocertiure sti., Fremdwort,
  • Decke, insbesondere: Pferdedecke; vgl. zu 1S794. — 4580 bestän, hier ein
  • wenig anders als in V. 4142: einem zukommen, zu einem gehören; vgl.
  • 4935. — 4581 swäz so verstärktes CorreL, was auch, was alles. — 4582 ze
  • rittere = ritterlich, rittermäßig. — geprüecen swv., yex?,t. prüeven, darstellen,
  • zurecht machen.^ — 4583 geziuc stm., Ausrüstung; das Wort tritt erläu-
  • ternd zu sv:az so: die ganze Ausrüstung nämlich war u. s. w.
  • 4587 die gesellen, Genossen, hier Tristan wohl mit einbegriffen; vgl.
  • 4552. — 4589 an gevähen=an vähen. — ^h^Q houbetman, die Hauptperson. —
  • 4592 schu-ertleite stf., eigentlich: Schwertführung, technischer Ausdruck für
  • den feierlichen Act der Wehrhaftmachung, der Erhebung zur Kitterwürde.
  • — 4594 elliptisch = ^3 gezeme; a« = passen zu; vgl. 4651. — 4596 geliehen
  • swv., gefallen; dieselbe Wendung in V. 9496. — 4600 daneben die Lesart:
  • von weritlicher zierheit ; vielleicht wertlicher zierheit? vgl. jedoch Y. 4409. 5085.
  • VIII. tkistan's schwertleite. IGl
  • und ^v8ere daz gefücge, 4605
  • daz ich zwelf zuugen trüege
  • in min eines munde,
  • der iegelichiu künde
  • sprechen, alse ich sprechen kan,
  • i'ne weste, Avie gevähen an, 4610
  • daz ich von richeite
  • so guotes iht geseite,
  • maue hiete baz da von geseit.
  • ja ritterlichiu zierheit
  • diu ist so manege wis geschriben 4615
  • und ist mit rede also zetriben
  • daz ich niht kan gereden dar abe,
  • da von kein herze fröude habe.
  • Hartman der Ouwa}re,
  • ahi, wie der diu msere 4620
  • beid' uzen unde innen
  • mit Worten und mit sinnen
  • durchvärwet und durchzieret I
  • wie er mit rede figieret
  • der aventiure meine! 4625
  • wie Kiter und wie reine
  • sin kristalli'niu wortelin
  • beidiu sint und iemer müczen sin !
  • si koment den man mit siten an,
  • si tuont sich nahe zuo dem man 4630
  • und liebent rehtem muote.
  • swer guote rede ze guote
  • und ouch ze rehte kan verstau,
  • der muoz dem OuwiGre lan
  • 46Ü5 'jefüerie adj., passend, streift liier an den Begriff: möglich. — 4i)lU ine
  • tceste , da(o ich nicht wüsste, abh. von so in V. 45^1». Die Verse 4602—9
  • sind Zwischensätze. — 4t)13 mane nach Hs. M = man Me = daß man nicht
  • liiitte. — 4614 zierheit stf., Zierde, Schmuck. — 4616 zetriben stv., eigent-
  • lich: auseinander treiben, zerstreuen; hier bildlich: abnutzen; vgl. 122SS.
  • — 4617 dar abe adv., davon.
  • 4619 s. Namenvcrzeichniss: vgl. Eecli's Einleitung zu Hartmanu von
  • Aue, I. — 4620 aZ/tinterj. wie unser: ei; hier freudig, dagegen vorwurfsvoll in
  • V. »S60. — 4622 fg. vgl. Bech's Einleitung zu Hartmann von Aue, I, viii.
  • — 4G24 figieren swv. Fremdwort, lat. jigere , treffen; vgl. zu 10847. —
  • -' meine stf., INleinung, Gedanke, Bedeutung; vgl. 12000. — 4629 an
  • ■•II mit acc, sich einem nähern. — mit siten, mit Anstand, Sanftheit. —
  • «Kl nicli nahe tuon zuo, sich ansclimiegen an; hier bildlich, wörtlich in
  • V. 10914, mit praep. an in V. 1112s. _ 4631 lieben swv. (vgl. zu 27) hier
  • mit dat. — \ i> >
  • COTTIKIED VON STKASSBUBG. I. 2. Aufl. 11
  • 162 viii. tristan's schwertle^te.
  • sin schapel uiide sin lorzwi. 4035
  • — swer nü des liasen geselle si
  • — und üf der wörtheide
  • -Hiüch Sprünge und ^Yitweide
  • (118^)-Tiiit bickelwerten welle sin
  • und üf daz lorschapelekin 4640^
  • wän ane volge welle hän ,
  • der läze uns bi dem wäne stän,
  • .wir wellen an der kür euch wesen:
  • wir, die die bluomen helfen lesen,
  • mit den daz selbe loberis 4645
  • 4635 lurzwi stn., Lorberzweig, Lorber. — 4G36 des liasen ;/esdle , wie ein
  • Hase; hier nicht von der eigeutlicLen Furchtsamkeit, sondern von der
  • Flüchtigkeit, Unruhe gesagt. Man hat den Vergleich, da der ganze Augriff
  • höchst wahrscheinlich auf Wolfram von Eschenbach geht, für eine directe
  • Anspielung gehalten auf den Anfang des Parzival, insbesondere auf 1, 19:
  • diz vlie'jende bispel ist tuinben Hüten gar ze snel, sine niugen' s nilit ^denken:
  • uand' ez kan vor in wenken relde alsani ein schellec (scheu) }tase. Groote
  • fasst des hasen geselle als: Mitbewerber Hartmann's von Aue (weil die Aue
  • des Hasen Aufenthalt ist), was aber die folgende Ausführung des Bildes
  • verbietet. Mit der Annahme einer ausdrücklichen Anspielung auf den
  • Parzival kann ich mich nicht befreunden ; es ist einfach ein Bild, bei dem
  • in erster Reihe die Worte hochsprünge und uttweide stehen, die ihrerseits
  • die Wahl des Hasen veranlasst haben. — 4637 wort/ieide im Bilde; /teide,
  • der Tummelplatz des Hasen; ohne Bild; da wo es sich um Worte, um den
  • dichterischen Ausdruck handelt. — 4638 hSdisprünge adj., wörtlich etwa:
  • hochsprüngig, hochspringend (wie der Hase) [vgl. unser: hochtrabend].—
  • wUiveide adj. (swm. anzusetzen ist nicht iiöthig), wörtlich: weitweidig, der
  • weit umher weidende, d.h. nach dem mlid, Wörterbuche: «der nacli Gott-
  • fried's Ansicht seine Worte und Bilder weither zusammenholt. » Oder
  • sollte Witweide nicht vielmehr unserm: weitschweifig entsprechen, da die
  • ungewöhnlichen Worte durch das folgende mit bickelworten charakterisiert
  • werden? — i^'dd bickelwort, welches nur hier erscheint und wahrscheinlich
  • vom Dichter eigens gebildet ist, hat verschiedene Deutungen gefunden;
  • Groote: «scherzhafte, anzügliche Narrenreden (von /^/AÄren, hacken)«; Hagen:
  • " «wörtlich Würfelworte, von bikkeln , werfen, würfeln; bikkelspiel, Würfel-
  • spiel, jetzo Peilkenspiel» ; zweifelnd das mhd. Wörterbuch: «Stichelrede
  • (oder zusammengewürfeltes Wort?).» Stichelrede gewiss nicht, das würde
  • in den Augen des humoristischen und vielfach auch sarkastischen Dich-
  • ters kein Fehler sein. Und zusammengewürfelte, also ungehörige, un-
  • zusammenhängende und unklare Worte können auch nicht gemeint sein,
  • da es sich hier weniger um den Sinn als um den Ausdruck handelt. Mit
  • Hagen fasse ich bickclwort = bickelspilwort wie zabtiworteün in \. 2287 =
  • zabelspilwortelin; die fremden und technischen, sonst ungewöhnlichen Aus-
  • drücke, wie sie sich an jedes Spiel halten, hat der Dichter im Sinne, und
  • •wählt hierzu bickelwort bildlich für die Ausdrücke, die innerhalb der
  • dichterischen Sp^rache das Gegentheil von rein und krystallklar sind. — |
  • 4640 lorschapelekin stn., Lorberkränzlein ; vgl. zu 676. — 4641 u-än haberiy i
  • Hoffnung haben, sich Hoffnung machen, beanspruchen. — äne volge, ohne
  • Zustimmung, d. h. hier : auch gegen die Ansicht anderer, — 4642 wän, hier
  • im stilistischen Gegensatze zu wän im vorhergehenden Verse: Meinung;
  • der lasse uns wenigstens bei unserer Meinung bleiben, der verwehre bei |
  • seiner Eitelkeit uns nicht zu kritisieren. — 4643 wellen, hier wohl im Sinne
  • von: meinen, glauben, also nicht: wir wollen, wir wünschen auch beider
  • Prüfung zu sein, sondern: wir glauben auch unter den Beurtheilern zu
  • sein, zur Kritik berechtigt zu sein. — 4645 7-is stn., Zweig [Reis nhd. be-
  • schränkter]. — loberis, Ehrenzweig, Ehrenkranz. —
  • VlII. TIUSTAN's SCHWEKTLEITE. 163
  • uiiderfluhteii ist in bluomeu wis,
  • wir wellen wizzen, wes er ger:
  • wan swer es ger, der springe her
  • und stecke sine bliiomen dar.
  • so nemen wir an den bkiomen war, 4650
  • op si so wol dar an gczemen ,
  • daz wir'z dem Oüwsere nemen
  • und geben ime daz lorzwi.
  • Sit aber noch niemen komen si ,
  • der ez billicher süle hän, 4G55
  • so helfe iu got, so läze wir'z stän.
  • wirn' suln ez niemen läzen tragen ,
  • siniu wört ensin vil wol getwagen,
  • sin rede ensi ebene i'mde sieht,
  • op iemcn schone unde üireht 4660
  • mit ebenen sinnen dar getrabe,
  • daz er dar über iht besnabe-
  • "Tindoare wilder mrere ,
  • -der masre wildenajre,
  • die mit den ketenen liegent ' 4665
  • und stumpfe sinne triegent,
  • 464^) untcrri eilten stv., dazwisclieiifiechten , diirchflechtcn. — 4644 fg. unter
  • vir versteht der Dichter sich und seine Dichtergenossen, nicht das gc-
  • sammte Publikum. — bluoiia-n lesen helfen ist zu bezielien auf die gemein-
  • same Dicliterthätigkeit; wir Dichter, die wir ebenfalls Blumen lesen, d. h.
  • Dichtungen schaffen und dadurch zum Plechteu jenes Ehrenkrauzes hel-
  • fen und beitragen, wir wollen (hier «T//»'«=nhd.) u. s. w. Die Concurrenten
  • verhelfen gerade dem sie überragenden Dichter zu seiner Größe, aus ihren
  • Werken bestellt gewissermaßen erst dessen Kuhm, aber darum haben sie
  • auch ein Anrecht auf die freie Zuerkennung des Preises. — 4658 getwagen
  • part. von tuahen stv., waschen, getivagcn adjectivisch , rein (gewaschen),
  • sauber. — 4659 ebene und sieht, eljen und gerade, werden im Mhd. gerne
  • verbunden. — 4iW;i getruben swv., verst. traben. — 4662 besnaben swv.,
  • straucheln. — 4663 vindoere stm., Erfinder, Dichter. — wilde adj., hier:
  • seltsam, wunderbar; das Wort scheint uns tadelnder als es in früherer
  • Zeit w.ir; es steht ähnlieh wie Jreiurde ; Kudolf von Ems spricht in der
  • literarisciien Stelle seines Alexander ebenfalls von den wilden äccntiuren
  • des Wolfram von Eschenbach , lobt sie aber als kurzweilig. — nia're pl.
  • muß nacli Gottfried's Art hier und im folgenden Verse verschieden ge-
  • faset werden; den Doppolsinn würde bei uns: Geschichten ziemlich er-
  • reichen; hier allgemein: Dinge. — 4664 moere, hier dagegen : Erzählungen.
  • — irUderticre, Wilderer, Wildschütz, Jäger; in dieser Bedeutung in V. 17463,
  • bildlich drr minnen wildrnai Q li;i34 ; hier kann es auch nichts anderes als:
  • .lüger bedeuten an Wildsihütz in uuserra Sinne, an Wilddieb ist aber
  • nicht zu denken): Geschichtenjäger wohl in dem Sinne: die Jagd auf Er-
  • z4hlung88toffe machen: die ohne gosclimackvolle Auswahl alles Mögliche
  • behandeln. Hier richtet sich Gottfried gegen die Anhäufung von Aben-
  • teuern und Episf)den. — 4665 — Tu hier siaingt der ])ichter über zu einem
  • andern Bilde, welches er von den Künsten der Gaukler, der Taschenspieler
  • entlehnt. — \>'<*'>ö liegen stv.. lügen, betrügen, täuschen. — mit den ketenen,
  • mit den Zauberketten. .Solche Kunststücke mit Ketten sind heute noch
  • ▼ielfach im Gebrauch. —
  • 11*
  • 164 Vlll. TRISTAN's tJCHWEKTLEITE.
  • die golt von swachen Sachen
  • den kinden kunnen machen
  • und üz der bühsen giezen
  • stoubme mergriezen: 4670
  • die bernt uns mit dem stocke schate,
  • niht mit dem grüenen meienblate,
  • mit zwigen noch mit esten,
  • ir schate der tuet den gesten
  • vil selten in den ougen wol. 4675
  • op man der wärheit jehen sol,
  • dane gat niht guotes muotes van,
  • dane li't niht herzehistes an:
  • (119) ir rede ist niht also gevar,
  • daz edele herze iht lache dar. 4680
  • '^die selben wilden^ere
  • *~Bi müezen tiut^ere
  • 'mit ir maeren läzen gän :
  • wir enmügen ir da nach niht verstän,
  • als man si hoeret unde siht: 4685
  • sone hän wir ouch der muoze niht,
  • daz wir die glöse suochen
  • Jn den swarzen buochen.
  • Noch ist der värwaere mer:
  • von Steinähe Bliker 4690
  • diu siniu wort sint lüssäm,
  • si worhten frouwen an der ram
  • von golde und ouch von siden,
  • man möhte s' undersniden,
  • mit kriecheschen borten. 4695
  • 4667 swach adj., hier: gering, werthlos (von Stein, Holz u. dgl. ). —
  • 4669 bühse swl, Büchse sg. stf., zunächst ein Futteral; Groote denkt an
  • den Glückstopf (die Pandorabüchse) ; sollte hier bühse nicht den hohlen
  • Zauberstab der G-aukler bezeichnen, aus dem sie Gegenstände kleinerer]
  • Umfangs schütten (giezen) und schütteln oder auch Flüssigkeiten gieiSen':
  • — 4670 stoubin adj., von Staub. — mergrieze swf., Perle. — 4671 stoc stm.
  • Baumstock, Stamm (vgl. 2843), Pfahl. — 4672 lueienblat (nach Hs. M u
  • H, die andern in Übereinstimmung mit V. 4912 lindenblat), nicht zu fasser
  • als Blatt der Meie, der Birke, sondern: das im Maien, im Lenz grünende
  • Blatt. — 4679 gevar adj. = 2>ar (6592), beschaffen. — 46S0 = ein edelez h. —
  • 4682 tiutcere^ stm., Deuter, Ausleger; poetisch personificiert für: Deutungen. -^'
  • 4684 für da nach ist vielleicht zu lesen dannoch. — 4687 glose stf.. Glossej
  • Auslegung. — 4688 unter den swarzen buochen haben wir zu verstehen
  • Bücher der schwarzen Kunst, Zauberbücher.
  • 4689 Der Dichter nennt die epischen Dichter im Gegensatz zu den
  • nahtegalen 4749 fg. hier Färber, Maler. — 4690 s. Namenverzeichniss. — |'
  • 4691 lussam (= lustsam) adj., tust erweckend, anmuthig; öfters bei Gott-
  • fried. — 4692 ram stf. {ramc swm.:=Eahmen stm.), (Sticlcrahmen), Gestel
  • zum Bortenwirken. —
  • .VIII. TRISTAX'S SCHWERTLEITE. 165
  • er hat den wünsch von worten:
  • sinen sin den reinen,
  • ich waene daz in feinen
  • ze wandere haben gespunnen
  • und haben in in ir brunnen -iTOO
  • geliutert unde gereinet:
  • er ist benamen gefeinet.
  • sin zuuge, diu die harphen treit,
  • diu hat zwo volle sselekeit:
  • daz sint diu wort, daz ist der sin: 4705
  • diu zwei diu harpheut under in
  • ir mjere in fremedem prise.
  • der selbe wörtwi'se,
  • nemet war, wie der hier under
  • an dem ümbehange wunder 4710
  • mit sp?eher rede entwirfet;
  • wie er diu mezzer wirfet
  • mit behendeclichen rimen.
  • wie kan er rime limen,
  • als ob si da gewahsen sin! 4715
  • ez ist noch der geloube min,
  • daz er buoch ünde büochstäbe
  • vür vedern an gebunden habe;
  • (120) -Avau, weit ir sin nemen war,
  • sin wort diu sweiment alse der ar. 4720
  • K)9s jeine sonst auch feie) swf., Fee. — 4099 ze vundere, auf wunderbare
  • iVeise; vgl. 494. — 4701 reinen swv., reinigen. — 4102 feinen {auch feien)
  • wv., durch die Feen schützen und begaben (erlialten : gefeit] ; vgl. 495^
  • allgemeiner) und zu löSlO. — 4710 innhelianr stm. (auch stn.), Vorhang;
  • •gl. 15142-, s. auch Namenverzelchniss. — 4712 « das Messerwerfen war ein
  • gefährliches Kampfspiel, das z. B. Wolfdietricli gegen einen Heiden be-
  • lebt; da hierzu große Geschicklichkeit geholte, so gebraucht Gottfried
  • m Tristan das Bild von der Kunst des Blikers », :Mhd. Wörterbuch 11,
  • , J63'' 'nach Hagen). Sollte das Bild nicht vielmehr wieder von der
  • iaukelkunst genommen sein wie 4665? Würde das nicht eher passen zu
  • ler leicliifen und spielenden Sprache Bliker's, wie sie der Dichter uns
  • icliildert y — 4713. 4714 unter rhu dürfen wir nicht immer nach dem mo-
  • lernen Spracligebrauche das Reimwort, den Endreim verstehen, sondern
  • lie Reimzeile, den ganzen Vers. Auf der andern Seite ii*ren die gewiss,
  • velche neuerdings die letztere Bedeutung ausschließlich gelten lassen
  • vollen; rhu hat eben beide Bedeutungen [wie Vers nach populärer An-
  • •chauung bald Verszeile, bald Strophe bedeutet]. Nach Gottfried's Rede-
  • veise werden hier beide Bedeutungen anzunehmen sein. V. 4713=Reim
  • die scliwierigsten Reime behandelt er wie der Gaukler sein Messerspiel
  • nit Leichtigkeit und Sicherheit, oder geht, wie Bech vermuthet, das Messer-
  • .vcrfen auf den geflügelten Dialog, auf das Spiel mit Frage und Antwort,
  • mf die Sticboraythie wie z. B. im Erec 7492 fg. und im 1. Büchl. 1170 fg.?),
  • V. 4714 = Vers. — rtme limon ist ein oft gebrauchter bildlicher Ausdruck,
  • ler sich auf den metrisch gleichmäßigen und correcten Bau der gereimten
  • i'.eilen bezieht ; vgl. Fedor Bech in Pfeiffer's Germania 7, 79 fg. — 4720 tv^ei-
  • '/(«-n swv., schweben, schweifen; das Wort wird hauptsächlich von dem
  • majestätifchen Fluge der Raubvögel gebraucht.
  • 166 VIII. tristan's schwertleite.
  • "Wen mac ich nü mer iiz gelesen?
  • ir ist und ist genuoc gewesen
  • vil sinnec und vil rederich.
  • von Yeldeken Heinrich
  • der sprach üz vollen sinnen : 4725
  • wie wol sanc er von minnen!
  • wie schöne er sinen sin besneit!
  • ich waene, er sine wi'sheit
  • üz Pegases urspringe nam,
  • von dem diu wisheit elliu kam. 4730
  • i'ue hän sin selbe niht gesehen;
  • nu hoere ich aber die besten jehen,
  • die do bi sinen jären
  • und Sit her meister wären,
  • die selben gebent im einen pris, "4735
  • er impete daz erste ris
  • in tiutescher zungen:
  • da von sit este ersprungen,
  • von den die bluomen kämen,
  • da si die spashe üz nämen 4740
  • der meisterlichen fünde;
  • und ist diu selbe künde
  • so wi'ten gebreitet,
  • so manege wis geleitet,
  • daz alle, die nu sprechent, 4745
  • daz die den wünsch da brechent
  • von bluomen und von risen
  • an Worten unde an wisen.
  • 4723 sinnec adj., (sinnig), sinnreich, gehaltvoll. — redericit aclj., der
  • Kede mächtig, beredt. — 4725 uz vollen sinnen bezieht sich wohl auf die
  • vollendete Klarheit der Ausdrucksweise. — Zu beachten ist sprechen=^\ox-
  • tragen, erzählen im Gegensatz zu sanc im folgenden Verse, wo Heiurich's
  • lyrische Poesie gepriesen wird. — 4728 wisheit stf., nicht ethisch zu fassen,
  • sondern: Kenntniss, Fertigkeit, Kunst. — 472d Feffases, s. Namenverzeich-
  • niss. — ursprinc stm., Quelle; vgl. zu 17988. — 4734 hier liegt in ruei-^ter
  • der Begriff der Meisterschaft, der Autorität. — 4736 impete n (alte Form
  • Hs. M), >impfeten swv., impfen, pfropfen. Die bildliche "Wendung geht nicht
  • auf den Stoff, auf die Einführung französischer Eittergedichte in die deut-
  • sche Poesie, sondern auf die Form, auf die künstlerisch vollendete Hand-
  • habung des Metrums und des Reimes, in welcher Yeldeke vorausgieng. —
  • 4738 ers] ringen swv., hervorspringen, entsprießen. — 4741 fünde gen. pl.
  • \on funt stm., Fund (dichterische) Erfindung, dann überhaupt: Dichtung;
  • vgl. 19200 fg. — 4742 künde stf., hier = Kunde, Kenntniss. — 4743 iL-iten =
  • witene, verschieden von ivtte adv., weit, weithin. — 4746 hier liegt wohl in
  • viinsch ein "Wortspiel ; zunächst bedeutet das Wort wie in V. 1374. 3710
  • und wie kurz vorher in V. 4696 abstract die höchste Vollkommenheit,
  • das Schönste; zugleich klingt wünsch (wegen brechen) an die Bedeutung:
  • "Wünschelruthe , mit deren zauberischer Kraft "Wort und "Weise erlangt
  • werden. — 4747 rUen dat. pl. von ri^ ; hier deutlich: daß wir uns das
  • Keis nicht kahl, sondern belaubt und blühend zu denken haben.
  • VIII. tkistan's schwertleite. 167
  • Der nahtegalen der ist vil,
  • von den ich nü niht sprechen wil: 4750
  • sine ha'rent niht ze dirre schar.
  • dur daz sprich' ich niht anders dar,
  • wan daz ich iemer sprechen sol:
  • * si kunnen alle ir ambet wol
  • und singcnt wol ze prise 4755
  • ir süeze sumerwise;
  • ir stimme ist lüter unde guot,
  • si gebeilt der werkle hohen muot
  • (121) und tuont reht' in dem herzen wol.
  • diu weiit diu wrere uuruoches vol 4760
  • und lebete rehte als äne ir danc,
  • wan der vil liebe vogelsanc:
  • der ermant vil dicke den man,
  • der ie ze liebe muot gewau,
  • beidiu liebes unde guotes 4765
  • und maneger hande muotes,
  • der edelen herzen sanfte tuot :
  • -ez wecket friuntli'chen muot.
  • hie von kumt inneclich gedanc,
  • so der vil liebe vogelsanc 4770
  • der wcrlde ir liep beginnet zalen.
  • uu sprechet umbe die nahtegaleu;
  • die siut ir dinges wol bereit
  • und kunnen alle ir senede leit
  • so wol besingen unde besagen. 4775
  • welhiu sol ir baniere tragen,
  • Sit diu von Hagenouwe,
  • ir aller leitevrouwe
  • der wcrlde alsus geswigen ist,
  • 4749 nahtegalen neuut Gottfried die Liederdichter, weil die lyrische
  • L'oesic stets mit dem Gesäuge verbunden ist. — 475'5 suiiiencisi' stf., nicht:
  • äommerweise im engen Sinne, sondern : Frühlingsweise, Frühlingsmelodie ;
  • iU)iier in der alten Sprache umfasst auch die Lenzmonate [nhd. auch bis-
  • kveilen, aber viel beschränkter]. — 476U unruoch stm., hier: Sorglosigkeit,
  • Apathien (Zarucke), Freudlosigkeit. — 47m äne danc, ohne Willen, uu-
  • rreiwillig, interesselos. — 47G2 wan, vgl. zu 107. — 4769 innedk/i ffedanc, innig-
  • liches Denken, Innigkeit. — 4771 zalen, zaln swv., erzählen, verkünden. —
  • 4775 besagen swv., besprechen, doch decken sich beide Wörter nicht, he-
  • "iinrjen und besagen steht formelhaft wie das liüufigere singen und sagen. —
  • 4777 8. Namenverzciclmiss. - -illS leitevrouwe swf., (Leiterin), Anführerin;
  • vgl. 4M0. — 4771) wird im Mhd. Wörterbuclie II, 2, 788 zu den seltenen
  • Fällen gestellt, wo bei swujen der Dativ stellt; es soll aber nicht gesagt
  • werden: die vor der Welt verstummt ist, ihr etwa schweigend zuhört; ich
  • fasse vielmehr d''r irffldc als selbständigen Dativ = für die Welt ver-
  • ;tumrat iit; vgl. zu ^79:]. —
  • 168 VIII. TRISTAN's SCHWEKTLEITF.
  • diu aller doene lioubctlist -fTSO
  • versigelt in ir zungen truoc?
  • von der denk' ich vil iinde genuoc,
  • (ich meine ab von ir doenen
  • den süezen, den schocnen),
  • wä si der so vil na^me, ' 4785
  • wannen ir daz wunder kasme
  • SU maneger wandelunge.
  • ich w^ne, Orpbees zunge,
  • diu alle doene künde,
  • diu doenete üz ir munde. 4790
  • Sit daz man der nu niht enhät,
  • so gebet uns etelichen rät!
  • ein sselic man der spreche dar:
  • wer leitet nu die lieben schar?
  • wer wiset diz gesinde? 4795
  • ich wsene, ich si wol vinde,
  • diu die baniere füeren sol :
  • ir meisterinne kan ez wol,
  • (122) diu von der Vogelweide.
  • hei, wie diu über beide 4800
  • mit hoher stimme schellet!
  • waz Wunders si gestellet!
  • wie spaehe s' organieret!
  • wi si ir sanc wandelieret!
  • (ich meine ab in dem done 4805
  • da her von Zitheröne,
  • da diu gotinne Minne
  • geblutet üf und inne).
  • •47S1 vgl. zu 7818. — 4783 hier erklärt der Dichter wie hernach in V. 4805^
  • daß er nur die eigentlichen Lieder, die Minnelieder, nicht die sogenannten
  • Sprüche im Sinne habe. — 4785 der^ derer, bezogen auf dcewe, und zwar, da
  • V. 4783. 4784 Zwischensatz ist, auch auf dcene in V. 4780. Die Übersetzer
  • haben sich in der etwas verwickelten Construction nicht zurechtgefun-
  • den. — 4787 wandelunge stf., Wechsel, Variation. — 4788 Orphees, s. Na-
  • nienverzeichniss. — 4790 dcenen swv., auch hier nicht = tönen (vgl. zu 3586),.
  • sondern: singen.
  • 4793 dar sprechen, dazu sprechen, sich (beirathend) erklären; vgk
  • 11309. — 4797 vgl. zu 4809. — 4801 schellen swv., schal machen, scliallen,
  • schmettern. — 4802 gesf eilen, verst. stellen, anstellen, verrichten. —
  • 4803 spcche adv. ( = adj. 2292; spähe in Hs. M nicht maßgebend), kunst-
  • voll. — organieren swv., Fremdwort, eigentlich: orgeln, dann überhaupt:
  • pfeifend musicieren; vgl. 17359. — 4804 wandelieren swv., Fremdwort (in
  • der Form, Stamm aber deutsch), wandeln, wechseln (12072), variieren; vgl.
  • 47S7. — 4806 s. Namenverzeichniss. — 4807 hier die Personification spe-
  • cieller als in V. 959, hier: die Venus. —
  • VIII. tristan's sciiwertleite. 169
  • diu ist da z' Iiöve kamerrorin:
  • diu sol ir leitcerinne siul 4810
  • diu wiset si ze wünsche wol,
  • diu weiz wol, wä si suochen sol
  • der minnen melodie.
  • si unde ir cumpänic
  • die müezen su gesingen, 4815
  • daz si ze fröuden bringen
  • ir triiren unde ir senedez klagen:
  • und daz geschehe bi minen tagen!
  • Nu han ich rede gcnuoge
  • von guoter Hute fuoge 4820
  • getuegen liuten vür geleit.
  • ie noch ii:t Tristan umbereit
  • ze siner swertleite.
  • i'ne weiz wie'cli in bereite:
  • der sin wil niender dar zuo; 4825
  • sone weiz diu zunge, waz si tuo,
  • al eine und äne.des sinnes rät,
  • von dem si ir ambet allez hat.
  • waz aber werre in beiden,
  • des wil ich iuch bescheiden. 4830
  • Si zwei hat daz verirret,
  • daz tusendcn wirret:
  • dem man, der niht wol roden kan.
  • 4S0a diu = (liu (nahtegal) von der VoyeJiveide 479*,). — da ze hooe nicht auf
  • /it/ierone zu beziehen, sondern da ze hove stellt hiei* wie öfters formelliaft
  • für das einfache ze hove ohne örtlichen Hinweis. — kamercerln stf., niciit :
  • Kammcrfv-iu (vgl. zu 776."^), sondern etwa eutspi-echend der Charge: Ober-
  • hofmeistcrin {=jneistcrinne in V. 4798). Pfeiffer erklärt in der Einleitung
  • zu Walther, S. xvi: die ist am «Hofe der Minne» Hofnieisterin (also mit
  • Beziehung auf die Zwischenerklärung ; ich fasse den Satz: die ist über-
  • hofmeisterin , welcher diu banicre zukommt, welche am Hofe die Schaar
  • der (natürlich hier gedacht: weiblichen) Gäste anführt und anweist. Sollte
  • die baniere fiieren nicht concreter zu nehmen sein als bildlich: anführen?
  • .Sollten nicht die IMeisterinnen einen mit einem Fähnlein geschmückten
  • Stab getragen liaben, wie noch heute der Oberkammerherr den Stab führt?
  • — 4815 'je.singcn, verst. singen. — müezen hier Aiixiliar des Futurums mit
  • iraperativischem Charakter.
  • 4821 gi'jüege adj., fuoge habend; liier aber kann das Wort niclit: kunst-
  • fertig sein ; erstens verbietet es stilistisch fuoge 4820= Kunst; daiin hat
  • der Dichter auch seine literarische Abschweifung zunächst nicht den
  • Kunstgenossen bestimmt, vielmehr: fügsam; die mir gerne gefolgt sind,
  • Interesse nehmen. — 4>!2(; so — dann, alsdann.
  • 4s:il .s'i zuri, die beiden : zunge und sin. — verirren swv., irre machen,
  • irre führen. —
  • 170 VIII. tristak's schwertleite.
  • kumt dem ein redelicher man,
  • im erlischet in dem munde 4835
  • daz selbe, daz er künde,
  • ich wsene, mir ist alsam geschehen:
  • ich sihe und hän biz her gesehen
  • ^123) so manegen schone redenden man,
  • daz ich des niht gereden kan, 4840
  • ezn dunke m.ich da wider ein wint,
  • als nü die liute redende sint:
  • man sprichet nü so rehte wol,
  • daz ich von grozem rehte sol
  • miner worte uemen war 4845
  • und sehen, daz s' also sin gevar,
  • also ich wolte, daz si wseren
  • an fremeder liute maeren
  • und alse ich rede geprüeven kan
  • an einem änderen man. 4850
  • Nunc weiz ich, wie's beginne:
  • min zunge und mine sinne
  • dien' mugen mir niht ze helfe komen;
  • mir ist von worten genomen
  • enmitten üz dem munde 4855
  • daz selbe, daz ich künde,
  • hie zuo enweiz ich, waz ich tuo,
  • ich entüo daz eine dar zuo ,
  • dciswär, daz ich noch nie getete:
  • mine flehe und mine bete 4860
  • die wil ich erste senden
  • mit herzen und mit henden
  • hin widere z' Elikone
  • ze dem niunvalten trOne,
  • von dem die brunnen diezent, 4865
  • üz den' die gäbe fliezent
  • der Worte unde der sinne,
  • der wirt, die uiun wirtinne,
  • -1S34 redeiich adj. wechselt in den Hss. oft mit redertch (dieses auch hier als
  • Lesart vorkommend); hier redeiich passender; der mit Kede begabte (der
  • noch nicht rederich zu sein braucht); sonst hat redeiich andere Bedeu-
  • tung. — 4840 des gen. neutr. abh. von niht: das nicht, nicht so. — 4S49 'je'
  • prüeven swv., verst. prüeven, hier: prüfen, beurtheilen.
  • 4855 enmitten adv., (inmitten), mitten. — 4860 ßehe stf., (flehende)
  • Bitte. — 4864 niunvalt adj., neunfaltig, neunfach. — 4865 diezen stv., rau-
  • schen. — 4866 gäbe, wenn überhaupt ilas "Wort richtig überliefert ist, hier;
  • Gaben im Sinne von: Begabung, Talente (in V. 4871. 4894 = Geschenke). —
  • 4S68 wirt stm., Hausherr. — wi.iinae stf., Hausfrau. —
  • VIII. tristan's schwertleite. 171
  • Apolle und die Camencn,
  • der ören niiiii Sirenen, 4870
  • die da ze liove der gäbe pflegent,
  • ir genadc teilent unde wegent,
  • als si ir der werkle giinnen ,
  • die gebent ir sinne brunnen
  • so vollecliche manegem man, 4875
  • daz si mir einen traben da van
  • mit eren niemer mugen versagen,
  • und mag euch icb den da bejagen ,
  • (124) so behalte ich mine stat da wol,
  • da man si mit rede behalten sol. 4880
  • der selbe traben der eine
  • der ist ouch nie so kleine,
  • erne müezc mir verrihten,
  • verrihtende beslihten
  • beide zungen unde sin, 4885
  • an den ich sus eutrihtet bin.
  • diu minen wort muoz er mir län
  • durch den vil liebten tegel gän
  • der camenischen sinne
  • und muoz mir diu dar inne 4890
  • zc fremedem wunder eiten,
  • dem wünsche bereiten
  • als golt von Arabe.
  • die selben gotes gäbe
  • des wären illikones, 4895
  • des oberisten trones,
  • von dem diu wort entspringent,
  • diu durch daz öre klingent
  • und in daz herze lachent,
  • 487U scheint mir unrichtig überliefert. Nacli dem einheitlich (nur B,
  • Nebenhs. von M, hat der eren) vorliegenden Text ist der Vers als Appo-
  • sition zum vorhergehenden zu fassen: die Karaueneu, die neun Sirenen
  • der Ohren, die neun Ührenberückerinneu. Sirene (bei Gottfried swf.),
  • kann hier nur in übertragener Bedeutung genommen werden, aber die
  • ijrklärung befriedigt nicht. — 4S71 da ze hove bestimmt bezogen auf
  • Klikon 4863. — 4872 teilen swv. , austheilen. — werjen stv. , hier: zu-
  • w&gcn. — 4873 gunnen mit dat. und gen. (ir^=gendde) , hier nicht bloß
  • wie in V. 2598 : einem etwas gönnen , sondern : einem etwas zuwen-
  • den. — 4874 bei Gottfried's Redeweine und Vorliebe für Zusammen-
  • setzungen vielleicht sinnebrunnen'i — 487t) trahen stm., Tropfen; vgl. zu
  • 749. — 4878 bejagen swv., erjagen, bekommen, erlangen; vgl. zu 12298. —
  • 4883 verrihten swv., einrichten, in rechter Weise herstellen. — 4886 ent-
  • rihtrn swv., in Verwirrung bringen. — 4889 camenisc/i adj., (kamrenisch),
  • den Musen oigenthümlicb ; das Wort von Gottfried wohl eigens gebildet
  • im Stile von meiisch, fruuwlii; vgl. zu 2.347. — 4891 eiten swv. Irans., bren-
  • nen, schmelzen. —
  • 172 Vlll. TRISTAN's SGIIWERTLEITE.
  • die rede diirliulitcc maclient 490O
  • als ein erweite gimme,
  • die gerüochen mine stimme
  • und mine bete erhoeren
  • oben in ir himelkoeren
  • und rehte, als ich gebeten liän. 4905
  • Nu diz Kit allez sin getan,
  • daz ich des alles si gewert,
  • des ich von Worten hän gegert,
  • und habe des alles vollen hört,
  • senft' allen oren miniu wort, 4910
  • ber iegelichem herzen schate
  • mit dem ingrüenen lindeublate ,
  • ge miner rede als ebene mite,
  • daz ich ir an iegelichem trite
  • rüm' unde reine ir sträze •4-915
  • noch an ir sträze enläze
  • deheiner slahte stoubelin,
  • ez enmüeze dan gescheiden sin,
  • (125) und daz si niuwan üf dem kle
  • unde üf liebten bluomen ge; 4920
  • dannoch gewende ich minen sin,
  • so kleine als ich gesinnet bin,
  • küm' oder m'emer dar an,
  • dar an sich alse manic man
  • versuochet unde verpriset hat. 4925
  • deiswär, ich sol es haben rät;
  • und kerte ich alle mine kraft
  • 4900 durlluhtec adj., (durchlauchtig), durchsichtig, glänzend klar. — 4901 er-
  • weit part. adj., erwählt, ausgesucht, kostbar,
  • 4906 Wörtliche Übersetzung halbwegs im Nhd. verständlich, idzen
  • öfters in solchen Wendungen, wo wir: angenommen, gesetzt gebrauchen»
  • — 4907 passivische Construction von geivern (vgl. zu 2214), mir wird etwas
  • gewährt, ich erlange etwas. — 4909 hört stm., Schatz, Fülle. — 4918 ez,
  • das Stäublein. — dan sclieiden stv. , wegschaffen. — 4919 si = rede, —
  • 4922 kleine adv., wenig, gering. — gesinnet part. adj., (mit Sinn) begabt;
  • 9886 = nlid. — 4925 wegen ver- kann versuoclien refl. allerdings die Be-
  • deutung haben : sich vergeblich versuchen, « sich suchend verirren» (Mhd.
  • Wörterbuch); es ist aber nicht unbedingt nöthig; versuochen sonst bei
  • Gottfried = nhd. in V. 3696. 14182. — verprisen swv. dagegen muß ein un-
  • rechtes oder verfehltes prisen bedeuten. Zarncke weist mit Kecht Mhd.
  • Wörterbuch II, 1, 535 Hagen's Erklärung von fiich verprisen : sich Preis
  • erwerben zurück, entscheidet sich aber nicht für eine hier bestimmt gel-
  • tende Bedeutung. Groote: sich überschätzen ; Zarncke's zweite Erklärung
  • (nach Wackernagel) : «seinen Preis verscherzen» scheint mir die treffendste;
  • das Wort entspricht etwa unserm prosaischen: blamieren. — 4926 rat haben,
  • mit gen., etwas oder auch eine Person entbehren müssen, einer Sache oder
  • Person entsagen , verzichten. —
  • VIII. TRISTAN'» SCHWERTLEITE. 173
  • ze ritters bereitscliäft.
  • als ^^•eizgot maneger bat getan;
  • und Seite iu daz, wie Vulkan -4930
  • der wi'se, der msere,
  • der guote listwürkaere
  • Tristande sinen lialsperc
  • swert unde hosen und ander werc,
  • daz den ritter sol bestan , 4935
  • durch sine hende lieze gän
  • schön' und nach meisterlichem site ;
  • wie er'm entwürfe unde snite,
  • den kuonheit nie bevilte,
  • den eher an dem schilte; 494.0
  • wie er'm den heim betihte
  • und oben dar üf rihte
  • al nach der minneu quäle
  • die fiurihen sträle;
  • wie er im al besunder 4945
  • ze wünsche und ze wunder
  • bereite ein und ander.
  • und wie min frou Cassander
  • diu wise Trojerinne,
  • ir liste und alle ir sinne 4950
  • dar zuo heete gewant,
  • daz si Tristande sin gewant
  • berihte unde bereite
  • nach solher wi'sheite,
  • so si'z aller beste 4955
  • von ir sinnen weste,
  • der geist ze himele, als ich ez las,
  • von den goten gefeinet was:
  • i'.>2S bereilsc/ioft stf., Ausrüstung (3992), hier mit speciellcT IJezicluiiigauf die
  • Waffen [vgl. die noch geltende specielle Bedeutung von: Eüstung= Panzer].
  • — 49.12 listwürkccre stm., Künstler, insbesondere der Schmiedekünstler. —
  • 4933 lialsperc (halsbcrc) stm., Küstung (von Ringen), bis zum Knie rei-
  • chend; vgl. 6546. — 4934 hosen pl., hier die Bekleidung der beiden Unter-
  • beine bezeichnend; zwo hosen in V. 6540. Die Hosen der Küstung bestan-
  • den ebenfalls aus Ringen. — werc stn., Kunstwerk; künstlerisch gearbeitete
  • Rüstuugsstücke; vgl. 6545.6629. — 4937 »«m/fWicA adj., meisterhaft, künst-
  • lerisch; vgl. 2225. — 4939 den eher zu beziehen auf eher als auf Tristan. —
  • mich beeilt mit gen. (kuonheit), eigentlich: mir wird etwas zu viel, ich
  • werde eines Dinges müde, ich lasse von etwas ab. — 4941 betihten swv.,
  • mit Überlegung herstellen. — 4943. 4944 die Wendung mit 7iäch ist durch
  • das Adjectiv a;^; i'rt veranlasst: gemäß, entsprechend der Liebesqual, wie
  • die Liebe feurig. — strale stf., Pfeil. Als Heinischmuck und Zeiclien
  • koninien Pfeile öfters vor. — 4957 der abhängig von V. 4949. —
  • 174 Viil. TKISTAIS'S SC'clWEKTLElTE.
  • (12G) waz hsete daz iht ander kraft
  • dan, alse ich die geselleschaft -4960
  • Tristandes e bereite
  • ze siner swertleite?
  • mac ich die volge von iu hän,
  • so ist min wän also getan,
  • und weiz daz wol, muot unde guot, 4965
  • swer zuo den zwein geraeten tuet
  • bescheidenheit und höveschen sin,
  • diu vieriu würkent under in
  • als wol als iemen ander.
  • ja, Yulkän und Cassander, 4970
  • diu zwei bereiten ritter nie
  • baz ze prise danne ouch die.
  • Sit nü die vier richeite
  • riliche swertleite
  • SQS kunnen geprüevieren, 4975
  • so bevelhen wir in vieren
  • unsern friunt Tristanden.
  • die nemen in ze banden,
  • bereiten uns den werden man,
  • Sit ez niht bezzer werden kan, 4980
  • mit dem geziuge und mit dem snite,
  • da sine reitgesellen mite
  • so schone sint bereitet,
  • sus si Tristan geleitet
  • ze hove und ouch ze ringe, 4985
  • mit allem sinem dinge
  • sinen gesellen ebengelich,
  • ebenziere und ebenrich:
  • ich meine ab an der wsete,
  • die mannes hant da nsete, ' 4990
  • niht an der an gebornen wät,
  • diu von des herzen kamere gät.
  • 4959 hier erst der Nachsatz zu Y. 4927. — kraft, hier in anderm Sinne
  • als in V. 4927: Wirkung; vgl. 13003. — 4966 gereute stn., hier mit Be.
  • Ziehung auf V. 4601 bildlich: Ausstattung, förderliche Dinge.
  • 4974 riliche sivertleite ist acc. und zwar wohl sg. = eine r. s. —
  • 4975 geprüevieren swv., Fremdwort (in der Form, Bildung aus geprüeven
  • 4582), zurechtmachen. — 4978 ze landen nemen entspricht ziemlich un-
  • serm: vornehmen (von Personen und Sachen). — 4981 snit stm., Zuschnitt,
  • Fagon. — 4982 reitgeselle swm. (von reite, Kriegszug, Fahrt) Kriegs-
  • genosse, Kamerad. — 4987 ebengelich adj., durchaus gleich. — 4988 eben-
  • ziere adj., gleich schmuck. — ebenrich adj., gleich ausgestattet, —
  • VIII. TRISTAN 's SCHWERTLEITE. 175
  • die si da heizent edelen miiot,
  • diu den man wolgemuoten tiiot
  • und werdet li'p ünde leben: 4996
  • diu wät wart den gesellen geben
  • dem lierren ungeliche.
  • ja weizgot , der muotrichc ,
  • (127) der eregire Tristan
  • truoc sunderlicliiu kleider an, 5000
  • von gebare und von gelaze
  • gezieret üz der mäze.
  • er ha3te s' alle an scbosnen siten
  • unde an tugenden tibersnitcn.
  • und iedoch an der waete, 5006
  • die mannes bant da nsete,
  • dane was niht underscheidung' an,
  • der truoc der werde boubetman
  • in allen gelicbe.
  • Sus was der muotes riebe 5010
  • der voget von Parmenie
  • und al sin massenie
  • ze münster mit ein ander komen
  • und liseten messe vernomen
  • und oucli enpfängen den segen, 5015
  • des man in da solte pflegen:
  • Marke nam dö Tristanden
  • sinen neven ze banden,
  • swert unde sporn strict' er im an.
  • «sich», sprach er «neve Tristan, 5020
  • Sit dir nu swert gesegenet ist
  • und Sit du ritter worden bist,
  • nu bedenke ritterlichen pris
  • und oucb dich selben, wer du sis;
  • diu gebürt und din cdelkeit ^02 6
  • si dinen ougen vür geleit:
  • 4995 werden swv. trans. , wert machen (synonym von tt/rf/e«), vervoll-
  • kommnen; vgl. 5031. — 4997 ungeliche adv. mit dat., nicht in Überein-
  • stimmung mit ... — 4998 muotriche adj. subst. (in V. 5010 j/iuotes iichc),
  • freudenreich, wohlgemuth. — b002 uz der inäze ^ über die Maßen, vor-
  • züglich; vgl. 9991. — 5004 übersnulen stv., im Schnitte übertreffen, dann
  • überhaupt: übertreffen. — 5007 iinderscheidun'je (=Hs. H, dagegen W und
  • F undenc/ii'lunge, M underscheiden) stf. = Unterschied.
  • 5019 an stricken swv., anschnüren, anbinden, um- und anthun. —
  • 5025 edelUit stf., Adel. —
  • 17G viii. tiustaxn's schwertleite.
  • wis diemüot' und wis iinbetrogen .
  • M'is wärliaft und wis Avolgezogen :
  • den armen den wis ienier guot,
  • den rieben iemer hücligemuot; 5030
  • zier' unde werde dinen lip,
  • er' unde minne elliu wip;
  • wis inilte unde getriuwe
  • und iemer dar an niuwe!
  • wan üf min ere nim ich daz, 5035
  • daz golt noch zobel gestuont nie baz
  • dem spere unde dem schilte
  • dan triuwe unde milte. »
  • (128) Hie mite bot er im den schilt dar.
  • er küste in und spracli: «neve, nu var 5040
  • und gebe dir got dur sine kraft
  • heil ze diner rittcrschaft!
  • wis iemer hövesch, wis iemer fro!»
  • Tristan verrihte aber do
  • sine gesellen an der stete, öO-tS
  • rehte als in sin oeheim tele,
  • an swerte , an s])orn , an schilte.
  • diemüete, triuwe, milte,
  • die leite er iegcliches kür
  • mit bescheidenlicher lere vür. 5050
  • und enwärt euch da niht nie gebiten :
  • gebuhurdieret unde geriten
  • wart da, zewäre deist min wan.
  • wie si aber von ringe liezen gan,
  • wie si mit scheften stcechen, 5055
  • wie vil si der zerbr.Tchen
  • daz sulen die garzune sagen,
  • die hülfen ez zesamene tragen.
  • i'ne mac ir buhurdiercn
  • 5027 diemiicte adj., (demütliig), bescheiden. — ■ anbetruijen part. adj., nicht
  • bethürt, nicht eingebildet. — biiZQ liodigemuot aäii., hier: hochsinnig, stolz;
  • ■der Dativ den riclien=^i\xv die Eeichen, den Kelchen gegenüber. — 5035 uf
  • die ere neiuen, bei der Ehre etwas auf sich nehmen^ mit der Ehre für etwa^
  • einstehen; doch nicht im strengsten Sinne, sondern nur betheuerud. —
  • 5038 mille stf., Freigebigkeit; vgl. zu 250.
  • 5044 verrillten swv. hier mit acc. der Person, zurechtmachen, aus-
  • statten. — 5048 diemüete stf., Demuth, Bescheidenheit; vgl. 1706S. —
  • 5050 bescheidenlich adj., verständig. — 5054 rinc stm. ist liier der Umkreis
  • des abgegrenzten Turnierplatzes. — gän läzen, Verbalellipse (das Eoss;,
  • ansprengen. — l)()bl garzun stm., Fremdwort, franz. gar<;on , Knappe. —
  • VIII. TRISTAN's SCHWEETLEITE. 177
  • iiilit allez becioieren 50G0
  • wan einen dienest biute ich in ,
  • des ich in sere wiliec bin:
  • daz sich ir aller ere
  • an allen dingen mere,
  • und in got ritterlichez leben 5065
  • ze ir ritterschefte iiiüeze geben!
  • OGO becrSieren swv., Fremdwort, beschreien, ausrufen (als Herohl oder als
  • 'arz'in beim Turnier); das einfache Yerbum in V. 5578 (croicrfn nach den
  • iUesten Hss. ; keine sclireibt zwei iz=croüeren oder Arei ^^croijieren). —
  • 1O61' wiliec adj. mit dat. der Person und gen. der Sache, für einen in oder
  • ;u einer Saclie geneigt (sein oder werden).
  • GOTTFRIED VOX SXKASSLUEQ. I. 2. Aufl. 12
  • IX.
  • HEIMFAHRT UND RACHE.
  • Der Gedanke an seiner! erschlagenen Vater lässt Tristan nicht zur
  • Buhe kommen, und es drängt ihn nach der Heimat. Bei seinem ISchei-
  • den setzt ihn Marke zu seinem Erben ein, um seinetwillen will er ehelos
  • bleiben. Marschall Bual tritt zuerst in Parmenien an das Ufer und be-
  • ■willkommt den Herrn in seinem Erblande und geleitet ihn nach Kanoel,
  • wo Florsete ihren Herrn und Sohn in hoher Freude empfängt. Die Lan-
  • desfürsten erhalten von Tristan ihr Land zu Lehen und schwören ihm
  • den Huldigungseid. Hierauf zieht Tristan , Schmerz und Bachegefühl im
  • Innern bergend, nach Britannie, um, wie er sagt, aus seines Feindes
  • Hand sein Lehen zu empfangen. Die wohlausgerüstetc, aber äußerlich fried-
  • fertig erscheinende Bitterschaar trifft den Herzog Morgan auf der Jagd.
  • Tristan bringt sein Anliegen vor, aber Morgan verweigert ihm die Gunst
  • und nennt, auf Tristan's uneheliche Geburt anspielend, Eiwalin's und
  • Blanscheflur's Bündniss eine Liebschaft. Nach hartem Wortwechsel spaltet
  • Tristan seinem Feinde das Haupt. Ein wechselvoller Kampf zwischen
  • den Britunen und den Parmeniern beginnt. Bual kommt zu Hülfe, und
  • Tristan bleibt Sieger. Fortan ist sein Herz getheilt zwischen der Liebe
  • zu seinem Vater und Getreuen Bual und seinem Oheim Marke. Sein mit
  • eigener Hand erworbenes Erbland gibt er dem Marschall zum Erblehen
  • und ertheilt dessen beiden Söhnen, seinen Brüder« und künftigen Eiben
  • die Bitterwürde und mit ihnen zwölf Jünglingen , unter ihnen auch sei-
  • nem Meister Kurvenal. Mit diesem kehrt er unter dem Wehklagen seiner
  • Freunde und Unterthanen nacli Kurneval zurück.
  • Truoc lernen lebender Staate leit
  • bi stseteclicher sselekeit,
  • so truoc Tristan ie stsete leit
  • bi staeteclicher sselekeit. 5070
  • 5067 iemen lebender, nicht: ein Lebender, sondern lebender gen. pl.
  • (wie in V. 2989), einer der Lebenden; vgl. 5104. — 5068 stceteclich adj.=
  • gtccte, beständiglich.
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 179
  • Als ich es iucli besclieiclen wil:
  • im ^vas ein endeclicliez zil
  • gegeben der zweier dinge
  • leides unde liuge;
  • wan alles des, des er began, 5075
  • da lang im allerdickest an,
  • und was ie leit der linge bi.
  • swie ungelich diz jenem si,
  • (129) sus wären diu zwei conterfeit,
  • stsetiu linge und wernde leit, 5080
  • gesellet an dem einen man.
  • «so helfe iu got, nu sprechet an:
  • Tristan der hat nu swert genomen
  • und ist ze richer linge komen
  • mit ritterlicher werdekeit: 5085
  • lät lioeren, w-elher hande leit
  • haet' er bi dirre linge?»
  • weiz got, an einem dinge,
  • daz iegelichem herzen ie
  • und oucli dem sinen nähe gie: 5090
  • daz inie der vater was erslagen,
  • als er Rüälen horte sagen,
  • daz quäl in in dem muote.
  • alsus was übel bi guote,
  • bi linge schade, bi liebe leit 5095
  • eines herzen stsetiu Sicherheit.
  • ir aller jehe diu lit dar an,
  • haz der lig ie dem jungen man
  • 5072 endeclich adj. ist hier wolil nicht, wie es das mhd. Wb. 1, 432
  • iffasst, vollständig, wirklich wie in V. 18222, sondern einfach zil ver-
  • ärk«nd : schlieülich, letzt; vgl. endczil 10902. — zil geben häufige mhd.
  • »endung von verschiedener Bedeutung und meist zu umschreiben; hier:
  • estimmung. Bei ihm lief es schließlich auf zweierlei, auf Leid, Unglück
  • ud Gelingen, Glück {.linge stf.) hinaus. — j076 lang praet. von lingen stv.
  • -gelingen, glücken. — a//?/rf/cA('i< adv., allerhäufigst, meist. — b01% coiiter-
  • it Btn. Fremdwort, Gegensatz; vgl. 102G4. — 5u81 in dem 6inen Mann
  • ereint; dat. bei gesellen iu Y. 5134. — 5093 quäl in (acc.) nach Hs. M und
  • ; der Dat. im in Hs. "\V und F ist ebensowenig bei dem intrans. queln
  • V., Qual leiden, sich martern (s. zu 1742) erklärlich; wahrscheinlich findet
  • erwechseluDg statt zwischen (/utln stv. und tiuelu swv. traus., qual=qual(e,
  • i>-lte. — 5090 Sicherheit stf., S'erpflichtung , Bündniss. «Freude bei Leid
  • ar das, dem ein Herz sich durch feste Verpflichtung unterworfen hatte»
  • ilhd. Wb. II, 2, 259'') verstehe icli nicht. Vielmehr heißt es : Glück und
  • uglUck (und die Empfindung davon) war in einem Herzen beständig ver-
  • luden. — .'1097 vgl. zu 2188; hier ilar an ligen etwa glcicli uiiserm : die
  • Igemeino Ansicht (vgl. 101) gelit dahin. — 5098 haz hier in unserra Sinne
  • ürde die Wahrheit des Ausspruchs zweifelhaft machen; gemeint ist viel-
  • ehr: der Zum, die Leidenschaftlichkeit. — an ligen einem, ähnlich wie
  • id.: einen 'jcdrängen (vgl. zu 12520) wie in V. 5107. Oder steht in sti-
  • 12*
  • 180 IX. HEIMFAHRT UND RACHE.
  • mit grdezerem ernest an
  • daii einem stündigen man. 5100
  • ob aller siner werdekeit
  • so swebete Tristand' ie daz leit
  • und daz verborgene ungemacli,
  • daz niemen lebender an im sach,
  • daz ime Eiwalines tot 5105
  • und Morganes leben bot;
  • daz leit lac ime mit sorgen an.
  • der sörcsäme Tristan
  • und sin getriuwelicher rät,
  • der noch von triuwen namen bat, 5110
  • der sselige Foitenant:
  • die bereiten zehant
  • mit ri'chem gersete,
  • des man den wünsch da haete,
  • eine richliche barken: 511.'
  • sus komen si vür Marken.
  • Tristan sprach: «lieber herre min,
  • ez sol mit iuwern hulden sin,
  • (130) daz ich ze Parmenie var
  • und neme nach iuwerm rate war, 512( •
  • wie unser dinc da si gewant
  • umbe liute und umbe daz laut,
  • daz ir da sprechet, ez si min.»
  • Der künec sprach: «neve, diz sol sin.
  • swie küme ich din doch müge enbern, 512;
  • ich wil dich diner bete gewern.
  • var heim ze Parmenie
  • du und din cumpanie;
  • bedarftu ritterschefte me,
  • die nim, als dir ze muote ste: 513*
  • nim ros, nim silber unde golt
  • und swes so du bedürfen solt,
  • als du bedürfen wellest;
  • und swen du dir gesellest,
  • listischem Gegensatze zu letzterem Verse an ligen mit dat. = an einem lige
  • wie in V. 2188: der Zorn sei mehr eine Eigenthiimlichkeit der Jugend al
  • des Alters? — 5100 stündic adj., zeitig, gereift. — 5109 getriuweltch adj. =
  • getriuwe, von Gottfried nicht ungerne gebraucht, sonst im Mhd. Verhältnis:
  • mäßig selten. — 5121 ez , ehi dinc ist gewant, es ist bewandt, beschafifei
  • es steht; vgl. zu 1657; persönlicher in Y. 18958.
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 181
  • dem biut ez so mit guote, 5135
  • mit geselleclichem muote,
  • daz er din dienest gerne si
  • und dir mit triuwen wese bi.
  • vil lieber neve, wirp unde lebe,
  • als dir din vater lere gebe, 5140
  • der getriawe Riial, der hie stät,
  • der michel triuwe und ere liät
  • mit dir begangen unze her;
  • und si, daz dich des got gewer,
  • daz du dich da verrihtest 5145
  • und din dinc da beslihtest
  • nach frumen und nach eren,
  • so soltu wider keren:
  • kere wider her ze mir.
  • ein dinc lob ich und leiste dir, 5150
  • se mine triuwe an dine hant,
  • daz ich dir min guot und min lant
  • iemer geliche teile;
  • und si ez an dinem heile,
  • daz du mich sulest überleben, 5155
  • so si dir allez z'eigene geben:
  • wan ich wil durch den willen din
  • eliches wibes äne sin,
  • (131) die wile ich iemer leben sei.
  • neve, du hast vernomen wol 5160
  • mine bete und minen sin.
  • bist du mir holt, als ich dir bin,
  • treist du mir herze, als ich dir trage,
  • weiz got, so suln wir unser tage
  • froliche mit ein ander leben. 5165
  • hie mite si dir urloup gegeben.
  • der mägede sun, der hüete din!
  • und lä dir wol bevolhen sin
  • din geschäfede und din ere.»
  • hie enbiten s' euch nimere: 5170
  • Tristan und sin friunt Rüal
  • die schiffcten von Kurnewal
  • si unde ir massenie
  • heim wider ze Parmenie.
  • 5137 dienest stm., Diener; vgl. zu lfi891. — 5143 begän mit einem =
  • ahd. an einem; beyän nhd. beschränkter (vgl. 705), hier zu geben etwa,
  • lurch: bewähren; vgl. 5223.
  • 182 IX. HEIMFAHRT UND RACHE.
  • Ob iu im vil liep ist vernomen 5175
  • umbe dirre herren willekomeu ,
  • ich sage iu, alse ich hän vernomen,
  • wie si da wären willekomen.
  • Ir aller 1 eitlere,
  • der getriuwe, der gewsere 5180
  • Rüal trat vor üz an daz lant;
  • sin hüetelin und sin gewant
  • leit' er höfschliche dort hin dan:
  • Tristanden lief er lachende an,
  • er kuste in und sprach: «herre min, 5185
  • gote sült ir willekomen sin,
  • iuwerm lande unde mir!
  • kieset, herre, sehet ir
  • diz schcene lant bi disem mer?
  • veste stete, starke wer 5190
  • und manic schoene kastei:
  • seht, daz hat iuwer vater Kanel
  • an iuch geerbet unde bräht,
  • Sit ir nu biderbe unde bedäht,
  • swes iuwer ouge hie gesiht, 5195
  • des engät iu niemer niht:
  • des bin ich iemer iuwer wer. »
  • mit dirre rede so kerte er her
  • (132) mit richem herzen unde frö;
  • vil froli'che enpfieng er do 5200
  • die ritter al besunder:
  • er begünde si ze wunder
  • mit sineu werten süezen
  • salüieren unde grüezeu.
  • hie mite fuort' er si üf Kanoel. 5205
  • die stete unde diu kastei,
  • diu von Kaneles jären
  • in siner pflege wären
  • in allem dem lande,
  • diu gab er üf Tristande 5210
  • nach vil getriuwelichem site;
  • und euch diu sihen da mite.
  • 5193 erben swv., vererben; an = nhd. auf. — 5197 «-«r swm., Gewährs-
  • mann; dafür stehe ich euch. — 5210 uf yeben mit dat., Terminus aus dem
  • Lehnrecht, übergeben. —
  • IX. HEIMFAHET UND RACHE. 183
  • diu in waren au gevallen
  • von sinen vordem allen.
  • waz so! der rede nii mere? 5215
  • er haDte rät und ere:
  • dur daz bot er dem herren rät
  • als der, der rät und ere hat,
  • und mit im al den sinen.
  • daz flizen und daz pinen, ö?20
  • daz er mit süezem muote
  • in allen ze guote
  • und alle wis an in begie,
  • dazu gesäcli männes ouge nie.
  • Wie do? wie ist mir sus geschehen? o225
  • ich hän mich selben übersehen:
  • wä sint nu mine sinne?
  • die guoten marschalkinne,
  • die reinen, die Staaten
  • mine frouwen Florseten, -5230
  • daz ich die sus verswigen hän,
  • deist niht da her von hove getan,
  • ich sol ez aber der süezen
  • bezzern unde büezen.
  • diu hövesche, diu guote, 5235
  • diu guote gemuote,
  • diu werdeste, diu beste,
  • ich weiz wol, daz si ir geste
  • (133) niht eine mit dem munde enpfie; f
  • wan swä daz wort von munde gie, 5240
  • da gie der süeze wille ie vor.
  • ir herze daz fuor rehte enbor,
  • als ez gevidert wsere.
  • si wären vil einbsere
  • 5220 ßtzen hier subst. Inf. stn. (vgl. 623), Eifer, Sorgfalt. — pinen subst.
  • inf. stn. (vgl. It^U), Bemühung.
  • 5225 Wie do? wie nun? — 522tj übersehen siv., vergessen. — 5230 »u/ic
  • fromce^madarne ; vgl. zu 3524. — 5232 das ist nicht anständig gehan-
  • delt. — 5234 bezzern swv., vergüten; vgl. zu 1511. — 523G guote nach Über-
  • einstimmung von Hs. H, W und F und durchaus stilgemäß im Wortspiel
  • mit gwjte fem. in V. 5235; das Adverbium guote statt icol, in damaliger Zeit
  • sonst ungebräuchlicli, ist dem Dichter, der so frei mit der Sprache schaltet,
  • wohl zuzutrauen, und einmal musste mit diesem Adverbium, an dem die
  • jüngere Zeit gar keinen Anstoß nimmt und welches nach Bech's Nachweis
  • um die Mitte des 13. Jahrhunderts schon geläufiger ist, der Anfang ge-
  • macht werden; Hartraann Iwein 7300 spielt anders: diu süeze, diu gtiote^
  • 'liu suoze geiHuole. — 5243 gevidert part. adj., geflügelt. —
  • 184 IX. HEIMFAHRT UND RACHE.
  • beidiu ir wille unde ir wort. 52^5.
  • ich weiz wol, daz si über bort
  • vil geselleclicbe giengen,
  • da si die gaste enpfiengen.
  • diu saelege Florsete
  • waz fröiide ir herze hsete 5250
  • wider ir herren unde ir kiut,
  • daz kint, des disiu mcere sint,
  • (ir sun Tristanden den mein' ich)
  • entriuwen, des erkenne ich mich
  • an manegen unde an guuogen 5255
  • ir tugenden unde ir fuogen,
  • die ich von der saelegen las;
  • daz der niht ein lützel was,
  • daz bewserte s' alse wol,
  • als ein wip allerbeste sol : 5260
  • wan si schuof ir kinde
  • und sinem ingesinde
  • al die ere und daz gemach,
  • diu ie ritteren geschach.
  • ouch waene ich eines alse wol, 5265
  • daz ich es niht baz wsenen sol
  • von dem hoveschen Kurvenäle;
  • dem enwsere er ze dem male
  • ein willekomener Tristan,
  • ich enhän da keinen zwivel an. 5270
  • Hietmite so würden besant
  • ze Parmenie übr al daz lant
  • die herren und diu heischäft,
  • die da hseten die kraft
  • der stete und der kastele. 5275
  • nu die ze Kanoele
  • gemeinliche kämen,
  • gesähen unde veruämen
  • (134) von Tristande die wärheit,
  • als uns daz msere von im seit 5280
  • und alse ir selbe habet vernomen,
  • 5246 bort stm. (?), Bord, Schiffsrand, Ufer, über bort gan bildlich, sich
  • ergießen, tiberströmen. — si^= wille und wort. — 5254 sich erkennen hier
  • mit gen., darauf verstehe ich mich, das schließe ich; alsdann a«^aus.
  • 5274 kraft stf. mit gen., Gewalt über; anders = nhd. in V. 5727. —
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 185
  • dö flugcii tüsent willekomen
  • von iogclichcs munde.
  • liut undc lant begunde
  • von langem leide erwachen 5285
  • und sich ze frönden machen
  • ze wunderlichem wunder:
  • si enpfi'engen al besundcr
  • ir lehen, ir liutc unde ir lant
  • von ir herren Triständes haut: 5290
  • si swuoren hulde und wurden man.
  • Hier under haete ic Tristan
  • den tougenlichen smerzen
  • verborgen in dem herzen,
  • der da von Morgäne gie. 5295
  • der smerze der begab in nie
  • weder fruo noch spate,
  • alsus gienc er ze rate
  • mit magen und mit mannen
  • und jach, er wolte dannen 5300
  • ze Britänje gäben ,
  • sin leben enpfähen
  • von sines viendes hant,
  • dur daz er sines vater lant
  • mit rehte haete deste baz. 5305
  • diz sprach er unde tete ouch daz:
  • er fuor von Parmenie
  • er und sin cumpanie
  • bereitet unde gewarnet wol,
  • also der man ze rehte sol, 5310
  • der üf angesliche tat
  • ernestlichen willen hat.
  • Do Tristan ze Britänje kam, *
  • von äventiure er da vernam,
  • und horte wserliche sagen, 5315
  • 5282 fliegen stv. braucht Gottfried gern in solcher Weise; vgl. z. B. 5481. —
  • .'»286 machen refl., wie noch volkstbümlich : sich wohin begeben, wenden;
  • ze frijuden, sich den Freuden zuwenden, sich erfreuen; vgl. 559. — 5291 hulde
  • stf., hier: Uutertl)ancutreue ; //. au-«/-« = huldigen.
  • 5295 rjän von einnin , von einem ausgelien, herrühren; vgl. 5667. —
  • 5296 begehen stv. mit acc, einen aufsjebcn, von einem ablassen. — 53Ü9 ge-
  • icarnct part. adj. s. zu P05 und vgl. 5471.
  • 186 IX. HEIMFAHRT UND RACHE.
  • Morgan der herzog rite da jagen
  • von wälde ze walde.
  • nu liiez er ilen balde ,
  • (135) die ritter sich bereiten
  • und under ir rocke leiten 5320'
  • ir hälsperge unde ir dinc,
  • und so daz niemen keinen rinc
  • üz dem gewande lieze gän.
  • nu diz geschach, diz was getan;
  • und über daz leite ie der mau 5325
  • sine reisekappen an
  • und säzen üf ir ors also.
  • ir gezoc hiezen s' dö
  • stätliche wider riten
  • und niemaunes biten 5330
  • und teilten ir ritterschaft.
  • dö wärt diu grdezere kraft
  • geschicket an die widervart,
  • daz der gezoc wsere bewart,
  • da der üf sine sträze gie. 5335
  • dö diz geschach, dö h?eten die,
  • die mit Tristande kerten hin,
  • wol drizec ritter under in;
  • jene an der widerkere
  • wol sehzic oder mere. 5340
  • Yil schiere wart, daz Tristan
  • liund' unde jägere sehen began.
  • die selben fragte er msere,
  • wä der herzöge wsere.
  • die täten ez im iesä kunt; 5345
  • und er des eudes sä zestunt
  • 5319. 5320 bereiten, leiten sind Infinitive, abh. von hiez. — leiten stv., führen;
  • «»cZer 7> rocAe, Accusativwendung ; im Neuhochd. dafür; unter ihren Röcken.
  • 5322 rinc stm., Panzerring, Stück vom Ringpanzer. — 5325 leite im Spiel
  • mit leiten in V. 5320 \xiQr^= legete. — ie der man nicht formal = jeder
  • Mann (nhd. jeder aus ieweder , iegetceder Gr. 3, bb), sondern (e=je und
  • der 7nan = einer; man sagt auch ähnlich nhd.: man immer ( = der man
  • vgl. 3047); in der Bedeutung ist ie der man allerdings = jedermann. —
  • 5326 reisekappe swf., Eeisemantel; vgl. zu 2629. — 5328 gezoc stm. (5334),
  • .Zug, Mannschaft. — 5329 stätliclie adv. (zu State), gemächlich, ruhig; vgl.
  • zu 15978. — 5333 tcidervart stf., Rückfahrt, Rückweg; ebenso 5339 wider-
  • kere stf., Rückkehr (wie in Y. 17094); beide Worte sind hier technisch
  • aufzufassen wie: Retirade und Retraite.
  • 5346 des endes gen. adv., an den Ort, dahin; bei Gottfried ziemlich
  • häufig; vgl. z. B. 7407. Das Verbum der Bewegung in diesem Verse fehlt
  • zu Gunsten des lebhaften Ausdrucks : und er gleich dahin und fand u. s. w'. —
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 187
  • und vant ouch da vil schiere
  • üf einer waltri viere
  • vil ritter Britune,
  • den Avarcn pavelüne 5350
  • und hüten üf daz gras geslagen,
  • dar umbe und dar in getragen
  • loup unde lieliter bluomcn vil.
  • ir hunde unde ir vederspil
  • daz hseten si ze banden. 5355
  • die graozten oucli Tristanden
  • und sine rotte da mite
  • höfschliche nach dem hovesite;
  • (136) die Seiten ime ouch iesä,
  • Morgan ir berre rite da 5360
  • vil nahen in dem walde.
  • dar ilten si do baldo.
  • da fuudon s' ouch Morgänen
  • unde üf kastelänen
  • vil ritter Britune haben. 5365
  • ISii si begunden zuo z'im draben,
  • Morgan enpfie die geste,
  • der willen er niht weste
  • vil gastlichen unde wol,
  • als man die geste enpfähen sol. 5370
  • sin lantgesinde tete alsam:
  • ir iegeli'cher der kam
  • gerant mit sinem gruoze.
  • nach dirre ünmüoze,
  • do diz grüezen gar geschach, 5375
  • Tristan ze Morgane sprach:
  • «berre, ich bin komen da her
  • nach minem leben unde ger,
  • daz ir mir daz hie lihet
  • und mir des niht verzibet, 53S0
  • des ich ze rehte haben sol:
  • 5348 waltririrre sÜ., Fremdwort, Waldbach (vgl. 10^88); dann auch: Wald-
  • bezirk = Waldrevier. — hSbO paveluiie stf. (13271) Fremdwort, (Pavillon),
  • Zelt. — 5351 fiülen nach Hs. M (fie/cn Hs. \Y) = hütfen; vgl. zu 587. —
  • 5364 kastelän stn., Fremdwort, Castilier, castilischea Boss; vgl. 6G(J4 und
  • zu 921.'). — 53G5 /ia6e;i = halten.
  • 5379 l!/if>n stv. , verleihen, zu Lehen geben. — 5380 verzihen stv. mit
  • dat. und gen., einem etwas versagen, abschlagen. —
  • 188 IX. HEIMFAHRT ÜND RACHE.
  • SO tuot ir liöfsclilicli iinde wol.»
  • Morgan sprach: «herre, saget mir,
  • von wannen oder wer sit ir?»
  • Tristan sprach dö wider in: . 5385
  • «von Parmenie ich bürtec bin,
  • und hiez min vater Riwalin.
  • herre, des erbe sol ich sin;
  • ich selbe heize Tristan.»
  • Morgan sprach: «herre, ir komet mich an 5390
  • mit alse unnützen mseren,
  • daz si als wsege wseren
  • verswigen, alse vür brä'ht.
  • ich bin des kürze bedäht:
  • soltet ir iht von mir hän, 5395
  • des wsere iu schiere State getan ;
  • wan iu enwürre niht dar an,
  • irn wseret ein gezaeme man
  • (137) einen legelichen eren,
  • dar ir ez soltet keren. 5400
  • wir wizzen aber alle wol,
  • (diu lant sint dirre mserc vol)
  • in welher wise Blanschefluor
  • mit iuwerm vater von lande fuor,
  • ze weihen eren ez ir kam, 5405
  • wie diu friuntschaft ende nam.»
  • «friuntschäft? wie meinet ir daz?»
  • ui'ne sage iu nü niht vilrbäz,
  • wan diser rede der ist also.»
  • «herre», sprach aber Tristan do 5410
  • «hi disem maere erkenne ich mich:
  • ir meinet ez also, daz ich
  • niht eliche si geborn
  • und süle da mite hän verlorn
  • 5392 wcege adj., (überwiegend), vortheilhaft, gut; als iü. = unserm: ebenso
  • gut; vgl. 10413. — 5395 terminologische Wendung: hättet ihr ein Recht
  • auf ein Lehen von mir"; vgl. Bech zu Erec 538. 10087. — 5396 State tuon
  • mit dat. uJid gen., einem zu etwas Gelegenheit geben, einem in etwas will-
  • fahren. — . 5397 enwürre conj. prset. von werren stv. , hier: hindern. —
  • 5398 nhd. positiv: daß ihr wäret oder: zu sein; die Negation { = quin im
  • Lat.) veranlasst durch enwerren. — gezccrne adj. mit dat., (geziemend), an-
  • stehend, würdig. — 5399 ein adj. im Mhd. bisweilen auch im Plural, nlid.
  • dafür Singularwendung oder Auslassung des "Wortes. — 5404 von, lande,
  • aus dem Lande, der Heimat. — 5411 ernennen hier wieder reflexiv; nicht:
  • durch diese Rede fühle ich mich getroffen, sondern: ich verstehe diese
  • Rede, schließe daraus; vgl. 16563 und zu 2017. —
  • J
  • IX. HEIMFAHRT UND EACHE. 189
  • min leben und min lelienrelit.» 54:15
  • «entriuwen, herre guoter knelit,
  • da vür hän ich ez und manic mau.»
  • «ir redet übel», spracb Tristan
  • «ich wände doeb, ez wsere
  • gevellec unde gebaere. 5420
  • swer dem man leide taete,
  • daz er mit rede doch haste
  • sin unde gefuoge wider in.
  • baetct ir nu fuoge unde sin,
  • so leide als ir mir habt getan, 54:"25
  • ir raöhtct mich doch rede erlän,
  • diu niuwe swaere wecket
  • und alte schulde recket:
  • ir sluoget mir den vater doch;
  • hie mite endünket iuch noch 5430
  • mines leides niht genuoc,
  • irn jehet, min muotcr, diu mich truoc,
  • diu trüege mich kebesliche.
  • sem mir got der riche!
  • ich weiz avoI, so manc edele man, 5435
  • des ich hie niht genennen kan,
  • sine hende mir gevalden hat;
  • und haeten s' dise Untat,
  • (138) der ir da jehet, an mir erkant,
  • ir deheiner haite sine haut 5440
  • zwischen die minc nie geleit.
  • die wizzen wol die wärheit,
  • daz min vater Riwalin
  • niine müoter an daz ende sin
  • brähte vür ein elich wtp: 5445
  • ist, daz ich daz üf iuwern lip
  • bewaeren unde bereden sol,
  • entriuwen, daz berede wol.»
  • 5416 nicht htrre, r/uo'cr kneht, sondern herre yuotcr kncht^ Herr Eitler; vgl.
  • zu 1668. — 5420 gevellec adj., (gefällig), passend. — 5423 gefuoge stf.=
  • fuoge. Schicklichkeit, Anstand. — 5426 erläzen mit acc. und gen. (rede),
  • einen mit etwas verschonen. — 5428 recken swv., von Grimm Gr. 4, 603 mit
  • cxcitarr, movere erklärt; das scheint mir stilistisch das vorliergcliende wecken
  • zu verbieten; ich glaube vielmehr: recken, ausdehnen, vergrößern: die
  • alte, die erste Schuld erhöht. Bech vermuthet : vorhalten, vorrücken (aus
  • die hant oder die vinger recken). — 5436 genennen, verst. nennen. — 5437 die
  • lunde einem valden, ein Actus der Belehnung; vgl. Grimmas liechtsalter-
  • thümcr 139 und ferner V. 5440 fg. — 5447 bewivrcn swv., beweisen. — be-
  • reden swv., bezeugen, erhärten. —
  • 190 IX. HEIMFAHRT VISD HACHE.
  • «üz!» sprach Morgan «in gotes haz!
  • iuwer bereden waz sol daz? 5450
  • iuwer släc engät ze keinem man,
  • der ie ze hove reht gewan.»
  • «diz wirt wol schin», sprach Tristan.
  • er zucte swert und rande in an,
  • er sluog im obene hin ze tal 5455
  • beidiu hirne und hirneschal,
  • daz ez im an der zungeii want.
  • hie mite so stach er ime zehant
  • daz swert gein dem herzen in.
  • dö wart diu wärheit wol schin 5460
  • des Sprichwortes, daz da gibt,
  • daz schulde ligen und fulen nilit.
  • Morgaues cumpanjüne
  • die frechen Britü'ne,
  • die enkünden ime da niht gefromen 5465
  • noch ze helfe im nie so schiere komen,
  • ern Isege an dem valle.
  • iedoch so wären s' alle,
  • als si do mohten, an ir wer.
  • ir wart vil schiere ein michel her: 5470
  • die ungewärneten man
  • si komen alle ir vinde an
  • mit mänlichem muote.
  • warnünge unde huote
  • der nam da lützel iemen war, 5475
  • wan drungen et mit hüfen dar
  • und täten s' alle mit gewalt
  • üz hin ze velde vür den walt.
  • 5449 uz adv., liier eine Interjectiou, es ist aber niclit der Euf, der zum
  • Schwertauszieheu (wie etwa: zielit!) auffordert, sondern = hinaus ! fort! —
  • in gotes haz, eine Verwünschung, etwa = zum Teufel! — 5451 slac stm.,
  • hier nicht der Handschlag zur Bekräftigung der Aussäge, sondern der
  • Schwertschlag. — gän ze einem, zu einem gelangen , einen treffen ; es liegt
  • hierin nicht allein eine social -rechtliche Überhebung, sondern vielleicht
  • auch der Glaube, daß der Uneheliche dem Ritter nichts anhaben könne. —
  • 5454 sivert zucken = das Schwert zücken; vgl. swert nemen , sw. geben, fer-
  • ner swert gesogenen 5021. .s^jer uf und nider werfen 6854. — 5455 obene adv.,
  • hier = »Ort obene; vgl. 8239. 16176. — 5457 winden stv. in der Bedeutung
  • von erwinden 2641, hier mit dat. ; vgl. 8983.
  • 5463 cumpanjvn stm., Fremdwort, nhd. Fremdwort corupagnon. Lehn-
  • wort Kumpan, Genosse. — 5465 gefromen swv., verst. fromen. — 5471 un-
  • gewarnet adj. part., unvorbereitet, überrascht. — 5474 warnünge stf., Vor-
  • bereitung, Vorsicht. . —
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 191
  • (130) hie biiop sich ein raichel ruoft,
  • iiiichel weinen unde wuoft. 5480
  • alsus flouc Morganes tot
  • mit maneger hande klagenöt,
  • als obe er flücke wcere.
  • er Seite leidin msere
  • nf die bürge und in daz lant. 5485
  • in dem lande flouc zebant
  • uibt wan daz eine klagewort:
  • "ä noster sires, il est mort!
  • welch rät gewirt des landes nuo?
  • nu zieren beide, keret zuo 5490
  • von steten und von vesten
  • gelonen disen gesten,
  • des si uns ze leide haben getan!»
  • Sus liezen s' üf ir rucke gäii
  • mit staeteclicbem strite. 5495
  • ouch funden s' alle zitc
  • an ir gesten vollen strit.
  • die kerten ie ze nianeger zit
  • mit einer ganzen rotte wider
  • und würfen mänegen dernider 5500
  • und wären doch ie fliehende
  • und allez wider ziehende,
  • du si da Westen ir kraft,
  • sus kömeii s' üf ir ritterschaft:
  • da nämen s' ouch herberge 5505
  • üf einem vesten berge,
  • dar üfe was ir wcsen die naht,
  • der nebte wart des landes mäht
  • so Stare und also veste,
  • daz si aber ir leiden geste 5510
  • M79 ruofi stm., Ruf, Geschrei, reimt nur mit dem folgenden 5480 wuoft
  • stm. (von ■u;uofen%\.\.') Geschrei. Wolieruf. — 5483 /'«cA-^ adj., hier bildlich :
  • des Fliegeus fähig, etwa : beflügelt [nhd. eingeschränkter]. — 5488 noster
  • altfr. = lat., neufr. notre. — mort adj. r^ neufranz. ; hier im franz. Satze, als
  • Fremdwort in V. 9215. — 54WÜ ziere adj., liier eiufacl» (vgl. 4988): schmuck. —
  • 549:.' yelnnen swv., verst. Innen, belohnen, vergelten. — gast stm., hier: der
  • Fremde im bösen Sinne, der Feind (vgl. /loxpes und /lostii).
  • 5494 vf den rucke eines gan, einen verfolgen. — 5504 ritterschaft stf.
  • ist hier wohl nie auf 'He uidervart 5333 geschickte zahlreichere Schaar;
  • Groole erklärt: Festungslinie. — 5508 der neUte gen. adv., während der
  • Kacht. —
  • 192 IX. IIEIMFAIUIT V}\D RACHE.
  • als schiere als ez wart tagende
  • mit gewälte wurden jagende
  • und manegen nider stächen,
  • den hüfen dicke brachen
  • mit speren und mit swerten, 5515
  • diu da niht lange werten,
  • da wären swert ünde sper
  • deiswär in harte kurzer wer:
  • (140) ir wart da mänegez vertan,
  • so si hl die rotte liezen gän. 5520
  • euch was daz Kitzele her
  • so frechli'che an siner wer,
  • daz da vil michel schade geschach,
  • da man in in den hüfen brach.
  • die schar die wurden beider sit 5525
  • ze einer und ze maneger zit
  • mit grözem schaden überladen.
  • si nämen unde täten schaden
  • vil schädeliche an manegem man.
  • sus triben si'z mit ein ander an, 5530
  • biz daz daz innere her
  • begunde swachen an der wer,
  • wan in gienc abe und jenen zuo:
  • die mereten sich spät' unde fruo
  • an ir State und an ir mäht, 5535
  • so daz si dannoch vor der naht
  • besäzen aber die geste
  • in einer wazzerveste,
  • da sich die geste üz werten
  • und sich die naht da nerten. 5510
  • Sus was daz her besezzen,
  • / mit her al umbemezzen,
  • als ez beziunet wsere.
  • die fremeden sörgaere
  • Tristan unde sine man, 5545
  • .5511 icart tagende u. fg. Vers 'Um^chreihving ^= tagele, jageten; diese Wen-
  • dung mit dem Praet. von werden und dem Part, prses. auch öfters bei Gott-
  • fried; vgl. z. B. 7343. 8837 und zu 1783. 3985. — 5518 wer stf. {=wer, von
  • wern 5516, währen), Dauer. — 5522 wer stf. (=iuiir), hier kurz nach wer
  • wortspielend = Wehr. — 5525 beider sit stf. ( = site), auf jeder Seite, auf
  • beiden Seiten [uhd. beiderseits].
  • 5542 riinbeinezzen stv., (messend) umgeben. — 5543 beziunen swv., um-
  • zäunen.
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 193
  • IUI wie geviengen s' ir dinc an?
  • daz sage ich in, wie'z in ergie,
  • wie sich ir sorge zerlie,
  • wie si von dannen kämen,
  • sige an ir vinden nämen. 5550
  • Tristan do der von lande schiet,
  • als ime sin rät Kual geriet:
  • sin lehen da ze enpfähene
  • und iesä wider ze gähene,
  • Sit des lac'z'allem male 5555
  • dem sselegen Rüäle
  • der selbe wän ze herzen ie,
  • reht' alse ez ouch Tristande ergie.
  • (141) icdoch geriet er die geschiht
  • umbe Mörgänes schaden niht. 5560
  • hundert ritter er besaiide
  • und kerte nach Tristande
  • ebene und rehte üf sine vart.
  • unlange und vil schiere ez wart,
  • daz er ze Britanje kam, 55G5
  • vil rehte er al zehant vernam,
  • wie ez gevarcn wsere.
  • und nach des landes m?ere
  • so nam er siner reise ein mez
  • ze den Britünen üf daz sez. 5570
  • nu SJ begundcn nähen,
  • daz si die vinde sähen,
  • done wart an ir rotte
  • ir deheinem ze spotte
  • weder nach noch niender abe gezogen: 5575
  • si körnen alle samet geflogen
  • mit fliegenden banieren.
  • da wart michel croieren
  • 555-1 ydlicn swv., hier einfach (vgl. zu 2765): eilen. — öö5ö z'allem vialCj
  • zu jeder Zeit, immer [vgl. allemal]. — !)bhd ff e raten stv., verst. raten; doch
  • hier wohl ;/e- plusquamperf. vertretend : hatte gerathen. (Simrock im An-
  • schluß an Groote fasst das Wort mit Unrecht als: errathen, ahnen.) —
  • 'ÜWA unlan'je (nicht unlantj adj.) wie noch heute bei werden und sein steht
  • adverbial, in kurzer Zeit (vgl. die Lesart von Hs. H und W unlanges). —
  • .")56l» mez stn. (seltenes Wort), Ziel. — 5570 scz stn., Sitz, Belagerung. —
  • .[)575 der Gegensatz liegt nicht in nach und abe, sondern in nach adv., liier :
  • in der Nähe, in die Nähe und in niender adv., (überhaupt) nirgends liin. —
  • 5."»78 croieren (vgl. 50G0) swv. hier subst. inf. stn., Rufen, Schlachtruf. —
  • GOTTFRIED \0-S STRASSüUKG. I. 2. Aufl. 13
  • 194 IX. HEIMFAHRT UND RACHE.
  • und^r" ir massenie:
  • «schevelier Parmenie! 5580
  • rarmenie schevelier!»
  • da jagete bänier und banier
  • schaden und ungefüere
  • durch die hütesnüere.
  • si täten die Britüne 5585
  • durch ir pavelüne
  • mit tdedigen wunden.
  • Nu die inneren begundeu
  • ir lantbaniere erkennen,
  • ir zeichen beeren nennen, 5590
  • si begünden ir rüm witen,
  • üz an die wite riten.
  • Tristan lie vaste striten gän;
  • da wart michel schade getan
  • an den lantgesellen: 5595
  • vähen unde vellen,
  • slahen unde stechen,
  • daz begünde ir schar durchbrechen
  • (142) ze beiden siten in dem her,
  • und brähte s' ouch daz üz ir wer, 5600
  • daz die zwo cumpanie
  • «schevelier Parmenie!»
  • so vil geriefen unde getriben.
  • des wären s' äne wer beliben:
  • under in was wer noch kere 5605
  • noch deheiues strites mere
  • wan tuschen unde fliehen,
  • zogen unde ziehen
  • wider bürge und wider walt:
  • der strit der wart da manicvalt. 5610
  • 580 schevelier (frauz. Chevalier) P. steht hier im Schlachtruf als Personen-
  • name für den Herrn des Landes. — 5582 hier die gekürzte Form banier in
  • doppelter Betonung; das Geschlecht hier nicht zu erkennen. — 5583 un-
  • gefüere stn., Nachtheil. — 5584 hütesnuor stf., Hüttenschnur, Zeltstrick.
  • 5589 baniere ist Plural von banier stf. oder baniere stf., lantbaniere,
  • vaterländische Banner. — bb'äO zeichen, hier insbesondere : Parole, Feld-
  • geschrei. — 5591 rurn stm. witen swv., Raum erweitern, eine Redewendung
  • für: sich entfernen. — 5595 lant'jeselle swm., Genosse des Landes, aber
  • hier nicht «der Landsmann, den man bei sich führt« (mhd. Wb. II, 2, 30),
  • sondern gemeint sind die Bewohner des feindlichen Landes, die Britunen i
  • dagegen in dem andern Sinn von: Landsmann in V. 18905. — 5G03 getriben
  • stv., verst. triben. — 5607 tuschen swv,, sich verbergen. —
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 195
  • ir flnht diu was ir meistiu wer
  • und vür den tot ir bestiu ner.
  • Nu disiu scliumpfentiure ergie,
  • diu ritterschaft sich nider lie
  • und nämen herberge sä; 5G15
  • und die von ir gesinde da
  • ze velde lägen erslagen,
  • die hiezen si ze grabe tragen,
  • jene, die da wunt wären,
  • die hiezen si üf baren 562
  • und kerten wider ze lande,
  • hie mite was Tristande
  • sin lehen und sin sunderlant
  • verliheu üz sin selbes hant.
  • er was von dem herr' unde man, 5625
  • von dem sin vater nie niht gewan.
  • sus h^te er sich verrihtet
  • und al sin dinc beslihtet:
  • verrihtet an dem guote,
  • beslihtet an dem muote; 5630
  • sin unreht daz was allez reht,
  • sin swKrer muot liht' unde sieht.
  • er haete do ze siner hant
  • sines väter erbe und al sin lant
  • unverspröchenlichen unde also, 5635
  • daz niemen in den ziten dö '
  • anspräche hrete an kein sin guot.
  • hie mite so kertc er siuen muot,
  • (143) als ime gebot und ime geriet
  • sin ceheim, dö er von im schiet, 5640
  • hin wider ze Kurnewäle
  • und enmöhte ouch von Rüäle
  • niht gewenden sin gemüete , '
  • der also manege güete
  • mit väterlicher st^ete 5645
  • 5612 ner stf., (Nalirung), Rettung.
  • 5613 schumpfentiure stf., Fremdwort, Besieguug. — 5G20 uj baren bwv.,
  • (aufbahren), auf die Bahre legen. — 5623 sunderlant stn. (hier wohl nicht
  • xunder Sidi. = sund^rez l. wie in V. 329), Sonderland, Lehen. (Diemer
  • fasst es zu Heinrich's Gediclit vom gemeinen Leben G52 als südlich ge-
  • legenes Land.) — 5632 sle/it adj., (schlecht), schlicht, geschlichtet, wieder
  • zum Bessern gewendet. — 5635 unverspröchenlichen adv., ohne Anspruch,
  • unangefochten. — 5637 anspräche stf. = Anspruch. — 5643 geinüete stn.,
  • 'nn , Gedanken. —
  • 13*
  • 106 IX. HEIMFAHRT UND RACHE.
  • ime erzeiget hsete.
  • sin herze daz lac starke
  • an Riiäl' unde an Marke:
  • an disen zwein was al sin sin:
  • der sin stunt' in her unde hin. 5650
  • Nu sprseche ein sseliger man:
  • «der sselige Tristan
  • wie gewirbet er nü hie zuo,
  • daz er in beiden rehte tuo
  • und lone ietwederem, alse er sol?» 5655
  • iuwer iegelich der weiz daz wol,
  • ern kan daz niemer bewarn,
  • ern müeze ir einen läzen varn
  • und bi dem andern bestän.
  • lät beeren, wie sol ez ergän? 5660
  • vert er ze Kurnewäle wider,
  • so leit er Parraenie nider
  • an aller siner werdekeit,
  • und ist ouch Rüal nider geleit
  • an fröuden unde an muote, 5665
  • an allem dem guote,
  • von dem sin wunne solte gän;
  • und wil er aber da bestän,
  • sone wil er sich niht keren
  • ze hdeheren eren 5670
  • und übergät ouch Markes rät,
  • an dem al sin ere stät.
  • wie sol er sich hier an bewarn?
  • weiz got, da muoz er wider varn:
  • daz sol man ime billi'chen. 5675
  • er sol an eren riehen
  • und stigen an dem muote,
  • wil ez sich ime ze guote
  • (144) und ouch ze saelden keren;
  • er sol wol aller eren 5680
  • billiche muoten unde gern.
  • 5G50 stunte (Hs. M stont im, H stunt in) = stundete prset. von stunden swv.
  • (im Ganzen seltenes, vorzugsweise in mitteld. Quellen erscheinendes Wort),
  • stoßen, treiben. Vielleicht stunt aus scunt^schunt = schunte , schündetef
  • schünden bei Gottfried in V. 3111.
  • 5671 übergän anom. v., übertreten, missachten. — 5675 billichen swv.,
  • billigen, angemessen erachten; mit dat., einem beistimmen; vgl. 13063. —
  • 5676 riehen swv. hier intrans., reich werden; vgl. zu 746. — 5681 muoten
  • swv., wünschen.
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 197
  • wil oucli iii saelde des gewerii,
  • des hat si reht, daz si daz tuo;
  • wan al sin muot der stät derzuo.
  • Tristan der sinneriche 5685
  • der kom vil sinnecliche
  • sines willen über ein,
  • daz er sich sinen vätern zwein
  • als ebene teilen wolte,
  • als man in sniden solte. 5G90
  • sich selben teilete er enzwei
  • geliche und ebene alse ein ei
  • und gäp ir ietwederm daz,
  • daz er wiste, daz im baz
  • an allen sinen dingen kam. 5695
  • swer nü die teile nie vernam,
  • die man an ganzem libe hat,
  • dem sage ich, wie diu teile ergat.
  • däne hat niemen zwivel an,
  • zwo Sache enmachen einen man: 5700
  • ich meine lip , ich meine guot.
  • von disen zwein kumt edeler muot
  • und werltli'cher eren vil.
  • der aber diu zwei scheiden wil,
  • so wirt daz guot ein armüot: 5705
  • der lip, dem niemen rehte tuot,
  • der kumet von sinem namen dervau,
  • und wirt der man ein halber man
  • und doch mit ganzem libe.
  • als habet iu von dem wibe: 5710
  • ez si man öder wip,
  • so muoz ie guot unde lip
  • mit gemeinlichen Sachen
  • einen ganzen namen machen;
  • und werdent s' aber gescheidcn, 5715
  • son' ist niht an in beiden.
  • 5686 über ein komen stncs willen, io seinem Entschlüsse, mit sich eins
  • werden. — 5689 ebene adv., hier: gleichmäßig. — 5G94 daz relat., acc. abli.
  • von wiste = nhd. von dem. — baz komen im Sinne von wol komen, passend
  • sein. — 6698 teile stf., Theilunf.'. — 5700 die Negation en- von niemen zwtvel
  • abhängig. — 5707 man kann schwanken, ob name hier zu fassen ist als:
  • Würde oder als: Wesen; der Sinn ist jedenfalls: der lip leidet dadurch
  • Einbuße. — 5710 i)n haben von efew., sich etwas vorstellen, davon halten;
  • dasselbe gilt vom Weibe. — 5713 in Gemeinsamkeit.
  • 198 IX. HEIMFAHRT UND RACHE.
  • Dise rede die liuop Tristan
  • rieh' imde willeclichen an .
  • (145) und fürdert' s' oueh mit sinnen:
  • er hiez ime gewinnen 5720
  • schoeniu ros und edele wät,
  • spi'se und änderen rät,
  • des man ze liohgeziten pflit,
  • und machete eine hohgezit:
  • dar ladte er unde besaude 5725
  • die besten von dem lande,
  • an den des landes kraft do stuont:
  • die täten, als die friunde tuont,
  • und körnen, alse in wart geseit.
  • nu was ouch Tristan bereit 5730
  • mit allen sinen dingen.
  • er gap zwein jungelingen,
  • sines väter Rüäles sünen, swert,
  • wan er ir z'erben hsete gegert
  • nach ir vater Rüäle. 5735
  • und swaz er zuo dem male
  • ze ir wirde und ze ir eren
  • siner koste mohte keren,
  • da hsete er späte unde fruo
  • als inneclichen willen zuo, 5740
  • als op si wreren siniu kint.
  • Nu daz si ritter worden sint
  • und zwelf gesellen mit in zwein,
  • nu was der zwelf gesellen ein
  • Kurvenäl der hoveliche. 5745
  • Tristan der tugenderidie
  • nam sine bruoder an die hant,
  • wan ez im ze hövescheit was gewant,
  • und fuorte si behanden dan.
  • sine mäge und sine man 5750
  • 5717 rede stf., die in. Rede stehende Saclie wie in V. 56. (Für rede
  • haben einige Hss. teile.) — 5719 furdern svw. (im Ganzen seltenes Wort),
  • fördern, zu Stande bringen (dafür auch die Lesart ante =^ endete) \ vgl. zu
  • 8178. fürderf 5' (=si, dise rede) nach Hs. M: für der t se; Hs. H vurdertes,
  • vielleicht = t"Mr(;e?-^ e:? alsdann: und brachte e« auch zu etwas; vgl. Bech
  • zu Erec 5685; Gregor 1517. — 5732 sivert geben im Gegensatz zu .fic^rr neihcn,
  • die Eitterwürde ertheilen. — 573G zuo (auch in Hs. M), nicht ze, hier: zu,
  • aiißer. — dem, hier demonstr. = (^t'5e»;. — med stn., hier: Zeichen, Aus-
  • zeichnung (sc. sivert). — 5738 l gen. (abh. von sioaz 5736) von koste
  • oder kost stf. (das Wort kommt sonst bei Gottfried nicht vor), Aufwand,
  • Kosten [nhd. plurale tantum; Kost sg,=: Speise; vgl. köstlich, kostbar].
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 199
  • und alle, die da wären
  • von sinnen oder von jären
  • oder aber von in beiden
  • beträhtic unde bescheiden,
  • die wurden alle zeliant 5755
  • ze hove geladet unde besant.
  • Nu herre, die sint alle da.
  • Tristan stuont üf vor in sä:
  • <(U6) «ir herren alle», sprach er z'in
  • «den ich iemer gerne bin 5760
  • mit triuwen und mit durnähtekeit ,
  • an allem dienste bereit,
  • als verre alse ich iemer kan,
  • mine mäge und mine liebe man,
  • von der genäden ich ez hän, 5765
  • swaz mir got eren hat getan,
  • von iuwer helfe hän ich mich
  • verrihtet alles des, des ich
  • in minem herzen gerte.
  • swie mich es got gewerte , 5770
  • so weiz ich doch wol, daz ez ie
  • von iuwerr frumede vollegie.
  • waz mac ich nu mere sagen?
  • ir habet in disen unmangen tagen
  • iuwer ere und iuwer spelekeit 5775
  • so manege wis an mich geleit,
  • daz ich des keinen zwivel hän,
  • disiu werlt diu eumüeze e zergän,
  • € ir mir iemer keine zit
  • mines willen wider sit. 5780
  • friunt unde man und alle die,
  • die durch miuen willen hie
  • oder durch ir selber tugende sin,
  • nu läzet iu die rede min
  • niht serc missevallen; 5785
  • 5754 bescheiden part. adj., verständig [uhd. bescheidcu, vtodesttcs
  • jünger].
  • _576l durnähtekeit stf.. Vollkommenheit, Aufrichtigkeit; vgl. zu llüC.
  • — _5772 frumede stf. (seltene Rildung neben frumekeit) , Tüchtigkeit. —
  • •ü7iiinmanr/en dat. pl. = Hs. M und W. unmanic adj., nicht viel, wenig.
  • — h'^Q wider sin mit dat. (mir) und gen. (mines willen), einem etwas ver-
  • weigern; vgl. Wigalois 2?^2l. — 57S2 durch minen willen, hier: auf meinen
  • Befehl hin.
  • 20O IX. HEIMFAHRT UND RACHE.
  • ich künde und sage iu allen,
  • als Rüäl min vater, der hie stät,
  • gesehen und euch gehceret hat,
  • daz mir min ceheim sin lant
  • gesetzet hat in mine hant 5790
  • und wil ouch durch den willen min
  • eliches wibes äne sin,
  • dur daz ich sin erbe si,
  • und wil, daz ich im wone bi,
  • swä er si und swar er var: 5795
  • nu hän ich mich bewegen dar
  • und stat mir al min muot dar zuo,
  • daz ich sinen willen tuo
  • (147) und wider zuo im kere.
  • min urbor und min ere, 5800
  • die ich in diseme lande han,
  • die wil ich lihen unde län
  • minem vater Rüäle,
  • op mir ze Kurnewäle
  • iht anders danne wol erge, 5805
  • sweder ich sterbe od da beste,
  • daz ez sin erbelehen si.
  • so Stent ouch sine süne hie bi
  • und mit im ander siniu kint;
  • die aber sin erben vürbaz sint, 5810
  • die haben alle reht dar an.
  • mine man und mine dienestman,
  • diu leben über allez lant
  • diu wil ich haben ze miner hant
  • al miniu jär und mine tage.» 5815
  • Hie wart groz jämer unde klage
  • under aller dirre ritterschaft ;
  • si wurden alle unherzehaft,
  • ir muot, ir tröst was aller hin:
  • «ä herre», sprächen s' under in 5820
  • i
  • 5791 durch den willen min dagegen: um meinetwillen, mir zu Liebe. —
  • 5796 bewegen stv. refl., sich entschließen, dar, dazu. — 5800 ere hat hier
  • sicher die specielle Bedeutung: Herrschaft, Besitz. — 5805 mir ergät (auch
  • ohne ez), mir schlägt es aus, es glückt. — 5806 sweder prou. correl., wel-
  • cher von beiden; hier neutral und conjunct. = ob. — besten^ hier: am Leben
  • bleiben.
  • IX. HEIMFAHRT UND RACHE. 201
  • «nu waere uns michel baz geschehen,
  • und hsete wir iuch nie gesehen;
  • sone wsere ouch dises leides niht,
  • des uns nü von iu geschiht.
  • herr', unser trost und unser wan 5825
  • der was also hin z'iu getan,
  • uns waere ein leben an iu gegeben;
  • nein l^der unser aller leben,
  • daz wir zc fröuden sollen haben,
  • daz ist erstorben unde begraben, 5830
  • swenn' ir von hinnen keret;
  • herr', ir habt uns gemeret
  • und niht geminret unser leit.
  • unser aller sajlekeit
  • diu was ein lützel üf gestigen 5835
  • und ist nu wider uider gesigen. »
  • ich weiz ez wärez alse den tot,
  • swie Stare ir aller klagenot
  • (148) und swie groz ir swaere
  • von disem maere wsere: 5840
  • Rüal, dem ez ze guote ergienc,
  • der groze frume da von enpfienc
  • und michel ere an guote,
  • daz ez im in dem muote
  • unsanfter danne in allen tete. 5845
  • er enpfi'eng ein leben an der stete,
  • weiz got, daz er deheinez nie
  • mit solhem jamer enpfie.
  • Nu Rüal unde siniu kint
  • belehent unde geerbet sint 5850
  • von ir herren Triständes haut,
  • Tristan ergab liut' unde laut
  • gote unde fuor von lande,
  • ouch kerte mit Tristande
  • Kurvenal sin meister dan. 5855
  • Rüal und ander sine man,
  • daz lantliut al gemeine,
  • obe ir klage iht kleine
  • hH2 fnone hier ausnahmsweise stf., Nutzen.
  • 5850 erben swv., zu Erben einsetzen. — 5857 lantliut stn., das Volk
  • des Landes, die Einwohner. —
  • 202 IX. HEIMFAHRT UND BACHE.
  • linde ir herzeswaere
  • nach ir trütherren waere? 5860
  • entriuwen, daz verweiz ich wol.
  • Parmeiiie daz was vol
  • klage imde klagemsere:
  • ir klage was sagebsere.
  • diu marschalkiü Florsete, 5865
  • diu triuwe und ere hsete, *
  • diu leite marter an ir lip,
  • also mit allem reiite ein wip,
  • der got ein gehertez leben
  • an wibes eren hat gegeben. 5870
  • .5860 trntherre swni. Zusammensetzung (sonst stünde trütem herren; vgl.:
  • Jungherr, Junker, Freiherr), lieber Herr. — 5861 verwizzen anora. v.,
  • wissen. — 5864 sagebaere adj., hier: begründet. — 5869 gehert part. adj.
  • von h^ren swv., verherrlichen, erheben, beglücken.
  • X.
  • M 0 R 0 L D.
  • Gleich bei Ankunft in Kurnewal vernimmt Tristan, daß der starke
  • Morold, ein Herzog in Irland, im Namen seines Schwagers, des dortigen
  • Königs Gurmun Gemuotheit den Zins von Kurnewal und Engeland fordere.
  • Dieser Gurmun, Sohn des Königs in Afrika, hatte mit Bewilligung und
  • im Auftrage der Römer von Irland Besitz genommen und auch Kurnewal
  • und Engeland zur Zeit, als Marke noch in jugendlichem Alter stand, zins-
  • pflichtig gemacht. Der Zins war drei Jahre, jedes Jahr hi erhöhtem
  • Werthe, geleistet worden. Im vierten kam Morold und forderte von jedem
  • Lande dreißig edele Knaben. Niemand wagte den bei Verweigerung dieses
  • Zinses bedungenen Einzelkami^f mit Morold zu bestehen , und zu einem
  • Kriege waren die beiden Lande zu schwach. Tristan kehrt gerade zu-
  • rück, als dieser harte Zins aufs neue erhoben werden soll; er erscheint
  • am Hofe, als die Edeln zur Auslobung ihrer Kinder schreiten. Er schilt
  • sie wegen ihrer Feigheit und erbietet sich, als alle muthlos bleiben, selbst
  • zum Kampfe, wovon ihn Malke vergeblich abzubringen sucht. Morold
  • macht seine Rechte geltend und beschwert sich über Treulosigkeit. Tristan
  • besteht auf der Bedingung des Kampfes. Zu allgemeinem Streite ist Mo-
  • rold nicht gerüstet, so willigt er endlich ein in den Einzelkampf.
  • Auf den dritten Tag wird der Kampf festgesetzt. Zum Kampfplatze
  • ist eine kleine Insel im Meere ausersehen. Morold rudert mit seinem
  • Rosse zuerst hinüber und bindet sein Schifflein am Gestade fest. Tristan
  • tröstet bei der Abfahrt den Oheim; er lässt bei Ankunft auf dem "Werder
  • sein .Schifflein schwimmen: für den Sieger sei eines genug. Vergeblich
  • mahnt Morold den jungen Gegner zur Versöhnung. Tristan wird in den
  • Schenkel durch Morold's vergiftetes Schwert verwundet. Die "Wunde, so
  • gestellt ihm Morold, könne nur durch seine Schwester Isolt, die Königin
  • von Irland, geheilt werden. Auch jetzt noch verweigert Tristan den Frie-
  • den, und bleibt im neuontbrannten Streite Sieger. Ein Stück seines
  • Schwertes bleibt in Morold's Haupte stecken. Tristan rudert in Morold's
  • Schifflein zurück, jubelnd empfangen, und verbirgt vor den Fremden mit
  • dem Schilde Blut und Wunde. Diese kehren mit Morold's Leiche zu
  • König Gurmun zurück. Größeres Leid als dieser trägt Morold's Schwe-
  • 204 ^. X. MOROLD.
  • ster Isolt und deren Tochter, die junge Isolt. Sie finden in der Kopf-
  • wunde jenen Schwertsplitter und verwahren ihn trauernd in einen Schrein.
  • Gurmun gebietet: wer von Kurnewal Irland betrete, habe eein Leben
  • verwirkt.
  • Waz lenge ich du me hier an?
  • der landelose Tristan,
  • dö der ze Kurnewäle kam,
  • ein msere er al zehant vernam,
  • daz ime yil swsere was vernomen, 5875
  • daz von Irlande wsere komen
  • Morolt der sere starke
  • und vorderte von Marke
  • (149) mit kämpflichen handen
  • den zins von beiden landen, 6880
  • von Kurnewal und von Engelaut.
  • umbe den zins was ez so gewant:
  • der dö ze Irlande künic was,
  • als ich an der istorje las,
  • und als daz rehte msere seit, 5885
  • der hiez Gurmun Gemüotheit
  • und was geborn von Affricä,
  • und was sin vater künic da.
  • do der verschiet, dö viel daz laut
  • an in und sines bruoder haut, 5890
  • der als wol erbe was als er.
  • Gurmun was aber so richer ger
  • und alse höhe gemuot,
  • daz er dehein gemeine guot
  • mit niemanne wolte hän. 5895
  • sin herze enwolte in niht erlän,
  • ern müese selbe ein herre wesen.
  • er begünde üz welen unde üz lesen
  • die starken, die muotvesten
  • und ZUG der not die besten, 5900
  • die ieman erkande,
  • 5871 lengen swv., verlängern, in die Länge ziehen; vgl. 6569. 9248. —
  • 5879 Icampflich adj., zum Kampf geeignet; kampfbereit. — 5892 unter dem
  • mächtigen Verlangen haben wir weniger die Gewinnsucht als die Herrsch-
  • sucht zu verstehen. — 5893 hohe hier volle Form des Adv. bei gemuot =
  • hochgernuot, hochgesinnt im Sinne von: stolz. — 5896 niht erlän im Sinne
  • von: nicht locker lassen, dann: antreiben hat in der Eegel einen negativ
  • gewendeten Nebensatz im Conjunctiv nach sich. —
  • X. MOBOLD. 205
  • ritter und särjande,
  • die er mit sinem guote
  • oder mit höfschlichem muote
  • zuo z'ime gewinnen künde. 5905
  • und liez ouch an der stunde
  • sinem bruoder al sin laut.
  • Sus kerte er (Jännen zehaut
  • und nam von den mseren,
  • den gewältegen Romseren 5910
  • urloup uude boteschaft,
  • swaz er betwünge mit kraft,
  • daz er daz z'eigen hsete
  • und ouch in da von taete
  • etslich relit und ere; 5915
  • und enbeite ouch do niht mere:
  • er fuor mit einem starken her
  • über laut und über mer,
  • (150) biz daz er ze Irlande kam
  • und an dem lande sige genam 5920
  • und si mit strite des betwanc,
  • daz si in ze herren äne ir danc
  • und ze künege nämen
  • und Sit her dar an kämen,
  • daz si im ze allen ziten 5925
  • mit stürmen und mit striten
  • diu bilant hülfen twingen.
  • in disen selben dingen
  • betwang er ouch ze siner haut
  • Kurnewal und Engelaut. 5930
  • do was aber Marke ein kint,
  • als kint ze wer imveste sint,
  • und kom also von siner kraft
  • und wart Gurmüne zinshäft.
  • Ouch half Gurmünen sere 5935
  • und gab im kraft und ere,
  • .■|902 särjande (Hs. M sccrjande) pl. von aärjaiit , sonst gewöhnlich sarjant
  • 8tin., Fremdwort, Dienstmann (serciens). Knappe; das Wort bezeichnet in
  • der Kegel den Kämpfer zu Fuß; hier, ritter entgegengesetzt, formelhaft.
  • •i'.Ul urloup ne7/ = nhd., aber hier: Erlaubniss erwirken. — boteschaft
  • stf., Vollmacht. — 5914 jn = den Römern. — tuon, hier stärker als das
  • nhd. Wort: verschaffen. — 591f) beite = beitete praet. von bciten swv., war-
  • ten; vgl. zu 1GG4. — .■)9:j4 zinshaft adj., zinspfliclitig.
  • 206 X. MOROLD.
  • (laz er Möroltles swester nam;
  • von dem so wart er vörhtsäm.
  • der was ein herzöge da
  • und h?ete oucb vil gerne etswä 5940
  • selbe ein lant besezzen.
  • wan er was wol vermezzen
  • und hsete lant und michel guot,
  • lip unde mänli'chen muot.
  • der was sin vorvehtsere. 5945
  • waz aber des^ zinses wsere ,
  • den man ze Irländen sande
  • von ietwederem lande?
  • des bescbeide ich iuch reht' und vür war:
  • si sanden in daz erste jär 5950
  • driu hundert marc messinges
  • und anders keines dinges;
  • daz ander Silber, daz dritte golt.
  • des vierden so kom Morölt
  • der starke von Irländen dar 5955
  • ze wige und euch ze kämpfe gar.
  • vür den so würden besant
  • ze Kurnewäle und z' Eugelant
  • (151) barüne und ir genoze:
  • die giengen ouch ze löze 5960
  • ze siner gegenwürte,
  • welher ime antwürte
  • sin kint, daz dienestbsere
  • und an dem libe wsere
  • so schcene und so genseme, 5965
  • als ez dem hove gezseme,
  • niht mägede, niuwan knäbelin
  • und solten ouch der drizec sin
  • von ietwederem lande;
  • und ensölte dirre schände 5970
  • niemen anders widerstän,
  • 5938 vorhtsam adj., furchtbar, gefürchtet [furchtsam, timidus jünger].
  • — 5942 vermezzen part. adj., kühn. — 5945 vorcehtaere stm.', Vorkämpfer;
  • so wurden die Schwaben genannt, weil sie ein Anrecht hatten, im Reichs-
  • heere zuerst zu stehen ; vgl. zu Ebernand 658. — 5956 wie, wig stm., Streit,
  • Kampf. — fj(^>' adj., bereit, gerüstet. — 5960 ze loze., zur Ausloßung, Ver-
  • loßung, um zu loßen. — 5962 antwürten swv., wohl verschieden von ant-
  • würten respondere (vgl. mhd. Wörterbuch III, 599): überantworten, über-
  • geben; vgl. 13264. — 5963 dienestöcere adj., (dienstbar; vgl. brauchbar),
  • diensttüchtig. —
  • I
  • X. MOROLD. 207
  • ez enmüese mit eiuwige ergän
  • oder aber mit lantvelite.
  • Nune möhten s' aber ze rehte
  • mit oifenlicher wer niht komeu, 5975
  • wan diu lant haeten abe genomen.
  • so was oucli Mörolt alse starc,
  • als unerbärmic unde als arc,
  • daz wider in lützel dehein man,
  • sach er in imder ougen an, 5980
  • getorste wägen den lip
  • iht mere danne ein wip.
  • und alse der zins üf sine vart
  • hin wider Irlant geschicket wart
  • und daz fünfte jär in gie, 5985
  • so muosen aber diu zwei lant ie
  • iemör ze sunnewenden
  • die boten ze Röme senden,
  • die Röme wol gezaimen,
  • und daz die da vernaemen, 5990
  • welch gebot und weihen rät
  • der gewaltege senät
  • eubute unde sande
  • einem iegelichem lande,
  • daz undertän ze Röme was; 5995
  • wan man in alle jär da las
  • und tete in kunt mit mceren,
  • wie si nach Römaeren
  • (152) lois unde lantrecht solten wegen,
  • wie s' ir gerihtes solten pflegen 6000
  • und müesen ouch reht' also leben,
  • als in da lere wart gegeben.
  • daz zinsreht unde disen prisant
  • den liezen disiu zwei lant
  • in dem fünften järe ie schouwen 6005
  • die werden Röme, ir frouwen.
  • doch buten si'r dise ere
  • niht ällich also serc,
  • .'>972 einwic stm., Einzelkampf. — 5973 lantvchle stf., Land-, Volksgefecht,
  • Kampf zweier Heere.
  • 5978 unerbärmic adj., unbarmherzig. — arc adj., hier: gefühllos. —
  • 5999 loii Fremdwort, Gesetz, franz. loi, lat. lex. — 6008 ällicfi, ällic/ie adv.
  • (zu al), durcliaus, ganz und gar, immer: vgl. 12645 und zu 770.
  • 208 X. MOROLD.
  • weder durch relit noch durch got
  • so durch Gurmunes gebot. 6010
  • Nu suhl wir wider zem msere komeu!
  • Tristan der hsete wol vernomen
  • diz leit ze Kurnewäle;
  • ouch was im vor dem male
  • wol kunt, mit welher Sicherheit 6015
  • der selbe zins was üf geleit.
  • iedoch so horte er alle tage
  • von der läntliute sage
  • des landes laster und sm leit,
  • swelhen enden er gereit 6020
  • vür stete oder vür kastei;
  • und als er ab ze Tintäjoel
  • zuo dem hovegesinde kam,
  • seht, da gehorte er iinde vernam
  • in gazzen unde in sträzen 6025
  • von klage al solch geläzen,
  • daz ez in muote starke,
  • vil schiere komen Marke
  • und hin ze hove maere,
  • daz Tristan komen wsere: 6030
  • des wären s' alle samet fro.
  • fro meine ich aber, als ez in d6
  • nach ir leide was gewant;
  • wan die allerbesten, die man vant
  • in allem Kurnewäle, 6035
  • die wären ze dem male
  • alle dar ze hove komen
  • ze laster, alse ir habet vernomen.
  • (153) die edelen lantgenoze
  • die giengen da ze loze 6040
  • ir kinden z' einem valle.
  • sus vant si Tristan alle
  • kniewende unde an ir gebete,
  • daz iegelicher sunder tetc
  • iinschamelich unde imtougen, 6045
  • 6020 swelhen enden adv. dat., nach welchen Orten, Seiten hin , wohin
  • auch. — 6026 geläzen subst. iuf. sin., Gebahren; vgl. geläz 964. —
  • 6027 muote prset. von müejen swv. , mühen, kümmern, schmerzen. —
  • 6039 lantgenoz stm., Landbewohner [uhd. abgekommen ; vgl. Hausgenosse].
  • — 6045 nnschamelich adv., ohne Scham. — untougen adv., unheimlich,
  • offen. —
  • 4
  • X. MOROLD. 20D
  • mit riezeuden ougen,
  • mit inueclichem smerzeu
  • des libes unde des herzen,
  • ime got der guote
  • beschirmete unde beliuote 6050
  • sin edelkeit und oucli sin kint.
  • Nu si alle an ir gebete sint,
  • Tristan kom zuo gegangen,
  • ■wie wart er aber enpfangen?
  • ist iu li'hte geseit: 6055
  • Tristan wart von der wärheit
  • under allem dem gesinde
  • von deheinem muoterkinde
  • noch ouch von Markes gruoze
  • enpfangen niht so suoze, 6060
  • als er doch wsere getan,
  • und haste si diz leit verlän.
  • des nam ab Tristan kleine war,
  • wan gienc et bältli'chen dar,
  • da man in daz 16z da maz, 6065
  • da Morolt unde Marke saz.
  • «ir herren», sprach er «alle samet,
  • alle mit einem namen genamet,
  • die hie ze loze loufent,
  • ir edele kint verkoufent, 60T0
  • schämet ir iuch der schänden niht,
  • diu diseme lande an iu geschiht?
  • so manhaft, alse ir alle zit
  • all' unde an allen dingen sit,
  • so soltet ir billiche 6075
  • beid' iuch und iuwer riche
  • ahtba?ren unde ereu
  • und au den eren meren!
  • (154) nu habet ir iuwer fri'heit
  • iuwern vi'nden geleit 6080
  • ze füezen und ze banden
  • mit zinsli'chen schänden;
  • 6046 riezcn stv., fließen, thräuen; vgl. 11501. — G051 edelkeit stf., (Adel),
  • hier: Geschlecht.
  • 605G ron der wdrheit, in Wirklichkeit. — G065 daz loz mezzen, einer
  • der Termini beim Loßen (häufiger l6z verfen, seltener loz idn, legen, setzen),
  • das Loß zumessen, ertheilen. — G077 ahtbcercn swv. , ahtbcere., achtbar,
  • achtungswerth machen; nur hier bei Gottfried. —
  • GOTTFRIED VOX 3TKASSBUEG. I. 2. Aufl. U
  • 210 X. MOROLD.
  • und iuwer edelen kindeliii,
  • diu iuwer wunne solten sin,
  • iuwer lust und iuwer leben, 6085
  • diu gebet ir unde habt gegeben
  • ze Schalken und ze eigen
  • und enkünnet niht gezeigen,
  • wer iuch betwinge dar zuo
  • oder welher hande not ez tuo, 6090
  • niwan ein einwic unde ein man.
  • dehein ander not enist hier an;
  • und enkünnet und er iu allen
  • an einen niht gevallen,
  • der wider einen man sin leben 6095
  • an die wäge welle geben,
  • weder er belibe oder gesige.
  • nu si, daz er da tot beiige,
  • deiswär so ist doch der kurze tot
  • und disiu lange lebende not 6100
  • ze hiraele und üf der erde
  • in ungelichem werde,
  • ist aber, daz er da gesiget,
  • und daz daz ünreht geliget,
  • so hat er iemer mere 6105
  • dort gotes Ion, hie ere.
  • ja sulen vätere vür ir kint,
  • wan si mit in ein leben sint,
  • ir leben geben: daz ist mit gote.
  • ez ist gar wider gotes geböte 6110
  • der siner kinder fnheit
  • der eigenschefte vür leit,
  • daz er si ze schalken gebe
  • und er mit fri'heite lebe.
  • sol ich iu rät umb' iuwer leben 6115
  • nach gote und nach den eren geben,
  • so rate ich zware dar an,
  • daz ir iu kieset einen man,
  • (155) swä so man den vinde
  • 6087 achalken dat. pl. ( = Schälken) von schale stm., Kueclit. — eiyen adj.
  • subst. stm., der Leibeigene , Hörige. — i!)Oi^ gezeigen swv., verst. zeigen,
  • erzeigen, beweisen. — 6094 gevallen stv., verst. vallen, an einen, verfallen
  • auf einen , einen finden. — 609G an die (eine) wäge geben = wagen , aufs
  • Spiel setzen; vgl. 13252. — 6098 beiigen stv., liegen bleiben, bleii)en; vgl.
  • 6807. — 6104 geLigen stv., verst. ligen^ erliegen, unterliegen. — 6112 eigen-
  • schefte dat. von eigenschaft stf., Leibeigenschaft. — vür legen mit dat. und acc,
  • hier : vorlegen, übergeben. — 6118 kiesen stv., hier=nhd. erkiesen, wählen, —
  • X. MOROLD. 211
  • linder disem lantgesinde, 6120
  • der ZG kämpfe si getan
  • und au gelücke welle lau,
  • weder er genese oder entuo;
  • und bitet alle den dar zuo
  • dur gotes willen allermeist, 6125
  • daz ime der heilige geist
  • gelücke gebe und cre,
  • und enfürhte niht ze sere
  • Moroldes groeze und sine kraft;
  • si et an gote gemüothaft, 6130
  • der nie d eheinen man verlie,
  • der mit dem rehten umbe gie.
  • wol balde get ze rate:
  • beratet iucli wol dräte,
  • wie ir iuch dirre schände erwert 6135
  • und iuch vor einem manne crnert!
  • geuneVet niemer mere
  • iur gebürt und iuwer ere!»
  • «A herre» sprächen s' alle dö
  • «ja ist disem manne niht also: 6140
  • ime kau niemen vor genesen.«
  • Tristan sprach: «lät die rede wesen!
  • durch got, versinnet iuch doch noch;
  • nu Sit ir an gebürte doch
  • allen künogen ebengröz, 6145
  • aller keisere genöz,
  • und wellet iuwer edelen kint,
  • diu in geliche edele sint
  • verseilen unde versachen
  • und z'eigenschalken machen. 6150
  • und ist, daz ir deheinen man
  • niht muget geherzen hier au,
  • gemüothaft ailj., getrost; vortrauend auf; ebenso an 7230, ohne prspp.
  • 13101; scheint eine Gottfriedische Bildung. — lil34: dräte adv. , schnell,
  • sofort. — G137 (jeuncren (auch gnna-en, wenn es der Vers verlangt) swv.
  • =^ uneren (14088), beschimpfen.
  • 6140 sin (icPien) unpers. mit dat., eine Bewandtniss mit etwas oder mit
  • einer Person haben; mit einem, um einen stehen; vgl. 10109. 1249.'). —
  • til41 einem vor (adv.) r)('nn.ten = uhd. vor (prjep.) einem genesen, sicher
  • ■'Cin. — 6149 verseilen swv., lüngebcn, opfei-n. — versuchen swv., verleugnen ;
  • ! Wort im Oberdeutschen, liäufiger in Mittel- und Niederdeutsch-
  • land. — 61.i0 f/^c^ac//«!''; stm., leibeigener Knecht. — (,\'^2 yehcrzen %\v\-., be-
  • herzt machen, ermuthigen; vgl. zu 118; herzen Heinrich's Tristan 1('24. —
  • /*/';;• an = hierzu. —
  • 14*
  • 212 X. MOROLD.
  • (laz er durch iuwer aller leit
  • und durch des landes armekeit
  • getürre nach dem rehten 6155
  • in gotes namen vehten
  • gegen dem einen manne,
  • geruochet ir ez danne
  • (156) an got geläzen unde au mich,
  • deiswär, ir herren, so wil ich 6160
  • mine jugent und min leben
  • durch got an äventiure geben
  • und M'il den kämpf durch iuch bestän:
  • got läze in iu ze guote ergän
  • und bringe iuch wider ze rehte! 6165
  • ouch swie mir an der vehte
  • iht anders danne wol geschiht,
  • daz enschädet iu z'iuwerm rehte niht.
  • gelige ich an dem kämpfe tot,
  • da mite ist iuwer keines not 6170
  • weder äbc noch ane gekeret,
  • geminneret noch gemeret:
  • so stät ez aber rehte als e.
  • si, daz ez aber ze heile erge,
  • daz ist benamen von gotes geböte: 6175
  • des endänket niemen niuwan gote.
  • wan den ich eine sol bestän,
  • als ich vil wol vernomen hän,
  • der ist von muote und ouch von kraft
  • ze ernestlicher ritterschaft 6180
  • ein lange her bewseret man:
  • so gän ich allererest an
  • an muote und an der krefte
  • und bin ze ritterschefte
  • niht also kürbsere, 6185
  • als uns nu not wsere;
  • wan daz ich aber zer vehte
  • an gote und ouch an rehte
  • zwo sigebaere helfe hän,
  • 6154 armekeit stf., Elend. — 6157 gegen prsep. mit dat. = nhd. mit acc,
  • nach den Hss. im Ganzen bei Gottfried selten, gewöhnlich steht wider. —
  • 6159 geläzen stv. an einen, einem überlassen, anheimgeben. — 6162 an
  • äventiure geben, ähnlich wie an die wäge geben in V. 6096, dem Zufall, dem
  • guten Glück anheimgeben, aufs Spiel setzen. — 6185 kürbaere adj., (wähl-
  • bar), erwählenswerth, vorzüglich. — 6189 sigebaere adj., siegreich.
  • X. MOROLD. 213
  • die suln mit mir ze kämpfe gän! 6190
  • dar zuo hän ich willigen muot,
  • der selbe ist ouch ze kämpfe guot;
  • und helfent mir die selben dri,
  • swie unversuocht ich anders si,
  • so hän ich guoteu trost dar an, 6195
  • ich genese wol vor einem man.«
  • ((Herr^)), sprach al diu ritterschaft
  • «diu heilige gotes kraft,
  • (157) diu al die werlt geschaffen hat,
  • diu vergelte iu trost unde rät 6200
  • ünde den sseleclichen wän,
  • den ir uns allen habet getan.
  • herre, lät iu daz ende sagen:
  • unser rat mac lützel vür getragen.
  • solt' unser saelde hau gemocht, 6205
  • so vil so wir sin hän versuocht,
  • als ofte es ie begunnen wart,
  • ez waere niht biz her gespart.
  • M'ir haben niht z'einem male
  • wir hie ze Kurnewäle 6210
  • umb' unser angest rät genomen;
  • wir sin an manage spräche komen
  • und enkünden doch deheinen nie
  • under uns vinden, eru wolt' ie
  • sin kint vür eigen gerner geben, 6215
  • dan er verlür sin selbes leben
  • wider disen välandes man.»
  • «wie redet ir sus!» sprach Tristan
  • «ja ist der dinge vil geschehen;
  • man hat des wunder gesehen, 6220
  • daz ünrehtiu hochvärt
  • mit kleiner kraft genidert wart:
  • daz möhte ouch vil wol noch ergän,
  • der ez getörste bestän. »
  • Nu Morolt der hört' allez an 6225
  • und verdCihte in sere, daz Tristan
  • 6201 einem wän <«on = einem Hoffnung machen. — 6204 getragen=^
  • iiag-^n. vür ., vorwärts bringen, fördern; hier intrans., helfen, nützen;
  • vgl. 9\ix und zu 72C)7. — <'.2l2 apräche stf., Unterredung, Verhandlung. —
  • 6217 tälant stni., Teufel, välandes man braucht Gottfried öfters, z. B. in V.
  • 6910. 160t'>9^ ferner df.t välandpx larn 159(j5.
  • 6226 mich verdanket, mich dünkt übel. —
  • 214 X. MOROLD,
  • SO vaste nach dem kämpfe sprach,
  • do er'n so kindeschen sach,
  • und truog im in dem herzen haz.
  • Tristan sprach aber dö vürbaz: 6230
  • «ir herren alle, redet hie zuo,
  • waz ist iu noch liep, daz ich tuo?»
  • «herre», sprächen s' alle do
  • «künde ez iemer werden so,
  • der wä,n, den ir uns habet getan, 6235
  • daz der möhte vür sich gän,
  • daz wsere unser aller ger.»
  • «ist iu daz liep?» sprach aber er
  • (158) «Sit daz ez danne an dise frist
  • und her ze mir behalten ist, 6240
  • Avil es dan got geruochen,
  • so wil ich versuochen,
  • ob iu got habe üf geleit
  • an mir deheine sselekeit
  • und obe ich selbe iht sselden habe.» 6245
  • Hie begünde in Marke leiten abe
  • mit allen sinen sinnen,
  • er wände im abe gewinnen,
  • ob er'z in läzen hieze,
  • daz er ez durch in lieze. 6250
  • nein er, weizgot, er entete;
  • weder mit geböte noch mit bete
  • kund' er im so vil niht mite gegän,
  • 6227 sprechen nach etew., (sprechend) nach etwas verlangen, etwas fordern.
  • — 6228 kindesch adj., nicht in unserm Sinne: kindisch im Gegensatze zu:
  • kindlich, sondern: kindlich, jung, knabenhaft. — 6240 die Erklärung im
  • mhd. Wörterbuche I, 620'', 3-i von ze mir behalten ist a nicht _früher ge-
  • schehen ist», scheint mir nicht bestimmt genug; vielmehr entspricht die
  • Wendung wohl unserer: mir vorbehalten ist. ze mir gehört niclit zu her,
  • bis auf mich, sondern an dise frist und her (bisher) ist eine tautologische
  • Wendung ganz im Stile Gottfried's. — 6243 uf legen, hier: aufwenden,
  • bestimmen.
  • 6246 abe leiten-= unterm.: abbringen (von einem Entschlüsse). —
  • 6248 abe yeivinnen mit dat., von einem erlangen. — 62.52. 6253 die Erklä-
  • rung im mhd. Wörterbuche I, 467'', 20 von i)u so vil mite gegän «so viel
  • über ihn gewinnen, vermögen > bezieht das Subject des Satzes auf Marke,
  • wohl veranlasst durch weder mit geböte noch mit bete (ebenso die Über-
  • setzer); passender ist er in V. 6253 auf Tristan zu beziehen und mite gegän
  • (verst. gän, im Ganzen selten) mit dat. bedeutet wie in V. 3617: einem
  • folgen, sich willfährig zeigen. Jene Formel kann eben in ihrer Natur als
  • Formel auch passiv gefasst werden: Tristan konnte ihm, dem König Marke,
  • trotz allen Bittens nicht soweit sich willfährig erweisen, daß er um seinet-
  • willen von seinem Entschlüsse abstand, sondern gieng hin u. s. w. —
  • X. MOROLD. 215
  • daz er cz durch in wolde län;
  • •wan gieng et hin, da Morolt saz 6255'
  • und redete aber do vürbaz:
  • «herre», sprach er a saget mir,
  • so helfe iu got, w^az werbet ir?»
  • «friunt», sprach Morolt sä zestunt
  • '(wes fraget ir? iu ist wol kunt, 6260
  • waz ich hie wirbe und wes ich ger. »
  • «ir herren alle, beeret her:
  • der künec min herre und sine man!»
  • sprach aber der wise Tristan;
  • «min her Morolt, ir habet war, 6265
  • ich weiz ez uude erkenne ez gar:
  • al si ez lasterbsere,
  • ez ist iedoch ein niaere,
  • daz niemen undertreten mac :
  • man hat den zins nu mauegen tac 6270
  • von hinnen und von Engelant
  • ze Irländeu äne reht gesant.
  • dar zuo brach ez sich lange
  • mit michelme getwange ,
  • mit raänegem gewalte, 6275
  • wan man den landen valte
  • beidiu bürge unde stete
  • und in ouch au den liuten tete
  • (150) so grozen und so manegeu schaden,
  • biz daz si wurden überladen 6280
  • mit gewältc und mit unrehte,
  • unz daz die guoten knehte,
  • die dannoch waren genesen,
  • die muoscn undertsenic wesen
  • alles, des man in gebot, 6285
  • durch daz si vörhten den tot,
  • •i26u ives adv. geu., weshalb. — 02G4 icis, ivise adj., nicht ethisch zu fasseu
  • wie das heutige Wort, sondern ^= klug , verständig. — 6267 al, hier Con-
  • junction vertretend mit folg. Conjuuctiv = ai e/«e, allein, wenn, obschon ;
  • vgl. 10535. — laster'jcere adj., sclimachvoll. — 6269 undertreten stv., unter-
  • drücken, ungeschehen machen. — 6273 sich brechen, eine seltene Wen-
  • dung, am häufigsten noch im Mitteid. , steht hier wohl ähnlich wie in V.
  • 11314, nur unpers. Die Grundbedeutung oder das zu Grunde liegende
  • Bild vor der Hand unbekannt; gesagt soll werden: dazu entschied 63
  • sich, daliin gelangte man. — 627-1 getwanc stm., hier: Zwangsmaßregel,
  • Gewaltstrcicli. — 6284 undertccnic adj.=^nhd. unterthänig, unterworfen i
  • der Genetiv (alles) steht nicht wie sojist der Dativ dircct abhängig, son-
  • dern selbständig: in allem. —
  • 216 X. MOROLD.
  • und eumöhteu, alse in was getan,
  • die zit niht anders ane gegän.
  • als ist daz niichel ünrelit,
  • als ir noch hiutes tages seht, 6290
  • an in begangen iemer sit,
  • und wsere zwäre lange zit,
  • daz si der grözen swächeit
  • mit wige hseten widerseit,
  • wan si sint sere vür körnen: 6295
  • diu laut diu habent zuo genomen
  • an künden unde an gesten,
  • an steten unde an vesten,
  • an guote unde an eren.
  • man sol ez widerkeren, 6300
  • daz unze her verkeret ist,
  • wan unser aller genist
  • muoz sus hin an gewalte wesen;
  • süln wir iemer genesen,
  • daz müezen wir beherten 6305
  • mit wige und mit herverten.
  • unser dinc stät an den Muten wol,
  • diu laut sint beidiu Hute vol.
  • man sol ez uns her wider geben,
  • daz man uns allez unser leben 6310
  • mit gewalte hat genomen.
  • wir suln dar selbe zuo z'in komen,
  • swenn' uns got schiereste lät;
  • swaz man des unseren da hat,
  • ez si lützel oder vil, 6315
  • der mines willen volgen wil
  • und mines rätes dar an pflegen,
  • man muoz ez uns her wider wegen,
  • 6288 zit, hier: Lage, Zustand: die z. adv. acc, in der Lage, — 6292 lange
  • wohl adv., (schon) lauge, längst. — 6293 swächeit stf., Schmach. —
  • 6294 widersagen mit dat., absagen, sich entschlagen ; vgl. zu 6606. — 6295 vür
  • komen, hier: vorwärts komen; vgl. vürbaz k. 1820. — 6300 widerkeren
  • swv., (zurückwenden), zurückerstatten, ersetzen, — 6301 verkeren swv.,
  • verwandeln, verändern, verderben. — 6302 genist stf., Bettung, Sicherheit.
  • — 6305 beherten swv., erhärten , erzwingen. — 6306 Jierverten dat. pl. von
  • hervart stf., Heerfahrt, Feldzug; vielleicht auch herverten swv. subst. inf,
  • stn., etwa: Kriegmachen; letzteres würde besser zum Singular lut^e passen.
  • — 6313 schiereste superl. zu schiere adv, (1123), auf das schnellste = nhd.
  • sobald als möglich. — 6316 volgen swv. im Mhd. mit gen. der Sache. —
  • 6318 her leider wegen stv., (zurückwägen), vergelten. —
  • X. MOROLD. 217
  • (IGO) unz an den jüugesten rinc.
  • ie noch mölit' unser messinc 6320
  • ze rotem golde werden.
  • ez ist vil üf der erden
  • fremeder dinge geschehen,
  • der man sich niemer hat versahen,
  • und dirre herren edeliu kint, 6325
  • diu da ze Schalken worden sint,
  • die möhten noch wol werden fri,
  • swie ungedäht es in doch si :
  • got si, der mich des noch gewer!
  • wan ich's in sinem namen ger, 6330
  • daz ich noch mit min selbes hant
  • den hervanen in Irlant
  • mit disen lantgenözen
  • also müez' üf gestozen,
  • daz daz lant und diu erde 6335
  • von mir genidert werde.»
  • Morolt sprach aber: «her Tristan,
  • noemet ir iuch minner an
  • dirre dinge und dirre msere,
  • ich wsene, ez iu guot wsere; 6340
  • wan swaz hier under rede geschiht,
  • wirn läzen doch dar umbe nilit,
  • des wir ze rehte sülen han.»
  • hie mite gienc er vür Marken stän:
  • «kiinec Märke», sprach er «sprechet hie, 6345
  • lät beeren, ir und alle die,
  • die hie ze gegenwürte sint
  • mit mir ze redene umbe ir kint,
  • bescheidet mich der msere baz:
  • ist iuwer aller wille daz 6350
  • und lit ouch iuwer muot dar an,
  • als iuwer voget, her Tristan,
  • mit Worten hie bescheiden hat?»
  • «ja, herre, eist unser aller rat,
  • unser wille und unser muot, 6355
  • swaz er gesprichet oder getuot.»
  • t;;tl9 sprichwörtliche Wendung; ist hier rm: = FInperring , oder Ring im
  • Panzerhemd? (vgl. 9öOS) jedenfalls: kleinster Theil; vgl. eines rinrjes 7Üht
  • Gute Frau 1019; die Wendung etwa = bis auf den letzten Pfennig.
  • Ö347 zc gegenwürte, in Gegenwart, zugegen, gegenwärtig. — G3Jö ge-
  • spredien, verst. sjjrechen.
  • i
  • 218 X. MOROLD.
  • Morolt sprach aber: «so brechet ir
  • miiiem herren uiidc mir
  • (161) iuwer triuwe und iuwern cit
  • und alle die Sicherheit, 6360
  • diu under uns allen ie geschach.»
  • der höveschp Tristan aber dö sprach:
  • «nein, herre, ir misseredet hier an:
  • ez lütet übele, SM-er dem man
  • an sine triuwe sprichet. 6365
  • ir aller keiner brichet
  • weder triuwe noch eit.
  • ein gelübede unde ein Sicherheit
  • wart wilen under iu getan,
  • die sol man ouch noch stsete län, 6370
  • daz si alle jär ze Irlanden
  • mit guotem willen sanden
  • von Kurnewal und von Engelaut
  • den zins, der in da wart benant,
  • oder aber si sazten sich ze wer 6375
  • mit einwig' oder mit länther.
  • sint si der dinge noch bereit
  • und loesent ir triuw' unde ir eit
  • mit zinse oder mit vehte,
  • so tuont s'iu allez rehte. 6380
  • herre, hie zuo denket ir:
  • beratet iuch und saget mir,
  • sweder iu lieber si getan:
  • an swederz ir iuch wellet län,
  • an kämpf öder an läntstri't, 6385
  • des Sit ir nü und alle zit
  • an uns gewis und ouch gewert.
  • ez müezen doch sper unde swert
  • 6363 missereclen swv., übel reden. — 6365 sprechen mit dat. und prsep.
  • an c. acc, cisich nachtheilig über einen äußern iu Bezug auf. . .» Benecko;
  • einem etwas antasten. — 6368 gelübede nicht stn. = nhd., sondern stf.,
  • sonst würde iu den Hss. wohl in V. 6370 diu stehen (dagegen in V. 10502.
  • 15032 stu.), doch vgl. V. 2541: die (kleider): nie. — 6369 ivilen adv. (dat. pl.
  • von wUe], zur Zeit, unser: weiland (dieses a,\x?, wilent mit unorganischem <),
  • einst; vgl. zu 833. — 6370 stcete (adj.) lun , beständig lassen, bestehen
  • lassen, aufrecht erhalten. — (io76 lanther stn., Heer des Landes, gesammte
  • Streitmacht. — 6381 denken Itie zuo, darauf denken, etwas überlegen. —
  • 6384 sich läzcn an etew. , sich einer Sache hiugebeu, sich für etwas ent-
  • scheiden. — 6385 kämpf stm. , hier insbesondere: Einzelkampf = e/ntüic
  • 5972. — lanfsfnf stm. = lanfve/äe 5973. —
  • X. MOROLD. 219
  • under uns und in bescheiden:
  • nu kieset under den beiden 6390
  • ir einez uude saget uns daz:
  • der zins enlichet nii niht baz.»
  • Morolt sprach aber: «her Tristan,
  • hie bin ich schiere komen an;
  • ich weiz wol, wederz ich da wil. G395
  • min ist hie nü niht alse vil,
  • daz ich ze läntstri'te
  • iht gewärli'che rite.
  • (162) ich fuor von k\nde über mer
  • mit einem heinlichen her 6400
  • und kom vil frideliche
  • her in disiu riche,
  • als ich e mäles hän getan.
  • ich wände, ez sus niht solte ergän.
  • i'ne versach mich dirre geschiht 6405
  • an dise läutherren niht;
  • ich wände varn von hinnen
  • mit rehte und.ouch mit minnen:
  • nu habt ir mir wie vür geleit,
  • dar zuo bin ich noch unbereit. » 6410
  • Tristan sprach: «herre, ist iuwer muot
  • ze einem läntstri'te guot,
  • so keret ümbe zehant,
  • vart wider heim in iuwer laut,
  • besendet iuwer ritterschaft, 6415
  • besament alle iuwer kraft
  • und kumet her wider und lät uns sehen,
  • wie unde waz uns süle geschehen;
  • und tuot ir des niht zwäre
  • in disem halben järe, 6420
  • so nemot ir unser da z'iu war:
  • €389 bescheiden stv. = entscheiden. — 6392 l'ichon (das einfache Wort; vgl.
  • gelicliPii 4596) swv., gefallen; vgl. 14077.
  • 6394 an kotnen, ans Ziel kommen, zur Entscheidung (in der Wahl)
  • gelangen. — 6398 t/euärlic/ie adv., sicher, ohne Gefahr. — 640U heinlich adj.
  • könnte hier bedeuten: heimisch; mit einer Schaar aus der nächsten Um-
  • gebung, o Dienerschaar- : Hermann Kurtz und danach Simrock; vielleicht
  • ist heinlich aber innerlicher zu fassen: vertraut, befreundet; etwa: mit
  • ein paar Freunden. — 6405 nich verseilen mit gen. im Mhd. verbunden
  • mit an c. acc. = nhd. an c. dat., häufiger mit von.
  • 6416 besamen, besamenen swv., versammeln. — 6421 z'iu, zu euch, bei
  • euch , in euerm Lande. —
  • 220 X. MOROLD.
  • SO kome wir sicherlichen dar.
  • man hat uns doch hie vor gezalt,
  • gewält hdere wider gewalt
  • und kraft wider krefte. 6425
  • Sit man mit ritterschefte
  • laut unde reht sol swachen,
  • herren ze Schalken machen,
  • und daz ein billich wesen sol,
  • so getruwen wir des gote wol, 6430
  • daz unser aller swächeit
  • noch werde wider hin z'iu geleit.»
  • "Got weiz», sprach Morolt «her Tristan,
  • ich hoere vil wol, daz ein man,
  • der nie ze solhem schalle kam 6435
  • noch dirre dro nie niht vernam,
  • dem wseren disiu maere
  • sorclich und angestbsere:
  • (163) ich trüwe ir aber vil wol genesen.
  • ich bin ouch dicker da gewesen, 6440
  • da schallen unde hochvärt
  • mit solher rede getriben wart.
  • ez ist wol der geloube min,
  • Gurmün well' äne sorge sin
  • umbe sin liut und umbe sin lant 6445
  • vor iuwerm vanen unde iuwerr hant.
  • ouch Wirt dis übermüetekeit,
  • man breche uns danne triuwe und eit,
  • niemer gespart ze Irlanden:
  • wir suln ez hie mit banden, 6450
  • wir zwene, under uns beiden
  • in einem ringe scheiden,
  • weder ir reht habet oder ich.»
  • (J429 billich stm. (9374), (Billigkeit), Angemessenheit, Eecht; von Gottfried
  • gerne gebraucht. — 6432 tvider geleit werden, zurückfallen; hin z^iu, auf
  • euch; frei: euch vergolten werde.
  • t;435 schal stm., hier : Lärm, Gezänk. — 6436 dirre dro ist nicht Plural:
  • dieser Drohungen, sondern Sing.: solcher Drohung. — 6438 sorclich adj.,
  • Besorgniss erregend. — angestbcere adj., gefährlich, ängstlich. — 6441 schallen
  • swv. subst. inf. stn. hat hier wohl andere Bedeutung als schal in V. 6435,
  • nämlich synonym von höchvart: Prahlen. — 6444 tcellen ist hier Hülfswort
  • für das Futurum. — 6447 übermüetekeit stf. = übermHof, — GMd sparn swv.,
  • hier: unbeachtet lassen, vergessen; oder: erlassen, ungestraft lassen? • —
  • 6452 rinc stm., hier: Kampfplatz, Schranke, dann übertragen: Kampf>
  • Duell; vgl. 6783. — scheiden stv., hier: entscheiden.
  • I
  • X. MOROLD. 221
  • Tristan sprach aber: «diz muoz ich
  • mit gotes helfe erzeigen 6455
  • und müeze den geveigen,
  • der uureht under uns beiden habe.»
  • sinen hantschuoch zoh er abe,
  • er bot in Morölde dar:
  • «ir herren», sprach er «nemet war: 6460
  • der künec min herre und alle die,
  • die hie sin, die beeren, wie
  • ich discn kämpf bespreche,
  • daz ich daz reht niht breche;
  • daz min her Mörolt, der hie stät, 6465
  • noch der in her gesendet hat,
  • noch mit gewalt kein ander man
  • zins ze rehte nie gewan
  • ze Kurnewäle noch z' Engelant:
  • daz wil ich mit miner hant 6470
  • war machen und wärbseren,
  • gote linde der werlt bewoeren
  • iif disen herren, der hie stät,
  • der imze her gefrumet hat
  • daz laster und daz ungemach, 6475
  • daz disen zwein landen ie geschach.»
  • Da rief an der stunde
  • von herzen und von munde
  • (164) manec edeliu zunge hin ze gote,
  • daz got mit sihem geböte 6480
  • bedachte ir laster unde ir leit
  • und luste si von schälcheit.
  • swaz aber ir aller swrere
  • von disem kämpfe wajre,
  • daz gie Mörolde kleine 6485
  • ze herzen oder ze beine:
  • er was vil unerkomen da van.
  • 6456 müeze nicht ich müeze, sondern elliptisch und in freier Con-
  • struction er müeze, nämlich got. — geveigen swv., hier allgemein : verderben,
  • vgl. zu 1669. — 6471 wärlccren (zusammengeschrieben nach Hs. M und H)
  • svw., als wdrbaere erweisen , wahrscheinlich machen ; vgl. zu 68'>0.
  • P4S0 gpbot stn. entspricht hier nicht unserra : Gebot, vielmehr: Wille,
  • Gewalt, Allmacht. — 6482 schälcheit stf., Knechtschaft. — 648.1 die Wen-
  • dung ze herzen und ze heine gen im Mhd. ziemlich häufig, von der wir nur
  • einen Tlieil gerettet haben; vgl. durch Mark und Bein. — 64S7 unerkomen
  • adj. part., unerschrocken, unberührt; vgl. zu 3224. —
  • 222 X. MOROLD.
  • der wol gestandene man
  • dern leite ez niender nidere,
  • er bot oucli ime da widere 6490
  • des kämpfes bei^^serde
  • mit herter gebserde,
  • mit fierer contenanze.
  • in diihte disiu schanze
  • vil wol nach sinem willen wesen : 6495
  • er trüte ir harte wol genesen.
  • Nu diz gewisset was also,
  • der kämpf der wart den herren do
  • unz an den dritten tac gespart,
  • nii daz der dritte tac dö wart, 6500
  • do kom al diu lantschäft
  • und Volkes ein so michel kraft,
  • däz daz stät bi' dem mer
  • allöz bevangen was mit her.
  • ]M6rölt fuor wä'fenen sich. 6505
  • mit des gewaefene wil ich
  • noch mit siner sterke
  • mines herzen merke
  • noch mines sinnes spitze sehe
  • mit nähe merkender spehe -6510
  • niht stumpfen noch lesten,
  • so dicke als er zem besten
  • an rehter manheit ist gezalt:
  • 6488 gestanden part. adj., erfahren, bewährt. — 64Sy nidere adv.=nidcr ; vgl.
  • zu 16953. 7i("d('/- Lepren behalten die Übersetzer bei: cder vielversuchte Recke
  • der legte den Span (Speer, Simrock) nicht nieder». H. Kurtz; der Sinn
  • des "Wortes ist aber hier vielmehr: hinlegen, bei Seite legen, abweisen,
  • ez unbestimmt = Tristan's Forderung. — 6491 bewcerde stf.. Beweis, Ent-
  • scheidung, oder: Zeichen, Pfand (nämlich den Handschuh)? — 6493 ^e/-
  • adj., Fremdwort, stolz. — contenanze stf., Fremdwort =neufr, contenance,
  • Haltung. — 6494 schäme stf., (franz. c/tance), Glücksspiel, Wagniss.
  • 6497 gewissen swv., gewiss machen, festsetzen, — 6501 lantsdiaft stf.,
  • hier im Gegensatz zu volc, die vornehme Vertretung des Landes, die Ritter-
  • schaft, hersciiaft. — 6504 bevangen part., (umfangen), eingenommen, ange-
  • füllt. — 6506 gev:a'fene stn. (collect, zu loäfen), Bewaffnung, Rüstung. —
  • 6508 merke stf., Aufmerksamkeit. — 6509 sehe stf., (das Sehen), Sehkraft.
  • — QblO nähe merlendiu spehe stf. j genau aufmerkendes Schauen. — 6511 stum-
  • pfen swv., stumpf machen, abstumpfen. — lesten swv., belästigen. —
  • 6513 gezalt part. von zaln oder zeln (vgl. 3065) swv., im stilistischen Gegen-
  • satze zu zal stf., Erzählung, hier: zählen, reclmen. — Statt des Sing.
  • zem besten gebrauchen wir den Plural oder Sing, von ein mit gen. : wie
  • viel er auch zu den Besten an Tapferkeit gerechnet wird, als einer der
  • Besten gilt. —
  • MOilOLD.
  • 223
  • diu zal von ime ist manicvalt,
  • (laz er an muote, an groeze, an kraft 6515
  • ze vollekomener ritterschaft
  • daz lop in allen riehen truoc.
  • hie si des lobes von ime genuoc.
  • (165) ich weiz wol, daz er künde
  • do und ze aller stunde 6520
  • ze kämpfe und euch ze vehte
  • nach ritteres rehte
  • sinem li'be vil wol mite gän.
  • er hjete es e so vil getan.
  • Der guote künic Marke 6525
  • dem gie der kämpf so starke
  • mit herzeleide an sinen lip,
  • daz nie kein herzelosez wip
  • die not umb' einen man gewau.
  • ern ha3te deheinen tröst dar an, 6530
  • ez enw£ere Trfständes tot
  • und hsete gerne. jene not
  • iemer umbe den zins gellten,
  • daz der kämpf Wiere vcrmiten.
  • nu ergieng ez aber allez baz 6535
  • umbe diz und umbe daz,
  • umbe zins und umbe man.
  • der unversuochte Tristan
  • ze notli'chen dingen
  • der begünde ouch sich mit ringen 6540
  • warnen an der stunde,
  • so er allerbeste künde,
  • sinen lip und siniu bein
  • diu bewiirte er schone und wol euein;
  • dar über leite er edel werc, 6545
  • zwo hosen und einen hälsperc ,
  • die wären lieht ünde wiz ,
  • <>523 Gottfried'a beliebtes mite fjan mit dat. (unein itöe) ist von H. Kurtz
  • nicht getroffen: «seinen Leib wohl zieren auf dem Plan», was yimrock
  • abschreibt; es soll hier ohne Zweifel gesagt werden: er konnte seiner
  • Kraft vertrauen.
  • tiö'JS /terzelijs adj., nicht in unserm Sinne: herzlos, gemüthlos , son-
  • dern: muthlos, verzagt, schwach. — (>530 fg. activ gewendet: er glaubte
  • (/uete indic), es wäre u. s. w. — <;.')32 //«^e conjnnct. — (i53S fg. nhd. der
  • in Xijthen unversuchte, unerfahrene Tristan. —
  • 224 X. MOROLD.
  • also der meister sinen fliz
  • und alle sine wi'slieit
  • an si hsete geleit; 6550
  • zwen' edele sporen starke
  • die spien im sin friunt Marke
  • und sin getriuwer dienestman
  • mit weinendem herzen an.
  • sine wafenriemen er im bant 6555
  • alle mit sin selbes liant.
  • ein wäfenroc wart dar getragen,
  • der was, also ich hörte sagen,
  • (166) mit drihen in den spelten
  • zen fuogen und zen velteu, 6560
  • ze allen sinen enden
  • mit fröuwihen henden
  • in fremedem prise bedäht
  • und noch prislicher vollebräht.
  • Hü do er den an sich genam, 6565
  • wie lustic und wie lobesam
  • er do dar inne wsere,
  • daz wsere sagebaere,
  • wan daz ab ich ez niht lengen wil.
  • der rede würde alze vil, 6570
  • ob ich ez allez wolte
  • ergründen , alse ich solte.
  • und sult ir doch wo! wizzen daz :
  • i
  • GÖ52 Sielen prset. von spannen stv. (nlid. swv.). o.n sp. entspricht unserm:
  • anschnallen [erhalten für das Anschirren]. — 6559 drihe swf., Sticknadel.
  • — spelte swf., Geräth zum Weben. Beide Worte im Plural drihen und
  • ■spelten werden oft zusammengestellt und synonym gebraucht, darum ist
  • im mhd. Wb. I, 391"\ 41 fg. A^Drgeschlagen statt in den spelten der Hss. zu
  • lesen und mit spelten; die an sich ansprechende Conjectur ist aber der
  • Überlieferung gegenüber nicht in den Text zu setzen, auch kann die Er-
  • klärung versucht werden, daß die Sticknadeln in die Webemaschine ein-
  • gesetzt wurden, sodaß die Wendung stünde für den Begriff eines Compo-
  • situms speltedrihe; Bech fasst spelten als dat. pl. von spali stm.=Schlitz.
  • — 6560 fuoge stf., hier = nhd. Fuge; die Stelle an den gewirkten Klei-
  • dern, welche der Naht entspricht. — velten dat. pl. von valt stra. (10918),
  • Falte; gemeint ist wohl nicht der natürliche Faltenwurf, sondern die
  • künstiiclien Falten, die Stellen, wo das Eockzeug wirklich gefaltet wird.
  • — 6562 fröuicin adj. zu frouwe, weiblich ; hier wieder die Adjectivwendung
  • statt der Genetivzusammensetzung /ro^/Jüen/i^wc^e«; vgl. zu 2547. Das Adj.
  • fräuwln [nhd. aufgegeben], bei Gottfried noch öfters z. B. 9.349, kann ich
  • sonst aus älterer Zeit nicht nachweisen. — 6564 prislich adj., preiswürdig,
  • köstlich ; prislicfier comp. adv.
  • 6565 Hi interj. bei Gottfried öfters z. B. 17967 ähnlich wie hei. —
  • 6566 lustic adj., nicht in unserm Sinne: lustig, fröhlich, sondern last er-
  • regend, anmutliig; vgl. 8263. —
  • X. MOROLD. 225
  • der mau gezam dem rocke baz
  • und truog in lobes und eren au 6575
  • -vil mere danne der roc den man;
  • swie guot, swie lobebajre
  • der wäfenroc doch wsere,
  • er was doch siner werdekeit,
  • der in dö haHe ane geleit, 6580
  • küm' unde kumecliche wert,
  • dar über gurte im Marke ein swert,
  • daz sin leben und sin herze was,
  • Yon dem er allermeist genas
  • Tor Morold' und ouch dicke sider. 6585
  • und wac daz also rehte nider
  • und lag üf siner sträze
  • in so gefüeger mäze,
  • daz ez noch üf noch uider wac
  • wau rehte, da sin weide lac. 6590
  • ein heim wart ouch besendet dar,
  • der was als ein kristalle var,
  • lüter unde vestc,
  • der schceneste ünde der beste,
  • den ie ritter üf genam. 6595
  • ich wa?ne ouch, ic so guoter kam
  • in daz laut ze Kurnewäle.
  • dar üffe stuont diu sträle,
  • (167) der minneu wisaginne,
  • diu Sit her mit der minne 6600
  • an ime vil wol bewahret wart,
  • swie lange ez würde dar gespart,
  • den säzte im Märke üf unde sprach:
  • «ä neve, daz ich dich ie gesach,
  • fwSl kumecliche adv. Bildung von kfa/ie , kaum, bei weitem nicht. —
  • *>5S6 nider uoyen stv. intraus., sich niederwärts bewegen, hängen: hier
  • wird das Schwert gelobt , weil es in richtiger Weise im Gleichgewicht am
  • Gurte hieng. — 6ö89 uf und (noch) nider wegen, sich auf und nieder be-
  • wegen, hier in leisem andern Sinne die Bewegung des Schwertes durch
  • den, der es trägt und führt. — 6590 roeide, hier bildlich: der Leib des
  • Gegners; «die rechte Richte» (Kurtz, was Simrock abschreibt) ist vor-
  • her schon charakterisiert durcli sträze; voan rehte = a]a nur gerade. —
  • 6592 krislalle (swf. 17116), Krystall stm. — var adj., färb, gefärbt, dann
  • überhaupt: aussehend, beschaffen. — 059G ie (nach wa;nen)=nie. — 6599 «i-
  • »aginne stf. (zu wUa , auch tcissage Bwm., ahd. u-izago, nhd. entstellt:
  • Weissager), Prophetin; das poetische Wort entspricht liier wohl halbwegs
  • unserm abstracten: Symbol; vgl. zu 4943 fg. Tristan hatte nicht bedeu-
  • tungslos den Pfeil, das Emblem des Liebesgottes zum Helmschmucke, wenn
  • sich dies auch später erst zeigen sollte. —
  • OOTTFBIED YON STEASSüUr.O. I. 2. Aufl. 15
  • 228 X. MOROLD.
  • zer brüst und zuo den goffen,
  • starc ze beiden wenden,
  • erwünschet z'allen enden. 667(
  • sine füeze und siniu bein
  • diu behielten ouch vil wol enein
  • al ir geschepfede unde ir reht;
  • die füeze sinwel, diu bein sieht,
  • üfrihtec alle viere 667j
  • als einem wilden tiere;
  • ouch was ez kürzlicher kust
  • hin von dem satele und vor der brüst;
  • (169) da stuont ez also rehte wol,
  • als ein ros iemer beste sol. 6680
  • dar üffe ein wiziu decke lac,
  • lieht unde lüter alse der tac,
  • den andern ringen gelich,
  • und was diu lang und alse rieh,
  • daz si wol ebene nider gie 6685
  • dem orse vaste vür diu knie.
  • Nu daz Tristan ze vehte
  • nach ritteres rehte
  • nach kämpfes gewoneheit
  • wol und ze prise was bereit, 6690
  • die do wol künden prisen
  • beidiu man und iseu,
  • die körnen alle samet dar an,
  • daz beidiu, isen unde man,
  • geworhten schoener bilde nie. 6695
  • swie wol daz aber schine hie,
  • ez schein doch vil und verre baz,
  • Sit do er üf daz ors gesaz
  • und sper ze bänden genam,
  • 6668 goffe swf., Hinterbacke. — 6669 wenden dat. pl. von want stf. (nicht
  • von wende stf.), (Wand), Seite. — 6670 erwünschet part. adj. wie nhd.,
  • nur abstracter und allgemeiner: vollkommen, herrlich; vgl. 7721. — 6674 sin-
  • wel adj., rund, gewölbt. — 6675 vfrihtec adj., aufrecht, in die Höhe stre-
  • bend, schlank. • — 6677 kurzlich adj., kurz, gedrungen. — kust (von kiesen)
  • stf., Beschaffenheit. — 6683 andern steht hier wie das franz. autre im Ver-
  • gleich und ist im Nhd. nicht zu übersetzen; vgl. Gr. 4, 456. — 6685 ebene
  • adv., gleichmäßig.
  • 6693 dar an komen kann hier nicht heißen : herzukommen , um es zu
  • sehen und zu beurtheilen, sondern: darin übereinkommen. — 6695 ge-
  • u-orhten conj. praet. von würken swv. ge- plusquamperf. : gewirkt, ge-
  • schaffen hätten. — 6698 gesaz plusquamperf. von sitzen, sich setzen. —
  • Ül
  • X. MOROLD. 229
  • (16 waz daz bilde lüssäm, 6700
  • dö was der rittcr lobelicli
  • obe dem satel und iindeu rieh,
  • arme und absei beide
  • die bieten breite weide.
  • in den satel kund' er sich wol, 6705
  • da man den satel sitzen sol,
  • gesetzen und gefüegen.
  • hin neben des orses büegen
  • da swebeten siniu schoene bein
  • strac unde sieht alsam ein zein. 6710
  • dö stuont daz ors, dö stuout der man
  • so rehte wol ein ander an,
  • als op si waren under in zwein
  • mit ein ander unde enein
  • also gewahsen unde geborn. 6715
  • die gebierde wären üz erkorn,
  • stcetelich und staete,
  • die Tristan z' orse hsete.
  • (170) dar zuo, swie wol gebaere
  • gebaerdehalp er w^ere, 6720
  • so was doch iunerhalp der muot
  • so reine geartet und so guot,
  • daz edeler muot und reiner art
  • under helme nie bedecket wart.
  • Sus was den kempfen beiden 6725
  • ein kämpfstät bescheiden
  • ein kleiniu insel in dem mer,
  • dem Stade so nähen unde dem her,
  • daz man da wol bereite sach,
  • swaz in der insele geschach. 6730
  • und was ouch daz bereit dar an,
  • daz äne dise zwene man
  • niemen dar in k?ome,
  • biz der kämpf ende nseme.
  • »>704 iveide stf., hier wieder bildlich und allgemein : Ausdehnung. — 6706 sitzen
  • mit acc, besitzen, sitzend einnehmen. — 6707 gesetzen, verst. setzen. —
  • 'jf/iiegen, verst. j'üegen, swv. refl., sich einfügen, schmiegen. — 6710 strac
  • adj., strack, gerade. — zrin stm.. Ruthe, Gerte. — <)717 stoEielich adj., Bil-
  • dung von .s'^f^', beständig, gleichmäßig. — (u20 gcbn'i-dehalp adv., hin-
  • sichtlich der Gebärde, der Erscheinung. — 6723 edeler, reiner Comparative.
  • — art (Geschlecht hier nicht ersichtlicli), hier ziemlich = nhd. Art, Natnr,
  • "Wesen; vgl zu 96.J9.
  • 230 X. MOROLD.
  • daz wart ouch wol behalten. 6735
  • sus wurden dar geschalten
  • den kempfen zwein zwei schiflfelin,
  • der ietwederz mohte sin,
  • daz ez ein ors und einen man
  • gewäfent wol getrüege dan. 6740
  • nu disiu schif diu stuonden da.
  • Morolt zoch in ir einez sä:
  • daz ruoder nam er an die hant:
  • er schiffete anderhalp an laut
  • und alse er üz zem werde kam, 6745
  • sin schiffelin er iesä nam,
  • zuo dem stade hafte er daz.
  • üf sin ors er balde saz,
  • an sine hant nam er sin sper,
  • al über den wert so liez er her 6750
  • riliche gän punieren,
  • hin unde her laisieren;
  • und wären sin puneize
  • in dem ernestkreize
  • so ringe und so schimpf bsere, 6755
  • als ez ze schimpfe wsere.
  • Nu Tristan ouch ze schiffe kam,
  • sin dinc dar in zuo sich genam
  • (171) beidiu sin ors und ouch sin sper,
  • vorn' in dem schiffe da stuont er. 6760
  • «künec», sprach er «herre Marke,
  • nune sorget niht ze starke
  • umbe minen lip und umbe min leben:
  • wir suln ez allez gote ergeben.
  • unser ängest hilfet hie zuo niht. 6765
  • waz obe uns lihte baz geschiht,
  • dan man uns habe üf geleit.
  • unser sisre und unser saelekeit
  • 6736 geschalten part, von schalten stv., stoßen (mit der Ruderstange).
  • — 6745 werde dat. von wert stm., "Werder, Fluroinsel. — *r,lb\ punieren swv.,
  • Fremdwort, fxa,iiz. jjugner , stechen, dann: den Turniergang (auch ohne
  • Gegner) reiten, einhersprengen. ■ — 6753 puneiz stm., Fremdwort, punierende
  • Keiten, Turniergang, verbunden mit dem Einlegen und Schwingen der
  • Lanze; vgl. 9164 fg. — 6754 ernestkreiz stm., Kampfbezirk. — 6755 ringe
  • adj., gering, geringfügig, dann auch: leicht, spielend. — sciiimpfhivro a.,
  • scherzhaft, wie zum Spasse; vgl. zu 968. — 6756 in. scliimpife ist der Begriff:
  • Scherz, der in schimpf bfKre schon ausgedrückt ist, nicht allein enthalten,
  • sondern auch die prägnante Bedeutung: Kampfspiel, Turnier.
  • 6766 -waz obe, wie wenn? wer weiß ob (vgl. 8578); die Wendung bei
  • Gottfried vereinzelt. — lihte adv., vielleicht; vgl. zu 10498. —
  • X. MOROLD. 231
  • diu entstat an keiner ritterschaft
  • Avau an der einen gotes kraft. 6770
  • lat alle vörvörhte wesen,
  • wan ich mac harte wol genesen.
  • mir ist ze disem dinge
  • min gemüetc harte ringe.
  • als tuot ouch ir! gehabet iuch wol! 6775
  • cz ergat doch niiiwan, alse ez sol;
  • und aber, swie min ding erge,
  • an swelhem ende so ez geste,
  • so lat ir iuch doch hiute,
  • iuwer länt und iuwer liute, 6780
  • an den ich mich verläzen hän:
  • got selbe, der mit mir sol gän
  • ze ringe und ouch ze vehte,
  • der bringe reht ze rehte!
  • got muoz benamen mit mir gesigen 6785
  • oder mit mir sigelös beiigen:
  • der walte es unde müeze es pflegen!»
  • Hie mite bot er in sinen segen.
  • sin schiffelin daz sliez er an
  • und fuor in gotes namen dan. 6790
  • hie wart sin lip und ouch sin leben
  • von manegem munde gote ergeben;
  • im wart von maneger edelen haut
  • manec süezer segen nach gesant.
  • und alse er üz ze Stade gestiez, 6795
  • sin schiffelin er fliezen licz
  • und saz üf sin ors iesä.
  • nu was ouch Morolt iesä da:
  • (172) «sage an», sprach er «waz tiutct daz,
  • durch weihen list od umbe waz 6800
  • hast du daz schif sus läzen gän?»
  • «daz hän ich umbe daz getan:
  • hie ist ein schif und zwene man,
  • und ist ouch da kein zwivel an,
  • <'77l to-cor/ite stf., Vorfurcht, Furcht im voraus; vgl. 12399. — 6774 ringe
  • adj., hier: leicht, sorglos. — tiT7S gesteii, hier: stehen bleiben (vgl. 9149);
  • die Wendung nhd.: was es für ein Ende nehme. — 6779 sich ldzen = sich
  • terli'izen in V. 6781. — 6781 an rf?« ^ nhd. auf den. — 6787 iralten stv. mit
  • gen., über etwas walten swv., behüten, Segen geben.
  • 6796 .rf/>ce« stv. = schwimmen. —
  • 2B2 X. MOROLD.
  • belibent die niht beide hie, 6805
  • daz aber beuamen ir einer ie
  • tif disem werde tot beiiget,
  • so hat oiich jener, der da gesiget,
  • an disem einen genuoc,
  • daz dich da her zem werde triioc.« 6810
  • Morolt sprach aber: «ich beere wol,
  • daz diz unwendic wesen sei,
  • der kämpf enmüeze vür sich gän.
  • liezestu in noch imderstän
  • und schiede wir mit minnen 6815
  • iif solhe rede von hinnen,
  • daz ich min zinsreht stsete
  • von disen zwein landen hsete:
  • daz diuhte mich din sselekeit.
  • wan zwäre mir ist sere leit, 6820
  • ist, daz ich dich slahen sol;
  • mirn gevi'el nie ritter alse wol,
  • den ich mit oiigen ie gesach.»
  • der gemüote Tristan aber do sprach:
  • «der zins miioz fürder sin getan, 6825
  • sol dehein suon' imder uns ergän.»
  • «entriuwen», sprach der ander do
  • «diu suone wirdet niht also:
  • sus komen wir niht ze minnen.
  • der zins muoz mit mir hinnen.» 6830
  • «so tribe wir», sprach Tristan
  • «vil harte unnütziu teidinc an.
  • Morolt, Sit daz du danne min
  • ze slahene so gewis wilt sin,
  • so wer dich, wellest du genesen: 6835
  • hie enmäc niht anders ane gewesen.»
  • 6814 understän, (dazwischen stehen), stille stehen. — 6816 rede, hier:
  • Verabredung. — 6824 geniuot adj. hier, allein stellend, wohl in der Bedeu-
  • tung: wohlgemuth, unerschrocken, froh; vgl. 7794. — 6S25 fürder iuon,
  • abthun, abschlagen; vgl. 1.5518. — 6829 ze minnen (dat. pl.), zur Ver-
  • einigung, zur Schlichtung des Streites ; eine Art Terminus aus der Rechts-
  • sprache; {mit minnen in V. 6Slö ist wohl innerlicher = mit Liebe, in Freund-
  • schaft); vgl. zu l335.->. — 6832 teidinc, tagedinc stn. ist ein Lieblingswort
  • des Dichters, welches er meist in übertragener Bedeutung in verschiede-
  • nen Schattierungen gebraiicht; nach ihm hat es Konrad von Würzburg be-
  • vorzugt: s. Haupt zu Engelhard .5058; hier: Eede. — an zu friöen. an
  • triben, hier wie in V. 2295 in derselben Bedeutung wie das einfache triben^
  • vollführen.
  • X. MOROLD. 233
  • Daz ors daz warf er umbe,
  • er machte iiz einer krumbe
  • (173) eine rihtige slihte.
  • er lie her gän enrihte 6840
  • mit aller sines herzen ger:
  • mit gesenketem sper,
  • mit fliegenden schenkelen,
  • mit Sporen und mit enkelen
  • nam er daz ors zen siten. 6845
  • wes mohte euch jener do biten,
  • dem ez umbe daz leben stuont?
  • der tete, reht' als si alle tuont,
  • die üf rehte manheit
  • alle ir sinne hänt geleit: 6850
  • er nam ouch eine kere
  • nach sines herzen lere
  • wol balde hin und balde wider;
  • sper warf er üf und iesä nider.
  • sus kom er her gerüeret, 6855
  • als den der tiuvel füeret.
  • beidiu rös ünde man
  • kömön Tristanden fliegende an
  • noch balder danne ein smirlin:
  • als giric was ouch Tristan sin. 6860
  • si kömen mit gelicher ger
  • geliche fliegende her,
  • daz si diu sper zestächcn,
  • daz si in den schilten brächen
  • wol ze tüsent stucken. 6865
  • do gieng ez an ein zucken
  • der swerte von den siten.
  • si giengeu z'orse striten:
  • got selbe mühte ez gerne sehen.
  • Xu hoere ich al die werlde jehen, 6870
  • und stät ouch an dem miere,
  • daz diz ein einwic wa3re ;
  • 6S40 enrihte adv., hier räumlich: in gerader Richtung; vgl. zu 3070. —
  • •■-851 kere stf. (2066) nemen, Wendung machen, Richtung nelimen; bei Gott-
  • fried kere beliebt. — 6860 [/iric adj., gierig, mit gen. = nhd. auf.
  • 6870 fg. Der Gedanke, daß der einzelne Kämpfer mit seinen Kräften
  • ein f,rr, mehrere Personen ausmache und vertrete, findet sich im Tristan
  • ähnlich benutzt und ausgefülnt in V. 7005 und 9020. —
  • 234. X. MOEOLD.
  • und ist ir aller jehe dar an,
  • hiene wteren niuwan zwene man.
  • ich prüeve ez aber an dirre zit, 6875
  • daz ez ein offener strit
  • von zwein ganzen rotten was:
  • swie ich doch daz nie gelas
  • (174) an Triständes maere,
  • ich mache ez doch wärbsere. 6880
  • Mörolt, als uns diu wärheit
  • ie hat gesaget und hiute seit,
  • der hsete vier manne kraft,
  • diz was vier manne ritterschaft:
  • daz was der strit in eine sit. G885
  • so was anderhalp der strit,
  • daz eine got, daz ander reht,
  • daz dritte was ir zweier kneht
  • und ir gebsere dienestman,
  • der wol gewsere Tristan: G890
  • daz vierte was williger muot,
  • der wunder in den noäten tuot.
  • die viere und jene viere
  • üz den gebilde ich schiere
  • zwo ganze rotte od ahte man, 6895
  • als übel als ich doch bilden kan.
  • E dühte iuch. daz diz maere
  • gar ungefüege waere,
  • daz üf zwein orsen zwei her
  • iemer möhten komen ze wer: 6900
  • nu habet ir ez vür war vernomen,
  • daz hie zesamene wären komen
  • under einem helme ietweder sit
  • vier ritter oder vier ritter strit;
  • 6880 ivärbccre adj., Bildung von loär, wahrsclieinlich, scheiut dem Dichter
  • eigentliümlich; danach auch das Verbum icärbccren 6471. — 6885 in eine
  • Sit ( = 8ite), auf einer Seite. — 6S94 r/ebilden swv., verst. bilden [vgl. Gebild
  • neben Bild].. — 689G diese Wendung wörtlich übersetzt [übel beibehalten)
  • würde den Sinn verfehleu und beinahe das Gegentheil erzielen; der Dich-
  • ter will sich nicht als ungeschickt hinstellen nach der zuversichtlichen
  • Äußerung in V. 6880; vielmehr ist übel ironisch zu fassen, es soll gesagt
  • werden: so gut oder schlecht ich eben bilden kann, d. h. umgekehrt von
  • übel: so gut ich es eben kann; vgl. V. 351: reltV ühe liep als ez in was =
  • wie unlieb es ihnen auch war.
  • 6898 ungefüege adj., unpassend, etwa: ungereimt. — 6903 s. zu 5525. —
  • X. MOKOLD. 235
  • die riten ouch ze den ziten 6905
  • vast' üf ein ander striten.
  • alsus kom ein gesellescliaft,
  • Morolt mit vier manne kraft,
  • Tristanden alse ein doner an.
  • der veige väläudes man 6910
  • der sluoc als kreftecliche üf in,
  • daz er im kraft ünde sin
  • vil nach mit siegen btete benomen,
  • wser' ime der schilt ze staten nilit komeu,
  • under dem er sich mit listen 6915
  • künde schirmen unde fristen.
  • weder heim noch halsperc
  • noch dehein sin ander kämpfwerc
  • (175) daz enhsete in da niht vür getragen,
  • ern haete in durch die ringe erslagen; 6920
  • ern liez im nie die State geschehen,
  • daz er vor siegen moht' üf gesehen.
  • Sus gieng er in mit siegen an,
  • biz er'm mit siegen an gewan,
  • daz Tristan von der siege not 6925
  • den schilt ze verre ^n im bot
  • ünde den schirm ze höhe truoc,
  • biz daz er im durch daz diech slüoc
  • einen älse hüzli'chen slac,
  • der vil nach hin zem tode wac, 6930
  • daz ime daz fleisch und daz bein
  • durch hosen und durch halsperc schein,
  • und daz daz bluot üf schrsete
  • und after dem werde wsete.
  • «wie do», sprach Morolt «wiltu jehen? 6935
  • Ü916 fristen 8wv., hier: retten wie in V. liS79; vgl. zu 124S. — (5918 kämpf-
  • werc stn., Rüstzeug. — (J919 vür (ragen hier mit acc, einem nützen; vgl.
  • 6204. — 6920 uhd. positiv zu wenden als neuer Satz oder es folgt: sondern.
  • 6924 an ijewinnen mit dat., einen überwinden. — (J928 dlecli stn., .Schen-
  • kel. — 69.30 wegen stv., hier: sich (wiegend) hinneigen, sich bewegen, aus-
  • schlagen. — 69,'U bein stn., hier im (iegensatze zu fleisch: Knochen. —
  • 6933 schrcEte prset. von .■sc/ircejen swv., spritzen, vf sehr., auf-, emporspritzen.
  • — 6934 after prsep. mit dat., über hin. — 6934 xoa-jen swv., (wehen) in
  • früherer Zeit nicht bloß vom Winde und Feuer, sondern auch bildlich
  • von festeren Körpern gesagt; vgl. 7025 [ähnl. nlid. springen]. — 693.5 ;>/;
  • Btv., hier intrans. ohne jeden Zusatz; im mhd. Wb. I, j12 erklärt: «(willst)
  • du dich für befugt erklären r ■> Druckfehler für: besiegt? denn dies ist
  • der Sinn, jehen ähnlich wie: willst du gestehen? (daß du Unrecht hast
  • und besiegt bistj. —
  • 236 X. MOROLD.
  • hier an mäht du wol selbe sehen,
  • tlaz niemeu iinreht füeren sol:
  • din iinreht schinet hier an wol;
  • noch denke, wellest du genesen,
  • in welher wise ez müge gewesen, 6940
  • wan zewäre, Tristan, disiu not
  • diu ist din endeclicher tot,
  • ich eine enwende ez danne;
  • von wibe noch von manne
  • sone wirdest du nie mer gesunt: 6945
  • du bist mit einem swerte wunt,
  • daz toedec nnde gelüppet ist.
  • ärzät noch arzätes list
  • ernert dich niemer dirre not,
  • ez entüo min swester eine, Isot, 6950
  • diu künegin von Irlande:
  • diu erkennet maneger bände
  • würze und aller kriute kraft
  • und arzätliche meisterschaft;
  • diu kan eine disen list G955
  • und anders niemen, der der ist.
  • diu enner dich, du bist ungenesen.
  • wil du mir noch gevcfl^ic wesen,
  • (176) und mir des zinses jehende sin,
  • min swester, diu künigin, 6960
  • diu mnoz dich selbe heilen,
  • und ich wil mit dir teilen
  • gesellecliche, swaz ich hän,
  • und wil dir nihtes abe gän,
  • da dich din wille zuo getreit.» 6965
  • Tristan sprach: «mine wärheit
  • und mine ere die engib ich
  • durch dine swester noch durch dich:
  • ich hän in miner frien haut
  • da her gefüeret zwei friiu laut, 6970
  • diu varnt ouch mit mir hinnen,
  • (J943 wenden svw. hier trans. mit acc, abwenden; vgl. zu 13775. —
  • gelüppet part. adj., vergiftet; vgl. zu 7272. — 6949 ernern (380) hier
  • mit gen.: von. — 6953 würze ist wolil nicht gen. pl., sondern, gleich-
  • stehend mit kraft, acc. pl. von tvurz stf., Wurzel; vgl. 16109. — 6957 tin-
  • yenesen adj. part., unheilbar, verloren. — 6958 gevolgic adj., folgsam. —
  • 6963 gesellecliche adv., als geselle., in freundschaftlicher Weise. — 6966 ivär-
  • lieit, hier im Zusammenhang mit ere: Wahrhaftigkeit, Treue, das gegebene
  • Wort; vgl. 8914. 9821. —
  • X. MOROLD. 237
  • oder ich muoz ie gewinnen
  • grojzern schaden od aber den tot.
  • ouch enbin ich noch ze selber not
  • mit einer wunden niht getriben, 6975
  • daz ez ällez hier an si beliben.
  • der kämpf ist under uns beiden
  • ie noch vil ungescheiden.
  • der zins ist din tot oder der min;
  • hie enmac niht anders ane gesin.» 6980
  • Hie mite ruort' er in aber an.
  • nu sprichet daz vil lihte ein man,
  • ich selbe spriche ez ouch dar zuo:
  • cgot unde reht, wä sint si nuo,
  • Tristandes stritgesollen? 6985
  • op si im iht helfen wellen,
  • des nimet mich michel wunder,
  • si süment sich hier under:
  • ir rotte und ir geselleschaft
  • diu ist sere worden schadehaft; 6990
  • sine kömen danne dräte,
  • so koment si al ze späte:
  • von diu so komen schiere!
  • hie ritent zwene an viere
  • und stritent niuwan umbe ir leben. 6995
  • daz selbe deist ouch sere ergeben
  • an zwivel unde an üntrost.
  • Silin si iemer werden erlost,
  • (177) daz muoz vil kürzliche sin.
  • got unde reht diu riten do in 7000
  • mit rehtem urteile,
  • ir rotte ze heile,
  • ir vi'nden ze valle.
  • hie begünden si sich alle
  • geliche röttieren, 7005
  • viere wider vieren.
  • alsus reit schär wider schar,
  • ungescheiden ailj. part., liier: unentschieden; vgl. zu 6452.
  • 6981 an rue/eri mit acc, man kann zweifeln, ob die Bedeutung ist
  • feindlich auf einen losgehen wie in V. 9013 fg. (s. die Bemerk.), wo es
  • auch vom Drachen gesagt ist, oder ob Ellipse zu Grunde liegt wie bei
  • rtieren (s. zu 210.'}; : einen ansprengen (mit dem Rosse), eher wohl letzteres.
  • — 6997 unlro^t stm., Muthlosigkcit. —
  • 23 X. MOROLD.
  • und Tristan, alse er wart gewar
  • der sinen stritgesellen,
  • do wuohs im muot und eilen: 7010
  • im brähte sin geselleschaft
  • beidiu herze unde kraft.
  • daz ors er mit den sporen nam:
  • so sere er her gerüeret kam,
  • daz er nach s^ner gelust 7015
  • hurtende mit des orses brüst
  • sin vint so sere erschalte ,
  • daz er'n zer erden valte
  • mit örse betalle;
  • und alse er von dem valle 7020
  • ein lützel sich erholte
  • und wider zem orse wolte,
  • dö was ouch Tristan iesä da;
  • den heim den sluog er ime iesä,
  • daz er wsete al dort hin dan. 7025
  • hie mite so lief in Mörolt an:
  • durch die covertiure er sluoc
  • Tristandes orse abe den buoc,
  • daz er ünder ime dar nider gesaz
  • und tete er weder wirs noch baz, 7030
  • wan sprang et anderhalp dervan.
  • Morolt der listige man
  • den schilt ze rucke er kerte,
  • als in sin witze lerte.
  • mit der hant so greif er nider, 7035
  • den heim den nam er aber wider,
  • er haete in siner wi'sheit
  • also gedäht und üf geleit,
  • (178) so er wider ze orse kseme,
  • daz er den heim üf nseme 7040
  • und rite aber Tristanden an.
  • nu er den heim ze sich gewan
  • 7010 eilen stn., Kraft, Stärke. — 7015 gelust stf., Begierde. — 7016 hurten
  • swv., stoßen. — 7017 erschalte prset. von erschellen swv., erschüttern. —
  • 7019 betalle a,äv. = mitaUe, zusammen; s. zu 939. — 7030 wirs adv. (znübel),
  • schlimmer; die "Wendung weder icirs noch baz (ähnlich wie minner noch
  • niere 8. zu 1689) =^ nichts anders.
  • 7034 witze stf., Verstand; hier entsprechend etwa unserm: Geistes-
  • gegenwart; im Plural gebraucht V. 15348, vielleicht auch V. 7917. —
  • X. MOEOLD. 239
  • und hin zem orse gahte
  • und dem also genähte,
  • daz er die hant zem britel liez 7045
  • unde den linken fuoz gestiez
  • wol vaste in den stegereif
  • und mit der hant den satel ergreif:
  • nu hfete in ouch Tristan erzogen,
  • er sluog im iif dem satelbogen 7050
  • daz swert und ouch die zeswen hant,
  • daz si beidiu vielen üf den sant
  • mit ringen mitalle ;
  • und under disem valle
  • gab er im aber einen slac 7055
  • reht' obene, da diu kuppe lac,
  • und truog ouch der so sere nider,
  • do er daz wäfen zucte wider,
  • daz von dem selben zucke
  • des swertes ein stücke 7060
  • in siner hirneschal beleip;
  • daz ouch Tristauden sider treip
  • ze sorgen und ze grozer not:
  • ez hrete in nach bräht üf den tot.
  • Morolt, daz tröstelose her, 7065
  • do er ane kraft und äne wer
  • so sere türmelende gie
  • und sich an den val verlie,
  • «wie do, wie dö!» sprach Tristan
  • «so dir got, Morolt! sage an, 7070
  • ist dir dirre mtere iht kunt?
  • mich dunket, du sist sere wunt;
  • ich waene, din dinc übele ste.
  • swie ez miher wunden erge.
  • 7044 genahen swv., verst. nälien. — 7045 hritcl stm., Zügel. — lazen, hier:
  • bewegen, greifen. — 7046 gestozen etv., verst. stelzen. — 7049 erziehen stv.,
  • erreichen ; Tristan war ihm wieder auf den Leib gerückt. — 7050 satelboge
  • swm. ist hier der hintere Sattelbogen. — 7051 zesea.dj., gen. zeswcs, recht.
  • — 7056 kuppe swf. (7089), die Haube unter dem Helme; vgl. 9407. —
  • 7057 nider tragen, eigentlich: niederziehen; eindringen. — 7059 zuc stm.,
  • das Zucken, heftiger Zug, Hieb. — 7064 nach adv., hier = rj7 nach (102),
  • beinahe.
  • 7(167 lurmelen swv., taumeln. — 7068 verletzen refl. an eleu: heißt hier
  • wohl eigentlich: sich einem Dinge überlassen, hingeben; sich dem Falle,
  • dem Niedersinken hingeben ist bildliche Umschreibung für: niedersinken.
  • — 7070 so dir got ! elliptisch für so helfe dir got ! vgl. zu 2229. —
  • 240 X. MOKOLD.
  • dir waere guoter würze not: 7075
  • swaz so diu swcster Isot
  • von erzenie hat gelesen,
  • des wirt dir not, wil du genesen.
  • (179) der rehte und der gew£ere got
  • und gotes gewserlich gebot 7080
  • die habent din unreht wol bedäht
  • und relit an mir ze rehte bräht,
  • der müeze min ouch vürbaz pflegen!
  • disiu höchvart diu ist gelegen.»
  • hie mite trat er im näher baz. 7085
  • daz swert daz nam er und gap daz
  • ze beiden sinen banden:
  • er sluoc sinem anden
  • daz houbet mit der kuppen abe.
  • Sus kerte er wider zuo der habe: 7090
  • do er Moroldes schif da vant,
  • da saz er in und fiior zehant
  • gein dem stade und gein dem her.
  • aldä gehorte er bi dem mer
  • gröze fröude und gröze klage, 7095
  • fröud' unde klage, als ich in sage:
  • der sselde an sinem sige lac,
  • den was ein soeleclicher tac
  • und michel fröude erstanden:
  • si slägeten mit banden, 7100
  • si lebeten got mit munde,
  • si sungeu an der stunde
  • ze himele michel sigeliet.
  • so was ez aber der fremedcn diet,
  • den leiden gesten von Irlant, 7105
  • die dar wären gcsant.
  • 7075 ez ist not mit gen. und dat., es ist einem etwas nöthig (aber not ist
  • wohl Substantiv, nicht Adjectiv). — 7078 ez wirt not mit gen. und dat.
  • synonymer Ausdruck mit ez ist n. in V. 7075. — 7086 fg. solche Wendungen
  • verzeichnet Haupt zu Erec 857 (2. Ausgabe), daz swert geben {geben im Mhd.
  • häufiger in solcher "Weise verwendet als das heutige Wort) ist wohl hier
  • eine Umschreibung für: zuhauen [vgl. Sporn geben = anspornen, Schuß
  • geben = schießen, Peitsche geben = peitschen u. dgl.]. ze=m.ii. Simrock
  • übersetzt: und gab es da in seine beiden Hände; Kurtz in ähnlicher Auf-
  • fassung: fasste das in seine beiden Hände. Das scheint mir nicht in der
  • Wendung zu liegen. Ein Scherz mit dem Terminus swert geben (s. zu 5733):
  • Tristan ertheilte dem Gegner den Kitterschlag, würde zu fern liegen und
  • überdies geschmacklos sein. — 7088 ande swm., Feind; vgl. zu 8992.
  • 7100 slagen swv., schlagen (dieses aus slahen stv. ) , klatschen. —
  • 7104 diet stf., Volk. —
  • X. MOROLD. 241
  • ze michelem leide ertaget:
  • von den wart alse vil geklaget,
  • also von disen gesungen.
  • si wunden unde twungen 7110
  • ir jämer under ir lienden.
  • Die .jämerigen eilenden
  • die klagenden Iiiandaere,
  • die wile s' in ir swaere
  • ze schiffe wolten gäben, 7115
  • Tristan begunde in nähen
  • und an dem Stade bekom er in:
  • ((ir herren», sprach er «keret hin,
  • (180) enpfähet jenez zinsreht,
  • daz ir dort üf dem werde seht, 7120
  • und bringet iuwerm herren heim
  • und saget im, daz min ceheim
  • der künic Marke und siniu lant
  • diu senden ime den prisant
  • unde enbieten ime da bi, 7125
  • swenn' ez an sinem willen si,
  • daz er's geruoche unde ger,
  • daz er sine boten her
  • nach solhem zinse sende;
  • wir enläzen s' itelhende 7130
  • niemer wider gekeren;
  • mit sus getanen eren
  • sende wir si im hinnen,
  • swie küme wir'z gewinnen.»
  • und swaz hier under rede ergie, 7135
  • mit dem schilte dacte er ie
  • daz blüot und die wunden
  • vor den ünkünden.
  • und ernerte in ouch daz selbe sider,
  • wan jene die komen also wider, 7140
  • daz ez ir keiner nie bevant;
  • wan si schieden dan zehant
  • 7107 ertagen swv., hier unpersönlich: tagen, Tag erscheinen: der Tag war
  • für sie zu große n Leide aufgegangen. — 7110 fg. poetische Wendung für :
  • sie wanden und rangen (zwangen) vor Jammer ihre Hände.
  • 7112 jäineric adj., vom Jammer erfüllt. — 7117 bekomen mit dat., einem
  • begegnen; in dat. pl., den Irländern (danach mhd. Wb. I, 904'', b fg. zu
  • streichen). — 7121 Pronominalellipse : zu ergänzen e;. — 71.30 itelhende ikAi.,
  • (leerhändig), mit leerer Hand.
  • «OTTFBIED VON STBA8SBURG. I. 2. Aufl. 16
  • 242 X. MOKOLD.
  • und fuoren hin zem werde sä
  • und fimden vür ir herren da
  • einön zerstücketen man. 7145
  • den selben fuorten s' ouch von dan.
  • Nu si ze lande kämen,
  • ze bänden si nämen
  • den jsemerlichen pri'sänt,
  • der bi in dar was gesant. 7150
  • diu stucke meine ich elliu driu:
  • zesamene leiten si diu,
  • daz iemen iht da von verlür;
  • ir herren truogen si si vür
  • und Seiten ime, als ich e las, 7155
  • vil rehte als ime enboten was.
  • ich wsene unde versihe mich wol,
  • des ich mich wol versehen sol,
  • (181) der künec Gurmün Gemüotheit,
  • der hsete unmuot und raichel leit 7160
  • und gieng in ouch des not an:
  • er verlos an disem einen man
  • herz' unde muot, trost unde kraft
  • und maneges mannes ritterschaft.
  • diu schibe, diu sin ere truoc, 7165
  • die Morolt friliche sluoc
  • in den bilanden allen,
  • diu was do nider gevallen.
  • Diu künigin sin swester,
  • der leit was aber noch vester, 7170
  • ir jämer unde ir klagenöt:
  • si unde ir tohter Isot
  • si quelten manege wis ir lip,
  • als ir wol wizzet, daz diu wip
  • vil nähe gende klage hänt, 7175
  • da in diu leit ze herzen gänt.
  • si sähen disen toten man
  • durch niht niwan durch jämer an,
  • 7161 mich gät not (subst.) an mit gen. (des), ich habe Ursache dazu. —
  • 7165 schibe swf., die Scheibe, das Rad des Glücks; vgl. 14474; häufiger die
  • schiben triben; d. seh. slahen, z. B. Martina 219, 54. — 7166 in friliche adv.
  • muß an dieser Stelle mehr enthalten sein als der Begriff: frei, rückhalts-
  • loB ; vielmehr subjectiver: mit unverzagtem, frischem Sinn (vgl. 15778).
  • X. MOBOLD. 243
  • durch daz ir herzeswaere
  • al deste groezer waere. 7180
  • daz houbet kusten s' und die hant,
  • diu in Hute unde lant
  • hsete gemachet undertän,
  • als ich hie vor gesaget hän.
  • des höubetes wunden 7185
  • besähen s' oben und unden
  • ang' unde jsemerliche.
  • nu ersäch diu sinneriche,
  • diu wise küniginne
  • die schärten dar inne. 7190
  • si besände ein kleinez zängelin ,
  • da mite reichte si dar in
  • unde gewan die scharten dan.
  • si unde ir tohter sähen s' an
  • mit jämer und mit leide 7195
  • und nämen si do beide
  • und leiten si in einen schrin,
  • da Sit daz selbe stuckelin
  • (182) Tristandeu brähte ze not.
  • Nu herre Morolt der ist tot: 7200
  • tribe ich nu michel msere
  • von ir aller swsere
  • und von ir klage, was hülfe daz?
  • uns waere nihtes deste baz.
  • wer möhte ir aller leit beklagen? 7205
  • Morolt wart ze grabe getragen,
  • begraben alse ein ander man.
  • Gurmün dö truren began
  • und hiez gebieten al zehant
  • über äl daz riche ze Irlant, 7210
  • daz man genöte nteme war,
  • swaz in der werlde lebendes dar
  • 7190 scharte swf., Scharte [nhd. beschränkter], Lücke, Wunde, und
  • zwar, im Gegensätze zu uv/«(/e«inV. 7185, der Kern der Wunde. — IWl reichen
  • swv. = unserm: langen. — 7193 hier hat scharte andern Sinn als in V. 7190
  • (wo stilgemäß das Wort entschieden nicht den hier gültigen haben kann),
  • nämlich: das ausgehauene Stück (vom Schwerte Tristan's), der Splitter;
  • vgl. zu 10189. 10192.
  • 720-1 uns wäre damit nicht gedient, geholfen; vgl. die ähnliche Wen-
  • dung in V. 7268. — 7211 genSte adv., eifrig, angelegentlich; bei Gottfried
  • häufig, namentlich im Reime ( : Isöte, Melute) gut verwendbar. —
  • 16*
  • 244 X. MOROLD.
  • von Kurnewäle kseme,
  • daz man im den lip nseme,
  • ez waere wi'p öder man. 7215
  • diz gebot und dirre ban
  • der gie vür sich so sere,
  • daz niemen keine kere
  • ze deheiner slahte stunde
  • da hin gehaben künde 7220
  • von kurnewalscher diete,
  • daz er deheine miete
  • mohte gebieten oder gegeben,
  • ez engienge im niuwan an daz leben,
  • biz maneger muoter kint da van 7225
  • unschuldeclichen schaden gewan;
  • und was daz allez äne not,
  • wan Morolt lac billichen tot;
  • der was niwan au siner kraft
  • und niht an gote gemüothäft 7230
  • und fuorte z'allen ziten
  • ze allen sinen striten
  • gewält ünde hochvärt,
  • in den er ouch gevellet wart.
  • 7216 ban stm., Bann; aber wohl nicht: Verbannung, weltliche Proscription
  • (mhd. Wb. I, 86^, 42 fg.), sondern als Synonym von gebot allgemeiner;
  • Strafbefehl. — 7222 miete stf., (Miethe), Lohn, Bezahlung, Lösegeld. —
  • 7223 gebieten stv., verst. bieten, anbieten.
  • XI.
  • TANTRIS.
  • Tristan's Sieg wird gefeiert, seine Verwundung beklagt. Kein Arzt
  • kann ihm helfen, darum will er, die Wahrheit von Morold's Rede erken-
  • nend, zur Königin Isolt nach Irland fahren. Marke willigt ein. Das Ge-
  • rücht soll verbreitet werden, er weile in Salerne um seiner Heilung willen.
  • Mit Kurvenal und acht Mannen tritt er die Reise an; bei Develin, dem
  • Sitze der Königin, machen sie Halt. In ärmliches Gewand gekleidet, be-
  • steigt Tristan in der Xacht eine halbe Meile vor der Stadt ein Schifflein,
  • nimmt seine Harfe zu sich und versorgt sich mit Nahrung auf einige Tage.
  • Kurvenal und die Gefährten sendet er in der Barke zurück mit Grüßen an
  • den Oheim und mit Befehlen im Falle seines Todes.
  • Am Morgen werden die von Develin das verlassene Schifflein auf dem
  • Wasser gewahr und senden Boten dahin aus. Diese erblicken niemand,
  • hören aber Harfeuspiel und eines Mannes Gesang. Sie kommen heran,
  • und Tristan erzählt ihnen ein erdichtetes Abenteuer und bittet sie zu-
  • gleich , sich seiner anzunehmen. Um seiner Kunst willen bringen ihn die
  • Boten nach der Stadt, und die Bürger erbarmen sich seiner und geben
  • ihn in die Pflege eines Arztes. Das Gerücht vom todtwunden Spielmann
  • kommt auch zu Ohren eines Pfaffen , des Lehrmeisters der Königin und
  • der jungen Isolt. Er ist entzückt von Tristan's Spiel und berichtet der
  • Königin von seiner Meisterschaft und von der Wunde, die sein Arzt nicht
  • hätte heilen können. Die Königin lässt Tristan zu sich schaffen, erkennt
  • sofort seine Vergiftung und erbietet sich , ihn zu heilen. Der Spielmaun,
  • der sich Tantris nennt, harft und singt vor den Frauen. Als Entgelt für
  • seine Heilung wünscht die Königin, daß Tantris ihre Tochter in Sprachen
  • und Saitenspiel unterweise. In zwanzig Tagen ist die Wunde geheilt. Mit
  • Eifer und Erfolg genießt die junge Isolt den Unterricht ihres neuen Mei-
  • sters. Endlich begehrt Tristan von dannen, aus Furcht, er möge doch
  • vielleicht von einem der Irländer erkannt werden. Die Frauen gewähren
  • ihm erst dann den Urlaub, als er vorgibt, er habe ein geliebtes eheliches
  • Weib, die einem andern gegeben werde, wenn er nicht wiederkehre. Be-
  • Bchenkt kehrt hierauf Tristan über Engeland nach Kurnewal wieder heim.
  • Nu grife wider, da ich ez liez. 7235
  • Tristan do der ze Stade gestiez
  • äne ros und äne sper,
  • nu körnen tüsent rotte her
  • 246 XI. TANTRIS. ^
  • (183) gedrungen mit ir gruoze
  • ze orse und ze fuoze: 7240
  • si enpfiengen in froliche.
  • künec ünde künicriche
  • dien' gelebeten nie so lieben tac,
  • des man in wol getrüwen mac;
  • wan in was üf erstanden 7245
  • groz ere üz sinen banden:
  • ir aller laster unde ir leit
  • daz haete er eine hine geleit.
  • und aber die wunden, die er truoc,
  • die beklageten si genuoc 7250
  • und gieng in sere nähen;
  • wan si sich aber versähen,
  • daz er von dirre swsere
  • schiere genesen wsere,
  • done ähten si'z ze nihte, ■ 7255
  • si fuorten in enrihte
  • hin wider zem palas under in.
  • wol balde entwäfenten s' in
  • und schuofen ime senft' unde gemach,
  • als er od iemen vor gesprach. 7260
  • Arzäte man besande
  • von bürgen und von lande
  • die allerbesten, die man vant.
  • wie do die wären besant,
  • die leiten allen ir sin 7265
  • mit arzätlichem liste an in.
  • waz truoc daz vür od waz half daz?
  • im was doch nihtes desto baz,
  • daz si alle samet wisten
  • von arzätlichen listen 7270
  • daz enmohte im niht ze staten gestän:
  • daz gelüppe was also getan,
  • daz si'z mit nihte künden
  • gescheiden von der wunden,
  • 7260 vor gesprechen stv., vorschlagen, verlangen; mit acc. in V. 7888.
  • 7267 vür tragen, nützen; vgl. 6204. 11835. — 7272 gelüppe stn., Gift;
  • in der Regel das Gift an den Waffen, welches die Wunden unheilbar
  • macht. —
  • XI. TANTRIS. 247
  • und ez im al den lip ergienc 7275
  • und eine värwe gevienc
  • so jaemerlicher hande,
  • daz man in küme erkande.
  • (184) dar zuo gevie der selbe slac
  • ein^n so griuwelichen smac, 7280
  • daz ime daz leben swärte,
  • sin eigen lip unmärte.
  • euch was sin meistez ungemacli,
  • daz er daz alle zit wol sach,
  • daz er den begunde swären, 7285
  • die sine friunde e wären,
  • und erkande ie baz unde baz
  • Moroldes rede; ouch hsete er daz
  • e mäles dicke wol vernomen,
  • wie schoene und wie vollekomen 7290
  • Isot sin swester waere;
  • wan von ir fleug ein msere
  • in allen den bilanden,
  • die ir namen erkanden:
  • diu wise Isot, diu schoene Isot, 7295
  • diu liuhtet alse der morgenröt.
  • Tristan der sorchäfte mau
  • hie gedähte er z'allen ziten an
  • und wiste woi, solt' er genesen,
  • daz enkünde niemer gewesen 7300
  • wan eine von ir liste,
  • diu disen list da wiste,
  • diu sinneriche künigin.
  • wie ez aber möhte gesiu,
  • des enkünde er niht betrahten. 7305
  • nu begunde er aber daz ahten.
  • 7275 ergan , hier transitiv: durchgehen, durchströmen; vgl. 13327. —
  • 7276 elliptisch; zu ergänzen: er. — gecähen, hier: empfangen, bekommen. —
  • 727^ slac stm., hier: der empfangene Schlag, die "Wunde. — 7280 smac
  • 8tm., (Geschmack), Geruch. — 7281 swärle prset. von swceren swv. intrans.
  • (bei Gottfried nur trans.) oder prset. von swären swv., hier letzteres, swären
  • i: wären 7285) mit dat., einem schwer, lästig werden. — 7282 unmocren
  • swv., mit dat. der Person, unincere, unwerth (2146) sein oder werden. —
  • ItM die ( nach den Hss. ) nicht direct grammatisch auf bilanden zu be-
  • ziehen, sondern nach dem Sinn auf die Einwohner der Nachbarländer;
  • eine Änderung in diu, wie sie Maßmaun vorgenommen hat, ist nicht
  • geboten und nicht statthaft.
  • 248 XI. TANTRIS.
  • Sit ez sin tot doch waere,
  • so wsere im alse maere
  • der lip gewäget oder tot
  • als disiu totliche not. 73101
  • hie mite besazte er sinen sin,
  • er wolte benamen da hin,
  • ez ergienge im, swie got wolte,
  • gensere, obe er solte.
  • Sinen deheim den besande er: 7316J
  • er Seite im al von ende her
  • sin tougen unde sinen muot,
  • als ein friunt sinem friunde tuot,
  • (185) wes im wille waere
  • nach Moroldes maere. 7320'
  • diz geviel im übele unde wol,
  • wan daz man schaden ze noeten sol
  • dulten, als man beste kan.
  • under zwein übelen kiese man ,
  • daz danne minner übel ist: 7325
  • daz selbe ist ouch ein nütze list.
  • sus wurden si zwen' under in zwein
  • ir dinges alles enein,
  • als ez ouch allez gendet wart,
  • wie er volante sine vart; 7330
  • wie man'z yerswigen solte,
  • daz er ze Irlanden wolte;
  • wie man solte sagen maere
  • daz er in Salerne waere
  • dur sines li'bes genist. ^ 7335
  • nu disiu rede besetzet ist,
  • Kurvenal wart ouch besant.
  • dem selben selten s' ouch zehant
  • ir beider willen unde ir muot.
  • diz dühte Kurvenälen guot 7340
  • und jach, er wolte mit im wesen,
  • mit ime ersterben oder genesen.
  • 7308 maere adj., hier: lieb; vgl. wegen geuäget zn 172. — 7311 besetzen,
  • hier: festsetzen: er fasste den festen Entschluß; vgl. 11781. 19060.
  • 7317 tougen stn., Geheimniss. — 7330 volante ist conj. — 7336 besetzen,
  • hier wie in V. 7311 = festsetzen, beschließen.
  • XI. TANTRiS. 249
  • Und alse ez äbende wart,
  • nu bereite man in ziio z'ir vart
  • eine barken unde ein schiflfelin 7345
  • und schuof in vollen rät dar in
  • an lipnar unde au spise,
  • an andere scLifwi'se.
  • da wart der arme Tristan
  • mit maneger klage getragen an 7350
  • vil tougenlichen unde also,
  • daz dirre schiffünge dö
  • vil lützel iemen wait gewar,
  • wan die man ouch besande dar.
  • sinem ceheime Marke 7355
  • dem bevälch er harte starke
  • sin gesinde und ander sin dinc,
  • daz sines dinges iemer rinc
  • (186) von ein ander kseme,
  • biz man von ime vernseme 7360
  • gewislichiu miere,
  • wie cz im ergangen waere.
  • sine härphen er besande:
  • die fuorte er ouch von lande
  • und sines dinges nie uiht me. 7365
  • Hie mite so stiezen s' an den se.
  • sus fuoren si von dannen
  • niwan mit ahte mannen;
  • die selben haeten ouch ir leben
  • ze bürgen und ze pfände gegeben 7370
  • und ouch versichert bi gote,
  • daz si üz ir zweier gelote
  • niemer fuoz getrseten.
  • nu si geschiffet hseten,
  • und Marke nach Tristande sach , 7375
  • sin kurzewile und sin gemach,
  • 7343 äbende part. pises. { = äbendende) von äbenden bwv., Abend wer-
  • den; Wendung wie tagende werden, vgl, zu 5511. — 7347 lipnar stf., Lei-
  • besnahrung, Lebensmittel, Unterhalt. — 734S schifwise stf., (Schiffaweise),
  • Schiffsausrüstung. — 7352 schiffünge stf., liier abstract = Einschiffung. —
  • 7358 linc stm., hier wie in V. 6319. iemer rinc^= niemer rinc, niemals auch
  • nur das Geringste. — 7361 gewislich adj. = (/cii/y.
  • 7374 ichiffen construiert mit //a6e/i:=8ich einschiffen. —
  • 250 XI. TANTRIS.
  • ich weiz wol, daz was kleine:
  • ze herzen und ze beine
  • gieng ime daz selbe scheiden,'
  • wan daz ez aber in beiden 7380
  • ze fröuden und ze liebe kam.
  • nu daz daz läntvölc vernam,
  • mit wie getaner swsere
  • Tristan gevaren waere
  • hin ze Salerne durch genesen, 7385
  • waer' er ir aller kint gewesen,
  • sin leit enwaere in allen nie
  • nähör gegangen, danne ez gie;
  • und wände im ouch sin ungemach
  • in ir dienste geschach, 7390
  • al deste näher gieng ez in.
  • Nu Tristan der fuor allez hin
  • über State und über mäht
  • beidiu täc ünde naht
  • die rihte wider Irlänt, 7395
  • als in des märnseres hant
  • wol geleiten künde,
  • und als daz schif begunde
  • (187) Irlande also genähen,
  • daz si daz laut wol sähen, 7400
  • Tristan den stiurmeister bat,
  • daz er sich gein der houbetstat
  • ze Develine wante,
  • wan er daz wol erkante,
  • daz diu wi'se küniginne 7405
  • hsete ir wesen dar inne.
  • des endes er do gähte;
  • und alse er ir genähte,
  • daz er si kos und ebene sach,
  • «seht, herre», er ze Tristande sprach 7410
  • «ich sihe die stat: waz ratet ir?»
  • 7385 genesen subst. inf. stn., Genesung , Heilung.
  • 7393 über State und über mäht, über Verhältnisse und Kräfte hinaus;
  • doch kann auch state nach V. 7678 zu schließen als Synonym von mäht
  • angesehen werden = Ära/^ — 7396 marncere, märnoBre stm., Schiffer, Steuer-
  • mann. — 7409 ebene adv., hier: genau, deutlich. —
  • XI. TANTRIS. 251
  • Tristan do sprach: «da sulen wir
  • hie enkeren unde beliben,
  • disen äbent hie vertrlben
  • und ouch der naht ein teil hie sin.» 7415
  • sus würfen st den anker in
  • und ruoweten den äbent da.
  • und in der naht do hiez er sä
  • gein der stat hin läzen gän.
  • und alse daz do was getan, 7420
  • daz si so nähe kämen,
  • daz si ir gemerke nämen
  • eine halbe mile von der stat,
  • Tristan ime do geben bat
  • daz allerermeste gewant, 7425
  • daz man in der barken vant.
  • und als mau ime daz ane getete,
  • er hiez sich legen an der stete
  • üz der barken in daz schiffelin.
  • sine härphen hiez er ouch dar in 7430
  • und in der mäze spise geben,
  • daz er ir möhte geleben
  • dri tage oder viere.
  • Nu diz was allez schiere
  • nach siuem willen getan. 7435
  • Kurvenälen hiez er vür sich gän
  • und ouch die schifmän mit im:
  • «friunt Kurvenal», sprach er «nu nira
  • (188) dise barken und diz liut an dich
  • und pflig ir schone und wol dur mich 7440
  • alle stunde und alle zit!
  • und alse ir wider komen sit,
  • so lone in also riebe,
  • daz si unser heinli'che
  • getriuweliche mit uns tragen 7445
  • und niemen niht hier umbe sagen.
  • 741.S die vereinzelte Lesart von M heren vielleicht die echte = Halt machen.
  • — 7422 geiuerkr stn. nemen kann hier nur heißen: einen Standort für die
  • Beobachtung einnehmen; fraglich ist, ob das Wort Collectiv zu inarke
  • oder zu merke; wohl letzteres. — 7432 ir = der sjjise , davon. — geleben
  • = leben.
  • 7444 hcinliche stf., hier: Heimlichkeit, Geheimniss. —
  • 252 XI. TANTRIS.
  • und kere balcle wider heim;
  • grüeze minen deheim
  • und sage im daz, daz ich noch lebe,
  • und müge ouch noch mit gotes gebe 7450
  • wol vürbaz leben unde genesen:
  • ern sol niht leidic umbe mich wesen.
  • und sage im daz zewäre,
  • ich kome in disem järe,
  • ist daz ich genesen sol; 7455
  • gelinget minen dingen wol,
  • daz wirt im schiere bekant.
  • sage in den hof und in daz lant,
  • daz ich belibe in dirre not
  • under wegen üf der verte tot. 7460
  • min gesinde, daz ich noch da habe,
  • daz lä benamen niht komen abe:
  • sich, daz si min da biten
  • biz zuo den selben ziteu,
  • als ich dir hie gesaget hän. ^ 7465
  • und ist ez aber also getan,
  • daz mir in dirre järes frist
  • gelücke niht geschehen ist,
  • ' so muget ir iuch min wol bewegen,
  • so lät ir got der sele pflegen * 7470
  • und nemet ir iuwer selbes war:
  • so nim du min liut unde var
  • hin heim ze Parmenie wider
  • und lä dich bi Rüäle nider;
  • minem lieben vater, dem sage von mir, 7475
  • daz er mir miner triuwe an dir
  • durch sine triuwe lone
  • und biete dir ez schone
  • (189) und tugentliche, als er wol kan,
  • und underwise in ouch dar an: 7480
  • die mir habent gedienet her,
  • daz er mich an den gewer
  • einer bete unde deheiner me;
  • als iegeliches dienest ste,
  • daz er im danke und lone also. 7485
  • nu, lieben liute», sprach er do
  • 7462 abe homcn, abgehen, weggehen (aus dem Dienste). — 7481 fg. die
  • abhängig von an den. —
  • XI. TANTRIS. 253
  • «hie mite so Sit ir gote ergeben,
  • vart iuwer sträze und lät mich sweben:
  • ich muoz ze disen ziten
  • der gotes genäden biten; 7490
  • so habet ouch ir zit, daz ir vart,
  • iuwern li'p und iuwer leben bewart:
  • ez nähet vaste gein dem tage.»
  • Sus kerten si mit maneger klage
  • und mit manegem jämer hin, 7495
  • mit manegem trahene liezen s' in
  • swebende üf dem wilden se.
  • in getete nie scheiden alse we.
  • ein iegelich getriuwer man,
  • der ie getriuwen friunt gewan 7500
  • und weiz, wie man den meinen sol,
  • entriuwen der verstät sich wol
  • umbe Kürvenäles swsere;
  • swie swaere im aber wsere
  • al sin herze und al sin sin, 7505
  • do schiffete er doch allez hin.
  • Tristan beleip al eine da:
  • der swebete da wä, unde wä
  • mit jämer und mit sorgen
  • unz an den liebten morgen. 7510
  • und alse die von Develin
  • daz wiselose schifFelin
  • in dem wäge ersähen,
  • sie hiezen balde gäben
  • und nemen des schiffelines war. 7515
  • die boten kerten iesä dar.
  • Nu si begunden nähen
  • und dannoch niemen sähen,
  • (190) nü gehorten s' al dort her
  • suoz' unde nach ir herzen ger 7520
  • eine slieze harphen klingen
  • 7491 ich habe zit, nicht: ich habe Zeit übrig, sondern : es ist Zeit, hohe Zeit
  • für mich.
  • 7496 trahen atm. , hier: Thräne stf. (diese Form aus dem Plural
  • trahene); pl. in V. 1208. — 7502 fg. verstau refl. umbe, sich verstehen auf,
  • Verständniss haben für. — 7512 wiselos adj., führerlos. — 7513 wäc atm.
  • = Woge (2460), hier allgemeiner: Meer.
  • 254 XI. TANTRIS.
  • und mit der harphen singen
  • einen man so rehte siioze,
  • daz si'z in z'einem gruoze
  • und z' äventiure nämen 7525
  • und von der stat nie kämen,
  • die wile er harphete unde sanc.
  • diu fröude diu was aber unlanc,
  • der si von im haeten an der stete,
  • wan swaz er in da spils getete 7530
  • mit banden oder mit munde,
  • däzn gie niht von gründe:
  • daz berze daz was nibt dermite.
  • so enist ez ouch nibt spiles site,
  • daz man ez debeine wile tuo, 7535
  • daz berze daz enste derzuo;
  • al eine gescbebe es barte vil,
  • ez enbeizet doch nibt rebte spil,
  • daz man sus uzen bin getuot
  • äne berze und äne muot. 7540
  • wan daz diu jugent Tristanden
  • mit munde und oucb mit banden
  • ir z'einer kurzewile twanc,
  • daz er ir barpbete unde sanc,
  • ez was dem martersere 7545
  • ein marter unde ein swsere.
  • Und alse er sin spil do verliez,
  • daz ander scbif dar näber stiez:
  • sus griffen s' an sin scbiflfelin
  • und warten widerstrit dar in; 7550
  • nu si sin begunden nemen war
  • und in so jsemerlicbe var
  • und so getanen säben,
  • nu begünde ez in versmäben,
  • daz er daz wunder künde 7555
  • mit banden und mit munde;
  • doch gruozten si'n als einen man.
  • 7526 von der stat, von der Stelle: sie hielten an, um Geräusch zu
  • vermeiden während des wunderbaren Spiels. — 7545 marteraere stm., Mär-
  • tyrer [nhd. beschränkter], der Marter Leidende, der Dulder.
  • 7547 verläzen, hier; aufgeben, beenden. — 7554 versmähen swv. hier
  • mit dat. (vgl. zu 3892) ; der Sinn kann hier nicht sein : es dünkte ihnen
  • verächtlich , sondern : sie waren betroffen. —
  • XI. TANTRIS. 255
  • der guoten gruoz verdienen kan,
  • (191) mit munde und ouch mit banden
  • und bäten do Tristanden, 7560
  • daz er in seite msere,
  • wie ez im ergangen waere.
  • «diz sage icb iu», spracb Tristan
  • «icb was ein bövescber spileman
  • und künde genuoge 7565
  • hövescbeit unde fuoge:
  • sprecben unde swigen,
  • liren unde gigen,
  • harpben unde rotten,
  • scbimpfen unde spotten: 7570
  • daz künde icb allez alse wol ,
  • als so getan liut (von) rehte sol.
  • da mite gewan ich so genuoc,
  • biz micb daz guot übertruoc,
  • und mere baben wolte, 7575
  • dan ich von rebte solte.
  • sus liez icb mich an köufrät,
  • daz mir den lip verraten bat.
  • ze gesellen ich gewan
  • einen riehen köufmän 7580
  • und luode wir zwen' einen kiel
  • mit allem deni, als uns geviel,
  • da heime ze Ispanje
  • und weiten ze Britanje.
  • alsus bestuont uns üf dem mer 7585
  • in einem schiffe ein röupher,
  • die nämen uns klein' unde groz
  • und sluogen minen koufgenöz
  • und allez, daz da lebende was.
  • daz aber icb eine genas 7590
  • mit dirre wunden, die icb bän,
  • daz hat diu bärphe getan,
  • an der ir iegelicber sach,
  • 7570 schimpfen swv., scherzen. — spotten swv. ist hier wohl nicht ganz
  • unser: spotten, sondern steht mehr synonym mit schimpfen, Scherzreden
  • führen; beide Worte zusammen gewissermaßen formelhaft. — 7574 über-
  • tragen mit acc, zu hoch tragen, übermüthig machen. — 7577 koufrät stm.,
  • hier: Handelschaft. — 7578 verraten stv., (verrathen, verleiten), unglück-
  • lich machen. — 7586 roupher stn., Bäuberechaar. — 7588 koufgenöz stra.,
  • Handelsgefährte. —
  • 256 XI. TANTRIS.
  • als ich in s^lbe verjach,
  • ich wsere ein art spileman. 7595
  • siis gewän ich in mit nceten an
  • diz selbe kleine schiffelin
  • und so vil spi'se dar in,
  • (192) daz ich ir hän biz her gelebet.
  • sus bin ich eine sider geswebet 7600
  • mit marter und mit maneger klage
  • wol vierzec naht und vierzec tage,
  • swar mich die winde sluogen,
  • die wilden ünde truogen
  • wilen her und wilen hin; 7605
  • und enkan niht wizzen, wä ich bin,
  • und weiz noch minner, war ich sol.
  • nu tuet ir herren alse wol,
  • daz iu lone unser trehti'n,
  • und helfet mir, da Hute sin!» 7610
  • «geselle», sprächen aber die boten
  • «diner süezen stimme und diner noten
  • der soltu hie geniezen:
  • dune sölt niht langer fliezen
  • äne trost und äne rät; 7615
  • swaz so dich her gefüeret hat,
  • got oder wazzer oder wint,
  • wir bringen dich, da liute sint.»
  • Diz täten s' ouch: si fuorten in
  • mit schiffe mitalle hin 7620
  • reht' in die stat, als er si bat.
  • sin schif daz haften s' an daz stat
  • und sprächen aber: ^sich, spileman,
  • nim war, sich dise bürc an
  • und dise schoene stat hie bi! 7625
  • weistu noch, waz stete ez si?»
  • cnein, herre, ichn weiz niht, waz ez ist.»
  • «so säge wir dir daz, daz du bist
  • ze Develine in Irlant.»
  • «des lobe ich den heilänt, ' 7630
  • daz ich doch under liuten bin.
  • wan eteswer ist under in,
  • 7596 an gewinnen mit dat., hier ziemlich = uns erm : einem abgewinnen;
  • von einem erhalten. — 7599 ir gen. spise, mit ihr; vgl. 7432.
  • XI. TANTRIS. 257
  • der sine güete an mir begät
  • und tuot mir eteslichen rät.»
  • Hie mite kerten die boten hin 7635
  • linde begunden under in
  • mit rede von sinen saclien
  • vil michel wunder machen.
  • (193) si Seiten wider ze m?ere,
  • daz in widervaren waere 7640
  • äventiure an einem man ,
  • da man sich es lützel an
  • und niemer sölte versehen.
  • si Seiten, alse ez was geschehen:
  • e si dar näher ksemen, 7645
  • daz si äklort her vernaemen
  • einen also süezen harphen klanc
  • und mit der harphen einen sanc:
  • got möhte in gerne beeren
  • in sinen himelkoeren; 7650
  • und jähen, daz daz waere
  • ein armer marteraere,
  • ein totwünder spileman:
  • <(Wol hin, ir seht ez ime wol an,
  • er stirbet morgen oder noch; 7655
  • und in der marter hat er doch
  • einen müot so lebelichen,
  • in allen künicrichen
  • enfunde man ein herze niht,
  • daz also grozer ungeschiht 7660
  • möhte genemen so kleine war.»
  • Die bürgaere kerten dar
  • und triben maneger hande
  • maere mit Tristande
  • und frägeten in sus unde so. 7665
  • aber seite er iegelichem do
  • 7634 ete^Jichen rät (nach Hg. IM und H^ , einige Hülfe {tuot, schafft). Die
  • Lesart arzätlichen rat ist der Situation nicht angemessen, auch weiß Tri-
  • stan, daß ihn diese Leute von seiner Wunde nicht befreien können. Für
  • eleslic/i spricht auch stilistisch cteswer in V. 7632.
  • 7638 wunder maclien (vorher in V. 3714) hier mit praep. von, über etwas
  • «eine Verwunderung äußern; die Wendung scheint im Mhd. nicht hiiufig
  • zu sein.
  • GOTTFRIED VOK STRA8SBURO. I. 2. Aufl. 17
  • 258 XI. TANTRIS.
  • in der gelegeiiheito ,
  • als er den boten e seite.
  • sus bäten si'n, er harphet' in:
  • und er kert' allen sinen sin 7670
  • an ir gebot und an ir bete,
  • wan er'z von allem herzen tete;
  • swä mite er sich in künde
  • mit banden oder mit munde
  • gelieben, daz was al sin ger, 7675
  • des fleiz er sich und daz tet er.
  • und alse der arme spileman
  • wider sihes libes State began
  • (194) sin harphen und sin singen
  • so rehte suoze bringen, 7680
  • ez begünde s' alle erbarmen:
  • sus hiezen si den armen
  • üz sinem schiffeline tragen
  • und einem ärzäte sagen,
  • daz er'n ze hüse nseme; 7685
  • und swaz im rehte kaeme,
  • daz er des fliz hsete
  • und umbe ir guot im tsete
  • beidiu helfe unde gemach.
  • diz wart getan und diz geschach. 7690
  • und alse er in heim brähte,
  • al sin gemach bedähte,
  • als er ez allerbeste
  • von sinen sinnen weste,
  • do half ez allez kleine. . 7695
  • Diz mpere wart gemeine
  • über al die stat ze Develin:
  • ein schar gieng üz, diu ander in
  • und klägeten sin ungema'ch.
  • in der wile ez do geschach, 7700
  • 7667 gelegenkeit stf., hier übertragen wie auch: Lage=Beschaffenheitr
  • Umstände gebraucht wird; in V. .3433 wörtlich; Gottfried bringt das "Wort
  • in der 2. Hälfte des Gedichtes öfters an in diesen verschiedenen Functio-
  • nen. — 7675 gelieben swv., verst. lieben (174), beliebt machen. — 7678 State
  • stf. hat hier deutlich und geradezu den Begriff: Kraft; vgl. 7884 und zu
  • 7339. — 7680 bringen, vorbringen, vortragen.
  • 7696 gemeine adj., hier: allgemein (verbreitet). ■ —
  • XI. TANTRIS. 259
  • daz ein pfaffe dar in kam
  • und sine füoge veruam
  • an banden unde an mimde;
  • wan er ouch selbe künde
  • list unde kunst genuoge, 7705
  • mit banden manege fuoge
  • an iegelicbem seitespil
  • und künde oucb fremeder spräche vil.
  • an fuoge unde an bövescheit
  • hset' er gewendet unde geleit 7710
  • sine tage und sine sinne,
  • der was der küniginne
  • meister unde gesinde
  • und bsete si von kinde
  • gewitziget sere 7715
  • an maneger guoten lere,
  • mit manegem fremedem liste,
  • den si von ime wiste.
  • (195) oucb lerte er ie genote
  • ir tobter Isote 7720
  • die erwünscbeten maget,
  • von der diu werlt elliu saget,
  • und von der disiu msere sint:
  • diu was ir einigez kint,
  • und bsete alle ir flizekeit 7725
  • Sit des tages an si geleit,
  • daz si ibt gelernen künde
  • mit banden oder mit munde :
  • die bsete er oucb in siner pflege,
  • die lerte er do und alle wege 7730
  • beidiu buocb und seitespil.
  • Do der an Tristand' alse vil
  • scboener kunst und fuoge ersacb,
  • in erbärmete sin ungemacb
  • vil inneclicbe sere 7735
  • und enbeite oucb dö nimere:
  • 7701 pfaffe swm. ohne Übeln Nebensinn, Geistlicher, insbesondere: Welt-
  • geistlicher; in der formelhaften Wendung pf äffen und leien (1630) ist uns
  • die harmlose Bedeutung noch geläufig. — 7715 witzigen swv. , witzic
  • machen, unterrichten; vgl. zu 153uy. — 7724 einic adj. = nhd. einzig. —
  • 772b ßizekeii stf., synonyme Bildung von yfiz; seltenes Wort, zu Gottfried's
  • Stile passend.
  • 17*
  • 260 XI. TÄNTRIS.
  • er gie zer küniginne dan
  • und Seite ir, daz ein spileman
  • in der stat da waere,
  • der waere ein martersere 7740
  • und tot mit lebendem libe,
  • und daz nieman von wibe
  • siner künste als üz erkorn
  • noch baz gemüot würde geborn.
  • «ä», sprach er «edeliu künigin, 7745
  • möhte ez iemer gesin,
  • daz wir dar zuo gedaehten,
  • daz wir in etswar braehten,
  • dar ir mit fuoge kaemet,
  • daz wunder vernaemet, 7750
  • daz ein sterbender man
  • als innecliche suoze kan
  • geharphen unde gesingen
  • und doch an sinen dingen
  • weder rät noch helfe kan gewesen; 7755
  • wan ern kan niemer genesen:
  • sin meister unde sin arzät,
  • der sin biz her gepflogen hat,
  • (196) der hat in üz der pflege verlän,
  • ern mag im niht ze staten gestän 7760
  • mit deheiner slahte sinne.»
  • «sich», sprach diu küniginne
  • «ich so! den kameraeren sagen,
  • müge er ez iemer vertragen
  • und verdöln, daz man in handele 7765
  • und under banden wandele,
  • daz si'n uns her üf bringen,
  • ob ime ze sinen dingen
  • deheiner slahte helfe tüge
  • oder öbe in iht generen müge.» 7770
  • 7743 üz erkorn part. adj. = unserm: auserkoren, ausgezeichnet; der
  • folgende Gen. (stner künste) = nhd. in, an; vgl. 2124. — 7747 gedenken dar
  • zuo, darauf denken, Bedacht nehmen. — 7748 etswar adv., irgendwohin:
  • vgl. zu 899. — 7753 geharphen, gesingen, verst. harphen, singen. — 7757 mei-
  • ster, hier = magister in der speciellen Bedeutung von Arzt; in der nhd.
  • Prosa könnte ähnlich gesagt werden : sein Doctor und sein Arzt. —
  • 7763 karneroere stm., hier nicht: Xämmerer in unserm Sinn = Kammerherr,
  • hoher Hofbeamter, sondern: Kammerdiener, Lakai. — 7765 verdoln swv.,
  • ertragen, aushalten; vgl. zu 12602, — handelen swv., (mit der Hand)
  • angreifen; hier insbesondere: heben und tragen. — 7766 wandelen swv.
  • trans., (einen umwandeln, in andere Lage bringen), wegschaffen. —
  • 7770 generen swv., verst. nern (1891), genesen machen, heilen.
  • XI. TANTRIS. 261
  • Diz wart getan und diz geschach.
  • nu daz diu künigiu gesacli
  • sin angest al begarwe,
  • die wunden unde ir varwe,
  • nu erkande si'z gelüppe da.' 7775
  • «ach, armer spilman», sprach si sä
  • «du bist mit gelüppe wunt. »
  • «i'ne weiz», sprach Tristan sä zestunt
  • «i'ne kän niht wizzen, waz ez ist,
  • wan mir enmac kein arzätlist 7780
  • gehelfen noch gefrumen hie zuo:
  • nune weiz ich mere, waz ich tuo,
  • wan daz ich mich gote muoz ergeben
  • und leben die wile ich mac geleben,
  • swer aber genäde an mir bege, 7785
  • Sit ez mir kumberliche ste,
  • dem lone got: mir'st helfe not,
  • ich bin mit lebendem übe tot.»
  • Diu wise sprach im aber zuo:
  • «spilman, sag an, wie heizest duo?» 7790
  • «frouwe, ich heize Tantris.»
  • «Tantris, nu wis an mir gewis,
  • daz ich dich benamen neren sol:
  • wis gemüot ünde gehabe dich wol!
  • ich wil din arzät selbe sin.)) 7795
  • «genäde, süeziu künigin,
  • diu zunge diu gruone iemer,
  • daz herze ersterbe niemer,
  • (197) diu wisheit diu müez' iemer leben,
  • den helfelosen helfe geben, 7800
  • din name der müeze werden
  • gewirdet üf der erden!»
  • «Tantris», sprach die künigin
  • ((möht' ez an dinen staten gesin,
  • wan daz du ab älse unkreftic bist, 7805
  • als ez kein wunder an dir ist,
  • so horte ich gerne harphenspil:
  • des kanstu, hoere ich sagen, vil. »
  • 7773 begarwe adv., s. zu 1297. — 7781 gehelfen, verst. helfen.
  • 7797 fg. diu, daz, diu nicht bloße Artikel, sondern demonstrativ ; dra-
  • matisch lebendig mit einer Handbewegung des Sprechenden gedacht, —
  • 262 XI. TANTRIS.
  • «nein, frouwe, sprechet also niht:
  • mich enirret kein min ungeschiht, 7810
  • ich entüo und müge ez harte wol,
  • daz iuwer dienest wesen sol. »
  • Sus wart sin harphe dar besant.
  • ouch besande man zehant
  • die jungen küniginne, 7815
  • daz wäre insigel der minne,
  • mit dem sin herze sider wart
  • versigelt unde vor verspart
  • all^r der werlt gemeiner
  • niuwan ir al einer. 7820
  • diu schoene Isot si kom ouch dar
  • und nam vil flizecliche war,
  • da Tristan härphende saz.
  • DU harphete er noch michel baz
  • dan er ie da vor getsete, 7825
  • wan er gedingen ha^te,
  • sin ungelücke wsere hin.
  • da sang er unde harphete in
  • niht alse ein lebeloser man,
  • er vieng ez lebelichen an 7830
  • und alse der wol gerauote tuot.
  • er machte ez in so rehte guot
  • mit banden und mit munde,
  • daz er in der kurzen stunde
  • ir aller hulde also gevienc, 7835
  • daz ez im z'allem guote ergienc.
  • und al des spils, des er getete,
  • beidiu änderswä und an der stete,
  • (198) so smacte ie der veige slac
  • und machete einen solhen smac, 7840
  • 7810 irren mit acc, stören, hindern. — 7812 dienest stm., hier: der entgegen-
  • gebrachte Dienst: was dienen kann; insofern entspricht das Wort unserm:
  • Gefalle, Wunsch,
  • 7816 insigel (ingesigel 17020) stn., Siegel; wendet Gottfried öfters bild-
  • lich an in der Bedeutung: Abbild. — 7818 versigeln swv., versiegeln, über-
  • haupt: verschließen; vgl. 17822; auch dieses Verbum wendet der Dichter
  • gerne an. — versperren swv. (14767), absperren , ausschließen, vor versp.
  • mit dat. (wie vor behalten, verbergen, verhelen), vor einem abschließen. —
  • 7830 lebelichen adv., lebendig, lebhaft. — 7835 gevahen stv. ; hier ähnlich
  • wie in V. 7276: empfangen, gewinnen. — 7837 al des spils, wohl zu fassen
  • als gen. absol. : bei allem Spiel oder =^swaz des spils? — 7839 smacte prset.
  • von smacken (s. zu 11602) oder smecken swv. intrans., riechen (wie noch
  • in den süddeutschen Mundarten); vgl. 7280.
  • I
  • XI. TANTRIS. 263
  • daz niemen keine stunde
  • bi ime beliben künde.
  • Aber sprach diu küniginne do :
  • •((Tantris, swenn' ez gefüege so,
  • daz dir din ding also geste, 7845
  • daz dirre smac an dir zerge
  • und iemen bi dir müge genesen,
  • so lä dir wol bevolhen wesen
  • die jungen maget Isöte,
  • diu lernete ie genöte 7850
  • diu buoch und dar zuo seitespil
  • und kan des ouch billiche vil
  • nach den tagen und nach der frist,
  • als si derbi gewesen ist.
  • und kanstu keiner lere 7855
  • und deheiner fuoge mere
  • danne ir meister oder ich,
  • des underwise si durch mich,
  • dar umbe wil ich dir din leben
  • und dinen lip ze miete geben 7860
  • wol gesunt und wol getan:
  • diu mag ich geben unde län,
  • diu beidiu sint in miner hant. »
  • «ja, ist ez danne also gewant»,
  • sprach aber der sieche spileman 7865
  • «daz ich so wider komen kan
  • und mit spile genesen sol,
  • ob got wil, so genise ich woi.
  • saeligiu küniginne,
  • Sit daz iuwer sinne 7870
  • also stänt, als ir da saget,
  • umb' iuwer töhter die maget,
  • so trüwe ich harte wol genesen,
  • ich hän der büoche gelesen
  • in der mäze und alse vil, 7875
  • daz ich mir wol getrüwen wil,
  • ich gediene iu wol ze danke an ir.
  • 7844 gefüegen awv. , 0>ier nicht refl. =nhd. , vgl. 3503), sich fügen,
  • passend sein; vgl. 15795. — 7845 gestdn, hier nicht wie in V. 6778, sondern
  • im Verbum steckt der Begriff der Bewegung wie in V. 844: sich stellen,
  • eine Wendung nehmen, ausgehen. — 7847 genesen, hier in allgemeiner
  • Bedeutung: bleiben, aushalten. — 7358 underwisen hier mit gen. (des,
  • darin); in V. 7480 dar an. —
  • 264 XI. TANTRIS.
  • da zuo so weiz ich wol an mir,
  • (199) daz miner järe dehein man
  • so manic edele seitspil kan; 7880
  • swaz ir dar über geruochet
  • und her ze mir gesuochet,
  • daz ist ällez getan,
  • als verre als ich es State hau.»
  • Sus beschiet man ime ein kam erlin 7885
  • und schuof im alle tage dar in
  • alle die pflege und daz gemach,
  • daz er selbe vor gesprach,
  • alrerste was diu w^sheit
  • ze frumen und ze staten geleit, 7890
  • die er in dem schüfe begienc,
  • do er den schilt zer siten hienc
  • und bare sine wunden
  • vor den ünkimden,
  • vor der Trlandeschen diet, 7895
  • do si von Kurnewäle schiet.
  • hie von so was in unkunt
  • und enwisten niht, daz er was wunt.
  • wan haeten s' iht befunden
  • umb' deheine sine wunden, 7900
  • so wol als in daz was erkant,
  • wie'z umbe die wunden was gewant,
  • die Morolt mit dem swerte sluoc,
  • daz er in allen noeten truoc,
  • ez enwaere Tristände nie 7905
  • ergangen, alse ez ime ergie.
  • nu half ab in, daz er genas,
  • daz er so vorbedaehtic was.
  • hie mag ein man erkennen an
  • und wizzen wol, wie dicke ein man 7910
  • guote vorbedaehte
  • 7881 swaz nicht abhängig von geruochet, welches den Gen. verlangt, auch
  • keine Attraction, sondern = su-ie: in welcher Weise ihr auch darüber ver-
  • fügt. — 7882 gesuochen swv. , verst. suoc/ien, ein Gesuch richten , ein An-
  • suchen haben oder stellen, her ze mtV = nhd. an mich; ersuchen mit acc.
  • — 7883 daz ist allez getan ist eine Höflichkeitsformel = das wird gethan,
  • das geschieht.
  • 7885 bescheiden stv. , hier: anweisen. — 7908 vorbedaehtic adj. [nhd.
  • fast aufgegeben, geläufig nur: bedächtig], vorbedacht, vorsorglich. —
  • 7911 vorbedaehte kaum pl. von vorbedähi stf. [vgl. Andacht] , sondern sing.
  • vorbedoehte stf., vorausgehende Bedachtsamkeit. —
  • XI. TANTRIS. 26&
  • ze guotem ende braehte,
  • der gerne siunebaere
  • und vorbesihtic wsere.
  • Diu wise küuiginne 7915
  • diu kerte alle ir sinne
  • und alle ir witze dar an,
  • wie si generte einen man,
  • (200) ümbe des li'p und umbe des leben
  • si gerne hsete gegeben 7920
  • ir li|Ji und alle ir ere. ^
  • si hazzete in noch mere
  • dan si sich selben minnete,
  • und swes si sich versinnete,
  • daz ime ze senfte und ze fromen 7925
  • und ze heile möhte komen,
  • da was si späte unde fruo
  • beträhtic unde geschäffec zuo:
  • daz enwäs kein wunderlich geschiht:
  • sine erkande ir vindes niht; 7930
  • und möhte si daz wizzen,
  • an wen si was verflizzen
  • und wem si half üz tödes not,
  • waere iht ergers danne der tot,
  • den haete si'm zewäre gegeben 7935
  • vil michel gerner dan daz leben.
  • nu enwiste s' aber da niht wan guot
  • und truog im niuwan guoten muot.
  • Ob ich iu nu vil seite
  • und lange rede vür leite 7940
  • von miner frouwen meisterschaft,
  • wie wunderliche guote kraft
  • ir erzenie hsete
  • und wie si ir siechen taste,
  • 7913 sinnebacre adj., besonnen.
  • 7922 Aufklärung dieser auf den ersten Blick seltsamen Wendung^
  • gleich im Folgenden, namentlich in V. 7930. — 7924 versinnen swv. (neben
  • vertinnen stv.) mit gen., sich auf etwas besinnen, etwas ausfindig machen.
  • — 7928 geschäffec adj., schaffend, thätig. — 7932 verßhzcn (part. von ccr-
  • ßxzen sm an einc/i, eifrig bemülit sein um einen.
  • 7939— 58 Die folgende Stelle ist wiclitig für die Beurtheilung der
  • sogenannten höfischen Sprache und wurde deshalb auch angezogen von
  • Franz Pfeiffer in seinem Aufsatze : Unhöfische Worte (Freie Forschung,
  • Kleine Schriften zur Geschichte der deutsclien Litteratur und Sprache.
  • Wien 1864, S. 354). —
  • 266 XI. TANTRIS.
  • - waz hülfe ez und waz solte daz? 7945
  • in edelen ören lütet baz
  • ein wort, daz schone gezimt,
  • den daz man üz der bühsen nimt.
  • als verre als ich's bedenken kan,
  • so sol ich mich bewarn dar an, 7950
  • daz ich iu iemer wort gesage,
  • daz iuwern oren missehage
  • und iuwerm herzen widerste.
  • ich spriche ouch deste minner e
  • von iegelicher sache, ' 7955
  • e ich lu daz msere mache
  • unlidic unde unsenfte bi
  • mit rede, diu niht des hoves si.
  • (201) umbe mfner frouwen arzätlist
  • und umbe ir siechen genist 7960
  • wil ich iu kürzliche sagen :
  • si half im inner zweinzec tagen,
  • daz man in allenthalben leit
  • und niemen durch die wunden meit,
  • der anders bi im wolte sin. 7965
  • Sit gie diu junge künigin
  • alle zit ze siner lere:
  • an die so leite er sere
  • sinen fliz und sine stunde;
  • daz beste daz er künde 7970
  • so schüollist, so hantspil,
  • daz ich niht sunder zalen wil:
  • daz leite er ir besunder vür,
  • daz si nach ir selber kür
  • ze lere dar üz nseme, 7975
  • 7948 hühse swf. ist hier wohl anders aufzufassen als in V. 4669; gemeint
  • acheint die Büchse des Arztes und Apothekers, bildlich gebraucht für
  • Medicin. Ein wohl anstehendes "Wort lautet in edeln Ohren besser als
  • eines aus der Sprache der Medicin, die sich vor übel anstehenden nicht
  • zu scheuen hat. — 7957 unlidic adj., unleidlich, unliebsam. — unsenfte
  • adj., unangenehm. — 7958 die Ausdrucksweise, die nicht hofgemäß ist;
  • unter hof haben wir nicht in unserm Sinne den Hof der hofhaltenden
  • regierenden Fürsten zu verstehen, sondern in allgemeinerer Fassung; die
  • feinen Gesellschaftskreise, die gute Gesellschaft; als Wort entspricht hof
  • öfters wie hier unserm (prosaisch ausgedrückt) : Salon, Parket. — 7962 inner
  • adv. prsep. mit dat., innerhalb.
  • 7971 schüollist stm., die Kenntnisse (in Wissenschaft oder Kunst), die
  • man durch die Schule, durch Bücher, durch theoretischen Unterricht er-
  • wirbt. — hantspil stn. ist wohl nicht, wie das mhd. Wb. II, 2,50X1' erklärt:
  • «eine besondere Art Saitenspiel», sondern, im Gegensatze zu schüollist, da»
  • Spiel mit der Hand, praktische Musik. —
  • XI. TANTRIS. 267
  • swes so si gezaeme.
  • Isot diu schcene tete also:
  • daz allerbeste, daz si do
  • under allen sinen listen vant,
  • des underwant si sich zehant 7980
  • und was ouch flizec dar an,
  • swes si in der werlte began.
  • ouch half si harte sere
  • diu vordere lere.
  • si künde e schcene fuoge 7985
  • und hövescheit genuoge
  • mit banden und mit munde:
  • diu schcene si künde
  • ir spräche da von Develin,
  • si künde franzois und latin, 7990
  • videlen wol ze prise
  • in wälhischer wise.
  • ir vingere die künden,
  • swenne si's begunden,
  • die lireu wol gerüeren 7995
  • und üf der harphen füeren
  • die doeue mit gewalte:
  • si steigete und valte
  • (202) die noten behendecliche.
  • ouch sanc diu saeldenriche 8000
  • suoz' unde wol von munde;
  • und swaz si fuoge künde,
  • da kom si do ze frumen an
  • ir meister der spileman:
  • der bezzerte si sere. 8005
  • Under aller dirre lere
  • gap er ir eine unmüezekeit,
  • die heizen wir moräliteit
  • ■ c_ »^
  • r976 yezemen stv. mit acc, hier: einem anstehen, gefällig sein. — 7984 t>or-
  • ier adj. (compar.V), früher, vorhergehend. — 7998 steiyen swv. [nhd. aufge-
  • geben, dafür: steigern], steigen machen, erhölien. — valte prjet. von vellen
  • äwv., fallen machen , erniedrigen. Sollen sich diese Ausdrücke auf den
  • LTmfang des Tönematerials beziehen, auf die Fertigkeit sowohl der rechten
  • ils der linken Hand, oder ist mit steigen das Forte, mit vellen das Piano
  • jemeint? Becli ist für ersteres mit Hinweis auf steic mhd. Wb. II, 2, 632^
  • and tnelodia Diefenbach .SSS'"* : «sie verstand es, ihre Hände sowohl auf-
  • wärts als niederwärts gleiten zu lassen auf den Saiten , in hohen wie in
  • tiefen Tönen zu spielen.»
  • 8008 Tüor^Ürei/ 4tf., Fremdwort, (Moralität) , Sittenlehre (in mittel-
  • ilterlichem" Sinne), Unterricht und Wissenschaft des Auslandes. —
  • 268 XI. TANTRIS.
  • diu kunst diu leret schoene site:
  • da solten alle frouwen mite 8010
  • in ir jugent unmüezic wesen.
  • moräliteit daz süeze lesen
  • deist saelec unde reine.
  • ir lere hat gemeine
  • mit der werlde und mit gote. 801&
  • si leret uns in ir geböte
  • got linde der werlde gevallen:
  • si ist edelen herzen allen
  • ze einer ämmen gegeben,
  • daz si ir lipnar unde ir leben " 8020
  • suochen in ir lere,
  • wan sine hänt güot noch ere,
  • ez enlere si moräliteit.
  • diz was ir meiste unmüezekeit
  • der jungen küniginne. 8025
  • hie bankete si ir sinne
  • und ir gedanke dicke mite.
  • hie von so wart si wol gesite
  • schön' unde reine gemuot,
  • ir gebaerde süeze unde guot. ^ 8030
  • Sus kom diu süeze junge
  • ze solher bezzerunge
  • an lere und an gebäre
  • in dem halben järe,
  • daz von ir saelekeite 8035
  • allez daz laut seite,
  • unde ir vater der künec dervan
  • vil groze fröude gewan;
  • (203) ir muoter wart es sere fro.
  • Nu gefiiogte ez sich dicke so, 8040
  • ir vater so der was fröudehaft
  • oder älse fremediu ritterschaft
  • da ze höve vor dem künege was,
  • daz Isot in den palas
  • 8012 lesen subst. inf. stn. (wie in V. 167), hier: Bericht (s. zu 134), Lehre.
  • — 8014 gerneine stf., Gemeinschaft; vgl. zu 16611. — 8030 geöoerde stf., hier
  • deutlich nicht: Gebärde in unserm Sinne [der Plural Gebärden stimmt
  • mitunter mit dem alten Begriffe], sondern synonym mit gebär und mit site
  • (8140), Benehmen, Wesen.
  • XI. TANTRIS. 269
  • vür ir vater wart besant; 8045
  • und allez daz ir was bekant
  • hövescher liste und schcener site,
  • da kürzte si im die stunde mite
  • und mit im manegem an der stete.
  • swaz fröude si dem vater getetc, 8050
  • daz fröute s' alle geliche:
  • arme unde riebe
  • si hseten an ir beide
  • «ine sselege ougenweide,
  • der oren unde des herzen last: 8055
  • tiz^n und innerhalp der brüst
  • da was ir lust gemeine.
  • diu süeze Isot, diu reine,
  • si sanc, si schreip und si las;
  • und swaz ir aller fröude was, 8060
  • daz was ir banekie.
  • si videlte ir stampenie,
  • leich' und so fremediu notelin,
  • diu niemer fremeder künden sin,
  • in franzoiser wise 8065
  • von Sanze und San Dinise:
  • der künde s' üzer mäze vil.
  • ir liren unde ir harphenspil
  • sluoc si ze beiden wenden
  • mit härmblänken henden 8070
  • ze lobelichem prise.
  • in Liit noch in Thamise
  • gesluogen frouwen hende nie
  • selten süezer danne hie
  • la duze Isot, la bele. 8075
  • si sang ir pasturele,
  • ir rotruwange und ir rundate,
  • schanzüne, refloit und folate
  • 8068 liren acc. von li7-e swf, (deutlicher in V. 7995), Leier, ein harfen-
  • ihnliches Instrument. — harplienspil stu. hier = harfe, als Instrument; in
  • V. 7807 das Spiel auf der Harfe. — 8069 ze beiden wenden (s. zu 6669), auf
  • beiden Seiten, also: mit der rechten und linken Hand. — 8070 harmblanc
  • »dj., hermelinweiß; vgl. 3550. — 8073 ^esiwoj^en = haben geschlagen. —
  • <076 pasturele stf. (?) Fremdwort, Pastoreil. Hirtenlied. — 8077 rotinvange
  • itf. (?) Fremdwort, altfranz., rotruenge eine "Weise, vielleicht zur Rotte ge-
  • lungen. — rundate (nicht rundate) stf. (?), eine "Weise, vielleicht mit ron-
  • leau, Rundreim zusammenhangend; noch einmal erwähnt in Y. 19215. —
  • ^01 ii folate stf. (?), eine "Weise; sonst nicht nachgewiesen, darum etymolo-
  • (iscli unklar. —
  • 270 XI. TANTRIS.
  • (204) wol unde wol und alze wol:
  • wan von ir wart manc herze vol 8080
  • mit senelicher trahte.
  • von ir wart maneger slahte
  • gedanke und ahte vür bräht.
  • durch si wart wunder gedäht,
  • als ir wol wizzet, daz geschiht, 8085
  • da man ein solich wunder siht
  • von schoene und von hövescheit,
  • als an Isöte was geleit.
  • Wem mag ich si geliehen
  • die schoenen, saelderichen, 8090
  • wan den Syrenen eine,
  • die mit dem agesteine
  • die kiele ziehent ze sich?
  • als zoch Isöt, so dunket mich,
  • vil herzen unde gedanken in, 8095
  • die doch vil sicher wänden sin
  • von senedem ungemache,
  • ouch sint die zwo sache
  • kiel äne anker unde muot
  • ze ebenmäzenne guot. 8100
  • si sint so selten beide
  • an stseter wegeweide,
  • so dicke in ungewisser habe,
  • wankende beidiu an und abe,
  • ündende hin unde her. 8105
  • sus swebet diu wiselose ger,
  • der ungewisse minnenmuot,
  • reht' als daz schif an' anker tuot
  • in ebengelicher wise.
  • diu gefüege Isot, diu wise, 8110
  • diu junge süeze künigin
  • also zöch si gedanken in
  • üz maneges herzen arken.
  • 8083 ahte stf., hier: (Aufmerksamkeit), ürtheil.
  • 8089 geliehen swv. = vergleichen. — 8092 agestein stm., Magnetstein. —
  • 8099 muot (nominativ) steht hier allein, was vorher in V. 8095 durch her-
  • zen unde gedanken ausgedrückt ist; später deutlicher erklärt als minnen-
  • muot in V. 8106. — 8100 ebenmäzen swv., (gleich abmessen), gleichstellen,
  • vergleichen. — 8102 wegeweide stf., Wegreise, dann überhaupt: Fahrt,
  • Gang. — 8105 ünden swv., wogen; vgl. zu 2428. — 8113 arke swf., Arche
  • sing, stf., wird öfters namentlich von den Dichtern der jüngeren mhd. Zeit
  • in solcher bildlichen Weise gebraucht. —
  • i
  • XI. TANTRIS. 271
  • als der agestein die barken
  • mit der Syrenen sänge tuot. 8115
  • si sang in maneges herzen muot
  • offenliche und toiigen
  • durch oren und durch ougen.
  • (205) ir sanc, den s' offenliche tete
  • beidiu änderswä und an der stete, 8120
  • daz was ir süezez singen,
  • ir senftez selten klingen,
  • daz lüte und offenliche
  • durch der oren künicriche
  • hin nider in diu herze klanc. 8125
  • so was der tougenliche sanc,
  • ir wunderlichiu schoene,
  • die mit ir muotgedoene
  • verholne unde tougen
  • durch die venster der ougen 8130
  • in vil manc cdele herze sleich,
  • und daz zouber dar in streich,
  • daz die gedänke zehant
  • vienc unde vähende bant
  • mit senede und mit seneder not. 8135
  • Sus hsete sich diu schoene Isöt
  • von Tri'ständes lere
  • gebezzert alse sere:
  • si was süoze gemuot,
  • ir site und ir gebaerde guot. 8140
  • si künde schoeniu häntspil,
  • schoener behendekeite vil:
  • briev' und schanzüne tihten,
  • ir getihte schöne slihten,
  • si kuüde schriben unde lesen. 8145
  • 8128 muotgedcEne stn., etwa = unserm : Lustgetön. — 8129 verholne {=zver-
  • holene) part. adv., verhohlen, heimlich.
  • 8142 behendekeite wohl gen. pl., Fertigkeiten. — 8143 unter bn'eve.
  • sind im Gegensatze zu schanzüne (2292) zunächst Liedertexte zu verstehen
  • ohne Melodie (denn synonym sind wohl hrief und schanzvne nicht); ins-
  • besondere sind wohl unter dem Worte Liebesbriefe gemeint , kürzere
  • Dichtungen, die auch unter dem Namen: Büchlein bekannt sind; vgl.
  • Bech's Einleitung zu Hartmann II, und daselbst die Vorbemerkungen
  • /.um ersten und zweiten Büchlein. — 8L44 sliltten swv. steht hier ähnlicli
  • wie pOenvn (457), glätten, feilen; es geht auf die kunstgemäße Form der
  • Oediclite.
  • .272 XI. TANTRIS.
  • Nu was ouch Tristan genesen
  • ganz unde geheilet garwe,
  • daz ime lieh unde varwe
  • wider lüteren begunde.
  • nu vorhte er alle stunde, 8150
  • daz in etswer erkande
  • von gesinde oder von lande,
  • und was in staeter trabte,
  • mit wie gefüeger ahte
  • er ürloup genaeme 8155
  • und üz den sorgen kseme;
  • wan er wol wiste, möhte ez sin,
  • im solte ieweder künigin
  • (206) küm' oder niemer urloup geben.
  • nu bedabte er aber, daz sin leben 8160
  • ze allen ziten was geleit
  • in michel ungewisheit.
  • er gie zer küniginne
  • und begunde in schcenem sinne
  • sine rede besetzen an der stete, 8165
  • als er an allen steten tete;
  • er kniete vür si unde sprach:
  • «frouwe, genäde unde gemach
  • und helfe, die ir mir habet getan,
  • die läze iu got ze staten gestän 8170
  • in dem ewigen riebe!
  • ir habet so sselicliche
  • mit mir geworben und so wol,
  • daz es iu got iemer Ionen sol,
  • und ich ez iemer dienen wil 8175
  • unze an mines todes zil,
  • an swelher stat ich armer man
  • iuwer lop gefürdern kan.
  • sseligiu künigin,
  • ez sol mit iuwern hulden sin, 8180
  • daz ich wider ze lande var,
  • wan mfn dinc stät mir also dar,
  • daz ich länger niht beliben kan.»
  • 8149 lüteren swv., lauter, rein werden. — 8165 besetzen, hier wieder
  • in Verbindung mit rede nicht: festsetzen, Entschluß kundgeben, sondern
  • wie unser: Rede setzen, Worte setzen, d. h. sich ausdrücken, Vortrag hal-
  • ten. — 8175 dienen swv. mit acc, verdienen, vergelten. — 8178 gefürdern,
  • verst. fürdern , befördern, erhöhen.
  • XI. TANTRIS. 273
  • Diu frouwe lachete in an.
  • «din smeicben'), sprach si «deist ein wiht, 8185
  • ich engibe dir urloiibes niht,
  • dune kümest niht hinnen zwäre
  • vor disem ganzen jare.»
  • «nein, edeliu küniginne,
  • nemet in iuwer sinne, 8190
  • wie ez umbe die gotes e
  • und umbe herzeliebe ste.
  • ich hän da heime ein elich wip,
  • die minne ich als min selbes lip
  • und weiz wol, daz sich diu versiht 8195
  • und enhat euch zwivel dar an niht,
  • ich ensi benaraen tot;
  • und min angest und min not,
  • (207) wirt si eim anderen gegeben,
  • so ist min trost und min leben 8200
  • und al diu fröude da hin, *
  • ze der ich dingende bin,
  • und enwirde niemer mere fro.»
  • « entriuwen » , sprach diu wise do
  • «Tantris, diu not ist ehäft: 8205
  • alsus getane geselleschaft
  • sol niemen guoter scheiden.
  • got der genäde iu beiden,
  • dinem wibe unde dir!
  • swie rehte ungerne ich din enbir, 8210
  • so wil ich din durch got enbern.
  • urloubes muoz ich dich gewern
  • und bin dir willec unde holt.
  • ich und min tohter Isolt
  • wir geben dir ze diner var 8215
  • und ze diner li'pnar
  • zwo marc von rotem golde:
  • 8185 svieichen (swv.) subst. inf. stn., schmeicheln. — 8191 gotes e, die
  • von Gott eingesetzte, die heilige Ehe. — 81!)5 versehen refl. hier mit folgen-
  • dem Satze, glauben, vermuthen. — 8202 dingende bin =: dinge, dingen swv.,
  • gedinge (1186), Hoffnung hegen. — 8205 efia/t adj., gesetzmäßig; zu der
  • ehaften Noth (noch heute bekannter juristischer Terminus), d. h. zu der
  • wirklich zwingenden und darum entschuldbaren Verhinderung zählen
  • Krankheit , Gefängniss und Tod ; das Wort e/ia/t verliert dann in dieser
  • Verbindung den ursprünglichen Sinn und bedeutet: dringlich, begründet.
  • — 8206 gesel(r.ic/ia/t stf. , die auf gesellekeit , Freundschaft und Liebe ge-
  • gründete Verbindung: Gemeinschaft; vgl. 19125. — 8215 var stf., Fahrt. —
  • GOTTFRIED VON STEASSBXIHG. I. 2. Aufl. 18
  • 274 XI. TANTRIS.
  • die habe dir von Isolde!»
  • sus vielt der eilende
  • ietwedere sine hende 8220
  • des libes unde der sinne,
  • ietwederr küniginne ,
  • beidiu der muoter unde der maget:
  • «iu beiden», sprach er «si gesaget
  • von gote genäde und ere!» 8225
  • und enbeite ouch do niht mere,
  • er fuor von dannen z'Engelant,
  • von Engelanden al zehant
  • ze Kurnewäle wider heim.
  • 8218 habe dir, hier: nimm dir. — 8220 ietwedere ist Dativ.
  • XII.
  • DIE BRAÜTFAHRT.
  • über Tristan's glückliche Eückkelir herrscht große Freude ; mau
  • lacht und scherzt über den gelungenen Streich. Mit Begeisterung preist
  • Tristan die Schönheit der jungen Isolt. — Fröhlich beginnt er wieder auf-
  • zuleben , aber am Hofe regt sich gegen ihn der Neid. Wegen seiner
  • wunderbaren Thaten und seines seltenen Glückes wird er für einen Zau-
  • berer gehalten. Darum liegen seine Feinde den König au, er solle ein
  • "Weib nehmen und einen Erben gewinnen. Marke weist auf Tristan als
  • auf seinen Erben hin. Da wird des Hasses noch mehr, Tristan fühlt
  • sich nicht mehr sicher und will den Hof verlassen, wünscht aber auch,
  • daß Marke seine Räthe in dieser Sache befrage. Einer derselben räth, er
  • solle die schöne Isolt von Irland nehmen. Der König glaubt wegen der
  • Feindschaft mit Gurmun nicht an die Möglichkeit eines solchen Schrittes,
  • gibt aber doch scheinbar nach. Ferner wird gerathen, Tristan solle als der
  • Geschickteste und Glücklichste die Werbung übernehmen. Tristan ist
  • bereit und gegen des Oheims Willen entschlossen, verlangt aber, daß
  • außer zwanzig bewährten Rittern und sechzig Söldnern sich zwanzig der
  • ihm feindlich gesinnten Landbarone anschließen sollen. — (Eine andere
  • Überlieferung der Sage von der Schwalbe und dem Frauenhaar sowie von
  • Tristan's zielloser Fahrt verwirft hier der Dichter als ungereimt.) Die
  • Barone treten voll Reue und mit großer Sorge die Reise an. Bei Weise-
  • fort in Irlant, wo der König sich aufliält, werfen sie die Anker aus. Tri-
  • stan befiehlt, sie sollten sich still im Schiffe halten; kehre er nicht in
  • zwei oder drei Tagen zurück, so sollten sie wieder heimfahren. Des Kö-
  • nigs Marschall eilt mit einer b^affneten Schaar an den Hafen , um die
  • Ankömmlinge zu erforschen. Tristan besteigt ein Schifflein, in das er
  • einen schweren goldenen Becher tragen lässt, und lenkt auf den Zuruf
  • der Irländer dem Lande zu. Er äußert sich ungehalten über ihr unfreund-
  • liches Begegnen, erzählt wiederum eine erlogene Geschichte und bittet
  • gegen Belohnung um die Gunst eines kurzen und sicliern Aufenthalts,
  • um seine verlorenen Gefährten zu erkunden. Auf des Marschalls Frage
  • bietet er dem Könige für jeden Tag zum Zinse eine Mark Goldes und ihm
  • selbst verheißt er zum Geschenke den goldenen Becher, welchen der Mar-
  • schall entgegennimmt und dafür Gnade und Schutz gewährt.
  • Nu Märke sin deheim 8230
  • und daz läntliut vernam,
  • daz er gesunder wider kam,
  • si wurden al geliche
  • IS*
  • 276 XII. DIE ERAUTFAHRT.
  • von allem dem riebe
  • reht' imde iiz allem herzen fro. 8235
  • der küuec sin friunt der fragte in so ,
  • wie ez im ergangen wa?re.
  • und er seit' ime daz maere
  • (208) von obene bin ze gründe ,
  • so er ebeneste künde. 8240
  • des nam si alle wunder
  • und begünden hier under
  • vil scbimpfen unde lachen
  • und michel labter machen
  • von siner verte in Irlant; 8245
  • von siner viendinne baut,
  • wie schone in diu generte;
  • von allem dem geverte,
  • daz er under in begie.
  • si jähen, sine gefriescben nie 8250
  • solhes Wunders gemach.
  • Nu diz ällez geschach,
  • daz sin genist und sin vart
  • ser' unde wol belachet wart,
  • do frägeten si'n genote 8255
  • von der maget Isote.
  • «Isot», sprach er «daz ist ein maget,
  • daz al diu werlt von schoene saget,
  • deist al hie wider alse ein wint.
  • diu liebte Isot, daz ist ein kint 8260
  • von gebserden und von libe,
  • daz kint noch maget von wibe
  • als lustic unde als üz erkorn
  • nie wart noch niemer wirt geborn.
  • 8239 ze gründe^ bis herunter, bis zu Ende; das "Wort kann öfters das
  • bezeichnen, was wir mit : gründlich ausdrücken ; hier in Verbindung mit
  • obene aber nicht; die Wendung et\va=:von vorn bis zum Schlüsse. —
  • 8248 geverte stn., (Fahrt), Verlatif, Begebenheit, dann wie hier allgemein:
  • Dinge; das Wort namentlich in der zweiten Hälfte vom Dichter in verschie-
  • dener Bedeutung gerne angewandt. — 8250 gefrieachen prset. plur. conj.
  • von gefreischen stv. , erfahren, kennen lernen; eine Form vom einfache-D-
  • f reischen 'kovavaiira. Tristan nicht vor; hier aber ge- wohl plusquamperf. =
  • hätten erfahren. — 8251 in der nicht unhäufigen und halb formelhaften
  • Wendung Wunders gemach ist gemach ein substantivisches Adjectiv mit
  • der Bedeutung : das Gleiche (ohne solhes heißt wunders gemach : was einem
  • Wunder gleich ist) ; bei Gottfried nur an dieser Stelle.
  • XII. DIE BRAUTFAHRT. 277
  • diu lütere, diu liehte Isolt, 8265
  • diu ist lü'ter alse aräbescli golt.
  • des ich ie wtenende was,
  • als ich ez an den buochen las,
  • diu von ir lobe geschriben sint,
  • Auroren tohter unde ir kint, 8270
  • Tintarides diu mrere,
  • daz an ir eine wagre
  • aller wibe Schönheit
  • an einen blüomen geleit:
  • von dem wäne bin ich komen, 8275
  • isot hat mir den wän benomen.
  • ichne geloube niemer me,
  • daz sunne von Mycene ge;
  • (209) ganzlichiu schcene ertagete nie
  • ze Kriechenlant, si taget hie. 8230
  • alle gedanke und alle man
  • die kaphen niuwan Irlant an:
  • da nemen ir ougen wunne,
  • sehen, wie diu niuwe sunne
  • nach ir morgenrote 8285
  • Isöt nach Isöte,
  • da her von Develine
  • in elliu herze schine!
  • diu liehte wunnecliche
  • si erliuhtet elliu riebe. 8290
  • daz si alle lobes von wiben sagent,
  • swaz si mit lobe ze maeren tragent,
  • deist allez hie wider ein niht.
  • der Isöt' under ougen siht,
  • dem lütert herze unde muot, 8295
  • reht' als diu gluot dem golde tuot:
  • ez liebet leben unde lip.
  • mit ir enist kein ander wip
  • 8269 ir= Tintarides = Jlelena. — 8278 sunne (nach drei Hss.) = rf'«^ s.
  • (Ha. M). — Mycene steht hier pars pro ^o = Argoli8 = Griechenland. —
  • sunne von M. wird mit Beziehung auf Helena gesagt wegen ihres Gemahls
  • Menelaus, dessen Vater Atreus König von M. war. — gun, hier ähnlich wie
  • in V. 5295: kommen, ausgehen. — 8279 «r/a«;«« swv., (wie der Tag) erschei-
  • nen. — 8280 tagen svw., hier wohl im Gegensatze zu ertagen nicht: erschei-
  • nen, sondern: leuchten. — 8282 fg. kaphen, neiaen, sehen Conjunctive mit
  • imperativischem Charakter. — 8283 wunne nemen nicht mehr gcbräuclüich,
  • dafür etwa: Wonne suchen; »Wonne schöpfen». Kurtz. —
  • 278 XII. DIE BRAUTFAHRT.
  • erlescliet noch geswachet,
  • als maneger maere machet: 83^0
  • ir schdene diu schoenet,
  • sie zieret imcle kroenet
  • wip unde wiplichen namen.
  • des ensol sich ir deheiniu schämen.«
  • Nu Tristan hnete gesaget 8305
  • von siner fröuwen der maget,
  • der wunneclichen von Irlant,
  • dar nach als ez im was erkant,
  • swer do da bi dem maere was
  • und ez reht' in sin herze las, 8310
  • dem süozte diu rede den muot,
  • reht' alse des meien tou die bluot:
  • si haeten alle muot da van.
  • Der wol gemuote Tristan
  • der greif do wider an sin leben. 8315
  • im was ein ander leben gegeben,
  • er was ein niubörner man.
  • ez huop sich erste umbe in an,
  • (210) er was do geil ünde fro.
  • künec ünde hof die wären do 8320
  • ze sinem willen gereit,
  • biz sich diu veige unmüezekeit,
  • der verwazene nit,
  • der selten iemer gelit,
  • under in begunde üeben, 8325
  • 8299 fg. erleschen swv., auslöschen, vertilgen (vgl. 16399), zu nichte machen.
  • Durch Isoldens hohe Vorzüge werden die andern Frauen keineswegs ganz
  • in den Schatten gestellt, wie mancher moere machet, sagen, glauben wird
  • (wegen meines begeisterungsvollen Lobes), sondern sie ziert und erhebt
  • vielmehr ihr ganzes Geschlecht.
  • 8311 süezen swv. hier mit acc. (vgl. zu 11889J , (versüßen), erquicken.
  • 8317 nhdorn (nach den drei ältesten Hss.) a-dj. = niuwe ^e6or« = unserm :
  • neugeboren. — 8318 sich an licben = sich heben-=Ji\idL. anheben, ez steht
  • wohl nicht unpersönlich in Vertretung des Subjects, sondern ist auf leben
  • in V. 8316 zu beziehen. — erste adv.^= alr erste, jetzt erst. — umbe in^
  • mit ihm, bei ihm. — 8319 geil adj., heiter [geil, lascivus, libidinosus, jünger].
  • — 8321 gereit adj. = bereit. — 8328 verwäzen part. adj., verwünscht, ver-
  • flucht. — 8324 geligen , verst. ligen , daniederliegen , ruhen. — 8325 üeben
  • swv. refl., etwa: sein "Wesen treiben. —
  • XII. DIE BRAUTFAHRT. 279
  • der herren vil betrüeben
  • tin ir muote und an ir siten,
  • daz si in der eren beniten
  • unde der werdekeite,
  • die der hof an in leite 8330
  • und al daz lantgesinde.
  • si begünden vil swinde
  • reden ze sinen dingen
  • und in ze maere bringen,
  • •er wsere ein zouberaere. 8335
  • diu vorderen msere,
  • wie er ir vint Morolden sluoc,
  • wie sich sin dinc ze Irlanden truoc,
  • des begünden s' under in dö jeben,
  • ez wsere üz zöuber geschehen. 8340
  • <(seht)), sprächen s' alle «merket hie
  • und sprechet, wie genas er ie
  • vor dem stärken Morölde?
  • wie betröug er Isolde,
  • die wisen küniginne, 8345
  • -sine totvindinne,
  • daz si sin als flizec was,
  • biz daz er von ir haut genas?
  • merket wunder, beeret her:
  • der partiersere, wie kan er 8350
  • gesehendiu ougen blenden
  • und allez daz verenden,
  • daz er ze endenne hat.»
  • Hie mite gevielen s' an den rät,
  • die Markes rätes pflägen, 8356
  • daz si Marke an lägen
  • beidiu fruo und späte
  • mit flizeclichem rate,
  • (211) daz er ein wip naeme,
  • von der er z'erben kaeme 8360
  • einer töhter oder eines suns.
  • 8332 su'inde adv., (geschwind), stark, hart, feindselig. — 8334 ze moere
  • bringen, auch ze mceren br. wird wie unser: ins Gerede bringen meist in
  • Übelm Sinne gebraucht; vgl. 14777. 153S3. Sommer zu Flore 1553. — 8350 />ar-
  • tiercerc (Lesart pärätiere) stra., Betrüger; vgl. zu 874.
  • 280 XII. DIE BßAÜTFAHRT.
  • Marke sprach: «got der hat uns
  • einen güoten erben gegeben;
  • got helfe uns, daz er müeze leben!
  • Tristan, die wile er leben sol, 8365
  • so wizzet endeliche wol,
  • sone sol niemer künigin
  • noch frouwe hie ze hove gesin. »
  • hie mite wart des hazzes me,
  • des nides aber do me dan e, 8370
  • den si Tristande truogen,
  • und begünde ouch an genuogen
  • üz brechen alse sere,
  • daz si'z in do niht mere
  • vor verhelen künden 8376
  • und ime ze manegen stunden
  • die gebserde buten und diu wort,
  • daz er ervorhte den mort
  • und was in den sorgen ie,
  • daz si eteswenne und eteswie 8380
  • den rät enein getrüegen,
  • daz si'n mortliche slüegen. ♦
  • sinen deheim Marke den bat er,
  • daz er der läntherren ger
  • ze einem ende brsehte 8385
  • und durch got bedachte
  • sin angest unde sine not.
  • erne weste, wenne ez sin tot
  • und sin ende wsere.
  • Sin Geheim der gewsere 8390
  • der sprach: «neve Tristan,
  • swic, ich enkume hie niemer an:
  • i'ne ger niht erben niuwan din;
  • ouch soltu gar an' angest sin
  • umbe diiien lip und umbe din leben: 8395
  • ich wil dir guoten fride geben.
  • ir aller niden unde ir haz
  • 8375 vor verheln mit dat. = vor einem verhehlen. — 8378 erfärhten.
  • 8WV., befürchten. — 8380 eteswenne adv., irgendwenn, einmal. — eteswie
  • adv., irgendwie. — 8382 7r/or«tcÄe adv., mörderisch. — ^i^i wenne (= wanne)
  • adv. conj., wann.
  • 8397 niden (stv., nhd. beneiden swv.) subst. inf. stn., Beneiden, Neid;
  • hier und im Folgenden (vgl. auch V. 8328) stimmen nit und niden mit dem
  • modernen Begriffe zusammen [Haß und Neid noch heute formelhaft]. —
  • XII. DIE BRAUTFAHRT. 281
  • nu, SO dir got, waz wirret dir daz?
  • (212) hazzen unde niden
  • daz muoz der biderbe liden: 8400
  • der man der wirdet al die frist,
  • die wile und er geniten ist.
  • wird' unde nit diu zwei diu sint
  • reht' alse ein muoter unde ir kint.
  • diu wirde diu birt alle zit 8405
  • und füeret häz unde nit.
  • wen gevället ouch me hazzes an
  • dan einen sselfgen man?
  • diu saelde ist arm unde swach,
  • diu nie deheinen haz gesach. 8410
  • lebe iemer und wirp iemer daz,
  • daz du einen tac sist äne haz:
  • du enwirbest niemer daz,
  • daz du iemer werdest äne haz.
  • wellest aber von boeser diet 8415
  • ungehäzzet sin, so sing ir liet
  • und wis mit in ein boese wiht,
  • söne hazzent si dich nilit.
  • Tristan, swaz ieman getuo,
  • so rihte du dich ie dar zuo, 8420
  • daz du hohes muotes sis:
  • wis vor bedenkende alle wis
  • dinen frümen und din ere
  • und enrät mir daz uiht mere,
  • daz dir ze schaden müge ergän. 8425
  • swaz rede hier umbe wirt getan,
  • des envölge ich weder in noch dir.»
  • «herre, so gebietet mir,
  • so wil ich von dem hove varn:
  • i'ne mäc mich vor in niht bewarn. 8430
  • sol ich bi disera hazze wesen,
  • sone kän ich niemer genesen.
  • e ich sus angesliche
  • elliu künicriche
  • 8399 und die folgenden Zeilen bis 8418 haben einen sprichwörtlichen Charak-
  • ter, namentlich 8411 — 14 wegen der Wiederholung der Reime. — 8401 wir-
  • den Bv-'v. hier intrans., würdig sein. — 8407 an gefallen mit acc, einem
  • anfallen, einem zufallen, beschieden sein. — 8416 ungehaztet adj. part. =
  • nilit gehazzet.
  • 282 XII. DIE BRAUTFAHRT.
  • wolte haben ze ininer hant, 8435
  • ich waere e iemer äne lant.»
  • Do Marke sineu ernest sach,
  • er bat in swigen unde sprach:
  • (213) «neve, swie gerne ich stoete
  • und triuwe zuo dir hsete, 8440
  • söne gestatest du mir's niht.
  • swaz so nü hier üz geschiht,
  • da bin ich gar unschuldic an.
  • swie ich dir nü gevolgen kan,
  • da bin ich aber bereite zuo
  • sage an, wie wildu daz ich tue?«
  • «da besendet iuwern hoverät,
  • der iuch hier üf geleitet hat,
  • und erväret iegeliches muot:
  • fraget, wie si dunke guot, 8450
  • daz ir hie mite gebäret;
  • ir willen so geväret,
  • daz ez mit eren müge gestän.»
  • Nu diz wart schiere getan,
  • daz si alle wären besant. 8455
  • nu die gerieten ouch zehant
  • und niuwan durch Tristandes not,
  • möht' ez gesin, diu schcene Isöt
  • diu gezseme im wol ze wibe
  • an gebürt, an tugent, an libe, 8460
  • und stäten ouch den rät also.
  • vür Marken kömen s' alle do;
  • ir einer, der ez künde,
  • der sprach mit einem munde
  • ir aller willen unde ir muot: 8465
  • «herr^», sprach er «uns dunket guot,
  • diu schoene Isot von Irlant,
  • als al den landen ist bekant,
  • 8439 fg. stcete (Beständigkeit, Treue) und triuwe steht hier formelhaft
  • für den Begriff: Treue und Liebe und //ce/e = bewährte. — 8449 ervaret
  • der Hss. wohl niclit mit Maßmann erväret (erlauert, erlistet), welches
  • Wort bei Gottfried, der sonst vären und gevären (s. zu 8452. 11800) ge-
  • braucht, nicht vorkommt, sondern errare/ = erforschet (vgl. zu 12762.
  • 13673. 13745). — 8452 gevären swv., verst. vären, belauern, beobachten.
  • 8461 stäten =stceteten prset. von stceten swv., hier: feststellen. —
  • XII. DIE BRAUTFAHKT. 283
  • diu uns und in gelegen sint,
  • diu ist ein maget unde ein kiut, 8470
  • an die wiplicliiu saelekeit
  • al die sa^lde hat geleit,
  • die si dar gelegen künde,
  • als ir ze maneger stunde
  • von ir selbe habet vernomen, 8475
  • diu ist sfelic unde vollekomeu
  • an lebene unde an libe;
  • mag iu diu ze wibe
  • (214) und uns ze frouwen werden,
  • sone kän uns üf der erden 8480
  • an wibe niemer baz geschehen.»
  • der künic sprach: «lät, herre, sehen,
  • ob ich die gerne wolte hän ,
  • wie solte ez iemer ergän?
  • wan nemet ir doch in iuwern sin, 8485
  • wie'z ünder uns und under in
  • nu guote wile si gewant:
  • uns hazzet Hute unde lant.
  • Gurmün ist mir von herzen gram
  • und hat ouch relit, ich bin im sam. 8490
  • wer getrüege iemer under uns zwein
  • so gröze friuntschäft enein?»
  • «herre», sprächen s' aber do
  • «ez flieget sich vil dicke also,
  • daz under landen schade ergät; 8495
  • so suln si beidenthalben rät
  • beidiu süochen unde vinden
  • und suln ez mit ir kinden
  • wider ze suone bringen.
  • üz häzli'chen dingen 8500
  • wirt dicke michel friuntschäft.
  • Sit ir hie zuo gedänchäft:
  • ir mugct noch wol geleben den tac,
  • daz Irlant iuwer werden mac.
  • Irlant stät niuwan an in drin: 8505
  • künic unde künigin
  • 8469 gelegen pari, adj., (nahe gelegen), benachbart. — 8473 gelegen, verst.
  • legen. — 8488 liazzet sing, statt pl. trotz des Plurals Hute; diese Freiheit
  • gestattet sich die ältere Sprache; vgl. Gr. 4, 199. — 8490 sam adv., so,
  • ebenso; bei Gottfried sonst häufiger alsaiu. — 8496 beidenthalben adv.
  • (dat. pl.), auf beiden Seiten. —
  • 284 XII. DIE BBAUTFAHRT.
  • an Isot' eine geerbet sint.
  • si ist ir einigez kint. »
  • Des antwurt' in do Marke:
  • «Tristan der hat mich starke 8510
  • in gedanke durch si bräht:
  • ich hän vil durch si gedäht,
  • als er si lobete wider mich,
  • von den gedanken bin ouch ich
  • von den andern allen 8515
  • s6 sere an si gevallen,
  • sine müge mir danne werden,
  • sone Wirt üf dirre erden
  • (215) niemör deheiniu min wip ,
  • sem mir got und min selbes lip.» 8520
  • den eit tet er niht umbe daz,
  • daz ime sin gemüete iht baz
  • so hin stüende danne her:
  • durch die kündekeit swuor er,
  • daz es im gar was ungedäht, 8525
  • daz ez iemer würde z'ende bräht.
  • Des küneges rät sprach aber do:
  • «herre, gefüeget ir'z also,
  • daz min her Tristan, der hie stät,
  • der da ze hove künde hat, 8530
  • iuwer böteschaft da werben wil,
  • so ist ez allez an ein zil
  • und an ein stsetez ende bräht.
  • der ist wis' unde wol bedäht
  • und saelic z'allen dingen; 8535
  • der mag ez z'ende bringen:
  • er kan ir aller spräche wol,
  • er endet, swaz er enden sol.»
  • cir ratet übel», sprach Marke
  • «ir flizet iuch ze starke 8540
  • 8507 erben swv., hier: vererben, als Erbe bestimmen.
  • 8511 in gedanke bringen^ auf Gedanken bringen, nachdenklich macheu.
  • — 8512 entsprechend unserm: sie hat mir viel im Sinne gelegen. —
  • 8525 ungedälit adj. part., hier nicht: unbewusst (vgl. 916), sondern etwa:
  • undenkbar; indem es ihm nicht einfiel, daran zu denken; zu beachten ist
  • es (nicht ez wie das mhd. Wb. citiert) = sCre (wie auch Hs. W hat), wegen,
  • des Genetivs bei denken und gedenken; ebenso es in V. 6328.
  • 8530 künde stf., hier: Bekanntschaft: der am Hofe sich auskennt. —
  • 8531 böteschaft werben, Botschaft ausrichten, als Gesandter dienen. —
  • XII. DIE BRAUTFAHRT. 285
  • Tristandes schaden und siner not.
  • er ist doch z'einem male tot
  • vür iuch und iuwer erben.
  • ir sult in aber sterben
  • ze dem änderen male. 8545
  • nein ir von Kurnewäle, .
  • ir müezet selbe da hin:
  • nimere enrätet mir üf in ! »
  • «Herr^», sprach aber Tristan
  • «sine misseredent niht hier an. 8550
  • ez waere wol gefüege,
  • swä iuch der muot zuo trüege,
  • griff' ich ez bältlicher an
  • und bereiter danne ein ander man;
  • und ist ouch reht, daz ich ez tuo. 8555
  • herr', ich bin harte guot derzuo:
  • ez enwirbet zwäre niemen baz.
  • gebietet et in allen daz,
  • (216) daz si selbe mit mir varn,
  • hin unde her mit mir bewarn 8560
  • iuwer dinc und iuwer ere.»
  • «nein, du enkumest niht mere
  • in ir gewalt und in ir haut,
  • Sit dich got wider hat gesant.»
  • «herre, zwäre diz muoz wesen: 8565
  • suln si da sterben oder genesen,
  • daz muoz ouch mir mit in geschehen.
  • ich wil si selbe läzen sehen,
  • belibet diz laut erben fri,
  • op daz von minen schulden si. 8570
  • heizet si sich bereiten;
  • ich wil den kiel leiten
  • und füeren mit min selbes haut
  • in daz sselege Irlänt
  • hin wider ze Develine 8575
  • gein der sunnen schine,
  • der manegem herzen fröude birt.
  • wer weiz, ob uns diu schcene wirt.
  • herrö, würd' iu diu schcene Isot,
  • laegen wir dan alle tot, 8580
  • 8544 sult, hier wieder = wollt. — sterben swv. mit acc, verderben.
  • 286 XII. DIE BRAUTFAHRT.
  • da wsere lützel schaden au.»
  • und alse Markes rätniäu
  • gehörten, war diu rede gie,
  • sine würden alse riuwic nie
  • in allen ir jären, 8585
  • so si der rede wären.
  • nu muose ez unde solte wesen.
  • Tristan hiez üz dem hove lesen
  • des küneges heinlichsere
  • zweinzec ritter gewaere 8590
  • und zuo der not die besten,
  • von lande und von gesten
  • gewan er sehzic umbe solt.
  • des rätes hsete er äne golt
  • zweinzec lantbarüne. 8595
  • sus was der cumpanjüne
  • hundert unde deheiner me.
  • mit den fuor Tristan über se,
  • (217) die wären sin geselleschaft,
  • und fuorte ouch rates die kraft 8600
  • an spise unde an waete,
  • an anderni schifgeraete ,
  • daz so vil liuten zuo ir vart
  • nie kiel so wol beraten wart.
  • Si lesent an Tristande, 8605
  • daz ein swälwe ze Irlande
  • von Kurnewäle kseme,
  • ein frouwen här da naeme
  • ze ir bü'we und z'ir geniste,
  • (i'ne weiz, wä si'z da wiste) 8610
  • und fuorte daz wider über se.
  • geniste ie kein swalwe me
  • mit solhem ungemache,
  • 8582 rät man pl., Eathleute, Kathgeber. — 8584 riuwic adj.: hier:
  • betrübt.
  • 8589 heinlichoEre stm., Vertrauter (vgl. zu 15075), g"eheimer Eatli (das
  • Wort: Heimlicher hat sich in dieser Bedeutung lange erhalten). —
  • 8595 lantbarun stm. synonym mit lantherre , lantfürste , der im Land ein-
  • gesessene hohe Adeliche.
  • 8605 an Tristande, ganz wie unser: im Tristan. — 8609 geniste stn.,
  • hier nicht collectiv = Nester, aber auch nicht = Nest, sondern würde dem
  • Begriff: Nistung entsprechen. — 8612 geniste =■ genistete , hat genistet. —
  • ie — me, jemals — noch, schon. — 8613 ungemach stn. (18219), hier: Un-
  • bequemlichkeit; vgl. 1274, —
  • I
  • XII. DIE BRAUTFAHRT. 287
  • SO vil SO si büsache
  • bi ir in dem lande vant, 8615
  • daz si über mer in fremediu lant
  • nach ir bugeraete streich?
  • weiz got, hie spellet sich der leich,
  • hie lispet daz maere.
  • ouch ist ez ahvaere, 8620
  • swer saget, daz Tristan üf daz mer
  • nach wäne schifFete mit her
  • lind solte des niht nemen war,
  • wie lange er füere oder war,
  • und wiste ouch niht, wen suochen. 8625
  • waz räch er an den buochen,
  • der diz hiez schriben unde lesen?
  • ja, waeren s' alle samet gewesen,
  • der künic, der iiz sande
  • sinen rät von dem lande, 8630
  • die boten gouche unde soten,
  • waerön si also gewesen boten.
  • Nu Tristan was üf sine vart
  • und schiffete allez hinewart
  • er unde sin geselleschaft; 8635
  • der was ein teil vil sörchäft :
  • ich meine die barüne,
  • die zweinzic cumpanjüne,
  • (218) den rät von Kurnewäle:
  • die haeten ze dem male 8640
  • vil michel angest unde not;
  • si wänden alle wesen tot.
  • 8614 SU vil so st, wie viel sie auch, während sie doch so viel. — busache
  • stf.) Bauzeug. — 8618 spellen swv. refl., sich zum spei, zum Geschwätz
  • machen, lügenhaft werden. — leich, hier in übertragener und allgemeiner
  • Bedeutung: Gedicht, Erzählung? Bech fasst dagegen mit Hinweis auf Mar-
  • tina 165, 15 fg. der leich spellet sich als sprichwörtlichen Ausdruck, alsdann
  • leich in ursprünglicher Bedeutung. — 8619 lispen swv., lispeln (in welcher
  • Bedeutung: schwatzen oder stammeln?) — 8622 nach wäne, auf Gerathe-
  • wohl. — 8626 rechen stv., hier im Sinne: was, welches Unrecht hat er an
  • den Büchern zu rächen ? was ließ er die Bücher entgelten ? «was thaten
  • die Bücher zu Leide dem.») Kurtz; ähnlich Simrock: «was that dem wohl
  • das Buch zu Leid.» — 8628 fg. Die Construction der folgenden beiden
  • Sätze von den Übersetzern missverstanden oder nicht scharf genug gefasst;
  • die Schwierigkeit liegt in der "Wortstellung von V. 8628, nhd. dafür: ja, es
  • wären u. s. w. oder: ja, sie allesaramt (der König [und] die Boten) wären
  • Narren gewesen, wären sie gewesen d. h. wenn sie gewesen wären also
  • (darauf liegt der Nachdruck), auf solche "Weise Boten. — 86.31 stm.^
  • (Kukuk), Narr; vgl. zu 1035. — soie swra. Fremdwort, franz. sot, Thor.
  • ."^636 sorchaft adj., s. zu 79. —
  • 288 XII. DIE BRAÜTFAHET.
  • si fluocheten der stunde
  • mit herzen und mit munde,
  • daz der reise unde der vart 8645
  • ze Irland' ie gedäht wart.
  • sine künden umbe ir eigen leben
  • in selben keinen rät gegeben:
  • si rieten her, si rieten hin
  • und enkünden nie niht under in 8650
  • geraten, daz in tohte
  • und daz rät geheizen mohte.
  • und was ouch daz kein wunder:
  • hier umbe noch hier under
  • was rätes niht wan zweier ein, 8655
  • in müeze einez under zwein
  • bringen umbe ir leben frist,
  • äventiure oder list:
  • der list was aber da tiure;
  • so was ouch äventiure 8660
  • ir deheime in wäne:
  • si wären beider äne.
  • doch sprächen ir genuoge:
  • «wisheit unde fuoge
  • der ist härte vil an disem man. 8665
  • ist, daz uns got gelückes gan,
  • wir mugen vil wol mit ime genesen,
  • wolt' er deheiner mäze wesen
  • an siner blinden frecheit;
  • der ist ze vil an in geleit, 8670
  • er ist ze frech und ze gemuot,
  • ern ruochet hiute, waz er tuot;
  • ern gsebe niht ein halbez bröt
  • umb' uns noch umbe sin selbes tot.
  • und iedoch unser bester wän 8675
  • der muoz an sinen sselden stän:
  • sin witze muoz uns lere geben,
  • wir wir gefristen daz leben.
  • 8657 frist kann hier unmöglich in unserm Sinne: Frist, Aufschub sein,
  • sondern entsprechend fristen in V. 6916 : Erhaltung, Kettung. — 8659 tiure
  • adj., in solchen Wendungen = selten, dann: in geringem Maße vorhanden
  • oder auch: ganz abhanden; hier scheint wirklich eine Ironie zu Grunde
  • zu liegen (vgl. zu 269); [vgl. die noch erhaltene Redensart: da ist guter
  • Eath theuer]. — 866d frecheit stf., Dreistigkeit, Tollkühnheit; vgl. zu 641.
  • — 8673 nifit ein halbez brot, nicht das Geringste; ähnliche Wendung: niht
  • eine halbe bone 15995; vgl. 1682 und zu 3641. 8873.
  • XII. DIE BRAUTFAHRT. 289
  • (219) Nu si ze Irlande kämen,
  • ir gelende da genämen, 8680
  • da man in seite msere,
  • daz der künic wiere
  • ze ^Veiseforte vür die stat,
  • Tristan den anker werfen bat
  • wol alse verre von der habe, 8685
  • daz man mit einem bogen dar abe
  • niht mohte haben geslagen ze in.
  • sine läntbarüne bäten in,
  • daz er durch got in seite,
  • mit waz gelegenheite 8600
  • er weite werben umbe daz wip;
  • ez gienge in sere an den lip,
  • ez diuhte si und wsere oueh guot,
  • daz er in seite sinen muot.
  • Tristan sprach: «da entuot niht me, 8695
  • bewart daz iuwer keiner ge
  • hin vür den liuten z' ougen;
  • weset alle hinne tougen
  • wan knehte und marnaere,
  • die vorsehen der msere ^ 8700
  • iif der brücke vor der schiftür,
  • und iuwer keiner kome dervür.
  • swiget unde tuot iuch in;
  • ich wil selbe da vor sin,
  • wan ich die läntspräche kan. 8705
  • man wirt uns schiere komende an
  • von den bürgseren
  • mit übelichen mseren;
  • den muoz ich liegen disen tac,
  • swaz ich in geliegen mac. 8710
  • helet ir iuch hier inne;
  • wan wirt man iuwer inne,
  • so haben wir strit an der hant,
  • 8687 slaheh stv. (mit einem boyen) steht hier ungewöhnlich in der Be-
  • deutung: treffen, und insofern für: schießen. Vgl. zu dieser Stelle Grimm's
  • Kcchtsalterthümer, S. t)0. — 8698 hinne (= hie inne) adv. ; noch einmal im
  • Reime 10645. — 8701 brücke = schif brücke , s. zu 13372. — schiftür stf. =
  • schiftor, Schiffseingang; vgl. 8720. — 8708 übelich { = übellich) adj., übel
  • beschaffen, bösartig. — 8709 liegen stv. hier mit dat., einem Unwahrheiten
  • sagen, etwa unser: vorlügen; bei Gottfried in dieser Weise einigemal. —
  • 8710 geliegen stv. mit acc. und dat., verst. liegen. — 8711 helen stv. refl., sich
  • verbergen, sich verborgen halten. — 8713 an der hant, wolil ii\ch\. ^= zch,
  • sofort, sondern: in Händen, wie unser: auf dem oder am Halse haben. —
  • GOTTFRIED VON STRASSBURO. I. 2. Aufl. 19
  • 290 XII. DIE BRAUTFAHRT.
  • und bestät uns ällez daz lant.
  • die wile ich morgen uze si; 8715
  • wan ich wil ri'ten hie bi
  • üf äventiure vil früo,
  • mir gelinge oder entuo:
  • (220) so si Kurvenal da vor
  • und ander mit im an dem tor, 8720
  • den diu spräche si bekant.
  • und eines dinges sit gemant:
  • ist, daz ich under wegen si
  • zwene tage oder dri,
  • zehant enbitet min niht me, 8725
  • entrinnet wider über se
  • und erneret leben unde lip;
  • so hän ich eine daz wip
  • verzinset mit dem libe,
  • so ratet ir ze wibe 8730
  • iuwerm herren, swar iuch dunke guot:
  • diz ist min rät und ouch min muot.»
  • Des küneges marschalc von Irlant,
  • in des gewalt und in des haut
  • ez allez stuont, stat unde habe, 8735
  • der kom gerüeret dort her abe
  • gewäfent unde wi'cgär
  • mit einer michelen schar
  • beidiu der burgser' unde ir boten,
  • als in von hove was geboten, 8740
  • und als daz mgere hie vor gibt,
  • der da vor an daz mgere siht:
  • swer dar ze Stade gestieze,
  • daz man in vähen hieze,
  • biz man vil rehte erkande, 8745
  • ob er von Markes lande
  • und des gesindes wsere.
  • die selben wizensere,
  • 8718 entuon (nicht tliun) steht hier Verbum vertretend = wjä^ gelinge; die
  • moderne Sprache setzt dafür die einfache Negation: nicht (oder je nach
  • Umständen nicht thun mit dem Accusativ eines Pronomens: oder thue es
  • nicht), — 8729 verzinsen swv., bezahlen: ich habe njein Leben für das
  • Weib zum Opfer gebracht.
  • 8737 utcgar adj. kampfgerüstet; vgl. zu 5956. — 8741 fg. Wortspiel
  • mit vor: hie vor, vorher, da vor, vornehin. vor sehen, entsprechend unserm ;
  • nachsehen. — 8748 wizenoere (von wizenen swv. , strafen , bei Gottfried
  • nicht vorkommend) stm., Peiniger. —
  • XII. DIE BRAÜTFAHKT. 291
  • die leiden mortrseteu,
  • die manegen mört haeten 8750
  • begangen mit Unschulden
  • ir herren ze hulden,
  • die körnen in die habe gezogen
  • mit ärmbrüsten und mit bogen
  • und mit ander wi'cwer, 8755
  • also von rehte ein röupher.
  • Des kieles meister Tristan
  • leit' eine reisekappen an
  • (•221) durch anders niht wan umbe daz,
  • daz er sich hsele deste baz. 8760
  • euch hiez er einen köpf dar tragen
  • von rotem gölde geslagen
  • und gewörht ze fremedem prise
  • in engeloiser wise.
  • sus trat er in ein schiffelin 8765
  • und Kurvenal zuo z'ime dar in
  • und kerte hin engegen der habe
  • und bot in siuen gruoz hin abe
  • mit gebeerden und mit munde,
  • so er süozeste künde. 8770
  • swaz aber des gruozes wsere,
  • genuoge bürgaere
  • zen schifielinen liefen,
  • von Stade genuoge riefen :
  • «habe an laut, habe an laut!» 8775
  • Tristan stiez in die habe zehant.
  • «ir herren», sprach er «saget mir.
  • j
  • wie komet ir sus? waz tiutet ir
  • 8749 mortrcete adj. subst., Mordstifter. — S751 mit Unschulden = sing, mit
  • Unschuld, ohne Schuld ; die Worte beziehen sich aber nicht etwa auf das
  • Verbum und auf die u-lzencere und mortrcefen, was man aus dem folgenden
  • Verse schließen könnte, weil sie es gezwungen thaten, sondern auf mort,
  • der unschuldig, unverdient war. — 8752 ze hulden (dat. pl.) = zu Lieb, zu
  • Gefallen. — 8755 u-tcwer stf., Kriegsrüstung.
  • 8761 kop/ stm., Becher [Kopf für das ganze Haupt jünger]. — 8762 ge-
  • slagen bezieht sich auf die Gediegenheit des Metalls; es war keine getrie-
  • bene Arbeit. — 8769 hier stimmt mit yeboerden im Gegensatze zu mit dem
  • munde mit dem heutigen Ausdrucke, doch liegt mehr im Worte als die
  • bloße rein körperliche Bewegung der Gliedmaßen, etwa: das Winken und
  • Verneigen. — 8775 habe an lant, elliptisch = halte das Schifif dem Lande zu,
  • steuere ans Land! — 8778 tiuten mit acc. = andeuten : was soll euer nnge-
  • verte bedeuten? (in V. 6799 unpersönlich: waz tiutet (/az = was bedeutet
  • das r ) —
  • 19*
  • 292 XII. DIE BRAUTFAHRT.
  • mit disem UDgeverte?
  • iur gebaerde die siut herte. 8780
  • i'n weiz, wes ich mich versehen sol.
  • durch gotes willen tuot so wol,
  • si iemen bi iu an der habe,
  • der gewält von dem lande habe,
  • der hoere imde verneme mich!» 8785
  • «ja», sprach der marschalc «hie bin ich:
  • min geb^erde und min geverte
  • diu werdent iu so herte,
  • daz ich beuamen wizzen wil
  • iuwer geverte iinz üf ein zii.» 8790
  • «entriuwen, herre», sprach Tristan
  • «da habet ir mich bereiten an;
  • der mir geswigen hieze
  • und mich ze spräche lieze,
  • des selben wolte ich gerne biten, 8795
  • daz man mit güotli'chen siten
  • und so min wort vernaeme,
  • als ez dem lande zaeme. •>
  • (222) Hie mite wart ime ein stille gegeben.
  • «herr^». sprach Tristan «unser leben, 8800
  • unser geburt und unser lant
  • dar umbe ist ez also gewant,
  • als ich iu hie bediute:
  • wir sin werbende Hute
  • und mugen uns des niht geschamen. 8805
  • koufliute heizen wir benamen
  • ich und min cumpanie
  • und sin von Normandie.
  • 8779 ungeverte stn., hier in übertragener uud allgemeiner Bedeutung: übele
  • Art, unfreundliches Begegnen. — 8780 herte adj., liart, rauh. — 8787 ge-
  • verte stn., auch hier allgemein: Art, Wesen. — 8790 geverte hat dagegen
  • in stilistischem Gegensatze hier die Bedeutung : Absicht der Fahrt, Beise-
  • zweck. — unz vf ein s«7 = bis zu Ende, d. h. ganz genau. — 8793 yeswiyen
  • stv., verst. steigen; ob der Dativ 7nir direct zu geswigen zu ziehen ist, wie
  • das mhd. Wb. II, 2, 788'', 3 anführt (also: wenn einer hieße vor mir zu
  • schweigen, wenn einer befähle , daß man mir schweigend zuhöre), scheint
  • mir fraglich; wegen der stilistischen Congruenz mit der folgenden Zeile
  • (mich lieze) möchte ich ?/«/> zu hieze ziehen, und gesivxgen stünde dann
  • nahezu substantivisch : wenn einer mir , für mich , in meinem iHteresse
  • Schweigen anbefehlen wollte ; wenn man mir Gehör verschaffen wollte. —
  • 8796 guotlich adj., gütig, freundlich; vgl. 2676.
  • 8799 eine stille geben = unserm : Ruhe schaffen. — 8805 geschamen^
  • verst. schämen. — 8806 heizen steht in älterer Sprache öfters, wo wir: sein
  • anzuwenden pflegen. —
  • XII. DIE BRAUTFAHRT. 293
  • unser wi'p und unser kint sint da.
  • wir selbe sin wä uude wa 8810
  • von lande ze lande
  • koufende aller liande
  • und gewinnen, daz wir uns betragen,
  • und innen disen drizec tagen
  • do fuoren wir von lande dan, 8815
  • ich und zwen' ander köufmän.
  • wir dri wir wolten under uns drin
  • mit geselleschaft ze Iberne sin;
  • und sint wol ahte tage iezuo,
  • daz uns an einem tage fruo' 8820
  • von hinnen verre ein wint bestuont,
  • als uns die winde dicke tuont;
  • der hat uns dri gescheiden,
  • mich einen von in beiden,
  • und enweiz niht, wie si sin gevarn, 8825
  • wan got der müeze si bewarn,
  • si sin lebende oder tot!
  • ich bin mit micheler not
  • vil manegen übelen wec geslagen
  • in disen swseren ahte tagen; 8830
  • und gester umbe den mitten tac,
  • dö stürm ünde wint gelac,
  • do erkände ich berge unde laut,
  • durch ruowen kerte ich dar zehant
  • und ruowete unze hiute da;» 8835
  • hiut' an dem morgen iesä
  • do ez liehtende wart,
  • dö streich ich aber üf mine vart
  • (223) alhie her wider Weisefort.
  • nu vert ez hie wirs danne dort. 8840
  • ich waene, ich bin noch ungenesen;
  • doch wände ich hie genesen wesen.
  • SS13 betrauen swv. refl. (in jüngerer Zeit auch stv. und mit dem andern
  • betrayen stv. scheinbar zusammenfallend ähnlich wie bei laden stv. und
  • 8WV.), sich ernähren. — 8814 innen adv. prtep. mit dat. (ähnlich wie inner
  • 7962), innerhalb; vgl. zu 18182. — ^^2'd geslagen wie in V. 7(i03 = getrieben.
  • — 8831 mitte adj., mittler [jetzt die völlige Zusammensetzung: Mittag au»
  • mittetac allein geläufig]. — 8832 gelac = i\c\i gelegt hatte. — 8837 liehten
  • 8WV., licht werden, tagen; vgl. hhW. — 8841 ungenesen adj. part., hier par-
  • ticipialer zu fassen als in V. G9ö7 = w/ä< genesen im Anschluß an genesen
  • im folgenden Verse, welches aber selbst als Adjectiv zu nehmen ist. un-
  • gencsen von Kurtz gut getroffen «ungeborgen». —
  • 294 XII. DIE BRAUTFAHRT.
  • wan ich die stat erkenne
  • und bin ouch eteswenne
  • mit koufliuten hie gewesen. 8845
  • deste baz wand' ich genesen
  • und hie genäde vinden.
  • nu bin ich stürmwinden
  • alrerste in die hant gevarn,
  • doch mac mich got noch wol bewarn; 8850
  • Sit ich bi disem gesinde
  • weder fride noch ruowe vinde,
  • so kere ich wider üf daz mer.
  • da hän ich al der werlde wer
  • und strit genuogen an der fluht. 8855
  • geruochet aber ir iuwer zuht
  • und iuwer ere an mir begän,
  • der mäze als ich hie guotes hän,
  • daz teile ich iu vil gerne mite
  • umb' eine kürzliche bite, 8860
  • daz ir mir unde miner habe
  • schaffet fride in dirre habe,
  • biz ich besuoche unde besehe,
  • op mir diu seelde geschehe,
  • daz ich min lantgesinde 8865
  • ervorsche unde ervinde.
  • und wellet ir mich des gewern,
  • so heizet mir ouch fride bern.
  • si gähent vaste dort her,
  • i'ne weiz weihe oder wer, 8870
  • in kleinen schiffelinen;
  • oder ich var wider zen minen
  • und fürhte iuch alle niht ein strö.»
  • Der marschalc der hiez s' alle do
  • wider keren an daz laut. 8875
  • 8854 al der werlde gen. abhängig von wer, Wehr, Schutz : ich habe (finde)
  • Schutz vor aller Welt in der Flucht; oder ist al der werlde zu fassen als
  • emphatische Umschreibung für : all : ich finde allen nur erdenklichen
  • Schutz? — 8855 genuogen kaum Advörb, son&eTn. = genuogen, bedeutenden,
  • vollkommenen, strtt. — Die Übersetzer geben strtt mit: Streitkraft; das
  • liegt hier wohl nicht im Worte , sondern strtt steht metaphorisch wie in
  • der Wendung den strtt lau, für: Sieg, Kettung. — 8858 der mäze adv. gen.,
  • (dermaßen), im Verhältnisse, so viel. — 8860 bite stf., hier: Verweilen, Auf-
  • enthalt. — 8863 besuochen swv., versuchen , nachsuchen. — 8866 ervinden
  • stv., finden, ausfindig machen. — 8869 vaste adv., fest, sehr; vgl. 15551. —
  • 8873 niht ein stro, nicht einen Strohhalm, d. h. gar nichts; ähnliche Wen-
  • dungen bei Gottfried ni/it eine ber (Beere) 16272, nild ein här 16537, niht
  • eine bone 16880; vgl. zu 3641. 8673.
  • XII. DIE BRAÜTFAHRT. 295
  • zem gaste sprach er al zehant:
  • «waz wellet ir dem künege geben,
  • daz ich iu guot unde leben
  • (224) in disem riche bewar?»
  • aber sprach der eilende dar: 8880
  • «herre, ich gibe im alle tage,
  • swä ich ez gewinne oder bejage
  • eine märe von rotem golde;
  • und sult ir iu ze solde
  • und ze miete disen köpf han, 8885
  • ob ich mich's an iuch mac Verlan.»
  • «ja», sprächen s' alle zehant:
  • «er ist hie marschalc über diz laut.»
  • der marschalc sine gäbe nam,
  • diu dühte in riche und lobesam, 8890
  • und hiez in stozen in die habe;
  • sinem libe und siner habe
  • fride ünde genäde er do gebot.
  • da wären si rieh unde rot,
  • ich meine zins ünde solt: 8895
  • rieh unde rot des küneges golt,
  • des boten solt rot unde rieh:
  • si wären beidiu ri'li'ch.
  • daz half ouch ime, daz ime geschach
  • beidiu genäde unde gemach. 8900
  • xiir.
  • DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • Durch einen Drachen war das Land in , große Noth versetzt. Der
  • König hatte dem Eitter, der ihn erlegen würde, seine Tochter gelobt.
  • Tausende waren schon im Kampfe umgekommen. Davon hatte auch Tri-
  • stan gehört und darauf baute er seinen Plan. Andern Tages reitet er
  • wohlgewappnet nach dem Thal Anferginan, dem Aufenthalt des Drachen.
  • Er sieht auf dem Wege vier Kitter dahinfliehen, unter ihnen den feigen
  • Truchseß der Königin, welcher die junge Königin begehrte. Tiistan
  • findet den Drachen und erlegt ihn in heißem Kampfe. Sein Ross büßt
  • er ein. Tristan schneidet die Zunge aus dem Drachenhaupte und steckt
  • sie zu sich. Ermüdet senkt er sich, Kühlung suchend, in eine kleine
  • Lache, aber der Dunst der Drachenzunge raubt ihm die Besinnung.
  • Der Truchseß bemächtigt sich des erlegten Drachen, aber den Ritter,
  • der ihn erschlagen , entdeckt er nicht. Er bricht seinen Speer entzwei
  • und stößt das vordere Stück zum Schein in des Drachen Schlund. Er
  • reitet nach Weisefort zurück, verkündet seine Heldenthat und [lässt auf
  • einem Lastwagen das Haupt des Drachen nach Hause schaffen. Darauf
  • mahnt er den König Gurmun an sein Gelübde.
  • Des Truchseß Sieg schmerzt die schöne Isolt, lieber will sie injden
  • Tod, als des Verhassten Weib werden. Ihre Mutter wahrsagt ihr zum
  • Tröste, ein Fremder habe den Drachen erschlagen. Die Frauen reiten in
  • Begleitung ihrer Niftel Brangsene und des Knappen Paranis zur Kampf-
  • stätte und entdecken endlich den Eitter, den sie entwaffnen, von der be-
  • täubenden Zunge befreien und durch ein Heilmittel wieder ins Leben
  • zurückrufen. Die junge Isolt erkennt in ihm den Spielmann Tantris. Sie
  • schaffen ihn unbemerkt mit sich und nehmen ihn in ihre Pflege. Andern
  • Tages erklärt sich Tantris aus Dankbarkeit bereit , im Nothfalle mit dem
  • Truchseß kämpfen zu wollen.
  • Unterdessen ist Tristan's Reisegesellschaft in Ungewissheit und Sorge.
  • Sie haben vernommen, daß ein Ritter im Kampfe mit dem Drachen todt
  • geblieben sei , und senden deshalb Kurvenal auf Kundschaft aus. Dieser
  • findet den Drachen und das verstümmelte Ross, welches er als das seines
  • Herrn erkennt. Schmerzvoll kehrt er zurück. Die Mehrzahl der Gefähr-
  • ten beschließt zum Leidwesen der Barone noch mindestens zwei Tage aus-
  • zuharren und weitere Forschungen anzustellen.
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 297
  • Der Truchseß macht vor der Versammlung des Hofes und der^Ritter-
  • schaft seine Ansprüche geltend und beruft sich auf das mitgebrachte
  • Wahrzeichen. Die Königin leugnet sein Verdienst; ein anderer habe den
  • Drachen erschlagen. Der Truchseß erbietet sich, es auf einen Kampf mit
  • dem Unbekannten ankommen zu lassen. In drei Tagen soll dieser Kampf
  • stattfinden.
  • Nu Tristan der ist ze fride komen.
  • ie noch hat nieman vernomen,
  • waz er welle ane gän:
  • nu sol man ez iuch wizzen lan,
  • son' erlänget iuch des mseres niht. 8905
  • diz msere saget unde giht
  • von einem serpände;
  • der was dö da ze lande,
  • der selbe leide väla'nt
  • der haete Hute unde laut 8910
  • mit also schädelichem schaden
  • so schädelichen überladen,
  • daz der künec swuor einen eit
  • bi küniclicher wärheit,
  • swer ime benseme daz leben, 8915
  • er wolte im sine tohter geben,
  • der edel und ritter wsere.
  • diz selbe läntmsere
  • (225) und daz vil wunnecliche wip
  • verluren tüsenden den lip, 8920
  • die dar ze kämpfe kämen,
  • ir ende da genämen;
  • des maeres was daz länt vol.
  • diz maere erkande euch Tristan wol:
  • diz eine starcte in dar an, 8925
  • daz er der reise ie began,
  • diz was sin meistiu zuoversiht,
  • anders trostes haete er niht.
  • nu ist es zit, nu kere zuo!
  • S905 mich erlanget mit gen., (wie sonst belanget) mich langweilt etwas.
  • — 8907 serpant stm., Fremdwort, gen. serpandes, Schlange, Drache; sonst
  • gebraucht Gottfried auch trache. — 8917 der = swer , wenn, falls derselbe.
  • — 8918 lantmaere stn., allgemeines Gerücht; vgl. 8923. — 8920 Verliesen stv.
  • hier traus. , verderben, zu Grunde richten; vgl. 9S11. 16520. — 8922 ende
  • nemen, (/e/iemen := Ende finden, in älterer Sprache häufiger [nhd. Ende
  • meist mit Adjectiv verbunden]. — 8929 kere tuo'. wörtlich : eile herbei (5490)
  • = fang an ! ruft sich der Dicliter im Sinne eines Zuhörers selbst zu ; auf
  • Tristan ist es wohl kaum zu beziehen.
  • 298 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • Des änderen tages fruo 8930
  • so wäfende er sich alse wol,
  • also ein man ze noeten sol.
  • üf ein starkez ors saz er,
  • er hiez im reichen ein sper
  • groz ünde veste, 8935
  • daz Sterkeste und daz beste,
  • daz man in dem kiele vant.
  • üf sinen wec reit er zehant
  • über velt und über gevilde;
  • er nam im in der wilde 8940
  • manege kere und manege vart.
  • und alse der tac stigende wart,
  • do liez er vaste hine gän
  • wider daz tal ze Anferginän,
  • da was des trachen heimwist, 8945
  • also man an der geste list.
  • DU sach er verre dort hin dan
  • vier gewiiifende man
  • über üngeverte und über velt
  • ein lützel balder danne enzelt 8950
  • fliehende gälopieren.
  • der einer von den vieren
  • truhsaeze was der künigin,
  • der was ouch und wolte sin
  • der jungen küniginne amis 8955
  • wider ir willen alle wis;
  • und alse ieman ze velde reit
  • durch gelücke und durch mänheit,
  • (226) so was ouch der truhsaeze da
  • eteswenne und eteswä 8960
  • durch niht, wan daz man jaehe,
  • daz man ouch in da ssehe,
  • da man nach äventiure rite,
  • und anders was ouch niht dermite,
  • 8943 hier die Ellipse gän läzen (5054) in der Verbindung mit hin, hin-
  • sprengen. — 8945 heimwist stf., Heimwesen, "Wohnsitz. — 8946 geste stf.,
  • Fremdwort, lat. gesta, Geschichte = mcere, äventiure, istSrje. — 8949 ünge-
  • verte stv., hier: Unweg, unwegsame Strecke. — 8950 balder comp, adv.,
  • schneller. — emelt {=inzelt) adv., im Zeltgange (eine Art Trab). —
  • 8960 eteswenne und eteswä hier formelhaft nebeneinander in der Bedeu-
  • tung: immer und überall. —
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 299
  • wan ern gesacli den trachen nie, 8965
  • er enkerte bälderichen ie.
  • Nu Tristan wart vil wol gewar
  • an der fliehenden schar,
  • der trache der waere etswä da,
  • und Stapfete ouch des endes sä 8970
  • und reit unlange, unz er gesach
  • siner ougen ungemach,
  • den egeslichen trachen;
  • der warf üz sinem rächen
  • rouch unde flammen unde wint 8975
  • rehte alse des tiuvels kirit
  • und kerte gein im aldort her.
  • Tristan der säncte daz sper,
  • daz ors er mit den sporen nam:
  • so swinde er dar gerüeret kam, 8980
  • daz er'm daz sper zem giele in stach,
  • so daz ez ime den rächen brach
  • und innen an dem herzen want,
  • unde er selbe üf den serpant
  • so sere mit dem orse stiez, 8985
  • daz er daz ors da totez liez
  • und er da von vil küme entran.
  • der trache gieng ez aber an
  • mit phnäste und mit fiure,
  • unz ez der ungehiure 8990
  • 8966 leeren, hier: umkehren. — bälderichen (M bälderichen, H beldertchen)
  • adv. macht Schwierigkeiten ; eine befriedigende Erklärung des in den
  • Haupthss. ziemlich einheitlich überlieferten Textes ist bisjetzt nicht ge-
  • funden; eine von mir erlassene öffentliche Frage und Bitte um Aufklä-
  • rung (in Pfeiffer's Germania 12, 318 fg.) ist leider nicht beantwortet wor-
  • den. Den Text gegen die Überlieferung zu ändern, scheint gewagt. Nahe
  • liegt balde den rucken: ohne daß er nicht bald den Rücken wendete. Ver-
  • sucht wurde ferner im näheren Anschluß an die Hss. beide (gen. von beide
  • stf., Muth) rlche : daß er nicht mutlivoll (in ironischem Sinne) immer wie-
  • der umgekehrt wäre, ferner: beldeclichen adv,, muthxg, zuletzt beldcricher
  • compar. (von v. Hagen, Germ. Studien, 1, 5«) : als daß er (ern abh. von niht
  • in Y. 8964) stets unverschämter (in seinen Bewerbungen um Isolt) zurück-
  • kehrte. Wahrscheinlich liegt ein sprichwörtlicher Ausdruck vor, der noch
  • zu deuten ist.
  • 8969 etswä adv., hier in der ersten Bedeutung : irgendwo. — 8970 stapfen
  • swv., treten, schreiten, insbesondere wie hier: langsam reiten. — Sdü eges-
  • Itch adj., schrecklich, j^reulich. — 8980 swinde adv., hier = geschwind. —
  • 8981 ijiel stm., Sclilund, Eachen. — 8982 Hagen schreibt mit F so daz ez
  • im in (in) zem rächen brach (=W, nur fehlt ?m) ; Groote folgt H, hält aber
  • die Lesart von O so daz ez in dem rächen brach für die richtigste; das
  • mild. Wörterbuch citiert nach F. Die gewählte Lesart übereinstimmend
  • in M und H bedeutet : sodaß er (der Speer) ihm (dem Drachen) gewaltsam
  • durch den Rachen drang. — 8989 phnäst stm.. Schnauben. —
  • 300 XIII. DER KÄMPF MIT DEM DRACHEN.
  • vor dem sätele gar verswande.
  • nu was im aber als ande
  • daz sper, daz in da serte,
  • daz er von dem orse kerte
  • hin wider ein steingevelle. 8995
  • Tristan sin kampfgeselle
  • der kerte im nach, reht' üf sin spor.
  • der veige streich im allez vor
  • (227) mit solher ungedulte,
  • daz er den wält vülte 9000
  • mit egeslicher stimme
  • und hürste vil von grimme
  • abe brande und üz der erden sluoc.
  • des treip er vil und so genuoc,
  • biz in der smerze überwant, 9005
  • und under eine steinwänt
  • vil nähen sich gedructe.
  • Tristan daz swert dö zucte
  • und wände, er funde in äne strit.
  • nein, ez wart ängeslicher sit, 9010
  • dan ez e mäles wsere.
  • doch enwäs ez nie so swsere:
  • Tristan ruort' aber den trachen an,
  • der trache wider an den man
  • und brähte in z'alse grozer not, 9015
  • daz er wände wesen tot.
  • er liez in nie ze were komen,
  • er hsete ime schiere benomen
  • beidiu siege unde wer.
  • do was sin ouch ein michel her: 9020
  • er fuorte mit im an den kämpf
  • beidiu röuch ünde tampf
  • und ändere stiure
  • 8991 verswan(ie = ver'iwend€te , verswenden swv, , (verschwinden machen),
  • vertilgen. — 8992 ande adj., widerwärtig, unleidlich; von Gottfried nicht
  • ungerne gebraucht, auch das Adverbium ; vgl. zu 7088. — 8993 seren swv.,
  • schmerzen. — 8995 hin gehört zu kerte, wider ist prsep. mit acc, gegen,
  • nach — zu; vgl. 2567. 5609. — steingecelle stn. , ein durch Staine unweg-
  • samer Platz, >i Steingeklüft». Kurtz.
  • 9002 hür.'ite gen. pl. (abh. von vil) von hurst, Strauch; das Geschlecht
  • stm. oder stf. nicht ersichtlich. — 9007 gedrücken, verst. drücken. — 9013 an
  • rüeren, hier deutlich = an 'jän 8988, angreifen, denn im folgenden Verse
  • steht CS ebenfalls vom Drachen und Tristan's Boss ist todt; vgl. zu 6981.
  • 9049. —
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 301
  • an siegen unde an fiure,
  • an zenen unde an griffen: 9025
  • die wären gesliffen,
  • sere schärph unde wahs,
  • noch wahser danne ein scharsahs.
  • da mite treip er in umbe
  • manege ängesliche krumbe 9030
  • von böumen ze busclien:
  • da muose er sich vertuschen
  • und fristen, swie er mohte,
  • wan ime der kämpf niht tohte;
  • und haete ez doch so sere 9035
  • versuochet mit der kere,
  • daz ime der schilt vor der hant
  • vil nach ze kolen was verbrant,
  • (228) wan er gienc in mit fiure an,
  • daz er im küme vor entran. 9040
  • Doch werte ez niht vil lange,
  • der mörtsame slange
  • der kom schiere dar an,
  • daz er zwivelen began
  • und ime daz spar so nähen gie, 9045
  • daz er sich aber nider lie
  • und want sich ange und ange.
  • Tristan was aber unlange,
  • er kom gerüeret balde her,
  • daz swert daz stach er zuo dem sper 9050
  • zem herzen !n unz an die hant.
  • nu lie der veige välänt
  • einen doz und eine stimme
  • so griulich und so grimme
  • üz sinem veigen giele, 9055
  • 9025 (jr'if stm. , (Griff), hier: Klaue. — y026 fg. sind wohl auf beides, auf
  • Zähne und Klauen zu beziehen. — gesliffen ist aufzufassen als Adj. part.,
  • nicht als reines Particip, das folgende scharph ist Adj., nicht Adv. zu sitfen.
  • und sere ist Adv. zu scharph, nicht zu gesliffen. — 9027 xcahs adj., schart.
  • — 9028 scharsahs stn., Scheermesser. — 9029 fg. ähnliche Wendung in V.
  • 16064 fg. — 9032 vertuschen swv., verbergen [nhd. beschränkt im Gebrauch,
  • nicht mehr reflexiv]. — 9040 vgl. zu 730.
  • 9044 zvxvelen swv., (zweifeln), verzweifeln, verzagen (F schreibt swi-
  • belen swv., welches keineswegs das echte Wort, sondern ein schlecht be-
  • zeugtes ir.ll, Ki'fr'j^zt"'* ist). — 904S unlange adv. bei iresen (vgl. zu .5.i64) :
  • er war nicht lange aus, blieb nicht lange, zögerte nicht. — 9049 rüpren,
  • hier übertragen und allgemein wie unser: sprengen auch von Fußgängern
  • gesagt wird; ebenso in V. 16053, in V. 8736 zweifelhaft, da der Marschall
  • auch zu Ko38 gewesen sein kann. — 9053 doz stm., Getöse. — 9054 grimme
  • adv., grimmig, wüthend. —
  • 302 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • als himel und erde viele,
  • und daz der selbe mörtschäl
  • verre in daz lant erhal,
  • und Tristan harte sere erschrac.
  • und alse der trache do gelac, 9060
  • daz er in toten gesach,
  • den giel er ime u'f brach,
  • mit micheler arebeit;
  • üz dem rächen er im sneit
  • der Zungen mit dem swerte 9065
  • der mäze, als er ir gerte;
  • in sinen buosem er si stiez,
  • den giel er wider ze samene liez.
  • Sus kerte er gein der wilde hin.
  • daz tete er aber durch den sin: 9070
  • er wolte sich verbergen da,
  • den tac geruowen eteswä
  • und wider komen ze siner mäht
  • und wolte danne hin ze naht
  • ze sinen lantgesellen wider. 9075
  • nu zoch in aber diu hitze nider,
  • die er beidiu von der arebeit
  • und da zuo von dem trachen leit,
  • (229) und müedete in so sere,
  • daz er iezuo niht mere 9080
  • und vil küme mohte leben.
  • nu gesach er eine lachen sweben
  • smal unde mäzliche groz,
  • in die von einem velse flöz
  • ein küelez kleinez brunnelin. 9085
  • da viel er also gewäfent in
  • und sancte sich unz an den grünt:
  • er lie hie vor niwan den munt.
  • da lag er den tac und die naht,
  • wan ime benam al sine mäht 9090
  • diu leide zunge, die er truoc;
  • 9057 mortschal stm., Todesschrei. — 9058 erhellen stv., erhallen, ertönen. —
  • 9068 idzen, hier wie unser: machen: er machte den Rachen wieder zu.
  • 9072 geruowen swv., verst. ruowen, ausruhen. — 9075 lantgeselle swm.,
  • hier: Genoß aus dem Vaterland, Landsmann. — 9079 müeden swv. trans.,
  • ermüden. — 9082 sweben, s. zu 888. — 9083 mäzliche adv. , mäßig, nicht
  • sehr. —
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 303
  • der rouch, der von der an in sluoc,
  • der eine entworhte in garwe
  • an krefte und an der varwe,
  • daz er von dannen niht enkam , 9095
  • nnz in diu künigin da nam.
  • Der truhsaez', alse ich hän gesaget,
  • der der s?eligen maget
  • friunt unde ritter wolte sin,
  • dem begünden die gedanke sin 9100
  • üf swellen harte gröze
  • von des trachen döze,
  • der also griulich und als gröz
  • über wält und über velt doz.
  • in sin herze er allez las, 9105
  • reht' alse ez ouch ergangen was,
  • und dähte: «er ist benamen tot
  • oder aber in so grözer not,
  • daz ich in mag gewinnen
  • mit eteslichen sinnen.» 9110
  • von jenen drin er sich verstal,
  • eine hälden stapfte er hin ze tal
  • und He wol balde hine gän,
  • hin da der schrei dö was getan;
  • und alse er zuo dem orse kam, 9115
  • eine ruowe er ime da nam.,
  • bi dem so habte er lange
  • trahtende kleine und ange :
  • (230) in nam der kurzen reise
  • gröz angest unde freise. 9120
  • ledoch genante er über lanc
  • und reit als äne sinen danc
  • erschrocken unde herzelös
  • die rihte hin, da er da kos,
  • daz daz löup und daz gras 9125
  • 9093 entwürken swv. anom., auflösen, vernichten.
  • 9118 kleine adv., hier: genau. — 9119 fg. nemen hier wie mich nimet
  • wunder verbunden mit angest: mich ergreift, befällt Angst. — 9120 /rme
  • stf., Schrecken. Der Genetiv der kurzen reise ebenso wie bei wunder
  • nemen: wegen der kurzen Reise, über die kurze Reise.
  • 9121 genante prset. von yenenden swv., Muth fassen; vgl. zu 18063. —
  • über lanc (adj. neutr.), bald darauf; vgl. zu 11687. —
  • 304 XIII. DEK KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • vor ime abe gesenget was.
  • und kom in kurzer friste,
  • e danne er sin iht wiste,
  • reht' üf den trachen, da er lac;
  • und er der trühsseze erschrac 9130
  • als innecliche sere,
  • daz er nach eine kere
  • zer erden hsete genomen,
  • durch daz er ime so bi was komen
  • und ime so nahen gereit. 9135
  • nu was er aber zehant bereit,
  • daz ors warf er so balde wider,
  • daz er mit dem orse nider
  • ze einem hufen gelac.
  • nu er sich wider üf gewac 9140
  • (ich meine von der erden),
  • done mohte im State niht werden
  • vor vorhten, die er haete,
  • daz er so vil getsete,
  • daz er üf daz ors gesseze: 9145
  • der leide trühsseze
  • er liez ez stan ünde floch.
  • do ime do niemen nach zoch,
  • do gestüont er unde sleich do wider,
  • nach sinem spere greif er nider, 9150
  • daz ors er bi dem zügele nam,
  • z' einem rönen er gezogen kam,
  • uf daz ors er gesaz,
  • sines schaden er vergaz,
  • er sprancte verre dort hin dan 9155
  • und sach her wider den trachen an,
  • waz ämpsere er haete,
  • ob er lebete oder entsete.
  • (231) Nu er in toten ersach,
  • «heil, obe got wil!» er do sprach 9160
  • «hie ist aventiure funden:
  • ich bin ze guoten stunden
  • und ze heile komen her.»
  • 9140 «}/ gewegen, aufwärts bewegen, erheben. — 9143 vorfite im Mhd. öfters
  • im Plural, nhd. nur: vor Furcht. — 9152 rone swm.. Klotz, abgehauener
  • Baumstrunk. — 9157 ampcere (aus ani-boere) stf., Aussehen.
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 305
  • hie mite so neigete er tlaz sper,
  • mit dem zügel er hancte, 9165
  • er hiu üncle sprancte
  • und lie hin gän punieren,
  • punierende croieren:
  • <(scheve]ier damoisele,
  • ma blunde Isot, ma bele!» 9170
  • er stach üf in mit solher kraft,
  • der starke eschi'ne schaft
  • daz er im durch die hänt reit.
  • daz er ab do niht mere streit,
  • daz liez er niuwan durch den list: 9175
  • er dähte: «op dirre in lebene ist,
  • der disen trachen hat erslagen,
  • sone kän ez mich niht vür getragen,
  • daz ich hie mite hän üf geleit.«
  • er kerte dannen unde reit 9180
  • und suochte her ünde hin
  • iif den gedingen, obe er in
  • iender hsete funden
  • so müeden oder so wunden,
  • daz ime der strit töhte 9185
  • und mit im striten möhte,
  • daz er'n erslagen wolte haben
  • und in erslägenen begraben.
  • und alse er sin dö niht envant,
  • <(lä, herre, varn!» däht' er zehant, 9190
  • «sweder er lebe oder entuo,
  • bin ich der erste derzuo;
  • mich enwi'set niemän dervan:
  • ich bin gefriunt ünde geman,
  • so wert und so genaBme, 9195
  • swer sich es an genseme,
  • der hsote doch dar an verlorn.»
  • er lie hin riten gän mit sporn
  • 9165 hancte praet. von hengen swv., hängen lassen, insbesondere den
  • Zügel; hier tritt mit dem zügel hinzu; die Wendung etwa: er sprengte
  • daher mit verhängtem Zügel. — 9169 damoisele =:: dcmoi seile. — 9170 7na =
  • neufr. — 9173 rtten stv., (reiten), hier intrans. wie unser: fahren; im Worte
  • liegt der Begriff des Gewaltsamen: dringen; vgl. zu 2565. — 9182 uf den
  • gedingen, auf die Hoffnung hin, in der Hoffnung. — 9183 iender adv.,
  • irgendwo. — 9194 gefriunt adj., befreundet, im Besitz von Freunden. —
  • geman adj. ebenso gebildet, eigentlich: bemannt, im Besitze von Mannen;
  • ein anderes geman in V. 17298. —
  • OOTTFEIED VON STB ASSELTO. I. 2. Aufl. 20
  • 300 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • (232) zc sinem stritgesellen wider
  • und erbeizete da zer erden nider. 9200
  • an sinen strit er wider vie
  • relit' an der stat, da er in lie:
  • mit dem swerte, daz er truoc,
  • da mite gebecte er imde gesluoc
  • den vint so vil wä unde wä, 9205
  • biz er'n verschriet da unde da.
  • genuoc versuochte er'z an den kragen:
  • den hsete er'm gerne abe geslagen;
  • do was er so harte und so groz,
  • daz in der arebeit verdroz. 9210
  • über einen ronen brach er daz sper:
  • daz vorder stucke daz stach er
  • dem trachen ze dem gorgen in ,
  • als ez ein tjoste solle sin.
  • Uf sinen spanjöl saz er do: 9215
  • er begünde frolich unde fro
  • ze Weisefort in rüeren •
  • und hiez balde üz füeren
  • vier pfärt und einen känzwagen,
  • der daz houbet solte tragen; 9220
  • und Seite in allen maere,
  • wie ime gelungen wsere
  • und waz er angeste hie mite
  • und kumberlicher ncete lite.
  • «ja herre, al diu werlt» sprach er 9225
  • «diu enbiete niuwan ore her,
  • betrahte und sehe daz wunder an,
  • waz der geherzete man
  • und der gestandene muot
  • 9199 stritgeselle swm., Kampfgenoß (wird hier der Drache scherzweise ge-
  • nannt); in V. 6985 nicht: Gegner, sondern: Mitstreiter. — 9201 an ist
  • prsep.; s. zu 696. — 9204 gebecte prset. von gebecken swv., stechen; in ge-
  • die Function der Wiederholung. — 9206 verschroten stv. (s. zu 2906), zer-
  • hauen, zerhacken. — da tinde da, da und dort, hier und da. — 9210 mich
  • verdriuzet mit gen., ich werde einer Sache überdrüssig. — 9211 einen ronen
  • nach W (M fehlt, H und F haben fem. eine r.). — 9214 tjoste stf., Fremd-
  • wort, franz. joste, juste, lat. juxta, Speerzweikampf; hier: der Speerstoß.
  • 9215 spanjol stm., Spanier, spanisches Eoss; vgl. 5364. — 9219 kanz-
  • wagen stm., Eüstwagen, Lastwagen. — 9223 angest hier im Plural, (Ängste),
  • Gefahren. — 9228 geherzet part. (von herzen, geherzen 6152) adj., ermuthigt,
  • entsprechend unserm: beherzt; vgl. 11337 und zu 118; daneben braucht
  • Gottfried geherze adj. 13343. — 9229 gestanden part. adj., hier bei einem
  • Abstractum , kann hier nur: standhaft bedeuten; vgl. zu 6488. —
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 307
  • durch liebes wibes willen tiiot! 9230
  • (laz ich der not, in der ich was,
  • ie dannen kom und ie genas,
  • des wundert unde wundert mich
  • und weiz ouch wol benamen, wser' icii
  • senft' alse ein ander man gewesen, 9235
  • i'ne wtere niemer genesen,
  • i'ne weiz niht, wer er waere:
  • ein aventiurfere ,
  • (233) der ouch nach äventiure reit,
  • der was ze siner veicheit 9240
  • e danne ich koeme, zuo z'im komen,
  • der hat sin ende da genomen.
  • got haete sin vergezzen:
  • si sint beidiu vrezzen,
  • ros unde man ist allez mort. 9245
  • daz ros daz lit noch halbez dort
  • zekuwen unde besenget.
  • waz töhte ez iu gelenget?
  • ich hän rae ncete erliten hie mite,
  • dan dehein mau ie durch wip erlite. » 9250
  • sine friunt er alle zuo sich nam ,
  • zc dem serpande er wider kam
  • und zeigete in sin wunder.
  • er bat ouch al besunder ,
  • daz si der wärheit jaehen, 9255
  • als si si da gesaehen.
  • daz houbet fuorte er mit im dan.
  • sine mäge und sine man
  • die ladte er, die besander,
  • nach dem künegc rander 9260
  • und mante in siner Sicherheit.
  • der rede wart ein tac geleit
  • ze Weiseforte vür daz laut.
  • hie mite so wart daz lant besaut,
  • i<23S äcentiuranre stm. entspricht hier ziemlich unserm: Abenteurer, welches
  • in Verbindung mit der folgenden Zeile ein neuerer Dichter ebenso brau-
  • chen könnte; sonst hat das Wort in der Regel bei uns Übeln Nebensinn.
  • — ^'2J0 veicheit stf., (Feigheit), Unheil; vgl. zu 1*374. — 924ö viort adj. hier
  • Fremdwort, todt; vgl. zu 5488. — 9247 zekuwen part. von zekiuwen stv.,
  • (zerkauen), zerbeißen. — besengen swv. = versengen. — 92*J2 (ac legen,
  • Termin festsetzen. — der rede ist Genitiv: wegen der Sache, dazu, darauf-
  • hin. — 92()4 lant zusammenfassend für : die Landbewohner mit der im Fol-
  • genden gleich angemerkten Bedeutung: die landsässigen Herren. —
  • 20*
  • 308 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • die lantbarüne die mein' ich. 9265
  • nu die bereiten alle sich,
  • als in von hove was getaget.
  • Nu wart oiich al zehant gesaget
  • ze hove den frouwen niaere.
  • die marter und die swaere, 9270
  • die si alle hseten da van,
  • dien' gesäch an frouwen nie kein man.
  • diu süeze maget, diu schoene Isot,
  • diu was reht' in ir herzen tot:
  • so leiden tac si nie gesach. 9275
  • Isot ir muoter zuo ir sprach:
  • «nein, schoeniu tohter, nein, lä stän,
  • lä dir ez niht so nähen gän;
  • (234) wan sweder ez mit der wärheit
  • oder aber mit lüge ist üf geleit, 9280
  • wir suln ez doch wol undervarn;
  • euch sol uns got dervor bewarn.
  • niht weine, tohter mine:
  • diu klären ougen dine
  • diu ensülen niemer werden rot 9285
  • umb' also swächli'che not.»
  • «ä muoter», sprach diu schoene
  • «frouwe, niene gehoene
  • dine gebürt ünde dich.
  • ^ ich es gevolge, so stich' ich 9290
  • reht' in min herze ein mezzer e;
  • e sin wille an mir erge,
  • ich nim mir selber e den lip.
  • ern gewinnet niemer wip
  • noch frouwen an Isöte, 9295
  • ern habe mich danne tote.»
  • «nein, schoeniu tohter, fürhte niht:
  • swes er od iemen hie von gibt,
  • daz ist allez samet verlorn;
  • und haete es al diu werlt gesworn, 9300
  • ern wirdet niemer diu man.»
  • 9267 iagen = tac legen, bestimmen.
  • 9277 lä stän, hier anders als in Y. 2792: laß es gehen, etwa = unserm:
  • lalo es gut sein. — 9281 undervarn mit acc, hintertreiben, hindern; vgl.
  • zu 9529. — 9286 su-ächlich adj., gering. — 9288 gehoenen swv., verst. Itcenen,
  • (verhöhnen), beschimpfen. — 9290 gevolgen mit gen., in einer Sache nach-
  • geben. — 9299 verlorn part. adj. = unangewandt, vergeblich.
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 309
  • Und alse ez nähten began,
  • diu wise frägete unde sprach
  • umbe ir tohter ungemach
  • ir tougenliche liste, 9305
  • von den si wunder wiste,
  • daz si in ir troume gesach
  • daz ez niht also geschach,
  • also der lantschal sagete.
  • und iesä dö ez tagete, 9310
  • si rief Isote und sprach ir zuo:
  • «ä süeziu tohter, wachest duo?»
  • «ja», sprach si «frouwe muoter min.))
  • «nu lä diu angesten sin;
  • ich wil dir liebiu maere sagen: 9315
  • ern hat den trachen niht erslagen;
  • swaz äventiure in her getruoc,
  • er ist ein gast, der in da sluoc.
  • (235) wol üf, wir suln vil balde dar,
  • der mrere selbe nemen war. 9320
  • Brangsene, stant üf lise
  • und sage uns Paranise,
  • daz er uns satele schiere:
  • wir müezen varn wir viere,
  • ich und min tohter, du und er; 9325
  • und bringe er uns diu pfärit her,
  • so ez schiereste müge sin,
  • vür unser haltürli'n,
  • da der böumgäite
  • hin ze velde warte.» 9330
  • Nu diz waz ällez gereit,
  • diu rotte saz üf unde reit
  • des endes, da si horten sagen,
  • daz der trache was erslagen.
  • nu si daz ors fünden , 9335
  • daz gereite si begunden
  • 9303 sprechen hier mit acc. eines Abstractums: sich besprechen, be-
  • fragen. — 9305 tougenliche liste, geheimnissvoUe Künste, Zauberkünste; ge-
  • meint ist insbesondere: die Wahrsagekunst. — 9309 lantschal stjn. = lant-
  • VKvre, aUgemeines Gerücht. — 9314 angesten subst. inf. stn., Ängstigen,
  • Angst (hier in unserm Sinne). — 9322 sagen mit dat. der Person und acc.
  • der Person nicht mehr gebräuchlich: ansagen, melden. — 932S hältürlln
  • stn., verborgenes Pfortlein. — 9330 warten swv., ausschauen (2498) mit der
  • Bedeutung: Richtung nehmen, hinliegen.
  • 9336 gereite stn., Reitzeug. —
  • 110 XIII. DER KAMPF MIT DEM DßXCHEN.
  • bemerken uude betrahten
  • und in ir sinnen ahten,
  • sin' gestehen nie ze Irlande
  • gereite solher bände, 9340
  • und körnen alle dar an,
  • swer so er wsere der man,
  • den daz ors dar trüege,
  • daz der den traclien sliiege.
  • vürbaz riten si do zebant 9345
  • und körnen üf den serpänt.
  • nu was des tiuvels genöz
  • als ungehiure und alse gröz,
  • diu liebte fröuwi'ne schar
  • daz diu wart alse ein töte var 9350
  • vor ängesten, do si in ersach.
  • diu muoter aber zer tobter spracb:
  • «ei wie sieber ich es bin,
  • der truhsseze daz er in
  • ie getörste bestän! 9355
  • wir mugen ez äne sorge län:
  • und zwäre, tobter IsÖt,
  • dirre man si lebende oder tot,
  • (236) mich andet sere, daz er si
  • verborgen eteswä hie bi: 9360
  • ez wi'saget mir min muot.
  • von dannen, dunket ez dich guot,
  • so keren an die suoche,
  • ob unser got so ruoche,
  • daz wir in etswä vinden 9365
  • und mit im überwinden
  • die grundelösen berzenöt,
  • diu uns beswseret alse der tot.»
  • des berieten si sieb schiere :
  • 9337 bemerken swv., prüfen. — 9355 ie, hier = 7iie. — 9356 ez äne sorge län,
  • «wegen etwas unbesorgt sein«. Groote; ebenso Hagen; « deshalb unbeküm-
  • mert bleiben». Mhd. Wb. Das ist allerdings ziemlich der Sinn, aber es ist
  • wohl keine {bestimmte Kedensart anzunehmen wie äne ntt, äne haz län,
  • sondern län hier = aufgeben, auf sich beruhen lassen. — 9359 mich andet
  • (Hs. HundW; M lie^i dunchet) ■= anet (Hs. F), ahnt (neuerdings häufiger:
  • mir ahnt als: mich ahnt). — 9362 von dannen, hier causal: darum, des-
  • halb; vgl. zu 1618. 4227. — 9364 ruochen swv. mit gen., um etwas besorgt
  • sein, sich annehmen, in der Verbindung mit got etwa entsprechend unserm :
  • gnädig sein. — 9367 grundelos adv. hat nicht wie das nhd. Wort die dop-
  • pelte Bedeutung: ohne Grund, ohne Anlaß und zugleich: bodenlos, son-
  • dern nur die letztere = ungemein tief. —
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN". 311
  • ilic gereisen alle viere, 9370
  • si riten von ein ander sa,
  • suochte hie und disiii da.
  • Nu ergieng ez, alse ez solte
  • und alse der billicli wolte,
  • diu junge künigin Isot 9375
  • daz si ir leben unde ir tot,
  • ir wunne unde ir ungemach
  • ze allererste gesacli.
  • von sinem lielme gienc ein glast ,
  • der vermeldete ir den gast. 9380
  • nu si des helmes wart gewar,
  • si kerte und rief ir muoter dar:
  • «frouw'j ile, rit her näher baz!
  • ich sihe dort glesten, i'ne weiz waz :
  • ■ez ist reht' alse ein heim getan: 1-385
  • ich w?ene in rehte ersehen hän.»
  • -« entriuwen » , sprach diu muoter do
  • «mich selben dunket ouch also,
  • «ot der wil unser ruochen:
  • ich waene, den wir suochen, 9390
  • daz wir den haben funden.»
  • sus riefen s' an den stunden
  • den änderen zvvein zuo z'in
  • und riten alle viere hin.
  • Nu si im begunden nähen 9395
  • und in so ligen sähen,
  • nu wänden s' alle, er waere tot.
  • «er ist tot!» sprach ieweder Isot
  • (237) «uns^r gedinge der ist hin.
  • der trühseeze der hat in 9i00
  • mortliche ermordet unde erslagen
  • und hat in in diz mos getragen.»
  • si erbeizeten alle viere
  • Silo gercise swm. (gebildet wie geselle, geiinde, yevertc) , eigentlich: der
  • Mitreisende, der Gefährte.
  • 9374 biUich stni. (s. zu (3429), hier etwa: Schicksal; ähnliche Wendung
  • in V. 100G2. — [K',7S nicht : zum allerersten Male in ihrem Leben sah (denn
  • sie hat ihn ja schon gesehen), sondern: zuerst beim Nachsuchen, vor den
  • andern, ersah, fand. — 9:)79 fftasl stm., Glanz (mit dem aber glast spracli-
  • lich nicht zusammenhängt), [glast in moderner Dichtung noch hier und
  • da gebraucht]; Gottfried hat daneben aucli gleste stf. 17071.
  • 9.!98 ieweder pron., jeder von beiden (in der Bedeutung, nicht in der
  • Form = ielueder). — 9402 mos stn., (Moos), Sumpf, Pfütze. —
  • 312 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • und h?eten in vil schiere
  • her üz gezogen an claz lant. 9405
  • den heim entstricten si im zehant
  • und stricten ime die kuppen dan.
  • diu wise Isot diu sach in an
  • und sach wol, daz er lebete,
  • und aber sin leben klebete 9410
  • küm' also an einem häre.
  • «er lebet«, sprach si «zewäre:
  • nu balde entwäfenet in !
  • ist, daz ich alse sselic bin,
  • daz er niht verchwünden hat, 9415
  • so mag es alles werden rät.»
  • Die schoenen alle drie,
  • diu liehte cumpanie,
  • dö si den eilenden
  • mit snewi'zen henden 9420
  • entwäfen begunden,
  • die Zungen si da funden.
  • «sich, warte», sprach diu künigin
  • «waz ist diz oder waz mac daz sin?
  • Brangsene, hövesche niftel, sprich!» 9425
  • «ez ist ein zunge, dunket mich.»
  • «du sprichest war, Brangaene:
  • mich dunket unde ich waene,
  • so was ouch si des trachen:
  • unser s^elde diu wil wachen. 9430
  • herzetohter, schoene Isot,
  • ich weiz ez wärez alse den tot,
  • wir sin zer rehten verte komen:
  • diu zunge hat ouch ime benomen
  • beidiu kraft ünde sin.» 9435
  • hie mite entwäfenten s' in
  • und dö si an ime niht funden
  • 9406 entStricken swv., aufknüpfen. — 9407 stricken dan ( = weg) dasselbe
  • was entStricken. — 9415 verchwunde swf., Wunde die ans Leben (verch stn.)
  • geht, insofern: Todwunde.
  • 9423 warte imper. wie noch in Mundarten = schau. — 9425 ni/tel (fem.
  • zu neve, Neffe) swf., Nichte (dies eine niederdeutsche Form), aber nicht
  • immer im heutigen engen Sinne von: Tochter der Schwester oder auch
  • des Bruders, sondern überhaupt : Verwandte mütterlicherseits. Wie Bran-
  • gsene mit dem Königshause verwandt ist, erfahren wir nicht. — 9430 hier
  • streift soelde an die Personification. —
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 313
  • weder siege noch wunden,
  • (238) dö wären s' alle samet frö.
  • driakel nam diu wise dö 9-440
  • diu listige künigin
  • und flozte im der also vil in ,
  • biz daz er switzen began.
  • «er wil genesen», sprach si «der man,
  • der tampf gerümet schiere hie, 9-i45
  • der von der zungen an in gie,
  • so mag er sprechen unde üf sehen. »
  • daz was ouch schiere geschehen:
  • er lag unlange, unz ez geschach,
  • daz er beidiii üf und umbe sach. 9450
  • Nu er der sseligen schar
  • bi ime und umbe in wart gewar,
  • er gedähte in sinem muote:
  • «ä herre got der guote,
  • du hast min unvergezzen: 9455
  • mich hänt driu lieht besezzen,
  • diu besten, die diu werlt hat,
  • maneges herzen fröude und rät
  • und maneges ougen wunne:
  • isüt diu liebte sunne^ 9460
  • und ouch ir muoter Isot
  • der froli'che morgenrot,
  • diu stolze Brangyene
  • daz schoene völmfene.«
  • hie mite genante er unde sprach 9465
  • küm" unde kümeclichen : « ach ,
  • wer Sit ir unde wä bin ich?»
  • «ä ritter, mahtu sprechen? sprich!
  • wir helfen dir ze diner not!»
  • 9440 driakel stm., Theriak. — 9441 lislic adj., hier: kenutnissreicb. —
  • 9442 der ist Genitiv pl. auf driakel bezogen; somit wurde der Theriak in
  • einzelnen Dosen gereicht. — 9445 gerinnen swv. , verst. rumen, intrans,,
  • (räumen)', den Baum verlassen, sich entfernen, schverwinden.
  • 9455 uncergezzen eigentlich adj. part., aber hier participial = «/A< ver-
  • gezzen, darum auch min. — 9456 besitzen stv., hier bildlich: belagern (vgl.
  • zu 383), umgeben. — 9464 volma:ne stn., Vollmond; so nennt der Dichter
  • im Gegensatze zu der liehten sunne, zur Isolt, Brangsene öfters z. B. 11086.
  • 11513. Ein neuerer Dichter würde dieses Bild, weil es leicht eine komische
  • Wirkung hervorbringen kann , vermeiden und Brangsene lieber mit einem
  • Sterne vergleichen ; der mäne wird als Bild ruhiger Klarheit in der älteren
  • Poesie häufiger verwendet; in der neueren knüpft sich an den Mond leicht
  • ein Zug der Sentimentalität. —
  • 314 XIII. DER KAMPF MIT DEM DEACHEN.
  • sprach aber diu sinneriche Isot. 9470
  • <(jä, süeziu frouwe, sselic wip,
  • und icli enweiz, wie mir der lip
  • und al min kraft in kurzer frist
  • geswachet unde geswichen ist.»
  • diu junge Isot diu sacli in an: 9475
  • «diz ist Tantris der spileman»
  • sprach si, «ob ich in ie gesach.»
  • der anderen ietwederiu sprach:
  • (239) «uns dunket ouch entriuwen so.»
  • diu wise diu sprach aber dö: 9480
  • «bistu'z Tantris?» «frouwe, ja.»
  • «sage an», sprach aber diu wise sä
  • «wä bistu her komen od wie
  • oder waz wirbestu liie?»
  • «sseligest aller Avibe, 9485
  • i'ne han ez an dem libe
  • noch leider an der krefte niht,
  • daz ich iu mihe geschiht
  • bescheidenliche müge gesagen.
  • heizet mich füeren oder tragen 9490
  • durch gotes willen eteswar,
  • da min lernen neme war
  • doch disen tag und dise naht.
  • und kume ich wider ze miner mäht,
  • so ist reht, daz ich tuo und sage, 9495
  • swaz iu geliche und iu behage.»
  • Sus nämen si Tristanden
  • si viere ze banden
  • üf ein pfärit huoben s' in
  • und under in fuorten si in hin 9500
  • und brähten si'n so heinlich in
  • wider durch ir hältürlin,
  • daz umbe ir reise und umbe ir vart
  • nie niemen nihtes innen wart.
  • da schuofen si'm helf unde gemach. 9505
  • die Zungen, also ich e da sprach,
  • sin isen und sin ander dinc
  • 9474 geswichen part. von geswichen stv., entweiclien, entsprechend öfters
  • unserm: sinken; vgl. 14321. — 9486 haben an dem liöe, etwas vermögen
  • [vgl. auf den Bippen haben].
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DKACHEN. 315
  • des enbleip du weder vadem noch rinc:
  • si fuorten'z allez mit in dan
  • beidiu harnasch unde man. 9510
  • Ku daz der ander tac dö kam,
  • diu Avise in aber ze Landen nam:
  • unu Tantris», sprach si «sage mir
  • bi den genäden, alse ich dir
  • nu unde e males hau getan, 9515
  • daz ich dich zwir erneret hän,
  • und bin dir willic unde holt,
  • und als du dinem Avibe solt,
  • (240) wenne kiume du in Irlänt?
  • wie sli'iege du den serpänt?» 9520
  • «Frouwe, daz wil ich iu sagen;
  • ich kom in disen kurzen tagen,
  • ez sint dri tage von hiute,
  • ich und ander köufli'ute
  • mit einem kiele in dise habe; 9525
  • dö kom ein roupher hinnen abe,
  • i'ne weiz , durch weihe geschiht ,
  • die wolten uns, hset' ich ez niht
  • mit minem guotc underkomen,
  • den lip zem guote hän genomen. 9530
  • nu ist ez uns also gewant ,
  • wir müezen dicke fremediu lant
  • heinlichen unde büwen
  • und enwizzen wem getrüwen,
  • wan man uns vil gewaltes tuot. 9535
  • so weiz ich wol, mir waere guot,
  • mit swelher slahte dingen
  • ich ez da zuo möhte bringen,
  • daz mich diu lant erkanden.
  • künde in fremcden landen 9540
  • diu liehet den köiifmän.
  • seht, frouwe, da gedähte ich an,
  • wan mir ist umbe den serpant
  • daz läntma're lange erkant,
  • 9529 underkomen stv. trans. , dazwischentreten, hintertreiben, ver-
  • hindern; vgl. zu 9281. — 9533 heinlichen %\\\., heimlicli, heimisch, zur Hei-
  • mat machen; vgl. zu 1507.3. — tuwoi swv., (bauen), bewohnen.
  • 316 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • und sluog in niuwan umbe daz: 9545
  • ich waene, daz ich deste baz
  • fride ünde genäde vinde
  • bi disem lantgesinde.»
  • «Fride ünde genäde», sprach Isot
  • «die müezen dich an dinen tot 9550
  • mit wernden eren bringen;
  • du bist ze guoten dingen
  • dir selben unde uns komen her.
  • nu trahte, wes din herze ger,
  • daz ist getan, daz schaffe ich dir 9555
  • von minem herren und von mir.»
  • «genäde, frouwe, so ergib ich
  • minen kiel ünde mich
  • (241) vil verre an iuwer triuwe.
  • seht, daz mich iht geriuwe, 9560
  • daz ich iu guot unde leben
  • an iuwer triuwe hän gegeben.»
  • «nein zwäre, Tantris, ez entuot;
  • umbe din leben und umbe din guot
  • ensorge nü niht mere. 9565
  • mine triuwe und min ere
  • se hie, die nim in dine haut,
  • daz dir niemer ze Irlant
  • bi minem lebene leit geschiht.
  • entwer mich einer bete niht 9570
  • und biut mir eteslichen rät
  • umb' eine sache, an der nu stät
  • min ere und al min sselekeit.»
  • und Seite im, alse ich hän geseit,
  • wes sich der trühsseze 9575
  • umbe dise tat vermaeze:
  • wie sere und wie genöte
  • er sprseche nach Isote;
  • und wie er den valsch und die lüge
  • ze offenlichem kämpfe züge: 9580
  • 9563 das thut's nicht, das wird nicht der Fall sein (daß es dicli ge-
  • reut). — 9567 in die hant nemen, durch Handschlag empfangen. — 9570 ent-
  • wern swv, mit acc. und gen., einem etwas nicht gewähren, versagen; vgl.
  • zu 12272. — 9579 valsch stm., Falschheit, Betrug. — 9580 ziehen ist hier
  • Terminus aus der Rechtssprache: eine Sache vor die Entscheidung eines
  • (höheren) Gerichtes, einer weiteren Instanz (hier der offenliche kämpf)
  • loringen, appellieren.
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 317
  • ob iemen über in kseme,
  • der sich ez an genseme.
  • «Steligiu frouwe», sprach Tristan
  • «hie enhabet deheine sorge van:
  • ir habet mir zwir lip iinde leben 9585
  • mit gotes helfe wider gegeben,
  • diu suln ouch in ze rehte
  • beidiii ze dirre vehte
  • und z'allen noeten bestän,
  • die wile ich si gesunde hän.» 9590
  • «got lone dir, lieber Täntris:
  • des bin ich gerne an dir gewis:
  • und wil dir ouch des wol verjehen,
  • ist, daz diz wunder sol geschehen,
  • so sin wir beide ich unde Isot 9595
  • iemer mit lebendem libe tot.»
  • «nein, frouwe, tuot die rede hin:
  • Sit ich in iuwerm fride bin
  • (242) und minen lib und swaz ich hän
  • an iuwer ere hän verlän 9600
  • und dar an sicher wesen sol,
  • trüt frouwe, so gehabet iuch wol.
  • helfet mir ze libe wider,
  • ich gelege ez allez eine nider.
  • und saget mir, frouwe, ist iu bekant: 9605
  • diu zunge, die man bi mir vant,
  • beleip diu oder war tete man die?»
  • «entriuwen, nein ich hän si hie
  • und allez, daz du haben solt:
  • min schoeniu tohter selbe, Isolt, 9610
  • und ich, wir brähten'z allez dan.»
  • «diz kumt uns rehte», sprach Tristan
  • «nu sj^eligiu künigin,
  • lät aller slahte sorge sin
  • und ratet mir ze miner kraft, 9615
  • so ist ez allez endehaft.»
  • 9587 ze rehte, mit Recht, billig; vgl. 16978. — 9589 bestän mit dat.
  • vielleicht: beistehen? (H gestän, M bl stän)\ eher die gewöhnliche Bedeu-
  • tung: bleiben, verbleiben. — 9597 hin tuon, bei Seite thun, sein lassen. —
  • 9598 //-jde stm., Schutz, Sicherheit. — 9604 nider gelegen, hier: beilegen.
  • — 9612 rehte adv., gelegen, eben recht. — 9616 endehaft adj., was zu Ende
  • gebracht wird , ausführbar ; vgl. zu 16942.
  • 518 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • Die küniginne beide
  • beide an' iinderscheide
  • si nämen in ze banden
  • und swaz si beide erkanden, 9620
  • daz ime ze heile und ze froraen
  • an sinem ]ibe mohte komen ,
  • daz was ir meiste unmüezekeit.
  • Hier under hsete micbel leit
  • sin kiel und sin geselleschaft, 9625
  • der was genuoc als angesthaft,
  • daz si üngenesen wänden wesen:
  • ir deheiner trüwete genesen
  • wan si innerhalp den zwein tagen
  • nie niht von ime gehorten sagen. 9630
  • euch hseten si den schal vernomen,
  • der von dem trachen üz was komen;
  • und was des mseres vil getriben,
  • da waere ein ritter tot beliben,
  • daz ors daz Isege halbez da. 9635
  • nu dähten ouch die sine sä:
  • «wer wa3re daz niwan Tristan?
  • dane ist benamen kein zwivel an,
  • (243) hset' ez im der tot niht benomen,
  • er waere sit her wider komen..» 9640
  • Hie mite gerieten s' under in
  • und santen Kurvenälen hin,
  • daz er des orses naeme war.
  • daz tete er: Kurvenal reit dar,
  • er vant daz ors, (und) erkande daz. 9645
  • nu reit er aber vürbäz:
  • den trachen vant er ouch zehant,
  • und alse er do niht mere vant
  • von deheinen sinen dingen
  • 9626 der geht nicht auf tiel^ sondern ist gen. plur. nach dem Sinne:
  • derer (aus dem Kiel und der Gesellschaft) war genug, derer waren viele.
  • — angesthaft adj., sorgenvoll. — 9631 schal stm. (vgl. lantschal 9309), Ge-
  • rücht; doch kann sich sclial auch doppelsinnig beziehen auf mortschal in
  • V. 9057.
  • 9641 geraten stv., hier: (zusammen berathen), berathschlagen. —
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 319
  • an gewandc noch au ringen, 9650
  • dö kom in niichel zwivel an:
  • <(ä», dahte er «licrre Tristan,
  • weder bistu lebende oder tot?
  • owe owi», sprach er «Isot,
  • owi, daz din lop und diu nam 9655
  • ie hin ze Kurnewäle kam!
  • daz din schoen' und din edelkeit
  • ze solhem schaden ist üf geleit
  • einer der s^legisten art,
  • diu ie mit sper versigelt wart, 9060
  • der du ze wol geviele!»
  • Sus kerte er wider zem kiele
  • weinende unde klagende,
  • diu man-e wider sagende,
  • als er si haete erfunden. 9665
  • diu nnere begunden
  • genuogen missevallen
  • und iedoch niht in allen:
  • daz selbe swrere msere
  • was niht ir aller swaäre; 9670
  • genuoge ez wol vertruogen.
  • ouch sach man an genuogen,
  • daz ez in groze riuwc bar,
  • und was ouch der diu meiste schar,
  • sus was ir wille unde ir muot 9675
  • undersniten übel und guot.
  • mit disera wehsele geviel
  • der gezweiete kiel
  • (244) an sprächen unde an runen.
  • den zweinzic barünen 9680
  • den was niht innecliche leit
  • der zwivel, der in was geseit:
  • 9658 uj leyen hat hier die Bedeutung: hestimmen; entsprechend etwa
  • unserm : gereichen. — 9659 art stf., hier ähnlich wie in V. 6723 , Natur,
  • Wesen abstract für: Mensch. — 9660 sper stn., Speer, concrot für; Ritter-
  • lichkeit. — versi'jeln swv., bekräftigen, beurkunden, bewäliren.
  • 9676 undersniden stv., hier geradezu: untermischen; undersniten part.
  • = verschieden ; vgl. zu 942. — 9677 wehsei stin. = nhd. (vgl. 12049, danebeu
  • stn. in mitteld. Quellen), Wechsel, Yerschiedenlieit, Gegensatz. — gevallen
  • stv., hier: verfallen; n«t=auf; gerathen. — 9678 r/eziveiet part., adj., ent-
  • zweit, zwiespältig. — 9679 spräc/ien swv. subst. inf., Besprechen, Berathung.
  • — Hier liegt in runen swv. subst. inf. mehr als in V. 4049 der Begriff des
  • Heimlichen wie im Nhd.: Raunen, Flüstern. — 9682 ru-trei stm., Ungewiss-
  • heit, Befürchtung (daß Tristan todt sei).
  • 320 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • si wänden dannen komen dermite;
  • und daz man sin niht langer bite,
  • des bäten s' al gemeine, 96S5
  • die zweinzic meine icli eine;
  • si rieten alle dar an ,
  • daz man des nahtes füere dan.
  • so rieten aber ander daz ,
  • daz si beliben unde baz 9690
  • erfüeren diu maere,
  • wie'z ime ergangen waere.
  • Alsus zehullen s' under in:
  • dise wolten gerne hin,
  • jene wolten da bestän. 9695
  • sus wart ez do dar an verlän,
  • Sit daz sin tot niht wsere
  • gewis noch oftenbsere,
  • daz si da länger beliben,
  • ir vorsehe unde ir frage triben 9700
  • zem minnesten doch zwene tage:
  • daz was der barüne klage.
  • Hie mite so was euch der tac komen,
  • der ze Weiseforte was genomen,
  • dar Gurmün hsete getaget 9705
  • umbe sine töhter die maget
  • und umbe den truhssezen.
  • Gurmünes umbesa?zen,
  • sine man und sine mäge,
  • als er si durch rätfräge 9710
  • ze sinem tage haete besant,
  • die wären alle da zehant.
  • die nam euch er besunder
  • und suochte rät hier under
  • so verre und alse sere, 9715
  • 9693 zehullen pl. praet. von zehellen, zerh. stv., nicht übereinstimmen.
  • 9700 vorsehe stf., Forschung, Erkundigung.
  • 9703 fg. taCi Termin, hier verbunden mit netnen, festsetzen, anberau-
  • men; vgl. zu 9262. — 9708 umbesceze swm., (Umsasse), Umwohner, Nach-
  • bar; vgl. 13467. — 9710 rätfräge stf., Rathsverbandlung. —
  • XTII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 321
  • als dorn ez umbe sin ere
  • und oiich niht anders enstät.
  • dar zuo besande er an den rat
  • (245) sin liebez wip, die künigin.
  • si mohte ime ouch wol liep sin, 0720
  • wan er hcet' an ir einer do
  • sunderlicher saälde zwo
  • der allerbesten, die der man
  • an liobom wibe vinden kan:
  • scboene unde wi'sbcit, 0725
  • der was der maze an si geleit,^
  • daz si im wol liep mobte sin.
  • diu sselige künigin,
  • diu scbojne wise was oucli da.
  • Ir friunt der künic nam si sä 0730
  • von dem rate dort hin dan:
  • «wie ratest du?» sprach er «sag an:
  • mir ist disiu rede swser' alse der tot.»
  • ('gehabet iuch wol», sprach aber Isot
  • «wir suhl uns wol hier an bewarn: 0735
  • ich hän ez allez undervarn.»
  • «wie? hcrzefrouwe, sage ouch mir,
  • so frönwe ich mich der rede mit dir.»
  • «unser triihsa3ze, als er dö gibt,
  • seht, der ensluoc des trachen niht, 0740
  • und der in sluoc, den weiz ich wol:
  • daz bewjere ich, swenne ich sol.
  • al iuwer angest leget nider.
  • get balde z'iuwerm rate wider:
  • saget in allen unde jeht, 0745
  • als ir gohoeret unde geseht
  • des trülissezen warheit,
  • ir loeset gerne iuwern eit,
  • den ir dem lande habt getan.
  • heizet si alle mit in gän Ol 50
  • und sitzet an'z gerihte:
  • 9716 fg. stall umhe el^u"., sich handeln um, auf dem Spiele stehen. —
  • 972G der mäic, hier: dermaßen, so viel.
  • 9735 bpwarn refl. hier a« = sicli in Bezug darauf bewahren, hiUen. —
  • 9746 alf coii.j., hier: wenn, sol)ald. — 9747 uär/icit stf., hier: (VValuhaftig-
  • keit), Erhärtung der VValirheit, Beweis. —
  • GOTTFRIED VON STRASSBUJIO. I. 2. Aufl. 21
  • 322 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • enfürhtct iu ze iiiLto,
  • litt den trülistezeji klagen
  • und sagen, swaz er welle sagen;
  • und alse ez danne zi't si', 9755
  • so bin ich unde Isot da bi:
  • so gebietet mir ez , so sprich' ich
  • vür iuch, vür Isot' und vür mich.
  • (246) hie mite lät die rede stän:
  • ich wil nach miner tohter gän 9760
  • und kernen ouch iesä wider, wir zw6.>)
  • Nach ir tohter gie si dö.
  • der künec gienc in den palas wider:
  • an daz gerihte saz er nid er
  • und mit im vil barüne, 9765
  • des landes cumpanjüne.
  • da was schceniu ritterschaft,
  • von ritterschefte michel kraft,
  • niht durch des küneges ere
  • so starke noch so sere, 9770
  • so daz si gerne wolten sehen,
  • wäz da sölte geschehen
  • üz disem lantschälle:
  • des wunderte s' alle.
  • Die sselegen Isote zwo 9775
  • nu daz si mit ein ander dö
  • zem palas in gegiengen,
  • si gruozten unde enpfiengen
  • die herren al besunder.
  • hie mitten unde hier under 9780
  • wart vil gesprochen unde gedäht,
  • rede unde gedanke vil vür bräht
  • von ir beider sselekeit.
  • und iedoch mere geseit
  • von des truhssezen linge 9785
  • dan von der frouwen dinge,
  • si sprächen unde gedähten dar:
  • «nu kieset alle, nemet war,
  • wirt disem unsasligen man,
  • der nie sielde gewan, 9790
  • 97(J9 fg. niht so — 60 Ja; = niclit so — als daß.
  • XIII. DER KAMPF IMlT DEM DRACHEN. o2o
  • disiii srolige maget,
  • so ist im elliii sselde ertaget,
  • diu imc oder deheincm man
  • an einer maget ertagen kan.»
  • Sus komen si zem künege hin. . 0795
  • der künec stuont iif eugegen in.
  • liepliche sazte er si ze sich:
  • «niD), sprach der künec «truhsa^ze, sprich!
  • (247) waz ist din bete und din ger?»
  • «vil gerne, herre künec»; sprach er 9800
  • «herre, ich gcr unde bite,
  • daz ir dem lande küneges site
  • niem(!!r zebrechet an mir.
  • weit ir es jehen, so sprächet ir
  • und lobetet es ouch beide 9805
  • mit rede und mit dem eide ,
  • swelh ritter disen serpänt
  • slüege mit sin eines haut,
  • ir gsebet ime ze solde
  • iuwer tohter Isolde. 9810
  • der eit verlos vil manegcn man;
  • da sach ab ich vil lützel an,
  • durch daz ich minnetc daz wip
  • unde wägete den lip
  • dick' ängeslicher danne io man, 9815
  • biz mir ze jungest dar an
  • also gelanc, daz ich in sluoc.
  • ist ez da mite genuoc,
  • hie lit daz houbet, seht ez an:
  • daz selbe urkünde brähtc ich dan. 9820
  • nu loeset iuwer warheit:
  • künoges wort und küneges eit
  • die suln war unde bcwccret sin.»
  • •
  • « Truhsaizc » , sprach diu künigin
  • "der also richli'chen solt, 9825
  • also min tohter ist, Isolt,
  • ungedienet haben wil,
  • U792 ertagen swv., (leuchtend wie der Tag) aufgehen, erscheineu, liiev
  • mit dat.; vgl. /u 8279.
  • HsrJ an aehen, berücksichtigeu, — 9820 urkünde stii., (Urkunde stf.),
  • Zeugniss, Wahrzeichen.
  • 9S27 ungedienet adj. part., unverdient, ohne verdient zu haben. —
  • 21*
  • 324 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • entriuwen, des ist alze vil.»
  • «ei», sprach der truhsseze do
  • ((frouw', ir tuot übel, wie redet ir so? 9830
  • min herre, der ez enden sol,
  • der kan doch selbe sprechen wol:
  • der spreche imde antwürte mir. »
  • der künec sprach: «frouwe, sprechet ir
  • vür iiich, vür Isöt' und vür mich.» 9835
  • «genäde, herre, daz tuon ich.»
  • aber sprach diu küniginne:
  • ((truhsceze, dine minne
  • (248) die sint lüter unde guot
  • und hast so mänlichen muot: 9840
  • du bist wol guotes wibes wert.
  • swer aber so hohes lönes gert,
  • da er sin niht verdienet hat,
  • entriuwen, deist ein missetät.
  • du hast dir selben üf geleit 9845
  • eine tat und eine mänheit,
  • der du mitalle unschuldic bist,
  • als ez mir zuo gerünet ist.»
  • «frouwe, ir redet, i'ne weiz wie:
  • ich hau doch diz Wortzeichen hie.» 9850
  • «so hast du bräht ein houbet dan:
  • daz brachte ouch lihte ein ander man,
  • ich meine, ob er Isolde
  • dermite verdienen sohle.
  • sine wirt aber gewannen niht 9855
  • mit alse kleiner geschiht.»
  • «nein zwäre», sprach diu junge Isot
  • « durch also msezli'che not
  • enwil ich niemer veile sin.»
  • «ahi, frou junge künigin», 9860
  • sprach aber der truhsseze do
  • «daz ir ze minen dingen so •
  • mit arge sprechende sit
  • der not, der ich ze maneger zit
  • 9S48 zuo runen swv. , s. zu 9679. — 9850 irorizeichen stn., eigentlicli : eiu
  • Zeiclien für das Wort; genügender äuljerliclier Bav^'eis = Urkunde , ent-
  • ßprecheiid unserin: Wahrzeichen (über welclies Wort noch Zweifel herrscht,
  • oh = irarzpic/u'n oder = wdrzeicfi<'ii oder EntsteUuug aus worfzeichpn, öster-
  • reichisch warf zeichen; Gr. 2, 481). — 9SbS ii/cvzlic/i &(i}., mäßig, gering; vgl.
  • 11605. — 9863 arc stm., (Argheit), Bosheit, übele Gesinnung; ruft anje,
  • feindselig. — sprechen mit dat. (der not), von einem oder von etwas
  • sprechen, sich über etwas äußern. —
  • XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN. 325
  • durch iuwer miüue erliten liän, 9865
  • daz sol zc guoten staten gestän. »
  • « daz ir mich minnet», sprach Isolt
  • «i'ne wärt iu nie getriii noch holt
  • noch zwäre iemer werden sol.«
  • «ja», sprach der ander «ich weiz wol, 9870
  • ir tuot vil rehte als elliu wip;
  • ir Sit alle also gelip,
  • also geartet unde gemuot,
  • iucli dunket ie daz arge guot,
  • daz guote dunket iuch ie arc: 9875
  • diu art ist au iu allen starc;
  • ir Sit verkeret alle wis,
  • iu sind die tumben alle wis,
  • (249) iu sint die wisen alle lump ;
  • ir machet üz dem sichten krump 9880
  • und üz dem krumhen wider sieht;
  • ir habet allen ungereht
  • an iuwer seil gevazzet:
  • ir minnet, daz iuch hazzet;
  • ir hazzet, daz iuch minnet. 9885
  • wie Sit ir sus gesinnet,
  • wie minnet ir so harte
  • der dinge widerwarte,
  • daz man der so vil an iu siht!
  • der iucli da wil, desn weit ir niht, 9890
  • und weit den, der iuch niht enwil.
  • ir sit daz irresameste spil,
  • daz lernen üf dem brete kan.
  • er ist ein sinneloser man,
  • der äne bürgen durch daz wip 9895
  • iemer geveilet den lip.
  • und zwäre iedoch dar umbe niht,
  • swaz ir jeht oder min frouwe gibt,
  • ez wirt al anders üf geleit,'
  • oder man brichet mir den eit.» 9900
  • 9^72 f/e(ip adj., (mit lip, mit einem Leibe, Wesen vorsehen), beschaffen. —
  • 9873 '.leiiiiiot atlj. = gesinnt. — P882 unypreht stm., das Unreclite, Verkehrte,
  • das Gegentheil. — 9Ss3 die Wendung an das {ein, min) seil als Bild ist
  • wohl aus dem .Tägerleben gonommcu: wie der Jäger seinen Hund; es
  • heißt also: an sich fesseln, sich zu eigen machen, annehmen. — 9888 wider-
  • uartr stf. (10262), zunächst: die Gegnerin, dann auch von Sachen: das
  • Gegentheil. — 9892 irresani adj., unsicher, schwankend; vgl. 11830. —
  • 9896 geveilen swv., verst. veilen (9965), feil machen, preisgeben, wagen.
  • 326 XIII. DER KAMPF MIT DEM DRACME.Y.
  • Aber sprach diu küniginne:
  • «truhsreze, dine sinne
  • die sint starc unde spsehe:
  • der spfche an sinnen sselie,
  • si habent dem geliehen schin, 9905
  • als si ze kemenäten sin
  • in der fröuwen tougenheit bedäht.
  • da zuo hast du si vür braht
  • rcht' alse ein frouwen ritter sol.
  • du weist der frouwen art ze wol: 9910
  • du bist dar in ze verre komen,
  • ez hat dir der manne art benomen.
  • du minnest ouch ze harte
  • der dinge widerwarte.
  • mich dunket, dir si ouch wol dcrmite: 9915
  • du hast den selben frouwen site
  • ser' an din seil gevazzet:
  • du minnest, daz dich hazzet;
  • (250) du wilt, daz dih niht enwil:
  • diz ist doch unser frouwen spil; 9920
  • wes nimestu dich hie mite an?
  • so dir got, du bist ein man,
  • läz uns unser frouwen art,
  • dune bist niht wol dermite bewait.
  • habe di'nes mannes sinne 9925
  • und minne, daz dich minnc;
  • weile, daz dich welle:
  • daz spil hat guot gevelle.
  • du sagest uns ie genote,
  • du wellest Isote, 9930
  • und si enwelle din niht.
  • daz ist ir art: wer mac des iht?
  • 9904 der ist niclit Artikel {gan. oder dat.) zu spci'hc (.'»034), sondern
  • Relativ ;=s»'Cr, wenn einer. — spwlie (im Wortspiel mit spd'he. adj. pl., fein,
  • scharfRinnig in 9903) ist hier Singular des Adj. in der Bedeutung: ver-
  • ständig, synonym mit irtx. spa?lip. an siiijien ist nur Verstärkung des ein-
  • fachen Wortes. Wenn einer sich darauf ^e^stehend zuselien würde (so
  • würde er find'Ui). — 9907 to'ifjfnhcit stf., Heimlichkeit. — 990S «Frauen-
  • ritter« würde auch im Tnodernen Gediclite halbwegs verstanden werden;
  • speciell A^erstand aber die alte Zeit unter froutvcn ritter denjenigen, der
  • von einer Frau irgend ein Kleidungsstück, ein Haarband, einen Ärmel,
  • Gürtel oder Ring u. s. w. zum Geschenk erhält, welches ihn während des
  • Kampfes an die Geliebte erinnern und ihm zum yiege verhelfen soll ;
  • vgl. Frommann zu Herbort 9516. — 9927 irclle imper. im Wortspiel mit
  • dem folgenden welle conj. praes. — 9928 gevelle stn., (Gefälle), hier: Fall
  • der Würfel, überhaupt des Spiels, Chance; vgl. spügevelle in V. 16442. —
  • XIH. DKß KAMPF MIT DEM DßACUEN. 527
  • si Kit der dinge vil hin gan,
  • der si doch vil wol möhte hän.
  • ir ist der vil unmsere, 0035
  • dem si doch vil liep wsere,
  • der du ze hant der erste bist.
  • daz selbe ir von mir gartet ist:
  • ich selbe enwart dir ouch nie holt.
  • ich weiz wol, alsam tuet Isolt: 00-10
  • cz ist ir gartet von mir.
  • du verliusest michel minne an ir.
  • diu schdene, diu reine,
  • si wcere ze gemeine,
  • ob si iegelichen solte 0045
  • wellen, der si weite.
  • truhsaize, als du hast geseit,
  • min herre der sol sinen eit
  • vil gerne an dir bcwceren.
  • sich, daz du dinen mseren 0050
  • und diner rede so mite gast,
  • daz du s' iht under wegen last:
  • volge dinen. Sachen.
  • ich ho3re sagen, den trachen
  • den habe ein ander man erslageu: 0055
  • sich, waz du da zuo wellest sagen.»
  • «wer waire der?» «ich weiz in wol
  • und wil in bringen, swenne ich sol.»
  • (251) «Frouwe, cz enist kein man,
  • der sich hier umbe iht nimet an 0060
  • und mich von minen eren
  • mit valsche wsenet keren;
  • der mir State und reht wil geben,
  • dane si' min lip umb' und min leben
  • gewäget unde geveilet, 0065
  • swie mir der hof erteilet,
  • hänt wider hende,
  • e ich den fuoz gewende!»
  • D937 ze hant wesen , bei der Hand, zur Stelle, da sein. — 9938 arten svw.,
  • [vgl. nlul. ausarltn, erlialten geartef] entspricht hier ziemlich unserm:
  • an-, auferbeii (eine Naturaulaf^e) ; Kurtz: angeartet, V. 9941 angeerbt;
  • •Simrock desgleichen. — 90(;r) vcitcn swv., preisgeben ; vgl. 989G. — 99üG er-
  • (i'ilen 8WV., urtheilen, Entscheidung geben. — Ü907 haut wider hende, ent-
  • sprechend unserm: Mann gegen Mann. -^
  • 328 XTII. DER KAMPF MIT DEM DRACHEN.
  • «diz lobe ich», sprach diu künigin
  • «und wil des selbe bürge sin, 9970
  • daz ich dich diner rede gewer
  • und dir'n ze kämpfe bringe her
  • von hiute unz an den dritten tac,
  • wände ich iezuo enmac,
  • den selben der den trachen sluoc. » 9975
  • der künic sprach: «des ist genuoc.»
  • ouch sprächen al die herren do:
  • «truhsseze, es ist genuoc also;
  • diz ist ein kürzli'chiu bite:
  • gä dar, bestaete den kämpf hie mite, 9980
  • und tuo min frouwe selbe alsam. »
  • der künec do von in beiden nam
  • triuw' unde gewisse giselschaft,
  • daz dirre kämpf endehaft
  • des dritten tages wsere. 9985
  • hie mite zergie diz msere.
  • 9979 hH.e stf., hier: Verzug, Aufschub; vgl. zu SSfiO. — 9980 bestaten swv.,
  • bestätigen , festsetzen. — 9983 yUtlschaft stf., Bürgschaft, Versprechen.
  • Druck von F. A. Brcckhaus in Leipzig.
  • DEUTSCHE CLASSIKER
  • DES
  • MITTELALTERS.
  • MIT WORT- UND SACHERKLÄRUNGEN.
  • BEGRÜNDET
  • VON
  • FRANZ PFEIFFER.
  • ACHTER BAND.
  • aOTTFRIED'S VON STRASSBURG TRLSTAN.
  • ZWEITER THEIL.
  • LEIPZIG:
  • F. A. BROCKHAÜS.
  • 1873.
  • GOTTFßlED'S VON STRASSBURG
  • TRISTAN.
  • HERAUSGEGEBEN
  • VON
  • REINHOLD BECKSTEIN.
  • ZWEITER THEIL.
  • ZWEITE AUFLAGE.
  • LEIPZIG:
  • F. A. BRO CKH AUS
  • 1873.
  • INHALT.
  • Seite
  • XIV. Der Splitter 1
  • XV. Das Wahrzeichen 25
  • XVI Der Minnetrank 44
  • XVII. Das Geständniss . . . .' GO
  • XVIII. Brangsene 78
  • XIX. Rotte und Harfe 99
  • XX. Marjodo HO
  • XXI. List wider List 117
  • XXII. Melot 135
  • XXIII. Belauschtes Stelldichein 146
  • XXIV. Das glühende Eisen IGl
  • XXV. Petitcriu . 185
  • XXVI. Die Verbannung 204
  • XXVII. Die Minnegrotte .213
  • XXVIIL Entdeckung und Versöhnung 233
  • XXIX. Scheiden und Meiden 245
  • XXX. Isot als blansche mains 267
  • Kurze Nacherzählung der Fortsetzungen Ulrich's von
  • Türheim und Ileinrich's von Freiberg.
  • Vorbemerkung 300
  • I. Ulrich von Türheim 302
  • IL Heinrich von Freiberg 311
  • Wortregister 323
  • Namenverzeichniss 361
  • XIV.
  • DER SPLITTER.
  • Zufällig gewahrt die junge Isolt im Schwerte des Spiolmaniis eine
  • Scharte und macht die Entdeckung, daß jener Splitter in Morold's Haupte
  • in die Lücke passe. Auch findet sie, daß die Xamen Tantris und Tristan
  • zusammcnstinnuen. Kachsüchtig geht sie mit dem Schwerte auf Tristan
  • los, der in einem Bade saß, um für ilires Oheims Tod Vergeltung zu üben ;
  • aber die Mutter kommt herzu und hindert sie. Die Königin ist in Hin-
  • blick auf den Truchseß versöhnlicher gestimmt. Tristan vertraut ihnen,
  • er habe, wenn sie ihn leben ließen und ihren Haß aufgeben wollten, ihnen
  • Frohes zu verkündigen. Auf Brangrenens Rath, die sicher ist, daß Tristan
  • nur um ernster Dinge willen nach Irland gekommen sei, wird zwischen
  • ihm und den drei Frauen eine Versöhnung zu Stande gebracht, und
  • Tristan bringt seine Werbung für König Marke vor. König Gurmun wil-
  • ligt ebenfalls ein und ist geneigt, daß in die Versöhnung auch König
  • Marke und seine beiden Lande eingeschlossen werden. Tristan lässtKur-
  • venal zu sich bescheiden und ertheilt ihm den Auftrag, den Gefährten
  • Bericht zu erstatten zugleich mit dem Befehle, sich bereit zu halten.
  • Die frouwen giengen beide dan
  • und nänien aber ir spileman
  • in ir fliz und in ir pflege.
  • ir beider fliz was aller wege 9990
  • mit süezer bedajhtekeit
  • niuwan an diu dinc gtleit,
  • diu sin helfe solten wesen.
  • ouch was er iezuo wol genesen,
  • lieht an dem libe und schöne var. 9995
  • nu nam Isöt sin dicke war
  • und marcte in üz der mäzc
  • 9991 bedcehtekeit stf., (Bedächtigkeit), Bedachtsamkeit, — 09^7 merken
  • 8WV., hier von einer Person gesagt, beachten, betrachten.
  • GOTTF.TIED VON STR.\,SSBÜEG. IT. 2. Aufl. 1
  • XIV. DER SPLITTER.
  • an libe und an geläze;
  • (252) si blicte im dicke tougen
  • an die hende und under ougen; lOOOO
  • si besach sin arme und siniu bein,
  • an den ez offenliche schein,
  • daz er so tougenliche lial;
  • si bespehte in obene hin zetal:
  • swaz maget an manne spehen sol, 10005
  • daz geviel ir allez an im wol
  • und lobte ez in ir muote.
  • Nu daz diu schoene guote
  • sine geschepfede so rieh
  • und sine site so herlich 10010
  • sunder bespehete unde besach,
  • ir herze tougenliche sprach:
  • «got herre, wunderaere,
  • ist iht des wandelbare ,
  • dest' ie begienge oder begast, 10015
  • und deste an uns geschaffen hast,
  • so ist hie zwäre wandel an,
  • daz dirre herliche man,
  • an den du solhe Scclekeit
  • libes halben hast geleit, 10020
  • daz der als irrecliche
  • von ri'che ze riche
  • sine notdürfte suochen sol.
  • im solte billich unde wol
  • ein riche dienen oder ein laut, 10025
  • des dinc also wsere gewant.
  • diu werlt stät wunderliche,
  • so vil manc künicriche
  • besetzet ist mit swacher art,
  • daz ime der eines niht enwart. 10030
  • ein lip also gebaere,
  • der so getugendet waere,
  • 10013 u-under(cre strn., Wunderthäter ; vgl. zix 16220. — 10014 icandel-
  • hccre adj., (wandelbar), verkehrt, mangelhaft. — 100i5 dest' (Hs. M. deste,
  • H dest) = des de, des du. — lOOlG deste (=M. H dest). — 10017 wandet
  • stni., Mangel. — 10021 irrecliche adv. , in der Weise eines Umherirrenden,
  • auf der Irrfahrt. — 10023 notdürfte ist wohl Plural von noidurft, nicht
  • Sing, notdürfte stf.; nStdurft stf., (Nothdurft), nothwendiger Unterhalt. —
  • XIV. DER SPLITTER. ö
  • der solle guot und ere hän.
  • an ime ist sere missetän.
  • got lierre, du hast ime gegeben 10035
  • dem libe ein ungelichez leben. »
  • SU3 redete s' öfte diu maget.
  • nu hn^te ir rauoter euch gesaget
  • (•253) ir vater umbe den koufman
  • allez von ende her dän, 100-tO
  • als ir ez selbe habet vernomen ,
  • diz dinc, wie'z allez her ist komen ,
  • und wie er nihtes gerte,
  • ■\van daz man in gewerte
  • frides da nach mere, 10045
  • swenn' er deheine kere
  • niem' in daz künicriche.
  • daz hsete si'm heinliche
  • von ende unze ende gesaget.
  • Hier under liiez ouch ime diu maget 10050
  • ir knappen Paranisen
  • sin harnasch und sin isen
  • wiz unde schoene machen
  • und z' andern sinen Sachen
  • wol unde flizeclichen sehen. 10055
  • nu diz was allez geschehen:
  • ez was schon' unde wol bereit
  • und über ein ander hin geleit.
  • nu gie diu maget heinliche dar
  • und nam es alles sunder war. 10060
  • nu ergieng ez aber Isolde,
  • also der billich wolde,
  • daz si aber ir herzequäle
  • zem anderen male
  • vor den andern allen vant. 10065
  • ir herze daz was dar gewant,
  • ir ouge allez dar wäc,
  • da der harnasch da läc;
  • und enweiz niht, wie si des gezam,
  • 10036 ungelich adj. mit dat., nicht entsprechend, unangemessen. — 10040 für
  • her dan (= herwärts, von da her) brauchen wir nur: /ifr (vcn Anfani? au).
  • 100«^7 liegen stv., hier vom Auge gesagt : bewegen, richten. — lOOtii) 9*;-
  • zemen stv. mit acc. und gen., hier: zu etwas Veranlassung finden. —
  • XIY. DEK SPLITTER.
  • daz si daz swcrt ze Landen nara,
  • als JLincfrouwen imde kint
  • gelustic linde gelängic sint
  • und weizgot oucli genuoge man.
  • si zocli ez üz und sach ez an
  • und schouwete ez wä unde wä.
  • nu ersach si den gebresten da:
  • si begünde an die scharten
  • lang' unde sere warten
  • (254) und gedähte in ir muote:
  • « sem mir got der guote,
  • ich w£ene, ich den gebresten liän,
  • der hie inne soltc stän,
  • und zwäre ich wil es nemen war.»
  • si brähto in unde sazte in dar:
  • nu füogte diu luckc
  • und daz vertane stucke
  • und wären alse cinba3rc,
  • als obe ez ein dinc w£ere,
  • als oucli gewesen wären
  • innerhalp zwein järcn.
  • 10070
  • 10075
  • 10080
  • 10085
  • 10090
  • Nu begünde ir herze kalten
  • umbe ir schaden den alten,
  • ir varwe diu wart beide
  • von zorne und von leide
  • tötbleich und iesä fiuwerrot:
  • «ä», sprach si «sseldelose Isot,
  • owe mir unde wäfen!
  • wer hat diz veige wäfen
  • von Kurnewäle her getragen?
  • hie wart min ceheim mite erslagen,
  • 10095
  • 10100
  • 1007:.' gelustic adj., begehrlich. — gelänf/ic adj., verlangend. — 10074 be-
  • zieht sich uz zifhen, was das ISTächstliegende zu sein scheint, auf das Aus-
  • ziehen des Schwertes aus der Scheide? oder ist uz zielten nicht viel-
  • mehr das Ausstrecken, Vorsiclihalten? — 10076 gebrente swm., Mangel,
  • synonym mit schartf! und hat wie dieses Wort verschiedene Bedeutung;
  • hier ist geöreste das fehlende Stück im Schwerte, die Lücke, also in un-
  • serm Sinne: Scharte. — 10081 gebreste, hier in dem andern Sinne: Stück
  • aus dem Schwerte. — 10085 fliegen swv. (oder ein fiiogen anzunehmen?)
  • hier intransitiv: füglich sein, passen. — 10086 vertan part. adj., eigentl. :
  • hingegeben (vgl. veige), verurtheilt, verdammt, verwünscht; von Gottfried
  • ferner noch wirksam angewandt in V. 13887. 14515.
  • 10091 halten swv. intrans., erkalten, erstarren ; vgl. 130G8. — 100% scelde-
  • los adj., ohne scclde, Glück, unglücklich. — 10097 wäfen (eigentlich dat. pl.
  • zu den Waffen), ein Weheruf, Wehe! (wobei vielleicht der Anklang an
  • vuof, wuofen, Klage, klagen, mitgewirkt hat); bei Gottfried nur liier. —
  • XIV. DER SPLITTER. O
  • und der in sluoc, der hiez Tristan.
  • wer gab ez disem spileman?
  • der ist doch Täntris genant.»
  • die namen begunde si zehant
  • beid' in ir sinnen aliten, 10105
  • ir beider Kit betrabten.
  • «ä herre», sprach si wider sich
  • «dise namen die beswserent mich.
  • i'ne kan niht wizzen, wie in si:
  • si lütent nähe ein ander bi. 10110
  • «Tantriso, sprach si «und Tristan,
  • da ist benamen heinliche an.»
  • Xu si die namen begunde
  • ze tri'benne in dem munde,
  • nu geviel si an die buocbstabe, 10115
  • da man si beide schephet abe,
  • und vant in disem al zehant
  • die selben, die si in jenem vant.
  • (255) nu begunde s' an in beiden
  • die sillaben scheiden 10120
  • unde sazte nach als vor
  • und kom reht' üf des namen spor:
  • si vant ir ursuoche dar an:
  • vür sich so las si Tristan,
  • her wider so las si Tantris. 10125
  • hie mite was si des namen gewis.
  • «ja ja», sprach aber diu schoene do
  • « ist disen mseren danne so ,
  • diseu valsch und dise trügeheit
  • hat mir min herze wol geseit. 10130
  • 10110 sie lauten dicht nebeneinander, sie nähern sich durchaus in ihrem
  • Laute; sie stimmen fast zusammen. — • 10112 heinliche stf., hier wie iu
  • V. 7441: Geheimniss; liierin steckt gewiss ein Geheimniss ; oder sollte /
  • Ltche zu fassen sein als: Vertraulichkeit, enjjer Zusammenhang?
  • Iull4 ze (rtOenne, abh. von boijitnde (Maßmann gegen die Hss. ze-
  • trlben^= zertrtbcii wohl nach V. 122^8). (riöen , hin- und herjagen, wen-
  • den; vgl. 10608. — 101 1() aöe gehört niclit zu schfiphfl, sondern zu da: da-
  • von, womit. — schephen swv., hier ähnlich wie in V. 21: scliaffen, bilden.
  • — 10123 ursuoche stf.. Nachsuchung, JJ^achforschung (objectiv), das Ge-
  • suchte; so wird das \V^rt meist (Groote, Hagen, Kurtz, mlul. Wörterbuch)
  • verstanden; danach bezieht sich ir auf Isolt. Auch Becli: sie crreicJite
  • ihren Zweck auf folgende Weise (dar an). Simrock: «da sie den
  • Schlüssel gewann»; dann wäre tirsuoc/'e= Ursache, und »V bezöge sich auf
  • namen. Sollte nicht ursuoche stehen ähnlich wie in V. 14,3')4: Verdacht,
  • Gegenstand des Verdachts, dann in weiterer Bedeutung; Geheimniss (ir=
  • namen)? dar an: im Tolgenden. —
  • XIV. DER SPLITTER.
  • wie wo] ich weste al dise vart,
  • Sit ich in merkende wart,
  • Sit ich an ime lip unde gebär
  • und sin dinc allez also gar
  • besunder in min herze las, 10135
  • daz er gebürte ein herre was !
  • wer hsete ouch diz getan wan er,
  • daz er yon Kurnewäle her
  • ze sinen totvinden vert,
  • und wir in zwir haben ernert. 10140
  • ernert? er'st nü vil nngeneseu.
  • diz swert daz muoz sin ende wesen!
  • nu ile, lieh din leit, Isöt!
  • gellt er von dem swerte tot,
  • da mite er dinen oeheim sluoc, 10145
  • so ist der räche genuoc!»
  • Si nam daz swert ze banden,
  • si gienc über Tristanden,
  • da er in einem bade saz.
  • «ja», sprach si «Tristan, bistu daz?» 10150
  • «nein frouwe, ich bin ez Tantris.»
  • «so bistu, des bin ich gewis,
  • Tantris unde Tristan:
  • die zwene sint ein veiger man;
  • daz mir Tristan hat getan, 10155
  • daz muoz üf Tantrisen gän:
  • du giltest minen cßhein.!»
  • «nein, süeziu juncfrouwe, nein!
  • (256) durch gotes willen, waz tuot ir?
  • gedenket iuwers namen an mir: 10160
  • ir Sit ein frouwe unde ein maget.
  • swä man den mort von iu gesaget,
  • da ist diu wunnecliche Isot
  • iemer an den eren tot.
  • diu sunne, diu von Irlant gät, 10165
  • diu manic herze erfröuwet hat,
  • ä, diu hat danne ein ende!
  • owe der liebten hende,
  • wie zimet daz swert dar inne!»
  • 10131 vart stf., hier: Hergang, Eewandtniss.
  • 10157 gelten stv., entgelten, für etwas büßen.
  • XIV. DER SPLITTER. (
  • Kii gic diu küniginne, 10170
  • ir imioter, zuo der tür hin in:
  • «wie nü?» sprach si «waz sol diz sin?
  • tohter, waz tiutest du hie mite?
  • sint diz schcene frouwen site?
  • hästu dinen sin verlorn? 10175
  • weder ist diz schimph öder zorn?
  • waz sol daz swert in diner haut?»
  • «ä, frouwe muotor, wis geniant
  • unser beider herzeswaere:
  • •diz ist der mordrere 10180
  • Tristan, der dinen bruoder sluoc.
  • nu habe wir guoter State genuoc,
  • daz wir uns an im rechen
  • und diz svvert durch in stechen:
  • ez enkümet uns beiden niemer baz.» 10185
  • «ist diz Tristan? wie weistu daz?»
  • «ich weiz ez wol, ez ist Tristan,
  • diz swert ist sin, nu sih ez an
  • und sich die schärten da bi
  • und merke daune, ob er ez si. 10100
  • ich sazte ieziio diz stuckelin
  • ze dirre veigen scharten in:
  • owe , dö sach ich , daz ez schein
  • einbsereliche und rehte als ein.»
  • «ä», sprach diu müoter zehant, 10195
  • "Isot, wes hastu mich gemant?
  • daz ich min leben ie gewan!
  • und ist diz danne Tristan,
  • (257) wie bin ich dar an so betrogen!»
  • Nu haete ouch Isot üf gezogen 10-200
  • daz swert und trat hin über in.
  • ir muoter kerte zuo z'ir hin:
  • <(li\ stän, Isot», si)rach si, «lä stän!
  • weist iiiht, waz ich vertriuwet hän?»
  • «i'ne rüoche, zwäre, ez ist sin tot.» 10-205
  • 101S9. 10192 scharte hat hier wieder verschiedene Bedeutung: zuerst
  • 1^ stuckelin, Splitter, dann in unserra Sinne: Scharte, Lücke.
  • 10200 v/ zii'hf.n , in die Höhe heben (ausholend zum Sclilage). —
  • 10204 verdiuwen, 6wv., versprechen. — 1020Ö ruochen swv., sich kümmern,
  • beachten, hier allein stellend. % nc ruo:h>' entaprecheiid uuserm : kümmert
  • mich nicht, einerlei; —
  • XIV. DER SPLITTER,
  • Tristan sprach: «merzi, bele Isöt!»
  • «i, übeler man», sprach Isöt, «i,
  • linde vorderst du merzi?
  • merzi gehoeret nilit ze dir:
  • din leben daz lazestu mir!» 10210
  • «nein tohter», sprach diu muoter dö
  • « ez enstat nu leider niht also ,
  • daz wir uns mügen gerechen,
  • wir enwellen danne brechen
  • unser triuwe und unser ere. 10215
  • cngahe niht ze sere:
  • er ist in miner huote
  • mit libe und mit guote.
  • ich hän in, swie'z derzuo si komen,
  • gänzliche in minen fride genomen. » 10220
  • «genäde, frouwe» sprach Tristan:
  • «frouwe, gedenket wol dar an,
  • daz ich iu guot unde leben
  • an iuwer ere hän ergeben ,
  • unde enpfienget mich also.» 10225»
  • «du liugest!» sprach diu junge dö
  • «ich weiz wol, wie diu rede ergie:
  • sin' gelöbete Tristande nie
  • weder fride noch huote
  • an libe noch an guote.» 10230»
  • Hie mite so lief si'n aber an:
  • hie mite rief aber Tristan:
  • «ä, bele Isöt, merzi, merzi!»
  • ouch was diu muoter ie da bi ,
  • diu durnähte künigin: 10235'
  • er mohte äne sorge sin.
  • ouch wsere er ze den stunden
  • in daz bat gebunden,
  • (258) und Isöt eine da gewesen:
  • er wsere doch vor ir genesen. 10210'
  • diu süeze, diu guote,
  • diu siure an wibes muote
  • noch herzegallen nie gewan,
  • 10206 merzt hat wie genade die beiden Bedeutungen Gnade und Dank; hier
  • = Gnade. — 10221 dieser Vers ist an die alte Isot gerichtet, und genäde=^
  • Dank (für ihre gute Gesinnung). — 10222 fg. an die junge Isot.
  • 10242 siure stf., Bitterkeit. —
  • XIV. DER SPLITTER. 0
  • wie solJo diu geslahen man?
  • wan (laz si von ir leide 10245
  • und oucli von zorne beide
  • solhe gebärde haete ,
  • als ob si'z gerne taste;
  • lind hrete oucli lihte getan,
  • möhte si daz herze hän. 10250
  • daz was ir aber tiure
  • ze sus getaner siure.
  • Doch was ir herze niht so guot,
  • sine hrete zorn und unmuot,
  • wan si den horte unde sach, 10255-
  • von dem ir leide geschach.
  • si horte ir viant unde sahen
  • und mohte sin doch niht geslahen:
  • diu süeze wipheit lag ir an
  • unde zucte si da van. 102GO
  • an ir striten harte
  • die zwo widerwarte,
  • die widerwarten conterfeit:
  • zorn unde wipheit,
  • diu übele bi ein ander zement, 10265-
  • swä si sich ze banden nement.
  • so zorn an Isolde
  • den viant slahen wolde,
  • so gie diu süeze wipheit zuo :
  • «nein», si)rach si suoze «niene tuo!» 10270
  • sus was ir herze in zwei gemuot:
  • ein herze was iibel unde guot.
  • diu schoene warf daz swert dernider
  • und nam ez aber iesa wider:
  • sine wiste in ir muote 10275
  • under übele und under guote ,
  • ze wederem si solte:
  • si wolte unde enwolte.
  • (250) si wolte tuon unde län.
  • 10244 geslahen stv., verst. slahen, erschlagen.
  • 10259 wipfteit stf. entspricht hierunserm: Weiblichkeit; vgl. zu 12409..
  • 179'^3. — 10263 widenrart ad.j. (im Wortspiel mit ividerivarte pl. subst.)^
  • (widerwärtig"), feindlich. — 10271 in zicei, in zwei Theile (entzwei^, zwei-
  • fach; in »nci geiuu'jt , zwieträchtig; « zwiegeraiith ». Kurtz (was Simrock.
  • abschreibt). —
  • 10 XIV. DER SPLITTER.
  • sus lie der zwivel iimbe gän, 10280
  • l)iz doch diu süeze wipheit
  • an dem zorne sige erstreit,
  • so daz der totvint genas
  • und Morolt ungerochen was.
  • Hie mite warf si daz swert von ir, 10285
  • weinende si)racli si: «ouwe mir,
  • daz ich ie disen tac gesach!»
  • diu wise ir muoter zuo ir sprach:
  • «herzetohter mine,
  • die herzeswsere dine, 10290
  • die selben die sint leider min
  • haz unde harter danne din;
  • nach gotes gcnäden si engänt dir
  • niht alse nähen alse mir.
  • min bruoder, leider der ist tot: 10295
  • daz was biz her min meistiu not.
  • noch fürhte ich eine not von dir,
  • entrimven, tohter, diu gät mir
  • vil näher, danne jeniu tuo:
  • mir wart nie niht so liep so duo. 10300
  • e daz mir iht an dir geschehe,
  • daz ich rehte ungerne sehe,
  • ich läze e gerne disen haz;
  • ich lide sanfter unde baz
  • eine swfere danne zwo. 10305
  • min dinc daz stät mir iezuo so
  • umbe den uns^eligen man,
  • der uns mit kämpfe sprichet an:
  • wir ensehen genote dar zuo ,
  • din vater der künec, ich unde duo 10310
  • wir haben iemer mere
  • verloren unser ere
  • und werden niemer mere fro.«
  • 10280 umbe gan lan steht liier wie umbe gän; die Elli])se von ros , sein'/
  • u. a. w. ist in diesen Fällen nicht zu ergänzen, län dient nur zur Kedens •
  • art, deren Ursprung vergessen ist; vgl. zu 13530. — 10284 ungerodien lüer
  • I)art. adj., ungerächt (ohne gerächt worden zu sein); vgl. zu 1S408.
  • 1030S an sprechen mit acc. ndt etew., gegen einen seinen Anspruch
  • geltend machen mit einer Maßregel. — 10309 wenn wir nicht eifrig darauf
  • achten, auf der Hut sind, so haben wir u. s. w. —
  • i
  • XIV. DER SPLITTER.
  • 11
  • Jeuer in dem bade der spracb do
  • «sseligeii froiiwen beide,
  • ez ist war, ich hän iu leide,
  • und aber mit grözer not getan.
  • Avelt ir iuch, alse ir sult, entstän,
  • (260) so wizzet ir wol, daz diu not
  • niiit anders was niwan der tot:
  • den lidet note ein ieclich man,
  • die wile er sich generen kan.
  • swie'z aber dar umbe ergangen ist,
  • swie ez iu nü ze dirre frist
  • ze dem truhsaezen ist gewant,
  • daz keret allez z'einer haut,
  • dem sol ich ein guot ende geben;
  • ich meine, ob ir micli lazet leben,
  • und es enirre mich der tot.
  • frouwe Isot und aber Isot,
  • ich weiz wol, daz ir alle zit
  • sinnec unde saälic sit,
  • getriuwe unde bescheiden:
  • möht' ich mich hin ze iu beiden
  • einer rede verläzeu
  • und woltet ir iuch mäzen
  • übeler gebserde her ze mir
  • und ouch des häzzes, den ir
  • Tristande lange habet getragen,'
  • ich wolte iu guotiu miere sagen. »
  • 10315
  • 10320
  • 10325
  • 10330
  • 10335
  • 10340
  • isote muoter, Jsöt,
  • si sah in lange an und wart rot:
  • ir liebten ougen wurden vol.
  • «owe!» sprach si «nu beere ich wol
  • und weiz vür war, daz ir ez sit;
  • ich zwiVelte imze.an dise zit.
  • nu habt ir mir die wärheit
  • 10345
  • 10317 iiiil fjroze)- not , höchst nothgedrungen. — l(i326 wird verschieden
  • gefasst; Kurtz: «Darauf ... sei euer ganzer Sinn gestellt» (Simrock ab-
  • schreibend: «sei euer Sinn allein gestellt»); ich glaube nach dem Zusam-
  • menhange eher das (iegentheil mit Groote: z' einer /lant kereii, läzen, (.alles
  • einerlei sein, auf sich beruhen lassen"; vgl. 14223. — ze einer ],an( = zer
  • liant, und //a7i< = Seitc ; die Wendung: bei Seite legen, unbeachtet lassen;
  • vgl. ferner 1G518. — 10329 irren swv., hier: liindern ; dieselbe "Wendung in
  • V. l-luOT. — 10335 verläzen refi. mit gen. ze einem, sich auf einen in einer
  • Sache verlassen, auf ihn rechneu. — 1033(J mäzen swv. mit gen., sich einer
  • Sache enthalten; vgl. 12144.
  • 12
  • XIV. DER SPLITTER.
  • üngefräget geseit.
  • owe , owe her Tristan ,
  • (Jaz ich mwer ie gewalt gewan
  • so guoten, alse ich iezuo hän,
  • lind der also niht ist getan,
  • daz ich in also geüeben müge ,
  • als ez mir wage imde tilge!
  • gewalt ist aber so manicvalt:
  • ich waene, ich mac wol disen gewalt
  • an minem vinde üeben,
  • daz reht so vil getrüeben
  • (261) an einem übelen manne,
  • ja herre, wil ich danne?
  • entriuwen ja, ich wsene.»
  • 10350
  • 10356
  • 1036a
  • lemitten kom Brangaene
  • diu stolze, diu wise
  • lachende unde lise,
  • schön' unde wol gestrichen
  • aldort her in geslichen ,
  • und sach daz swert da ligen bar,
  • die frouwen beide riuwevar :
  • «wie nü?» sprach diu gefüege do
  • ('disen gebaerden wie ist den so?
  • waz maere tri'bet ir driu?
  • disiu frouwen ougen, wie sint diu
  • alsus trüebe und alse naz?
  • diz swert hie lit, waz tiutet daz?»
  • «sich», sprach diu guote künigin,
  • «Brangaene, herzeniftel min,
  • sich, wie wir alle sin betrogen:
  • wir haben ze blintliche erzogen
  • den slangen vür die nahtegalen,
  • dem rappen kernen vür gemalen,
  • der der tüben solte sin.
  • wie haben wir, herre trehtin,
  • 10365-
  • 10370
  • 10375
  • 10380
  • 1Ö3.J3 geüeben swv., verst. üeben, ausüben. — 10354 wegen stv. mit dat.^
  • eigentlich: für einen Gewicht haben, ihm helfen. — 10355 manicvalt adj.,,
  • raanigfaltig, vielfach. — 10358 getrüeben swv., verst. trüeben (kommt bei
  • Gottfried nicht vor), trüb machen.
  • 10362 lemitten adv., inzwischen (Abstammung noch nicht erwiesen);
  • vgl. 11690. — 10365 gestrichen part. adj., geglättet, entspricht unserm: ge-
  • putzt; vgl. 10756. — 10368 riuwevar adj., schmerzlich aussehend (6592),
  • verstört. — 103S0 kernen acc. von kerne swm., Kern, Korn. —
  • XIV. DER SPLITTER. 13
  • den viaiit vür den friunt ernert,
  • dem übelen tode zwir erwert
  • nnt unser selber banden 10385
  • unsern vint Tristanden!
  • sich, wä er sitzet: deist Tristan.
  • nu hän ich zwi'vel dar an,
  • weder ich mich reche oder entuo.
  • niftel, waz rsetest du derzuo?» 10390
  • «Nein, frouwe, tuot die rede hin:
  • iuwer saehle und iuwer sin
  • diu sint hie züo ze guot,
  • daz ir iemer keinen muot
  • üf solhe untät gewinnet 10395
  • und iemer sO geunsinnet,
  • daz ir ze manslahte
  • iemer gewinnet ahte
  • .(262) unde ouch danne z'einem man,
  • den ir iuch habt genomen an 10400
  • ze fride und ze huote,
  • ez enwärt iu nie ze muote,
  • des ich got wol getrüwen sol.
  • ouch sult ir des gedenken wol,
  • waz rede iuch mit im ane gät, 10405
  • diu niwan umb' iuwer ere stät.
  • soltet ir iuwer ere geben
  • umb' deheines iuwers vindes leben?»
  • «waz wildu danne, daz ich tuo?»
  • «frouwe, da denket selbe zuo: 10410
  • get hinnen , lät in üz gän.
  • die wile muget ir rät hän,
  • waz iu daz wsegeste si.»
  • llie mite giengen s' dan, si dri
  • durch rät in ir heinliche. 10415
  • Isöt diu sinneriche
  • 103S4 ericern swv. mit dat., erhalten, errettou vor etwas.
  • 10396 ffeun.iinnen swv., vei-st. iinsinnen (19149), unsinnig, nuverständig
  • sein. — 10397 manslaht Bif., Menschenmord. — 10398 ahte gt;winnen=:alden,
  • bedenken, sinnen, Gedanken fassen; 2e=auf. — 10399 ouch dannt; ^=noch.
  • dazu. — :e eteht niclit = 2e in V. 10397, sondern ist = gegen. — 10412 rät
  • A««r=Kath lialten. — 10413 daz n-cegeste adj. subst., das Vortheilhafteste,
  • Kathsamate; vgl. zu 5392.
  • 10415 heinitche stf.. geheimer Ort, etwa: Cabinet, Boudoir. —
  • 14 XIV. DER SPLITTER.
  • (-seht», spracli si «ir beide, sprechet an,
  • waz mac er meinen dirrc man?
  • er sprach wider uns beiden daz,
  • wolten wir läzen disen haz, 10420
  • den wir im hinge haben getragen,
  • er wolte uns guotiii msere sagen:
  • waz mac diz sin? des wundert mich.»
  • Brangsene sprach : « da rate ich ,
  • daz in niemen innen bringe 10425
  • deheiner slahte Undinge,
  • biz wir bevinden sinen muot.
  • sin muot ist li'hte vil guot
  • hin z' iuwer beider eren.
  • man sol den mantel keren, 10430
  • als ie die winde sint gewant.
  • wer weiz , ob er in Irlant
  • durch iuwer ere komen ist.
  • hüetet sin ze dirre frist
  • und lobet ouch eines iemer got, 10435
  • daz dirre ungefüege spot
  • umbe des truhssezen valscheit
  • mit ime sol werden hin geleit.
  • (263) got der hset' unser ruoche
  • an ünserre suoche; 10440
  • wan wtere er an den stunden
  • niht kurzliche funden,
  • weiz got, so wsere er iesä tot.
  • wizze Krist, juncfrouwe Isot,
  • so füere ez wirs, danne ez var. 10445
  • habet niht ungebserde dar,
  • wan wirt er ihtes innen
  • und mag er danne entrinnen ,
  • des hat er reht, daz er daz tuo.
  • von diu da denket beide zuo 10450
  • und bietet ime ez alse wol,
  • 10425 innen bringen mit gen. (undinge), inne werden lassen, merken lassen.
  • — 1042t) undinc stn., unrechtes, schlechtes Ding, überhaupt: etwas Übeles ^
  • Singular in V. 12694. — 10439 ruoche ist wohl nicht Plural von ruoch stm.,
  • welches Gottfried sonst braucht (vgl. 89. 3563), sondern Singular ruoche stf.,
  • Sorgfalt, Sorge, ruoche haben mit gen. (unser), für einen sorgen, gnädig
  • sich eines annehmen. — 10444 wizze Krist, eine Betheuerung, ähnlich wie
  • weiz got; im Tristan nur hier. — 10446 dar haben, (hinhalten), zeigen,
  • sehen lassen. — ungeboerde stf., übele Gebärde, unfreundliches Betragen;
  • vgl. 15891. —
  • XIV. DER SPLITTER.
  • 15
  • alse man von rehte sol.
  • (laz rate ich iu, des volget mir:
  • Tristan der ist als edel als ir
  • linde ist hövesch unde wis,
  • voUekomen alle wis.
  • swie iu daz herze hin ze im si,
  • Sit ime doch höveschliche bi.
  • benamen, swes er habe gedäht,
  • in hat ernest uz bräht.
  • sin gewerp und sin gerinc
  • der ist umb' ernestlichiu dinc. »
  • 10455
  • 10460
  • Sus stuonden s' üf und giengen dau
  • und komen hin, da Tristan
  • heinliche an sinem bette saz. 10465
  • Tristan sin selbes niht vergaz:
  • er fuor üf balde gegen in
  • und viel sa gein in allen hin
  • und lac den höveschen süezen
  • flehliche zuo den füezen 10470
  • und sprach ouch mit dem valle:
  • «igenäde, ir süezen alle,
  • habet geuäde wider mich!
  • lat mich geniezen, daz ich
  • durch iuwer ere und iuwern fromen 10475
  • her bin in iuwer richc komen.»
  • diu liebte cumpanie,
  • die liebten alle drie,
  • (•264) ieglichiu warf ir ougen dan
  • und sähen alle ein ander an. 10480
  • si stuonden, unde er lag also.
  • nfronwe», sprach Brangrene do
  • «der ritter lit ze lange da.»
  • diu küniginne sprach iesä:
  • "waz wildu nü, daz ich im tuo? 10485
  • min herze stät mir .niht dar zuo,
  • daz ich sin friunt gewesen müere:
  • 10458 bi Wesen (st/i). hier: sich nähern, begegnen ; vgl. zu l.')2ri. — 104.')9 den-
  • ken hier mit gen. (, wovon auch}; was auch seine Absicht gewesen
  • sein mag. — 10460 i/z bringen ist wohl elliptisch zu fassen: aus dem
  • Lande, aus seiner Heimat bringen, führen, «zur Reise bewegen». Groote,
  • insofern dann uz^her zu uns). — 10461 'jewerp stm., [Gewerbe sin., Er-
  • werb stra.], Handeln, Geschäft.
  • 16 XIV. DER SPLITTER.
  • i'ne weiz nilit, waz ich tuo, daz tage.»
  • Brangaene diu sprach aber z'ir:
  • onu, liebiu frouwe, volget mir 10490
  • ir und min juncfrouwe Isot:
  • ich weiz ez wärez alse den tot,'
  • daz ir'n in iuwern sinnen
  • unsanfte müget geminnen
  • vor iuwerm alten leide. 10495
  • so gelobet im doch daz beide,
  • ilaz er des libes sicher si.
  • €r geredet vil li'hte da bi
  • sines frumen ab eteswaz.»
  • die frouwen sprächen: «nu si daz.» 10500
  • hie mite so hiez si in üf stän.
  • Xu diz gelübede was getan,
  • si säzen alle viere nider.
  • Tristan greif an sin msere wider:
  • «seht», sprach er «frouwe liünigin, 10505
  • weit ir nu min guot friunt sin ,
  • ich wil iu daz enein geti agen
  • noch innen disen zwein tagen
  • (deist war an' allen argen list),
  • iuwer töhter, diu iu liep ist, 105 IC
  • daz si einen edelen künic nimet,
  • der ir ze herren wol gezimet,
  • scboene unde mute,
  • zem spere und zem schilte
  • ein ritter edel und üz erkorn, 10515
  • von künegen unze her geborn
  • und ist ouch dänne da bi
  • vil lieber danne ir vater si.»
  • (265) «entriuwen», sprach diu künigin
  • «möht' ich der rede gewis sin, 10520
  • ich volgete unde taete,
  • swes mich lernen bsete.»
  • «frouwe», sprach aber Tristan
  • '; ich gewisse iuch schiere dar an :
  • 10494 unsanfte adv., (nicht sanft), nicht leicht, schwerlich.^ — 1Ö493 r/7
  • iVite adv. kommt hier unserm: vielleicht nahe; sonst ist vil /i/.te = wahr-
  • scheinlich und /('/(^e^ vielleicht; vgl. zu 6766. — 10499 sines frumen , zu
  • seinem Frommen, zu seinen Gunsten.
  • 10524 gewissen swv., hier etwas anderes als in V. 6497: versichern,
  • ,-geloben; vgl. 12102. —
  • XIV. i)ER SPLITTER.
  • "bewcere ich'z in zeliänt iiilit,
  • so diu süone gescliiht,
  • so lät mich üz dem fride wesen
  • und lat mich niemer genesen.»
  • diu wise sprach: «Brangasne, sprich,
  • waz ragtest du, wie dunket dich?»
  • «da dunket mich sin rede guot
  • imd rate ouch, daz ir ez tuot.
  • leget allen zwivel hin
  • und stät üf heide und küsset in.
  • al si ich niht ein künigin,
  • ich wil ouch an der suone sin:
  • er was min mäc, swie arm ich si.»
  • «US kusten si'n do alle dri;
  • doch tet ez Isot diu junge
  • mit langer widerunge.
  • 17
  • 10525
  • 10530
  • 10535
  • 105-tO
  • Nu disiu suone alsus geschach,
  • Tristan aher zen frouwen sprach:
  • «nu weiz ez got der guote,
  • i'ne wärt in minem muote
  • so frö nie, alse ich iezuo bin; 10545
  • ich hän al den sorgen hin
  • gewartet unde nach gesehen,
  • die mir mühten geschehen ,
  • daz ich mich des versehen sol:
  • ich versihe mich's niht, ich weiz ez wol, 10550
  • daz ich in iuwern hulden bin.
  • nu leget alle sorge hin:
  • ich bin iu z'eren und ze fromen
  • von Kurnewäle z'Irlant komen.
  • si't miner erren vart, 10555
  • daz ich hie generet wart,
  • Sit sprach ich iemer mere
  • iuwer 16p und iuwer ere
  • {2GG) ze mincm herron Marke,
  • unz ich im den nuiot so starke 105G0
  • 10527 das Gegentheil von V. 0ö98; so schließt mich aus euerin Schutze
  • aus. — 10536 ich will bei der Veraühnuug auch mit inbegrilTen sein. —
  • 10540 riiderunrje stf. [erhalten : Erwiderung], Widerstreben. Sträuben.
  • 10547 hin warten mit dat., hinschauen auf etwas, achten. — nach sehen,
  • berücksichtigen. — 10555 erre = erer adj. comp, von e, früher. —
  • GOTTFRIED VON STRASSBURG. II. 2. Aufl. 2
  • 18 XIV. DER SPLITTER.
  • mit rate an iuch gewante,
  • daz er dar an genante —
  • küm', linde sage in umbe waz:
  • beidiu er vörhte den haz
  • und wolte onch durch den willen min 10565 ü
  • eliches wibes äne sin, 1
  • daz ich sin erb?ere
  • nach sinem töde wcere.
  • hie wisete aber ich in van,
  • unz er mir völgen began. 10570
  • sus wurden wir zwen' under uns zwein
  • dirre selben reise enein :
  • durch daz kom ich in Irlant,
  • durch daz sluoc ich den serpant;
  • und habet ir iuwer arebeit 10575
  • vil sselecliche an mich geleit,
  • des sol min juncfrouwe sin
  • frouwe unde künigin
  • ze Kurnewäle und z'Engelant.
  • nu ist iu min geverte erkant. 10580 j
  • saeligiu massenie, '
  • sseligen alle drie:
  • nu lät ez onch verholen sin.»
  • «nu saget mir» sprach diu künigin
  • «ob ich ez minem herren sage 10585
  • und eine suone enein getrage:
  • missetuon ich iht dar an?»
  • «nein ir, frouwe» sprach Tristan
  • «er sol'z von rehte wizzen.
  • Sit et dar an geflizzen, 10590
  • daz mir kein schade iht üf erste.»
  • «nein, herre, fürhtet iu niht me,
  • dane ist niemere sorgen an.»
  • Hie mite giengen die vrouwen dan
  • in ir heinliche sunder 10595
  • 10562 genenden swv. hier mit dar an, zu etwas Muth fassen. — 10563 kvme
  • adv. steht mit Absicht nach dem Verbum ; wir müssen uns nach diesem
  • eine Pause denken: daß er (auf mein Zureden hin) Lust dazu bekam — aber
  • freilich nur mit Mühe, und zwar aus zwei Gründen u. s. w. — 10567 erbcere
  • stm., Beerber, Erbe. — 10580 geverte sin., hier: Lebensverhältnisse,
  • Schicksal. — 10592 fürhtet iu (Hs. M) niht ist sicher die erste Lesart:
  • fürchtet nicht für euch, seid nicht um euch besorgt. — 10593 sorgen gen.
  • pl. abh. von niemere {^=niht rnere): von nun an ist keine Gefahr mehr.
  • XIV. DER SPLITTER. 19
  • und ahteten hier under
  • sin gelücke und sine linge
  • an iegelichem dinge.
  • (267) ir iegelichiu seite
  • von siner wisheite: 10600
  • diu muoter sus, Brangrene so.
  • c'sich, muoter», sprach diu tohter dö
  • «wie wunderlichen ich bevant,
  • daz er Tristan was genant:
  • do ich des swertes z'ende kam, 10605
  • die namen ich ze banden nam
  • Tantris unde Tristan;
  • nu ich si tri'ben began,
  • nü b'edühte mich an in zwein,
  • si haeten etewaz enein. 10610
  • da nach begunde ich trabten
  • und anclichen ahten
  • und vant do mit den buochstaben,
  • die man ze beiden namen sol haben ,
  • daz ez allez ein was; 10615
  • wan swederhalp ich hin las
  • söne was ie nime dar an
  • wan Tantris oder Tristan
  • und ie an einem beide:
  • nu mi'ioter, nu scheide 10620
  • disen namen Tantris
  • in ein Tan und in ein Tris
  • und sprich daz Tris vür daz Tan,
  • so sprichest du Tristan;
  • sprich daz Tan vür daz Tris, 10625
  • so sprichestu aber Tantris.»
  • diu muoter segenete sich :
  • <'got)), sprach si «der gesegene mich!
  • von wannen kom dir ie der sin,?»
  • Nu si dri von im under in 10630
  • geredeten maneger bände,
  • die künigin diu sande
  • nach dem künege; der kom dar.
  • 10605 ze ende komen mit gen., etwas von Gmind aus erforschen; vgl.
  • 12015. 14591. — 10616 suedcr/talp adv. correl., nach welcher Seite hin.
  • 20
  • XIV. DER SPLITTER.
  • (■seilt, herre», sprach si «nemet war:
  • ir sult uns einer bete gewern, 10635
  • der wir dri ernestliche gern:
  • tuot ir'z, ez kumt uns allen wol.»
  • eich volge, swes ich volgen sol;
  • (268) swaz ir weit, daz si getan.»
  • «habet ir'z danne an mich verlän?» 10640
  • sprach aber diu guote künigin.
  • «ja, swaz ir wellet, daz sol sin.»
  • «genäde, herre, des ist genuoc:
  • herre, der minen bruoder sluoc,
  • Tristan den hän ich hinne; 10645
  • den sult ir iuwer minne
  • und iuwer hulde läzen hän.
  • sin gewerp der ist also getan,
  • daz diu suone fuoge hat.»
  • der künec sprach: «triuwen, disen rät 10650
  • den läze ich baltliche an dich:
  • er gät dich mere an danne mich.
  • Morolt din bruoder der was dir
  • näher gesippe danne mir.
  • hästu'z umbe in varen län, 10655
  • wil du. so hän euch ich ez getan.»
  • sus Seite si dem künege dö
  • Tristandes maere rehte also,
  • • als er ir selber sagete.
  • diz msere daz behagete 10660
  • dem künege wol und sprach ir zuo:
  • «nu sich, daz er'z mit triuwen tue.»
  • Diu künigin do sande
  • Brangsenen nach Tristande ;
  • und alse Tristan in gie,
  • dem künege er sich ze füezen lie :
  • «genäde, herre künec!» sprach er.
  • «stet üf, her Tristan, und get her»
  • sprach Gurmün «unde küsset mich:
  • 1066!
  • 10650 triuven adv. (dat. pl. von triuwe), traun; vgl. zu 1037. —
  • 10651 bauliche, baltliche adv., kühn (1096) ; unser: kühnlich, kecklich würde
  • hier von einem neuern Dichter gesagt werden können; prosaisch würde
  • entsprechen: anstandslos. — 10654 gesippe adj., verst. sippe (147S9), ver-
  • wandt.
  • XIV. DER SPLITTER,
  • 21
  • ungerne so verkiuse ich: 10670
  • iedocli verkiuse ich disen zorn,
  • Sit in die frouwen hänt verkorn.o
  • «herre», sprach aber Tristan
  • («an dirre suone da ist an
  • min herre und beidiu siniu lant?» 10675
  • «ja herre», sprach Gurmun zehant.
  • Nu disiu suone z'ende kam,
  • diu künigin Tristanden nam
  • (269) und sazte in zuo ir tohter nider
  • und bat in ouch, daz maere wider 10G80
  • ir herren al von erste sagen,
  • wie ez sich haete dar getragen
  • an allen disen sachen
  • beidiu umbe den trachen
  • und umbe des küneges Markes ger: 10685
  • daz seite er aber von ende her.
  • der künec sprach aber: «her Tristan,
  • nu wie bewar ich mich hier an,
  • daz ich der rede gewis si?»
  • «vil wol, herre, ich han hie bi 10690
  • mines herren fürsten alle.
  • swaz gewisheit iu gevalle ,
  • die saget mir. diu ist getan,
  • die wile und ich ir einen han. »
  • Hie mite so schiet der künic dan.
  • die frouwen unde Tristan
  • die beliben aber eine da.
  • Tristan nam Paranisen sä:
  • «geselle», sprach er «gä hin abe :
  • da stät ein kiel in der habe,
  • da ganc geswäsliche hin
  • und frage, welher under in
  • Kurvenal da si genant:
  • dem selben ru'ne zehant,
  • daz er ze sinem herren ge;
  • und saffe ouch nieman niht me
  • 10695
  • 10700
  • 10705
  • 10670 verkiesen stv. intrans. (in der folgenden Zeile trans.) verzich-
  • ten, aufgeben.
  • 10682 dar t ragen = zutragen.
  • 10701 geswäsliche adv., heimlich; vgl. 187S3.
  • 22 XIV. DER SPLITTER.
  • und bringe in lise, als hövescli du sis.»
  • nu herre, daz tet Paranis,
  • er brähte in alse lise dar,
  • daz sin niemen wart gewar. 10710
  • nu si in zer kemenäten
  • vür die frouwen träten,
  • im neic diu küniginne
  • und niemen me dar inne.
  • si nämen sin durch daz niht war, 10715
  • ern kom niht alse ein ritter dar.
  • Nu Kurvenal Tristanden
  • den frouwen under banden
  • (270) frolichen unde gesunden sach,
  • in franzoiser wise er sprach: 10720
  • «ä, beä duz sir,
  • durch gotes willen, waz tuet ir,
  • daz ir so wunnecliche
  • in disem himelriche
  • sus luzet verborgen 10725
  • und lät uns in den sorgen?
  • wir wänden alle sin verlorn;
  • biz iezuo hsete ich wol gesworn,
  • daz ir niht lebende wahret.
  • wie habt ir uns beswseret! 10730
  • iuwer kiel und iuwer liute
  • die geswüoren wol noch hiute
  • und habent ez da vür, ir sit tot,
  • und sint mit micheler not
  • her unze an dise naht beliben 10735
  • und hseten daz enein getriben ,
  • si wolten hinaht hinnen sin.»
  • «nein», sprach diu guote künigin
  • «er lebet gesunder unde frö.»
  • und Tristan der begunde dö 10740
  • britünisch sprechen wider in:
  • «Kurvenal», sprach er «gä balde hin
  • und sage hin uider, min dinc ste wol.
  • 10721 beä = beas (wie roi und rois) vgl. zu 2395; doch ist vielleiclit
  • hier beä zu fassen als Adverbium zur Verstärkung von duz. — 10725 lüze?i
  • swv., (lauschen), sich heimlich aufhalten. — 10732 geswiw7-en perf. in der
  • Function des Futurum exactum : die werden wohl geschworen haben (ge-
  • swüeren, wie v. d. Hagen schreibt und Paul S. 17 vertheidigt, ist ganz
  • gegen die Situation). — 10736 enein triben steht ähnlich wie enein fragen,
  • zu Stande bringen, festsetzen, beschließen. —
  • XIV. DER SPLITTER. 23
  • und ich ez allez enden sol,
  • da nach wir uz sin gesant. » 10745
  • hie mite so seite er ime zehant
  • sine linge al von gründe,
  • so er ebeneste künde.
  • Nu er im lia^te geseit
  • sin gelücke und sine arebeit. 10750
  • «nu», sprach er «balde gä hin nider.
  • sage mihcn lantherren wider
  • und ouch den ritteren dar zuo,
  • daz ir iegelicher fruo
  • mit sinen dingen si bereit 10755
  • wol gestrichen unde gekleit
  • mit der aller besten wät,
  • die ir iegelicher hat,
  • (271) und nemen mines boten war:
  • swenne ich in den sende dar, 10760
  • so riten her ze hove ze mir.
  • ouch sende ich morgen fruo ze dir,
  • so sende mir den kleinen schrin,
  • da miniu kleinoed' inne sin
  • und miniu kleider da mite, 10765
  • diu von dem allerbesten suite.
  • dich selben kleide ouch alse wol,
  • also ein hövesch ritter sol.»
  • Kurvenäl neic unde kerte dan.
  • Brangtene sprach: «wer ist der man? 10770
  • in dunket waerliche
  • hier inne ein himelriche:
  • weder ist er ritter oder knebt?»
  • «frouwe, swä vür ir'n gesellt,
  • er ist ein ritter unde ein man; 10775
  • (laue habet deheinen zwivel an,
  • (laz disiu sunne nie beschein
  • tugenthafter herze dehein. »
  • «ä, sa?lic müeze er iemer sin!»
  • sprach ietwederc künigin 10780
  • und min frou Brangaene dermite,
  • diu hövesche und diu wol gesite.
  • 10747 ron gründe, von Grund aus, durchaus, alles; vgl. 14031.
  • 10774 gesehen, verst. sehen, ansehen.
  • 24
  • XIV. DER SPLITTER.
  • Nu Kurvenal zem schiffe kam,
  • sin 3 rede ze liäuden genam
  • da nach, als ime was vür geleit,
  • er Seite in, alse im was geseit,
  • und ouch, wie er Tristanden vant.
  • nü gebarten si zehant,
  • reht' alse der tot ist gewesen
  • und von dem tode wider genesen:
  • als frönten si sich alle dö.
  • du wären aber genuoge frö
  • durch die lantsuone mere
  • dan durch Tristandes ere.
  • die nidegen barune
  • si griffen an ir rune
  • und an ir sprächen wider als e.
  • si zigen Tristanden aber dö me
  • (•272) durch dise riche linge
  • zouberlicher dinge ;
  • iegeli'cher sprach besunder :
  • «hie merket alle wunder,
  • waz dirre man wanders kan.
  • ja herre, waz kan dirre man,
  • daz er ez aliez endet,
  • dar an er sich gewendet!»
  • 1078^
  • 1079O
  • 10795'
  • 10800
  • 10805«
  • 10785 fg. vür legen ist nicht = vorlegen, vorschreiben, «auftragen) (die-
  • Übersetzer), auch nicht mit Benecke: «vor Augen stellen», sondern: dar-
  • legen, mittheilen, erzählen; es bezieht sich auf die Mittheilung Tristan'»
  • von seinem Glück und seiner Xoth (V. 10750). Im folgenden Verse ist Seite
  • nicht einfach: sagte, sondern: richtete aus, hieß und bezieht sich auf Tri-
  • stan's Befehl (10752 fg.). Und V. 10787 enthält dann die Andeutung von
  • einem selbständigen Berichte Kurvenal's. — 10793 lantsuone stf., Land-
  • sühne, allgemeine, das ganze Land umfassende Versöhnung. — 10795 nidec
  • adj., neidisch, eifersüchtig. — 1079G rüne stf. (17382) = r«««« (9679),,
  • Geflüster.
  • XV.
  • DAS WAHRZEICHEN.
  • Am bestimmten Tage erscheint die Eitterschaft und eine große Menge
  • Volks wie auch Tristan's Begleitung am Hofe, um dem Gerichte beizu-
  • wohnen. Xeben dem Könige lassen sich die beiden Isolden nieder. Der
  • Truchselö fordert sein Kampf recht. Auf einen Wink der Königin tritt-
  • Brangiene mit Tristan ein, der von den Seinen freudig empfangen wird.
  • Unter der allgemeinen Begrüßung feiern auch die Jünglinge, welche zum
  • Zinse von Kurncwal nach Irland gegeben waren, ihr Wiedersehen mit
  • ihren Vätern und Freunden. Der Truchseß beansprucht, den Drachen
  • erschlagen zu haben und- will es beweisen mit dessen Haupte. Tristan
  • erbietet sich zurückzutreten, wenn man die Zunge in diesem Haupte finde.
  • Sie wird nicht gefunden, und Tristan lässt die Zunge bringen, die als die
  • des Drachen erkannt wird, und das Gericht erklärt Tristan für den Sie-
  • ger. Der Truchseß will nun mit dem Unbekannten den Kampf bestehen,
  • zieht sich aber, als er merkt, daß es Ernst werden soll, mit seinem An-
  • hange zu einer Besprechung zurück. Es wird ihm gerathen, er möge von
  • seiner Forderung abstehen. Er willigt ein, verkündet es dem Könige und
  • muß mit seiner Schmach auch des Spottes viel erdulden.
  • Hie mite so was oiicli der tac körnen ,
  • der da zem kämpfe was genomen,
  • und was vil michel herscbaft,
  • des lantvolkes michel kraft 10810
  • vor dem künege in dem sal.
  • oucli was da maneger hande zal
  • uud^r den guoten kneliteu;
  • si frageten, wer da vehten
  • vür die maget Isolde 10815
  • mit dem triihs?ezen wolde?
  • diu frage gie her unde hin.
  • nune was et niemen under in,
  • der iht hier umbe erkande.
  • under diu was oucli Tristande 10820
  • 2G
  • XV. DAS WAHRZEICHEN.
  • sin sein in und siniu kleider komen;
  • da hsete er sunder üz genomen
  • dii gürtele den frouwen drin,
  • daz keiserin noch künigin
  • nie deheinen bezzeren gewan.
  • schapel unde vürsi)an,
  • senkel unde vingerlin
  • der was ebenvol der sclirin,
  • und was daz allez alse guot,
  • daz niemer keines herzen muot
  • des gedenken möhte,
  • waz ez bezzer tobte,
  • desn kom ouch nie nibt dervan,
  • wan alse vil daz Tristan
  • im selben dervan genam:
  • einen gürtel, der im rehte kam,
  • ein schapel unde ein spengelin,
  • diu ime gebaere mohten sin.
  • (273) «ir schcenen«, sprach er «alle dri,
  • disen schrin und swaz dar inne si,
  • da mite so schaffet alle
  • und tuot, swaz iu gevalle.»
  • Mit disen niaeren gieng er dan;
  • siniu kleider leite er an
  • und kerte dar zuo sinen pin
  • und fleiz sich, wie er sich dar in
  • gefeitierte alse wol,
  • als ein volmüete ritter sol.
  • ze wünsche stuonden ime ouch die.
  • nu er wider in zen frouwen gie
  • und si in begunden schouwen,
  • nu begunden in die frouwen
  • durch ir gedanke läzen gän.
  • er dühte s' alle dri getan
  • schon' unde sselecliche.
  • die dri saeldenriche.
  • 10825
  • 10830
  • 10835
  • 10840
  • 10845
  • 10850
  • 10855
  • 10826 vürspan stn., Spange zum Heften des Gewandes. — 10827 senJcel
  • (nach Hs. F) stm., wahrscheinlich aus lat. cingulum, franz. sengle , sangle,
  • Kestel. (Hs. M ändert hafetel, B heftelin, H und W seckele, Täschclien). —
  • 108.32 waz, hier ^uie; vgl. zu 7881. — tohte , Umschreibung für: sein
  • könnte, hätte sein können.
  • 10845 ptn stm., synonym mit ßiz , Eifer, Sorgfalt. — 10847 ge/eitieren
  • swv., verst. feitieren (670) ausschmücken. — 10848 volmüete adj. , hoch-
  • gemuth; daneben volmüetec 15167. —
  • XV. DAS WAHRZEICHEN. 27
  • si gcdahten alle in einer frist:
  • «zewäre, dirre man der ist
  • ein manlicli creatiure;
  • sin wät und sin figiure 10860
  • die scliephent wol an ime den man:
  • si zement so wol ein ander an;
  • sin dinc ist allez wol gewant.»
  • Nu hsete ouch Tristan besant
  • sine cümpanie: diu was komen, 10865
  • und bieten einen stuol genomen
  • näcb ein ander in dem sal.
  • da gie diu micbel werkle al
  • und bescböuweten besunder
  • der kleidere wunder, 10870
  • diu si an in sähen,
  • genüoge da jähen,
  • ezn getrüege nie so manic man
  • als ebenguotiu kleider an.
  • daz si aber alle stille swigen, 10875
  • 0 dem lantgesinde rede verzigen ,
  • daz geschach durch die geschiht:
  • sine künden der lantspräche niht.
  • (274) Hie mite sant' ouch der künic hin
  • einen böten nach der künigin, 10880
  • daz si ze hove ksemc
  • und ir tohter zuo z'ir naeme.
  • «Isüt», sprach si «wol üf, gä wir!
  • her Tristan, so belibet ir:
  • ich tuon zehant nach iu gesant, 10885
  • so neme iuch Brangsen' au die haut,
  • lu862 zemen mit adv. on = dera einfachen zemen, passen.
  • lOt't;«; stuol stm., hier allgemein: Sitz; einen stuol nemen entsprechend
  • unscrm : Platz nehmen. — 10868 diu viichel v:erlde, nicht: die große, die
  • vornehme Welt, die haute volee , sondern die Gesellschaft in großer Zahl,
  • viele Leute. — werUle statt werlt in Hs. M und H, ebenso in V. 18050,
  • woraus hervorgeht, daß uerlde schon frühe als Nebenform gilt; ob als
  • unorganische, bliebe noch zu untersuchen. — 10S74 als ebenguotiu kleider,
  • nicht: ebenso gute Kleider, sondern: so gleichmäßig, durchaus gute, voll-
  • kommene ; hier hat ebene wie iu eJjengellch 4987 die zweite Function im Gegen-
  • sätze zu Worten wie ihengroz, ebenher \ vgl. zu 248 [vgl. unser: ebenvoll].
  • — lOsTfi verzlhen stv. hier mit dat. und gen. wie in V. 5380, doch nicht
  • so direct: versagen im Sinne von: abschlagen, sondern milder im Sinne
  • von: versclimähen , nicht gönnen.
  • 10885 tuon mit dem Part. pra>t. entspricht: heißen, lassen mit inf. ; bei
  • Gottfried nur hier.
  • 28
  • XV. DAS WAHRZEICHEN.
  • und gat ir zwei nach uns dar in!»
  • «gerne, frouwe künigin.»
  • Sus kom diu küniginne Isöt,
  • daz fröliche morgenröt, 10890
  • und fuorte ir suunen an ir haut,
  • daz wunder von Irlänt,
  • die liebten raaget Isöte;
  • diu sleich ir niorgenröte
  • lis' unde stsetecliche mite 10895
  • in einem spor, in einem trite,
  • suoze gebildet über al,
  • lanc, üf gewollen unde smal ,
  • gestellet in der w?ete,
  • als si diu Minne drsete 10900
  • ir selber z'einem vederspil,
  • dem Wunsche z'einem endezil,
  • da vür er niemer komen kan.
  • si truoc von brunem samit an
  • reo unde mantel, in dem snite 10905
  • von Franze, und was der roc dermite ^
  • da engegene, da die siten
  • sinkent üf ir liten,
  • gefranzet unde geenget,
  • 10S98 üf gewoUen part. adj., (aufgewälzt, -gerollt), in die Höhe ge-
  • wölbt, rund, voll. — lO'JÜO droejen swv., hier im Sinne von: auf der Dreh-
  • bank drehen, drechseln, rundlich formen. — 10901 vederspil wie in ähn-
  • lichem Bilde in V. 11989 der Minnen vederspil Isöt. «Die beiden letzten
  • Stellen bezieht Grimm, Deutsches Wörterbuch, 3, 1408 auf künstlich gebil-
  • dete Spielvögel, mit denen die Falken gelockt werden; doch ist das veder-
  • spil, der Falke auch ein Spielwerk der Frauen.» Mhd. Wb. II, 2, 504.
  • Bech: «Die Falken wurden auf das sorgfältigste gehegt und gepflegt, ja
  • sogar gehätschelt, geliebkost (wie heutzutage die Hunde, die Schooß-
  • hündchen) ; hiernach : ein Liebling, ein School5kind der Minne, ihr Zeitver-
  • treib.» — 10902 endezil stn., das letzte Ziel, das Höchste, was der Wunsch (hier
  • personificiert), das Ideal nur haben, was es nicht übertreffen kann. — 10906
  • von Franze schreibe ich mit v. d. Hagen, Groote, den Übersetzern und J.
  • Grimm, sowie nach Hs. H (eine Lesart vonfrantzois icas)\ es kann nur Frame
  • (Geschl. ?), Frankreich gemeint sein. Maßmann schreibt franze vielleicht
  • wegen des folgenden gefranzet in V. 10909 und denkt wohl an: Franse.
  • Xach Gottfried's Stile sind hier verschiedene Worte oder mindestens ver-
  • schiedene Bedeutungen anzunehmen; vgl. Bech zu Erec 1546. — dermite auf
  • snit zu beziehen: darnach. — 10907 da engegene adv., nicht: da entgegen,
  • gegenüber, sondern wörtlich da in gegene, dabin zu, in der Gegend; vgl.
  • 1175. — l(i908 Itte swf., eigentlich: Bergabhang, hier übertragen: Absen-
  • kung des Wuchses, Hüfte. — 10909 gefranzet part. adj., mit Fransen ver-
  • sehen; so wird das Wort immer gefasst; die Etymologie von Franse, ge-
  • franst ist noch nicht sicher. Aus unserer Stelle scheint hervorzugehen,
  • daß volksetymologisch das Wort mit Franze, Frankreich, zusammengestellt
  • wurde. Ob aber wirklich gefranzet bedeutet: mit Fransen, ist mir un-
  • wahrscheinlich. Auf den alten Trachtenbildern ist davon nichts zu seilen.
  • Vielleicht: geschnürt? — engen swv., enge anschließend machen. —
  • XV. DAS WAHRZEICHEN. 29
  • näh' an ir lip getwenget 10910
  • mit einem borten, der lac wol,
  • da der borte ligen sol.
  • der roc der was ir heinlich,
  • er tete sich nähe zuo der lieh:
  • crn truoc an keiner stat hin dan, 10915
  • er suochte allenthalben an
  • al von obene hin ze tal:
  • er nam den valt iinde den val
  • (275) und^r den füezen alse vil,
  • als iuwer iegelicher wil. 10920
  • der mantel was ze flize
  • mit härminer wize
  • innen al üz gezieret,
  • bi zilen gefloitieret;
  • er was ze kürz noch ze lanc: 10925
  • er swebete, da er nider sanc,
  • weder zer erden noch enbor.
  • da stuont ein hövescher zobel vor
  • der mäze, als in diu Mäze sneit,
  • weder ze smäl noch ze breit, 10930
  • lo'.UU twenfien swv. = zwängen, andrücken. — lliOll borte swni. ist hier
  • deutlich =: Gürtel. — 10913 heinltcfi adj., liier bildlich: eng vertraut, wie
  • mit ihr verwachsen. — 10914 lieh stf., hier ausnahmsweise: Körper; vgl.
  • zu 1297. — 10915 /lin dan trayen entspricht unsenn: abstehen. — 1091« an
  • Knochen, sich anschmiegen; vgl. 15741. — 1091S valt stm., Faltenwurf. —
  • val stm. gebrauchen wir weniger von den Kleidern als das Verbum: fallen.
  • — den valt (vgl. 109.^0) und den vai }ie>nen^=deT Rock schlug Falten und
  • fiel (vgl. 15Ö92). — 10919 under den füezen. wohl nicht: «unter den Füßen«
  • (Kurtz), wobei man an die Schleppe denkt (Simrock : i und sclileppt am
  • Koden nach so viel»), sondern eher: zwischen den Füßen; der Rock
  • schlug im Gehen Falten und war dabei doch so eng, daß es nicht gegen die
  • Zucht verstieß und doch die Schönheit des Wuchses zum A'orscheiu kam.
  • Durch diese Fassung gewinnt erst ai^e vil und die folgende fein humoristische
  • Zeile einen Sinn. — 10921 ze ßize, hier: im Gegensatze, als Gegenstück (zum
  • Rocke); vgl. Bech zu Gregor 3262. — 10922 n-Ue stf., Weiße [fast abgekom-
  • men, Schwärze erhalten]. — 10924 zUe stf., Zeile, Reihe; Oi ztlen, reihweis.
  • — gefloitieret nach Hs. II, W, F; die Nebenhandschriften haben ^e/Zo^/ere^,
  • (jeßoreret B (Haupths. M fehlt), N, 0. Groote schreibt im Glossar flottireri,
  • g'ßottieret und erklärt : «aus dem Franz. wahrscheinlich vonßot, daher wellen-
  • förmig ausgezackt». Y. d. Hagen: «vermuthlich vom franz. ßotter, wogen.»
  • INIhd. Wb. III, 3ö4: «wahrscheinlich ist yeßoijieret. vonßoijieren, schmücken,
  • zu lesen; \gh ßoyir, ßoi/iere (wogen, schweben, flattern, lat. ßuere); oder
  • yeß6ri>'rit ? doch könnte auch ßoitiemi eine Nebenform sein von ßuctuare
  • wie dieses von ßuere. ^i Die Lesart geßorieret der Nebenhss. mit ihrer all-
  • gemeinen Bedeutung ist abzuweisen; ßoitieren bedarf noch weiterer Erklä-
  • rung. Aus dem Zusatz 6t zilen geht hervor, daß der Hermelin nicht aus
  • glatt angesetzten Stücken bestand; wahrscheinlich bildeten die Zierde die
  • Bcliwarzen Schwänzenden, die reihweis aufgelegt waren; und dieses gibt
  • allerdings dem Pelze ein wellenartiges Ansehen. — 1092.5 das Mhd. kann
  • vor noc/i das sonst übliche weder oder noch sparen, während wir unser:
  • weder nicht missen können; vgl. 1388. — 10928 vor stän, als Vorstoß an-
  • gesetzt sein. — 10929 Afäze personificiert. —
  • 30
  • XV. DAS WAHRZEICHEN.
  • gesprenget, swärz ündc grä:
  • swarz unde grä diu wären da
  • also gemischet under ein ,
  • daz ir dewederez da schein,
  • der nam oiich sine krumbe
  • reht' an der wize al umbe,
  • da der zobel die fuoge nimet,
  • da diz bi dem so wol gezimet.
  • diu tassel, da diu selten sin,
  • da was ein kleinez snuorlin
  • von wizen berlin in getragen,
  • da haete diu schoene in geslagen
  • ir dümen von ir linken hant.
  • die rehten h<"ete si gewant
  • hin nider baz, ir wizzet wol,
  • da man den mantel sliezen sol,
  • und sloz in höveschliche enein
  • mit ir vingeren zwein:
  • vürbaz da viel er selbe wider
  • und nam den \alt al z'ende nider,
  • da man diz unde daz da sach,
  • ich meine vederen unde tach:
  • man sah ez innen und uzen
  • und innerhalben lüzen
  • daz bilde, daz diu Minne
  • an übe und an dem sinne
  • so schone h?ete gedraet:
  • diu zwei, gedrset unde genaet,
  • (276) diu envöllebrähten nie bäz
  • ein lebende bilde danne daz.
  • gevedere schächblicke
  • die fingen da snedicke
  • schächende dar unde dan:
  • ich waene, Isöt.vil manegen man
  • sin selbes da beroubete.
  • 10935
  • 10940
  • 10945
  • 10950
  • 10955
  • 10960
  • 10965
  • 10931 gesprenget part. adj., gesprenkelt, bunt. — gra adj. (im folgenden
  • Verse substantivisch), grau. — 10933 under ein, seltene Wendung; unter-
  • einander, zusammen. — 10939 tassel stn., Spange (zum Schließen des Man-
  • tels). — 10941 in tragen, einsetzen, «anbringen» (Paul). Die erste Er-
  • klärung in = einfassen, umschließen gebe ich auf; vgl. 11119. —
  • 10952 vederen pl., hier insbesondere: Pelzwerk. — tach stn.. Decke (des
  • Kleides), Überzug, Stoff (hier der Sammt) im (Gegensätze zum Futter. —
  • 10953 s. zu 268S. — 10954 innerhalben adv. (dat. pl.), innerhalb ; vgl. 11188.
  • — 10961 gei'eder adj., befiedert. — schächblic stm., Käuberblick, bildlich für:
  • gefangen nehmender Blick. — 10962 snedicke adj., schneedick, dick wie
  • Flocken. — 10963 schächen swv., rauben, auf Eaub ausgehen. —
  • XV. DAS WAHRZEICHEN. 3t
  • si triioc üf ir lioubete
  • einen zirkel von golde
  • smal, alse er wesen solde,
  • geworht mit sprehem sinne.
  • da lagen gimmen inne, 10970
  • erwünschete steine
  • vil lieht und iedoch kleine,
  • die besten von dem lande:
  • Smaragde und jacliande,
  • Saphire und calzedone, 10975
  • und wären die so schone
  • wä unde wä dar in geleit,
  • daz wercmannes wisheit
  • nach rehter spseheite
  • nie steine baz geleite. 10980
  • da luhte gölt ünde golt,
  • der Zirkel unde Isolt
  • enwiderstrit ein ander an.
  • da enwäs kein alse wise man ,
  • htet' er der steine niht gesehen, 10985
  • daz er iemer hiete verjehen,
  • daz da kein zirkel wsere:
  • so geli'ch und alse einbaere
  • was ir här dem golde.
  • Sus gieng Isöt Isolde, 10990
  • diu töhter ir muoter bi,
  • fro und aller sorgen fri.
  • ir trite die wären unde ir swanc
  • gemezzen weder kurz noch lanc
  • und iedoch beider mäze. 10995
  • si was an ir geläze p
  • üfreht und offenbaere,
  • gelich dem spärwsere.
  • 10966 — 8(1 eutlelint vom Dichter des Schwankes von Aristoteles und Phillis.
  • Gesamratab. Nr. II, V. 23H—2b2. — U)%7 zirkel stm., Reif. — 10972 iedoc/t
  • adv., doch, entspriclit ziemlich unserm: dabei; trotzdem die Steine klein,
  • zierlich waren, waren sie doch sehr glänzend; ein großer Stein gibt eben
  • ein größeres Licht als ein kleiner. — 10974 jachant {jächant unerwiesen)
  • stm., ein Edelstein; Hyacynth? — 10979 spoeheit stf , Kunstfertigkeit.
  • 10991 — 11106 ebenfalls entlehnt in Aristoteles u. Ph. V. 269 — 2S4. —
  • 10993 swanc stm., Schwang, (schwingende) Bewegung; vgl. 17161. — 10995 bei-
  • der inaze, von beider Art, nämlich sowohl kurz als lang, d. h. weder das
  • eine noch das andere. — 10997 offenbcere adj., (offenbar), offen; etwa:
  • natürlich, ungezwungen; vgl. 12993. —
  • 32 XV. DAS WAHRZEICHEN.
  • (277) gcstreichet alse ein papegän;
  • si liez ir ougen umbe gän llOCO
  • als der välke üf dem aste;
  • ze linde noch ze vaste
  • hseten si beide ir weide.
  • si weideten beide
  • als ebene unde als lise 11005
  • und in so süezer wise,
  • daz da vil lützel ougen was ,
  • in enwairen diu zwei Spiegelglas
  • ein wunder unde ein wunne.
  • diu wunne bernde sunne IIOIO
  • si breite ir schin über al,
  • si erfröute Hute unde sal
  • suchende neben ir muoter hin.
  • si zwo si wären uuder in
  • in süezer unmuoze 11015
  • mit zweier bände gruoze
  • grüezende unde nigende,
  • sprechende unde swigende.
  • ir reht was an in beiden
  • besetzet unde bescheiden: 11020
  • ir eine gruozte, diu ander neic,
  • diu muoter sprach , diu tohter sweic.
  • diz triben die wol gezogen zwo:
  • diz was ir unmuoze do.
  • Nu daz sich Isot unde Isot, 11025
  • diu sunne unde ir morgenrot,
  • halten nider geläzen,
  • dem künege bi gesäzen,
  • nu nam der truhssez' allez war
  • und frägete her unde dar, 11030
  • wä der gewaltessere,
  • der frouwen kemphe wsere.
  • des was er unberihtet da.
  • sine mäge nam er sä:
  • 10999 gestreichet part. adj., gestreichelt (15885), glatt; vgl. 10365. 17542. —
  • 11003 fg. weide stf. und weiden swv. braucht Gottfried öfters in solcher
  • halb bildlichen Weise; vgl. 14381. 16760. 17827 fg. — 11019 reht stn., hier:
  • Pflicht, Obliegenheit. — 11020 benetzen swv., hier: festsetzen, bestellen. —
  • bescheiden stv., hier ebenfalls: festsetzen, bestimmen.
  • 11031 gewaltesaere stm., Gewalthaber, der Gewaltige; vielleicht: Be-
  • vollmächtigter:' —
  • XV. DAS WAHRZEICHEN. 33
  • der was ein micliel her umb' in. 11035
  • vür den künec so gienc er hin.
  • dem gerihte antwurte er sich:
  • «nu herre», sprach er «hie bin ich
  • (278) und vordere min kampfreht.
  • ^vä ist nü der guote kneht, 11040
  • der mich von minen eren
  • hie -wallet umbe keren? »
  • ich hän noch friunde unde man.
  • ouch ist min reht so guot hier an ,
  • tuet mir daz lantreht, alse ez sol, 110-45
  • ich geteidinge wol.
  • gewalt entsitze ich kleine,
  • ir entiiot ez danne al eine.»
  • «Truhsseze», sprach diu künigin
  • «sol dirre kämpf unwendic sin, 11050
  • sone weiz ich rehte, waz ich tuo:
  • ich bin dar ungewaruet zuo.
  • und zwäre Moltest dü'n noch län
  • üf solhe rede understän,
  • daz isot dirre maere 11055
  • ledec und ane waere,
  • truhsa^ze, zware ez koeme dir
  • ze alse guoten staten als ir.»
  • <(ledic?» sprach der ander dö
  • {'ja frouwe, ir tsetet ouch also, llOGO
  • ir liezet ouch gewannen spil.
  • swaz ir geredet, ich wtene, ich wil
  • mit fromen und mit eren
  • von disem spile keren.
  • ich hcete michel arebeit 11065
  • unsinneclichen an geleit,
  • solte ich nü dar vone gän:
  • fromv', ich wil iuwer tohter hän:
  • 11037 anlwürtcn svw. erklärt Groote: a sich überantworten, anvertrauen»;
  • nach dem letzten Worte scheint mir antworten zu innerlich gefasst; um-
  • gekehrt ist die Erklärung im mhd. Wb. III, 599'^ aer erschien vor dem
  • Gerichte- wieder zu allgemein; sic/i antwürteu wird vielmelir entsprechen
  • unserm: sich stellen. — 11046 geteidhu/en swv. , verst. teidingeii, tage-
  • dingpH. vor Gericht verhandeln, processieren. — 11047 entsitzen stv,, fürch-
  • ten [vgl. sich entsetzen].
  • IIOÜO fg. sind irouisch zu fassen. — 11061 geicunnen spil lazcn, ge-
  • wonnenes Spiel aufgeben, ungenützt lassen. — 110t>t5 an ie^c« = anwenden.
  • GOTTFKIED VON STRASSBL'KG. II. 2. Aufl. 3
  • 34 XV. DAS WAHRZEICHEN.
  • daz ist daz ende dar an.
  • ir wizzet in so wol, den man, 11070
  • der den trachen da sluoc.
  • den bringet, so ist der rede geniioo)
  • «Trulisseze», sprach diu künigin
  • «ich hcere wol, ez muoz et sin:
  • ich muoz min selbe uemen war.» .11075
  • si wincte Paranise dar:
  • «gä hin!» sprach si «und brinc den man.»
  • nu sähen s' alle ein ander an
  • (279) ritter und barüne. 1
  • under in wart michel rüne, 11080
  • vil frage und manic mtere,
  • wer der kempfe wsere.
  • nune weste ez ir deheiner da.
  • Hie mite kom euch geslichen sä
  • diu stolze Brangsene, 11085
  • daz schoBne volmaeue
  • und füorte ze banden
  • ir geverten Tristanden,
  • diu stolze und diu wol gesite
  • si gieug im siteliche mite, 11090
  • an libe und an geläze
  • liutsaelec üz der mäze,
  • ir muotes stolz ünde fri.
  • ouch gieng ir ir geverte bi
  • in stolzlicher wise; 11095
  • des dinc was ouch ze prise
  • und ze wunder üf geleit
  • an iegelicher saelekeit,
  • diu den ritter schephen sol:
  • ez stuont allez an im wol, 11100
  • daz ze ritters lobe stät.
  • sin geschepfede und sin wät
  • die gehüllen wunnecliche enein:
  • si bildeten under in zwein
  • einen ritterlichen man. 11105
  • 11090 siteliche adv., (sittlich), entspricht unserm: sittig (mhd. siiec),
  • anstandsvoll. — 11092 liutscelec adj., nicht in unserm Sinne: leutselig,
  • freundlich, herablassend, sondern: anrauthig, (»holdselig«. Kurtz. —
  • XV. DAS WAHRZEICHEN. 35
  • er truoc ciclädcs kleider an,
  • diu wären üzer mäze rieh,
  • fremede unde lobelicli.
  • sine wären nilit von liove gegeben:
  • daz golt daz was dar in geweben 11110
  • niht in der hovemäzc:
  • die si'diiien sträze
  • die kos man kümeliclie da:
  • si wären wä ünde wä
  • so mit dem golde ertrenket 11115
  • und in daz golt versenket,
  • daz man daz werc da küme sacli.
  • ein netze daz was üf daz tach
  • (280) von kleinen berlih getragen:
  • die maschen alse wit geslagen, 11120
  • als ein liant an der breite hat.
  • da durch so bran der ciclät
  • rehte alse ein glüender kol.
  • er was von timit' innen vol,
  • vil brüner danne ein violate, 11125
  • reht' ebenbrün der gloicn blate.
  • der selbe pfelle der tet sich
  • an den valt und an den strich
  • alse nähe und alse wol,
  • lUOG riclddes kleider, Kleider von ciclaf stm. Fremdwort (11122), mit GüIJ
  • durchwirktet Seidenstoff. — llluT vzer -iitäte , über die Maßen, außerge-
  • wöhnlich. — lllOy bezieht sich auf die Sitte, die fahrenden Leute mit
  • Kleidern, namentlich mit getragenen, zu beschenken. — Hill ]toveinäz<',
  • stf., Art und Weise des Hofes. Der Vers ist nur im Zusamnienliauge mit
  • V. 11109 zu nehmen. Kostbare Stoffe trug man wohl am Hofe, aber mau
  • vers^enkte solche nicht. In hoceinäze liegt wohl auch wortspielend zu-
  • gleich der Begriff der Mäßigkeit und Zurückhaltung. — 11112 sträze stf.,
  • liier : Streif. — 11115 für er/renken swv. würde ein neuerer Dichter: tränken
  • sagen. — 11117 werc stn., hier: das Gewirkte, der Stoff. — llllS fach ist
  • hier in demselben Sinne zu fassen wie in V. 10952, doch, weil kein Gegen-
  • satz vorhanden, allgemeiner: Bekleidung, Bock. — 11119 tragen, liiere
  • legen. — 11122 brinnen stv., brennen swv., glühen, glänzen; vgl. 11137. —
  • 11123=17573. — 11124 tinat Btra. Fremdwort, gr. 0'|j.ito;, Seidenstoff, aus
  • doppelten Fäden gewebt. — vol adj., gefüttert; vgl. zu 2548. — 11125 violate
  • (Kürze erwiesen durch blate) stm. (sonst violät), veilchenfarber Stoff. —
  • 1112*3 'jloie (auch (/leie) = affleie. agelfic, swf., Aglei, A(ji/ilf>gia LiunC, Rluwi-
  • niis. — 11127 j)/elle stm. wird hier allgemein gesagt für die besondere Be-
  • zeichnung ciclät, aber in eigener Bedeutung. — 1112S stric/i stm., wie noch
  • heute: die Eichtung der Fäden im Gewebe der Länge nach. Die "Wen-
  • dung wird nur dann verstanden, wenn pfelle nicht als Stoff im Allgemei-
  • nen, sondern hier direct als «Goldgewebe» gefasst wird im Gegensatze zu
  • dem verc von Seide. Die Goldgewebe sind leicht starr und fallen scliwer.
  • Daß dies bei dem ciclät Tristan's, in dem das Gold so vorherrschend war,
  • nicht stattfand, sollen uns diese Verse sagen. Das Goldgewebe schmiegte
  • sich dem Faltenwurfe und dem Striche des Seidengewebes, dos eigentlichen
  • Stoffes auf das engste an, wie wenn sie aus ein und denselben Fäden hc-
  • stinden. —
  • 3*
  • 38 XV. DAS WAHRZEICHEN.
  • Tristandes cuinpanjime
  • die säzen üf den esterich:
  • und aber also, daz iegelicli
  • dem geribte imder ougen sacb, 11195
  • und säben, swaz so da gescbacb.
  • Hie mite buop von Tristande
  • daz gesmde von dem lande
  • (282) manec gerüne und manic zal.
  • ich weiz ez wol, daz in dem sal 11200
  • üz maneges mannes munde
  • lobebrünnen vil begunde
  • üf wallen unde enspriugen
  • von allen sinen dingen:
  • si sageten ime lop unde pris 11205
  • maneger bände und manege wis.
  • ir genuoge sprächen daz:
  • «wa gescbüof ie got figiure baz
  • ze ritterlichem rehte?
  • hei, wie ist er vehte 11210
  • und ze kampfwise
  • gestellet so ze prise !
  • wie sint diu kleider, diu er treit,
  • so rilichen üf geleit!
  • ezn gesäch nieman in Irlant 11215
  • sus rehte kei serlich gewant.
  • sin massenie diu ist gekleit
  • mit küniclicher richeit.
  • und Wcerlicbe, swer er si
  • er ist müotes unde guotes fri. » 11220
  • alsolher rede was da genuoc.
  • der trühsceze der trüoc
  • 11193 die Barone werden sich nicht glatt, ohne Sessel auf den esterich, den
  • Fußboden («auf des Estrichs Dielen» Simrock) niedergelassen haben; aus
  • der Stelle geht hervor, daß der Sitz des Königs erhöht war.
  • 11199 gerüne stn., heimliches Sprechen, Geflüster. — 11202 lohehry.nnen
  • ist gen. pl. von lobebrunne svvm., abh. von vil. Grimm d. Wb. 2435 hat
  • den Fehler des mhd. \Yb. I, 270, wo hrwinen als Verbum angesetzt ist,
  • bereits corrigiert, aber es ist nicht lohequellen zu lesen, sondern lobebrünnen
  • mit «Lobquellen, /on^e.s laudisn zu übertragen ; ähnlich braucht der Dichter
  • loberts 4645. — 11209 re//< stn., hier: Stand; im Kitterstande. ■ — 11211 la'upf-
  • tcise stf., nicht eine bestimmte Art des Kampfes, sondern was zum Kampfe
  • gehört, gebildet wie schifwtse 7348; das "Wort steht synonym mit vehte. —
  • 11220 /rj adj., hier: unabliängig, unbeschränkt in seiner Gesinnung und
  • in seinem Vermögen; d. h. er ist kein Vasall, sondern ein selbständiger
  • Fürst, vom höchsten Stande. —
  • XV. DAS WAHRZEICHEN. 39
  • den czzicli in den ongen.
  • diu rede ist äne lougen.
  • Nu liiez man ruofen in den sal 11225
  • eine stille über al.
  • diz was getan; nii daz gescliacli,
  • daz niemen wort noch halbez sprach,
  • der künic sprach: «truhsseze, sprich,
  • wes vermizzestu dich?» 11230
  • (t herre , ich sluoc den serpant. »
  • der gast stuont üf und sprach zehant:
  • <(herr', ir entätet.» «herre, ich tete,
  • ich bewiere ez wol an dirre stete.»
  • «mit waz bewserde?» sprach Tristan. 11235
  • «diz houbet, seht, daz brähte ich dan.»
  • «herre künec», sprach Tristan do
  • «Sit er des houbetes so
  • (283) ze bewserde wil jehen,
  • so heizet in daz houbet sehen: 11240
  • vindet man die zungen da,
  • ich entwiche mines rehtes sä
  • und wil von minem kriege gän.»
  • Sus wart daz houbet üf getan'
  • und niht dar inne fuuden, 11245
  • Tristan hiez an den stunden
  • die zungen bringen : diu kom dar.
  • «ir herren», sprach er «nemct war
  • und seht, ob si des trachen si. »
  • nu stuonden si's im alle bi 11250
  • und jähen s' al gemeine
  • wan der truhsaaze al eine,
  • der wolte ez Widerreden ie;
  • nunc wistc er aber rehte wie:
  • der veige der bcgunde 11255
  • mit zungen und mit munde,
  • mit rede und mit oedanken
  • 11223 nicht: er hatte schmerzende Tliräncn in den Augen, sondern: er
  • machte ein saures Gesicht. — 11224 diu 7'eäe ist äne, lougen, formelhafte
  • Wendung, die sich öfters findet, z. B. Engelhard 1224. änp lowjea subst.
  • inf. stn., (ohne Läugnung), ohne Zweifel, wahr; vgl. zu 139>i').
  • 1122") eine stille ruofen, Stillschweigen gebieten; vgl. 8700. — 11235 he-
  • uicvrde stf., hier: äußerer Beweis, "Wahrzeichen. — 11242 entu-ichen stv. mit
  • gen., von etwas abstehen. — 11243 Avjcc stm., Streit, hier insbesondere:
  • Rechtsstreit, Process.
  • 40 XV. DAS WAHKZEICHEN.
  • schranken nnde wanken,
  • er enkünde sprechen noch gelän,
  • er enwiste, waz gehserde han. 112G0
  • «ir herren alle», sprach Tristan
  • «hie merket alle wunder an,
  • wie sich diz hie ziio habe getragen,
  • dö ich den trachen haete erslagen
  • und ich im mit lihter arebeit . 11265
  • üz sinem toten rächen sneit
  • dise Zungen und si dannen truoc,
  • daz er in sider ze tode sluoc.»
  • die herren sprächen alle :
  • «an disem lantschalle 11270
  • ist lützel eren bejaget.
  • swaz. iemen sprichet oder saget ,
  • unser iegelich der weiz daz vrol,
  • ob man ze rehte reden sol,
  • der aller erste dar kam 112 '^5
  • und die zungen da nam,
  • der sluoc ouch den serpant.»
  • des wart gevolget sä zehant.
  • (284) Nu daz dem välschen gebrast
  • unde der valschelöse gast 11280
  • des lioves völge gewan ,
  • «herre küuec», sprach aber Tristan
  • «nu weset der triuwen gemant :
  • iuwer töhter stät in miner hant.»
  • der künec sprach: «herre, des gib' ich, 11285
  • als ir gelobetet wider mich.^)
  • 11258 scliranlen swv. wird Terscliieclen erklärt: Groote: «ausweichen,
  • aus den Schranken treten, Ausflüchte suchen. o Hagen: aungewiss hin
  • und her treten; . . . gleichsam auf schrägen Beinen watscheln.» Mhd.
  • Wb. II. 2, 203'^: «Kreuz- und Quersprünge machen», schranken, hier syno-
  • nym mit icanken: unsicher, gleichsam mit verschränkten Beinen gehen.. —
  • 11259 gelän stv., verst. lern, lassen, unterlassen, steht ähnlich wie entuon;
  • das Object sprechen oder mindestens ez zu ergänzen.
  • 11279 geöresten stv., verst. bresfen (258) mit dat., gebrechen, fehlen,
  • fehlschlagen. — 112^0 valscfidos adj., ohne Falsch, ehrlich. — 11283 Iriu-
  • wcn gen. pl. ; triuv.e öfters im Plural; vgl. triuwen, entriuwen. — 11285 — 86
  • Hermann Paul (zur Kritik u. Erkl. S. 13) schlägt vor, diese Verse um-
  • zustellen, und den letzten an die Worte Tristan's anzuschließen. Die
  • Überlieferung sämmtlicher Hss. spricht dagegen, und der Sinn lässt es
  • nicht zu. Der König hat im Allgemeinen ein Versprechen gegeben, aber
  • nicht speciell dem Tristan : umgekehrt hat aber Tristan dem Könige gegen-
  • über etwas gelobt, nämlich die Erfülking einer Vorbedingung. Vgl. 11379,
  • 11383. 11394. —
  • XV. DAS WAHRZEICHEN. 41
  • «nein herreo, sprach der valsclie dö
  • «durch got, ensprechet niht also.
  • swie ez hier umbe ergangen si,
  • da ist zewäre uutriuwe bi 11290
  • und ist mit valsche hie zuo komen.
  • e aber mir werde bcnomcn
  • min ere mit unrehte,
  • si muoz mir e mit vehto
  • und mit kämpfe hine gän : 11295
  • herre, ich wil den kämpf bestän.»
  • «truhsaeze», sprach diu wise Isöt
  • «du teidingest äne not:
  • mit wem wil du kampfrehten?
  • dirre herre wil nilit vehten: 11300
  • er hat doch an Isolde
  • behabet, daz er wolde.
  • er w£ere tumber danne ein kint,
  • und vpehte er mit dir umbe den wint. »
  • «war umbe, frouwe?» sprach Tristan 11305
  • «e danne er j^ehe, daz wir'n hier an
  • gewalten unde iinrehten,
  • ich wil e mit im vehten.
  • herr' unde frouwe, sprechet dar,
  • gebietet ime daz, daz er var 11310
  • wol balde wäfenen sich:
  • bereite sich, als tuon ich mich.»
  • Xu daz der truhsseze sach,
  • daz sich diu rede ze kämpfe brach,
  • sine mäge und sine man 11315
  • die nam er alle und gie dan
  • an eine spräche sunder
  • und suochte rät hier undcr.
  • (285) nu dühte si daz msere
  • 1121)3 tcidingen svw., hier doppelsinnig: processicrcn und daneben : reden,
  • schwatzen. — 11299 kainp/re/i(cn swv., das kampfreht ausüben, im gericlit-
  • lichen Zweikampf fechten. — 11302 behüben swv. , hier: erhalten, erreichen.
  • — 11307 'jewuUen swv. mit acc, einem Gewalt anthun [vgl. vergewaltigen
  • mit acc] — unrchten swv. mit acc, einem Unrecht anthun; scheint eine
  • Gottfriedische Bildung. Im mhd. Wb. II, 1, 615'* wird erklärt «begehe
  • ein Unrecht», also intransitiv, und citiert daz wir hier an gewalten und
  • unreht'^n (dagegen III, 47ti'' unter Gewalten mit acc. : daz u-irn u. s. w. «ihm
  • Gewalt und Unrecht thun»); u-irn^=wir in steht in Hs. MundH; wir ime
  • in W ; nur in F wir.
  • 11314 brechen refl., hier wie in '>27?>: daß die Sache auf den Kampf
  • hinauslaufen sollte; hier tritt möglicherweise dieBcdeutung von sich brechen
  • = cinc Wendung machen, sich wenden mehr hervor. ■ —
  • 42 XV. DAS WAHRZEICHEN.
  • SO rehte lasterbsere, 11320
  • daz er da lützel rätes vant.
  • ir iegelicher sprach zeliant:
  • «truhsseze, diniii tagedinc
  • diu liseten boesen ursprinc,
  • ze boesem ende sint euch komen. 11325
  • waz hast du dich an genomen?
  • wil du dich mit unrehte
  • bieten ze vehte,
  • daz gät dir westlich an daz leben.
  • waz rätes mugen wir dir gegeben? 11330
  • hie enhderet rät noch ere zuo :
  • verliusest du daz leben nuo
  • ze gar verlorner ere,
  • so ist aber des schaden noch mere.
  • uns dunket alle und sehen daz wol, 11335
  • der wider dich da vehten sol,
  • der ist ein geherzet man zer not.
  • bestästu'n, zwäre ez ist din tot.
  • Sit dich des välandes rät
  • verraten an den eren hat, 11340
  • so behabe dinen li'p doch.
  • versuoche unde besieh noch,
  • obe diz laster und die lüge
  • iemen hin gelegen müge
  • mit deheiner slahte maere. » 31345
  • dö sprach der lügensere:
  • «wie weit ir, daz ich daz getuo?»
  • «da raten wir dir kurze zuo:
  • gä wider in unde gich,
  • dine friunt die heizen dich 11350
  • dise vörderunge varen län :
  • nu wellest du dervone gän.»
  • Der truhsseze tete also,
  • er gie widr in und seite do,
  • sine mäge und sine man - 11355
  • 11323 tagedinc stn., hier wohl wieder allgemein wie dinc, etwa: Händel;
  • die Erklärung im mhd. Wb. I, 335 «deine Anträge auf Zweikampf» scheint
  • mir zu eng; der übele Anfang datiert weiter zurück. — 11324 ursprinc stm.
  • = Ursprung, Beginn. — 11329 wcetlich (zu loät) adv. (das Adj. fehlt bei
  • Gottfried), eigentlich: schön, stattlich; dann wie hier übertragen: leicht,
  • wahrscheinlich; vgl. 17885. 18272; der übertragenen und abgeschwächten
  • Bedeutung mag eine Ironie zu Grunde liegen [vgl. unser: mit Glanz]. —
  • 11341 beheben swv., hier: bewahren, retten. —
  • XV. DAS WAHRZEICHEN. 43
  • die Iireten iu genomen da van,
  • nu wolte er ouch da von sin.
  • «truhsceze», sprach diu künigin
  • (286) «daz enwande ich niemer geleben,
  • daz du iemer sollest üf gegeben 11360
  • alse gar gewunnen spil.»
  • alsolhes spottes wart da vil
  • getriben über den palas.
  • der arme truhs£eze was
  • ir gige unde ir rotte; 11365
  • si triben in mit spotte
  • umbe und umbe als einen bal.
  • da wart von spotte michel schal.
  • sus nam der valsch ein ende
  • mit oflfenlicher sehende. 11370
  • 11356 da van y dervan nemen mit acc. , einen von etwas abbringen; vgl.
  • 18405. — 11365 ir gige unde ir rotte, wie wir sagen: ihr Spielball, welches
  • andere Bild dann auch gleich im Folgenden verwertJiet ist; ähnlich unser:
  • einem mitspielen; rotte, vgl. zu 13123. — 11370 sehende stf., Schändung,
  • Schmach; Gottfried gebraucht sonst schände (: Tristande: Engelande).
  • XVI.
  • DER MINNETRANK.
  • Die Landesherren •willigen mit Freuden in die zwischen dem König
  • und Tristan geschlossene Versöhnung und in dessen Werbung für König
  • Marke. Tristan sichert das Land Kurnewal Isolden als Morgengabe zu.
  • Die Jünglinge, die von Kurnewal und Engeland einst zum Zinse gegeben
  • waren, werden frei. Während sich Tristan zur Heimfahrt rüstet, bereitet
  • die Königin einen Minnetrank und übergibt das Glasgefäli der Obhvt ihrer
  • Niftel Brangfene, die mit ihrer Tochter fahren soll. Sie möge, wenn sich
  • Isolt und Marke in Liebe vereint hätten, ihnen diesen Trank statt Weines
  • schenken, solle aber auf der Hut sein, daß niemand anders davon genieße.
  • Schmerzlich ist Isoldens Abschied von Altern tind Heimat. Tristan sucht
  • sie auf der Fahrt zu trösten, aber sie weist in Erinnerung an ihres Oheims
  • Tod seine Zutraulichkeit zurück und klagt ihn an, daß er sie zu unge-
  • wissem Looße aus dem Lande gelockt habe; lieber hätte sie den Truchseß
  • genommen. Tristan beschwichtigt ihren Unmuth. — Während die Reisen-
  • den Kühe halten und das Volk sicJi zur Erlustigung an das Land begibt,
  • besucht Tristan die Königin und begehrt während des Zwiegesprächs zu
  • trinken. Von einem der anwesenden Jungfräulein wird ihm jenes Gefäß
  • mit dem Tranke für Wein gereicht. Tristan bietet das Glas vorerst der
  • Herrin, sie trinkt und danach auch er. In diesem Augenblicke tritt Bran-
  • gsene ein, erschrickt zum Tode, wirft das Glas in die See und bricht in
  • Klagen aus. In Tristan's und Isoldens Herzen erwacht alsbald glühende
  • Liebe.
  • Do disiii rede geendet was,
  • der künic seile in den palas
  • sines ländes cumpaujünen,
  • rittern und barünen,
  • daz diz Tristan wtere, 11375
  • und kunte in diz maere,
  • als er ez lisete yernomen,
  • war umbe er z'Iiiant wsere komen
  • und wie er gelobet bsete,
  • er solte ez ime da stsete 11380
  • XVI. DER MINNETRANK. 45
  • mit Markes fürsteii nicachen
  • mit allen den Sachen,
  • als er im vor beuancle.
  • daz gesinde von Irlande
  • was dirre mrere sere frö. 11385
  • die lantlierren sprächen do,
  • daz disiii suone wsere
  • gevellic unde gehtere,
  • wan langez hazzen under in
  • tribe ie die zit mit schaden hin. 11390
  • Der künec gebot unde bat,
  • daz in Tristan an der stat
  • der rede gewis trete,
  • als er'm gelobet htete.
  • er tete ouch also: Tristan 11395
  • und alle sines herren man
  • die swuoren ze dem male
  • daz laut ze Kurne^yäle
  • (287) ze morgengäbe Isolde,
  • und daz si wesen solde 11400
  • frouw' über allez Engelaut.
  • hie mite bevalch Gurmün zehant
  • Isolde haut von hande
  • ir vinde Tristaude.
  • ir vinde spriche ich umbe daz, 11405
  • si was im dännoch gehaz.
  • Tristan der nam si an sine haut:
  • « künec 0, sprach er «hcrre von Irlant,
  • wir biten iuch, min frouwe und ich,
  • daz ir durch si und ouch durch mich, 11410
  • ez sin ritter oder kint,
  • die her ze zinse gegeben sint
  • von Kurnewal und von Engelaut,
  • die suln in miner frouwen haut
  • billichen und von rehte sin, 11415
  • wan si ist der lande künigin,
  • daz ir ir die läzet fri.»
  • «vil gerne», sprach der künec «daz si:
  • 11383 vor benennen, hier: verheiloeu.
  • 11406 gehaz adj., feind, feindselig gesinnt.
  • 4.6 XVI. DER MINNETRANK.
  • ez ist wöl mit minen minnen,
  • varnt si alle mit iu hinnen.» 11420
  • Der msere wart manc herze fro.
  • • Tristan der hiez gewinnen dö
  • einen kiel ze sinem kiele
  • und daz oiich der geviele
  • im selbem unde Isolde 11425
  • und da zuo, swem er wolde.
  • und alse ouch der bereite wart,
  • Tristan bereite sich zer vart.
  • in allen den enden,
  • da man die eilenden 11430
  • ze hove und in dem lande vant,
  • die besande man zehant.
  • Die wile und sich ouch Tristan
  • mit sinen lantgesellen dan
  • bereite unde berihte, 11435
  • die wile so betihte
  • Isot diu wise künigin
  • in ein glaseväzzelin
  • (288) einen tranc von minnen
  • mit also kleinen sinnen 11440
  • iif geleit und vor bedäht,
  • mit solher krefte vollebräht,
  • mit sweme sin ieman getraue,
  • den muose er äne sinen danc
  • vor allen dingen meinen, 11445
  • und er da wider in einen:
  • in was ein tot unde ein leben,
  • ein triure, ein fröude samet gegeben.
  • Den tranc den nam diu wise,
  • si sprach Brangtenen lise: 11450
  • u Brangsene )) , sprach si «niftel min,
  • lä dir die rede niht swsere sin,
  • 11435 berihien, hier entsprechend unserm: zurecht machen, synonym
  • von bereiten. — 11436 betihten swv., hier wie in V. 4941, doch liegt hier
  • wohl im Worte noch mehr der Begriff des Erfindungsreichen. — 11438 glase-
  • väzzelin stn., Glasgefäßchen ; s. zu 11697. — 11440 kleine adj., hier: fein,
  • genau, scharf, mit M. sinnen, mit Scharfsinn. — ll^i'i getrinken, hier; zu-
  • sammen Cge-) trinken. — 11446 in einen (fiectierter Acc), ihn allein.
  • XVI. DER MINNETRÄNK. 47
  • du solt mit miuer toliter hin-,
  • da nach so stelle diiieu sin,
  • swaz ich dir sage, daz vernim: 11455
  • diz glas mit disem tränke nim,
  • daz habe in diner huote.
  • hüet' es vor allem guote.
  • sich, daz ez üf der erde
  • lernen innen werde. 11-4GÜ
  • bewar mit allem flize,
  • daz es ieman cnbize.
  • flize dich wol starke,
  • swenn' Isot unde Marke
  • enein der minne komen sin, 11465
  • so schenke in disen tranc vür win
  • und la si'n trinken üz enein.
  • bewar daz, daz sin mit in zwein
  • ieman enbize, daz ist sin,
  • noch selbe entrinc es niht mit in. 11470
  • der tranc der ist von minncn:
  • daz habe in dinen sinnen,
  • ich bevilhe dir Isöte
  • vil tiure und vil genote.
  • an ir so lit min beste leben. 11475
  • ich unde si sin dir ergeben
  • üf alle dine sj:elekeit:
  • hie mite si dir genuoc geseit.«
  • (289) «trüt frouwe», sprach Brangaene dö
  • «ist iuwer beider wille also, 11480
  • so sol ich gerne mit ir varn,
  • ir ere und al ir dinc bewarn,
  • so ich iemcr beste kan.«
  • Urloup nam dö Tristan
  • und al sin Hut hie unde dort. 11485
  • si schieden ze AVeiscfort
  • mit michelcn fröuden abe.
  • nu volgete ime unz in die habe
  • durch isöte minne
  • künec unde küniginne 11490
  • 11462 enbizen stv., genießen [vgl. Imbiß], — es gen., davon; vgl. sin
  • 1146S. — 114t)5 enein kamen mit gen., in einer Sache zusammeukorameu,
  • sich in etwas vereinen. — 11409 sm stm., hier: Verstand; das ist ver-
  • ständig.
  • 48 XVI. DER MINNETRANK.
  • iiiid o\ ir massenie.
  • sin iinverwände amie,
  • sin iiiiverwantiu herzeiiot,
  • diu liebte wimuecliclie Isot,
  • diu was im z'allen ziten 11495
  • weinende an der siten;
  • ir vater, ir muoter beide
  • vertriben mit manegem leide
  • die selben kurzen stunde.
  • manec öuge da begunde 11500
  • riezen uude werden rot.
  • Isot was maneges herzen not:
  • si bar vil manegem herzen
  • tougenlichen smerzen.
  • diu weineten genote 11505
  • ir ougen wunne, Isote.
  • da was gemeine weine:
  • si weineten gemeine
  • vil herzen und vil ougen
  • offenliche und tougen. ^ llölO
  • und aber Isot und aber Isot,
  • diu sunne unde ir morgenrot,
  • und ouch daz volmasne
  • diu schoene Brangajne,
  • do si sich muosen scheiden, 11515
  • diu eine von den beiden,
  • do sach man jämer unde leit:
  • diu getriuweliche Sicherheit
  • (290) schiet sich mit manegem leide.
  • isot kuste s' beide 11520
  • dick' und ze manegem male.
  • nu die von Kurnewäle
  • unde ouch Irlandsere,
  • der frouwen volgaere,
  • alle ze schiffe wären komen 11525
  • und hseten urloup genomen,
  • Tristan der gie ze jungest in:
  • 11492 aniie swf. Fremdwort, lat. amica, Freundin, Geliebte; fem. zu
  • amis, (2679). — 11493 unverivant part. adj. (=Hs. M und H im Wortspiel
  • mit unoerwänt), unwandelbar, beständig. — 11507 weine stf., das Weinen
  • [nhd. aufgegeben; vgl. die Lache]. — 11518 Sicherheit stf., hier: das Bünd-
  • niss, die Freundschaft, abstract für: die getreuen Freundinnen. — 11524 vol'
  • goere stm. [erhalten: Verfolger, Nachfolger], einer aus dem Gefolge. —
  • XVI. DER MINXETRANK. 49
  • diu lielite jiiuge künigiu,
  • diu blüome von Irlant,
  • isüt diu gieng im an der liant 11530
  • trürec undc sere uufrö.
  • si zwei si nigeu dem lande dö
  • und baten den gotes scgen
  • der liute undc des landes pflegen.
  • si stiezcn an und fuoren dan. 11535
  • mit höher stimme huobcn s' an
  • und suugen eines unde zwir:
  • «in gotes namen varen wir!»
  • und strichen allez hinewart.
  • Isu was den frouwen zuo ir vart 11540
  • mit Tristandes rate
  • ein kielkemenäte
  • nach heinlicher sache
  • gegeben ze ir gemache.
  • da was diu küniginne ' 11545
  • mit ir juncfrouwen inne
  • und mit in Uitzel dehein man
  • wan underwilen Tristan:
  • der gie wTlen dar in
  • und tröste die künigin, 11550
  • da si weinende saz.
  • diu weinde unde klagete daz,
  • daz si also von ir lande,
  • da si die liute erkande,
  • und von ir friunden allen schiet 11555
  • und fuor mit der unkunden diet,
  • sine wiste war öder wie.
  • so tröste si Tristan ie
  • (291) so er süozeste künde
  • ze iegcHcher stunde, 11560
  • alse er zuo ir triure kam.
  • zwischen sin arme er si nam
  • 11537 *'ines adv. gen., ciunial. — 11538 zu diesem Verse vgl. Hoffmauu's vou
  • rallersleben Geschichte des deutschen Kirchenliedes bis auf Luther's
  • Zeit, zweite Ausgabe (18.')4), S. 70 lg. Philipp Wackernagel: Das deutsche
  • Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts
  • (1S67), II, 515 fg.
  • 11512 kielkemenäte swf. (4061), Schiffsgemach, Kajüte. — 11543 näc/i
  • heinlicher sacfie = näcfi heinliche, der Abgeschlossenheit gemäß, und die
  • ganze "Wendung := eine heinliche kielkeinenäle.
  • GOTTFRIED VON STRASSI3UKG. 11. 2. Aufl. 4
  • 50 XVI. DER 3IIXNETRANK.
  • vil suoze imcle lise
  • lind niuwan in der wise,
  • als ein man sine frouwen sol. 11565
  • der getriuwe der versach sich wol,
  • daz er der schoenen wrere
  • ein senfte ziio ir sw?ere.
  • und alse dicke , als ez ergie ,
  • daz er sin arme an si verlie, ' 11570
  • so gedähte ie diu schoene Isot
  • an ir oeheimes tot
  • und sprach ie danne wider in:
  • «lät stän, meister, habet iuch hin,
  • tuot iuwer arme hin dän. 11575
  • ir Sit ein harte müelich man:
  • war umbe rüeret ir mich?»
  • «ei, schoene, missetüon ich?»
  • V,«jä ir, wan ich bin iu gehaz.»
  • «sseligiu», sprach er «umbe waz?» 11580
  • «'ir sluoget minen cehein.»
  • «deist doch verstienet. » «des al ein:
  • ir Sit mir doch unmsere,
  • wan ich waer' äne swaere
  • und äne sorge, enwaeret ir. 11585
  • ir alterseine habet mir
  • disen kümber allen üf geleit
  • mit pärät und mit kündekeit.
  • waz hat iuch mir ze schaden gesaut
  • von Kurnewäle in Irlant? 11590
  • die mich von kinde habent erzogen,
  • den habet ir mich nu an ertrogen
  • und füeret mich, i'n weiz wä hin.
  • i'ne weiz, wie ich verkoufet bin
  • 11565 man^ hier: der Untergebene im Gegensatze zn frouice , Herrin; Tri-
  • stan steht im Mannenverhältnisse zu der Braut seines Königs. — 11574 'mei-
  • ster, hier^fZes kieles meister (i<7b7), Kapitän und zugleich: Kammerherr,
  • (11658. 11685), in dessen Obhut Isolt gegeben ist. — //m haben refl., sich
  • ferne halten. — 11575 hin dun tuon, wegthun. — 11576 iniieitch adj. (zu
  • inüejen 6027), (mühsam), lästig. — 11582 versüenen swv., sühnen, durch
  • Versöhnung ausgleichen. — des al ein (=Hs. M, H und F -, nur W : daz ist)
  • wohl nicht =z des, desf, daz ist al ein, das ist all eins, einerlei, sondern die
  • Wendung ist elliptisch: wenn auch dessen, dessenungeachtet und insofern
  • = einerlei! — 11586 alterseine adj., eigentlich: auf der Welt allein, ganz
  • allein. — 11588 pärät stf., hier : Betrügerei; vgl. zu 874. — 11591 von kindr-,
  • von Kind auf. — 11592 an ertriegen mit dat. (den) und acc. (mich), einem
  • jemanden durch Betrug abgewinnen. —
  • XVI. DER MINNETRANK. 51
  • und eiiweiz ouch, waz iniu werden soI.» 11595
  • «nein, schoene Isöt, gehabet iucli wol:
  • ja müget ir michel gerner sin
  • in fremde ein richiu künigin
  • (292) dan in der künde arm unde swacli:
  • in fremedem kmde er' nnde gemach IICOO
  • und schäme in vater riche,
  • diu smackent ungeliche.»
  • «ja meister Tristan», sprach diu maget
  • «ich nseme e, swaz ir mir gesaget,
  • eine miezliche sache 11G05
  • mit liehe und mit gemache
  • dan Ungemach und areheit
  • hi micheler richeit.»
  • «ir redet war», sprach Tristan
  • «swa man aber gehaben kan IIGIO
  • die richeit bi gemache,
  • die stiegen zwo sache
  • die loufent baz gemeine
  • danne ietwedere al eine.
  • nu sprechet, wserc ez da zuo komen, 11C15
  • daz ir müeset hän genomen
  • den trühs?ezen ze manne,
  • wie füere ez aber danne?
  • ich weiz wol, so w?eret ir frö :
  • und danket ir mir danne also, 11(520
  • daz ich iu kom ze tröste
  • und iuch von ime erloste?»
  • «des wirt iu späte» sprach diu maget
  • «von mir iemer danc gesaget:
  • wan löstet ir mich von im dö, 11625
  • ir habet mich aber sider so
  • verklüteret mit swnere,
  • 11595 waz min u-erd''n 3ol = uuaarm : was mit mir werdeu soll; vgl. Gr. 4,
  • (;54. — 11599 kmide stf., hier; Heimat. — llf.Ol nc/nuue stf., (Scham),
  • Schmach, Schande; bezieht sicli auf die Verbinduug der Isolt mit dem
  • Truchselj, wovon dann im Folgenden ausführlicher die Rede. — vuirr
  • riche 8tn. , wohl Zusammensetzung = Vaterland. — 11002 smackrn swv.,
  • hier: schmecken, bildlich für: eine Wirkung liaben ; vgl. zu 120Ü9. —
  • 11610 yehaben swv., verst. haben; in wohl der Begriff: zusammen. —
  • 11'527 oeiklüteren swv. wird im mhd. Wörterbuclie oliue Erklilrung unter
  • klüteren swv. (-verfertige kleine mechanische Arbeiten, ohne sie eigentlicli
  • gelernt zu haben >• aufgeführt. Hildcbraud setzt Deutsches Wörterbuch
  • 5, I2i;i klüterrn unter klittfrn au, welches in zwei Hauptbedeutungen aus-
  • einandergeht, verkliiteren wird durch keine erklärt; Eecli weist verschie-
  • dene hierhergehörige Worte nach, wenn auch nicht das zusammengesetzte
  • Vcrbum; danach t"erWM/(?/vre = begaukeln, vorhexen. —
  • 4*
  • 52 XVI. DER MINNETRANK.
  • daz mir noch lieber wsere
  • der trühsreze ze manne genomen,
  • dan ich mit iu wser' üz körnen: 11630
  • wan swie tugendelos er si,
  • wser' er mir keine wile bi,
  • er lieze sin untugent durch mich,
  • got weiz, dar an erkante ouch ich,
  • daz ich im liei? wsere.» ■ 11635
  • Tristan sprach: «disiu msere
  • sint mir ein äventiure.
  • daz wider der nätiure
  • (293) dehein herze tugentliche tuo,
  • da beeret michel arbeit zuo: 1164:0
  • ez hat diu werlt vür eine lüge,
  • daz iemer unart garten müge.
  • schceniu, gehabet ir iuch wol.
  • in kurzen ziten ich iu sol
  • einen künec ze herren geben, 11645
  • an dem ir fröude und schcene leben,
  • guot unde tugent und ere
  • vindet iemer mere.»
  • Hie mite strichen die kiele hin.
  • si beide hseten under in 11650
  • guoten wint und guote var.
  • nu was diu fröuwine schar,
  • Isüt und ir gesinde
  • in wazzer unde in winde
  • des uugevertes ungewon. 11655
  • unlanges komen si da von
  • in ungewonliche not.
  • Tristan ir meister do gebot,
  • daz man ze lande schielte
  • und eine ruowe hielte. 11660
  • nu man gelante in eine habe,
  • nu ffie daz volc almeistec abe
  • 11628 fg. in der Participialconstruction nach liep (s. zu 218) steht der
  • Nominativ statt des Accusativs in der neuen Infinitivconstruction. —
  • 11637 dventiure stf., hier: Seltsamkeit. — 11642 unart stf., schlechte Art,
  • Beschaffenheit. — garten, gearten swv., verst. arten, zur art werden, artig,
  • gut werden.
  • 11655 ungeverte stn. , hier: Beschwerlichkeit der Keise. — 11656 un-
  • langes adv. gen., (unlängst), nicht lange, in Kurzem. — 11661 gelante prset.
  • von gelenden swv., verst. lenclen, landen; doch ge- hier plusquamperf. —
  • XVI. DER MINNETRANK. 53
  • durch banelde üz an daz lant;
  • IUI gienc oucli Tristan zehant
  • begrüezen unde bescliouwen 11665
  • die liebten sine fron wen;
  • und alse er zuo ir nider gesaz,
  • und redeten diz unde daz
  • von ir beider dingen,
  • er bat im trinken bringen. 11670
  • nune was da niemen inne
  • äne die küniginne
  • wan kleiniu juncfrouwelin.
  • der einez sprach: «seht, hie stät win
  • in disein vazzeline. » 11675
  • nein, ezn was nibt mit wine,
  • doch ez im glich wtt're,
  • ez was diu wernde sw^ere,
  • (294) diu endelose herzenot,
  • von der si beide lägen tot. 11680
  • nu was ab ir daz unrekant:
  • si stuont üf und gie hin zehant,
  • da daz tranc und daz glas
  • verborgen uAde behalten was.
  • Tristande ir meister bot si daz: 11685
  • er bot Isöte vürbäz.
  • si tranc ungerne und über lanc
  • und gap do Tristand', unde er tranc,
  • und wänden beide, ez w^ere win,
  • iemitteu gieng ouch Brangi^en' in 11690
  • unde erkände daz glas
  • und sach wol, waz der rede was:
  • si erschräc so sere unde erkam,
  • daz ez ir alle ir kraft benam
  • und wart reht' alse ein töte var. 11695
  • mit totem herzen gie si dar;
  • si nam daz leide veige vaz,
  • si truog ez dannen und warf daz
  • llGtjö beschouwen swv., (beschauen), besuchen (wie sonst meist beseiten ge-
  • braucht wird). — 11675 vazzelin, cäzzelin dim. zu vaz 11697. — 11681 un-
  • rekant ■=unerkunt adj., unbekannt. — /r = dem kleinen Jungfiäulein. —
  • 11687 über lanc {a,A'}.), nach einer Zeit; »erst nach einigem Sträuben.» Paul.
  • — 11692 uaz dtr re<'e icuf . wie sich die Sache verhielt; vgl. zu 10335. —
  • 1169.1 ein (dte, nicht: eine Todte, sondern: ein Todter; in solchen Fällen
  • steht das Jlasculinum ; vgl. Gr. 4, l'st. — 11697 caz stn., Gefäß im all-
  • gemeinen Sinn [Faß beschränkter, geht vielfach auf die Form; erhalten
  • z. B. Tintenfaß]. —
  • 51 XVI. DER MINNETRANK.
  • iu den tobenden wilden se:
  • «owe mir armen!» sprach si «owe, 11700
  • daz ich zer werkle ie wart geborn!
  • ich arme, wie hän ich verlorn
  • min ere und mine triuwe!
  • daz ez got iemer riuwe ,
  • daz ich au dise reise ie kam, 11705
  • daz mich der Tot dö niht ennara,
  • dö ich an dise veige vart
  • mit isot' ie bescheiden wart!
  • ouw6 Tristan unde Isöt,
  • diz traue ist iuwer beider tot!» 11710
  • >
  • Nu daz diu magct unde der man,
  • Isot unde Tristan ,
  • den traue getrunken beide, sä
  • was oucli der werkle unmuoze da
  • Minn', aller herzen lägaerin, 11715
  • und sleich z'ir beider herzen in.
  • e si's ie würden gewar,
  • do stiez si ir sigevanen dar
  • (295) und zoch si beide in ir gewalt:
  • si wurden ein und einvalt, 11720
  • die zwei und zwivalt wären e;
  • si zwei enwären dö niht me
  • widerwarten uiider in:
  • Isute haz der was do hin.
  • diu süenserinne Minne 11725
  • diu haete ir beider sinne
  • von hazze also gereinet,
  • mit liebe also vereinet,
  • daz ietweder dem andern was
  • durchlüter alse ein Spiegelglas. 11730
  • si haeten beide ein herze:
  • ir sw?ere was sin smerze,
  • sin smerze was ir swsere;
  • si wären beide einba^re
  • 31704 = 14404 r'niwen swv., hier: erbarmen; die Wendung fonneUiaft wie
  • unser: daß Gott erbarm'!; vgl. 12131.
  • 11715 lägrenn stf., die Xaclistelleiin, Verfolgerin ; vgl. zu 119.37. 13842.
  • — 11720 einvalt adj., (einfältig», einig; vgl. zu 19398. — 11725 süencerinne
  • stf., Sühnerin, Versöhnerin. — 11730 durchlüter adj., durch und durch klar,
  • durchsichtig; vgl. 1698S. —
  • XVI. DER MIKNETRANK. 55
  • au liebe unde an leide 11735
  • und liäleii sich doch beide,
  • und tete daz zwivel unde schäm:
  • si schämte sich, er tete alsam;
  • si zwivelte an im, er an ir.
  • swie blint ir beider herzen gir 11740
  • an einem willen wa3re,
  • in was doch beiden swsere
  • der urhap unde der begin:
  • daz hal ir willen under in.
  • Tristan, dö er der minne enpfant, 11745
  • er gcdähte sä zehant
  • der triuwen unde der eren
  • und wolte dannen keren:
  • «nein», dähte er allez wider sich,
  • «lä stän, Tristan, vcrsinne dich, 11750
  • niemer genim es keine war. »
  • so wolte et ie daz herze dar;
  • wider si'nem willen kricgete er,
  • er gerte wider siner ger:
  • er wolte dar und wolte dan. 11755
  • der vergangene man
  • versuochte ez in dem stricke
  • ofte unde dicke
  • (290) und was des lange st^te.
  • der getriuwe der hrete 117G0
  • zwei nähe gendiu ungemach :
  • sweuu' er ir under ougen sach,
  • und ime diu süeze Minne
  • sin herze und sine sinne
  • mit ir begunde seren,^ 11765
  • so gedähte er ic der Eren,
  • diu nam in dänne dervan.
  • hie mite so kerte in aber an
  • Minne . sin crbevofrctin :
  • 11743 urhap stn., Anfang.
  • 11753 kriryen swv., streben, trachten wollen. — 1175(j vtnjan'jtn adj. part.,
  • der sich vergangen, verirrt hat. — 11757 atric stm., Strick, Bestrickuug;
  • ein Bihl aus dem Jägerleben , ^welclies Gottfried öfters anwendet; vgl.
  • 12179 fg. 13HS5. 19111. — IHiitJ Kra fem., hier personificiert, darum auch
  • swf. ; dies nachzutragen zu Bcnecke's Bemerkung zu Iwein 1579. — 117*i3 an
  • kCrcn mit acc, sich zu einem wenden, einen angreifen. — 117G9 erlccoge-
  • t'm stf., Erblierrin, bildlich für die Macht, der er nicht cntgelien kann. —
  • 56 XVI. DER MINNETRANK.
  • der miiose er aber gevolgec sin. 11770
  • in muoten harte sere
  • sin triuwe und sin ere,
  • so muote in aber diu Minne me,
  • diu tete ime wirs danne we:
  • si tete im me ze leide 11775
  • dan Triuwe und Ere beide.
  • sin herze sach si lachende an
  • und nam sin öuge dervan.
  • als er ir aber niht ensach,
  • daz was sin meistez uügemach. 11780
  • dicke besazte er sinen muot,
  • als der gevängene tuot,
  • wie er ir möhte entwenken,
  • und begünde ofte denken:
  • okere dar öder her, 11785
  • verwandele dise ger,
  • minn' unde meine anderswä!»
  • so was ie dirre stric da.
  • er nam sin herze und sinen sin
  • und suochte anderunge in in, 11790
  • sone was ie niht dar inne
  • wan Isöt unde minne.
  • Alsam geschach Isote:
  • si versüochte ez euch genote,
  • ir was diz leben ouch ande. 11795
  • dö si den lim erkande
  • der gespenstigen Minne
  • und sach wol, daz ir sinne
  • (297) dar in versenket wären,
  • si begünde staten vären, 11800
  • si weite üz unde dan:
  • so klebete ir ie der lim an;
  • der zoch si wider unde nider.
  • 117S1 besetzen swv., hier wie in V. 7311. -z 11783 entwenken swv., ent-
  • weichen, entfliehen. — 11790 anderunge stf , Änderung, Abwechselung.
  • 11796 vgl. das ähnliche Bild in V. 845 fg. — 11800 s taten ( = F; staden
  • B; M fehlt) gen. pl. von state , Gelegenheit, welches Wort wir auch im
  • Plural gebrauchen: Gelegenheiten; öfters nicht ersichtlich, ob State im.
  • Plural steht; ganz gewöhnlich ist bekanntlich ze staten, nhd. zu statten;
  • der Singular State bei vären swv., erlauern, ersiiähen, in V. 11932; ähn-
  • liche Wendung in V. 1455-1 fg. (Groote nach H Stades [W statesl, ebenso
  • V. d. Hagen und Maümann.) —
  • XVI. DER MIXXETRAXK. 57
  • diu sclioeiic strcbetc allez wider
  • und stuont an iogelichem trite. 11805
  • si volgete ungcruc mite;
  • si versuochte ez manegen enden:
  • mit füezen und mit henden
  • nam si vil manege kere
  • unde versancte ie mere 11810
  • ir hende unde ir füeze
  • in die blinden süeze
  • des mannes unde der minne.
  • ir gelimeten sinne
  • die enkünden niender hin gewogen 11815
  • noch gebrucken noch gestegen
  • halben fuoz noch halben trite,
  • diu minne enwsere ie da mite.
  • Isüt swar si gedähte,
  • swaz gedankc si vür brähte, 11820
  • sone was ie diz noch daz dar au
  • wan minne unde Tristan:
  • und was daz allcz tougen.
  • ir herze unde ir ougen
  • diu missehullen undcr in: 11825
  • diu schäme diu jagete ir ougen hin,
  • diu minne zoch ir herze dar. «
  • diu widerwärtige schar
  • maget unde man, minn' unde schäm
  • diu was an ir ser' irresam: 11830
  • diu maget diu wöite den man
  • und warf ir ougen dar van;
  • diu schäme diu wolte minnen
  • und brahtc es uiemen innen.
  • waz truoc daz vür? schäm unde maget, 11835
  • als al diu werlt gemeine saget,
  • llSOö stän. hier: stehen bleiben. — IIS07 manejen enden adv, dat., nach
  • manchen Seiten hin, auf mancherlei Weise; vgl. 6020. — 11S14 g-Himet
  • pari, adj., gefesselt; der Ausdruck würde heute nicht mehr edel sein ; v?!.
  • auch zu S65; ebenso wie der Sinn werden die Augen rjeltmet genannt in
  • V. 1190S. — llSlö fg. geiregcn (unentsclneden ob stv. oder swv.) heißt zu-
  • nächst: sich bewegen, ist zugleich aber auch als Verbum von w-?c gebildet
  • das verstärkte ^cegen (vgl. V. -lo), Wege bereiten. Dieser Doppelsinn des
  • Wortes veranlasst dann den Dichter zu g^örucken. Brücke bereiten, und
  • gestegen, Stege bereiten. — 11S17 vgl. die Wendung in V. ir)S2. — trite-=
  • (rit. Tritt; Plural ist wohl kaum gemeint; Änderung (rii : mit wäre ge-
  • wagt. — 11S28 iciderwartic adj., (widerwärtig), feindlich, entgegenstrebend. —
  • 58 XVI. DER MINNETRANK.
  • diu siiit ein also liaele dinc,
  • so kurze wernde ein ursprinc,
  • (298) sine liäbent sich niht lange wider.
  • Isüt diu leite ir kriec dernider 11840
  • und tete, als ez ir was gewant:
  • diu sigelöse ergap zehant
  • ir lip unde ir sinne
  • dem manne unde der minne.
  • si Llicte underwilen dar 11845
  • und nam sin tougenliclie war:
  • ir klären ougen unde ir sin
  • die geliüllen do wol und er in.
  • ir herze unde ir ougen
  • diu schächeten vil tougen 11850
  • und liepliehen an den man.
  • der man der sach si wider an
  • suoze und inneclichen.
  • er begünde ouch entwichen,
  • des in diu minne niht erlie. H855
  • man unde iriaget si gäben ie
  • ze iegelichen stunden,
  • so si mit fuogen künden,
  • ein ander ougenweide.
  • die gelieben dühten beide 11860
  • ein ander schoener vil dan e.
  • deist liebe reht, deist minnen e:
  • ez ist hiure und was ouch vert
  • und ist, die wile minne wert,
  • under gelieben allen, 11865
  • daz s' ein ander baz gevallen ,
  • so liebe an in wahsende wirt,
  • diu bluomen unde den wuocher birt
  • lieplicher dinge,
  • dan an dem urspringe. 11870
  • 11837 Jude SLtlj., verhohlen, dunkel, räthselhaft; vgl. zu 12700. — U83S mhd.
  • Wortstellung, nhd. Schachtelang nöthig (vgl. 999): ein so knrz wäh-
  • render ursprinc stm., hier: Hervorsprießen, etwa: Pflanze, Schöpfung. —
  • 11839 U'ider haben refl., sich entgegenhalten, sich widersetzen, Widerstand
  • leisten. — 11840 Ar?ec stm., Krieg, Kampf, Widerstreit. — 11848 under in
  • gehellen stv., s. zu 892. — 118.54 entwichen stv., zurückweichen, nachgeben.
  • — 11855 erläzen mit acc. und gen. (des nach B, N; dez W) wie in V. 542fi;
  • des = dem, des. — 11862 e stf., hier synonym mit rehl. — 11863 vert adv.,
  • vorjährig. — 11868 wuocher stm., Ertrag, Frucht. — 11870 ursprinc stm.,
  • hier wieder: Ursprung, Anfang. —
  • XVI. DER MINNETRAXK. 59
  • diu wuocherbafte miiiiie
  • diu schcenet nach beginne:
  • daz ist der säme, den si hat,
  • von dem si niemer zergät.
  • Si dunket schoener sit dan e. 11875
  • da von so tiuret minnen e.
  • r/ediuhte minne sit als e,
  • so zergienge schiere minnen e.
  • MS71 u-uocherlta/t adj., Früchte tragend.
  • 11876 tiuren swv., tiure werden, sich verschönen.
  • XVII.
  • DAS GESTÄNDNISS.
  • Während der Weiterfahrt kommen die Liebenden einander leise näher
  • nnd gestehen sich endlich in einsamer Stunde ihre Herzensneigung. Kur
  • eine bemerkt ihres Wesens Veränderung und ihre Vertrautheit. BrangaBue
  • befragt sie besorgt um den Grund ihres Ungemachs. Tristan bekennt seine
  • und Isoldens Minne und klagt Brang£Enen an, sie irre und störe sie beide
  • und sei schuld, wenn sie sterben müssten. Brangsene will ihnen nicht im
  • Wege sein, räth ihnen aber zu strenger Verschwiegenheit. Des Nachts
  • gibt Minne die Arztin die Liebenden einander zur Heilung ihres Siech-
  • thums. — Hier schaltet der Dichter im Hinblick auf die Beseligung eines
  • solchen Bündnisses eine kurze Betrachtung ein über die Liebe, die jetzt
  • so selten in Wahrheit begehrt werde, von der nur der Name noch bestehe
  • und die feil geworden sei. — Fortan ist es Tristan und Isolt wohl auf der
  • Fahrt, nur das eine bekümmert sie , daß Isolt einem ungeliebten Manne
  • werden solle, auch macht ihnen Isoldens «Weibheit» Sorge. In Kurne-
  • wals Nähe freuen sich alle der baldigen Ankunft, nur nicht Tristan und
  • Isolt. Diese bangen um ihre Ehre; aber das listige Mädchen weiß doch
  • einen Rath und Ausweg zu finden.
  • (299) Die kiele stiezen aber an
  • und fiioren fröliche dan, 11880
  • wan alse vil, daz Minne
  • zwei herze dar inne
  • von ir sträze haete brälit.
  • diu zwei diu wären verdäht.
  • bekümberet beide 11885
  • mit dem lieben leide,
  • daz solhiu wunder stellet:
  • 11879 s. zu 2307. — 11SS7 stellen swv., hier: bewerkstelligen, ver-
  • ursachen. —
  • XVII. DAS GESTÄNDNISS. Gl
  • daz Loncgeude gellet,
  • daz süezeude siuret,
  • daz touweude fiuret, 11890
  • daz senfteiide smerzct,
  • daz elliu herze entharzet
  • und al die werlt verkeret:
  • daz licete si verseret,
  • Tristauden unde Isöte. 11895
  • si twanc ein not genote
  • und in selts?ener ahte:
  • ir dewederez enmahte
  • gehaben riiowe noch gemach,
  • wan so ez daz ändere sach. 11900
  • so si aber ein ander sähen,
  • daz gieng in aber nähen,
  • wan si enmohten under in zwein
  • ir willen uiht gehaben enein:
  • daz geschüof diu fremede und diu schäm, 11905
  • diu in ir wunue benam,
  • so si eteswenne tougen
  • mit gelimeten ougen
  • ein ander solten nemen war,
  • so wart ir lieh geliche var 11910
  • dem herzen unde dem sinne.
  • Minne diu verwerraerinne,
  • die endCihte es niht da mite genuoc,
  • daz man si in edelen herzen truoc
  • verholen unde tougen, 11915
  • sine wülte undcr ougen
  • 11S88 liuiiegend part. prses. von honegen, homyen swv. intrans. (179SG), voll
  • Honig sein; daz honegendc bildlich für: das Süße. — geilen swv. traus., ver-
  • gällen, verbittern. — ll^SS süezen swv. intrans., süß sein, süß schmecken
  • (wohl nicht: süß maclicn wie in V. S311). — sturen swv., säuern, versäuern.
  • — 11>90 touwen swv., thauen, nässen. — ßuren swv., feuerig machen, ent-
  • zünden; vgl. zu iSOtjtJ. — li:sül sen/ten swv., selten wie hier intransitiv:
  • senfte, sanft sein, wohlthun, behagen; vgl. 19117 und zu 100. — smerzen
  • 8WV., in Schmerz verwandeln [nhd. schmerzen swv. intrans. :=mhd. &merzen
  • stv.]. — llSy2 cntherzeii swv., des Herzens, der Besinnung berauben [vgl.
  • entseelen]. — 11905 fremede stf., hier: das Fremdsein, Unvertrauthelt,
  • Zurücklialtung ; vgl. 12041. — li9l2 verv-erra: rinne stf., Verwirreriu, Be-
  • strickerin; diese Lesart nach Hs. \V, F, B und N scheint mir ganz dem
  • Stile Gottfried's zu entsprechen, zumal er auch veruerren öfters gebraucht
  • (vgl. auch strickarinne in V. l'JlsO), wogegen die Lesart von Hs. H und
  • O periftTfHwe^ Färberin eher durclx falsche Lesung (ceriver'inne) 2^\\?> jener
  • entstanden sein kann als umgekehrt; wegen ItcJi und var in V. 11910 und
  • varu-e 11919 fg. gewinnt allerdings verwerinne einen Halt, allein so specielle
  • Beinamen braucht Gottfried sonst nicht von der Minne, außer etwa arzä-
  • tinne; vgl. auch 1754U fg. — 11916 under ougen hier=i/7i(/cr den ougen, im
  • Antlitz (vgl. zu 739), augenscheinlich, offen. —
  • 62 XVII. DAS GESTÄ^'DN16S.
  • oucli offenboereii ir gewalt:
  • der was an in zwein manicvalt.
  • (300) unlange enein ir varwe erschein,
  • ir varwe schein unlange enein: 11920
  • si wehselten genöte
  • bleich wider rOte,
  • si wurden rot unde bleich,
  • als ez diu Minne in understreich.
  • hie mite erkande iewederez wol, 11925
  • als man an solhen dingen sol,
  • daz eteswaz von minnen
  • in ietwederes sinnen
  • ze dem andern was gewant,
  • unde begunden ouch zehant 11930
  • liepliche enein gebären,
  • zit' unde State vären
  • ir rüne unde ir maäre.
  • der minnen wildenoere
  • leiten ein ander dicke 11935
  • ir netze unde ir stricke,
  • ir warte unde ir läge
  • mit antwürt' und mit frage :
  • si triben vil msere under in.
  • isote rede und ir begin 11940
  • daz was vil rehte in megede wis:
  • si kom ir trüt und ir amis
  • alumbe her von verren an:
  • von ende mante si her dan,
  • wie er ze Develine 11945
  • in einem schiifeline
  • geflozzen wunt und eine kam;
  • wie in ir muoter an sich nam
  • und wie si'n ouch generte;
  • von allem dem geverte, 11950
  • wie si selbe in siner pflege
  • schriben lernete alle wege,
  • 11924 understnchen stv. ist im mhd. Wörterbuch II, 2, 687^* uacli Wacker-
  • nagel erklärt: cmalen mit wechselnden Farben»; ich glaube vielmehr, daß
  • hier Ellipse zu Grunde liegt = un(Ier ouffen strichen, also etwa : einstreichen,
  • einmalen; vgl, 17545, Bech: understnchen, allgemein = schminken, färben.
  • — 11935 fg. legen sagen wir noch in Verbindung mit: Fallstrick, Hinter-
  • halt; hier auch nacheinander verbunden mit netze, warte (s. zu 3427) und
  • läge stf. = Hinterhalt; rgl, die ähnlichen Wendungen in V. 13706. 14372 (lüge
  • und läge). 16797 (rät legeyi), —
  • XVII. DAS GESTÄNDNISS. Go
  • latine uiule seitespil.
  • der iimberede der was vil,
  • die si im vür ougeu leite 11955
  • von siner manlieite.
  • lind ouch von dem serpande ;
  • und wie si'n zwir erkande
  • (301) in dem mose und in dem bade.
  • diu rede was uuder in gerade, 11960
  • si Seite ime und er seit' ir.
  • «a», sprach Isöt «do ez sich mir
  • ze also guoten staten getruoc,
  • daz ich iuch in dem bade niht sluoc,
  • got herre , wie gewarb ich so! 11965
  • daz ich nu weiz, wist' ich ez do,
  • benamen so waere ez iuwcr tot.»
  • «war umbe?» sprach er «schcene Isöt.
  • waz wirret iu? waz wizzet ir?»
  • «swaz ich weiz, daz wirret mir; 11970
  • swaz ich ich sihe. daz tuet mir we:
  • mich müejet himel uudc se;
  • lip unde leben daz swaeret mich.»
  • si stiurte unde leinde sich
  • mit ir ellebogen au in: 11975
  • daz was der beide ein begin.
  • ir spiegelliehten ougen
  • diu vülleten tougen.
  • ir begünde ir herze quellen,
  • ir süezer munt üf swellen, 11980
  • ir houbet daz wac allez nider.
  • ir friunt begunde ouch si dar wider
  • mit armen umbevahen,
  • ze verre noch ze nähen
  • niwan iu gastes wise. 11985
  • er sprach suoz' unde lise:
  • «ei, schoene süeze, saget mir:
  • waz wirret iu, waz klaget ir?»
  • Iiy54 uutberede stf., Herumreden, Unischweif. — U'jOO gerade adj., gleicli,
  • gleichartig; vgl. 16856 fg. — 11973 swuren swv. mit acc, beschweren, be-
  • trüben; vgl. 11991. 12Ü27 u. zu 7281. — 11974 stiuren swv. refl., sich
  • stützen. — 11976 beide stf. (von bnlt ; vgl. 1096. 12039), Kühnheit; vgl. zu
  • 8966. — 1197s vollen swv.. voll werden. — 11979 stv., hier (iu an-
  • derer Bedeutung als in V. Il2(i3=:uhd.) ; schwellen, sich dehnen [nhd.
  • vom Backwerk gebraucht]. — 119S1 nidfr icegen stv., sich niederwärts be-
  • wegen, sich neigen. — 11985 gast stm., hier: Fremder, Fernstehender.
  • 64: XVII. DAS GESTÄXDNISS.
  • Der Miniieii vederspil Isot,
  • «lameir» sprach si «daz ist min not, 11990
  • lameir daz s\Y8eret mir den mnot,
  • lameir ist, daz mir leide tuot. »
  • do si lameir so dicke sprach,
  • er bedähte unde besach
  • anclichen unde kleine 11995
  • des selben wortes meine.
  • BUS begünde er sich versinnen,
  • l'ameir daz wa3re minnen,
  • (302) l'ameir bitter, la meir mer:
  • der meine der dühte in ein her. 12000
  • er übersach der drier ein
  • unde frägete von den zvvein :
  • er versweic die minne,
  • ir beider vogetinne,
  • ir beider trost, ir beider ger; 12005
  • mer unde sür beredete er:
  • ((ich wsene», sprach er «schoen« Isot,
  • mer unde sür sint iuwer not;
  • iu smecket mer unde wint:
  • ich W3ene, iu diu zwei bitter sint.» 12010
  • «nein, herre, nein! waz saget ir?
  • der dewederez wirret mir,
  • mir ensmecket weder luft noch se:
  • lameir al eine tuot mir we.»
  • Do er des wertes z'ende kam, 12015
  • minne dar i'nne vernam,
  • er sprach vil tougenliche z'ir:
  • «entriuwen, schoene, als ist ouch mir,
  • lameir und ir, ir sit min not.
  • herzefrouwe, liebe Isot, 12020
  • ir eine und iuwer minne
  • ir habt mir mine sinne
  • gar verkeret unde benomen,
  • ich bin üzer wege komen
  • so starke und also sere: 12025
  • 11990 lameir, vieldeutiges Fremdwort, im Polgenden entwickelt. —
  • 12006 bereden swv., besprechen, erwähnen; vgl. 5450. 17191. — 12009 smecken
  • swv. mit dat., übel schmecken, einen widerlichen Eindruck machen.
  • 12024 uzer prcep. mit dat., (außer), aus mit dat., außerhalb mit gen.;
  • vgl. zu 11107. 15798. —
  • XVir. DAS GESTÄNDNISS. 65
  • ich erhol mich niemer mere.
  • mich müejet und mich sw?eret,
  • mir swachet unde unmferet
  • allez, daz min oiige siht:
  • in al der werkle enist mir niht 12030
  • in minem herzen liep wan ir.»
  • Isot sprach: «herre, als sit ir mir.»
  • Do die gelieben under in
  • beide erkanten einen sin,
  • ein herze und einen willen, 12035
  • ez begünde in beide stillen
  • und offenen ir ungemach.
  • ietwcderez sprach unde sach
  • (303) daz ander baltlicher an:
  • der man die maget, diu maget den man. 12040
  • fremd' under in diu was do hin:
  • er kuste si und Bi kust' in
  • lieplichen unde suoze.
  • daz was der minnen buoze
  • ein sseleclicher anevanc. 12045
  • ietwedcrz schancte unde tranc
  • die süeze , diu von herzen gie.
  • so si die State gewunnen ie,
  • so gie der weh sei under in
  • suchende her unde hin 12050
  • vil tougeulichen unde also,
  • daz niemen in der werlde do
  • ir willen unde ir muot bevant
  • wan si, der er doch was erkant.
  • Brangsene diu wise, 12055
  • diu blicte dicke lise
  • und vil tougenliche dar
  • und nam ir tougenheite war
  • und dähte dicke wider sich:
  • «ouwi, nü verstau ich mich, 12060
  • diu minne hebet mit disen an.»
  • 12028 sicachen swv, mit dat., swach , gering, wcrthlos , gleichgültig
  • ■werden.
  • 12044 der minnen buoze (oder mit Kurtz Zusammensetzung minnen-
  • buozef), der Heilung von der Licbcsnoth, ist gen. abhängig von anecanc;
  • ebenso gut auch als dat. zu fassen : für die Minnebuße. — 12049 u-eftsel
  • 8tm., hier: der gegenseitige Verkehr [vgl. Liebeshandel]; vgl. zu 129S5.
  • GOTTFRIED VON STEASSEURG. 11. 2. Aufl. .')
  • 66 XVII. DAS GESTÄNDNISS.
  • vil schiere wart, daz si began
  • den ernest an in beiden sehen
  • und uzen an ir libe spelien
  • den inneren smerzen 12065
  • ir muotes unde ir herzen.
  • si muote ir beider ungemach,
  • wan si si z'allen ziten sach
  • ameiren unde amüren,
  • siuften unde trüren, 12070
  • trabten und pensieren,
  • ir varwe wandelieren.
  • sin' genä'men nie vor trabte war
  • deheiner slahte lipnar,
  • biz si der mangel und daz leit 12075
  • an dem libe als überstreit,
  • daz ez Brangsenen angest nam
  • und ir diu vorhte da von kam,
  • (304) ez waere ir beider ende,
  • und dähte; «nü genende, 12080
  • ervar, waz dirre rasere si!»
  • Si gesäz in eines tages bi
  • heinlichen unde lise,
  • diu stolze, diu wise:
  • «hie ist niemen» sprach si «wan wir driu: 12085
  • saget mir ir zwei, waz wirret iu?
  • ich sihe iuch z'allen stunden
  • mit trähte gebunden,
  • siuften, trüren unde klagen.»
  • «höfsche, getorste ich'z iu gesagen, 12090
  • ich sagete ez iu» sprach Tristan,
  • «ja herre, vil woi: sprechet an;
  • swaz ir weit, daz saget mir!»
  • «sseligiu, guotiu», sprach er z'ir
  • «i'n getär nilit sprechen vürbaz, 12095
  • irn gewisset uns e daz
  • mit triuwen und mit eiden,
  • daz ir uns armen beiden
  • 12069 ameiren swv. Premdwort , deutsche Bildung von ameir, l'ameir
  • = amer, amare, lieben. — aiiiuren swv. Fremdwort, deutsche Bildung von
  • ainur (1360), amour , amor, lieben. Dieselbe Verbindung beider Worte in
  • V. 14914. Ygl. Jacob Grimm, Kl. Sehr. 1, 343 Anmerk. — 12071 pensieren
  • swv. Fremdwort, franz. penser. synonym mit irahten.
  • XVII. DAS GESTÄNDNISS. 67
  • giiot iiiule genaedic wellet wesen :
  • anders so sin wir ungenesen.» 12100
  • Brangsene bot ir triuwe hin:
  • si gelöbete iinde gewissete in
  • mit ir triuwen und mit gote
  • ze lebene nach ir geböte.
  • «getriuwiu, guotiu», sprach Tristan 12105
  • «nu sehet et got ze vorderst an
  • und da nach iuwer saelekeit:
  • bedenket unser zweier leit
  • und unser angesliche not.
  • ich armer und diu arme Isot, 12110
  • i'ne weiz, wie'z uns Ergangen ist,
  • wir zwei wir sin in kurzer frist
  • unsinnic Avorden beide
  • mit wunderlichem leide:
  • wir sterben von minnen 12115
  • und enkünnen niht geAvinnen
  • weder zit noch State derzuo;
  • ir irret uns spät' unde fruo,
  • (305) und sicherliche sterben wir:
  • da ist niemen schuldic an wan ir: 12120
  • unser tot und unser leben
  • diu sint in iuwer haut gegeben.
  • hie mite ist iu genuoc gesaget.
  • Brangsene, saeligiu maget,
  • nu helfet unde genädet ir 12125
  • iuAverr frouwen unde mir.»
  • Brangsene Avider Isote sprach:
  • "frouwe, ist iuAver ungemach,
  • als er da gibt, von solher not?»
  • wjä, herzeniftel» sprach Isöt. 12130
  • Brangosne sprach: «daz riuwo got,
  • daz der välant sinen spot
  • mit uns alsus gemachet hat!
  • nu sihe ich wol, es ist niht rät,
  • i'ne müeze durch iiich beide 12135
  • '5
  • 12125 genäden swv., gnädig sein.
  • 68 XVII. DAS GESTÄNDNISS.
  • mir selber nach leide
  • und in nach laster M^erben;
  • e ich iiich läze sterben,
  • ich wil iu guote State e län,
  • swes ir wellet ane gän. 12140
  • durch mich enlät nie mere,
  • swes ir durch iuwer ere
  • niht gerne wellet läzen;
  • swä ir iuch aber gemäzen
  • und enthäben müget an dirre tat, 12145
  • da enthabet iuch, daz ist min rät.
  • lät diz laster under uns drin
  • v'erswigen unde beliben sin.
  • breitet ir'z iht mere,
  • ez gät an iuwer ere; 12150
  • ervert ez iemen äne uns driu,
  • ir Sit verlorn und ich mit iu,
  • herzefrouwe, schoene Isot,
  • iuwer leben und iuwer tot
  • die sint in iuwer pflege ergeben: 12155
  • leitet tot unde leben,
  • als iu ze miiote geste.
  • nach dirre zit enhabet nime
  • (306) deheine vorhte her ze mir:
  • swaz iu gevalle, daz tuot ir. » 12160
  • Des nahtes, do diu schoene lac,
  • ir triure unde ir trahte pflac
  • nach ir trütamise,
  • nu kom geslichen lise
  • ze der kemenäten iu 12165
  • ir ämis unde ir arzätin,
  • Tristan und diu Minne:
  • 12136 fg. nach leide ^ nach laster werben, zum Leid, zur Scliancle Lan-
  • dein. — 12144 gemäzen swv. refl., sicli mäßigen, sich bezwingen. —
  • 12145 enthüben swv. refl., sich enthalten; hier zugleich mit gemäzen mit
  • der Prsep. an, sonst steht bei enthäben wie im Nhd. bei: enthalten der
  • Gen. wie in V. 17973. 19378. — 12148 beliben part. hier halb adjectiviscb,
  • unterblieben, nicht weiter zu erwähnen. — 12156 leiten swv. gebraucht
  • Gottfried in diesem letzten Theile der Erzählung öfters ; hier kann es nur
  • gemeint sein ähnlich im Sinne von V. 18354: lenken, in der Ge^valt haben,
  • frei herbeiführen können. — 12157=16623 gesten steht öfters für sm;
  • die VS''endung einem ze muote gesten entspricht unserm: einem belieben.
  • 12163 ^/•«fa?r/('5 stm., Zusammensetzung: trauter Geliebter; vgl. zu 1417.
  • 5860. —
  • XVII. DAS GESTÄNDNISS. 69
  • Minu^ diu arzätinne
  • si füorte ze handen
  • ir siechen Tristandeiiv 12170
  • oucb vant si Isöte ir siechen da.
  • die siechen beide nam si sä
  • und gab in ir, im sie
  • ein ander z' arzätie.
  • wer hfiete ouch dise beide 12175
  • von dem gemeinen leide
  • vereinet unde bescheiden,
  • wan einung' an in beiden,
  • der stric ir beider sinne?
  • Minne diu strickaerinne 12180
  • diu stricte zwei herze an in zwein
  • mit dem stricke ir süeze enein
  • mit also grözer meisterschaft ,
  • mit also wunderlicher kraft,
  • daz si ünerlceset wären 12185
  • in allen ir jären.
  • Ein langiu rede von minnen
  • diu swccret höveschen sinnen:
  • kurz rede von guoten minnen
  • diu guotet guoten sinnen. 12190
  • Swie lützel ich in minen tagen
  • des lieben leides habe getragen,
  • des senften herzesmerzen,
  • der innerhalp des herzen
  • so rehte sanfte unsanfte tuot, 12195
  • mir wisaget doch min muot,
  • des ich im wol gelouben sol,
  • den zwein gelieben wa3re wol
  • (307) und sanfte in ir muoto,
  • dö si die leiden huote, 12200
  • die wären suht der minne,
  • der Minnen viandinne
  • 12173 Sit' acc. sing. = . st; diese sonst nngcwöhuliche zweisilbige Form wolil
  • nur durch den Reim veranlasst. — 12174 arzatle stf. Fremdw., Arzenci. —
  • 12177 vereinen svfv., liier nicht = nhd. vereinen, vereinigen (wiein.V. 11727),
  • sondern: absondern (vgl. zu 1170), trennen, befreien. — bescheiden stv.,
  • hier: scheiden, trennen. — 12179 utrlc stm., hier wieder bildlich: Band,
  • Verknüpfung; vgl. 11757. — 12180 strickccrinne stf., Bcstrickerin. —
  • 121S1 stricken swv., verknüpfen.
  • 12190 guoten swv., gut sein, wohlthun, behagen.
  • 70 XVII. DAS GESTÄNDNISS.
  • von ir stigen hseten brälit.
  • ich hau von in zwein vil gedäht
  • und gedenke hiute und alle tage; 12205
  • swenne ich liebe und senede klage
  • vür miniu ougen breite
  • und ir gelegenheite
  • in minem herzen ahte,
  • so wahsent mine trabte 12210
  • und muot min hergeselle,
  • als er in die wölken welle.
  • swenn' ich bedenke sunder
  • daz wunder und daz wunder,
  • daz man an liebe funde, 12215
  • der cz gesuochen künde;
  • waz fröude an liebe la^ge,
  • der ir mit triuwen phlsege:
  • so wirt min herze sä zestunt
  • groezer danne setmunt (?); 12220
  • und erbarmet mich diu miune
  • von allem minem sinne,
  • daz meistic alle, die der lebent
  • an minnen hangent unde klebent
  • und ir doch niemen rehte tuot. 12225
  • wir wellen alle haben muot
  • und mit minnen umbe gän.
  • nein, minne ist niht also getan,
  • 12203 sligen (nach den Hss., nur B siegen; uiclit stigen Maßmaun,
  • auch nicht stiegen Hagen) ist der Dat. pl. von stic, hier bildlich wie unser :
  • aus dem Wege schaffen. — 12212 die wölken nach den Hss., nicht diu,
  • danach der Singular der wölke swm. statt des regelmäßigen daz u-olken
  • stn. [nhd. die "Wolke jünger]. — 12214 daz wunder und daz leunder ist
  • ein bezeichnendes Beispiel von der Verstärkung und Steigerung des Aus-
  • drucks durch Wiederholung; ähnliche Wendungen bei Gottfried sind:
  • daz wundert unde wundert mich 9233. er wil und wil 104(3. ouge und ouge
  • 1082 (s. die Anmerk.). ange und ange 1982. vil und vil 4138. incere und
  • meiere 4057. xool und wol 8079. utube und umbe (wie noch im Nhd.) 11367.
  • 16737. alumbe und umbe 17436. ein und ein 13015. — 12220 setmunt habe
  • ich gewählt nach Hs. F in ungefährer Übereinstimmung mit B (setin zint);
  • die Hss. gehen hier auseinander. Septimunt =Sie\)engehirge (bei Bonn)
  • ist Conjectur von Groote, welcher Maßmann in seiner Ausgabe, Simrock
  • in seiner Übersetzung folgten. Es ist hier sicher etwas anderes gemeint,
  • aber die Erklärung noch nicht gefunden. Eine Anfrage (in Pfeiffer's Ger-
  • mania 12, 321 fg.) blieb leider ebenfalls erfolglos (vgl. zu 8966). Ich ver-
  • muthe einen astronomischen Ausdruck; xieUeicht spheremunf, Sphärenwelt
  • (Hs. H se/remunt)? Oskar Jsenicke entscheidet sich (Zeitschr. f. d. Phil.
  • [1370] 2, 184) für den a Septimer, über den man im Mittelalter häufig aus
  • dem südwestlichen Deutschland nach Italien zog.« Wenn auch formal
  • gegen diese Deutung nichts einzuwenden ist, so doch von Seiten der Poesie.
  • Das Räthsel ist auch mit diesem Bergnamen noch nicht gelost. — 12223 mei-
  • stic adv., meistens; hier bei Gottfried vereinzelt, sonst öfters die Zusammen-
  • setzung almeistic; vgl. zu 3340. —
  • XVII. DAS GESTÄNDNISS. 71
  • als wir s' ein ander machen
  • mit välschlichen Sachen. 12230
  • wir nemen der dinge unrehte war,
  • wir ssejen bilsensämtn dar
  • und wellen danne, daz uns der
  • liljen undc rösen her.
  • entriuwen, des mac niht gewesen; 12235
  • wir müezen daz her wider lesen ,
  • daz da vor gewerket wirt ,
  • und nemen, daz uns der säme birt.
  • (308) wir müezen sniden unde masn
  • daz selbe, daz wir dar gessen. 12240
  • wir buwen die minne
  • mit gegelletem sinne,
  • mit valsche und mit äküst
  • und suochen danne an ir die liist
  • des libes unde des herzen: 12245
  • sone birt si niuwan smerzen,
  • unguot und unfruht unde unart,
  • als ez an ir gebüwen wart.
  • als ez uns danne riuwe birt
  • und innerhalp des herzen swirt 12250
  • und toetet uns dar inne,
  • so zihen wir's die minne
  • unde schuldegen si dar an,
  • diu schulde nie dar an gewan.
  • wir saejen alle valscheit, 12255
  • so sniden laster unde leit.
  • tuo uns daz leit iht sere we,
  • so bedenken ez e,
  • saejen bezzer unde baz
  • 12230 i'ähchlich adj. [fälschlich,^ meist adv.], falsch, treulos; mit v. saclien =
  • mit Falschheit. — 12232 hiht-nsame, J?amo vom (giftigen) Bilsenkraut, Toll-
  • kraut. — 12237 werken swv., ins Werk setzen, insbesondere : Feld bestellen,
  • säen, ilä ist wolil nicht zum Kelativum (daz). auch nicJit, wie Paul S. 9 will,
  • zum folgenden Yerbum wie in V. 12282, sondern zu vor zu ziehen : vorher, im
  • Voraus. — \22\() yesfen-='jesa'jen, gesäet haben. — 12241 buicvn swv. (dagegen
  • gleich im Folgenden V. 1224S f/eOiiwen starkes Partie), bauen, bebauen, be-
  • stellen, sagt der Dichter im Bilde fortfahrend. — 12243 uküst (Gottfried betont
  • sonst so oder ukust ; vgl. anam 321) stf. (übeles Gegentheil von A-j^s^ 6677),
  • Schlechtigkeit, Unredlichkeit ; vgl. 14520. — 12247 unguot stu., (Ungute), Übel.
  • — unfruht stf., übele Frucht; vgl. zu 17S97. — 122.50 swirt 'i. pras. von sivm
  • stv., schmerzen, weh thun [schwären ; vgl. Geschwür]. — 122.")3 tchuldegen swv.
  • mit acc, beschuldigen, Schuld beimessen. — \22^>(^ sniden elhpt\sch=sniden
  • v:ir indic. (wie auch einige jüngere Hss. haben). Hs. F hat, wie wir Neueren
  • sagen würden: und sntdpn ; sü, liier: sonach, darum. — 122öS bedenken elliptisch
  • =bi>d. "wVconjunct. : sosollen wir bedenken. — \22h^ scejen istnicht als Infinitiv
  • zu fassen, abh. von 6, sondern steht coordiniertelliptisch=5cr;en wir. —
  • 74
  • XVII. DAS GESTANDNISS.
  • von friuntliclien dingen,
  • swaz wir mit rede vür bringen
  • von den, die wilen wären
  • vor manegen hundert jären,
  • daz tiiot uns in dem herzen wol
  • und sin der selben State so vol,
  • daz lützel iemen wsere
  • getriuwe unde gewsere
  • und wider den friunt an' aküst,
  • ern möhte sus getane lust
  • von sin selbes sachen
  • in sinem herzen machen,
  • wan uns daz selbe z'aller zit
  • mit jämer under füezen lit,
  • da von ez allez üf erstät:
  • deist triuwe, diu von herzen gät;
  • diu treit sich uns vergebene an;
  • so kere wir daz ouge dan
  • und tri'ben die süezen
  • unwertlich under füezen;
  • wir haben si mit unwerde
  • vertreten in der erde;
  • ob wir si gerne suochten da,
  • wir enwizzen alles gähes wä.
  • so guot, so lonba^re
  • triuw' under friunden wsere,
  • war umbe lieben wir si niht?
  • ein blic, ein inneclich gesiht
  • üz herzeliebes ougen
  • der leschet äne lougen
  • hunderttüsent smerzen
  • des libes unde des herzen,
  • ein kus in liebes munde,
  • der von des herzen gründe
  • (311) her üf geslichen ksemc,
  • ahi, waz der benseme
  • seneder sorge und herzenöt!
  • 12325
  • 12330
  • 12335
  • 12340
  • 12345
  • 12350
  • 12355
  • 12360
  • 12344 unwertlich, unwertliche adv., (unwürdig), geringschätzig, verächtlich ;
  • Tgl. 13414. 15984. — 12345 unwert stm., (Unwerth), Geringschätzung. —
  • 12348 alles gähes erklärt Bech: vor leidenschaftlichem Ungestüm, im Un-
  • gestüm; danach ist dieses gähes nicht absolutes Adverbiura, sondern sub-
  • stantivisch zu fassen; unter daz gähe würden sich auch die andern Wen-
  • dungen (s. mhd. Wörterbuch I, 453) stellen lassen. ■ — 12349 lonbcere adj.,
  • preiswürdig. — 12352 gesiht stn., nicht in unserm Sinne: Gesicht, Antlitz,
  • sondern: Ansehen, Blicken,
  • XVII. DAS GESTANDNISS.
  • 75
  • Ich weiz wol, Tristan unde Isot,
  • die gebiteloseu beide
  • bcnämen ouch ir leide
  • linde ir triure ein ander vil,
  • do si begriffen daz zil
  • gemeines willen under in.
  • jener gelange was do bin,
  • der die gedanken anget.
  • swes gelieben gelanget,
  • des triben s' under in genuoc.
  • so sich diu zit also getruoc,
  • so si ze ir State kämen,
  • si gäben unde nämen
  • mit getriuwelichem sinne
  • in selben unde der minne
  • willigen zins unde zol.
  • in was vil inneclichen wol
  • an der reise und an der vart;
  • do diu fremede liine wart,
  • do was ir heinliche
  • rilich unde riebe,
  • und was daz wisheit unde sin:
  • wan die sich helent under in,
  • Sit daz si sich enbärcnt
  • 12365
  • 12370
  • 12375
  • 12380
  • 12385
  • 12363 gebitelos adj., (ohne Abwarten; vgl. bite 385ä), ungeduldig. —
  • 12366 beyrifen stv., begreifen, erfassen, erreichen. — 12368 gelanffe swm..
  • Verlangen, Sehnsucht; vgl. 16433. — 12369 angen swv. mit acc., einengen,
  • fesseln; ein im letzten Theile gern angewandtes Wort; älinliche Wendung
  • in Y. 17f^2.^; vgl. ferner 137^3. 18073; ohne acc. 17866. 18037. — 12370 7)iic/i
  • gelanget mit gen., mich verlangt nach etwas, ich sehne mich; vgl. 17595.
  • — 12380 hiJie werden, vorbei sein, schwinden; vgl. hin wesen^^rihd.. 12368. —
  • 12384—86 werden im mhd. Wörterbuch I, 142 folgendermaßen citiert und
  • erklärt: «rf/e sich helent under in, sit daz si sich enbarnt [3. pl. praes. von
  • enbarn, entblößen] und danne in schäme varnt und gestent sich an liebe, die
  • sint u. s. w. Liebende, die, nachdem sie sich einander unverhüllt gezeigt
  • haben, einander etwas verbergen und sich vor einander schämen (in schäme
  • statt ir sshame lesen alle Handschriften außer der Heidelberger. Wie
  • Maßmann [311, 28] und v. d. Hagen ir schaute vürent [s. Wörterbuch,
  • S. 437] verstehen, ist schwer zu errathen).^) Dagegen ist zu bemerken,
  • daß von den Haupthandschriften (M fehlt) nur F in schäme hat; von den
  • Nebenhss. schreiben B und N wie H und W ir schauie. Die Änderung
  • varnt statt värent macht metrisch keine Schwierigkeit, nur müsste unde
  • geschrieben werden, aber der Ausdruck in schäme varn für «sich scliä-
  • men» wäre auch in Gottfried's gewählter Sprache sonderbar. Dagegen
  • enbarnt statt enhärent ist metrisch unzulässig, auch schreibt H slt daz sich
  • tnbarent. Das Wort enbarrn ist vielleiclit eine Gottfriedische Bildung zu-
  • sammenhängend mit gebär. Benehmen, und bedeutet das Gegentheil von
  • gebären: sich rückhaltslos betragen. Oder ist enbärcn^^ oiTenhären? Nach
  • dem Sinne würde dies mit enbarn zusammenstimmen. Auch die Lesart
  • von B einbarent (N et/tiebarent) verdient Beachtung, sich einbären (die
  • einfache Bildung von unserm: sich vereinbaren), einbocre, cmig weidevL, Bic]i
  • 76 XVIT. DAS GESTÄNDNISS.
  • und tlaimc ir schäme vareut
  • und gestent sich an liebe,
  • die sint ir selber diebe.
  • so si sich danne ie mere helent,
  • so si ie mere in selben stelent 12390
  • und mischent liep mit leide.
  • dise gelieben beide
  • die enhälen sich ze nihte:
  • mit rede und mit gesihte
  • v/ären si heinlich under in. 12395
  • Sus triben si die reise hin
  • mit wunneclichem lebene
  • und doch niht gar vergebene.
  • (312) in tete diu vorvorhte we:
  • si bevörhten daz e, 12400
  • da ez euch sider züo kam,
  • daz in sit fröude vil benam
  • und brähte si ze maneger not:
  • daz was, daz diu schoene Isot
  • dem manne werden solte, 12405
  • dem si niht werden wolte.
  • ouch twanc si beidiu noch ein leit:
  • daz was Isöte wipheit.
  • hier umbe was in leide:
  • diz leidete si beide. 12410
  • doch was in disiu swaere
  • liht' unde tragebaere,
  • wan si ir willen under in zwein
  • vereinigen. — 12386 ir schäme värent ist elier zu verstehen als in seh. varnt.
  • V. d. Hagen setzt das Wort unter vären in der Bedeutung «nachstellen,
  • nachtrachten, beobachten» und mit vollem Kechte. vären, gevären mit gen.
  • sind Lieblingsworte Gottfried's, ebenso gebraucht er im letzten Theile
  • auch sehr gerne väre stf.; vgl. zu 8452. 11800. 12989. ört/-(?;i heißt hier:
  • hütend beobachten, etwa entsprechend unserm: auf etwas eifersüchtig sein.
  • Der Sinn ist also vielmehr: Xiiebende, die, nachdem sie einig geworden
  • sind (die Schamhaftigkeit einmal hintangesetzt haben) und alsdann doch
  • eifersüchtig aufihr Schamgefühl halten u.s. w. — l2Z'il gesten swv. refl. kann
  • hier nur heißen: sich als gast, fremd behandeln, sich entfremden. —
  • 12393 ze nihte, hier nicht im Sinne von nhd. : zu nichts, für nichts wie in
  • V. 3069, sondern verstärktes niht, durchaus nicht, keineswegs.
  • 12398 vergebene adv., hier : gratis ; ihr wonnevolles Leben war ihnen nicht
  • geschenkt, sie mussten es bezahlen dadurch, daß sie sich ängstigen mussten.
  • — 12408 wipheit stf., hier: Prauenthum (im G-egensatze zum magetuom),
  • verlorene Jungfernschaft. — 12409 leide hier als Adverbium bei wesen mit
  • dat. (ähnlich wie mir tuot leide 1044. 11992), einem weh sein, betrübt sein.
  • — 12410 leiden swv. mit acc, Leid verursachen, betrüben; vgl. 13756 und
  • zu 17831. — 12412 trageöcere aflj., (tragbar), erträglich.
  • XVII. DAS GESTANDNISS. i i
  • friliche haeten enein
  • dick' und ze mauegem male. 12415
  • Nu daz si Kuruewäle
  • gefuoren also nähen,
  • da-z si daz laut wol sahen,
  • des frönten si sich alle do:
  • si wären sin alle frö ^ 12420
  • wan eine Tristan unde Isot;
  • der angest was ez unde ir not:
  • dei' wille, waere der geschehen,
  • sine hceten niemer laut gesehen,
  • diu vorhte ir beider eren 12425
  • diu begünde ir herze seren,
  • sine künden sich beraten nie,
  • waz si getj?eten oder wie,
  • daz Isote wipheit
  • dem küuege würde verseit; 12430
  • und doch, swie unrätb^ere
  • kindesche niinnaere
  • in ir kintheite sint,
  • d'er rät geviel doch an daz kiiit.
  • So minne an tumbeu kinden 12435
  • ir spil geratet vinden,
  • so mugen wir an den kinden
  • witz' unde liste vinden.
  • 12430 versagen swv., vorenthalten und insofern hier: verheimlichen;
  • vgl. zu 152G2. — 12431 unrätbcere adj., zum Käthen nicht geschickt. —
  • 12434 fjevallen mit prajp. an mit acc steht hier = f<« gevallen mit acc. (S407),
  • einem zufallen: der Rath, die gute Auskunft, vrar doch dem unerfahrenen
  • jungen Mädchen beschieden und vorbehalten.
  • 12436 geratet (=geräth) 3. prses. von geraten stv., (gerathen), gelangen,
  • anfangen.
  • XVIII .
  • BRANG^NE.
  • Auf Isoldens Eath bitten die Liebenden Brangsene, sie möge in der
  • ersten Nacht das Beilager mit König Marke halten. Branga^ne willigt
  • endlich mit Schmerzen und Beschämung ein, weil sie sich wegen ihrer
  • Unachtsamkeit schuldig fühlt, und entdeckt ihnen jenen verhängnissvollen
  • Zufall und das Geheimniss des Minnetranks. — Tristan meldet dem Oheim
  • die baldige Ankunft, und dieser bereitet einen festliclien Empfang. Nach
  • achtzehn Tagen ist Marke's Vermählungsfest. Der Königin wird Kurnewal
  • und England mit der Bedingung übereignet, daß, wenn sie ohne Erben
  • bliebe, Tristan Erbe wäre.
  • In der Brautnacht waren atißer dem Paare in Marke's Kemenate nur
  • Tristan und Brangsene. Tristan führt Brangsene in der Königin Kleidern
  • dem Könige zu; Isolt löscht die Lichter. Zu rechter Zeit entfernt sich
  • Brangsene, und an ihrer Statt setzt sich Isolt vor das Bette. Alsbald ver-
  • langt auch der König den Wein der Sitte gemäß. Tristan bringt Licht
  • und "Wein. König und Königin trinken. Dem Könige ist eine wie die
  • andere, der Täuschung wird er nicht gewahr.
  • "Wie bei dem Könige so auch bei Land und Leuten steht Isolt in
  • hohen Ehren, niemand ahnt Schlimmes in ihrem Verkehr mit Tristan.
  • Die Königin ist in Sorgen, weil Brangsene um ihre Heimlichkeit weiß,
  • und fürclitet ihren Verrath. Darum gewinnt sie zwei Knechte durch
  • Versprechungen und beauftragt sie , die Jungfrau zu ermorden. Gegen
  • Brangaene klagt sie Schmerzen und bittet sie, Heilkräuter zu suchen.
  • Brangsene reitet mit jenen Knappen zum "Walde; als Hand an sie gelegt
  • werden soll, fleht sie, ihre Unschuld betheuernd, um ihr Leben; nur das
  • sei vielleicht ihr Verbrechen gewesen, daß. sie der Königin in der Braut-
  • nacht ihr reines Hemde statt ihres beschmuzten geliehen habe. Die
  • Knechte erbarmen sich , binden die Getreue auf einem Baume fest , bis
  • sie zurückkehren, und schneiden einem ihrer Hunde die Zunge aus zum
  • "Wahrzeichen. Darauf melden sie der Königin den vollbrachten Mord
  • und erzählen ihr Brangsenens Kede. Isolt, aufs höchste bestürzt, droht
  • ihnen mit dem Tode, wenn sie sie nicht zurückbrächten. Darauf ge-
  • stehen sie, daß sie noch lebe. Einer bleibt zurück, der andere holt
  • Brangsene herbei, die von der Königin mit Liebkosungen empfangen
  • XVIII. BRANG^NE. 79
  • wird. Seit dieser Prüfung sind beide wieder sich innig zugethan. — Die
  • beiden Liebenden geben sich sorglos und unbeachtet ihrer Wonne hin.
  • Ihre Zuneigung wird auf ihre Verwandtschaft bezogen. Isolt ist überall
  • beliebt und Tristan berühmt und gefürchtet im ganzen Königreich.
  • (313) ^ Lang' umberede si hin geleit:
  • isöt vant in ir kintheit 12440
  • eine witze imd einen list,
  • den allerbesten zuo der frist,
  • daz si nie mere taeten,
  • niwan Brangtenen bieten,
  • daz si an der ersten naht 12445
  • sunder rede und simder braht
  • bi Marke ir herren laege,
  • geselleschefte im pflsege.
  • ez enwürde im niemer baz entsaget,
  • wan si was schcene und was ouch maget. 12450
  • alsus so leret minne
  • duruähtecliche sinne
  • ze valsche sin verüizzen,
  • die doch iiiht solten wizzen,
  • waz ze sus getaner trüge 12455
  • und ze valscheit gezüge.
  • Die gelieben also täten:
  • Brangienen si dö bäten
  • alse lange und alse vil,
  • biz si si brähten üf daz zil, 12460
  • daz si'n ze urtaete
  • gelobete, daz si'z tsete,
  • und lobete ez ouch mit maueger not:
  • sine wärt niht z'cinem male rot
  • und missevar von dirre bete, 12465
  • 12441 u-it:e stf., hier: verständiger Einfall, listiges Auskunftsmittel. —
  • 12446 brcü.t stm., [Pracht stf.], Geräusch; sunder ör., stille, verschwiegen;
  • vgl. 12603. — 12449 enfsaffen swv. mit dat., absprechen, sein Recht vor-
  • enthalten; auf taz ruht der Nachdruck: nicht besser könnte dem Könige
  • eine Entsagung auferlegt, sein Recht vorenthalten werden. Oder sollte
  • ':ntfar/cn = unserm: entsprechen sein? ihm könnte nimmer ein besserer
  • Ersatz geboten werden? — 12450 maget stn., Mädchen, Jungfrau; vgl.
  • zu 105S. 14770. — 124Ö2 durnälitecllch adj., tüchtig, wacker, edel. —
  • 12455 trürje stf., Betrug. — 1245G geziehen stv., verst. ziehen, sich beziehen,
  • gehören.
  • 12461 urtcEie dat. von urtut stf , Ausführung. — 124G5 missevar adj. hat
  • hier deutlich den Begriff: blaß; vgl. zu 15205. —
  • 80
  • XVIII. BRANG.^NE.
  • als ez ir michel not tete.
  • diu bete was ouch seltsaene.
  • «trüt frouwe», sprach Brangaene
  • «iuwer müoter, diu frouwe min,
  • diu sselige künigin
  • diu bevälcli iucli mir in mine pflege,
  • und solte iucli selbe an disem wege
  • unde an dirre veigen vart
  • von disem leide haben bewart,
  • nu habet ir laster unde leit
  • von miner warlosekeit.
  • von diu so darf ich'z mäze klagen,
  • muoz ich daz laster mit iu tragen;
  • (314) ez waere ouch wol gefüege,
  • daz ich ez eine trüege:
  • möhtet ir dervon gesin.
  • gensedeclicher trehtin,
  • wie vergseze du min so!«
  • Isot sprach zuo Brangaenen do:
  • «stolziu niftel, sage mir,
  • waz meinest du, waz wirret dir?
  • mich wundert sere, waz du klages.»
  • «frouwe, da warf ich anders tages
  • üz dem schiffe ein glasevaz.»
  • «so taete du: waz wirret daz?»
  • «owi!» sprach si «daz selbe glas
  • und der tranc, der dar inne was,
  • der ist iuwer beider tot.»
  • «war umbe, niftel?» sprach Isot
  • «wie ist disem maere?» «im ist also»:
  • Brangaene Seite in beiden do
  • die rede von ende her dan.
  • «nu walte es got!» sprach Tristan
  • «ez waere tot oder leben:
  • ez hat mir sanfte vergeben.
  • i'ne weiz, wie jener werden sol:
  • dirre tot der tuet mir wol.
  • 12470
  • 12475
  • 12480
  • 12485
  • 12490
  • 12495
  • 12500
  • 12472 elliptisch = i'c// solte. — 12476 warlosekeit stf. [nhd. noch mitunter
  • gebraucht; vgl. verwahrlosen], Unachtsamkeit. — 12477 mäze adv. (dat.
  • sing.?), mäßig, wenig. — 124SS anders tages, nicht in unserm Sinne: an-
  • dern Tags, Tags darauf; sondern: neulich, vor Kurzem. — 12500 vergeben
  • stv. mit dat., einem etwas Übeles geben, einen vergiften [wie noch ver-
  • geben in Mundarten].
  • XVIII. BRANG^liXE. 8[
  • solle diu wunnecliche Isot
  • iemer alsus sin min tot .
  • so wolte ich gerne werben 12505
  • umb' ein evveclichez sterben.»
  • Lät alle rede beliben:
  • ■^•ellen wir liebe triben,
  • ez enmac so nilit beliben,
  • wirn müezen leide ouch triben. 12510
  • Swie sanfte nns mit der liebe si,
  • so müezen wir doch ie da bi
  • gedenken der eren.
  • swer sich an niht wil keren
  • wan an des li'bes gelust, 12515
  • daz ist der eren verlast,
  • swie wol Tristande t£ete
  • daz leben, daz er h?ete,
  • (315) sin ere zoch in doch dervan.
  • sin triiiwe lag im allez an. 12520
  • daz er ir wol gedashte
  • und Marke sin wip brsehte.
  • die beide triuwe und ere
  • die betwüngen ime sere
  • sin herze und sine sinne; 12525
  • die da vor an der minne
  • wären worden sigelös,
  • do er die minne vür si kos :
  • die selben sigelösen zwo
  • die gesigeten an der minne dö. 12530
  • Tristan der sante boten zehant
  • in zwein batelen wider lant
  • und enbot Marke msere,
  • wie ez ergangen wasre
  • I2.il(i leide stf., Leid, Kummer; vgl. 1^4>^^).
  • 12520 (in ligen eineni = n\n\., doch hier nur von Personen gesagt |vgl.
  • <;In Anliegen haben], mhd. : antreiben, veranlassen; vgl, zu 5098. —
  • 1252!» die selben zw6 = triuwe und ere. — 12530 gesigen swv., verst. sigen
  • (t;ii5>7) mit prrep. an mit dat., über einen oder über etwas den Sieg davon-
  • tragen, die Oberhand behalten; vgl. an sigen mit dat. 1129. Hier an der
  • 3iiinne = iXheT die Minne in stilistischem Gegensatze zu an der rninne = ia
  • der Minne in V. 1252tj.
  • 12532 i/atele Geschlecht unbestimmt, Fremdwort, franz. batel, batcau
  • Barke.
  • €OTTFEIED V0>- STEASSBUBG. II. 2. Aufl. 6
  • 82 XVIII. BRANG^NE.
  • iimbe die schoenen von Iilant. 12535
  • Marke besaute zehant,
  • swaz er besenden kiinde.
  • da riten an der stunde
  • tüsent boten nach ritterschaft :
  • man empfie mit micheler kraft 12540
  • die künden und die geste.
  • daz ergeste und daz beste,
  • daz Marke an disen zwein enpfie,
  • mit den sin leben ouch hine gie,
  • daz selbe enj^hieng er alse wol, 12545
  • als ein man daz enpfähen sol,
  • daz ime vor allen dingen ist.
  • Marke der hiez an der frist
  • den lantbarimen allen sagen,
  • daz si in ähzehen tagen 12550
  • alle ze hove k^emen,
  • als si im wol gezaemen
  • ze siner brütleite,
  • diz allez was bereite.
  • si körnen riliche dar: 12555
  • dar kom manc wunnecliche schar
  • von rittern und von frouwen
  • ir ougen wunne schouwen,
  • (31 G) die liebten Isöte.
  • diu wart vil unde genöte 12560
  • und ze wunder an gesehen
  • und niwan des einen gejehen:
  • «isot, isüt la blunde
  • marveil de tu le munde :
  • isot diu ist besunder 12565
  • über äl die werlt ein wunder.
  • ez ist war, daz man da saget
  • von dirre sfeligen maget:
  • si git der werlde wunne
  • gelich alsara diu sunne. 12570
  • ezn gewünnen elliu riebe
  • nie maget so wunnecliche.»
  • . 12553 brutleite stf. (Bildung wie tnlpite, svertlpitp.) , eigentlich : Braut-
  • führung, dann : Vermählung, Hochzeitsfest. — 12564 murveil franz., Wunder,
  • — tu adj. franz. = ^ow<, totus. — le Artikel, sonst li ; vgl. 332. — munde
  • franz., iitutidus , neufranz. tnonde.
  • XVIII. erang.v:ne. S3
  • Xu si ze ir e bcstatct wart
  • 'iml an ir rehte bewart,
  • (laz Kurnewal iind.Eiigelant 12575
  • so wart besetzet in ir hant,
  • ob si niht erben brere,
  • daz Tristan erbe w?ere,
  • linde ir liulde wart getan :
  • des nahtes so si solte gkn 12580
  • slaf^n ze ir herren Marke,
  • nu hseten si sich starke
  • si lind Brangsene und Tristan
  • vor hin geflizzen dar an,
  • daz si ir State nnde ir stat 12585
  • wislichen ha*ten besat
  • imd wol vor hin beraten,
  • in Markes kemenaten
  • was niemen wan si vieriu,
  • der künic selbe und si drin. 12590
  • nu was ouch Marke nider komen.
  • Brangiene bsete an sich genomen
  • der küniginne kleider:
  • diu kleider ir beider
  • wären verwandelt under in. 12595
  • Tristan fiiorte Brängienen hin
  • die marter liden und die not.
  • diu lieht diu laschte ir frouwe Isot.
  • (31 7) Marke Brangienen zuo im twanc.
  • i'ne weiz, wie ir der anevanc 12C0O
  • geviele dirre sache:
  • si dolte so gemache,
  • daz ez gar äne braht beleip;
  • swaz ir gespil mit ir getreip,
  • si leiste unde werte, 12605
  • swes er hin z'ir gegcrte,
  • 12573 les(a'en swv., bestellen, bringen, c^?- e hf'!tf.=: cotlocare in nia-
  • trin:onirnn , verheirathen. — 1*J574 hpwarn swv., hier: schützen, sicher
  • stellen. — V2'ü^'> b>'si>tz<'n swv., hier: mit Bestimmung festsetzen, ans-
  • eetzen, vermachen. — 12.").'<4 rnr hin adv., vorher [nhd. vorhin beschränk-
  • ter]. — Vlh^h utatp stf. und stat Stf. hier wortspielend nebeneinander: Ge-
  • legenheit und Platz; unser: Ort und Gelegenheit (so auch Kurtz, ebenso
  • Simrock). — ll'öst:; h''si't:eii swv., hier etwa: wahrnehmen. — rJ595 ver-
  • vdVfl'ln swv., verwechsehi, vertauschen. — 12G02 r/o/^^ pra-t. von r/')/H swv.,
  • dulden, ertragen, geschehen lassen. — fiemachp adv. (von i/nriach adj. oder
  • dat. von fjcinnrh stn.?), ruhig. — 12004 yrspil swm., Gespiele, (Jefiihrte,
  • Liebhaber; vgl. lG4'.i'>. — 12<"05 Ichtcn swv., hier: entrichten. — vrrn swv.,
  • gewähren, zahlen. — 12€0(j gpgern swv., verst. 'jrrn, begehren. —
  • C*
  • 81 XVIIl. i?RAN(..l':NE.
  • mit iiKssing' und mit gokle,
  • als wol, also er wolde.
  • ich wil mich oiich des wol versehen,
  • daz ez e selten si geschehen, 12G10
  • daz ie so schoene mcssinc
  • vür guldiniu tagedinc
  • ze bettegelte würde gegeben.
  • deiswär, ich sazte es wol min leben,
  • daz Sit Adames tagen 12015
  • als edel valsch nie wart geslägen,
  • noch nie so gsebiii trügeheit
  • an mannes siten wart geleit.
  • Die wile ouch si zwei lägen,
  • ir bettespiles pflägen, 12020
  • al die wile heete Isot
  • michel angest unde not;
  • si dähte allez wider sich:
  • cgot herre, nü beware mich
  • und hilf mir, daz min niftelin 12625
  • wider mich getriuwe müeze sin!
  • tribet si diz bettespil
  • iht ze lange und iht ze vil,
  • ich fürhte, ez ir so wol behage,
  • daz si vil lihte da betage: 12030
  • so werden wir alle
  • ze spotte und ze schalle.»
  • nein ir gedanke unde ir nuiot
  • die waren lüter unde giiot:
  • dö si vür Isolde 12035
  • 12G07 virsshic stm. (stn.^uhd. nur in mittoliL Quellen) ; niclit ganz was
  • unser: Messing, sondern: Bronze; das Wort gebraucht Jiier der Dichter
  • wie auch in Y. 12675 bildlicli und schalichaft im Gegensätze zu dem echten
  • Gold als Ausdruck für die Unechtheit und die Täuschung. — 12(;r2 fa;/f'-
  • dinc stm., hier: Abtragung eiuer Schuld, Zahlung; ebenso im Folgendeu,
  • V. 12637 und namentlich 12676, doch liegt hier zugleich im Worte der
  • Doppelsinn'der Allgemeinheit : fjuldiniii tchlinc^=g. dinc=Gro\d. — 1261,) bctfe-
  • gelt stn., das Geld, die Zahlung, die im Bette, im Beischlaf geleistet wird;
  • die Bildung rührt wohl vom Dichter her nach Analogie der vielen Zu-
  • sammensetzungen mit ffell. — 12614 sr/zea swv. , hier: als Pfand setzen,
  • einsetzen; r'.s, darum, darauf. — 12616 vctlsdi stm., hier bestimmt: falsches
  • Geld. — 12617 gaebc adj., -annehmbar, angenehm [erhalten in cgaag und
  • gäbe»].
  • 12620 hettca2^il stn., Lust im Bette; der Ausdruck ist edeler als unser:
  • Beischlaf. — 12630 hetugoi, swv., den Tag erwarten, bis zum Tage ver-
  • weilen; vgl. 17335. — 12631 fg. scJial stm., hier wieder: Gerücht, Gerede
  • wie in V. 9631. 1G208. ze schalle werden, ins Gerede kommen, [ze spulte
  • n-crden=z\\m. Spotte werden im Nhd. orlialten.] —
  • xviir. brang^:ne. 85
  • geleiste, daz si solde,
  • unde ir tagedinc ergie,
  • von dem bette si sich lie.
  • (318) DU was euch Isöt hantgar,
  • viir daz bette saz si dar, 12640
  • als ez diu selbe solte sin.
  • zehant iesch ouch der küuec den win:
  • da volgete er dem site mite,
  • wan ez was in den ziten site,
  • daz man des älliche phlac, 12045
  • swer so bi einer megede lac
  • und ir den bluomen abe genam,
  • daz eteswer mit wiue kam
  • und lie si trinken beide
  • samet an' underscheide. 12G50
  • der selbe site ergieng ouch da:
  • Tristan sin neve der brähte iesä
  • beide lieht unde win.
  • der künec tranc und diu künigin.
  • ouch sagent genuoge msere, 12055
  • daz ez des trankes wsere,
  • von dem Tristan unde Isot
  • gevielen in ir herzenot.
  • nein des trankes was niht me:
  • Eranga^ne warf in in den se. 12ÖG0
  • Nu si dem site gegiengen mite,
  • beidiu getrunken nach dem site,
  • diu junge künigin Isot
  • diu leite sich mit maneger not,
  • mit tougenlichem smerzen 120G5
  • ir muotes unde ir herzen
  • zuo dem künege ir herren nider.
  • der greif an sine fröude wider:
  • er twanc si nahe an sinen lip.
  • i2V,M r/it'isf'-n swv., verst. Iris/Pti: doch hier r^eleisfe^=ge\Qistct liattc. —
  • V2a:iH läzen refl., sich bewegen, sicli begeben [lihd. mit Adverbien verbun-
  • »lon: sich herablassen u. dgl.]; vgl. zu 7(ij:». — 1JG39 hanfyar adj., wört-
  • lich: handbercit, hier aber nicht: ..schlagfertig» (mhd. Wörterbuch I, 480),
  • sondern liberhaupt: bereit, bei der Hand; vgl. zu '>^:>6. &737. — 1-2Ü42 iesch
  • pra-t. von eischen stv., lioischcn, verlangen [uhd. heischen meist swv. nur
  • noch in poetischer Sprache]. — l'iO.'iO underscheide stf., Unterschied; äne
  • undenchtide verstärkt formelhaft den Begriff samet u. äliiil.; vgl. 183Ö«.
  • 86 XVIII. BRANG.IONE.
  • in (lullte wi'p älse wip: 12670
  • er vant oiich die vil schiere
  • von guoter maniere.
  • imc was ein als ander,
  • an ietwederre vander
  • golt unde messinc. 12675
  • oucli leisten si'm ir tagedinc
  • also dan und also dar,
  • daz er nie nihtes wart gewar.
  • (319) isot diu was dö starke
  • von ir herren Marke 126 SO
  • geminnet unde gelieret,
  • gepriset unde geeret
  • von liute und von lande.
  • wan man so maneger hande
  • fuog' unde sselde an ir sach. 12685
  • ir lop unde ir ere sprach,
  • swaz lop gesprechen künde.
  • under dirre stunde
  • haete si und ir amis
  • ir kurzewile manege wis, 12690
  • ir wunne späte unde fruo.
  • wan niemen wände niht derzuo,
  • dane dä'hte weder wip noch man
  • deheiner slahte Undinges an.
  • wan si was in siner pflege 12695
  • alle stunt und alle wege
  • und lebete, swie si dühte guot.
  • Hie mite so nam si in ir muot
  • unde bedähte al ir dinc:
  • Sit nieman ir hselinc 12700
  • unde ir trügeliste
  • iiiwan Brangsene wiste ,
  • enwsero si dan eine,
  • so dürfte s' iemer kleine
  • 12679—83 fast gleiche Wendung wie in V. I.j7ö')— 5i. — 12694: undinc
  • stn, liier im Singular; vgl. zu 10426.
  • 12700 hoelinc stm., Verhehlung, Crelieimniss ; von nun an von Gottfried
  • gerne gebraucht; vgl. z. B. 13088. 13554. — 12701 trü'jeitst stni., betrügerische
  • List, «geheime Ränke». Kurtz. —
  • XVIII. BRANG.T.NE. 87
  • gesoi'gcn umbe ir ere. 12705
  • bi sorgete vil sere
  • und vorlite harte starke,
  • lirangaene ob si ze Marke
  • delieiue liebe bsete,
  • daz si ime kimt tcete i2710
  • ir laster unde ir m£ere,
  • als ez ergangen wajre.
  • diu sorchafte künigin
  • diu tete an disen dingen scbin,
  • daz man laster unde spot 12715
  • mere fürbtet danne got.
  • zwene knebte si besande
  • fremde von Engelande:
  • (320) die selben biez si beide
  • sweren eide und eide, 12720
  • triuwe über triuwe geben.
  • da zuo gebot si'n an ir leben,
  • swaz si si bieze ane gän,
  • daz daz beidiu getan
  • und oucb verholen wsere. 12725
  • sus Seite si in ir nuere:
  • diu mortraite sprach zuo zMn:
  • muu merket beide minen sin:
  • ich sende eine maget mit iu,
  • die uemet und' ri'tet ir driu 127^0
  • beinlicben unde balde
  • etswar ze einem walde ,
  • er si verre oder bi,
  • der iu dar zuo gevellcc si ,
  • da niemen heinliche habe, 12735
  • und slahet ir daz houbet abe;
  • und alle ir rede die merket ir,
  • und swaz si sage, daz saget mir.
  • ir Zungen bringet mir her dan.
  • und Sit oucb des gewis dar an, 127-10
  • swie so ich ez enein getrage,
  • daz ich iuch morgen an dem tage
  • l-'TOö fffHorfirn swv. , verst. sonifii. — 12727 inortrwte adj. subst. liier swf.
  • wie iu V 12S77; vgl. 8749. — 12731 heinl'ichen hier und 12>i2S vereinzelt adv.,
  • heimlich sonst bei Gottfried häutiger das Adjectiv. — 12733 Oi adv.=
  • nahe (A, nahe. — 12735 heinlic/ie stf., hier: Wohuuug, Aufenthalt. —
  • -88 XVllI. ERANG.T.NE.
  • mit ritterlicher saclie
  • Ijeide ritter mache
  • und wil iu lihen iinde geben, 12745
  • die wile ich iemer sol geleben.»
  • Diu rede diu wart gewisset da.
  • Isot diu nam Brangsenen sä:
  • «•Brangaene», sprach si (cnim hie war,
  • bin ich iht sere missevar? 127ÖO
  • i'ne weiz, wie mir min dinc ste:
  • min houbet tuot mir sere we.
  • du muost uns würze bringen;
  • wir müezen disen dingen
  • ete suchen rät geben 1275:>
  • öder ez gät mir an daz leben.»
  • diu getriuwe Brangsene sprach:
  • «frouwe, iuwer ungemach
  • (321) daz müet mich harte sere.
  • nune bi'tet ouch niht mere: 12700
  • heizet mich wisen eteswar,
  • da ich eteswaz ervar,
  • daz z' iuwern dingen guot si.»
  • ('Sich, zwene knappen sint hie bi,
  • mit den rit, die wisent dich.» 12765
  • "gerne, frouwe, daz tuon ich.»
  • si saz üf unde reit mit in.
  • Xu si zera walde komen hin,
  • da würze, krüt unde gras
  • der volle nach ir willen was, 12770
  • Brangsene wolte erbeizet sin.
  • nu fuorten si si baz hin in
  • in die wüeste und in die wilde,
  • nu si von dem gevilde
  • verre hin in kämen, 12775
  • 12745 lihen stv. mit dat. (oder ist iuch der Hss. richtig?), hier nicht allein :
  • zu Lehen geben, sondern: belehnen. — ^e6e/i hier vielleicht nicht stv., son-
  • dern swv. : begaben. —
  • 12762 ercarn stv. wird im mhd. Wb. III, 247^ unter der Bedeutung
  • «erreichen, einholen» erklärt: bekommen; sollte ervar n, hier nicht unter
  • die Bedeutung «erfahren, erforschen» gehören: finden, ausfindig machen?
  • vgl. 13725.
  • 12770 der volle ist nicht rolle swm. im Nominativ, von dem Genitive
  • abhängig sein müssten, sondern adverbialer Genitiv von eoUe stf., Fülle:
  • in PüIIe. —
  • XVIII. brang.i<:ne. 89
  • die böveschcn si iiamen,
  • die getriuwen, die werden,
  • und sazteii si zer erden .
  • mit triure und mit leide
  • und zucten swert beide. 12780
  • Brangaene do so sere erschrac,
  • daz si an der erden gelac
  • und lac also lange nider:
  • ir herze erbibete und alle ir lider.
  • erscbrockenlicbe si üf sach: 12785
  • «herre, genädel» si do sprach
  • «durch got, waz weit ir ane gän?»^'
  • «da sult ir iuwer leben län. »
  • «owe, war umbe? saget mir!»
  • ir einer sprach: «waz habet ir 12790
  • begangen wider die künigin?
  • diu hiez iuch slahen; nu muoz ez sin:
  • iuwer und unser frouwe Isöt
  • diu hat geschaffet iuwern tot.»
  • Brangaene vielt ir hende enein; 12795-
  • weinende sprach si: «herre, nein,
  • durch iuwer güete und durch got,
  • so fristet beide diz gebot
  • (322) und lät mich also lange leben,
  • daz ich iu antwurt müge geben. ^2800
  • da nach habt ir mich schiere erslagen.
  • ir sult miner frouwen sagen
  • und wizzet selbe, daz ich nie
  • wider ir hulden niht begie,
  • dar an ich mich versaehe, 12805
  • daz ir leit gcschsehe,
  • ez enwsere danne alse vil,
  • des ich doch niht getrüwen wil:
  • do wir zwo fuoren von Irlant,
  • dö haeten wir zwo zwei gewant, 12810
  • diu haiten wir uns beiden
  • erweit und üz gescheiden
  • von anderem gewaude;
  • VJlS't erschrockenliche adv., erschrocken. — 1279-1 schaffen swv., liier: be-
  • fehlen [wie noch in süddeutsclier Mundart].
  • 121^'^ fristen swv., hier: (Frist geben), aufschieben. — 12S;00 antwurt
  • (=Hs. W; M fehlt); vgl. zu 140'J.'5. — 12SÜ8 (jetruwen swv. mit gen., nicht:
  • getrauen (9534), sondern: glauben, vermuthen, —
  • ^0 XVIII. BRANGyi;NE.
  • diu fuortcn wir von lande,
  • zwei hcmede wiz alsam ein sne. 12815
  • do wir do körnen üf den se
  • her wider laut üf unser vart,
  • so heiz ir von der sunnen Wiirt,
  • daz si vil selten in den tagen
  • an ir ilit künde vertragen 12820
  • niwan ir hemede al eine,
  • daz wi'ze, daz reine,
  • sus liebete ir daz hemede an,
  • do si ez üeben began,,
  • biz daz si'z übcrüebete, 12825
  • sine wi'ze gar betrüebete.
  • dö ha^te ich aber daz mine
  • heinliche in minem schrine
  • in reinen wizen valten
  • verborgen unde behalten. 12830
  • und als min frouwe her kam,
  • den künec ir herren genam
  • und zuo im släfen solte gän,
  • nune was ir hemede niht getan
  • so schoene, alse ez solte 12835
  • und als si gerne wolte:
  • daz ich ir dö daz mine lech
  • und ir's et eines verzech
  • (323) und min so vil an ir vergaz,
  • ir enwerre danne daz, 12840
  • so wizze got wol, daz ich nie
  • 12817 lier wider lant, hierher zu Land, her zu diesem Lande, — 1'2S23 an
  • lieben swv. mit dat., stärker als das einfache lieben mit dat. (4631), be-
  • hagen. Gefallen finden [vgl. anstehen]. — 12^24 we^e« swv., hier: benutzen.
  • — 1282r> übeiueben svw., im Überma/Ö benutzen. ^ 12823 beträebeu swv.,
  • trüb machen, beschmuzen. — 12829 calte fem. (sw. oder st. bei Gottfried
  • nicht ersichtlich), (Falte), Tuch zum Einschlagen guter Stoffe oder Klei-
  • der. — 12836 fg. Die Stelle ist zuaiichst hinsichtlich der Constructiou
  • nicht leicht. Groote interpungierte (Semicolon) in der Ausgabe 12836, ver-
  • bessert dies aber in der Anmerkung und erklärt: «Der Sinn scheint sicli
  • mit sf) scha'ue alse ez solte zu sclilie(ien : dann folgt : vmd als sie nun wünschte,
  • daß ich ihr das meinige leihen möchte, und ich mich so an ihr vergaß,
  • daß ich ihr, wenn auch nur diese einzige Eitte (eht eines) abschlug, es sei
  • denn, daß sie deshalb noch zürnt, sonst möge Gott wissen u. s. w.» Hagen
  • setzt nach 12836 Doppelpunkt, Maßmann Komma, letzterer nach 12839
  • Punkt. Auch die Üt)ersetzer verschieden: Kurtz: «... wollte: Daß ich
  • ihr lieh das meine nun, Und wollt's vielleicht nicht willig thun , Und
  • mich so gegen sie vergaß. Das müsste ihr wirren, und ist's nicht das, So
  • weiß Gott, daß ich u. s. w.» Simrock: «... wollte. So daß ich ihr das
  • meine gab. Zwar schlug ich ilir es anfangs ab Und vergaß insoweit wohl
  • der rflicht. Verdachte sie mir dieses nicht, So weiß es Gott, ich über-
  • XVIII. BRANG.l'JNE. 91.
  • zc deheiuon ziten übergle
  • weder ir bete noch ir gebot.
  • iiu tuot ez beide saniet durch got,
  • grüezet si von mir also wol, 12845
  • als ein juncfrouwe ir frouwen sol.
  • und got durch sine güete
  • der bewär ir unde behücte
  • ir ere, ir lip unde ir leben!
  • und min tot si ir vergeben. 12350
  • die sele die bevilhe ich gote,
  • den lip hin z' iuwerme geböte.»
  • Nu sähen dise zwene man
  • erbärmecliche ein ander an
  • und erbarmete s' an der reinen 12855
  • ir inneclichez Aveinen:
  • si geröu vil sere beide
  • und nämen'z in ze leide,
  • daz si gelobet hceten,
  • daz si den mort taeten, 128GO
  • dö si an ir niht funden
  • noch erviuden künden,
  • daz morde gebajre
  • und tötbaere wa^re.
  • si giengen raten under in zwein 128G5
  • unde gerieten cnein,
  • ez ergienge in swie ez in möhte ergän:
  • si wolten si leben lan.
  • die getriuwcn bünden si sä
  • gieiig u. s. w." Mild. Wb. III, S79 «und ihr das, docli nur einmal, ah-
  • 6cliluf{.> V. r-'S37 fg. kann nur von V. 12.S4u abliiingig sein; V. 12808 ist
  • anders aufzufassen als in den biblierigen Erklärungen. Von einem i ab-
  • schlagen" oder (.nicht willig thun» kann nicht die liede sein; das Gleich-
  • niss würde aUdann ganz anders lauten als die Erzählung der vorhergehen-
  • den Situatiiin. vfrzlhfn mit dat. (ir) und gen. ('s, es) lieiLM allerdings:
  • jemandem etwas abschlagen , aber diese Bedeutung passt nicht. Man
  • könnte dann irs auch nehmen als (ienitiv des Possessivpronomens »V,
  • dann würde, da verzthen mit gen. «auf etwas verzichten" bedeutet, die
  • Stelle lauten: >• und auf ihr beschmuztes Hemd nur (H) einmal (eines adv.
  • gen.) verzichtete, es niclit des Tausches lür werth hieit.» Aber auch das
  • genügt nicht, auch ist jener Genitiv irs für Gottfried's Zeit allzu unwahr-
  • scheinlich. Vielleicht ist die Stelle verdorben und für verzi'di das seltene
  • rerdich von rerdxhcu stv. zu lesen, mit der Bedeutuug: einem mit etwas
  • zuvorkommen.
  • rj'<.')4 Piijärmecüche adv., crbarmungsvoll. — l2S."i.s ze leide nemen refl.
  • mit dat., ähnliche Wendung wie unser: sich zu Herzen nehmen; sich
  • ^iner Sache mit Leid annehmen, es sich leid sein lassen; vgl. sich :<• stm-re
  • netwn V.nH) und zu IUI?. — 12864 tC'.bücre adj., todeswürdig. —
  • 92 XVIII. BRANGuENE.
  • hohe üf einen boum da, 12870
  • daz si die wolve iht nahmen,
  • biz daz si wider ksemen;
  • und sniten an der stunde
  • einem ir vogelhunde
  • die Zungen üz und riten dan. 12875
  • Sus Seiten dise zwene man
  • Isöte der mortrseten
  • daz si den mort treten
  • (324) mit jämer und mit leide.
  • si sageten ir beide, 128^^0
  • diu zünge diu wsere ir.
  • Isot diu sprach: «nu saget mir,
  • waz mseres sagete iu diu maget?)
  • si sageten, alse in was gesaget,
  • al von ende ir rede her dan 12886
  • unde verswigen nie niht dar an.
  • (fja», sprach si «seite s'iu niht me?»
  • «nein, frouwe.» Isot diu rief: «ovre
  • und wäfen dirre maere!
  • unseelegen raordsere, 12890
  • waz habet ir an gegangen?
  • ir müezet beide hangen!»
  • ((herre», sprächen jene dö,
  • «wie lütent disiu msere so,
  • vil wunderlichiu frouwe Isot? 12895
  • ir habet uns doch mit maneger not
  • erflehet unde ernoetet,
  • daz wir si haben ertoetet.»
  • «i'ne weiz, waz ir von flehe saget:
  • ich bevalch iu mine maget 129CO
  • in iuwer huote und iuwer pflege,
  • daz ir ir pflseget üf dem wege,
  • daz si mir solte bringen
  • ein teil ze minen dingen.
  • die müezet ir mir wider geben ~ 12Sü5
  • oder ez gät iu an daz leben:
  • 12S74 vofjelhuHt stm.: in iinserm « Vogelhund» unbestimmter Ausdruck j
  • wir unterscheiden: Wachtelhund uiid Hühnerhund.
  • 12S97 erflelien swv., erbitten, durch Flehen nöthigen, bewegen; vgl.
  • 1G037. — p.ramten swv., nöthi;jen, durch Nothigung bewegen. — 1289S './-
  • toiten swv., verst. toiten. [nhd. ertödten hat einen leise andern Sinn]. —
  • XVIII. BRANGvENE. 98
  • ir voigen mortslaiigcn
  • ir werdet beide erhangen
  • oder üf einer hurt verbrant.»
  • « entriuwen )' , sprachen jene zehant 12?10
  • cfrouw', iuwer herze und iuwer muot
  • die ensint niht lüter unde guot,
  • iuwer zi'mge ist harte manicvalt.
  • nu frouwe fristet disen gewait;
  • e wir Verliesen unser leben, 12915
  • wir wellen s' iu e wider geben
  • schceu' unde wol gesunde.»
  • Isot sprach an der stunde
  • (325) weinende harte sere:
  • «nune lieget mir niht mere: 12920
  • lebet Branga^ne od ist si tot?»
  • «si lebet noch, wunderliche Isot.»
  • «owe, so bringet mir si her
  • den Worten, daz ich iuch gewer,
  • swes ich iu gelobet hän.» 12925
  • 0 frouwe Isot, daz si getan.»
  • Isöt behabete ir einen da; •
  • der ander reit dännen sä
  • hin wider, da er Brangaenen lie;
  • isote ir frouwen brähte er die. 12930
  • und dö si vür Isote kam,
  • Isot si zwischen arme nam
  • und kuste ir wangc unde ir munt
  • ze einer und ze maneger stuut.
  • den zwein gaj) si ze solde 12935
  • zweinzec marc von golde
  • den Worten, daz diz mcere
  • von in verholen wtere.
  • IS'u daz diu künigin Isot
  • Branga^nen in der endenöL 12940
  • 12'Ji)S erhanf/en part. von erhahen stv., erliängcn stv. und swv. erh(inypnz=:
  • nhd. gehangen oder erhangt. — 12909 hurt stf., Hürde. Flechtwerk, zum
  • Verbrennen der Übeltliäter. — Vl^Vi manictaU SlA']., liier: verschiedenartig,
  • ungleich, unbeständig. — 12924 clfn tcorten, unter der Bedingung, mit dem
  • Versprechen: ebenso gleich im folgenden V. 12937, aber beide ^Vendungeu
  • verschieden subjectiv und objectiv.
  • 12927 behaben swv., hier=:belialten, zurückbehalten.
  • 12940 endenot stf., letzte Koth, Todesnoth. —
  • 94: XVIII. BRAXG7ENE.
  • getriuwe nnde staete
  • und an ir muote h?ete
  • (liirnähte in alle wis bekant
  • nnd in dem tegele gebrant
  • nnde geliutert alse ein golt, 12945
  • Sit des was Brangaen' imde Isolt
  • von herzen und von sinne
  • so getriuwe und so geminne,
  • daz nie nilit under in beiden
  • ir dinges wart gescheiden: 12950
  • si wären mit ein ander dö
  • ir muotes unde ir herzen fro.
  • Brangaene was des hoves dö wol,
  • der hof der was ir lobes vol:
  • si was geminne in allen; 12955
  • sine trüoc niemanne gallen
  • uzen noch innerhalp der wät.
  • si was rätgebe unde rät
  • (326) des küneges unde der künigin.
  • ze kamere künde ouch niht gesin, 129CO
  • Brangaene enmüese ez wizzen.
  • ouch was si verflizzen
  • ze dieneste Isolde:
  • si diende ir, swie si wolde,
  • an Tristand' ir amise. 129C5
  • Diz triben s' alse lise ,
  • daz nie nieman dervan
  • wän noch arcwän gewan.
  • ir gebierde, ir rede, ir moere
  • oder swäz ir dinges w^ere, 12970
  • des nam in Kitzel iemen war:
  • niemen haete wän dar.
  • in was sanfte und alse wol,
  • alse zwein gelieben sol,
  • den ir State unde ir zit 12975
  • ze staten und ze willen lit.
  • da was amie unde amis
  • alle zit und alle wis
  • 12948 f/fiminne adj., in Liebe vereint, zugethan, freundlich; mit dat. int
  • V. 129:)r., mit prsep. r„it in V. 13094. — 12960 ze kamere, (in der Kammer)»
  • im engeren Kreise, in den intimen Verhältnissen des Hofes; vgl. zu 142.^5»
  • XVIII. brang.i-:ne. i)5
  • in der minnen bejagc.
  • si begünden dicke in dem tage 12980
  • ir ougen imderstricken
  • mit inneclichen blicken
  • in der menege und under liuten,
  • da blicke sulen tiuten
  • lind wehselmsere meinen, 12985-
  • mit den man sich vereinen
  • aller gelieben liebe mac.
  • daz triben si naht unde tac
  • und was daz äne väre:
  • an rede und an gebäre 12990
  • wären si beidiu gende,
  • sitzende unde stende
  • frilich und oiFenbsere.
  • ir oifenlichiu maere,
  • mit den si wunder künden, 12995-
  • diu begünden s' under stunden
  • mit klebeworten underweben;
  • man sach dick' in ir maeren kleben
  • (327) der minnen were von worten
  • also golt in dem borten. 13000
  • es gedähte aber niemen niht,
  • daz ir wort und ir geschiht
  • an liebe hseten keine kraft
  • wan eine von der macschaft,
  • die man so gröze erkande 13005
  • under Marke und Tristande,
  • mit der verkouften si vil,
  • mit der ertrugen s' ir minnespil;
  • mit der verspilte Minne
  • 12979 bejac stm. ; liier scheint im Worte die Bedeutung: jagen, Jagd'
  • durchzuklingen. — 129.S1 iinderntricleii swv., untereinander, gegenseitig vor-
  • stricken. — iL'yH.'i we/i sfüna'/fl stn., Wechselrede, bildlich für: gegenseitige»
  • Kiuverständniss. — r29!S7 fjeliep hier adj., gegenseitig lieb; vgl. Itls^'i. a. g. I.
  • ist Genitiv abh. von sich tv'/-<'//t^« = nhd., d. h. sich verstiindigen in oder über
  • etwas. — 12989 väre stf. (l.')070), Gefahr, d. h. Aufpasserei; vüre ein Licb-
  • lingswort Gottfried's im letzten Theile. — lL'998 (= 1771.')) //-tiu;// adj., frei,
  • schrankenlos. — 12997 klfhrwoit stn., wohl eine originale Bildung, festsitzen-
  • des Wort; Wort, das die Aufniorksamkeit erregt. — underweben stv., da-
  • zwischcnweben, iihnlicli unserm : eiiitiechten, einfließen lassen. — l3(Hi3 krajf,
  • hier: die innere Wirkung, Ursaclie, (irund. — i;^004 cori der /näc^c/ui/t^
  • von der Verwandtschaft (2'ü>) her, in Folge der Verwandtschaft. — l.'^l»n7 vr-
  • kotiffn swv., Kauf. Handelschaft treiben, kann hier nur bildlicli })e(icuten :
  • (tinredlichen) (Jewinn ziehen, täuschen. — l.'^008 ertrugen prset. i)l. von.
  • ^-rtrirgen stv. mit acc. , hier nicht: betrügen, sondern: über etwas täu-
  • schen, dnrch Betrug etwas verhehlen. — l.'iOU9 Cfrynln swv., (verspielen),
  • durch Spiel zu nichte machen, täuschen. —
  • ÖG XVIII. BRANG^NE.
  • vil maneges herzen sinne, 13010
  • der sich nie keinez künde enstän,
  • wie'z umbe ir liebe was getan.
  • diu was an in rein' iinde guot.
  • ir beider sin, ir beider muot,
  • daz was allez ein und ein, 13015
  • ja unde ja, nein unde nein;
  • ja unde nein, nein unde ja,
  • eutriuwen, daz was niender da.
  • an in was niht gescheiden,
  • da wären beide an beiden. Io020
  • Sus triben si zwei under in
  • die stunde liepliche hin
  • wilen sus und wilen so:
  • si wären underwilen fro
  • und underwilen ungemuot, 13025
  • als liebe under gelieben tuot:
  • diu briuwet in ir herzen
  • die senfte bi dem smerzen,
  • bi fröude kumber unde not.
  • so Tristan und sin frouwe Isot 13030
  • ir State zuo ir dingen
  • niht künden vollebringen,
  • daz was ir not; sus unde so
  • wären si trürec unde frö.
  • euch enwärt niht under in verhorn, 13035
  • dane waere oucli underwilen zorn:
  • ich meine zorn ane haz.
  • und sprichet aber iemen daz,
  • (328) daz zorn üngebsere
  • under so gelieben wa^re, 13010
  • benamen da bin ich sicher an,
  • daz der nie rehte liep gewan;
  • wan diz daz ist der Minnen site,
  • hie enzüudet si gelieben mite,
  • hie mite so fiuret si den muot: 13045
  • 1301Ö ein und ein, verstärktes ein, wie sonst al ein (4530), durchaus eins,
  • einig.
  • 13027 briuwen stv. (Hs. F u. B prüeven), [brauen, brauen], bereiten,
  • erzeugen. — 13035 verbern stv. (2590) hier in passivischer Wendung: es
  • wurde nicht unterlassen, es unterblieb nicht, es ließ sich nicht vermeiden,
  • daß auch war, stattfand u. s. w. (mhd. negative "Wendung mit Conjunctiv), —
  • XVIII. BRANG-r*:NE. - ^7
  • waii alse in zorn vil we getuot,
  • so süenet si diu triuwe,
  • so ist aber diu liebe niuwe
  • und aber der triuwen me dan e.
  • wie aber ir zorn üf erste, 13050
  • wie si ane rat ze suone komen,
  • daz habet ir dicke wol vernomeu.
  • ^elieben dunket lihte, ,
  • die dicke und ie gedihte
  • ein ander mugen gewesen bi, 13055
  • daz eteswer da lieber si
  • und näher gende dan si sin,
  • und machent umbe ein dunkelin
  • €in michel zornma^re,
  • iiz einer kleinen swsere 13060
  • ein riliche suone;
  • und ist oucli daz ze tuone;
  • daz sol man in billichen:
  • hie von sol liebe riehen,
  • jungen unde niuwen 13065
  • und fiuren an den triuwen.
  • lieb' armet unde altet,
  • si kuolet unde kältet,
  • swä si ir fiures niene hat.
  • so der zorn an ir zergät, 13070
  • zehant engrüonet si niht.
  • swenn' under friunden geschiht
  • deheiner slahte zornelin,
  • so ist triuwe ie da diu süenserin,
  • frisch und iteniuwe: 13075
  • diz niuwet die triuwe,
  • diz liutert liebe alse golt.
  • Alsus treip Tristan unde Isolt
  • (329) mit liebe und leide ir stunde hin:
  • 13054 gedihte adv., dicht, häufig, synonym mit dicke; vgl. 1209. — 1305S dun-
  • kettn stn. (dimin. von dune stm., Bedünken), kleine Vcrmuthung, scliwacher
  • Argwohn. — 130;)9 zornmara stn., Zornrede, doch kann aucli riKjere allge-
  • meiner genommen werden, und zortuiuMre würde nur eine Gottfriedische
  • Umschreibung von zoni sein. — 1306:» jungen swv., jung werden, sich ver-
  • jüngen. — Hiuivfii swv. intrans., neu werden, sich erneuen. — i;ju6<; j'uuen
  • swv. hier intrans., feurig werden, sich entzünden. — 13067 armen swv.,
  • arm werden, verarmen. — alten swv., alt werden, altern [Bildung von
  • Alter; alten in: veralten]. — 130t)8 kuolen swv., kühl werden, sich ab-
  • kühlen. — 13073 zornelin stn., kleiner Zorn. — i;!(i7,') ituniuue adj., ver-
  • stärktes niuK-e, ganz neu, erneut. — 13076 niuuen swv. trans. , erneuern.
  • COTTllUED VON STEASSBUiJG. II. 2. Aufl. 7
  • 98 XVIII. ERANG^NB.
  • liep linde leit was under in 1308O
  • in micheler iinmüezekeit:
  • liep meine ich äne herzeleit.
  • sine hinten dannoch beide
  • (leheine herzeleide
  • noch niht solher ungeschiht, ISOSS
  • diu hin in daz herze siht.
  • si verswigen ouch ir dinc
  • und hälen ir hselinc
  • vil anclich und vil ange
  • und triben ouch daz lange. 3 309O
  • si wären beide höchgemuot,
  • ir muotes fri unde fruot.
  • isöt diu küniginne
  • diu was so geminne
  • mit Hute und mit lande; 13095
  • ouch sagete von Tristande
  • beidiu liut unde laut:
  • er was genenne unde erkant,
  • orvorhten wunderliche
  • in al dem künicriche. 13100
  • 13084 Icrzeleide stf., Herzeleid; vgl. zu I2rjl0. — 130SÖ sehen steht
  • hier poetisch für: dringen, gelangen. — 13u98 gt nenne adj., berühmt. —
  • 13099 ercorhien part. adj., gefürchtet.
  • XIX.
  • ROTTE UND HARFE.
  • Zu der Zeit kam ein Baron aus Irland, Gaudin mit Namen, an Marke's
  • Hof. Er führte eine kleine Kotte auf dem Rücken, die er auch bei Tafel
  • nicht ablegte. Marke bittet ihn , sein Kotteuspiel hören zu lassen. Der
  • Gast willigt bedingungsweise ein. Da verspricht der König, ihm jede For-
  • derung zu gewähren. Gundin spielt und verlangt die Königin und besteht
  • auf seinem Rechte. Niemand wagt den Kampf mit ihm, und Gandin nimmt
  • Isolt mit sich in sein Zelt am Gestade, wo er den Eintritt der Fluth er-
  • warten will. Tristan kehrt von der Jagd zurück, erfährt den Vorfall und
  • eilt mit seiner Harfe dem Ufer zu, nachdem er vorher sein Ross in einem
  • Busche festgebunden. Er bittet Gandin, ihn mit nach Irland zu nehmen.
  • Gandin willigt ein, wenn er liarfe und mit seinem Spiele die weinende
  • Frau tröste. Dafür verheißt er ihm überdies das beste Gewand im Zelte.
  • Während des Spiels kommt die Fluth. Ohne ein Ross kann man nicht
  • zum .Schiffe gelangen. Tristan holt sein Ross lierbei, und die Königin will
  • nur von dem Spielmann übergeführt sein. Gandin hebt sie selbst aufs
  • Ross, und sogleich sprengt Tristan hinweg. Was Gandin dem Könige mit
  • dem Rottenspiel betrügerisch abgewonnen liabe, das führe er mit der
  • Harfe davon ; das beste Gewand sei ihm zu Tlieil geworden. Tristan
  • bringt Isolt dem Oheim zurück; er möge die Königin künftig nicht wieder
  • so leichten Kaufes hingeben.
  • Nu Tristan was gemuothaft:
  • ze erneste und ze rittcrschaft
  • vertete er siner stunde vil.
  • er dienete mit vedcrspil
  • sinen müezigen tagen; 13105
  • er reit birsen unde jagen,
  • so ez an der zit also geviel.
  • In den ziten kom ein kiel
  • ze Kurnewäle in Markes habe.
  • 13107 yctallcn Btv., hier: zufällig sein, etwa: sich machen.
  • 7*
  • 100 XIX. ROTTE UND HARFE.
  • da reit ein ritter iiz^ und abe. 13110
  • ein edel barün von Irlant,
  • der was Gandin geoant
  • und was bövescli, schoeu' unde rieh,
  • des libes alse manlich,
  • daz allez Irlant seite 13115
  • von siner manheite.
  • der kom schone gekleit
  • mit ritterlicher Schönheit
  • (330) und mit herlichen siten
  • al eine üf Markes hof geriten 13120
  • äne schilt und äne sper.
  • über sihen rucke fuorte er
  • eine rotten, diu was kleine,
  • mit golde und mit gesteine
  • geschoenet unde gezieret, 13125
  • ze wünsche gecordieret.
  • und alse er erbeizet was,
  • er gienc in den palas
  • und gruozte, alse er solde,
  • Marken unde Isolde; 13130
  • der ritter unde der amis
  • was er gewesen manege wis
  • und ouch ze manegem male
  • und kom ze Kurnewäle
  • durch ir willen von Irlant. 13135
  • nü bekande ouch si'n zehant:
  • «de US säl, messire Gandin!))
  • sprach diu gefüege künigin.
  • «merzi!» sprach Gandin «bele Isolt,
  • schcen' unde schcener danne golt 13140
  • in Gandines ougen!))
  • nu Seite ouch Isot tougen
  • dem künege, wer er wsere.
  • den dühte ez alwsere
  • und wunderte in genuoc, 13145
  • daz er die rotten üf im truoc.
  • und nam si's alle wunder;
  • 13123 rotte swf., Fremdw. altfranz. rote, aber keltischen Stammes, ein
  • Saiteninstrument, eine Art Harfe, insofern sie gegriffen wird, wohl der
  • Zither entsprechend; rottenspil in 13166. — 13126 cordieren swv. Fremdw.,
  • mit Saiten beziehen. — 13131 beide dfr sind DemonstratiTa = (VMi". —
  • 13137 messire masc. Fremdw. = neufranz. rnonsieur. —
  • XIX. ROTTE UND HARFE. 101
  • samet unde sunder
  • hemarkteii si ez starke.
  • iedoch so fleiz sich Marke 13150
  • ze sinen eren scre
  • so durch sin selbes ere
  • so durch die bete Isote:
  • diu bat in ie genote,
  • daz er im ere bsere, 13155
  • wan er ir lantman wpere.
  • des was er gerne gemant.
  • er sazte in bi sich zehant
  • (331) und fragte in aller hande
  • von Hute und von lande, 13160
  • von frouwen und von hövescheit.
  • Nu daz daz ezzen was bereit,
  • und daz gesinde wazzer nam,
  • und daz wazzer hin ze im kam,
  • dö wart er vil unde vil 13165
  • gebeten, daz er sin rottenspil
  • von ime biete getan,
  • des enkünde in niemen übergän.
  • künic unde künigin
  • die liezen ez mit guote sin. 13170
  • so dühte ez aber genuoge
  • unhöfscheit unde unfuoge.
  • ouch engieng ez so niht hin,
  • sine begunden 's under in
  • vil lachen unde spotten. 13175
  • der ritter mit der rotten,
  • der herre mit der harnschar
  • der nam es alles keine war :
  • 131Ö7 gerne adv., hier: leicht; er ließ sich leicht dazu erbitten.
  • 13168 üöeryän stv. mit acc. und gen., einen zu etwas veranlassen. —
  • 13172 unliCfi'Jieit 1 uuhi'iveschi'it stf., das Gegeutheil von hövescheit (2260),
  • Unhöflichkeit, Unanständigkeit. — vnfuogp stf. [verloren, erhalten: IJnfug
  • £tm.], Gegentheil von fuoge (1049), Unschicklichkeit. — 13177 harnschar =
  • harins:har stf., nwas zur Kränkung, Pein und C^ual auferlegt oder angestiftet
  • ■wird, Strafe, Noth.' Mhd. Wb. II, 2, l.')3. Kurtz behält -Harenschar» bei
  • und erklärt in der Anmerkung S. .'»92: harnschor, altgermanische Ehren-
  • Etrafe, besonders im Sattel- und Huudetragen für treulose Lehensmannen,
  • wie es unter Heinrich dem Finkler vorkommt und noch im Jahre 1156 von
  • Kaiser Friedrich dem Pfalzgralen Hermann auferlegt wurde.» Simrock :
  • der Ritter mit der Rotten, die er wie zur Strafe trug." Bech macht auf die
  • Alliteration aufmerksam ritter mit der rotten, herre mit fter hdrunchar als
  • Mittel neckenden Spottes; treflend ist Bech's Übersetzung: .der Herre
  • mit der Hocke.»
  • 102 XIX. KOTTE UNI) HARFE-
  • or was nider gesezzen
  • ze Markes siten ezzen; 13180
  • er tranc und az, als ime gezam.
  • Nu man die tische dan genam,
  • er stuont üf und gie dannen
  • sitzen ze Markes mannen;
  • die gäben ime geselleschaft, 13185
  • die wären mit im kumberhaft
  • mit manegem liovem?ere.
  • der künec der hovebsere,
  • Marke der tugenderiche
  • der bat in offenliche, 13190
  • ob er iht rotten künde,
  • daz er in allen gunde,
  • daz si vernsemen sin spil.
  • der gast sprach: «herre, ich enwil,
  • i'ne wizze danne umbe waz. » 13195
  • «herre, wie meinet ir daz?
  • wellet ir iht, des ich hän?
  • daz ist ällez getan:
  • (332) lät uns vernemen iuwern list,
  • ich gib iu, swaz iu liep ist.» 13200
  • « diz si ! » sprach der von Irlant.
  • er tete in einen leich zehant,
  • der in allen sanfte tete.
  • der künec der bat in sä ze stete,
  • daz er aber einen machete. 13205
  • der trügensere erlachete
  • vil innecliche wider sich :
  • «diu miete» sprach er deret mich,
  • daz ich iu rotte, swaz ich sol.»)
  • und tete den zwir alse wol. 13210
  • Xu daz der ander w^as getan,
  • Gandin gie vür den künic stän,
  • die rotten truog er an der haut:
  • «nu herre», sprach er «sit gemant.
  • 13186 kumberhaft adj., mit Icumber, Kummer, Bedränguiss behaftet, be-
  • lästigt, aber hier ist gewiss nicht der Sinn "die waren bei ihm, in sei-
  • ner Gesellschaft, belästigt» (mhd. Wb. I, 91Ü), sondern kumhei-haft ist ia
  • weiterem Sinne «beschäftigt» [vgl. sich kümmern, bekümmern]. — 13208 er-
  • lacheri swv. , hier nicht: zu lachen beginnen (mhd. Wb. I, 922), sondern:
  • lachen, auflachen, in Lachen ausbrechen; vgl. zu 149Ö9.
  • XIX. ROTTE UND HARFE. 103
  • ir gelobetet wider mich.» 13215
  • der künec sprach: «gerne, duz tuon ich:
  • saget mir, waz wellet ir?»
  • <' Isolde» sprach er «gebet mir.»
  • «friuüt», sprach er «swaz ir äne die
  • gebietet, daz ist allez hie. 13220
  • diz mac noch sus noch so gesin.»
  • « entriiiwen, herre», sprach Gandin
  • «i'ne wil groz noch kleine
  • niwan Isöte al eine.»
  • der künec sprach: « triuwen, dazn geschiht.» 13225
  • «herre, so enwelt ir niht
  • behalten iuwer wärheit?
  • werdet ir des iiberseit,
  • daz ir urweere sit,
  • so ensult ir nach der selben zit 13230
  • deheines landes künic wesen.
  • heizet küneges reht lesen:
  • und vindet ir ez niht da,
  • ich gän von minem rehte sä.
  • ouch jehet ir oder swer es gibt, 13235
  • ir gelobetet mir niht,
  • da volge ich minem rehte hin
  • wider iuch und wider in,
  • ((333) swie mir der hof erteilet:
  • min lip der ist geveilet 13240
  • mit kämpfe und mit vehte,
  • i'ne kome ze minem rehte.
  • swer so ir wellet oder ir,
  • der rite in einen rinc mit mir:
  • ich wil bereden an dirre frist, 13245
  • daz diu schd?ue tsot min ist.»
  • Der künic sach her unde dar
  • und nam allenthalben war,
  • übe er iemen möhte hän, *
  • der in getörste bestän. 13250
  • nune was da niemen, der sin leben
  • an eine wäge weite geben;
  • 13227 l.phaltcn stv., l)ier=nhd. lialtcn. — 1322S ühevia'jen swv. mit
  • gCQ., einer Sache überführen. — 13229 vrwa're adj., nicht wahr, treulos. —
  • 1323J oudi, hier: dagegen. — 13243 Ellipse =:;(a-^H s6 ir u-elU-(. da:: er rite,
  • oder ir nclli't nten, der rite u. 3. w.
  • 104 XIX. EOTTE UND HARFE.
  • roch Marke selbe cnwolde
  • iiilit vehten urabe Isolde,
  • wan Gandin was von solher kraft, 13255
  • so mänlich und so herzehaft:
  • ir deheiner kerte sich dar an.
  • Nu was ouch min her Tristan
  • hirs^n geriten ze walde;
  • der enwäs ouch nie so balde 13260
  • von walde wider ze hove komen,
  • ern hsete üf dem wege vernomen
  • diu leiden niuwen msere,
  • . daz si im gantwürtet wsere.
  • ez was ouch war, si was also: 13265
  • Gandin h?ete die schoenen dö
  • vil innecliche weinende
  • und manege klage erscheinende
  • von hove gefüeret an daz stat,
  • und an daz stat was ime gesät 13270
  • ein pavelüne, diu was rieh,
  • wol schcene unde herlich:
  • da gieng er und diu künigin
  • al die wile sitzen in,
  • unz daz mer wider kseme 13275
  • unde der kiel genseme
  • den flüz und die flieze,
  • wan er lac an dem grieze.
  • (334) Nu Tristan wider heim kam
  • und von der rotten vernam ' 13280
  • diu msere baz unde baz,
  • zehant er üf sin ors säz,
  • sine härphen nam er an die hant,
  • er kom wol bälde gerant
  • bi unde nahe zuo der habe 13285
  • und kerte do mit listen abe
  • 132Ö0 nie so balde adv. mit folgendem negativ gewendeten Satze ent-
  • spricht unserm: kaum ■ — so; vgl. zu 17f)3l. 18249. Die Erklärung im mhd.
  • Wb. I, 84 : «er kam durchaus nicht so schnell , daß er nicht schon unter-
  • wegs ...» ist wörtlich, aber nicht deutlich. — 13261 ze hoce kornea bezieht
  • sich nicht auf die wirkliche Ankunft am Hofe, sondern deutet ganz all-
  • gemein die Rückkehr an. — 13277 ßlpze stf. (1467.')) synonym mit fluz; von
  • Gottfried im letzten TheiJe des Gedichtes öfters angewandt. — 13278 ijriez
  • stm., Sand, Ufersand.
  • XIX. ROTTE UND HARFE. 105
  • z'einem büsche und bant da vaste
  • sin ors ze einem aste.
  • sin swert daz hienc er dar an;
  • mit siner harphen lief er dan 13290
  • und kom zer pavelüne
  • und vant oueh dem barftne
  • sitzende under armen
  • die fröudelosen armen,
  • die weinenden Isöte: 13295
  • die tröste er ie genöte.
  • nu half ez aber kleine,
  • biz daz si den al eine
  • mit der harphen gesach.
  • den gruozte Gandin unde sprach: 13300
  • «de te saut, beäs harpiers!»
  • «merzi, gentil scheveliers.
  • herre, ich hän» sprach aber er
  • «gegähet harte sere her:
  • man sagete mir an dirre zit, 13305
  • daz ir von Irlande sit:
  • herre, dannen bin ouch ich.
  • durch iuwer ere, füeret mich
  • hin wider heim in Irlant!»
  • Der von Irlant sprach zehant: 13310
  • «geselle, daz gelobe ich dir,
  • nu sitze nider, harphe mir:
  • getroestest du die frouwen min,
  • daz si ir weinen läzet sin,
  • ich gib dir die aller besten wät, 13315
  • die disiu pavelüne hat.»
  • «diz lobe ich, herre»; sprach Tristan
  • «ouch hän ich guoten tröst dar an,
  • (335) ezn si danne alse vil,
  • daz si durch kein mannes spil 13320
  • ir weinen welle läzen,
  • so muoz si sich es mäzen.»
  • sines werkes er begunde,
  • er harphete an der stunde
  • so rehte suoze einen leich, 13325
  • 13301 saut tTa,Txz. = xaleet, TerscLieden von aal', vgl. zu 2(;79. — //«/•■
  • j'iers masc. Fremdwort = /, Harfner.
  • 106
  • XIX. ROTTE UND HARFE.
  • der isöt' in ir herze sleich
  • und ir gedanken alle ergie
  • so verre, daz si ir weinen lie
  • und an ir amis was verdäht.
  • Nu daz der leich was vollebräht,
  • do was dem kiele wazzer komen,
  • und liaete sinen fluz genomen.
  • hie mite so sprächen jene her abe
  • von dem kiele in die habe:
  • «herre, herre, gät her an!'
  • und kumet min her Tristan,
  • die wile ir an dem lande sit,
  • uns begät ein übel zit.
  • ez stät gar in siner hant
  • beide liut unde lant.
  • ouch ist er selbe, so man seit,
  • von also grozer manheit,
  • so geherze und so gemuot,
  • daz er iu lihte schaden tuot.»
  • diu rede was Gandin' ungemach.
  • üz grozem unwerde er sprach :
  • «nu müeze ich haben gotes haz,
  • ob ich von hinnen umbe daz
  • tälanc dest' e ze schiffe ge!
  • geselle, mache du mir me
  • den leich von Didone :
  • du harphest also schone,
  • daz ich ez an dich minnen sol.
  • nu harphe miner frouwen wol.
  • ich füere dich ze minnen
  • mit mir und mit ir hinnen
  • 13330
  • 13335
  • 13340
  • 13345
  • 13350
  • 13355
  • 13332 Das Subject ist er (der kiel), nicht ez (daz wazzer); vgl. 13275 fg.
  • <^len fluz oder wie hier shien fluz nenien (wie noch in unserm : Weg neh-
  • men = gehen, Ende nehmen = enden) =.^/>2en; vgl. 10918. — 13338 begdn
  • stv. mit acc, hier: treffen, über einen kommen. — 13343 geherze adj., be-
  • herzt; vgl. zu 9228. — gemuot adj. muß hier nach dem Zusammenhange
  • ähnliche Bedeutung haben wie in V. 6824 : unerschrocken , muthig. —
  • 13346 unwert stm., hier nicht ganz in der Bedeutung wie in V. 12345, son-
  • dern, an die Bedeutung von: Zorn anstreifend, = Indignation [vgl. un-
  • wirsch aus unwirdisc/il. — 13353 ininuen mit prsep. an mit acc. ist unge-
  • wöhnlich ; an hat hier die Bedeutung: gegen, gegenüber; in moderner
  • Sprache würden wir eher den Dativ setzen. Der Sinn der ganzen Wen-
  • dung wohl : daß ich es dir in Liebe gedenken , dir dafür dankbar seia
  • muß. — 13355 ze minnen, hier: zum Geschenk, aus Dankbarkeit, Erkennt-
  • lichkeit. —
  • XIX. ROTTE UND HARFE. 107
  • und gibe dir ouch alliie zeliant
  • dint!n geheiz und diu gewant,
  • (336) daz aller beste, daz ich hän.»
  • Tristan sprach: «herre, deist getan.» 13360
  • Der spilenian huop aber an:
  • sin harphenspil er aber began
  • so rclite suoze bringen,
  • daz Gandin sinen dingen
  • vil flizeclichen ore bot 13365
  • und sach ouch wol , daz Isot
  • ser' an die harphen was verdäht.
  • nü der leich was vollebräht,
  • Gandin der nam die künigin
  • und wolte hin ze schiffe sin. 13370
  • nu was diu fiioze unde der floz
  • vor der schifbrucken also gröz,
  • daz niemen an der stunde
  • an' ein vil hoch ors künde;
  • zer schifbrucken komen in. 13375
  • «waz getüon wir nü?» sprach Gandin
  • «wie kumet min frouwe dar an?»
  • «seht, herre '^, sprach der spileman
  • ~ «Sit daz ich des gewis bin,
  • daz ir mich mit iu füeret hin, 133SO
  • swes ich ze Kurnewale hän,
  • des sei hie lützel bestäh.
  • ich hän ein hohez ors hie bi,
  • ich wöene , ez ouch so hoch si,
  • mine fröuwen, iuwer friundin, 13385
  • daz ich si wol zer brücken in
  • so schone gefüere.
  • 13358 ijcheiz stm., Verheißung, versprocliciier Lohn.
  • 13371 rin: stni. synonym mit //iVic, Fluß, Strömung; dicsoUjc Wendung
  • iu V. I!t4;;9. — 13372 die Erklärung in der 1. AuHagc befriedigt nicht, liier
  • ist schifbrucke die Landungsbrücke , das vom Ufer nach dem Schiffe ge-
  • legte, schräg aufwiirtssteigende l'.rct oder Uretergcrüst, dessen unterer Theil
  • vom Wasser bespült war. In V. 1337.') dieselbe Bedeutung, wenn nicht doch
  • vielleicht ein stilgemäßer Wechsel anzunehmen ist, etwa allgemein : Schiffs-
  • eingang, und dieser wäre dann oben auf dem Schiffe zu denken. In
  • Y. 13.i>; hat wohl />r*/c^^' jedenfalls die Bedeutung von scldf brücke in V. 13373
  • ^auf der Brücke hineinführe). — Daß brurkp. in V. )S7()1 das <( Verdeck» be-
  • deute, wie Bech vermuthete [vgl. eine Stube brücken], glaube icii nicht,
  • weniRstens nicht schlechthin. An dieser Stelle wird brücke das den alten
  • Schiffen eigenthümliciie vordere llalbdeck. Back genannt, sein, von dem aus
  • die Be()l)aclitungea angestellt werden. Die Schiffsthür ist dann nicht all-
  • gemein ' Scliiffseingang», sondern die Thür, welche zur KajiUc führt. —
  • 108 XIX. ROTTE UND HARFE.
  • daz si daz mer iht rüere.»
  • Gaiidin sprach: «lieber spileman:
  • bald' ile, brinc dm ors her an 13390
  • linde oiich iesä diu gewant!»
  • Tristan der brähte daz ors zehant
  • und iesä, do er wider kam,
  • sine härphen er ze rucke nam:
  • «nu herre von Irlant», sprach er 13395
  • «bietet mir mine frouwen her,
  • ich füere si vor mir dar in.»
  • « nein spileman » , sprach Gandin
  • (337) «dune solt si niht rüeren,
  • ich wil si selbe füeren.» ^ 13400
  • «we, herre!» sprach diu schcene Isöt
  • «diz m^ere ist allez äne not,
  • daz er mich niht rüeren sol:
  • nu wizzet endeliche wol,
  • daz ich niemer kume dar an, 13405
  • mich enfüere der spileman.»
  • Gandin bot ime Isote dar:
  • <- geselle», sprach er «nim ir war
  • und füere s' also schone,
  • daz ich dir's iemer lone.» 13410
  • nu er Isolde z'ime gewan,
  • er sprancte ein lützel her dän.
  • und alse ez Gandin gesach ,
  • unwertlich er im nach sprach:
  • «inä gouch ! waz sol diz sin?» 13415
  • «nein nein», sprach Tristan «gouch Gandin!
  • friunt, ir stät an des gouches zil,
  • wan daz ir mit dem rottenspil
  • dem künege Marke ertrüget an ,
  • daz füere ich mit der harphen dan: 13420
  • ir trüget, nu sit ouch ir betrogen; i
  • 13388 rüeren swv. mit acc, berühren. — iht (=H8. H u. F ; M fehlt)=n/Äf.
  • 13414 unwirtlich adv., hier nicht wie in V. 12344, sondern im Sinne
  • von unwert in V. 13346: indigniert, zornig. — 13415 inä interj. im Mhd.
  • nicht häufig, bei Gottfried nur hier (vgl. Gr. 3, 248), entsprechend unserm:
  • he! heda! — gouch stm., hier etwas anders als in V. 8631: Betrüger, aber
  • nicht ganz so herb wie dieses nhd. Wort, Schalk; d.igegen im folgenden
  • Verse nähert sich das Wort doppelsinnig der Bedeutung: Narr. — 13417 zil
  • stn. mit gen. dient im Mhd. zur Umschreibung in poetischer Sprache und
  • kann in diesem Falle selten durch unser: Ziel wiedergegeben werden j
  • gewöhnlich ist zil gar nicht zu übersetzen. Bei Gottfried nur hier: j>
  • ütüt an des goudies ii7 = ihr seid der Gauch. —
  • XIX. ROTTE UND HARFE.
  • 109
  • Tristan der hat iu nach gezogen,
  • biz daz er iuch beswichen hat.
  • friunt, ir gebet riliche wät:
  • ich hän daz beste gewant,
  • daz ich dem sezelte vaut.»
  • 13425
  • Tristan reit sine sträze.
  • Gandin was äne niäze
  • trüric unde tiüresam.
  • im tete schade unde schäm
  • vil sere und innecliche we.
  • er kerte wider über se
  • mit schäme und mit leide,
  • jene geverten beide,
  • Tristan und Isöt kerten hin.
  • ob si ünder wegen under in
  • iender ze fröuden kaemen ,
  • ruow' in den bluomen naemen,
  • (338) daz wil ich äne wac-nen län:
  • ich sol waenen unde wän
  • minenthalben legen nider.
  • Tristan der brähte Isöte wider
  • sinem d'heime Marke
  • und sträfete in starke:
  • «herre», sprach er «wizze Krist,
  • als liep als iu diu künegin ist,
  • so ist ez ein michel unsin,
  • daz ir si gebet so lihte hin
  • durch harphen oder durch rotten,
  • ez mac diu werlt wol spotten:
  • wer gesach ie mere künigin
  • durch rottenspil gemeine sin?
  • her nach so bewaret daz
  • und hüetet miner frouweu baz!')
  • 13430
  • 13435
  • 13440
  • 13445
  • 13450
  • 13423 beswichen stv., betrügen, überlisten.
  • 13429 truresam adj. synonym mit ti'un'c ; vgl. zu 17. — 13441 ntinent-
  • halben (nach Hs. H, W, F; Hs. M fehlt) adv., meinethalben, meinerseits;
  • bei Gottfried nur hier. Das unorganische euphonische t war nicht zu til-
  • gen, da Hs. M auch allent/ialOen 249^ schreibt.
  • XX.
  • MARJODO.
  • Am Hofe besaß Tristan einen Freund, den Triicliseß Marjodo. Sic
  • pflegten als Sclilafgenossen sich vor dem Einsclilafeu mit Eizälilungon
  • zu unterhalten. Eines Nachts hatte Marjodo wieder mit Tristan geplau-
  • dert und war dann eingeschlummert. Tristan schlich zur Königin. Brau-
  • gsene lehnte ein Schachbret vor das Licht, vergaß aber die Thüre zu
  • schließen. Derweil hatte der Truchseß einen erregten Traum. Er erwacht
  • und will ihn dem Freunde erzählen. Da er keine Antwort erhält und
  • Tristan's Entfernung gewahr wird, steht er auf, geht zur Thüre hinaus
  • und erblickt Tristan's Spur im Schnee. Er verfolgt sie und gelangt zur
  • Kemenate, kommt endlich auch unbemerkt an der Königin Bette und be-
  • lauscht die Liebenden. Darauf kehrt er schmerzlich bewegt und voll
  • Eifersucht nach seinem Lager zurück. Bald kommt auch Tristan wieder.
  • Beide schweigen. Tristan merkt, daß ihn Marjodo beargwöhne. Dieser
  • vertraut dem Könige, es gehe am Hofe ein übeles Gerücht über Tristan
  • und Isolt, er möge auf der Hut sein. Marke aber findet keinen Anhalt,
  • denn Tristan hatte der Königin des Truchseß Argwohn kundgethan.
  • Tristandes lob und ere 13455
  • die bluoten aber do mere
  • ze hove und in dem lande,
  • si lobeten an Tristande
  • sine füoge und sine sinne.
  • er und diu küniginne 13460
  • si wären aber frö unde fruot,
  • si gäben beide ein ander muot,
  • so si iemer beste künden.
  • In den selben stunden
  • haete Tristan einen cumpanjün, 13465
  • der was ein edeler barün,
  • des küneges lantsseze,
  • 13467 lantSKze swm., Landsasse, ein im Lande Eingesessener =Za«N
  • hcrre, barün. —
  • XX. MARJODO.
  • 111
  • sin oberster truhsaeze,
  • und was geheizen Marjodö:
  • der selbe was Tristande dö 13470
  • gefriunt unde geminne
  • durch die süezen küniginne,
  • der truog er toiigenlichen muot,
  • als manec man maneger frouwen tuot,
  • da si sich lützel keret an. 13475
  • der truhsaez' unde Tristan
  • si zwene hseten under in zwein
  • gemeine herberge enein
  • (339) und wären gerne ein ander mite.
  • ouch was des truhssezen site, 13480
  • wan Tristan schoener m?ere phlac,
  • daz er im ie nahtes bi gelac,
  • daz er bereite hin ze im sprach.
  • Eines nahtes ez geschach,
  • dö h^ete er mit Tristande
  • TÜ unde maneger hande
  • rede unde mivre getriben
  • und was släfende beliben.
  • der minnaere Tristan
  • der stal sich tougenliche dan
  • an sine strichweide
  • ze manegem herzeleide
  • im selben unde der künigiu.
  • do er unvermeldet wände sin
  • und sicher siner dinge,
  • dö haete im misselinge
  • ir stricke, ir melde, ir arebeit
  • an den selben pfat geleit,
  • den er underwilen ie
  • 13485
  • 13490
  • 13495
  • 13471 gefriunt adj. hier mit dat., befreundet. — 13481 uan conj., weil. — ■
  • 134S3 bereite adv. von öfreit, bereite, bereitwillig, gerne. Bei dieser Auf-
  • fateang ist in beiden Versen 13482 u. 83 das Subj. er der Truchseß , die
  • Conj. da: aber verschieden: das erste abh. von site, das zweite = weil, in-
  • dem (er sich gerne mit ihm, mit Tristan, unterhielt). Anders Paul (S. 18):
  • her'ite^in einer Weise, daß er ihm zur Hand war, bequem; auch will
  • Paul lesen nach Hs. AV und F: so" /n, so nahe (lag, daß er, Tristan, bequem
  • zu ihm, dem Truchseß, reden konnte).
  • 13491 strichiveide stf., hier wieder in dem bekannten Bilde aus der
  • Jägerei: der Jagdgang. — 13494 untern leldet part. adj., unverrathen, sicher.
  • — 13497 melde stf., Mehlung, Verrath [die harmlose Bedeutung unseres:
  • melden = verkündigen in älterer Zeit vereinzelt, fehlt aber nicht ganz,.
  • Ä. B. Ezzo'e Lied von den AYundern Christi, Strophe 10, Zeile 3].
  • 112 XX. MARJODO.
  • ze isote froliche gie: 13500
  • der was des iiähtes besnit.
  • oucli schein der mäue ze der zit
  • vil Hellte und vil kläre.
  • Tristan nam keiner väre
  • noch deheiner slahte merke war, 13505
  • wan gieng et baltliche dar,
  • aä man im sine tougenheit
  • bescheiden haete und üf geleit.
  • nu er in. die kemenäten kam,
  • Brangsene ein schähzabel nam: 13510
  • vür daz lieht leinde s' daz.
  • nunc weiz ich, wie si des vergaz,
  • daz si die tür offen lie
  • und si wider släfen gie.
  • Die wile und aber daz geschach, 13515
  • der truhsaeze der gesach
  • in sinem troume, da er slief,
  • einen eher, der üz dem walde lief,
  • (340) freislich unde freissam;
  • üf des küneges hof er kam 13520
  • schümende unde wetzende
  • und sich ze wige setzende
  • üf allez daz, daz er da vant.
  • nu kom geloufen al zehant
  • des hovegesindes michel kraft. 13525
  • da lief michel ritterschaft
  • umbe den eher her unde hin,
  • und enwäs doch niemen under in,
  • der in getörste bestän.
  • sus liez er allez hine gän 13530
  • limmende durch den palas;
  • da Markes kemenäte was,
  • da brach er zuo den türen in.
  • daz sin bette solte sin,
  • daz zewarf er hin und her 13535
  • 13505 merke stf., Absicht, Hinterlist. — 13503 bescheiden stv., hier ziem-
  • lich unserm: bescheiden entsprechend, veranstalten.
  • I5bl9 freislich adj., schrecklich. — freissara adj., ebenfalls: schreck-
  • lich, entsetzlich. Beide Worte sind Adjective und gehören als unflectierte
  • Apposition zu eher im vorhergehenden Verse. — I353u hine gän lüzea ist
  • hier eine ähnliche Wendung wie in V. 102S0 und steht für hine gan,
  • umherlaufen. — 13531 liinmen stv., brummen, grunzen. — 13535 zewerfeni
  • zerwerfen stv., durcheinanderwerfen. —
  • XX. MAEJODO.
  • 113
  • mit sinem schüme solgete er
  • daz bette und al die bettewät,
  • diu küneges bette bestät.
  • diz sähen alle Maikes man
  • und nam sicb'z doch ir keiner an.
  • 13540
  • Nu Marjodoc erwachet was,
  • den troum er in sin herze las :
  • wan er was im sere ande.
  • hie mite rief er Tristande
  • und wolte im sagen ma?re,
  • waz ime getroumet wsere.
  • nu antwurte im niemen da.
  • nu rief er aber und aber sä
  • und reichete mit der hant do dar,
  • und alse er nihtes wart gewar
  • noch an dem bette niemen vant,
  • nü bewände er in zehant
  • umbe töugenüchiu tagedinc;
  • aber ümbe sinen hrelinc
  • hin zuo der ktiniginne
  • des euha'He er keine sinne,
  • ern ha'te deheinen wän dar an.
  • doch nam er ime hin z'ime dar van
  • (34:>) ein friuntlichez zornelin,
  • so liep als er im solte sin,
  • daz er im niht enseite
  • von siner toufrenheite.
  • 13645
  • 13550
  • 13555
  • 135GO
  • Marjodoc stuont üf zehant
  • und leite an sich sin gewant.
  • er sleich vil lise hin zer tür
  • ünde wartete dervür
  • und sach Tristandes spor dervor.
  • hie mite so volgete er dem spor
  • hin durch ein boumgärtelin.
  • 135G5
  • 13.i3ß sol'jen swv., beschmuzen. — 13537 betlewat stf., Bettzeug; das Wort
  • steht in Verbindung mit bett" , welches in diesem Gegensatze als das fest-
  • fctehende Bette , das Gestell und zugleich das Unterbett zu neluueu ist,
  • formelhaft; noch mehr in V. 15204; vgl. auch zu 15rj8. — l35.'iS vgl. zu
  • 4ÖS0. Dieser Zusatz ist culturgeschichtlich beachtenswerth.
  • 13.')4ti mir ist ytroutnet ist im Mhd. die gewöhnliche Wendung, seltener
  • •die dem Nhd. entsprechende niir hat getr. — 13052 Oewaunen swv. mit acc,
  • beargwöhnen ; vgl. 13(jt)2.
  • GOTTFHIED VON' STRASSBUBG. 11. 2. Aufl.
  • 8
  • IM XX. MARJOßO.
  • oucli leite in des raäucn schin 13Ö70
  • über siie und über gras,
  • er vor hin gegangen was,
  • iinz an der kemenäten tür.
  • da gestüont er vorhtende vür,
  • nnd misseviel ini^al zehant, 13575
  • daz er die tür als offen vant.
  • sus trabte er da lange
  • nach Tristandes gange:
  • er bedä'hte übel unde guot.
  • iezuo so kom im in den miiot, 13580
  • Tristan der waere komen dar in
  • durch eteslich juncfrouwelin.
  • so der wän iezuo was getan,
  • so was al zehant sin wän,
  • er wiere dar inne 13585
  • durch die küniginne.
  • der wän der gie hin unde her.
  • Ze Jungeste genante er
  • und gie vil li'se dar in
  • und envänt da lieht noch mänen schin; 13590
  • Avan von der kerzen, diu da bran,
  • da gesach er lützel van :
  • da leinde ein schähzabel vor. ■»
  • sus gieng er ällez enbor
  • und greifende mit henden 13595
  • an müren unde an wenden,
  • biz er z'ir beider bette kam,
  • si beidiu samet dar an veruam
  • (342) und hurte al ir gelegenheit.
  • diz was im innecliche leit 1360O
  • und tete im in dem herzen we,
  • wan er hsete Isolde allez e
  • 135S2 eteslich adj., hier: der eine oder andere und insofern = irgend ein.
  • 13594 enbor yen heißt wohl nicht: empor, in die Höhe schreiten, denn
  • Stufen werden kaum im Saale gewesen sein, und an die Tritte, welche
  • sich vor den Betten befanden, ist Marjodoc noch nicht gelangt. Das mhd.
  • Wb. I, l.'iO citiert: »er gie enbor weiterhin (hoher) )->\ das Gegentheil würde
  • eher hierin liegen, wenn enbor = hoher genommen wird, denn höher gän,
  • heißt sonst: weiter weg gehen und hoher stan zurücktreten (vgl. 2794).
  • Sollte vielleicht enbor = in. der Höhe sein, in die Höhe gerichtet, d.h. auf
  • den Fußspitzen, wie es auch Groote fasst, als ein anderer Ausdruck für
  • ■eil Ilse in V. 135S9? Bech dagegen verbindet richtiger enbnr mit rnuren und
  • wenden; und darf nicht stören. — 13595 greifen swv., greifen stv. (=mhd..
  • yrljen), tasten. —
  • XX. 3IAKJ0D0. 115
  • lieb' imde holden imiot getragen.
  • nu was daz allez underslagen
  • mit hazze und mit leide. 13605
  • er haete an ir dö beide
  • baz linde leit, leit luule baz;
  • in muote diz, in muote daz:
  • erne künde sieb verriliten nibt,
  • wie er ze dirre gescbibt 13G10
  • also gewerben möbte,
  • also ez fuogte und tobte.
  • in reizete baz unde leit
  • üf die gröze unbövescbeit,
  • daz er ir dinc lütbferete 13615
  • und ez al da vermserete.
  • so zocb in aber Tristan
  • und diu vorbte dervan,
  • die er bin z'ime biete,
  • ob er im ibt leides taete. 13G20
  • sus kerte er umbe und gie dan:
  • als ein geleidegeter man
  • leit' er sieb aber wider nider.
  • j
  • Xu kom ouch Tristan scbiere wider.
  • vil Ilse er an sin bette seic. 13625
  • er sweic unde jener sweie,
  • daz ir deweder nie wort gesprach,
  • daz in doch selten e gescbach
  • und des si e waren ungewon.
  • von dirre fremede und hie von 13630
  • so sach im Tristan daz wol an,
  • daz er eteswaz hie van
  • arcwände in sinem muote
  • und bsete sine buote
  • an rede und an geläze 13635
  • in bezzerre mäze,
  • dan er e mäles tsete.
  • nu was ez aber ze spsete:
  • (343) sin tougen was vermseret,
  • sin bselinc goffenbseret. 136-iO
  • 13604 underslahen stv., unterbrechen. — 13GV) iCäbocren swv., laut bekannt
  • machen. — 13616 tennaeren swv., bekannt machen, verrathen ; vgl. l36o9. 14944.
  • — 13622 geleideget part. (adj.) von leiilegen, beleidigen, betrüben, kränken.
  • 1363s Das Adjectiv spccte ist im Mhd. im Gegensätze zu dem häufigen
  • Adv. fpäte selten.
  • 116 XX. MARJODO.
  • Der iiidige Marjodo
  • der nam den künec verholne do
  • und Seite im, daz ein msere
  • da ze liove entsprungen wasre
  • von Isolde und von Tristande,' 13G45
  • daz liute unde lande
  • harte sere misseza^me,
  • daz er es war nseme
  • und rät dar umbe haete,
  • v/az er dar zuo getsete; 13650
  • ez gienge im harte sere
  • an sin e und an sin ere.
  • ern gewuog im aber des niht,
  • daz er die wären geschiht
  • als endecliche weste. 13655
  • der getriuweste unde der beste,
  • der einvalte Marke,
  • den wunderte es starke
  • und völgete es ungerne,
  • daz er den leitesterne 13G60
  • siner fröuden an Isolde
  • iemör bewsenen solde
  • ze deheiner slahte unguote.
  • doch triiog er'z in dem muote
  • leitlichen unde swäre 136G5
  • und was in stseter väre
  • alle zi't und alle stunde,
  • ob er si ervinden künde
  • an deheiner bewserde.
  • ir rede und ir gebserde 13670
  • daz bemärcte er allez sunder
  • und enkünde si hier under
  • an deheiner wärheit ervarn,
  • wan Tristan der bat si'z bewarn
  • und hsete Isolde kunt getan 13675
  • des truhsöezen arcwän.
  • 13655 endecliche ady.^^endeltcJie , hier: genau, gewiss. — 13657 einvalt
  • adj., hier: (einfältig) , leichtgläubig. — 13665 leitLichen adv., mit Leid,
  • schmerzlich. — 13666 vare stf., hier deutlich: Lauer; er hatte immer seiu
  • Augenmerk. — 13673 ervarn stv., hier: erforschen, ertappen.
  • XXL
  • LIST WIDEK LIST.
  • Um die Königin zu prüfen, gibt Marke vor, er beabsichtige eine Bitt-
  • fahrt zu ujiternehmen, und fragt, in wessen Obhut sie während der Zeit
  • bleiben wolle. Isolt nennt als den Geschicktesten Marke's Schwestersohn
  • Tristan. Der König wird dadurch in seinem Argwohn bestärkt und theilt
  • 09 dem Truchseß mit, der hierin den vollen Beweis ihrer Liebe erblickt.
  • Isolt sagt fröhlich der Brangjene von der Bittfahrt ihres Herrn, und dann
  • von ihrem Gespräch. Brangsene merkt die List, die vom Truchseß aus-
  • gehe, und lehrt die Königin, sich das nächstemal anders und besser zu
  • äußern. — Der Dichter sclialtet hier eine Betrachtung ein über den Zwei-
  • fel und Argwohn in der Liebe. — Isolt sucht den König in demselben
  • Strick zu fangen, welchen er ihr legte. Sie stellt sich höchst betrübt und
  • unglücklich über seinen Entschluß, sie zu verlassen; und als er ihr Tri-
  • stan nennt, bei dem sie gut aufgehoben sei, schildert sie ihn als einen
  • Schmeichler, der ihrem Hasse durch Freundlichkeit zu begegnen strebe;
  • sie habe nur zum Scheine sich ihm huldreich erwiesen; in seiner Obhut
  • wolle sie nicht sein. Marke, seines Argwohns wieder entledigt, gibt dem
  • Truchseß davon Kunde, der ihn aufs neue bewegt, Isolt nochmals zu ver-
  • suchen. Er will, da seine Gemahlin dem Xetfen feindlich gesinnt sei, ihn
  • nach Parmenien senden. Isolt dankt ihm dafür, gibt ihm aber zu beden-
  • ken, sie würde als die L'rsache von Tristan's Verbannung angesehen wer-
  • den; auch würde sich kein Mann finden, der wie er die beiden Lande
  • schützen könnte. Aufs neue ist Marke's Argwohn rege. Brangsene, un-
  • zufrieden mit Isoldens Rec'e, gibt ihr nochmals Kathschläge. Isolt ge-
  • steht dem Könige, sie glaube, er wolle sie nur versuchen. Er möge sie
  • von Tristan befreien, ihn nach Hause schicken oder mit auf die Fahrt
  • nehmen ; der Zeit solle sie der Truchseß Marjodo behüten. Der König
  • hält nun seine Gemahlin für unschuldig und den Truchseß für einen
  • Lügner.
  • ledocli versuoclite ez Marke
  • änclichen unde starke
  • (344) und warte es naht iinde tac.
  • eines nähtes, do er bi ir lac 13G80
  • und si zwei triben under in
  • ir wehselrede her unde hin,
  • 118 XXI. LIST WIDER LIST.
  • er rillte iincle leite
  • mit einer kündekeite
  • einen strfc der künigiune , 13685
  • und vienc si oiicli dar inne.
  • «nu frouwe», sprach er «saget mir,
  • wie dimket iiich, wie ratet ir?
  • ich wil in kurzen ziten
  • in beteverte riten ♦ 13690
  • und bin vil lihte lange in wege:
  • in wes huote und in wes pflege
  • weit ir al die wile sin?»
  • «got segene!» sprach diu künigin
  • «durch weihe not sprechet ir daz? 13695
  • in wes huote w£ere ich baz
  • und iuwer liut und iuwer laut
  • danne in iuwers neven haut,
  • der unser wol gepflegen kan?
  • iuwer swestersun, her Tristan, 13700
  • der ist manhaft unde wis
  • und wol bedoehtic alle wis.»
  • Die rede begunde Marke
  • bewsenen harte starke
  • und misseviel im harte. 13705
  • sine läge und sine warte
  • leit' er ir aber me unde me
  • und huote ir aber do me dan e
  • und Seite dem truhssezen sä,
  • als er ez hsete erfunden da. 13710
  • der truhsseze antwurte im dö:
  • «zewär«, herre, im ist also:
  • ir müget hie selbe merken an,
  • daz si sich niht gehelen kan
  • der grozen liebe, die si'm treit, 13715
  • 13683 rillten swv. hier in Verbindung mit (atric) l'';/en (in V. 138(55 mit
  • tlhten), zurecht maclieu, stellen (Netze, Falle). — 13'j'H) beteverte dat. von
  • betevort stf., Bittfahrt, Wallfahrt [vgl. Eittgang]. — in steht hier unge-
  • wöhnlich; kaum darf übersetzt werden: zu einer Jiittfalirt, sondern in
  • beteverte ist ein bestimmter Terminus, den Begriff: als Wallfahrer aus-
  • drückend. — 13G91 in ifpge (auch entcegc) , auf dem Wege, unterwegs. —
  • 13694 got segene (Pronominalellipse ; vgl. Gr. 4, 265), Ausruf wie iinser : Gott
  • bewahre! da sei Gott vor! vgl. zu 2960. "
  • 13714 gehelen stv., verst. lieler», refl. mit gen. (nicht von niht abhängig:),
  • etwas verhehlen, sich mit oder in etwas verstellen. —
  • XXI. LIST WIDER LIST.
  • HO
  • und ist ein michel tumpheit,
  • daz ir in li'det da bi.
  • als liep iu wip und ere si,
  • (345) so enli'det in nimere.»
  • diz muote Marken sere:
  • der zwivel unde der arcwän,
  • den er zein neven solte hän,
  • der tote in z'allen stunden,
  • und in oucli unerfimden
  • und unervaren ha?te
  • an aller slahte untcete.
  • 13720
  • 137
  • Diu betrogen Isöt diu was do fro
  • si Seite Branga?nen do
  • vil froliche lachende
  • und michel fröude machende
  • von ir herren betevart ,
  • und ouch wie si gefräget wart,
  • in wes pflege si wolte sin.
  • Branga?ne sprach do: «frouwe min,
  • lieget mir nibt und saget mir,
  • so helfe iu got, wen ieschet ir?»
  • isot seit' ir die wärheit,
  • reht* alse ez da wart üf geleit.
  • «ä, tumbe!» sprach Brang^ene dö
  • owar umbe sprächet ir also?
  • swaz so hier an geredet ist,
  • daz hoere ich wol, daz ist ein list,
  • und weiz vür war, daz disen rät
  • der truhssez' üf geleget hat.
  • hie mite so wellent s' iucli ervarn.
  • ir sult iuch her nach baz bewarn,
  • gewähne er's iu iht mere,
  • so tuot, als ich iuch lere,
  • sprechet sus unde so.»
  • ir frouwen lerte si do.
  • 13730
  • 1ri —r, '
  • 13740
  • 13745
  • 13750
  • 13716 tumpheit stf. ist nicht so stark wie unser: Dummheit, selbst: Thor-
  • heit dürfte sich der Truchseß nicht erlauben; das Wort entspricht hier
  • unsefm: Unklugheit, Unvorsichtigkeit; vgl. 13797. 14722 und zu 10-13. —
  • 13724 und a. zu 212. — unerfunden part. adj. = «///.' erfunden, nicht wahr-
  • genommen. — 13725 u7Xfirrarrn=zniht ervcrfn, niclit ertappt.
  • 13742 list stm., hier entsprechend dem nhd. Worte; vgl. 13S71. —
  • 13747 'ifVfUini'n, g>'vüli»'n''n swv. mit dat. der Person, gen. der Sache, einem
  • gegenüber etwas erwähnen; vgl. zu 7GJ.
  • 120 XXI. LIST WIDER LIST.
  • Tvaz antwürt' ir gebsere
  • ze disen listen wsere.
  • Hier micler was ie Marke
  • "bekumbert harte starke
  • mit zweier hande leide: 13755
  • in leideten beide
  • der zwivel unde der arcwän,
  • den er hsete und muose hän:
  • (346) er arcwände genöte
  • sin herzeliep Isote; 13760
  • er zwivelte an Tristande,
  • an dem er niht erkande ,
  • daz välsche gebsere
  • und wider den triuwen wa^re.
  • sin friunt Tristan, sin frouwe Isöt 13765
  • diu zwei wären sin meistiu not:
  • si twungen ime herz' unde sin.
  • er arcwände si und in
  • und zwivelte si ouch beide.
  • dem gebeidetem leide 13770
  • dem gieng er rehte nach dem site
  • und nach dem billiche mite,
  • wan alse er an Isolde
  • der liebe dienen wolde ,
  • so wante es in der arcwän. 13775
  • dem wolte er danne ie nach gän.
  • und volgen üf die wärheit;
  • als ime diu danne wart verseit,
  • so tete im aber der zwivel we,
  • so was ez aber rehte als e. 13780
  • Waz mag ouch liebe näher gän,
  • dan zwivel unde arcwän?
  • 13759 arcHucnen swv. hier trans., beargwöhnen. — 137G9 zictvelen swv.
  • hier trans. (selten), einen bezweifeln, in Verdaclit haben. — 13770 yebeidet
  • part. defect. von beide, zweifach, etwa: gedoppelt. — 13774 dienen swv.
  • trans. wie in V. 8175, verdienen, der liebe vielleicht gen. partit. statt des
  • Acc, wie im Franz.: Liebe, etwas von Liebe. Kurtz übersetzt: «der
  • Liebe fröhr.en wollte-, fasst also dienen^nhd. dienen und der liehe halb
  • personificiert als Dativ. Simrock ist frei und unbestimmt. Groote erklärt
  • in der Anmerkung und ähnlich im Glossar: uder liebe, wegen, in Rück-
  • sicht der, aus Liebe zu Dienst sein; Minnepflicht erfüllen.) Sollte nicht
  • der (deren) für ir stehen? — 13775 wenden swv. trans., zurückwenden,
  • bindern ; es, daran.
  • 13782 zwioel stm. wird durch xmser : Zweifel annähernd erreicht; es
  • steht synonym mit arcu: wie ferner zicxvel und uän in V. 13M)2. 13S14.
  • 14017. —
  • XXI. LIST WIDER LIST.
  • 121
  • waz anget liebe gernden muot
  • so sere, so der zwivel tiiot?
  • da mite enweiz er, war er sol,
  • wan iezuo so geswüere er wol
  • von eteslicher ungeschiht,
  • die er gehoäret oder gesiht,
  • er Wcere iif dem ende,
  • e man die hant gewende,
  • so widerwirfet sich daz;
  • linde geschiht ab eteswaz,
  • daz ime aber zwivel birt,
  • da von er aber verirret wirt;
  • ■wan daz ez al diu werlt tuot,
  • so ist ez ein harte imwiser muot
  • und ist ein michel tumpheit,
  • daz man an liebe zwivel treit;
  • (347) wan niemen ist mit liebe wol,
  • an dem er zwivol haben sol.
  • so ist aber noch serer missetän,
  • swer so den zwivel unde den wan
  • üf die gewisheit bringet;
  • wan swenne er daz erringet,
  • daz er den zwivel wären weiz ,
  • swes er sich ie da vor gefleiz
  • ze birsene üf die wärheit,
  • daz ist im danne ein herzeleit
  • vor allem herzeleide,
  • diu vorderen beide,
  • diu im e beswärten den muot,
  • diu diuhten in dan beide guot;
  • möht' er si danne wider hän,
  • so naeme er zwivel unde wan,
  • daz er der wären künde
  • niemer niht befünde.
  • Sus kumot, daz übel übel frumet,
  • biz daz daz ergere kumet;
  • 13785
  • 13790
  • 13795
  • 13800
  • 13805
  • 13810
  • 13815
  • 13786 (jesu-ern stv., verst. swern. — 137>i7 uiigeschilit stf., hier nicht im Siuiie
  • von V. KU.'), sondern: Unthat, Unrecht. — 137.si) ■«/ dem ende wesen, am
  • Ziele sein, auf den Grund gekommen sein. — 13791 wideruerjen stv. refl.,
  • sich zurückwenden, sich umwenden, sich in das Gsfjentheil verkeliren. —
  • l.'{7i»2 fg. und*' geschUit a. e., und wenn aber etwas geschielit; so nach Hg.
  • M und F; Malimann mit Hs. II und W gesi/it, was eine gewagte Ellipse
  • nach sich ziehen würde. Xhd. Wortstellung in V. 13794: (dann oder so)
  • wird er davon u. s. w. Bech schlägt vor: nach 13791 Komma, nach 13794
  • Punkt. — 13b06 fjejlizen stv. refl., verst. jiizen.
  • 122 XXI. LIST WIDER LIST.
  • SO daz daiuie wirs tuot,
  • so diulite danne übel guot. 13820
  • swie swsere an liebe zwivel si,
  • ern ist ir nie so swsere bi,
  • man e;?li'de in vil und verre baz
  • danne den bewaerten haz.
  • oucli niac daz nieman verbern, 13825
  • diu liebe rnüeze zwivel bern.
  • zwivel sol an liebe wesen:
  • mit dem muoz liebe genesen;
  • die wile si den zwivel hat,
  • die wile mag ir werden rät. 13830
  • so si die wärheit ersiht,
  • zeliant enist ir dinges niht.
  • ouch hat diu liebe einen site,
  • da si sich allermeiste mite
  • verwirret unde verworren hat: 13835
  • swä ir dinc nach ir willen stät,
  • dane wil si keiner stsete warn,
  • •da lät si harte lihte varn;
  • (348) und swä so si den zwivel siht,
  • da von enscheidet si sich niht, 13840
  • dar ist ir not uude gäch:
  • dem gät si lagende nach
  • und strebet noch mere durch daz dar,
  • daz si ir herzeleit ervar
  • dan durch die lust, die si dar an 13845
  • ervinden unde gehaben kan.
  • Dem selben sinnelosen site
  • dem gieng ouch Marke vaste mite:
  • er wante späte unde fruo
  • allen sinen sin dar zuo, 13850
  • daz er den zwivel unde den wän
  • gerne hsete hin getan,
  • und daz er mit der wärheit
  • üf sin herzeclichez leit
  • 13819 daz ist Demonstrativ = (7a3 firrjorp. — 13835 peruü.rret ist 3. Pers.
  • des Praesens, nicht Particip ; vgl. zu 83(>. Solche Verbindung des Praesens
  • mit dem Perfect öfters bei Gottfried , z. B. 30G5. — 13837 warn swv. mit
  • geu., etwas gewahren, beachten, beobachten, halten. — 13838 vorn län,
  • lahren lassen (wie V. 10^,55 auch ein heutiger Dichter sagen könnte), ver-
  • gessen, verzeihen. — 13842 lägen swv., nachstellen, lauern; vgl. zu 11715.
  • 11937. i
  • XXI. LIST WIDER LIST. 12')
  • vil gerne komen wsere: 13855
  • des was er gevsere.
  • Aber körn ez eines nabtes so,
  • als er ez iincle Marjodo
  • cnsament bieten üf geleit,
  • daz er ab sine kündekeit 13860
  • Isolde vür leite
  • und si mit kündekeite
  • gerne biete ervaren baz.
  • do verkerte sich daz:
  • den stric, den er ir ribte 13865
  • und üf ir scbaden tibte,
  • da vie diu küniginne
  • ■ den künec ir berren inne
  • mit ir Brangsenen lere.
  • da balf Brangrene sere, 13870
  • da frumte in beiden samet, daz list
  • wider list gesetzet ist.
  • der künec der twanc die künigin
  • vil nähen an daz herze sin
  • und kuste si ze maneger stunt 13875
  • an ir ouge und an ir munt:
  • «schoene», sprach er «nü ist mir
  • niht herzelicbe liep wan ir;
  • (319) und ich von iu nu scheiden sol,
  • daz weiz got von bimele wol, 13880
  • daz nimet mir mine sinne.»
  • Diu gelerte küniginne
  • si stiez sin wider sin;
  • siuftende sprach si wider in:
  • «owe mir, innecHcbe owe! 13885
  • owe ! nu wände ich allez e ,
  • daz diz vertane miere
  • durch schimpf gesprochen wsere:
  • 13S56 getoerp adj. mit gon., versessen auf etwas; vgl. 157'^8.
  • l^^h'd ensament a.6.\-.. zusammen; sonst im Tristan ««?/< und santef. —
  • 13'^6(i tihtpji 8WV., Ulichten), erfinden, aussinnen.
  • V^'^9'2 gi'lert adj., belehrt, unterriclitet, gewitzigt, u gewitzt". Kurtz. —
  • 13S>t.3 .«/n steht hier entscliieden synonym mit list ; vgL KiSTl fg. und zu 2299.
  • — xtnzen stv., hier wie in V. \'^^'t2^=si'tzen , einsetzen: ist das Bild vom
  • Spiel genommen oder ist es allgemeiner? Bech: von Kampf und Streit. —
  • 124 XXI. LIST WIDER LIST.
  • nu hocre ich imde wciz ez wol,
  • daz ez ein ernest wesen sol.» 13890
  • si huop an imde begunde
  • mit Öligen und mit munde
  • leitliche klage erscheinen,
  • so klageliche weinen,
  • daz si dem einvalten man 13895
  • sinen zwi'vel allen ane gewan,
  • und wol gesworen h?ete,
  • daz si'z von herzen t?ete.
  • wan an den frouwen allen
  • enist niht mere gallen , 13900
  • also man üz ir munde giht,
  • noch enhabent deheiner trüge niht
  • noch aller valsche deheinen,
  • wan daz si kunnen weinen
  • äne meine und ane muot, 13905
  • als ofte so si dunket guot.
  • Isöt diu weinde starke.
  • der geloubige Marke
  • «schoene», sprach er «saget mir,
  • waz wirret iu, waz weinet ir?;) 13910
  • «ich mac wol weinen»; sprach Isot
  • «klage ich, daz tuot mir michel not.
  • ich bin ein eilende wip
  • und hän nime wan einen lip,
  • und so vil sinne, so ich hän, 13915
  • diu zwei hän ich so gar verlän
  • an iuch und iuwer minne,
  • daz ich in minem sinne
  • (350) niht dinges kan gemeinen
  • noch geminnen wan iuch einen. 13920
  • mirn ist niht rehte liep wan ir
  • 13897 Ellipse: er wol g. 7i. — 13901 der Satz steht parenthetisch; Kurtz
  • richtig: «wenn man nach ihrem Munde spricht»; Simrock frei und vrenig^
  • zutreffend: «aus ihrem Munde kommt sie (die Galle) nicht". — 13905 meine
  • stf., Meinung, Gedanken, innerer Beweggrund.
  • 13908 geioubic adj, , gläubig, hier im Sinne von: leichtgläubig. —
  • 13912 mir tuot mt (stf., vgl. zu 7075), ez t. iii. n. wie in V. 1560S entspricht
  • ziemlich der gleichen modernen Wendung, ich Ifabe Ursache, ich kann
  • nicht anders; mit gen. in V. 14069. 19255 (s. die Anmerk.). An unserer
  • Stelle ist rnichel Adject. und darum Beweis für not als Subst., da Gottfried
  • sonst nicht michel als Adverb verwendet. — 13910 diu 2nei^=lip und sinne.
  • — 13919 gemeinen swv., geminnen^ verst. meinen, minnen; vgL zu 1111.
  • XXI. LIST WIDER LIST. 125
  • und woiz daz wärez, daz ir mir
  • so holdez herze nilit eiltraget,-
  • als ir gebäret iinde saget.
  • daz ir den muot gewännet ie, 13925
  • daz ir hin füeret und mich hie
  • in dirre fremede soltet län ,
  • da bi mac ich mich wol enstän,
  • daz ich iu vil unma^re bin:
  • des sol min herze und min sin * 13930
  • vil selten iemer werden fro. »
  • (cWar umbe, schoene?» sprach er do
  • «ir habet doch ze iuwerr haut
  • beidiu liute unde laut,
  • diu sint iuwer unde min: 13935
  • dar über Sit gebietcerin;
  • daz sol ze iuwerm geböte stän,
  • swaz ir gebietet, deist getan,
  • die wile ouch ich bin under wegen,
  • die wile so muoz iuwer pflegen, 13940
  • der iuwer wol gepflegen kan:
  • min neve der hövesche Tristan;
  • der ist bedsehtic unde wis,
  • der flizet sich in alle wis,
  • wie er iu fröude und ere 13915
  • gemache unde geniere.
  • dem getrüwe ich alse wol,
  • als ich von grözem rehte sol.
  • dem Sit ir liep, also bin ich:
  • der tuot ez durch iuch und durch mich.» 13950
  • ((her Tristan?» sprach diu schoene Isot
  • «zwäre ich waere gerner tot
  • und e wolt' ich begraben sin,
  • e danne ich mit dem willen min
  • in siner pflege waere. 13955
  • der selbe lössere,
  • der ist mir z'allen ziten
  • gelichsende an der siten
  • (351) und allez smeichende bi
  • 1394tj y^inac/i^n s-wv., verst. machen. — 139r)2 /^erwsr ad v. compar. [nlid.
  • abgekommen] von yerne txdv., lieber. — 13956 los stm., Schmeichler; \jX.
  • KU 14001 — I I
  • 12G XXI LIST WIDER LIST.
  • und gilit, wie liep ich ime si. 139GO
  • iedoch weiz got wol sinen muot,
  • in weihen triuwen er ez tuot.
  • ouch weiz ich's selbe genuoc,
  • wan er mir minen oeheim sliioc
  • und an mir fürhtet den haz. 13965
  • durch die vorlite und umhe daz
  • ist er mich allez streichende,
  • listende unde smeichende
  • in einem välschlichem site
  • und warnet ällez da mite 13970
  • erwerben mine friuntschaft.
  • nu hat ez aber arme kraft,
  • sin smeichen hilfet kleine;
  • und weizgot wan ir eine,
  • daz ich durch iuch noch mere 13975
  • dan durch min selbes sere
  • friuntliche dar gebäre,
  • son' gestehe ich in zewäre
  • mit friundes ougen niemer an;
  • und Sit ich niht verberen kan, 13980
  • i'ne m.üeze in beeren unde sehen,
  • so sol ez aber also geschehen,
  • daz mines herzen da bi
  • und miner triuwen lützel si.
  • ich hän, daz ist unlougen, 13985
  • mit herzelösen ougen,
  • mit lügelichem munde
  • dick' und ze maneger stunde
  • an in gewendet minen fliz
  • niuwan durch den itewiz: 13990
  • man sprichet von den frouweu, daz
  • si tragen ir manne friunden haz:
  • durch daz hän ich im dicke
  • mit manegem lückem blicke,
  • 13967 streichen swv. mit acc, hier: streicheln, schön thun mit einem; vgl.
  • 15885. — 13968 listen swv. mit acc, list an einem üben , einem heucheln
  • [erhalten: überlisten]. — smeidien swv. mit acc, schmeicheln; vgl. zu
  • .S185. — 13985 iinldu'jen stn. steht wie äne lougen in V. 11224 , Wahrheit.
  • Die Hss. schreiben übereinstimmend daz ist unl., während der Genitiv
  • steht: des in Hartmann's Gregor 264. 2670, im Wigalois 8569. der rede
  • (statt die r.) in Hartmann's 1. Büchlein 374; vgl. zu 14346. — 13987 lügc-
  • lich adj., lügenhaft. — 13990 durch den itewiz (vgl. zu 1489), um dein Vor-
  • wurf zu entgehen. — 13994 lücke adj., ebenfalls: lügenhaft; sollte nicht
  • auch ein Wortspiel gesucht sein mit lücke adj. = locker? —
  • XXI. LIST WIDEK LIST.
  • mit herzelosem munde
  • '^^ betrogen sine stunde,
  • daz er wöl gesworen htete
  • daz ich ez von herzen taete.
  • (352) herre , eulät iuch niht dar an.
  • iuwer neve, min her Tristan
  • dern gepfliget min niemer tac,
  • ob ich es iuch erbiten mac;
  • ir müezet min zwar' under wegen,
  • ob ir gebietet, selbe pflegen,
  • swar ir weit, dar wil ouch. ich,
  • ir eine enwendet es mich,
  • und es euirre mich der tot. »
  • 127
  • 13995
  • 1400O
  • 1400&
  • Sus losete diu löse Isöt
  • wider ir herren unde ir man,
  • biz daz si'm lösende ane gewan
  • beidiu zwivel unde zorn ,
  • und er wol hjete gesworn,
  • daz ir ernest .wsere.
  • Marke der zwivelaere
  • der was da wider ze wege komen.
  • sin gesellin diu haet' ime benomen
  • beidiu zwivel unde wän.
  • ez was allez wol getan,
  • daz si gesprach unde getcte.
  • der künec der seite sä ze stete
  • dem truhsiezen von gründe,
  • £0 er ebeneste künde,
  • ir antwurt unde ir maere,
  • und an ir dingen waere
  • deheiner slahte valscheit.
  • 14010
  • 1401i>
  • 14020
  • 14025
  • 13999 läzen refl., an, dar an entspricht unserer Wendung: sich an etwas-
  • kehren. — 14001 gepriegen stv., verst. pßeyen. — 14002 erbiten mit acc. und
  • gen., einen um etwas bitten [nhd. erbitten nur mit acc. der Person oder
  • erbitten von einem mit acc. der Sache]. — 14006 ivemlen swv. s. zu 1377i>
  • (Ha.M erwenden, was dasselbe bedeutet, aber die Negation darf nicht fehlen}.
  • 1400s lasen swv., schmeicheln. — lo.'s adj. ein Wortspiel mit dem vor-
  • hergehenden Verbum = nhd. loa (im schalkhaften Sinne), verschlagen. —
  • 14014 fg. zwivelcere stm. ist nicht ganz unser: Zweifler (während: Zweifel
  • dem alten zwivel näher kommt); gemeint ist: der Unentschiedene, Schwan-
  • kende, der in der Irre herumschweifende; darum im folgenden Verse bild-
  • lich pr was icidcr ze wege ("auf den rechten Weg) komen. — 14016 gesellin
  • stf., Freundin. — 14023 antwurt (Hs. M, W und H) stf. und stn., Antwort,
  • sonst bei Gottfried antwürte im Vers (2735) und Reim (15420).
  • 128
  • XXI. LIST WIDER LIST.
  • diz was dem truhssezen leit
  • und tete im in dem herzen we;
  • iedocli lert' er in aber do me
  • und Seite im, wie er Isolde
  • aber versuochen solde.
  • 14030
  • Des nahtes, do Marke aber lac,
  • siner betemaere mit ir pflac,
  • er leite ir aber mit frage
  • sine stricke und sine läge
  • unde betrouc si aber dar in. 14:035
  • «seht'), sprach er «frouwe künigin,
  • ich wsene, es muoz uns not geschehen;
  • nu lät mich kiesen unde sehen,
  • (353) wie frouwen kimnen lant bewarn.
  • frouw', ich muoz von dem lande varn, 14040
  • unde ir hie derbi bestän
  • bi minen friunden, die ich hän.
  • ez si der mäc, ez si der man,
  • der mir deheines guotes gan,
  • der muoz iu guot und ere bern, 14045
  • als ir an in es wellet gern.
  • und swer iu niht vil senfte bi
  • und liep in iuwerii ougen si
  • under frouwen unde mannen:
  • die scheidet alle dannen. 14050
  • irn sult widr iuwerm muote
  • an liuten noch an guote
  • niht weder hoeren noch gesehen,
  • dar an iu leide müge geschehen.
  • i'ne wil ouch niht des minnen 14055
  • von herzen noch von sinnen,
  • dem ir unholdez herze traget:
  • daz si iu vür war gesaget.
  • weset ir fro unde fruot
  • und lebet, swie iucb dunke guot: 14060
  • 14032 betemaire ist geschrieben nach Hs. M, H und W, welche öfters,
  • namentlich M, einfaches t statt doppeltem setzen (vgl. zu 587. 53äl); an
  • betemoere, Gespräch über die betevart ist nicht zu denken, sondern gemeint
  • ist beltenimre (wie auch F hat), Bettgespräch, nicht mit Groote: « Euhe,
  • Lust, das Spiel des Bettes»; unbestimmt übersetzt Kurtz : Bettgesellschaft;
  • richtig Simrock: «Bettgespräche« (pl. slner b.) — 14050 scAe/cfe/« stv. trans.,
  • hier entfernen, dannen seh., wegschicken.
  • XXI. LIST WIDER LIST.
  • 129
  • da habet ir minen willen an.
  • und Sit min neve Tristan
  • unsenfte in inwerm herzen ist,
  • so scheide ich in in kurzer frist
  • von hove und von gesinde,
  • swie ich die fuoge vinde;
  • er sol ze Parmenie varn
  • und sol sin selbes dinc bewarn,
  • des ist im unde dem lande not.»
  • 14065
  • «Genäde, herre», sprach Isot 14070
  • « ir redet getriuweliche und wol ;
  • Sit ich an iu nu wizzen sol,
  • daz ir daz gerne unmoeret,
  • daz minem herzen swseret,
  • so dunket ouch mich reht da bi, 14075
  • swaz iuwern ougen senfte si
  • und iuwerm muote liehe,
  • daz ich dar an entwiche,
  • (354) so ich verreste müge;
  • und swaz iu z'iuwern eren tüge, 14080
  • daz ich da späte unde fruo
  • rät unde helfe biete zuo.
  • und seht ir, herre, waz ir tuot:
  • ez enwirt min rät noch min muot
  • weder hiute noch niemer, 14085
  • daz ir iuwern neven iemer
  • von iuwerm hove gekeret,
  • wau so wser' ich geuneret:
  • da mite so seite man zehant
  • über hof und über lant, 14090
  • ich haete iu geraten daz
  • durch die schulde und durch den haz,
  • daz er mir minen ceheim sluoc.
  • da würde rede von gcnuoc,
  • diu mir laster baere 14095
  • und iu kein ere waere.
  • 14073 unmceren swv. hier trans., für unmcere ansehen, verschmähen;
  • vgl. zu 14Ui»d. — 14078 entwic/ien stv. hier mit du>- an, in etwas, hierin
  • uacligeben, sich darein schicken. — 14079 verrate adv. superl. von verre,
  • fern, weit, sehr; nhd. : so weit ich es vermag, ao gut ich kann. — 14088 geun-
  • eret part. von uncren; vgL zu 6137. —
  • aOTTFEIED VON STEASSBURG. II. 2. Aufl. 9
  • 130 XXI, LIST WIDER LIST.
  • i'ne gevolge es uiemer,
  • daz ir durch mich iemer
  • iiiwer friuut geunmseret
  • oder ieman beswaeret .14100
  • und hazzet durch den willen min,
  • dem ir genasdic sület sin.
  • Ouch sult ir iuch versinnen,
  • und keret ir von hinnen,
  • wer beschermet iuwer zwei länt? 14105
  • diu enstant in eines wibes hant
  • noch wol noch frideliche.
  • swer zweier künicriche
  • reht' und nach eren pflegen sol,
  • der bedarf sinn* unde herzen wol: 14110
  • so enist in disen zwein landen
  • äue mi'nen hern Tristanden
  • dehein herre, läzet ir in da bi,
  • daz er den landen frume si.
  • an' in so kumet da niemen zuo, 14115
  • dur den man läze oder tuo.
  • ist daz urliuges not geschiht,
  • des man sich alle tage versiht
  • (355) und z'allen ziten muoz versehen,
  • so mag ez lihte also geschehen, 14120
  • daz uns da misselinget an;
  • so wirt mir min her Tristan
  • mit itewiz' und mit archeit
  • dick' under öugen geleit;
  • so wirt des m^eres vil gelesen: 14125
  • «waere Tristan hie gewesen,
  • uns enwsere niht ze dirre frist
  • so misselungen, alse ez ist.«
  • 14099 geunmaren swv., verst. unmccren , hier in etwas anderem , nämlich
  • nocli stärkerem Sinne als kurz vorher: geringschätzig behandeln, wohl
  • kaum mit dem mhd. \Vb. II, 1, 70 uin Übeln Ruf bringen.»
  • 14107 frideliche adv., (friedlich), hier anders als in V. 6401 : unter/r/de,
  • geschützt, sicher. — 14114 frume ist nicht adject. , sondern subst. : ein
  • Nutzen, ein Vortheil, d. h. zum Vortheil sei. — 14115 zuo konien stv.. vielleicht
  • Lier wie das einfache komen mit einem Adverbium (vgl. zu 5694. 17338) und
  • dem Dat.: dazu passen? oder nach Bech : «dahin gelangen, dahin bringen
  • (daß man um seinetwillen lasse oder thue, d. h. sich nach ihm füge, ge-
  • horche),» — 14124 ander ougea legere, vorhalten [vgl. unter die Nase rei-
  • ben]. — 14125 die Wendung mcEre lesen i?,t sprichwörtlich; lesen steht hier
  • ähnlich wie in V. 134 in der Bedeutung: erzählen, sprechen. —
  • XXI. LIST WIDER LIST. 131
  • uml werdent mir Jan alle
  • mit gemeinem schalle 14130
  • gebende die schulde,
  • ich habe im iuwer hulde,
  • in und in ze schaden, verlorn.
  • herr', ez ist bezzer verborn.
  • versinnet iuch der dinge baz: 1-1135
  • bedenket diz unde daz;
  • eintweder hit mich mit iu varn
  • oder heizet in diu laut bewarn.
  • swie so min herze hin ze im si,
  • er ist mir lieber doch da bi, 141-40
  • danne ob uns ein ander man
  • süm' unde velle dar an.»
  • j
  • Der künec enstuont sich ai zehant
  • daz al ir herze was gewant
  • ze Tristaudes eren 14145
  • und begunde ouch iesa keren
  • an zwivel unde an wän als e.
  • hie von so was er aber dö me
  • versunken unde vervallen
  • wider in die zorngallen. 14150
  • Isöt tet ouch Brangcenen kunt
  • ir beider rede unz üf den grünt
  • und Seite ir wider diz unde daz,
  • daz si nie Wortes vergaz.
  • uiz was Brangfenen sere leit, 14155
  • daz si also hcTte geseit
  • und daz diu rede ergangen was.
  • einen niuwen briet' si'r aber dö las,
  • (356) waz aber ir rede solte sin.
  • 14129 werden mit folg. Part, prses. umschreibt hier wie in V. 870'' das Futurum.
  • — 14134 verbern %t-., hier in passivischer Construction (vgl. zu 25'JO) : unter-
  • lassen werden, unterbleiben. — 14i:?.!) verrinnen verb. rett. hier mit gen.,
  • sich auf etwas besinnen, etwas bedenken, Eath schaffen wie in V. 7924.
  • Hier ist wohl das starke Veibuni anzunehmen. Im mhd. Wb. II, 2, 310
  • sind beide Verben nicht getrennt. — 14142 xiimen swv. hier trans. mit acc.
  • der Person, einen hinhalten, hindern. — oellen swv. (=nhd. in V. 348.
  • 27^«'), hier in allgemeiner Bedeutung: zu Fall, zu Schaden bringen, ver-
  • derben.
  • 141fiO zornyaUe swf., bildlich für: bitterer Zorn; vgl. zu 201ö. —
  • 141,i8 briof le, sprichwörtliche Wendung [ähnlich wie unser : Text lesen]
  • für: Eathschlag ertheilen, etwas vorsagen, mittheilen.
  • 132 XXI. LIST WIDER LIST.
  • Des nahtes, do diu künigin 14160
  • ze ir herren aber släfeu kam,
  • under arme si in nam:
  • si halseteu, si kusten,
  • ze ir senften linden brüsten
  • twanc si in vil harte nähen 14165
  • und begünde aber do vahen
  • wider an ir wortläge
  • mit antwürt' und mit frage:
  • «herre», sprach si «saget mir
  • durch minen willen, habet ir 14170
  • von rehtem ernest üf geleit
  • iuvrer dinc, als ir mir habet gescit
  • von minem hern Tristande,
  • daz ir in wider ze laude
  • wellet senden durch den willen min? 14175
  • möht' ich der rede gewis sin,
  • ich wolte es iu genäde sagen
  • hiut' unde in allen minen tagen,
  • herr', ich getrüwe iu harte wol,
  • als ich wol mac und alse ich sol; 14180
  • doch ist min vorhte hie bi.
  • daz ez gar ein versuochen si;
  • und wiste ich es gewisheit,
  • als ir mir habet vür geleit,
  • daz ir mir woltet fremeden daz, 14185
  • dem ich w£ere gehaz,
  • so erkande ich an dem msere,
  • daz ich iu liep wsere.
  • ich haete lange mine bete,
  • wan daz ich ez ungerne tete, 14190
  • hier umbe gerne an iuch gewant;
  • wan mir ist harte wol bekant,
  • waz mir von ime mac üf erstän,
  • sol ich sin lange künde hau.
  • nu herre, nü bedenket daz 14195
  • 14163 halseten (=Hs. H, W und F; M fehlt) = hals et e, haUte = hel-
  • sete in in Congruenz mit kusten = k:uste in. Weisen swv. trans., umhalsen,
  • swv. (mhd. halsen stv.), herzen. — 141fi6 s. zu «96. — 14167 wortlöge stf.,
  • wörtlich: Wortnachstellung (vgl. 11937), eine Gottfriedische Bildung:
  • verfängliche Rede, «Wortnetz-. Kurtz. — 141S5 fremeden swv., entfrem-
  • den, entfernen. — 14194 künde stf., hier: Bekanntschaft, Umgang. —
  • XXI. LIST WIDER LIST.
  • 133
  • und iedoch uiht durch minen haz
  • sol er uu dirre lande pflegen
  • die wile und ir sit undenvegen,
  • (357) ist, daz iu danne missegät,
  • als lilite an verten üf erstät,
  • so nimet er mir er' unde lant.
  • nu habet ir ez gar erkant,
  • daz mir an ime gewerren kan.
  • nü gedenket ouch dar an
  • ze guote und alse der friunt sol,
  • und Iceset mich, so tuot ir wol,
  • von minem hern Tristande:
  • schicket in wider ze lande
  • oder schaffet, daz er mit iu var,
  • und mich die wile bewar
  • der truhsieze Marjodo.
  • stüend' aber iuwer muot also,
  • daz ir mich mit iu liezet varn,
  • ich lieze hie diu lant bewarn
  • und berihten, swer der wolte,
  • et daz ich mit iu solte.
  • über daz allez so tuot ir
  • mit den landen und mit mir,
  • reht' alse iuch selbe dunke guot:
  • daz ist min wille und min muot,
  • et' ich gedenke dar zuo,
  • daz ich iuwern willen tuo,
  • ich läze ez allez z'einer haut
  • beide liut unde lant.»
  • 14200
  • 14205
  • 14210
  • 14215
  • 14220
  • Sus gie si ir herren losende an,
  • biz daz si'm aber an gewan,
  • daz er den zwivel aber lie
  • und aber von dem wane gie
  • ir muotes unde ir minne
  • und aber die ktiniginne
  • mitalle unschuldic hsete
  • 14225
  • 14230
  • 14l'03 gewerren stv., verst. werren 975. .39S3) , wie ferner in V. 14337, hier
  • mit prsep. an, Schaden erwachsen durch einen. — 14216 et daz, dummodo.
  • — 14221 et ist auch hier Conjunction: wenn nur. — 14223 z' einer hant
  • UUen, hei .Seite lassen, gleichgültig erachten.
  • 134 XXI. LIST AVIDEE LIST.
  • vor aller slalite iintaete.
  • den truhssezen Marjodo
  • den hsete er aber mitalle do
  • ze einem lügensere, 14235
  • doch er im diu wären msere
  • und die reliten wärbeit
  • von ir hrete geseit.
  • 14235 hahen j? = halten für.
  • XXII.
  • ME LOT.
  • Der Trucbscß versucht es nun auf andere Weise. Er gewinnt den
  • Zwerg Melot, der die Königin Und Tristan beobachten und ausforschen
  • solle. Dieser überzeugt sich avich von ihrer Liebe und entdeckt es dem
  • Könige. Um die Wahrheit noch näher zu erkunden, bittet Marke seinen
  • Neffen, sich von den Frauen fern zu halten. Die Liebenden können den
  • Schmerz über ihre Trennung nicht verbergen. Um sie zu versuchen, be-
  • gibt sich Marke zur Jagd auf zwanzig Tage und empfiehlt dem Zwerge,
  • auf der Lauer zu sein. Tristan bleibt daheim, weil er siech sei. Bran-
  • gajne gibt ihm den Itath, er solle, um mit Isolt heimlich zusammenzu-
  • kommen, in ein Bächlein, welches an der Kemenate vorbeiflog, zu gelege-
  • ner Zeit Späne, mit T und I bezeiciinet, als Liebesboten werfen, dann
  • werde sie am Brunnen beim Ölbaume erscheinen. Achtmal treffen sie sich
  • 80, von keinem bemerkt. Aber eines Nachts wird doch einmal der Zwerg
  • den Tristan gewahr, wie er mit einer ihm unbekannten Prau zusammen-
  • steht. Andern Tages bringt er ihm Grüße von der Königin , sie sei um
  • iiin in großen Sorgen, er möge sie am bewussten Orte und zu gewohnter
  • Zeit sprechen. Tristan entgegnet, er träume wohl und jagt ihn von dannen.
  • (3o8) ^'^ (jg^jj (jgj, trubsaeze sach,
  • daz sines willen niht gescbacli, 14240
  • er versuochtc cz aber anders wä.
  • ein getwerc was in dem bove da,
  • daz selbe solte namen bän
  • ]\Iel6t petit von Aquitän
  • und kuude ein teil, also man gibt, 14245
  • umbe verbölne gescbibt
  • H242 getwerc, Zwerg stn. (das einfache twerc stm. und stn. ist selte-
  • ner). — 142-J4 petit (oder petit?) adj. franz.. klein; vgl. ir>8ul. — 14246 f/e-
  • ■scfii/it stf., (^Geschichte), Sache, Ding, verholne ffescfi., Geheimnias. —
  • 136 XXII. MELOT.
  • an dem gestirne iiahtes sehen.
  • i'ne wil ab nihtes von ihm jehen,
  • wan alse ich'z von dem buoche nim.
  • nnne vinde ich aber niht von im 14250
  • an dem waren msere,
  • wan daz ez kündic "wsere,
  • listic unde rederich.
  • daz was dem ktinege heinlich
  • lind oiich der kemenäten. 1-1255
  • mit dem begunde er raten ,
  • swenn' ez zen fronwen kaeme,
  • daz ez da war n?eme
  • Tristandes imde der künigin;
  • möht' ez im dar zuo guot gesin, 34260
  • daz man die wären künde
  • der minne an in befünde,
  • ez hsete es iemer mere
  • wider Marken Ion und ere.
  • Da kerte oiich ez spät' unde fruo 14265
  • sine lüge und sine läge zuo:
  • ez leite sine väre
  • an rede und an gebäre
  • ze iegelichen stunden
  • und haete ouch schiere erfunden 14270
  • die liebe an den gelieben zwein;
  • wan si hseten under ein
  • so süeze gebserde,
  • daz Melot die bewserde
  • der minnen al zehant da vant 14275
  • und Seite ouch Marken al zehant,
  • daz benämen da minne wsere.
  • sus triben si dri diz msere,
  • (359) Melot und Marke und Marjodo,
  • biz si ünder in gevielen dö 14280
  • mit gemeinem rate dar an,
  • 14247 gestirne stn. collect, zu sterne, die Sterne, der gestirnte Himmel [nhd.
  • Gestirne beschränkter = Sternbild]. — 14252 Mnrf/c adj., (kundig), listig.—
  • 14253 li>itic adj. kommt hier unserm : listig nahe. — 14255 kemenäfe swf.,
  • vorzugsweise das Frauengemach, entspricht hier ganz dem «Frauenzimmer»
  • der Rococozeit; gemeint ist die Königin und ihr weiblicher Hofstaat. —
  • 14260 vgl. zu 1234. — 14261 lünde hier wohl pl., Kunden, Zeichen, Beweise.
  • 12466 läge stf., hier nicht einfach: Lüge, sondern: Lügenhaftigkeit,
  • Verlogenheit; hier l. und läge leeren, in V. 14372 l. u. l. legen.
  • XXII. MELOT.
  • IM
  • würde min her Tristan
  • von dem liove gescheiden,
  • man mühte an in beiden
  • die Avärheit ofFenbsere sehen.
  • 14285'
  • Xu diz was al zehant geschehen,
  • reht' alse ez wart geraten da:
  • der künec bat sinen neven iesä
  • durch sin selbes ere,
  • daz er deheine kere
  • zer kemenäten naeme
  • noch niemer da hin kaeme,
  • da der frouwen keiniu waere :
  • der hof der tribe ein maere,
  • man wolte es hüetende sin,
  • da von im unde der künigin
  • leit unde laster möhte enstän.
  • nu diz was al zehant getan,
  • daz er gebot und des er bat.
  • Tristan meit iegeliche stat,
  • da der frouwen heinliche was.
  • kemenäten unde palas
  • da enkom er niemer in.
  • daz Ingesinde daz nam sin
  • und siner fremede groze war:
  • si redeten ime ze leide dar
  • vil übel und anders danne wol.
  • sin oren wurden dicke vol
  • mit iteniuwem leide.
  • 142 90
  • 14295-
  • 1430a
  • 14305
  • Er unde Isot, si beide
  • si triben die zit mit sorgen hin.
  • triur' unde klage was under in
  • in micheler unmüezekeit.
  • si haeten leit unde leit:
  • leit ümbe Markes arcwän;
  • leit, daz si niht mohten hän
  • deheine State under in zwein,
  • daz si geredeten enein.
  • (360) ietwederem begunde
  • von stünde ze stunde
  • 14310^
  • 14315-
  • 1432(>
  • UZ05 fremede stf., hier : Entfremdung, Entfernung, Zurückgezogenheit.
  • 138
  • XXII. MELOT.
  • herz' unde kraft gpswichen;
  • bleichen unde blichen
  • begunde ir varwe unde ir lip:
  • der man bleichete durch daz wip,
  • daz wip bleichete durch den man;
  • durch isote Tristan,
  • durch Tristanden Isot:
  • daz tete in beiden michel not.
  • es wunderet mich kleine.
  • was ir not gemeine
  • und ir leit ungescheiden;
  • ez enwäs ouch an in beiden
  • niwan ein herze unde ein muot:
  • ir beider übel, ir beider guot,
  • ir beider tot,, ir beider leben
  • diu wären alse in ein geweben:
  • swaz ir dewederem gewar,
  • des wart daz andere gewar;
  • swaz so dem einem sanfte tete,
  • des enpfant daz ander au der stete.
  • si wären beide under in zwein
  • mit übele und mit guote al ein:
  • ir gemeiniu herzesw?ere
  • diu wart so schinbsere
  • undör ir beider ougen,
  • daz man vil kleine lougen
  • der minnen an ir varwe vant.
  • U325
  • 14330
  • 14335
  • 14340
  • 14345
  • Und Marke enstuont sich al zehant
  • und kos wol an in beiden,
  • ir fremeden unde ir scheiden
  • daz in daz an ir herze gie;
  • Westen si wä oder wie.
  • 14350
  • 14322 bleichen swv., bleich werden [nhd. beschränkter], hier verbun-
  • den mit blichen stv., bleichen, erblassen. — 14344 schinbcBre adj., ^schein-
  • bar), offenbar. — 14346 lougen ist hier Substantiv, wie in V. 17708,
  • darum wohl auch in der Wendung äne lougen 11224 Subst., nicht subst.
  • Infin., letzteres nur insofern, als lougen überhaupt wie leben stn. , icesen
  • stn. infinitivisches Subst. ist. Die Bedeutung von lougen, welches Gott-
  • fried im letzten Theile des Gedichts öfters anwendet, ist nicht leicht
  • durch ein einzelnes modernes Wort poetischer Gattung wiederzugeben.
  • Hier wie in jener formelhaften Wendung ^= Zweifel ; vil kleine ^^kleinez l.
  • für: die sichere Wahrheit, den Beweis.
  • 14350 fremeden swv. subst. inf., hier intrans. in der Bedeutung von
  • fremede in V. 14305, Entfernung. —
  • XXII. MELOT.
  • 139
  • bi sjclien gerne ein ander,
  • ein ursuoche vander
  • und hiez an den stunden
  • die jägere mit den hunden
  • ze \valde sich bereiten,
  • er enbot in nnde soiten
  • (361) und liicz oucli in den liof sagen,
  • er wolte zweinzic tage jagen,
  • sw6r mit gejägede künde
  • oder swer so sine stunde
  • da mite vertriben wolte,
  • daz sich der reiten solte.
  • iirloup nam er zer künigin
  • und liiez si nach ir willen sin
  • da heime frolich unde frö.
  • verJiolne bevalh er aber do
  • dem getwerge Meldte,
  • daz ez Tristaud' unde Isote
  • ZUG ir tougenheite
  • lüge linde läge leite,
  • ez genüzze es iemer wider in.
  • er selbe fuor ze walde hin
  • ^ mit michelme geschelle.
  • 14355
  • 14360
  • 14305
  • 14370
  • 14375
  • Sin weidegeselle
  • Tristan beleip da heime
  • und enbot dem oeheime,
  • daz er siech wrere.
  • der sieche weiden^ere
  • weit' euch an sine weide,
  • er unde Isot, si beide
  • beliben an ir triure
  • und suochten äventiure
  • in anclichcr trabte,
  • mit wie getaner ahte
  • daz iemer künde geschehen
  • 14380
  • 14385
  • 14:{.')4 ursuoche stf., hier: Versuchung; vgl. 15120. — 143G1 gejägede stn.,
  • Jagd, Jägerei; vgl. 17624. — A(/«//('/t mitprsep. naV, sich auf etwas verstehen ;
  • vgl. zu 2^UG. — 14:564 reiten svw. refl. liier einfach, sich rüsten; vgl. zu 411. —
  • 14365 zer künigin , bei der Königin, und insofern: von der Königin. —
  • 14373 n-ider in wie in V. 14264, ilim gegenüber, von seiner Seite.
  • 14380 tL-eidenwre stm., Jäger, hier wieder lialb bildlich wie vorher
  • n-eidegcselle und im folgenden A'erse weide. — 143?6 ivie getan part. adj.,
  • wie beschaffen , welch ; vgl. sus getan 977. —
  • 140 XXII. MELOT.
  • daz si sich mühten gesehen,
  • nune künden si'z ertrahten nie.
  • Under disen dingen gie 14390
  • Brangajne ze Tristande,
  • wan si vil wol erkande,
  • daz sin herzesw?ere
  • vil nähe gende wsere.
  • si klagete im unde er klagete ir 14395
  • «ä reine», sprach er «saget mir,
  • welch rät gewirdet dirre not?
  • wie gewirbe ich und diu arme Isot,
  • (362) daz wir sus niht verderben?
  • i'ne weiz, wie wir gewerben, 14400
  • daz wir behalten unser leben.»
  • «Waz rätes mag ich iu gegeben?»
  • sprach aber diu getriiiwe
  • «daz ez got iemer riuwe,
  • daz wir ie würden geborn! 14405
  • wir haben elliu driu verlorn
  • unser fröude und unser ere:
  • wir enkomen niemer mere
  • an unser friheit als e.
  • isot owe! Tristan owe! 14410
  • daz ich iuch mit ougen ie gesacli
  • und allez iuwer ungemach
  • von mir üf erstanden ist!
  • und enweiz nu weder rät noch list,
  • da mite ich iu gehelfen müge: 14415
  • i'ne kän niht vinden, daz iu tüge.
  • ich weiz ez alse minen tot,
  • ir kumet es in groze not,
  • belibet ir iht lange
  • in huote und in getwange. 14420
  • Sit ez niht bezzer mac gesin,
  • so volget doch dem rate min:
  • nu meine ich und ze dirre zit,
  • die wile ir uns sus fremede sit,
  • als ir des werdet gewar, 14425
  • daz iu diu State widervar,
  • 14389 ertrahten swv., durch tralite finden , ersinnen,
  • 14396 reine adj., nicht in unserm Sinne: rein, keusch, sondern: edel,
  • trefflich; vgl. 14652.
  • XXII. MELOT.
  • 141
  • so nemet ein oleboumes ris
  • und snidet spaene in lange wis
  • und zeichent die mit nihte me,
  • wan machet einhalp ein T
  • und machet anderhalp ein I,
  • daz niwan der erste buochstap si
  • von iuwer beider namen dar an ,
  • und leget da weder zuo noch van
  • und get ze dem boumgarten in;
  • ir wizzet wol daz bächelin,
  • daz von dem brünnen da gät,
  • hin da diu kemenäte stät:
  • (363) dar in s6 werfet einen spän
  • und lät in fliezen unde gän
  • hin vtir der kemenaten ttir;
  • da gän wir z'allen ziten vür
  • ich und diu fröudelöse Isöt
  • und weinen unser herzenöt,
  • als wir in danne ersehen da,
  • da bi erkennen wir iesä,
  • daz ir da bi dem brunnen slt,
  • dii der oleboum schate git.
  • da wartet unde nemet war:
  • diu senede gät ie zuo z'iu dar
  • min frouwe und iuwer friundiu
  • und ich ouch, alse ez mac gesin
  • und ez an iuwerm willen ist.
  • herre, diu selbe kurze trist,
  • die ich noch ze lebene hän,
  • diu sol mit iu zwein hine gän,
  • daz ich iu beiden gelebe
  • und iu ze lebene rät gegebe,
  • solt' ich unib' eine stunde,
  • in der ich iu zwein künde
  • ze iuwern fröuden geleben,
  • miner stunde tüsent geben:
  • ich vorköufte alle mine tage,
  • ichn gesenfte iu iuwer klage.»
  • 14430
  • 14435
  • 14440
  • 14445
  • 14450
  • 14455
  • 14460
  • 14428 in lange wis, auf lange Weise, d. h. länglich; der Länge nach.
  • — 1443(1 fg. pinhalp, ander/ialp adv., auf der einen, der andern Seite; vgl.
  • zu 2bl'2. 11189. — 14463 vcrkou/cn swv., hier: hingeben, Oi^fern; in V. 3776
  • = nhd. — 14464 gp.'<<>n/te^=i/esen/tele von gcsen/ten, verst. seu/ten, trans.,
  • besänftigen, lindern; vgl. 2459,
  • 142
  • XXII. :m£lot.
  • «Genäiie, schcene!« sprach Tristan
  • «i'ne hau da keinen zwivel an,
  • an in si triiiwe und ere;
  • der zweier wart nie mere
  • in einem herzen begraben,
  • solt' ich deheine saelde haben,
  • die solte ich in wol keren
  • ze fröuden und ze eren.
  • swie kumberliche ez aber nu ste,
  • swie kume so min schibe ge,
  • west' ich, wie ich nu künde
  • mine tage und mine stunde
  • ze iuwern fröuden hin gegeben,
  • ich wolte ouch deste kurzer leben:
  • (oG4) des getriiwet unde geloubet mir!»
  • weinende sprach er aber z'ir:
  • «getriuwe, s^eligez wip!»
  • hie mite twanc er si an sinen lip
  • mit armen nahe und ange:
  • ir ougen unde ir wange
  • kust' er mit maneger quäle
  • dick' und ze manegem male,
  • «schcene», sprach er «nü tuet wol,
  • und alse der getriuwe sol,
  • und läzet iu bevolhen sin
  • mich und die seneden sorgserin,
  • die sselegen Isote;
  • bedenket ie genöte
  • uns beidiu samet, si unde mich.»
  • «gerne, herre, daz tuen ich;
  • gebietet mir, nu wil ich gän.
  • tuet, alse ich iu geraten hän,
  • und sorget niht ze sere. »
  • ugot si, der iuwer ere
  • und iuwern schcenen lip bewar!»
  • ßrang?ene neic weinende dar
  • und gienc trü'rende chin.
  • 14465
  • 14470
  • 14471
  • 14480
  • 14485
  • 14490
  • 14495
  • 14500
  • 14469 begraben stv., bildlich: eingraben; Hagen setzt erklärend hinzu:
  • «wie Buchstaben 0 ; in dieser Bedeutung hätte Gottfried wohl ergraben ge-
  • wählt (vgl. 16724 und zu 2225) oder das einfache gegraben (part.), wie auch
  • Hs. H haben soll nach Groote's Angabe. Ich fasse dagegen begrabene
  • versenken, einpflanzen. Sollte ein Doppelsinn beabsichtigt sein, so würde
  • ihn das nhd. «eingraben« erreichen, welches auch Simrock anwendet.
  • XXII. MELOT.
  • 143
  • Der trürige Tristan
  • der sneit und warf die sp^ene,
  • als ime sin rät Brangaeue
  • ze sinen dingen lere bot.
  • sus kom er und sin frouwe Isöt
  • zem brunnen an des boumes schate
  • vil heinlicli und ze guoter State
  • in ahte tagen wol ahte stunt,
  • däz ez nie nieman wart kunt,
  • noch ez kein ouge nie gesacb.
  • wan eines nahtes ez gescbach,
  • dö Tristan aber des endes gie,
  • dö wart sin ]Mel6t, i'ne weiz wie,
  • daz vertane getwerc,
  • des välandes antwerc,
  • von ungelücke gewar
  • lind sleich allez nach im dar
  • (365) und sach in zuo dem boume gän
  • und niht vil lange da bi stän,
  • und daz ein frouwe zuo z'im gie
  • und er die nähe zuo z'im vie.
  • wer aber diu frouwe waere,
  • des was er ungewsere.
  • 1450^
  • 145l(>
  • 1451ä
  • 14ö2(>
  • Do des andern tages wart, ]4ö2t>
  • Melot sleich aber üf sine vart,
  • ein lützel vor dem mitten tage,
  • und haete mit välschlicher klage
  • und mit vil arger äküst
  • wol understözen sine brüst 14530
  • und kom ze Tristande hin:
  • (i entriuwen » , sprach er «herre, ich bin
  • mit sorgen her gegangen,
  • 14.^1« anfvcrc stn. , die Maschine, das Handwerkzeug [Handwerk
  • öfters aus aw^«v/v entstellt und niissverstanden], hier bildlich : «das Werk-
  • zeug in des Teufels Hand.n Kurtz, dem Simrock wiederum nachschreibt.
  • — 14.M7 ron ungdücke, unglücklicherweise. — 14524 xnjeu-xre adj. mit gen.,
  • ungewiss einer Sache.
  • 14.^30 undfirstihen stv. mit acc, unter etwas stoßen, schieben; diese
  • ■wörtliche Erklärung im mhd. \Vb. II, 2, üöC Groote dagegen mit Verwei-
  • sung auf sfozen: (entzünden, anstecken, leidenschaftlich anregen»;
  • Hagen: « unter futtern». Kurtz: «verpolstert», Simrock lialb abschreibend :
  • (gepolstert". Diese letzten Fassungen sind wohl richtig: ?/nrf^/- hat manch-
  • mal auch die Function von: hinein, und stozeti ist= stecken, understözen
  • al60 = liineinsteckeu, vollstopfen. —
  • 144: XXII. MELOT.
  • wan ir sit so bevangen
  • mit merke und mit väre, 14535
  • daz ich mich her zewäre
  • verstolen hän mit maneger not,
  • und daz mich diu getriuwe Isot,
  • diu tugenthafte künigin,
  • erbarmet in dem herzen min, 14540
  • diu leider nü ze dirre frist
  • durch iuch in grozen sorgen ist;
  • diu bat mich da her zuo z'iu gän,
  • wan si anders niemen möhte hän,
  • der ir ze disem maere 14545
  • also gevellic waere.
  • si bat mich unde gebot mir,
  • daz ich iuch grüozte von ir
  • und daz von herzen ta^te
  • und iuch vil verre bsete, 14550
  • daz ir si noch gesprechet da,
  • i'ne weiz, ir wizzet wol wä,
  • da ir nähest bi ir wäret,
  • und ouch vil rehte väret
  • der selben stunde unde der zit, 14555
  • als ir gewon ze komenne sit.
  • i'ne weiz, wes s' iuch da warnen sol.
  • und sult ir mir gelouben wol,
  • (366) ir leit und iuwer ungemach,
  • daz mir nie leider geschach, 14560
  • dan mir geschehen ist dar an.
  • nu herre min, her Tristan,
  • ich wil varn, gebietet mir;
  • swaz ir weit, daz sage ich ir.
  • i'n getär hie langer niht gesin: 14565
  • daz hovegesinde, würde ez min
  • an dirre verte innen,
  • ich möhte es schaden gewinnen,
  • si jehent doch alle und ist ir wän,
  • swaz under iu zwein ist getan, ' 14570
  • daz allez si mit mir geschehen.
  • des wil ich hin ze gote jehen
  • und hin z'iu beiden, daz ez nie
  • mit deheinem miuem rate ergie.»
  • 14571 mit pr£ep, hat hier die Bedeutung: im Beisein, vermittelst, durch. —
  • XXII, MELOT. 145
  • (■friunt, troumet iu?» sprach Tristan 14575
  • owaz maere tribet ir mich an?
  • waz ist der hoveliute wän?
  • waz hat min frouwe und ich getan?
  • Üz! strichet balde in gotes haz!
  • und wizzet wierliche daz, 14580
  • swes iemen waenet oder giht,
  • liez' ich ez allermeiste nilit
  • durch min selbes ere,
  • irn geseitet niemer mere
  • hin wider ze hove maere, 14585
  • waz iu hie getroumet waere.»
  • 14ö7'> an irV>en mit acc. der Person und der ^dLQ\\Q=etev:az fr. an einen,
  • etwas gegen einen vollführen; vgl. 6^32, Hier die Wendung ; welche Reden
  • {iva: rna:re gen. pl.) fülirt ihr gegen mich? — 14579 uz gehört wohl nicht
  • zu strichet, sondern ist nach Y. 5449 selbständige Interjection: hinweg!
  • (etwa^Marscli! ) So fasst es auch Maßmann, -während Hageu ohne Inter-
  • punction schreibt uz str. balde, i. g. h. ! Groote iuterpungiert gar nicht und
  • schreibt im Glossar: (.i-uzstrichen , von dannen ziehen, uzstricliet in gotes
  • haz, fahrt zur Hölle. « Wie Hagen, so setzt auch Maßmauu nach balde
  • Komma; wenn auch in gotes haz als selbständiger Ausruf stehen kann, so
  • glaube ich doch, daß hier das Yerbum mit dem Adverbium f^akl'' damit zu
  • verbinden ist. Die Übersetzer folgen Maßmann's Interpunctiou. Hagen
  • und Maßraann setzen nach Hs. W streichet statt strichet, natürlich fehler-
  • haft ; vgl. zu 2559.
  • OOTTFKIBD VON STBASSBUßO. ir. 2. Aufl. 10
  • XXIII.
  • . BELAUSCHTES STELLDICHEIN.
  • ZMelot sucht den König auf und berichtet ihm, was beim Brunnen
  • geschehen ; er solle die Liebenden dort zur Nachtzeit belauschen, Marke
  • und Melot setzen sich in Ermangelung eines andern Versteckes auf einen
  • Ölbaum in der Nähe des Brunnens. Tristan kommt, lässt seine Boten
  • fließen und gewahrt dann im Mondenscheine die Schatten der beiden
  • Lauscher. Als Isot sich naht, bleibt er gegen seine Gewohnheit stehen.
  • Sie wird auf eine GJ-efahr aufmerksam und erblickt drei Mannesschatten
  • und vermuthet sofort, daß ihr Gemahl in der Nähe sei. Sie redet Tristan
  • aus der Ferne an. Nur auf Brangfenens Eath sei sie hier erschienen,
  • um seine Klage zu vernehmen. Sie beide seien miteinander in das Ge-
  • rede gekommen, aber sie liebe nur den Mann, welchem die erste Rosen-
  • blüte ihres Magdthums geworden sei. Mit Unrecht misstraue ihr der
  • König. Sie habe in Tristan nur den Verwandten ihres Gemahls geehrt,
  • und jetzt werde ihr das übel gedeutet. Tristan bittet, sie möge den König
  • bewegen, seinen grundlosen Zorn mindestens noch die letzten acht Tage
  • 2U verbergen bis zu seiner Abfahrt, damit es nicht heiße, Tristan sei in
  • Ungnaden geschieden. Isolt versagt das; sie könne zu nichts rathen, wa&
  • zu Tristan's Gunsten sei; sie verstärke nur dadurch den Argwohn des
  • Königs. Sie versichert Tristan ihres Mitleids, später wolle sie ein gutes
  • Wort für ihn einlegen. Tristan dankt und empfiehlt sie der Gnade des
  • Kimmeis. Unter Seufzen scheiden sie.
  • Der König, nun fest überzeugt von Tristan's und Isoldens Unschuld,
  • zürnt dem Zwerge wegen seiner Verläumdung. Sie kehren zur Jagd zurück^
  • die der König Tags darauf wieder verlässt. Er fragt die Königin nach
  • Tristan. Isolt bringt dessen Klage vor, wie sie Marke vom Baume herab
  • vernommen. Er erklärt, seinen Verdacht aufgeben zu wollen, Tristan
  • solle bleiben, und die Königin wird wieder seiner Obhut anvertraut.
  • Melötgie dan und reit zehant
  • ze walde, da er Marken vant.
  • vür war er ime dö seile,
  • daz er der wärheite 14590
  • ze ende wsere komen da;
  • und seile ime wie unde wä
  • XXIIl. BELAUSCHTES STELLDICHEIN.
  • 147
  • als ez zem brimiien was geschehen:
  • t'ir müget die wärheit selbe sehen»,
  • sprach Melot uherre, wellet ir,
  • ze naht so ritet ir mit mir:
  • i'n versihe mich keines (liuges baz,
  • swie so si gefüegen daz,
  • (367) sine körnen noch hinaht beide dar,
  • SU müget ir selbe nemen war,
  • wie si gewerben under in.»
  • 14595
  • 14600
  • Der künec reit mit Meldte hin
  • sines herzeleides warten,
  • nu si in den boumgarten
  • bi nahtzite kamen, 14605
  • ir gewerbes war genämeu,
  • done vant der künec noch daz getwerc
  • deheine stat noch kein geberc,
  • daz in reht unde gebsere
  • zuo ir läge wffire. 14610
  • nu stuont da, da der brunne tioz ,
  • ein olboum, der was mäze groz,
  • nider ünde doch billiche breit,
  • da zno täten s' ir arbeit,
  • daz si uf den beide gestigen: 14615
  • üf dem säzen s' unde swigen.
  • Tristan, do'z nähtende wart,
  • er sleich aber iif sine vart.
  • nu er in den boumgarten kam ,
  • sine böten er ze banden nam
  • und leite s' in die giezen
  • und lie si hine tliezen.
  • die Seiten ie genöte
  • der seneden Isote,
  • daz ir geselle waere da.
  • Tristan giene über den brunnen
  • da beide schate unde gras
  • von dem oleboume was.
  • sa,
  • 14620
  • 14625
  • ^ 1460S ijeberc stu., (Verbergung), Versteck, Schlupfwinkel. — 14615 ge-
  • stt'j' n ßtv., veret. sttgen.
  • ]4^')2l fiiezfn acc. pL von gieze swm., Wasser, Bach. — 14627 fg. der
  • Satz ist grammatisch pedantisch zu construieren da schate von dem ole-
  • bourne unde gras was; die naheliegende Änderung cor dem oleö. ist ge-
  • wagt. Nach Gottfried's Redeweise soll gesagt sein : im Grase war der
  • 10*
  • 148
  • XXIII. BELACJSCHTES STELLDICHEIN.
  • aldä gestuont er tralitende,
  • in siiiem herzen ahtende
  • sin tougenlichez uugemacli.
  • sus kom, daz er den schale gesach
  • von Marke und von Mek>te,
  • wan der mane ie genote
  • durch den boum hin nider schein,
  • nu er des schales von in zweiu
  • bescheidenliche wart gewar,
  • nu hsete er michel ang'est dar,
  • (368) wan er erlvande sich iesä
  • der väre unde der läge da:
  • «got herre», dähte er wider sich
  • «beschirme Isote unde mich!
  • ist, daz si dise läge niht
  • bi diseme schate enzit ersiht,
  • so gät si vür sich her ze mir.
  • geschult ouch daz, so werden wir
  • ze jämer und ze leide,
  • got herre, habe uns beide
  • durch dine güete in diner pflege!
  • bewar Isote an disem wege:
  • beleite sunder alle ir trite;
  • warne die reinen etswä mite
  • dirre läge und dirre archeit,
  • die mau üf uns zwei hat geleit,
  • e si iht gespreche oder getuo,
  • da man iht arges denke zuo.
  • ja herre got, erbarme dich
  • über si und über mich!
  • unser ere und unser leben
  • daz si dir hinaht ergeben.»
  • 14630
  • 14635
  • 14640
  • 14645
  • 14650
  • 14655
  • 14660
  • Sin fröuwe diu künigin
  • unde ir beider friundin,
  • Brangsene diu reine,
  • si zwo si giengen eine
  • Tristandes boten warten
  • 14665
  • Schatten vom Ölbaum. So fasst es auch richtig Kurtz, dem Sirarock wie-
  • der fast wörtlich nachschreibt, scltute unde gra^ steht wde eine Zusammen-
  • setzung: Grasschatten oder für den Begriff: beschattetes Gras. — 14637 be-
  • scheidenliche adv., hier: deutlich. — 14651 beleiten swv. =geleiten, leiten,
  • behüten.
  • XXIII. BELAUSCHTES STELLDICHEIN- 149
  • in ir jamergarten,
  • in dem si z'allen stuiulon,
  • so si vor vare künden,
  • ir jämer klageten under in.
  • da giengen si her iinde liin 14670
  • trurende iinde klagende,
  • ir senenia.n'e sagende,
  • viel schiere wart Brangrene
  • der boten unde der spaene
  • in der flieze gewar: _ 14675
  • ir frouwen wincte si dar.
  • Isöt diu vie si und sach sie an,
  • si las Isot, si las Tristan;
  • (369) si nam ir mantel al zehant,
  • umhe ir houbet si den want 14C80
  • und sleich durch bluomen und durch gras ,
  • hin da boum unde bruune was.
  • nu daz si kom so nähen,
  • daz si beide ein ander sähen,
  • Tristan stuont ällez ze stete, 14685
  • daz er doch nie da vor getete:
  • sine körn e mäles zuo z'im nie ,
  • ern gienge verre gegen ir ie.
  • Xu^ wunderte isöte
  • sere unde genate, 14690
  • waz dirre nijere wsere:
  • ir herze daz wart swiere.
  • si begiinde ir houbet nider län
  • und vorhtliche gegen im gän.
  • der verte si gröz angest nam. 14695
  • nu si also lise gende kam
  • dem boume ein lützel näher bi,
  • nu gesäch si mannes schate dri
  • und weste niuwan einen da.
  • hie bi verstuont si sich iesä 14700
  • der läge unde der väre
  • und euch an dem gebäre,
  • den Tristan hin ze ir haete.
  • 140S5 cc stel*', auf der (selben) SteHe; -ganz stet und stille». Kurtz.
  • « unbeweglich». Sirarock.
  • 147UU cerstati refl. hier mit gen., etwas merken; vgl. zu 7502. —
  • 150
  • XXIII. BELAUSCHTES STELLDICHEIN.
  • «ä dirre mortraete ! <>
  • gedähte si «waz wirdet der?
  • waz brähte dise läge her?
  • benamen min lierre der ist hie bi,
  • swä er hie bi verborgen si.
  • ich wsene ouch, wir verraten sin.
  • bescherme uns, herre trehtin!
  • hilf uns, daz wir mit eren
  • von hinnen mtiezen keren;
  • herre, bewar in unde mich!»
  • nu gedahte s' aber wider sich:
  • «weiz Tristan dise ungeschiht
  • oder enweiz er ir niht?»
  • nü bedühte si zehant,
  • daz er die läge hsete erkant,
  • (370) wan si'n in den gebaerden sach.
  • U705
  • 14710
  • 14715
  • Si stuont von verre unde sprach;
  • «herre Tristan, mir ist harte leit,
  • daz ir miner tumpheit
  • so gewis und alse sicher sit,
  • und daz ir mir ze dirre zit
  • deheiner spräche muotet.
  • daz ir iuwer eren huotet
  • wider iuwern oeheim unde mich,
  • diu rede diu füegete sich
  • und stüende iuwern triuwen baz
  • und minen eren danne daz,
  • daz ir so spsetiu teidinc
  • und BUS getanen hselinc
  • üf leget und ahtet her ze mir.
  • nu sprechet an, waz wellet ir?
  • ich stän mit ängesten hie,
  • wan mich es Brangaene niht erlie.
  • 14720
  • 14725
  • 14730
  • 14735
  • 14704 mortrcete gen. pl. von morfrat stm., Mordanschlag. — 147Ö5 werden
  • mit gen. {der mortrcete) in solchen Fragesätzen mit ii:az entspricht unserm:
  • daraus werden, geschehen mit. . ., sollen mit...; vgl. 15627 und zu 11595.
  • 11725 rnuoten swv. hier mit gen. und dat., von einem etwas wünschen
  • (vgl. zu 5681), anstreifend an: einem etwas zumuthen. — 14726 daz conj.,
  • liier wieder: indem, wenn. — huotet ist sicher der Conj. prset. von hüeten =
  • hütetet; vgl. 6050, wo auch der Conj. eher anzunehmen ist als der Indic. —
  • 14733 aJtten swv., hier synonym mit vf legen: aussinnen, dann ziemlich:
  • ansinnen, beantragen. — lier ze mir. eigentlich: gegen mich, an mich,
  • dann: mir gegenüber; vgl. zu 78S2. —
  • XXIII. BELAUSCHTES STELLDICHEIN. 151
  • diu mich es bat und mir ez riet,
  • also si hiute von iu schiet,
  • daz ich her zuo z'iu kseme
  • und iuwer klage verniemc. 14740
  • daz aber ich ir's gevolget han,
  • daz ist vil sere missetän.
  • si sitzet aber hie nähen bi;
  • und ouch swie sicher ich hie si,
  • ich gxhe e doch zewäre 14745
  • durch boeser liute väre
  • ein min lit von miner liant,
  • e iemen wa?re bekant,
  • daz ich hie bi iu wsere.
  • man hat so michel maere 14750
  • von iu gemachet und von mir;
  • si geswüeren alle wol , daz wir
  • vil harte waeren kumberhaft
  • mit valschlicher friuutschaft.
  • des wänes ist der hof vol. 14755
  • nu weiz ez aber got selbe wol,
  • wie min herze hin ze iu ste;
  • und wil ein lützel sprechen me:
  • (371) des si got min Urkunde,
  • und enmiieze ouch miner sünde 14760
  • niemer anders komen abe,
  • wan alse ich iuch gemeinet habe,
  • mit welbem herzen unde wie;
  • und gihe's ze gote, daz ich nie
  • ze deheinem manne muot gewan, 14765
  • und hiute und ienier alle man
  • vor minem herzen sint verspart
  • 14741 vo''jpn in der Kegel im Mhd. mit liahpn construiert. volgen mit dat.
  • und gen., einem in einer Sache folgen. — lAlh'i kwuberliaft adj., hier wohl:
  • belastet. — 14759 urkünd'' hier swm., Zeuge; vgl. 9820. — 14760 müeze
  • elliptisch = ?c/( vi. — 147')1 abe komen mit gen., von etwas loskommen:
  • und ich will sonst nicht selig werden. — 14762 die Construction ist frei,
  • der lebendigen Rede nachgeahmt, wan knüpft an niemer ayiders an, wäh-
  • rend man grammatisch du: erwartet mit einer Erklärung über Isoldeus
  • eigenthümliche Beweise der Zuneigung. Der Vers 14759 steht coordiniert,
  • Kurtz trennt ihn und setzt Doppelpunkt, Simrock ändert noch stärker,
  • er fasst 14759 fg. als Conditionalsatz , dem 14764 fg. als Nachsatz folgt.
  • Paul (S. 13) will ein in V. 14758 streichen oder mindestens in nu verwandeln,
  • dann würde lützel = nicht sein, davon abhängig V. 14762 wan . . . Die Verse
  • 1475.» — 61 kämen in Klammern. Paul übersetzt: «Ich will weiter nichts
  • sagen, außer daß ich sn, wie ich wirklich gegen euch gesinnt gewesen bin,
  • d. h. der Wahrheit gemäß sage, wie ich im Herzen gegen euch gesinnt
  • gewesen bin.>< — 14767 versperren swv. mit procp. vor c. dat., ausschließen
  • von etwas; vgl. vor (adv.) verxperren 7818, —
  • 152 XXni. BELAUSCHTES STELLDICHEIN.
  • iiiwan der eine, dem da v/art
  • der erste rosenbluome
  • von minem magetuome. 147 70
  • daz mich min lierre Marke
  • bewsenet also starke
  • durch iiiwern willen, her Tristan,
  • weiz got da missetuot er an,
  • so gar als er erkunnet hat, 14775
  • wie min herze hin ze iu stät.
  • die mich ze msere habent hräht,
  • weiz got, die sint vil imbedäht;
  • in ist min herze vil unlmnt.
  • ich hän iu himderttüsent stunt 14780
  • friundes gebierde vor getan
  • durch die liebe, die ich hän
  • ze dem, den ich da lieben sol,
  • dan durch valsch, daz weiz got wol;
  • ez wsere ritter oder kneht, 14785
  • so diuhte mich und w£ere ouch reht
  • und erete ouch mich starke,
  • swer minem herren Marke
  • liep oder sippe w?ere,
  • daz ich dem ere bsere. 14790
  • nü verkeret man mir daz,
  • und enwil ich iu doch niemer haz
  • durch ir aller lüge getragen.
  • herre, swaz ir mir wellet sagen,
  • daz saget mir, wan ich wil gän: 14795
  • i'ne mäc niht langer hie gestän.o
  • «Saeligiu frouwe», sprach Tristan
  • ui'ne hän da keinen zwivel an,
  • 147t)i) roseabiuoiue swni., Eoseublume stf., Koseublüte, Knospe; das ein-
  • fache bluoine in ähnlicher Wendung in V. 12647. — 14770 magetuuiu stm.,
  • (Magdthnm stn.), Jungfernschaft ; vgl. zu 12450 und 12408. — 14782 zu dieser
  • Stelle schrieb mir Bech: «hier scheint me zu fehlen; F hat es vor friundes;
  • wegend an in V. 14784, das ich sonst nicht verstehen kann, ist nach meinem
  • Dafürhalten nothweudig ein Comparativ wie me. » Dasselbe macht jetzt
  • Paul (S. 13) geltend und sagt: uoder ist es eine elliptische Redeweise?»
  • Ich glaube letzteres und liabe darum Bech's Erinnerung unbeachtet ge-
  • lassen. Man muß sich nur die Bede laut vorsprechen und das Wort iieöe
  • betonen, so kommt der Sinn auch ohne die grammatische Strenge heraus.
  • Dann wäre es Willkür //te gegen die Hss. zu setzen. — 14789 ^ippe adj.,
  • verwandt; daneben bei Gottfried yesijjpe 10654. — 14791 verktren swv., hier:
  • fälschen, schlecht machen, übel auslegen; etwa: verketzern.
  • XXIII. BELAUSCHTES STELLDICHEIN. 153
  • (372) tlaz ir's die volge hoetet,
  • irn sprechet unde taetet, 1-4800
  • swaz tilgende und ere woere:
  • inine länt iucli lügensere,
  • die iuch mit mir sus hänt bedäht
  • und uns undurften habent bräbt
  • üz mines hcrren bulden 14805
  • mit michelen unscbulden:
  • daz got vil wol erkenneu sol.
  • sseligiu, nü bedenket wol,
  • tugenthaftiu küniginne
  • und nemet in iuwer sinne, 14810
  • daz icb so rehte unschuldic bin
  • wider iuch und wider in,
  • und ratet minem herren daz,
  • sinen zorn und sinen baz,
  • den er mir äne scbuble treit, 14815
  • daz er den dur sine hövescbeit
  • hele linde böveschliche trage
  • niht langer wan dis abte tage.
  • biz daz hab er und habet ouch ir
  • die gebferde her ze mir, 14820
  • als obe ir mir gensedic sit;
  • so bereite ouch ich mich in der zit,
  • daz ich von hinnen kere*.
  • wir Verliesen unser ere,
  • der künec min hcrre, ir und ich, 14825
  • ist, daz ir alsus wider mich
  • gebäret, alse ich hinnen var;
  • 147iiy daz nicht abhängig von zwictl/i (sonst lüeße es en/toütet)., au
  • welches sicli olme daz der folgende Vers anschlielot , sondern liier wieder
  • = ja7 dcz, wenn. — vol'jc stf. ist hier objectiv zu fassen: die Zustimmung
  • von Seiten anderer wie in V. 4%3; in weiterer Bedeutung ist dann vül(/e
  • Beifall, Gunst. — 14!SÜ2 halbwegs im Nhd. zu verstehen : nun lassen eucli
  • nicht, d. h. nun gestatten es euch nicht, halten euch ab. — 14803 bedenken
  • swv. steht hier im Sinne von verdenken, Verdacht haben, beargwöhnen;
  • vgl. ll>\lf> und zu 14yi;5. — 14SC4 undurften (übereinstimmend in den Hss.)
  • adv. (wohl dat. pl. von undurft), unnöthig; vgl. zu 346Ö. Der Umlaut un-
  • dür/te, iindür/ti'n , den nur Hs. W andeutet, müsste systemgemäß etymo-
  • logisch angenommen werden, wenn nicht die Worte mit verengtem und
  • speciellcm Sinne, mit Begriffen xaT £;oy/;v die Neigung hätten, die altcr-
  • thümlichen Formen zu bewahren. — 14S24 — 27 sind nur von Groote (und
  • nach ihm von Simrock) richtig verstanden worden, der nach 14S27 stärker
  • iuterpuLgiert, während Hagen und Maßmann Komma setzen und es da-
  • durch zweifelhalt lassen , wie sie vJ in Y. 14S28 nehmen. i5ei Kurtz; ist
  • die Construction unklar. — 14S2(i alsus, so, d. h. in der bekannten, bisher
  • eingehaltenen ungnädigen Weise. — 14827 alsc=aisv , s6 = sivenne, wann:
  • 154
  • XXIII. BELAUSCHTES STELLDICHEIN.
  • SO sprechent unser vinde dar:
  • «entriuwen, hie was etswaz an:
  • nemet war, wie min her Tristan
  • gescheiden ist von hinnen
  • mit des küneges ucminnen.»
  • 14830
  • «Min her Tristan», sprach Isot
  • «ich lite sänfter den tot,
  • dan ich mi'nen herren bsete,
  • daz er iht des dur mich taete,
  • daz hin ze in wrere gewant.
  • nu ist iu doch daz wol erkant,
  • (373) daz er mir iezuo lange frist
  • durch iuch vil ungeuaidic ist,
  • und weste er unde wsere im kunt,
  • daz ich bi iu ze dirre stunt
  • ein' unde nahtes waere,
  • ich kaeme es in daz msere,
  • daz er mir niemer mere
  • erbute liep noch ere.
  • ob ouch daz iemer sus geschiht,
  • entriuwen, des enweiz ich niht,
  • und wundert mich des starke,
  • wä von min herre Marke
  • an disen arcwän kaeme,
  • von wem er den rät naeme;
  • unde ich mich doch nie enstuont,
  • als doch diu wip vil schiere tuont,
  • daz ir mir keine valscheit
  • mit gebserden hsetet vür geleit.
  • noch ich selbe hin ze iu nie
  • valsch noch üppekeit begie.
  • i'ne weiz, waz uns verraten hat,
  • wan unser beider dinc daz stät
  • übel unde erbärmecliche ,
  • alse ez got der riebe
  • enzit bedenken miieze
  • und ez bezzere unde büeze.
  • 14835
  • 14840
  • 14845
  • 14850
  • 14855
  • 14860
  • sogar beim Abschied. — 14828 so demonstrativ, alsdann. — 14332 unrninnen
  • dat. pl. von rmminne stswf., (Tnliebe), Ungnade, Haß.
  • 14837 wörtlich: was auf euch hin gerichtet wäre, d. h. was euere
  • Person anlangte. — 14844 in daz ma're komen entspricht unserm: in das
  • Gerede kommen: vgl. zu 8334. — 14858 üppekeit stf., (Üppigkeit), Leicht-
  • fertigkeit. — 14863 em'it adv., hier: bei Zeiten, bald; in V. 14644 schwankt
  • der Begriff zwischen dieser Bedeutung und der in Y. 1599.
  • XXIII. BELArSCHTES STELLDICHEIN. 155
  • Nu herre, nü gebietet mir: 14865
  • ich wil gän, so gät ouch ir.
  • iuwer swa^re und iuwer arebeit,
  • (laz \vizze got, diu siut mir leit.
  • ich hcete schulde hin ze iu vil,
  • der ich doch nü niht haben wil, 14370
  • daz ich iu solte sin gehaz;
  • mich erbarmet aber daz,
  • daz ir dur mich ze dirre zit
  • äne schulde sus beswa}ret sit.
  • durch daz wil ich ez übersehen, 14875
  • und swenne der tac sol geschehen,
  • daz ir von hinnen müezet varn,
  • herre, so müeze iuch got bewarn;
  • (374) der himelischen künigin
  • der müezet ir bevolhen sin! 14880
  • iuwer bete und iuwer boteschaft,
  • und weste ich, obe diu keine kraft
  • von minem rate hsete,
  • ich riete unde ttete,
  • swes so ich mich verssehe, 14885
  • dar an iu wol gesch^ehe.
  • nu fürhte ich aber sere, •
  • daz er mir'z verkere.
  • swie so ez dar umbe erge,
  • swie harte ez mir ze väre ste, 14890
  • ich wil iuch doch geniezen län,
  • daz ir niht valsches habet getan
  • wider mi'nen herren unde mich;
  • swie mir gelinge, so wirb' ich
  • iuwer bete, so ich beste kan.» 14895
  • (iGenäde, frouwe», sprach Tristan
  • «und swaz rede ir vindet da,
  • daz enbietet mir iesä;
  • wird' aber ich ihtes gewar
  • und lihte also von hinnen var, 14900
  • däz ich iuch nie mere sehe,
  • 14'^7t; rjeschehen sagen wir nicht mehr von Zeitbestimmungen ; dafür :
  • eintreten, kommen u. dgl. — 14.H81 boteschuft stf.. hier objectiv: (Entbie-
  • tung), Auftrag. — 14890 ze vöre atön mit dat., gefälirlich für einen'stehen,
  • 7uin i'bolu sich wenden, zum Nachtheil gereichen.
  • 156 XXIII. BELAUSCHTES STELLDICHEIN.
  • swaz SO mir claniie geschehe,
  • vil tugenthaftiu küuigin,
  • so müezet ir gesegenet sin
  • von allem himelischera her! 14905
  • wan got weiz wol> erd' iinde mer
  • diu getrüogen nie so reine wip. '
  • froiiw', iüwer sele und iuwer lip,
  • iiiwer ere und iuwer leben
  • diu sin iemer gote ergeben!» 14910
  • Sus schieden si sich under in.
  • diu küniginne diu gie hin
  • siuftende unde trürende,
  • ameirende unde amürende,
  • mit tougenlichem smerzen 14915
  • ir libes unde ir herzen-
  • der trürffire Tristan
  • der gienc ouch trürende dan
  • (375) und weinende starke.
  • der trürige Marke, 14920
  • der üf dem boume da saz,
  • der betrürete aber daz
  • und gieng im rehte an sinen lip,
  • daz er den ueven und daz wip
  • ze arge hsete bedäht; 14925
  • und die in dar an hseten bräht,
  • die verflüochte er tüsent stunde
  • mit herzen und mit munde.
  • er verweiz ie genöte
  • dem getwerge Melote, 14930
  • daz ez in hsete betrogen
  • und ime sin reine wip belogen.
  • si stigen von dem boume nider
  • und riten an daz gejägede wider
  • mit jämer und mit leide 14935
  • 14917 truroerii stm. (gebildet wie minncere), der Trauernde; wohl eine
  • Gottfriedische Bildung; ferner in V. I.j790. Eine Hs. hat manchmal tru-
  • rcere, wo die andere truii(/e. — 14925 bedenken swv. , hier wie in V. 14803,
  • doch erst durch den Zusatz ze ar^je, und solche Zusätze mögen überhaupt
  • die Bedeutung von bedenken = verdeuken veranlasst haben. — 14929 ver-
  • letzen stv. mit dat. der Person = nhd. verweisen, einen tadeln, schelten;
  • Gottfried braucht sonst das einfache wizen in V. 1015. lb39S. — 14932 be-
  • ilegen stv., hier nicht=nhd. belügen (wie Kurtz übersetzt), sondern mit
  • acc. und dat., einen bei jemand durch Lügen bereden , verleumden. Sim-
  • rcck richtig: «verlügen».
  • XXIII. BELAUSCHTES STELLDICHEIN. 157
  • Mark' unde Melot beide.
  • si liaeten zweier hande leit:
  • Melot durch diu trügelieit,
  • die er begangen solte liän;
  • Marke durch den arcwan, 1494:0
  • daz er den neven und daz wip
  • und allermeist sin selbes lip
  • so hsete beswseret
  • und z' übele vermieret
  • über hof und über laut. 149-45
  • Des morgenes al zehant
  • hiez er den jägeren allen sagen,
  • daz si beliben und füeren jagen; *
  • er selbe kerte wider in.
  • «saget an», sprach er «frou künigin, 14950
  • wie habet ir vertriben sit
  • iuwer stunde und iuwer zit?»
  • «herre, min unmüezekeit
  • daz was undürftenez leit;
  • so was aber min vire 14955
  • diu harphe und diu lire.»
  • ((undurften leit?» sprach Marke do
  • «waz was daz und wie was dem so?»
  • (376) Isot ersmierete unde sprach:
  • «swie ez geschrehe, ez geschach 14960
  • und geschiht ouch hiute und alle tage;
  • triur' unde üppeclichiu klage
  • deist min und aller frouwen site;
  • hie reinen wir diu herzen mite
  • und liuteren diu ougen. 14965
  • wir nemen uns dicke tougen
  • ein michel leit von nihte
  • und läzon'z ouch enrihtc.»
  • alsus treip si'z mit schimpfe hin.
  • U^Jöiundurffen adj. (Bildung aus dem Adv. toidurften 14S04), unnötbig.
  • — 141(55 vire stf., (Feier) = //«moci? , Ergötzung in freier Zeit. — 14951» er-
  • srnien?n (daneben smielen) swv., lächeln, doch mehr als das einfache smie-
  • ren 11>246; die Zusammensetzung: erlächcln besitzen wir nicht. Ich möchte
  • nicht mit dem mhd. \Vb. II, 2, 429, 21 ersiaieren erklären «zu lächeln be-
  • ginaeiio, sondern ei-- steht wie ersinftm (784); «auflächeln > fehlt im
  • Nhd., während «auflachen» vorhanden ist. — 14962 üppedich adj., eitel,
  • grundlos.
  • 158 XXIIl. BELAUSCHTES STELLDICHEIN.
  • Doch iiam ez Marke in sineii sin 14970
  • und marcte ez al geraeine
  • ir wort und ouch ir meine.
  • <(nu frouwe», sprach er «saget mir,
  • weiz iemen hinne od wizzet ir,
  • wie Tristandes dinc ste? 14975
  • man seite mir, im wsere we,
  • do ich allernähest hinnen reit.»
  • «dierre, iu wart ouch war geseit»
  • sprach aber diu küniginne.
  • daz meinde si zer minne: 14980
  • si weste wol sin swjsre,
  • daz diu von minnen waere.
  • der künec sprach aber dö vürbaz:
  • ((waz wizzet ir, wer seite iu daz?»
  • «i'ne weiz, wan alse ich wssne, 14985
  • und alse mir Brangsene
  • von siner siecheite
  • in kurzen ziten seite;
  • diu sah in gester an dem tage
  • und enbot mir, daz ich sine klage 14990
  • und sin wort hin ze iu tsete
  • unde iuch durch got bsete,
  • daz ir im niht so sere
  • gedaehtet an sin ere
  • und haetet iuwer mäze 14995
  • an übelem geläze
  • dise ahte tage doch wider in,
  • biz daz verrihtet er sich hin,
  • (377) und läzet in mit eren
  • von iuwerm hove keren 15000
  • und von dem lande scheiden.
  • 14977 allernuhest adv. verst. nahest (3959), ueulichst. — 14994 'jcdenken
  • swv. ist liier niclit im Sinne von bedenken (14803) und verdenken (15010)
  • zu nehmen, also nicht ohne weiteres «verdächtigen», wie Kurtz übersetzt,
  • und wie es auch Groote und Hageö aviffassen, denn es steht der Dativ,
  • nicht der Accusativ, vielmehr, wie wir auch jetzt noch denken, gedenken
  • mit dat. und acc. gebrauchen, im Sinne von: einem etwas nachtragen,
  • einem über etwas grollen, stellt sich gedenken mit dat. der Person und
  • der Praep. an c. acc. zu der von Gottfried auch gebrauchten AVendung
  • sprechen mit dat... der Person und prsep. an c. acc. (6365). Während
  • sprechen auf das Äußerliche und Öffentliche geht, bezieht sich die Wen-
  • dung mit gedenken auf die Gesinnung, also: nachtheilig über einen den-
  • ken in Bezug auf . . ., und insofern nähert sich ihr allerdings die Bedeu-
  • tung: Verdacht hegen. — 14995 fg. tndze stf. haben, Maß halten, Mäßigung
  • bewahren, sich mäßigen; ««, in.
  • XXIIl. BELAUSCHTES STELLDICHEIN. 159
  • des gert er her ze uns beiden.))
  • und Seite im alle sine bete,
  • als er si bi dem brunneu tete,
  • und alse er selbe wol vernam, löOül>
  • wie'z umbe ir beider rede kam.
  • Der küuec sprach aber: «frou künigin,
  • unsselec müeze er iemer sin,
  • der mich dar an ie brähte!
  • daz ich in ie verdähte, 15010
  • daz ist mir innecliche leit;
  • wan ich hän sin unschuldekeit
  • in kurzen ziten wol vernomeu:
  • ich bin es alles z'eude konien.
  • und sseligiu künigin, 15015
  • als liep als ich iu siile sin,
  • so si der zorn an iuch verlän;
  • swaz ir getuot, daz si getan,
  • uemet uns beide mich und in
  • und leget ez under beiden hin.« 15020
  • <'herr', i'ne wil» sprach diu künigin
  • (hie mite niht harte uumüezec sin,
  • wan leite ich ez hiute nider,
  • ir griffet aber morgen wider
  • an iuwern arcwän alse e. » 15025
  • uuein zwäre, frouwe, uiemerme.
  • i'ne wil im niemer mere
  • gedenken an sin ere
  • und iuch, frou küniginne,
  • umb' üzerliche minne 15030
  • iemer läzen äne wan.»
  • diz gelübede wart da getan.
  • Hie mite wart Tristan besant,
  • unde der arcwän zehant
  • gar hine geleit ze guote 15035
  • mit lüterlichem muote.
  • Isöt wart aber Tristaude
  • 15010 verdenken swv. mit acc. der Peräon, Verdacht gegen eincu hegen,
  • einen beargwöhnen. — 15Ü30 uzerlUh adj., äußerlich; seltenes Wort. Die
  • Erklärung von der Hagen's: »außer der Ordnung, der Ehe» trifft gewiss
  • den Sinn nicht; gemeint ist die sich nach außen zeigende, die angenommene
  • Liebe, die Freundlichkeitsäußerune.
  • 160 XXIII. BELAUSCHTES STELLDICHEIN.
  • von liande ze hancle
  • (378) bevolhen wider in sine pflege.
  • der pflag ir aber alle wege 15040
  • mit huote und mit rate.
  • si und diu kemenäte
  • diu wären niwan als er gebot.
  • Tristan und sin frouwe Isöt
  • die lebeten aber lieb' unde wol: 15045
  • ir beider wunne diu was vol.
  • sus was in aber ein wunscbleben
  • nach ir ungemüete gegeben,
  • swie kurz ez wernde wrere,
  • an' iteniuwe swsere. 15050
  • 15045 lieV, liebe adv., angenehm [im Xlid. selten geworden , häufiger
  • der Compar.]. — 15047 wunsc/deb^n stn. , Leben der höchsten Seligkeit,
  • ideales Leben; vgl. 16S50 und zu 1374. — lb04:6 unffeinüete stn., (Unmuthig-
  • keit) , Kummer; Gottfried braucht das Adj. u/i^eiiiiiot nicht, dagegen un-
  • iiiuotic 23.37.
  • XXIV.
  • DAS GLÜHENDE EISEN.
  • König Marke lielJ eines Tages zur Ader und mit ihm, so wollte e
  • seino Tücke, auch Isolt und Tristan. Sie pflegten des Tages der Eulie.
  • In der Nacht lagen in der Kemenate nur Marke und Isolt, Tristan und
  • Melot, und Brangaine und ein Jungfräulein. Zur IMettestunde begibt sich
  • der König mit Melot. der Mebl auf den Estrich gestreut hatte, zur Kirche.
  • Brangicne gewahrt das Mehl und warnt Tristan. Es verlangt ihn zur
  • Königii^ und er springt, um im Mehle keine Spur zu hinterlassen, aus
  • seinem iJette in das ihre. Dabei bricht ihm die Ader auf, und das Bette
  • wird vom Blute besudelt. Dann springt er wieder in sei» Bett zurück.
  • Der König wird auf dem Estrich nichts gewahr, entdeckt aber im Bette
  • das Blut. Auf seine Frage erwidert Isolt, ihre Ader sei aufgebrochen.
  • Wie zum Scherze hebt Marke Tristan's Bettdecke zurück und findet auch
  • hier Blut. Er schweigt, und sein Herzeleid beginnt von neuem. Er hatte
  • zugleich den Beweis der Schuld und der Unschuld in Händen. In seinem
  • Zweifel besendet er seine Fürsten, welche ihm rathen, er möge zu Lim.
  • ders in England ein Concilium halten. Marke klagt auf dem Goncil sein
  • Leid über das Gerücht von Isoldens Untreue. Der alte Bischof von Ta-
  • mise gibt den Rath, isolt solle sich selbst verantworten. Isolt vertlieidigt
  • sich und ist bereit, ein Gericht über sich ergehen zu lassen. Marke ver-
  • laugt das glühende Eisen. Auf sechs Wochen wird das Gericlit zi; Kar-
  • liun festgesetzt. Über Isolt kommt die Angst. Sie schreibt an Tristan,
  • er solle am bestimmten Tage in Karliuu ihrer harren. Tristan erscheint
  • in Pilgertracht und mit verstelltem Antlitz. Isolt will von keinem Eitter,
  • sondern nur von dem Pilgrim von der Schiffbrücke ans Gestade getragen
  • sein. Sie raunt ihm, als er sie überträgt, heimlich zu, er möge auf dem
  • Laude mit ihr wie von ungefähr zu fallen suchen. Für diese Unvor-
  • sichtigkeit will das Gesinde den Pilgrim strafen, aber die Königin bittet
  • für ihn, er sei schwach und wäre unfreiwillig gefallen. In Karliun geht
  • Isolt im BülJergcwande zur INIessc. Reiche Gaben hatte sie ausgetheilt.
  • Der Truchsef.) Marjodo will, dal» der Königin ein bestimmter Eid vorge-
  • legt werde; sie aber will versuchen, ob sie dem Könige zu Dank schwöre.
  • Kein Mann habe an ihrer Seite gelegen als außer dem Könige jener arme
  • Waller. Damit läßt sich Marke genügen. Dann nimmt Isolt das glühende
  • 1 COTTFIUED VOX STRASSBITEG. II. 2. Aufl. 11
  • 162 XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN.
  • Eisen in die Hand , und verbrennt sich nicht. Da wird es offenbar und
  • vor der Welt bewährt, daß der Heiland windschaffen wie ein Ärmel ist.
  • Von nun an steht die Königin bei INIarke wieder in hoher Gunst; sein
  • Zweifel und Argwohn sind wieder dahin.
  • Ich spriche daz wol überlüt,
  • daz delieiner slalite nezzelkrüt
  • nie wart so bitter noch so sür
  • also der süre nähgebür
  • noch nie kein angest also gröz 15055
  • also der valsche liüsgenoz:
  • ich meine daz zer valscheit,
  • der friunde friundes bilde treit
  • und in dem herzen vient ist,
  • daz ist ein freislich mitewist; 15060
  • wan der treit alle stunde
  • daz honec in dem munde,
  • daz eiter, da der angel lit;
  • da bl^et der eiterine nit
  • dem friunde misselinge 15065
  • an iegelichem dinge,
  • daz er gehceret unde gesiht
  • und enhüetet niemen vor im niht.
  • swer aber offenbare
  • dem vinde sine väre 15070
  • 1ÖÜ51 überlut adj. (nicht adv.), hier: offenbar, frei heraus; vgl. zu
  • ?A)\2. — 15052 nezzelkrüt stn.^npzzel (17988); bezieht sich der Vergleich
  • auf den bittern Geschmack der Nessel oder auf ihre Eigenschaft, daß sie
  • brennt? vgl. 1789Ü. — 15057 meinen svvv. hier in Verbindung mit der Progp. ze
  • (ähnlich wie im folg. zeln 15072), beziehen auf, halten für. — 15058 (ler =
  • .•iwer. — bilde stn., hier: äußerer Schein. — l')06ü mitewist {von wesen) stf.,
  • Zusammensein, Gesellschaft, abstract für: Gesellschafter, Genosse. —
  • 15063 eiter stn., Eiter stm., Gift. — an^el stm., (Angel stf.), Stachel. Der
  • Vergleich ist natürlich von der Biene genommen, — 15064 da adv. de-
  • nionstr., hier, in dem Falle, wenn das so ist. Dagegen Bech: da, d. i. hinten
  • im Gegensatze zu in dem munde, d. i. vorn. — bloet (=Hs. W, blat M^
  • })leit 'F) = blajjet (bleivei H). blcejen swv.= nhd. blähen, blasen, «hauchen»
  • die Übersetzer, die aber dann in freier Weise sicli des Verbums ((treffen»
  • bedienen, um ein Transitiv zu gewinnen. Belialten wir d hauchen» bei,
  • dann würde das Bild verändert, wir würden dann vielleicht an den Drachen
  • zu denken haben, der mit seinem Gifthauch zu schaden sucht. Das würde
  • aber nicht zur Ausführung des Bildes und namentlich nicht zu offenbare
  • in V. 15069 passen. bUx'jen ist also anders zu fassen, und zwar so wie es
  • Groote nimmt: «aufschwellen, aufblähen, in activer Bedeutung. Da er-
  • zeugt der giftige Neid, beulenartig (wie der Stachel der Biene) dem Freunde
  • Unheil an jedem Dinge.» — 15065 misselinge stf., hier stärker als in V.
  • 1777: Unglück, Schaden. — 15068 hüeten swv. hier ausnahmsweise bei
  • Gottfried intrans., acht haben, sich hüten. —
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN. 163
  • ze schaden breitet uiule leit,
  • des enzel ich uiht ze valscheit;
  • die wilo er vicnt weson wil,
  • die wile enschadet er niht ze vil.
  • swenn' er sich heinliche dar, 15075
  • so neme der man sin selbes war.
  • Als tete Melüt und Marjodo:
  • si wären aber Tristande do
  • (379) dick' und ze manegen ziten
  • valschlichen an der siten: 15080
  • si truogen ime geliche
  • mit valscho und mit äswiche
  • ir dienest und ir heinliche an.
  • hie vor hret' aber Tristan
  • sine Warnung' ic genöte 15085
  • und warnde oucli Isöte.
  • ■.«seht», sprach er « herzekünigin ,
  • nu hüctet iuwer unde min
  • an rede und an gebäre!
  • wir sin mit grozer väre 15090
  • besetzet unde bevangen;
  • uns gänt zwen' eiterslangen
  • in tüben bilde, in süezem site,
  • smeichende alle stunde mite:
  • vor den habt iuwer sinne, 15095
  • saeligiu küniginne!
  • wan sv/ä die husgenozo sint
  • geantlützet alse der tüben kint
  • l.'iüT'J den ist wolil nicht masc, auf srrer bezüglich (Kurtz), sondern in
  • freier Construction und aHgemein ncutr. (Simrock) : das zähle ich, nehme
  • ich nicht an, zur Falscliheit, für 1\, als F.; vgl. zu 15057 und 17007. —
  • \hy\l^\li eingehen swv. hier rcfl., sich heimlich, vertraut, zudringlich machen;
  • Freundschaft heucheln. '
  • 150s(t valsc/ilic/irn adv., fälschlicli, mit Falschheit, heuchleriscli. —
  • 15081 'jelu'he adv., auf gleiche AVeise, gleichmüßig, zusannneu, einer wie
  • der andere. — 15082 äswir/i stm. (von mvichen), Betrug, Heimtücke. —
  • 150S3 heinüche stf., hier: Heimlichkeit, Vertraulichkeit, Freundschaft. —
  • ISOS."") warnnn'je stf., liier nicht in unserm Sinne und objectiv: Warnung,
  • sondern in stilistischem Gegensätze zu varnen im folgenden Verse (=nhd.),
  • vielmehr wie in V. 5474 suhjcctiv : Vorsicht, Sclicu. — 15091 bevä/ien stv.,
  • umfangen, einschliefoen. — 150;»2 pilrrHan'je swm., Giftschlange. — 150i)5 die
  • sinn-' hahm, die IJesinnung behalten, die Sinne zusammcnnelimen. —
  • 1509S grnntlützrt adj. part. defect. (gebildet wie (jchai-tet), mit einem Antlitz
  • verschen; wohl Gottfriedische Bildung (in Congruenz mit 'jf-^af/fOi <^io am
  • Ende nocli gebraucht werden könnte. ])ie Übersetzer: «von AntlitZ)'. —
  • 11*
  • 164 XXIV. DAS GLÜHEKDE EISEN.
  • und alse des slangen kint gezagel,
  • da sol man kriuzen vür den liagel 15100
  • und segenen vür den ga?hen tot.
  • Scßligiu frouwe , scha^ne Isöt,
  • nu hüetet iucli genote
  • vor dem slangen Melote
  • und vor dem Kunde Mariodo!)^ 15105
  • Si beide wären oucli also:
  • jener slange, dirre bunt:
  • wan si leiten z'aller stunt
  • den gelieben zwein ir väre,
  • an allem ir gebäre, 15110
  • an iegelicbem gange
  • also bunt unde slange.
  • si triben fruo unde späte
  • mit rüege und mit rate
  • ir arcbeit vi^ider Marken an, 15115
  • biz daz er aber M'ider began
  • an siner liebe wenken,
  • die gelieben aber bedenken,
  • (380) und aber ir tougenbeite
  • lag' unde ursuoche leite. 15120
  • In einem tage er z'äder liez,
  • als in sin valscber rät gebiez
  • und mit im Isot und Tristan,
  • diene wänden nibt, daz in bier an
  • debeiner slabte swsere 15125
  • vür gebreitet wsere
  • und nämen keiner väre war.
  • sus lac diu beinlicbe scbar
  • näcb gemeinlicber sacke
  • 15099 (jezagel adj., geschwänzt {züyel stm. , Schwanz kommt bei Gottfried
  • nicht vor). — 15100 kriuzen swv., kreuzen [nhd. beschränkter], kreuzigen
  • [nhd. ebenfalls beschränkter], das Kreuzzeiclien machen, sich bekreuzigen.
  • 15114 rüege stf., Küge, Anklage.
  • 15122 geheizen stv., hier verst. lietzen. — 15126 vür breiten (in ähnlicher
  • Wendung V. 15071 das einfache //reiten), ausbreitend vorlegen; ein nhd.
  • "Wort wird sich scliwer dafür finden lassen, die Übersetzer helfen sich mit
  • «bereiten». Die passivische Wendung etwa: in Aussicht stehen. — 15129 fg.
  • nach gerneinltcher sache^= gemeinliche , ähnlich wie mit 'jemeinlichen sacken
  • in V. 5713, gemeinschaftlich. Die Wendung schließt sich an heinllche
  • schar. Diese Lesart, obwohl nur in Hs. M, ist die allein berechtigte, der
  • Situation angemessene. Hs. H hat gemclicher , das wäre: fröhlich, was
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN. 165
  • den tac in ir gemache 15130
  • ane schal und äne braht.
  • des anderen tages ze naht,
  • dö daz gesinde sich zerlie
  • und Marke slafen gegie,
  • done lac ze kemenäten, 15135
  • als ez vor was geraten,
  • nieman wan Marke unde Isöt
  • und Tristan unde Melot,
  • Brangaene und ein juncfrouwelin.
  • ouch wären diu lieht unde ir schin 15140
  • durch den glast bevangen
  • under den umbehangen.
  • Nu man zer mettinstunde
  • liuten begunde,
  • Marke der verdähte man, 15145
  • der leite sich al swigende an
  • und hiez Meldten iif stan
  • und mit im hin zer mettin gän.
  • nu Marke von dem bette kam,
  • Melot sin mel ze banden nam, 15150
  • den estrich er besaite,
  • ob ieraen bi getraute
  • dem bette dar oder dan,
  • daz man in spurte ab oder an.
  • hie mite giengen si zwAne hin. 15155
  • uicht passt. W uud F schreiben gevipcldicln'. (und so Haqcu uud Mafi-
  • niann). Wegen >jeinadi im folgenden Verse ist man geneigt, hier ein Gott-
  • friedisches Wortspiel zn finden: sie lagen {n. gem. s.=:>iüch yeinac/ie, ge-
  • iini'h'^ adv.) um der Gemächlichkeit , Ituho willen in ihrem Gemache,
  • Zimmer. Das Adj. g'niuic/ilich bi-aucht Gottfried sonst nicht, und gfinach
  • nie im nhd. Sinne, in ir gemache kann nur lieißen : in, an ihrer Ruhe,
  • und eben darum ist die Lesart gemechltclier , die denselben Gedanken ent-
  • halt, zu verwerfen. Es lieifit einfach: sie lagen gemeinschaftlich, eines
  • wie das andere, den Tag über ruhig (in ihren Betten), um sich, weil sie
  • zur Ader gelassen Jiatten, zu pflegen. — l.")l.'{<! raten stv., hier: berathen,
  • besprechen, ausmachen. — 15141 becälien stv., hier: umfangen, umschließen,
  • verhüllen.
  • I.'il4."» efrdäht part. adj., hier wohl nicht wie in V. 2312, wenigstens
  • nicht ausschlicfjlicli; sollte sich verda/it nicht oder nicht zugleich an ver-
  • denken in der Bedeutung: beargwöhnen (l.")01(l) schließen, also=^arg-
  • wöhnisch? — 1514G an legen refl. elliptiscli (die Kleider), entsprechend
  • unserm : sich anziehen. — l.")l.')H dar oder da», liinwärts oder wegwärts wio
  • das folgende ab oder an. — l.^l.'i4 sjjüren svw., hier in oigentliclistor Be-
  • deutunc: die Spur eines wahrnehmen [vgl. aufspüren, Spürliund]; vgl.
  • 17<14<'>. — a>> oder an wie in V. 83.»: herwiirts oder hinwärts, d. li. auf dem
  • Weg vom Bette weg oder auf das Bette zu. —
  • 166 XXIV. DAS GLÜHEKDE EISEN.
  • ir andäht diu was under in
  • vil kleine an kein gebet gewant.
  • nu wart ouch Brangsen' al zehant
  • (381) der läge bi dem mel gewar;
  • si sleich ze Tristande dar, 15160
  • si warnte in unde kerte wider
  • und leite sich do wider nider.
  • diu läge was Tristande
  • vil inneclichen ande.
  • sin herze in sinem libe 15165
  • daz wart nach dem wibe
  • volmüetic unde in trahte ,
  • wie er dar komen mähte:
  • er tete diu geliche wol,
  • daz minne an' ouge wesen sol , 15170
  • und liebe deheine vorhte hat,
  • da si von erneste gät.
  • «Ovve!» gedähte er wider sich
  • «got herre, wie gewirbe ich
  • mit dirre veigen läge? 15175
  • nu stät mir disiu wäge
  • ze einem hohen wette. »
  • er stuont üf von dem bette
  • und nam allenthalben war,
  • mit welhem liste er kseme dar. 15180
  • nu was so vil ouch liehtes da,
  • daz er daz mel gesach iesä.
  • nu dühte in diu gelegenheit
  • ze einem sprünge ze breit;
  • nu getörste er ouch dar niht gän. 15185
  • iedoch muos' er ez an daz län,
  • daz da was waeger under den zwein:
  • er sazte sine füeze cnein
  • 15156 andäht stf. scheint auf den ersten Blick dem heutigen Worte zu
  • entsprechen, es ist aber allgemeiner: das Denken an etwas, die Gedanken.
  • Das Wort von nun an öfters bei GrOttfried. — 151^7 volmüetic adj., voll
  • Neigung, Begierde; vgl. muot in V. 3404 und zu 10^48. — 15169 dhi ge-
  • liche (s. zu 135) tuon kann hier nicht wie sonst gel. t. heißen: sich stellen,
  • den Anschein geben , sondern : ähnlich handeln (wie eine bekannte That-
  • sache, wie es unter gleichen Umständen zu geschehen pflegt), entsprechen,
  • bewahrheiten. — 15170 Paraphrase des Sprichwortes: die Liebe ist blind.
  • 15176 tcäge stf., hier bestimmt: Wagniss. — 15177 loette stn., (Wette
  • stf.), Wettstreit, Spiel, Pfand im Wettstreit, ze wette st an entsprechend
  • unserm : auf dem Spiele stehen; vgl. zu 16^97. —
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN. 167
  • iiiul trat vil vaste ze stete:
  • Tristan der niiiiuen blinde tete 15190
  • den ponder und die ritterscliaft
  • ze harte über sine kraft:
  • er spraiic hin au daz bette
  • und verlos ouch an dem wette,
  • wan ime sin äder üf brach, 15195
  • daz ime sit michel ungemach
  • und leit beguude machen,
  • bett' unde bettelachen
  • (38"2) diu missevärte daz bluot,
  • alsc bluot von rehte tuot: 15200
  • ez varte wä ünde wä.
  • vil harte unlange lag er da,
  • biz purper unde bliät,
  • bette unde bettcwät
  • mitalle wurden missevar. 15205
  • aber sprang er wider alse dar
  • an sin bette unde lac
  • in trabte unz an den liebten tac. %
  • Xu Marke der kom schiere wider
  • und wartete an den estrich nider. 15210
  • da nam er siner läge war
  • und wart da nihtes gewar;
  • und aber do er hine kam
  • und an dem bette war geuam,
  • do sah er blüot ünde bluot.» 15215
  • daz beswärte ime den muot.
  • cwie nii», sprach er «frou künigin,
  • waz sei dirre msere sin?
  • von wannen kom diz bluot her an?»
  • lbl>>^ ze stete treten, antreten, Anlauf nehmen; vgl. Beck zu Erec 295. —
  • 15191 jjoncler (=Hs. M. jjrindcr H, poinder W, pvndier F) stm. Fremdw.,
  • I'ranz. jjoindre^ Anrennen, Stoß, uChoc» (Zarnclce), Sprung. Vgl. Zarncke's
  • reichhaltigen Artikel im mhd. Wb. II, 1, 526 fg. — ritterscliaft drückt hier
  • nach Gottfried's Redeweise in allgemeiner Bedeutung aus. was ponder
  • speciell besagte, also: Kitterspiel, Turnier, Kampf wie in V. 680. — 15194 i-er-
  • liesen stv. hier intrans., verlieren (im Spiel). — wette stn., hier: Spiel. —
  • 1519f< bettelachen stn. [die niederd. Form : Laken noch geläufig], Betttuch,
  • dasselbe was bettcwät 1:^537, 15204 und lllachen 18153. — 15199 missevärte
  • prset. von rnissecäruen swv. mit acc, bunt färben (oder übel färben? vgl.
  • zu 15567), beflecken. — I52ul väruen swv. hier ohne acc, färben, Flecken
  • machen. — 15203 purper Geschlecht:", Purpur, Purpurstoff, Purpurdecke;
  • jetzt ist Purpur eine bestimmte rothe Farbe, im alten Wort ist weniger
  • die Farbe, als der Stoff betont, der dann auch andere Farbe haben kann.
  • — bl^dt stm., golddurchwirkter Seidenstoff. — 15205 7/iissevar adj., hier:
  • befleckt (auch hier die Frage : buntfarbig oder übelfarbig;.
  • 168 XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN.
  • «min äJer brast, da gieng ez van: 15220
  • diu ist kume iezuo verstanden.»
  • nii begunde er ouch Tristanden
  • durch sine hende läzen gan,
  • als ez in schimpfe w£ere getan:
  • «wol üf«, sprach er ^her Tristan!» 15225
  • lind warf daz deckekchen dan:
  • er vant da bkiot alse dort,
  • nu sweig er und gesprach nie v/ort.
  • er liez in ligen und kerte hin.
  • sine gedanke und sin sin 15230
  • die wurden sw?ere dar van:
  • er dahte und dähte, als ein der man,
  • dem ez ze kleinem liebe ertaget,
  • er hfete ouch da vil nach gejaget
  • unz üf sin herzelichez leit. 1ü2o5
  • iedoch ir beider tougenheit
  • unde der wären geschiht
  • der enweste er anders niht,
  • 0 (383) wan alse er an dem bluote sach.
  • diu bewrerde diu was aber swach. 15:'?40
  • sin zwivel unde sin arcwän,
  • die er e hsete gar verlän,
  • ze den so was er aber geweten,
  • wan er den estrich unbetreten
  • vor dem bette funden hsete; 15245
  • da von wand' er untaete
  • von sinem neven äne sin;
  • und wände er aber die künigin
  • und sin bette bluotic vant,
  • da von bestuont in al zehant 15250
  • sin ungedanc und sin unmuot,
  • also den zwivelhaften tuot.
  • 15220 bresten stv., hier im körperlichen Sinne = nhcl. bersten, brechen :
  • vgl. zu 258. 11279. — 15221 verstän stv. hier intrans., stehen bleiben,
  • stocken, aufhören zu gehen, zu fließen. — 15223 durch die liende läzen
  • gän, "Wendung für: mustern, untersuchen. — 15220 deckelachen stn., Decke-
  • tuch, Deckzoug, Zudecke. — 15233 erlagen hier unpers. mit dat. und der
  • Prsep. ze c. dat., wie in V. 7107, entsprechend unserm: ein Licht aufgehen,
  • schwanen. — ze kleinem liebe, zu geringer Freude, zu großem Schmerze, in
  • schmerzlichster Weise. — 15243 geweten part. von weten stv., Jochen, fesseln,
  • weiterhin: gesellen; vgl. zu 94(3. 1(5322. — 15250 bestem stv. mit acc. wie in
  • V. 2245. 8?21, einem entgegentreten, einen angreifen, erfassen. — 15251 un-
  • gedanc stra., (üngedanke), übeler Gedanke, Unsinn, Verdaclit; vgl. 19170
  • und zu 19359. — 15252 zivtcdha/t adj. subst., der mit Zweifel Eehaftete,
  • der Schwankende. —
  • XXIV. r>AS GLÜHENDE EISEN. lOf)
  • mit disem zwivol onweste er war;
  • er wände her, er wände dar,
  • ern weste, waz er wolte 15255
  • oder wes er wrenon solto.
  • er haete ze den stunden
  • an sinem bette fanden
  • diu schuldigen minnen spor
  • und vant deheinez dervor. 15260
  • hie mite was ime diu wärheit
  • beidiu geheizen unde verseit.
  • mit disen zwein was er betrogen:
  • disiu zwei war unde gelogen
  • b?ete er beide in wäne 15265
  • und was euch beider äne:
  • ern wölte si niht schuldic hän
  • and enwölte s' ouch niht schulde eilän;
  • diz was dem zwiveliere
  • ein nähe gondiu swfere. 15270
  • Der vorirrete Marke
  • älrerste was er starke
  • bekumberet mit trahte,
  • mit wie getaner ahte
  • er sich hier üz berihte 15275
  • und disen wän beslihte;
  • wie er der zwivelbürde
  • ledec und äne würde;
  • (384) wie er den hof braehte
  • von der missedsehte, 15280
  • die er treip ie genote
  • von sinem wibe Isote
  • und sinem neven Tristande.
  • sine fürsten er bcsande,
  • dar er sich triuwon versach, 15285
  • und kunte in sin ungemach
  • und Seite in, wie diz rncere
  • la ze hove ensprungen waero,
  • 152^2 /, stv., hier: nennen, sagen.— cemagen swv., vorenthalten, ver-
  • schweigen; vgl. zu V1A'\0.
  • 15'_'77 zu-iceU>ürde stf., Last des Zweifels, tler Ungewissheit; eine Bil-
  • dung mit hurdc bei Gottlried ist ferner ■cn^bürde in V. 1900'». — 1Ö280 misae-
  • dw/ite dat. von inissedüht stf. (oder von miss^dce/itc stf.?) = ungc.danc,
  • Verdacht. —
  • 170 XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN.
  • luid vorlite harte sere
  • siner e und siner ere; 15290
  • und jach des in diuhte niht ,
  • Sit daz ir heider inziht
  • so wfere geoffenhseret
  • und in daz lant vermaeret,
  • daz er henamen der künigin 15295
  • holt oder heinlich wolte sin,
  • sin' hehähete ofifenlichen e
  • wider in ir Unschuld' unde ir e:
  • hier üher suocht' er ir aller rät,
  • den zwivel unihe ir missetät, 15300
  • wie er den so hin getsete,
  • als er es ere hsete,
  • eintweder abe oder an.
  • Sine friunde und sine man
  • die gerieten ime zehant 15305
  • daz er ze Lunders z'Engelaut
  • ein conzilje leite
  • und da der pfafheite,
  • den witzegen antisten,
  • die gotes reht wol wisten, 15310
  • sinen werren tsete kunt.
  • daz conzi'lje daz wart sä zestunt
  • ze Lunders gesprochen
  • nach der pfinkestwochen
  • ze üz gendem meien. 15315
  • pfaffen unde leien
  • der kom zem tage ein niichel kraft
  • durch des küneges boteschaft,
  • (385) als er gebat und ouch gebot.
  • nu dar kom Marke und kom isot 15320
  • 15292 imUit stf. [von zihen, zeihen], Bezichtigung, Beschuldigung, Vor-
  • wurf, Schuld; vgl. 15385 [nhd, Inzicht noch im Plural gebraucht = Indi-
  • cien]. — 15297 be.Iiaben swv., behaupten, erhärten, beweisen. — 1529S e stf.,
  • hier: eheliches Verhalten, Treue. — 15303 = 15341 abe oder an wie in V.
  • 15154, aber allgemeiner: so oder so.
  • 15307 concilje stn. Fremdw., concilium, nhd. Concil. (Die Haupthss.
  • schreiben übereinstimmend concUie, Hs. W und F in V. 15312 concil). —
  • 15308 pfa/fieit stf., Priesterschaft, Geistlichkeit; vgl. zu 7701. — 15309 witzec
  • adj., verständig, gelehrt [nhd. beschränkter]; vgl. zu 7034. — antiste swm.
  • Fremdw., Antistes, Kirchenvorsteher, Prälat. — 15311 werre swra., Ver-
  • druß, Kummer; vgl. zu 975. — 15313 sprechen stv. , hier wie besprechen in
  • V. 535, verabreden, festsetzen. — 15319 gebat in Congruenz mit geb6t:=bat;
  • hei Gottfried sonst gebiten als verst. biten nicht. —
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN. 171
  • LekiimbLTct beide
  • mit vorhte und mit leide:
  • Isot diu vorhte sere
  • Verliesen lip und ere;
  • so hsete Marke michel leit, 15326
  • sine fröude und sine werdekeit
  • daz er die swaclien solde
  • an sinem wibe Isolde.
  • Nu ISIarke an daz conzilje gesaz,
  • sinen lantfürsten klagete er daz, 15330
  • wie er beswseret wsere
  • mit disem lastermtere:
  • and bat si harte sere
  • durch got und durch ir ere,
  • ob si mit ihte künden, 15335
  • daz si im hier über funden
  • eteli'chen den list oder rät,
  • da mite er dirre missetät
  • räch' unde gerihte nseme
  • und ir ouch z'ende koeme 15340
  • eintweder abe oder an.
  • hier über redete manic man
  • in maneger wise sinen muot,
  • einer übel, der ander guot,
  • dirre sus und jener so. 15345
  • Üf stuont der fürsten einer do,
  • die bi dem rate wären,
  • an Witzen unde an jären
  • ze guotem rate wol gestalt,
  • des libes edelich und alt, 15350
  • beidiu grise und wise,
  • der bischof von Tamise,
  • 15327 swachen swv. traiis., hier beinahc = nhd. schwächen, erniedrigen,
  • verringern.
  • 15330 lantfürste (vorher V. 15284 einfach fürsten) swin. = lantfierre,
  • lantharün. — 15332 lusternucre stn., Schandgerede, oschändliche Märe> .
  • Kurtz. — l.')337 den Artikel nach fitlic/i setzen wir nicht mehr im Nhd.
  • (Hs. M hat ihn auch nicht). — l.')339 rdche neiuen mit gen., an etwas
  • Kache nehmen, Vergeltung üben. — >jerihte stn. steht liier fast synonym
  • mit raclii' bei neiuen, Gerechtigkeit üben.
  • 15349 wol f/estalt, wohl gebildet, wohl geeignet; vgl. zu 3337. —
  • 15351 ffri-ie adj. ist hier wohl nicht abstract = greis , da vorher alt steht,
  • sondern eigentlich = grau ; in V. 2739 adj. subst. synonym mit yetaget dem
  • nhd. Begriffe entsprechend. Ebenso im folgenden V. 15429. —
  • 172 XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN.
  • über sine knicken lein Je er sich:
  • "künec herre», sprach er «hoeret mich:
  • ir habet uns her vür iuch besant, 15355
  • niis fürsten hie von Engelant
  • beidiu durch triuwe und (hirch rät,
  • als iuch des not ane gät:
  • (38G) der fürsten ich ouch einer bin,
  • herr', ich hau ouch stat under in; 15360
  • ouch bin ich in den tagen wol,
  • daz ich wol vür mich selben sol
  • beidiu tuon unde län
  • und reden, swaz ich ze redene hau.
  • ir iegelich der rede vür sich: 15365
  • herre, ich wil iu sagen vür mich
  • minen sin und minen muot;
  • min sin, dank' er iuch danne guot
  • und gevälle er iu, so volget ir
  • minem rate unde mir. 15370
  • min frouwe und min her Tristan
  • die wsenet man ze Undingen an
  • und sint an keiner wärheit
  • noch überkomen noch überseit,
  • als ich die rede vernomen hän. 15375
  • wie müget ir nü den argen wän
  • mit arge beslihten?
  • wie müget ir gerihten
  • über i'mvcrn neven und iuwer wip
  • an ir ere und an ir lip, 15380
  • Sit man si niht erfunden hat
  • an deheiner slahte missetät
  • noch niemer lihte ervinden kan?
  • eteswer seit Tristanden an
  • dise schulde und diso inziht, 15385
  • ern beredet es hin ze ime niht,
  • als er ze rehte solde.
  • 15353 kracke swi. , Krücke stf., Stab; gemeint ist der Bischofstab, Dicht
  • eine Krücke in unserm Sinne. — 15372 an ucenen mit acc. , gegen einen
  • Verdacht hegen; mit Prgep. ze c. dat., auf etwas. — • 15374 überkomen stv.,
  • überwinden, überweisen; vgl. zu 18700. — 1537^ gerihten swv., verst.
  • rihtea. — 15381 ervinden stv., ähnlich wie ervarn, entdecken, ertappen;
  • vgl. zu 13724 fg. — 15384 an saf/en swv. mit acc. der Person und der
  • Sache, einen in einer Sache anklagen, gegen einen eine Sache vorbringen,
  • vgl. zu 15486 und zu 1544^5. — 1538(5 ohne daß er u. s. w. , ebenso in
  • V. 15.390. —
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN. 173
  • SU bringet oiich Isolde
  • lilit' ete.swer ze niedren,
  • erii mag es niht bevva?ren. 15300
  • Sit aber der hol' ir missetat
  • so harte in arewäne hat,
  • soiie sulet ir der kimigin
  • ze bette noch ze tische sin
  • geselleclich unz an den tac, 15395
  • ob si ir unschiüde erzeigen mac
  • so wider iuch so wider diu lant.
  • den dirre liument ist erkant
  • (387) und die in tribent alle tage.
  • wan leider sus getaner sage 15400
  • der ist daz 6re vil bereit
  • zer lüge und zer warheit.
  • ez si war oder gelogen,
  • swaz in den liument wirt gezogen,
  • der inziht da heizet, 154:05
  • der kicket unde reizet
  • ie zer ergeren liant.
  • swie so ez hier umbe si gewant.
  • ez si war oder niht,
  • der liument und diu inziht 15410
  • diu sint mit rede so verre komen,
  • daz ir"z ze leide habet genomen
  • und ez der hof vür übel hat.
  • nu rate ich , herre , und ist min rät ,
  • min frouwe diu künigin, 15415
  • Sit si besprochen sol sin
  • umbe solhe missewende,
  • daz man si her besende
  • z'unscr aller gagenwürte,
  • 153'J8 liwaent (=H8. M in V. 15410, hier: lument; W lümcnt ; dagegen H
  • liu/itt, F luinit) stm., Leumund, Gerücht. — 154UÖ Groote: «welches (=Ge-
  • rücht, liument) da Laster und Untreue heifit.» Die Übersetzer frei, aber
  • ziemlich treffend, namentlich Kurtz : »"Wo sich's um solche Inzicht han-
  • delt.» Ich fasse der nicht als Eelativ auf liument bezogen, inziht als No-
  • minativ, licizet = ii\id. licißt, genannt wird, ist, sondern der-=stver, wer,
  • wenn einer, wenn man, sobald man. — inzild acc, eine Schuld. — da, hier,
  • darin, im Gerücht. — heizet trans., nennt, geltend macht. — 1540G kicken ,
  • auch quicken, swv. [erhalten: erquicken], lebendig maclien, erwecken, er-
  • regen; vgl. zu 19ll'i. — 1Ö407 zer ergeren Iiant , auf die schlimmere Seite
  • (14223), zum Schlimmem. — 1541(j besprechen stv., hier ziemlich ent-
  • sprechend unserm : besprechen, einen im Gerede haben, beschuldigen ; vgl.
  • l.S4.'>0. — 1J417 uiisseu-ende stf., liier: Tadel, Makel; vgl. l.')497. —
  • 174 XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN.
  • iiiwer änspräcli', ir antwürte 15420
  • daz man diu beide also verneme,
  • als ez dem hove wol gezeme. «
  • Der künec sprach: «herre, des volge ich:
  • diu rede und der rät dunket mich
  • gefüege unde gevallesam.» 15425
  • man besände Isolde, und si kam
  • zem conzi'lje in den palas.
  • uu daz si nider gesezzen was,
  • der bischof, der grise,
  • der wise von Tamise 15430
  • er tete als ime der künec gebot,
  • er stüont üf und sprach: «frouwe Isot,
  • tugenthaftiu künigin ,
  • min rede sol iu niht sw?ere sin:
  • der künec min herre heizet mich 15435.
  • sin wort hie sprechen, nü muoz ich
  • hin ze iu leisten sin gebot,
  • nü bekenne ez aber got:
  • (388) swaz iuwerr wirde missezimet
  • und iuwer reine lop beuimet, 15440
  • daz ich daz vil ungerne trage:
  • beidiu ze liehte und ouch ze ta^e,
  • möht' ich es wol erläzen sin.
  • Sceligiu, guotiu künigin,
  • iuwer herre und iuwer man 15445
  • der heizet mich iuch sprechen an
  • umbe ein ofFenfiche inziht.
  • i'ne weiz noch er enweiz ez niht,
  • wä von ez si gerochen,
  • wan daz ir Sit besprochen 15450
  • von hove und von lande
  • mit sinem neven Tristande.
  • ob got wil, frouwe künigin,
  • 1Ö420 anspräche stf., hier: Anklage; vgl. zu 15446.
  • 15437 gebot leisten = Gebot, Willen erfüllen. — 15438 bekennen swv,
  • mit acc, erkennen, wissen. — 15446 an sjjrechen mit acc. wie an sagen in
  • V. 15384, einen anklagen; vgl. zu 10308 und 15420. — 15449 gerochen wird
  • von Zarncke im mlid. Wb. II, 1, 683 als park, von rechen stv. (bSS^) «zu-
  • sammenscharren» vermuthet (vgl. auch zu 19052). Als part. von rechen
  • stv. =: rächen, strafen fasst es Bech: «woher, weshalb diese Strafe (vom
  • Himmel) verhängt sei.« Sollte gerochen von riechen genommen sein als
  • Bild vom Spürhund: wovon, woher es gerochen, gewittert, geschnüffelt,
  • aufgeschnobert, ausgestänkert sei?
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN.
  • 175
  • der iintcTBtc sult ir sin
  • imschuldic imde äne.
  • iedoch hat er'z in wane,
  • da von, daz es der liöf gilit.
  • min herre selbe dern hat niht
  • an iu befunden niuwan guot.
  • von m^eren, diu der hof tüot,
  • hat er den wän üf iuch geleit,
  • niht von deheiner warheit.
  • dur daz so sprichet er iuch an,
  • daz ez sine friunde und sine man
  • vernemen unde hoeren,
  • ob er hie mite zestoeren
  • disen liument unde dise lüge
  • mit unser aller rate müge.
  • nu dunket mich daz guot getan ,
  • daz ir im umbe den arcwän
  • rede gebet unde antwürte
  • z'unser aller gagenwürte.»
  • 15455
  • 15-160
  • 15465
  • 15470
  • Jsöt diu wol gesinne,
  • diu gesinne küniginne,
  • du ir ze sprechenne geschach,
  • si stuont üf selbe unde sprach:
  • I herre, min her bischof,
  • dise läntbarüne und al der hof,
  • (389) ir sult daz alle wizzen wol,
  • swä so ich versprechen sol
  • mines herren laster unde mich,
  • entriuwen, daz verspriche ich
  • ^ beidiu nü und alle stunt.
  • ir herren alle, mir ist wol kunt,
  • daz mich disiu torperheit
  • vor einem jare ist ane geseit
  • 15475
  • 15480
  • 15485
  • 15474 gesimie adj., mit sin. Verstand begabt, besonnen, scharfsinnig. —
  • 15475 mir ijeschiht mit dem Infinitiv bei prajp. ze ist dichterische Umschrei-
  • bung für das einfache Verbum, doch liegt noch mehr die Möglichkeit,
  • Füglichkeit, Gelegenheit und Nüthigung zum Handeln darin: da sie
  • sprechen konnte oder musste, nicht einfach: da sie sprach; vgl. Gr. 4, 109,
  • wo auch auf die entsprechende griechische Wendung i-(bit-rj u. s. w. auf-
  • merksam gemacht ist; vgl. auch mlid. Wb. II, '2, 113''. Bei Hartmann
  • von Aue hiiufig; bei Gottfried nur noch in V. 17773. — 15480 versprechen
  • stv. mit acc, verantworten , entschuldigen. — 15485 fg. hier an sagen
  • (V. 15384) in passivischer (,'onstruction : nom. der Sache, acc. der Person. —
  • torperheit {=i stf., bäuerisches Wesen = J/w/^/oa-e , Unschick-
  • lichkeit. —
  • 17G XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN,
  • beid' über Iiof und über laut.
  • iu ist ab allen wol erkant,
  • daz iiiemen alse s?elec ist.
  • der al der werlde und alle frist 15490
  • so wo] ze willen müge geleben,
  • im e«werde aläster gegeben.
  • von danne enwnndert mich es niht,
  • ob mir der rede ouch not gescliiht;
  • i'ne mölite niemer sin verswigen, 15495
  • i'ne müese werden bezigen
  • iinfuoge und missewende.
  • dur daz ich bin eilende
  • und endärf hie niender fragen
  • nach friunden noch nach niagen: 15500
  • mir ist leider lützel lernen bi,
  • der mines leides leidec si.
  • ir alle und iiiwer iegelich,
  • ir Sit arm oder rieh,
  • ir gelöubet vil gereite 15505
  • miner torperheite,
  • west' ich nu, waz geta?te,
  • waz rätes hie zuo hrete,
  • daz ich mine unschuldc
  • an iuwer aller hulde 15510
  • nach mines herren eren
  • wol möhte gekeren,
  • da haete ich guoten willen zuo.
  • waz ratet ir nu, daz ich tuo?
  • swaz gerihtes man mir üf geleit, 15515
  • des bin ich gerne bereit,
  • daz iuwer aller arcwän
  • werde für der getan:
  • (390) und aber noch micliel mere
  • 15492 ulaster stn., Schmach, Makel. — \:A'j\ mir not mit gen. der
  • Sache (wie schon vorher weniger deutlich in Y. 14(J37), ahnliche Wendung
  • wie ndr ixt, tuot not, es fügt sich mir, etwas nöthig zu haben; mir steht
  • etwas in Aussicht oder, wie hier: mich Letrittt etwas, »mir widerfährt».
  • Simrock. — ouch wird zu mir gehören: auch mir. — rede stf., hier nicht:
  • Rede, im Sinne etwa von übeler Nachrede, sondern wieder allgemein:
  • Sache, das. — 15495 verswtyen stv., hier: mit Stillschweigen übergehen;
  • verswigen part., etwa: unberedet, prosaisch: unbeklatscht. — 15496 be^'ihen
  • stv. mit acc. und gen., einen einer Sache bezichtigen. — 15502 leidec adj.
  • hier mit gen., über etwas betrübt; /. shi , etwa: bemitleiden. — 15505 be-
  • reite adv. (bei Gottfried nur hier), bereit, leicht, gerne. — 15515 gerillte
  • stn., hier: Gerichtsverfahren.
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN. 177
  • ze behäbene die ere / 15520
  • mines herren unde min.» ^
  • Der künec sprach: «frouwe künigin,
  • liier an läz' ich ez wol gestän:
  • mac ich gerihte von in hän,
  • als ir uns habet vür geleit, 15525
  • so tuot es uns gewisheit:
  • gät her in alrihte,
  • vertriuwet daz gerihte
  • ze dem glüenden isen ,
  • als wir iuch hie bewisen.» 15530
  • diu küniginne tete also:
  • si vertriuwete ir gerihte do,
  • als ir da wart besprochen,
  • nach den selben selis wochen
  • in die stät ze Karliüne. 15535
  • künec ünde lantbarüne,
  • al daz concilje schiet sich sä.
  • Isöt beleih al eine da
  • mit sorgen und mit leide:
  • sorg' unde leit diu beide 15540
  • twungen si harte sere..
  • si sorgete umbe ir ere;
  • so twanc si daz verholne leit,
  • daz si ir unwärheit
  • solte wärbseren. 15545
  • mit disen zwein swseren
  • 15523 gestän läzen=stän l. in V. 9277: dabei lasse ich es beruhen, be-
  • wenden. — 15524 gerillte stn. , hier: Rechtfertigung, Genugthuung. —
  • 15527 in alrihte adverbiale "Wendung, verst. in rihte, enrihte (3070); auch
  • dieses von der Zeit: sogleich, alsbald; bei Gottfried nur hier. — 15528 ver-
  • triuicen swv. traus. hier mit priep. ze ist im mhd. Wb. III, 111 unter die
  • Bedeutung: versprechen, geloben gestellt wie V. 10204. In V. 15532 hat
  • diese Bedeutung unbedingt zu gelten ; sollte vielleicht hier wegen der Wie-
  • derholung der Worte kurz nacheinander eine leise andere Bedeutung anzu-
  • nehmen sein? rertriui'-en wiire dann = vertrauen, anvertrauen; gerihte als-
  • dann = Gerichtsspruch , Urtheil: gebt das Urtheil dem glühenden Eisen
  • anheira? — Die Übersetzer geben gerihte ze dem gl. i: («Gericht mit dem
  • gl. E. >; bei Simrock ist dies zutreffend: u Versteht euch zu dem Gerichte
  • mit d. gl. E.>> — löb'io Leu isen swv. hier nur mit acc, wie in V. 4152, hier:
  • anweisen, rathen. Oder ist bewisen Futurum: wie wir euch anweisen, be-
  • stimmen, citieren werden?
  • 15544 unuärheit stf., wohl niclit oder nicht allein = nhd. Lüge, son-
  • dern wortspielend zugleich Gegentheil von wärheit als Synonym von triuive
  • (vgl. zu H9G«i), Untreue. — Ihbib uär baren swv., hier: wahr machen, etwa:
  • rein waschen. —
  • GOTTFRIED VOK STEASSBURG. II. 2. Aufl.
  • 12
  • 178 XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN.
  • enweste si, waz ane gän:
  • si begimde ir swa^re beide län
  • an den genaedigen Krist,
  • der gehülfec in den noeten ist; 15550
  • dem bevälch si harte vaste
  • mit gebete und mit vaste
  • alle ir angest unde ir not.
  • In disen dingen hsete Isot
  • einen list ir herzen vür geleit 15555
  • vil verre üf gotes hövescheit:
  • si schreip unde sande
  • einen brief Tristande
  • (391) und enbot im, daz er kseme,
  • swä er die fuoge nseme, ■ 15560
  • ze Karliün des tages fruo,
  • so si da solte stözen zuo,
  • und nseme ir an dem Stade war.
  • nu diz geschach: Tristan kom dar
  • in bilgerimes wsete. 15565
  • sin antlütze er hsete
  • missevärwet unde geswellet,
  • lip unde wät verstellet.
  • Nu Marke und Isot kämen,
  • ir gelende da genämen, 15570
  • diu künigin ersach in da
  • unde erkande in ouch iesä;
  • und alse daz schif an gestiez, '
  • isot gebot unde hiez,
  • 6p der wällsere 15575
  • so wol mugende wsere
  • und so vil krefte hsete,
  • daz man' in dur got bsete,
  • daz er si trüege hin abe
  • 15550 gehülfec adj., behülflicli, liülfreicb. — l')r)52 vaate stf., Pasten subst.
  • inf. stn. [das Hauptwort Fasten = Fastenzeit nur plurale tantum].
  • 15567 missevärwen swv., hier sicher: übel färben, alsdann: durch Far-
  • ben entstillen, stark schminken. Simrock scheint das Wort zu missevar
  • adj. in der Bedeutung: blaß zu stellen: «ganz entfärbt». — swellen swv.
  • trans., schwellen, geschwollen, wulstig machen. Dagegen nimmt Bech die
  • factitive Bedeutung von swellen stv. im Sinne von «versclimachten » (mhd.
  • Wb. II, 2, 791^*, 36) an, also: «machen, daß etwas abgezehrt und ver-
  • schmachtet aussieht».
  • 15576 mugende stn = mugen , doch mit leisem andern Sinne : mugende
  • adj. part. , kräftig. Schwerlich ist mugende gen. von mugent stf., Ver-
  • mögen , Kraft. —
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN. 179
  • von der schif brücke in die habe; 15580
  • sine wölte sich iiiht in den tagen
  • deh einen ritter läzen tragen,
  • sus riefen s' alle dar an:
  • «gät her näher, sselec man,
  • traget mihe frouwen an daz stat!» 15585
  • er volgete, des man in da bat:
  • sine frouwen die künigin
  • die nam er an den arm sin
  • und truoc si hin wider laut.
  • Isöt diu runde ime zehant, 15590
  • swenn' er ze lande k«me,
  • daz er einen val da n?eme
  • mit ir mitalle z'erden,
  • swelch rät sin solte werden.
  • er tele also; do 'r an daz stat 15595
  • und üz hin an daz laut getrat,
  • der walla3r' nider zer erden sanc
  • und viel als äne sinen danc,
  • (392) daz sich der val also gewac,
  • daz er der künigin gelac 15600
  • an ir arme und an ir siten.
  • hie was unlangez biten:
  • des gcsindes kom ein michel schar
  • mit Stäben und mit stecken dar
  • und wolten den wallsere 15605
  • bereiten übeler m?ere.
  • «nein, nein, lät stau!» sprach aber Isot
  • «ez tete dem wallsere not:
  • er ist ämähtic unde kranc
  • und viel äne sinen danc.» 15610
  • Xu Seiten si's ir sere
  • beidiu genäde und ere
  • [55S2 fg. deheincn ritter acc. abh. von läzen, wo wir erwarten: von keinem
  • Ritter abh. von tragen; vgl. Gr. 4, 118 fg., 328 (Nachträge 956). Die Les-
  • irt der Hs. M, der Hagen und Maßmann folgen, deheinein dat. ist, obwohl
  • ingewöhnlicher, nicht an sich zu verwerfen ; läzen hat auch den Dativ bei
  • sich, alsdann ist tragen als acc. gefasst; sich steht reflexiv wie im Lat.,
  • NO wir das demonstrative Personalpronomen (hier: sie) gebrauchen, sobald
  • assen nicht allein steht: sie erlaubte keinem Ritter (nicht), sie zu tragen.
  • — 1Ö590 runen swv. hier mit dat. ohne adv. (wie schon vorher in V. 10704),
  • ;inem flüsternd sagen = 2wo r. mit dat. 9848. — 15606 bereiten swv. mit acc.
  • ier Person und gen. der Sache, «es ihm nicht vorenthalten, es ihn kennen
  • iehren«. Benecke. — 15608 ez tuot mir not, s. zu l.')912. — 15609 ämähtic
  • idj., unmüchtig, kraftlos.
  • 12*
  • 180
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN.
  • und lobeten s' in ir muote,
  • daz si sich mit unguote
  • an dem armen niht enrach. 15615
  • Isot do smierende sprach:
  • «welch wunder wsere ouch nü dar an,
  • op dirre wallende man
  • mit mir wolte schimpfen?«
  • diz begünden si ir gelimpfen 15620
  • ze tugenden und ze hövescheit:
  • ir eren wart do vil geseit
  • unde ir lobes von manegem man;
  • und Marke der sach allez an
  • und horte diz unde daz. 15625
  • isot sprach aber do vürbaz:
  • «nune weiz ich, waz sin werden sol;
  • iuwer legelich der siht nu wol,
  • daz ich daz niht verrihten kan,
  • daz äne Marken nie kein man 15630
  • an minen arm kseme
  • noch daz nie man genseme
  • sin leger an miner siten.«
  • BUS begünden si riten
  • tribende ir schimpfmsere 15635
  • von disem baltensere
  • hin in ze Karliüne.
  • da was vil barüne,
  • (393) pfaffen unde ritterschaft,
  • gemeines Volkes michel kraft; 15640
  • bischove und preläten,
  • die daz ambet täten
  • und segenten daz gerihte.
  • die wären ouch enrihte i
  • mit ir dinge bereit: 15645
  • daz isen daz was in geleit.
  • Diu guote künigin Isolt
  • diu hsete ir silber unde ir golt,
  • 15620 fjelimpfen swv. mit dat. der Person, acc. der Sache, einem etwas
  • nachsehen, zum Guten auslegen [vgl. glimpflich]. — 15629 verrihten swv.,
  • hier: «so wie sich gehört darthun» (Zarncke) , beweisen, und zwar wohl
  • nicht allgemein, sondern: gerichtlich beweisen. — 15635 schimpfmcere stn.,
  • Scherzgespräch; hier wohl pl., Scherzreden. — 15636 baltencere, paltenoere
  • stm. Fremdwort, Wallfahrer, Vagabund.
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN. 181
  • ir Zierde und swaz si licete
  • an pferden uude an w?ete 15650
  • gegeben durch gotes hulde,
  • daz got ir wären schulde
  • an ir iht gedsehte
  • und si ze ir eren brcehte.
  • hie mite was si zem münster komen 15655
  • und biete ir ämbet vernomen
  • mit inneclichem muote.
  • diu wi'se, diu guote,
  • ir andäht diu was gotelich:
  • si truoc ze nähest an ir lieh 15660
  • ein herte hemede hserin,
  • dar obe ein wullin rockelin
  • kurz und daz me dan einer haut
  • ob ir enkelinen want.
  • ir ermel wären üf gezogen 15665
  • vaste unz an den eilenbogen;
  • arm' unde füeze wären bar.
  • manec herze und ouge nam ir war
  • swär' unde erbärmecliche.
  • ir gewändes unde ir liehe 15670
  • des wart da dicke war genomen.
  • hie mite was ouch daz heiltuom komen,
  • üf dem si sweren solde.
  • alsus hiez man Isolde
  • ir schulde an disen Sünden 15675
  • got unde der werkle künden,
  • nu hsete Isöt er' unde leben
  • vil verre an gotes güete ergeben:
  • (394) si bot ir herze unde ir haut
  • vorhtliche, als ez ir was gewant, 15680
  • dem heiltuom' unde dem eide.
  • haut unde herze beide
  • ergap si gotes segene
  • ze bewärne und ze pflegene.
  • Nu wären da genuoge 15685
  • so grozer unfuoge,
  • 15659 gotelich adj., hier wohl ähnlich wie gote gebcere in V. 2622, heilig,
  • romm; vgl. zu 1963. — 15664 enkpitn = fnkelltn stn. dimiu. zu enkel 2640. —
  • 5672 heiltuom stn., Heiligthum, Reliquien,
  • 182
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN.
  • (laz si der küniginue ir eit
  • vil gerne haeten üf geleit
  • ze schaden und ze valle.
  • diu bitter nitgalle,
  • der truhsseze Marjodo
  • der treib ez sus unde so
  • und manege wis ze ir schaden an.
  • da wider was aber da manic man,
  • der sich an ir erte
  • und ez ir ze guote kerte.
  • sus gie daz kriegen under in
  • umbe ir eit her unde hin:
  • der was ir übel und dirre guot,
  • als man ze solhen dingen tuot.
  • «künec herre» sprach diu künigin
  • «min eit muoz doch gestellet sin,
  • swaz ir deheiner gesaget,
  • als iu gevället unde behaget:
  • von diu so seht hie selbe zuo,
  • waz ich gespreche oder getuo,
  • ob ich ez iu mit eide
  • ze danke bescheide:
  • ir aller lere der ist ze vil.
  • vernemet, wie ich iu sweren wil:
  • daz mines libes nie kein man
  • deheine künde nie gewan
  • noch mir ze keinen ziten
  • weder z' arme noch ze siten
  • an' iuch nie lebende man gelac
  • wan der, vür den ich niht enmac
  • gebieten eit noch lougen,
  • den ir mit iuwern ougen
  • (395) mir sähet an dem arme,
  • der wällpere der arme:
  • so gehelfe mir min trehtin
  • und al die beilegen, die der sin,
  • 15690
  • 15695
  • 15700
  • 15705
  • 15710
  • 15715
  • 15720
  • 15688 uf geleit , «nicht auferlegt, sondern in einer bestimmten Form
  • vorgesprochen, gestellet (15702).» Benecke zu Iwein 1190. — 15690 nitgalle
  • swf., s. zu 2915. — 15695 eren swv. refl. a.n eviem, sich gegen einen artig
  • erweisen. — 15717 gebieten sty. = bieten eit, einen Eid darbieten, sich zum
  • Eide erbieten. — lougen ist wohl Substantiv wie eit zu gebieteii gehörig,
  • da auch die Wendung lougen bieten vorkommt, möglich aber auch Verbum
  • lougen swv., läugnen, abschwören, ohne Casus. — 15722 der 3Ldv. = dar,
  • dar, da; vgl. zu 193. —
  • XXIV. DAS GLÜHENDE EISEN. 183
  • ze sselden und ze heile
  • an disem urteile!
  • hän ich es niht genuoc geseit, 15725
  • herre, ich bezzcr iu den eit,
  • als ir' mir saget, sus oder so.»
  • «Frouwe))f sprach der künic dö
  • «es dunket mich genuoc hier an,
  • alse ich mich's versinnen kan. 15730
  • nu nemet daz isen üf die hant;
  • und alse ir uns habt vor genant,
  • als helfe iu got zc dirre not!»
  • «amen!» sprach diu schoene Isöt.
  • in gotes namen greif si'z an 15735
  • und truog ez, daz si niht verbran.
  • da wart wol goffenbaeret
  • und al der werlt bewaeret,
  • daz der vil tugenthafte Krist
  • wintschaffen alse ein ermel ist: 15740
  • er flieget unde suochet an,
  • da man'z an in gesuochen kan,
  • also gefüege und alse wol,
  • als er von allem relite sol.
  • er'st allen herzen bereit, 15745
  • ze durnähte und ze trügeheit.
  • ist ez ernest, ist ez spil,
  • er ist ie, swie so man wil.
  • daz wart wol offenba?re schin
  • an der gefüegen künigin: 15750
  • die generte ir trifgeheit
  • und ir gelüppeter eit,
  • der hin ze gote geläzen was,
  • daz si an ir eren genas,
  • und wart aber dö starke 15755
  • 15726 bezzern swv. , hier in unserm Sinne: bessern, anders und besser
  • machen,
  • 15736 verbrinnen stv. intrans., verbrennen swv., sich verbrennen. —
  • 15740 wintschaffen adj., beschaffen , daß es sich wie der Wind dreht. Sini-
  • rock behält das alte Wort bei, Kurtz: « hantier] icli ». — ermel stm., hier
  • nicht der enganliegende Ärmel wie in Y. 2845, sondern das Bild ist von
  • den weiten, lang herabhängenden Oberärmeln genommen, die sich jeder
  • Bewegung des Armes fügen und sie nie hindern. Vgl. zu dieser Stelle
  • Einleitung S. XXVIII fg. — 15742 geauocfien swv., verst. suochen, versuchen.
  • — 15746 iliirnühte stf., Yollkommenlieit, Aufrichtigkeit; vgl. zu 1166. 5761.
  • — 15752 gelüppet part. adj., eigentlich: vergiftet (6947), verderbt, gefälscht.
  • 184 XXIV, DAS GLÜHENDE EISEN.
  • von ir herreii Marke
  • geminnet iinde geeret,
  • gepriset unde geheret
  • (396) von Hute und von lande.
  • swaz so der künec erkande, " 15760
  • dar an ir herze was gewant ,
  • daz was sin wille zehant:
  • er bot ir ere unde guot.
  • . al sin herze und al sin muot
  • die wären niwan an si geleit 15765
  • an' aller slahte valscheit.
  • sin zwivel unde sin arcwän
  • diu wären aber dö hin getan.
  • XXV.
  • PETITCRIÜ.
  • Tristan begibt sich von Engeland nach Swales zum Herzog Gilau,
  • dem er willkommen ist. Der Gast wird selten froh. Eines Tages sitzt
  • Tristan trauernd bei Gilan, und dieser lässt, um Tristan von seiner
  • Schwermuth zu befreien, sein Hündlein Petitcriu bringen, welches er von
  • einer Fee aus Avelun zum Geschenk erhalten hatte. Dieses Hündlein
  • schillerte wunderbar in vielen Farben ; von der Schelle , die es am Halse
  • trug, wurde jedes Ungemach verscheucht. Tristan vergisst beim Anblick
  • des Hundes und beim Klang der Schelle seines Leides. Sobald aber der
  • Hund hinweggetragen wird, beginnt Tristan's Kummer aufs neue. Er
  • denkt darauf, für seine Herrin Isolt das Hündlein zu erwerben. Das aber
  • war schwer, denn Gilan hätte es um keinen Preis hingegeben.
  • Nun wohnte neben dem Lande Swales ein Riese , Urgan li vilus,
  • welchem Gilan und sein Land unterthan und ziuspflichtig waren. Damals
  • war er ins Land gebrochen und nahm Viehheerden als Tribut in An-
  • spruch. Tristan ist bereit, seines Freundes Land zu befreien, und Gilan
  • verspricht, ihm dafür jede Forderung zu erfüllen. Tristan sucht den
  • Riesen auf, findet ihn und besteht ihn nach zwiefachem hartem Kampfe.
  • Der Sieger erinnert Gilan an sein Gelübde und fordert Petitcriu. Gilan
  • will ihm lieber seine schöne Schwester und die Hälfte seines Besitzthums
  • gewähren. Tristan besteht auf der Forderung, und Gilan willigt endlich
  • mit Schmerzen ein. Ein Spielmann aus Swales überbringt Brangaenen das
  • für Isolt bestimmte Geschenk Tristan's und seine Briefe. Isolt meldet
  • zurück, Tristan solle kommen, IMarke sei versölint. Darauf kelirt Tristan
  • zurück. Die Ehre, die ihm am Hofe wieder erwiesen wird, ist von Seite
  • Marjodo's und Melot's nur eine äulierliche. Isolt gibt au , sie habe das
  • Hündlein von ihrer INIutter, der Königin von Irland, erhalten. Sie erfreut
  • sich an dem Hündlein und an der Schelle Klang, aber aus Liebe zu Tri-
  • stan, den sie in Trauer und Klage weiß, will sie allein nicht froh sein;
  • sie bricht die Schelle ab von der Kette am Halse, da hört sie auf zu
  • klingen.
  • Tristan, Isolde cumpanjün,
  • do er si ze Karliim 15770
  • hrete getragen an daz stat
  • und geleistet da, des si in bat,
  • er fuor des selben mäles
  • von Engelant ze Swales
  • \
  • 18G XXV. PETITCRIU.
  • ze dem herzogen Giläne; 15775
  • der was do wibes äne
  • lind was jiinc iinde rieh,
  • fri unde frolich.
  • dem was er groze willekomen;
  • der ha3te ouch e von ime vernomen 15780
  • vil manlicher dinge
  • und vil seltsaener linge.
  • der was vil harte sere
  • verflizzen an sin ere,
  • an sine fröude, an sin gemach: 15785
  • an swelhem dinge er sich versach,
  • daz sin fröude wsere,
  • des was er gevaere
  • und leite sinen fliz dar an.
  • wan der triirsere Tristan 15790
  • der was ze allen stunden
  • mit gedanken gebunden,
  • mit trahte und mit triure
  • umbe sme äventiure.
  • Eines tages gefuogte daz, 15795
  • daz Tristan bi Giläne saz
  • in triure unde in trahte
  • und ersü'fte üzer ahte.
  • (397) nü des wart Gilän gewar;
  • er gebot, daz man im braehte dar 15800
  • sin hundelih Petitcriu
  • sines herzen spil von Aveliu
  • und siner öugen gemach.
  • daz er gebot, daz geschach:
  • ein purper edel unde rieh, 15805
  • fremede unde wunderlich
  • al nach des tisches mäze breit
  • wart vür in üf den tisch geleit,
  • ein hundelin dar üf getragen.
  • daz was gefeinet, hörte ich sagen, - 15810
  • 15795 fg. sind in Pleier's Garel vom blühenden Thal benutzt und an-
  • gezogen : vgl. Pfeiffer's Germania 3, 26 fg. — 15795 fjefücfjen^ svw., hier wie
  • in V. 7844 = .s/cA gef Hegen, f Hegen; vgl. zu 3503. — 15798 uzer ahte «ohne
  • daran zu denken». Mhd. Wb.; «unbewusst». Kurtz; ebenso Sirarock. —
  • 15810 gefeinet part. adj., hier wohl: feenhaft, magisch, wunderbar, ein
  • Wunder. Bech: «bezaubert». —
  • XXV. PETITCRIU. 187
  • und wart dem herzogen gesant
  • üz Avelün, der feinen lant,
  • von einer gotinne
  • durch liebe und durch niinne.
  • daz -was mit solher wisheit 15815
  • an den zwein dingen üf geleit
  • an der varwe und an der kraft,
  • daz zunge nie so redehaft
  • noch herze nie so wise wart,
  • daz sine scha3ne und sinen art 15820
  • künde geschriben oder gesagen.
  • sin varwe was enein getragen ~
  • mit also fremedem liste,
  • daz niemen rehte wiste
  • von welher varwe ez wsere; 15825
  • ez was so missehaere,
  • als man ez gegen der brüst an sach,
  • daz niemen anders niht enjach,
  • ez enwan'e wizer danne sne,
  • zen lanken grüener danne kle, 15830
  • ein Site roter danne grän,
  • diu ander gelwer dan safrän;
  • unden gelich läzüre,
  • oben was ein mixtüre
  • gemischet also schone enein, 15835
  • daz sich ir aller dehcin
  • üz vür daz ander da bot:
  • däne was grüene noch rot
  • (398) noch wiz noch swarz noch gel noch blä
  • und doch ein teil ir aller da, 15840
  • ich meine rehte purperbrün.
  • daz fremede werc von Avelün,
  • sach man ez widerha^res an,
  • sone wärt nie kein so wise man,
  • der sine varwe erkande: 15845
  • si was so maneger hande
  • und so gar irrebaere.
  • 15818 redehaft adj., redebegabt, beredt. — löS20 art liier atm. (fem. in V.
  • 9659^ 17937), Art, Wesen, Natur; vgl. 17971. — 15821 rje.^chriben , verst.
  • schriben. — 15826 missehccre adj., verschiedenhaarig, schillernd. — 15831
  • grün stf., Scharlach. — 15833 läzur stn., lapis lazuli, (Blau). — 15834 mix-
  • türe stf. Fremdw., Mixtur, Mischung. — 15837 fg. uz bieten refl., sich her-
  • ▼orthun , heraustreten. — 15843 ividerhmres adv. , wider das Haar, gegen
  • den Strich. — 15847 irrebare adj., irreführend, unbestimmt. —
  • 188 XXV. PETITCRIU.
  • als da kein varwe wtere.
  • ime gienc umbe sin krägelin
  • ein ketene, diu was guldin: 15850
  • dar an so hienc ein sclielle
  • so süeze und so helle,
  • do ez sich rüeren began,
  • der trürsere Tristan,
  • daz er siiier äventiure 15855
  • an sorge unde an triure
  • ledec linde äne gesaz
  • unde des leides gar vergaz,
  • daz in durch Isote twanc.
  • so süeze was der schellen klanc, 15860
  • daz si nieman gehorte,
  • sin' beuseme im und zestorte
  • sine sorge und al sin ungemach.
  • Tristan der hörte unde sach
  • daz wunderliche wunder an: 15865
  • hunt unde schellen er began
  • bemerken unde trabten,
  • ietwederz sunder ahten,
  • den hunt und sine fremede hüt,
  • die schellen unde ir süezen lüt: 15870
  • ir beider nam in wunder
  • und dühte in doch hier under
  • daz wunder umbe daz hundelin
  • vil michel wunderlicher sin
  • dan umbe den süezen schellenklanc, 15875
  • der ime in sin ore sanc
  • und nam im sine triure.
  • diz dühte in äventiure,
  • (399) daz er mit liebten ougen
  • siner ougen lougen 15880
  • an allen disen varwen vant,
  • wan ime ir keiniu was bekant,
  • swie vil er ir genseme war.
  • er greif gefuocliche dar
  • 15851 schelle swf. wird in früherer Sprache auch von ganz kleinen Glocken
  • und Klingeln gesagt, während unser: Schelle (außer in Zusammensetzung)
  • sich auf mittelgroße zu beschränken beginnt.
  • 15SS0 lougen stn., hier: Täuschung; vgl. 17784, 17798. — 15884 gefuoc-
  • liche adv. , mit fuoge, aber hier nicht : «mit Geschicklichkeit, Kunstfertigkeit»
  • (mhd. Wb. III, 437), sondern: mit Zartheit; «sacht und gefüge». Kurtz. —
  • XXV. PETITCRIÜ. 189
  • uud streichele ez mit banden. 15885
  • nii diihte Tristanden,
  • dö er cz handelen began,
  • er griffe palmätsiden an,
  • so linde was ez über al:
  • weder ez engrein noch enbal, 15890
  • noch erzeigete ungebserdc nie,
  • swaz Schimpfes man mit ime begie:
  • ouch enaz ez noch entranc niht,
  • also daz msere von im gibt.
  • Nu daz ez dannen wart getragen, 15895
  • Tristandes trüren und sin klagen
  • daz was aber frisch alse e
  • und aber so vil der triure me,
  • daz er alle sine trabte,
  • die er gehaben mähte, 15900
  • an die gedanke leite,
  • mit waz gefuogheite
  • oder mit weihen sinnen
  • er möhte gewinnen
  • siner fröuwen der künigin 15905
  • Petitcriu daz hundelin,
  • durch daz ir senede swsere
  • al desto minner waere.
  • nune künde er aber niht ersehen,
  • wie'z iemer möhte geschehen 15910
  • von bete oder von liste;
  • wan er daz vil wol wiste,
  • daz ez Gilän niht hsete gegeben
  • an' eine vür sin selbes leben
  • umb' dehein guot, daz er ie gesach. 15915
  • diu trabte und daz ungemach
  • 15887 handelen swv. mit acc. , hier wörtlich: mit der Hand angreifen, be-
  • tasten; vgl. zu 7765. — 15888 jjalmätside swf., Seidevon j)almät Geschlecht
  • unbestimmt, ein reicher Seidenstoif; Etymologie noch unaufgeklärt. —
  • 15890 grinen stv. , knurren, brummen [nhd. greinen swv. für: weinen,
  • flennen mundartlich häufig noch gebraucht; selten in der Schrift].
  • 15902 gefuogheit stf., (jeschicklichkeit, schickliches Betragen, geschick-
  • tes Anbringen des "Wunsches; oder objectiv in der Bedeutung wie fnoge
  • in V. 1084, Gelegenheit, (wie auch Hs. M hat), günstige und passende Art
  • und Weise; für die erste subjective Bedeutung spricht in V. 15911 bete
  • (liste entspricht hier sinnen in V. 15903). —
  • 190
  • XXV. PETITCRIU,
  • daz lag im in dem herzen ie,
  • und tete doch diu geliche nie.
  • (400) Als uns diu wäre istörje seit
  • von Tristandes manheit, 15920
  • so was des selben mäles
  • dem lande ze Swäles
  • ein rise bi gesezzen,
  • hochvertic unde vermezzen,
  • und haete üf der rivägen hüs 15925
  • und hiez der Urgän li vilüs.
  • dem selben risen dem was Gilän
  • und sin lant Swäles undertän
  • und sollen ime den zins geben,
  • daz er daz lantliut lieze leben 15930
  • äne not und äne leit.
  • hie mite wart in den hof geseit,
  • Urgän der rise waere komen
  • und haete vür sich genomen,
  • daz sin zins da solte sin: 15935
  • rinder, schäf unde swin,
  • und hiez daz vor im dannen jagen.
  • hie mite begunde ouch Gilän sagen
  • sinem friunt Tristande maere,
  • wie dirre zins waere 15940
  • mit gewalte und mit archeit
  • von allererste üf geleit.
  • «nu saget mir, herre», sprach Tristan
  • «ob ich iuch des benemen kan
  • und iu gehilfe in kurzer zit, 15945
  • daz ir des zinses ledic sit,
  • die wile ir iemer sult geleben:
  • waz weit ir mir ze löne geben?»
  • «Entriuwen, herre», sprach Gilän
  • ((ich gibe iu gerne, swaz ich hän. » 15950
  • Tristan sprach aber do vürbaz:
  • 13918 kanu nur gefasst werden ähnlich wie in V. 15169: er entdeckte es
  • nicht, brachte es nicht zur Sprache.
  • 15921 des selben mäles, zur selben Zeit, dazumal. — 15925 riväge swf.
  • Fremdwort, Ufer. — 15926 der hier bei hiez demonstr. (nicht Artikel) wie
  • in V. 2263 bei luas genant. — vilus (:/ius ferner in V. 16014) adj. subst.
  • Fremdwort, wohl aus lat. viUosus, der Rauhe, Behaarte; vgl. zu 16241.
  • XXV. PETITCRIU.
  • 191
  • «herre, vertriuwet ir mir daz,
  • mit swelher rede so ich'z getuo,
  • so hilfe ich iu benameu derzuo,
  • daz ir nach kurzlicher zit
  • Urganes iemer ledic sit,
  • oder ich verliuse daz leben.»
  • «entriuwen, herre, ich sol iu geben
  • (401) swes ir gemuotet»; sprach Gilän
  • «swaz ir gebietet, deist getan.»
  • er bot im triuwe unde hant.
  • Tristande wart zehaut besant
  • sin ors und ouch sin isen.
  • hie mite bat er sich wisen
  • hin, da des välandes barn
  • mit dem röube solte wider varn.
  • 15955
  • 15960
  • 15965
  • Tristan zehant bewiset wart
  • vil rehte üf Urganes vart
  • in einen harte wilden walt,
  • und stiez der an des risen gewalt
  • des endes, da der roup ie
  • über eine brücke wider gie.
  • roup unde rise die körnen sä.
  • nu was ouch Tristan vor in da
  • und enlie den roup niht vürbaz gän.
  • nu daz der veige rise Urgän
  • werr' an der brücke wart gewar,
  • er kerte unstäteliche dar
  • mit einer harte langen
  • stähelinen Stangen,
  • die truog er hohe unde enbor.
  • nu er den ritter da vor
  • SO wol gewäfenden sach,
  • unwertHch er im zuo sprach:
  • «friunt üf dem orse, wer sit ir?
  • war umbe enläzet ir mir
  • 15970
  • 15975
  • 15980
  • 15985
  • 15952 certriuvoen swv. hier mit acc. und dat., hier deutlicli: ver-
  • spreclien, geloben. — 15959 'jemuoten swv., verst. muoten (5681. 14725) mit
  • gen., wünschen. — 15965 vgl. zu 2320.. 6217. — 15977 iverr\ werre (Hs. M
  • und H verre ; W und F wer) stf., Verwirrung, Störung (veranlasst durch
  • den Aufenthalt und das Hinderniss von Seite Tristan's). — 1597S unstäte-
  • liche adv., eilig, unverweilt; es ist das (iegentheil von stätltche, stctliche
  • V. 5329. — 1.59S0 stanye hier und in V. 16026 im Dat. swf., acc. in
  • V. 15994 stf. —
  • 192
  • XXV. PETITCRIU.
  • miiie habe niht über gän?
  • weiz got, daz ir ez habet getan,
  • daz engät in niuwan an daz leben,
  • oder aber ir müezet iuch ergeben.»
  • Der üf dem orse sprach zehant:
  • «friunt, ich bin Tristan genant;
  • weist dii'z vil wol, nii fürhte ich
  • dine Stange unde dich
  • niht eine halbe bone.
  • von diu so var vil schone
  • und wizze waerlichen daz .
  • din roup enkumet niht vürbaz,
  • (402) als verre als ich'z erweren kan.»
  • «ja», sprach der rise «her Tristan,
  • ir waenet haben bestanden
  • Mörolden von Irlanden,
  • mit dem ir iuwer vehte
  • mit grozem unrehte
  • umbe niht zesamene truoget
  • und in durch hochvart sluoget.
  • ouch enist ez niht ümbe mich gewant
  • als umbe jenen von Irlant,
  • den ir mit schalle an kämet
  • und ime die schoeuen nämet,
  • die blunden Isolde,
  • die er bereden solde.
  • nein nein, diu riväg' ist min hüs,
  • und heize ich Urgän li vilüs:
  • wol balde von der sträzen!»
  • 15990
  • 15995
  • 16000
  • 16005
  • 16010
  • 16015
  • Hie mite begunde er mäzen
  • mit beiden sinen banden
  • 15989 niuwan adv., hier: nicht als, nicht anders als, und insofern: sicher.
  • 15995 niht eine halbe bone, nicht das Geringste; vgl. 168S0 und zu
  • 8673. — 15999 erwern swv., abwehren. — 16005 zesamene tragen steht wie
  • enein tragen in V. 820, zu Stande bringen. — 16008 fg. beziehen sich auf
  • das Abenteuer mit Gandin. — 16009 mit schalle, nicht, wie es Kurtz auf-
  • fasst : «mit Lärm«, auch nicht nach Groote: «mit Musik», sondern: mit
  • Spott (vgl. zu 12632), Übermuth, Hohn; aber auch Simrock trifft das Eich-
  • tige nicht: «zu dem ihr prahlend kämet » , denn Tristan trat ja im Anfang
  • ganz bescheiden auf; es heißt vielmehr: dem ihr in spöttischer Weise be-
  • gegnet seid , den ihr mit Hohn behandelt habt (mit Bezug auf die nach-
  • gerufenen Worte in V. 13416—26). — 16012 bereden swv., hier: beanspruchen.
  • — suln , hier: nicht allein: wollen oder können: sondern geradezu: be-
  • rechtigt sein.
  • 16016 mäzen swv., hier trans. , abmessen, zielen. —
  • XXV. PETITCRIÜ.
  • 193
  • die rillte wider Tristanden
  • einen wurf und einen swanc ,
  • der was groz unde lanc:
  • dem lisete er sine maze
  • an der seige und an dem läze
  • reht' in der merke gegeben,
  • daz er Tristande an sin leben
  • solte sin gegangen,
  • und alse er mit der Stangen
  • hin z'ime begunde swenken,
  • Tristan begunde wenken;
  • iedoch entwanete er niht also,
  • er enwürfe ime daz ors do
  • vor den goffen gar enzwei.
  • der ungehiure rise erschrei
  • und rief Tristanden lachende an:
  • «so helfe iu got, her Tristan;
  • engähet niht ze ritene,
  • geruochet min ze biteue,
  • ob ich iuch müge erflehen.
  • daz ir mich min lautlehen
  • ((403) mit genadcn und mit eren
  • vürbaz läzet keren. »
  • 16020
  • 16025
  • 16030
  • 16035
  • 16040
  • Tristan erbeizete an daz gras,
  • wan ime daz ors erslagen was;
  • und mit dem sper so kerte er her,
  • er stach Urgäne mit dem sper
  • zem ougen eine wunden,
  • da was der veige funden.
  • der ungehiure rise Urgän
  • er lie wol balde hine gän
  • des endes, da diu Stange lac.
  • nu er die hant dar nach gewac,
  • nu biete euch Tristan sin sper
  • 16045
  • 16050
  • IßOlS die ri/ite nicht von viüzcn abhängiges Oljject, welches im folgenden
  • Verse steht, sondern acc. absei., die Kichtung liin, gerade. — 16019 siranc
  • stm., hier: Schwingung beim Werfen, der Wurf selbst, Stoß. — 16022 sei;7e
  • stf. (von sigen 1741), Senkung, Neigung, Richtung. — läz stm. [nhd. ver-
  • loren, erhalten: Ablaß, Aderlaß, Verlaß], Art des Loslassens, Abschuß. —
  • 1602.) merke stf., liier: Absicht. — 16027 swenken swv. trans., hier aber
  • ohne Object, schwingen, werfen. — 16028 v.-enken svrv.-=wanke7i, weichen.
  • — 16032 erschrien stv. , aufschreien, einen Schrei erheben. — 16037 vgl.
  • Bech zum zweiten Büchlein .").'U. — 16038 lantlehen stn., Lehen vom Lande,
  • liandzins.
  • 16046 fanden^ gefunden, d. h. erreicht, getroffen. —
  • GOTTFRIED VOK STR.\SSBURO. II.
  • Aufl.
  • 13
  • 194
  • ' XXV. PETITCRIU.
  • von ime geworfen unil kom her
  • gerüeret mit dem swerte.
  • er traf in, alse er gerte.
  • wan er sluoc ime die selben hant,
  • diu nach der Stangen was gewant,
  • daz si an der erden belac,
  • und gab im aber einen slac
  • zem schenke! unde kerte dan.
  • Urgäu der schadehafte man
  • greif mit der linken hant dernider,
  • die Stangen zucte er aber wider
  • und lief an sinen anden:
  • er jagete Tristanden
  • und er den boumen urabe
  • manec äugesliche krumbe.
  • sus was der floz älse gröz,
  • der von Urgänes wunden floz,
  • daz der välandes man
  • vil sere fürhten began,
  • im solte von dem bluote
  • an krefte unde an muote
  • in kurzen ziten abe gän.
  • er lie roup unde ritter stän
  • und nam die hant, da er si vant,
  • und kerte wider heim zehant
  • in sine veste balde.
  • 16055
  • 16060
  • 16065
  • 16070
  • 16075
  • Tristan stuont in dem walde
  • (404) bi sinem roube al eine.
  • sin angest was niht kleine,
  • daz ürgän lebende danuen was.
  • er saz nider üf daz gras
  • gedenkende unde trahtende,
  • in sinen sinnen ahtende,
  • Sit daz er siner t*te
  • deheine bewserde haete
  • wan eine den zins unde den roup,
  • sone trüege in niht vür umbe ein loup
  • sin angest und sin arebeit.
  • 16080
  • 16085
  • 16073 abe gan hier unpers. mit dat. {im 16071) und praep. an, an etwas ab-
  • nehmen, Einbuße erleiden.
  • 16088 umbe ein loup, dichterische ■Wendung = um. für nichts, nichts;
  • vgl. zu 3641.
  • XXV. PETITCRIU.
  • 195
  • die er dar an hsete geleit;
  • und dähte, im solte Gilän
  • sines gelübedes abe gän ,
  • als linder in zwein was benant.
  • er kerte üf sinen wec zehant
  • und lief vil ebene üf dem spor,
  • als Urgän was geloufen vor,
  • und da diu erde und daz gras
  • mit bluote hin gevärwet was.
  • 16090
  • 16095
  • Nu er ze dem kastele kam,
  • vil flizecliche er war nam
  • Urgänes wä unde wä.
  • nunc vand er weder in da
  • noch niemen, der ie leben gewan;
  • wan der verserete man
  • der hsete, als uns daz msere seit,
  • sine verlorne hant geleit
  • üf einen tisch in sinem sal
  • und was er von der burc ze tal
  • den berc geloufen würze graben,
  • die er zen wunden solte haben,
  • an den er ouch wol wiste
  • die kraft si'ner geniste,
  • ouch hsete er'z also vor bedäht,
  • haet' er die hant zem arme bräht
  • mit liste, den er künde,
  • enzit und e der stunde,
  • daz si mitalle wsere tot,
  • er waere wol von dirre not
  • (405) an' ouge mit der hant genesen.
  • nü ensolte des niht wesen,
  • wan Tristan der kom iesä
  • unde ersach die hant da;
  • und alse er s' ane wer da vant,
  • er nam si und kerte dan zehant
  • reht' alse er ouch was komen dar.
  • 16100
  • 16105
  • 16110
  • 16115
  • 16120
  • 16125
  • Urgän kom wider und wart gewar,
  • daz er die hant haite verlorn,
  • 16092 abe gän mit dat. und gen., hier: einem in einer Hache nicht
  • nachkommen.
  • 16112 genist stf., hier: Genesung, Heilung.
  • 13*
  • 196
  • XXV. PETITCEIU.
  • ime was leit unde zorh:
  • sin erzeiiie warf er nider,
  • er kt'rte näcli Tristande wider.
  • der was hin über die brücke komen
  • und hsete guote war genomen,
  • daz er nach ime gerüeret kam.
  • des risen hant er balde nam,
  • under einen ronen er si bare,
  • alrerste was sin angest starc
  • ze dem imgehiuren man ,
  • wan da enwas kein zwivel an,
  • ez enmüese ir eines tot sin:
  • eintweder des risen oder sin.
  • er kerte gegen der brücke her
  • unde begegente im mit dem si)er:
  • daz stach er üf in , daz ez brach ,
  • und al zehant, daz er gestach,
  • so was ouch der vertane iesä
  • Urgän mit siner stangen da:
  • so gitecliche er üf in sluoc ,
  • wan daz der slac verr' über truoc,
  • wser' er von ere gewesen,
  • ern wsere niemer genesen,
  • nu half ab in, daz er genas,
  • daz sin Urgän so girec w^as;
  • wan er was ime ze nähe komen
  • und hsete sinen swanc genomen
  • ze verre hinder ime hin dan:
  • e do der ungehiure man
  • die Stange hsete wider gezogen,
  • do hsete im. Tristan an erlogen
  • .(406) einen stich zemougen:
  • er stach im äne lougen
  • in sin ander ouge einen stich.
  • 16130
  • 16135
  • 16140
  • 16145
  • 16150
  • 16155
  • 16160
  • 16142 begegenen swv., nicht bloß in unserm Sinne : begegnen, sondern :
  • entgegentreten. — 16144 gestach plusquamperf. = gestochen hatte. —
  • 16147 gitecliche adv., (geizig), gierig. — 16148 fg. Maßmann setzt nach truoc
  • Semikolon, bezieht also vielleicht wan daz aut su. Die Construction ist
  • vielmehr folgende: Urgan schlug so gierig auf ihn los, daß er (Tristan),
  • wenn nicht der Schlag weit über truoc, zu weit über das Ziel hinausgieng,
  • nimmer davongekommen wäre, selbst wenn er (Tristan) von ere (dat. von
  • er stn.) , von Erz gewesen wäre. Die Übersetzer helfen sich beide ge-
  • schickt mit zwei Sätzen. — 16158 an erliegen mit acc. der Sache und dat.
  • der Person, einem etwas durch trügerische , listige Weise, durch Finte -
  • beibringen. —
  • XXV. TETITCRIU.
  • 197
  • hie mite sluoc ürgan umbe sich
  • also mit rehte ein blinder man.
  • er gieug ez so mit siegen an,
  • ilaz Tristan fiöch hin von im stän
  • lind liez in slahende umbe gän
  • mit siner linken hende.
  • sus kom, daz er dem ende
  • so nähen sinen trit genam,
  • daz Tristan dar gerüeret kam
  • und leite an dise ritterschaft
  • alle si'ue mäht und sine kraft,
  • er ruorte snelliche hin,
  • mit beiden banden kerte er in
  • von der brücken an den val;
  • er stiez in obene hin ze tal,
  • daz der ungehiure last
  • an dem velse aller zerbrast.
  • 16165
  • 16170
  • 16175
  • Hie mite nam aber Tristan,
  • der sigesaelige man,
  • sine hant und lie hin gän
  • und kom vil schiere, da Gilän
  • der herzöge gegen im reit,
  • dem was vil innecliche leit,
  • daz sich Tristan ie an genam
  • und ie ze disem kämpfe kam;
  • wan ime gar ungedäht was ,
  • daz er geusese, als er genas;
  • und alse er in zuo loufen sach,
  • frölicbe er ime zuo sprach:
  • «ä, bienvenjanz. gentil Tristan!
  • saeliger man, nu saget an,
  • wie stät ez iu, sit ir gesunt?»
  • nu liez in Tristan sä zestunt
  • die toten hant des risen sehen
  • und Seite im, alse ez was geschehen,
  • sin gelücke und sine linge
  • 1G180
  • 16185
  • 16190
  • 16195
  • 161GS t'ndt' stn., hier: Rand (der Brücke). — 1<]173 snelltc/ie a,dy.^= snt'lle,
  • mit Schnelligkeit. — 1()174 fg. kKren swv. einen an den val, einen zu Fall
  • bringen (die active Wendung zu eal nemnn). — 16178 zerbreaten stv., zer-
  • brechen, zerbersten, zerschellen.
  • Itjlt^O sige-ffelic arlj., siegbeglückt. — 1C191 hionvmiunz franz., will-
  • kommen! —
  • 198 XXV. PETITCR1L\
  • an allem disem dinge.
  • (407) des wart Gilän harte fro.
  • hin wider zer brücke riten si do 16200
  • und fanden, alse in was geseit,
  • nach Tristandes wärheit
  • emhn zervallenen man
  • und sähen den ze wunder an.
  • hie mite so kerten si hin; 16205
  • den roup triben si vor in
  • froliche wider in daz laut.
  • hie von wart michel schal zehant
  • ze Swäles in dem lande ;
  • man sagete da Tristande 16210
  • prisimde lop und ere:
  • der drier wart nie mere
  • in dem lande geseit
  • von eines mannes manheit.
  • Ku Gilän unde Tristan, 16215
  • der sigesaelige man,
  • hin wider ze hüse kämen,
  • ze lianden aber genämen
  • ir gelücke unde ir msere,
  • Tristan der wunderaere 16220
  • der sprach zem herzogen zehant:
  • «herzöge herre, sit gemant '
  • der triuwen unde der Sicherheit,
  • als under uns wart üf geleit,
  • und alse ir lobetet wider mich.« 16225
  • Gilän sprach: «herre, daz tuon ich
  • vil harte gerne; saget mir:
  • waz ist iu liep? wes muotet ir?»
  • «herre Gilän, ich muote iu,
  • daz ir mir gebet Petitcriu.» - 16230
  • Gilän sprach: «so rate ich baz.»
  • Tristan sprach : « lät hoeren waz. »
  • 16203 zervallen part. adj., in Stücken auscinandergefallcn , «zerschellt».
  • Kurtz. — 16204 ze wunder, hier: für ein Wunder, als ein Wunder.
  • 16220 tvundera're stm., hier von einem Helden gesagt (vgl. zu 1U013);
  • wundercere ist namentlich Ercc's Beiname; vgl. Bech zu Erec 9307. 10044
  • und Einleitung S. XI, — 16229 rnuoten swv. hier allein mit dat. (üf = Hs.
  • M und H; hin z'iu W, cm uch^ia F), einem etwas zumuthen, von einem
  • etwas wünschen, und statt des Gen. ein Nebensatz mit daz. —
  • XXV. PETITCRIU.
  • 199
  • «da lät ir mir daz huiideliii
  • und nemet die schoenen SMTSter miu
  • und zuo ir halbez, daz ich hau.»
  • «nein, herre herzöge Gilau,
  • weset der trunven gemant;
  • wan elliu riche und elliu laut
  • (408) die naeme ich zware niht dervür,
  • der mir ez lieze an mine kür:
  • ich shiog Urgänen li viliu
  • durch niht wan durch Petitcriu.»
  • «Eutriuweu, min her Tristan,
  • lit iuwer wille baz hier an
  • dan alse ich iu hän vür geleit,
  • so loese ich mine wärheit *
  • und leiste, swaz iu liep ist:
  • ichu wil niemer valsch noch list
  • gewenden noch getuon hie zuo.
  • swie rehte ungerne ich ez tuo,
  • swaz ir gebietet, daz sol sin.»
  • hie mite hiez er daz hundelin
  • vür sich und vür Tristanden tragen,
  • «seht», sprach er »herre, ich wil iu sagen
  • und wil iu sweren einen eit
  • üf alle mine sfelekeit,
  • daz ich des niht gehaben kan
  • noch nie so liebes niht gewan
  • äne min ere und ane min leben,
  • i'ne wölte ez iu vil gerner geben
  • dan minen hünt Petitcriu:
  • nu nemet in hin und habet in iu;
  • got läze in iu ze fröuden komen.
  • ir habet mir zware an ime benomen
  • daz beste miner ougen spil
  • und mines herzen wunne vil. »
  • 16235
  • 16240
  • 16245
  • 16250
  • 16255
  • 16260
  • 16265
  • 16235 zuo ir, außer ihr. — halhez adj. stark 11., das Halbe, die Hälfte. —
  • 16241 ciliu (=Hs. M und F; vrlhi W) acc. von vilus (l.i92()). Die Lesart von
  • Hb. H vüu, der Maßmanu folgt, scheint auf den ersten Blick passender, aber
  • dann müsste auch mit ^Slaßmann V'titcriu {iu zweisilbig) geschrieben werden,
  • während der Name durch die Reime in (dat. pl.) 1622!), 16261 und driu 16663
  • gesichert ist. In Y. I.VSOI schreibt Maßmanu ebenfalls l'ctitcriu im Reime
  • a,\x{ Avelit ; letzteres Wort, sonst in der Form Avelnn (:briin) 15342 ge-
  • sichert, ist aber als Eigenname nicht maßgebend und üljerdies schreiben
  • an jener Stelle Hs. M und F Avcliu, Avaliu.
  • 16260 nhd. das ich euch nicht lieber geben wollte. — 16263 ze fröuden
  • lomen, zur Freude gereichen wie in V. 3844, liier von einem lebenden
  • Wesen gesagt.
  • 200 XXV. PETITCRIU.
  • Tristan J6 er daz Imndelin
  • gewau in die gewalt sin,
  • ern haste waerliclie
  • Rome und elliu riclie, 16270
  • elliu lant und elliu mer
  • derwider gealitet niht ein ber.
  • sin herze daz wart nie so fro
  • ane mit Isolde alse dö.
  • ze siner heinlich' er gewan 16275
  • von Gäles einen spileman
  • gefüegen unde wisen;
  • den begünde er underwisen
  • (409) der fuoge unde der sinne,
  • wie er'z der küniginne, 16280'
  • der schoeuen Isolde
  • ze ir fröuden bringen solde.
  • er verband ez dem Gälotten
  • wisliche in siner rotten;
  • er schreip brieve und sande ir die 16285-
  • unde enbot ir, wä und wie
  • er ez durch si haste bejaget.
  • Der spilman, alse im was gesaget,
  • und alse er underwiset wart,
  • also kert' er üf sine vart 16290
  • und kom also ze Tintajoel
  • in des küneges Markes kastei,
  • daz ime üf siner sträze nie
  • an deheinen dingen missegie.
  • Brangaenen die gesprach er, 16295
  • hunt unde brieve antwurte er der;
  • diu antwurt' ez Isöte.
  • isot besach genote
  • 16272 nilit ein ber stf. u. stn., (Beere stf.), nicht das Geringste; vj^l.zu SS73.
  • — 16275 heinüche (Hs. M vollzieht die metrisch gebotene Apokope /leinllch)
  • kann hier verschieden gefasst werden, als: Vertraulichkeit, Freundschaft
  • wie in V. 15083 oder als Geheimniss, wie in V. 7444; unser: Vertrauen (er
  • zog in sein Vertrauen) birgt ähnlichen Doppelsinn. — 16283 vcrbindfiti stv.
  • (Lesart von Hs. M und H) hat hier den allgemeinen und abstracten Sinn
  • von: verstecken, unkenntlich und unsichtbar machen; vgl. 1267, wo die
  • eigentliche Bedeutung sich der allgemeinen nähert. Die entschieden jüngere
  • Lesart verlhude von W und F sucht drastisch die Art des Verstecks in
  • einem hölzernen Instrumente, welches nicht zugebunden, sondern nur ge-
  • leimt werden kann, darzustellen; überdies ist auch graphisch verlimdes
  • leicht aus verbandez herzuleiten.
  • XXV. PETITCIIIU. 201
  • samet uiide sunder
  • daz wunderliche wunder, 16300
  • daz si an dem hundeline vant.
  • dem spileman gap si zehant
  • ze lone und ze solde
  • zehen marc von golde.
  • si schreip unde sande 16305
  • briev' unde enbot Tristande
  • flizecliche und starke,
  • daz ime ir herre Marke
  • holt unde willic widere,
  • noch hin ze im dirre mtere 16310
  • niemer war genseme;
  • daz er benamcn kaeme,
  • si haete ez allez hin geleit.
  • Tristan tet, alse im wart geseit:
  • er kerte wider heim zehant. 16315
  • künec ünde hof, Hut unde laut
  • die buten im aber ere als e.
  • eren der wa,rt ime nie me
  • (•110) da ze hove erboten danne do.
  • wan so vil, daz im Marjodö 16320
  • er' üzerhalp des herzen bot
  • und sin gewete petit Melot,
  • die sine vinde e wären:
  • swaz eren ime die baren,
  • da was vil lützel eren bi. 16325
  • hie sprechet alle, wie dem si:
  • da diu samblanze geschiht,
  • weder ist ez ere oder niht?
  • ich spreche nein unde ja:
  • nein unde ja sint beidiu da: 16330
  • nein an jenem, der si birt;
  • ja an disem, dem si wirt.
  • diu zwei sint beide an discn zwein,
  • man vindet dii ja unde nein.
  • waz ist der rede nu mere?j 16335
  • ez ist ere an' ere.
  • 16322 geicete swm. (zu iceten 1.'243), der Verbundene, Geselle, Freund. —
  • 16327 samblanze stf. Fremdw., franz. ^^/utlame, Anschein, äußerer Schein.
  • 202
  • XXV. PETITCRIU.
  • Nu Seite Isot diu künigiu
  • ir herren umbe daz liundelin,
  • ir muoter liaete ez ir gesant,
  • diu wise künegin von Irlant;
  • und haete im heizen machen
  • von kostlichen Sachen,
  • von gesmi'de und von golde,
  • als man ez wünschen sohle,
  • ein wunnecliches hüselin,
  • und was im da gespreitet in
  • ein richer pfelle, üf dem ez lac.
  • sus was ez naht unde tac
  • offenliche und tougen
  • Isolde vor den ougen.
  • si hsete die gewoneheit,
  • swä so si was, swar so si reit,
  • sone kom ez üz ir ougen nie:
  • man fuorte ez oder truog ez ie,
  • da si'z mit ougen ane sach;
  • und entete daz durch dehein gemach,
  • si tete'z, als uns diz msere seit,
  • ze niuwenne ir senede leit
  • (411) und ze liebe Tristande,
  • der ez ir durch liebe sande.
  • 16340
  • 16345
  • 16350
  • 16355
  • 16360
  • Sine haete dehein gemach dervan;
  • ir senfte dern lac niht derau.
  • wan diu getriuwe künigin
  • da mite und ir daz hundelin
  • ze dem allerersten kam,
  • und si die schellen vernam ,
  • von der si ir triure vergaz,
  • iesä beträhte si daz,
  • daz ir friunt Tristan wsere
  • durch si beladen mit swaere
  • und gedähte ouch iesä wider sich:
  • «owe, owe! und fröuwe ich mich,
  • wie tuon ich ungetriuwe so?
  • 16365
  • 16370
  • 16343 gesnnde stn., kostbare Schmiedearbeit [nlid. Geschmeide fast
  • auf den getragenen Metallschmuck beschränkt, in weiterer Bedeutung auf
  • die Fassung der Edelsteine und dann auf dieso selbst bezogen]; hier ist
  • gesmide wohl objectiv: Metall; vgl. zu 16715.
  • 16362 vgl. zu 2188. 5097. der ist gen. abl . von niht, senfte vielleicht
  • ebenfalls, aber ebenso gut nomin.
  • XXV. PETITCRIU.
  • 203
  • war umbe wirJe ich iemer fro
  • deheine stunde und keine frist,
  • die wilc er durch mich trüric ist,
  • der sine fröude und sin leben
  • durch mich ze triure hat gegeben?
  • wes mag ich mich gefröun. an' in ,
  • des triure unde des fröude ich bin?
  • war umbe erlaclie ich iemer,
  • Sit daz sin herze niemer
  • dehein gemach gehaben kan,
  • min herze daz ensi dar an?
  • ern hat niht lebendes niuwan min :
  • solt' ich an' in nu lebende sin
  • frö unde fröudebsere
  • und daz er trüric waere?
  • nune welle got der guote,
  • daz ich in minem muote
  • iemer fröude an' in gehabe!»
  • hie mite brach si die schellen abe
  • und lie die ketenen dar an.
  • hie verlos öuch diu schelle van
  • al ir reht und al ir kraft:
  • sine was nie mere lüthaft
  • reht' in ir tugenden als e.
  • man seite, daz si niemer me
  • (412) erlaschte noch zestorte,
  • swie vil man si gehörte,
  • deheines herzen sw?ere.
  • daz was Isöte unmsere,
  • sine wolte doch niht frö sin:
  • diu getriuwe staete scnedserin,
  • diu hsete ir fröude unde ir leben
  • sene unde Tristände ergeben.
  • 16375
  • 16380
  • 16385
  • 16390
  • 16395
  • 16400
  • 16405
  • 16379 gefröun, gefröuwen swv., verst. fröuwen , erfreuen. — 1K396 lüt-
  • liaft adj., Laut gebend. — l(i399 erleschen swv., hier wie in V. S299 in all-
  • gemeiner und bildlicher Bedeutung, synonym mit zestonren: vertilgen.
  • XXVI.
  • DIE VERBANNUNG.
  • Tristan und Isolt leben nun wieder am Hofe zusammen und sind dem
  • König Marke tlieuer wie vorher. Aber ihre Liebe blieb nicht verborgen,
  • Marke's Argwohn wurde aufs neue rege, er überzeugte sich, daß sein
  • Weib den Neffen mehr liebe als ihn, und das reizte ihn zu solcher Leiden-
  • schaft, daß er sich selbst vergaß. Er lässt beide vor sich kommen in
  • Gegenwart des Hofes und erklärt ihnen, er sei sicher ihrer Liebe; er
  • wolle sie weder strafen noch hindern, aber er könne die Schmach nicht
  • mehr dulden. Sie sollten beide Hof und Land räumen. So ziehen Tri-
  • stan und Isolt in die Verbannung. Tristan nimmt außer einer Summe
  • Goldes seine Harfe, sein Schwert, seine Pirschambrust und sein Hörn
  • wie auch seineu Leithund Hiudan mit. Sein Gesinde sendet er an seinen
  • Vater Rual, nur Kurveual reitet mit ihnen vom Hofe hinweg. Brangajne
  • aber lassen sie trauernd zurück in der Hoffnung, sie werde in Kürze eine
  • Versöhnung mit König Marke ermöglichen.
  • Aber lisete Tristan imcle Isöt
  • überwunden ir sorge unde ir not
  • und wären aber des lioves wol;
  • der liof was aber ir eren vol: 16-110
  • ir beider lobes wart nie me.
  • si wären aber heinlich als e
  • ir beider herren Marke,
  • oiich hälen si sich starke;
  • wau so si ir State under in zwein 16-115
  • niht wol mohten gehaben enein,
  • so dühte si der wille guot,
  • der gelieben dicke sanfte tuot;
  • der trost und der gedinge,
  • wie man daz vollebringe, 16420j
  • dar an daz herze danne lit:
  • 16417 Wille swm., hier der That entgegengesetzt wie in V. 16430, also
  • dem uhd. Wille entsprechend, vgl. zu UA'il. —
  • XXVI. DIE VERliANyi'NG. 205
  • daz gibot dem herzen alle zit
  • lebende lust und blüende kraft,
  • diz ist diu relite trütschaft,
  • diz sint die besten sinne 16425
  • an liebe und an der minne:
  • SAva man der tat niht haben müge,
  • da nach als ez der minne tüge,
  • daz man ir gerne habe rät
  • und neme den willen vür die tat. 16430
  • swä der gewisse wille si,
  • da si diu guote State bi.
  • man sol gelangen stillen
  • mit dem gewissen willen.
  • gespilen unde gesellen 16435
  • die ensülen nicmer geweilen,
  • daz in diu State widerseit,
  • oder si wellent al ir leit.
  • (413) so man enmac, der dannc wil,
  • 1(;424 trulschaft stf., Licbschai't ; hier iiiiicrlicli : Liebe; vgl. 19437. —
  • 16431 fg. der gewisse wille wird als Gegensatz zu wiUe vorher und im Fol-
  • genden gefasst von Kiehard Hcinzel in seinem Aufsatze über Gottfried
  • von Straßburg (Zeitschrift f. d. üsterr. Gymn., 1S6S, VII. und VIII. Heft.
  • S. 53S Anmerk.): u wille ist, wie die Apposition lt;4l9 fg. zeigt, hier keines-
  • wegs nur die freundliche Gesinnung der Liebenden zueinander, sondern
  • verlangende Hoffnung auf Genuß, also nahe verwandt dem r/edinge und,
  • nach Tristan 1()41^ und 1()448 auch ohne State ein angenehmer Zustand;
  • demnach sehr verschieden von dem gewissen, d.i. «wirklichen« willen, der
  • den Liebenden quält, wenn er die state nicht hat. Letzteres ist auf die
  • That gerichtet und entspricht demnach unserm neudeutschen Worte.»
  • Ich glaube vielmehr, daß wille und gewisser iville nicht im Gegensatze
  • stehen, sondern gewisser -wille ist Verstärkung und nähere Bestimmung
  • (vgl. unser: "Wille und: guter Wille). Im Gegensatze zur tat steht der
  • wüle -• mit dem Willen des einen ist es aber nicht gethan, beider Wille ge-
  • hört dazu und das sichere Bewusstsein vom Willen des andern ; und das
  • drückt gewisser wille aus, wie später in V. 16447 gemeiner wille. der ge-
  • meinschaftliche, gegenseitige Wille. Die Verse 16431. 32 verleiten zu der
  • Annahme des Gegensatzes; \. 16431 ist Umschreibung für bi dem gewissen
  • willen und st in V. 16432 ist Optativ: da soll sein, während sl vorher
  • reiner Conjunctiv ist von s«« abhängig = /.s^ Die Bedeutung ist: mit dem
  • sichern Willen soll (im Sinne der Liebenden) die gute Gelegenheit gleich
  • dabei verbunden sein; der Wille soll die Gelegenheit mit vertreten; statt
  • der That soll man sich mit dem Willen begnügen , wie Tristan und Isolt
  • thaten, und das wiederholen in anderer Weise die folgenden Zeilen. Kurtz
  • hat den Sinn annähernd erreicht: oWo der gewisse Wille ist, da ist Er-
  • füllung auch zur Frist.» Noch anders Bech: «Wenn eine Neigung' auf
  • Erfolg rechnen will, darf ilir die geeignete Gelegenheit nicht fehlen.» Das
  • passt, wie mir scheint, nicht auf die Situation von Tristan und Isolt.
  • Noch anders Paul (S. 19); er setzt nach Zeile 16432 Komma und übersetzt:
  • < der gewisse Wille vorhanden ist, es sei denn auch die günstige Ge-
  • legenheit dabei, da soll man sein Verlangen mit dem gewissen Willen
  • stillen.» Das liieße den Liebenden eine zu große Enthaltsamkeit zu-
  • gcmuthet, widerspricht auch dem Gedanken in V. 1641.5 — 17. — 16436 ge-
  • ^velle» anom. v., verst. wi'llen; hier vereinzelt. — 16437 iridersagen swv.,
  • hier: versagen, verweigern. — 16439 der, wieder =:A!(e/", so der, so man. —
  • 206
  • XXVI. DIE VERBANNUNG.
  • daz ist ein harte unwsege spil.
  • so man wol müge, so welle:
  • daz ist guot spilgevelle ,
  • dane lit niht herzeleides an.
  • die gespilu Isot und Tristan
  • so si der state nilit mohten hän,
  • so liezen si die State gän
  • mit dem gemeinen willen hin.
  • der wille der sleich imder in
  • lieplichen iinde suoze
  • in miclieler unmuoze:
  • gemeine liebe, gemeiner muot
  • die dühten si süez' uude guot.
  • die gelieben die hälen
  • ir liebe z'allen malen
  • vor dem hove und vor Marke
  • als verre und alse starke,
  • so si diu blinde liebe lie,
  • diu mit in beiden umbe gie.
  • 16440
  • 16445
  • 16450
  • 16455
  • Nu ist aber der minnen arcwän
  • und sin säme also getan:
  • swä so er hin geworfen wirt,
  • daz er die wurzelen gebirt,
  • da ist er alse frülitec,
  • so biric und so zühtec,
  • die wile er keine fiuhte hat,
  • daz er da kiime zergät
  • und joch niemer mac zergän:
  • der unmüezige arcwän
  • der begünde aber genote
  • an Tristand' unde Isöte
  • sinen wuocher bern und spil.
  • 16460
  • 16465
  • 16470
  • 16440 unwoege adj., Gegentheil von ivage (5392), unvortheilhaft. — 16441 welle
  • elliptisch — welle man. — 16442 spilgevelle stn., Chance, Glück im Spiel, glück-
  • liches Spiel; vgl. zu 9928 (beinahe wie dort schreibt hier Hs. M: daz spil gif
  • guot gevelle, was vielleicht in Congruenz mit V. 16440 die echte Lesart ist).
  • 16463 /Vw/iiec adj., fruchtbringend, fruchtbar; vgl. zu 17897. — 16464 biric
  • adj. (zu bern), tragbar, ergiebig. — zühtec adj., (züchtig), der Zucht ent-
  • sprechend, gedeihend. — 16465 keine=(lefieiiie, irgend welche, nur einige.
  • — fiuhte stf., Feuchte [nhd. selten geworden; erhalten: Nässe, Kälte
  • u. dgl.], Feuchtigkeit. — 16467 joch adv. , hier: auch. — 16471 wuocher
  • stm., hier bildlich und in körperlichem Sinne: Frucht (nicht abstract :
  • Ertrag). — spil ist hinzugesetzt, ohne daß die Wendung spil bern anzu-
  • nehmen ist. wuocher und spil steht für einen Begriff: spilnder wuocher
  • XXVI. DIE VERBANNUNG.
  • 207
  • da was der fiuhte gar ze vil,
  • der süezen geb?erde,
  • an der man die b ewserde
  • der minnen z'allen ziten sach.
  • er haete vil war, der da sprach:
  • swie man es liüetende si,
  • si sint doch gerne ein ander bi
  • (414) daz ouge bi dem herzen,
  • der vinger bi dem smerzen.
  • des herzen leitesterne
  • die schachent vil gerne,
  • dar daz herze ist gewant.
  • ouch gät der vinger und diu hant
  • vil dicke und ze maneger zit
  • des endes, da der smerze lit.
  • als täten die gelieben ie:
  • sine möhten noch enkunden nie
  • dur deheine ir angest verlän,
  • sine büweten den arcwän
  • mit mauegem süezen blicke
  • vil oftc und alze dicke ;
  • wan leider, alse ich iezuo las,
  • des herzen friunt, daz ouge, was
  • gewendet nach dem herzen ie,
  • diu hant ie nach dem smerzen gie.
  • si begüuden dicke under in zwein
  • ir ougen unde ir herze enein
  • mit blicken so verstricken,
  • daz si sich üz ir blicken
  • oft' und ze manegen stunden
  • nie so verrihten künden,
  • Mark' enfünde ie dar iune
  • den balsemen der minne.
  • 16475
  • 16480
  • 16485
  • 16490
  • 16495
  • 16500
  • Dur daz nam er ir allez war.
  • sin ouge daz stuont allez dar:
  • er sach vil dicke tougen
  • die wärheit in ir ougen
  • 16505
  • oder etwa: wuucher in spilfs wtne, natürlich irouisch , etwa: die Eifersucht
  • begann — ganz erfreulich ihre Frucht zu tra{;eu; vgl. sc/tate unde gras
  • 14627. Bech vermuthet im Anschluß an Hs. P sin u-uocherbceren (vgl. wär-
  • hctren) unde spil. — 18490 bnwen swv., hier: bauen, pflanzen, heranziehen,
  • pflegen. — 16504 balsemrn (Hs. M balscin) acc. von balseme swm. , Kaisam,
  • Süßigkeit; vgl. zu 17987.
  • 208 XXVI. DIE VERBANNUNG.
  • und anders aber an nihte
  • niwan an ir gesilite: 16510
  • daz was so rehte minueclicli,
  • so süeze und also senerich ,
  • daz ez im an sin herze gie,
  • und solhen zorn dervon gevie,
  • solhen nit und solhen haz, 16515
  • daz er diz unde daz,
  • zwivel unde arcwän
  • allez ze einer hant lie gan:
  • (415) im hsete leit unde zorn
  • sinn' unde maze verlorn. 16520
  • ez was siner sinne^ ein tot,
  • daz sin herzeliep Isot
  • iemen solte meinen
  • mit triuwen wan in einen;
  • wan ime was ie genote 16525
  • niht dinges vor Isote
  • und was ie dar an stcete.
  • swaz Zornes er hiete,
  • so was im ie sin liebez wip
  • liep unde lieber dan sin lip, 16530
  • swie liep si'm aber woere,
  • doch brähte in disiu swasre
  • und diz vil tobeliche leit
  • in also groze tobeheit, ■
  • daz er sich es gar bewac 16535
  • und niwan an sinera zorne lac. .
  • ern hsete niht gegeben ein här,
  • wser' ez gelogen oder war.
  • In disem blinden leide
  • besande er si beide 16540
  • \ür den liof in den palas ,
  • da al daz hovegesinde was.
  • ze Isote er offenliche sprach,
  • daz al der hof hört' unde sach:
  • 16512 senerich adj., selmsuchtsvoll. — 16514 elliptisch er gevie. ye-
  • vähen stv., verst. vähen, hier: fassen [vgl. Abneiguog fassen], bekommen,
  • in sich aufnehmen. — 16518 ze einer liant gän läzen steht wie ze einer
  • hant läzen 14223, bei Seite lassen, gleichgültig erachten. — 1653.3 tobelich
  • adj., unverständig, rasend, leidenschaftlich. — 16534 tobeheit stf., Tob-
  • sucht, Käserei. — 16537 niht ein här, dichterische Wendung: nicht das
  • Geringste; vgl. zu 8873.
  • XXVI. DIE VERBANNUNO. 209
  • «min frouwe Isot von Irlant, 16545
  • liut' linde lande ist wol erkant,
  • wie sere ir gearcwant sit
  • nu lange und vor maneger zit
  • mit minem neven Tristande.
  • nu hän ich maneger hande 16550
  • lag' unde list üf iuch geleit,
  • ob ir iuch dirre tumpheit
  • dur mich woltet mäzen;
  • nune wellet ir'z niht läzen:
  • i'ne bin niht ein so tumber man, 16555
  • i'ne wizze und sehe iu daz wol an
  • offenließe und tougen,
  • iuwer herze und iuwer ougen
  • (416) daz diu sint z'allen stunden
  • üf miiien neven gebunden. 16560
  • dem bietet unde erzeiget ir
  • süez^r geböerde danne mir.
  • bi der gebaerde erkenne ich mich, '
  • daz er iu lieber ist dan ich.
  • swaz ich mir hüote genim 16565
  • beidiu hin z'iu und hin ze im,
  • daz enmäc ze deheinen staten gestän:
  • €z ist ällez umbe niht getan,
  • swie vil ich es getribe.
  • ich hän iuch an dem Übe 16570
  • so dicke gesundert,
  • daz mich es iemer wundert,
  • daz ir so lange und alle zit
  • des herzen so gemeine sit.
  • iuwer süezen blicke 16575
  • hän ich gescheiden dicke
  • und enkän doch au iu beiden
  • die liebe niht gescheiden
  • und hän iu des ze vil vertragen.
  • nu wil ich iu daz ende sagen: 16580
  • i'ne wil diz laster und diz leit,
  • 16560 gebunden sin vf einen , bildlich entsprechend unaerm: gefesselt
  • sein von einem, aber mit anderm Bilde, nämlich durch Zauber gefesselt,
  • gebannt [vgl. auf einen versessen sein]. — 16565 huote nemen, genemen
  • (doch ge- hier wohl perf.), Acht, in Obacht nehmen, hüten trans. , Hut,
  • Vorsicht anwenden; mir, für mich, in meinem Interesse. — \&bl^ vertragen
  • mit dat. der Person und gen. der Sache, einem etwas oder in etwas nach-
  • sehen. —
  • 60TTFBIED VON STBA3SBUR0. II. 2. Aufl. 14
  • 210 XXVI. DIE VERBANNUNG.
  • daz ir mir habet üf geleit
  • mit solhen arebeiten,
  • mit iu niht mere leiten;
  • i'ne li'de dirre unere 16585
  • nach dirre zit nimere.
  • ouch enwil ich mich dur dise geschiht
  • an iu so sere rechen niht,
  • als ich von rehte solte,
  • ob ich mich rechen wolte. 1G590
  • neve Tristan, min fromve Isot,
  • daz ich iu beiden den tot
  • oder iht herzeleides tuo,
  • da Sit ir mir ze liep zuo,
  • des ich doch vil ungerne gihe; 16595
  • Sit ich nu an iu beiden sihe,
  • daz ir ein ander alle zit
  • wider allem minem willen sit
  • (417) lieber dan ich iu beiden si,
  • so weset ouch beide ein ander bi, 16600
  • als iu ze müote geste:
  • durch mine vorhte lät nime.
  • Sit iuwer liebe so groz ist,
  • sone wil ich iuch nach dirre frist
  • beswseren noch betwingen 16605
  • an deheinen iuwern dingen.
  • nemet ein ander an die hant
  • und rümet mir hof unde lant.
  • sol mir leit von iu geschehen,
  • daz enwil ich hosren noch sehen. 16610
  • diu gemeinde under uns drin
  • diu enmäc niht länger gesin;
  • ich wil iuch zwei derbi län,
  • ich eine wil dervone gän,
  • swie ich mich dervone geloese. 16615
  • disiu gemeinde ist boese:
  • ich wil ir gerne haben rät.
  • der künec der wizzenliche hat
  • an minnen cumpanie,
  • 16585 leiten swv. , hier wohl niclit: fortführen, sondern: führen, tragen,,
  • haben. — 16605 betwingen stv. , zwingen, Zwang anthun, beJästigen. —
  • 16611 gemeinde (=Hs. M und H) stf., Gemeinschaft. —
  • XXV-T. DIE VERBANNUNG.
  • deist michel torperie.
  • yart ir beidiu gote ergeben,
  • leitet liebe imde leben,
  • als iu ze müote geste:
  • dirre cürapanie wirt nime.«
  • Nu diz ergieng und diz geschach,
  • reht' alse ez Marke vor gesprach:
  • Tristan und sin frouwe Isöt
  • si nigen mit msezlicher not,
  • mit küelem herzeleide
  • dem künege ir herreu beide,
  • da nach der massenie.
  • diu getriuwe cumpanie
  • bi banden si sich viengen,
  • üf den hof si giengen.
  • Brangaenen ir gesellin
  • die hiezen si gesunde sin
  • und bäten si, daz si belibe
  • und da ze hove die zit vertribe,
  • (418) biz si aber von in vernaärae,
  • wie in zwein ir dinc kaeme:
  • daz befülhen si ir vil starke.
  • Tristan nam zweinzic marke
  • von Isolde golde
  • im selben unde Isolde
  • ze ir notdurft und ze ir lipnar:
  • dar ZUG so brähte man im dar,
  • des er zer verte hsete gegert,
  • sine harphen und sin swert,
  • sin birsarmbrust und sin hörn,
  • da zuo haete er ime erkorn
  • uz sinen bracken einen
  • beide schämen unde kleinen,
  • und was der Hiudan genant:
  • den nam er selbe an sine haut,
  • sin gesinde bat er got bewarn
  • und hiez si wider ze lande varn
  • an sinen vater Rüälen;
  • 211
  • 16620
  • 16625
  • 16630
  • 16635
  • 16640
  • 16645
  • 16650
  • 16655
  • 620 lorperie stf. Fremdwortbildimg, (Dörferei, Tölpelei), = /o'"jo^r7/c/7
  • >48r)), Rohheit, Niederträchtigkeit. — 1GG22 leiten, ähnlich wie in V. 10585:
  • egeu ; vgl. minne leiten 18277.
  • 14*
  • 212
  • XXVI. DIE VERBANNUNG.
  • wan eine Kurvenälen,
  • den behäbete er an siner schar.
  • dem bot er ouch die harphen dar.
  • daz armbrust er selbe nam,
  • daz hörn ünde den hunt alsam,
  • Hiudanen, niht Petitcriu.
  • sus riten si dan von hove, si driu.
  • 16660
  • Brangsene diu reine
  • diu beleip älterseine
  • mit jämer und mit triure.
  • diu trürege äventiure
  • und daz vil leide scheiden
  • von ir gefriunden beiden
  • daz gieng ir so mit smerzen
  • und alse gar ze herzen,
  • daz ez ein michel wunder was,
  • daz si vor leide genas,
  • ouch schieden jeniu beide
  • von ir mit manegem leide,
  • wan daz si si da durch den list
  • eine kurzliche frist
  • (419) entwelen und bliben hiezen
  • und si bi Marke liezen,
  • daz si die suone von in zwein
  • wider Märke aber trüege enein.
  • 16665
  • 16670
  • 16675
  • 16680
  • 16670 gefriunt hier adj. subst. plur. , Freunde.
  • enttwelen swv., sich aufhalten, verweilen.
  • 16G79 entwelen-
  • XXVII.
  • DIE MINNEGROTTE.
  • Die drei wenden sich der Wildniss zu und gelangen nach zwei Tage-
  • eisen zu einer Minuegrotte, welche Tristan früher einmal zufällig ent-
  • leckt hatte. Diese Höhle war einst zur Heidenzeit von Riesen erbaut
  • worden. Sie war schön geformt und kostbar geschmückt. Oben waren
  • deine Fensterlein, um das Licht hineinzulassen. Umgeben war sie von
  • Säumen, ein kühler Brunnen floß dabei. Im Walde sangen die Vögel,
  • ^.ugc und Ohr wurde entzückt. Dort lassen sich die Liebenden nieder
  • md senden Kurvenal zurück; er solle sagen, sie seien nach Irland ge-
  • ahren. Sie wünschen, daß Kurvenal ihnen immer nach zwanzig Tagen
  • ■^^achricht bringe. Tristan und Isolt leben nun ein glückliches Liebeleben.
  • - Der Dichter polemisiert hier gegen diejenigen, welche Anstoß an einem
  • olchen nahrungslosen Leben nehmen. Auch fügt er eine mystisch-alle-
  • forische Deutung der Minnegrotte ein. — Des Morgens gehen die Lieben-
  • len zur Aue und lauschen dem Vogelsange, dann hören sie dem Rauschen
  • les Brunnens zu. In der Sonnenhitze gehen sie zur kühlenden Linde,
  • lann suchen sie ihre Klause auf und vertreiben die Zeit mit Harfenspiel
  • ind Gesang. Bisweilen auch reiten sie zur Jagd, gefolgt von ihrem Hunde
  • iiudan, dem Tristan lehrte ohne Gebell zu jagen.
  • bus kerten si (Irin under in
  • allez gegen der wilde hin
  • über wält und über beide 16685
  • vil nach zwo tageweide.
  • da wiste Tristan lange e wol
  • in einem wilden berge ein hol ,
  • daz h?ete er z'einen stunden
  • von äventiure fanden: 16690
  • 16680) tagexceide stf., wörtlich : die Strecke, welche in einem Tage ab-
  • geweidet wird, dann entsprechend unserm: Tagereise. — 1668S hol stn.,
  • Höhle stf. (dieses aus hüle, hölfi, ahd. fioli), Grotte. —
  • 214 XXVII. DIE MINNEGßOTTE.
  • do was er da geriten jagen
  • und haete in sin wec dar getragen.
  • daz selbe hol was wilen e
  • under der heideneschen e
  • vor Corineis jären, 16695
  • do risen da herren wären,
  • gehouwen in den wilden berc.
  • dar inne hseten s' ir geberc,
  • so si ir heinliche wolten hän
  • und mit minnen umbe gän. 16700
  • und swä der einez fanden wart,
  • daz was mit ere bespart
  • und was der Minnen benant,
  • la fossiur' a la gent amant:
  • daz kit der minnenden hol. 16705
  • der name gehal dem dinge ouch wol.
  • euch saget uns diz maere,
  • diu fossiure wsere
  • sinewel, wit, hoch unde üfreht,
  • snewiz, alumbe eben und sieht. 16710
  • daz gewelbe daz was obene
  • beslozzen wol ze lobene;
  • 16694 ^ stf., hier wohl nicht wegen lieidenisch : Eeligiou, sondern allge-
  • meiner: Zeitalter. — 16702 er stn. bezieht sich hier auf die ehernen
  • Thüren; soll hier nicht ein Wortspiel mit ere stf. gesucht sein? — be-
  • sperren swv., versperren, verschließen ; vgl. zu 17034. — 16703 fg. die Con-
  • struction dieser Zeilen wird verschieden genommen. Groote schließt V.
  • 16704 in Anführungszeichen, so daß es scheint, als fasse er benant als:
  • genannt; erklärt auch in den Anmerkungen: «die Höhle erhielt den
  • Namen von, nach der Minne», dagegen im Glossar : « das wurde der Minne
  • geweiht». Hagen setzt Komma nach 16702 und ebenfalls Komma nach
  • 16703. benennen erklärt er: «durch den Namen zueignen». Maßmann setzt
  • nach diesen Versen keine Interpunktion. Kurtz: «Dieselbe war mit Erz
  • verwahrt und wurde der Minne nach benannt La fossiure u. s. w.» Simrock
  • ähnlich und ebenso «nach der Minne benannt'). Ich glaube dagegen, daß
  • V. 16704 nicht Attribut ist zu benant, sondern dem Originale entnommene
  • Apposition zu hol, insbesondere zu daz in V. 16702 : nämlich als la fossiure
  • u. s. w. Wegen name in 16706 ist benennen nicht als: benennen, nennen
  • aufzufassen, den Namen gibt hinlänglich V. 16704 an, vielmehr fasse ich
  • benennen als: zutheilen, weihen (vgl. zu 16726), und Minnen, personificiert
  • der Liebesgöttin, ist Dativ, der nicht heißen kann: «nach der Minne).
  • Sonst hätte Gottfried ebenfalls nach minnen gesagt (vgl. 1643 fg.) oder von
  • minnen (vgl. 1998 fg.). — 16704 fossiure fem., hier franz. Wort, vom Dichter
  • sonst als Fremdwort verwendet (im Reime fossiure: äventiure 17229), um
  • mit hol abzuwechseln. — gent fem. franz., Leute. — amant part. = neufr.
  • aimant , lat. amans. — 16705 kil = k'iclet , quirlet 3. pers. prseg. von queden
  • stv., sprechen; wie sprechen im Mhd. auch öfters den Begriff hat: heißen,
  • bedeuten, so auch queden namentlich in der Wendung daz feit. — 16706 ge-
  • sellen stv. mit dat., hier: mit etwas zusammenstimmen, einem entsprechen;
  • vgl. die ähnliche Wendung mit gehellesayn in Y. 2018. — 16709 vfreht adj.,
  • emporgerichtet (in V. 1448 = nhd.), in die Höbe strebend. —
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE.
  • 215
  • oben uf dem sloze ein kröne,
  • diu was vil harte schöne
  • mit gesmide gezieret,
  • mit gimmen wol gewieret,
  • und unden was der esterich
  • glat imde lüter unde rieh,
  • (420) von grüenem marmel alse gras.
  • ein bette in mitten inne was
  • gesniten schone und reine
  • üz kristallinem steine
  • hoch unde wit, wol üf erhaben,
  • alumbe ergraben mit buochstaben;
  • und selten ouch diu msere,
  • daz ez bemeinet wfere
  • der gotinne Minne,
  • zer fossiur' oben inne
  • da wären kleiniu vensterlin
  • durch daz lieht gehouwen in,
  • diu lühten da unde hie.
  • da man üz und in gie,
  • da gieng ein tür eriniu vür;
  • und uzen stuonden obe der tür
  • estericher linden dri
  • und obene keiniu me derbi;
  • aber ümbe und umbe hin ze tal
  • da stuonden boume äne zal,
  • die dem berge mit ir blate
  • und mit ir esten baren schate.
  • und einhalp was ein plänje,
  • da flöz ein funtänje,
  • ein frischer küeler brunne,
  • durchlüter als diu sunne.
  • da stuonden ouch dri linden obe
  • schon' und ze lobelichem lobe,
  • die schermeten den brunnen
  • 16715
  • 16720
  • 16725
  • 16730
  • 16735
  • 16740
  • 16745
  • 1*>713 sloz stn., (Schloß), Schluß, insbesondere wie hier: der Schlußstein
  • des Gewölbes; vgl. 1094S. — 16715 gesnude stn., hier nicht bloß: das Me-
  • tall, sondern: die feine Schmiedearbeit. — 1G716 wieren swv. , mit edelem
  • Metall oder Gestein auslegen, fassen. — 1()726 berneinen swv. mit dat.,
  • einem etwas zudenken, widmen, weihen (Hs. F hat wie in V. 1(5703 be-
  • npunpt , wodurch meine Auffassung dieser Stelle einige Bestätigung er-
  • hält). — 16733 i'rin adj., ehern [dagegen ein «Eher» aus er verloren],
  • erzen. — 16737 — 64 sind wiederliolt und benutzt im Wigamur V. 1164 —
  • 1231. — 16741 plänje stf. Fremdwort, neufranz. plaine, Ebene. — 16742 fun-
  • tänje stf. Fremdwort, neufranz. fontaine, Quelle. —
  • 216
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE.
  • Tor regene und vor sunneu.
  • liehte bluomen, grüene gras,
  • mit den diu plänje erliuhtet was,
  • die kriegeten vil suoze enein.
  • ietwederez daz schein
  • daz ander an enwiderstrit.
  • ouch vant man da ze siner zit
  • daz schoene vogelgedcene.
  • daz geddene was so schoene
  • und schoener da dan anderswä.
  • ouge und öre hseten da
  • (421) weid' unde wunne beide:
  • daz ouge sine weide,
  • daz öre sine wunne.
  • da was schate und sunne,
  • der luft und die winde
  • senfte unde linde,
  • von disem berge und disem hol
  • so was ein tageweide wol
  • velse äne gevilde
  • und wüeste unde wilde,
  • dar enwas dehein gelegenheit
  • an wegen noch stigen hin geleit;
  • doch euwäs daz ungeverte
  • des endes niht so herte,
  • Tristan enkerte dar in,
  • er und sin trütgesellin ,
  • und nämen ir herberge
  • in dem velse und in dem berge.
  • 16750
  • 16755
  • 16760
  • 16765
  • 16770
  • 16775
  • Nu daz si sich geliezen nider,
  • si sanden Kurvenälen wider,
  • daz er in dem hove jaehe,
  • und swä es not geschsehe,'
  • daz Tristan und diu schoene Isot
  • mit jämer und mit maneger not
  • hin wider ze Irlant wseren,
  • ir Unschuld' offenbaeren
  • wider liute und wider laut;
  • 16780
  • 16785
  • 16751 hier das beliebte Bild vom "Wettstreit (kriegen) der Blumen und des
  • Grases. — enein, hier wie unser : zusammen in der Bedeutung: miteinander,
  • gegenseitig. — 16774 trütgesellin stf., traute Freundin; vgl. zu 1417,
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE. 217
  • und daz er sich ouch al zehant
  • da ze hove nider lieze,
  • swie in Brangaene hieze,
  • und mit durnähtekeite
  • der dürnähti'gen seile, 16790
  • ir beider friundinne,
  • ir friuntschaft unde ir minne; >
  • und erfüere ouch, waz der maere
  • umbe Markes willen waere,
  • ob er deheinen argen rat 16795
  • deheiner arclichen tat
  • üf ir leben leite ;
  • daz er in iesä seite
  • (422) und daz er ouch geuote
  • Tristanden unde Isote 16800
  • in sine trahte naeme
  • und ie dar wider kaeme
  • mit so getanen maeren,
  • diu rät ze muote baeren,
  • ie z'einem male in zweinzec tagen. 16805
  • waz mac ich iu uu mere sagen?
  • er leiste, daz man ime gebot.
  • hie mite was Tristan unde Isot
  • enein gezogen ze hüse
  • in dirre wilden klüse. 16810
  • Genuoge nimet hier under
  • virwitze unde wunder
  • und habent mit frage gröze not,
  • wie sich Tristan unde Isöt
  • die zwehe geverten 16815
  • in dirre wüeste ernerten.
  • 1678C er hier und im Folgenden Kurvrnal. — 16790 durnähtic adj.
  • (daraus durnähtekeit ."iTfU), vollkommen, aufrichtig, liebevoll. — 16798 sagen
  • ohne acc, hier ähnlich wie in V. 107.s6 in der Bedeutung: ausrichten, Be-
  • richt abstatten. Dagegen bezieht Bech in als acc. sing, auf argen rät. —
  • 16804 Groote erklärt im Wörterbuche: «Nachrichten, welche Stoff zu neuen
  • Hoffnungen, Trost für das zagende Herz enthalten.» In diesem Falle hätte
  • Gottfried dem muote gesagt. Dagegen erklärt Groote in den Anmerkungen :
  • «Nachrichten, wonach sich würde bestimmen lassen.» rät stm. ist hier:
  • Hülfe, Abhülfe, gutes Verhältni.ss. — ze innote wollte ich nicht zu ba'ren
  • (brächten, iu Aussicht stellten), sondern zu rät ziehen; ich glaubte, die
  • Wendung vertrete ein Adjectivum: zur Freude = freudig, willkommen.
  • Kichtiger Bech mit Verweis a.uf muote stf., Begegnung (mhd. Wb. II, 1, 241)
  • V ze muofe=: rand. to möte , ohvidin, dagegen, d. h. gegen Marke's dreien
  • rdt.n — 16810 klüse stf. Fremdwort, mittellat. clusa, Klause, Einsiedelei.
  • 16S12 virwitze stf. (daneben im Mhd. viruiz stn.), Fürwitz stm., Neugier :
  • virw. nemen in Verbindung mit ivunder n. (= wundern), fürwitzig sein. —
  • 218 XXVII. DIE MINNEGROTTE.
  • des wil ich si berihten,
  • ir virwitze beslihten:
  • si sähen beide ein ander an,
  • da generten si sich van: 16820
  • der wuocher, den daz ouge bar,
  • daz was ir zweier lipnar;
  • I si enäzen niht dar inne
  • wan muot imde minne.
  • diu geliebe massenie 16825
  • diu was ir mangerie
  • in msezlichen sorgen,
  • si truogen verborgen
  • innerhalp der wsete
  • daz beste lipgersete, 16830
  • daz man zer werlde gehaben kan.
  • daz truoc sich in vergebene an
  • und ie frisch unde niuwe :
  • daz was diu reine triuwe;
  • diu gebälsemete minne, 16835
  • diu übe unde sinne
  • als innecliche sanfte tuot,
  • diu herze fiuret unde muot:
  • (423) diu was ir bestiu lipnar.
  • deiswär si nämen selten war 16840
  • deheiner spise niuwan der,
  • von der daz herze sine ger,
  • daz ouge sine wunne nam
  • und ouch dem libe rehte kam.
  • hie mite so hseten si genuoc. 16845
  • in streich diu liebe ir erbepfluoc
  • 16818 beslihten swv., hier: ins Gleiche bringen, etwa: befriedigen. —
  • 16825 geliep hier adj. wie in V. 12987, in der Bedeutung wie in Y. 4270. —
  • 16826 mangerie ( = Hs. H und W [hier fehlerhaft manerie] , menserte F
  • wohl von mensa ; M fehlt) stf. Fremdwort von manger (manducare), Spei-
  • sung, Essen. — 16830 lipgera^te stn. , Lebensunterhalt: vgl. zu 16921. —
  • 16832 an tragen refi. mit dat. [im Khd. nur noch von Personen gesagt],
  • sich einem darbieten. — 16835 gebaliemet part. adj., gebalsamt, versilßt;
  • vgl. zu 17987 (das mhd. Wb. I, 80 citiert nach Hagen , der F folgt [Ab-
  • druck fehlerhaft gewalsannte] , gebalsamite und stellt es unter Walther's
  • balsannte). — 16838 für ßuret von Hs. H und W vermuthet Bech wohl
  • mit Kecht fuoret (Hs. F vitret ; M fehlt) = ernährt; vgl. zu 17863. —
  • 16846 ir erbepßuoc stm., die bei Gottfried beliebte Bildung mit erbe- wie
  • vorher erbevogetin 11769, ferner erberninne 19133, erbesmerze 19131: der
  • durch Erbschaft überkommene , bestimmt zugehörende Pflug. Im Mhd.
  • wird pfluoc häufig zu dichterischem Bilde benutzt, während im Nhd.
  • mehr das Yerbum: pflügen dazu dient. Die Wendung hier wird verschie-
  • den gefasst. Groote: v-mite strichen, nachziehen», also intransitiv ge-
  • nommen, wie deutlich aus der Anmerkung hervorgeht: «die Liebe, der
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE.
  • 219
  • niwan an iegelicliem trite
  • und z' iegelichen stunden mite
  • und gab in alles des den rät,
  • des man ze wunschlebene hat.
  • Oucli muote si daz kleine,
  • daz si in der wüeste als eine
  • und äne liute solten sin.
  • nu wes bedorften s' ouch dar in
  • oder wäz solt' iemen zuo z'in dar?
  • si haeten eine gerade schar:
  • däne was niuwan ein und ein.
  • haeten s' iemen zuo in zwein
  • an die geraden schar gelesen,
  • so waere ir ungerade gewesen
  • und wseren mit dem ungeraden
  • ser' überlestet unde beladen.
  • ir zweier geselleschaft
  • diu was in zwein so herhaft,
  • daz der sselige Artus
  • nie in deheinem sinem hüs
  • so groze hohgezit gewan,
  • da mere ir libe lustes van
  • und wunne visere entstanden.
  • 16850
  • 16855
  • 16860
  • 16865
  • Pflug ihres Erbtheils, zog ihnen und zwar auf jedem Schritte und zu jeder
  • Zeit nach. Die Liebe war ihnen Egge und Pflug, womit sie ihr Erbe (Zu-
  • friedenheit, Lust und Freude) stets ungestört bauten » ; ebenso das mhd.
  • Wb. II, 2, 68»i; damach steht mite strichen mit da.t. = mit (praep.) in strichen
  • w^ie stricfien in V. 11649, und ir erbepßuoc ist Apposition zu liebe und des-
  • halb in Kommata eingeschlossen. Auch Hagen fasst vielleicht ir erbepfluoc
  • als Apposition zu liebe, denn er paraphrasiert : oDie Liebe vertrat ihnen die
  • Stelle eines Erbbauern, pflügte, säete und erntete für 8ie>j, und verweist auf
  • V. 12241 fg. Anders die Übersetzer, welche strichen als Transitiv nehmen
  • und ir erbepßuoc als Accusativ ; Kurtz: Liebe zog ihnen ihren Pflug; ähn-
  • lich Simrock. Ich dachte anfangs über die Stelle so: ?« steht selbständig =
  • für sie, in ihrem Interesse, streich mite trans., zog mit, führte mit sich in
  • Congruenz mit geben in V. 16849. erbepßuoc ace., aber ir nicht auf Tristan
  • und Isolt bezogen, sondern auf liebe. Der Sinn würde dann zum 2. Theil
  • von Hagen's Paraphrasierung stimmen; doch glaube ich jetzt, daC) strichen
  • besser als Intransitiv zu nehmen ist; erbepßuoc möchte ich modern abstract
  • geben durch: Lebenselement. — 16847 niwan adv. steht liier ungewöhnlich,
  • vielleicht wie V. 15989? — 16849 rot stm., hier allgemein: Bedarf.
  • 16856 r/i'racfe adj. entspricht hier unserm: gerade, gleich aus zwei
  • Zahlen, paarweis; in V. 16861 das Gegentheil ungerade als adj. Subst. —
  • 16860 ungerade wird von J. Grimm Gr. 4, 759 als Adverb gefasät (ir =
  • eorurn)^ früher Gr. 1, 750 als schwache Form. Sollte nicht ungerade hier
  • stehen als unflectierter substantivischer Singular wie tv7, genuoc, ivenic?
  • — 16862 überlesten swv., überlasten, übermäßig, allzusehr bedrücken. —
  • 16864 herhaft (nicht herhaft, wie Maßmann schreibt) adj., wie in V. 4022
  • scharenweise u scharenhaft » (Kurtz), zahlreich. — 16S66 die Lesart von
  • M (und B) nie da heime in sinem hvs (d. h. in Karidol) steht vereinzelt,
  • ist nicht zwingend, hat aber viel für sich. —
  • 220
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE.
  • man haste in allen landen
  • deheine fröude fanden,
  • die si zwei ze den stunden
  • wolten haben gekoufet dar in
  • umbe ein glesin vingerlin.
  • 16870
  • Swaz iemen künde ertrahten,
  • ze wunschlebene geahten ,
  • in allen landen anderswä,
  • daz haeten s' allez bi in da.
  • (424) sine haeten umbe ein bezzer leben
  • niht eine bone gegeben
  • wan eine umbe ir ere.
  • waz solte in ouch da mere?
  • si haeten hof, si haeten rät,
  • dar an diu fröude elliu stät.
  • ir staetez ingesinde
  • daz was diu grüene linde,
  • der schate und diu sunne,
  • diu rivier' unde der brunne,
  • bluomen, gras, loup unde bluot,
  • daz in den ougen sanfte tuot.
  • ir dienest was der vögele schal:
  • diu kleine reine nahtegal,
  • diu troschel unde daz merlin
  • und ander waltvogelin ;
  • diu zise und der galander
  • die dienden wider ein ander
  • enwette unde enwiderstrit.
  • daz gesinde diende z'aller zit
  • ir ören unde ir sinne,
  • ir hochzit was diu minne,
  • ir fröuden übergulde,
  • diu brähte in durch ir hulde
  • des tages tüsent stunden
  • 16875
  • 16880
  • 16885
  • 16890
  • 16895
  • 16900
  • 1G874 umbe ein glestn vingerlin, um ein gläsernes, ■werthloses Ringlein, d. h.
  • um eine Kleinigkeit, um das Geringste; vgl. zu 3641.
  • 16876 geahten. verst. ahten, erachten. — 16880 niht eine hone, vgl. 15995
  • und zu 88'(3. — 16888 riviere stf. Fremdwort, Bach; vgl. 5348. — 16891 die-
  • nest stm., hier collectiv wie noch heute vom Hofdienst gebraucht (vgl. die
  • Herren vom Dienst, der große Dienst) = die für den Dienst Bestimmten. —
  • 16893 merlin stn. Lehnwort, lat. merula, Amsel. — 16895 zise (=Hs. M)
  • stf., Zeisig stm. (Hs. H zisch, W tizisc, F sitich). — galander stm. Fremd-
  • wort (franz. calandre, mittellat. calandrus, lat. caliendrurn, Haube), Hauben-
  • lerche. — 16897 emveite &Av.=zin wette, um die "Wette; vgl. zu 623. —
  • 16901 Überguide stf., Übergoidung, Wertherhöhung; vgl. zu 17546. 17555.
  • XXVII. DIE MINNEGßOTTE. 221
  • Artüses tavelrunden
  • und alle ir massenie dar. 16905
  • waz solte in bezzer lipnar
  • ze muote oder ze libe?
  • da was doch man bi wibe,
  • so was oucli wip bi manne:
  • wes bedürften si danne? 16910
  • si hoeten, daz si solten,
  • und wären, da si wolten.
  • Nu tribent aber genuoge
  • ir msere und ir unfuoge,
  • des ich doch niht gevolgen wil: 16915
  • si jehent, ze sus getanem spil
  • da hcere ouch ander spise zuo.
  • dane weiz ich rehte, weder ez tuo.
  • (425) des danket mich genuoc hier an.
  • ist aber anders ieman. " 16920
  • der bezzeren liprät
  • an disem lebeue erkunnet hat,
  • der jehe, als er'z erkenne;
  • ich treip ouch eteswenne
  • alsus getane lebesite: - 16925
  • dö dühte es mich genuoc dermite.^ '
  • Nune söl iuch niht verdriezen,
  • ir enlät iu daz entsliezen,
  • durch welher slahte meine
  • diu fossiur' in dem steine 16930
  • betihtet waere, also si was.
  • si was, als ich iezuo da las,
  • sinewel, wit, hoch unde üfreht,
  • snewiz, alumbe eben und sieht,
  • diu sinewelle binnen 16935
  • 16918 weder conj. wie in V. 340. 875, hier aUein stehend ohne ein
  • zweites Glied mit oder — niht; die Wendung = M'erf?r e^ zuo gelioere (vgl. zu
  • 1)87. 8718) oder niht. In diesen Fällen würden wir für das das Verbum
  • vertretende tuon setzen: ob es der Fall sei. — 16921 tiprät stm., Lebens-
  • bedarf, Unterhalt; vgl. lipnar, lipgeroete. — 16925 lebesite stm. (hier pl.),
  • Lebensart , Lebensweise.
  • 16928 entsliezen stv., eröffnen, mittheilen. — 16930 stein stm., im Mhd.
  • auch von größeren Massen: Fels. — 16935 sinewelle stf. (zu sinewel, sin-
  • we/ 6674), Rundung, Wölbung. — binnen a,dY. = bi innen, beinnen, innerhalb
  • [nhd. binnen beschränkter nur praep.]. Diese Bildung mehr nieder- und
  • mitteldeutsch, doch scheint sie mir nicht, wie 0. Jänicke S. 22 seiner
  • Abhandl. uüber die niederd. Elemente in unserer Schriftsprache» bemerkt,
  • für Gottfried unwahrscheinlich, da er auch sonst manches Wort besitzt,
  • das sonst für den mitteld. Sprachschatz charakteristisch ist. —
  • 222 XXVII. DIE MINNEGROTTE.
  • daz ist einvalte an minuen:
  • einvalte zimet der minne wol,
  • diu äne winkel wesen sol.
  • der Winkel, der an minnen ist,
  • daz ist äkust unde list. 16940
  • diu wite deist der minnen kraft,
  • wan ir kraft ist unendehaft.
  • diu hohe deist der höhe muot,
  • der sich üf in die wölken tuot;
  • dem ist ouch nihtes ze vil, 16945
  • die wile er sich gehaben wil
  • hin üf, da sich der tugende göz
  • ze samene weihet an ein slöz.
  • so gevselet ouch daz niemer,
  • die tugende die ensin iemer 16950
  • gesteinet unde gewieret,
  • mit lobe also gezieret,
  • daz wir, die nidere sin gemuot,
  • der muot sich allez nider tuot
  • und an dem esteriche swebet, 16955
  • der weder swebet noch enklebet:
  • wir kaphen allez wider berc
  • 16936 einvalte stf., Einfalt, Einfachheit. — 1*J942 unendehaft adv., endlos,
  • tinbegränzt. — 16946 hin üf ge/iuben refl., sich emporrichten, erheben. — •
  • 16947 go: stm. steht synonym mit sldz und gewelbe in V. 17131, auch hier
  • bedeutet es «SchluiSstein« , aber welches ist des Wortes Etymologie und
  • Geschichte? Bech: ((j;o2 = Guß, fusile opus, das Kunstwerk.» — 16949 Hs.
  • M fehlt; Hs. H hat gevelet, W gecellet. Die Lesart von P gefeilet (das i
  • im Original mit einem Punkte getilgt), ist wohl nur =:gefcelet. IMeine Er-
  • klärung gefeilet = er wagt (mit Beziehung auf Gottfried's beliebtes oeilen,
  • geveilen 9965. 13240. 9896) gebe ich auf. Auch bei den Herausgebern und
  • Uebersetzern verschiedene Auffassung: Groote erklärt: «... so ver-
  • sagt ihm nie die Kraft», und im Glossar ageoelen, fehlen, irren»;
  • Hagen ngecelen, fehlen». Auch Simrock nimmt geaelen swv. , verst. vcelen
  • an: «Es gebricht auch daran nimmer». Ebenso neuerdings Paul (S. 9):
  • «es trifft immer zu, daß die Tugenden mit Steinen und Goldarbeit ge-
  • ziert sind», welcher Erklärung ich mich jetzt anschließe, wenn sie mir
  • auch im Zusammenhange der ganzen Stelle nicht recht genügen will. Da-
  • gegen schreibt Maßmann nach W gevellet, und danach übersetzt Kurtz:
  • «Und der zerfällt auch nimmer» (nämlich der Schluß, in den sich der
  • Tugenden Fug und Guß zusammenwölbt). Wollte man geeellet der Hs. W
  • nehmen als gevället , gevallet , gefällt, erregt Gefallen, so würde das sehr
  • abstract und unpoetisch klingen inmitten der pathetischen Stelle. Vielleicht
  • findet sich noch eine bessere Deutung durch eine glückliche Conjectur. —
  • 16951 steinen swv., mit Steinen, Edelsteinschmuck besetzen; kommt in
  • dieser Bedeutung nur wie hier im Part. vor. — 16953 nidere, nider adv.,
  • niedrig, kleinlich, n. gemuot, Gegentheil von hohe gem., höchgem. — 16954
  • der relat.=quorum , abh. von wir. — nider tuon refl., sich herablassen,
  • niedersinken. — 16956 der Te]. = qui , abh. von muot; oder der=--der , daz
  • er? — 16957 freie Construction: der Dichter lässt den Nebensatz mit daz
  • in V, 16953 fallen und fährt in directer Rede fort. — ivider berc, empor;
  • hier bildlich, wörtlich in V. 2567. —
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE. 223
  • und schouwen obcne an daz werc,
  • (426) daz an ir lügenden da stät,
  • daz von ir lobe her niJer gät, 1G960
  • die ob uns in den welken swebent
  • und uns ir schin her nider gebent:
  • die kaphent wir ze wunder an.
  • hie wahsent uns die vedern van,
  • von den der muot in flücke wirt, 16965
  • fliegende lop nach tugenden birt.
  • Diu want was wi'z, eben und sieht:
  • daz ist der durnähte reht,
  • der wize und ir einbaere schin
  • der ensöl niht missemälet sin. 16970
  • an ir sol ouch dehein arcwän
  • weder bühel noch gruobe hän.
  • der marmeline esterich
  • der ist der staete gelich
  • an der grüene und an der veste. 16975
  • diu meine ist ime diu beste,
  • von varwe und von siebte
  • diu staete sol ze rehte
  • ingrüene sin, reht' alse gras,
  • glat unde lüter alse glas. 16980
  • daz bette inmitten inne
  • der kristallinen minne,
  • daz was vil rehte ir namen benant.
  • 16959 nach dem Sinne construiert; es ist kein Wort vorhaudeu , auf das
  • sich ir grammatisch beziehen könnte; der Dichter aber meinte ohne Zwei-
  • fel die steine. — 16961 die kann mau dann ebenfalls von steine abhängig
  • machen, aber auch grammatisch von tugenden. — 16965 in ßücke nach Hs.
  • H und W. Hagen schreibt halb nach der Lesart envliicken in Hs, F : en
  • ßukke. Im mhd. Wb. III, 344 wird citiert enßäcke unter vlücke stf., das
  • flügge sein, fliegen. In Grrimm's Grammatik 4, 815 wird die Stelle in die
  • mit werden gebildeten Redensarten eingereiht, also en ßücke werden soviel
  • wie: flügge werden, fliegen. Grimm bezieht cou den auf cedern. Oder
  • steht der Satz dem vorigen coordiniert: von den wie Jiie van. nur bestimm-
  • ter bezogen auf tagende oder steine? Sollte nicht ßücke adj. sein wie es
  • Gottfried einmal gebraucht in V. 5483? Dann müsste in auf redern be-
  • zogen •werden. Aber da hätte wohl der Dichter gesagt von den der muot
  • uns fl. w. Bech fasst inßücke als componiertes Adject. wie ingrüene, in-
  • brünstic. — 16966 fliegende part. auf muot bezüglich, im Fluge.
  • 16969 der demonstr. = fy?, auf durnähte bezogen. — 16970 vtissemalen
  • 8WV., verschieden malen, buntscheckig machen. — 16972 hühel stm., (Eühl),
  • Hügel, Erhöhung. — 16975 grüene stf., grüne Farbe [nhd. (Jrüne fast ganz
  • abgekommen, Schwärze erhalten]. — veste stf., Festigkeit. — 16977 slehte
  • ist wohl kaum dat. von slaht stf. in voller Form, während in bestimmten
  • Wendungen slahte vorherrscht (vgl. hande und fiende), auch nicht dat. von
  • sle/itc stn. = gesle/ite , Geschlecht, Art, sondern dat. von slf/ite stf.^=!di>ite
  • (2570), ebene, glatte Fläche.
  • 224 XXVII. DIE MINNEGROTTE.
  • er hsete ir reht vil rehte erkant,
  • der ir die kristallen sneit 16985
  • ze ir legere und z'ir gelegenheit:
  • diu minne sol ouch kristallin,
  • durchsihtic und durchlüter sin.
  • Innen an der erinen tür
  • da giengen zwene rigele vür. 16990
  • ein valle was oucli innen
  • mit kündeclichen sinnen
  • hin üz geleitet durch die want,
  • aldä si ouch Tristan da vant;
  • die meisterte ein heftelin, 16996
  • daz gie von uzen dar in
  • und leite si dar unde dan.
  • noch sloz noch slüzzel was dar an,
  • (427) und wil iu sagen umbe waz:
  • dane was niht slozes umbe daz: 17000
  • swaz man gerüstes vür die tür
  • (ich meine üzerhalp dervür)
  • ze rüme oder ze slöze leit,
  • daz tiutet allez valscheit;
  • wan swer zer Minnen tür in gät, 17005
  • den man von innen niht in lät,
  • daz enist der minnen niht gezalt,
  • wan daz ist valsch oder gewalt.
  • durch daz ist da der Minnen tor,
  • diu erine tür vor,
  • die niemen kan gewinnen,
  • ern gewinne si mit minnen.
  • ouch ist si durch daz erin,
  • daz dehein gerüste müge gesin
  • weder von gewalte noch von kraft, 17015
  • von liste noch von meisterschaft,
  • von välscheite noch von lüge,
  • da mite man si verscherten müge.
  • 16991 valle swf., «einfallende Thürklinke». Mhd. Wb. — 16995 mei-
  • stern swv. , regieren. — heftelin stn., dimin. zu ha/t 17041, kleine Fasse,
  • kleiner Griff. — 17001 gerüste stn. ist ein allgemeiner Ausdruck für 5^02;
  • Vorrichtung. — 17003 rum stm., (ßaum) , Käumung, Öffnung, Öffnen. —
  • 17007 im mhd. Wb. III, 845 unter zeln., zelten swv. mit dat. erklärt: «(das)
  • passt nicht zur Minneo ; vielmehr, ähnlich wie in V. 15072: das ist nicht
  • für Minne zu rechnen, das gilt nicht als Minne. — 17018 verscherten swv.,
  • schartig machen, verletzen. —
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE. 225
  • und iunen letweder rigel,
  • ietweder minueii ingesigel, 17020
  • daz was zem anderen gewant
  • ietwederhalben an der want;
  • und was der einez cederin,
  • daz ander helfenbeinin.
  • nu vernemet die tiute ir beder: 17025
  • daz eine insigel der ceder
  • daz meinet an der niinne
  • die wisheit und die siune;
  • daz von dem lielfenbeine
  • die lausche und die reine. 17030
  • mit disen zwein insigelen,
  • mit discn reinen rigelen
  • so ist der Minnen hüs bewart,
  • valsch' unde gewalte vor bespart.
  • Daz tougenliche heftelin, 17035
  • daz von uzen hin in
  • zer Valien was geleitet hin,
  • daz was ein spinele von zin:
  • (428) diu valle was von gokle,
  • als si ze rehte solde: 17040
  • vall' unde haft, diz unde daz,
  • diu enmohten beide niemer baz
  • an ir eigenschaft sin bräht.
  • daz zin daz ist diu guote andäht
  • ze tougenlichem dinge; 17045
  • daz golt daz ist diu linge.
  • zin unde golt sint wol hier an:
  • sin andäht mag ein ieclich man
  • nach sinem willen leiten,
  • smalen oder breiten, 17050
  • kürzen oder lengen, .
  • 17022 ietweder halben adv. (dat. pl.), auf jeder von beiden Seiten; vgl. zu
  • 2S91. — 17023 cederin adj., von Cederuholz [nhd. cedern selten.] —
  • 17025 tiute stf., Deutung. — 17026 ceder im mlid. Wb. III, SGI ausschließ-
  • lich als stm. angeführt, wie es auch noch Luther gebraucht; der c. kann
  • hier nicht Nominativ und Apposition zu insigel sein, sondern ist, weil es
  • in V. 17029 heißt vo7i dem lielfenbeine, Genitiv, ceder also vielleicht bei
  • Gottfried = nhd. stf., wenn nicht der c. gen. plur. — 17030 kiusclie stf.,
  • Keuschheit. — reine stf., Keinheit. — 17o34 vi)r bexjjerren swv. mit dat.,
  • vor etwas abschließen; vgl. zu 167(i2. 7818.
  • 17033 xpinele fem., Spindel, kleine Stange. — 17041 fia/t stm., Griff. —
  • 17043 eigenschaft stf., Eigenthümlichkeit. — 17050 smalen swv, trans.,
  • schmal machen, schmälern. — • breiten swv., ausbreiten, ausdehnen. —
  • GOTTFRIED VON STRASSBURG. Tl. 2. Aufl. 15
  • 22G XXVII. DIE MINNEGROTTE,
  • frieu oder twengeu,
  • siis oder so, her oder hin,
  • mit lihter arbeit also zin,
  • und ist da lützel schaden an; 17055
  • swer aber mit rehter güete kan
  • ze minnen wesen gedanchaft,
  • den treit benamen dirre haft
  • von zine, dem swachen dinge,
  • ze guldiner linge 17060
  • und ze lieber äventiure.
  • Obene in die fossiure
  • da wären niwan driu vensterlin
  • schon' unde tougenlichen in
  • gehouwen durch den ganzen stein, 17065
  • da diu sunne hin in schein,
  • der einez ist diu güete,
  • daz ander dieniüete,
  • daz dritte zuht. ze disen drin
  • da lachet in der süeze schin, 17070
  • diu sselige gleste,
  • er', aller liehte beste,
  • und erliuhtet die fossiure
  • wertlicher äventiure.
  • ouch hat ez guote meine, 17075
  • daz diu fossiure als eine
  • in dirre wüesten wilde lac;
  • daz man dem wol geliehen mac,
  • (429) daz minne und ir gelegenheit
  • uiht üf die sträze sint geleit 17080
  • noch an dehein gevilde;
  • si löschet in der wilde.
  • ze ir klüse ist daz geverte
  • arbeitsam unde herte.
  • die berge ligent dar umbe 17085
  • in maneger swaeren krumbe
  • verirret hin unde wider.
  • 17Ü52 frien swv., befreien, ungebunden lassen. — twengen swv., einzwängen,
  • beengen.
  • 17071 gleste stf., Glanz; vgl. glast 9379. — 170S2 loschen swv,, verbor-
  • gen sein. — 17083 geverte stn., hier: Weg. — 17084 arbeitsam adj., müh-
  • sam [nhd. beschränkter]. — VtOil verirret part. adj., entsprechend unserm:
  • zerstreut. —
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE. 227
  • die stige sint üf imde iiider
  • uns marterseren allen
  • mit velsen so vervallen, 17090
  • wir engan dem pfade vil rehte mite,
  • verstüze wir an einem trite:
  • wir enkömen niemer mere
  • ze guoter widerkere.
  • swer aber so saelic mac gesin, 17095
  • daz er zer wilde kuniet hin in,
  • der selbe hat sin arebeit
  • vil saeleclichen au geleit:
  • der vindet da des herzen spil;
  • swaz so daz öre hoeren wil, 17100
  • und swaz dem ougen lieben sol,
  • des alles ist diu wilde vol.
  • so waere er ungern' anderswä.
  • Diz weiz ich wol, wau ich was da.
  • ich hän ouch in der wilde 17105
  • dem vögele unde dem wilde,
  • dem hirze unde dem tiere
  • über mänege waltriviere
  • gevolget unde nach gezogen
  • und aber die stunde also betrogen, 17110
  • daz ich den hast noch nie gesach.
  • min arbeit und min ungemach
  • daz was an' äventiure.'
  • ich vant an der fossiure
  • den haft und sach die vallen. 17115
  • ich bin ze der kristallen
  • ouch under stünden geweten.
  • 17U90 vervallen stv., hier: durch Fallen unwegsam machen, versperren. —
  • 17092 verstozen stv., einen Verstoß machen, irren, fehlen.
  • 17109 volgcn swv. ist hier ein speciell weidmännischer Ausdruck wie
  • etwa unser: revieren ; vgl. Bech zu Iwein 3S95. — 17110 die stunde betrieben,
  • die Zeit unnütz hinbringen [vgl. Tagedieb]. — 17111 vgl. zu 2S27 fg. Uer
  • Dichter bleibt im Bilde, er meint unter hast, dem letzten Theile des Jagens,
  • das Ende, das Ziel. — 17116 kristalle swf. (selten swm.), Krystall stm.; in
  • V. 16985 unbestimmt, aber wohl auch sing, (acc.) — 17117 geweten ist nicht
  • part. zu K'eten stv. (vgl. zu 15242), sondern eine Art Mischform des Parti-
  • cipiuma von weten swv. (gewetetj und von waten stv. (gcu-aten) , waten,
  • gehen [unser nhd. waten als swv. auch eine Mischung]. Eine Änderung
  • m gewetet und des stereotypen Keimes getreten in getretet, wie sie im mhd.
  • Wb. III, 535 vorgeschlagen ist, scheint deshalb gewagt, weil sie in der
  • handschriftlichen Überlieferung keinen Halt hat. —
  • 15*
  • 228 XXVII. DIE MINNEGEOTTE.
  • ich hän den reien getreten
  • (430) dicke dar und ofte dan,
  • i'n gerüowete aber nie dar an: 17120
  • und aber den esterich da bi,
  • swie lierte marmelin er si,
  • den hän ich so mit triten zerbert,
  • haet' in diu grüene niht ernert,
  • an der sin meistiu tugent lit, 17125
  • von der er wahset alle zit:
  • man spurte wol dar inne
  • diu wären spor der minne.
  • ouch hän ich an die liebten want
  • miner öugen weide vil gewant 17130
  • und hän mich obene an daz goz,
  • an daz gewelbe und an daz sloz
  • mit blicken vil geflizzen,
  • miner öugen vil verslizzen J
  • an der gezierde dar obe, 17135
  • diu so gestirnet ist mit lobe.
  • diu sunne bernde vensterlin,
  • diu habent mir in daz herze min :
  • ir gleste dicke gesant. ^
  • ich hän die fossiure erkant 17140 i
  • Sit minen eilif jären ie
  • und enkom ze Kurnewäle nie. i
  • Diu getriuwe massenie,
  • Tristan und sin amie
  • si haeten in der wilde 17145
  • ze walde und ze gevilde
  • 17118 7-eie swm., Keigen , Tanz, den reien treten (uebeu gen, springen),
  • bildlich für: sich fröhlich dahin wenden. — 17123 zerbern swv., zerschla-
  • gen, zertreten. — 17134 versitzen stv. hier verbal (vgl. zu 3995), abnutzen. —
  • 17135 gezierde stf., verst. zierde, Schmuck. — 17142 das Selbstbekenntniss,
  • welches der Dichter in den vorhei-geheuden Zeilen von V. 17104 an ab-
  • legt, wird gewiss immer in seinem Endergebnisse räthselhaft sein, aber im
  • Einzelnen ist in den Vergleichungen und Beziehungen seines Lebens zur
  • Minnehöhle keine Schwierigkeit, aber diese letzte fein humoristische Zeile
  • ist an sich nicht ohne weiteres klar. Heißt es: ich habe eine Minnehöhle
  • kennen gelernt, aber nicht eine solche, wie sie Tristan in Kurnewal fand,
  • oder: icli habe wie Tristan eine Minnehöhle gefunden, aber ich bin nicht
  • nach Kurnewal gekommen wie er, d. h. ich bin kein Tristan, ich war nicht
  • so glücklich wie er? Paul (S. 19): «Ich habe die Grotte kennen gelernt,
  • d. h. das, was nach der allegorischen Auslegung in ihr enthalten ist, und
  • dazu brauchte ich nicht nach Kurnwal zu gehen.)'
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE. "229
  • ir muoze imd ir uiimuoze
  • besetzet harte suoze :
  • si wäreu z'alleu ziten
  • ein ander au der siten: 17150
  • des morgens in dem touwe
  • so suchen si zer ouwe,
  • da beide bluomen unde gras
  • mit dem touwe erküelet was.
  • diu küele präerie 17155
  • was danne ir banekie.
  • da giengeu si her unde hin,
  • ir maere sagende under in
  • (431) und loseten mit dem gange
  • dem süezen vogelsange. 17160
  • " so danne nämen s' einen swanc,
  • hin da der küele brunne klanc,
  • und loseten sinem klänge,
  • sinem sliche und sinem gange-,
  • da er hin üf die plänje gie, 17 105
  • da gesäzen si. durch ruowen ie,
  • da loseten si dem duzze
  • und warteten dem fluzze,
  • und was daz aber ir wunne.
  • Als aber diu liebte sunne 17170
  • iif begunde stigen ,
  • diu hitze nider sigen,
  • so giengen si zer linden
  • nach den linden winden,
  • diu bar in aber danne lust 17175
  • uzen und innerhalp der brüst,
  • si erfröuweten ougen unde sin.
  • diu süeze linde süezete in
  • luft unde schate mit ir blate.
  • die winde wären von ir schate 17180
  • süeze, linde, küele.
  • 17154 erküelen swv. [uliil. fast abgekommen, erhalten: erwärmen],
  • kühlen, abkühlen, erfrisclien. — 17155 präerie stf. Fremdwort, neufranz.
  • prairie. Wiese; vgl. 17390. — 17Uj1 einen swanc nemen, Wendung nehmen,
  • Schwingung machen , d. h. sich bewegen , gehen. — 171(i2 klingen stv.,
  • entsprechend unserra: rauschen. — \lHu duzze dat. von duz stm. (zu diezen
  • 4044), Getöse, Rauschen. — 1710S warten swv. hier mit dat., auf etwas
  • warten, schauen, etwas in Augenschein nehmen.
  • 230 XXVII. DIE MINNEGROTTE.
  • der linden gestüele
  • daz was von bluoraen und von grase
  • der baz gemalete wase,
  • den ie linde gewan. 17185
  • Da säzen si ze ein ander an,
  • die getriuwen senedtere,
  • und triben ir senemaere
  • von den, die vor ir jären
  • von seue verdorben wären. 17190
  • si beredeten unde besageten,
  • si betrüreten unde beklageten,
  • daz Villise von Träze,
  • daz der armen Kanäze
  • in der minnen namen geschach; 17195
  • daz Biblise ir herze brach
  • durch ir bruoder minne;
  • daz ez der küniginne
  • (432) von Tire und von Sidone,
  • der seneden Didone 17200
  • dur sene so jaemerliche ergie.
  • mit solhen maeren wären s' ie
  • unmüezic eteswenne.
  • So si aber der msere denne
  • vergezzen wolten under in, 17205
  • so suchen s' in ir klüse hin
  • und nämen aber ze banden,
  • dar an si ir lust erkanden,
  • und liezen danne klingen
  • ir harphen unde ir singen 17210
  • seneli'chen unde suoze.
  • si wehselten unmuoze
  • mit banden und mit zungen:
  • si harpheten, si sungen
  • leich' unde noten der minne. 17215
  • si wandelten dar inne
  • ir wunnenspil, swie si gezam.
  • sweder fr die harphen genam ,
  • 17182 f/estüele stn. (collectiv zu sfuol), Sitz, Ort, auf dem gesessen oder
  • gestanden wird; «die Kuhebank». Kiirtz, ebenso Simrock. — 17184 baz adv.,
  • hat hier die Function des Superlativs , nicht die des Comparativs ; vgl.
  • Haupt zu Erec (2. Ausgabe) 2476.
  • 17218 sweder hier eigentliches Pron. correl., welcher von beiden, wer;
  • vgl. zu 5806.
  • XXVII. DIE MINNEGROTTE. 231
  • SO was des änderen site,
  • daz er diu notelin dermite 17220
  • suoz' unde seneliche sanc.
  • ouch lütete ietweder klanc
  • der harphen mit der ziingen,
  • so si in ein ander klungen,
  • so siioze dar inne, 17225
  • als ez der süezen Minne
  • wol z'einer klüse wart benant
  • la fossiur' ä la gent amant.
  • Swaz aber von der fossiure
  • von alter aventiure 17230
  • vor hin ie was bemaeret,
  • daz wart an in bewseret.
  • diu wäre wirtinne
  • diu haete sich dar inne
  • alrerste an ir spil verlän: 17235
  • swaz e dar inne ie wart getan
  • von kurzewile oder von spil,
  • däzn lief niht ze disem zil;
  • (433) ezn was niht von meine
  • so lüter noch so reine, 17240
  • also ir spil was under in.
  • si triben der minne ir stunde hin
  • so wol so nie gelieben baz:
  • sine taten niht wan allez daz,
  • da si daz herze zuo getruoc. 17245
  • Der kurzewile was genuoc,
  • der si in dem tage begunden:
  • si riten under stunden,
  • so si des gelüste,
  • mit dem armbruste 17250
  • birsen in die wilde
  • nach vogelen und nach wilde
  • unde ouch z'eteslichen tagen
  • nach dem roten wilde jagen
  • mit Hiudane ir hunde, 17255
  • der dannoch niht cnkunde
  • 17238 loufen ze disem zil, darauf hinauslaufen. — 17242 der minne ist
  • Genitiv: mit der Minne; vgl. zu 1897.
  • 17247 in dem tage, jeden Tag, täglich.
  • 232 XXVJI. DIE MINNEGROTTE.
  • unlütes loufen sus noch so.
  • in hsete Tristan aber do
  • geleret harte schiere
  • nach dem hi'rze und nach dem tiere, 17260
  • nach aller slahte wilde
  • durch walt und durch gevilde
  • ze wünsche loufen üf der vart,
  • so daz er niemer lüt wart.
  • mit dem vertriben si manegen tac, 17265
  • niht durch deheinen den bejac,
  • der an solhen dingen lit,
  • niuwan durch die kurzen zit,
  • die man hie mite haben sol.
  • si üebeten, daz weiz ich wol, 17270
  • den bracken unde daz armbrust
  • me durch ir herzen gelust
  • und durch ir banekie
  • dan durch mangerie.
  • ir geschäfede unde ir pflege ^ 17275
  • was alle zit und alle wege
  • niht anders wan des si gezam
  • und in ze muote rehte kam.
  • 17257 unlütes adv. (gen.), nicht laut, d. h. ohne bellend anzuschlagen. —
  • 17263 vart stf., hier: Fährte [dieses aus dem Plural]. — 17268 kurze zit =
  • kurze wile, Kurzweil, Belustigung. — \121b pßege stf., hier: Beschäftigung,
  • Gewohnheit [nhd. erhalten diese Bedeutung im Verbum pflegen].
  • XXVIII.
  • ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG.
  • Um seinen Trübsinn zu zerstreuen, reitet Marke zur Jagd. Die Huude
  • verfolgen einen seltsamen Hirsch, der in der Nähe der Minuegrotte ent-
  • flieht und entkommt. Tristan und Isolt hatten den Jagdlärm gehört und
  • vermutheu, sie wären dem Könige verratheu. Andern Tages in der Frühe
  • folgte der Jägermeister allein mit seinem Leithund der Spur des Hirsches.
  • Die Liebenden waren wieder in die Aue gegangen und ergötzten sich am
  • Vogelsange. Dann kehrten sie zurück und suchten die Ruhe, aber auf
  • Tristan's Rath legen sie sich voneinander abgewandt und zwischen ihr
  • Lager legt Tristan sein bloßes Schwert. Darauf entschlafen sie. Jener
  • Jäger kommt zur Grotte, und entdeckt, da er die Thür verriegelt findet,
  • zufällig oben ein geheimes Fensterlein. Er blickt liinein, erschrickt und
  • meldet, was er gesehen, dem Könige : er habe eine Minnehöhle gefunden,
  • iu der ruhe ein Mann und eine Göttin; ein bloßes Schwert liege zwischen
  • ihnen. Marke lässt sich dahin führen. Er erkennt, als er zum Fenster
  • hineinschaut, seinen Neffen und sein "Weib. Beim Anblick ihrer getrennten
  • Lage , des bloßen Schwertes kämpft wieder der Zweifel in seiner Brust.
  • Er hält sie für unschuldig, und seine Liebe zu Isolt erwacht aufs neue.
  • Die Sonne schien durch eines der Fenster auf die Schlafende und ver-
  • schönte ihre holde Gestalt. Damit der Schein ihr nicht schade, verstopft
  • Marke das Fenster mit Gras , Blumen und Laub. Schmerzvoll kehrt er
  • zur Jagd zurück. — Beim Erwachen gewahren Tristan und Isolt, daß ein
  • Fenster verstopft sei und finden auch eines Mannes Spur im Sande. Ihr
  • Trost ist, daß, wenn selbst Marke gekommen sei, er sie voneinander ab-
  • gewandt und in der gedachten Weise gefunden habe.
  • (434) Under diu do diz geschach,
  • so haete ie michel imgemach 17280
  • der trCirige Marke:
  • er trürete starke
  • umbe sin ere und umbe sin wip.
  • ime begunde muot unde lip
  • von tage ze tage swaeren, 17285
  • er' unde guot unmaeren.
  • sus gereit er in denselben tagen
  • in disen selben walt jagen
  • 234 XXVIII. ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG.
  • und me durch sine triure
  • dan durch kein äventiure. 17200
  • nu si zem walde kämen,
  • die jägere ir hunde nämen
  • und funden eine trünne stän:
  • da begunden si in ze ruore län,
  • und an der selben stunde 17ö95
  • so geschieden die hunde
  • einen fremeden hirz hin dan,
  • der was reht' alse ein ors geman,
  • starc unde michel unde blanc:
  • daz gehürne kleine unde unlanc, 17300
  • vil küme wider entworfen,
  • als er ez hin geworfen
  • hset' in unlanger zite:
  • den jageten si ze strite
  • und mit gewalte under in 17305
  • unz vaste vür den äbent hin.
  • dö verstiezen s' an der vart,
  • also daz in der hirz entwart
  • und sine fluht hin wider genam,
  • von dannen er ouch dar bekam, 17310
  • hin da diu fossiure was ;
  • äldar floch er unde genas.
  • Nu muote Marken sere,
  • die jägere michels mere,
  • daz in zem hirze also geschach; 17315
  • do man in alse fremeden sach
  • beid' an der varwe und an der man;
  • si haeten alle unmuot dervan.
  • 17293 trünne stf., Hudel. — 17294 in ze ruore lan, wieder ein weid-
  • männischer Ausdruck (vgl. zu 3428). /« fasse ich als dat. i)l. = den hunden;
  • ein Accusativ ist verschwiegen, etwa trünne, wilt. — län, hier in dieser
  • Wendung nicht: loslassen, sondern überlassen. — ze ruore, hier : zur Hatz.
  • Dagegen zieht Bech in zu da, da: da hinein, d. h. in die trünne (in diesem
  • Falle müsste in geschrieben werden) , und danach ist das verschwiegene
  • Object hunde, und ?a« = loslassen. — 1729G bescheiden stv., verst. scheiden,
  • trennen (vom Eudel ab). — 17301 entworfen part. von enticerfen im mhd.
  • Wb. III, 736 unter die Bedeutung «werfe in die Höhe, lasse aufstreben"
  • gestellt ziigleich mit der Frage: «oder ist hier die allgemeinere Bedeutung:
  • gestaltet, gebildet anzunehmen?» Sicher letzteres; die eigentliche und
  • sinnliche Bedeutung würde stilgemäß gar nicht zu dem folgenden liin ge-
  • worfen passen; vgl. 4711,12, wo derselbe rührende Beim durch die geistige
  • xind sinnliche Bedeutung möglich und ästhetisch wirksam wird. — 17308
  • entxcerden stv., entgehen. — 17310 bekornen stv., hier verst. 'komen.
  • 17314 michels adv. gen. bei Comparativen, um vieles, viel. — 1731.5 ze,
  • entsprechend in dieser Wendung unserm: mit. —
  • XXVIII. ENTDECKUNG UND VEESÖHNUNG. 235
  • (435) liie mite laren s' ir Lunde wider
  • und liezeii sich die naht da nider, 17320
  • wan in was allen riiowe not.
  • nu haete ouch Tristan unde Isot
  • den tac allen wol vernomeu
  • den schal, der in den walt was kernen
  • von gehürne und ouch von hunden. 17325
  • und dähten an den stunden,
  • daz ez niuwan Marke w?ere.
  • des wart ir herze swa3re;
  • ir beider angest was iesä,
  • si M'?eren ime vermseret da. 17330
  • Des anderen tages fruo
  • nu l'uor der Jägermeister zuo,
  • e danne er küre den morgenrot;
  • sinen ündertanen er gebot,
  • daz si da wol betageten 17335
  • und danne nach im jageten.
  • an ein leiteseil er nam
  • einen bräcken , der im rehte kam ,
  • und brähte den rehte üf die vart.
  • der leite in allez hinewart 17340
  • über mänic ungeverte,
  • über velse und über herte,
  • über dürre und über gras,
  • da ime der hirz des nahtes was
  • gestrichen unde geflohen vor; 17345
  • dem volgete er rehte üf dem spor:
  • biz daz diu enge ein ende nam
  • und diu sunne wol üf kam:
  • dö was er zer funtänje
  • üf Tristandes plänje. 17350
  • Des selben morgens was Tristan
  • und sin gespil geslichen dan
  • 17320 lesen stv., hier: zusammenlesen, sammeln. — 17330 vennocren swv.,
  • hier: verrathen. —
  • 1733S re/ite konien mit dat. hier der Person, für einen passen, einem
  • recht, augenehm sein; in Y. 16844 und 17278 ist das Subject eine Sache. —
  • 17342 /lerte stf., (Härte), harter Boden, synonym mit vels ; so mhd. Wb.
  • I, 63*^. Dagegen nach Bech herte pl. von /lart, "Wald. — 17343 dürre
  • Btf., dürres Land [diese Bedeutung nhd. fast abgekommen wie jene von
  • Härte]. — 17347 enc/e stf., enge eingeschlossenes Thal.
  • 17352 gespil hier swf., Spielgenossin, Freundin (vgl. zu 12604); mög-
  • licherweise aber auch swm. ; vgl. 17479 fg. —
  • 23r>
  • XXVIII. ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG.
  • behauden gevaiigeu
  • und körnen hin gegangen
  • vil fruo und in dem touwe
  • üf die gebluoten ouwe
  • und üf daz wunnecliche tal:
  • galander unde nalitegal
  • (436) die begünden organieren,
  • ir gesinde salutieren ;
  • si gruozten ie genote
  • Tristanden unde Isöte.
  • diu wilden waltvogelin
  • hiezen si willekoinen sin
  • vil suoze in ir latine.
  • mangem süezen vogeliue
  • dem wären si da willekomen.
  • si haäten sich al an genomen
  • eine wunnecliche unmuoze.
  • den gelieben zwein ze gruoze
  • si sungen von dem rise
  • ir wunue berude wise
  • in maneger anderunge:
  • da was manc süeziu zuuge,
  • diu da schantoit und discantoit
  • ir schanzün' unde ir refloit
  • den gelieben z'einer wunne.
  • si enpfie der küelc brunne,
  • der gegen ir ougen schöne entspranc
  • und schöner in ir ören klanc
  • und runende ällez gegen in gie
  • und si mit siner rüne enpfie :
  • er rü'nete suoze
  • den gelieben ze gruoze.
  • si gruozten ouch die linden
  • mit ir vil süezen winden:
  • die frönten s' üz und innen
  • an ören unde an sinnen.
  • 17355
  • 17360
  • 17365
  • 17370
  • 17375
  • 17380
  • 17385
  • 17356 (/ebluot part. ist vielleicht nicht zu fassen als pait. von blüejen=ge-
  • hlüht, erblüht, sondern als part. defect. = geblutet von öluoi wie unser:
  • geblümt, noch eher Bildung wie geman (jubatut), 'jetnüc (affinls) u. ähul. ;
  • vgl. Gr. 2, 745 fg. — 173fi5 latine stf. (vgl. zu 3690;, Latein, hier: die besondere,
  • sonst unbekannte Sprache; wird öfters von der Sprache der Vögel, von
  • ihrem Gesänge gesagt. — 11^1 '6 anderunge stf., hier: Abwechslung, Wech-
  • sel, Variation. — 17375 schantoit franz. praet. von achanter, chanter, singen.
  • — discantoit franz. praet. von discanter, dechanter, die zweite Stimme singen;
  • etwa: secundieren. —
  • XXVIII. ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG. 237
  • der boume flörie,
  • diu lichte präerie, 17300
  • aic Lluomen, daz ingrüeiie gras,
  • lind allez, daz da blüeiide was,
  • daz lachete allez gegen in.
  • ouch gruozte si her unde hin
  • der tou mit siner süeze, 17305
  • der küelete in ir vüeze
  • und was ir herzen gemach.
  • Und alse des genuoc geschach,
  • (437) si suchen wider in ir stein
  • und -wurden under in eneiu, 17400
  • wie si der zit getreten,
  • wau si des angest hceten
  • und vorhten, alse ez ouch crgie,
  • daz eteswer und eteswie
  • dar von den hunden kceme, 17405
  • ir tougen da vernaeme.
  • hier über vant Tristan einen sin,
  • dar an gevielen s' under in.
  • si giengen an ir bette wider
  • und leiten sich da wider nider 17410
  • von ein ander wol hin dan
  • reht' alse man ünde man,
  • niht alse man unde wip.
  • da lac lip unde lip
  • in fremeder gelegenheit. 17415
  • ouch hsete Tristan geleit
  • sin swert bar enzwischen si;
  • hin dan lac er, her dan lac si.
  • 17381» ßorie stf. Fremdwort, Blüte.
  • 17401 der zU (vgl. zu (;288) ist nicht abhängig von yetaiten = tceten, thiin
  • sollten, soudern=::nlicl. der Zeit, derzeit, jetzt, unter diesen Umständen. —
  • 1740.1 Simrock frei: «Daß von den Jägern etwa jemand zu ihnen käme».
  • Kurtz fasst von als pra-p. des Grundes und übersetzt: «durch diese Hunde».
  • Ebenso Groote : «durch die Hunde geführt». Vielmehr: daß irgendjemand
  • auf irgendwelche Weise {und in V. 17404 steht in Gottfriedischer Weise
  • für uns unnöthig) dahin weg, sich entfernend von den Hunden, vom all-
  • gemeinen Jagdtross käme; vgl. 174.i8. — 17411 fg. hin dun adv. steht hier
  • wie in V. 11575 und ist wohl zum Verbum sich leycn zu ziehen: sich weg-
  • legen und von ein ander ist nähere Bestimmung, nicht umgekehrt. —
  • 17417 bar adj., baar, bloß [nhd. lieschränkter; vgl. 4007J. — 17418 hin dan
  • adv., hier: hinwärts, auf die eine Seite (des Schwertes), her dan, her-
  • wärts, auf die andere Seite. — li^ien stv. ist hier wegen dieser Adverbien
  • und im stilistischen Gegensatze zu lägen (=nhd.) im folgenden Verse wohl
  • zu fassen ^^ sich legen.
  • 238 XXVIII. ENTDECKÜNa UND VERSÖHNUNG.
  • si lägen siinder, ein und ein.
  • alsus entsliefen s' under in zwein. 17420
  • Der Jäger, von dem ich nu las,
  • der zuo dem brunnen komen was,
  • der spurte in dem touwe,
  • da Tristan und sin frouwe
  • vor ime geslichen wären hin. 17425
  • hie mite so kom er an den sin,
  • ez w?ere niwan des hirzes trat:
  • er erbeizete und trat üf den pfat
  • und volgete dem selben spor,
  • daz si im hseten getreten vor 17430
  • biz hin an der fossiuren tür.
  • da giengen zwene rigele vür:
  • ern mohte da niht vürbaz komen.
  • nu ime der wec da was benomen,
  • er versüochte ez an die krumbe 17435
  • und gienc alumbe und umbe
  • und vant von äventiure
  • obene an der fossiure
  • (438) ein tougenlichez vensterlin;
  • da luogete er mit vorhten in 17440
  • und sach zehant dar inne
  • daz gesinde der minne,
  • niwan ein wip und einen man.
  • die sach er ouch ze wunder an;
  • wan in dühte an dem wibe, 17445
  • daz nie von wibes libe
  • dehein creatiure als üz erkorn
  • ze dirre werlde würde geborn.
  • iedoch sach er unlange dar,
  • wan iesä dö er wart gewar, 17450
  • daz daz swert so bar da lac,
  • er tete sich dannen unde erschrac:
  • ez dühte in angestbaere;
  • er dähte, daz ez waere
  • etswaz von wilden dingen: 17455
  • daz begünde im vorhte bringen.
  • 17427 trat stf., Tritt, Spur. — 17435 krumbe stf.. Krümme, Krümmung
  • (wörtlich in V. 6S38), hier: Bogen, Umweg. — 17455 wilde adj., hier ähn-
  • lich wie in 4C63, nur intensiver: wunderbar, zauberisch, lolldiu dinc,
  • Zauberei.
  • XXVIII. ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG. 239
  • er kerte den vels wider uider
  • und reit hin gegen den hunden wider.
  • Nu hsete sich ouch Marke
  • vor den jägeren starke 17460
  • üf siner verte vür genomen
  • und was ileude üf in komen.
  • »-seht», sprach der wildensere
  • «künec herre, ich sage iu msere ,
  • ich hän an disen stunden 17465
  • schoen' aventiure funden.»
  • «sage an, waz aventiure?«
  • «eine minuenfössiure. »
  • «wä funde du die oder wie?»
  • «herre, in dirre wilde alhie.» 17470
  • «in dirre wüesten wilde?» «ja.»
  • «ist aber iemen lebender da?»
  • «ja herre, da ist inne
  • ein man und ein gotinne:
  • diu ligent an einem bette 17475
  • und släfent alse enwette.
  • der man ist alse ein ander man ;
  • min zwivel der ist aber dar an,
  • (439) sin gesläfe da bi
  • däz der ein mensche si: 17480
  • der ist schcener danne ein feine.
  • von fleische noch von beine
  • enkunde niht gewerden
  • so schoenes uf der erden.
  • und i'ne weiz durch weihen sin, 17485
  • ein swert daz lit da zwischen in
  • schone lüter unde bar.»
  • der künic sprach: «wi'se mich dar!»
  • Der Jägermeister fuorte in dan
  • die wilde wider üf sine ban, 17490
  • biz hin da er erbeizet was.
  • der künec erbeizete üf daz gras
  • und streich üf an sinen pfat.
  • 17461 tür neinen stv. refl., [vgl. nhd. sich übernehmen], voraus eilen,
  • ■voraus sein; vgl. 18965. — 17479 gesläfe swm. (hier, wie aus dem folgenden
  • Verse hervorgeht, nicht swf.), Schlafgenosse.
  • 240 XXVIII. ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG.
  • der Jäger der habete an der stat.
  • DU Marke der kom hin zer tür: 17495
  • er lie si stän und kerte vür
  • und iizen an dem steine
  • und an des Steines kleine
  • da nam er manege kere
  • nach des jägeres lere, 17500
  • und vant ouch er ein vensterlin;
  • er lie sin ouge dar in
  • nach liebe und nach leide:
  • diu sach er ouch da beide
  • in der kristallen ligen enbor, • 17505
  • und sliefen dannoch als da vor.
  • er vant si, als euch jener vant,
  • wol von ein ander gewant,
  • daz eine her, daz ander hin,
  • daz bare swert enzwischen in. 17510
  • er erkante neven unde wip:
  • sin herze in ime und al sin lip
  • erkaltete vor leide
  • und ouch vor liebe beide.
  • diu verre gelegenheit 17515
  • diu was ime liep unde leit:
  • liep meine ich von dem wäne, '
  • si wseren valsches ane;
  • (440) leit meine ich, daz er sich ez versach.
  • in sinem herzen er sprach: 17520
  • ((genaedeclicher trehtin,
  • waz mag an disen dingen sin?
  • ist iht des under disen geschehen,
  • des ich mich lange hän versehen,
  • wie ligent si alsus danne? . 17525
  • wip sol doch liebem manne
  • under armen z'allen ziten ■ ,
  • kleben an der siten: ^
  • wie ligent dise gelieben so?»
  • wider sich so sprach er aber dö: 17530
  • <(ist noch an disen dingen iht,
  • 17498 Heine stf., (Kleinheit), hier: Spitze. — 17525 danne gehört wohl
  • zu wie, verstärktes: wie; warum denn, wie alsdann. Der Nachdruck liegt
  • auf alsus. Groote zieht danne zu ligen, «abgewandt liegen», wohl im Hin-
  • blick auf V. 17418. — 1752S kleben swv., in älterer Sprache edeler als heute,
  • überhaupt: haften, angeschmiegt sein;=:nhd. in V. 847; vgl. zu 865.
  • XXVTII. ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG. 241
  • weder ist hie scliulde oder nilit?»
  • hie mite was aber der zwivel da.
  • «schulde?» sprach er «triiiwen, ja.»
  • «schulde?» sprach er «triuwen, nein.» 17535
  • Diz treib er an mit disen zwein',
  • biz aber der wegelose man
  • Märke zwivelen began
  • umbe ir zweier minne.
  • Minn^ diu süenserinne 17540
  • diu kom da zuo geslichen,
  • gestreichet unde gestrichen
  • ze wunderlichem flize:
  • si truoc üf daz wize
  • gevärwet under ougen 17545
  • daz guldine lougen,
  • ir allerbesten varwe: nein:
  • daz wort daz lühte unde schein
  • dem künege in sin herze.
  • der ander sin smerze, 17550
  • daz wort, daz ungenseme ja
  • dazu sach Marke niender da;
  • daz was mitalle hin getan,
  • däne was zwivel noch wän:
  • der minnen übergulde, 17555
  • 17537 wegelos adj., den kein Weg leitet; [vgl. planlos]. — 17544 fg. tw^
  • adj. subst. swn., die weiße Farbe, Schminke, zugleich ist das Wort ge-
  • nommen als Farbensymbol der Unschuld; vgl. 17555 fg. — 17546 da: gul-
  • dine lougen, die goldene Täuschung, steht wie in V. 16901 und gleich im
  • folgenden V. 17555 »wie übergulde, etwa: das Gold der Täuschung. Zu-
  • gleich aber liegt in lougen der Sinn des Leugnens, Verneinens, also zu-
  • gleich : das bestechende Nein. Schwieriger als der Wortlaut ist in diesem
  • Satze 17544 — 47 die Construction. Im mhd. Wb. ist keine Erklärung ver-
  • sucht. Groote erklärt: «Sie war unter den Augen (auf den Wangen) ge-
  • schminkt mit dem hellen, goldenen Schimmer des Verneinens, mit ihrer
  • vorzüglichsten Farbe dem Nein!» Das ist im allgemeinen wohl der Sinn,
  • aber der Satz wird dadurch nicht deutlich. Kurtz: «Da trug sie auf das
  • Weiße Gemalt in ihren Zügen Das goldne Wort der Lügen, Mit ihrer
  • besten Farbe, Nein.) Simrock: «Sie hatt auf das Weiße Gelegt mit feinen
  • Zügen Das rothe Gold der Lügen Mit der besten Schminke: Nein!» Rich-
  • tig fassen die Übersetzer vf daz wize , am deutlichsten ist Simrock. Wir
  • würden . da uns das Gefühl für solche Accusative bei Verben der Be-
  • wegung ziemlich entschwunden ist, lieber sagen: auf dem Weißen, ge-
  • räru-et ist Apposition zu wtze. Nhd. Schachtelung: sie trug auf der ins
  • Antlitz gemalten weißen Farbe, d. h. auf ihrem unschuldvollen Antlitz.
  • Die Übersetzer scheinen ir aller besten varwe als Genetivwendung zu neh-
  • men. Ich fasse die Worte gleichstehend mit daz guldine lougen als Object
  • von truoc. — 17551 ungenocine adj. [nhd. abgekommen], nicht genehm, un-
  • angenehm , verhasst. —
  • GOTTFRIED VON STRASSBURG. II. 2. Aufl. 16
  • 242
  • XXVIII. ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG.
  • diu guldine uuscliulde,
  • diu zöch im ougen unde sin
  • mit ir gespenstekeite hin,
  • (441) hin da der österliche tac
  • aller siner fröuden lac.
  • er schouwete ie genöte
  • sines herzen wunne Isöte,
  • diu geduhte in ouch da vor und e
  • nie so rehte schcene me.
  • 175GO
  • I'ne weiz von welher arebeit
  • diz m^ere spellet unde seit,
  • von der si erhitzet solte sin,
  • und lühte ir varwe unde ir schin
  • als suoze und alse löse
  • als ein gemischet rose
  • hin üf allez wider den man:
  • ir munt der fiurete unde bran
  • rehte alse ein glüender kol.
  • ja ich erkenne mich nu wol,
  • waz dirre arebeite was:
  • isöt was, alse ich iezuo las,
  • des morgens in dem touwe
  • geslichen zuo der ouwe
  • und was da von enbrunnen.
  • so gieng ouch von der sunnen
  • ein kleinez str«melin dar in,
  • daz gleste ir üf ir hiufelin,
  • üf ir kinne und üf ir munt.
  • zwo schcene hseten an der stunt
  • ein spil gemachet under in zwein:*
  • da schein lieht unde lieht enein.
  • diu sunne und diu sunne
  • die hseten eine wunne
  • und eine höchzit dar geleit
  • 17565
  • 17570
  • 17575
  • 17580
  • 17585
  • 17558 gespenstekeit stf., Verführung; vgl. zu 1408.
  • 17570 gemischet part. adj,, mehrfarbig, bunt. — 17579 enbrinnen stv.,
  • entbrennen swv, intrans., glühen; vgl. 1094. — 17581 stroemeltn stn., dim.
  • zu sträiii, nhd. Strom (bei Gottfried nicht vorkommend), kleiner Streif,
  • Strahl. — 17582 hiufelin (=Hs. H und W) stn. dimin. zu hiufel stn.,
  • Wänglein. Hagen und Maßmann schreiben mit Hs. M und F hüffelin, das
  • wäre : kleine Hüfte , was nach dem Zusammenhange unmöglich gesagt sein
  • kann; übrigens ist das doppelte/ in den Hss, noch kein Beweis, daß die
  • Schreiber nicht hvffelin, hiuffelin. gemeint haben. — 17589 dar legen, an-
  • stellen. —
  • XXVIII. ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG. 243
  • isöte z'einer saelekeit: 17590
  • ir kinne, ir munt, ir varwe, ir lieh
  • daz was so rehte wimneclich,
  • so lieplich und so muotsam,
  • däz ir Marken gezam:
  • in gelängete unde gelüste, 17595
  • daz er si gerne kuste.
  • Minne warf ir flammen an,
  • Minne erflammete den man
  • (-142) mit der schceue ir libes;
  • diu schoene des wibes 17600
  • diu spuon im sine sinne
  • z'ir libe und z'ir minne.
  • sin ouge stuont im allez dar:
  • er nam vil innecliche war,
  • wie schöne ir üz der waete schein 17605
  • ir kele unde ir brustbein,
  • ir arme unde ir hende.
  • si haste äne gebende
  • ein schapel ut'e von kle:
  • sin' gedü'hte ir herren nie me 17610
  • so lustic und so hissam.
  • Xu er der sunnen war genam,
  • diu von obene dur den stein
  • üf ir antlütze schein:
  • er vorhte, ez waere ir an ir lieh 17615
  • schade unde schädelich:
  • er nam gras, bluomen unde loup,
  • daz venster er da mite verschoup
  • und bot der schoenen sinen segen ;
  • er bat ir got den guoten pflegen 17620
  • und schiet er weinende dan.
  • also ein trüriger man
  • kert' er ze sinen hunden wider,
  • er leite sin gejägede nider;
  • '593 maotsüiu adj., aumuthig. — 17595 mich gelanyet, mich verlangt, hier
  • it folgendem Satze mit duz: vgl. zu 12370. — 17598 erßaiiunen (=Hs. W,
  • •fiarte Hs. M) swv., entflammen (Hs. H und F enflaiiuaen), erhitzen. —
  • '601 spuon praet. von sparten stv., locken. — 17(308 gebende Btn., Kopfputz
  • sr Frauen.
  • 17616 schade ist hier nicht subst. Schade, ein Schade, sondern adj.,
  • rnonym mit schädelich [nhd. schade beschränkter]. — 17618 verschieben
  • v., (durch Hineinschieben) verstopfen.
  • 16*
  • 244 XXVIII. ENTDECKUNG UND VERSÖHNUNG.
  • er hiez an den stunden 17625
  • die jägere mit den liimden
  • wider ze hüse keren hin.
  • daz tete er aber durch den sin,
  • daz nieraen anders kseme dar,
  • der ir da würde gewar. 17630
  • So schiere was der künec niht dan,
  • Isot erwachete und Tristan,
  • nu si begunden umbe sehen
  • und nach dem sunnenschine spehen,
  • done schein diu sunne niht dar in 17635
  • niuwan durch zwei vensterlin.
  • nu nämen si des dritten war,
  • und alse in daz niht liehtes bar,
  • (4-43) des wunderte si sere.
  • nune biten s' ouch nimere: 17640
  • si stuonden üf beid' under ein
  • und giengen uzen an den stein:
  • loup unde bluomen unde gras,
  • daz vor dem vensterline was,
  • daz selbe funden s' ouch zehant. 17645
  • ouch spurten si zwei durch den sant
  • üf der fossiure unde dervor
  • mannes trite und niannes spor
  • beidiu dar unde dan.
  • da erschräken si van 17650
  • unde ervorhten ez stärke:
  • si dähten sä, daz Marke
  • €teswie wsere komen dar
  • und wsere ir worden gewar.
  • der wän der was in vür geleit: 17655
  • deheine gewisheit
  • die enhseten s' dar an niht.
  • doch was ir raeistiu zuoversiht,
  • swer si da, hsete funden,
  • daz er si ze den stunden 17660
  • so von ein ander gewant
  • und in der wise ligende vaut.
  • 17631 Su schiere — nifit, nicht alsbald, d. L. kaum; vgl. zu 13260. 18249.
  • Hier ist der folgende Satz positiv gewendet auch ohne Conjunctiön. — ,
  • 17655 vür legen swv. in passivischer Construction, hier etwa: vor Atigen
  • o^tehen, vorschweben.
  • XXIX.
  • SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • Auf den Rath seiner Getreuen sendet König Marke Kurvenal als
  • Eoten zu Tristan und der Königin mit dem Geheiße zurückzukehren. Er
  • versichert sie seiner Huld , verlaugt aber auch von ihnen , ilirer Vertrati-
  • lichkeit zu entsagen. Marke erfreute sich herzlich an seinem Weibe, aber
  • auch die Eifersucht erwachte von neuem.
  • Hier schaltet der Dichter eine Betrachtung ein über die Verblendung
  • der Liebenden und über die Hute, durch welche erst, wie es an Eva ge-
  • schah, bei den Frauen die Lust zur Übertretung des Gebotes erweckt
  • werde. Ein Weib, die solcher weiblichen Schwäche nicht ergeben sei und
  • vor der Welt sich rein erhalte, verdiene den höchsten Preis.
  • Eines Tages zur heißen Mittagszeit lässt Isolt, welcher wie auch dem
  • Tristan die Hute großen Schmerz verursacht, im kühlen Schatten ein Lager
  • bereiten. Nur Brangjene darf bei ihr bleiben. Tristan erhält Botschaft zu
  • Isolt zu kommen. Brangsene entfernt sich und lässt die Thüren verschließen.
  • Da kam der König und fragte nach der Königin. Ihm wird geantwortet,
  • sie schlafe, und man weist ihn auf seine weitere Frage in deu Baumgarten.
  • Marke geht sogleich dahin und findet Weib und Neffen schlafend im Bette.
  • Schweigend geht er von dannen: er wähnte nicht mehr, er wusste. Tri-
  • stan erwacht, sieht den König noch fortgehen und weckt Isolt : er glaube,
  • sie seien verrathen, der König wolle gewiss Zeugen holen. So nehmen die
  • Liebenden unter großen Schmerzen Abschied. Isolt gibt Tristan einen
  • King; bei seinem Anblick solle er stets der Treue eingedenk sein. Wie
  • der König mit Gefolge zurückkehrt, findet er nur noch Isolt. Seine Be-
  • gleiter schelten ihn darum, er handele übel an seinem Weib und an seiner
  • Ehre. So lässt er seinen Zorn und geht, ohne Raclie genommen zti haben,
  • von dannen.
  • Der künec iesä besande
  • ze hove und in dem lande
  • sinen rät und sine mäge 1766Ö
  • durch rät und durch rätfräge:
  • er Seite in unde tele in kunt,
  • als ich iu seite an dirre stunt,
  • wie er si funden haete,
  • 246 XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • und jach, daz er untsete 17670
  • von Tristand' imde Isolde
  • niemer gelouben wolde.
  • sin rät enstuout sich al zehant,
  • wie sin wille was gewant
  • und daz sin rede so was getan, 17675
  • daz er si wider wolte hän.
  • si rieten, als die wisen tuont,
  • da nach als ime daz herze stuont
  • (444) und alse er selbe wolde,
  • daz er sin wip Isolde 17680
  • und sinen neven besande,
  • Sit er da niht erkande,
  • daz wider den eren wsere,
  • und niemer boeser maere
  • von ime genseme deheine war. 17685
  • Man besande Kurvenälen dar
  • und wart der hin ze in beiden
  • ze einem boten bescheiden,
  • wan er ir dinc erkande.
  • der künec enböt Tristande 17690
  • und ouch der küniginne
  • sine hülde und sine minne,
  • und daz si wider ksemen
  • und niemer war gensemen
  • deheines arges wider in. 17695
  • Kurvenal der kerte hin
  • und Seite in beiden Markes muot.
  • diz dühte die gelieben guot
  • und wurden in ir herzen fro.
  • die fröude hseten s' aber do 17700
  • vil harter unde mere
  • dur got und durch ir ere
  • dan durch iht anders, daz ie wart,
  • si kerten wider üf ir vart
  • an ir herschaft alse e. ■ 17705
  • sine würden aber niemer me
  • in allen ir jären
  • 17688 bescheiden stv., hier: bestellen, auseraehen.
  • 17705 herschaft stf., hier: Herrlichkeit, hehres, glückliches Leben,
  • Wonne. —
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN. 247
  • SO heinlich, so si e wären,
  • nochn gewiiimen nie ze ir fröuden sit
  • so guote State so vor der zit. 17710
  • iedoch was aber Marke
  • hof imde gesinde starke
  • geflizzen an ir ere.
  • sine wären aber nie mere
  • frilicli und ofFenbsere. 17715
  • Marke der zwivelsere
  • gebot und bat genote
  • Tristanden unde Isote,
  • (445) daz si durch got und ouch durch in
  • ir fuoge hseten under in 17720
  • und die vil süezen stricke
  • ir inneclichen blicke
  • vermiten unde verbseren
  • und niht so heinlich wseren
  • noch so gemeine ir rede als e. 17725
  • diz gebot tet den gelieben we.
  • Marke der was aber do fro.
  • ze fröuden hsete er aber do
  • an sinem wibe Isolde,
  • swaz so sin herze wolde, 17730
  • niht z'eren wan ze libe:
  • ern hsete au siuera wibe
  • noch minne noch meine
  • noch al der eren keine,
  • die got ie gewerden liez, 17735
  • wan daz si in sinem namen hiez
  • ein frouwe unde ein künigin
  • da, da er künic solte sin.
  • diz nam er ällez vür guot
  • und truog ir allez holden muot, 17740
  • als er ir vil liep wsere.
  • diz was diu alwsere,
  • diu herzelose blintheit,
  • von der ein Sprichwort da seit:
  • «diu blintheit der minnen 17745
  • diu blendet uze und innen,
  • 17725 gemeine adj., hier: vertraut,
  • 17733 meine stf., hier synonym mit minne, wie die Verba minnen und
  • vieinen verbunden; vgl. 1306G und zu IUI. — 17746 üze (=H3. H; M fehlt,
  • 248 XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • si blendet oiigen unde sin;
  • daz si wol sehent under in,
  • des enwellent si niht sehen.»
  • also was Marke geschehen: , 17750
  • der weste ez wärez alse den tot
  • und sach wol, daz sin wip Isot
  • ir herzen unde ir sinne
  • an Tristandes minne
  • mitalle was verüizzen, 17755
  • und enwölte es doch niht wizzen.
  • wem mac man nü die schulde geben
  • umbe daz erlöse leben,
  • (446) daz er sus mit ir hsete?
  • wan zware er missettete, 17760
  • der ez Isöte seite
  • ze deheiner trügeheite:
  • weder s^ entroug in noch Tristan;
  • er sach ez doch mit ougen an
  • und weste es ungesehen genuoc, 17765
  • daz si im deheine liebe truoc
  • und was si'm doch liep über daz.
  • «war umbe, herre, und umbe waz
  • truog er ir inneclichen muot?»
  • '< dar umbe ez hiute maneger tuot: 17770
  • gelüste unde gelange
  • der lidet vil ange,
  • daz ime ze lidenne geschiht.
  • I
  • Hei waz man ir noch hiute siht
  • der Marke und der Isolde, 17775
  • ob raan'z bereden solde,
  • die blinder oder alse blint
  • ir herzen unde ir ougen sint!
  • irn ist niht deheiner,
  • W US, F uzen) adv., Nebenform von uzen, außen. (In der 1. AuÜage war
  • schon uze geschrieben, darum Haupt'S Anmerkung zu Erec [2. Ausg.] 2290
  • unnöthig.) — 17753 Dativwendung nach Hs. H u. W=in ihrem Herzen und
  • ihrem Sinn, durch ihr Herz und ihren Sinn. F hat herze. Paul (S. 10)
  • will auch herze schreiben und erklärt die ganze Zeile als Apposition zu
  • wtp, also : ihr Herz und ihre Sinne in Kommata eingeschlossen. Sollte für
  • ir vielleicht in zu schreiben sein ? — 17761 sagen mit acc. der Sache, dat.
  • der Person und prsep. ze , etwas einem für etwas anrechnen, auslegen. —
  • 17765 ungesehen part. pass. in activer Bedeutung, ohne gesehen zu hauen. —
  • 17771 gelüste swm. (neben gelust stf. 7015), Gelüst stn., Begierde. — 17773
  • gescliehen unpers. mit dat. und inf. mit ze, hier: muß; vgl. zu 15475.
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN. 249
  • ir ist maniger und einer 17780
  • an blintheit so verflizzen,
  • ern wil des niht gewizzen,
  • daz ime lit an den ougen
  • und hat daz vür ein lougen,
  • daz er wol weiz und daz er siht. 17785
  • wer mag im dirre blintheit iht?
  • welle wir den billich schouwen ,
  • sone sulen wir den frouwen
  • deheine schulde geben hier an.
  • si sint unschuldic wider die man, 17790
  • so si si mit ougen sehen länt,
  • swaz si gewerbent oder begänt.
  • swä man die schulde gesiht,
  • da enist man von dem wibe niht
  • weder überkerget noch betrogen; 17795
  • da hat gelüste gezogen
  • den nacken vür diu ougen; ^
  • gelänge der ist daz lougen,
  • (447) daz al der werlde und alle zit
  • in wol gesehenden ougen lit. 17800
  • swaz man von blintheit geseit,
  • sone blendet keiniu blintheit
  • als anclich uude als ange
  • so gelüste unde gelange.
  • swie wir'z verswigende sin, 17805
  • ez ist doch war ein wortelin:
  • «schoene daz ist hoene.»
  • diu wunderliche schcsne
  • der blüenden Isöte
  • diu blante ie genöte 17810
  • Marken uze und innen
  • an ougen unde an sinnen;
  • 17786 vgl. zu 1022. — 1779.') überkergen swv. , überlistcu: karc adj.,
  • (karg), listig und die andern Bildungen kommen bei Gottfried nicht vor.
  • — 17796 den nacken vür diu ougen ziehen ist vielleicht eine bildliche Rede-
  • wendung für : etwas verkehrt nehmen , rückwärts und vorwärts verwech-
  • seln, nicht deutlich sehen können (vgl. zu 19237), aber seltsam wäre sie
  • ohne Zweifel. Ich glaube, daß hier eine Verderbniss vorliegt. Sollte nicht
  • für nacken (nak Hs. F; M fehlt) der Dichter nagel gesagt haben in der
  • Bedeutung von: Naselfell, welches sich über das Auge hinzieht und die
  • Sehkraft hindert? Dazu würde das Folgende eine logisch richtige Fort-
  • führung sein. Bech.aber macht dagegen geltend, 7iagel sei zu unhöfisch. —
  • 17807 sdiaene ist hier in stilistischem Gegensatze zu sclioene stf. im folgenden
  • Verse Adject. subst. = rfa3 sc/irene, A«ne ist ebenfalls Adj., und zwar eigent-
  • liches, fioine wird im mhd. Wb. I, 701 unter die Bedeutung: «hochfahrend,
  • übermüthig» gestellt; das passt nicht, es soll gesagt sein: gefährlich.
  • 250 XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • ern künde niht an ir gesehen,
  • des er ir z'arge wolte jehen;
  • und swaz er an ir weste, 17815
  • daz was daz allerbeste.
  • daz aber diu rede beslozzen si:
  • er was ir alse gerne bi,
  • daz er ez allez übersacli,
  • swaz leides ime von ir gescliacli. 17820
  • Swaz in dem herzen alle zit
  • versigelt unde verslozzen lit ,
  • deist müelich ze verberne:
  • man üebet vil gerne,
  • daz die gedanken anget. 17825
  • daz ouge daz hanget
  • vil gerne an siner weide.
  • herze und ouge beide
  • diu weident vil oft' an die vart,
  • an der ir beider fröude ie wart; 17830
  • und swer in daz spil leiden wil,
  • weiz got der liebet in daz spil.
  • so man s' ie harter dannen nimet,
  • so si des spils ie me gezimet
  • und so s' ie harter klebent an. 17835
  • alsam tet Isöt und Tristan:
  • al zehant do daz geschach,
  • daz in ir wunne und ir gemach
  • (448) so mit der huote vor bespart,
  • so mit verböte benomen wart, 17840
  • do was in ande und ange:
  • der gespenstige gelange
  • der tete in allererste we,
  • we unde maneges wirs dan e.
  • in was do zuo ein ander 17845
  • vil anger und vil ander,
  • dan in da vor ie würde.
  • diu bercswaere bürde
  • der verwäzenen huote
  • diu lag in in ir muote 17850
  • 17823 müelich adv., hier: mühsam, schwierig, nicht so leicht; vgl. zu
  • 11576. — 17831 leiden swv. mit acc. der Sache und dat. der Person, verleiden;
  • vgl. das andere leiden in V. 12410. — 17841 ande hier adv., unleidlich,
  • übel zu Muthe; vgl. zu 8992. — 17846 ander compar. zu diesem ande. —
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • 251
  • swser' älse ein blii'ner berc.
  • diu huote daz vertane antwerc,
  • diu viendin der minne,
  • diu nam in alle ir sinne,
  • und aber benamen Isote
  • der was ande und note,
  • Tristandes fremede was ir tot.
  • so ir ir herre ie me verbot
  • die lieinliche wider in,
  • so ir gedanke unde ir sin
  • ie harter an in was begraben,
  • diz muoz man ouch an huote haben;
  • diu huote fuoret unde birt,
  • da man si fuorende wirt,
  • niwan den hagen unde den dorn;
  • daz ist der angende zorn,
  • der lop und ere seret
  • und manic wip enteret,
  • diu vil gern' ere hsete,
  • ob man ir rehte trete,
  • als man ir danne unrehte tuot,
  • so swäret ir er' unde muot.
  • sus verkeret si diu huote
  • an eren unde an muote.
  • und doch swar man'z getribe,
  • huot' ist verlorn an wibe,
  • dar umbe daz dehein man
  • der übelen niht gehüeten kan.
  • (44;9) der guoten darf man hüeten niht,
  • sie hüetet selbe, also man gibt:
  • und swer ir hüetet über daz,
  • entriuwen, der ist ir gehaz,
  • der wil daz wip verkeren
  • an libe und an den eren
  • und wsetlich also sere,
  • 17855
  • 17860
  • 17865
  • 17870
  • 17875
  • 17880
  • 17885
  • 17856 note adv., hier: sorgenvoll zu Muthe. Zarncke fragt im mhd. W'b. II,
  • 1, 413; «richtig? oder ist Isot : 7i6t zu lesen?» Die Hss. geben dafür kei-
  • nen Anlaß. Wegen des Adverbiums antle ist der stilistischen Congruenz
  • das Adverb note ganz angemessen, das Gottfried in anderer Bedeutung in
  • V. 2177 anwendet. — 17863 ft/oren swv., nähren, erziehen. — 17864 Futur-
  • wendung : wenn man sie nähren wird , nähren will (vgl. zu 3985), doch
  • kann hier gerade einfache Umschreibung vorliegen, in der wirt = ist, also
  • fuorende u-irt=fuoret. — 17865 hagen stm., (Hain), Dorn. — 17875 getriben
  • stv., verst. trtben. — 17878 gehüeten swv., verst. hüeten. — 17881 über daz=.
  • überdies, noch dazu, trotzdem.
  • 252 XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • daz si sich niemer mere
  • so verrihtet an ir site,
  • im hafte iemer etswaz mite
  • des , daz der hagen hat getragen :
  • wan iesä so der süre hagen 17890
  • in also süezem gründe
  • gewurzet z'einer stunde ,
  • man wüestet in unsanfter da
  • dan in der dürre und anderswä.
  • Ich weiz wol, daz der guote muot, 17895
  • der dem so lange unrehte tuet ,
  • biz er mit übele unfrühtic wirt,
  • daz der noch erger übel birt,
  • dan der ie übel ist gewesen.
  • deist war, wan daz hän ich gelesen. 17900
  • durch daz so sol ein wise man
  • und swer dem wibe ir eren gan,
  • wider ir guotem muote
  • dehein ändere huote
  • ze ir töugenheite keren 17905
  • wan wisen unde leren,
  • zarten unde güeten:
  • da mite sol er ir hüeten;
  • und wizze wserliche daz,
  • ern gehüetet ir niemer baz; 17910
  • wan si si übel oder guot,
  • der ir ze dicke unrehte tuot,
  • si gevähet lihte ein muotelin,
  • des man gern' äne wolte sin.
  • ja sol ein ieclich biderbe man 17915
  • und der ie mannes muot gewan,
  • getrüwen sinem wibe
  • und oucli sin selbes libe,
  • (450) daz si aller slahte unmäze
  • 17892 yewurzen swv. , verst. würzen, doch hier ge- perfect. = Aa< gewurzet.
  • tüMrse«, Wurzel schlagen. — z'' einer stunde, zu einer Zeit, ganz entsprechend
  • nnserm : einmal, in V. 16(i89 pl. z'einen stunden. — 17893 wüesten swv.
  • trans., wüeste machen, verwüsten, ausrotten.
  • 17896 der dern = sicer, wenn man, dem. — 17897 unfrühtec adj.^ Gegen-
  • theil von frühtec (16463), aber nicht: unfruchtbar, sondern: übele Frucht
  • tragend; etwa unser: schlecht tragend würde ähnlichen Doppelsinn haben.
  • — 17907 zarten swv., zart, zärtlich sein. — güeten swv., gut, gütig sein. —
  • 17913 muotelin stn. gevähen , ein wenig Mutli fassen , einen Eigensinn an-
  • nehmen. — 17919 unmäze stf., Gegentheil von juäze (963), Unziemlichkeit.
  • i
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN. 253
  • dur sine liebe läzc. 17920
  • swie dicke man's beginne,
  • dem wibe enmag ir minne
  • niemen üz ertwingen
  • mit übelichen dingen:
  • man leschet minne wol dermite. 17926
  • huot' ist ein übel minnen site:
  • si wecket scliädelichen zorn;
  • daz wip ist gar dermite verlorn.
  • Der oucli verbieten mölite lan,
  • ich wiene, ez wsere wol getan: 17930
  • daz birt an wiben manegen spot.
  • man tuot der manegez durch verbot,
  • daz man ez gar verbsere ,
  • ob ez ünverboten waere.
  • der selbe distel unde der dorn, 17935
  • weiz got der ist in an geborn:
  • die frouwen, die der arte sint,
  • die sint ir muoter Even kint;
  • diu brach daz erste verbot:
  • ir erlöubete unser herre got 17940
  • obez ünde bluomen unde gras,
  • swaz in dem paradise was,
  • daz si da mite tsete,
  • swie so si willen hsete,
  • wan eincz, daz er ir verbot 17945
  • an ir leben und an ir tot;
  • die pfaffen sagent uns msere,
  • daz ez diu vige wtere:
  • daz brach si und brach gotes gebot
  • und verlos sich selben unde got. 17950
  • ez ist euch noch min vester wäu,
  • £ve enhsete ez nie getan,
  • und enw?ere ez ir verboten nie.
  • ir erste werc, daz si begie,
  • dar an so büwete si ir art 17955
  • und tete, daz ir verboten wart,
  • swer sich aber der dinge enstät,
  • so hspte es ßve guoten rät
  • 17931 Spot stm., hier: Schniacli. — 17y.")5 f/üicen stv., hier: gründen,
  • begründen, bildl. für: bewähren. —
  • 254 XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • (451) umbe daz obez daz eine;
  • si höete doch gemeine 17960
  • diu anderen alle
  • nach allem ir gevalle,
  • und enwölte ir keinez niuwan daz,
  • dar an si ouch alle ir ere gaz.
  • Sus sint si alle Even kint, 17966
  • diu nach der Even gevet sint.
  • hi, der verbieten künde,
  • waz man der Even funde
  • noch hiutes tages, die durch verbot
  • sich selben liezen unde got! 17970
  • und Sit in daz von arte kumet
  • und ez diu nätiur' an in frumet,
  • diu sich es danne enthaben kan,
  • da lit vil lobes und ereu an.
  • wan swelh wijd tugendet wider ir art, 17975
  • diu gerne wider ir art bewart
  • ir lop, ir ere unde ir lip,
  • diu ist niwan mit namen ein wip
  • und ist ein man mit muote;
  • der sol man ouch ze guote, 17980
  • ze lobe und ze eren
  • alle ir sache keren.
  • swä so daz wip ir wipheit
  • unde ir herze von ir leit
  • und herzet sich mit manne, 17985
  • da höneget diu tanne,
  • da balsemet der scherlinc;
  • der nezzelen ursprinc
  • .der roset ob der erden.
  • 17962 gevalle dat. von geval stm., Gefallen stm.; ferner im Keime in V.
  • 18057. — 17964 yaz=-geaz ; geezzen mit den Formen findet sich nicht in den
  • Hss. geschrieben , die Synkope ist stets vollzogen [daher unser seltsames
  • Part, gegessen],
  • ndüßgeoet^geevet, nach Art der Eoe, Eva, gerathen; eine Gottfriedische
  • Bildung. — der demonstr. = dirre , jener ; Artikel vor Eigennamen im Mhd.
  • noch nicht gebräuchlich. — 17973 vgl. zu 12145. — diu=correl., wenn
  • eine. — 17975 fügenden swv. hier ohne Object (vgl. zu 175), Tugend zeigen,
  • tugendhaft sein. — 17983 wipheit stf., hier: das Weibsein, Weiblichkeit,
  • ohne den ethischen Begriff von «Weiblichkeit», den das Wort in V. 10259
  • hat, anstreifend an den Begriff: weibliche Schwäche. — 17985 herzen swv.
  • refl. mit prsep, wzi< kann nur heißen : sich das Herz eines aneignen. — 17986
  • honegen swv., hier: Honig tragen, geben, d. h. da träufelt anstatt Harzes
  • die Tanne gegen ihre Natur Honig; vgl. zu 11888. — 17987 balsemen swv.,
  • Balsam geben. — 17988 ursprinc stm., hier: Ursprung, Hervorsprossen im
  • Sinne von: Wurzel. — 17989 rusen swv., Rosen tragen, zur Böse werden.
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • Waz mag ouch ierner werden
  • so reines an dem wibe,
  • so daz si wider ir übe
  • mit ir eren vehte
  • nach ietweders rehte
  • des libes unde der eren!
  • si sol den kämpf so keren,
  • daz si den beiden rehte tuo
  • und sehe ietwederm also zuo,
  • (452) daz daz ander da bi
  • von ir iht versümet si.
  • ezn ist niht ein biderbe wip,
  • diu ir ere durch ir lip,
  • ir lip durch ir ere lät,
  • so guote State so si des hat,
  • daz si s' beidiu behabe:
  • enge noch dem noch disem abe,
  • behalte si beide
  • mit liebe und mit leide,
  • swie so si'z ane gevalle.
  • weiz got si müezen alle
  • stigen in ir werdekeit;
  • mit micheler arebeit
  • bevelhe unde läze
  • ir leben an die mäze;
  • da besetze ir sinne mite,
  • da ziere mite lip unde site;
  • mäze diu here
  • diu heret lip und ere.
  • Ezn ist al der dinge dehein,
  • der ie diu sünne beschein,
  • so rehte saelic so daz wip,
  • diu ir leben unde ir lip
  • an die mäze verlät,
  • sich selben rehte liebe hat;
  • und al die wile und al die frist,
  • daz si ir selber liep ist,
  • so ist der billich ouch derbi,
  • daz si äl der werlde liep si.
  • 255
  • 17990
  • 17995
  • 18000-
  • 18005
  • 18010
  • 18015
  • 18020
  • 18025
  • 18000 versumen swv. , versäumen, vernachlässigen.
  • ti8ch = 5i enye, si behalte; ebenso 18013 fg.
  • 18005 fg. ellip-
  • 256 XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • ein wip, diu wider ir libc tuot,
  • diu so gesetzet ir muot, 18030
  • daz si ir selber ist gehaz,
  • wer sol die minnen über daz?
  • diu selbe ir lip mim?eret
  • und daz der werlt bewseret,
  • waz liebe oder waz eren 18035
  • sol iemen an die keren?
  • man lescliet gelangen,
  • so der beginnet angen,
  • (453) und wil daz namelose leben
  • dem geliereten namen geben. 180-iO
  • nein nein, ez ist niht minne,
  • ez ist ir sehtserinne,
  • diu smaehe, diu böse,
  • diu böse getelose,
  • diu enwirdet wibes namen niht, 18045
  • als ein wterlicliez Sprichwort gibt:
  • (( diu manegem minne sinnet,
  • diu ist manegem ungeminnet.»
  • diu gerne da nach sinne
  • daz si äl diu werlde minne, 18050
  • diu minne sich selben vor,
  • zeig' al der werlt ir minnen spor:
  • sint ez durnähte minnen trite,
  • al diu werlt diu minnet mite.
  • Ein wip, diu ir wipheit 18055
  • wider ir selber liebe treit
  • der werlde ze gevalle,
  • die sol diu werlt alle
  • wirden unde schoenen,
  • blüemen unde kroenen 18060
  • mit tägelichen eren,
  • ir ere mit ir meren.
  • 18030 gesetzen swv., verst. setzen, liier wie unser: stellen (auf etwas),
  • (dahin) richten. — 18039 namelos adj,, (namenlos), wesenlos. — 18042 oehta-
  • rinne stf. [erhalten : ächten, Acht mit kurzem Vocal], Verfolgerin, Feindin.
  • — 18043 sma'Iie adj. subst., schmählich, verächtlich. — böse adj. subst.
  • Nebenform von hcese [erhalten in: Bosheit], böse, gemein. (Paul nimmt
  • Anstoß an der Form böse und ändert.) — ISOii g et e lös adj. subst., (eigent-
  • lich gattenlos, genossenlos), ungebunden, zügellos, lüderlich. Paul (Ö. 30)
  • nimmt getelmse als svibst. an, Zügellosigkeit , Lüderlichkeit und schreibt
  • beidemal boßse. — 18047. 18048 ohne Zweifel Paraphrase des Spruches von
  • Publius Syrus: mulier quae mtdtis mtbit , multis non placef; s. Haupt zu
  • Engelhard 1005.
  • <
  • XXIX. SCHEIDEN UXD ]MEIDEN. 257
  • an swcn oucli diu genendet,
  • an den si gar gewendet
  • ir lip uude ir sinne, 18065
  • ir meine unde ir minne,
  • der wart S£elic ie geborn,
  • der ist geboren unde erkorn
  • ze lebenden sselden alle wis,
  • der hat daz lebende paradis 18070
  • in sinem herzen begraben;
  • der endärf deheine sorge haben,
  • daz in der hagen iht ange,
  • so er nach den bluomen lange ;
  • daz in der dorn iht steche, 18075
  • so er die rosen breche,
  • da enist der hagen noch der dorn:
  • da enhät der disteline zorn
  • (454) mitalle niht ze tuone.
  • diu rosine suone 18080
  • diu hat ez allez üz geslagen:
  • dorn unde distel unde hagen.
  • in disem paradise
  • da entspringet an dem rise ,
  • cngruonet noch cnwahset niht, 18085
  • wan daz daz ouge gerne siht.
  • ez ist gar in blüete
  • von wiplicher güete;
  • da enist niht obezes inne
  • wan triuwe unde minne, 18090
  • er' unde wertlicher pris.
  • Ahi, ein so getan pardis,
  • daz alse fröudebsere
  • und so gemeiet wsere,
  • da möhte ein seliger man 18095
  • sines heizen sajlde vinden an
  • und siner ougen wunne sehen,
  • waz wrere ouch dem iht ^virs geschehen
  • dan Tristand' unde Isolde?
  • 1S063 genenden swv. hier mit proep. an c. acc, einem gegenüber Muth
  • fassen, sich an einen wagen, einem sich nahen. — 18078 distelin adj. {disteln
  • abgekommen], von Disteln, distelartig. — 18030 rosin adj., rosig. — 18081 &z
  • ila/ien stv., abschlagen, ausrotten.
  • ISOdi tjetiieiet -pait. &dj., wie der Mai angethan, etwa: lenzverschönt.
  • GOTTFRIED VON STEASSBTJEG. 11. 2. Aufl. 17
  • 258 XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • (1er rair's gevolgen wolde, 18100
  • ern dörfte nilit sin leben geben
  • nmb' delieines Tri'ständes leben;
  • wan zwäre ein rehte tuonde wip,
  • an swen diu lät er' unde lip
  • und sich der beider dar bewiget, 18105
  • hi, wie si des von herzen pfliget!
  • wie hat siii in so süezer pflege!
  • wie rumet s' alle sine wege
  • vor distele und vor dorne,
  • vor allem senedem zorne! 18110
  • wie friet si'n vor herzenöt,
  • so wol so nie dehein Isot
  • deheinen ir Tristanden baz.
  • und hän ez ouch benamen vür daz:
  • der suochte, also er solde, 18115
  • ez lebeten noch Isolde,
  • an den man ez gar funde,
  • daz man gesuochen künde.
  • (455) Nu suln wir wider zer huote komen.
  • den gelieben, alse ir habet vernomen, 18120
  • Isöte und Tristande
  • den was diu huote als ande,
  • verbot daz tete in alse we,
  • daz si alse flizeclichen e
  • z'ir State nie gedähten, 18125
  • biz si'z ouch voUebrähten
  • nach allem ir leide:
  • si gewünnen es beide
  • leit unde totliche klage.
  • Ez was an einem mitten tage 18130
  • und schein diu sunne sere:
  • leider üf ir ere.
  • zweier hande sunnen schin
  • der gleste der künigin
  • in ir herze und in ir sinne, 18135
  • diu sunne und diu minne,
  • 18118 gesuochen swv., verst. auochen, suchen.
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN. 259
  • (1er seuede muot, diu heize zit
  • diu muoten si eiiwidersrit.
  • sus wülte si dem strite,
  • dem muote unde der zite 181-iO
  • mit einem liste entwichen sin
  • und viel enmitten dar in.
  • si begünde in ir boumgarten
  • ir gelegenheite warten:
  • si suochte zuo ir State schate, 18145
  • schate, der ir zuo ir State
  • schirm unde helfe bsere,
  • da kiiele und eine woere.
  • und al zehant daz si den vant,
  • si hiez ein bette dar zehant 18150
  • rilich und schoene machen:
  • kulter und lilachen,
  • purper unde bliät,
  • küniclicher bettewät
  • wart über daz bette vil geleit. 18155
  • nu daz daz bette was bereit,
  • sö'z iemer beste künde,
  • dö leite sich diu blunde
  • (45G) in ir hemede dar an.
  • die juncfrouwen hiez si dau 18160
  • entwichen al gemeine
  • niwan Brangsenen eine.
  • Xu was Tristande ein böte getan,
  • daz er'z durch niht solte län,
  • ern sprceche Isöte sä ze stete. 18165
  • uu tete er rehte als Adam tete:
  • daz obez, daz ime sin Eve bot,
  • daz näm er und äz mit ir den tot.
  • er kom, und gie Urangoine hin
  • zen frouwen und saz nider zuo z'in 18170
  • mit angeslicher swa^re.
  • si hiez die kameriere
  • all^ die türe besliezen
  • und niemen ouch in liezcn.
  • 18148 eine stf., Einsamkeit. — lS\i)2 lult';r stir., Polster, hier aber
  • ■wohl insbesondere: Matratze des Unterbettes. — lilacfien=:linlachen stn.,
  • eigentlich: Leinentx;ch, Leilach, Bettuch = Octteluclien 1Ö19S und iettewät.
  • 17*
  • 260 XXIX, SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • si selbe cnhieze in in län. 18175
  • die türe die wurden zuo getai,.
  • und als Brangsene nider gesaz .
  • nü bedähte si daz
  • und betrurte in ir muote,
  • daz vorlite noch huotc 18180
  • an ir frouwen niht vei'vie.
  • Innen disen trahteu gie
  • der kameraer' einer vür die tür
  • und was so schiere nie dervür,
  • der künec engienge gegen im in 18185
  • und frägete nach der künigin
  • vil harte unmüezecliche.
  • nu sprach ir iegeliche:
  • «si släfet, herre, ich wsene.»
  • diu verdahte Brangsene, 18190
  • diu arme erschrac unde gesweic,
  • ir houbet üf ir ahsel seic,
  • hend' unde herze enphielcn ir.
  • der künec sprach aber: anu saget mir,
  • wä släfet si, diu künigin?') 18195
  • si wisten in zem garten in;
  • und Marke kerte hin zehant,
  • da er sin herzeleit da vant:
  • (457) wip unde neven die vander
  • mit armen zuo ein ander 18200
  • geflöhten nähe und ange.
  • ir wauge an sinem wange,
  • ir munt an sinem munde.
  • swaz er gesehen künde,
  • daz in diu decke sehen lie, 18205
  • daz für daz deckelachen gie
  • ze dem oberen ende:
  • ir arme unde ir hende.
  • 18181 vervähen stv. an einem, bei einem anschlagen, ausrichten,
  • nützen.
  • 18182 Innen adv. prsep., hier abstract zeitlich: während; vgl. zu 8814. —
  • 18187 unmüezecliche adv., unmüfJig, mit Unmufje, schnell, hastig. — 1818S ir
  • ie gelic/ie, iegeViche, iegÜche schreiben alle Hss. Wilhelm Grimm schlägt
  • «Zur Geschichte des Keims» S. 527 vor zu schreiben: ir gplic/ie, einer von
  • ihnen, nämlich von den kamerauren {geliche swm., eigentlich: der einem
  • gleich ist, ein solcher), ie auszuwerfen scheint aber gewagt; ir iegeliche
  • bezieht sich auf die Jungfrauen, die Zofen : jede von ihnen, d. h. eine wie
  • die andere.
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN. 261
  • ir all sei umle ir Iirustbein
  • diu wären also uäbe enein 18210
  • getwimgen iinde geslozzen,
  • und wsere ein werc gegozzen
  • von ere und von golde,
  • ez endörfte noch ensolde
  • niemer baz gefüeget sin. 18215
  • Tristan und diu künigin >
  • die sliefen harte suoze,
  • i'ne weiz, nach waz unmuoze.
  • Der künec dö er sin ungemach
  • sus oifenbserliche ersach, 18220
  • dö was im erste vür geleit
  • sin endeclicliez herzeleit.
  • er was ab ein verrihter man:
  • wän unde zwivel was do dan,
  • sin altiu überleste; 18225
  • ern wände niht, er weste:
  • des er da vor ie hrete gegert,
  • des was er alles dö gewert,
  • entriuwen, ez ist aber min wän,
  • im haete dö vil baz getan 18230
  • ein Wccnen danne ein wizzen.
  • des er ie was geflizzen
  • ze komene von der zwivelnöt,
  • dar an was dö sin lebender tot.
  • sus gieng er swi'gende dan; 18235
  • sinen rät und sine man
  • die nam er suuder dort hin.
  • er huop üf unde seite in,
  • (458) daz ime gesaget waere
  • vür ein wärez msere, 18240
  • daz Tristan und diu künigin
  • bi ein ander selten sin,
  • daz si alle mit im giengon dar
  • und nsemen umbe si beidiu war,
  • und ob man s' also funde da, 18245
  • 1S'_'23 eerriht, verrihtet part. adj. — ein verr. man ist nicht nach Groote
  • •«ein rathloser, verlorener, sich ganz aufgebender Mann», sondern im
  • (iegentheile ein wohl berichteter, auf die rechte Spur, ins Reine gekom-
  • mener Mann, was dann die folgenden Verse kundgeben. — 18225 überleste
  • stf., übermäßige Last; vgl. zu 10SG2. — 18238 uf heben stv. = anheben,
  • beginnen. —
  • 262 XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • relit unde gerihtc tsete,
  • also daz lantrcht lijete.
  • Nunc was oiicli daz so scliiere nie,
  • daz Marke von dem bette gie 18250
  • und harte unverre was dervan,
  • so daz erwacliete ouch Tristan
  • und sacli in von dem bette gän.
  • «ä», sprach er, cwaz habt ir getan,
  • getriuwe Brangsene! 18255
  • weiz got, Brangsene, ich wsene,
  • diz släfen gät uns an den lip.
  • Isöt wachet, armez wip 1
  • wachet , herzekünigin !
  • ich wsene, wir verraten sin.» 18260
  • «verraten?» sprach si «herre, wie?»
  • «min herre der stuont obe uns hie:
  • er sach uns beide, und ich sach in.
  • er get von uns iezuo da hin ,
  • und weiz benamen alse wol, 18265
  • so daz ich ersterben sol;
  • er wii ze disen dingen
  • helf unde geziuge bringen:
  • er wirbet unseren tot.
  • herzefrouwe, schcene Isot, 1S270
  • nu müeze wir uns scheiden
  • so wsetlich, daz uns beiden
  • so guotiu State niemer me
  • ze fröuden widervert als e.
  • nu nemet in iuwer sinne, 18275
  • wie lüterliche minne
  • wir haben geleitet unze her,
  • und seht, daz diu noch staete wer;
  • (-459) lät mich üz iuwerm herzen niht!
  • wan swaz dem mihem geschiht, 18280
  • 18247 reht stn. und gerihte stn. hier synonym und in der Bedeutung von
  • ^er/Z/^einV. 15524: Sühne und Genugthuung. i^'^e alsdann = nhd. verschaffte.
  • 18249 fg. so schiere wie = kaum wie in V. 17631 mit zunächst folgen-
  • dem, sich an van anschließenden daz v/ie in der modernen Sprache und
  • mit dem den Nachsatz beginnenden ao daz, wo wir mit: so ausreichen. —
  • 18268 geziuge nach dem mhd. \Vb. III, 918 plur. von geziuc stm. in der Be-
  • deutung: Zeugniss, Beweis. Das wäre sehr abstract; wenn auch helfe an
  • sich ebenfalls ein Abstractiim ist, so ist es doch in solcher Verbindung
  • wie unser: Hülfe auch concret gedacht = Ae(/tt're. Geziuge ist vielmehr
  • Plur. von geziuc in der Bedeutung: Zeuge, wie es auch die Übersetzer
  • nehmen. —
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN. Zbö
  • üz enkiimet ir iiiemer:
  • Isöt diu muoz iemor
  • in Tristandes herzen sin.
  • nu sehet, herzefriundin,
  • ■daz mir fremde und verre 18285
  • iemer hin z'iu gewerre!
  • vergezzet min durch keine not.
  • duze amie, bele Isöt,
  • gebietet mir und küsset mich!»
  • Si trat ein lützel liinder sich, 18290
  • siuftende sprach si wider in:
  • uherr', unser herze und unser sin
  • diu sint dar zuo ze hinge,
  • ze anclich und ze ange
  • an ein ander verflizzen, 18295
  • daz si iemer suhi gewizzen,
  • waz under in vergezzen si.
  • ir Sit mir verre oder bi,
  • sone sol doch in dem herzen min
  • niht lebenes noch niht lebendes sin 18300
  • wan Tristan, min lip und min leben,
  • herr', ich hän iu nu lange ergeben
  • beidiu leben unde lip;
  • nu sehet, daz mich kein ander wip
  • iemer von iu gescheide, 18305
  • wirn sin iemer beide
  • der liebe unde der triuwe
  • stsete unde uiuwe,
  • diu lange und alse lange frist
  • so reine an uns gewesen ist. 18310
  • und nemet hin diz vingerlin:
  • daz lät ein Urkunde sin
  • 18284 — 86 sind uicht, wie ich anfaugs glaubte, ein Versprechen Tristan's
  • im weiterfiUireuilen Anschluß an die zunächst vorhergehenden Zeilen,
  • sondern eine Bitte an Isolt wie die Verse 1^275—79 und l'^287 — S'.). nx sefn't
  • wie in V. 18278 u. ls.iiiö = nun seilt zu, achtet darauf, sorgt dafür, ver-
  • haltet euch so. — 1828.') //v'(/tr/(? und vefre sind Substantiva: Fremde und
  • Ferne, verre stf. im mhd. Vv^b. nicht verzeichnet, nur tv/ve stf. ; das Wort
  • ist aber als Analogiebildung aus dem Adj. verre ganz spruchgemäß und
  • kommt nach Bech's Naclnveise öfters vor. — 1828B iemer ebenso gut hier
  • mit: jemals wie mit: niemals zu übersetzen. — ///« z'iu, hin nach euch, iu
  • meinem Verhältniss zu euch. — Im Conj. yewerre (vgl. zu 142(i3. 975) liegt
  • einigermaßen Futurbegriff; ebenso in wer in V. 18278 und in yescheide in
  • V. 18305.
  • 1^^290 hinder sich , wie noch in Mundarten : zurück. — 18206 (jewizzen
  • swv., verst. witzen^ wie vorher in V. 17782, hier im Sinne von: erfahren,
  • «lernen'). Kurtz. — 1S297 verijezzen ist subst.- i'ufiu. stn., Vergessen.
  • 264
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • der triuwen iinde der miniie,
  • op ir deheine sinne
  • iemer dar ziio gewinnet,
  • daz ir an' mich iht niinnet;
  • daz ir gedenket da bi,
  • wie minem herzen iezuo si.
  • (460) gedenket an diz scheiden,
  • wie nähen ez uns beiden
  • ze herzen und ze libe lit.
  • gedenket maneger swaeren zit,
  • die ich durch iuch erliten hän,
  • und enlät iu niemen näher gän
  • dan isold', iuwer friundin.
  • durch niemen so vergezzet min:
  • wir zwei wir haben liep unde leit
  • mit solher gesellekeit
  • her unz an dise stunde bräht:
  • wir suln die selben andäht
  • billichen leiten üf den tot.
  • herr', ez ist allez äne not,
  • daz ich iuch alse verre mane:
  • wart isot ie mit Tristane
  • ein herze unde ein triuwe,
  • so ist ez iemer niuwe,
  • so muoz ez iemei* stcete wern.
  • doch wil ich einer bete gern:
  • sw^elch enden landes ir gevart,
  • daz ir iuch, minen lip, bewart;
  • wan swenne ich des verwiset bin,
  • so bin ich, iuwer lip, da hin:
  • mir, iuwerm libe, dem wil ich
  • durch iuwern willen, niht dur mich
  • fliz unde schcene huote geben;
  • wan iuwer lip und iuwer leben,
  • daz weiz ich wol, daz lit an mir:
  • ein lip, ein leben daz sin wir.
  • 18315
  • 18320
  • 18325
  • 18330
  • 18335
  • 18340
  • 18345
  • 16330 andäht stf., hier: Andenken. — 18331 vf prajp., hier: bis auf,
  • bis an. — 1S341 verwiset^H und F (M fehlt, "W verweset). verwUen mit
  • gen., von etwas verweisen, verbannen; hier die Wendung: wenn ich dem
  • entzogen bin. Sollte nicht der Dichter poetischer verweiset gesagt haben,
  • wie auch einige der Nebenhss. haben: wenn ich daran zur Waise geworden
  • bin, wenn mir das erstorben ist? Auch Paul (.S. 10) erklärt sich für ver-
  • weiset. — 1S345 für geben viüxdan wir jetzt in dieser Verbindung : (Sorgfalt
  • und Beachtung) schenken gebrauchen. — 18347 ligen an einem [nhd. be-
  • schränkter], hier: von einem abhängig sein, mit einem verbunden sein. —
  • XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN. 265
  • Uli bedenket ie genöte
  • mich, iuwern lip, Isöte. 18350
  • ]ät mich an iu min leben sehen,
  • so ez iemer schierest müge geschehen,
  • und seht ouch ir daz iuwer an mir.
  • unser beider leben daz leitet ir.
  • nu gät her unde küsset mich: 18355
  • Tristan und Isöt, ir und ich,
  • wir zwei sin iemer beide
  • ein ding an' underscheide.
  • (461) dirre küs sol ein insigel sin,
  • daz ich iuwer unde ir min 183GO
  • beliben staete unz an den tot,
  • niwan ein Tristan und ein Isöt.»
  • '5
  • Xu daz diu rede versigelt wart.
  • Tristan der kerte üf sine vart
  • mit jämer und mit maneger not. 18365
  • sin lip, sin ander leben Isot
  • beleip mit manegem leide:
  • die spilgesellen beide
  • die geschieden sich e mäles nie
  • mit solher marter alse hie. 18370
  • Hie mite was ouch der künic komen
  • und hsete ein her ze sich genomen
  • von sinem hoveräte.
  • si komen aber ze späte:
  • si funden niwan Isöte; 18375
  • diu lag ouch ie genöte
  • in trabten an ir bette als e.
  • nu daz der ktinec da niemen me
  • wan eine sine Isöte vant,
  • sin rät der nam in al zehant 18380
  • und fuorte in sunder dort hin dan:
  • uherreo, sprächen si «hier an
  • missetüot ir harte sere,
  • iuwer wi'p und iuwer ere,
  • daz ir die z' alse maneger zit 18385
  • 18359 insigel stn., hier: Besiegelung, Zeugniss, wie Urkunde iu V. 18312.
  • 18363 versifjeln swv,, hier bildlich: besiegeln, bekräftigen (durch
  • den Ku3S).
  • 266 XXIX. SCHEIDEN UND MEIDEN.
  • ziehende iiiule zogende sit
  • ze lasterliclier inziht
  • gar äne not und umbe nilit.
  • ir hazzet ere iinde wip
  • und allermeist iur selbes lip. 18390
  • wie müget ir iemer werden fro,
  • die wile ir iuwer fröude also
  • an iuwerm wibe swachet
  • und si ze spelle machet
  • über hof und über lant, 18395
  • und habet an ir noch niht erkant,
  • daz Mider ir eren müge gesin?
  • waz wizet ir der künigin?
  • (462) war umbe velschet ir die,
  • diu nie valsch wider iu begie? • 18400
  • herre, durch iuwer ere
  • getuot ez niemer mere :
  • vermidet sus getanen spot
  • durch iuch selben und durch got.»
  • sus nämen si'n mit rede dervan, 18405
  • daz er in volgen began,
  • und aber siuen zorn lie
  • und ungerochen dannen gie.
  • 183'^6 ziehen stv. und zogen swv. (fi82) hier wortspielend nebeneinander
  • wie in V. 5608: hin- und herziehen, ziehen und zof/en, hier: beschuldigen,
  • bald auf diese, bald auf jene Weise. — I83fs7 ze (in solchen Fällen steht
  • auch vf), auf, wegen. — inziht stf., hier nicht: Beschuldigung, sondern
  • wie in V. 1ö40.t geradezu: Schuld, Verbrechen. — 18399 veUchen swv.,
  • hier: verleumden. — 18408 ungerochen hier adj. part. pass. mit activer Be-
  • deutung : ohne sich gerächt zu haben ; vgl. zu 10284.
  • XXX.
  • ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • Ti-istan begibt sich mit seinem Ingesinde nach der Normaudie, und
  • ils er vernimmt, dali in Almanje ein großer Krieg sei, wendet er sich dort-
  • lin und dient dem römischen Reiche mit Eitterlichkeit. — Unterdessen
  • ebt Isolt daheim in großem Leide. Wie sehr sie des Geliebten Entfer-
  • i\ung betrauex't, so ergibt sie sich darein, weil sein Kommen ihm gefahr-
  • irohend sei und weil er in der Fremde sich ihr erhalte. — Xach einem
  • lialben Jahre und darüber kehrt Tristan aus Almanje nach der Normandie
  • zurück und begibt sich iiach Parmenien zu den Söhnen Eual's. Ihn selbst
  • and seine Pflegemutter Flora?te findet er nicht mehr am Leben. Längere
  • Zeit verweilt Tristan bei Rual's Söhnen und vertreibt mit ihnen die Zeit
  • lurch Turnier und Jagd.
  • Zwischen Eritannie und Engeland war ein Herzogthum gelegen mit
  • S'amen Arundel. Der alte Herzog Joveliu und die Herzogin Karsie hatten
  • äinen Sohn, Kaedin geheißen, und eine Tochter, Isolt mit den weißen
  • Händen. Tristan hört, in Arundel sei Krieg und, um sein Leid zu ver-
  • gessen, fährt er dahin und findet als wohlberühmter Held bei dem Landes-
  • lierrn ehrenvolle Aufnahme. Mit dem jungen Kaedin schließt Tristan
  • jinen Freundschaftsbund. .Diese beiden ziehen dem Feinde entgegen, und
  • Tristan ruft die Söhne Eual's zu Hülfe. Kaedin und Tristaix bleiben Sie-
  • Ejer, die Fülirer der Feinde werden gefangen. Dadurch wächst Tristan's
  • Ansehen bei Hofe und im Lande. — Kaedin's Schwester Isolt erregte Tri-
  • stan's Aufmerksamkeit und Wohlgefallen. Durch ihren Namen wird er
  • beständig an die blonde Isolt von Irland erinnert. So bereitete Isolt
  • Weißhand ihm Freude und zugleich Trauer. Auch sie war ihm hold und
  • so begegneten sie sich in ihrer Neigung. Aber in einsamer Stunde klagt
  • Tristan sich der Untreue an, und dennoch flieht er nicht die Gegenwart
  • der weißhändigen Isolt. Er verkürzt ilir die Zeit durch Saitenspiel und
  • Gesang. Er dichtet auch den werth gelialtenen Leich Tristan. Eines sei-
  • ner Liedlein besingt im Eefrain seine Geliebte Isolt; darum glauben alle,
  • er meine damit ihre Isolt. In Tristan's Herzen kämpft die alte Neigung
  • mit der neuen, die Liebe mit der Treue. Aber die Treue gibt er auf, weil
  • sie ihm kein Heil bringe. Er sei schlimmer daran als sie, die blonde
  • Isolt, sie sehne sich nicht so nach ihm wie er nach ihr. Sie habe ihren
  • 268 XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • Freund, ihren Herren Marke, er sei allein. Warum sende sie niclit nach
  • ihm, da sie ihn so leicht finden könne? Um ihretwillen meide er alle
  • andern Frauen und müsse darum jeder Lebensfreude entbehren.
  • (Mit diesem Selbstgespräche bricht Gottfried's Gedicht ab).
  • iristan ze herbergen kam,
  • sin ingesinde er allez nam 18410
  • linde zogete sich mit in
  • wol balde gegen der habe hin.
  • daz erste schif, daz er da vant,
  • dar in so kerte er al zehant
  • und fuor ze Normandie 18415
  • er und sin massenie.
  • nu was er aber unlange da,
  • wan sin gemüete riet im sä,
  • daz er etswie suochte ein leben,
  • daz ime libunge künde geben 18420
  • und trost ze siner triure.
  • hie merket äventiure:
  • Tristan floch arbeit unde leit
  • und suochte leit und arebeit;
  • er floch Marken unde den tot 1842(>
  • und suochte die tötliche not,
  • diu in in dem herzen tote,
  • diu l'remede von Isote.
  • waz half, daz er den tot dort floch
  • und hie dem tode mite zoch? 18430
  • waz half, daz er der quäle
  • entweich von Kurnewäle,
  • und si im doch üf dem rucke lac
  • alle zit naht unde tac?
  • dem wibe nerte er daz leben, 18435
  • und was dem lebene vergeben
  • m'uwan mit dem wibe.
  • ze lebene und ze libe
  • (463) enwas niht lebendes sin tot
  • 18420 libuny/e stf. (zu beliöefi, bleiben), Kühe, Schonung; im mhd. Wb.
  • I, 969 nur in der Zusammensetzung underlVjunye nachgewiesen. Paul will
  • das hsl. libunye (in M H u. F) in licbtinye ändern; dessen Sinn sein müsste:
  • Erquickung und Erfreuung (wie das moderne: Beliebung). — 18430 mite
  • ziehen mit dat. = einem nachziehen. — 1843G das Subject ist nicht er,
  • sondern das verschwiegene ez (was). — (lern lebene ^=sine)n l. — vergeben
  • hier in anderer Construction als in V. 12500: mir ist very. mit . . . ich
  • bin vergiftet mit . . ., ich trage durch etwas den Todeskeim in mir:
  • vgl, 1S548. —
  • XXX. ISOT ALS FLANSCHE MAINS.
  • niwau sin beste leben, Isöt:
  • BUS tvvang in not iinde tot.
  • nu gedähte er, solte im disiii not
  • iemer üf der erden
  • so tragebaere werden,
  • daz er ir möhte genesen,
  • daz müese an ritterscbefte wesen.
  • Nu was ein lantmaere,
  • daz groz urliuge wsere
  • ze Almänje in dem lande,
  • diz Seite man Tristande.
  • sus kerte er wider Schampänje
  • dännen ber ze Almänje.
  • bie diente er alse scbone
  • dem zepter unde der kröne ,
  • daz roemescb riebe nie gewan
  • linder sinem vanen einen man,
  • der ie würde als sagebaft
  • von manlicber ritterscbaft.
  • gelückes unde linge
  • an manlicbcm dinge
  • und äventiure erwarp er vil,
  • der icb aller nibt gewäbenen wil;
  • wan solte icb alle sine tat,
  • die man von ime gescbriben bat,
  • reeben al besunder,
  • des magres würde ein wunder,
  • die fabeleu, die bier under sint,
  • die sol icb werfen an den wint:
  • mir ist docb mit der wärbeit
  • ein micbel arbeit üf geleit.
  • Tristandes leben und sin tot,
  • sin lebender tot, diu blunde tsot,
  • der was we und ande.
  • des tages do si Tristande
  • 2GU
  • 18440
  • 18445
  • 18450
  • 18455
  • 18460
  • 18465
  • 18470
  • 18440 niv.'on adv., hier = M-'a«, als.
  • 1.S4")4 vgl. zu .3328. — 18457 sageliaft adj., berühmt. — 18467 fabelen
  • sind nicht, wie es auf den ersten Blick scheint, Fabeln in unserm Sinne,
  • unwahre Geschichten, sondern überhaupt : Geschichten und im Zusammen-
  • hange: unnütze. — i8468 an den vint ivcrfen, eine Wendung ähnlich der
  • uuseru: in den Wind schlagen für: gUichgültig behandeln, unbeachtet
  • lassen. — 1S469 doch adv., hier: ja doch, ohnehin.
  • 270 XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • und sinem kiele «ach sach, 18475
  • daz ir daz herze do niht brach,
  • daz schuof daz, daz er lebende was.
  • sin leben half ir, daz si genas;
  • (464) sine möhte leben noch sterben,
  • äne in niht erwerben. 18480
  • tot unde leben h?et' ir vergeben:
  • sine möhte sterben noch geleben.
  • daz lieht ir liebten ongen
  • daz nam sin selbes loiigen
  • oft' und ze maneger stunde. 18485
  • ir zunge in ir munde
  • diu gesweic ir dicke ze der not:
  • dane was weder leben noch tot
  • und wären doch da beide.
  • si wären aber von leide 18490
  • ir rehtes also rehtelös,
  • daz si dewederez da kos.
  • do si den segel fliegen sach,
  • ir herze wider sich selben sprach:
  • aOwi, owi, min her Tristan, 18495
  • nu klebet iu min herz' allez an,
  • nu ziehent iu min ougen nach,
  • und ist iu von mir harte gäch.
  • wie gäbet ir alsus von mir?
  • nu weiz ich doch vil wol, daz ir ^ 185CO
  • von iuwerm lebene ziehet,
  • swenn' ir Isolde fliehet;
  • wan iuwer leben daz bin ich.
  • iht mere müget ir äne mich
  • iemer geleben deheinen tac, 18505
  • dan ich an' iuch geleben mac.
  • unser lip und unser leben
  • diu sint so sere enein gewebeu,
  • so gar verstricket under in,
  • daz ir min leben füeret hin , 18510
  • und läzet mir daz iuwer hie.
  • 18481 vergehen stv. steht hier wie in V. 12500, nur hier mit bestimmterem
  • Subject. Kurtz: ^Beides (Leben und Sterben) war ihr mit Gift vergeben.»
  • Simrock behält: «vergeben« bei, wodurch der Satz unklar wird. — 16484 low-
  • yen stn. nemen, sich verleugnen, d. h. aufhören.
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHB MAINS.
  • 271
  • zwei leben diu eiiwurdeu nie
  • alsus gemischet iinder ein.
  • wir zwei wir tragen und er uns zwein
  • tot unde leben ein ander an;
  • wan unser dewederez enkan
  • ze rehte sterben noch geleben,
  • ez enmüeze ime daz ander geben.
  • (465) hie mite enist diu arme Isot
  • noch lebende noch rehte tot.
  • i'ne kan weder dar noch dan.
  • 18515
  • 18520
  • Nu herre, min her Tristan,
  • Sit daz ir mit mir alle zit
  • ein lip unde ein leben sit,
  • so sult ir mir ouch lere geben,
  • daz ich behabe lip unde leben
  • iu z'aller erste, dar nach mir.
  • nu leret an! wes swiget ir?
  • uns wsere guoter lere not.
  • waz rede ich sinnelose Isot?
  • Tristandes zunge und min sin
  • die varnt dort mit ein ander hin.
  • Isöte lip, isöte leben
  • diu siut bevolhen unde ergeben
  • den segeln unde den winden,
  • wä mtig ich mich nu vinden?
  • wä mag ich mich nu suochen, wä?
  • nu bin ich hie und bin ouch da
  • und enbi'n doch weder da noch hie.
  • wer wart ouch sus verirret ie?
  • wer wart ie sus zerteilet me?
  • ich sihe mich dort üf jenem se
  • und bin hie an dem lande,
  • ich var dort mit Tristande
  • und sitze hie bi Marke,
  • und kriegent an mir starke
  • beidiu tot unde leben:
  • mit disen zwein ist mir vergeben,
  • ich stürbe gerne, möhte ich;
  • nü enlät er aber mich,
  • 18525
  • 18530
  • 18535
  • 18540
  • 18545
  • 18550
  • 18526 behüten swv., hier: behalten. — 1S528 an leren swv. , zu lehren
  • beginnen. —
  • 272
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • an dem min leben behalten ist.
  • nune mag ich ouch ze dirre frist
  • weder mir noch ime geleben v/ol,
  • Sit daz ich äne in leben sol.
  • er lät mich hie, und vert er hin
  • und weiz wol, daz ich äne in bin
  • reht' innerhalp des herzen tot.
  • 18555
  • Weiz got diz rede ich äne not;
  • (466) min leit ist doch gemeine,
  • i'ne träge ez niht al eine :
  • ez ist sin alse vil so min,
  • und wsene ez ist noch mere sin.
  • sin jämer und sin pine
  • diu ist grcezer dan diu mine:
  • daz scheiden, daz er von mir tuot,
  • beswseret mir daz minen muot,
  • ez swceret noch den sinen me.
  • tuot mir daz in dem herzen we,
  • daz ich sin hie bi mir enbir,
  • ez tuot im noch wirs danne mir.
  • klage ich in, so klaget er mich,
  • und klaget er niht billiche als ich,
  • ich wil mir wol ze rehte sagen,
  • daz ich mir trüren unde klagen
  • billiche nach Tristande nime;
  • wan min leben daz lit an ime,
  • da wider so lit an mir sin tot.
  • durch daz so klaget er äne not.
  • er mac vil gerne von mir varn,
  • sin ere und sinen lip bewarn:
  • wan solte er lange bi mir wesen,
  • so enkünde er niemer genesen.
  • durch daz sol ich sin haben rät;
  • swie rehte nähen ez mir gät,
  • ern sol durch den willen min
  • sin selbes niht in sorgen sin.
  • mit swelher not ich sin enber,
  • mir ist doch lieber vil, daz er
  • gesundes libes von mir si,
  • 18560
  • 18565
  • 18570
  • 18575
  • 18580
  • 18585
  • 18551 behalten sin, hier: bewahrt, zur Bewahrung übergeben, aufgehoben sein.
  • 18565 vgl. zu 937. — 18572 und conj., hier: und doch. —
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS. 273
  • dan er mir also wa?re bi, 18590
  • daz ich mich des versa^he,
  • daz im schade bi mir geschaehe;
  • wan weizgot swer ze sinem fromen
  • mit siues friundes schaden wil komen,
  • der treit im kleine minne. 18595
  • swaz schaden ich sin gewinne,
  • ich wil Tristandes friundin
  • gern' äne sineu schaden sin;
  • (467) daz ime sin dinc ze liebe erge,
  • i'ne rüoche, und ist mir iemer \ve: 18600
  • ich wil mich gerne twingen
  • an allen minen dingen,
  • daz ich min unde sin entwese,
  • durch daz er mir und ime genese.»
  • 1)6 Tristan, alse ich iezuo las, 18605
  • ze Almänje gewesen was
  • ein halp jär oder mere,
  • nu belangete in vil sere
  • hin wider in die künde,
  • da er etswaz befünde, 18610
  • waz der lantma^re
  • von siuer frouwen wsere.
  • in sinem muote er sich beriet,
  • daz er von Almänje schiet
  • und aber sine reise nam 18615
  • da hin, von dannen er dar kam,
  • hin wider ze Normandie,
  • dannen ze Parmenie
  • hin ze Rüäles kinden.
  • in selben wände er vinden 18620
  • und wolte im künden sine not.
  • leider nü was er ab tot,
  • er und sin wip Florsete.
  • sine sünc, die er ab hsete.
  • 18600 ritochen mit Negation, sich nicht kümmern, sich aus etwas nichts
  • machen, einem gleichgültig sein, resignieren. — und, natürlich wieder
  • conj. relat.: wenn, wenn auch; ebenso ist daz im vorhergehenden Verse
  • nicht mit Simrock als: damit aufzufassen, sondern = indem, wenn: wenn
  • er nur glücklich ist, dann ist es mir gleich, wenn ich fortan auch Leid
  • erdulde. — 1SG03 cntwesen stv. mit gen., einer Sache beraubt sein, sie ent-
  • behren müssen.
  • 1S60S mich belang et ■=mich. verlangt, ich sehne mich; vgl. 12370.
  • GOTTFKIED VON STRASSBÜRG. 11. 2. Aufl. IS
  • 274
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • daz sult ir wizzen, daz die dö 18625
  • von inneclichem herzen frö
  • Tristandes künfte wären,
  • der antfanc, den si'ni baren,
  • der was rein' unde süeze:
  • sine hende und sine füeze, 18630
  • sin Ollgen unde sinen munt
  • die kusten si ze maneger stunt.
  • aherre», sprächen si zehant
  • «got hat uns an iu wider gesant
  • beidiu vater und muoter. 18635
  • getriuwer herre guoter,
  • nu läzet iuch hie wider nider
  • und habet iu daz ailez wider,
  • (468) daz iuwer und unser solte wesen,
  • und lät uns hie mit iu genesen, 18640
  • als unser vater mit iu genas,
  • der iuwer ingesinde was,
  • als euch wir iemer gerne sin.
  • unser muoter iuwer friundin
  • und unser vater sint beidiu tot; 18645
  • nu hat got unser aller not
  • genaedecliche an iu bedäht,
  • daz er iuch uns her wider hat bräht.»
  • Der trüreere Tristan
  • der haete aber hie van
  • triur' unde michel ungehabe.
  • er bat sich wisen zuo ir grabe,
  • da gienc er trürende hin,
  • da stuont er guote wile ob in
  • weinende unde klagende,
  • siniu klägemsere sagende,
  • er sprach vil innecliche:
  • «nu erkenne ez got der riebe,
  • sol ez iemer dar zuo komen,
  • als ich von kinde hän vernomen,
  • daz triuwe und ere werde
  • begraben in der erde,
  • so ligent si beidiu hie begraben;
  • 18650
  • 18655
  • 18660
  • 18628 ant/anc = B.s. M; vgl. zu 487.
  • 18652 sich refl. wie im Lat. se , im Nhd. dafür: ihn bei: bitten, bei:
  • lassen ebenfalls : sich. —
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS. 275
  • und sol ouch triuwe und ere haben
  • mit gote gemeine, also man gibt, 18665
  • sone zwivel ich zewäre niht
  • und ist benamen kein loiigen,
  • sine sin vor gotes ougen:
  • Küal und Floraete,
  • die got der werlt so haete 18670
  • gewerdet unde geschoenet,
  • die sint ouch dort gekroenet,
  • da diu gotes kint gekroenet sint.»
  • diu saelegen Rüäles kint
  • diu leiten do Tristande vür 18675
  • mit vil durnähter willekür
  • ir hiuser, ir lip unde ir guot
  • und alse dienesthaften muot,
  • (469) so si iemer beste künden.
  • si wären z'allen stunden 18680
  • sinem dienste uudertän:
  • swaz er gebot, daz was getan
  • an iegelichen dingen,
  • diu si möhten vollebringen:
  • si fuoren mit im schouwen 18685
  • ritter unde frouwen;
  • si dienten ime ze manegen tagen
  • turnieren, birsen unde jagen,
  • swaz kurzewile er wolte pflegen.
  • Nu was ein herzentuom gelegen 18690
  • zwischen Britanje und Engelaut,
  • daz was Arundel genant
  • und stiez daz üf daz mer also,
  • da was ein herzöge dö
  • frech unde hövesch und wol getaget, 18695
  • dem hseten, als di istorje saget,
  • 186G5 gemeine hier Bubst. stf. wie in V. 8014. — 18688 die Infinitive sind
  • accusativisch zu fassen abh, von dienen (die Herausgeber setzen Komma
  • nach tagen, wodurch der Zusammenhang leidet); nhd. dafür: dienen mit
  • pr?ep. mit, in.
  • 18690 herzentuom {=Hs. M und ii) = herzogentuom (Hs. W. und P)
  • stn., nhd. Herzogthum [vgl. Bisthum = Eischofthum]. —
  • 18*
  • 276 XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • sin iimbesgezen starke
  • sin gerillte und sine marke
  • verurliuget unde benomeu.
  • si hseten in gar üborkomen 18700
  • beid' üf dem lande und üf dem mer.
  • vil gerne lisete er sich ze wer
  • gesetzet, nü enmohter.
  • einen sün und eine tohter
  • hset' er von sinem wibe; 18705
  • an lugenden unde au libe
  • ■wären si beidiu vollekomeu.
  • der sun der lisete swert genomen
  • und was dar an verflizzen gar.
  • da mite lisete er wol driu jär 18710
  • vil lobes und eren bejaget.
  • sin swester was schoen' unde maget
  • und liiez Isot als blansche mains,
  • ir bruoder Käedin li frains,
  • ir vater der herzog Jovelin; 18715
  • ir müoter diu herzogin
  • diu was genant Karsie.
  • Nu man ze Parmenie
  • (470) gesagete Tristande,
  • daz urliug' in dem lande 18720
  • ze Arundele woere,
  • er gedähte siner sw?ere
  • aber ein teil vergezzen da.
  • von Parmenie fuor er sä
  • hin wider Arundele 18725
  • gegen einem kastele,
  • da er des landes herren vant:
  • daz was Karke genant.
  • da kerte er z'allererste hin.
  • herr' unde gesinde enpfiengen in, 18730
  • 18398 gcrihte stn., hier: Gerichtsbarkeit, Bezirk. — mar'kc stf., (Grenze),
  • hier synonym mit gerihte: Bezirk, Land. — 18699 verurli)i(jcn swv,, durch,
  • Krieg (338) vernichten [vgl. verheeren]. — 18700 M6(?rA:ome« stv., hier : über-
  • winden, zwingen. — 18713 als franz. = ä les (neufranz. aux). — blansche
  • (man erwartet blanchcs) pl. franz. blanche, blank, weiß. — mams=: neu-
  • franz. Hier die franz. Bezeichnung wie ferner in V. 19048 für: mit den
  • weißen Händen; übersetzt mit den wizen, blanken handen 189G1. 19290;
  • außerdem: diu wUgehande 19388. — 18714 frains adj. subst. franz., aus
  • francnsl oder aus /ra.r?«z?
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS. 277
  • als man ze not den biderben sol.
  • si erkänden in von sage wol:
  • Tristan, als uns daz maere seit,
  • der was von siner manlieit
  • in al den inseien erkant, r8735
  • die wider Occene sint gewant.
  • durch daz wären sin dise frö.
  • der herzöge ergap sich dö
  • sinem rate und siner lere.
  • sin laut und sin ere 18740
  • da bat er in herre über sin.
  • sin sun der hövesche Käedin
  • was sere an in verflizzen:
  • swar an er mohte wizzen
  • sine wirde und sin ere, 18745
  • dar an fleiz er sich sere,
  • da stuont al sin gedanc hin.
  • si zwene wären under in
  • alle stunde und alle zit
  • enwette unde enwiderstrit 18750
  • wider ein ander dienesthaft:
  • triuwe unde geselleschaft
  • gelobeten si zwen' under in zweiu
  • und behielten ouch die wol enein
  • unz an ir beider ende. 18755
  • Tristan der eilende
  • Käedinen er zuo sich nam,
  • an den herzogen er kam ,
  • (471) er vorschete unde bat im sagen,
  • sin kriec, wie sich der dar getragen 18760
  • von sinen vinden hsete,
  • von wannen man im tsete
  • 1S731 ze not übersetzt Zarncke im mhd. Wb. II, 1, 410: owenn man in
  • Notli ist»; also mit Beziehung auf die bedrängte Lage des Landes; ebenso
  • die Übersetzer: uin Noth«; oder vielleicht ze not allgemeiner und formel-
  • haft: mit Nöthigung, pflichtgemäß, mit Recht? — 18732 von sage stf. (137),
  • aus der Sage, dem Gerüchte, entsprechend unserm: von Hörensagen. —
  • 18736 Occcne (occene = IIs. H, W u. F; Hs. M weicht dem Worte aus) er-
  • klären Groote und Hagen mit: Occident und schreiben es, -wie auch nach
  • ihnen Maßmann, demgemäß klein (eine Nebenhs. hat auch occidenten).
  • Kurtz: «Occene» mit Erklärung in den Anmerkungen, das Wort könne
  • wohl nur Occident bedeuten; Simrock frei: «gegen Abend». Gemeint ist
  • wohl vielmehr der Ocean , den der Dichter als bestimmte Örtlichkeit
  • auffasst.
  • 18760 dar tragen stv. (10682) hier mit prsep. von, durch, mit. —
  • 278 XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • den aller grcezesten schaden,
  • mit dem er wasre überladen.
  • nu ime daz allez wart benant, 18765
  • wie daz urliuge was gewant,
  • und im vil rehte wart geseit
  • der vmde gelegenheit,
  • wä si zuo riten mit ir gezoge,
  • nu hsete der herzöge 18770
  • ein guot kastei in siner päege,
  • daz lac den vinden üf ir wege;
  • aldä gezöch sich Tristan in
  • und sin geselle Käedin
  • mit maezlicher ritterschaft. 18775
  • sine waren niht so statehaft,
  • daz si deheinen veltstrit
  • moht^n gehaben ze keiner zit,
  • wan so vil, so si ie künden
  • ze eteslichen stunden 18780
  • mit roube und mit brande
  • geschaden der vinde lande
  • geswäslich unde verstolne.
  • Tristan sante verholne
  • wider heim ze Parmenie: 18785
  • siner lieben massenie,
  • Rüäles kinden, er enbot,
  • im wfere ritterschefte not,
  • der bedürfte er nie so sere,
  • daz s' ir tügent unde ir ere 18790
  • vil verre an ime bedsehten
  • und ime ir helfe brsehten.
  • die brähten ime an einer schar
  • fünfhundert covertiure dar,
  • bereitet wol ze iDrise. 18795
  • und grozen rät von spise.
  • und alse Tristan vernam .
  • daz ime von lande helfe kam,
  • (472) er fuor selbe gegen in
  • 18773 in geziehen stv. refl., sich daliinein begeben. — 13776 staleliaft adj.,
  • in der state^ Lage; gerüstet [nhd. statthaft nur von Sachen = geeignet]. —
  • 1S7S2 geschaden swv., verst. schaden. — 18784 verho(ne = vfrholene adv. von
  • verholn, verholen par^. adj., verhohlen, heimlich. — 18794 covertiure stf.
  • (4578) pL steht hier wie unser: Sättel für die Pferde und die Schaar der
  • Beiter. —
  • XXX. ISOT- ALS BLANSCHE MAINS. 279
  • und leite s' allez nahtes hin 18800
  • und fuorte s' also in daz lant,
  • daz ez lützel ieman bevant
  • wan die, die friunde wären
  • und im helfe dar zuo baren.
  • die halben er ze Karke liez: 18805
  • aldä gebot er unde hiez,
  • daz si sich sere in tseten
  • und deheiue war des hceten,
  • swer dar ze strite kseme,
  • biz man vür w^är vernaeme, 18810
  • daz Käediu und er da striten,
  • daz si si daune vor an riten
  • und also versüochten ir heil.
  • hie mite nam er daz ander teil,
  • da mite kert' er üf sine vart 18815
  • zer burc, diu ime bevolheu wart.
  • dar in so brähte er si bi naht
  • und hiez ouch die dar inne ir mäht
  • verhelen alse starke
  • als jene da ze Karke. 18820
  • Des morgens do ez tagen began,
  • nu hsete aber Tristan
  • ritter üz gesundert
  • niht minner danne hundert;
  • die andern liez er in der stat. 18825
  • Käedi'nen er bat,
  • daz er den sinen sagete,
  • op man in dar gejagete,
  • daz man sin war nceme
  • und ime ze helfe kseme 18830
  • von dannen und von Karke.
  • sus reit er üf die marke;
  • er roubete unde brande
  • offenlichen in dem lande,
  • swä er der vinde veste 18835
  • und ouch ir stete weste.
  • dannoch vor naht do wart der schal
  • 18300 hin leiten swv. wie in V. 4333, hin (dem Ziele zu, an den Platz) gelei-
  • ten, führen. — 1S805 die l/alOen acc. pl. von halp adj. subst., die Halben,
  • d. h. die zur Hälfte getheilten, und insofern: die Hälfte, der eine Theil.
  • 1SS23 gejagen swv., verst. jwien, aber hier ge- plusquamperf. : gejagt
  • hätte. — 13832 marke stv., hier: Grenze, vf die m., über die Grenze. —
  • 280 XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • in uem lande fliegende über al,
  • (473) daz der stolze Käedin
  • liz geriten solte sin 18840
  • mit oifenlicher reise.
  • Rügier von Doleise
  • nud Nantenis von Hante
  • und Rigolin von Nante,
  • der vinde leitaere, 18845
  • den wart daz maere swoere:
  • al die State und al die mäht,
  • die si mohten bi der naht
  • besenden, diu wart gar besant.
  • des anderen tages zehant 18850
  • wol hin iimbe den mitten tac,
  • dö sich ir State enein gewac,
  • si kerten wider Karke hin.
  • ritter hseten s' ander in
  • vierhundert unde mere 18855
  • und versähen sich des sere,
  • si solten sich da nider län,
  • als ouch da vor haeten getan
  • vil ofte und ze manegem tage.
  • nu kerte Tristan üf ir slage 18860
  • und sin geselle Käedin,
  • da jene vil sicher wänden sin,
  • daz iemen ze den ziten
  • mit in getörste striten.
  • dö fingen dis allenthalben zuo, 18865
  • ir deheiner wände envollen fruo
  • den vihden genähen.
  • Nu daz die vinde ersähen,
  • daz ez ze strite was gewant,
  • si kerten an den strit zehant. 18870
  • si kömen mit ein ander her.
  • alhie flouc sper unde sper,
  • ros unde ros, man unde man
  • so vientliche ein ander an,
  • daz da vil raichel schade ergie. 18875
  • 18860 slage (häufiger im Mhd. die zusammengezogene Form sla) stf., Weg-
  • spur (wohl zunächst gesagt vom Hufschlag). — 18S66 envollen adv., in
  • Fülle , in vollem Maße, sehr, so sehr.
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS. 281
  • si taten schaden dort imde hie:
  • hie Tristan unde Käedin,
  • dort Rugier unde Rigolin.
  • (474) swes iemen mit dem swerte
  • oder mit der lanzen gerte, 18880
  • daz hcete er da, daz vander.
  • si riefen wider ein ander:
  • hie: «schevelier Hante,
  • Doleise unde Nante ! »
  • dort: «Karke und Arundele!» 18885
  • Do jene in dem kastele
  • den strit ze stete sähen stän,
  • si liezen üz den porten gän
  • und anderhalben in die schar,
  • die täten si her unde dar 18890
  • mit häzlichem strite.
  • in harte unlangem zite
  • durchbrächen si si her unde hin.
  • si riten houwende under in
  • als eher under schäfen. 18895
  • baniere unde wäfen,
  • diu der höubetvinde wären,
  • der begünde Tristan vären
  • und sin geselle Käedin.
  • da wart Rugier und Rigolin 18900
  • und Nautenis gevangen
  • und michel schade begangen
  • under ir massenie.
  • Tristan von Parmenie
  • und sine lantgesellen 18905
  • die riten vinde vellen,
  • slahen unde vähen.
  • nu daz die vinde ersähen,
  • daz in diu wer niht tohte,
  • swie sich der man dö mohte 18910
  • mit flühto oder mit listen
  • generen oder gefristen,
  • des was ir iegelichen not:
  • fluht oder flehen oder der tot
  • die schieden einsit den strit. 18915
  • 18892 iit hier übereinstimmend in Hs. M und H stn. — 18914 flehen
  • Bubst. inf. stn., flehentliche Bitte (um Schonung), Ergebung.
  • ■282 XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • Xu daz der strit in eine sit
  • mitalle entschumpfieret wart
  • und die gevangenen bewart
  • (475) und behalten, da si solten sin,
  • Tristan unde Käedin 18920
  • die nämen alle ir ritterschaft ,
  • alle ir state und alle ir kraft
  • und riten dö erste in daz lant:
  • swä man der vinde deheiuen vant
  • oder iht ir dinges weste 18925
  • so habe, so stete, so veste,
  • daz was verloren, alse ez lac.
  • ir gewin und ir bejac
  • den sanden si ze Karke.
  • nu si der vinde marke 18930
  • gar under sich gebrächen
  • und wol ir zorn gerächen
  • und hseten z'ir hant allez lant,
  • Tristan der schickete al zehant
  • sine läntmässenie 18935
  • wider heim ze Parmenie
  • und dankete in vil tiure,
  • daz er ere und äventiure
  • von ir genäden liDete.
  • Tristan der nächraete, 18940
  • do sin gesinde dannen schiet,
  • umbe die gevangenen er riet,
  • daz si ze hulden ksemen
  • und von ir lierren nsemen, '
  • swaz er'n ir guotes wider lech, 18945
  • den Worten, daz er in verzech;
  • unde versigelten ouch daz,
  • daz disiu schulde und dirre haz
  • dem lande unschadebsere
  • 18917 entschuinpfieren-=:ensdiumpfieren swv. Fremdwort (gebildet mit
  • Anklang an schumpfen, schimpfen) ^ franz. desconfire , überwinden, durch
  • Niederlage entscheiden; vgl. zu 5613. — 18930 marke stf. wohl pl., hier
  • wie in V. 18698, aber noch bestimmter : Landbesitz. — 18931 fg. ge- in ge-
  • brächen^ gerächen plusquamperf. brechen stv. under sich, unter seine Ge-
  • walt zwingen. — 1S935 lantmassenie stf. wie lantgesinde , Mannschaft aus.
  • dem Lande, der Heimat. — 18940 nachröste adj. subst., überlegend, klug. —
  • 18947 für versigelten auch die Lesart vergiselten, die zu erklären sein würde :
  • durch Geiselschaft, Bürgschaft festsetzten. — 18949 unschadebcere d^dii^Gregen.-
  • theil von schadebcere (bei Gottfried nicht vorkommend), unschädlich. —
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS. 283
  • irhalben iemer wsere; 18950
  • und komen allesamet dar an
  • die houbetberren unde ir man.
  • Hie mite was aber Tristande
  • da ze höve und da ze lande
  • vil lobes und eren vür geleit. 18955
  • sine sinne und sine manbeit
  • diu prisete bof unde lant.
  • diu beidiu wären oucb gewant
  • (476) niht anders wan als er gebot.
  • Käedines swester Isot, 18960
  • diu mit den wizen banden,
  • diu bluome von den landen,
  • diu was stolz unde wise
  • und baäte sieb mit prise
  • und mit lobe so vür genomen , 18965
  • daz si al daz laut liset' überkomen,
  • daz daz nibt anders seite
  • wan von ir sselekeite.
  • do die Tristan so scboene sacb,
  • ez frischete ime sin ungemacb: 18970
  • sin altiu herzeriuwe
  • diu wart aber dö niuwe.
  • si mante in ie genote
  • der andern Isote,
  • der lüteren von Irhmt; 18975
  • und w^an si Isot was genant,
  • swenn' er sin ouge an si verlie,
  • so wart er von dem namen ie
  • so riuwec und so fröudelos,
  • daz man im under ougen kos 18980
  • den smerzen sines berzeu.
  • docb liebete er den smerzen
  • und truog im inneclicben muot:
  • er dühte in süeze und dübte in guot.
  • er minnete diz ungemacb 18985
  • dur daz, wan er si gerne sacli;
  • 1S950 irhalben adv., ihrethalben, ihrerseits; vgl. zu 13441. — 18952 houbet-
  • herre swm., Hauptmann, Anführer.
  • 1S958 diu = hof unde lant. — rjewant hierin persönlicher Construction,
  • bewandt, beschafifen. — 1S959 gebieten stx.., hier in allgemeiner Bedeutung :
  • wünschen. — 18970 frischen swv. traus., auffrischen, erneuen.
  • I
  • 284
  • XXX. ISOT ALS ELANSCHE MAINS.
  • SO sah er si gerne ümbe claz :
  • im tete diu triure verre baz,
  • die er nach der bkinden hsete,
  • dan im ander fröude tsete.
  • isot was sin liep und sin leit,
  • ja, Isot sin beworrenheit,
  • diu tete im wol, diu tete im we
  • so ime Isot sin herze ie me
  • in dem^ namen Isote brach ,
  • so er Isöte ie gerner sach.
  • 18990
  • 18995
  • Yil dicke sprach er wider sich:
  • «ä de benie, wie bin ich
  • (477) von disem namen verirret!
  • er irret unde wirret
  • die wärheit und daz lougen
  • miner sinne und miner engen,
  • er birt mir wunderliche not:
  • mir lachet unde spilt Isot
  • in minen ören alle frist,
  • und enweiz iedoch, wä Isot ist:
  • min ouge, daz Isote siht,
  • daz selbe ensiht Isote niht:
  • mir ist Isot verre und ist mir bi:
  • ich fürhte, ich aber gisötet si
  • zem anderen male,
  • ich wsene, üz Kurnewäle
  • ist worden Arundele,
  • Kark' üz Tintajoele
  • und Isot üz Isote.
  • mich dunket ie genote,
  • als iemen iht von dirre maget
  • in Isote namen saget,
  • daz ich Isote funden habe,
  • hie bin ouch ich verirret abe.
  • wie wunderliche ist mir geschehen!
  • daz ich Isote müese sehen,
  • des gere ich nü vil lange frist;
  • nu bin ich komen, da Isot ist,
  • 19000
  • 19005
  • 19010
  • 19015
  • 19020
  • 19000 werren stv. Mer mit acc, verwirren. — 19010 gis6tet = geis6tet
  • Bildung wie gehet in V. 17966; Simrock behält bei, Kurtz: «verzaubert
  • mit Isolden»; ein neuer Dichter könnte vielleicht : verisotet gebrauchen. —
  • »
  • f
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • und enbin Isote nieuder bi ,
  • swie nähen ich Isöte' si.
  • isote sihe ich alle tage
  • und sihe ir niht: daz ist min klage,
  • ich hän Isote fuuden
  • und iedoch niht die blunden ,
  • diu mir so sanfte unsanfte tuet,
  • ez ist isot, diu mir den muot
  • in dise gedanke hat bräht,
  • von der min herze als ist verdäht:
  • ez ist diu von Arundele
  • und niht Isot la bele;
  • der ensiht min ouge leider niht.
  • swaz aber min ouge iemer gesiht,
  • (478) daz mit ir namen versigelt ist,
  • dem allem sol ich alle frist
  • lieb' unde holdez herze tragen,
  • dem lieben namen genäde sagen,
  • der mir so dicke hat gegeben
  • wunn' unde wunneclichez leben.»
  • Alsolhiu maere treip Tristan
  • vil ofte wider sich selben an,
  • swenn' er sin senftez uugemach,
  • Isote als blansche mains gesach.
  • diu fiuwerniuwete ime den muot
  • mit der glimmenden gluot,
  • diu ime doch naht unde tac
  • betrochen in dem herzen lac.
  • er enwäs dö niht gedanchaft
  • ze ernste noch ze ritterschaft;
  • sin herze und sine sinne
  • die wären uiwan an minne
  • und an gemuotheit geleit.
  • er suochte gemuotheit
  • in wunderlicher ahte:
  • er besäzte sine trahte,
  • er wolte liebe und lieben wän
  • 285
  • 19025
  • 19030
  • 19035
  • 19040
  • 19045
  • 19050
  • 19055
  • 19060
  • 19Ü3-1 verdäht part. adj. hier mit prsep. von, durch etwas in Gedanken ver-
  • sunken.
  • 1^049 fiuwemiuwen swv., eine eigenthümliche Zusammensetzung, aufs
  • neue entzünden, etwa: glutherneuen. — 19052 betrochen part. von d/efrec//en
  • stv., bedecken, verbergen. —
  • 286
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • (479)
  • wider die maget Isote bau,
  • sin gemüete gerne twingen
  • ze ir liebe üf den gedingen,
  • ob ime sin senebürde
  • mit ir ibt ringer würde.
  • er üebete au ir dicke
  • sin innecliche blicke
  • und saute der so manegen dar,
  • daz si benamen wol wart gewar.
  • daz er ir boldez berze truoc.
  • oucb hsete si da vor genuoc
  • durch in gedanke vür bräbt.
  • si hsete vil durcb in gedäbt;
  • Sit si geborte unde gesach,
  • daz man im so vil lobes spracb
  • über bof uud über laut:
  • Sit was ir berze an in gewant.
  • und alse Tristan denue
  • sin ougen eteswenne
  • durcb äventiure an si verlie,
  • so widerlie s'ir ougen ie
  • als inneclichen an den man,
  • daz er gedenken began,
  • mit welber slabte dingen
  • erz möbte vollebringen ,
  • daz al sin berzeswaere
  • dermite erloschen wsere,
  • und was gedanchaft derzuo.
  • er sach si späte unde fruo,
  • swenn' ez mit ibte mobte sin.
  • 19065
  • 19070
  • 19075
  • 19080
  • 19085
  • 19090
  • Vil schiere wart, daz Käedin
  • ir zweier blicke wart gewar
  • und fuorte in oucb do dicker dar,
  • dan er e mäles tsete;
  • wan er gedingen haste,
  • 19095
  • 19065 senebürde stf., Liebesbürde. — 19067 blicke Heben, häufig Blicke wen-
  • den, zu blicken pflegen. — 19079 denne adv. pron. Nebenform von danne,
  • dann, alsdann; nochmals im Eeime in V. 19233. — 190S2 iciderläzen stv.,
  • wohl nicht mit dem mhd. Wb. I, 952 «zurücklassen», sondern: entgegen
  • lassen, entgegen gehen lassen, zurückwerfen, erwidern (alsdann ougen=^
  • Blicke; vgl. zu 1082). — 19091 iht hier subst. mit ihte , mit etwas (so =
  • nhd. in V. 15335), hier: auf irgend eine Weise.
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • 287
  • op si'm ze herzen beklibe,
  • daz er si naeme und da belibe,
  • so bsete ouch er mit ime verant
  • sin urliug' über al daz lant.
  • sus bat er ie genöte
  • sine swester Isote,
  • daz si'z mit rede Tristande bute,
  • reht' alse er selbe vor gebute
  • und niemer kseme an keine tat
  • an' in und äne ir vater rät.
  • Isot diu leiste sine bete,
  • wan si'z ouch selbe gerne tete,
  • und bot ez Tristand' aber dö baz:
  • rede ünde gebserde und allez daz,
  • daz die gedanke stricket,
  • minn' in dem herzen quieket,
  • daz begünde s' an in wenden
  • alle wis und allen enden,
  • biz daz si'n ouch enzunde,
  • daz ime der name begunde
  • den oren senften an der stete,
  • der ime da vor unsanfte tete:
  • (480) er horte und sach Isolde
  • vil gerner danne er wolde.
  • reht' alse tete ouch in Isolt:
  • si sach in gerne und was im holt.
  • er meinde si, si meinde in:
  • hie mite gelobeten s' under in
  • liebe unde geselleschaft
  • und wären ouch der flizhaft
  • ze iegelichen stunden,
  • so si mit fuoge künden.
  • 19100
  • 19105.
  • 19110
  • 19115
  • 1912a
  • 19125
  • Eines täges do gesaz Tristan,
  • und giengen in gedanke an
  • von sinem erbesmerzen.
  • er bedähte in sinem herzen
  • 19130
  • 19097 befcliben stv., haften, Wurzel schlagen. — 19107 bete leisten, Bitte
  • erfüllen. — 19111 stricken swv. trans., bestricken. — 19112 quicken swv.
  • hier mit Object, wecken ; vgl. zu 15406. In V. 17927 schreiben Hs. M und
  • H wecket, wo Hs. W chucket (=kicket), F qwicket. — 19126 fltzhaft adj. mit
  • gen., beflissen.
  • 19131 erbesmerze swm. , der überkommene, alte, unvergängliche
  • Schmerz. —
  • 288
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • manege und maneger hande not,
  • die sin ander leben Isot,
  • diu blunde küniginne,
  • der slüzzel siner minne
  • durch in erliten haete
  • und ouch dar an so stsete
  • in allen noeten wsere.
  • er nam ez ime ze swaere,
  • und gieng ini relite an sinen lip,
  • daz er an' Isold' ie kein wip
  • durch minne in sinen muot genam
  • und ie an die gedanke kam.
  • leitliche sprach er wider sich:
  • «ich ungetriuwer, waz tuon ich?
  • ich weiz doch wärez alse den tot,
  • min herze und min leben Isöt,
  • an der ich hän geunsinnet,
  • diu enmeinet noch enminnet
  • niht dinges iif der erden,
  • noch enkän ir niht gewerden
  • liep wan ich al eine,
  • und minne ich unde meine
  • ein leben, des si niht bestät:
  • i'ne weiz, waz mich verkeret hat.
  • waz hän ich mich genomen an,
  • ich triuweloser Tristan!
  • (481) ich minne zwo Isolde
  • und hän die beide holde,
  • und ist min ander leben, Isoit,
  • niwan einem Tristände holt.
  • diu eine wil deheinen
  • Tristanden wan mich einen,
  • und wirbe ich ie genote
  • nach anderer Isöte.
  • we dir, sinnelöser man,
  • verirreter Tristan !
  • lä disen blinden unsin,
  • tuo disen ungedanc hin!»
  • 19135
  • 19140
  • 19145
  • 19150
  • 19155
  • 19160
  • 19165
  • 19710
  • 19140 vgl. zu 12S58. — 19149 unsinnen swv., hier: unsinnig bandeln; vgl.
  • 10396. — 19154 und conj., hier wieder: und doch. — 19155 mich bestät hier
  • nicht mit gen., sondern des von niht abhängig (daneben die ebenso gute
  • Lesart daz); vgl. zu 4142. — 19160 holde acc. pl. von holt; ebenso gut
  • könnte es holt heißen. Ähnlich flectierte Adjective z. B. ferner in V. 119.
  • 19207 (vgl. Gr. 4, 493 fg.), unbestimmt z. B. in V. 2146.
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS. 289
  • Hie mite kom er des willen wider,
  • minn' iinde muot leit' er dernider,
  • den er der meide Isote truoc;
  • iedoch so bot er ir genuoc
  • so süezer gebaerde, 19175
  • daz si alle die bewcerde
  • siner minne wände hau.
  • do was ez anders getan:
  • ez gieng, also ez solde.
  • isot diu haete Isolde 19180
  • Tristanden muoteslialp genomen.
  • Tristan was aber mit muote komen
  • wider an sin erbeminne:
  • sin herze und sine sinne
  • die tribeu do niwan ir altez leit. 19185
  • doch begieng er sine hövescheit:
  • do'r an der mägode gesach
  • ir senelichez ungemach,
  • daz sich daz üeben began,
  • do leite er sinen fliz dar an, in90
  • daz er ir frönde b?ere:
  • er Seite ir schceniu msere,
  • er sanc, er schreib ir unde las;
  • und swaz ir kurzewile was,
  • da ZUG was er gedanchaft: 10195
  • er leiste ir geselleschaft,
  • er kürzete ir die stunde
  • etswenne mit dem munde
  • (4:82) und underwilen mit der hant.
  • Tristan der machete unde vant 19200
  • an iegelichem seitespil
  • leich' unde guoter noten vil,
  • die wol geminnet sint ie Sit.
  • er vant ouch ze der selben zit
  • den edelcn leich Tristanden, 19: 05
  • den man in allen landen
  • so lieben und so werden hat,
  • die wile und disiu werlt gestät.
  • oft' unde dicke ergieng ouch daz,
  • so daz gesinde enein gesaz , 19210
  • 19171 wider lomen mit gen., von etwas zurückkommen, abkommen. —
  • 191S1 muoteshalp adv., um des nmotes , der Neigung willen. — 19183 erbe-
  • minne stswf. wie erbesmerze. —
  • GOTTFRIED VON STRASSBURG. II. 2. Aufl. 19
  • 290 XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • er unde Isöt und Käedin,
  • der herzog und diu herzogin ,
  • frouwen und barüne,
  • so tihte er schanzüne,
  • rundate und liöveschiu liedelin 1921^
  • und sang ie diz refioit dar in:
  • «Isöt ma drüe, Isöt m'amie,
  • en vüs ma mort, en vüs ma vie»!
  • und wände er daz so gerne sanc, •
  • so was ir aller gedanc, 19220
  • und wänden ie genöte,
  • er meinde ir Isöte
  • und frönten sich es sere,
  • und aber niemen mere
  • dan sin geselle Käedin: 19225
  • der fuorte in üz, der fuorte in in
  • und sazte in z'allen ziten
  • der swester an ir siten.
  • diu was sin ouch von herzen fro;
  • diu nam in aber ze banden do 19230
  • und wante danne ir fliz an in.
  • ir klären ougen unde ir sin
  • diu spilten üf in denne;
  • so warf ouch eteswenne
  • der kranke magetliche name 19235
  • sine kiusche und sine schäme
  • zem nacken von den ougen,
  • si leite im dicke untougen
  • (-483) ir hende in die sine,
  • als obe ez Käedine 192-40
  • ze liebe geschsehe.
  • swes aber sich der verssehe,
  • ir selber fröude lac dar an.
  • 19216 reßoit stn. Fremdwort, hier deutlich: Eefrain, und danach bestimmt
  • sich die Bedeutung des Wortes in V. 2293 und an den andern Stellen. —
  • 19217 drüe adj. subst. franz. Wort deutschen Stammes, Traute. — ainie
  • fem. franz. im Unterschied vom Lehnwort ainie (11492) mit einsilbiger
  • Endung, aber ie nicht = neufranz. i, sondern diphthongisch = mhd. ie ;
  • vgl. zu 2396. — 1921S en praep. franz., in, an. — 19230 ze handen nemen
  • mit acc, hier allgemeiner als in V. 4978 und nicht wörtlich nach V. 19238
  • fg.: bei der Hand, sondern: zu sich nehmen, seine Gesellschaft suchen. —
  • 19234 fg. diese bildliche Redewendung zem nacken von den ougen werfen
  • für: hintansetzen, aus den Augen lassen u. dgl. ist klar und ohne alle
  • Schwierigkeit, und sie mag Anlaß zu der gezwungenen und, wie mir
  • scheint, fehlerhaften gegeben haben in V. 17796 fg.
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS. 291
  • Diu maget diu wart sich wider den man
  • so rehte lieplicli machende, 19245
  • smierende unde lachende,
  • kallende unde kosende,
  • smeichende unde losende,
  • biz daz si'n aber enzunde,
  • daz er ab wider beguude 19250
  • mit muote und mit gedanken
  • an siner liebe wanken:
  • er zwivelte an Isolde,
  • ob er wölde oder enwolde.
  • ouch tete es ime entriuwen not, 19255
  • daz si'z im alse suoze bot.
  • er dähte dicke wider sich:
  • «weder wil ich oder enwil ich?
  • ich wsene nein, ich wsene ja.»
  • so was aber diu stsete da: 19260
  • «nein», sprach si «herre Tristan,
  • sich dine triuwe an Isot' an,
  • gedenke genote^
  • der getriuwen Isöte,
  • diu nie fuoz von dir getrat.» 19265
  • sus was er aber an der stat
  • von den gedanken genomen
  • und aber in solhen jämer komen
  • durch Isöte minne,
  • sines herzen küniginne, 19270
  • daz er gebserde unde site
  • so gar verwandelte dermite,
  • daz er an iegelicher stete
  • niht anders niuwan trüren tete.
  • und swenne er aber ze Isöte kam, 19275
  • 19244 fg. Umschreibung mittelst des Prset. von werden und dem Part,
  • prses. für das einfache Prset. ; vgl. Gr. 4, 7 ; dieser Fall bei Gottfried nur hier.
  • — 19245 machen refl. mit adv. (lifplic/i) wie noch heute in der Kede des Lebens
  • [vgl. sich niedlich, liebenswürdig machen]: sich benehmen. — liepltch,
  • liepltche adx., lieblicli, in angenehmer Weise, ziemlich entsprechend unserm :
  • liebenswürdig; wohl subjectiv dagegen in V. 11851 : mit Liebe. — 19246 sinie-
  • ren bwv., lächeln; vgl. zu 14959. — 19250 ab wider, verstärktes wider
  • und aber (in der Bedeutung: abermals): abermals wiederum [vgl. oder
  • aber]. — 19255 für es schreibt Zarncke mhd. Wb. II, 1, 411*^, 34 ez mit der Be-
  • merkung: »hier ist es eine ungescliickte Verbesserung des Herausgebers«.
  • es findet sich aber in allen Hss., und der Genitiv ist in der Wendung mit
  • nut ganz sprachgemiiß (vgl. 18913) ; im Wechsel ez ist not und es ist not
  • liegt verschiedene Auffassung, die den Sinn nicht weiter berührt; derselbe
  • Wechsel in der Wendung mit unlougen (vgl. zu 13985).
  • 19*
  • 292 XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • sine rede mit ir ze banden nam.
  • j
  • daz er sin selbes gar vergaz
  • und siuftende allez bi ir saz;
  • (484) sin tougenlicbiu swsere »
  • diu wart als offenbsere, 19280
  • daz al daz ingesinde jach,
  • sin triure und sin ungemach
  • daz wsere durch Isote gar.
  • si bseten ouch entriuwen war:
  • Tristandes triure und sin not 19285
  • daz enwäs niht anders wan Isot.
  • Isöt diu was sin ungeschibt;
  • und aber diu mitalle niht,
  • da si'z da vür erkanden,
  • diu mit den blanken banden: 19290
  • ez was Isot la bele,
  • niht diu von Arundele.
  • si wänden 's aber alle do.
  • so wände ouch Isot selbe also
  • und wart verirret gar dervan; 19295
  • wan sich ensenete Tristan
  • deheine zit so genote
  • dur deheine sine Isote,
  • si ensenete sich noch nie durch in.
  • Sus tribeu si zwei die stunde hin 19300
  • mit ungemeinem leide,
  • si seneten sich beide
  • und hseten jämer under in zwein;
  • und gie der ungeliche enein.
  • ir niinne unde ir meine 19305
  • die wären ungemeine:
  • sine giengen do niht in dem trite
  • gemeiner liebe ein ander mite,
  • weder Tristan noch diu maget Isot.
  • Tristan der woite z'einer not 19310
  • ein ander Isolde,
  • und isot diu enwolde
  • 19301 ungemeine adj., Gegentbeil von geraeine (13G1), nicht gemeinsam
  • (da sie in ihrer Neigung sich nicht vereinten). — 19304 ungeliche enein
  • f\än, ungleich zusammengehen, nicht zusammenstimmen; vgl. zu 707. —
  • 19310 2' einer, ze einer nut: vielleicht ze stner 7i6t? Bech: v. z'einer not, un-
  • ablässig.» —
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS-
  • 293
  • Sin.
  • keinen andern Tristanden,
  • diu mit den wizen banden;
  • si minnete iinde meinc^e in:
  • an ime lac ir lierz' unde ir
  • sin triiire was ir ungemach;
  • und so si in eteswenne sach
  • (485) under öugen also blieben
  • und danne als inneclicben
  • dar under siuften began,
  • so saeb si'n inneclicben an
  • unde ersüfte si dan mite,
  • nach vil gesellecbcbem site
  • truoe si daz trüren mit im ie,
  • des si docb lützel ane gie.
  • si twanc sin leit so sere,
  • daz ez in an ir mere
  • dan an im selben müete.
  • die liebe und die güete,
  • die si im so stseteclicbe truoc,
  • die betrürete er genuoc
  • in erbärmete, daz si ir sinne
  • so verre an sine minne
  • ümbe niht h?ete verlän
  • und üf also verlornen wän
  • ir herze haete an in geleit.
  • doch begieng er sine bövescbeit
  • und fleiz sich alle stunde,
  • so er suozeste künde
  • mit gebcerden und mit masren,
  • daz er si üz disen swaereu
  • vil gerne hsete genomen.
  • nu was ab in die swaere komen
  • ze verre und alze sere;
  • und so er sich's ie mere
  • pinete unde nöte,
  • so er die maget Isote
  • von stunde ze stunde
  • ie mere und mere enzunde,
  • biz si ze jungest dar an kam,
  • 19315
  • 19320
  • 19325
  • 19330
  • 19335
  • 19340
  • 19345
  • 19300
  • VJ'6'20 elliptisch: daz er danne. — 19344 was allein in Hs. H und F (M
  • fehlt); W setzt si hinzu; Maßmann was's (=««.5 es oder = «.-as s, sif);
  • ohne Zweifel ist s/, Isolt, das Subject; es braucht aber nicht ergänzt zu
  • werden. — 19347 n6 prrct. von netten swv., nöthigeu. n. refl. mit gen.,
  • sich um etwas bemühen. —
  • 294
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MATNS-
  • daz minne an ir den sige genam,
  • so daz si'm alse dicke
  • ir gebjierde, ir rede, ir blicke
  • als innecliche suoze erbot,
  • daz er aber in sine zwivelnot
  • zem dritten male geviel,
  • und aber sines herzen kiel
  • (486) begunde in imgedanken
  • fluoten unde wanken,
  • und was da kleine wunder an;
  • wan weizgot diu lust, diu dem man
  • alle stunde und alle zit
  • lachende under ougen lit,
  • diu blendet ougen unde sin,
  • diu ziuhet ie daz herze hin.
  • 19355
  • 19360
  • 19365
  • Hie mügen die minnaere
  • kiesen an dem msere,
  • daz man vil michels baz vertreit
  • durch verre minne ein verre leit,
  • dan daz man minne nähe bi
  • und näher minne äne si.
  • ja zwäre, als ich'z erkennen kau,
  • vil lieber minne mag ein man
  • baz verre enbern und verre gern
  • dan nähe gern und nähe enbern,
  • und kumet der verren lihter abe,
  • dan er der nähen sich enthabe.
  • hie verwär sich Tristan inne:
  • er gerte verrer minne
  • und leit durch die groz ungemach,
  • die er weder horte noch ensach,
  • und enthäbete sich der nähen,
  • die sin ougen dicke sähen.
  • er gerte z'allen stunden
  • der liebten, der blunden
  • Isöte von Irland en
  • und flöch die wizgehanden,
  • die stolzen maget von Karke.
  • er quäl nach jener starke
  • 19370
  • 19375
  • 19380
  • 19385
  • 19390
  • 19359 ungedanc stm., hier soviel wie: ohne Gedanken, in ungedanhen, ge-
  • dankenlos, fassungslos.
  • 19388 wi^^e/mM^adj. [abgekommene Bildung], weißgeliändet, mit weißen
  • Händen. —
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS. 295
  • und zoch sich liie von dirre.
  • sus was er beider irre:
  • er wolde unde enwolde
  • Isolde unde Isolde;
  • er flöcli dise und suochte jene. 19395
  • diu maget Isot diu baete ir sene,
  • ir triuwe und ir durnähtekeit
  • einvalteclicbe an in geleit:
  • (487) si gerte des, der von ir zoch,
  • und was den jagende, der si floch. 19400
  • daz was des schult, si was betrogen.
  • Tristan hset' ir so vil gelogen
  • mit disen zwein handelungen
  • der ougen unde der zungen,
  • daz si sins herzen unde sin 19405
  • gewis und sicher wände sin
  • und al der trügeheite,
  • die Tristan an si leite:
  • so was ie daz diu volleist,
  • diu ir herze allermeist 19410
  • an Tristandes liebe twanc,
  • daz er daz also gerne sanc:
  • «Isöt ma drüe, Isot m'amie, ]
  • en vüs ma mort, en vüs ma vie!»
  • daz locte ir herze allez dar; 19415
  • daz was, daz ir die liebe bar.
  • Die rede nam si sich allez an
  • und gie dem fliehenden man
  • als innecliche suoze mite,
  • biz daz si'n an dem vierden trite 19420
  • 19391 ziehen stv. refi. mit prsep. von, sich von etwas wegbegeben, sich
  • zurückziehen. — 19;)92 irre hier adj.; im Nhd. die Wendung: irre sein mit
  • gen. weniger häufig als: irre werden, irre wesen, hier im Sinne von:
  • sich verirrend etwas verfehlen; vgl. zu 28. — 19398 einvaltecliche adv.,
  • (einfältiglich), ungetheilt.
  • 19420 fg. Von hier an können wir den Anschluß Gottfried's an das
  • französische Gedicht des Thomas wahrnehmen. — Der Herausgeber kann
  • unmöglich alle diese Einzelheiten berühren, sondern verweist alle, welche
  • dieser interessanten Frage nachgehen wollen, auf die Schrift von Bessert
  • (s. meine Einleitung, S. xxxvii fg.), sowie auf den Aufsatz von Richard
  • Heinzel (s. Einleitung, S. xxxviii). namentlich auf die Seiten 377 — 3Sl. —
  • vierde adj. Zahlwort, steht sprichwörtlich für eine beliebige kleine Zahl;
  • an dem vierden trite, schon bei den ersten Schritten, nach kurzer Zeit;
  • vgl. Benecke zu Iwein 821. Paul (S. 20) nimmt dagegen vierden wörtlich:
  • es sei eben erzählt, daß Tristan sich dreimal (vgl. V. 19357) den Ver-
  • suchungen der Minne entzogen habe. Jetzt bei dem vierten Versuche hole
  • sie ihn ein. Es ist aber hier von Isolt (als Subject), nicht von der Minne
  • die Eede. —
  • 29G XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • der minne erzöch, da er si flöcb,
  • und in zuo ir her wider zöch,
  • daz er sich aber dar bewac
  • und aber dö was naht unde tac
  • gedenkende unde trahtende 19425
  • und angeslichen ahtende
  • umbe sin leben und umbe sich,
  • «ei», dähte er «herre, wie bin ich
  • mit liebe alsus verirret!
  • diz liep, daz mir sus wirret, 19430
  • daz mir benimet lip unde sin,
  • da von ich sus beswseret bin,
  • sol mir daz üf der erden
  • iemer gesenftet werden,
  • daz muoz mit fremedem liebe wesen. 19435
  • ich hau doch dicke daz gelesen
  • und weiz wol, daz ein trütschaft
  • benimet der anderen ir kraft.
  • (488) des Eines flieze und sin floz
  • der enist an keiner stat so groz, 19440
  • man enmüge dervon gegiezen
  • mit einzelingen fliezen
  • so vil, daz er sich gar zerlät
  • und mÄzliche kraft hat.
  • sus wirt der michele Rin 19445
  • vil küme ein kleinez rinnelin.
  • deliein fiur hat ouch so groze kraft,
  • ist man dar zuo gedanchaft,
  • man enmüge's so vil zesenden
  • mit einzelen brenden, 19450
  • biz daz ez swache brinnet.
  • als ist dem, der da minnet,
  • der hat dem ein gelichez spil:
  • er mag als ofte und alse vil
  • 19421 der minne zieht Müller im mhd. Wb. III, 928 mit Eecht zu trite,
  • nicht zu erzoch; Kiirtz unbestimmt, Simrock: «mit Minne». Gemeint ist
  • nicht der Tritt, den die minne thut (dann müsste man auch Minne schrei-
  • heu), sondern trit der minne vertritt Zusammensetzung riiinnetrit. — er-
  • ziehen stv., hier wie in V. 7049, aber noch bestimmter: einholen, fangen.
  • — 19430 — GS sind nach K. Heinzel S. 539 des gedachten Aufsatzes (s. zu
  • 16431 fg.) Eeminiscenzen aus Ovid's Kemedia amoris 441 — 452. — 19441 ge-
  • giezen stv., verst. giezen, vergießen, ausgieföen. ■ — 19442 einzelinc adj.=
  • einzel, einzeln. — ßieze stf., hier: der Abfluß, Abzugskanal. — 19446 rinne-
  • lin stn., Einnlein, Bächlein (nicht Rtnelin, wie Maßmann schreibt). —
  • 19449 zesenden, zersenden swv., auseinandersenden, zerstreuen. —
  • XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS, 297
  • sin gemüete zegiezen 194:55
  • mit einzelen fliezen,
  • sinen müot so manegeu enden
  • zeteilen und zesenden,
  • biz daz sin da so lützel wirt,
  • daz er msezlichen schaden birt. 194:60
  • als mag ez ouch mir -wol ergän:
  • wil ich zerteilen und zerlän
  • mine minne und mine meine
  • an maneger danne an eine;
  • gewende ich mine sinne 19465
  • me danne an eine minne:
  • ich wir de li'hte dervan
  • ein triurelöser Tristan.
  • Nu sol ich ez versuochen:
  • wil min gelücke ruochen, 19470
  • so ist zit, daz ich's beginne:
  • wan diu triuwe und diu minne,
  • die ich ze miner frouwen hän,
  • diu enmac mir niht ze staten gestän;
  • ich swende an ir lip unde leben 19475
  • und enmäc mir keinen trost gegeben
  • ze libe noch ze lebene.
  • ich lide alze vergebene
  • (489) disen kümber unde dise not.
  • ä süeze amie, liebe Isöt, 19480
  • diz leben ist under uns beiden
  • alze sere gescheideu.
  • ez enstät nu niht als wilen e,
  • dö wir ein wol, dö wir ein we,
  • eine liebe und eine leide 19485
  • gemeine truogen beide;
  • nu stät ez leider niht also:
  • nu bin ich trüric, ir sit frö;
  • sich senent mine sinne
  • nach iuwerre minne, 19490
  • und iuwer sinne senent sich,
  • 19462 zerlän stv. hier traiis., auseinanderlasseu, auflösen, zugleich mit dem
  • Düppelsinn: überlassen. — 11»4G4 maneijer ist nicht dat., sondern acc.
  • des Comparativs, mehrere. — 19408 triurelos adj., wohl üottfriedische Bil-
  • dung, trauerlos, der Trauer, der Liebesnoth erledigt.
  • 1947Ö sivenden swv., verschwenden, verbrauchen. —
  • 298 XXX. ISOT ALS BLANSCHE MAINS.
  • ich waene, mäzlich umbe mich,
  • die fröude, die ich durch iuch verbir,
  • owi, owi, die tribet ir
  • als ofte, als iu gevellet. 19405
  • ir Sit dar zuo gesellet:
  • Mark', iuwer herre und ir, ir sit
  • heim' unde gesellen alle zit;
  • so bin ich fremde und eine.
  • ich wsene, ich wirde kleine 19500
  • von iu getroestet iemer
  • und ich enkan doch niemer
  • mit minem herzen von iu komen.
  • dur waz habt ir mich mir benomen,
  • und ir min also kleine gert 19505
  • und min ouch iemer wol enbert?
  • ä süeziu küniginne Isot,
  • mit wie vil maneger herzenot
  • gät mir min leben mit iu hin,
  • und ich iu niht so maere bin, 19510
  • daz ir mich hsetet sit besant
  • und etswaz umbe min leben erkant.
  • si mich besande? ä, waz red ich:
  • nu wä besande si mich
  • und wie befunde si min leben? 19515
  • (490) ich bin doch nü vil lange ergeben
  • als ungewissen winden,
  • wie künde man mich vinden?
  • i'ne kän ez niht erdenken wie:
  • man suoche da, so bin ich hie; 19520
  • man suoche hie, so bin ich da:
  • wie vindet man mich oder wä?
  • wä man mich vinde? da ich bin:
  • diu laut enloufent niender hin;
  • so bin ich in den landen, 19525
  • da vinde man Tristanden,
  • ja, der ez et begunde,
  • der suochte, unz er mich funde;
  • wan swer den varnden suochen wil,
  • dem enist dehein gewissez zil 19530
  • 19496 gesellet sin, mit einem Gesellen, Freund, Liebhaber verbunden; pro-
  • saisch: verheirathet sein. — 19498 /leime adv. (dat. von heim), daheim, zu
  • Hause. — 19505 und conj., hier wieder relat. : indem. —
  • I
  • I
  • XXX. ISOT ALS BLÄNSCHE MAINS. 299
  • an siner suoche vür geleit,
  • wan er muoz sine nnmüezekeit
  • übel öder wol bewenden,
  • Avil er dermite iht enden.
  • min frouwe, an der min leben lit, 19535
  • weiz got, diu solte nach mir sit
  • vil tougenliclie haben ersant
  • al Kurnewal und Engelant,
  • Franz' unde Normandie,
  • min lant ze Parmeuie, 19540
  • oder swa man seite maere ,
  • daz ir friunt Tristan waere:
  • daz solte sider gar sin ersuocht,
  • und haete si min iht gemocht:
  • nu ruochet si min kleine, 1954:5
  • die ich minn' unde meine
  • me daune sele unde lip.
  • durch si mid' ich al ander wip
  • und muoz ir selber ouch enbern.
  • i'ne mac von ir niht des gegern, 19550
  • daz mir zer werlde solte geben
  • fröud' unde frolichez leben.»
  • 19533 b<'wenden swv., anwenden. — 19537 erbenden swv., auf Kundschaft
  • aussenden, dann : auskundschaften, durchforschen. — 19543 f?-.vwoc/ swv,,
  • aussuchen, durchsuchen. — Hs. F, B und N haben am Schlüsse die fol-
  • genden Verse :
  • Ich alte in wunderlicher llage
  • Tiäne järe und mine tage.
  • \
  • KURZE NACHERZÄHLUNG
  • DER FORTSETZUNGEN
  • ULRICHVS VON TOPJiEIM Ü.ND HEINRICirS VON FREIBERG,
  • VORBEMERKÜJsG.
  • Es war kein Dichter von Gottes Gnaden, welcher den ersten
  • Versuch wagte, Gottfried's Meisterwerk fortzusetzen und die
  • Erzählung von Tristan und Isolt zum Abschlüsse zu führen.
  • Ulrich von Türheim, aus dem Thurgau stammend, ist ein
  • Dichter, welcher seinem untergeordneten Talente gemäß eine
  • Neigung für Fortsetzungen gehabt haben muß. So besitzen
  • wir von ihm einen Rennewart, welches Gedicht an Wolfram's
  • von Eschenbach unvollendeten Wilhelm anknüpft. Ja wir
  • haben guten Grund, ihm noch eine dritte ähnliche Arbeit zu-
  • zuerkennen. Rudolf von Ems erwähnt in der bekannten lite-
  • rarischen Stelle seines Wilhelm den Türheimer als Verfasser
  • eines Clies, welcher bis jetzt nicht aufgefunden wurde. Höchst
  • wahrscheinlich ist dieses Werk Ulrich's eine Fortsetzung des
  • unvollendeten Clies von Konrad Fleck (vgl. Franz Pfeiffer,
  • ((Zur deutschen Litteraturgeschichte», S. 29 fg., und ((Freie
  • Forschung», Nr. V).
  • Den ersten Lesern von Ulrich's Tristan mag wohl, wenn
  • auch nicht in gleichem Maße wie uns , der bedeutende Ab-
  • stand fühlbar geworden sein, welcher zwischen der Dichter-
  • sprache des Fortsetzers und der seines bewunderten Vor-
  • gängers waltet, aber dennoch scheint die schwächere und noth-
  • dürftige Weiterführung des beliebten Romans, weil sie einem
  • Bedürfnisse entgegenkam. Anklang gefunden zu haben; denn
  • wir besitzen sie in vier Handschriften. Gedruckt ist sie drei-
  • mal (vgl. meine Einleitung zu Tristan, S. xlii). Eine noch-
  • malige Ausgabe ist fürs erste nicht geboten.
  • Ulrich von Türheim erscheint in Augsburger Urkunden
  • 1-236 — 4:6. Die Zeit der Abfassung seines Tristan lässt sich
  • mit Hülfe eines noch andern Anhaltspunktes noch genauer
  • VORBEMERKUNG. 301
  • feststellen. In den Eingangsworten erwähnt der Dichter, daß
  • er auf Wunsch des Schenken Konrad von Wiuterstetten seine
  • Fortsetzung des Tristan begonnen habe. In seinem Renne-
  • wart beklagt er dieses seines Gönners Tod, der erweislieh
  • im Jahre 1242 oder 1243 erfolgte. Wir erhalten somit für
  • den Tristan als das frühere Gedicht in runder Summe zunächst
  • die Jahrzahl 1240. Viel weiter zurück nach der classischen
  • Periode zu den Tristan zu setzen, verbietet die Sprache des
  • Dichters, welche schon mancherlei Freiheiten und mundartliche
  • Eigenheiten aufweist.
  • Auf eine Quelle beruft sich Ulrich nicht. Seine Erzählung
  • entfernt sich von der Tradition, welcher Gottfried folgte, und
  • nähert sich der Fabel Eilhart's, der populären Erzählung.
  • Später wurde nochmals Gottfried's Tristan fortzusetzen
  • und zu beschließen versucht, und zwar, wie wir Neueren zu
  • urtheilen haben, mit besserem Glücke. Es geschah dies von
  • einem der sprachgewandtesten Dichter der Epigonenzeit, von
  • Heinrich von Freiberg, der sich in den Geist der Gottfriedi-
  • schen Dichtung vollkommen einlebte, der den Stil und die
  • Darstellungskunst des Meisters in trefflichster und beinahe
  • in überraschender Weise nachzuahmen und zu beherrschen
  • verstand. Wir kennen von Heinrich noch zwei kürzere Dich-
  • tungen, ein Gedicht von der Ritterfahrt des Johann von
  • ;Michelsperg (Hagen's Jahrbuch, II, 93 fg.) und ein Gedicht
  • vom heiligen Kreuz nach lateinischer Vorlage (Pfeiffer's Altd.
  • Übungsbuch, Nr. XII): beide erreichen bei weitem nicht den
  • Werth des Tristan und mögen wohl Jugendversuche des Dich-
  • ters sein, wenn sie überhaupt von diesem Heinrich von Frei-
  • berg herrühren.
  • Heinrich's Gedicht befindet sich in zwei Handschriften.
  • Abgesehen von der Möglichkeit, daß andere Niederschriften
  • nicht auf uns gekommen sind, scheint allerdings die geringere
  • Anzahl der Überlieferungen auf eine geringere Theilnahme
  • von Seite der Lesewelt hinzudeuten, die indes weniger in
  • der Nichtanerkennung des Talentes des Dichters, als in der
  • veränderten Geschmacksrichtung zu suchen ist. Gedruckt ist
  • Heinrich's Tristan zweimal (s. a. a. 0.). Von der Hagen be-
  • nutzte nur die ältere Florentiner Handschrift. Eine kritische
  • Ausgabe lässt sich ermöglichen, und sie scheint mir wün-
  • schenswerth (vgl. Einleitung, S. xliii Anmerk.).
  • Es hat als ausgemacht zu gelten, daß Heinrich aus dem
  • sächsischen Freiberg stammte (vgl. Fr. Pfeiffer in der «Ger-
  • mania», II, 253 fg.). Heinrich dichtete den Tristan auf Wunsch
  • 302 I. FORTSETZUNG ULRICH'S VON TÜRHEIM.
  • Reimund's von Leuchtenburg, eines böhmischen Herrn, der
  • geschichtlich zu Anfang des 14. Jahrhunderts erwähnt wird.
  • Da der Dichter von der Jugend seines Gönners spricht, so
  • können wir für die Entstehungszeit des Gedichtes das Jahr
  • 1300 festsetzen.
  • Auch Heinrich benutzte eine Tradition, welche der des
  • Eilhart verwandt ist. Hinsichtlich des Stoffes scheint es
  • von Wichtigkeit, daß bei Heinrich die Tristansage mit Artus
  • verknüpft wird. Wenn der Dichter erklärt, daß er in das
  • Deutsche bringe, was Thomas von Britania in lampartischer
  • Zunge gesprochen habe, so dürfen wir auf dieses Selbst-
  • bekenntniss kein Gewicht legen. Das ist sicher nur eine An-
  • lehnung an Gottfried's Worte. Das Verhältniss Heinrich's
  • zu seiner Quelle verdient noch im Einzelnen untersucht zu
  • werden.
  • Im Folgenden wird eine einfache , gedrängte Nacherzäh-
  • lung der beiden Fortsetzungen gegeben, damit, wie bemerkt,
  • der Leser sachlich einen Abschluß finde (vgl. Einleitung,
  • S. xLiii). Wo Heinrich mit Ulrich in den Hauptzügen der Er-
  • zählung übereinstimmt, ist möglichste Kürze erstrebt worden.
  • Die Eingangsbetrachtungen sind im Original wiederholt: ein-
  • mal schien es passend, von beiden Dichtern eine Probe zu
  • geben, dann aber sind diese Einleitungen zugleich wichtige
  • literarische Zeugnisse für die Existenz und den Ruhm der
  • Dichtung Gottfried's (vgl. Einleitung, S. xxv), welche hier ihre
  • beste Stelle finden.
  • J
  • L
  • ULRICH VON TÜRHEIM.
  • Uns ist ein schade groz geschehen;
  • des mac diz msere ze schaden jehen,
  • wan ez beliben ist in not,
  • Sit meister Götfrit ist tot,
  • der dises büoches begunde.
  • er hat siner tage stunde
  • mit künste erzeiget wol dar an.
  • er was ein künste richer man:
  • uns zeiget sin getihte
  • 2 jehen stv. mit gen. (des) und prsep. ze., etwas zu, für etwas erklären,
  • in Anspruch nehmen, sich etwas als , . . anrechnen; ebenso in V. 32.
  • I. FORTSETZUNG ULRICH's VON TÜRHEIM. 308
  • vil künstliche geschulte. 10-
  • ez ist eben unde ganz:
  • kein getihte an Sprüchen ist so glänz,
  • daz ez von künste ge dervür,
  • der ez wiget mit wiser kür.
  • owe der herzelicher klage, .15'
  • daz im der tot sin lebende tage
  • leider e der zit zebrach,
  • daz er diz buoch niht vollesprach!
  • Sit ez alsus nü ist komen,
  • daz in der tot hat hin genomen, 20-
  • so hän ich mich genomen an,
  • als ich allerbeste kan,
  • daz ich diz buoch iinz an sin zil
  • mit Sprüchen vollebringen wil.
  • des hat mit flize mich gebeten 25
  • Kuonrät der schenke von Wintersteten,
  • daz ich'z im ze liebe tuo.
  • herz' unde sin, da ratet zuo,
  • daz ich im dran gediene so,
  • daz er mihes dionstes werde fro 30
  • und im geuäde von ir geschehe,
  • der sin herze ze frouwen jehe.
  • wolt' ich in lobes rüemen
  • und mit höhen Sprüchen blüemen,
  • als er ez doch gedienet heit, 35
  • sin lop daz würde wol so breit,
  • daz es genuoge hteten haz.
  • ez tuot mit guote nieman baz
  • den ich iergen erkenne.
  • Ir habet eteswenne 40
  • wol vernomen, waz Tristan
  • grözer arbeit gewan
  • und waz Isoten beschach.
  • 11 yanz adj., vollkommeu. — 12 getihte an sprächen, Spruchgedicht (im
  • Gegensätze zur Lyrik, zur gesungenen Poesie), dann: erzählendes tiedicLt.
  • — 'jlan: adj., glänzend. — 13 künste c\a,t. = kunst. von A-. = an Kunst. —
  • (lercür gän, vorausgehen, vorleuchten, den Vorzug haben. — 14 der = swer,
  • wenn man.
  • 21 an neinen stv. refl., sich entschließen. — 33 lohes gen., mit Lob. —
  • 35 heit Nebenform = /'/a^
  • 40 eteswenne adv., hier: vormals, vorher. — 43 Geschehen stv. =^e-
  • schehen.
  • 304 I. FORTSETZUNG ULRICH's VON TÜRHEIM.
  • I. (44 — 373.) Tristan beschließt, die unsinnige und schän-
  • dende Liebe zu Isolt von Irland aufzugeben und die weiß-
  • handige Isolt von Karke zu erwählen. Seinem Freunde Kaedin
  • thut er seinen Wunsch und Willen kund, mit der Bitte, sich
  • für ihn bei Altern und Schwester zu verwenden. Die Herzo-
  • gin willigt mit Freuden ein, Tristan sieht sich wohl empfangen
  • und begrüßt, und die Jungfrau wird ihm unter der Bedingung
  • zugesprochen, daß er fortan immer in Karke bleibe. Die
  • jungen Vermählten legen sich unter dem Segen der Herzogin
  • nieder, aber Tristan lässt sein Weib unberührt. Isolt die
  • Blonde, der er sich entschlagen, kommt ihm wieder in den
  • Sinn. Er klagt sich der Untreue an, weil er ihr entsagt und
  • eine andere Isolt geliebt habe. Auf Tristan's Geheiß erhebt
  • sich die enttäuschte Isolt und kleidet sich nach der Sitte der
  • Ehefrauen. Vor den Leuten weiß sie ihr Leid zu verbergen.
  • Auch später bleibt ihr Tristan zu ihrem Schmerze fern.
  • Eines Nachts redet sie ihn an und fragt ihn, aus welchem
  • Grunde er sich so gegen sie betrage, sie habe noch nie eine
  • Umarmung noch Kuss von ihm empfangen. Tristan er-
  • widert, ihn binde ein heiliges Gelübde: wenn er ein Weib
  • nehme, dürfe er innerhalb eines Jahres nicht zu ihr kommen.
  • •Sei diese Frist vollendet, dann wolle er ihren Kummer ver-
  • scheuchen. Isolt erblickt in seiner Zurückhaltung den Mangel
  • seiner Liebe; es sei die blonde Isolt, die jenes Gebot geboten
  • habe. Gerne aber wolle sie bis an das festgesetzte Ziel die
  • . Sache dulden und verhehlen.
  • IL (374 — 847.) Der Herzog und die Herzogin begeben sich
  • mit Gefolge von Rittern und Frauen auf eine Jagd. Sie rei-
  • ten gemeinschaftlich durch eine Aue auf schmalem Wege.
  • Auf dem Wege war eine Höhlung voll Wassers. Isoldens
  • Pferd tritt hinein, daß das Wasser ihr unter das Gewand
  • - springt. Lachend, wenn auch die Pfütze verwünschend, sagt
  • sie halblaut vor sich hin: «Das Wasser ist kühner als der
  • kühne Tristan.» Ihr Bruder Kaedin dringt in sie, sie solle
  • bekennen, was sie da gesagt habe; erst weigert sie sich, dann
  • aber gesteht sie, Tristan, ihr Gemahl, versage ihr ihr Recht,
  • . sie sei noch Jungfrau. Kaedin erräth den Grund: um Isol-
  • dens Liebe willen, der Blonden von Irland, wolle er ihr ent-
  • rinnen. Seinen Altern berichtet er davon und stellt voll Zorns
  • Tristan zur Rede: das solle sein Tod sein. Tristan aber ent-
  • gegnet unerschrocken: «Ich habe eine Isolt, die alle Frauen
  • .an Schönheit überstrahlt; sie erweist es meinem Hunde schöner
  • I. FORTSETZUNG üLRICH's VON TÜRHEIM. 305
  • als deine Schwester mir. Gib mir den Tod, Kaedin, wenn ich
  • gelogen habe: ich wollte, du hättest sie gesehen.» Ivaedin
  • will die Schönheit Isoldens sehen, und beide kommen darin
  • tiberein, daß, wenn Tristan die Wahrheit nicht gesprochen
  • habe, sein Leben verwirkt sei.
  • Die Jagdgesellschaft suchte mancherlei Kurzweil, Tristan
  • aber und Kaedin gehen gemeinsam auf den Anstand. Da
  • kommt ein Reh, gefleckt wie eine Elster, an sie heran; sie
  • vergessen des Schusses, das Reh geht auf sie zu und wirft
  • aus dem Ohre einen Brief und ein Ringlein in Tristan's
  • Schoß, dann verneigt es sich vor ihm und läuft von danneu.
  • Tristan las den Brief, in welchem ihn Isolt der Treue mahnt,
  • ihn erinnert an ihr Liebeleben in der Fossiure und ihn bittet
  • zurückzukehren. Tristan reicht seinem Freunde auf seine
  • Bitten den Brief, und Kaedin will die Fahrt nach Irland allso-
  • gleich antreten. Der Herzog gibt widerwillig und erst auf
  • Zureden selbst von Seite Isoldens den gewünschten Urlaub
  • und rüstet Kaedin und Tristan, Kurvenal und Paligau sowie
  • zwanzig Knechte reichlich aus zu ihrer Reise. Tristan und
  • Isolt scheiden freundlich voneinander. Tristan ist seines
  • Fehls eingedenk und wünscht noch seines Weibes Huld zu
  • verdienen.
  • III. (848—1359.) Auf Tristan's Befehl sucht und gewinnt
  • Kurvenal einen erfahrenen Schiffer für die Überfahrt. Die
  • Reise geht zunächst nach Litan, wo Tinas, des Königs Sene-
  • schall, saß. Tinas, mit Tristan in Freundschaft verbunden,
  • heißt die Gäste willkommen und geht mit einer Botschaft
  • Tristan's an die Königin nach Tintajol. Er trifft Marke und
  • Isolt beim Bretspiel und gesellt sich als dritter Spieler zu
  • ihnen. Die Königin gewahrt an seinem Finger den ihm von
  • Tristan mitgegebenen Ring, deutet dies sogleich auf dessen
  • Ankunft, verlässt das Spiel und bescheidet Tinas zu sich, der
  • ihr den Ring übergibt und meldet, Tristan werde morgen in
  • den Forst kommen; er dulde Herzenspeiu; ein Späher sei
  • mit ihm, dem sein Leben zu Pfände stehe. Denn Tristan
  • habe gesagt, er wisse ein Weib, die es seinem Hunde besser
  • erweise als ihm die weißhaudige Isolt: von dieser Xoth solle
  • sie ihn entbinden. Isolt ist bereit. Sie beredet den König,
  • eine Jagd zu veranstalten, die andern Tags auch stattfindet.
  • Kaedin und Tristan halten sich im Forst versteckt. Sie scheu
  • nacheinander verschiedene des königlichen Gesindes vorbei-
  • kommen, auch Frauen und Ritter vom Hofe. Zuletzt kommen
  • GOTTFRIED VON STBASSBUKG. 11. 2. Aufl. 20
  • 306 I. FORTSETZUNG ULRICH's VON TÜRHEIM.
  • die Hoffräulein Brangaene und Kamele, die, am Waldrande auf
  • ihre Herrin wartend, sich besprechen, wie Tristan und die
  • Königin wohl am besten eine Weile zusammen sein könnten.
  • Wie Isolt erscheint, gesteht Kaedin, es sei ihm, als wären
  • zwei Sonnen aufgegangen; seit Eva's Zeit sei nie ein schö-
  • neres Weib gewesen als Isolt. Die Königin steigt vor dem
  • Walde ab und sendet ihren Neifen Antret weg, um ihr ihren
  • vergessenen Schrein zu holen und um dem König zu sagen,
  • sie Y/arte hier auf ihn. Dann liebkost sie das Hündlein Petit-
  • criu und mit den Worten: «wann soll ich deinen Herrn so
  • küssen und liebkosen?« gibt sie Tristan das Zeichen sich her-
  • vorzuwagen. Liebreich und mit Küssen empfängt sie ihren
  • Freund und ladet ihn ein, in ihr Zelt zu kommen. Sie wolle
  • Krankheit vorgeben. Brangaene veranlasst, da der falsche
  • Antret nahe, die Trennung der Liebenden. Antret verwehrt
  • der Königin, hier zu verweilen, da der König eine andere
  • Straße ziehen wolle. Isolt aber folgt nicht, sondern gebietet
  • Antret, weil sie siech sei, sie in das Zelt zu tragen.
  • IV. (1360 — 1890.) Kurvenal kommt zu Tristan und Kaedin
  • und berichtet, der Schiffer sei bereit, mit der Rückfahrt auf
  • sie zu harren. Er wird nach Litan zurückgesandt mit dem
  • Befehle, am andern Morgen ihnen entgegenzukommen.
  • Marke fragt nacheinander Antret, Brangsene und Paranis
  • nach dem Befinden der Königin, wird aber abgehalten zu ihr
  • zu gehen. Darauf kommen Tristan und Kaedin in das Zelt.
  • Isolt heißt letzteren willkommen und weist ihn in die Ge-
  • sellschaft der Fräulein. Kaedin begehrt Kamele's Liebe, wird
  • aber zurückgewiesen; auf Isoldens Wunsch willigt aber Ka-
  • mele ein, nachdem ihr gerathen ist, sie solle das Schlafkissen,
  • dessen sich Isolt in ihrer Liebessehnsucht bediene, Kaedin
  • unter das Haupt legen. Während Tristan uud Isolt der Minne
  • pflegen, ist Kaedin, durch das Kissen betäubt, neben der ge-
  • liebten Kamele eingeschlafen, wird deshalb am Morgen ver-
  • spottet und scheidet zornig von dannen.
  • Y. (1891—2228.) Tristan und Kaedin begeben sich am
  • Morgen dahin, wo Kurvenal mit den Bossen ihrer harren
  • sollte. Kurvenal kam ihnen eilends zu Fuße entgegen. Die
  • Pferde seien von ihm zurückgelassen und er von Pleherin,
  • einem von Marke's Mannen, vertrieben worden. Pleherin
  • habe ihn im Glauben, er sei Tristan, in der Königin Namen
  • zum Stehen aufgefordert; er sei aber aus Furcht erkannt zu
  • I. FORTSETZUNG CLRICH's VON TÜRHEIM. 307
  • werden, entflohen und nach Litan zurückgekehrt; eines der
  • Pferde hätten sie verloren.
  • Pleherin meldet in Tintajol der Königin, Tristan sei im
  • Lande; er habe ihn anrennen wollen, er sei aber entflohen,
  • trotzdem er ihn der Königin Namen genannt. Isolt ist hoch
  • erzürnt und sendet Paranis an Tristan mit bittern Vorwürfen
  • über seine Feigheit. Tristan entschuldigt sich, droht an
  • Pleherin Rache zu nehmen und bittet Paranis, ihm die Huld
  • der Königin wieder zu gewinnen. Isolt aber beharrt in ihrem
  • Zorne, hält selbst Paranis für bestochen und will von Ver-
  • söhnung nichts wissen. Paranis verkündet das Tristan, der
  • ihn mit nach Litan zu nehmen wünscht, worauf aber Paranis
  • nicht eingeht.
  • Tristan geht zu Fuße nach Litan zurück und klagt Tinas
  • seine Noth. Mit Kurvenal will er hier bleiben, Kaedin soll
  • zu Schiff'e gehen. Kurvenal räth ab: er möge das Schiff vor
  • Erreichung seines Ziels nicht davonfahren lassen. Dagegen
  • ist Kurvenal dafür, daß Tristan morgen als siecher Mann
  • verkleidet zur Königin gehe. Sie verlassen Litan und fahren
  • an einen verborgenen Ort in die Nähe des Landes.
  • VL (22-29 — 2-1:70.) Tristan legt zerlumpte Kleidung an,
  • entstellt sein Antlitz, nimmt eine Klapper in die Hand und
  • geht nach Tintajol. Die Königin erkennt ihn an einem Finger-
  • ring. Auf seine Bitte, sie möge sich seiner erbarmen, heißt
  • sie Paranis im Zorne, er solle den zudringlichen Missel-
  • süchtigen schlagen. Drei Knappen treiben ihn mit Schlägen
  • weg, worüber die Königin laut lachte. Betrübt geht Tristan
  • zu seinem Schiffe zurück und erzählt Kurvenal, wie es ihm
  • ergangen sei. Der gibt ihm den Rath, er solle nach solcher
  • Schmach sich die Königin aus dem Sinne schlagen und zur
  • Isolt nach Arundel zurückkehren. «Nein», entgegnet Tristan,
  • «ich will's ihr vergelten mit dem Karies Lothe» (s. zu Tri-
  • stan 275). Isolt sei so an sein Herz gefesselt, daß kein Weib
  • sie von ihm scheiden könne. In Knappenanzug und mit ge-
  • schminktem Antlitz gehen beide, Tristan und Kurvenal, andern
  • Tags als Kuriere nach Tintajol. Isolt schaute unter einer
  • Linde dem Spiele der Ritter und Mädchen zu, da kamen die
  • Garzunö gegangen; Isolt grüßt sie und fragt, woher sie ge-
  • kommen seien. < Aus Arundel.» Auf die weitere Frage, ob
  • ihnen nicht eine Frau mit Namen Isolt bekannt sei, erröthet
  • Tristan; gleich denkt die Königin: «das ist gewiss Tristan».
  • Sie fragt ihn, wie er heiße. Er antwortet: «Plöt». Das
  • 20 *
  • 308 I. FORTSETZUNG ÜLRICH's VON TÜRHEIM.
  • glaube sie nicht, antwortet sie. Er sei vielmehr Tristan ge-
  • nannt. Sie setzt hinzu: «mein viel herzlieber Mann». Sie
  • verzeihen sich und sind wieder versöhnt. Isolt wünscht, daß
  • Tristan jetzt zurückkehre und sich den Weisungen des Knap-
  • pen Peliot füge. Tristan willigt ein und bestimmt, Isolt möge
  • diesen nur nach dem Hafen zu Tribalesen senden, wo sein
  • Aufenthalt sei. Die Königin räth Tristan, sich zum Thoren
  • zu machen und an allen Feinden zu rächen. Beim Scheiden
  • thut Tristan vor Freuden einen Sprung, wie ihn niemand
  • springen konnte. Die Ritter wunderten sich; diese Stärke
  • trauten sie nicht einem schwachen Kuriere zu.
  • Marke hörte alsbald davon und er forschte nach, wer die
  • Garzune wären. Antret und Melot verrathen, die Garzune
  • hätten sich viel mit Isolt unterhalten; sie kämen w^ohl von
  • Tristan, der irgendwo im Lande sei. Marke solle ihn suchen
  • lassen. Der König geht darauf nicht ein, sondern verweist
  • beiden zornig ihre verläumderischen Reden wdder seiner
  • Schwester Kind.
  • VIL (2471 — 284:2.) Isolt lässt Tristan durch Peliot sagen,
  • er solle über vierzehn Tage sich verborgen halten, dann in
  • Thorenweise kommen. Tristan erfüllt das Gebot. In der
  • Kapuze seines grauen Rockes hatte _er zwei Käse liegen, einen
  • schweren Kolben führte er bei sich. Er kommt zur Königin,
  • redet im vertraulichen Tone mit ihr und wirft ihr einen
  • Bissen Käse zu als gute Thorenspeise. Isolt fordert Marke
  • auf, den Thoren wegschaffen zu lassen; niemand wagt ihn
  • anzurühren. Wie Antret ihn packen will, erhält er einen
  • Schlag, daß er besinnungslos niederfällt. Man eilt aus seiner
  • Kähe, selbst der König flieht. Ungehindert geht nun der
  • Thor auf dem Hofe einher; den Zwerg Melot fasst er am
  • Beine und trägt ihn über den Hof hin; keiner kann ihn be-
  • freien. Erst als die Königin kommt, lässt er ihn wohl zer-
  • bläut los. An des Königs Tische nimmt er sich von den Ge-
  • richten, was ihm beliebt, und das gönnte ihm Isolt.
  • In der Nacht legt sich der Thor vor Isoldens Kemenate
  • und thut, als ob er schliefe. Der Brangsene entdeckt er sich.
  • Als Isolt und Marke kommen, singt er in Thorenweise.
  • Dann springt er wüthend auf, daß alle von daunenr fliehen,
  • selbst der König. Melot wird von Tristan gerauft und muß
  • ein Auge lassen. Isolt sah das gerne, der König beklagte
  • es sehr.
  • Andern Morgens ritt der König auf vierzehn Tage zur
  • I. FORTSETZUNG ULRICH's VON TÜRHEIM. 309
  • Jagd. Da konnte der Thor Tristan wohl seine Isolt haben.
  • Des Tags spielt er den Thoren, des Nachts pflegte sein eine
  • Königin. Eines Morgens aber entdeckt sie Antret zusammen;
  • laut ruft er: «Tristan ist bei der Königin!» Beide sollen den
  • Feuertod leiden. Tristan scheidet auf Isoldens Wunsch von
  • dannen; und wo ihm die Straße verlegt wird, macht er sich
  • mit dem Kolben Bahn.
  • Im Walde begegnet er dem König, der noch nicht sein
  • Leid vernommen, und jagt ihn mit dem Kolben in die Flucht.
  • An einem Bach findet er ein Schifi'lein und setzt über. Plehe-
  • rin, der ihm nachgejagt war, fordert ihn auf, bei der Liebe
  • zur Königin umzukehren. Er folgt dem Rufe, Pleherin läuft
  • ihn an, er streckt ihn aber mit dem Kolben nieder. Dann
  • fährt er wieder über, entflieht so dem nacheilenden König, und
  • stößt in die See.
  • Marke beklagt Pleherin's Tod. Er will Isolt mit ihm be-
  • graben lassen. Sein Rath aber beredet ihn, seinen Zorn
  • gegen die Königin aufzugeben; Antret sei ihr feind und habe
  • sie sicher nur falsch beschuldigt.
  • VIII. (2843 — 3301.) Tristan tröstet sich auf dem Meere:
  • an Isolt werde niemand Hand legen, seit er entronnen sei. —
  • Kaedin liebt Kassie, die Frau des Nampotenis vom Lande
  • Gamaroch, welches an Arundel grenzt. Nampotenis hält sein
  • Weib eingeschlossen und trägt die Schlüssel beständig mit
  • sich. Sie fahren dem Lande zu, Kaedin spricht aus der Ferne
  • die geliebte Kassie während der Abwesenheit ihres Gemahls
  • und bittet sie auf Tristan's Rath, sie möge die Schlüssel ent-
  • wenden. Wachsabdrücke nehmen und diese dann in den Gra-
  • ben werfen. Kassie ist bereit; Kaedin bringt das Wachs zu
  • einem Schmiede, der ihm die Schlüssel bald zu fertigen ver-
  • spricht.
  • Darauf reiten Kaedin und Tristan unangemeldet nach Karke
  • und werden wohl empfangen. Tristan und Isolt sind nun in
  • Liebe vereinigt.
  • Der Schmied bringt die Schlüssel, und Kaedin reitet mit
  • Tristan nach Scharize, der Burg des Nampotenis, der diesen
  • Tag zur Jagd gefahren ist. Die Pferde lassen sie vor der
  • Burg stehen. Wie sie über die Brücke gehen, weht der Wind
  • Kaedin's Schapel in den Graben. Die Thore werden aufge-
  • schlossen, Kassie empfängt beide mit Freuden; Kaedin pflegt
  • der Minne, Tristan weilt unterdes bei den Frauen. Dann
  • verlassen sie die Burg.
  • 310 I. FORTSETZUNG ÜLRICH'S VON TÜßHEIM.
  • Bei der Rückkehr gewahrt Nampotenis jenes Schapel im
  • Graben liegen, schließt auf eines Mannes Anwesenheit und
  • mit Gewalt erpresst er seiner Frau das Geständniss. Er jagt
  • in den Wald nach, findet die beiden, schlägt Kaedin nieder
  • und wird von Tristan durchbohrt. Tristan wehrt sich tapfer
  • gegen die Mannen des Nampotenis, erhält aber von einem
  • eine Wunde mit vergiftetem Speere. Den todten Freund
  • bringt er nach Karke zu den Seinen. Mit großem Leid wird
  • Kaedin zu Grabe getragen. Isolt beklagt Tristan's Todeswunde.
  • IX. (3302— Schluß.) Tristan entsendet seinen Wirth, den
  • Kaufmann Gaviol, nach Tintajol zur Königin; er sei verwun-
  • det mit einem vergifteten Speere, sie möge um seiner Hei-
  • lung willen kommen. Weiß solle das Segel sein, wenn sie
  • komme, schwarz, wenn er sie nicht bringe. Isolt ist bereit,
  • mit ihrer Salbe sofort zu reisen. Brangsene kann sie nicht
  • mitnehmen. Sie starb aus Gram über ihrer Herrin Leid.
  • Isolt von Karke erfährt von des Kaufmanns Weibe die An-
  • kunft des Schiffes. Die weißhandige Isolt meldet es Tristan,
  • seine Isolt wäre gekommen. Auf seine Frage, wie das Segel
  • sei, antwortet sie: «Das ist schwarz wie eine Kohle», obgleich
  • sie ein schneeweißes erblickte. Tristan voll Schmerz über
  • diese Kunde kehrt sich um und stirbt.
  • An die Bahre im Münster setzt sich Isolt; die andere Isolt
  • tritt heran und fragt sie: «Warum sitzt ihr bei dem Todten,
  • den ihr getödtet habt? Geht von dannen und setzt euch
  • dorthin!» Isolt legt sich auf die Bahre und verscheidet: nicht
  • die weißhandige, es war Isolt die Blonde.
  • Marke erfährt den Tod Isoldens und Tristan's. Er schifft
  • sich ein nach Karke und vernimmt unterwegs, daß beide den
  • unseligen Minnetrank getrunken. Er findet in der Kirche
  • beide auf der Bahre und führt beide in zwei Särgen nach
  • Kurnewal und lässt sie in dem Kloster, wo sein Vater lag,
  • in Marmelsteinen bestatten. Einen Rosenstock und eine Wein-
  • rebe pflanzt er hier und dort, die Rebe auf das reine Weib,
  • die Rose auf Tristan's Leib. Rose und Rebe flechten sich in
  • der Erde zusammen.
  • Marke stiftet ein Kloster und fastet und betet viel zu sei-
  • nem und der beiden Todten Seelenheil.
  • II. FORTSETZUNG HEINRICH's VON FREIBERG. 311
  • I
  • n.
  • HEINKICH VON FEEIBERG.
  • Vvä nu richer künste hört,
  • wä schoene rede, wä blüende wort,
  • wä vünde fiolin gevar,
  • wä Sprüche sam die rosen klär,
  • wä sinnic satz, wä vündic sin? 5
  • der aller ich ein weise bin.
  • getichtes des gar spehen,
  • des riehen und des wehen
  • bin ich ein erbeloser man,
  • und hab mich doch genumen an 10
  • ze volbringene diz mer',
  • daz so blüende hat unz her
  • mit schoener rede betichtet
  • und meisterlich berichtet
  • sin herre, meister Götfrit 15
  • von Sträzburc, der so manegen snit
  • spehen unde riehen
  • schön' unde meisterlichen
  • nach durnechtiges meisters siten
  • üz blüendem sinne hat gesniten, 20
  • und hat so richer rede kleit
  • disem sinne^ an geleit.
  • dise materien er hat
  • gesprenzet in so liechte wät,
  • daz ich zwivele dar an, 25
  • ob ich indert vinden kan
  • in mines Sinnes gehüge
  • rede, die wol stende tüge
  • bi diseii Sprüchen güldi'n.
  • nu müge wir nicht gehaben sin: 30
  • got unser schöpfer daz gebot,
  • 3 vünde pl. von runt, hier geradezu: dichterischer Ausdruck, ebenso
  • in V. 35-, vgl. die Stelle aus Rudolf V. 19 in der Einl. S. XXI. — fioLin,
  • rwlin gevar adj., veilchenartig gefärbt, d. h. anrauthsvoll. Die Lesart statt
  • des handschriftlichen Holen gevar ist Besserung von \V. Grimm zu Athis
  • S. 7ö und empfiehlt sich wegen des Metrums. — 5 satz stm., Ausdruck,
  • Gedanke. — vündic adj., erfinderisch, dichterisch. — 8 vuehe = iooehe (e in
  • Heinrich's Mundart auch an Stelle von «?) adj., zierlich, künstlerisch. —
  • 10 'jenuiiten, in Heinrich's 'M\i-ada.Tt = ffenomen (ebenso kumen). — 24 spren-
  • zen swv., schmücken. — 26 indert Sidv. = iender. — 27 gehüge stf., Gedanke,
  • Andenken, Erinnerung. —
  • 312 II. FORTSETZUNG HEINRICH's VON FREIBERG.
  • daz in genumen hat der tot
  • hie von dirre broeden werlt.
  • wol geblüemet und wol geberlt
  • ist siner blüenden vünde kränz; 35
  • vil reine, lüter unde glänz
  • ist siner richer künste hört.
  • die toten mit den töten dort,
  • die lebnden mit den lebnden hie!
  • Sint daz er diz buoch verlie 40
  • und sin nicht hat voltichtet
  • und tichtende berichtet
  • mit dem getichte sinen,
  • dem reinen und dem finen,
  • so hän ich mich genumen an, 45
  • ich tummer künstenloser man,
  • daz ich ez volbringen wil
  • mit rede unz an daz jämerzil,
  • daz Tristan und die blunde Isöt
  • in glüender minne lägen tot, 50
  • ob er mich lät so lange leben,
  • der lip und leben mir hat gegeben.
  • Daz aber ich dise arbeit
  • hab minem sinne vür geleit,
  • daz machet eines herren tugent; 55
  • sin höhez adel, sin edele jugent
  • ez mir gebot und mich sin bat.
  • der triuwen stic, der züchte pfat
  • hat er mit an gebornen triten
  • gebent nach herlichen siten, 60
  • vrouwen Eren ämis üz erkorn:
  • in Behemlant ist er geborn,
  • dem ich diz senecliche mer'
  • mit innecliches herzen ger
  • voltichten und volbringen sol; 65
  • an dem ist daz erkennet wol,
  • daz er mit tugentlicher tat
  • vil hoer wirde erworben hat.
  • 83 broecle adj., schwach. — 34 geberlt part. adj., geperlt, mit Perlen ge-
  • schmückt.
  • 40 Sint &dy.^ Sit. — 56 adel stD, = Adel stm. — 60 gebent part.=
  • geebenet. —
  • IT. FOKTSETZÜNG HEINRICH's VON PREIBERG. 313
  • zucht, mäze mit bescheidenheit.
  • sin ellentliaftez herze treit 70
  • manheit, triuwe iiiid milte.
  • er ist euch under schilte
  • ein ritter vrecli und gar kurtois
  • und ist ein Liuchtenburgonois,
  • von Liuchtenburc ist er genant, 75
  • sin nam in eren ist bekant
  • und ist genennet er Reiwmuut.
  • ja reine in sines herzen grünt
  • ist er an' allez kunterfeit
  • der rechten reinen reinekeit 80
  • gar siner tat und siner werc:
  • dem ich Heinrich von Friberc
  • voltichte disen Tristan,
  • als ich allerbeste kan.
  • Wir hau gehört, wie Tristant 85
  • in Arundele daz lant
  • zu dem herzogen quam ....
  • und wie er da zu Karke bleip: 106
  • daz hab wir allez wol vernumen
  • nu sulle wir zu der rede kumen,
  • da si der meister hat verlän,
  • der dises buoches erste began.
  • I. (111—1128.) Tristan entsagt der blonden Isolt und be-
  • gehrt und gewinnt Isolt von Karke. Nach vier Wochen ist
  • die Hochzeit festgesetzt, die mit Freuden gefeiert wird. Tri-
  • stan führt die Braut zum Tanze, und nach dem Tanze kam
  • ein Bischof, der sie ihm zu rechter Ehe gab. Sie tauschen die
  • Ringe und am Abend begibt sich Tristan zu Bette. Isolt wird
  • ihm von einer Frauenschar zugeführt, und die Herzogin legt
  • sie ihm an die Seite und gibt ihnen den Segen. Während
  • Tristan den Riegel vor die Thür schiebt, rüstet sich Isolt,
  • ihr Magdthum zu vertheidigen. Wie er sich ihr freundlich
  • naht, fällt sein Blick auf den Ring am Finger, den ihm die
  • 70 ellentha/t, ellenhaft (3. zu Tristan 7010) adj., kraftvoll, mannhaft. —
  • 77 er vor dem Namen =:/ifr, her, Herr. — 80 Genitivwendung: von rechter
  • reinen Reinheit. — Sl ebenfalls Genitivwendung: an aller seiner That und
  • seinen Werken. — Stj Heinrich hat zwei Betonungen von Arundele, auch in
  • Arundele daz l. möglich. — 87 zu altmitteld. = nhd. = mhd. ze.
  • 314 II. FORTSETZUNG HEINRICH's VON FREIBERG.
  • andere Isolt beim Scheiden gegeben, und die Minne zu ihr
  • zieht wieder stürmisch in sein Herz. Isolt von Arundel behält
  • ihr Magdthum. Am Morgen kommt Karsie und legt der
  • Tochter reiche Kleider und den bräutlicheu Kopfschmuck an.
  • Zuerst geht man zur Messe, dann findet die Tafel statt.
  • Beide, Tristan und Isolt, aßen nicht viel, sondern waren in
  • Gedanken versunken. Auch in der zweiten Nacht pflegt Tri-
  • stan der Liebe nicht.
  • Nach Beendigung des Festes fragt Isolt eines Nachts ihren
  • Tristan, warum er zürne; sie wolle, wenn sie ihm Leides ge-
  • than, es wieder gut machen. Tristan entschuldigt sich: er
  • habe zu Weisefort in Irland mit Lebensgefahr einen Serpant
  • erschlagen und, um sich zu kühlen, sich in eine Lache ge-
  • senkt. In dieser Noth habe er der Gottes Mutter ein Ge-
  • lübde gethan, daß, wenn ihm eine Maid zum Weibe angetraut
  • werde, er sie ein umgehendes Jahr lang Jungfrau lassen wolle.
  • Da seien ihm wie Engel vom Himmel zwei schöne Frauen er-
  • schienen und hätten ihm Hülfe gebracht.
  • Hierauf versöhnt sich Isolt mit ihm; sie denkt, das eine
  • Jahr könne doch nicht ewig währen. Sie leben zusammen,
  • wie Lieb mit Liebe leben soll, daß Herzog und Herzogin
  • und Kaedin sich höchlich darüber freuen.
  • IL (1129 — 2358.) Ein halbes Jahr nach Tristan's Ver-
  • mählung mit Isolt geschah es, daß Tristan und Kaedin bei
  • Rückkehr von der Jagd unter einer Linde einen reich geklei-
  • deten Garzun sitzen finden, der, von König Artus gesandt,
  • den Fürsten und Helden aller Lande die Gründung und die
  • Gesetze und Ehren der Tafelrunde verkünden soll. Tristan
  • folgt dem Rufe. Er erhält von allen den Urlaub , auch von
  • Isolt, die bei sich denkt, sie müsse seine Minne doch noch
  • ein halbes Jahr entbehren. Wohl gekleidet und gerüstet
  • schifft sich Tristan mit Kurvenal und Gefolge ein. Gutes
  • Wetter und guter Wind ist ihnen auf der Fahrt bescheert.
  • In Britannien angelangt lassen sie sich in einem Städtlein,
  • kaum eine Meile von Karidol, dem wonniglichen Haus des
  • Königs Artus, rastend nieder. Um die Burg zu Karidol lag
  • €in schöner Tann, in welchem die Ritterschaft Abenteuer
  • suchte. Am Morgen reitet Tristan wohl gewappnet in Beglei-
  • tung Kurvenal's, der seinem Herrn den Helm nachträgt, in
  • den Tann. Ein Ritter zu Ross kommt ihm entgegen, Kurve-
  • nal bindet Tristan den Helm auf, reicht ihm einen Speer und
  • entfernt sich mit den übrigen Begleitern der Sitte gemäß vom
  • i
  • II. FORTSETZUNG HEINRICH'S VON FREIBERG. 315
  • Kampfplatz. Die beiden Kämpfer rennen sieb so stark au,
  • daß die Speere brechen, und daß Rosse und Reiter fallend
  • den Sand suchen. Die enteilenden Rosse fängt Kurvenal auf.
  • Die Helden greifen zu den Schwertern und schlagen kräftig-
  • lich aufeinander los. Freudig lässt Tristan den gewohnten
  • Ruf: «Parmenie, Parmenie!» erschallen; darauf hin gibt sein
  • Gegner den Kampf auf, weil dieser Ruf seinem liebsten
  • Freunde zugehöre, nämlich von Parmenie Tristan. Es ist
  • Gawan, der mit ihm gestritten. Beide Freunde und Ver-
  • wandte reiten nach herzlicher Begrüßung und Umarmung zu-
  • sammen gen Karidol, wo Tristan herrlich empfangen wird.
  • König und Königin führen ihn zur Tafelrunde, die Ritter-
  • schaft freut sich , daß ihre Schar durch ihn gemehrt werde.
  • Tristan bewährt seinen Ruhm; er besiegt die Ritter Dalcors
  • und Keie. Letzterer muß sich, als er ohne Ross nach Kari-
  • dol zurückkehrt, viel Spottes gefallen lassen. — Gawan will es
  • ermöglichen, daß Tristan Isolt, die blonde Königin, wiedersehe.
  • III. (2359 — 3004:.) Gawan veranstaltet mit dem Könige
  • eine Jagd. Die Könige Artus und Marke hatten einen ge-
  • meinsamen Grenzwald. Dorthin lenkt Gawan die Jagd und
  • richtet es so ein, daß die Jäger am Abend Tintajol näher
  • sind als Karidol. Gawan reitet voraus und erbittet für König
  • Artus und für alle seines Gefolges bei König Marke Gast-
  • freundschaft und Frieden. Die Gäste werden mit Freuden
  • und in allen Ehren bewillkommt. Tristan und Isolt grüßen
  • sich verstohlen mit Blicken. König Artus wird mit den Sei-
  • nen in den Palas gebettet. König Marke ruhte mit der Köni-
  • gin in einer Kemenate, aber ihr Bette stand entfernt von dem
  • seinen an einer andern Wand. Das erfuhr Tristan durch das
  • Kind Tantrisel, den Sohn seiner Muhme. König Marke hatte
  • in seinem alten Argwohn wider Tristan vor das Gemach einen
  • Block mit zwölf Sensen legen lassen. In Tristan und Isot er-
  • wacht aufs neue die Liebesglut; er besiegt alle' Bedenken
  • und MÜl zu ihr schleichen. Da schneidet er sich an den
  • Sensen, daß das heiße Blut auf den Estrich rinnt. Er will
  • zurück zum Lager, aber die Minne treibt ihn zur Königin.
  • Er verbindet die Wunden, gibt an der Thür das Zeichen und
  • wird eingelassen. Von seiner Wunden Blut wird Leilach und
  • Kolter im Bette und des Saales Estrich naß. Als Tristan zu
  • seinem Schlafgenossen Gawan zurückgekehrt ist und er diesem
  • seinen Unfall geklagt hat, räth Keie, alle Tafelrunder sollten
  • sich mit Getöse verwunden, damit Marke keinen Argwohn
  • 316 II. FOETSETZUNG HEINRICh's VON FKEIBERG.
  • gegen Tristan fasse. Der Rath wird befolgt. Wie Keie zau-
  • dert, ergreift ihn Gawan und stößt ihn in die Sensen, daß
  • er die größte Wunde empfängt. Marke hört den Lärm und
  • verweist seinen Gästen ihre Unzucht. Als am Morgen alle
  • wund und hinkend vor ihn kommen, bittet Marke seinen Gast
  • Artus, ihm nicht darum zu zürnen. Artus will die Bitte ge-
  • währen, wenn auch er eine gewähre. Als Gast habe er zu
  • gebieten, nicht zu bitten, antwortet Marke. Da bittet Artus,
  • Marke möge seinen Zorn wider seinen Neffen Tristan auf-
  • geben. Marke sagt zu, Tristan solle wieder in seinen Hulden
  • sein. Artus nimmt Abschied und reitet von dannen. Tristan
  • bleibt bei Marke zurück.
  • IV. (3005 — 3607.) Der Minnetrank zwingt die Liebenden
  • abermals. Tristan zieht das Kind Tantrisel in sein Vertrauen
  • und sendet durch dasselbe der Königin geheime Botschaft,
  • Beide treiben ihr altes Erbespiel, und neue Gerüchte ent-
  • stehen. Marke, aufs neue argwöhnisch, gibt eine Reise an
  • König Artus' Hof vor, übergibt Tristan sein Haus und sein
  • Gesinde in Obhut, kehrt dann in der Nacht durch ein Pfört-
  • lein zur Burg zurück und überrascht Tristan bei der Königin.
  • Er lässt beide binden und in den Kerker legen. Auf Bitten
  • des Truchseß Tinas von Litan, des Freundes von Tristan,
  • werden sie der Bande entledigt. Das Gericht verurtheilt die
  • Liebenden zum Tode, Isolt zum Scheiterhaufen, Tristan zum
  • Rade. Des Tinas Fürsprache ist vergebens.
  • Die Königin und ihr Freund werden alsbald an die Stätte
  • geführt, wo man die Ungetreuen zu verderben pflegte. Am
  • Wege neben dem Flußufer lag eine Kapelle, in welcher Tri-
  • stan beten will. Der Wunsch wird ihm erst versagt, dann
  • auf des Tinas Befehl gewährt. Während sie vor der Kapelle
  • seiner harren, springt Tristan durch ein Fenster in den vor-
  • beifließenden Strom und schwimmt abwärts; Kurvenal und
  • Tantrisel hatten auf ihn gewartet, bringen ihm Ross und
  • Rüstung, und so reitet er, während sich die meisten zu seiner
  • Verfolgung anschicken, dem Scheiterhaufen zu. Den Potestat
  • haut er durch den Deckelhut bis auf die Zunge, Kurvenal
  • schlägt zwei der Schergen todt, das andere Volk flieht, Tri-
  • stan hebt die Königin auf sein Ross und reitet mit ihr in
  • jenen Wald zur Fossiure, die Meister Gottfried beschrieben.
  • Sie finden sie aber nicht und erbauen sich deshalb eine Hütte.
  • — Marke tröstet sich über ihre Flucht, Gott selbst möge
  • ihnen hin geholfen haben.
  • II. FORTSETZUNG HEINRICH'S VON FREIBERG. 317
  • Tristan und Isolt leben in der Wildniss vom Wildpret und
  • vom Lautertrank, der aus einem Felsen floß. Sie hatten ein
  • Gericht mehr als Kurvenal und Tantrisel: das war die süße
  • Minne.
  • Nach etwa einem halben Jahre begab es sich, daß Tristan
  • mit Kurvenal zur Jagd geritten und Isot mit Tantrisel an der
  • Hütte zurückgeblieben war. Dann brechen sie Aste und
  • pflücken Blumen, um damit die Hütte zu schmücken. König
  • Marke war in diesen Wald geritten und hatte sich von seiner
  • Jagdgesellschaft getrennt. Da gewahrte er die Königin, und
  • wird wiederum von ihr bemerkt, doch thut sie, als habe sie
  • ihn nicht gesehen. Sie fragt Tantrisel: «Wie lange mag es
  • sein, daß mein Schwager Tristan mich so männlich vom Feuer-
  • tode erlöste?» Das Kind weiß nicht, was sie damit meint;
  • sie winkt ihm mit den Augen und tritt ihn auf den Fuß, was
  • der König nicht bemerkt. Tantrisel antwortet: «Das wisst
  • ihr ebenso gut oder vielleicht noch besser als ich.» «Es
  • dünkt mich jetzt beinah ein halbes Jahr», spricht Isolt darauf.
  • Das Kind spricht: «Herrin, ihr habt recht.» Weiter spricht
  • sie: wie mannhaft sich auch Tristan dünke, an ihnen habe
  • er als ein Feigling gehandelt, weil er am selben Tage davon-
  • geritten sei und sie in dieser Noth zurückgelassen habe.
  • «Zeter über die», ruft sie aus, «die mich und den guten Mann
  • bei meinem lieben Herrn, dem König, so verlogen haben!
  • Tantrisel, liebes Kind, mich wundert, daß wir zwei so lange
  • einsam hier gewesen sind in dieser Wüste und von den wil-
  • den Thieren verschont blieben und daß wir weder Brot noch
  • Wein noch andere Speise gehabt haben als Wasser und Kräu-
  • ter. Gott will, daß ich in dieser Wildniss meine Sünden büße.
  • Vielleicht sehe ich nie wieder ein Menschenbild. Ich danke
  • Gott für seine Gnade, daß er dich, liebes Kind, bei mir ließ.»
  • Sie seufzt und spricht: «Ach, König Marke, lieber Herr, daß
  • wir durch falscher Neider Trug also geschieden sind!» Sie
  • vergießt Zähren, lässt Kräuter und Blumen 'fallen, windet die
  • Hände und sinkt nieder in den Klee. König Marke springt
  • vom Pferde, läuft auf die Königin zu, fällt vor ihr nieder,
  • umfängt und küsst sie und bittet sie, ihm die Schuld zu ver-
  • geben. Er ruft mit seinem Hörne das Jagdgesinde herbei;
  • alle freuen sich über diesen Fund. Der König führt die Kö-
  • nigin mit sich heim und lebt mit ihr fortan in Liebe vereint.
  • Y. (3G0S — 4094.) Tantrisel hatte sich listig davongestohlen
  • und berichtet dem Oheim Tristan die Begebenheit. Dieser
  • 318 II. FORTSETZUNG HEINRICH's VON FREIBERG.
  • sendet das Kind zurück und entbietet der Königin seinen
  • Segen und seine Treue, und fährt nach Karke, wo er von
  • Herzog und Herzogin, von seinem Schwager Kaedin und der
  • weißhandigen Isolt in Liebe empfangen wird. Isot hofft, daß,
  • da das Jahr des Gelübdes vergangen sei, Tristan mit ihr
  • leben würde, wie Lieb mit Liebe leben soll. Allein ihre Hoff-
  • nung ist vergeblich.
  • Einmal reiten Herzog Jovelin, die Herzogin Karsie, Kaedin
  • und Isot Blanschemanis zur Jagd. Tristan begleitet sie. Bei
  • dem Wege gewahrt Isolt an einem Wässerlein Blumen stehen;
  • sie steigt ab, um sie zu einem Kranze zu pflücken. Sie tritt
  • in das Wasser, und dabei springt es ihr unter das Gewand,
  • Sie lächelt und spricht halblaut : «Das Wasser ist weit kühner
  • als der kühne Tristan.» Kaedin hört die Worte, fragt, Isolt
  • entdeckt ihm, daß sie noch Magd sei. Zornig stellt er Tri-
  • stan zur Rede; der gesteht ihm seine Liebe zu einer andern,
  • zur blonden Isolt, erzählt ihm von seinem Abschied von ihr
  • und von dem Ringe, der ihn an sie allein binde; berichtet
  • ihm ferner von dem Hündlein aus Avelunder, welches seine
  • andere Isolt besser halte, als es ihm hier Isolt die Weißhandige
  • erweise. Zur Wahrheit verpfändet er Leib und Leben. Kae-
  • din ist sofort bereit, deshalb die Reise anzutreten. Sie geben
  • vor, Abenteuer suchen zu wollen, und werden von Vater und
  • Mutter reichlich ausgerüstet. Kaedin tröstet beim Abschiede
  • seine Schwester: wenn er mit Tristan zurückgekehrt sei, werde
  • sie nicht länger Magd bleiben.
  • Sie finden einen Schiffer aus Litan, dem Truchseß Tinas
  • untergeben, welchen sie zur Überfahrt gewinnen.
  • VI. (4095 — 5014.) Tinas heißt die Gäste willkommen und
  • geht dann in Tristan's Auftrage nach Tintajol, wo er König
  • und Königin beim Schachspiele antrifft. Er gesellt sich als
  • Zuschauer zu ihnen, Isolt erkennt an seinem Ring die An-
  • wesenheit Tristan's, erhebt zum Schein mit dem König einen
  • Zwist wegen des Spiels, um es zu beenden. Isolt bescheidet,
  • während der König ausgeritten ist, Tinas zu sich; er richtet
  • die Botschaft aus: sie solle ihrem Freund das Leben retten.
  • Eine Jagd nach dem blanken Lande wird verabredet. Isolt will
  • Tantrisel, ehe sie komme, voraussenden. Andern Morgens
  • harren Tristan und Kaedin im Hage versteckt; sie schauen
  • den königlichen Zug. Bei jeder Frau des Hofes fragt Kaedin,
  • ob das die Königin sei ; und als er Kameline von der Schete-
  • liure mit Brangäne vorbeireiten sieht, gesteht er, nie ein
  • II. FORTSETZUNG HEINRICH's VON FREIBERG. 31^
  • schöneres Weib gesehen zu haben. Dann kamen zwei Zelter,,
  • die eine Bahre trugen, auf welcher 'das Hundhäuslein Petit-
  • criu's stand. Dann erst erscheint Isolt reich geschmückt, ge-
  • leitet von Tantrisel und dem listigen Antret. Kaedin erschrickt
  • bei dem Anblicke und er spricht: ((Eine Sonne steht am Him-
  • mel, und hier geht eine zweite Sonne auf.» «Jene Sonne «^
  • entgegnet Tristan, «ist des Himmels Sonne, diese ist meines
  • Herzens Wonne, die Königin Isolt.» Tantrisel springt vom
  • Pferde und hebt das von Tristan hingeworfene Zweiglein auf.
  • An dieser Stelle steigt die Königin ab, setzt sich in den Klee,
  • lockt das Hündlein und liebkost es. Als Kaedin das gesehen,
  • erlässt er dem Schwager den Eid: so habe es seine Schwe-
  • ster Isolt bei all ihrer Liebe ihm nie erwiesen; ein schöneres
  • Weib habe er nie gesehen.
  • Isolt heuchelt Krankheit und sendet Antret zum König mit
  • der Botschaft, sie könne den Weg nicht fortsetzen; er möge
  • sie diese Nacht meiden. Dann läuft sie dem Hag entgegen,
  • wo Tristan verborgen war, und gibt ihm in einer Anrede an
  • die Yöglein des Waldes Kunde, wo sie die Nacht zubringen
  • wolle. Des Abends erhält er durch Tantrisel noch genauere
  • Botschaft. Auf das verabredete Hornzeichen treten Tristan
  • und Kaedin in das Zelt, wo außer der Königin sich nur Pa-
  • ranis und Tantrisel, Brangane und Kameline befinden.
  • Isolt begrüßt die Gäste, Tristan bleibt bei ihr. Kaedin, der
  • bei Brangane und Kameline gesessen, findet an beiden Ge-
  • fallen. Isolt wirft der Kameline ein Kissen zu, welches sie
  • unter Kaedin's Haupt legen solle. Die kannte die Art des
  • Kissens und verstand den Wink. Kaedin begehrt Kameline's
  • Liebe, sie gewährt ihm die Freiheit, legt ihm das Zauber-
  • kissen unter das Haupt, daß er einschläft. Am Morgen wird
  • er von allen verspottet; er klagt sich selbst an, daß er die
  • Schöne gemieden habe. Tristan und Kaedin scheiden dann
  • aus dem Zelte, begeben sich dahin, wo Kurvenal mit den
  • Pferden gewartet hatte, und reiten gen Litan zu ihrem
  • Freunde Tinas.
  • VII. (5015 — 5718.) Die Königin begibt sich zu König
  • Marke. — Tristan wird in Litan siech, wovon Isolt vernimmt.
  • Sie sendet ihm durch Paranis und Tantrisel Arznei, welche
  • ihn heilt. Sein Lockenhaar schert er ab. Tantrisel räth ihm,
  • weil sein Äußeres durch die Krankheit verändert und ent-
  • stellt sei, Narrenkleider anzulegen und sich wie ein Thor zu
  • geberden und so zur Königin zu gehen. Das befolgt Tristan.
  • 320 II. FORTSETZUNG HEINRICH's VON FßEIBERG.
  • Er scherzt wie ein Narr mit Marke und Isolt, wirft ihr einen
  • Bissen Käse zu, und als ihn der König am Ohre zieht, schlägt
  • er mit seinem Kolben nach ihm. Antret will den Schlag auf-
  • fangen und wird so getroffen, daß er betäubt liegen bleibt.
  • Der Narr haut um sich, alle fliehen ; dann macht er Friede.
  • Durch das Kind Tantrisel erfährt die Königin, der Narr sei
  • Tristan.
  • Der Narr isst an der königlichen Tafel, wo er dem Zwerge
  • Melot eine siedend heiße Pfefiferbrühe ins Antlitz gießt, daß
  • seine Augen verbrennen. — Der König reitet auf acht Tage
  • zur Jagd, der Narr bleibt in der Königin Pflege. Auf die
  • Frage der Frauen, wie er heiße, antwortet der Narr: «Peil-
  • netosi», aus M^elchem Namen Isot hinterrücks «Isoten liep»
  • herausliest und Tristan in ihm erkennt. Durch Brangane
  • fordert sie den vor der Kemenate liegenden Thoren auf, ihr
  • Bettgeselle zu sein. Am Morgen legt er sich allemal wieder
  • mit dem Kolben auf sein Strohlager.
  • Der falsche Ritter Pfelerin meldet der Königin die An-
  • kunft des Königs. Die Liebenden müssen sich trennen. Beim
  • Abschied aus der Burg thut der Thor zu Dienst Isoldens
  • einen so gewaltigen Sprung, wie ihn noch niemand ersehen:
  • Pfelerin vermuthet daran Tristan, was ihm der Name Peil-
  • netosi bestätigt. Er jagt ihm nach, erreicht ihn, fordert ihn
  • auf bei der Liebe zur Königin umzukehren. Tristan folgt dem
  • Rufe, sie kämpfen: Pfelerin fällt unter den Streichen des Kol-
  • bens. König Marke kommt dazu, erkennt in dem Thoren
  • seinen Neffen und befiehlt, die Jagd auf ihn fortzusetzen. Tri-
  • stan aber entkommt nach Litan zu Tinas. Dem Könige wird
  • es auszureden versucht, daß der Narr Tristan gewesen sei;
  • er möge seinen Argwohn wider die blonde Königin fahren
  • lassen.
  • VIII. (5719 — 6315.) Tristan verabschiedet sich mit seinen
  • Gesellen Kurvenal und Kaedin von Tinas und fährt zurück
  • nach Arundel. Auf der Reise erbittet sich Kaedin Tristau's
  • Beistand. In Gamaroch, dem Nachbarlande von Arundel,
  • wohne auf der Burg Gamarke der Ritter Nampotenis, dessen
  • Gemahlin Kassie er von Kind auf geliebt habe. Sie werde
  • von Nampotenis streng gehütet und verschlossen gehalten.
  • Wie sie der Burg nahen, werden sie von dem entgegenreiten-
  • den Wirthe als Gäste willkommen geheißen. Tristan schreibt
  • für Kaedin ein Brief lein, das dieser der Herrin geben soll. In
  • dem Brieflein wird sie ersucht, dem Gemahl während des
  • II. FORTSETZUNG HEINRICh's VON FREIBERG. 321
  • Schlafes die Schlüssel zu stehlen, sie in Wachs abzudrücken
  • und das Wachs vor die Thür der Kemenate zu legen. Sie
  • thut es, Kaedin findet in Freuden das Wachs und reitet
  • andern Morgens mit Tristan nach Karke. — Dort werden sie
  • von Herzog Jovelin, von der Herzogin und von der tugend-
  • reichen Isolt liebreich empfangen. Tristan lebt fortan mit
  • Isolt, wie ein Mann mit liebem Weibe leben soll.
  • Kaedin trägt sein Wachs zu einem kunstfertigen Schmiede,
  • der ihm die Schlüssel liefert. Mit Tristan bricht er nach
  • Gamarke auf; sie schaffen sich, während Nampotenis jagt,
  • Eingang. Kassie nimmt Kaedin zu sich in die Kemenate,
  • Tristan bleibt die Zeit bei den Frauen. Beim Ausreiten aus
  • der Burg verliert Kaedin seinen Schattenhut von Blumen.
  • Nampotenis erblickt den Hut bei der Rückkehr im Graben
  • liegen, vermuthet Gäste, sucht die Burg aus und zwingt
  • schließlich Kassie zum Geständniss. Dann jagt er nach, ereilt
  • die beiden Helden und bringt sie durch den Ruf, um Isolden
  • und um Kassie's Liebe umzukehren, zum Stehen. Nampotenis
  • ersticht den Kaedin und fällt von Tristan's Hand. Einer sei-
  • ner Begleiter verwundet Tristan mit einem vergifteten Speere.
  • Tristan kann noch den todten Freund nach Karke führen, der
  • von allen beklagt und in der Kirche fürstlich begraben wird.
  • IX. (6316 — Schluß.) Dem todtwunden Tristan kann kein
  • Arzt helfen. Er sendet daher Kurvenal nach Tintajol zu Isolt,
  • sie möge kommen, um ihn zu heilen. Der Schiffer solle ein
  • weißes Segel anbinden, wenn sie komme, ein schwarzes, wenn
  • sie nicht komme. Isolt ist sogleich bereit zu fahren.
  • Isolt Blanschemanis pflegte derweil ihren Tristan; vielleicht
  • grämte es sie, daß er nach jener Isolt gesandt hatte. Sie tritt
  • oft an das Fenster, um des Schiffes Ankunft zu erspähen.
  • Endlich sieht sie das weiße Segel glänzen. Aber auf Tristan's
  • Frage, wie das Segel beschaffen sei, antwortet sie: «Ich sah
  • ein schwarzes Segel.» « Schwarz? » sprach Tristan. « Ja », sprach
  • Isolt. Alsbald brach sein Herz. Isolt schrie voll Jammer : «Ich
  • habe gescherzt, Tristan! Das Segel ist weiß, das ich dort
  • auf dem Meere gesehen habe.» Aber wie viel sie rief, es war
  • geschehen. — Tristan's Leichnam wird eingebalsamt, aufgebahrt
  • und mit Blumen bestreut. Die Glocken läuten, als Kurvenal
  • mit Isolt von Kurnewal ans Land tritt. Sie fragen die Kla-
  • genden um Tristan. «Er ist todt, Tristan», ist die Antwort.
  • «Welcher Tristan?» spricht weiter das schöne Weib, weil sie
  • hoffte, es hieße noch einer Tristan wie er. «Der Parraeuois»,
  • GOTTFRIED VON STEASSBURG. II. 2. Aufl. 21
  • 322 II. FORTSETZUNG HEINRICH's VON FREIBEKG.
  • spricht der Gefragte. Isolt fällt in Ülinmaclit, weinen kann
  • sie nicht. Dann führt sie Kurvenal zum Münster und zu dem
  • Todten auf der Bahre. Sie stürzt sich auf ihn, kein Wort
  • kommt aus ihren Lippen, der Tod bricht ihr daz Herz ent-
  • zwei. Isolt, die todte Königin, wird sogleich eingebalsamt, in
  • den Sarg gelegt und auf die Bahre. Kurvenal erhebt laute
  • und innige Klage. — Herzog Jovelin denkt an das Begräbniss
  • der beiden Todten.
  • König Marke hört die Märe von Isoldens Flucht und fährt
  • gen Karke und wird von Herzog Jovelin empfangen und ver-
  • nimmt die Trauerkunde. Kurvenal verschweigt ihm nicht, was
  • er weiß, wie ihnen der Trank auf der See gegeben ward, von
  • Tristan's tödtlicher Verwundung zu Gamaroch. Marke klagt:
  • «0 weh, Tristan, hättest du mir das bekannt, ich hätte dir
  • Isolt zum Weibe gegeben!»
  • Marke nimmt die Todten mit sich nach Tintajol, wo sie
  • auf der Burg in zwei Särgen von edelem Marmelstein begraben
  • werden. Er stiftet ein Kloster ze Sente Merjen Stern; dort
  • ünden sie ihre Ruhe, dorthin begibt sich auch Marke, nach-
  • dem er Kurvenal beide Königreiche übereignet hatte. Auf
  • Tristan's Sarg lässt König Marke einen Bosendorn, auf Isolt
  • eine grüne Weinrebe pelzen. Die Wurzeln wachsen zusam-
  • men, Busch und Rebe flechten sich ineinander.
  • WORTREGISTER.
  • c mit Ausnahme von Aspirata ch an Stelle von k oder ;; unter k; /
  • öfters an Stelle von v. Die Adjectiva auf -iy auch gegen den Text ver-
  • zeichnet -ic außer in Zusammensetzung.
  • a franz. prcup. 239(j.
  • -ä fjeitii Iniper. 3715.
  • ab- s. ap-.
  • ab, abe ado. da — abe lOllG. dar
  • abe 4617. abe und, odei* an 833.
  • 15154. 15303. an — und abe 890. —
  • bei Vurbens. brechen, gän. kernen,
  • nemen, genemen. leiten, gewinnen,
  • gewanken.
  • ab adv. Kärzun = Ah&r.
  • äbenden swo. übende werden 7343.
  • aber, ab ade. 409. aber wider 19250.
  • conj. und aber 748.
  • adjüt franz. 3135.
  • after pruip. 6934.
  • agestein stm. 8092.
  • alii interj. 4620.
  • ahselbein stn. 2558.
  • sehtaerinne stf. 18042.
  • ahtbteren nivv. 6077.
  • ahte Zahlw.^=acht.
  • ahte stf. = Acht. 3087. 80S3. a. ge-
  • winnen 10398. üzer ahte 1579H.
  • ahte prcet. = achtete.
  • ahten sicv. 922. 14733.
  • ahzehen Zahlic\ = achtzehn.
  • äkust stf. 12243.
  • al adj. {fem. u. pl. neutr. elliu=
  • alliu) II. adv. — adj. alles gähes
  • 12348. — adv. al besunder 1271. al
  • eine (adj.) 1272. al gemeine 2255.
  • al geliche 2448. — ade. conj. al
  • fV2tJ7. — al eine 222. des al ein
  • 11582 (?). — s. betalle, mitalle.
  • Alamanje swm. 3701.
  • älaster stn. 15492.
  • aide conj. 340.
  • allenthalben adv. mit gen. 2498.
  • allerbeste adv. 1373.
  • allerjungest adv. 3180.
  • allermeiste adv. = allermeist.
  • allernähest adv. 14977.
  • allez adv. 572.
  • allez adj. subst. 193.
  • allez franz. imper. 3204.
  • ällich adj. 770.
  • ällich, älliche adv. 608,
  • almeistic adv. 3340.
  • alrerste adv. 788. 1092.
  • alrihte. in alr. adv. 15527.
  • als, alse, also adv. demonstr. 27. relat.
  • u. conj. 3. 51. 1545. 2265. 2306. 9746.
  • reht' als 25.
  • als franz. 18713.
  • alsam adv. 285.
  • alsus adv. s. zu 43.
  • alten swv. 1.3067.
  • alter stn. alterseine adj. 11566.
  • alwsere adj. = albein.
  • ämähtic adj. 15609.
  • amant franz. 16704.
  • ambet stn. 3320. 4564.
  • ameiren sivv. 12069.
  • amie franz. 19217.
  • amie stf. 11492.
  • amis franz. 2679.
  • amme siof.y nhd. stf. sing.
  • ampnere stf. 9157.
  • 21 *
  • 324
  • AMUR — BAR
  • amür franz. 1360.
  • amüren swv. 12069.
  • an prcep. mit dat. 152. 14ö3. 2188.
  • 3664. 5081. .5254. 860.'). 12530. 14994.
  • 14996, 18347. mit acc. 1308. 1382.
  • 3284. 4372. 4423. G365. 6781. 13351.
  • 14994. 18063.
  • an, ane adv. dar an 93. 10562. hier
  • an 6152. 9755. an — und abe 890.
  • abe und, oder an 833. 151.54. 15303.
  • — bei ]'erben s. gän. grifen. heben,
  • keren. komen. legen, lieben, erlie-
  • gen, ligen. nemen, genemen. rüe-
  • ren. sagen, sehen, sigen. spilen.
  • sprechen, stözen. stricken, suo-
  • chen. tragen, triben. ertriegen.
  • gevähen. vallen. wahsen. wsenen.
  • gewinnen, zemen. — dar an bei
  • Verben s. komen. läzen. ligen.
  • änam sunt. 321.
  • andaht stf. 15156. 18330,
  • ande adj. 8992.
  • ande adv. 17841. comimr. ander 17846.
  • ande su-m. 7088.
  • ande prcet. = endete.
  • anden swv. mich andet 9359.
  • ander arfj. (ander öfters=nhd. andere,
  • anderer.) 1370. 6683. selb ander
  • 11184. anders tages 12488.
  • anderhalben adv. 11189,
  • anderhalp adv. 14431.
  • anders adv. 7.
  • anderstunt 1424.
  • anderswä 183,
  • anderunge stf. 11790. 17373.
  • äne adj. mit gen. 1490. 4368.
  • änepr^fjo. 627. 9356. ä. lougen 11224.
  • ä. misaewende 1807.
  • anegenge sin. 3989.
  • (anen sivv. Hs. F. 9359.)
  • anevanc stra. = Anfang.
  • 'ange adv. 1209. 1982. 4352.
  • angel stm. 15063.
  • angen stov. 12369.
  • angeslich, ängeslich adj. 1597.
  • angest subst. 1257. 1550. jjlur. 9223.
  • a. nemen 9120.
  • angestbsere adj, 6438.
  • angesten swv. subst. inf. stn. 9314.
  • angesthaft adj. 9626.
  • anclich, ancliche adv. 4352.
  • anspräche stf. 5637. 15420.
  • ante prcet.=endete.
  • antiste sw7n. 15309.
  • antliltze stn, = Antlitz.
  • antlützen stcv, 15093.
  • antphanc stm, 487. antfanc 18628.
  • antwerc st7i, 14516.
  • antwurt stf, stn. 14023,
  • antwurte praet,= antwortete,
  • antwürte stf. stn. = Antuort.
  • antwurte 2^^(^^- conj. = antivortete.
  • antwürteu stcv. 5962. 11037;
  • apgründe stn. 2427,
  • ar sw7n. = Aar stm. siom.
  • arbeit, arebeit stf. 974.
  • arbeitsselic adj. 2128, .
  • arbeitsam adj. 17084.
  • arc adj. 5978. zer ergeren hant 154Ö7.
  • arc stm, 9863.
  • arke sivf. 8113,
  • archeit stf, 289.
  • arcwän stm. = Argwohn,
  • arcwsenen swv, 13759.
  • arm adj. 198. 12312.
  • arm stm, an den arm 1308. under
  • armen 3328.
  • armbrust stn. = Annbrust stf.
  • armekeit stf, 6154.
  • armeclich adj. 4000.
  • armen swv, 13067. .
  • armuot stn. 3795. 4454.
  • art subst, 3794. 6723, s^m, 15820. stf.
  • 9659,
  • arten swv, pari, gartet 9938,
  • arzät, arzet stm, = Arzt. pl. arzäte,
  • arzätie stf. 12174.
  • arzätin, arzätinne stf ,=z Ärztin.
  • arzätlich adj,=ärztlich.
  • äswich stm. 15082,
  • avant franz, 3204. i
  • äventiure stf, 151, 246. 3269. 11637.
  • von ävent. 735. an ä. geben 6162,
  • äventiuraere stm, 9328.
  • bal proEp. von bellen, nhd. swv. bellte.
  • balle swm, in ballen wis 1028.
  • balde adv. nie so b. 13260, compar.
  • balder 8950,
  • bälderichen (?) 8966,
  • balmen plur. 2647,
  • balseme swm. 16504,
  • balsemen swv. 16835. 17987.
  • baltensere stm. 15636.
  • baltliche, bältliche adv. 10651. com-
  • par, baltlicher 1096.
  • hSiTa. stm, 7206.
  • ban stf. := Bahn.
  • baneken swv. refl. 2100.
  • banekie stf. 410.
  • banier subst, 5582.
  • baniere stf, 4578, 4797.
  • bar adj, 17417.
  • EAR — BESLIHTEN
  • 325
  • bar proet. von bereu, bern.
  • bjBre proEt. conj. von bern.
  • baren swv. üf b. 5620.
  • barke sw/. = nhd. stf. sing.
  • barn stn. muoter b. 2320. vulandes
  • b. 159G5.
  • barön strn. = Baron.
  • barünie st/: = Buronie.
  • bast strn. 2827. Ulli,
  • bataljen swv. sahst, inf. ?,85.
  • batele subst. 12532.
  • baz ado. 447. 17184. b. koraen 5(!94.
  • beä Jranz. 10721. beäs 2395.
  • bedact j)urt. = f^deckt.
  • bedäht pari, kurze bed. 4556. wol
  • bed. 2690.
  • bedsehtekeit stf. 9991.
  • bede = beide.
  • bedenken swv. 496. 14803, 14925.
  • bedühte pnet. von bedunken , be-
  • dünkeu.
  • begän, begen stc. 705. 13.338. beg.
  • mit einem 5143. rejl. mit (jen. 3286.
  • begarwe ade. 777'S.
  • begeben stc. 5296,
  • begegenen swv. 16142.
  • beginnen ststvc. 160. mit yen. 2085.
  • begunde />ra;^=began.
  • begraben stc. 14469.
  • begrifen stc. 12366.
  • behaben swc. 11302. 11341. 12927,
  • 15297, 18.526.
  • behalten stv. 6240, 1.3227. 18S52. vor
  • beb. 2071.
  • behanden adv. 2173. 11156.
  • behendekeit stf. 8142.
  • behendecliche'*arf», 700,
  • beherten swv. 6305.
  • beide adj. b. — und 1293, beider sit
  • 5525.
  • beiden swö.] purt. gebeidet adj. 13770.
  • beidenthalben ade. 8496.
  • bein stn. 6931, ze beine gän 6486,
  • beit proet. von biten.
  • beite:=beitete prent, von beiten.
  • beiten swc. 5916.
  • bejagen swv. 4878.
  • bejac stiH. 12298. 12979.
  • bekennen swv. 3819. 15438.
  • bekliben stc. 19097.
  • bekomen stv. 17310. mit dat. 7117.
  • becroieren swv. 5060.
  • bekunibern swv. = hekürniuern.
  • belangen swv. unpprs. 18608,
  • beide stf. 11976,
  • bi'le franz. 741,
  • beleip prat. von beliben = iit>6.
  • belelien 5u-y. = belchcncn, belehnen.
  • beleiten ««.'».14651.
  • belibe prctt. conj. von beliben.
  • beliben part. von beliben. — part.
  • adj. 1214S.
  • beliben, bliben sfr. 4356.
  • beliegeu sto. 14932.
  • beiigen stv. 6098.
  • bemseren swc. 125.
  • bemeinen swv. 16726.
  • bemeistern swv. 6650.
  • bemerken swv. proit. bemarcte 9337.
  • benahten swv. 2518,
  • benamen ade. 143.
  • benemen stv. 2595.
  • benennen swv. 535. 16703. (Hs, F
  • 16726.) vor ben, 11383,
  • beniten pra;t. plur. conj. von beni-
  • den, beneiden.
  • benie franz. 2683, de ben. 2960.
  • ber swm. = Bär.
  • ber stf. stn. nilit ein b. 16272.
  • beraten sie. 4062.
  • bereden swv. .5447. 12006. 16012.
  • bereit, bereite adj. 2470. 2918.
  • bereite ade. 13483.
  • bereite prait.= bereitete.
  • bereiten swc. mit acc. und 'jen. 15606,
  • bereitschaft stf. 3992. 4928.
  • beren, bern stv. 253.
  • berihten swv. 2406. 11435.
  • beriten stc. 1125.
  • berc stin. wider b. 16957.
  • berlin stn. =: Perle stf.
  • besagen swc. 4775.
  • besamenen swc. 6416.
  • besät part. von besetzen,
  • beschaben part. adj. 3995.
  • bescheiden stc. 6389. 7885. 11020,
  • 12177. 13508. 17688. reß. 4512.
  • bescheiden part. von bescheiden =
  • nhd. beschieden. — part. adj. = nhd,
  • 57.54.
  • bescheidenheit stf. 3059.
  • bescheidenlich adj. 5050.
  • bescheidenliche adv. 2105. 14637.
  • bescheinen swc. 4213.
  • beschelen, bescheln swv. 287S.
  • beschouwen swc. 11665.
  • besehen stc. 2243.
  • besenden swv. 1127.
  • besengen swv. 9247.
  • besetzen swv. 524, 7311. 7336. 8165,
  • 11020. 11781. 12576. 12586.
  • besingen stv. Allh.
  • besitzen stv. .383. 435.
  • beslihten swt. 2405. 16818.
  • 326
  • BESNABEN
  • BORTELIN
  • besnabcu siov. 4662.
  • bcsniden atv. part. besniten 3274.
  • besnit part. ■=■ beschneit.
  • besorgen swv. besorget werden 2359.
  • bespart part. von besperren.
  • besperren swv. 16702. vor besp. 17034.
  • besprechen stv. 535, 15416.
  • bestän, besten stc. anom. 1531. 5806.
  • ■mit dat. 9589. mit acc. 15250. mich
  • bestät 4142. 4580. 19155.
  • bestaten sicv. prcvt. bestatte. 12573.
  • bestaeten swv. 9980.
  • beste adj. zem besten gezalt 6512.
  • beste adv. 3374.
  • besunder adv, 629. al bes. 1271.
  • besuochen swv. 8863.
  • beswseren sk'». 754.
  • beswichen stv. 13423.
  • betagen sivv. 12630.
  • betalle adv. 7019.
  • bete stf. 525. b. leisten 19107. mit
  • geböte und (noch) mit b. 525. 6252.
  • betevart stf. 13690.
  • betewip stn. 1265.
  • betihten swv. 4941. 11436.
  • betouwet part.=^bethaut.
  • betragen swv. reß. 8813.
  • betrahten swv. 18.
  • beträhtic adj. 3116.
  • betrechen stv. part. betrochen. 19052.
  • betriegen stv. die stunde betr. 17110.
  • betrouc prait. = l>etrog.
  • betrüeben swv. 12826.
  • bettegeit stn. 12613.
  • bettelachen stn. 15198.
  • bettemeere stn. 14032.
  • bettespil stn. 12620.
  • bettewät stf. 13537.
  • betwingeii stv. 16605.
  • betwungenlicli adj. 2069.
  • bevalch projt. von bevelhen, bef eitlen.
  • bevelhen stv. 442.
  • beviln sivv. niich bevilt init gen. 4939.
  • bevinden stv. 1927.
  • bevolhen pnrt. von bevelhen.
  • befulhen ^jrösif. pl. von bevelhen.
  • bew^nen swv. 13552.
  • bewac proit. von bewegen,
  • bewserde stf. 6491. 11235.
  • bewaren , bewarn swv. 1512. 2042.
  • 3320. 12574. refl. 3437. 9735.
  • bewseren swv. 5447.
  • bewegen stv. refl. mit gen. 1707. dar
  • 5796.
  • bewenden swv. 19533.
  • bewiget 3. pers. prxs. von bewegen,
  • bewisen swv. 1541. 4152. 15530.
  • beworrenheit stf. 873.
  • bezihen slv. part. bezigen 15496.
  • beziunen swv. 5543.
  • bezzeren swv. 5234. 15726.
  • bi proip. 120. 4172. 5410. 10924.
  • bi adv. 12733. da bi 3658. — hei Ver-
  • ben s. erkennen refl. stän. fra-
  • gen (?). wesen. wonen.
  • biben swv. ■= beben.
  • bfderbe adj. 360.
  • bienvenianz franz. 16191.
  • bieten stv. 1527. 1544 (1537). refl. 393.
  • üz b. refl. 15837.
  • bickelwort stn. 4639.
  • bil stm. 2765.
  • bilant stn. 449.
  • bildsere st7n. = Bilder, (Bildner).
  • bilde stn. 1802. 15058.
  • bilgerim stm.=Pilgriin.
  • bilgerln adj. (?) valken bilgerine 2202.
  • billich stm. 6429. 9374.
  • billiche adv. 2914. b. wol 3692.
  • billichen swv. 5675.
  • bilsensäme sicm. 12232.
  • binden stv. 16560. nähe gebunden
  • 2642.
  • binnen adv. 16935.
  • biric adj. 16464.
  • birsen swv. 2116.
  • birt 3. pers. prms. von beren.
  • bite stf. 3855. 8860. 9979.
  • biten stv. 12295.
  • biten prcet. plur. von biten.
  • biten stv. 1664.
  • biute 1. j)ers. prais. von bieten.
  • blä adj., gen. bläwes, blau.
  • bleejen swv. 15064.
  • blanche franz. 18713.
  • blante pra't. = blendete.
  • bleichen swv. 14322.
  • bliät stm. 15203.
  • blichen stv. 14322.
  • bliin adj.z=bleien, bleiern.
  • blintlichen adv. 1290.
  • blüejen, blüen swv. = blühen.
  • blüemen swv. 23.
  • blunde adj. = blonde.
  • bluome strn. = Blu)ne stf. sing.
  • bluot stf. = Blüte.
  • bluote proit. = blühte.
  • böne stf. nicht eine b. 16880. niht
  • eine halbe b. 15995.
  • boneure franz. a b. 3200.
  • bore stm. 277.
  • bort St. subst. 5246.
  • borte swm. 10911.
  • bortelin stn.-=Börtlein.
  • B03E — DES
  • 327
  • •büsc a<1j. 1S643.
  • böte sicin. boten tuon 52(i.
  • boteschaft stf. 5911. 8531. 148S1.
  • braht stm. 12446.
  • bräht 2Jurt.'= gebracht.
  • bracke sicm. 3039.
  • bran^jra;f . »0« brinuen, nhd. brannte.
  • brast proet. von b res teil.
  • btäte su-in, 29UO.
  • brechen stv. 1744. 8982. reß. «273.
  • 11314. abe br. 371.
  • breiten sicv. 3602 17050. vür br. 15126.
  • bresten stv. 258. 15220.
  • hrief stm., gen. brieves. 814.'!. 14158.
  • bringen stv. 7680. in gedanke br.
  • 8511. ze mjere br. 8334. innen br.
  • 10425. üz br. 10460.
  • brinnen stv. 113. 11122.
  • britel st/n. 7045.
  • briten stv. 667.
  • Britün s/)it. 330. 429.
  • britünisch, britiinsch adj. 152.
  • Britünois stm. 3678.
  • briuwen stv. 13027.
  • brot stn. niht ein halbez br. S673.
  • brücke sn-f. 8701.
  • brim adj. 665.
  • brünieren swv. 6615.
  • brunne swm. = Brunnen stm.
  • brimreideloht adj. 3334.
  • brünreit adj. 3919.
  • bruoder pl. = ßrüder.
  • brüste dat. sg. von brüst,
  • brütleite stf. 12353.
  • bü sttn. gen. büwes. 2525.
  • büege plur. von buoc.
  • büezen swc. 1511.
  • bübel stm. 16972.
  • bühse swf. 4669. 7948.
  • buburdieren swv, 617.
  • buliurt stm. 650.
  • buoch stn. der buoche lere 2063.
  • swarziu buoch 4688.
  • buochstap stm.=Buchstabesum.plur.
  • buoc still. 2884.
  • buocbein stn. 2874.
  • buosem stm.=Busen.
  • buoze stf. 12044. ze b. stau 781.
  • bürge dat. u. pl. von huTC,'^ Burg,
  • Burgen.
  • bürgen 2}rait. plur. ton bergen, =
  • bargen.
  • bürtic adj. 2694.
  • huien prcet . plur . von bieten, = ?;o^e«.
  • büwen svcv. {pari. st. gebüwen) 9533.
  • 12241. 16490. 17955.
  • buzele franz. 742.
  • da ade. dernonstr. 3972. 15064. da —
  • da 11. 12. da und da 9206. da —
  • abe 10116. da bi 3658. da engegene
  • 10907. da mite 2806. da van 11356.
  • da vor 488. 2070. 8742. 12237. dS,
  • ze hove 4809. 4871. da zuo 7747.
  • relat. 22.
  • damoisele franz. 9169.
  • dau franz. 3751.
  • dan adv. 783. 9407. dar oder d. 15153.
  • her d. 10040. 17418. hin d. 10915.
  • 17411. 17418. von d. 4227. — bei
  • Verben s. keren. scheiden, stricken.
  • — her d., hin d. s. ligen. tragen,
  • tuon.
  • dane=da, da-ne (Negation).
  • danc stm. äne d. 4761.
  • danne adv. 35. 17525. nach comp.
  • 124, ouch d. 10399. von d. 1618.
  • dannen adv. 838.
  • dannoch adv. 196.
  • dar adv. 302. 5796. d. oder dan 15153.
  • dar abe 4617. dar an 93. 10562.
  • — bei Verben s. haben, legen, spre-
  • chen, tragen.
  • darte pra't. von derren , = dorrte.
  • daz pron. dernonstr. durch d. 87.
  • über d. 17881. umbe d. 779. relat.
  • 2470. conj. 293. 14726. 14799. 18599.
  • et d. 14216.
  • de franz. 471. de benie 2960.
  • dehein, kein adj. pron. 52. 95. 6607.
  • 16465. deh. me 2150. deh. sin . . . 3795.
  • deist = daz ist.
  • deiswar = daz ist war.
  • deckelachen stn. 15226.
  • den acc. sing. = nhd., dat. plur. art.
  • = nhd., dat. pl. demonstr. xi. relat.
  • = nhd. denen.
  • denken swv. 8512. 7nit gen. 3522.
  • 10459. hie zuo d. 6381.
  • denne adv. 19079.
  • der pron.-=nhd.; der gen. u. dat.
  • fem. sing., gen. pl. demonstr. nnd
  • relat. = 7ifid. deren, derer. — de-
  • monstr. 2263. 5736. 15926. 17966.
  • relat. = swer 1123. 8917. 15405.
  • 16439. 17896. art. vor Adj. 744.
  • 15337. vor Possessivpron. 39.
  • der adv. = d&T, dar, da 193. 15722.
  • der- = dar-, (nhd. dar- und da-)
  • unter den betreffenden Adverbien.
  • des pron. gen. art.^nhd., des de-
  • monstr. und relat. =nhd. dessen.
  • — gen. neutr. demonstr. des niht
  • 4340. relat. 1802. adv. 322. des al
  • ein 11582 (?). sit des 4121.
  • 32S
  • BESTE — EINE
  • deste== desto.
  • den frani. 2679. deus 3135.
  • deweder adj. pron. 817.
  • die plur. neutr.=^d\\}. 2541.
  • diech stn. 6928.
  • diemüete adj. 5027.
  • diemüete stf. 5048.
  • dienen swc. mit acc. 8175. 13774.
  • 18687.
  • dienest, dienst stm. 5137. 7812. 16891.
  • dienestbsere adj. 5963.
  • dienesthaft adj. 2408.
  • diet stf. 7104.
  • diezen stv. 4044. 4865.
  • dicke adj. 1267.
  • dicke ade. 278.
  • din gen. des Personaler. ■=nhd. dein,
  • deiner.
  • dingen stvv. 8202.
  • dinc stn. 25. 107. 1206. plur. 1238.
  • alle siniu d. 701. in (unter) disen
  • dingen 2399. wildiu d. 17455.
  • dirre juro«. = disere, dieser.
  • dis vereinzelt in der Senkung= dise,
  • disiu.
  • discantoit franz. 17375.
  • distel stm.i nfid. stf. sing.
  • distelin adj. 18078.
  • dit franz. 742.
  • diu fem. nom sing. u. neutr. plur. von
  • der, nhd. die. — diu correl. 17973.
  • diu instrument. von daz. diu geliche
  • 135.- 151^9. 15918. unter d. 2618.
  • von d. 123.
  • diube stf. 12298.
  • diuhte prcBt. conj. von dünken.
  • dö adv. demonstr. 470. wie dö 5225.
  • conJ. 303.
  • doch adv. demonstr. 110. 18469. und
  • doch 93. conj. 109.
  • dolen, doln swc. 12602.
  • dön stm. (3246).
  • dcenen swv. 3586. 4790.
  • dorfte prost, von dürfen.
  • dorperheit stf. 15485.
  • dorperie stf. 16620.
  • döz stm. 9053.
  • döz praet. von diezen.
  • drsejen swv., prcet. drsete. 10900.
  • dräte adv. 6134.
  • driakel stm. 9440.
  • drien swv.l pari, gedriet adj. 1828.
  • drihe swf. 6559.
  • drin dat. von dri::=drin, nhd. dreien.
  • driu neutr. von dri.
  • drö stf 6436.
  • drüe franz. 19217.
  • drungen prat. pl. von dringen, =
  • drangen.
  • dühte pr(£t. von dünken,
  • duin franz. 3267.
  • duc franz. \i d. 332.
  • düme swm.=: Daumen stm.
  • dunkelin stn. 13058.
  • duo adv.=dö.
  • dur proep. = durch.
  • durch pra-p. 5782. 5791. 13990. d.
  • daz 87.
  • durchliuhtic adj. 4900.
  • durchliiter adj. 11730.
  • durnähte adj. 1166.
  • durnähte stf. 15746.
  • durnähtekeit stf. 5761.
  • durnähteclich adj. 12451.
  • durnähtic adj. 16790.
  • dürre stf. 17343.
  • dürfen swo. anom. 2667.
  • duz st/n. 17167.
  • duze franz. 3267, duz 10721.
  • e adv. = ehe, eher, e niäles = "A^-
  • mals.
  • e stf. 11862. 15298. 16694. gotes e 8191.
  • eben, ebene adj. 4659.
  • eben- 248. 10874.
  • ebene ado. 56. 5689. 6685. 7409.
  • ebenen swv. 457.
  • ebengelich adj. 4987.
  • ebengröz adj. 248.
  • ebenguot adj. 10874.
  • ebenher adj. 4387.
  • ebenlieht adj. 6638.
  • ebenmäzen swo. 8100.
  • ebenrich adj. 4988.
  • ebenwillic adj. 4523.
  • ebenziere adj. 49S8.
  • edelen swv. 174.
  • edelich adj. 2855.
  • edelkeit stf. 5025. 6051.
  • egeslich adj. 8973.
  • ehaft adj. 8205.
  • eigen adj. subsf. stm. 6087.
  • eigenschaft 5^/. 6112. 17048.
  • eigenschalc stm. 6150.
  • eilif Zahlw. = eilf, elf.
  • eime, eim=eineme, einem,
  • ein öfters = einer, eine, einez. —
  • unbest. Art. 8799. 11225. im Plur.
  • 5399. (17892). neutr. über ein 5687.
  • under ein 10933. s. enein adv. des
  • al ein 11582 (?).
  • eine adj. 1163. 1486. 11446. in eine
  • Sit 6885. al eine 1272. s. alterseine.
  • EINE
  • ERBEMINNE
  • 329
  • eine, al eine udv. conj. 222.
  • einbsere aclj, 2391.
  • einbiereliche ado. 911.
  • eine atf. 1S148.
  • eines ade. 11637. 12838.
  • einhalp adv. 14430.
  • einic adj. 7724.
  • eincede sahst. 1274.
  • eintweder conj. s= entweder.
  • einungc stf. 12178.
  • einvalt adj. 11720. 13657.
  • einvalte stf. 16936.
  • einvaltecliche adv. 19398.
  • einwic stni. .5972.
  • einzel adj. ^= einzeln.
  • einzelinc adj. 19242.
  • eischen slv. pr. iesch. 12642.
  • eiten swv. 4891.
  • eiter stn. 15063.
  • eiterin adj. 15064,
  • citerslange swm. 15092.
  • eliche adv. •= ehelich.
  • eilen stn. 7010.
  • eilende adj. 2481.
  • elliu fem. u. pl. neutr. von al.
  • emzekeit stf. = Emsiykeit.
  • en- proklitische Negation s. -ne.
  • en- öfters =^ent-, aiich=:Hhd. em-.
  • en prcep. franz. 19218.
  • enbären swv. 12385 (?).
  • enberen, enbern stv. 117. 3366.
  • enbesten sii-v. 2811.
  • enbir 1. pers. praes. von enbern.
  • enbizen stv. 11462.
  • enbor adv. enb. gen 13594.'
  • enbrinnen stv. 17579.
  • enbute prcet. conj. von enbieteu,=
  • entböte.
  • ende stn. 2901. 16168. des endes 5346.
  • manegen enden 11807. swelhen
  • ende 2511. swelhen enden 6020.
  • mit einem ende 2013. von ende
  • 3311. e. nemen 8922. ze e. komen
  • mit gen. 10605.
  • ende- 1934.
  • endehaft adj. 9616.
  • endeclich adj. 3761. 5072.
  • endecliche adv. 13655.
  • endeliche adv. 3101.
  • endelös adj. superl. endelöst 12285.
  • endenöt stf. 12940.
  • endetac stm. 1934.
  • endezil stn. 10902.
  • enein adv. 396. 820. eneine 410. s.
  • ferner die Verla gän. gehellen.
  • komen. tragen, triben. werden,
  • enge stf. 17347.
  • eugegene adv. da eng. 10907. eng.
  • machen 559.
  • engen swv. 10909.
  • enkel stm. 2640.
  • enkelin stn. 15664.
  • enkern swv.:=ankern (7413).
  • enmitteu adv. 4855.
  • enph- öfters, ^=entf-.
  • enrihte adv. 3070. 6840.
  • ensament adv. 13859.
  • enterben stvc. 2034.
  • enthaben swv. reff, mit gen. 17973.
  • mit prvep. an 12145.
  • entlierzen swv. 11892.
  • entlesteu swv. 2914.
  • entnsejen swv. 2872.
  • entrennen swv. 2875.
  • entrinnen stv. vor entr. 9040.
  • entriten stv. 2698.
  • entriuwen adv. 1037.
  • entsagen su-v. 12449.
  • entschumpfieren swv, 18917.
  • entseben stv. 845.
  • entsitzeu stv. 11047.
  • entsllezen stv. 16928. ■
  • entsorgen swc. 79.
  • entstän, enstän stv. refl. 1077.
  • entstricken swv. 9406.
  • entwseten swc. 2871.
  • entwelen swv. 16679.
  • entwenken swv. 11783.
  • entwerden stv. 17308.
  • entweren, entwern swv. 9570. 12272.
  • entwerfen stv. 3083. 17301.
  • entwesen stv. 18603.
  • entwichen stv. 4530. 11242. 11854.
  • 14078.
  • entwürken swv. anoin. 9093.
  • envollen adv. 18866.
  • enwec adv. 2933.
  • enwette adv. 16897.
  • enwiderstrit ade. 623.
  • enzelt adv. 8950.
  • enzwischen prcep. 3953.
  • er- in Verben 1735.
  • er stn. 16149. 16702.
  • erbsere stm. 10567.
  • erbsere adj. 419.
  • erbarmekeit stf. 4269.
  • erbärmeclich adj. 1764. compar.
  • 1743 (?).
  • erbärmecliche adv. 12854.
  • erbe- 16848.
  • erbeiten swv. 1438.
  • erbeizen swv. 3324.
  • erbeigen stv. part. erbolgen adj. 765.
  • erbeminne stswf. 19183.
  • 330
  • ERBEN — GA
  • erben swv. 5193. 5850. 8507.
  • erbepfluoc stm. 16848.
  • erbesmerze swru. 19131.
  • erbevater stm. 4299.
  • erbevogetin stf. 11769.
  • erbiben swv. ^= erbeben.
  • erbieten stv. 1.537.
  • erbiten stc. mit acc. 946 (?). 7nit acc.
  • u. gen 14002.
  • erbiten part. tind preßt, plur. von er-
  • biten.
  • erbiten stv. 3080.
  • erblenden sicv. 1037.
  • ere stf. 487. 5800. lip und e. 1243.
  • üf die e. nemen 5035. swf. perso-
  • nificiert 11766.
  • ere dat. von er.
  • eregir adj. 413.
  • eren swv. mit gen. 43S1. reß. 15695^
  • ergälien swv. 2764.
  • ergän, ergen ste. intrans. 1321. un-
  • pers. 5804. frans. 7275.
  • ergoucben swv. reß. 1035.
  • ergraben ptart. adj. 2225.
  • erhaben ^ar^ von erheheu, = erhoben
  • (adj. = nftd.).
  • erhallen stv. 12908.
  • erheben stv. 1862.
  • erhellen stv. 9058.
  • erholen, erholn swv. refl. 4439.
  • erin adj. 16733.
  • erkalte prait.=: erhaltete.
  • erkant part. adj. 461.
  • erkennen swv. 120. 450. refl. 5254.
  • 5410.
  • erkomen stc. 3224.
  • ex'kOTVipart. adj. üz erk. mit gen. 7743.
  • erküelen swv. 17154.
  • erkunnen swv. 1253.
  • erlachen swv. 13206.
  • erlangen swv. unpers. 8905.
  • erläzen, erlän stv. 5426. 5896. 11855.
  • erleschen swv. 8299. 16399.
  • erliegen stv. an erl. 16158.
  • erloufen stv. 3447.
  • er'm = er im.
  • ermel stm. 2845. 15740.
  • ern = erne, er ne (Negation).
  • er'n = er in.
  • erneren, emern swv. 330. 6949.
  • ernest stm. = Ernst.
  • ernestkreiz stm. 6754.
  • ernoeten 510». 12897.
  • erre adj. comp. 10555.
  • erscheinen 51t'». 2334.
  • erschellen stv. 7017.
  • erschrien stv. 16032.
  • crschrockenliche udv. 12785.
  • evschuUen pra2t. plur. von erschellea.
  • ersenden swv. 19537.
  • ersiuften swv. an ers. 784.
  • erslahen stv. 1142.
  • ersmieren swv. 149.59.
  • erspringen stv. 4738.
  • er'st = er ist.
  • erste adv. 8318. von erste 313.
  • ersteinen swv. 172s.
  • ersterben stv. 1232.
  • ersterben sivv. 1472.
  • erstummen swv. 1735.
  • ersuochen siov. 19543.
  • ertagen swv. 8272. unpers. 7107. 15233.
  • erteilen swv. 9966.
  • ertceten swv. 12898.
  • ertrahten swv. 14389.
  • ertrenken swv. 11115.
  • ertriegen stv. 13008. an ertr. 11592.
  • ervaren, ervarn stv. 8449. 12762. 13673.
  • ervinden stv. 8866. 15381.
  • erflammen swv. 17598.
  • erflehen swv. 18037.
  • ervorhten 2^cirt. adj. 13099.
  • erführten swv. 8378.
  • erwecken swv. 3847.
  • erweit part. adj. 4901.
  • erwenden swv. 1249 (14006 Hs. M).
  • erwerben stv. 1231.
  • erweren, erwern swv. 10384. 15999.
  • (erweten stc. 946?)
  • erwinden stv. 2641.
  • erwünschet pjart. adj. 6670.
  • erzenie stf.=Arznei.
  • erziehen stv. 7049. 19421.
  • es gen. von ez 9.
  • eschin adj. ■^eschen.
  • esterich stm. 11193.
  • et franz. 3138.
  • et ade. 302. 12838. conj. 14221. et
  • daz 14216.
  • ete-, etes-, ets-=w//rf. et- [nur ete-
  • verzeichnef^.
  • etelich adj. 199. 7634. 13582. etel.
  • der 15337.
  • etewä adv. 8960. 8969.
  • etewar adv. 7748.
  • etewenne adv. 8380. 8960.
  • etewer pjron. 759.
  • etewie adv. 8380.
  • even sicv.] part. gevet 17966.
  • ezzich stm. 11223.
  • g- öfters = ge- in Verben.
  • gä imper. von gatn, =geh.
  • GABE
  • GEGUNNEN
  • 331
  • gäbe stf. 4866.
  • gsebe adj. 12617.
  • gkch adj. mir ist .g. ol8o. alles
  • gähes 12348.
  • gagenwürte = gegen würte.
  • gaehe adj. 314.
  • gäheu swv. 5554.
  • gähes rtrfr. 4267.
  • galander stm. 16895.
  • galle su\f. 2015.
  • gälois adj. 3625. a7<667. 368H.
  • Gälois stm. 3511.
  • Gälotte swrn. 3676.
  • gan 1. u. 3. jjers. prois. von gunneu,
  • gönnen,
  • gän, gen stv. 5295. 5451. 8278. abe
  • g. 1235. 16092. unpers. 16073. ane,
  • an g. 1172. 2324. 2792. not an g.
  • 7161. enbor g. 13594. in g. 537.
  • irre g. 28. mite g. 2064. 6523. über
  • bort g. 5246. üf den rucke g.
  • 5491. vür sich g. 2178. ze beine
  • g. 6486. enein g. (geliche, un^e-
  • liche) 707. 19304. g. läzen .5054.
  • hine g. 1. 8943. 13530. umbe g. 1.
  • 10280. ze einer hant g. 1. 16518.
  • gangen ^ja?-f. = gegangen 2378.
  • ganc imper. von gän, = geh.
  • ganzlich adj. 337. 1076. '
  • gar adj. 5956.
  • gar adv. 795.
  • garte su"m.-= Garten stm.
  • gartet parf.:= geartet,
  • garwe adv. 1298.
  • garzi'm stm. 5057.
  • gast stm. 5492. 11985.
  • gästlichen adv. = gastlich.
  • gaz pra;t. 17964.
  • ge- in Verben 35. 145. — für l'erfect-
  • hegriff 35 (?). 93 (?). 145. 447. 1594.
  • 2701. 8073. 8612. 12240. 16565. 17892.
  • für Begriff der Wiederholung 9204.
  • für Flusquamperfect 356. 436. 635.
  • 967. 968. 3457. 5559. 6695. 12636.
  • 16144. 18931.
  • gearten swv. 11642.
  • gebalsemet part. adj. 16835.
  • gebär stm. 714. 2056.
  • gebaerde stf. 8030. 8769.
  • geba?rdehalp adv. 6720.
  • gebaere adj. 198.'!. gote geb. 2622.
  • gebären swv. 1916. subst.inf. stn. 2850.
  • gebartet adj. part. 2624,
  • gebe stf. 2610.
  • gebeidet adj. part. 13770.
  • gebecken swv. 9204.
  • geben stv. 384. 18345. herze g. 2662.
  • ze künde g. 154. ouge g. 1032.
  • eine stille g. 8799. swert g. 5733.
  • 7086. an äventiure g. 6162. an
  • die wäge g. 6098. zil g. 5072. üf
  • g. 5210.
  • geben ^;lar^ = gegeben,
  • geben stvv. (V) 12745.
  • gebende stn. 17608.
  • geberc stn. 14608.
  • gebieten stv. 18959. mit dat. 1420.
  • ■mit acc. 1376. 3331. 7222. eit geb.
  • 15717. an den lip geb. 3516.
  • gebilden sivv. 6894.
  • gebitelos adj. 12363.
  • gebiten stv. 15319.
  • gebiten part. von biten, gebiten.
  • gebiten stv. 2514.
  • gebluot adj. (part.?) 17356.
  • geborn jjart. an einem geb. sin 997.
  • gebot stn. 6480. geb. leisten 15437.
  • mit geböte nnd (noch) mit bete
  • 525. 6252.
  • gebrechen stv. 18931.
  • gebreste swrn. 10076. 10081.
  • gebresten stv. 11279.
  • gebriten part. von briten.
  • gebrucken swv. 11816.
  • gcbürte gpn. u. dat. von geburt.
  • geburteclich adj. 2025.
  • gedanc stm. pl. sw. gedanken 3594.
  • inneclich gedanc 4769. in gedanke
  • bringen 8511.
  • gedanchaft adj. 272.
  • gedelt _pö/Y. = geedelt.
  • gedenken swv. 3522. mit dat. v.prap.
  • au 14994. dar zuo g«d. 7747.
  • gedienen swv.. 447.
  • gedihte adv. 13054.
  • gedihtecliche adv. 1209.
  • gedinge swmi. 1186. üf den gedingen
  • 9182.
  • gedoene stn. = Getön.
  • gedraet part. = gedreht.
  • gedriet pa)'t. adj. 1828.
  • gedrücken swv. 9007.
  • gedunken siov. anom. 2238.
  • geenden swv. 1621.
  • geevet] gevet adj. part. 1796G.
  • geezzeu] gezzen stv. prost, gaz 17964.
  • gegän stv. mite geg. 6353.
  • gegen pira;pj. mit dat. 6157.
  • gegenwürte siibst. ze gegeuw. 6347.
  • gegeren, gegern swv. 12606.
  • gegiezen stv. 19442.
  • gegunnen srcv. anom. 2370.
  • 392
  • GEHABEN
  • GEMEREN
  • gehaben swv. 2706. 31G6. 11610. hin
  • üf geh. reß. 16946.
  • gehalten sto. 29S1.
  • gehäret adj. part. 2624.
  • geharphen awv. 7753.
  • gehaz adj. 1140(>.
  • geheiz stin. 13358.
  • geheizen stv. 1405.
  • gehelen, gehein sto. 13714.
  • gehellen ^to. mit dat. 4508. 16706.
  • enein geh. 892. under in geh. 11848.
  • gehellesam adj. 2018. 4538.
  • gehelfe sicni. 1466.
  • gehelfen xtv. 7781.
  • geherbergen swe. 35.
  • geherze adj. 13343.
  • geherzen sivv. 6152.
  • geherzet arf^'.joar/. 118. part. adj. 9228.
  • gehtenen swv. 9288.
  • gehoeren swv. 230.
  • gehouwen stv. 3308.
  • gehüeten swv. 17878.
  • geil adj. 8319.
  • gein ^/•a?/>. = gegen,
  • geisötet] gisotet adj. part. 19010.
  • geistliche adv. (?) 2647.
  • gejägede stn. 14361.
  • gejagen swv. 18828.
  • gekeren swv. 356.
  • geklagen swv. 1485.
  • gekielt par^ = geklaget,
  • gekielt j3arf. = gekleidet,
  • gekrüspet part. adj. 3335.
  • gel adj., gen. gelwes,= gelb .
  • gelange swrn. 12368.
  • gelangen swv. unpers. 12370. 17595.
  • gelangte adj. 10072.
  • gelante prcet. von gelenden,
  • geläz stm. 964.
  • geläzen, gelän stc. 6159. 11259.
  • geläzen subst. Inf. stn, 6026.
  • geleben swv. 3974. 7432.
  • gelegen SK». 30.30.8473. nider gel. 9604.
  • gelegen part. adj. 8469.
  • gelegenheit stf. 3433. 7667.
  • geleisten swv. proet. geleiste 126.36.
  • geleit part. = geleget.
  • geleit _/3a/-<. = geleitet,
  • geleit prcet. von geliden.
  • geleite swm. 2366.
  • geleite stn. von dem gel. 291.
  • gelende stn. 2152.
  • gelenden swv. 11661.
  • geleren swv. 734.
  • gelernen swv. 2089.
  • gelert part. adj. 13882.
  • gelesen stv. 165.
  • gelich, glich adj. = fjleic/i.
  • (geliche swm. 18188?)
  • geliche, gliche adv. 150S1. al gel.
  • 2448. diu gel. 135. 15169. 15918.
  • geliehen swc. 8089.
  • geliehen swv. 4596.
  • gelichsenen swv. 1918.
  • gelide, geliden gen. u. dat. plur. con
  • gelit.
  • geliden stv. 973.
  • gelieben plur. von geliep.
  • gelieben swo. 183. 7675.
  • geliegen stv. 8710.
  • geliep adj. 12987. 16825 plur. subst.
  • die gelieben 4270.
  • geligen stv. 6104. 8324.
  • gelimpfen swv. 15620.
  • gelingen stv. unpers. 407.
  • gelip adj. 9872.
  • gelit stn., gen. gelides, = Gi^VJ.
  • gelit = geliget,
  • geliune stn. 4033.
  • geloben swv. 3376.
  • gelönen swc. 5492.
  • geloesen swo. 2894.
  • geloube swm. =^ Glaube.
  • gelouben swv. 4528.
  • geloubet part. adj. 3149.
  • geloubic adj. 13908.
  • gelten stv. 270. 275. 360. 10157.
  • gelübede stf. 6368.
  • gelücke stn. = Glück.
  • gelüppe stn. 7272.
  • gelüppet part. adj. 6947. 15752.
  • gelust stf. 7015.
  • gelüste swm. 17771.
  • gemach adj. subst. neutr. wunders
  • gem. 8251.
  • gemach stn. 1274. 15130.
  • gemache ado. 12602.
  • gemachen swv. 13946.
  • (gemächlich adj. 15129?)
  • geman adj. 9194.
  • geman adj. = nhd. gemahnt.
  • gemäzen swv. reß. 12144.
  • gemäzen proit. plur, von gemezzeu,
  • mezzen.
  • gemeiet adj. part. 18094.
  • gemeinde stf. 16611.
  • gemeine adj. 1361. 7696. 16447. 17725.
  • gemeine adv. al gem. 2255.
  • gemeine stf. 8014. 18665.
  • gemeinen swv. 13919.
  • gemeinlich adj. mit gemeinl. Sachen
  • 5713. nach gemeinl. Sache 15129.
  • gemeinliche adv. 2272.
  • gemeren swv. 355.
  • GEMERKE — GESIGEN
  • 333
  • gcmcrkc stn. 7422.
  • gcmerkcu sicv. 2740.
  • gemezzeu stv. 4li(>.
  • geminnc adj. 12948.
  • geniinnen swv. 10494. 1392Ö.
  • gomiscliet ;jar^ adJ. 17570.
  • gemuot adj. ti824. 9873. 13343. höhe
  • gem. 5S93.
  • gemüete stn. ,5643.
  • gemuoten swv. 15953.
  • gemuothaft adj. 6130.
  • gemuotheit stf. 953. — s. Namen-
  • verzeiclniiss.
  • genade .xC/. 1543. 10221. genäden
  • wünschen 1783.
  • genaedeclich adj. 2G53.
  • genäden swv. 12125.
  • genähen svv. 7044.
  • genaeme adj.-=genehiu.
  • genant 2Jart. von genenden ; genante
  • j)roet.
  • genant 2)art. = nlid. yenannt.
  • genoeren 2J7'a^t. j'lur. conj. von ge-
  • nesen.
  • genDete part. (f); subst. (?) 2632.
  • genemen stv. 287. ende gen. 8922.
  • an gen. reß. 967.
  • genenden sti-v. 9121. 10562. 18063.
  • genenne adj. 13098.
  • genennen swv. 5436.
  • generen, genern su-r. 7770.
  • genesen stv. 66. 2529. 7847, vor gen.
  • viit daf. 6141.
  • genigen str. 2682.
  • genise 1. ^^er*. pras. von genesen.
  • genist stf. 6.302. 16112.
  • geniste stn. 8612.
  • genisten sivv. 8612.
  • genöte adv. 7211.
  • genöz stm.=: Genoß, Genosse sivm.
  • gent franz. 16704.
  • gentil franz. 3353.
  • genuoc adj. 322. neutr. 9626.
  • genuzze prcct. conj. von geniezen, ^
  • ;/enösse.
  • gejjflegen stv. 14001.
  • geprüeven sur. 4582. 4849.
  • geprüevieren swv. 4975.
  • ger stf. 242. 452. richiu g. 5892.
  • ger prcrs. conj. von geren, gern.
  • gerade adj. Wim. 16856.
  • gerate stn. 4966.
  • geraten stv. 93. 5559'. 9641. 12436.
  • gerechen stv. 281:}.
  • gereden swv. 1459.
  • gereise svm. 9370.
  • gereit adj. 8321.
  • gercitc adv. 15505.
  • gereite stn. 93.36.
  • geren, gern swv. 94.
  • gerihte stn. 15339. 15515. 15524. 15528.
  • 18247. 18698.
  • gerihten swv. 15378.
  • geringen swv. 76.
  • gerinc stm. 188.
  • geriten part. adj. 2577. 3414.
  • geriteu stv. 3434.
  • geriuwen stv. 4156.
  • gerne o.dv. 13157. compar. gerner
  • 13952.
  • gerochen part. 15449 (v).
  • gerüeren suv. 849.
  • gerümen swv. 9445.
  • gerüne stn. 11199.
  • geruochen swv. 1533. 2721.
  • geruowen swv. 9072.
  • gerüste stn. 17001.
  • gesagen swv, 1226.
  • gessejen, gessen swv. 12240.
  • gesät part. von setzen,
  • geschach 2JfCEt. = ffsscfiah.
  • geschaden stov. 18782.
  • geschäfede stn. 4500.
  • geschaffen stv. 296.
  • geschaffte adj. 7928.
  • gescharaen swv. reß. 8805.
  • geschehen stv. 14876. mir geschiht
  • 7nU inf. bei pra;p. ze 15475. 17773.
  • mir gesell, not 15494.
  • gescheiden stv. 17296.
  • gescheiden part. von scheiden, = ^c-
  • scltieden.
  • geschelle stn. 2769.
  • geschepfede stn. 4070.
  • geschiht \'i.2)ers.proes. von geschehen,
  • geschiht stf. 215. 2421. verholne
  • gesch. 14246.
  • geschribeh stv. 15821.
  • geschulden swv. 512.
  • gesegenen swv. 787.
  • gesehen stv. '635. 10774.
  • geseit ;>ar^ =gesaget.
  • geselle swm. (1417). 4587. des hasen
  • ges. 4636.
  • gesellekeit stf. 1431. 3389.
  • geselleclich adj. 516.
  • gesellecliche adv. 6963.
  • gesellen swv. gesellet sin 5081. 19496.
  • geselleschaft stf. 3487. 8206.
  • gesellin stf. 14016.
  • gesenften sivv. 14464.
  • gesetzen .uov. 6707. 18030.
  • gesigen swv. 12530.
  • gesigen part. von sigen.
  • 334
  • GESIHT — GEPROMEN
  • gesiht stn. 12352.
  • gesin anom. v. 514.
  • gesinde stn. 3640 (':*).
  • gesinden swv. reß. 252S.
  • gesingen sto. 4815.
  • gesinne adj. 15473.
  • gesinnet part. adj. 4922,
  • gesippe adj. 10654.
  • gesint st in. 3640 (?).
  • gesite adj. = nhd. gesittet.
  • gesitzen sfv. 6698.
  • gesläfe sw7)i. 17479.
  • gesläfen sto. 3652.
  • geslahen sto. 8073. 10244.
  • gesiebte st n.=z Geschlecht.
  • gesliffen part. adj. 9026.
  • gesmide stn. 16343. 16715.
  • gesmogen part. in gesm. part. adj.
  • 6666.
  • gesorgen swo. 12705.
  • gespenstekeit stf. 1735S.
  • gespenstic adj. 1408.
  • gespil swm. 12604. swf. (?) 17352.
  • gesprechen stv. 6356. vor gespr. 7260.
  • gesprengeu swv. 738. vor gespr. 4482.
  • gesprenget part. adj. 10931.
  • gespunnen part.-=^ gesponnen.
  • gestalt 7y«r<. =gestellet. — wol gest.
  • part. adj. 15349.
  • gestän, gesten sto. anom. 844. 6778.
  • 7845. ze muote gest. unpers. 12157.
  • ze staten gest. 2413. gest. läzen
  • 15523.
  • gestanden part. adj. 6488. 9229.
  • gestaten swo. mit gen. 1238.
  • geste stf. 8946.
  • gesteclien sto. 16144.
  • gestegen swo. 11816.
  • gesteine stn. 2223.
  • gesteinet part. adj. 16951.
  • gestellen stoo. 4802.
  • gesteil et/)a/-^. wolgest.par/. arfy. 3337.
  • gesten swo. refl. 12387.
  • gester adv.=gestern.
  • gestigen sto. 14615.
  • gestirne stn. 14247.
  • gestözen sto. 7046. üz gest. 2153.
  • gestreichet part. adj. 10999.
  • gestrichen part. adj. 10365.
  • gestüele stn. 17182.
  • gesuochen swo. 7882. 15742. 18118.
  • geswäsliche adv. 10701.
  • gesweren, geswern stv. 13786.
  • geswichen stv. prcct. gesweich, part.
  • geswichen. 1295.
  • geswigen stv. subst. inf. stn. 8793.
  • geswinden sto. unpers, 1424.
  • getaget pari. adj. 2623.
  • getan part. adj. sus get. 977. wie
  • get. 14386.
  • getar prtes. von geturren.
  • getelös adj. 18044.
  • geteidingen swv. 11046.
  • getihte stn. = Gedicht.
  • getraben swo. 4661.
  • getragen sto. enein getr. 1366. vür
  • getr. 6204. ^tr. rerf. 472. 684.
  • getreit 3. pers. jt>r«;.v. = getraget,
  • getreten sto. 2053.
  • getriben sto. 5603. 17875.
  • getrinken sto. 11443.
  • getriuwelicli adj. 5209.
  • getrüeben swo. 10358.
  • getrüwen swv. 12808.
  • getuon sto. anom. 658. 17401.
  • geturren swo. anom. 1226. 3537.
  • getwanc stm. 2083. 6274.
  • getwerc stn. 14242.
  • geüeben swv. 10353.
  • geuneren swv. 6137.
  • geunmseren swo. 14099.
  • geunsinnen swv. 10396.
  • gevähen sto. 2969. 7276. 7835. 16514.
  • an gev. 4589.
  • geval stm., gen. gevalles. 17962.
  • gevpelen swo. 16949.
  • gevallen .5^«;. 15. 16. 1036. 6094. 9677.
  • 13107. 12434. (16949?).
  • gevallesam adj. 2002.
  • gevar adj. 4679.
  • gev^re adj. 13856.
  • gevaren, gevarn stv. 1815. 1819.22701.
  • gevären swo. 8452.
  • geveder adj. 10961.
  • geveigen swv. 6456.
  • geveilen swv. 9896. (16949?)
  • gefeitieren swv. 10846.
  • gevelle stn. 2770, 9928.
  • geveilen swv. 3457.
  • gevellic adj. 5420.
  • geverte swm. 2363.
  • geverte stn. 8248. 8787. 8790. 10580.
  • 17083,
  • gevidert part. adj. 5243.
  • geflizen sto. refl. 13806.
  • geflizzeu part. von flizen.
  • gevolgen sii:o. 102, 9290.
  • gevolgic adj. 6958,
  • gefranzet part. adj. 10909.
  • gefreischen stv. 8250.
  • gefristen swv. 1879.
  • gefriunt adj. 9194. 13471.
  • gefriunt stm. 16670,
  • gefromen swv. 5465,
  • GEFKOÜWEN — GRA
  • 335
  • gefröuweu, gefrüuu sivv. 16379.
  • gefüegc ndj. 4605. 4821.
  • gefüegeu sicv., prent, gefuogte 7844.
  • 157y5. refl. 3503. 6707.
  • gefuoge stf. 5423.
  • gefuogheit stf. 15902.
  • gefuocliche adv. 15884.
  • gefürdern swo. 8178.
  • gewahen sto. 765.
  • gewähenen swo. 13747.
  • gewac prcet. von gewegen.
  • gewahsen sto. 1239.
  • gewahsen pari. wol. gew. part. adj.
  • 4399.
  • gewalt st)it. 269.
  • gewaltaerinne 5^/. 959.
  • gewalten swt. 11.''07.
  • gewaltessere stm. 11031.
  • gewandeshalp ado. 4028.
  • ge wanken (gewenken?) sue. abe
  • gew. 1594.
  • gewant part. gew. sin pers. 18958.
  • unpers. 5121. 14837. mir ist gew.
  • 1657. 1874.
  • gewar adj. 2733.
  • gewar prcet. von gewerren.
  • gew£ere adj. 4288.
  • gewärliche ado. 6398.
  • gewarnet part. adj. 5309.
  • gewsefene stn. 6506.
  • gewegen s(v. unpers. 971. üf gew.
  • reß. 9140.
  • gewegen stsicv. 2864. 11815.
  • gewelbe stn. = Gewölbe.
  • gewellen swv. ano)n. 164.36.
  • gewenden sivv. 1622.
  • gewerben ste. 1815.
  • gewerden sto. 2654.
  • geweren, gewern sico. 2214. gewert
  • sin 4907.
  • gewerldet part. adj. 44. 65.
  • gewerp stn>. 10461.
  • gewerren sto. 14203. 18286.
  • gewesen stv. 1234.
  • gewete swm. 16322.
  • geweten part. 17117.
  • gewinnen sto. 2.300. 10398. abe gew.
  • 2942. 6248. an gew. 6941. 7596.
  • gewia adj. 16431. gew. tuon 326.
  • gewisen sivo. 3852.
  • gewislich adj. 7361.
  • gewissen swo. 6497. 10524.
  • gewizzen swo. anom. 18296.
  • gewollen part. üf gew. part. adj.
  • 10898.
  • gewon adj.-=nhd. gewohnt.
  • gewoueheit stf.z=('ifeivohnheit.
  • gewonlieh adj. 966.
  • gewuoc pr(et. von gewahen.
  • gewürhte stn. 2534.
  • gewurzen swo. 17892.
  • gezagel adj. 15099.
  • gezam prcet. von gezemen; gezaeme
  • conj.
  • gezseme adj. 5398.
  • gezeigen sivo. 6088.
  • gezemen ste. mit dat. 968. 3546. un-
  • pers. mit acc. u. gen. 3145. 7976.
  • 10069.
  • geziehen sto. 12456. in gez. reß. 18773,
  • gezierde stf. 17135.
  • gezigen part. von zihen,= geziehen
  • oder sw. gezeiht.
  • geziuc stm. i)4583. 2)18268.
  • gezoc stm. 5328.
  • gezweiet part. adj. 9678.
  • gezwivelen swo. 1250.
  • gezzen/>n/'/. = geezzen,nÄf/. gegessen.
  • gibe 1. pers. pries, von geben.
  • gie />/Yt^ = gienc.
  • giel stm. 8981.
  • gieze swm. 14621.
  • giezen sto. 4669.
  • gige sv:f. 11365.
  • gihe, gihest, gibt prois. von jehen.
  • gilte projs. von gelten.
  • gimme swf. 1906.
  • gir stf. 1936.
  • giric adj. 6860.
  • giselschaft stf. 9983.
  • git = gibet.
  • gitecliche ado. 16147.
  • glaseväzzelin stn. 11438.
  • glast stm. 9379.
  • glesin adj. gl. vingerlin 16874.
  • gleste stf. 17071.
  • glesten swo. prcet. gleste (566.) 9.384.
  • gloie swf. 11126.
  • glöse stf. 4687.
  • goife swf. 6668.
  • gorge swni. 2982.
  • got still, pl. gote. — g. segene interj.
  • 13694. sam mir, semir g. interj.
  • 1055. so dir g. interj. 7070. so
  • helfe in g. interj. 2229. weiz. g.
  • interj. 276. gotes e 8191. gotes
  • kint 2625. in gotes haz interj.
  • 5449. gote gebtere 2622.
  • gotelich adj. 15659.
  • goteliche adv. 1963.
  • gotinne stf. g. Minne 4807.
  • gouch st7n. 8631. 13415
  • güz stn. 16947.
  • gra adj. 10931.
  • oob
  • GRAN
  • HEINLICH
  • grau stf. 15831.
  • gicif prcc f. von grifen, = 5rn^.
  • greifen sivv. 13.')93.
  • griez slm. 13278.
  • grif stm. 9025.
  • grifen stv. 935. an gr. 3750.
  • grimme adv. 9054.
  • grinen stv. 15890.
  • grise adj. 15351.
  • griuwelich ad j.=^ greulich.
  • groz adj. gröze und kleine 326G.
  • gröze adv. 607.
  • grüene stf. 16975.
  • grundelos adj. 9367.
  • grünt stm. von gründe 10747. ze
  • gründe 8239.
  • gruonen swv.=grünen,
  • gruoz stm. 3565.
  • guldin adj. =golden.
  • gälte sff. 353.
  • gun- öfters ^=g&xi.Vi-.
  • gunnen swv.anora. prent, gunde. 4873.
  • güeten swv. 17907.
  • guot adj. 5. 1234. 14260. guoter kneht
  • 1668.5416. guote war 3317. mit folg.
  • Part. 172. ze guoter mäze 2576. —
  • subst. 2. 92. in g. 5. 7. mit guote
  • 3201. ze guote 1.
  • guote adv. 5236.
  • guoten SU.T. 12190.
  • guotlich adj. 8796.
  • guotliclie adv. 2676.
  • gurte prcet. = gürtete.
  • habe stf. i)2971. 2)SS9.
  • habecli stm. = ffabichi 2204.
  • haben swv. prcet. habete (im Einzel-
  • nen unentschieden) 5365. mit dat.
  • 5710. 8218. dar h. 10446. üf h.
  • 1186. an lant h. 8775. die sinne
  • h. 15095. hin h. reß. 11574. wider
  • h. refl. 11839. — haben, hän swv.
  • prcet. indic. v. conj. haete. 5395.
  • 8439.. mit adj. 2146. 19160. haz h.
  • 4423. an dem Übe h. 9486. rät h.
  • 10412. rät h. mit gen. 4926. ze
  • werde h. 722. war h. 2449. zit
  • h. 7491. — Hülfsu'ort für fut. exact.
  • 4476. bei volgen 14741.
  • haft adj. 851. ^
  • haft stm. 17041.
  • haft stf. 2881 (?).
  • hafte prciei.=^haftete xi.=-heftele.
  • hage stf. 47.
  • hagen stnt. 17865.
  • hal pra't. von helen.
  • halbe swf. dat. pl. halben 3003. von
  • — halben 1810.
  • hsele adj. 11837.
  • hselinc stm. 12700.
  • halde swf. = Halde stf. sin/j.
  • halp adj. fuoz noch halben 1682.
  • halbe bone 15995. subst. neutr.
  • halbez 16235. jA. die halben 18305.
  • — adv. in einhalp u. a.
  • halsperc stm. 4933.
  • hältürlin stn. 9326.
  • handelen swv. 7765. 15887.
  • hant stf. gen. v. dat. hende neben
  • hant, vereinzelt dat. hande. pl.
  • hende u. hande. — die hende vür
  • sich twingen 2672. die hende val-
  • ten 5437. hant von hande 1639.
  • h. wider hende 9967. an der
  • hant 8713. ze h. 9937. zer ergeren
  • h. 15407. in die h. nemen 9597.
  • ze banden nemen 4978. 19230. ze
  • einer hant keren 10326, läzen 14223,
  • gän läzen 16ö]8. — einer hende
  • ade. gen. 2641. — beider Hande
  • 158. welcher h, 3539.
  • hänt 3. pers. pliir. j)ra!s. von haben.
  • hantgar adj. 12639.
  • hantspil stn. 7971.
  • här stn. nicht ein h. 16537.
  • härm stm. 3550.
  • harmblanc adj. 8070.
  • hännin adj. 2549.
  • harnasch stm. = I{ar)iisch.
  • harnschar stf. 13177.
  • harphaere stm. = Harfer, Harfner.
  • liarphe sicf.-=^ Harfe stf. sing.
  • harphenspil stn. 8068.
  • harpiers franz. 13301.
  • hart stm. pl. herte 17342 (?).
  • harte adv. 9. compar. harter 903.
  • hase siom. des hasen geselle 4636.
  • haz stm, 5098. in gotes h. interj.
  • 5449. h. hän 4423.
  • hazlich adj. 1888.
  • heben stf. reß. 610. üf h. 18238. an
  • h. reß. 8318.
  • hefte stn. 2381 (?).
  • heftelin stn. 16995.
  • hei interj. 37.
  • heidenisch adj. 2538.
  • heiltuom stn. 15672.
  • heim adv. hin h. 336.
  • heime adv. 19498. hie h. 3726.
  • heimuot stn. heimuote stfstn. 406.
  • heimwist stf. 8945.
  • heinlich adj. 2045. 3459. 6400. 10913.
  • nach heinl. Sache 11543.
  • HEINLICHJERE — HUETEN
  • 337
  • heinlichaere stm. 8589.
  • lieinliche, heinlichen adv. 12731.
  • heinliche stf. 7444. 10112. 10415.
  • 12735. 15083. 16275.
  • heinlichen swv. 9533. 15075.
  • helen, heln stv.=hehlen swv, — reß.
  • 8711.
  • helfe stf., Hülfe.
  • helfe stvm. (V) 2385.
  • helfen sto. mit acc. 3767. so helfe
  • iu got 2229,
  • helfenbein stn.-= Elfenhein.
  • lielfenbeinin adj. = elfenbeinern.
  • helsen swv. prcef. balsete 14163.
  • hemede stn.,nhd. schiv. Plur. Hemden.
  • hende s. hant.
  • hengen swv. pnef. hancte. 9165.
  • her adv. 124. 1958. 2929 (?) h. wider
  • prcep. 12817. h. ze mir 7882. 14733.
  • vvol her interj. 2245. h. dan 10040.
  • 17418. h. -wider 6318. — bei Ver-
  • ben s. rüeren. tragen, tuon (?).
  • her stn. 471.
  • her=herre. min h. 3524.
  • herberge sff. ze herbergen 2249.
  • herbergen swv. unpers. 599.
  • heren, heru swv. 391.
  • hSren swv. 5869.
  • herhaft adj. 4022. 16864.
  • herre swm. 243. in der Anrede nach-
  • fjesetzt 1555. ja h. interj. 755.
  • herschaft stf., gen. u. dat. herschefte.
  • 1118. 4042. 4047. 4280. 17705.
  • herte adj. 8780.
  • herte sff. 17342 (?).
  • hervane swm, ■= Heerfahne stf.
  • herverten swv. subst. inf. stn, 6306 (?).
  • herze swn. pers. 1418. h. geben 2662.
  • h. tragen 48.
  • herze- 80.
  • herzeger stf. 196.
  • lierzeklage stf. 87.
  • herzeleide stf. 13084.
  • herzeliep stn. 61. 185. 1168.
  • herzelös adj. 6528.
  • herzen swv. 118. reß. 17985. part.
  • adj. geherzet 9228.
  • herzentuom stn. 18690.
  • herzeric stm. 2969.
  • herzesere stf. 1414.
  • herzesorge stf. 80.
  • herzewol adv. 116. , ,
  • herzöge swm. = Herzv'j stm.
  • hi interj. 6565.
  • hier, hie adv. hie heimc 3726. hie
  • mite 400. 769. 3043. hier under 798.
  • 1606, hie vor 8741. hie zuo 6381.
  • hin, hine ade, h. dan 10915. 17411.
  • 17418. h. heim 336. hin ze prcep.
  • 6432. sus h. 43. vor h. 12584. —bei
  • Verben s. gän. haben, keren. legen,
  • leiten, tragen, tuon. warten, wer-
  • den.
  • hinaht adv. 2722,
  • hinder pra'p. h. sich 18299.
  • hinewart adv. = hinwürts.
  • hinne adv. 8698.
  • hinnen adv. 2366. s. ferner tragen.
  • hirneschal sff. = Hirnschale.
  • hirz stm. = Hirsch.
  • hiu proit. von houwen, = //2et.
  • hiufelin stn. 17582.
  • hiune swm. 4034.
  • hiure adv. = heuer.
  • hiute ade. hiutes tages=hiute des
  • tages.
  • hiute dat. von hüt.
  • hücli adj. hoher muot 4539. liöhes
  • muotes 1604.
  • höchgemuot adj. 626. 642. 5030.
  • hochsprünge adj. 4638.
  • hOchvart stf. = Hoffahrt.
  • höchzit, höchgezit stf. 522.
  • höhe adv. h. gemuot 5893. — comp.
  • hoher : üf h. 2794.
  • höhe stf. = Höhe.
  • hol stn. 16688.
  • holt adj. 4473. holde (pl.) han 19160.
  • hcene adj. 17807.
  • honegen swv. 11888. 17986.
  • honec stn. -.= Honig stm.
  • hörä imjier. 3715.
  • beeren swv. 365. mit dat. 3193. \\.
  • sagen 51.
  • horndön stin. 3246.
  • hört stm. 4909.
  • hosen pl. 4934.
  • houbetherre swm. 18952.
  • houbetman stm. 4590.
  • hof stm. rede des hoves 7958. da
  • ze hove 4809. 4871. ze h. komen
  • 13261. niht von h. getan 5232.
  • hovebsere adj. 2285. 3978.
  • hovediet stf. 3221.
  • hoveliche, hofliche adv. 2271.
  • hovemaerc stn. 2286.
  • hovemäze stf. Hill.
  • hoven swv. reß. 3052.
  • hövesch, liövisch, höfsch adj. 419.592.
  • hövescheit stf. 2260.
  • hövcschliclie, höfschliche ade. 592.
  • hovesite stm. 492,
  • hovespil atn. 2119.
  • hüeten su-v. intrans. 15068.
  • GOTTFRIED VON STBASSBUEG. II. 2. Aufl.
  • 22
  • 338
  • HUFBEIN
  • CAMENIgCH
  • hufbein stn. 2877.
  • hulde stf. 757. 5291. ze hiilden 8752.
  • hüllen prcet plur. von hellen.
  • hunt stm. pl. 3039.
  • huop proet. = Jiob.
  • huote stf. h. nemen 16565.
  • huote _pra;f. = hüetete conj. 14726.
  • hürnen stov. 2770.
  • hurst stm. 9002.
  • hurt stf. 12909.
  • hurten swv. 7016.
  • hüs pl.=^ Häuser.
  • hüte (hütte) su'/. 5?,bl.
  • hüten swv. 587. 596.
  • hütesnuor $if. 5584.
  • i i«ier;. 10207.
  • ie adv. 110. 18188 (?). = nie 9355. ie
  • me, mere 1946. so ie me — s6 ie
  • me 103 — 105. ie der man 5325.
  • iedoch adv. 14. 10972.
  • iegelich, ieclich adj.=jeglich. —
  • 18188.
  • ieman, lernen adj. pron.= jemand. —
  • mit gen. pl. 5067.
  • iemer adv. = immer. — 94. iemer
  • me, mere 637. 1244. 3309.
  • iender adv. 9183.
  • iesä adv. 433.
  • iesch prmt. von eischen.
  • ietweder pron. adj. 1673. pl. 2206.
  • iet\vederhalp adv. 2891.
  • ietwederhalben adv. 17022.
  • ieweder pron. adj. 9398.
  • iezuo ade. 834.
  • Vat pron. adv. 1. öfters ^nilii. subst.
  • 1857. ihtesiht2806. mit ihte 19091.
  • ime dat. = ihm, zioeisilbig oder ein-
  • silbig in der Hebung; im in der Sen-
  • kung. — 15, 16.
  • impeten sicv. 4736.
  • in prxp. 2399. 4539. 13690. 13691.
  • 15527. s. wis, kriuzewis.
  • in acc.^=ihn, dat. pl. = ihnen.
  • in adv. bei Verben s. gän. legen, tra-
  • gen, tuon. geziehen.
  • inä interj. 13415.
  • i'ne, i'n=ichne, ich uc (Negation).
  • ingesigel s insigel.
  • ingesinde svjm. 3393.
  • ingesinde stn. 558.
  • ingrüene adj. 2547.
  • inleite stf. 1962.
  • inne adv. s. ligen.
  • innecliche adv. =^ inniglich.
  • innen adv. pruap. 8814. 18182. adv.
  • 1062. 10953. — bei Verben s. bringen.
  • werden,
  • inner adv. jjrwp. 7962.
  • innerhalp adv. prmp. 4549.
  • innerhalben adv. 10954.
  • insigel, ingesigel stn. 7816. 18359.
  • (inflücke adj. 16965?)
  • inziht stf. 15292. 18387.
  • ir dat. u. nom. pl. =i/ir, gen. sing,
  • u. pl.=ihrer.
  • ir pron. poss. unflectierter Gen.^ nlul.
  • ihr flectiert.
  • irhalben adv. 18950.
  • irre adj. i. wesen mit gen. 19392.
  • adv. i. gän mit gen. 28.
  • irrebsere adj. 15847.
  • irrecliche adv. 10021.
  • irren swv. 7810. 10329.
  • irresam adj. 9892.
  • istörje stf. 448.
  • Itelhende adj. 7130.
  • iteniuwe adj. 13075.
  • itewiz stm. 1489. 13990.
  • iu dat. von iv, = euch.
  • jach proBt. von jehen.
  • jächant stm. 10974.
  • jage- = n/(c?. Jagd-.
  • jägelich adj. 3004.
  • Jagemeister .■itin. 3419.
  • jagen swv. 2116.
  • jagereht stn. 3060.
  • jagerie stf. := Jägerei.
  • jaget stn. ^= Jagd stf.
  • jämeric adj. 7112.
  • jsemerlichen adv. 1451.
  • jär stn. ze järe 2100.
  • jehe stf. 101.
  • jehen stv. 150. 6935. mit dat. u. gen.
  • 1659. mit gen. u. prcep. ze ?741»
  • mit proip. an c. acc. 4372.
  • joch adv. 1046. 16467.
  • jugent stf. 2275. pl. (?) 4529.
  • juncherre swm. = Jungherr , Junker.
  • jungen swv. 13065.
  • jungest superl. adj. 3177- ze jungeste
  • 854. s. allerjungest.
  • justieren swv. 618.
  • juvente franz. 3138.
  • kallen swv. 581.
  • kalten swv. 10091.
  • camenisch adj. 48S9.
  • KAMERE — KRÜMBE
  • 339
  • kamere .. ze kameie 12900.
  • kamerterc slm. 77G3.
  • kamerserin 4809.
  • kämpf strn. (i'M<'t
  • kampflich adj. r)S79.
  • kampfrehten .-swv. 11299.
  • kiirapfwerc xln. (1918.
  • kuinpfvvise stf. ir211.
  • kanzwagen stm. 9219.
  • kaplien swv. 3(105.
  • kastei stn. = Castell.
  • kastelaii s/m. .')3G4.
  • kcbesliche ach. 149.'^.
  • kein pron. s. dchein.
  • kciseiilch adj. 708. 4-171.
  • keiserliclie ado. (190.
  • kel sl/. = J{e/de.
  • kemenate sie/. 40(11. 14255.
  • keinpfe sunti..= Kämpe.
  • l:ere stf. SOOG. k. nemen (ISJl.
  • kören 5u;ü. (350) (7413 HaM). S9t;6 (?).
  • trans. ze einer hant k. 1032(5. an
  • den val k. If;i74. an k. 117(;8.
  • dan k. 342(5. hin k. 8994. zuo k.
  • 8929.
  • kerne swrn. 10380.
  • ketene swf. 4(JG5.
  • kielkemenäte sivf. 11542.
  • kiesen sto. 2004. Ü118.
  • kicken swv. 1540G. s. quicken.
  • kindisch adj. (>22S.
  • kint sin. 244. gotes k. 2(525. von
  • kindc 11591. kiudesinneligen 1897.
  • kintheit stf. 292. '
  • kirche suf. ze kirchen 1(529.
  • kiuschc stf. 17030.
  • kiuse 1. pers. jjrces, vnn kiesen.
  • klage stf. 1042.
  • klagehcere adj. 1G75.
  • klagema;re stn. 141G.
  • klagen swv. iSß. 1041. trans. 1154.
  • subst. inf. sin. 198.
  • klagenot stf. 2375.
  • klam prat. von klimmen stv., nhd.
  • stc. (kldiiiiu) u. snc.
  • klärlichen adv. 11113.
  • kleben swv. 17528.
  • klebewort sin. 12997.
  • kleine adj. 3549. 114-10. kl. kraft 353(5.
  • ze kleinem liebe 15233. mit klei-
  • nen sinnen 11440. sic/'Sf. gröze
  • und kleine 32(5(5,
  • kleine ade. 4922. 9118.
  • kleine sff. 17498.
  • kleincjedc stn. 2219.
  • kleit pl. = klaidcT.
  • kl^\tü^= klfiidnle.
  • klingen stv. 17162.
  • klüse stf. 1(5810.
  • kneht stm. guoter kn. 1GC8. 541G.
  • knieweu stvv.=knien.
  • kol stjn.^= KohlP, stf.
  • kom pra:t.-=kam, k6mQn-= kamen.
  • comant franz. 239G.
  • komen pur t.^=^ gekommen.
  • komen sto. Tibi, unpers. 1197. 1990.
  • baz k. 5695. pers. mit prcep. an
  • c. acc. 2172. abe k. 74G2. mit gm.
  • 147151. an k. G394. mit acc. iriS.
  • 4G29. 1G009. dar au k. G693. enein
  • k. mit . 114*55. über ein k. r)i.it
  • gen. 5G86. vür k. 2129. G295. vür-
  • baz k. 1820. wider k. mit gen.
  • 19171. zuo k. 14115. rehte k. 1733S.
  • in daz ma^re k. 14844. ze ende k.
  • 10G05. ze hove k. 132GI. ze U-im-
  • den k. 16263.
  • condewieren swv. 3327.
  • contenanze stf. 6493.
  • conterfeit stn. 5079. 12309.
  • concilje stn. 15307.
  • köpf stm. 8761.
  • cordieren swv. 13126.
  • cors franz. 2396.
  • kos pruit. von kiesen, nhd. = (er-) kor.
  • koste stf. 5738.
  • kouf stm. umbe k. 2198.
  • koufgenuz stm. 7588.
  • koufrat stm. 2161. 7577.
  • koufschif stn. 2150.
  • covertiure stf. 4578. pl. 18794.
  • kraft stf. 271. 353. 4959, 13003. mit
  • gen. 5274. kleine kr. 3536.
  • krage sicm. 2985.
  • kraue adj. 2834.
  • creatiure stf. = Kreatur.
  • krefte gen. u. dal. von kraft,
  • kricchesch adj. = griechisch.
  • kriegen swv. 11753. 16751.
  • kriec stm. 11243. 11840.
  • krisolite swm.=^ Chrysolith.
  • Krist 7wm. prop. wizze Kr. interj.
  • 10414.
  • kristalle swf. 6592. 17116.
  • kristallin adj. = krist allen.
  • kristen adj. subst. 1971.
  • kristenheit stf. 1968.
  • kristenllcli adj. = christlich.
  • kriuzen swv. 15100.
  • kriuzewiS ado. in kr. 2976.
  • cröiereu swv. 5578.
  • kröne stf. 3328.
  • krucke swf. 15353.
  • krumbe stf. 17435.
  • 22*
  • 340
  • QUAL
  • LAZEN
  • quäl prast. von quelen.
  • quäle s//. = (luo.L
  • quartier sin. 2802.
  • quedeu atn. 3. pers. pr(jL's. kit 16705.
  • queleu , queln stv. 1742. 1769. mit
  • acc. (?) 5093.
  • queleu, queln awv. =nhd. quälen swv.
  • quellen ^tv. 11979.
  • quicken swv. (17927) 19112 s. kicken,
  • cuire stf. 3021.
  • kulter shn. 18152.
  • kum prccs. von komen.
  • cum franz. 3362.
  • kum adj. 850.
  • kumber stut. = Kummer.
  • kuniberlich adj. 38.
  • kumberliaft adj. 13186. 14753.
  • küme adv. 1286.
  • kümecliclie adv. 6581.
  • cumpanie atf. (2684).
  • cumpanjün s(m. 5463.
  • künde awm, 2597.
  • künde pra't. indic. u. conj. = X~onnte,
  • könnte.
  • künde stf. 4743. 8530. 11599. 14194.
  • jjI. 14261. ze k. geben 154.
  • küudekeit stf. 4346.
  • kündecliclie adv. 2S96.
  • kündic adj. 14252.
  • kuuft itf. 4379.
  • künic, künec (einsilbig) stiii,=^ Köai'j.
  • kUnicriche stn. 11162.
  • kunnen swe. anom. mit acc. 2700.
  • init prcep. mit 14361. da, liie mite
  • k. 2806. 3043.
  • kunst stf. 33. 36.
  • kuute pr(et.-=^ kündete.
  • kuolcn swv. 13068.
  • kuulte 2JrüEt.-= kühlte.
  • kuppe .SM'/. 7056.
  • kuppeln swc.^= koppeln.
  • kür 6//. 1527. 4643.
  • kürbaere adj. 6185.
  • küre, kür proet. conj. von kiesen,
  • curie stf. 2959. (oU21.)
  • cürtois franz. 2395.
  • cürtösie stf. 2294.
  • kurz adj. kurze zit 17268.
  • kurze adv. k. bedäbt 4556.
  • kurzewile stf. 72.
  • kürzlich adj. 6677.
  • kust stf. 6677.
  • kuste pra;f. = küsstc.
  • la franz. 741.
  • lä iiiiper. von län, läzeu.
  • lache SV f. ^= Lache stf. sing.
  • lägaerin stf. 11715.
  • läge 67/. 11937.
  • lägen swv. 13842.
  • lahter stn. 3369.
  • laisieren, leisieren swv. 2107;
  • lameir 11990 fg.
  • län s. läzen.
  • lang, lanc piwt. von lingen.
  • langer coiti2). = lünger.
  • lanc adj. 3549. über 1. 9121.
  • lanke fem. 2901.
  • lant stn. 9264. von lande 5404. ze I.
  • 1421. her wider 1. 12817. an I.
  • haben 8775.
  • lant- 153.
  • lantbaniere stf. 5589.
  • lantbarün stm. 8595.
  • lantgenöz stm. 6039.
  • lantgeselle swm. 5595. 9075.
  • lantgesinde stn. 495.
  • lanther stn. 6376.
  • lantherre swm. 153.
  • lantlehen stn. 16038.
  • lantliut stn. 5837. pl. lantliute 4240.
  • lantman st n. = Landsmann.
  • lantmsere stn. 8918.
  • lantmassenie stf. 18935.
  • lantsseze swm. 13467.
  • lantschaft stf. 6501.
  • lantschal stm. 9309.
  • lantsite, lantspräche = Landess.
  • lantstrit stm. 6385.
  • luntsuone stf. 10793.
  • lantvehte stf. 5973.
  • lantfürste swm. 15330.
  • lantwer stf. 1674.
  • Ifere adj. = leer.
  • lären prcet, 2->l- = lcisen.
  • laschte ^jra7. = leschete, löschte.
  • last stm. = Last stf.
  • laster sin. 470.
  • lasterbjcre adj. 6267.
  • lasterlich, lästerlich adj, 12296.
  • lästerliche adv. 1472.
  • lastermaere stn. 15332.
  • latin adj. 159.
  • latine stf. 3690. 17365.
  • läz stm. 16022.
  • läzen, län stv. 3444. mitjjarl.prois.
  • 2347. tuon oder 1. 14116. init acc.
  • 1276. 7045. reß. 12638. mit dopp.
  • Acc. 15582. niht 1. mit acc. 14802.
  • 1. mit prap. an 2421. reß. mit
  • prcep. an 6384.6779. st£Ete 1. 6370.
  • nider 1. refl. ze samene 1. 9068.
  • dar an 1. refl. 13999. ze einer hant
  • LAZUR — LITE
  • 341
  • 1. 14223. von ruore 1. 3428. ze
  • ruore 1. 17294. £ine sorge 1. 935G.
  • gevvunnen spil 1. 11061. gän 1.
  • .^0.^4. hin g. 1. 8943. 13530. umbe
  • g. 1. 10280. ze einer hant g. 1.
  • 16518. stän 1. 2792. 9277. gest. 1.
  • 15523. varn 1. 13838.
  • läzür sin. 15833.
  • le franz. 12564.
  • leal fiam. 1360.
  • lebeiich adj. 1731.
  • lebelichen adv. 7830.
  • leben stn. 2661.
  • lebere stf. = Leber.
  • lebesite stm. 16925.
  • l§cli prcet. von lihen , = lieh.
  • legen swo. 534. 628. 7nit prcep. an
  • c. acc. 3284. an 1. 11066. reft.
  • 15146. dar 1. 17589. hin 1. 1762.
  • hin dan 1. refl. 17411. in 1. reft.
  • 1895. nider 1. 3749. 4410. nidere
  • 1. 6489. üfl. 4561.6243. 6633. 15688.
  • vür 1. 46. 72. 6112. 10785. 17655.
  • wider geleit werden 6432. under
  • ougen 1. 14124.
  • leger &tn. dat. legere.^ Lager.
  • leich stm. 3508. 8618.
  • leide adv. 1044. 12409.
  • leide stf. 13510.
  • leiden stcv. 12410. 17831.
  • leider adj. comp. 1752.
  • leidigen swv. 13622.
  • leidic adj. 2321. mit gen. 15502.
  • leinen swv. ^lehnen.
  • leisten swv. prcet. leiste. 1431. 12605.
  • bete 1. 19107. gebot 1. 15437.
  • leit adj. 62.
  • leit stn.pl. leit (^= Leiden), ze leide
  • nemen reß. 12858.
  • leit=leget.
  • leit prcet. = litt.
  • leite proet.=: legete (5325).
  • leiten swv. prcet. leite. 5320. 12156.
  • 16584.16622. abel. 6246. hin 1.18800.
  • leiteseil .s., leitesterne swm. = Leit-
  • seil, Leitstern stm.
  • leitlichen ade. 13665.
  • lenge stf. 273.
  • lengen swv. 5871.
  • löre stf. der buoche 1. 2063.
  • lören swv. an 1. 18528. part. adj.
  • geirrt 1.3882.
  • lernunge stm. 2071.
  • leschen swv. 36. n
  • lesen stc. 132. 134. 152. 2650. 15158.
  • 17319. hin heim 1. 336.
  • lesten swv. 6511.
  • li franz. 332.
  • libunge stf. 18420.
  • lieh stf. 1297. 10914.
  • liehen swv. 6392.
  • liduc franz. 332.
  • lie prcet. z=liez.
  • liebe stf. 94.
  • liebe dat. von liep.
  • liebe adv. 15045.
  • lieben swv. {ahd. liebju) Irans, mit
  • acc. 174. mit dat. n. acc. 492.
  • lieben sv:v. (ahd. liobera) intrans. 27.
  • (183). mit dat. 179. 4631. an 1. mit
  • dat. 12832.
  • liegen stv. 46C5. mit dat. 8837.
  • lieht stn. pl. lieht = Lichter.
  • liebten swv. 8827.
  • liep adj. 897. Jnit part. 218. 11628.
  • liep stn. ') 115. ze kleinem liebe
  • 15233. -■) 1107.
  • liepliche, liejplich adv. liepl. machen
  • reß. 19245.
  • ligen stv. mit pruep. an c. dat. 2188.
  • 18347. an 1. 5098. 12520. dar an
  • 1. 5097. 16362. hin dan, her dan
  • 1. 17418. inne 1. 1897. che 1. 390.
  • lihen stv. 5379. 12745.
  • lihte adv. 6766. vil 1. 10498.
  • lihtesam adj. 3873.
  • lilachen stn. 18152.
  • lim stm. 11796.
  • limen swv. 710. 865. 11814. rime 1.
  • 4713. daz gelimde zwi 844.
  • limmen stv. 13531.
  • linde adj. 3549.
  • linde swf.= Linde stf. sing.
  • linge stf. 5074.
  • lingen stv. 5076.
  • linhosen pl. 2640. (2642.)
  • linkappe stvf. 2629.
  • lip stm. 90. 1067. 1, und ere 1243.
  • an dem übe haben 9486. an den
  • 1. gebieten 3516.
  • lipgersEte stn. 16830.
  • lipnar stf. 7347.
  • liprät stm. 16921.
  • lire swf. 8068.
  • liren swv. 3680.
  • lise praes. von lesen,
  • lispen swv. 8619.
  • list stm. 21 fg. 2032. 13742. pl. 1880.
  • listen swv. 1.3968.
  • listic adj. 9441. 14253.
  • listwürksere stm. 4932.
  • lit stn. 2943.
  • lit = liget.
  • lite swf. 10908.
  • 312
  • LlUGE — MÄZEN
  • liugc proes. von liegen.
  • liument stm. 15393.
  • liut stn. 463.
  • liutsaelic adj. 11092.
  • lobebaere adj. 2136.
  • lobebrunne swm. 11202.
  • lobelich adj. 1763.
  • loben svw. 3376.
  • loberis stn. 4645.
  • lois franz. 5999.
  • lonbasre adj. 12349.
  • lop stn. 21 fg. ze lobe 22. lop
  • dich interj. 2665.
  • lörschapclckin shi. 4640.
  • lorzwi stn. 4635.
  • lös adj. 14008.
  • losaere sto. 13956.
  • löschen swv, 17082.
  • losen swv. 3507.
  • lösen swv. 14008.
  • löste ^rce^ = loesete.
  • löt stn. Karies 1. 275.
  • loufen stv. 273. ze dem zile 1. 17238.
  • lougen swv. 15717 (?).
  • lougen stn. 14346. 15717 (?). 15880.
  • 18484. äne 1. 11224.
  • loup stn. umbe ein 1. 16088.
  • löz sin. 5960. 1. mezzen 6065.
  • luft stm. -^-^ Luft stf.
  • lüge stf. 14266. sunder 1. 4520.
  • lügelich adj. 13987.
  • lühte prcet.=^ leuchtete.
  • lucke stf. = Lücke.
  • lücke adj. 13994.
  • lumbel subst. 2941.
  • lüppen swv.} part. adj. gelüppet 6947.
  • 15752.
  • lussam adj. 4691.
  • lust stm. u. stf. = Lust stf.
  • lustic adj. 6566.
  • lütbseren swv. 13615.
  • lüten swv. 10110.
  • lüter stn. (?), lütere (?), luter (?) 6616.
  • lüteren swv. 8149.
  • lüterlich adj. 196.
  • lüthaft adj. 16396.
  • lützel adj. subst. 11. 195. adv. 1857.
  • lüzen swv. 10725.
  • 'm = im,
  • ma franz. 9170.
  • machen swv. mit subst. Praidicat 4391.
  • maere m. 3140. wunder m. 1638.
  • cngegene m. 559. lieplich m. refl.
  • 19245. ze fröuden m. refl. 5286.
  • mäge pl. von mäc.
  • magct stf., pl. u. rjen. mägedc, me-
  • gede. 1264. 12450. der m. sun 3849.
  • magetlich adj. 1058.
  • magetuom stm. 14770.
  • mäht stf. 2436. über ra. 7393,
  • mäht 2. pers. prajs. von mugeu,=
  • magst.
  • malitc p>-(X'^ = mohte.
  • rasejen sivv. = iii.ä/ien.
  • mains franz. 18713.
  • mal stn. 5736. 15921. dos iiiäles 4532.
  • Sit des m. 427. 6 Tnä\cs=: ehemals.
  • ze dem male 661. 2468. z'einem
  • m. 529. z'allera m. 5555.
  • man stm.pl. ma,n = Männer, Mannen.
  • 11565. der m. 276. 3047. ie der m.
  • 5325.
  • man, mane stf. := Mähne.
  • mane = man ne 4613.
  • manc swtn. = Mond stm.
  • Taa.nen swv. rjiit gen. 1907. mitpra'j).
  • umbe 2958. gerne ra. mit gen. 13157.
  • mangerie stf. 16826.
  • manierc stf. 4572.
  • raanic, manec , manc adj. = manig,
  • 'manch, maucgen enden 11807. —
  • mancgcs ado. gen. 1004. compar.
  • maneger 19464.
  • manicvalt adj. 10355. 12913.
  • manicvaltcn ,. 12927.
  • manlich, mänlich adj. 5944.
  • manslaht stf. 10397.
  • msere adj. 475. 7308.
  • msere stn. 73. 718. 3083. 4664. 4665.
  • senelichez m. 97. msere lesen 14125.
  • m. machen 3140. m. sagen 1565.
  • in daz m. komen 14844. ze m.
  • bringen 8334. ze m. tragen 1042.
  • marke stf. 18698. 18832. 18930.
  • market stm. = Markt.
  • raarcte jorosi. = mcrketc.
  • marmel stm. ■=^ Marmor, marmelin
  • adj. = 'marmorn.
  • marnajre stm. 7396.
  • marschalc stm. = Marschall.
  • marscliandise stf. 4353.
  • marschant stm. 3128.
  • marterrere stm. 7545.
  • marveil franz. 12564.
  • massenie stf. 2923.
  • mäze stf. 963. 4503. der m. 8858.
  • 9726. beider m. 10995. üz der m.
  • 5002. üzer m. 11107. ze m. 3191.
  • ze guoter m. 2576. m. haben 14995.
  • Mäze fem. pers. 10995.
  • mäze adv. 12477.
  • mäzen swv. 16016. refl. vdt gen. 10336
  • MAZLICH — MUOT
  • 343
  • inäzlich, ra£Ezlicli adj. 9853.
  • raazliche adv. 9083.
  • me=mer, mere.
  • megede voii maget.
  • mehnie franz. 3257.
  • mehte pra2t. = m6\iie 1488.
  • meie swm. = Mai strn. u. swm.
  • meien s^t•t•.];i/ar^ acf/. gemeiet 18094.
  • meiesch adj. 2547.
  • meine stf. 4625, 13905. 17733.
  • meinen awv. 1101. 1111. mit prcep.
  • ze 15057.
  • meister stm. 151. 2252. 4734. 7757.
  • 11574.
  • XQeisteren, meistern suv. 16995.
  • meisterin, meisterinne stf. 1198.
  • meisterlich adj. 4937.
  • meisterliche adv. 2225.
  • meisterlös adj. 1043.
  • meisterschaft stf. 3535.
  • meistic adv. 12223.
  • meit 2)roet. = mied.
  • melde 5^/. 13497.
  • menege stf. ^ Menge.
  • mer, mere, me adv. ie m. 1946. 8612.
  • ie m. — ie m. 103 — 105. iemer m.
  • 637. 1244. 3309. nie m. 488. de-
  • hein m. 2150. raiuner noch m.
  • 16S9. — s. niemere.
  • mergrieze swf. (swm.f) 4670.
  • merke stf. 6508. 13505. 16023.
  • merken sicv. 6510. 9997.
  • merlin .5^«. 16893.
  • raerzi franz. 742. 10206.
  • merzten suv. 3358.
  • messinc stm. 12607.
  • messire franz. 13137.
  • mettin stf. = Mette. — mettinstunde
  • stf. = Mettenstunde.
  • mez stn. 5569.
  • mezzen stv. lös m. 6065. witerm. 3151.
  • mezzer stn. m. werfen 4712.
  • michel adj. 93. 10868. — michels adv.
  • gen. 17314.
  • miete stf. 7222.
  • mile stf. wälsche m. 2756.
  • milte adj. 250.
  • milte stf. 5038.
  • minenthalben adv. 13441.
  • minna?re stm. 12315.
  • minne stswf.ze minne.u pl. 6829. 13355.
  • Minne fem.pers.^öd. gotinneM. 4807.
  • minnen swv. WW.rait pra;p. an 13353.
  • minnenmuot stm. 111.
  • miuner adv. m. noch mere 1689.
  • miuren swv. = mindern.
  • mir'st = mir ist.
  • mischen swf.] parf. adj. gemischet
  • 17570.
  • misse- 8.
  • missedäht stf. 15280.
  • missegän stv. 3968.
  • missehagen sivv. 138.
  • missehaere adj. 15826.
  • misselinge stf. 1777. 15065.
  • missemälen swv. 16970.
  • missereden swv. 6663.
  • missestän stv. anoin. 969.
  • missetuons^i". anom. jaa^'^.missetän. 8.
  • missevar adj. 12465. 15205.
  • missevärwen swv. prat. missevarte.
  • 15199. 15567.
  • missewende stf. 15417. äne m. 1807.
  • missezemen stv. 96.
  • mit pra;p. 1519. 1564. 4491. 5143. 6252,
  • 8751. 10317. 12345. 14361. 14571.
  • 16009.
  • mitalle adv. 939.
  • mite, mit adv. dermite 10906. hie
  • m. 400. 769. — bei Verben s. gän.
  • sin (wesen). strichen, ziehen. —
  • da mite s. kunnen.
  • mitewist stf. 15060.
  • mitte adj. 8831.
  • mixtüre stf. 15834.
  • möräliteit stf. 8008.
  • morgen adv. m. oder noch 1241.
  • morträt stni.^ gen. pAur. mortraete,
  • 14704.
  • mort adj. 5488 (franz.). 9245,
  • mortliche adv. 8382.
  • mortraete ac/J. suhst.swnif. 8749. 12727,
  • m ortsam adj. 9042,
  • mortschal stm. 9057,
  • mos stn. 9402.
  • mü franz. 3611.
  • müeden swv. 9079.
  • müejen swv. proit. muote u. raüete.
  • 6027.
  • müelich adj. 11576.
  • müelich adv. 17823.
  • müezekeit stf. = Müssigkeit.
  • müezegen swv. 91,
  • müezen swv. anom. 580. 4815,
  • mugen sivv. anom. 373. mit gen. 1022.
  • mugende sin 15576.
  • munde franz. 12564.
  • munt stm. eines mundes 3474. üz
  • dem m. 13901. ze m. 2282.
  • muot stm. 78. 91. 500. 1774. ze muote
  • gestän unpers. 12157. z. m. wer-
  • den unpers. 3554. höher m. 1604.
  • 4539. richer m. 4469. muotes rieh
  • 5010. (4998.)
  • 344
  • MÜOTE — OD
  • muote stf. ze m. 16804.
  • muote proet. von müejen.
  • muoten swo. 5681. mit gen. u. dat.
  • 14725. mit dat. u. conj. daz 16229.
  • muoterbarn stn. 2320.
  • muotgedoene stn. 8128.
  • muotsam adj. 17593.
  • muotriche adj. 4998,
  • muotveste adj. 5699.
  • müzaere stn-^. 2204.
  • n' = ne (Negation).
  • 'n = in acc. u. dat.
  • nach prcep. 1646. 1572. 1819. 4943.
  • 6202. 6227. 11543. 12136.
  • nach adv. 5575. 7064. vil n. 102.
  • nächgebür subst.= Nachbar.
  • nächraete adj. 18940.
  • nagel stm. 3557. (17797.)
  • nähe, nähen adv. 2642. 2763. n. gende
  • 69. n. sehende 33. n. tuon reß.
  • 4630. n. gebunden 2642. compar.
  • näher ruofen 3570.
  • nähest adv. superl. 3959. s. aller-
  • nähest.
  • naht stf. nahtes adr. = Nachts, der
  • nehte 5508. wider naht 3651.
  • nahtegal swf. pl. 4749.
  • nsejen sivv. 4570.
  • nacke swrn. 17797. 19237.
  • nacketage swrn. 3983.
  • name swrn. 450. 1053. 1481. 1617. 3590.
  • 5707.
  • namelos adj. 18039.
  • namen swv. 3169.
  • natiure stf. ^ Natur.
  • -ne enclitische Negation.
  • neic pr(ßt. von nigen.
  • nemen stv. 520. 2226. mit dat. reß.
  • u. acc. 1018. (enden. 8922.) huote
  • n. 16565. kere n. 6851. lougen
  • n. 18484. ruowe n. 6859. stuol n.
  • 10866. swanc n. 17161, swert n.
  • 3913. tac n. 9704. val und valt n.
  • 10918. fluz n. 13332. war n. 1530,
  • wunne n. 8283. angest n. unpers.
  • 9119, abe n. 1917. da van n. 11356.
  • an n. reß. (967). mit gen. 4454. init
  • prcep. ze 2035. vür n. reß. 17461.
  • üf die ere n. 5035. in die hant n.
  • 9567. in trahte n. 3088. ze ban-
  • den n. 4978. 19230. ze leide", ze
  • swsere n. reß. 19140.
  • nennen swv. vor n. 2926.
  • ner stf. 5612.
  • neren, nern swv. 1891.
  • netze stn. 2941.
  • nezzel swf .-= Nessel stf. sing.
  • nezzelkrüt stn. 15052.
  • niden stv. part. geniten. 8397,
  • nider ado. n. vür sich 2707^ — hei
  • Verben s. legen, gelegen, tragen.
  • tuon. wegen,
  • nidere ade. 16953. n. legen 6489,
  • nideren, nidern swv. 1500.
  • nidic adj. 10795.
  • nie adv. 2309, n. mere 488. s. balde,
  • schiere,
  • nieman, niemen adj.pron.^=niemand.
  • niemer adv. 93. n. — noch 183.
  • niemere adv. 10593. nime, nimere
  • 2464. 2504.
  • niender adv. 380. 5575.
  • niene adv. 26.
  • niftel swf. 9425.
  • nigen stv. 747. 783.
  • niht Negation 2. subst. 3. nihtes
  • 379. ze nihte 3969. 12393.
  • nime, nimere s. niemere.
  • nit stm. 35.
  • nitgalle swf. 15690.
  • niuborn part. adj. 8317.
  • niuwan, niwan adv. 6. 4038. 15989.
  • 16847 (?). 18440.
  • niuwe adj. 219. 1790/^.
  • niuwen swv. intrans. 13065. trans^
  • 13076.
  • noch adv. 230. morgen Odern. 1241.
  • conj. alleinstehend 10935, noch —
  • noch 190. niemer — n, 184,
  • nostre franz. 5488,
  • Norwaege swrn. 2400,
  • not stf. n. geschehen 15494. n. tuon
  • mit dat. 15603. mit gen. u. dat.
  • 19255. michel n. tuon 13912. n,
  • werden 7078, n, an gän 7161. n,
  • wesen 7075, mit grözer n. 10317.
  • ze n. 18731. ze einer n, 19310.
  • mit nceten 1686.
  • note swf. 3615.
  • note adv. 2177. 17856.
  • nceten swv., proet. nöte. reß. mit gen.
  • 19347.
  • nu, nü, nuo adv. 29. conj. demonstr.
  • 273. relat. 435. nu daz 333,
  • ob, op, obe conj. 1048. waz obe 6766,
  • obe adv. s. ligen.
  • obene adv. 5455. von o. 8239.
  • obez stn. = Obst.
  • od conj. Kürzung (in der Senkung) =
  • oder.
  • OFFEN
  • EICH
  • 345
  • offen aclj. C667.
  • offenbsere adj. 10997.
  • offenbseren swc. = offenbaren.
  • offenliche adv.-= öffentlich.
  • oehein [im Reime) «<7/i. = oeheim,
  • Oheim.
  • olboum, oleboum stm.= Ölbaum.
  • Opfer stn. 1964.
  • öre swn.= Ohr stn. sing.
  • organieren sivv. 4803.
  • ors stn. 663.
  • ouch conj. 13235. o. danne 10399.
  • ouge swn. o. und o. geben 1082.
  • under ougen 4069. 11916. under
  • ougen sehen 739. o. widerläzen
  • 19082. under o. legen 14124.
  • ougenweide stf. 1752.
  • ouwe stf. = Aue.
  • öuwe interJ. = owe .
  • palas stm. 3229.
  • palmätside swf. 15888.
  • panze swm. 2907.
  • papegän stm. =^ Papagei.
  • pärät stf. 874. 11588.
  • pardis 5frt. = paradis 18092.
  • Parmenie swm. 3673.
  • Parmenois masc. 3512.
  • parrieren swv. 669.
  • partiertere stm. 8350.
  • pas stm. 2907.
  • pastur^'le subst. 8076.
  • pavelüne stf. 5350.
  • pensieren swv. 12071.
  • petit franz. 14244.
  • pfaffe swrn. 7701.
  • pfafheit stf. 15308.
  • pfärit Ä^7i.=:pfärt, pfert.
  • pfat stn. = Pfad stm.
  • pfelle stm. 662. 11127.
  • pflege stf. 443. 17275.
  • pflegen stv. (mtrans. 32.J trans. mit
  • gen. 29. mit gen. u. dat. 1932. 3738.
  • pflige pra's. von pflegen. pfllt =
  • pfliget, nhd. pflegt, imper. pflic.
  • (prtuoc stm. 16846).
  • phnäat stm. 8989.
  • pin stm. 10845.
  • pine stf. =^Pein.
  • pinen swv. refl. 160. subst. inf. stn. 5220.
  • plänje stf. 16741.
  • plectrün stm. 3556.
  • pönder stm. 15191.
  • präerle stf. 17155.
  • pris stm. 2537. ze prise 2291.
  • prisant stm. 3050.
  • prlsanten swv. 3054.
  • prisen swc.=preisen stv.
  • prisliche adv."] compar. priallcher
  • 6564.
  • prüeven swv. 4520. (13027.)
  • puneiz stm. 6753.
  • punieren swv. 6751.
  • purpur stm. 15203.
  • räch pra^t. von rechen.
  • räche stf. 15339.
  • ram stf. 4692.
  • rappe swm. = Rabe.
  • rät stm. 601. 1219. 1220. 1484. 1553.
  • 7634. 16804. 16849. r. hän 10412.
  • r. haben mit gen. 4926. r. werden
  • 7nii gen. 1602. 2519. ze rate wer-
  • den 2297.
  • raten stv. 1555. 4442. 15136.
  • rätgebe sw7ii. 2616.
  • rätman stm. 8582.
  • rätfräge stf. 9710.
  • rechen stv. 8626. 15449 (?).
  • rechen, recheneu swv. 11182.
  • rede stf. 56. 5717. 6816. 10335. 15494.
  • r. des hoves 7958. der rede gen.
  • 9262. der r. sin 2306. 11692.
  • redehaft adj. 15818.
  • redelich adj. 4834.
  • reden swv. mit gen. u. praip. an 749.
  • rederich adj. 4723.
  • refloit stn. 2293. 19216.
  • reht sin. 2637. 3593 (?). 11019. 11209.
  • r. und gerihte tuen 18247. von
  • rehte 4009. ze r. 9587.
  • rehte adv. 134. 1520. 9612. r. als 25.
  • wan r. 6590. r. kernen 17338.
  • rehte stf. (?) 3593.
  • reichen swv. 7192.
  • reie swm. 17118.
  • reine stf. 17030.
  • reinekeit stf. = Reinigkeit , Reinheit,
  • reinen swv. 4701,
  • reise stf. 4198.
  • reisekappe swf. 5326.
  • reit pra:t.-= ritt,
  • reiten swv. 14364. iiz r. 411.
  • reitgeselle swm. 4982.
  • reizen swv. 1406.
  • recken swv. 5428.
  • riant franz. 3138.
  • ribalt stm. 3794.
  • rieh imper. von rechen.
  • rieh, riebe adj. 250. 389. 401. 741. 745.
  • 4069. muotes r. 5010. (4998). richiu
  • ger 5892. richer muot 4469,
  • 346
  • RICHE
  • SCHACHEN
  • riebe proes. von rechen.
  • riche adv. 689. 4487.
  • richeit stf. 412.
  • riclien swv. 746. 5676.
  • riebe swf. 2905.
  • riechen stv. pari, gerochen 15449 (?).
  • riezen stv. 6046.
  • rife swm. = Reif stin,
  • ribte stf. 149. 2573. die r. acc, absol.
  • 16018.
  • ribten siuv., prent, ribte, 162.
  • ribtic adj. 6839.
  • ric sim. 2978.
  • rllich adj. 8898.
  • riliche adv. 481.
  • rim stm. 4713. rime limen 4714.
  • ringe acy. 6755. 6774.
  • rinc stm. 628. 5054. 5322. 6452. unz
  • iif den Jungesten r. 6319.
  • rinnelin stn. 19446.
  • rippe stn. 2891.
  • ris stn. (4645). 4747.
  • rise fem. 1267.
  • riten stv. intrans. 9173. trans. 2565.
  • s. geriten.
  • ritterschaft stf., gen. ih. dat. ritter-
  • schefte. 680. 761. 5504. 15191.
  • riuwe stf. 1789.
  • riuwecliche adv. 1437.
  • riuwen stv. 11704.
  • riuwevar adj. 10368.
  • riuwic adj. 2646. 8584.
  • riväge suf. 15925.
  • riviere stf. 16888.
  • roi, rois franz. 3353.
  • rockelin stn. ^= Röcklein.
  • rone swm. 9l52. (swf. Hs. H u. F
  • 9211).
  • rosen swv. 17989.
  • rosenbluome siorn. 14769,
  • rösin adj. 18080.
  • rot adj. 2205.
  • rotruwange subst. 8077.
  • rotte stf. 3207.
  • rotte swf. 11365. 13123.
  • rotten swv. 3675.
  • rottieren swv. 3205.
  • roupher stn. 7586.
  • roupliche adv. 2447.
  • rüege stf. 15114.
  • rüeren swv., proit. ruorte. 2105. 3551.
  • 13388. an r. 6981. 9013. her r. 9049.
  • rucke stm. (1623. 2991. üf den r.
  • gän 5491.
  • ruckebein stn. 2645.
  • rüm sim. den r. witen 5591. ze
  • rüme 17003.
  • rumen swv. = rawnen.
  • ruudate subst. 8077.
  • n'me stf. 10796.
  • rünen swv. mit dat. 15590. zuo r. 9348.
  • rünen subst. Inf. stn. 4049. 9679.
  • ruoch stm. 89.
  • ruoche stf. 10439.
  • ruochen swv. 9364. mit Negation
  • 10205. 18600.
  • ruofen s<». eine stiller. 11825. einem
  • näher r. 3570.
  • ruoft stm. 5479.
  • ruore stf. 3423. 17294.
  • ruorte proit. =rührte.
  • ruowestf., YUOvfenswv.=Ruhe, ruhen.
  • 's = es.
  • s' = si, si, sie.
  • sa franz. 3257.
  • sä adv. 805.
  • Sache stf. 1436. 5713. 11543. 15129.
  • sage stf. 137. von s. 18732.
  • sagebaere adj. 659. 4006. 5864.
  • sagehaft adj. 18457.
  • sagen swv. 10785. 16798 (?). mit dat.
  • u. prasp. ze 17761. maere s. 1565.
  • an s. 15384. 15486.
  • sainte franz. 2684.
  • sal franz. 741. 2679.
  • sselde 5//. 217. 496. 2741. 3493. 9430.
  • sseldelös adj. 1009(5.
  • sselegen swv. 1632.
  • sffilekeit stf. 1222. (1218).
  • sseleclich adj. 188.
  • sselic adj. 187. 578. 1218. 1452.
  • salme swm. 2648.
  • salüieren swv. 4328.
  • -sam (adj.) 1768.
  • sam adv. 8490. (sam mir got 1055).
  • sambelieren swv. 2108.
  • sambiiit siebst. 3680.
  • samblanze stf. 16327.
  • samen, samenen swv. = sammeln.
  • samet adv. 59.
  • sament adv. 3170.
  • samit stm. = Sammt.
  • sanfte adv. 1368.
  • sancte ^rcef. = senkete.
  • sardin stm. 11139.
  • särjant stm. 5902.
  • Sarrazin stm. 2535.
  • satelboge swm, 7050.
  • saut franz. 13301.
  • säzen swv. 3427,
  • sazte j)rcet. = setzte.
  • schäcben swv. 10963.
  • SCHACHBLIC
  • SERPANT
  • 347
  • schächblic sfm. 10961.
  • schäcbzabel atn. 2219. *
  • schade adj. 17616.
  • schade swni. pl. 280.
  • schadehaft a(fj. 363. 762.
  • scbädelich adj. 17616.
  • schaffen stv. 22. 4575. 7nit prcep.
  • umbe 4469. reß. 970.
  • schaffen swv. 12794.
  • Schaft s. 2113.
  • schal stin. 6435. 9631. mit schalle
  • 4491. 16009. ze seh. werden 12632.
  • schale stm. 6087.
  • schalcheit 6482.
  • schallen swv. 3497. subst. inf. stn.
  • 6441.
  • schalten stv. 6736.
  • scliame, schäm stf. 11601.
  • schamelich o«//. 3792.
  • schämeliche adv. 743.
  • schämen swv. = scJtümen.
  • schancte ^/•a^ = sckenkete.
  • schantoit franz. prcct. 17375.
  • schanze stf. 6494,
  • schanzün stf. 2292.
  • schapel stn. 3149.
  • schapclekin stn. 676.
  • scharsahs stn. 9028.
  • scharte snf. 7190. 7193. 10189. 10192.
  • scliate stm. = Schatten stm.
  • scheiden stv. 6452. dan seh. 4918.
  • schein pra;t. = schien.
  • schelle swf. 15851.
  • schellen su-v. 4801.
  • sehende stf. 11370,
  • schephen swv. 21. 136. 10116.
  • sclierlinc stm. = Schierling.
  • schermen i'«/'r. = schirmen,
  • schevelicr franz. 5580.
  • schibe sivf, 7165.
  • schielte probt, conj. von schalten,
  • schiere adv. 1123. nie b6 seh. 2710.
  • s6 seh. nilit, nie 17631. 18249. superl.
  • schiereste 6313.
  • schif brücke svf. 13372.
  • schiffen swv. 7374.
  • scliiffunge stf. 3863, 7352.
  • schif tür stf. 8701,
  • schifwise stf. 7348,
  • schimpf stm. 968. 6756.
  • schimpfbaere adj. 6755,
  • schimpfen swv. IblO.
  • schimpfmaere stn. 15635.
  • schin adj. seh. tuon 127.
  • schiuba^re adj. 14344.
  • schinbajreliclie adv. 932.
  • schinen sts. 34. 2646.
  • schirmen swv. 2121.
  • schöne adv. zu schcsne.
  • schcene adj. 3534, subst. 17807,
  • schcene stf. 6635,
  • Schönheit stf. 533. 627.
  • schoenen sivv. 6636.
  • schouwe stf. 542. 688.
  • schrsejen sxvv. üf sehr. 6933.
  • schranken sivv. 11258.
  • schreip prait. = schrieb.
  • schrin stm. 4479.
  • schroten stv. 2906.
  • schulde stf. 1888. von schulden 767.
  • 3961. ze schulden 758.
  • schuldegen swv. 12253.
  • schümen swv. = scliäumen.
  • schünden srvv. 3111.
  • schumpfentiure stf. 5613.
  • schuollist stm. 7971,
  • se stm. = See stf.
  • se imper. interj. 3538.
  • segel stm. =: Segel stn.
  • segenen swv. got segene 13694.
  • sehe stf. 6509.
  • sehen stv. 10309. 13086, 18284. an s,
  • 9812. nach s. 10547. wider s.mi^rfa^.
  • 1096. nähe sehende part. adj. 33,
  • seige stf. 16022,
  • seic proit. von sigen.
  • seil stn. an daz s, vazzen 9883.
  • seit, seite= saget, sagete.
  • seit-, Seite- = 'Sa'Vera-.
  • selp adj. pron. sin selbes 295. selb
  • ander 11184.
  • selten adv. 269.
  • seltssene adj. 3553.
  • semir, sem mir got 1055.
  • sene stf. 127.
  • senebürde stf. 19065.
  • senedaere stm. 98.
  • senedserin stf. 128.
  • senede j^c^^^- <^'^J- 61- 83,
  • senegenöz stm. 1428.
  • senegluot stf. 112.
  • senelich adj. 97.
  • seneliche adv. 3522,
  • senema;re stn. 168,
  • senerich adj. 16512.
  • senefiuwer stn. 929.
  • senfte adj. (11S91).
  • senfte stf. 75. 4425. 12276.
  • senften swv. intrans. 11891. Irans,
  • 100. 2459.
  • senkel stn. 18027.
  • sere adv. cornpar. serer 114.
  • seren swv. 8993,
  • serpant stm. 8907.
  • 348
  • SETZEN — SPEHE
  • setzen swv. mit gen. 12614.
  • sez stn. 5570.
  • si in der Senkung, si in der Hebung
  • sich acG. refl. 18652. hinder s. 18299.
  • vür 8. 2270,
  • sich imper. = sie?i.
  • Sicherheit sf/. 5096. 11518.
  • side swf. 593. 667. 2199.
  • sider adv. 1095.
  • sidin adj. = seiden.
  • sige stm. = Sieg.
  • sigebsere adj. 6189.
  • sigen stv. an s. mit dat. 1129.
  • sigen proßt. plur. von sigen.
  • sigen stv. 1741.
  • sigesselic adj. 16180.
  • sihe proBs. von sehen.
  • sillabe swf . = Silbe stf. sing.
  • si'm, si' m=^si im, si im.
  • simphonien], Symphonien swv. 3674.
  • sin stTd. 36. 2299. 4539. 11469. 13883.
  • nähe sehender s. 33. die sinne
  • haben 15095. mit — sinnen 462.
  • mit kleinen s. 11440. üz vollen s.
  • 4725.
  • si'n, si'n = si in, si in.
  • sin gen. ■=! sein, seiner. — neutr. 1602.
  • 2300.
  • sin pron. poss. die sine pl. adj.
  • subst. 480.
  • sin stv. anom. s. wesen.
  • sinewel, sinwel adj. 6674.
  • sinewelle stf. 16935.
  • singen stv. 4726.
  • sinnebsere adj. 7913.
  • sinnecliche adv. 3090.
  • sinnesam adj. 2691.
  • sinnic adj. 4723.
  • Sippe adj. 14789.
  • sir, sire franz. 4025. sires 4588.
  • Sirenen pl. swf. 4870.
  • sis 2. pers. prces. conj. = seist.
  • Sit adv. 263. 2876. adv. prcep. sit des
  • 4121. Sit des males 4207. conj.
  • 118. 2956.
  • Sit stf. beider s. 5525. in eine s.
  • 6885.
  • Site stm. 281. mit siten 4929. von
  • lasterlichen s. 12296.
  • siteliche ado. 11090.
  • sitzen stv. 1290. 6706.
  • siuften swv. subst. inf. 799 (?).
  • siure stf. 10242.
  • siuren swv. 11889.
  • si'z, si'z=:siez, si ez; = si daz 7775.
  • slage stf. 18860.
  • slagen swe. 7100.
  • slahen stv. 3551. 8687. part. gesla-
  • gen 8762. geslagen sin 8829.
  • slaht, slahte stf. aller sl. 24.
  • slac stm, 5451. 7279.
  • slange swm. = Schlange stf. sing.
  • sieht 3. p)ers. prois. von slahen.
  • sieht adj. 4659. 5632.
  • siebte stf. 16977.
  • &\Q\ch. pr (Et. ■= schlich.
  • slihte stf. 2570.
  • slihten swo. 8144.
  • sloz stn. 1278. 16713.
  • smsehe adj. 18543.
  • smac stm. 7280.
  • smacken swv. 7839 (?). 11602.
  • smalen swv. 17050.
  • smeichen swv. mit acc. 13968. subst.
  • inf. stn. 8185.
  • smecken swv. 7839 (?). 12009.
  • smerze swm.-= Schmerz stswm.
  • smerzen swv. 11891.
  • ßmiegen stv.] part. adj. in gesmo-
  • gen 6666.
  • smieren swv. 15616.
  • smirlin stn. 2203.
  • sne dicke adj. 10962.
  • sneit prcBt. = schnitt.
  • snelliche adv. 16173.
  • sniden stv. zesamene sn. 4568.
  • snit stm. 4981.
  • so adv. 2469. conj. demonstr. 43.
  • 4530. 4826. 12256. 16949. relat. 43.
  • so — so 103/^. 191/^. 525. so — so
  • so 184 fg. niht so — s6 daz
  • 9769 fg. da mite so 91. swä so
  • 82. swaz so 4581. swie so 1188.
  • 1339. so dir got 7070. so balde^
  • schiere s. balde, schiere,
  • solgen swv. 13536.
  • sorgsere stm. 2616.
  • sorge stf. pl. 10593. äne s. län 9356.
  • sorgehaft adj. 79. sorchaft 8636.
  • sorclich adj. 6438.
  • sote swm. 8631.
  • sp^he adj. 2292. 9904. 9905.
  • spEehe adv. 4803.
  • spsehe stf. 3034.
  • spaeheit stf. 10979.
  • Spanen stv., prost, spuon. 17061.
  • spaniol stm. 9215.
  • spannen stv., proit. spien. 6552.
  • sparen, sparn swv. 3604. 6449.
  • spärwosre strn.=^ Sperber.
  • spate ado. zu spsete, spät.
  • spsete adj. 13638.
  • spehe stf. 6510.
  • SPEL
  • STUNDIC
  • 349
  • spei stn. 18394.
  • spellen sviv. 4059. refl. 8618.
  • Spelte swf. 6559.
  • sper stn. 9660.
  • spil stn. 3730. 16471. gewunncu sp.
  • 11061.
  • spilen.spiln swe. 296.313.3734(3730).
  • an sp. 2270.
  • apilgevelle stn. 16442.
  • spinele fem. 1703S.
  • spor stn. 3174.
  • Spot strn. 17931. ze spotte 5574.
  • spotten swc. IblO.
  • spräche stf. 6212.
  • sprächen swv. suOst. in/, stn. 9679.
  • sprancte prcut. = sprengcte.
  • sprechen ste. 4125. mit prap. nach
  • 6227. mit dat. der Pers. 1956. der
  • ti. 9863. mit dat. u. prcup. an 6365.
  • mit acc. der Pers. 1881, 15446. der
  • S. (noinin. passivisch) 15313, mit
  • acc. u. prcnp. mit 10308. an spr.
  • 1227. dar spr. 4793.
  • spreiten swv. 3011.
  • sprengen suv. part. adj. gespreuget
  • 10931.
  • sprunc titm. von sprungo 2106.
  • spüren swc. prast. spurte 15154.
  • stähelin adj. = stählern,
  • stal 2jrait. = stahl.
  • stalte prcet.= stellte.
  • stän, sten ste. anoin. 706. 2322. 2647.
  • 11805. // j9/ceja. umbe 9717. bist.
  • 106. vor St. 10628. dar zuo st. 110.
  • üf höher st. 2794. ze väre st.
  • 14890. ze buoze st. 781. an eines
  • zil St. 13417. st. läzen 2792. 9277.
  • gestanden part. adj. 6488. 9229.
  • Stange stswf. 15980.
  • atampcnie stf. 2293.
  • stant impjer. von stän , =:6Vg//.
  • stapfen sicc. 8970.
  • starke adc.=stark.
  • stärkte />/•«;/. = stärketc.
  • stat sttnn., ijen. Stades. 2383.
  • stat stf. State und st. 12585. an der
  • stete 695. an einer stete 3507 (?).
  • von der stat 7526. ze stete 14685.
  • ze stete treten 15189.
  • State stf. 613. 1253. 1660. 7393. 7678.
  • pl. 11800. St. und stat 12585. st.
  • tuon mit fjen. 5396. ze staten stau,
  • gestän 2413.
  • staete adj. 181. st. lau 6370.
  • stjcto stf. 8489. ze st. 2155.
  • sta;teclich adj. 5068.
  • Btajtecliche adi\ 3781.
  • slaetelicli adj. 6717,
  • stseten swt.., prast. stäte. 175. 399.
  • 8461.
  • stätliche adv. 5329.
  • Stege pl. von stec. — stf. (?) 37.
  • Stegen swv. 40. 2564.
  • stegereif stm, 2711.
  • steigen siko. 7998.
  • stein stni. 16930.
  • steingevelle stn. 8995.
  • steinen .sM;ü./?ar<.arf;". gesteinet 16951.
  • stcc still. 37.
  • stellen swc. 1909. 3442. 4078. 11887.
  • gestellct, gestalt part. adj. 3337.
  • 15349.
  • sterben swc. 8544.
  • stete *. stat.
  • stich, Stiche pross. von stechen.,
  • Stic stm. 2702. 12203.
  • stille stf. 2451. 8799. 11226. 11S25.
  • stiure stf. 678. 1116. 2419.
  • stiuren swf. refi. 11974.
  • stoc stm. 4671. ^
  • stoubelin stn. =^ Stäublein. *
  • stoubin adj. 4670.
  • stüzen stv. 1278. 13883. an st. 929.
  • 1581. 2307. 11879. üz st. 478. zuo
  • st. 3763.
  • strac adj. 6710. strackes adv.yen. 387,
  • stracte prwt. = streckte.
  • sträle stf. 4944.
  • straemelin stn. 17581.
  • sträze stf. 11112.
  • streich prcct. = strich.
  • streichen swc. 13967. gestreichet
  • part adj. 10999.
  • %ixeii prait. = stritt.
  • strenge adj. 4418.
  • strich stm. 11128.
  • strichen ste. 14579. üf str. 2559. Irans.
  • mite Str. 16846 (?). gestrichen
  • part. adj. 10365.
  • strichweide stf. 13491.
  • stric stm. 11757. 11936. 12179.
  • strickoerinne stf. 12180.
  • stricken swc., prwt. stricte. 12181.
  • 19111. an Str. 5019. dan str. 9407.
  • strit stm. 8855. zc stritc 3445.
  • striteclichc ado. 3866.
  • stritcn sto. mit proip. umbe 4504.
  • stro stn. niht ein strö 8873.
  • stucke stn. = Stück.
  • stumpfen swc. 6511.
  • stunde stf. 100. 1311. an der st. 3249.
  • 3818. an den stunden 2650. z' einer
  • st. (z'einen stunden) 17892.
  • stündic adj. 5100.
  • 350
  • STUNT
  • TOBEHEIT
  • stunt stf. zustünde. — tüsent st. 1310.
  • stuol stm. einen st. nemen 10866.
  • sturmeliche udv. 5t61.
  • süenserinne sff. 11725.
  • süeze adj. 60.
  • süeze si/. 308.
  • süezen swv. intrans. 11889. trans.
  • 8311.
  • süezlicli adj. 1936.
  • süft stm. 796.
  • süfte proet. von siu.{teii, = seufzte.
  • suln swv. anom. 14. 1604. 1708. 8544.
  • 16212. auxüiar 16. 1251. 1605. sin
  • s. 1901. 1957. 2210.
  • sumen swv. 4438. 14142.
  • sumer stm. (4756).
  • sumerkraft 679.
  • sumerwise stf. 4756.
  • sun stm. der megede s. 3849.
  • sunder adj. 329.
  • sunder udv. 922. 1202.
  • sunderlant stn. 5623.
  • sunderlich adj. 630.
  • sunlich adj. 1933.
  • sunne swf.-= Sonne stf. sing.
  • sunnewende pl. = Sonnenwende sing.
  • suoche stf. 163.
  • suochen swv. die füeze eines s. 1546.
  • an s. 10916.
  • suoze adv. = siiß. (comp, süezer =
  • nhd.)
  • suozecliche adv. 1442.
  • suozte prct't. von süezen.
  • sus adv. s. hin 43. s. getan 977.
  • swä adv. correl. s. so 82.
  • swach adj. 1481. 4687.
  • swacheit stf. 6293.
  • swaLchen swv. intrans. 947. 1858.12028.
  • trajis. 1500. 15327.
  • swächlich adj. 9286.
  • swanc stm. 10993. 16019. sw. nemen
  • 17161.
  • swar adv. correl. 356.
  • swäre adv. 1007.
  • s\v£ere stf. 52. ze sw. nemen reß. 19140.
  • swären swv. 72S1.
  • swEeren swv. 11973.
  • swarz adj. swarziu buoch 4688.
  • swaz pron. correl. neutr. (zu swer) 4.
  • sw. so 4581.
  • sweben swo. 888. 9082.
  • sweder pron, correl. 17218. conj. 5806.
  • swederhalp adv. 10616.
  • sweic pr(ßt. = schwieg.
  • sweimen swv. 4720.
  • swelch pron. correl. swelhen ende
  • 2511. swelhen enden 6020.
  • swellen swv. 15567.
  • swenden siro. 19475.
  • swenken swv. 16027.
  • swenne adv. conj. correl. 1084.
  • swer pron. correl. 7.
  • sweren, swern stv. 793. 12250.
  • sweren, swern stv. = schwören.
  • swert stn. sw. geben. 5733. 7086.
  • sw. nemen 3913. sw. zucken 5354.
  • swertleite sff. 4592.
  • (swibelen sivv. Hs. F. 9044).
  • swichen stv. 9474.
  • swie adv. correl. 34. sw. so 1188. 1339.
  • swigen stv. geswigen sin 4779.
  • swinde adv. 8332.
  • tach stn. 10952. 11118.
  • tagedingen, teidingen sivv. 11298.
  • tagedinc, teidinc stn. 6832. 11323.
  • 12612.
  • tagen swv. 1) intr. 8280. tagende
  • werden 5511. — getaget 2^ci,rt. adj.
  • 2623. — 2) trans. 395. 9267.
  • tagesterne swm. 304.
  • tageweide stf. 16686.
  • tac stm. 393. 9262. 9703. tages ado,
  • gen. 3723. anders tages 12488. in
  • dem tage 17247. von den tagen
  • 2691. für disen t. 1512.
  • tal stn. ze t. 2800.
  • tälanc adv. 2958.
  • tassel stn. 10939.
  • tsete gen. von tat.
  • teidinc s. tagedinc.
  • teil subst. ein t. 961.
  • teile stf. 5698 (5717.)
  • teilen swv. 4872.
  • teilieren swv. 2975.
  • Teiie swm. = Däne.
  • tete, tet (in der Senkung) pra;t.=
  • that.
  • tier stn. 2510. 3307.
  • tihte stf. 162.
  • tihten swv., proit. tihte. 13866.
  • timit stm. 11124.
  • tinne stn. 923.
  • tjoste stf. 9214.
  • tiure adj. 8659.
  • tiure adv. 6605.
  • tiuren swv. 11876.
  • tiutsere stm. 4682.
  • tiute stf. 17025.
  • tiuten swv. (6799). mit prcep. mit
  • 8778. mit dem vinger t. 2840.
  • tiutisch adj. = deutsch.
  • tobeheit stf. 16534.
  • TOBELICH
  • TWINGEN
  • 351
  • tobelich adj. 1G533.
  • tcedic ailj. 1463.
  • tohte, töhte prost, ind. u. covj. von
  • tilgen,
  • tören su-v. 3592.
  • tot utrn. in Formel 119.
  • tötbsere adj. 12864.
  • tüte swtn. 11695.
  • töte pra.'/. = toetete.
  • tötlich adj.^=tödlich.
  • tötslec adj. 1140 (?).
  • touf sttn.=^ Taufe stf.
  • toufiere stm. 1972.
  • touflich adj. 1974.
  • tougen adv. 1085.
  • tougen stn. 7317.
  • tougenheit stf. 9907.
  • tougcnlichen ade. 729.
  • toup adj. 2r)0.').
  • touwe dat.= 77iaue.
  • touwen swv. 11M90.
  • trageba-rc adj. 12412.
  • tragen stv. 48. 251. 773. 11119. reß.
  • 1863. mic prcep. mit 3726. an tr.
  • mit doppeltem Acc. 896. 2142. reß.
  • mit dat. 16832. an und abe tr. 890.
  • dar tr. reß. 10682. viit jjroep. von
  • 18760. enein tr. 396. her tr. reß.
  • 4160. hin tr. 2573. hin dan tr.
  • 10915. hinnen tr. 368. in tr. 10941.
  • nider tr. 7057. über tr. 16148. vür
  • tr. (6204). 7267. Juit acc. 6919. ze
  • msere tr. 1042.
  • traben stm. 7496.
  • trabte stf. 791. in tr. nemen 3088.
  • trabten swv. prcet. trahte. 792.
  • tranc stn.= Trank stm.
  • trat stm. 17427.
  • trebtin stm. 2653.
  • treip 2jra't.r= trieb.
  • treit '.'). per s. = traget, traget,
  • treten stc. den reien tr. 17118. ze
  • stete tr. 15189.
  • triben stv. 98. 10114 (V). an tr. 1746.
  • 6832. mit acc. der Fers. 14576.
  • enein tr. 10736.
  • triskamere stf. 4481.
  • trisor stm. 4481.
  • Tristan stm. Titel 8605.
  • triste stf. 1997.
  • trite stm. 11817.
  • triuge proes. von triegen stv., trü-
  • gen.
  • triure stf. 1992.
  • triurclös adj. 19468.
  • triuten sico. 1445.
  • triuwe adj. =: treu.
  • triuwe stf. 8440. pl. 11883. triuweu
  • adv. dat. 10650.
  • troschel stf. = Drossel.
  • trouc prcet. = troff.
  • troumen swv. mir ist getroumet
  • 13546.
  • trüge stf. 12455.
  • trügeheit stf. 1408.
  • trügelist sttn. 12701.
  • trügena;re stm. 12316.
  • trügesite st7n. 12312.
  • trubsoeze sw7n.-=Truchspß stm. u. swm.
  • trünne sff. 17293.
  • trursere stm. 14917.
  • trüreclich adj. 2005.
  • trüresam adj. 17429.
  • trüt adj. su()St. 1226.
  • trütamis stm. 12163.
  • trute prait. von triuten.
  • trüte jyrcet. von trüwen.
  • trütgeselle swm. 1417.
  • trütgesellin stf. 16774.
  • trütherre swm. 5860.
  • trüwen swv. 380.
  • tu franz. 12564.
  • tübe swf. = 2'aube stf. sing.
  • tugen su-v. anom. 374. 1196. 10832.
  • tugenden swv. intrans. 17975. trans,.
  • 175.
  • tugent stf. 37. 294. 11164. pl. 176.
  • tugenthaft adj. 455.
  • tumben swv. 3592.
  • tump adj. 1043.
  • tumpheit stf. 13716.
  • tuo imper. 3364.
  • tuon stv. anom. inIrans. (8). mit
  • proip. umbe 1704. trans. 6. 745.
  • 5914. läzen oder t. 14116. boten
  • t. 526. leich t. 3508. State t. 5396.
  • wän t. 6202. twon mit part.lOi^b.
  • Verbum vertretend 987. 8718. 9563.
  • 16918. her t. 2929. hin t. 9597.
  • in t. 375. nider t. reß. 16954. üf
  • t. 4460. fürder t. 6825. diu ge-
  • liche t. 135. 15169. gewis t. 326.
  • nähe t. reß. 4630. schadehaft t.
  • 363. schin t. 127. wol t. unpers.
  • mit dat. 3405. so wol t. 2718. daz
  • ist allez getan 7883.
  • türmelen swv. 7067.
  • turnei stm. 389.
  • turnieren swv. 2107.
  • tuschen swv. 5607.
  • twahen stv. pari, getwaheu 4648.
  • twengen swv. 10910. 17052.
  • twingen stv. 1319. die hendc vür
  • sich tw. 2()72.
  • 352
  • UBELE — UNGEMEINE
  • übele adv. = n/td. übel,
  • Übelich adj. 8708.
  • über prcEp. 7393. ü. daz 17881. über
  • ein s. komen.
  • über adv. s. tragen,
  • über- 855. 3012.
  • übergän stv. 5671. jiät acc. u. yen.
  • 13168.
  • übergenöz stm. 1758.
  • Überguide stf. 16901.
  • überkergen suv. 17795.
  • überkomen stv. 15374. 18700.
  • überkrefteclich adj. 1586.
  • überlanc (adj.) adv. 11687.
  • überleste sf/. 18225.
  • überlesten su-v. 16862.
  • überliuhten swv. 543.
  • überlüt (adj.) ado. 3012. 15051.
  • übermüete stf. 582 (?).
  • übermüetekeit stf. 6447.
  • übermuot stm. 266 (?). 297.
  • übermuot stf. 266 (?). 582 (?).
  • übersagen swv. 13228.
  • übersehen stv. refl. 5226.
  • übcrsigen swv. 855.
  • übersniden stv. 5004.
  • überstriten stv. 12076.
  • übertragen stv. Ibli.
  • überüeben swv. 12825.
  • üeben swv. 12824. 19067. reß. 8325.
  • üf ijroep. mit acc. 1732. 2907. 3685.
  • 5035. 9182. 18331. 18832.
  • üf, üfe, üffe adv. = auf. — üf höher
  • 2794. — bei Verben s. hären, haben.
  • heben, legen, schrsejen. stän. tuou.
  • wegen, gewegen. widen. — pari.
  • gewollen,
  • üfreht adj. 16709.
  • üfrihtic adj. 6675.
  • xxxnbQpjroep. 1068. 1198. 1550. 1783. 1990.
  • 2959. 3554. 7503. 8318. 9717. u. daz
  • 779. umbe den wint u. ühnl. Wen-
  • dungen 3641.
  • umbe adv. bei Verben s. gan. läzeu.
  • umbehanc stm. 4710.
  • umbemezzen stv. 5542.
  • umberede stf. 11954.
  • umbesseze swrn. 9708.
  • un- 3862.
  • unart stf. 11642.
  • unbereit adj. 3862.
  • unbetrogen part. adj. .")027.
  • unde, und (in der Senkung) cunj. de-
  • rnonstr. adversativ 18572. 18154. u.
  • aber 748. u. doch 93. relativ con-
  • ditional 2l2. 13724. 18600. 19505.
  • relativ nach subst. 1236.
  • ünde stf. 242S.
  • ünden swv. 8105.
  • under i)r. u. diu 2618. u. armen
  • 3328. u. ein 10933. u. in 34. s.
  • gehellen, u. in zwein 819. u. ma-
  • len 3671. u. ougeu 739. 4069. 11916.
  • 14124. u. den lüezen 10919.
  • under ado. hier u. 798. 1606.
  • under- 540.
  • underbint sin. 3064.
  • underbriten stv. 2.539.
  • underkomen stv. 9529.
  • uudernemen stv. refl. 821.
  • underscheide stf. 12650.
  • underschcidunge 6//. .5007.
  • undersehen stv. refl. 540.
  • uuderslahcn stv. 13604.
  • undersniden stv. 942. uudcrsniten
  • part. adj. 9676.
  • understän stv. anoia. 6814.
  • understözen stv. 14530.
  • understrichen stv. 11924.
  • understricken swv. 12981.
  • undertän ^J«r^ adj. 2390.
  • undertsenic adj. mit gen. 6284.
  • undertreten stv. 6269.
  • undervarn stc. 9281.
  • underflehten stv. 4646.
  • underweben stv. 12997.
  • uuderwerren stv. 681.
  • underwilen adv. 371.
  • underwisen swv. mit gen. 7858.
  • underwürken swv. 2539.
  • undinc stn. 10426. 12694.
  • undurfte adv. 3465.
  • undurften adj. 14954.
  • undurften adv. 14804.
  • unendehaft adj. 16942.
  • unendeclichen adv. 882.
  • unerbärmic adj. 5978.
  • uneren swv. 14088.
  • unerkomen adj. part. 6487.
  • unervarn adj. part. 13725.
  • unerfunden adj. part. 13724.
  • ungebjsre adj. 2908.
  • ungebairde stf. 10446.
  • ungedäht adj. part. 916. 8525.
  • ungedanc stm. 15251. 19359.
  • ungedienet adj. part. 9827.
  • ungehabe stf. 1692.
  • ungehazzct adj. pari. 8416.
  • ungehiure adj.=ungeh€uer.
  • uugelich axlj. mit dat. 10036.
  • ungeliche adv. 4997. 19304.
  • ungelücke stn. von ungel. 14517.
  • Ungemach stn. 8614.
  • ungemeine adj. 19301.
  • ÜNGEMIJETE — VALTE
  • 353
  • uugcmüctc 5/«. 1Ö048.
  • ungcnäde sf/. nach ungenäden 1819.
  • ungenaeme aclj. 17551.
  • ungencsen adj. j^art. 6957. 8841.
  • ungerade adj. subst. 16860.
  • ungereht stm. 9882.
  • ungcrochen adj. part. 10284. 18409.
  • ungescheiden adj. part. 207. 6978.
  • ungeschiht xtf. 1845. 13788.
  • ungesehen adj. part. 17765.
  • ungeverte stn. 8779. 8949. 116Ö5.
  • ungefüege adj. 6898.
  • ungefüere stn. 5583.
  • ungewaere adj. 14524.
  • ungewarnet adj. part. 5471.
  • unguot stn. 12247.
  • unhovebaere adj. 4027.
  • unhöfscheit stf. 13172.
  • unkünde stf. 3124.
  • unlange adr. 9048.
  • uulanges adv. gen. 11656.
  • unlanc adj. 408.
  • unlidic adj. Idbl*
  • unlüugen stn. 13985,
  • unlütes adv. 17257.
  • unmaht stf.= Ohvmacht.
  • unmanic adj. 5774.
  • unmiere adj. 2146.
  • uuraviTCu swv . prat .VLTiTukrtQ.intrans .
  • 7282, trans. 11073.
  • unmäze stf. 17919.
  • unminne stsuf. 14832.
  • unmüezekeit stf. 45.
  • unmüezecliche adv. 18187.
  • unmuoze stf. 78,
  • unuöt stf. 1695.
  • unnütze adv. 999.
  • unräthsere adj. 12431.
  • uurehteu siw. 11307.
  • unrekant adj. part. 11680.
  • unruoch stni. 25. 4760.
  • unruochen suc. 4509.
  • unruochliche adv. 12344.
  • unsalekeit stf. 1398.
  • unsanfte adv. 10494.
  • unschadebsere adj. 18949.
  • unschamclich adv. 6045,
  • unschuide stf. mit Unschulden 8751.
  • unsenfte adj. 7957.
  • Unsinnen swv. 19149.
  • unstäteliche adv. 15978.
  • unticte gen. von untät.
  • untougen adv. 6045.
  • untröst stm. 6997.
  • unvergezzen adj. part. 9455.
  • unvermeldet arf.;. part. 13494.
  • unversprochenlichen adv. 5635.
  • GOTTFRIED VON STKASSBUKO. II. 2. Aufl.
  • unversuocht adj. part. 6538.
  • unverwant adj. part. 11493.
  • unverwänt adj. part. 3380.
  • unvcrzigen adj. part. 748.
  • unfruht stf. 12247.
  • unfrühtic adj. 17897.
  • unfuoge *//. 13172.
  • unwaege adj. 16440.
  • unwärheit stf. 15544,
  • unwendic adj. 1463.
  • unwert stm. mit unwerde 12345.
  • unwertlich adv. 12344. 13414.
  • unwizzende adj. part. 761.
  • unz, unze prap. u. conj. 164.
  • üppekeit stf. 14858.
  • üppeclich adj. 14962.
  • urbor stn. 4466.
  • urhap stm. 11743.
  • Urkunde svin. 14759.
  • Urkunde stn. 9820.
  • urliuge stn. 338.
  • urloup stn. 1419. 3542,
  • ursprinc stvi. 4729. 11324. 11838. H870.
  • 17988.
  • ursuoclie sff. 3552, 10123. 14354.
  • urtät stf. 12461.
  • urwa;re adj. 13229.
  • iiz i^rojij. üz der mäze 5002.
  • iiz adv. 5449. 15579. — bei Verben s.
  • bieten, bringen, reiten, slahen.
  • gestözen. — part. erkorn.
  • üze adv. 17745.
  • üzer prxp. mit dat. 1798. 11107. 120^4
  • 15798.
  • üzer adj. subst. der ü. = der ävßere.
  • iizerlich adj. 15030.
  • vadem stm.— Faden.
  • vähen stv. intrans. 303. trans. mit
  • proEp. an 9201.
  • vaht yrait.r= focht.
  • val stm. den v. nemen 10918. an
  • den V. kören 16175.
  • välant stm. 6217. välandes barn
  • 15965.
  • valle SU- f. 16991.
  • Valien stv. mit prwp. in 4539. an
  • V. 314. 1396.
  • valsch stm. 9579. 12616.
  • valschaft adj. subst. 1403.
  • valschelös adj. 11280.
  • valsclilich, valschlich adj. 12230.
  • valschlicben adv. 15080.
  • ralt stm. pl. 6560. den v. nemeu
  • 10918.
  • valte fern. 12829.
  • 23
  • 354
  • VALTEN — VERSPERREN
  • valten sto. die hende v. 5437. wider
  • V. 2845.
  • van adv. 180. da v. s. nemen.
  • var stf. 8215.
  • var stn. 2310.
  • var adj., gen. varwes. 6592.
  • väre stf. 12989. 13666. ze v. stän 14890.
  • varen, varn stv. 43. 124. un2)ers.
  • 2319, V. läzen 13838.
  • vären swv. 11800. 12386.
  • vart stf. 2704. 10131. 17263.
  • varte prcBt.^= färbte.
  • värwsere stm. 4689.
  • vassal franz. 3352.
  • vaste adv. 8869. compar. vaster. 904.
  • vaste stf. 15552.
  • vater stm. anom. 3380. fjen. vater
  • 1484. 4368.
  • vaterriche (?) stn. 11601.
  • vaterwän stm. 4229.
  • vaz stn. 11697.
  • vazzelin stn. 11675.
  • vazzen swv. an daz seil v. 9883.
  • veder stswf. pl. 848. 10952. röte ve-
  • deren 2205.
  • vederspil stn. 2165. 10901.
  • vehen swv. 669.
  • vehte stf. 1667.
  • veige adj. 1674. 2591.
  • veigen swv. 1669.
  • veicheit stf. 9240.
  • veiclicli adj. 281.
  • veilen swv. 9965.
  • feine swf. 4698.
  • feinen swv. 4702. 15810.
  • feitieren swv. 670.
  • feitiure stf. 4577,
  • veilen swv. 7998. 14142.
  • vels stm. = Fels swm., Felsen stm.
  • velschen swv. 9. 18399.
  • verant /»ar^ = verendet,
  • verberen, verbern stv. 2590. ver-
  • born werden 13037.
  • verbinden stv. 1267. 16283.
  • verbrinnen stv. 15736.
  • verchwunde swf. 9415.
  • verdäht part. adj. 2312. 15145. rait
  • praep. von 19054.
  • verdarbte prmt. = verderbete.
  • verdenken swv. tranx. 15010.
  • verderben stv. 66.
  • (verdilien stv. 12838?).
  • verdoln swv. 7765.
  • verdriezen stv. unpers. mit gen. 9210.
  • verdanken swv. anom. unpers. 6226.
  • vereinen swv. intrans. 1170. trans.
  • 12177. rfjl. mit gen. 12987.
  • verenden swv. 3644.
  • vergän stv. anom. 955.
  • vergangen part. adj. 11756.
  • vergeben stv. 12500. 18481. 18436.
  • vergebene adv. 41. 12398.
  • vergezzen stv. subst. inf. stn. 19297»
  • (vergiselen swv. 18947.)
  • verhelen, verheln stv. vor verh. 8375,
  • verholen , verholn pjart. adj. ver-
  • bolne geschiht 14246.
  • verholne adv. 8129.
  • verirren swv. 4831, verirret ^arf. adj..
  • 17087.
  • verjehen stv. 3930.
  • verkeren swv. 6301. 14791.
  • verkiesen stv. 10670.
  • verklüteren swv. 11627.
  • verkoufen swv. 13007. 14463.
  • verläzen, verlän stv. 431. 886. 2177.
  • 7547. refl. mit prcBp. an 6781. 7068.
  • mit gen. u. proep. ze 10335.
  • Verliesen stv. prces. verliuse, prait.
  • verlos, pi. verluren. = verlieren. in-
  • trans. 15194. trans. factitiv 8920.
  • (verlimen swv. Hs. W u. F 16283).
  • verlorn part. adj. mit proejj. an 998..
  • vermaeren swv. 13616. 17330.
  • vermezzen part. adj. 5942.
  • vermiden stv. 4148.
  • vernamen swv. 12289.
  • vernozzen 2iart. adj. 4001.
  • verprisen swv. refl. 4925.
  • verraten stv. 7578.
  • verre adj. 260. compar. verrer 124.
  • verre .s. 18285.
  • verrihten swv. 4883. 5044. 15629. refl.
  • 868. 3439.
  • verrihtet part. adj. 18223.
  • versaclien swv. 6149.
  • versagen swv. 12430. 15262.
  • verscherten swv. 17018.
  • verschieben stv. 17618.
  • verschroten stv. 9206.
  • versehen stv. 8195. mit gen. u.proip.
  • an 6405.
  • verseilen swv. 6149.
  • verselwet 2^0'^t. adj, 4001.
  • versereri swv. 991.
  • versigelen, versigeln swv. 4781. 7818.
  • 9660. 18363. (18947).
  • versinnen stv. (?) 14135.
  • versinnen swv. mit gen. 7924.
  • verslizen s^y. 17134. verslizzen ^ar^
  • adj. 3995.
  • versmähen swv. unpers. rait dat. 7554.
  • trans. (?) 3892.
  • versperren swv. 14767. vor versp. 7818.
  • VERSPILN
  • VOLLEKOMEN
  • 355
  • verspiln swv. 13009.
  • verspreclien siv. 1.0480.
  • verstän, verstßn slv. anom. intrans.
  • refl. mitgen. 14700. mit proep. \\i->2\.
  • timbe 7.')02.
  • verstcleii, versteln stv. vor verst. 7.10.
  • verstolne part. a. 18783.
  • verstözen stv. 17092.
  • versüenen su-r. 11582.
  • versömen swv. 18000.
  • versuochen swv. rfiß. 492.').
  • verswenden suw. 8991.
  • verswigen sto. 3.")17. verswigen sin
  • 1.5495.
  • vert adv. 11 SOS.
  • vertan ],art. ailj. 10086.
  • verte von vart.
  • vertragen atv. mit ge.n. u. dat. lfi.')79.
  • ■subst. inj', stn. 2(17.
  • vertriben stv. (18.
  • vertriuwen sivr. 10204. l."i.")2S. I.');"i32.
  • 159.52.
  • vertuon stv. anom. 2093.
  • vertuschen swo. 9032.
  • verurliugen xwv. 18(599.
  • versähen stv. 18181.
  • vervallen stv. vervallen sin 17090.
  • verfilzen stv. verflizzen sin 7932.
  • verfüeren sivv. 2495.
  • verwalken part. adj. 4004.
  • verwandeln $wv. 12595.
  • verwäzen part. adj. 8323.
  • verwerrairinne stf. 11912.
  • verwerren ste. 83G. 13835.
  • verwisen swv. 18341.
  • verwizen stv. 14929.
  • verwizzen swv. anom. 5S(U.
  • verwerten stev. 12289.
  • verwurren pra:t. pl. von verwerren.
  • verzihen stv. 5380. 1087C. 12838 (?).
  • reß. 43(;7.
  • verzinsen swv. 8729.
  • veste .*'/. 1()975.
  • viant, vient, vint stm.— Feind.
  • vidern swv.] gevidort part. adj. 5243.
  • vie yyrcK?.=: vienc.
  • vie franz. 239(1.
  • vielt /(/cc/. ro« valten, nhd.^=falteti>.
  • vier Zahlw. in viere 2801.
  • fier franz. (;493.
  • vierde Zahlw. adj. 19420.
  • figieren *u». 4G24.
  • ligiure stf. = Figur.
  • vil adj. sut,st. 9. 29. adv. 198. v.
  • lihte 10498. v. nach 102.
  • vilüs franz. 1592(). viliu acc. 16241.
  • viudcere stm. 40(53.
  • vinden stv. .3091. 16046.
  • vinger stm. mit dem v. tiuten 2840.
  • vingerlin stn. 4285. umbe ein glesin
  • V. 16874.
  • violate stm. 11125.
  • vire stf. 14955.
  • virwitze stf. 16812.
  • fiuhte stf. 1(5465.
  • fiiir, fiuwer stn.^= Feuer.
  • fiurffirinne stf. 928.
  • fiuren suv. intrans. 13066. trans.
  • 11889.
  • fiurin udj. 4944.
  • finwerniuwen swv. 19049.
  • flehe stf. 4860.
  • flöhen .s'«'f. aubst. inf. stn. 18914.
  • flehliche adv. 1212.
  • fleiz prtet. von flizen.
  • fliegen stv. 5282.
  • flieze stf. 13277. 19442.
  • fliezen stv. 679(5.
  • fliz stm. ze flize 663. 10291.
  • flizekeit stf. 7725.
  • flizecliche adv. 2227.
  • flizeu stv. pra't. fleiz. pl. flizzen.
  • 3664. reß. 623.
  • flizen stv. .fuf).ft. inf. stn. 5220.
  • flizhaft adj. 19126.
  • flüch prwt.=ßo/t.
  • floitieren swv. 10924.
  • flörie stf. 17389.
  • flouc proit. =flog.
  • flöz stm. 13371.
  • flözte 2i''cet.^=fli>ßte.
  • fingen /jr«'^. pl.=ßogen.
  • fiiihen pra;t. pl.=ßo/ien.
  • flücke adj. 5483. 16965 (?).
  • fiücke .ftf. (?) 1(5965.
  • fiiiz stm. fl. nemen 13332.
  • fiuzzen prat. pliir.^=ßossen.
  • vogelliunt stm. 12874.
  • voget sfiii.^-z i'ogt.
  • foitenant franz. 467.
  • vol ailj. 11124. öz vollen sinnen
  • 4725. V. wesen mit gen. 508.
  • vol-,volIe, vollen (nhd. nur : fo;Z-^1637.
  • folate subst. 8078.
  • volgajre stm. 11524.
  • volge stf. 81. 4641. 14799.
  • volgen sH-v. mit gen. der Sache 6316.
  • mit gen. >i. dat. und construit'rt
  • mit hal)en 14741.
  • volle adv. 1232.
  • volle .«f//. 12770.
  • vollegän, vollegßn stv. 4451.
  • volleist *//. 1020.
  • vollokonien stv. 1637.
  • 23'
  • 556
  • VOLLEN
  • VUS
  • volleu swv. 11978.
  • vüllevaru stv. 4443.
  • vüücziehcii sfv. 4511).
  • vülrnacnc stiu 9464.
  • voliuüetc adj. 10848.
  • volmüetic ädj. 15167.
  • volunliers //am. 3611.
  • von prap. 291. 7.".'). 1041. 2106. 3615.
  • 17405. 1S732. 18761. v. dan, danne
  • 1618. 4227. V. diu 123. v. ende
  • 3311. V. erste 313. v. halben 1810.
  • V. kiudc 11591. v. sinen tagen
  • 2691. waü V. 3639.
  • vor adv. 315. 2876. v. hin 12584. da
  • V. 488. 2070. 8742. 12237. dervor
  • 1465. hie v. 8741. — bei Verben s.
  • belialten. verhelen. nennen, be-
  • nennen, genesen, entrinnen, be-
  • aperren. versperren, gesprechcn.
  • gesprengen. verstelen. zclen.
  • vorbedachte stf. 7911.
  • vorbcdsDhtic adj. 7908.
  • vorbcsihtic adj. :>00,
  • vorder adj. 7984.
  • vorderlich adj. 4462.
  • vorlite stf. pl. 9143.
  • vorlite pra;t.= fürchtete.
  • vorlitliclie adv. 445.
  • vorlitsam udj. 59.38.
  • vorsehe *//. 9700.
  • vorvehtaere .stra. 5945.
  • vorvorhte stf. 6771.
  • Vorwerken aivv. 12282.
  • fossiure stf. 16705.
  • fragen suv. bi fr. (?) 3658.
  • frains fram. 18714.
  • franze slf. (?) 10906. — adj. part.
  • gelianzet 10909.
  • franzois adj. 3626. subxt. 3690.
  • frccli adj. 641.
  • freche adv. 2106.
  • frecheit stf. 8669.
  • freise sff. 9120.
  • frcissam adj. 13519.
  • fremede, fremde adj. 10o2. 2692.
  • frcmede, fremde sff. 11905. 14305.
  • 18285.
  • frcmedeclich, fremdeclich adj. 2537.
  • frcmeden sicc. 14185. subst. inf. stn.
  • 14350.
  • frezzen part. =z gefressen.
  • fri adj. mit . 11220.
  • fride stm. 396. 9598. 10527.
  • frideliche adv. 14107.
  • frien swv. 17052.
  • frilich adj. 12993.
  • friliche adv. 2455. 7166.
  • frischen swv. 13970.
  • frist stf. 8657.
  • fristen sirv., proet. friste. 1243. 6916.
  • 12798.
  • friunt stm. ze fr. 4187.
  • frölich adj.=frv}dich.
  • frome .s-. frume,
  • fröude stf. fr. tragen 251. ze fröu-
  • den komen 16263. zc fröuden
  • machen refl. 5286.
  • fröudebsere adj. 622.
  • fröudehaft adj. 586.
  • frouwe swf. 1259. 11565. min fr.
  • 5230.
  • fröuwin adj. 6562.
  • früej e adj. =früh.
  • frühtic adj. 16363.
  • frum adj. 1847.
  • friinic, frome swm. 1.342. sines fru-
  • men 10499. ze frumen pt. 3040.
  • frume s-. 5842.
  • frumede stf. hll'I.
  • frumekcit stf. 1148.
  • frumen swv. 191.
  • fruo adv.=frv.U.
  • fruot udj. 641.
  • fliegen swv., jrra^t. fuogte. intrans.
  • 2955. 10085. mit dat. 6623 (V).
  • iruns. 1558.
  • füllen swv., proit. fulte. 2548.
  • funde, fünde yra;t. conj. =^ fände.
  • funden pyrtit. pA.^^ fanden; parl.=^
  • gefunden.
  • funt stra. 4741.
  • funtänje stf. 16742.
  • fuoge stf. 1049. 1084. 3010. 3633. 4820.
  • fuogen (?) swv. 6623.
  • fuore stf. 3894.
  • fuoren swv. (16838V). 17863.
  • fuoz stm. f. noch halben 1682. die
  • füeze suochen 1546 nider ze fuoze
  • län retl. 3775. under den füezen
  • 10919.
  • vür pra2p.=^nhd. für u. vor. — v.
  • sich 2270. — s. gän.
  • vür adv.^=nhd. meist: vor. — bei
  • Verben s. breiten, komen. legen.
  • tragen , getragen,
  • vürbaz adv. 1710. — s. komen.
  • fürder adv. f. tuon 6825.
  • fürdern swv. 5719.
  • fürhten swv., mit dat. 10592.
  • furke «?<•/. 2935.
  • furkie sff. 2924.
  • vürspan stn. 10826,
  • fürste sw7n. 248.
  • vüs franz. 741.
  • WA — WERDE
  • 357
  • wä a ICO. — Wi'i unde \vä i'>!>li.
  • wäfen stn.= W'ajj'e ■■iif.
  • "wäfen, wafeneD= waßnen, wappnen.
  • wäfen ai/v. interj. 100i)S.
  • wäge stf. 1Ö17G. au die w. gel)en
  • 6098.
  • waejje adj. 539.'i. 1041.5.
  • wahs a(lj. 9027.
  • wahsen .slv. an w, 280.
  • waejen suv. ()934,
  • wäc still. 7513.
  • walgen swv. 3601.
  • wälhisch, walsch, wälsch adj. 159.
  • wälsche mile 2756.
  • wallsere xtm. 2621.
  • wallestap stm. (2621). 2635.
  • walten sfv. mit gen. 1805. 6787.
  • waltriviere stf. 5348.
  • waltstic still. 2570.
  • wan cony. =waude 77.
  • wan adv. conj.^= nisi, nur, als, son-
  • dern 7. 107. 302, 342. 3170. w. daz
  • 260. w. rehte 6590. = « arta7« 1552.
  • wän stm. 801. lieber w. 897. wän
  • hän 4640. w. tuon 6202. nach
  • wäne 6202.
  • wänbruoder stm. anom. 2172.
  • wände, wan conj. demonstr.ll. relat.
  • 268. 1874. 1.3481.
  • wände jo/fe/. = waenete.
  • Wandel stm. 10017.
  • wandelbaire adj. 10014.
  • wandelen sicv. 7766.
  • wandelieren swv. 4804,
  • wandeiunge stf. 4787.
  • wsenen swo. 285. an w. 15372.
  • wange stn. 1210.
  • wanc stm. w. tuon 1682.
  • wanken swv. 895 (?).
  • wancte prcet. von wanken u. wenken.
  • wannen adv. 2688.
  • want stf. 6669. 8069.
  • war adv. 899.
  • war stj. w. nemen 1530. guote w.
  • 3317.
  • war praet. von werren.
  • war adj. w. hän 2449. pra:dicativ
  • flectiert bei wizzen 119. s. zewäre.
  • wärbiere adj. 6SS0.
  • wäibaeren swv. 6471, 15545.
  • waren, warn swv. 13837.
  • wärheit stf. 156. 6966. 9747. vbn der
  • w. 6056.
  • waerliche, wjerlichen adv. 1633.
  • warlösekeit s'f. 12476.
  • warnen su:c. gewarnet part. adj.
  • 605. 5309.
  • warnuuge stf. 5474. 15085.
  • warte stf. 3422. 3427.
  • warten sv}c., prnet. warte. 2498. 9330.
  • 9423. 17168. hin w. 10546.
  • was pr<£t. = war.
  • wase swm. .562,
  • wät stf. gen. u. dat. wajte. 603. 2199.
  • waete ^^/-ce^^wsejete, wehte.
  • wsetlich ado. 11329.
  • waz pron. neutr. 10832. mit gen. 756.
  • 1668. w. von 36.39. 7ail werden
  • und ijen. 11595. 14705. w. obe
  • conj. 6766.
  • weben stc, nhd. stswo. geweben part.
  • =gewotjen und gewebt.
  • weder pron. interr. 3629. conj. 16918.
  • w. — oder (aide) 340, 1529.
  • wege s. wec.
  • wege stf. (?) 38.
  • wegelos adj. 17537.
  • wegen sto. infrans. 10067. ritit dat.
  • 10354. mit prcep. ze 6930. nider
  • w. 6586. 11981. üf und nider w.
  • 6589. trans. 30. 31, 40 (?), 4872.
  • her wider w. 6318.
  • wegen swv. intrans. 2463. trans. AO.
  • 800.
  • wegeweide stf. 8102.
  • wehscl stm. 9677 12049.
  • wehselmaere .5/«. 12985.
  • weide stf. 6590. 6704. 11003.
  • weiden swv. 11004.
  • weidenaere stm. 14380.
  • weine stf. 11507.
  • weinen swv. trans. 1157.
  • weise swm. I8I8.
  • weiselln stn. 1822.
  • weizgot interj. 276.
  • wec stm. 38, 39. in wege 13691. ze
  • wege 14015. 5. euwec.
  • weih /;/-ort. = welch,
  • wellen stv."] gewollen part. adj. üf
  • gew. 10898.
  • wellen swv. anom. ^wollen, welle
  • imp. 9927. — 4643. in Ellipse 2325.
  • Hülfsieitw. 6444.
  • wenden swv. mit acc. 6943. mit acc.
  • u. gen. 13775. 14006. s. gewant.
  • wenken swv. 895 (?), 16028.
  • wenne adv. conj. 8388.
  • wer swm. 5197.
  • wer stf. 361. 1877. 1878. 5522. 8854.
  • wer stf. 5518.
  • werben stv. 139, 2296. 8531. 12137.
  • werde adv. 490.
  • werde dat. von wert, Werth.
  • werde dat. von wert, Werder.
  • 358
  • WERDEKEIT — WIS
  • werdekeit stf. 518.
  • werden stv. mit waz und yen. 11595.
  • 14705. mit pari, proes. umschrei-
  • öendöbll. 7343. für Futurum 14129.
  • enein w. 410. hine w. 12380. inneu
  • w. 1062. ze muote w. unpers. 3554.
  • not w. 7078. rät w. 1602. 2519.
  • ze rate w. 2297. ze schalle w.
  • 12632. in flücke w. (?) 16965.
  • werden swb. 4995.
  • weren, wem swb. 1503.
  • weren, wern sivv. 12605.
  • werfen slv. an den wint w. 18468.
  • werc stri. 4934. 11117.
  • werken swc. 12237.
  • wercman \lm. 6632.
  • werlde = werlt (?) 50. 10868.
  • werlden suv.'\ gewerldet pari. adj.
  • 44. 65.
  • werlt, werlde (?) »tf. 2. 4. 1863. al
  • der werlde 8854. aller werlde 50.
  • diu michel w. 10868.
  • (werltlich adj. 4600?)
  • werre swm. 15311.
  • werre stf. 15977.
  • werren stv. 975. 3983. 5397. mit acc.
  • 19000.
  • wert adj. 17. 191.
  • wert stm. 6745.
  • wert stn. 20. ze werde haben 722.
  • wes gen. von wer. neutr. adv. 6260.
  • wesen stv. anom. Verbum substan-
  • ticum neben sin [auch dieses hier
  • verzeichnet^. 105. 1329. unpers. mit
  • yen. 6140. s. suln 1901. 2210. bi
  • w. 1525. 10458. mite w. 965. wider
  • s. mit gen. u. dat. 5780. wol w.
  • mit gen. 507. ze hant w. 9937,
  • wesen stn. 559. 1912.
  • weste proet.=^wusste.
  • weten stv. 15243.
  • weten swv. geweten st. part. 17117.
  • wetervar adj. 4008.
  • wette stn. 15177. 15194. s. enwette.
  • wie stm., yen. wiges. 5956.
  • wiegar adj. 8737.
  • wicwer 67/. 8755.
  • widen suv. üf w. 3048.
  • wider proep. mit dat. 295. mit acc.
  • 8995. w. berc 16957. w. naht 3651.
  • wider adv. aber w. 19250. — bei Ver-
  • ben s. haben, komen. legen, sehen,
  • valten. wesen (sin).
  • widerglesten sivv. 566.
  • widerlachen swv. bl'2.
  • widerhseres ade. 15843.
  • widerkere stf. 5339.
  • widerkeren swv. 6300.
  • widerpflegen stv. 32.
  • widerläzen sfo. 19082.
  • widersagen swv. 6294. 6606. 16437.
  • widerschaffen stv. 2404.
  • widerstän stc. anom. 107.
  • widertriben stv. 4559.
  • widerunge sff. 10540.
  • widervart sff. 5333.
  • widerwart adj. 10263.
  • widerwarte sff. 9888.
  • widerwartic adj. 11828.
  • widerwerfen stc. 13791.
  • wie ade. 1454. w. danue 17525. w.
  • dö 5225. w. getan 14386.
  • wielen jjruit. pl. von wallen , nhd. =
  • watlten.
  • wielt pra't. von walten , nhd. =
  • waltete.
  • wieren swv. 16716.
  • wiht stn. ein w. 3768.
  • wildeuaere stm. 4664.
  • wildu =:wiltu, wilt du=^ willst du.
  • wile sff. die w. 16. die w. und
  • 1236. s. underwilen.
  • wilen adv. 6369. w. — ■ w. 833.
  • Wille swm. 773. 1321. 5686. 16417.
  • der gemeine w, 16447 (16431). der
  • gewisse w. 16431. mit — willen
  • 1519. durch — w. 5782. 5791.
  • willeklage sff. 1917.
  • willekür stf. rainer w. 169.
  • willic adj. 5062.
  • wilt adj. wildiu dinc 17455.
  • wilt 2. j)ers. prass. = willst.
  • winden stv. mit dat. 5457. enein w.
  • 2557.
  • wint stm. als ein w. 2279. umbe den
  • w. 3641. an den w. werfen 18468.
  • wintschaffen adj. 15740.
  • wip pL, gen. wibe,= lFei6«r.
  • wipheit stf. 10259. 12408. 17983.
  • wir pl. pers. pron. l.ann fehlen 1859.
  • 12256 fg.
  • wirbe proes. von werben,
  • wirde prass. von werden, wirdet
  • volle i^orn« = wirt, wird.
  • wirden swv. intran-. 8401. frans.
  • 1650. 4468.
  • wirken swv. s. würken.
  • wirs adv. 7030.
  • Wirt ttm. 4868.
  • wirtinne sff. 4868.
  • Wirtschaft sff. 4108.
  • wis imper. von wesen, = nÄrf. sei.
  • wis, wise stf. (stm.) 2292. alle wis
  • 1611. manege, manegen, in ma-
  • WIS
  • ZIEHEN
  • 359
  • liege wis 668. in lange w. 14428.
  • in ballen w. 1028. s. kriuzewis.
  • ■wis, wise adj. 6264.
  • •wiselös adj. 7512.
  • ■wisen sicv. = weisen stv.
  • ■wisheit sff. 4728.
  • •wisagiune sff. 6.')99.
  • ■wiste pnct.=u-tisste.
  • wit stf. 3047.
  • witen adv. 4743. compar. yvlter^läl.
  • witen sirv. 5091.
  • witweide adj. 4638.
  • witze sff. 7034. 12441.
  • witzigen su-v. 7715.
  • witzic adj. 15309.
  • wiz adj. wize subst. su-n. 17544.
  • wize stf. 10922.
  • wizen .s*v. mit dat. 1015.
  • -wizenare -stm. 8748.
  • ■wizgehant adj. 19388.
  • wizzen stv. anoin. in Formel 119.
  • weiz got interj. 276. wizze Krist
  • interj. 10444.
  • ■wizzeiiliche adv. ■= wissentlich.
  • ■wol adv. 13. 15. billiche w. 3692.
  • w. her interj. 2245. w, bedäht part.
  • 2690. w. gestellet, gestalt pai-t.
  • 3337. 15349. w. gewabsen part.
  • 4399. 80 w. tuon 2718. w. tuon mit
  • dat. 3405. w. wesen mit gen. 507.
  • wölke swm. 12212.
  • wonen swv. bi w. 3908.
  • worhte pra;t. von würken.
  • wort stn. den worten 12924.
  • wortbeide stf. 4637.
  • wortläge stf. 14167.
  • wortwise adj. subst. swm. 3716.
  • woitzeichen stn. 9850.
  • wiiesten swv. 17893.
  • wullin adj. = u-oUen.
  • wunde s>rf.= Wunde stf. sing.
  • wunden proet. pl. = wanden.
  • wunder stn. 1217. daz w. und daz
  • w. 12214. Wunders gemach 8251.
  • ze w. 4699. 16204. w. machen 7638.
  • wundertere stm. 10013. 16220.
  • wunderlich adj. 672.
  • wunne stf. w. nemen 8283.
  • wunneclichen adv. := wonniglich.
  • wünsch stm,. 1374. 3710. 4746. perso-
  • nificiert 10902. ze wünsche 605. 706.
  • wünschen sivv. genäden w. 1783.
  • wunschleben stn. 15047.
  • wuocher stm. 11868. 16471.
  • wuocherhaft adj. 11871.
  • wuoft stm. 5480.
  • würken su-v. anom. 1838. 6695.
  • würz stf. 6953.
  • Wurzel swf. (auch stf.) = Wurzel stf.
  • sing.
  • 'z = ez.
  • z' = ze.
  • za za zä interj. 3013.
  • zabelwortelin stn. 2287.
  • zal sff. 3634. 6514.
  • zalen, zaln swv. 4771. 6513.
  • zalte prcet. von zalen ?/. zelen.
  • zam proBt. von zemen, nhd.=zieiitte.
  • zarten swv. 17097.
  • ze proep. mit dat. , verkürzt z', ver-
  • stärkt her ze 7882. 14733. zuo ze
  • 35. da ze 4809. 4871. — 80. 1455.
  • 2282. 6512. 6347. 7087. 10399. 12960.
  • 17315. in Formeln und zur Bildung
  • von Adjectiv- u. Adverbialbegriffen
  • 1. 605. 706. 854. 2291. 4582. 8752.
  • ze-=zer = n//c?. [nur zer- verzeich -
  • nef.'l
  • zech jjrcet. = zieh.
  • ceder sff. (?) 17026.
  • cederin adj. 17023.
  • zehant adv. 468.
  • zeichen stn. 2633. 5590.
  • zein stm. 6710.
  • zelen, zeln swv. 6513. 15072. 17007.
  • vor z. 3061.
  • zem = ze dem, zum.
  • zemen stv. 13. unpers. mit acc. 3145.
  • an z. 10862.
  • zen = ze den, zu den.
  • zer=ze der , zur.
  • zer- neben ze=:nhd. zer-.
  • zerbern swv. 17123.
  • zerbresten stv. 16178.
  • zergän, zergen stv. 731. 4485.
  • zergiezen stv. 19455.
  • zerhellen stv. 9693.
  • zerhouwen stv. 673.
  • zerkiuwen .itv. 9247.
  • zerläzen stv. 19462. reß. 732.
  • zerloesen swv. reß. 2461.
  • zersenden swv. 19449.
  • zersniden stv. 668.
  • zertriben stv. 4616. 10114.
  • zervallen part. adj. 16203.
  • zerwerfen stv. 13535.
  • zestunt adv. 1136.
  • zese adj., gen. zeswes. 7051.
  • zewäre, zware adv. 1008.
  • ziehen stv. mit praip. ze 9580. 18386.
  • refl. 19391. mite z. 18439. üf z.
  • 10200. üz z. 10074.
  • 3()0
  • ZIERE — ZWO
  • ziere adj. 5490.
  • Zilien sto. proet. jil. zigen, = zeihen
  • stv. u. swv.
  • ciclät still. 11106.
  • zil stn. üf daz z. 378. unz üf ein
  • z. 8790. z. geben 5072. ze dem z.
  • loufen 17238. an eines z. stän
  • 13417.
  • zile stf. bi zilen 10924.
  • zimer subst. 2903.
  • zinsaerin stf. 4467.
  • zinshaft adj. 5934.
  • Zirkel stm. 10967.
  • zise stf 16895.
  • zit stf. 6288. der z. 17401. z. haben
  • 7491. hl den ziten 4172. nach —
  • zit 2875. kurze z. 17268.
  • zit stn. 18892.
  • zite dat. neben zit. — zite pl. =
  • Zeiten.
  • zitic adj. 42.
  • zogen swv. 682. 18386.
  • zöher = z6ch er, zog er.
  • zorn strn. z. gevähen 16514.
  • zornelin stn. 13073.
  • zorngalle swf. 14150.
  • zornmsere stn. 13059.
  • zouber stn.= Zauber stm.
  • zuhten swv. .5497.
  • züJitic adj. 16464.
  • zuc strn, 7059.
  • zücken .sirr.^jra^^zucte. swertz..5454.
  • zunge sirf.^=Zunije stf. siny.
  • zuo proip. 5736. 16235.
  • zuo adv. Ijei Verben s. denken, keren.
  • komen. sehen, stän. stözen.
  • zwäre a^it'. ^^zewäre.
  • zwei Zahlw. neutr. in zw. 10271.
  • under in zwein 819.
  • zweien swv. 57. gezweiet /ja/'^ adj.
  • 9678.
  • zweinzic Zahlw. = zwanzig.
  • zwelf, zweive Zahlwort = zwölf,
  • zwölfe.
  • zwene Zahlw. 'iii.asc.=^zwei.
  • zwl Htn., fjen. zwiges. 844.
  • zwir adv. 346().
  • zwisele stf. 2934.
  • zwivalt adj. 11721.
  • zwivel stm. 9682. 13782.
  • zwivelsere stm. 14014.
  • zwivelbürde stf. 15277.
  • zwivelhaft adj. subst. 15252.
  • zwlvelen, zwiveln swo. intruns. 9044.
  • trans. 13769.
  • zwo Zahlw. fpm.^= zwei.
  • MMENVEHZEICHNISS.
  • Adam, gen. Adamen 12(iir).
  • ^////«»vc.Dciitschlaua lS44'Jfg. ISCU«
  • fg. ; vgl. zu H701.
  • Anfcryinan(:'jan), Ortsu. (naclimlid.
  • Wb. 1,41 vcmiutlilicli Cenfer yni-
  • gnant von ijuiyner, lauern): daz
  • tal ze A., Aufenthalt des JJracheu
  • 8944.
  • Apulle, Apollo 4R(;'.>.
  • Aquitän dat., Aciuitanieu. 14244 ; s.
  • Melot.
  • Aräbe dat. (: (jdbc): von A., Ara-
  • bien 4893.
  • Artus 16S(5'). gen. Artuses 1G9U4.
  • Arundel , Arttndclc, dat. Anindele,
  • HcrzügtliunizwisclicnlJrjtanjeund
  • Engeland 18*i92 fg. ; «s. Juvelin. — •
  • pers. iia Schlachtruf: Karke u. A.
  • 18885.
  • Aurore swf., Aurora 8270.
  • Aceliu 15802, Aoeluri 15812. 15842 (s.
  • zu 1(;241), das Land der Feen; s.
  • VctitcriK.
  • liäbilön sti., Vinhyhni 'M\'y\ s. Tisjxj.
  • ßiblU (Tochter des INliletus, in Liebe
  • entbrannt zu ilireni Eruder Cau-
  • nus) 17190.
  • Blanschcßfir (:avnir) 1359, lUunsche-
  • ßuur (:(;rfuor) 138.'i ; dat. u. acc.
  • lUunschefliurp. (: aventiure , triure)
  • 919. 1607. 1991. 4185, Schwester
  • König Marke's, Cicliebtc und Gat-
  • tin Riwalin's, Mutter Tristan's,
  • die Heldin von Abschnitt I.
  • Uli1 : von Steinafie B., Dich-
  • ter des T'mhangs 4(;9t», Zeitgenoß
  • Gottfried's; vgl. Fr. l'fciffer ..Zur
  • deutschen Tiitteraturgeschicl)te» S.
  • 1 fg. oder «Freie Forschung» Nr. II.
  • Bra»g(V7in swf. (bei Hcinricli von
  • Froiberg Bruriyune) Niftcl (9425)
  • der Königin Isolt, Vertraute der
  • jungen Isolt und Tristan's Ab-
  • sclinitt XVIII.
  • Britanjc, Land der Brituno, ver-
  • tauseiit den Kamen mit Engeland
  • 4.r2 fg.
  • Britanjr, Bretagne V 7584, Zwischen
  • Br. und E)igcland am Meere liegt
  • Arundel 18091.
  • Britavje s. Munjün und Thomas.
  • Britun Personn., König Artus 3555.
  • JJcceÜn, dat. Dcoellm; und Develin,
  • Hauptstadt und Königssitz in Ir-
  • land 7403. 7629. 7697. 8287.
  • Bidö, dat. bidonc (: schone), Königin
  • von Tyrus und Sidon 17200. Icich
  • von D. 13351. •
  • Dlnts: (leich) von San Dintsc, St. Dio-
  • nysius 8066.
  • Doleisc Landesn. : lluyler von I>. 18842.
  • pers. im Schlachtruf 18884.
  • FAikon stm., Helikon 4863. 4895.
  • Knylant, Besitz der Sachsen von
  • Gales, davon der Name 422 fg.
  • Land unter BotmüfMgkeit König
  • Marke's von Kurnewal 435 fg. Zwi-
  • schen Britanjc und E. am Meere
  • liegt Arundel 18691.
  • kve swf., Eva 17938 fg.
  • Galen Landesn. : die Sachsen von G.
  • vertreiben die Brituno und geben
  • dem Laude den Namen Engeland
  • (Enga,land) 426 fg. — Ein Spiel-
  • mann von (/. 10276.
  • GANDIN
  • KRIST
  • Gandin stm., ein Baroa von Irland,
  • Freund der blonden Isolt (der
  • ritter mit der rotten 1j17ü_j Ab-
  • schnitt XIX.
  • Gemuotheit s. Gurmün.
  • Gilan stm., Herzog in Swales, unter-
  • tlian dem Eiesen Urgan, Freund
  • Tristan's, erster Besitzer desHünd-
  • leins Petitcriu 15775 fg.
  • Grälant stm. (Held einer Novelle,
  • vermutlilich des Inhalts, daß Gr.
  • gemordet und seiner Geliebten zum
  • Essen vorgesetzt wird) : leich von
  • der stolzen friundta Grälandes des
  • schoenen 3585.
  • Gurmün stm. mit dem Beinamen Ge-
  • muotheit, Sohn eines Königs von
  • Afrika, König von Irland, Gemahl
  • der Königin Isolt , Vater der
  • blonden Isolt, Schwager Morold's
  • 5086 fg. 7159.
  • Gurdn stm.? : (leich, noten) von nunem
  • kern Gurüne und von stner friun-
  • dinne 3524.
  • Hagenonwe stf. : diu (nahteyal) von
  • H., vermuthlich Keinmar der Alte,
  • der berühmte Liederdicliter , zu
  • Gottfried's Zeit geschieden 4777 ;
  • vgl. Einl. S. XXIX.
  • Hante Landesn. : Sautenis von H.
  • 18843. pers. im Schlachtruf 18883.
  • Hartman der Ouiva^re , sonst be-
  • kannt unter dem Namen H. von
  • Aue oder von der Aue, der clas-
  • sische Dichter des deutschen Mit-
  • telalters,Gottfried'sVorgilnger und
  • Zeitgeuoß ; vgl. Bech's Einlei-
  • tungen zu den vorhergehenden
  • Bänden dieser Sammlung.
  • Heinrich: von Veldfken ZT.. lyrischer
  • und epischer Dicher des 12. Jahrh.,
  • der Vater der höfischen Poesie, zu
  • Gottfried's Zeit schon geschieden
  • 4724.
  • Hiudan stm., Jagdhund Tristan's
  • 16653 fg. 17255.
  • Iberne, Hibernien, Irland 8818.
  • irlant (pl. von, ze Irlanden), von
  • König Gurmün in Besitz genom-
  • men, Heimat Morold's und der
  • beiden Isolden 591i> fg.
  • iiolt, gen., dat. u. acc. Isolde, gen.
  • u. acc. pl. Isolde, 17775. 19159;
  • Nebenform IsCt, gen., dat. !u. acc.
  • Isote. 1) Schwester Herzog Mo-
  • rold's, Gemahlin König Gurmun's
  • von Irland , Mutter der blonden
  • Isolt, berühmte Heilkünstlerin
  • (5937) Abschnitt XI, Verfertigerin
  • des Minnetranks Abschnitt XVI,
  • — 2) holt, isnt mit. dem Beinamen
  • die blonde 9l70. 19386, Tochter
  • König Gurmun's und Isoldens von
  • Irland, Geliebte Tristan's, Gemah-
  • lin König Marke'3, die Heldin des
  • Gedichts. — 3) Isolt, Isot mit dem
  • Beinamen als blansche mains 18713,
  • Tochter Herzog Jovelin's und Kar-
  • sie's, Schwester Kaedin's, zweite
  • Geliebte (später Gemahlin) Tri-
  • stan's Abschnitt XXX.
  • Ispanje Spanien 7583.
  • Joveltn stm., Herzog von Arundel,
  • Gemahl Karsie's, Vater Kaedin's
  • undderweißhandigen Isolt (später
  • Schwiegervater Tristan's) 18715 fg.
  • Käedin, dat. Käedine, acc. Kdedtnen,
  • mit dem Beinamen li frains (bei
  • Heinrich von Freiberg U frenis),
  • 18714, Sohn Herzog Jovelin's und
  • Karsie's, Bruder der weißhandigen
  • Isolt, Freund (später auch Schwa-
  • ger) Tristan's Abschnitt XXX.
  • Canienenswf. pl., die Kamoenen 4869.
  • Kanäze dat. (Tochter des Aeolus,
  • Schwester und Gattin des Maca-
  • reus) 17194,
  • Kanel, dat. Kanele , zweiter Name
  • Kiwalin's 406. 1645. .t192 fg.
  • Kanl'lengres, Beiname (äname) Kiwa-
  • lin's 321. 507. 790. 1142. 1644.
  • Kano'H, dat. Kanoele und Kanoel,
  • Sitz Kiwalin's, daher seine Namen
  • Kanel und Kanelengres 1641 fg. 5276.
  • Karke , Schloß Herzog Jovelin's in
  • Arundel. 18728. pers. im Schlacht-
  • ruf 18885.
  • Karl: Karies lot 275.
  • Karliun, dat. Karliune 15535 u. Kar-
  • liün 15770, Stadt in Engeland, Ge-
  • richtssitz.
  • Kars'ie, Gemahlin Herzog Jovelin's
  • Mutter Kaedin's und der weißhan-
  • digen Isolt (später Schwiegermut-
  • ter Tristan's) 18717.
  • Cassander (: ander), Kassandra4948.
  • Corineis gen., vielleicht Quirinu3
  • nach Bech, kaum mit GrooteChro-
  • nos 16693.
  • Kriechenlant 8280.
  • Krist stm,, Christus 15549. 15739.
  • KüRNEWAL
  • TINTAJOEL
  • 363
  • Kurnewal, vereinzelte Nebenform
  • Kurnewäle 3830, dat. Kurnewäle,
  • seltener Kurnewal, Erbland König
  • Marke's 424 fg., wird Isolt zur
  • Morgengabe verheißen 11399 und
  • gegeben 12575.
  • Kurvenal, gen. Kurvenales, Lehrmei-
  • ster und Freund Tristan's 2263 fg.
  • Lohnois, das Geburtsland Kiwalin's
  • nach einer vom Dichter verworfe-
  • nen Sage 325.
  • Lunders, Stadt in Engeland, Lon-
  • don, Ort des Concils 15306 fg.
  • Lut= Luders? = Lalutf (s. Bech zu
  • Erec 9723.) 3679. 8072.
  • Marjodo (:du) 13469, Marjodoc ISbil,
  • Truchseß anMarke'sHofe; Freund,
  • dann Gegner Tristan'sAbschn. XX.
  • Marke, König von Kurnewal, Ober-
  • herr in Engeland, BruderBlansche-
  • flur's , Oheim Tristan's, Gemahl
  • der blonden Isolt.
  • Melot (stm.) jictit von Aquitän, Zwerg
  • anMarke'sHofe, Gegner Tristan's
  • Abschnitt XXII.
  • Morgan stm. , Herzog in Britanje,
  • Lehnsherr , Gegner und Besieger
  • Kiwalin's Abschnitt I. von Tri-
  • stan getödtet Abschnitt IX.
  • Morolt, gen. Muroldes, Herzog in Ir-
  • land , Bruder der Königin Isolt,
  • Schwager Gurmun's , Feind Mar-
  • ke's, von Tristan besiegt Ab-
  • schnitt X.
  • Mijceiie s. zu 8269.
  • Sautenls 18901. N. von Hanfe 18843,
  • Feind Jovelin's, von Kaedin und
  • Tristan besiegt und gefangen.
  • ^Yaft. : RigoluivonN. 18844.
  • pers. im Schlachtruf 18884.
  • Sonnandte stf. 8808. 18415. 19539.
  • 2ioriL-cEr)e st. subst., Norwegen 2149.
  • 3736.
  • Occene (?) s. zu 18736.
  • Orphees gen. von Orpheus (d. i. mhd.__
  • Orpheus; vgl. Pegases) 4788.
  • Ouwoife stm., der Auer, einer von
  • Aue 4634. 4652. llartmann der 0.
  • 4619.
  • Paranis, dat. Faranlse 9322, acc. Pa-
  • ranisen 10051, Knappe der Königin
  • Isolt von Irland.
  • Parmenie stf. , das Geburts- und
  • Erbland Riwalin's 243 fg. pers.
  • im Schlachtruf 6580. 5602.
  • Pegases gen. von Pegasus 4729.
  • Petitcriu, Feenhündlein aus Avelun,^
  • dem Herzog Gilan, dann Tristan
  • gehörig, von diesem der blonden
  • Isolt verehrt Abschnitt XXV.
  • Rigoltn 18878. 18800. R. von Nunte
  • 18844, Feind Jovelin's, von Kaedin
  • und Tristan besiegt und gefangen.
  • Rhi, gen. Rines, Rhein 19434. 19445.
  • Riwalin, Herr in Parmenie 243 (nicht
  • von Lohnois 325) , Geliebter und
  • Gemahl Blanscheflur's, Vater Tri-
  • stan's, Vasall Morgan's , von die-
  • sem besiegt, der Held von Ab-
  • schnitt I.
  • Rorne stf., Rom 5988 fg.
  • Rüal, Nebenform Rüalt, 3739. 3854.
  • gen. Ruäles, mit dem Beinamen
  • U foitenant, auch Foitenant, Mar-
  • schall Riwalin's, Gemahl Florse-
  • te's , Pflegevater Tristan's Ab-
  • schnitt III.
  • Rugier 18900. R. von Doleise 18842,
  • Feind Jovelin's, von Kaedin und
  • Tristan besiegt und gefangen.
  • Balisen Volksn. s. Gälesu. Engelant.
  • Salerne, Salerno 7334. 7385.
  • San s. Dinis.
  • Sanze: (Icich) von S.f 8066.
  • Schampänje, Champagne in Frank-
  • reich 18451.
  • Sidon, dat. SidOne , Stadt in Phöni-
  • cien 17199,
  • S/re/ic/i,.?^?-^«^« Sw.pl. 4870.8091.8115.
  • Spanjenlant 6664.
  • Steinahe dat. (von Steinach) Ortsn. :
  • Bliker von St. 4690.
  • Siväles, Land des Herzogs Gilan,
  • unter Botmäßigkeit des Riesen Ur-
  • gan 15774. 15922 fg.
  • TItamise dat. Ortsn.: (von der
  • Themse?) 8072. der bischof von
  • Th. 15352. 15430.
  • l'antris , acc. Tantrtsen 10155, Ver-
  • steckname von Tristan Abschnitt
  • XI. XIV.
  • Tenemarkc, Dänemark 3799.
  • Tintajoel (: kastei) 3151, dat. Tinta-
  • jvle 476. Tintujnl 539, Schloß und
  • Wohnsitz König Marke's- in Kur-
  • newal.
  • 364
  • TINTARIDES
  • ZITHERON
  • Tiniarides 8270,
  • Tire dat., Tyrus 171'jy.
  • Tispe : (Icich) de la curtoise T. von
  • der cdten ßäbilune 3614.
  • Thomas von Britanje , der aventiure
  • metiffer, Gottfricd's Gewährsmann
  • 150. 326.
  • Träze dat., Tbracicn; ViUis von Tr.
  • 17193.
  • Tristan , vereinzelt Tristant franz.
  • ( : comant) 2395, gen. Tristandes,
  • dat. Tristande, vereinzelt Tristane
  • (:m.ane) 18334, acc. Tristanden,
  • Sohn Riwalin's uudBlanscheflur's,
  • Neffe Marke's, Pflegesohn Rual's
  • ündFlorrete's; Sieger über Morold,
  • Morgan, den Drachen in Irland,
  • Urgan, die Feinde Jovelin's ; Ge-
  • liebter der blonden Isolt; dann
  • auch der weißhandigen Isolt (spä-
  • ter deren Gemahl), der Held des
  • Gedichts.
  • Urgan mit dem Beinamen li vilus,
  • acc. viiiu 15926. 16241, Riese herr-
  • schend über das Land des Her-
  • zogs Gilan , von Tristan besiegt.
  • Veldeken dat. (iiiederd. ^= Veldektn,
  • Feldchen) : von V. Heinrich 4724.
  • Villts ((^at. Vitlise) von Truze, Phillis
  • von Thraeien (Lykurg's Tochter,
  • welche sich aus Liebe zu Demo-
  • phoon tödtete) 17193.
  • Florcete swf. , Gemahlin des Mar-
  • schalls Rual , Pflegemutter Tri-
  • stan's 1904. 5865. 18623.
  • Foitenant stm. , dat. Foitenande
  • (:hande), Beiname Rual's 1640.
  • 1873. 1892. 2022; s. zu 467.
  • Vogelweide: diu (nahtegal, meiste-
  • rinne) von der V. (d. i. Walther
  • von der y.) der berühmte Lieder-
  • dichter, Zeitgenoß Gottfried's 4799.
  • Frame, Frankreich 10906.
  • Vulkan 4930. 4970.
  • Weisefort, dat. Weise/orte, Königs-
  • stadt in Irland 8683. 9217. 9263.
  • 9704.
  • Zitheron, dat. Zitherone (=Hs. M u.
  • H ; Cijtherone W; Cyfarone F), der
  • Kytheron 4806.
  • Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.
  • >C'^52C5
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  • V-r-
  • University of Toronto
  • Library
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  • LOWE-MARTIN CO. UMTTED
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