- The Project Gutenberg EBook of Die Räuber, by Friedrich Schiller
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- Title: Die Räuber
- Ein Schauspiel
- Author: Friedrich Schiller
- Release Date: January 1, 2015 [EBook #47804]
- Language: German
- *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE RÄUBER ***
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- Die
- Räuber
- ein Schauspiel
- von
- Schiller.
- Neue verbesserte Auflage.
- Tübingen,
- in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.
- 1805.
- =_Hippocrates._=
- =Quæ medicamenta non sanant, _ferrum_ sanat, quæ ferrum non sanat,
- _ignis_ sanat.=
- Personen:
- ~Maximilian~, regierender Graf von Moor.
- ~Karl~, }
- } seine Söhne.
- ~Franz~, }
- ~Amalia~, von Edelreich.
- ~Spiegelberg~, }
- }
- ~Schweizer~, }
- }
- ~Grimm~, }
- }
- ~Razmann~, }
- } Libertiner, nachher Banditen.
- ~Schufterle~, }
- }
- ~Roller~, }
- }
- ~Kosinsky~, }
- }
- ~Schwarz~, }
- ~Herrmann~, Bastard von einem Edelmann.
- ~Daniel~, Hausknecht des Grafen von Moor.
- ~Pastor Moser~.
- Ein Pater.
- Räuberbande.
- Nebenpersonen.
- (Der Ort der Geschichte ist Teutschland, die Zeit ohngefähr zwei
- Jahre.)
- Vorrede.
- Man nehme dieses Schauspiel für nichts anderes, als eine dramatische
- Geschichte, die die Vortheile der dramatischen Methode, die Seele
- gleichsam bei ihren geheimsten Operationen zu ertappen, benutzt, ohne
- sich übrigens in die Schranken eines Theaterstücks einzuzäunen, oder
- nach dem so zweifelhaften Gewinn bei theatralischer Verkörperung zu
- geitzen. Man wird mir einräumen, daß es eine widersinnige Zumuthung
- ist, binnen drei Stunden drei ausserordentliche Menschen zu erschöpfen,
- deren Thätigkeit von vielleicht tausend Räderchen abhänget, so wie es
- in der Natur der Dinge unmöglich kann gegründet seyn, daß sich drei
- ausserordentliche Menschen auch dem durchdringendsten Geisterkenner
- innerhalb vier und zwanzig Stunden entblössen. Hier war Fülle in
- einander gedrungener Realitäten vorhanden, die ich unmöglich in die
- allzuengen Pallisaden des Aristoteles und Batteux einkeilen konnte.
- Nun ist es aber nicht sowohl die Masse meines Schauspiels, als vielmehr
- sein Inhalt, der es von der Bühne verbannet. Die Oekonomie desselben
- machte es nothwendig, daß mancher Charakter auftreten mußte, der das
- feinere Gefühl der Tugend beleidigt, und die Zärtlichkeit unserer
- Sitten empört. Jeder Menschenmaler ist in diese Nothwendigkeit gesetzt,
- wenn er anders eine Kopie der wirklichen Welt, und keine idealischen
- Affektationen, keine Kompendienmenschen will geliefert haben. Es ist
- einmal so die Mode in der Welt, daß die Guten durch die Bösen schattirt
- werden, und die Tugend im Kontraste mit dem Laster das lebendigste
- Kolorit erhält. Wer sich den Zweck vorgezeichnet hat, das Laster zu
- stürzen, und Religion, Moral und bürgerliche Gesetze an ihren Feinden
- zu rächen, ein solcher muß das Laster in seiner nakten Abscheulichkeit
- enthüllen, und in seiner kolossalischen Grösse vor das Auge der
- Menschheit stellen -- er selbst muß augenblicklich seine nächtlichen
- Labyrinthe durchwandern, -- er muß sich in Empfindungen hineinzuzwingen
- wissen, unter deren Widernatürlichkeit sich seine Seele sträubt.
- Das Laster wird hier mit samt seinem ganzen innern Räderwerk entfaltet.
- Es lößt in Franzen all die verworrenen Schauer des Gewissens in
- ohnmächtige Abstraktionen auf, skeletisirt die richtende Empfindung,
- und scherzt die ernsthafte Stimme der Religion hinweg. Wer es einmal
- so weit gebracht hat, (ein Ruhm, den wir ihm nicht beneiden) seinen
- Verstand auf Unkosten seines Herzens zu verfeinern, dem ist das
- Heiligste nicht heilig mehr -- dem ist die Menschheit, die Gottheit
- nichts -- beide Welten sind nichts in seinen Augen. Ich habe versucht,
- von einem Mißmenschen dieser Art ein treffendes lebendiges Konterfey
- hinzuwerfen, die vollständige Mechanik seines Lastersystems auseinander
- zu gliedern -- und ihre Kraft an der Wahrheit zu prüfen. Man
- unterrichte sich demnach im Verfolg dieser Geschichte, wie weit ihr's
- gelungen hat -- Ich denke, ich habe die Natur getroffen.
- Nächst an diesem stehet ein anderer, der vielleicht nicht wenige meiner
- Leser in Verlegenheit setzen möchte. Ein Geist, den das äusserste
- Laster nur reitzet um der ~Grösse~ willen, die ihm anhänget, um der
- ~Kraft~ willen, die es erheischet, um der ~Gefahren~ willen, die es
- begleiten. Ein merkwürdiger wichtiger Mensch, ausgestattet mit aller
- Kraft, nach der Richtung, die diese bekömmt, nothwendig entweder
- ein Brutus oder ein Katilina zu werden. Unglückliche Konjunkturen
- entscheiden für das zweyte, und erst am Ende einer ungeheuren
- Verirrung gelangt er zu dem ersten. Falsche Begriffe von Thätigkeit und
- Einfluß, Fülle von Kraft, die alle Gesetze übersprudelt, mußten sich
- natürlicher Weise an bürgerlichen Verhältnissen zerschlagen, und zu
- diesen enthusiastischen Träumen von Größe und Wirksamkeit durfte sich
- nur eine Bitterkeit gegen die unidealische Welt gesellen, so war der
- seltsame Donquixote fertig, den wir im Räuber Moor verabscheuen und
- lieben, bewundern und bedauern. Ich werde es hoffentlich nicht erst
- anmerken dörfen, daß ich dieses Gemählde so wenig nur allein Räubern
- vorhalte, als die Satyre des Spaniers nur allein Ritter geisselt.
- Auch ist itzo der ~grosse Geschmack~, seinen Witz auf Kosten der
- Religion spielen zu lassen, daß man beinahe für kein Genie mehr
- passirt, wenn man nicht seinen gottlosen Satyr auf ihren heiligsten
- Wahrheiten sich herumtummeln läßt. Die edle Einfalt der ~Schrift~ muß
- sich in alltäglichen Assembleen von den sogenannten witzigen Köpfen
- mißhandeln, und ins Lächerliche verzerren lassen; denn was ist so
- heilig und ernsthaft, das, wenn man es falsch verdreht, nicht belacht
- werden kann? -- Ich kann hoffen, daß ich der ~Religion~ und der wahren
- Moral keine gemeine Rache verschafft habe, wenn ich diese muthwillige
- Schriftverächter in der Person meiner schändlichsten Räuber dem
- Abscheu der Welt überliefere.
- Aber noch mehr. Diese unmoralische Charaktere, von denen vorhin
- gesprochen wurde, mußten von gewissen Seiten glänzen, ja oft von
- Seiten des Geistes gewinnen, was sie von Seiten des Herzens verlieren.
- Hierin habe ich nur die Natur gleichsam wörtlich abgeschrieben. Jedem,
- auch dem Lasterhaftesten ist gewissermaßen der Stempel des göttlichen
- Ebenbilds aufgedrückt, und vielleicht hat der große Bösewicht keinen
- so weiten Weg zum großen Rechtschaffenen, als der kleine; denn die
- Moralität hält gleichen Gang mit den Kräften, und je weiter die
- Fähigkeit, desto weiter und ungeheurer ihre Verirrung, desto imputabler
- ihre Verfälschung.
- Klopstok's Adramelech weckt in uns eine Empfindung, worin Bewunderung
- in Abscheu schmilzt. Milton's Satan folgen wir mit schauderndem
- Erstaunen durch das unwegsame Chaos. Die Medea der alten Dramatiker
- bleibt bei all ihren Greueln noch ein großes staunenswürdiges Weib,
- und Shakespear's Richard hat so gewiß am Leser einen Bewunderer, als
- er auch ihn hassen würde, wenn er ihm vor der Sonne stünde. Wenn es
- mir darum zu thun ist, ~ganze~ Menschen hinzustellen, so muß ich
- auch ihre Vollkommenheiten mitnehmen, die auch dem Bösesten nie ganz
- fehlen. Wenn ich vor dem Tyger gewarnt haben will, so darf ich seine
- schöne blendende Fleckenhaut nicht übergehen, damit man nicht den
- Tyger beim Tyger vermisse. Auch ist ein Mensch, der ganz Bosheit
- ist, schlechterdings kein Gegenstand der Kunst, und äussert eine
- zurückstossende Kraft, statt daß er die Aufmerksamkeit der Leser
- fesseln sollte. Man würde umblättern, wenn er redet. Eine edle Seele
- erträgt so wenig anhaltende moralische Dissonanzen, als das Ohr das
- Gekrizel eines Messers auf Glas.
- Aber eben darum will ich selbst mißrathen haben, dieses mein Schauspiel
- auf der Bühne zu wagen. Es gehört beiderseits, beim Dichter und seinem
- Leser, schon ein gewisser Gehalt von Geisteskraft dazu: bei jenem, daß
- er das Laster nicht ~ziere~, bei diesem, daß er sich nicht von einer
- schönen Seite bestechen lasse, auch den häßlichen Grund zu schätzen.
- ~Meinerseits~ entscheide ein Dritter -- aber von meinen Lesern bin
- ich es ~nicht~ ganz gesichert. Der Pöbel, worunter ich keineswegs
- die Gassenkehrer allein will verstanden wissen, der Pöbel wurzelt,
- (unter uns gesagt) weit um, und gibt zum Unglück -- den Ton an. Zu
- kurzsichtig, mein ~Ganzes~ auszureichen, zu kleingeistisch, mein
- ~Grosses~ zu begreifen, zu boshaft, mein ~Gutes~ wissen zu wollen, wird
- er, fürcht' ich, fast meine Absicht vereiteln, wird vielleicht eine
- Apologie des Lasters, das ich stürze, darin zu finden meynen, und seine
- eigene Einfalt den armen Dichter entgelten lassen, dem man gemeiniglich
- alles, nur nicht Gerechtigkeit widerfahren läßt.
- Es ist das ewige =Dacapo= mit Abdera und Demokrit, und unsre guten
- Hippokrate müßten ganze Plantagen Nießwurz erschöpfen, wenn sie dem
- Unwesen durch ein heilsames Dekokt abhelfen wollten. Noch so viele
- Freunde der Wahrheit mögen zusammenstehen, ihren Mitbürgern auf Kanzel
- und Schaubühne Schule zu halten, der Pöbel hört nie auf, Pöbel zu seyn,
- und wenn Sonne und Mond sich wandeln, und Himmel und Erde veralten wie
- ein Kleid. Vielleicht hätt' ich, den Schwachherzigen zu frommen, der
- Natur minder getreu seyn sollen; aber wenn jener Käfer, den wir alle
- kennen, auch den Mist aus den Perlen stört, wenn man Exempel hat, daß
- Feuer verbrannt, und Wasser ersäuft habe, soll darum Perle -- Feuer --
- und Wasser konfiscirt werden?
- Ich darf meiner Schrift, zufolge ihrer merkwürdigen Katastrophe,
- mit Recht einen Platz unter den moralischen Büchern versprechen; das
- Laster nimmt den Ausgang, der seiner würdig ist. Der Verirrte tritt
- wieder in das Geleise der Gesetze. Die Tugend geht siegend davon. Wer
- nur so billig gegen mich handelt, mich ganz zu lesen, mich verstehen
- zu wollen, von dem kann ich erwarten, daß er -- nicht den Dichter
- bewundere, aber den rechtschaffenen Mann in mir hochschätze.
- Geschrieben in der Ostermesse.
- ~1781~.
- Der Herausgeber.
- Erster Akt.
- Erste Scene.
- Franken.
- Saal im Moorischen Schloß.
- Franz. Der alte Moor.
- ~Franz.~ Aber ist euch auch wohl, Vater? Ihr seht so blaß.
- ~Der alte Moor.~ Ganz wohl, mein Sohn -- was hattest du mir zu sagen?
- ~Franz.~ Die Post ist angekommen -- ein Brief von unserm
- Korrespondenten in Leipzig --
- ~D. a. Moor.~ (_Begierig._) Nachrichten von meinem Sohne Karl?
- ~Franz.~ Hm! hm! -- So ist es. Aber ich fürchte -- ich weiß nicht -- ob
- ich -- eurer Gesundheit? -- Ist euch wirklich ganz wohl, mein Vater?
- ~D. a. Moor.~ Wie dem Fisch im Wasser! Von meinem Sohne schreibt er? --
- wie kommst du zu dieser Besorgniß? Du hast mich zweymal gefragt.
- ~Franz.~ Wenn ihr krank seyd -- nur die leiseste Ahnung habt, es zu
- werden, so laßt mich -- ich will zu gelegnerer Zeit zu euch reden,
- (_halb vor sich._) Diese Zeitung ist nicht für einen zerbrechlichen
- Körper.
- ~D. a. Moor.~ Gott! Gott! was werd' ich hören?
- ~Franz.~ Laßt mich vorerst auf die Seite gehn, und eine Thräne des
- Mitleids vergiessen um meinen verlornen Bruder -- ich sollte schweigen
- auf ewig -- denn er ist euer Sohn: Ich sollte seine Schande verhüllen
- auf ewig -- denn er ist mein Bruder. -- Aber euch gehorchen, ist meine
- erste traurige Pflicht -- darum vergebt mir.
- ~D. a. Moor.~ O Karl! Karl! wüßtest du wie deine Aufführung das
- Vaterherz foltert! Wie eine einzige frohe Nachricht von dir meinem
- Leben zehen Jahre zusetzen würde -- mich zum Jüngling machen würde --
- da mich nun jede, ach! -- einen Schritt näher ans Grab rückt!
- ~Franz.~ Ist es das, alter Mann, so lebt wohl -- wir alle würden noch
- heute die Haare ausraufen über eurem Sarge.
- ~D. a. Moor.~ Bleib! -- Es ist noch um den kleinen kurzen Schritt zu
- thun -- laß ihm seinen Willen, (_indem er sich niedersetzt._) Die
- Sünden seiner Väter werden heimgesucht im dritten und vierten Glied --
- laß ihns vollenden.
- ~Franz~ (_nimmt den Brief aus der Tasche._) Ihr kennt unsern
- Korrespondenten! Seht! Den Finger meiner rechten Hand wollt ich drum
- geben, dürft' ich sagen, er ist ein Lügner, ein schwarzer giftiger
- Lügner -- -- Faßt euch! Ihr vergebt mir, wenn ich euch den Brief nicht
- selbst lesen lasse -- Noch dörft ihr nicht alles hören.
- ~D. a. Moor.~ Alles, alles -- mein Sohn, du ersparst mir die Krücke.
- ~Franz~ (_liest._) »Leipzig vom 1sten May. -- Verbände mich nicht eine
- unverbrüchliche Zusage, dir auch nicht das geringste zu verhelen, was
- ich von den Schicksalen deines Bruders auffangen kann, liebster Freund,
- nimmermehr würde meine unschuldige Feder an dir zur Tyranninn geworden
- seyn. Ich kann aus hundert Briefen von dir abnehmen, wie Nachrichten
- dieser Art dein brüderliches Herz durchbohren müssen, mir ists als säh
- ich dich schon um den Nichtswürdigen, den Abscheulichen« -- -- (_Der
- alte Moor verbirgt sein Gesicht._) Seht, Vater! ich lese euch nur das
- Glimpflichste -- »den Abscheulichen in tausend Thränen ergossen,« ach
- sie flossen -- stürzten stromweis von dieser mitleidigen Wange -- »mir
- ist's, als säh ich schon deinen alten, frommen Vater todtenbleich« --
- Jesus Maria! ihr seyd's, eh' ihr noch das Mindeste wisset?
- ~D. a. Moor.~ Weiter! Weiter!
- ~Franz.~ »Todtenbleich in seinen Stuhl zurücktaumeln, und dem Tage
- fluchen, an dem ihm zum erstenmal ~Vater~ entgegengestammelt ward.
- Man hat mir nicht alles entdecken mögen, und von dem Wenigen, das ich
- weiß, erfährst du nur weniges. Dein Bruder scheint nun das Maas seiner
- Schande gefüllt zu haben; ich wenigstens kenne nichts über dem, was
- er wirklich erreicht hat, wenn nicht sein Genie das meinige hierin
- übersteigt. Gestern um Mitternacht hatte er den großen Entschluß,
- nach vierzig tausend Dukaten Schulden -- ein hübsches Taschengeld,
- Vater -- nachdem er zuvor die Tochter eines reichen Banquiers allhier
- entjungfert, und ihren Galan, einen braven Jungen von Stand, im Duell
- auf den Tod verwundet, mit sieben andern, die er mit in sein Luderleben
- gezogen, dem Arm der Justiz zu entlaufen« -- Vater! Um Gotteswillen,
- Vater! wie wird euch?
- ~D. a. Moor.~ Es ist genug. Laß ab, mein Sohn!
- ~Franz.~ Ich schone eurer -- »man hat ihm Steckbriefe nachgeschickt,
- die Beleidigten schreyen laut um Genugthuung, ein Preiß ist auf seinen
- Kopf gesetzt -- der Name Moor« -- Nein! Meine armen Lippen sollen
- nimmermehr einen Vater ermorden! (_zerreißt den Brief._) Glaubt es
- nicht, Vater! glaubt ihm keine Sylbe!
- ~D. a. Moor~ (_weint bitterlich._) Mein Name! Mein ehrlicher Name!
- ~Franz~ (_fällt ihm um den Hals._) Schändlicher, dreimal schändlicher
- Karl! Ahnete mirs nicht, da er noch ein Knabe den Mädels so
- nachschlenderte, mit Gassenjungen und elendem Gesindel auf Wiesen und
- Bergen sich herumhezte, den Anblick der Kirche, wie ein Missethäter das
- Gefängniß, floh, und die Pfennige, die er euch abquälte, dem ersten
- dem besten Bettler in den Hut warf, während daß wir daheim mit frommen
- Gebeten und heiligen Predigtbüchern uns erbauten? -- Ahnete mirs nicht,
- da er die Abentheuer des Julius Cäsar und Alexander Magnus und anderer
- stockfinsterer Heiden lieber las, als die Geschichte des bußfertigen
- Tobias? -- Hundertmal hab' ichs euch geweissagt, denn meine Liebe zu
- ihm war immer in den Schranken der kindlichen Pflicht, -- der Junge
- wird uns alle noch in Elend und Schande stürzen! -- O daß er Moors
- Namen nicht trüge! daß mein Herz nicht so warm für ihn schlüge! Die
- gottlose Liebe, die ich nicht vertilgen kann, wird mich noch einmal vor
- Gottes Richterstuhl anklagen.
- ~D. a. Moor.~ O -- meine Aussichten! Meine goldenen Träume!
- ~Franz.~ Das weiß ich wohl. Das ist es ja, was ich eben sagte. Der
- feurige Geist, der in dem Buben lodert, sagtet ihr immer, der ihn
- für jeden Reiz von Größe und Schönheit so empfindlich macht; diese
- Offenheit, die seine Seele auf dem Auge spiegelt, diese Weichheit des
- Gefühls, die ihn bei jedem Leiden in weinende Sympathie dahinschmelzt,
- dieser männliche Muth, der ihn auf den Wipfel hundertjähriger Eichen
- treibet, und über Gräben und Pallisaden und reissende Flüsse jagt,
- dieser kindische Ehrgeitz, dieser unüberwindliche Starrsinn und alle
- diese schönen glänzenden Tugenden, die im Vatersöhnchen keimten,
- werden ihn dereinst zu einem warmen Freund eines Freundes, zu einem
- treflichen Bürger, zu einem Helden, zu einem ~grossen~, ~grossen~
- Manne machen -- seht ihrs nun, Vater! -- der feurige Geist hat sich
- entwickelt, ausgebreitet, herrliche Früchte hat er getragen. Seht
- diese Offenheit, wie hübsch sie sich zur Frechheit herumgedreht hat,
- seht diese Weichheit, wie zärtlich sie für Koketten girret, wie so
- empfindsam für die Reitze einer Phryne! Seht dieses feurige Genie, wie
- es das Oel seines Lebens in sechs Jährgen so rein weggebrannt hat, daß
- er bei lebendigem Leibe umgeht, und da kommen die Leute, und sind so
- unverschämt und sagen: =c'est l'amour qui a fait ça!= Ah! seht doch
- diesen kühnen unternehmenden Kopf, wie er Plane schmiedet und ausführt,
- vor denen die Heldenthaten eines Kartouches und Howards verschwinden!
- -- Und wenn erst diese prächtigen Keime zur vollen Reife erwachsen --
- was läßt sich auch von einem so zarten Alter Vollkommenes erwarten? --
- Vielleicht, Vater, erlebet ihr noch die Freude, ihn an der Fronte eines
- Heeres zu erblicken, das in der heiligen Stille der Wälder residiret,
- und dem müden Wanderer seine Reise um die Hälfte der Bürde erleichtert
- -- vielleicht könnt ihr noch, eh' ihr zu Grabe geht, eine Wallfahrt
- nach seinem Monumente thun, das er sich zwischen Himmel und Erden
- errichtet -- vielleicht, o Vater, Vater, Vater -- seht euch nach einem
- andern Namen um, sonst deuten Krämer und Gassenjungen mit Fingern auf
- euch, die euren Herrn Sohn auf dem Leipziger Marktplatz im Portrait
- gesehen haben.
- ~D. a. Moor.~ Und auch du, mein Franz, auch du? O meine Kinder! Wie sie
- nach meinem Herzen zielen!
- ~Franz.~ Ihr seht, ich kann auch witzig seyn, aber mein Witz ist
- Skorpionstich. -- Und dann der trockne Alltagsmensch, der kalte,
- hölzerne Franz, und wie die Titelgen alle heissen mögen, die euch der
- Contrast zwischen ihm und mir mochte eingegeben haben, wenn er euch auf
- dem Schoose saß, oder in die Backen zwickte -- der wird einmal zwischen
- seinen Gränzsteinen sterben, und modern, und vergessen werden, wenn der
- Ruhm dieses Universalkopfs von einem Pole zum andern fliegt -- Ha! mit
- gefaltnen Händen dankt dir, o Himmel! der kalte, trockne, hölzerne
- Franz -- daß er nicht ist, wie dieser!
- ~D. a. Moor.~ Vergib mir, mein Kind; zürne nicht auf einen Vater, der
- sich in seinen Planen betrogen findet. Der Gott, der mir durch Karln
- Thränen zusendet, wird sie durch dich, mein Franz, aus meinen Augen
- wischen.
- ~Franz.~ Ja Vater, aus euren Augen soll er sie wischen. Euer Franz wird
- sein Leben dran setzen, das eurige zu verlängern. Euer Leben ist das
- Orakel, das ich vor allen zu Rathe ziehe, über dem, was ich thun will,
- der Spiegel, durch den ich alles betrachte -- keine Pflicht ist mir so
- heilig, die ich nicht zu brechen bereit bin, wenn's um euer kostbares
- Leben zu thun ist. -- Ihr glaubt mir das?
- ~D. a. Moor.~ Du hast noch große Pflichten auf dir, mein Sohn -- Gott
- segne dich für das, was du mir warst und seyn wirst!
- ~Franz.~ Nun sagt mir einmal -- Wenn ihr diesen Sohn nicht den euren
- nennen müßtet, ihr wär't ein glücklicher Mann?
- ~D. a. Moor.~ Stille, o stille! da ihn die Wehmutter mir brachte, hub
- ich ihn gen Himmel, und rief: Bin ich nicht ein glücklicher Mann?
- ~Franz.~ Das sagtet ihr. Nun habt ihr's gefunden? Ihr beneidet den
- schlechtesten eurer Bauren, daß er nicht Vater ist zu diesem -- Ihr
- habt Kummer, so lang ihr diesen Sohn habt. Dieser Kummer wird wachsen
- mit Karln. Dieser Kummer wird euer Leben untergraben.
- ~D. a. Moor.~ O! er hat mich zu einem achtzigjährigen Manne gemacht.
- ~Franz.~ Nun also -- wenn ihr dieses Sohnes euch entäussertet?
- ~D. a. Moor~ (_auffahrend._) Franz! Franz! was sagst du?
- ~Franz.~ Ist es nicht diese Liebe zu ihm, die euch all den Gram macht?
- Ohne diese Liebe ist er für euch nicht da. Ohne diese strafbare, diese
- verdammliche Liebe ist er euch gestorben -- ist er euch nie gebohren.
- Nicht Fleisch und Blut, das Herz macht uns zu Vätern und Söhnen. Liebt
- ihr ihn nicht mehr, so ist diese Abart auch euer Sohn nicht mehr, und
- wär' er aus eurem Fleische geschnitten. Er ist euer Augapfel gewesen
- bisher, nun aber, ärgert dich dein Auge, sagt die Schrift, so reiß
- es aus. Es ist besser einäugig gen Himmel, als mit zwei Augen in die
- Hölle. Es ist besser kinderlos gen Himmel, als wenn beide, Vater und
- Sohn, in die Hölle fahren. So spricht die Gottheit!
- ~D. a. Moor.~ Du willst, ich soll meinen Sohn verfluchen?
- ~Franz.~ Nicht doch! Nicht doch! -- Euren Sohn sollt ihr nicht
- verfluchen. Was heißt ihr euren Sohn? -- dem ihr das Leben gegeben
- habt, wenn er sich auch alle ersinnliche Mühe gibt, das eurige zu
- verkürzen?
- ~D. a. Moor.~ O das ist allzuwahr! das ist ein Gericht über mich. Der
- Herr hat's ihn geheissen!
- ~Franz.~ Seht ihr's, wie kindlich euer Busenkind an euch handelt. Durch
- eure väterliche Theilnehmung erwürgt er euch, mordet euch durch eure
- Liebe, hat euer Vaterherz selbst bestochen, euch den Garaus zu machen.
- Seyd ihr einmal nicht mehr, so ist er Herr eurer Güter, König seiner
- Triebe. Der Damm ist weg, und der Strom seiner Lüste kann itzt freyer
- dahinbrausen. Denkt euch einmal an seine Stelle! Wie oft muß er den
- Vater unter die Erde wünschen -- wie oft den Bruder -- die ihm im Lauf
- seiner Excesse so unbarmherzig im Weg stehen. Ist das aber Liebe gegen
- Liebe? Ist das kindliche Dankbarkeit gegen väterliche Milde? Wenn er
- dem geilen Kitzel eines Augenblicks zehn Jahre eures Lebens aufopfert?
- wenn er den Ruhm seiner Väter, der sich schon sieben Jahrhunderte
- unbefleckt erhalten hat, in einer wollüstigen Minute aufs Spiel setzt?
- Heißt ihr das euren Sohn? Antwortet! heißt ihr das einen Sohn?
- ~D. a. Moor.~ Ein unzärtliches Kind! ach! aber mein Kind doch! mein
- Kind doch!
- ~Franz.~ Ein allerliebstes, köstliches Kind, dessen ewiges Studium
- ist, keinen Vater zu haben -- O daß ihr's begreifen lerntet! daß euch
- die Schuppen fielen vom Auge! aber eure Nachsicht muß ihn in seinen
- Liederlichkeiten bevestigen; euer Vorschub ihnen Rechtmäßigkeit geben.
- Ihr werdet freilich den Fluch von seinem Haupte laden, auf euch, Vater,
- auf euch wird der Fluch der Verdammniß fallen.
- ~D. a. Moor.~ Gerecht! sehr gerecht! -- Mein, mein ist alle Schuld!
- ~Franz.~ Wie viele Tausende, die voll gesoffen haben vom Becher
- der Wollust, sind durch Leiden gebessert worden! Und ist nicht der
- körperliche Schmerz, den jedes Uebermaas begleitet, ein Fingerzeig
- des göttlichen Willens? Sollte ihn der Mensch durch seine grausame
- Zärtlichkeit verkehren? Soll der Vater das ihm anvertraute Pfand auf
- ewig zu Grunde richten? -- Bedenkt, Vater, wenn ihr ihn seinem Elend
- auf einige Zeit preiß geben werdet, wird er nicht entweder umkehren
- müssen und sich bessern? oder er wird auch in der großen Schule des
- Elends ein Schurke bleiben, und dann -- wehe dem Vater, der die
- Rathschlüsse einer höheren Weisheit durch Verzärtlung zernichtet! --
- Nun, Vater?
- ~D. a. Moor.~ Ich will ihm schreiben, daß ich meine Hand von ihm wende.
- ~Franz.~ Da thut ihr recht und klug daran.
- ~D. a. Moor.~ Daß er nimmer vor meine Augen komme.
- ~Franz.~ Das wird eine heilsame Wirkung thun.
- ~D. a. Moor~ (_zärtlich._) Bis er anders worden!
- ~Franz.~ Schon recht, schon recht -- Aber, wenn er nun kommt mit
- der Larve des Heuchlers, euer Mitleid erweint, eure Vergebung sich
- erschmeichelt, und morgen hingeht und eurer Schwachheit spottet im Arm
- seiner Huren? -- Nein, Vater! Er wird freywillig wiederkehren, wenn ihn
- sein Gewissen reingesprochen hat.
- ~D. a. Moor.~ So will ich ihm das auf der Stelle schreiben.
- ~Franz.~ Halt! noch ein Wort, Vater! Eure Entrüstung, fürchte ich,
- möchte euch zu harte Worte in die Feder werfen, die ihm das Herz
- zerspalten würden -- und dann -- glaubt ihr nicht, daß er das schon
- für Verzeihung nehmen werde, wenn ihr ihn noch eines eigenhändigen
- Schreibens werth haltet? Darum wird's besser seyn, ihr überlaßt das
- Schreiben mir.
- ~D. a. Moor.~ Thu' das, mein Sohn. -- Ach! es hätte mir doch das Herz
- gebrochen! Schreib ihm -- --
- ~Franz~ (_schnell._) Dabei bleibt's also?
- ~D. a. Moor.~ Schreib ihm, daß ich tausend blutige Thränen, tausend
- schlaflose Nächte -- Aber bring meinen Sohn nicht zur Verzweiflung.
- ~Franz.~ Wollt ihr euch nicht zu Bette legen, Vater? Es griff euch hart
- an.
- ~D. a. Moor.~ Schreib ihm, daß die väterliche Brust -- Ich sage dir,
- bring meinen Sohn nicht zur Verzweiflung.
- (Geht traurig ab.)
- ~Franz~ (_mit Lachen ihm nachsehend._) Tröste dich, Alter, du wirst ihn
- nimmer an diese Brust drücken, der Weg dazu ist ihm verrammelt, wie der
- Himmel der Hölle -- Er war aus deinen Armen gerissen, ehe du wußtest,
- daß du es wollen könntest -- da müßt' ich ein erbärmlicher Stümper
- seyn, wenn ich's nicht einmal so weit gebracht hätte, einen Sohn vom
- Herzen des Vaters los zu lösen, und wenn er mit ehernen Banden daran
- geklammert wäre -- Ich hab' einen magischen Kreis von Flüchen um dich
- gezogen, den er nicht überspringen soll -- Glück zu, Franz! Weg ist
- das Schooskind -- Der Wald ist heller. Ich muß diese Papiere vollends
- aufheben, wie leicht könnte jemand meine Handschrift kennen? (_er liest
- die zerrissenen Briefstücke zusammen._) -- Und Gram wird auch den
- Alten bald fortschaffen, -- und ihr muß ich diesen Karl aus dem Herzen
- reissen, wenn auch ihr halbes Leben dran hängen bleiben sollte.
- Ich habe große Rechte, über die Natur ungehalten zu seyn, und bei
- meiner Ehre! ich will sie geltend machen. -- Warum bin ich nicht
- der Erste aus Mutterleib gekrochen? Warum nicht der Einzige? Warum
- mußte sie mir diese Bürde von Häßlichkeit aufladen? gerade mir?
- Nicht anders, als ob sie bei meiner Geburt einen Rest gesetzt hätte?
- Warum gerade mir die Lappländersnase? Gerade mir dieses Mohrenmaul?
- Diese Hottentottenaugen? Wirklich, ich glaube, sie hat von allen
- Menschensorten das Scheußliche auf einen Haufen geworfen, und mich
- daraus gebacken. Mord und Tod! Wer hat ihr die Vollmacht gegeben, jenem
- dieses zu verleihen, und mir vorzuenthalten? Könnte ihr jemand darum
- hofiren, eh' er entstund? Oder sie beleidigen, eh' er selbst wurde?
- Warum gieng sie so partheylich zu Werke?
- Nein! Nein! Ich thu' ihr Unrecht. Gab sie uns doch Erfindungsgeist mit,
- setzte uns nackt und armselig ans Ufer dieses großen Ozeans, ~Welt~ --
- Schwimme, wer schwimmen kann, und wer plump ist, geht unter! Sie gab
- mir nichts mit; wozu ich mich machen will, das ist nun meine Sache.
- Jeder hat gleiches Recht zum Grösten und Kleinsten, Anspruch wird an
- Anspruch, Trieb an Trieb, und Kraft an Kraft zernichtet. Das Recht
- wohnet beim Ueberwältiger, und die Schranken unserer Kraft sind unsere
- Gesetze.
- Wohl gibt es gewisse gemeinschaftliche Pakta, die man geschlossen hat,
- die Pulse des Weltcirkels zu treiben. Ehrlicher Name! -- Wahrhaftig
- eine reichhaltige Münze, mit der sich meisterlich schachern läßt,
- wer's versteht, sie gut auszugeben. Gewissen, -- o ja, freilich! ein
- tüchtiger Lumpenmann, Sperlinge von Kirschbäumen wegzuschröcken!
- -- auch das ein gut geschriebener Wechselbrief, mit dem auch der
- Bankerotirer zur Noth noch hinauslangt.
- In der That sehr lobenswürdige Anstalten, die Narren im Respekt und
- den Pöbel unter dem Pantoffel zu halten, damit die Gescheiden es desto
- bequemer haben. Ohne Anstand, recht schnackische Anstalten! Kommen
- mir für, wie die Hecken, die meine Bauren gar schlau um ihre Felder
- herumführen, daß ja kein Haase drüber setzt, ja beileibe kein Haase! --
- Aber der gnädige Herr gibt seinem Rappen den Sporn, und galoppirt weich
- über der weiland Aerndte.
- Armer Haase! Es ist doch eine jämmerliche Rolle, der Haase seyn müssen
- auf dieser Welt -- Aber der gnädige Herr braucht Haasen!
- Also frisch drüber hinweg! Wer nichts fürchtet, ist nicht weniger
- mächtig, als der, den alles fürchtet. Es ist itzo die Mode, Schnallen
- an den Beinkleidern zu tragen, womit man sie nach Belieben weiter
- und enger schnürt. Wir wollen uns ein Gewissen nach der neuesten
- Façon anmessen lassen, um es hübsch weiter aufzuschnallen, wie wir
- zulegen. Was können wir dafür? Geht zum Schneider! Ich habe Langes und
- Breites von einer sogenannten ~Blutliebe~ schwatzen gehört, das einem
- ordentlichen Hausmann den Kopf heiß machen könnte -- Das ist dein
- Bruder! -- das ist verdollmetscht: Er ist aus eben dem Ofen geschossen
- worden, aus dem du geschossen bist -- also sey er dir heilig! -- Merkt
- doch einmal diese verzwickte Consequenz, diesen possierlichen Schluß
- von der Nachbarschaft der Leiber auf die Harmonie der Geister; von
- eben derselben Heimath zu eben derselben Empfindung; von einerley
- Kost zu einerley Neigung. Aber weiter -- es ist dein Vater! Er hat
- dir das Leben gegeben, du bist sein Fleisch, sein Blut -- also sey er
- dir heilig. Wiederum eine schlaue Consequenz! Ich möchte doch fragen,
- ~warum~ hat er mich gemacht? doch wohl nicht gar aus Liebe zu mir,
- der erst ein ~Ich~ werden sollte? Hat er mich gekannt, ehe er mich
- machte? Oder hat er an mich gedacht, wie er mich machte? Oder hat er
- mich gewünscht, da er mich machte? Wußte er, was ich werden würde? das
- wollt' ich ihm nicht rathen, sonst möcht' ich ihn dafür strafen, daß
- er mich doch gemacht hat? Kann ich's ihm Dank wissen, daß ich ein Mann
- wurde? So wenig, als ich ihn verklagen könnte, wenn er ein Weib aus mir
- gemacht hätte. Kann ich eine Liebe erkennen, die sich nicht auf Achtung
- gegen mein ~Selbst~ gründet? Konnte Achtung gegen mein Selbst vorhanden
- seyn, das erst dadurch entstehen sollte, davon es die Voraussetzung
- seyn muß? Wo stickt dann nun das Heilige? Etwa im Aktus selber, durch
- den ich entstund? -- Als wenn dieser etwas mehr wäre, als viehischer
- Proceß zur Stillung viehischer Begierden? Oder stickt es vielleicht im
- Resultat dieses Aktus, der doch nichts ist, als eiserne Nothwendigkeit,
- die man so gern wegwünschte, wenn's nicht auf Unkosten von Fleisch und
- Blut geschehen müßte. Soll ich ihm etwa darum gute Worte geben, daß
- er mich liebt? das ist eine Eitelkeit von ihm, die Schoossünde aller
- Künstler, die sich in ihrem Werk kokettiren, wär' es auch noch so
- häßlich. -- Sehet also, das ist die ganze Hexerey, die ihr in einen
- heiligen Nebel verschleyert, unsre Furchtsamkeit zu mißbrauchen. Soll
- auch ich mich dadurch gängeln lassen, wie einen Knaben?
- Frisch also! muthig an's Werk! -- Ich will alles um mich her ausrotten,
- was mich einschränkt, daß ich nicht ~Herr~ bin. ~Herr~ muß ich seyn,
- daß ich das mit Gewalt ertrotze, wozu mir die Liebenswürdigkeit
- gebricht. (_ab_)
- Zweite Scene.
- Schenke an den Gränzen von Sachsen.
- Karl von Moor (_in ein Buch vertieft._) Spiegelberg (_trinkend am
- Tisch._)
- ~Karl v. Moor~ (_legt das Buch weg._) Mir eckelt vor diesem
- Tintenkleksenden Seculum, wenn ich in meinem Plutarch lese von großen
- Menschen.
- ~Spiegelberg~ (_stellt ihm ein Glas hin, und trinkt._) Den Josephus
- mußt du lesen.
- ~Moor.~ Der lohe Lichtfunke Prometheus ist ausgebrannt, dafür nimmt man
- itzt die Flamme von Berlappenmehl -- Theaterfeuer, das keine Pfeife
- Tabak anzündet. Da krabbeln sie nun, wie die Ratten auf der Keule des
- Herkules, und studiren sich das Mark aus dem Schädel, was das für ein
- Ding sey, das er in seinen Hoden geführt hat? Ein französischer Abbé
- docirt, Alexander sey ein Haasenfuß gewesen, ein schwindsüchtiger
- Professor hält sich bei jedem Wort ein Fläschgen Salmiakgeist vor
- die Nase, und liest ein Collegium über die ~Kraft~. Kerls, die in
- Ohnmacht fallen, wenn sie einen Buben gemacht haben, kritteln über die
- Taktik des Hannibals -- feuchtohrige Buben fischen Phrases aus der
- Schlacht bei Kannä, und greinen über die Siege des Scipio, weil sie sie
- exponiren müssen.
- ~Spiegelberg.~ Das ist ja recht Alexandrinisch geflännt.
- ~Moor.~ Schöner Preiß für euren Schweiß in der Feldschlacht, daß
- ihr jetzt in Gymnasien lebet, und eure Unsterblichkeit in einem
- Bücherriemen mühsam fortgeschleppt wird. Kostbarer Ersatz eures
- verpraßten Blutes, von einem Nürnberger Krämer um Lebkuchen
- gewickelt -- oder, wenn's glücklich geht, von einem französischen
- Tragödienschreiber auf Stelzen geschraubt, und mit Drahtfäden gezogen
- zu werden. Hahaha!
- ~Spiegelberg~ (_trinkt._) Lies den Josephus, ich bitte dich drum.
- ~Moor.~ Pfui! Pfui über das schlappe Kastraten-Jahrhundert, zu nichts
- nütze, als die Thaten der Vorzeit wiederzukäuen, und die Helden
- des Alterthums mit Kommentationen zu schinden und zu verhunzen mit
- Trauerspielen. Die Kraft seiner Lenden ist versiegen gegangen, und nun
- muß Bierhefe den Menschen fortpflanzen helfen.
- ~Spiegelberg.~ Thee, Bruder, Thee!
- ~Moor.~ Da verrammeln sie sich die gesunde Natur mit abgeschmakten
- Conventionen, haben das Herz nicht, ein Glas zu leeren, weil sie
- Gesundheit dazu trinken müssen -- beleken den Schuhputzer, daß er sie
- vertrete bei Ihro Gnaden, und hudeln den armen Schelm, den sie nicht
- fürchten. Vergöttern sich um ein Mittagessen, und möchten einander
- vergiften um ein Unterbett, das ihnen beim Aufstreich überboten wird.
- -- Verdammen den Sadduzäer, der nicht fleißig genug in die Kirche
- kommt, und berechnen ihren Judenzins am Altare -- fallen auf die Knie,
- damit sie ja ihren Schlamp ausbreiten können -- wenden kein Aug von dem
- Pfarrer, damit sie sehen, wie seine Perücke frisirt ist. -- Fallen in
- Ohnmacht, wenn sie eine Gans bluten sehen, und klatschen in die Hände,
- wenn ihr Nebenbuhler bankerott von der Börse geht -- -- So warm ich
- ihnen die Hand drückte -- »nur noch einen Tag« -- Umsonst! -- Ins Loch
- mit dem Hund! -- Bitten! Schwüre! Thränen (_auf den Boden stampfend._)
- Hölle und Teufel!
- ~Spiegelberg.~ Und um so ein paar tausend lausige Dukaten --
- ~Moor.~ Nein, ich mag nicht daran denken. Ich soll meinen Leib pressen
- in eine Schnürbrust, und meinen Willen schnüren in Gesetze. Das
- Gesetz hat zum Schneckengang verdorben, was Adlerflug geworden wäre.
- Das Gesetz hat noch keinen großen Mann gebildet, aber die Freyheit
- brütet Kolosse und Extremitäten aus. Sie verpallisadiren sich ins
- Bauchfell eines Tyrannen, hofiren der Laune seines Magens, und lassen
- sich klemmen von seinen Winden. -- Ah! daß der Geist Herrmanns noch
- in der Asche glimmte! -- Stelle mich vor ein Heer Kerls, wie ich, und
- aus Deutschland soll eine Republik werden, gegen die Rom und Sparta
- Nonnenklöster seyn sollen. (_Er wirft den Degen auf den Tisch, und
- steht auf._)
- ~Spiegelberg~ (_aufspringend._) Bravo! Bravissimo! du bringst mich eben
- recht auf das Chapitre. Ich will dir was in's Ohr sagen, Moor, das
- schon lang mit mir umgeht, und du bist der Mann dazu -- sauf Bruder,
- sauf -- wie wär's, wenn wir Juden würden, und das Königreich wieder
- auf's Tapet brächten?
- ~Moor~ (_lacht aus vollem Halse._) Ah! Nun merk' ich -- nun merk' ich
- -- du willst die Vorhaut aus der Mode bringen, weil der Barbier die
- deinige schon hat?
- ~Spiegelberg.~ Daß dich, Bärenhäuter! Ich bin freylich wunderbarerweis
- schon voraus beschnitten. Aber sag, ist das nicht ein schlauer und
- herzhafter Plan? Wir lassen ein Manifest ausgehen in alle vier Enden
- der Welt, und citiren nach Palästina, was kein Schweinefleisch ißt.
- Da beweis ich nun durch triftige Dokumente, Herodes, der Vierfürst,
- sey mein Großahnherr gewesen, und so ferner. Das wird ein Viktoria
- abgeben, Kerl, wenn sie wieder in's Trockene kommen, und Jerusalem
- wieder aufbauen dörfen. Itzt frisch mit den Türken aus Asien, weil's
- Eisen noch warm ist, und Cedern gehauen aus dem Libanon, und Schiffe
- gebaut, und geschachert mit alten Borten und Schnallen das ganze Volk.
- Mittlerweile --
- ~Moor~ (_nimmt ihn lächelnd bei der Hand._) Kamerad! Mit den
- Narrenstreichen ist's nun am Ende.
- ~Spiegelberg~ (_stutzig._) Pfui, du wirst doch nicht gar den verlorenen
- Sohn spielen wollen? Ein Kerl, wie du, der mit dem Degen mehr auf die
- Gesichter gekritzelt hat, als drei Substituten in einem Schaltjahr
- in's Befehlbuch schreiben! Soll ich dir von der großen Hundsleiche
- vorerzählen? ha! ich muß nur dein eigenes Bild wieder vor dich rufen,
- das wird Feuer in deine Adern blasen, wenn dich sonst nichts mehr
- begeistert. Weißt du noch, wie die Herren vom Collegio deiner Dogge das
- Bein hatten abschiessen lassen, und du zur Revange liessest ein Fasten
- ausschreiben in der ganzen Stadt. Man schmollte über dein Rescript.
- Aber du nicht faul, lässest alles Fleisch aufkaufen in ganz L.., daß
- in acht Stund kein Knoch mehr zu nagen ist in der ganzen Rundung, und
- die Fische anfangen im Preiße zu steigen. Magistrat und Bürgerschaft
- düsselten Rache. Wir Pursche frisch heraus zu siebzehnhundert, und du
- an der Spitze, und Mezger und Schneider und Krämer hinterher, und Wirth
- und Barbierer und alle Zünfte, und fluchen, Sturm zu laufen wider die
- Stadt, wenn man den Purschen ein Haar krümmen wollte. Da gieng's aus,
- wie's Schiessen zu Hornberg, und mußten abziehen mit langer Nase. Du
- lässest Doktores kommen ein ganzes Concilium, und botst drei Dukaten,
- wer dem Hund ein Recept schreiben würde. Wir sorgten, die Herren werden
- zuviel Ehr im Leib haben und ~Nein~ sagen, und hattens schon verabredt,
- sie zu forciren. Aber das war unnöthig, die Herren schlugen sich um die
- drei Dukaten, und kam's im Abstreich herab auf drei Bazen, in einer
- Stund sind zwölf Recepte geschrieben, daß das Thier auch bald drauf
- verreckte.
- ~Moor.~ Schändliche Kerls!
- ~Spiegelberg.~ Der Leichenpomp wird veranstaltet in aller Pracht,
- Carmina gab's die schwere Meng' um den Hund, und zogen wir aus des
- Nachts gegen tausend, eine Laterne in der einen Hand, unsre Raufdegen
- in der andern, und so fort durch die Stadt mit Glockenspiel und
- Geklimper, bis der Hund beigesetzt war. Drauf gab's ein Fressen, das
- währt bis an den lichten Morgen, da bedanktest du dich bei den Herren
- für das herzliche Beileid, und liessest das Fleisch verkaufen ums halbe
- Geld. =Mort de ma vie=, da hatten wir dir Respekt, wie eine Garnison in
- einer eroberten Vestung --
- ~Moor.~ Und du schämst dich nicht damit groß zu prahlen? Hast nicht
- einmal so viel Schaam, dich dieser Streiche zu schämen?
- ~Spiegelberg.~ Geh, geh. Du bist nicht mehr Moor. Weißt du noch,
- wie tausendmal du, die Flasche in der Hand, den alten Filzen hast
- aufgezogen, und gesagt: Er soll nur drauf los schaben und scharren, du
- wollest dir dafür die Gurgel absaufen. -- Weißt du noch? he? weißt du
- noch? O du heilloser, erbärmlicher Prahlhans! das war noch männlich
- gesprochen, und edelmännisch, aber --
- ~Moor.~ Verflucht seyst du, daß du mich dran erinnerst! Verflucht ich,
- daß ich es sagte! Aber es war nur im Dampfe des Weins, und mein Herz
- hörte nicht, was meine Zunge prahlte.
- ~Spiegelberg~ (_schüttelt den Kopf._) Nein! nein! nein! das kann
- nicht seyn. Unmöglich, Bruder, das kann dein Ernst nicht seyn. Sag,
- Brüderchen, ist es nicht die Noth, die dich so stimmt? Komm, laß dir
- ein Stückchen aus meinen Bubenjahren erzählen. Da hatt' ich neben
- meinem Haus einen Graben, der, wie wenig, seine acht Schuh breit
- war, wo wir Buben uns in die Wette bemühten, hinüber zu springen.
- Aber das war umsonst. Pflumpf! lagst du, und ward ein Gezisch und
- Gelächter über dir, und wurdest mit Schneeballen geschmissen über und
- über. Neben meinem Haus lag eines Jägers Hund an einer Kette, eine so
- bißige Bestie, die dir die Mädels wie der Blitz am Rockzipfel hatte,
- wenn sie sichs versahn, und zu nah' dran vorbey strichen. Das war nun
- mein Seelengaudium, den Hund überall zu necken, wo ich nur konnte, und
- wollt' halb krepiren vor Lachen, wenn mich dann das Luder so giftig
- anstierte, und so gern auf mich losgerannt wär', wenn's nur gekonnt
- hätte. -- Was geschieht? Ein andermal mach' ich's ihm auch wieder so,
- und werf' ihn mit einem Stein so derb an die Ripp', daß er vor Wuth von
- der Kette reißt, und auf mich dar, und ich, wie alle Donnerwetter, reiß
- aus, und davon -- Tausend Schwernoth! Da ist dir just der vermaledeyte
- Graben dazwischen. Was zu thun? Der Hund ist mir hart an den Fersen und
- wüthig, also kurz resolvirt -- ein Anlauf genommen -- drüben bin ich.
- Dem Sprung hatt' ich Leib und Leben zu danken; die Bestie hätte mich zu
- Schanden gerissen.
- ~Moor.~ Aber wozu itzt das?
- ~Spiegelberg.~ Dazu -- daß du sehen sollst, wie die Kräfte wachsen
- in der Noth. Darum laß ich mir's auch nicht bange seyn, wenn's auf's
- äusserste kommt. Der Muth wächst mit der Gefahr; die Kraft erhebt sich
- im Drang. Das Schicksal muß einen großen Mann aus mir haben wollen,
- weil's mir so queer durch den Weg streicht.
- ~Moor~ (_ärgerlich._) Ich wüßte nicht, wozu wir den Muth noch haben
- sollten, und noch nicht gehabt hätten.
- ~Spiegelberg.~ So? -- Und du willst also deine Gaben in dir verwittern
- lassen? Dein Pfund vergraben? Meynst du, deine Stinkereyen in Leipzig
- machen die Gränzen des menschlichen Witzes aus? Da laß uns erst in die
- große Welt kommen. Paris und London! -- wo man Ohrfeigen einhandelt,
- wenn man einen mit dem Namen eines ehrlichen Mannes grüßt. Da ist es
- auch ein Seelenjubilo, wenn man das Handwerk in's Große prakticirt. --
- Du wirst gaffen! Du wirst Augen machen! Wart, und wie man Handschriften
- nachmacht, Würfel verdreht, Schlösser aufbricht, und den Koffern das
- Eingeweid ausschüttet -- das sollst du noch von Spiegelberg lernen!
- Die Kanaille soll man an den nächsten besten Galgen knüpfen, die bei
- ~geraden~ Fingern verhungern will.
- ~Moor~ (_zerstreut._) Wie? du hast es wohl gar noch weiter gebracht?
- ~Spiegelberg.~ Ich glaube gar, du setzest ein Mißtrauen in mich. Wart,
- laß mich erst warm werden; du sollst Wunder sehen, dein Gehirnchen
- soll sich im Schädel umdrehen, wenn mein kreisender Witz in die
- Wochen kommt. -- (_steht auf, hitzig._) Wie es sich aufhellt in mir!
- Große Gedanken dämmern auf in meiner Seele! Riesenplane gähren in
- meinem schöpfrischen Schedel. Verfluchte Schlafsucht! (_Sich vor'n
- Kopf schlagend._) die bisher meine Kräfte in Ketten schlug, meine
- Aussichten sperrte und spannte; ich erwache, fühle, wer ich bin -- wer
- ich werden muß!
- ~Moor.~ Du bist ein Narr. Der Wein bramarbasirt aus deinem Gehirne.
- ~Spiegelberg~ (_hitziger._) Spiegelberg, wird es heissen, kannst
- du hexen, Spiegelberg? Es ist Schade, daß du kein General worden
- bist, Spiegelberg, wird der König sagen, du hättest die Oestreicher
- durch ein Knopfloch gejagt. Ja, hör' ich die Doktors jammern, es ist
- unverantwortlich, daß der Mann nicht die Medizin studirt hat, er hätte
- ein neues Kropfpulver erfunden. Ach! und daß er das Kamerale nicht zum
- Fach genommen hat, werden die Sully's in ihren Kabinetten seufzen, er
- hätte aus Steinen Louisd'ore hervorgezaubert. Und Spiegelberg wird es
- heissen in Osten und Westen, und in den Koth mit euch, ihr Memmen, ihr
- Kröten, indeß Spiegelberg mit ausgespreiteten Flügeln zum Tempel des
- Nachruhms empor fliegt.
- ~Moor.~ Glück auf den Weg! Steig du auf Schandsäulen zum Gipfel des
- Ruhms. Im Schatten meiner väterlichen Haine, in den Armen meiner Amalia
- lockt mich ein edler Vergnügen. Schon die vorige Woche hab' ich meinem
- Vater um Vergebung geschrieben, hab' ihm nicht den kleinsten Umstand
- verschwiegen, und wo Aufrichtigkeit ist, ist auch Mitleid und Hilfe.
- Laß uns Abschied nehmen, Moriz. Wir sehen uns heut und nie mehr. Die
- Post ist angelangt. Die Verzeihung meines Vaters ist schon innerhalb
- dieser Stadtmauren.
- Schweizer. Grimm. Roller. Schufterle. Razmann (_treten auf._)
- ~Roller.~ Wißt ihr auch, daß man uns auskundschaftet?
- ~Grimm.~ Daß wir keinen Augenblick sicher sind, aufgehoben zu werden?
- ~Moor.~ Mich wundert's nicht. Es gehe, wie es will! sah't ihr den
- Schwarz nicht? sagt er euch von keinem Brief, den er an mich hätte?
- ~Roller.~ Schon lang sucht er dich, ich vermuthe so etwas.
- ~Moor.~ Wo ist er, wo, wo? (_will eilig fort._)
- ~Roller.~ Bleib! wir haben ihn hieher beschieden. Du zitterst? --
- ~Moor.~ Ich zittre nicht. Warum sollt' ich auch zittern? Kameraden!
- dieser Brief -- freut euch mit mir! Ich bin der Glücklichste unter der
- Sonne, warum sollt' ich zittern?
- Schwarz (_tritt auf._)
- ~Moor~ (_fliegt ihm entgegen._) Bruder, Bruder, den Brief! den Brief!
- ~Schwarz~ (_giebt ihm den Brief, den er hastig aufbricht._) Was ist
- dir? wirst du nicht wie die Wand?
- ~Moor.~ Meines Bruders Hand!
- ~Schwarz.~ Was treibt denn der Spiegelberg?
- ~Grimm.~ Der Kerl ist unsinnig. Er macht Gestus wie beim Sanct
- Veits-Tanz.
- ~Schufterle.~ Sein Verstand geht im Ring herum. Ich glaub' er macht
- Verse.
- ~Razmann.~ Spiegelberg! He Spiegelberg! -- Die Bestie hört nicht.
- ~Grimm~ (_schüttelt ihn._) Kerl! träumst du, oder? --
- ~Spiegelberg~ (_der sich die ganze Zeit über mit den Pantomimen eines
- Projektmachers im Stubeneck abgearbeitet hat, springt wild auf._)
- =La Bourse ou la vie!= (_und packt Schweizern an der Gurgel, der ihn
- gelassen an die Wand wirft, -- Moor läßt den Brief fallen, und rennt
- hinaus. Alle fahren auf._)
- ~Roller~ (_ihm nach._) Moor! wonaus, Moor? was beginnst du?
- ~Grimm.~ Was hat er, was hat er? Er ist bleich wie die Leiche.
- ~Schweizer.~ Das müssen schöne Neuigkeiten seyn! Laß doch sehen!
- ~Roller~ (_nimmt den Brief von der Erde, und liest._)
- »Unglücklicher Bruder!« der Anfang klingt lustig. »Nur kürzlich muß ich
- dir melden, daß deine Hoffnung vereitelt ist -- du sollst hingehen,
- läßt dir der Vater sagen, wohin dich deine Schandthaten führen.
- Auch, sagt er, werdest du dir keine Hoffnung machen, jemals Gnade zu
- seinen Füssen zu erwimmern, wenn du nicht gewärtig seyn wollest, im
- untersten Gewölb seiner Thürme mit Wasser und Brod so lang traktirt zu
- werden, bis deine Haare wachsen wie Adlers-Federn, und deine Nägel wie
- Vogelsklauen werden. Das sind seine eigene Worte. Er befiehlt mir, den
- Brief zu schliessen. Leb wohl auf ewig! Ich bedaure dich --
- ~Franz~ von ~Moor~.«
- ~Schweizer.~ Ein zuckersüsses Brüdergen! In der That! -- Franz heißt
- die Kanaille?
- ~Spiegelberg.~ (_sachte herbey schleichend._) Von Wasser und Brod ist
- die Rede? Ein schönes Leben! Da hab ich anders für euch gesorgt! Sagt'
- ichs nicht, ich müßt' am Ende für euch alle denken?
- ~Schweizer.~ Was sagt der Schafskopf? der Esel will für uns alle denken?
- ~Spiegelberg.~ Haasen, Krüppel, lahme Hunde seyd ihr alle, wenn ihr das
- Herz nicht habt, etwas Grosses zu wagen!
- ~Roller.~ Nun, das wären wir freylich, du hast recht -- aber wird es
- uns auch aus dieser vermaledeyten Lage reissen, was du wagen wirst?
- wird es? --
- ~Spiegelberg~ (_mit einem stolzen Gelächter._) Armer Tropf! aus dieser
- Lage reissen? hahaha! -- aus dieser Lage reissen? -- und auf mehr
- raffinirt dein Fingerhut voll Gehirn nicht? und damit trabt deine Mähre
- zum Stalle? Spiegelberg müßte ein Hundsvott seyn, wenn er mit dem nur
- anfangen wollte. Zu Helden, sag ich dir, zu Freyherrn, zu Fürsten, zu
- Göttern wirds euch machen!
- ~Razmann.~ Das ist viel auf einen Hieb, wahrlich! Aber es wird wohl
- eine halsbrechende Arbeit seyn, den Kopf wirds wenigstens kosten.
- ~Spiegelberg.~ Es will nichts als Muth, denn was den Witz betrifft,
- den nehm ich ganz über ~mich~. Muth, sag ich, Schweizer! Muth, Roller,
- Grimm, Razmann, Schufterle! Muth! --
- ~Schweizer.~ Muth? Wenn's nur das ist -- Muth hab ich genug um baarfuß
- mitten durch die Hölle zu gehn.
- ~Schufterle.~ Muth genug, mich unterm lichten Galgen mit dem
- leibhaftigen Teufel um einen armen Sünder zu balgen.
- ~Spiegelberg.~ So gefällt mir's! Wenn ihr Muth habt, tret einer auf,
- und sag: Er habe noch etwas zu verlieren, und nicht alles zu gewinnen!
- --
- ~Schwarz.~ Wahrhaftig, da gäb's manches zu verlieren, wenn ich das
- verlieren wollte, was ich noch zu gewinnen habe!
- ~Razmann.~ Ja, zum Teufel! und manches zu gewinnen, wenn ich das
- gewinnen wollte, was ich nicht verlieren kann.
- ~Schufterle.~ Wenn ich das verlieren müßte, was ich auf Borgs auf dem
- Leibe trage, so hätt' ich allenfalls morgen nichts mehr zu verlieren.
- ~Spiegelberg.~ Also denn! (_Er stellt sich mitten unter sie mit
- beschwörendem Ton._) Wenn noch ein Tropfen deutschen Heldenbluts in
- euren Adern rinnt -- kommt! Wir wollen uns in den böhmischen Wäldern
- niederlassen, dort eine Räuberbande zusammen ziehen, und -- Was gafft
- ihr mich an? -- ist euer Bisgen Muth schon verdampft?
- ~Roller.~ Du bist wohl nicht der erste Gauner, der über den hohen
- Galgen weggesehen hat -- und doch -- Was hätten wir sonst noch für eine
- Wahl übrig?
- ~Spiegelberg.~ Wahl? Was? nichts habt ihr zu wählen! Wollt ihr im
- Schuldthurm stecken, und zusammenschnurren, bis man zum jüngsten Tag
- posaunt? Wollt ihr euch mit der Schaufel und Haue um einen Bissen
- trocken Brod abquälen? Wollt ihr an der Leute Fenster mit einem
- Bänkelsänger-Lied ein mageres Allmosen erpressen? oder wollt ihr zum
- Kalbsfell schwören -- und da ist erst noch die Frage, ob man euren
- Gesichtern traut -- und dort unter der milzsüchtigen Laune eines
- gebieterischen Korporals das Fegfeuer zum voraus abverdienen? oder bey
- klingendem Spiel nach dem Takt der Trommel spatzieren gehn, oder im
- Gallioten-Paradies das ganze Eisen-Magazin Vulkans hinterherschleifen?
- Seht, das habt ihr zu wählen, da ist es beysammen, was ihr wählen könnt!
- ~Roller.~ So unrecht hat der Spiegelberg eben nicht. Ich hab auch
- meine Plane schon zusammen gemacht, aber sie treffen endlich auf eins.
- Wie wär's, dacht' ich, wenn ihr euch hinsetztet, und ein Taschenbuch
- oder einen Almanach, oder so was ähnlichs zusammensudeltet, und um den
- lieben Groschen recensirtet, wie's wirklich Mode ist?
- ~Schufterle.~ Zum Henker! ihr rathet nah zu meinen Projekten. Ich
- dachte bey mir selbst, wie wenn du ein Pietist würdest, und wöchentlich
- deine Erbauungsstunden hieltest?
- ~Grimm.~ Getroffen! und wenn das nicht geht, ein Atheist! Wir könnten
- die vier Evangelisten auf's Maul schlagen, liessen unser Buch durch den
- Schinder verbrennen, und so gieng's reissend ab.
- ~Razmann.~ Oder zögen wir wider die Franzosen zu Felde -- ich kenne
- einen Doktor, der sich ein Haus von purem Quecksilber gebauet hat, wie
- das Epigramm auf der Hausthüre lautet.
- ~Schweizer.~ (_Steht auf und gibt Spiegelberg die Hand._) Moriz, du
- bist ein grosser Mann! -- oder es hat ein blindes Schwein eine Eichel
- gefunden.
- ~Schwarz.~ Vortreffliche Plane! honnete Gewerbe! Wie doch die grossen
- Geister sympathisiren! Izt fehlte nur noch, daß wir Weiber und
- Kupplerinnen würden, oder gar unsere Jungferschaft zu Markte trieben.
- ~Spiegelberg.~ Possen, Possen! Und was hinderts, daß ihr nicht das
- meiste in einer Person seyn könnt? Mein Plan wird euch immer am
- höchsten poussiren, und da habt ihr noch Ruhm und Unsterblichkeit!
- Seht arme Schlucker! Auch so weit muß man hinausdenken! Auch auf den
- Nachruhm, das süsse Gefühl von Unvergeßlichkeit --
- ~Roller.~ Und oben an in der Liste der ehrlichen Leute! Du bist ein
- Meister-Redner, Spiegelberg, wenn's drauf ankommt, aus einem ehrlichen
- Mann einen Hollunken zu machen -- Aber sag doch einer, wo der Moor
- bleibt? --
- ~Spiegelberg.~ Ehrlich, sagst du? Meynst du, du seyst nachher weniger
- ehrlich, als du izt bist? Was heist du ehrlich? Reichen Filzen
- ein Drittheil ihrer Sorgen vom Hals schaffen, die ihnen nur den
- goldnen Schlaf verscheuchen, das stockende Geld in Umlauf bringen,
- das Gleichgewicht der Güter wieder herstellen, mit einem Wort, das
- goldne Alter wieder zurückrufen, dem lieben Gott von manchem lästigen
- Kostgänger helfen, ihm Krieg, Pestilenz, theure Zeit und ~Doktors~
- ersparen -- siehst du, das heiß ich ehrlich seyn, das heiß ich ein
- würdiges Werkzeug in der Hand der Vorsehung abgeben, -- und so bey
- jedem Braten, den man ißt, den schmeichelhaften Gedanken zu haben: den
- haben dir deine Finten, dein Löwenmuth, deine Nachtwachen erworben --
- von groß und klein respektirt zu werden --
- ~Roller.~ Und endlich gar bey lebendigem Leibe gen Himmel fahren, und
- trotz Sturm und Wind, trotz dem gefrässigen Magen der alten Urahne
- Zeit unter Sonn und Mond und allen Fixsternen schweben, wo selbst die
- unvernünftigen Vögel des Himmels, von edler Begierde herbeygelockt,
- ihr himmlisches Koncert musiciren, und die Engel mit Schwänzen ihr
- hochheiliges Synedrium halten? Nicht wahr? -- und wenn Monarchen und
- Potentaten von Motten und Würmern verzehrt werden, die Ehre haben
- zu dürfen, von Jupiters königlichem Vogel Visiten anzunehmen? --
- Moriz, Moriz, Moriz! nimm dich in Acht! nimm dich in Acht, vor dem
- dreybeinigten Thiere!
- ~Spiegelberg.~ Und das schröckt dich, Hasenherz? ist doch schon
- manches Universal-Genie, das die Welt hätte reformiren können, auf dem
- Schind-Anger verfault, und spricht man nicht von so einem Jahrhunderte,
- Jahrtausende lang, da mancher König und Kurfürst in der Geschichte
- überhüpft würde, wenn sein Geschichtschreiber die Lücke in der
- Successions-Leiter nicht scheute, und sein Buch dadurch nicht um ein
- paar Oktavseiten gewönne, die ihm der Verleger mit baarem Gelde bezahlt
- -- Und wenn dich der Wanderer so hin und her fliegen sieht im Winde --
- der muß auch kein Wasser im Hirn gehabt haben, brummt er in den Bart,
- und seufzt über die elenden Zeiten.
- ~Schweizer.~ (_klopft ihn auf die Achsel._) Meisterlich, Spiegelberg!
- Meisterlich! Was, zum Teufel, steht ihr da, und zaudert?
- ~Schwarz.~ Und laß es auch ~Prostitution~ heissen -- Was folgt weiter?
- Kann man nicht auf den Fall immer ein Pülverchen mit sich führen,
- das einen so im stillen übern Acheron fördert, wo kein Hahn darnach
- kräht! Nein, Bruder Moriz! dein Vorschlag ist gut. So lautet auch mein
- Katechismus.
- ~Schufterle.~ Blitz! Und der meine nicht minder. Spiegelberg, du hast
- mich geworben!
- ~Razmann.~ Du hast, wie ein anderer Orpheus, die heulende Bestie, mein
- Gewissen, in den Schlaf gesungen. Nimm mich ganz, wie ich da bin.
- ~Grimm.~ =Si omnes consentiunt ego non dissentio.= Wohlgemerkt ohne
- Komma. Es ist ein Aufstreich in meinem Kopf; Pietisten -- Quacksalber
- -- Rezensenten und Gauner. Wer am meisten bietet, der hat mich. Nimm
- diese Hand, Moriz.
- ~Roller.~ Und auch du Schweizer? (_gibt Spiegelberg die rechte Hand._)
- Also verpfänd ich meine Seele dem Teufel.
- ~Spiegelberg.~ Und deinen Namen den Sternen! was liegt daran, wohin
- auch die Seele fährt? Wenn Schaaren vorausgesprengter Kuriere unsere
- Niederfahrt melden, daß sich die Satane festtäglich herausputzen, sich
- den tausendjährigen Ruß aus den Wimpern stäuben, und Myriaden gehörnter
- Köpfe aus der rauchenden Mündung ihrer Schwefel-Kamine hervorwachsen,
- unsern Einzug zu sehen? Kameraden! (_aufgesprungen_) frisch auf!
- Kameraden! was in der Welt wiegt diesen Rausch des Entzückens auf?
- Kommt Kameraden!
- ~Roller.~ Sachte nur! Sachte! wohin? das Thier muß auch seinen Kopf
- haben, Kinder.
- ~Spiegelberg.~ (_Giftig._) Was predigt der Zauderer? Stand nicht der
- Kopf schon, eh noch ein Glied sich regte? folgt Kameraden!
- ~Roller.~ Gemach sag ich. Auch die Freyheit muß ihren Herrn haben. Ohne
- Oberhaupt gieng Rom und Sparta zu Grunde.
- ~Spiegelberg.~ (_Geschmeidig._) Ja -- haltet -- Roller sagt recht.
- Und das muß ein erleuchteter Kopf seyn. Versteht ihr? Ein feiner
- politischer Kopf muß das seyn. Ja! wenn ich mir's denke, was ihr vor
- einer Stunde waret, was ihr izt seyd, -- durch Einen glücklichen
- Gedanken seyd -- Ja freylich, freylich, müßt ihr einen =Chef= haben
- -- Und wer diesen Gedanken entsponnen, sagt, muß das nicht ein
- erleuchteter politischer Kopf seyn?
- ~Roller.~ Wenn sich's hoffen ließe -- träumen ließe -- Aber ich
- fürchte, er wird es nicht thun.
- ~Spiegelberg.~ Warum nicht? Sag's kek heraus, Freund! -- So schwer es
- ist, das kämpfende Schiff gegen die Winde zu lenken, so schwer sie auch
- drückt die Last der Kronen -- Sag's unverzagt, Roller -- Vielleicht
- wird ers doch thun.
- ~Roller.~ Und lek ist das Ganze, wenn er's nicht thut. Ohne den Moor
- sind wir Leib ohne Seele.
- ~Spiegelberg.~ (_Unwillig von ihm weg._) Stockfisch!
- ~Moor.~ (_tritt herein in wilder Bewegung, und läuft heftig im Zimmer
- auf und nieder, mit sich selber._)
- ~Moor.~ Menschen -- Menschen! falsche, heuchlerische Krokodilbrut!
- Ihre Augen sind Wasser! Ihre Herzen sind Erz! Küsse auf den Lippen!
- Schwerter im Busen! Löwen und Leoparde füttern ihre Jungen, Raben
- tischen ihren Kleinen auf dem Aas, und Er, Er -- Bosheit hab ich
- dulden gelernt, kann dazu lächeln, wenn mein erboster Feind mir mein
- eigen Herzblut zutrinkt -- aber wenn Blutliebe zur Verrätherinn, wenn
- Vaterliebe zur Megäre wird; o so fange Feuer, männliche Gelassenheit,
- verwilde zum Tyger, sanftmüthiges Lamm, und jede Faser recke sich auf
- zum Grimm und Verderben!
- ~Roller.~ Höre Moor! Was denkst du davon? Ein Räuberleben ist doch auch
- besser, als bey Wasser und Brod im untersten Gewölbe der Thürme?
- ~Moor.~ Warum ist dieser Geist nicht in einen Tyger gefahren, der sein
- wüthendes Gebiß in Menschenfleisch haut? Ist das Vatertreue? Ist das
- Liebe für Liebe? Ich möchte ein Bär seyn, und die Bären des Nordlands
- wider dies mörderische Geschlecht anhetzen -- Reue, und keine Gnade! --
- Oh ich möchte den Ocean vergiften, daß sie den Tod aus allen Quellen
- saufen! Vertrauen, unüberwindliche Zuversicht, und kein Erbarmen!
- ~Roller.~ So höre doch, Moor, was ich dir sage!
- ~Moor.~ Es ist unglaublich, es ist ein Traum, eine Täuschung -- So
- eine rührende Bitte, so eine lebendige Schilderung des Elends und der
- zerfliessenden Reue -- die wilde Bestie wär' in Mitleid zerschmolzen!
- Steine hätten Thränen vergossen, und doch -- man würde es für ein
- boshaftes Pasquill auf's Menschengeschlecht halten, wenn ich's
- aussagen wollte -- und doch, doch -- oh daß ich durch die ganze Natur
- das Horn des Aufruhrs blasen könnte, Luft, Erde und Meer wider das
- Hyänen-Gezücht in's Treffen zu führen!
- ~Grimm.~ Höre doch, höre! vor Rasen hörst du ja nicht.
- ~Moor.~ Weg, weg von mir! Ist dein Name nicht Mensch? Hat dich das
- Weib nicht gebohren? -- Aus meinen Augen du mit dem Menschengesicht!
- -- Ich hab ihn so unaussprechlich geliebt! so liebte kein Sohn, ich
- hätte tausend Leben für ihn -- (_schäumend auf die Erde stampfend._)
- ha! -- wer mir itzt ein Schwerdt in die Hand gäbe, dieser Otternbrut
- eine brennende Wunde zu versetzen! wer mir sagte: wo ich das Herz ihres
- Lebens erzielen, zermalmen, zernichten -- Er sey mein Freund, mein
- Engel, mein Gott -- ich will ihn anbeten!
- ~Roller.~ Eben diese Freunde wollen ja wir seyn, laß dich doch weisen!
- ~Schwarz.~ Komm mit uns in die böhmischen Wälder! Wir wollen eine
- Räuberbande sammeln, und du -- (_Moor stiert ihn an._)
- ~Schweizer.~ Du sollst unser Hauptmann seyn! du must unser Hauptmann
- seyn!
- ~Spiegelberg~ (_wirft sich wild in einen Sessel._) Sklaven und Memmen!
- ~Moor.~ Wer blies dir das Wort ein? Höre, Kerl! (_indem er Rollern hart
- ergreift_) das hast du nicht aus deiner Menschenseele hervorgeholt!
- wer blies dir das Wort ein? Ja, bey dem tausendarmigen Tod! das wollen
- wir, das müssen wir! der Gedanke verdient Vergötterung -- ~Räuber~ und
- ~Mörder~! -- So wahr meine Seele lebt, ich bin euer Hauptmann!
- ~Alle~ (_mit lärmendem Geschrey._) Es lebe der Hauptmann!
- ~Spiegelberg~ (_aufspringend, vor sich._) Bis ich ihm hinhelfe!
- ~Moor.~ Siehe, da fällts wie der Staar von meinen Augen! was für ein
- Thor ich war, daß ich in's Keficht zurückwollte! -- Mein Geist dürstet
- nach Thaten, mein Athem nach Freyheit, -- ~Mörder, Räuber!~ -- mit
- diesem Wort war das Gesetz unter meine Füße gerollt -- Menschen haben
- Menschheit vor mir verborgen, da ich an Menschheit appellirte, weg dann
- von mir Sympathie und menschliche Schonung! -- Ich habe keinen Vater
- mehr, ich habe keine Liebe mehr, und Blut und Tod soll mich vergessen
- lehren, daß mir jemals etwas theuer war! -- Kommt, kommt! -- Oh ich
- will mir eine fürchterliche Zerstreuung machen -- es bleibt dabey,
- ich bin euer Hauptmann! und Glück zu dem Meister unter euch, der am
- wildesten sengt, am gräßlichsten mordet, denn ich sage euch, er soll
- königlich belohnet werden -- tretet her um mich ein jeder, und schwöret
- mir Treu und Gehorsam zu bis in den Tod! -- schwört mir das bey dieser
- männlichen Rechte.
- ~Alle~ (_geben ihm die Hand._) Wir schwören dir Treu und Gehorsam bis
- in den Tod!
- ~Moor.~ Nun und bey dieser männlichen Rechte! schwör ich euch hier,
- treu und standhaft euer Hauptmann zu bleiben bis in den Tod! Den soll
- dieser Arm gleich zur Leiche machen, der jemals zagt oder zweifelt,
- oder zurücktritt! Ein gleiches widerfahre mir von jedem unter euch,
- wenn ich meinen Schwur verletze! Seyd ihr's zufrieden? (_Spiegelberg
- läuft wüthend auf und nieder._)
- ~Alle~ (_mit aufgeworfenen Hüten._) Wir sind's zufrieden.
- ~Moor.~ Nun dann, so laßt uns geh'n! Fürchtet euch nicht vor Tod und
- Gefahr, denn über uns waltet ein unbeugsames Fatum! Jeden ereilet
- endlich sein Tag, es sey auf dem weichen Kissen von Pflaum, oder im
- rauhen Gewühl des Gefechtes, oder auf offenem Galgen und Rad! Eins
- davon ist unser Schicksal!
- (Sie gehen ab.)
- ~Spiegelberg~ (_ihnen nachsehend, nach einer Pause._) Dein Register hat
- ein Loch. Du hast das Gift weggelassen. (_Ab_)
- Dritte Scene.
- Im Moorischen Schloß, Amaliens Zimmer.
- Franz. Amalia.
- ~Franz.~ Du siehst weg, Amalia? verdien ich weniger, als der, den der
- Vater verflucht hat?
- ~Amalia.~ Weg! -- ha des liebevollen barmherzigen Vaters, der seinen
- Sohn Wölffen und Ungeheuern Preis gibt! daheim labt er sich mit süssem
- köstlichem Wein, und pflegt seiner morschen Glieder in Kissen von
- Eider, während sein groser herrlicher Sohn darbt -- schämt euch, ihr
- Unmenschen! schämt euch, ihr Drachenseelen, ihr Schande der Menschheit!
- -- seinen einzigen Sohn!
- ~Franz.~ Ich dächte, er hätt ihrer zween.
- ~Amalia.~ Ja, er verdient solche Söhne zu haben, wie du bist. Auf
- seinem Todbett wird er umsonst die welken Hände ausstrecken nach seinem
- Karl, und schaudernd zurückfahren, wenn er die eiskalte Hand seines
- Franzens faßt -- oh es ist süß, es ist köstlich süß, von deinem Vater
- verflucht zu werden! Sprich Franz, liebe brüderliche Seele! was muß man
- thun, wenn man von ihm verflucht seyn will?
- ~Franz.~ Du schwärmst, meine Liebe, du bist zu bedauren.
- ~Amalia.~ O ich bitte dich -- bedauerst du deinen Bruder? -- Nein
- Unmensch, du hassest ihn! du hassest mich doch auch?
- ~Franz.~ Ich liebe dich wie mich selbst, Amalia.
- ~Amalia.~ Wenn du mich liebst, kannst du mir wohl eine Bitte abschlagen?
- ~Franz.~ Keine, keine! wenn sie nicht mehr ist als mein Leben.
- ~Amalia.~ O, wenn das ist! Eine Bitte, die du so leicht, so gern
- erfüllen wirst (_stolz._) -- Hasse mich! Ich müßte feuerroth werden
- vor Scham, wenn ich an Karln denke, und mir eben einfiel, daß du mich
- nicht hassest. Du versprichst mir's doch? -- Itzt geh, und laß mich,
- ich bin so gern allein!
- ~Franz.~ Allerliebste Träumerinn! wie sehr bewundere ich dein sanftes
- liebevolles Herz, (_ihr auf die Brust klopfend._) Hier, hier herrschte
- Karl wie ein Gott in seinem Tempel, Karl stand vor dir im Wachen, Karl
- regierte in deinen Träumen, die ganze Schöpfung schien dir nur in den
- einzigen zu zerfliessen, den einzigen wiederzustralen, den einzigen dir
- entgegen zu tönen.
- ~Amalia.~ (_bewegt._) Ja wahrhaftig, ich gesteh es. Euch Barbaren zum
- Trutz will ich's vor aller Welt gestehen -- ich lieb ihn!
- ~Franz.~ Unmenschlich, grausam! Diese Liebe so zu belohnen! Die zu
- vergessen --
- ~Amalia.~ (_auffahrend._) Was, mich vergessen?
- ~Franz.~ Hattest du ihm nicht einen Ring an den Finger gesteckt? einen
- Diamantring zum Unterpfand deiner Treue! -- Freylich nun, wie kann auch
- ein Jüngling den Reitzen einer Metze Widerstand thun? Wer wird's ihm
- auch verdenken, da ihm sonst nichts mehr übrig war wegzugeben, -- und
- bezahlte sie ihn nicht mit Wucher dafür mit ihren Liebkosungen, ihren
- Umarmungen?
- ~Amalia~ (_aufgebracht._) Meinen Ring einer Metze?
- ~Franz.~ Pfui, pfui! das ist schändlich. Wohl aber, wenn's nur das
- wäre! -- Ein Ring, so kostbar er auch ist, ist im Grunde bey jedem
- Juden wieder zu haben -- vielleicht mag ihm die Arbeit daran nicht
- gefallen haben, vielleicht hat er einen schönern dafür eingehandelt.
- ~Amalia.~ (_heftig._) Aber ~meinen~ Ring -- ich sage ~meinen~ Ring?
- ~Franz.~ Keinen andern, Amalia -- ha! solch ein Kleinod, und an meinem
- Finger -- und von Amalia! -- von hier sollt' ihn der Tod nicht gerissen
- haben -- nicht wahr, Amalia? nicht die Kostbarkeit des Diamants, nicht
- die Kunst des Gepräges -- die Liebe macht seinen Werth aus -- Liebstes
- Kind, du weinest? Wehe über den, der diese köstliche Tropfen aus so
- himmlischen Augen preßt -- ach, und wenn du erst alles wüßtest, ihn
- selbst sähest, ihn unter der Gestalt sähest? --
- ~Amalia.~ Ungeheuer! wie, unter welcher Gestalt?
- ~Franz.~ Stille, stille, gute Seele, frage mich nicht aus! (_wie vor
- sich, aber laut._) Wenn es doch wenigstens nur einen Schleyer hätte,
- das garstige Laster, sich dem Auge der Welt zu entstehlen! aber da
- blickts schrecklich durch den gelben bleyfarbenen Augenring; -- da
- verräth sichs im todenblassen eingefallenen Gesicht, und dreht die
- Knochen heßlich hervor -- da stammelts in der halben verstümmelten
- Stimme -- da predigts fürchterlich laut vom zitternden hinschwankenden
- Gerippe -- da durchwühlt es der Knochen innerstes Mark, und bricht
- die mannhafte Stärke der Jugend -- da, da sprizt es den eitrichten
- fressenden Schaum aus Stirn und Wangen und Mund und der ganzen Fläche
- des Leibes zum scheußlichen Aussatz hervor, und nistet abscheulich in
- den Gruben der viehischen Schande -- pfui, pfui! mir eckelt. Nasen,
- Augen, Ohren schütteln sich -- du hast jenen Elenden gesehen, Amalia,
- der in unserem Siechenhause seinen Geist auskeuchte, die Schaam schien
- ihr scheues Auge vor ihm zuzublinzen -- du ruftest Wehe über ihn aus.
- Ruf diß Bild noch einmal ganz in deine Seele zurück, und Karl steht vor
- dir! -- Seine Küsse sind Pest, seine Lippen vergiften die deinen!
- ~Amalia~ (_schlägt ihn._) Schaamloser Lästerer!
- ~Franz.~ Graut dir vor diesem Karl? Eckelt dir schon vor dem matten
- Gemälde? Geh, gaff ihn selbst an, deinen schönen, englischen göttlichen
- Karl! Geh, sauge seinen balsamischen Athem ein, und laß dich von den
- Ambrosia-Düften begraben, die aus seinem Rachen dampfen! der blose
- Hauch seines Mundes wird dich in jenen schwarzen todähnlichen Schwindel
- hauchen, der den Geruch eines berstenden Aases und den Anblick eines
- Leichenvollen Wahlplatzes begleitet.
- ~Amalia~ (_wendet ihr Gesicht ab._)
- ~Franz.~ Welches Aufwallen der Liebe! Welche Wollust in der Umarmung
- -- aber ist es nicht ungerecht, einen Menschen um seiner siechen
- Aussenseite willen zu verdammen? Auch im elendesten Aesopischen Krüppel
- kann eine grose liebenswürdige Seele, wie ein Rubin aus dem Schlamme
- glänzen, (_boshaft lächelnd._) Auch aus blattrichten Lippen kann ja die
- Liebe --
- Freylich, wenn das Laster auch die Festen des Karakters erschüttert,
- wenn mit der Keuschheit auch die Tugend davon fliegt, wie der Duft aus
- der welken Rose verdampft -- wenn mit dem Körper auch der Geist zum
- Krüppel verdirbt --
- ~Amalia~ (_froh aufspringend._) Ha! Karl! Nun erkenn ich dich wieder!
- du bist noch ganz! ganz! alles war Lüge! -- weist du nicht, Bösewicht,
- daß Karl unmöglich das werden kann? (_Franz steht einige Zeit
- tiefsinnig, dann dreht er sich plötzlich, um zu gehn._) Wohin so eilig,
- fliehst du vor deiner eigenen Schande?
- ~Franz~ (_mit verhülltem Gesicht._) Laß mich, laß mich! -- meinen
- Thränen den Lauf lassen -- tyrannischer Vater! den besten deiner Söhne
- so hinzugeben dem Elend -- der ringsumgebenden Schande -- laß mich,
- Amalia! ich will ihm zu den Füssen fallen, auf den Knieen will ich ihn
- beschwören, den ausgesprochenen Fluch auf mich, auf mich zu laden --
- mich zu enterben -- mich -- mein Blut -- mein Leben -- alles --
- ~Amalia~ (_fällt ihm um den Hals._) Bruder meines Karls, bester,
- liebster Franz!
- ~Franz.~ O Amalia! wie lieb ich dich um dieser unerschütterten Treue
- gegen meinen Bruder -- Verzeih, daß ich es wagte, deine Liebe auf
- diese harte Probe zu setzen! -- Wie schön hast du meine Wünsche
- gerechtfertigt! -- Mit diesen Thränen, diesen Seufzern, diesem
- himmlischen Unwillen -- auch für mich, für mich -- unsere Seelen
- stimmten so zusammen.
- ~Amalia.~ O nein, das thaten sie nie!
- ~Franz.~ Ach sie stimmten so harmonisch zusammen, ich meynte immer,
- wir müßten Zwillinge seyn! und wär der leidige Unterschied von aussen
- nicht, wobey leider freylich Karl verlieren muß, wir würden zehnmal
- verwechselt. Du bist, sagt' ich oft zu mir selbst, ja du bist der
- ganze Karl, sein Echo, sein Ebenbild!
- ~Amalia~ (_schüttelt den Kopf._) Nein, nein, bey jenem keuschen Lichte
- des Himmels! kein Aederchen von ihm, kein Fünkchen von seinem Gefühle --
- ~Franz.~ So ganz gleich in unsern Neigungen -- die Rose war seine
- liebste Blume -- welche Blume war mir über die Rose? Er liebte die
- Musik unaussprechlich, und ihr seyd Zeugen, ihr Sterne! ihr habt mich
- so oft in der Todenstille der Nacht beym Klaviere belauscht, wenn alles
- um mich begraben lag in Schatten und Schlummer -- und wie kannst du
- noch zweifeln, Amalia, wenn unsere Liebe in einer ~Vollkommenheit~
- zusammentraf, und wenn die Liebe die nemliche ist, wie könnten ihre
- Kinder entarten?
- ~Amalia~ (_sieht ihn verwundernd an._)
- ~Franz.~ Es war ein stiller, heiterer Abend, der letzte, eh er nach
- Leipzig abreiste, da er mich mit sich in jene Laube nahm, wo ihr so oft
- zusammensaßet in Träumen der Liebe -- stumm blieben wir lang -- zuletzt
- ergriff er meine Hand und sprach leise mit Thränen: ich verlasse
- Amalia, ich weiß nicht -- mir ahnets, als hieß es auf ewig -- verlaß
- sie nicht, Bruder! -- sey ihr Freund -- ihr Karl -- wenn Karl -- nimmer
- -- wiederkehrt -- (_Er stürzt vor ihr nieder und küßt ihr die Hand mit
- Heftigkeit._) Nimmer, nimmer, nimmer wird er wiederkehren, und ich
- hab's ihm zugesagt mit einem heiligen Eide!
- ~Amalia~ (_zurückspringend._) Verräther, wie ich dich ertappe! In eben
- dieser Laube beschwur er mich, keiner andern Liebe -- wenn er sterben
- sollte -- siehst du, wie gottlos, wie abscheulich du -- geh aus meinen
- Augen.
- ~Franz.~ Du kennst mich nicht, Amalia, du kennst mich gar nicht!
- ~Amalia.~ O ich kenne dich, von itzt an kenn ich dich -- und du
- wolltest ihm gleich seyn? Vor dir sollt er um mich geweint haben? Vor
- dir? Ehe hätt' er meinen Namen auf den Pranger geschrieben! Geh den
- Augenblick!
- ~Franz.~ Du beleidigst mich!
- ~Amalia.~ Geh, sag ich. Du hast mir eine kostbare Stunde gestohlen, sie
- werde dir an deinem Leben abgezogen.
- ~Franz.~ Du hassest mich.
- ~Amalia.~ Ich verachte dich, geh!
- ~Franz~ (_mit den Füssen stampfend._) Wart! so sollst du vor mir
- zittern! mich einem Bettler aufopfern? (_Zornig ab._)
- ~Amalia.~ Geh, Lotterbube -- itzt bin ich wieder bey Karln -- Bettler,
- sagt er? so hat die Welt sich umgedreht, Bettler sind Könige, und
- Könige sind Bettler! -- Ich möchte die Lumpen, die er anhat, nicht
- mit dem Purpur der Gesalbten vertauschen -- der Blick, mit dem er
- bettelt, das muß ein groser, ein königlicher Blick seyn -- ein Blick,
- der die Herrlichkeit, den Pomp, die Triumphe der Grosen und Reichen
- zernichtet! In den Staub mit dir, du prangendes Geschmeide! (_Sie reißt
- sich die Perlen vom Hals._) Seyd verdammt, Gold und Silber und Juwelen
- zu tragen, ihr Grosen und Reichen! Seyd verdammt, an üppigen Maalen zu
- zechen! Verdammt, euren Gliedern wohl zu thun auf weichen Polstern der
- Wohllust! Karl! Karl! so bin ich dein werth -- (_Ab._)
- Zweyter Akt.
- Erste Scene.
- Franz von Moor.
- (_nachdenkend in seinem Zimmer._)
- Es dauert mir zu lange -- der Doktor will, er sei im Umkehren -- das
- Leben eines Alten ist doch eine Ewigkeit! -- Und nun wär freye, ebene
- Bahn bis auf diesen ärgerlichen zähen Klumpen Fleisch, der mir, gleich
- dem unterirdischen Zauberhund in den Geistermährchen, den Weg zu meinen
- Schätzen verrammelt.
- Müssen denn aber meine Entwürfe sich unter das eiserne Joch des
- Mechanismus beugen? -- Soll sich mein hochfliegender Geist an den
- Schneckengang der ~Materie~ ketten lassen? -- Ein Licht ausgeblasen,
- das ohnehin nur mit den letzten Oeltropfen noch wuchert -- mehr ist's
- nicht -- Und doch möchte ich das nicht gern selbst gethan haben um der
- Leute willen. Ich möchte ihn nicht gern getödtet, aber abgelebt. Ich
- möchte es machen wie der gescheide Arzt, (nur umgekehrt.) -- Nicht der
- Natur durch einen Queerstreich den Weg verrannt, sondern sie in ihrem
- eigenen Gange befördert. Und wir vermögen doch wirklich die Bedingungen
- des Lebens zu verlängern, warum sollten wir sie nicht auch verkürzen
- können?
- Philosophen und Mediziner lehren mich, wie treffend die Stimmungen des
- Geists mit den Bewegungen der Maschine zusammen lauten. Gichtrische
- Empfindungen werden jederzeit von einer Dissonanz der mechanischen
- Schwingungen begleitet -- Leidenschaften ~mißhandeln~ die Lebenskraft
- -- der überladene Geist drückt sein Gehäuse zu Boden -- Wie denn nun?
- -- Wer es verstünde, dem Tod diesen ungebahnten Weg in das Schloß des
- Lebens zu ebenen? -- den Körper vom Geist aus zu verderben -- ha! ein
- Originalwerk! -- wer das zu Stand brächte? -- Ein Werk ohne gleichen!
- -- Sinne nach Moor! -- das wär' eine Kunst, die's verdiente, dich
- zum Erfinder zu haben. Hat man doch die Giftmischerey beynahe in den
- Rang einer ordentlichen Wissenschaft erhoben, und die Natur durch
- Experimente gezwungen, ihre Schranken anzugeben, daß man nunmehr des
- Herzens Schläge Jahr lang vorausrechnet, und zu dem Pulse spricht, bis
- hieher und nicht weiter![1] -- Wer sollte nicht auch hier seine Flügel
- versuchen?
- Und wie ich nun werde zu Werk gehen müssen, diese süße friedliche
- Eintracht der Seele mit ihrem Leibe zu stören? Welche Gattung von
- Empfindnissen, ich werde wählen müssen? Welche wohl den Flor des
- Lebens am grimmigsten anfeinden? ~Zorn~ -- dieser heißhungrige Wolf
- frißt sich zu schnell satt -- ~Sorge?~ -- dieser Wurm nagt mir zu
- langsam -- ~Gram?~ -- diese Natter schleicht mir zu träge -- ~Furcht?~
- -- die Hoffnung läßt sie nicht umgreiffen -- was? Sind das all' die
- Henker des Menschen? -- Ist das Arsenal des Todes so bald erschöpft?
- -- (_tiefsinnend._) Wie? -- Nun? -- Was? Nein! -- Ha! (_auffahrend._)
- ~Schreck!~ -- Was kann der Schreck nicht? -- Was kann Vernunft,
- Religion wider dieses Giganten eiskalte Umarmung? -- Und doch? --
- Wenn er auch diesem Sturm stünde? -- Wenn er? -- O so komme du mir zu
- Hülfe, ~Jammer~, und du, ~Reue~, höllische Eumenide, grabende Schlange,
- die ihren Fraß wiederkäut, und ihren eigenen Koth wiederfrißt;
- ewige Zerstörerinnen und ewige Schöpferinnen eures Giftes, und du
- heulende ~Selbstverklagung~, die du dein eigen Haus verwüstest, und
- deine eigene Mutter verwundest -- Und kommt auch ihr mir zu Hülfe,
- wohlthätige Grazien selbst, sanftlächelnde ~Vergangenheit~, und du mit
- dem überquellenden Füllhorn blühende ~Zukunft~, haltet ihm in euren
- Spiegeln die Freuden des Himmels vor, wenn euer fliehender Fuß seinen
- geitzigen Armen entgleitet -- So fall ich Streich auf Streich, Sturm
- auf Sturm dieses zerbrechliche Leben an, bis den Furientrupp zuletzt
- schließt -- die ~Verzweiflung~! Triumph! Triumph! -- Der Plan ist
- fertig -- Schwer und Kunstvoll wie keiner -- zuverläßig -- sicher --
- denn (_spöttisch_) des Zergliederers Messer findet ja keine Spuren von
- Wunde oder korrosivischem Gift.
- (_Entschlossen._) Wohlan denn, (_Herrmann tritt auf._) Ha! =Deus ex
- machina!= Herrmann!
- ~Herrmann.~ Zu euren Diensten, gnädiger Junker!
- ~Franz~ (_gibt ihm die Hand._) Die du keinem Undankbaren erweisest.
- ~Herrmann.~ Ich hab' Proben davon.
- ~Franz.~ Du sollst mehr haben mit nächstem -- mit nächstem, Herrmann!
- -- Ich habe dir etwas zu sagen, Herrmann.
- ~Herrmann.~ Ich höre mit tausend Ohren.
- ~Franz.~ Ich kenne dich, du bist ein entschloß'ner Kerl -- Soldaten
- Herz -- Haar auf der Zunge! -- Mein Vater hat dich sehr beleidigt,
- Herrmann!
- ~Herrmann.~ Der Teufel hole mich, wenn ich's vergesse!
- ~Franz.~ Das ist der Ton eines Mann's! Rache geziemt einer männlichen
- Brust. Du gefällst mir, Herrmann. Nimm diesen Beutel, Herrmann. Er
- sollte schwerer seyn, wenn ich erst Herr wäre.
- ~Herrmann.~ Das ist ja mein ewiger Wunsch, gnädiger Junker, ich dank
- euch.
- ~Franz.~ Wirklich, Herrmann? wünschest du wirklich, ich wäre Herr? --
- aber mein Vater hat das Mark eines Löwen, und ich bin der jüngere Sohn.
- ~Herrmann.~ Ich wollt', ihr wär't der ältere Sohn, und euer Vater hätte
- das Mark eines schwindsüchtigen Mädgens.
- ~Franz.~ Ha! wie dich der ältere Sohn dann belohnen wollte! wie er dich
- aus diesem unedlen Staub, der sich so wenig mit deinem Geist und Adel
- verträgt, an's Licht emporheben wollte! -- Dann solltest du, ganz wie
- du da bist, mit Gold überzogen werden, und mit vier Pferden durch die
- Strasen dahinrasseln, wahrhaftig das solltest du! -- aber ich vergesse,
- wovon ich dir sagen wollte -- hast du das Fräulein von Edelreich schon
- vergessen, Herrmann?
- ~Herrmann.~ Wetter Element! was erinnert ihr mich an das?
- ~Franz.~ Mein Bruder hat sie dir weggefischt.
- ~Herrmann.~ Er soll dafür büßen!
- ~Franz.~ Sie gab dir einen Korb. Ich glaube gar, er warf dich die
- Treppen hinunter.
- ~Herrmann.~ Ich will ihn dafür in die Hölle stoßen.
- ~Franz.~ Er sagte: man raune sich einander in's Ohr, du seyst zwischen
- dem Rindfleisch und Meerrettig gemacht worden, und dein Vater habe dich
- nie ansehen können, ohne an die Brust zu schlagen und zu seufzen: Gott
- sey mir Sünder gnädig!
- ~Herrmann~ (_wild._) Blitz, Donner und Hagel, seyd still!
- ~Franz.~ Er rieth dir, deinen Adelbrief im Aufstreich zu verkaufen, und
- deine Strümpfe damit flicken zu lassen.
- ~Herrmann.~ Alle Teufel! ich will ihm die Augen mit den Nägeln
- auskratzen.
- ~Franz.~ Was? du wirst böse? was kannst du böse auf ihn seyn? Was
- kannst du ihm böses thun? was kann so eine Ratze gegen einen Löwen?
- Dein Zorn versüßt ihm seinen Triumph nur. Du kannst nichts thun,
- als deine Zähne zusammenschlagen, und deine Wuth an trocknem Brode
- auslassen.
- ~Herrmann~ (_stampft auf den Boden._) Ich will ihn zu Staub zerreiben.
- ~Franz~ (_klopft ihm auf die Achsel._) Pfui, Herrmann! du bist ein
- Kavalier. Du must den Schimpf nicht auf dir sitzen lassen. Du must das
- Fräulein nicht fahren lassen, nein, das must du um alle Welt nicht
- thun, Herrmann! Hagel und Wetter! ich würde das äusserste versuchen,
- wenn ich an deiner Stelle wäre.
- ~Herrmann.~ Ich ruhe nicht, bis ich ~Ihn~ und ~Ihn~ unter'm Boden hab.
- ~Franz.~ Nicht so stürmisch, Herrmann! komm näher -- du sollst Amalia
- haben!
- ~Herrmann.~ Das muß ich, trutz dem Teufel! das muß ich!
- ~Franz.~ Du sollst sie haben, sag ich dir, und das von meiner Hand.
- Komm näher, sag ich -- du weist vielleicht nicht, daß Karl so gut als
- enterbt ist?
- ~Herrmann~ (_näher kommend._) Unbegreiflich, das erste Wort, das ich
- höre.
- ~Franz.~ Sey ruhig, und höre weiter! du sollst ein andermal mehr davon
- hören -- ja, ich sage dir, seit eilf Monathen so gut als verbannt. Aber
- schon bereut der alte den voreiligen Schritt, den er doch, (_lachend._)
- will ich hoffen, nicht selbst gethan hat. Auch liegt ihm die Edelreich
- täglich hart an mit ihren Vorwürfen und Klagen. Ueber kurz oder lang
- wird er ihn in allen vier Enden der Welt aufsuchen lassen, und gute
- Nacht, Herrmann! wenn er ihn findet. Du kannst ihm ganz demüthig die
- Kutsche halten, wenn er mit ihr in die Kirche zur Trauung fährt.
- ~Herrmann.~ Ich will ihn am Krucifix erwürgen!
- ~Franz.~ Der Vater wird ihm bald die Herrschaft abtreten, und in Ruhe
- auf seinen Schlössern leben. Itzt hat der stolze Strudelkopf den Zügel
- in Händen, itzt lacht er seiner Hasser und Neider -- und ich, der
- ich dich zu einem wichtigen grosen Manne machen wollte, ich selbst,
- Herrmann, werde tiefgebückt vor seiner Thürschwelle --
- ~Herrmann~ (_in Hitze._) Nein, so wahr ich Herrmann heisse, das sollt
- ihr nicht! wenn noch ein Fünkchen Verstand in diesem Gehirne glostet!
- das sollt ihr nicht!
- ~Franz.~ Wirst du es hindern? auch dich, mein lieber Herrmann, wird er
- seine Geissel fühlen lassen, wird dir in's Angesicht speyen, wenn du
- ihm auf der Strase begegnest, und wehe dir dann, wenn du die Achsel
- zuckst oder das Maul krümmst -- siehe, so stehts mit deiner Anwerbung
- um's Fräulein, mit deinen Aussichten, mit deinen Entwürfen.
- ~Herrmann.~ Sagt mir! was soll ich thun?
- ~Franz.~ Höre dann, Herrmann! daß du siehst, wie ich mir dein Schicksal
- zu Herzen nehme als ein redlicher Freund -- geh -- kleide dich um --
- mach dich ganz unkenntlich, laß dich beym Alten melden, gib vor, du
- kämest geraden Wegs aus Böhmen, hättest mit meinem Bruder dem Treffen
- bey Prag beygewohnt -- hättest ihn auf der Wahlstatt den Geist aufgeben
- sehen --
- ~Herrmann.~ Wird man mir glauben?
- ~Franz.~ Hoho! dafür laß mich sorgen! Nimm dieses Paket. Hier findest
- du deine Kommission ausführlich. Und Dokumente dazu, die den Zweifel
- selbst glaubig machen sollen -- mach itzt nur, daß du fortkommst, und
- ungesehen! spring durch die Hinterthüre in den Hof, von da über die
- Gartenmauer -- die Katastrophe dieser Tragi-Komödie überlaß mir!
- ~Herrmann.~ Und die wird seyn: Vivat der neue Herr, Franciskus von Moor!
- ~Franz~ (_streichelt ihm die Backen._) Wie schlau du bist? -- denn
- siehst du, auf diese Art erreichen wir alle Zwecke zumal und bald.
- Amalia gibt ihre Hoffnung auf ihn auf. Der alte mißt sich den Tod
- seines Sohnes bey, und -- er kränkelt -- ein schwankendes Gebäude
- braucht des Erdbebens nicht, um über'n Haufen zu fallen -- er wird die
- Nachricht nicht überleben -- dann bin ich sein einiger Sohn -- Amalia
- hat ihre Stützen verloren, und ist ein Spiel meines Willens, da kannst
- du leicht denken -- kurz, alles geht nach Wunsch -- aber du must dein
- Wort nicht zurücknehmen.
- ~Herrmann.~ Was sagt ihr? (_frohlockend._) Eh soll die Kugel in ihren
- Lauf zurückkehren, und in dem Eingeweid ihres Schützen wüthen --
- rechnet auf mich! Laßt nur mich machen -- Adieu!
- ~Franz~ (_ihm nachrufend._) Die Erndte ist dein, lieber Herrmann! --
- Wenn der Ochse den Kornwagen in die Scheune gezogen hat, so muß er mit
- Heu vorlieb nehmen. Dir eine Stallmagd, und keine Amalia! (_Geht ab._)
- Zweyte Scene.
- Des alten Moors Schlafzimmer.
- Der ~alte Moor~ schlafend in einem Lehnsessel. ~Amalia~.
- ~Amalia~ (_sachte herbey schleichend._) Leise, leise! er schlummert.
- (_Sie stellt sich vor den schlafenden._) Wie schön, wie ehrwürdig!
- -- ehrwürdig, wie man die Heiligen malt -- nein, ich kann dir nicht
- zürnen! Weißlockigtes Haupt, dir kann ich nicht zürnen! Schlumm're
- sanft, wache froh auf, ich allein will hingeh'n und leiden.
- ~D. a. Moor~ (_träumend._) Mein Sohn! mein Sohn! mein Sohn!
- ~Amalia~ (_ergreift seine Hand._) Horch, horch! sein Sohn ist in seinen
- Träumen.
- ~D. a. Moor.~ Bist du da? bist du wirklich? ach! wie siehst du so
- elend? Sieh mich nicht an mit diesem kummervollen Blick! ich bin elend
- genug.
- ~Amalia~ (_weckt ihn schnell._) Seht auf, lieber Greis! ihr träumtet
- nur. Faßt euch!
- ~D. a. Moor~ (_halb wach._) Er war nicht da? drückt ich nicht seine
- Hände? Garstiger Franz! willst du ihn auch meinen Träumen entreissen?
- ~Amalia.~ Merkst du's, Amalia?
- ~D. a. Moor~ (_ermuntert sich._) Wo ist er? wo? wo bin ich? du da,
- Amalia?
- ~Amalia.~ Wie ist euch? Ihr schlieft einen erquickenden Schlummer.
- ~D. a. Moor.~ Mir träumte von meinem Sohn. Warum hab ich nicht
- fortgeträumt? Vielleicht hätt' ich Verzeihung erhalten aus seinem Munde.
- ~Amalia.~ Engel grollen nicht -- er verzeiht euch. (_Faßt seine Hand
- mit Wehmuth._) Vater meines Karls! ich verzeih euch.
- ~D. a. Moor.~ Nein, meine Tochter! diese Todten-Farbe deines Angesichts
- verdammet den Vater. Armes Mädgen! Ich brachte dich um die Freuden
- deiner Jugend -- o fluche mir nicht!
- ~Amalia~ (_küßt seine Hand mit Zärtlichkeit._) Euch?
- ~D. a. Moor.~ Kennst du dieses Bild, meine Tochter?
- ~Amalia.~ Karls! --
- ~D. a. Moor.~ So sah er, als er in's sechszehente Jahr gieng. Itzt
- ist er anders -- Oh es wüthet in meinem Innern -- diese Milde ist
- Unwillen, dieses Lächeln Verzweiflung -- Nicht wahr, Amalia? Es war an
- seinem Geburtstage in der Jasminlaube, als du ihn maltest? -- Oh meine
- Tochter! Eure Liebe machte mich so glücklich.
- ~Amalia~ (_immer das Aug auf das Bild geheftet._) Nein, nein! er ist's
- nicht. Bey Gott! das ist Karl nicht -- Hier, hier (_auf Herz und
- Stirne zeigend._) So ganz, so anders. Die träge Farbe reicht nicht,
- den himmlischen Geist nachzuspiegeln, der in seinem feurigen Auge
- herrschte. Weg damit! dis ist so menschlich! Ich war eine Stümperinn.
- ~D. a. Moor.~ Dieser huldreiche, erwärmende Blick -- wär' er vor
- meinem Bette gestanden, hätte gelebt mitten im Tode! Nie, nie wär' ich
- gestorben!
- ~Amalia.~ Nie, nie wär't ihr gestorben? Es wär' ein Sprung gewesen, wie
- man von einem Gedanken auf einen andern und schönern hüpft -- dieser
- Blick hätt' euch über's Grab hinübergeleuchtet. Dieser Blick hätt' euch
- über die Sterne getragen!
- ~D. a. Moor.~ Es ist schwer, es ist traurig! Ich sterbe, und mein Sohn
- Karl ist nicht hier -- ich werde zu Grabe getragen, und er weint nicht
- an meinem Grabe -- wie süß ist's, eingewiegt zu werden in den Schlaf
- des Todes von dem Gebet eines Sohns -- das ist Wiegengesang.
- ~Amalia~ (_schwärmend._) Ja süß, himmlisch süß ist's, eingewiegt
- zu werden in den Schlaf des Todes von dem Gesang des Geliebten --
- vielleicht träumt man auch im Grabe noch fort -- ein langer, ewiger,
- unendlicher Traum, von Karln, bis man die Glocke der Auferstehung
- läutet -- (_aufspringend, entzückt._) und von itzt an in seinen Armen
- auf ewig, (_Pause. Sie geht an's Klavier, und spielt._)
- Willst dich, Hektor, ewig mir entreissen,
- Wo des Anaciden mordend Eisen
- Dem Patroklus schröcklich Opfer bringt?
- Wer wird künftig deinen Kleinen lehren,
- Speere werfen und die Götter ehren,
- Wenn hinunter dich der Xanthus schlingt?
- ~D. a. Moor.~ Ein schönes Lied, meine Tochter. Das must du mir
- vorspielen, eh ich sterbe.
- ~Amalia.~ Es ist der Abschied Andromachas und Hektors -- Karl und ich
- haben's oft zusammen zu der Laute gesungen. (_Spielt fort._)
- Theures Weib, geh, hol die Todeslanze,
- Laß mich fort zum wilden Kriegestanze,
- Meine Schultern tragen Ilium;
- Ueber Astyanax uns're Götter!
- Hektor fällt, ein Vaterlands Erretter,
- Und wir seh'n uns wieder im Elysium.
- Daniel.
- ~Daniel.~ Es wartet draussen ein Mann auf euch. Er bittet, vorgelassen
- zu werden, er hab euch eine wichtige Zeitung.
- ~D. a. Moor.~ Mir ist auf der Welt nur etwas wichtig, du weist's,
- Amalia -- ist's ein Unglücklicher, der meiner Hülfe bedarf? Er soll
- nicht mit Seufzen von hinnen gehn.
- ~Amalia.~ Ist's ein Bettler, er soll eilig herauf kommen. (_Daniel ab._)
- ~D. a. Moor.~ Amalia, Amalia! schone meiner!
- ~Amalia~ (_spielt fort._)
- Nimmer lausch ich deiner Waffen Schalle,
- Einsam liegt dein Eisen in der Halle,
- Priams groser Heldenstamm verdirbt!
- Du wirst hingeh'n, wo kein Tag mehr scheinet,
- Der Cocytus durch die Wüsten weinet,
- Deine Liebe in dem Lethe stirbt.
- All mein Sehnen, all mein Denken
- Soll der schwarze Lethefluß ertränken,
- Aber meine Liebe nicht!
- Horch! der Wilde raßt schon an den Mauren --
- Gürte mir das Schwerdt um, laß das Trauren,
- Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht!
- Franz. Herrmann (_verkappt._) Daniel.
- ~Franz.~ Hier ist der Mann. Schröckliche Botschaften, sagt er, warten
- auf euch. Könnt ihr sie hören?
- ~D. a. Moor.~ Ich kenne nur eine. Tritt her, mein Freund, und schone
- mein nicht! Reicht ihm einen Becher Wein.
- ~Herrmann~ (_mit veränderter Stimme._) Gnädiger Herr! laßt es einen
- armen Mann nicht entgelten, wenn er wider Willen euer Herz durchbohrt.
- Ich bin ein Fremdling in diesem Lande, aber euch kenn ich sehr gut, ihr
- seyd der Vater Karls von Moor.
- ~D. a. Moor.~ Woher weist du das?
- ~Herrmann.~ Ich kannte euren Sohn --
- ~Amalia~ (_auffahrend._) Er lebt? lebt? Du kennst ihn? wo ist er, wo,
- wo? (_will hinwegrennen._)
- ~D. a. Moor.~ Du weist von meinem Sohn?
- ~Herrmann.~ Er studierte in Leipzig. Von da zog er, ich weiß nicht wie
- weit, herum. Er durchschwärmte Deutschland in die Runde, und, wie er
- mir sagte, mit unbedecktem Haupt, barfus, und erbettelte sein Brod vor
- den Thüren. Fünf Monathe drauf brach der leidige Krieg zwischen Preußen
- und Oestreich wieder aus, und da er auf der Welt nichts mehr zu hoffen
- hatte, zog ihn der Hall von Friderichs siegreicher Trommel nach Böhmen.
- Erlaubt mir, sagte er, zum grosen Schwerin, daß ich den Tod sterbe auf
- dem Bette der Helden, ich hab keinen Vater mehr! --
- ~D. a. Moor.~ Sieh mich nicht an, Amalia!
- ~Herrmann.~ Man gab ihm eine Fahne. Er flog den preußischen Siegesflug
- mit. Wir kamen zusammen unter ein Zelt zu liegen. Er sprach viel von
- seinem alten Vater und von bessern, vergangenen Tagen -- und von
- vereitelten Hoffnungen -- uns standen die Thränen in den Augen.
- ~D. a. Moor~ (_verhüllt sein Haupt in das Kissen._) Stille, o stille!
- ~Herrmann.~ Acht Tage d'rauf war das heiße Treffen bey Prag -- ich darf
- euch sagen, euer Sohn hat sich gehalten wie ein wackerer Kriegsmann.
- Er that Wunder vor den Augen der Armee. Fünf Regimenter mußten neben
- ihm wechseln, er stand. Feuerkugeln fielen rechts und links, euer Sohn
- stand. Eine Kugel zerschmetterte ihm die rechte Hand, euer Sohn nahm
- die Fahne in die linke, und stand --
- ~Amalia~ (_in Entzückung._) Hektor, Hektor! hört ihr's? er stand --
- ~Herrmann.~ Ich traf ihn am Abend der Schlacht niedergesunken unter
- Kugel-Gepfeiffe, mit der linken hielt er das stürzende Blut, die
- rechte hatte er in die Erde gegraben. Bruder! rief er mir entgegen, es
- lief ein Gemurmel durch die Glieder: der General sey vor einer Stunde
- gefallen -- er ist gefallen, sagt' ich, und du? -- Nun, wer ein braver
- Soldat ist, rief er, und ließ die linke Hand los, der folge seinem
- General, wie ich! Bald darauf hauchte er seine grose Seele dem Helden
- zu.
- ~Franz~ (_wild auf Herrmann losgehend._) Daß der Tod deine verfluchte
- Zunge versiegle! Bist du hieher kommen, unserem Vater den Todesstos zu
- geben? -- Vater! Amalia! Vater!
- ~Herrmann.~ Es war der letzte Wille meines sterbenden Kameraden. Nimm
- diß Schwerdt, röchelte er, du wirst's meinem alten Vater überliefern,
- das Blut seines Sohnes klebt daran, er ist gerochen, er mag sich
- weiden. Sag ihm, sein Fluch hätte mich gejagt in Kampf und Tod, ich sey
- gefallen in Verzweiflung! Sein letzter Seufzer war Amalia.
- ~Amalia~ (_wie aus einem Todesschlummer aufgejagt._) Sein letzter
- Seufzer, Amalia!
- ~D. a. Moor~ (_Gräßlich schreyend, sich die Haare ausraufend._) Mein
- Fluch ihn gejagt in den Tod! gefallen in Verzweiflung!
- ~Franz~ (_umherirrend im Zimmer._) Oh! Was habt ihr gemacht, Vater?
- Mein Karl, mein Bruder!
- ~Herrmann.~ Hier ist das Schwerdt, und hier ist auch ein Portrait, das
- er zu gleicher Zeit aus dem Busen zog! Es gleicht diesem Fräulein auf
- ein Haar. Diß soll meinem Bruder Franz, sagte er, -- ich weiß nicht,
- was er damit sagen wollte.
- ~Franz~ (_wie erstaunt._) Mir? Amalia's Portrait? Mir, Karl, Amalia?
- Mir?
- ~Amalia~ (_heftig auf Herrmann losgehend._) Feiler, Bestochener,
- Betrüger! (_faßt ihn hart an._)
- ~Herrmann.~ Das bin ich nicht, gnädiges Fräulein. Sehet selbst, ob's
- nicht euer Bild ist -- ihr mögt's ihm wohl selbst gegeben haben.
- ~Franz.~ Bey Gott! Amalia, das deine! Es ist wahrlich das deine!
- ~Amalia~ (_gibt ihm das Bild zurück._) Mein, mein! O Himmel und Erde!
- ~D. a. Moor~ (_schreyend, sein Gesicht zerfleischend._) Wehe, Wehe!
- mein Fluch ihn gejagt in den Tod! gefallen in Verzweiflung!
- ~Franz.~ Und er gedachte meiner in der letzten schweren Stunde des
- Scheidens, meiner! Englische Seele -- da schon das schwarze Panier des
- Todes über ihm rauschte -- meiner! --
- ~D. a. Moor~ (_lallend._) Mein Fluch ihn gejagt, in den Tod, gefallen
- mein Sohn in Verzweiflung! --
- ~Herrmann.~ Den Jammer steh ich nicht aus. Lebt wohl, alter Herr!
- (_leise zu Franz._) Warum habt ihr auch das gemacht, Junker? (_geht
- schnell ab._)
- ~Amalia~ (_aufspringend, ihm nach._) Bleib, bleib! Was waren seine
- letzten Worte?
- ~Herrmann~ (_zurückrufend._) Sein letzter Seufzer war Amalia. (_ab._)
- ~Amalia.~ Sein letzter Seufzer war Amalia! -- Nein, du bist kein
- Betrüger! So ist es wahr -- wahr -- er ist tod! -- tod! -- (_hin und
- her taumelnd, bis sie umsinkt._) tod -- Karl ist tod --
- ~Franz.~ Was seh' ich? Was steht da auf dem Schwerdt? geschrieben mit
- Blut -- Amalia!
- ~Amalia.~ Von ihm?
- ~Franz.~ Seh' ich recht, oder träum ich? Siehe da mit blutiger Schrift:
- ~Franz, verlaß meine Amalia nicht!~ Sieh doch, sieh doch! und auf der
- andern Seite: ~Amalia! deinen Eid zerbrach der allgewaltige Tod.~ --
- Siehst du nun, siehst du nun? Er schrieb's mit erstarrender Hand,
- schrieb's mit dem warmen Blut seines Herzens, schrieb's an der Ewigkeit
- feyerlichem Rande! sein fliehender Geist verzog, Franz und Amalia noch
- zusammen zu knüpfen.
- ~Amalia.~ Heiliger Gott! es ist seine Hand. -- Er hat mich nie geliebt!
- (_schnell ab._)
- ~Franz~ (_auf den Boden stampfend._) Verzweifelt! meine ganze Kunst
- erliegt an dem Starrkopf.
- ~D. a. Moor.~ Wehe, Wehe! Verlaß mich nicht, meine Tochter! -- Franz,
- Franz! gib mir meinen Sohn wieder!
- ~Franz.~ Wer war's, der ihm den Fluch gab? Wer war's, der seinen Sohn
- jagte in Kampf und Tod und Verzweiflung? -- oh! er war ein Engel! ein
- Kleinod des Himmels. Fluch über seine Henker! Fluch, Fluch über euch
- selber! --
- ~D. a. Moor~ (_schlägt mit geballter Faust wider Brust und Stirn._) Er
- war ein Engel, war Kleinod des Himmels! Fluch, Fluch, Verderben, Fluch
- über mich selber! Ich bin der Vater, der seinen grosen Sohn erschlug.
- Mich liebt' er bis in den Tod! mich zu rächen, rannte er in Kampf und
- Tod! Ungeheuer, Ungeheuer! (_wüthet wider sich selber._)
- ~Franz.~ Er ist dahin, was helfen späte Klagen? (_hönisch lachend._)
- Es ist leichter morden, als lebendig machen. Ihr werdet ihn nimmer aus
- seinem Grabe zurückholen.
- ~D. a. Moor.~ Nimmer, nimmer, nimmer aus dem Grabe zurückholen!
- Hin, verloren auf ewig! -- Und du hast mir den Fluch aus dem Herzen
- geschwäzt, du -- du -- Meinen Sohn mir wieder!
- ~Franz.~ Reizt meinen Grimm nicht. Ich verlaß euch im Tode! --
- ~D. a. Moor.~ Scheusal! Scheusal! schaff mir meinen Sohn wieder!
- (_fährt aus dem Sessel, will Franzen an der Gurgel fassen, der ihn
- zurück schleudert._)
- ~Franz.~ Kraftlose Knochen! ihr wagt es -- sterbt! verzweifelt! (_ab._)
- Der alte Moor.
- Tausend Flüche donnern dir nach! Du hast mir meinen Sohn aus den Armen
- gestohlen (_voll Verzweiflung hin und her geworfen im Sessel._) Wehe,
- Wehe! Verzweifeln, aber nicht sterben! -- Sie fliehen, verlassen mich
- im Tode -- meine gute Engel fliehen von mir, weichen alle die Heilige
- vom eisgrauen Mörder -- Wehe! Wehe! will mir keiner das Haupt halten,
- will keiner die ringende Seele entbinden? Keine Söhne! keine Töchter!
- keine Freunde! -- Menschen nur -- will keiner, allein -- verlassen --
- Wehe! Wehe! -- Verzweifeln, aber nicht sterben!
- Amalia (_mit verweinten Augen._)
- ~D. a. Moor.~ Amalia! Bote des Himmels! Kommst du, meine Seele zu lösen?
- ~Amalia~ (_mit sanfterem Ton._) Ihr habt einen herrlichen Sohn
- verloren.
- ~D. a. Moor.~ ~Ermordet~ willst du sagen. Mit diesem Zeugnis belastet
- tret ich vor den Richterstuhl Gottes.
- ~Amalia.~ Nicht also, jammervoller Greis! der himmlische Vater rückt'
- ihn zu sich. Wir wären zu glücklich gewesen auf dieser Welt. -- Droben,
- droben über den Sonnen -- Wir seh'n ihn wieder.
- ~D. a. Moor.~ Wiedersehen, wiedersehen! Oh es wird mir durch die Seele
- schneiden ein Schwerdt -- Wenn ich ein Heiliger ihn unter den Heiligen
- finde -- mitten im Himmel werden durch mich schauern Schauer der Hölle!
- Im Anschauen des Unendlichen mich zermalmen die Erinnerung: Ich hab
- meinen Sohn ermordet!
- ~Amalia.~ Oh, er wird euch die Schmerz-Erinnerung aus der Seele
- lächeln, seyd doch heiter, lieber Vater! ich bin's so ganz. Hat er
- nicht schon den himmlischen Hörern den Namen Amalia vorgesungen auf der
- seraphischen Harfe, und die himmlischen Hörer lispelten leise ihn nach?
- Sein letzter Seufzer war ja, Amalia! wird nicht sein erster Jubel,
- Amalia! seyn?
- ~D. a. Moor.~ Himmlischer Trost quillt von deinen Lippen! Er wird mir
- lächeln, sagst du? Vergeben? du must bey mir bleiben, Geliebte meines
- Karls, wenn ich sterbe.
- ~Amalia.~ Sterben ist Flug in seine Arme. Wohl euch! Ihr seyd zu
- beneiden. Warum sind diese Gebeine nicht mürb? Warum diese Haare nicht
- grau? Wehe über die Kräfte der Jugend! Willkommen, du markloses Alter!
- näher gelegen dem Himmel und meinem Karl.
- Franz (_tritt auf._)
- ~D. a. Moor.~ Tritt her, mein Sohn! Vergib mir, wenn ich vorhin zu hart
- gegen dich war! ich vergebe dir alles. Ich möchte so gern im Frieden
- den Geist aufgeben.
- ~Franz.~ Habt ihr genug, um euren Sohn geweint? so viel ich sehe, habt
- ihr nur einen.
- ~D. a. Moor.~ Jakob hatte der Söhne zwölf, aber um seinen Joseph hat er
- blutige Thränen geweint.
- ~Franz.~ Hum!
- ~D. a. Moor.~ Geh, nimm die Bibel, meine Tochter, und lies mir die
- Geschichte Jakobs und Josephs! Sie hat mich immer so gerührt, und
- damals bin ich noch nicht Jakob gewesen.
- ~Amalia.~ Welches soll ich euch lesen? (_nimmt die Bibel und blättert._)
- ~D. a. Moor.~ Lis mir den Jammer des Verlassenen, als er ihn nimmer
- unter seinen Kindern fand -- und vergebens sein harrte im Kreis seiner
- eilfe -- und sein Klage-Lied, als er vernahm; sein Joseph sey ihm
- genommen auf ewig --
- ~Amalia.~ (_liest._) »Da nahmen sie Josephs Rock, und schlachteten
- einen Ziegenbock, und tauchten den Rock in das Blut, und schickten den
- bunten Rock hin, und liessen ihn ihrem Vater bringen, und sagen: Diesen
- haben wir funden, siehe, ob's deines Sohnes Rock sey, oder nicht?
- (_Franz geht plötzlich hinweg._) Er kannte ihn aber und sprach: Es ist
- meines Sohnes Rock, ein böses Thier hat ihn gefressen, ein reissend
- Thier hat Joseph zerrissen,«--
- ~D. a. Moor~ (_fällt auf's Kissen zurück._) Ein reissend Thier hat
- Joseph zerrissen!
- ~Amalia~ (_liest weiter._) »Und Jakob zerriß seine Kleider, und legte
- einen Sack um seine Lenden, und trug Leide um seinen Sohn lange Zeit,
- und all' seine Söhne und Töchter traten auf, daß sie ihn trösteten,
- aber er wollte sich nicht trösten lassen und sprach: Ich werde mit Leid
- hinunterfahren --«
- ~D. a. Moor.~ Hör auf, hör auf! Mir wird sehr übel.
- ~Amalia~ (_hinzuspringend, läßt das Buch fallen._) Hilf Himmel! Was ist
- das?
- ~D. a. Moor.~ Das ist der Tod! -- Schwarz -- schwimmt -- vor meinen --
- Augen -- ich bitt dich -- ruf dem Pastor -- daß er mir -- das Abendmahl
- reiche -- Wo ist -- mein Sohn Franz?
- ~Amalia.~ Er ist geflohen! Gott erbarme sich unser!
- ~D. a. Moor.~ Geflohen -- geflohen von des Sterbenden Bett? -- -- Und
- das all' -- all' -- von zwey Kindern voll Hoffnung -- du hast sie --
- gegeben -- hast sie -- genommen -- -- dein Name sey -- --
- ~Amalia~ (_mit einem plötzlichen Schrey._) Tod! alles Tod! (_ab in
- Verzweiflung._)
- Franz (_hüpft frohlockend herein._)
- ~Tod~, schreyen sie, ~tod~! Itzt bin ich ~Herr~. Im ganzen Schlosse
- zettert es, ~tod~! -- Wie aber, ~schläft~ er vielleicht nur? --
- freylich, ach freylich! das ist nun freylich ein Schlaf, wo es ewig
- niemals, Guten Morgen, heißt -- Schlaf und Tod sind nur Zwillinge.
- Wir wollen einmal die Namen wechseln! Wakerer, willkommener Schlaf!
- Wir wollen dich Tod heissen! (_Er drückt ihm die Augen zu._) Wer wird
- nun kommen, und es wagen, mich vor Gericht zu fordern? oder mir in's
- Angesicht zu sagen: du bist ein ~Schurke~! Weg dann mit dieser lästigen
- Larve von Sanftmuth und Tugend! Nun sollt ihr den nakten Franz sehen,
- und euch entsetzen! Mein Vater überzuckerte seine Forderungen, schuf
- sein Gebieth zu einem Familienzirkel um, sas liebreich lächelnd am
- Thor, und grüßte sie Brüder und Kinder. -- Meine Aug-Braunen sollen
- über euch herhangen wie Gewitter-Wolken, mein herrischer Name schweben
- wie ein drohender Komet über diesen Gebirgen, meine Stirne soll euer
- Wetterglas seyn! Er streichelte und koßte den Nacken, der gegen ihn
- störrig zurück schlug. Streicheln und Kosen ist meine Sache nicht. Ich
- will euch die zackichte Sporen in's Fleisch hauen, und die scharfe
- Geißel versuchen. -- In meinem Gebiet soll's so weit kommen, daß
- Kartoffeln und dünn Bier ein Traktament für Festtage werden, und wehe
- dem, der mir mit vollen feurigen Backen unter die Augen tritt! Blässe
- der Armuth und sclavischen Furcht sind meine Leibfarbe: in diese
- Liverey will ich euch kleiden!
- (_Er geht ab._)
- Dritte Scene.
- Die böhmischen Wälder.
- Spiegelberg, Razmann, Räuberhaufen.
- ~Razmann.~ Bist da? bists wirklich? So laß dich doch zu Brey zusammen
- drucken, lieber Herzens-Bruder Moriz! Willkommen in den Böhmischen
- Wäldern! Bist ja gros worden und stark. Stern-Kreuz-Bataillon! Bringst
- ja Rekruten mit einen ganzen Trieb, du trefflicher Werber!
- ~Spiegelberg.~ Gelt Bruder? Gelt? Und das ganze Kerl darzu! -- du
- glaubst nicht, Gottes sichtbarer Seegen ist bey mir, war dir ein
- armer hungriger Tropf, hatte nichts als diesen Stab, da ich über den
- Jordan gieng, und itzt sind unserer acht und siebenzig, meistens
- ruinirte Krämer, rejicirte Magister und Schreiber aus den schwäbischen
- Provinzen, das ist dir ein Korps Kerles, Bruder, deliciöse Bursche,
- sag ich dir, wo als einer dem andern die Knöpfe von den Hosen stihlt,
- und mit geladener Flinte neben ihm sicher ist -- und haben voll auf,
- und stehen dir in einem Renommee vierzig Meilen weit, das nicht zu
- begreifen ist. Da ist dir keine Zeitung, wo du nicht ein Artikelchen
- von dem Schlaukopf Spiegelberg wirst getroffen haben, ich halte sie
- mir auch pur deswegen -- vom Kopf bis zun Füssen haben sie mich dir
- hingestellt, du meynst, du sehst mich, -- so gar meine Rokknöpfe haben
- sie nicht vergessen. Aber wir führen sie erbärmlich am Narrenseil
- herum. Ich geh lezthin in die Druckerey, geb vor, ich hätte den
- berüchtigten Spiegelberg gesehn, und diktir einem Skrizler, der dort
- sas, das leibhafte Bild von einem dortigen Wurmdoktor in die Feder,
- das Ding kommt um, der Kerl wird eingezogen, par force inquirirt, und
- in der Angst und in der Dummheit gesteht er dir, hol mich der Teufel!
- gesteht dir, ~er sey der Spiegelberg~ -- Donner und Wetter! ich war
- eben auf dem Sprung, mich beym Magistrat anzugeben, daß die Kanaille
- mir meinen Namen so verhunzen soll -- wie ich sage, drey Monath d'rauf
- hangt er. Ich mußte nachher eine derbe Prise Toback in die Nase reiben,
- als ich am Galgen vorbeyspatzierte, und den Pseudo-Spiegelberg in
- seiner Glorie da paradiren sah -- und unterdessen daß Spiegelberg
- hangt, schleicht sich Spiegelberg ganz sachte aus den Schlingen, und
- deutet der superklugen Gerechtigkeit hinterrucks Eselsohren, daß's zum
- Erbarmen ist.
- ~Razmann~ (_lacht._) Du bist eben noch immer der alte.
- ~Spiegelberg.~ Das bin ich, wie du siehst, an Leib und Seel.
- Narr! einen Spaß muß ich dir doch erzählen, den ich neulich im
- Cäcilien-Kloster angerichtet habe. Ich treffe das Kloster auf meiner
- Wanderschaft so gegen die Dämmerung, und da ich eben den Tag noch keine
- Patrone verschossen hatte, du weist, ich hasse das =diem perdidi= auf
- den Tod, so mußte die Nacht noch durch einen Streich verherrlicht
- werden, und sollt's dem Teufel um ein Ohr gelten! Wir halten uns
- ruhig, bis in die späte Nacht. Es wird mausstill. Die Lichter gehen
- aus. Wir denken die Nonnen könnten itzt in den Federn seyn. Nun nehm'
- ich meinen Kameraden Grimm mit mir, heis' die andern warten vorm
- Thor, bis sie mein Pfeifchen hören würden, -- versicherte mich des
- Klosterwächters, nehm' ihm die Schlüssel ab, schleich' mich hinein, wo
- die Mägde schliefen, praktizier ihnen die Kleider weg, und heraus mit
- dem Pack zum Thor. Wir gehn weiter von Zelle zu Zelle, nehmen einer
- Schwester nach der andern die Kleider, endlich auch der Aebtissin.
- -- Itzt pfeif ich, und meine Kerls draussen fangen an zu stürmen und
- zu hasseliren als käm der jüngste Tag, und hinein mit pestialischem
- Gepolter in die Zellen der Schwestern! -- hahaha! -- da hättest du die
- Hatz sehen sollen, wie die armen Thiergen in der Finstere nach ihren
- Röcken tappten, und sich jämmerlich geberdeten, wie sie zum Teufel
- waren, und wir indeß wie alle Donnerwetter zugesetzt, und wie sie sich
- vor Schreck und Bestürzung in Bettlaken wickelten, oder unter den Ofen
- zusammenkrochen wie Katzen, andere in der Angst ihres Herzens die Stube
- so besprenzten, daß du hättest das Schwimmen darinnen lernen können,
- und das erbärmliche Gezetter und Lamento, und endlich gar die alte
- Schnurre die Aebtissin, angezogen wie Eva ~vor~ dem Fall -- du weist,
- Bruder, daß mir auf diesem weiten Erdenrund kein Geschöpf so zuwider
- ist, als eine ~Spinne~ und ~ein altes Weib~, und nun denk' dir einmal
- die schwarzbraune, runzlichte, zottige Vettel vor mir herumtanzen,
- mich bey ihrer jungfräulichen Sittsamkeit beschwören -- alle Teufel!
- ich hatte schon den Ellenbogen angesetzt, ihr die übriggebliebenen
- ~wenigen edlen~ vollends in den Mastdarm zu stossen -- kurz resolvirt!
- entweder heraus mit dem Silbergeschirr, mit dem Klosterschatz und allen
- den blanken Thälerchen, oder -- meine Kerls verstanden mich schon --
- ich sage dir, ich hab' aus dem Kloster mehr dann tausend Thaler Werths
- geschleift, und den Spaß obendrein, und meine Kerls haben ihnen ein
- Andenken hinterlassen, sie werden ihre neun Monathe dran zu schleppen
- haben.
- ~Razmann.~ (_auf den Boden stampfend._) Daß mich der Donner da weg
- hatte.
- ~Spiegelberg.~ Siehst du? Sag' du mehr, ob das kein Luder-Leben
- ist? und dabey bleibt man frisch und stark, und das Korpus ist noch
- beysammen, und schwillt dir stündlich wie ein Prälats-Bauch -- ich
- weiß nicht, ich muß was magnetisches an mir haben, das dir alles
- Lumpengesindel auf Gottes Erdboden anzieht wie Stahl und Eisen.
- ~Razmann.~ Schöner Magnet du! Aber so möcht' ich Henkers doch wissen,
- was für Hexereyen du brauchst --
- ~Spiegelberg.~ Hexereyen? Braucht keiner Hexereyen -- Kopf mußt du
- haben! Ein gewisses praktisches Judicium, das man freilich nicht in
- der Gerste frißt -- denn siehst du, ich pfleg' immer zu sagen: einen
- honnetten Mann kann man aus jedem Weidenstozen formen, aber zu einem
- Spitzbuben will's Grüz -- auch gehört dazu ein eignes National-Genie,
- ein gewisses, daß ich so sage, ~Spitzbuben-Klima~, und da rath' ich
- dir, reis' du ins Graubündner-Land, das ist das Athen der heutigen
- Gauner.
- ~Razmann.~ Bruder! man hat mir überhaupt das ganze Italien gerühmt.
- ~Spiegelberg.~ Ja ja! man muß niemand sein Recht vorenthalten, Italien
- weist auch seine Männer auf, und wenn Deutschland so fortmacht, wie
- es bereits auf dem Weg ist, und die Bibel vollends hinaus votirt, wie
- es die glänzendsten Aspekten hat, so kann mit der Zeit auch noch aus
- Deutschland was Gutes kommen, -- überhaupt aber, muß ich dir sagen,
- macht das Klima nicht sonderlich viel, das Genie kommt überall fort,
- und das übrige, Bruder -- ein Holzapfel, weist du wohl, wird im
- Paradies-Gärtlein selber ewig keine Ananas -- aber daß ich dir weiter
- sage, -- wo bin ich stehen geblieben?
- ~Razmann.~ Bey den Kunstgriffen!
- ~Spiegelberg.~ Ja recht, bey den Kunstgriffen. So ist dein erstes,
- wenn du in die Stadt kommst, du ziehst bey den Bettelvögten,
- Stadt-Patrollanten und Zuchtknechten Kundschaft ein, wer so am
- fleissigsten bey ihnen einspreche, die Ehre gebe, und diese Kunden
- suchst du auf -- ferner nistest du dich in die Kaffeehäuser,
- Bordelle, Wirthshäuser ein, spähst, sondirst, wer am meisten über
- die wohlfeile Zeit, die fünf pro cent, über die einreissende Pest
- der Policeyverbesserungen schreyt, wer am meisten über die Regierung
- schimpft, oder wider die Physiognomik eifert und dergleichen Bruder!
- das ist die rechte Höhe! die Ehrlichkeit wackelt wie ein hohler Zahn,
- du darfst nur den Pelikan ansetzen, -- oder besser und kürzer: du gehst
- und wirfst einen vollen Beutel auf die offene Strase, versteckst dich
- irgendwo, und merkst dir wohl, wer ihn aufhebt -- eine Weile drauf
- jagst du hinterher, suchst, schreyst, und fragst nur so im Vorbeygehen,
- haben der Herr nicht etwa einen Geldbeutel gefunden? Sagt er ~ja~? --
- nun so hat's der Teufel gesehen; leugnet er's aber? der Herr verzeihen
- -- ich wüßte mich nicht zu entsinnen, -- ich bedaure, (_aufspringend._)
- Bruder! Triumph, Bruder! Lösch deine Laterne aus, schlauer Diogenes! --
- du hast deinen Mann gefunden.
- ~Razmann.~ Du bist ein ausgelernter Prakticus.
- ~Spiegelberg.~ Mein Gott! als ob ich noch jemals dran gezweifelt hätte
- -- Nun du deinen Mann in dem Hamen hast, must du's auch fein schlau
- angreifen, daß du ihn hebst! -- Siehst du, mein Sohn? das hab' ich
- so gemacht: -- So bald ich einmal die Fährte hatte, hängt' ich mich
- meinem Kandidaten an wie eine Klette, saufte Brüderschaft mit ihm, und
- Notabene! Zechfrey must du ihn halten! da geht freylich ein schönes
- drauf, aber das achtest du nicht -- -- du gehst weiter, du führst ihn
- in Spiel-Kompagnien und bey liederlichen Menschern ein, verwickelst ihn
- in Schlägereyen, und schelmische Streiche, bis er an Saft und Kraft und
- Geld und Gewissen, und gutem Namen bankrut wird, denn incidenter muß
- ich dir sagen, du richtest nichts aus, wenn du nicht Leib und Seele
- verderbst -- Glaube mir Bruder! das hab' ich aus meiner starken Praxi
- wohl fünfzigmal abstrahirt, wenn der ehrliche Mann einmal aus dem Nest
- gejagt ist, so ist der Teufel Meister -- Der Schritt ist dann so leicht
- -- o so leicht, als der Sprung von einer Hure zu einer Betschwester. --
- Horch doch! was für ein Knall war das?
- ~Razmann.~ Es war gedonnert, nur fortgemacht!
- ~Spiegelberg.~ Noch ein kürzerer besserer Weg ist der, du plünderst
- deinem Mann Haus und Hof ab, bis ihm kein Hemd mehr am Leibe hebt,
- alsdann kommt er dir von selber -- lern mich die Pfiffe nicht Bruder
- -- frag einmal das Kupfergesicht dort -- Schwere Noth! den hab' ich
- schön in's Garn gekriegt -- ich hielt ihm vierzig Dukaten hin, die
- sollt' er haben, wenn er mir seines Herrn Schlüssel in Wachs drücken
- wollte -- denk einmal! die dumme Bestie thuts, bringt mir, hol mich
- der Teufel! die Schlüssel, und will itzt das Geld haben -- Monsieur,
- sagt' ich, weiß er auch, daß ich itzt diese Schlüssel gerades Wegs zum
- Policey-Lieutenant trage, und ihm ein Logis am lichten Galgen miethe?
- -- tausend Sakerment! da hättest du den Kerl sehen sollen die Augen
- aufreissen, und anfangen zu zappeln wie ein nasser Budel -- -- »Ums
- Himmels willen, hab' der Herr doch Einsicht! ich will -- will --« was
- will er? will er itzt gleich den Zopf hinaufschlagen und mit mir zum
- Teufel geh'n? -- »o von Herzen gern, mit Freuden« -- hahaha! guter
- Schlucker, mit Speck fängt man Mäuse -- lach ihn doch aus, Razmann!
- hahaha!
- ~Razmann.~ Ja, ja, ich muß gestehen. Ich will mir diese Lektion mit
- goldnen Ziffern auf meine Hirntafel schreiben. Der Satan mag seine
- Leute kennen, daß er dich zu seinem Mäckler gemacht hat.
- ~Spiegelberg.~ Gelt, Bruder? und ich denke, wenn ich ihm zehen stelle,
- läßt er mich frey ausgehen -- gibt ja jeder Verleger seinem Sammler
- das zehente Exemplar gratis, warum soll der Teufel so jüdisch zu Werk
- gehn? -- Razmann! ich rieche Pulver --
- ~Razmann.~ Sapperment! ich riech's auch schon lang. -- Gib Acht, es
- wird in der Näh was gesetzt haben! -- Ja ja! wie ich dir sage, Moriz --
- du wirst dem Hauptmann mit deinen Rekruten willkommen seyn -- er hat
- auch schon brave Kerl angelockt.
- ~Spiegelberg.~ Aber die meinen! die meinen -- Pah --
- ~Razmann.~ Nun ja! sie mögen hübsche Fingerchen haben -- aber ich
- sage dir, der Ruf unsers Hauptmanns hat auch schon ehrliche Kerls in
- Versuchung geführt.
- ~Spiegelberg.~ Ich will nicht hoffen.
- ~Razmann.~ Sans Spaß! und sie schämen sich nicht unter ihm zu dienen.
- Er mordet nicht um des Raubes willen wie wir -- nach dem Geld schien
- er nicht mehr zu fragen, so bald ers vollauf haben konnte, und selbst
- sein Drittheil an der Beute, das ihn von Rechtswegen trifft, verschenkt
- er an Waisenkinder, oder läßt damit arme Jungen von Hoffnung studiren.
- Aber soll er dir einen Landjunker schröpffen, der seine Bauern wie
- das Vieh abschindet, oder einen Schurken mit goldnen Borden unter
- den Hammer kriegen, der die Gesetze falschmünzt, und das Auge der
- Gerechtigkeit übersilbert, oder sonst ein Herrchen von dem Gelichter --
- Kerl! da ist er dir in seinem Element, und haußt teufelmäßig, als wenn
- jede Faser an ihm eine Furie wäre.
- ~Spiegelberg.~ Hum! hum!
- ~Razmann.~ Neulich erfuhren wir im Wirthshaus, daß ein reicher Graf
- von Regensburg durchkommen würde, der einen Proceß von einer Million
- durch die Pfiffe seines Advokaten durchgesetzt hätte, er saß eben am
- Tisch und brettelte, -- wie viel sind unserer? frug er mich, indem er
- hastig aufstand, ich sah ihn die Unterlippe zwischen die Zähne klemmen,
- welches er nur thut, wenn er am grimmigsten ist -- nicht mehr als fünf!
- sagt' ich -- es ist genug! sagt' er, warf der Wirthinn das Geld auf
- den Tisch, ließ den Wein, den er sich hatte reichen lassen, unberührt
- stehen -- wir machten uns auf den Weg. Die ganze Zeit über sprach er
- kein Wort, lief abseitwärts und allein, nur daß er uns von Zeit zu
- Zeit fragte, ob wir noch nichts gewahr worden wären, und uns befahl
- das Ohr an die Erde zu legen. Endlich so kommt der Graf hergefahren,
- der Wagen schwer bepakt, der Advokat saß bey ihm drinn, voraus ein
- Reuter, nebenher ritten zwey Knechte -- da hättest du den Mann sehen
- sollen, wie er, zwey Terzerolen in der Hand, vor uns her auf den Wagen
- zusprang! und die Stimme, mit der er rief: Halt! -- der Kutscher, der
- nicht Halt machen wollte, mußte vom Bock herabtanzen, der Graf schoß
- aus dem Wagen in den Wind, die Reuter flohen -- dein Geld, Kanaille!
- rief er donnernd -- er lag wie ein Stier unter dem Beil -- und bist du
- der Schelm, der die Gerechtigkeit zur feilen Hure macht? Der Advokat
- zitterte, daß ihm die Zähne klapperten, -- der Dolch stak in seinem
- Bauch wie ein Pfahl in dem Weinberg -- ich habe das meine gethan! rief
- er, und wandte sich stolz von uns weg, das Plündern ist eure Sache. Und
- somit verschwand er in den Wald --
- ~Spiegelberg.~ Hum, hum! Bruder, was ich dir vorhin erzählt habe,
- bleibt unter uns, er brauchts nicht zu wissen. Verstehst du?
- ~Razmann.~ Recht, recht! ich versteh.
- ~Spiegelberg.~ Du kennst ihn ja! Er hat so seine Grillen. Du verstehst
- mich.
- ~Razmann.~ Ich versteh, ich versteh.
- Schwarz (_in vollem Lauf._)
- ~Razmann.~ Wer da? was gibts da? Passagiers im Wald?
- ~Schwarz.~ Hurtig, hurtig! wo sind die andern? -- tausendsakerment! ihr
- steht da, und plaudert! Wißt ihr denn nicht -- wißt ihr denn gar nicht?
- -- und Roller --
- ~Razmann.~ Was dann, was dann?
- ~Schwarz.~ Roller ist gehangen, noch vier andere mit --
- ~Razmann.~ Roller? Schwere Noth! seit wann -- woher weist du's?
- ~Schwarz.~ Schon über drey Wochen sitzt er, und wir erfahren nichts,
- schon drey Rechtstäge sind über ihn gehalten worden, und wir hören
- nichts, man hat ihn auf der Tortur examinirt, wo der Hauptmann sey?
- -- Der wackere Bursche hat nichts bekannt, gestern ist ihm der Proceß
- gemacht worden, diesen Morgen ist er dem Teufel extra Post zugefahren.
- ~Razmann.~ Vermaledeyt! weiß es der Hauptmann?
- ~Schwarz.~ Erst gestern erfährt er's. Er schäumt wie ein Eber. Du
- weist's, er hat immer am meisten gehalten auf Roller, und nun die
- ~Tortur erst~ -- Strick und Leiter sind schon an den Thurm gebracht
- worden, es half nichts, er selbst hat sich schon in Kapuciners-Kutte zu
- ihm geschlichen, und die Person mit ihm wechseln wollen, Roller schlugs
- hartnäckig ab, itzt hat er einen Eid geschworen, daß es uns eiskalt
- über die Leber lief, er wolle ihm eine Todesfackel anzünden, wie sie
- noch keinem König geleuchtet hat, die ihnen den Buckel braun und blau
- brennen soll. Mir ist bang für die Stadt. Er hat schon lang eine Pique
- auf sie, weil sie so schändlich bigott ist, und du weist, wenn er sagt:
- ich will's thun! so ist's so viel, als wenn's unser einer gethan hat.
- ~Razmann.~ Das ist wahr! ich kenne den Hauptmann. Wenn er dem Teufel
- sein Wort drauf gegeben hätte in die Hölle zu fahren, er würde nie
- beten, wenn er mit einem halben Vater Unser seelig werden könnte! --
- Aber ach! der arme Roller! -- der arme Roller! --
- ~Spiegelberg.~ Memento mori! Aber das regt mich nicht an. (_Trillert
- ein Liedgen._)
- Geh ich vorbey am Rabensteine,
- So blinz ich nur das rechte Auge zu,
- Und denk, du hängst mir wohl alleine,
- Wer ist ein Narr, ich oder du?
- ~Razmann~ (_aufspringend._) Horch! Ein Schuß. (_Schießen und Lermen._)
- ~Spiegelberg.~ Noch einer!
- ~Razmann.~ Wieder einer! der Hauptmann!
- (_Hinter der Scene gesungen._)
- Die Nürnberger henken keinen,
- Sie hätten ihn denn vor.
- =Da Capo.=
- ~Schweizer. Roller.~ (_Hinter der Scene._) Holla ho! Holla ho!
- ~Razmann.~ Roller! Roller! Holen mich zehn Teufel!
- ~Schweizer. Roller.~ (_Hinter der Scene._) Razmann! Schwarz!
- Spiegelberg! Razmann!
- ~Razmann.~ Roller! Schweizer! Bliz, Donner, Hagel und Wetter! (_Fliegen
- ihm entgegen._)
- Räuber Moor (_zu Pferd._)
- Schweizer. Roller. Grimm. Schufterle.
- Räubertrupp (_mit Koth und Staub bedeckt, treten auf._)
- ~Räuber Moor~ (_vom Pferd springend._) Freyheit! Freyheit! -- -- du
- bist im Trocknen, Roller! -- Führ meinen Rappen ab, Schweizer, und
- wasch ihn mit Wein. (_Wirft sich auf die Erde._) Das hat gegolten!
- ~Razmann~ (_zu Roller._) Nun bey der Feueresse des Pluto's! bist du vom
- Rad auferstanden?
- ~Schwarz.~ Bist du sein Geist? oder bin ich ein Narr? oder bist du's
- wirklich?
- ~Roller~ (_in Athem._) Ich bins. Leibhaftig. Ganz. Wo glaubst du, daß
- ich herkomme?
- ~Schwarz.~ Da frag die Hexe! der Stab war schon über dich gebrochen.
- ~Roller.~ Das war er freylich, und noch mehr. Ich komme recta vom
- Galgen her. Laß mich nur erst zu Athem kommen. Der Schweizer wird dir
- erzählen. Gebt mir ein Glas Brandtenwein! -- du auch wieder da, Moriz?
- Ich dachte dich wo anders wieder zu sehen -- gebt mir doch ein Glas
- Brandtenwein! meine Knochen fallen auseinander -- o mein Hauptmann! wo
- ist mein Hauptmann?
- ~Schwarz.~ Gleich, gleich! -- so sag doch, so schwäz doch! wie bist
- du davon kommen? wie haben wir dich wieder? der Kopf geht mir um. Vom
- Galgen her, sagst du?
- ~Roller~ (_stürzt eine Flasche Brandtenwein hinunter._) Ah, das
- schmeckt, das brennt ein! -- gerades Wegs vom Galgen her! sag ich. Ihr
- steht da, und gafft, und könnt's nicht träumen -- ich war auch nur drey
- Schritte von der Sakerments-Leiter, auf der ich in den Schoos Abrahams
- steigen sollte -- so nah, so nah -- war dir schon mit Haut und Haar auf
- die Anatomie verhandelt! hättest mein Leben um'n Prise Schnupftaback
- haben können, dem Hauptmann dank ich Luft, Freyheit und Leben.
- ~Schweizer.~ Es war ein Spaß, der sich hören läßt. Wir hatten den Tag
- vorher durch unsre Spionen Wind gekriegt, der Roller liege tüchtig im
- Salz, und wenn der Himmel nicht bey Zeit noch einfallen wollte, so
- werde er morgen am Tag -- das war als heut -- den Weg alles Fleisches
- gehen müssen -- Auf! sagt der Hauptmann, was wiegt ein Freund nicht?
- -- Wir retten ihn, oder retten ihn nicht, so wollen wir ihm wenigstens
- doch eine Todesfackel anzünden, wie sie noch keinem König geleuchtet
- hat, die ihnen den Buckel braun und blau brennen soll. Die ganze Bande
- wird aufgeboten. Wir schicken einen Expressen an ihn, der's ihm in
- einem Zettelchen beybrachte, das er ihm in die Suppe warf.
- ~Roller.~ Ich verzweifelte an dem Erfolg.
- ~Schweizer.~ Wir paßten die Zeit ab, bis die Passagen leer waren.
- Die ganze Stadt zog dem Spektakel nach, Reuter und Fußgänger durch
- einander und Wagen, der Lerm und der Galgen-Psalm jolten weit. Izt,
- sagt der Hauptmann, brennt an, brennt an! Die Kerl flogen wie Pfeile,
- steckten die Stadt an drey und dreysig Eken zumal in Brand, werfen
- feurige Lunten in die Nähe des Pulverthurms, in Kirchen und Scheunen --
- Morbleu es war keine Viertelstunde vergangen, der Nord-Ost-Wind, der
- auch seinen Zahn auf die Stadt haben muß, kam uns trefflich zu statten,
- und half die Flamme bis hinauf in die obersten Gibel jagen. Wir indeß
- Gasse auf Gasse nieder, wie Furien -- Feuerjo! Feuerjo! durch die ganze
- Stadt -- Geheul, -- Geschrey -- Gepolter -- fangen an die Brandglocken
- zu brummen, knallt der Pulverthurm in die Luft, als wär die Erde mitten
- entzwey geborsten, und der Himmel zerplazt, und die Hölle zehntausend
- Klafter tiefer versunken.
- ~Roller.~ Und itzt sah mein Gefolge zurück -- da lag die Stadt wie
- Gomorrha und Sodom, der ganze Horizont war Feuer, Schwefel und Rauch,
- vierzig Gebürge brüllen den infernalischen Schwank in die Rund herum
- nach, ein panischer Schreck schmeißt alle zu Boden -- itzt nutz ich
- den Zeitpunkt, und risch, wie der Wind! -- ich war losgebunden, so
- nah war's dabey -- da meine Begleiter versteinert wie Loths Weib
- zurückschaun, Reißaus! zerrissen die Haufen! davon! Sechzig Schritte
- weg werf ich die Kleider ab, stürze mich in den Fluß, schwimm unter'm
- Wasser fort, bis ich glaubte ihnen aus dem Gesichte zu seyn. Mein
- Hauptmann schon parat mit Pferden und Kleidern -- so bin ich entkommen.
- Moor! Moor! möchtest du bald auch in den Pfeffer gerathen, daß ich dir
- gleiches mit gleichem vergelten kann!
- ~Razmann.~ Ein bestialischer Wunsch, für den man dich hängen sollte --
- aber es war ein Streich zum Zerplatzen.
- ~Roller.~ Es war Hülfe in der Noth, ihr könnt's nicht schäzen. Ihr
- hättet sollen -- den Strick um den Hals -- mit lebendigem Leib zu
- Grabe marschiren wie ich, und die sakermentalischen Anstalten und
- Schinders-Ceremonien, und mit jedem Schritt, den der scheue Fuß
- vorwärts wankte, näher und fürchterlich näher die verfluchte Maschine,
- wo ich einlogirt werden sollte, im Glanz der schröcklichen Morgensonne
- steigend, und die laurenden Schinders-Knechte, und die gräßliche Musik
- -- noch raunt sie in meinen Ohren -- und das Gekrächz hungriger Raben,
- die an meinem halbfaulen Antezessor zu dreysigen hiengen, und das
- alles, alles -- und obendrein noch der Vorschmack der Seeligkeit, die
- mir blühete! -- Bruder, Bruder! und auf einmal die Losung zur Freyheit
- -- Es war ein Knall, als ob dem Himmelfaß ein Raif gesprungen wäre --
- hört Kanaillen! ich sag euch, wenn man aus dem glühenden Ofen in's
- Eiswasser springt, kann man den Abfall nicht so stark fühlen als ich,
- da ich am andern Ufer war.
- ~Spiegelberg~ (_lacht._) Armer Schlucker! nun ist's ja verschwitzt.
- (_trinkt ihm zu._) Zur glücklichen Wiedergeburt!
- ~Roller~ (_wirft sein Glas weg._) Nein, bey allen Schäzen des Mammons!
- ich möchte das nicht zum zweytenmal erleben. Sterben ist etwas mehr als
- Harlequins-Sprung, und Todes-Angst ist ärger als Sterben.
- ~Spiegelberg.~ Und der hüpfende Pulverthurm -- merkst du's izt,
- Razmann? -- d'rum stank auch die Luft so nach Schwefel, stundenweit,
- als würde die ganze Garderobe des Molochs unter dem Firmament
- ausgelüftet -- es war ein Meisterstreich, Hauptmann! ich beneide dich
- d'rum.
- ~Schweizer.~ Macht sich die Stadt eine Freude daraus, meinen Kameraden
- wie ein verheztes Schwein abthun zu sehen, was, zum Henker! sollen wir
- uns ein Gewissen daraus machen, unserem Kameraden zulieb die Stadt
- drauf gehen zu lassen? Und neben her hatten unsere Kerls noch das
- gefundene Fressen, über den alten Kaiser zu plündern. -- Sagt einmal!
- Was habt ihr weggekapert?
- ~Einer von der Bande.~ Ich hab mich während des Durcheinanders in die
- Stephans-Kirche geschlichen und die Borden vom Altar-Tuch abgetrennt,
- der liebe Gott da, sagt' ich, ist ein reicher Mann, und kann ja
- Goldfäden aus einem Batzenstrick machen.
- ~Schweizer.~ Du hast wohl gethan -- was soll auch der Plunder in einer
- Kirche? Sie tragens dem Schöpfer zu, der über den Trödelkram lachet,
- und seine Geschöpfe dörfen verhungern. -- Und du Spangeler -- wo hast
- du dein Netz ausgeworfen?
- ~Ein zweyter.~ Ich und Bügel haben einen Kaufladen geplündert und
- bringen Zeug für unser funfzig mit.
- ~Ein Dritter.~ Zwey gold'ne Sackuhren hab ich weggebixt, und ein
- Dutzend silberne Löffel dazu.
- ~Schweizer.~ Gut, gut. Und wir haben ihnen ein's angerichtet, d'ran
- sie vierzeh'n Tage werden zu löschen haben. Wenn sie dem Feuer wehren
- wollen, so müssen sie die Stadt durch Wasser ruiniren -- Weist du
- nicht, Schufterle, wie viel es Todte gesetzt hat?
- ~Schufterle.~ Drey und achtzig sagt man. Der Thurm allein hat ihrer
- sechszig zu Staub zerschmettert.
- ~Räuber Moor~ (_sehr ernst._) Roller, du bist theuer bezahlt.
- ~Schufterle.~ Pah! pah! was heißt aber das? -- ja, wenn's Männer
- gewesen wären -- aber da warens Wikelkinder, die ihre Lacken vergolden,
- eingeschnurrte Müttergen, die ihnen die Müken wehrten, ausgedörrte
- Ofenhocker, die keine Thüre mehr finden konnten -- Patienten, die
- nach dem Doktor winselten, der in seinem gravitätischen Trab der Hatz
- nachgezogen war -- Was leichte Beine hatte, war ausgeflogen der Komödie
- nach, und nur der Bodensatz der Stadt blieb zurück, die Häuser zu hüten.
- ~Moor.~ Oh der armen Gewürme! Kranke, sagst du, Greise und Kinder? --
- ~Schufterle.~ Ja zum Teufel! und Kindbetterinnen darzu, und
- hochschwangere Weiber, die befürchteten, unterm lichten Galgen zu
- abortiren, junge Frauen, die besorgten sich an den Schinders-Stückchen
- zu versehen, und ihrem Kind im Mutterleib den Galgen auf den Buckel zu
- brennen -- Arme Poeten, die keinen Schuh anzuziehen hatten, weil sie
- ihr einziges Paar in die Mache gegeben, und was das Hundsgesindel mehr
- ist, es lohnt sich der Mühe nicht, daß man davon redet. Wie ich von
- ungefehr so an einer Barake vorbeygehe, hör ich drinnen ein Gezetter,
- ich guk hinein, und wie ich's beym Licht besehe, was war's? Ein Kind
- war's, noch frisch und gesund, das lag auf dem Boden unter'm Tisch,
- und der Tisch wollte eben angehen, -- Armes Thiergen! sagt' ich, du
- verfrierst ja hier, und warf's in die Flamme --
- ~Moor.~ Wirklich, Schufterle? -- Und diese Flamme brenne in deinem
- Busen, bis die Ewigkeit grau wird! -- Fort Ungeheuer! Laß dich nimmer
- unter meiner Bande sehen! Murrt ihr? -- Ueberlegt ihr? -- Wer überlegt,
- wann Ich befehle? -- Fort mit ihm, sag ich, -- es sind noch mehr unter
- euch, die meinem Grimm reif sind. Ich kenne dich, Spiegelberg. Aber ich
- will nächstens unter euch treten, und fürchterlich Musterung halten.
- (_Sie gehen zitternd ab._)
- Moor (_allein heftig auf- und abgehend._)
- Höre sie nicht, Rächer im Himmel! -- Was kann ich dafür? Was kannst du
- dafür, wenn deine Pestilenz, deine Theurung, deine Wasserfluten, den
- Gerechten mit dem Bösewicht auffressen? Wer kann der Flamme befehlen,
- daß sie nicht auch durch die gesegneten Saaten wüte, wenn sie das
- Genist der Hornissel zerstören soll? -- O pfui, über den Kinder-Mord!
- den Weiber-Mord -- den Kranken-Mord! Wie beugt mich diese That! Sie
- hat meine schönsten Werke vergiftet -- da steht der Knabe, schaamroth
- und ausgehöhnt vor dem Auge des Himmels, der sich anmaßte mit Jupiters
- Keule zu spielen, und Pygmeen niederwarf, da er Titanen zerschmettern
- sollte -- geh, geh! du bist der Mann nicht, das Rachschwerdt des
- obern Tribunals zu regieren, du erlagst bey dem ersten Griff -- hier
- entsag' ich dem frechen Plan, gehe, mich in irgend eine Kluft der Erde
- zu verkriechen, wo der Tag vor meiner Schande zurücktritt. (_er will
- fliehen._)
- Räuber (_eilig._)
- Sieh dich vor, Hauptmann! Es spukt! Ganze Haufen böhmischer Reuter
- schwadroniren im Holz herum -- der höllische Blaustrumpf muß ihnen
- verträtscht haben --
- Neue Räuber.
- Hauptmann, Hauptmann! Sie haben uns die Spur abgelauert -- rings ziehen
- ihrer etliche Tausend einen Kordon um den mittlern Wald.
- Neue Räuber.
- Weh, weh, weh! Wir sind gefangen, gerädert, wir sind geviertheilt!
- Viele tausend Husaren, Dragoner und Jäger sprengen um die Anhöhe, und
- halten die Luft-Löcher besetzt.
- (_Moor geht ab._)
- Schweizer. Grimm. Roller. Schwarz. Schufterle. Spiegelberg. Razmann.
- Räubertrupp.
- ~Schweizer.~ Haben wir sie aus den Federn geschüttelt? Freu
- dich doch, Roller! Das hab ich mir lange gewünscht, mich mit so
- Kommis-Brod-Rittern herumzuhauen -- wo ist der Hauptmann? Ist die
- ganze Bande beysammen? Wir haben doch Pulver genug?
- ~Razmann.~ Pulver die schwere Meng. Aber unser sind achtzig in allem,
- und so immer kaum einer gegen ihrer zwanzig.
- ~Schweizer.~ Desto besser! und laß es fünfzig gegen meinen grossen
- Nagel seyn -- Haben sie so lang gewartet, bis wir ihnen die Streu
- unterm Arsch angezündet haben -- Brüder, Brüder! so hat's keine Noth.
- Sie sezen ihr Leben an zehen Kreuzer, fechten wir nicht für Hals und
- Freyheit? -- Wir wollen über sie her wie die Sündflut, und auf ihre
- Köpfe herabfeuren wie Wetterleuchten -- Wo zum Teufel! ist dann der
- Hauptmann?
- ~Spiegelberg.~ Er verläßt uns in dieser Noth. Können wir denn nicht
- mehr entwischen?
- ~Schweizer.~ Entwischen?
- ~Spiegelberg.~ Oh! Warum bin ich nicht geblieben in Jerusalem.
- ~Schweizer.~ So wollt' ich doch, daß du im Kloak erstiktest, Drekseele
- du! Bey nakten Nonnen hast du ein grosses Maul, aber wenn du zwey
- Fäuste siehst, -- Memme, zeige dich itzt, oder man soll dich in eine
- Sauhaut nähen, und durch Hunde verhetzen lassen.
- ~Razmann.~ Der Hauptmann, der Hauptmann!
- Moor (_langsam vor sich._)
- ~Moor.~ Ich habe sie vollends ganz einschliessen lassen, itzt müssen
- sie fechten wie Verzweifelte. (_Laut._) Kinder! Nun gilts! Wir sind
- verloren, oder wir müssen fechten wie angeschossene Eber.
- ~Schweizer.~ Ha! ich will ihnen mit meinen Fangern den Bauch schlizen,
- daß ihnen die Kutteln schuhlang herausplatzen! -- Führ uns an,
- Hauptmann! Wir folgen dir in den Rachen des Todes.
- ~Moor.~ Ladet alle Gewehre! Es fehlt doch an Pulver nicht?
- ~Schweizer~ (_springt auf._) Pulver genug, die Erde gegen den Mond zu
- sprengen!
- ~Razmann~. Jeder hat fünf paar Pistolen geladen, jeder noch drey
- Kugelbüchsen darzu.
- ~Moor.~ Gut, gut! Und nun muß ein Theil auf die Bäume klettern, oder
- sich in's Dickicht verstecken, und Feuer auf sie geben im Hinterhalt --
- ~Schweizer.~ Da gehörst du hin, Spiegelberg!
- ~Moor.~ Wir andern, wie Furien, fallen ihnen in die Flanken.
- ~Schweizer.~ Darunter bin ich, ich!
- ~Moor.~ Zugleich muß jeder sein Pfeifchen hören lassen, im Wald
- herumjagen, daß unsere Anzahl schröcklicher werde: auch müssen alle
- Hunde los, und in ihre Glieder gehetzt werden, daß sie sich trennen,
- zerstreuen, und euch in den Schuß rennen. Wir drey, Roller, Schweizer
- und ich, fechten im Gedränge.
- ~Schweizer.~ Meisterlich, vortrefflich! -- Wir wollen sie
- zusammenwettern, daß sie nicht wissen, wo sie die Ohrfeigen herkriegen.
- Ich habe wohl ehe eine Kirsche vom Maul weggeschossen, laß sie nur
- anlaufen. (_Schufterle zupft Schweizern, dieser nimmt den Hauptmann
- beyseit, und spricht leise mit ihm._)
- ~Moor.~ Schweig!
- ~Schweizer.~ Ich bitte dich --
- ~Moor.~ Weg! Er dank es seiner Schande, sie hat ihn gerettet. Er soll
- nicht sterben, wenn ich und mein Schweizer sterben, und mein Roller.
- Laß ihn die Kleider ausziehen, so will ich sagen, er sey ein Reisender,
- und ich habe ihn bestohlen -- Sey ruhig, Schweizer! Ich schwöre darauf,
- er wird doch noch gehangen werden.
- Pater (_tritt auf._)
- ~Pater~ (_vor sich, stutzt._) Ist das das Drachen-Nest? -- Mit eurer
- Erlaubniß, meine Herren! Ich bin ein Diener der Kirche, und draussen
- stehen siebenzehnhundert, die jedes Haar auf meinen Schläfen bewachen.
- ~Schweizer.~ Bravo! bravo! das war wohlgesprochen sich den Magen warm
- zu halten.
- ~Moor.~ Schweig, Kamerad! -- Sagen Sie kurz, Herr Pater! was haben Sie
- hier zu thun?
- ~Pater.~ Mich sendet die hohe Obrigkeit, die über Leben und Tod spricht
- -- ihr Diebe -- ihr Mordbrenner -- ihr Schelmen -- giftige Otterbrut,
- die im Finstern schleicht, und im Verborgenen sticht -- Aussatz der
- Menschheit -- Höllenbrut, -- köstliches Mahl für Raben und Ungeziefer
- -- Kolonie für Galgen und Rad --
- ~Schweizer.~ Hund! hör auf zu schimpfen, oder -- (_er drückt ihm den
- Kolben vor's Gesicht._)
- ~Moor.~ Pfui doch, Schweizer! du verdirbst ihm ja das Koncept -- er hat
- seine Predigt so brav auswendig gelernt -- nur weiter mein Herr! --
- »für Galgen und Rad?«
- ~Pater.~ Und du, feiner Hauptmann! Herzog der Beutelschneider!
- Gauner-König! Gros-Mogol aller Schelmen unter der Sonne! -- Ganz
- ähnlich jenem ersten abscheulichen Rädelsführer, der tausend Legionen
- schuldloser Engel in rebellisches Feuer fachte, und mit sich hinab in
- den tiefen Pfuhl der Verdammniß zog -- das Zettergeschrey verlassener
- Mütter heult deinen Fersen nach, Blut saufst du wie Wasser, Menschen
- wägen auf deinem mörderischen Dolch keine Luftblase auf. --
- ~Moor.~ Sehr wahr, sehr wahr! Nur weiter!
- ~Pater.~ Was? sehr wahr, sehr wahr? ist das auch eine Antwort?
- ~Moor.~ Wie, mein Herr? darauf haben Sie sich wohl nicht gefaßt
- gemacht? Weiter, nur weiter! Was wollten Sie weiter sagen?
- ~Pater~ (_im Eifer._) Entsetzlicher Mensch! hebe dich weg von mir!
- Picht nicht das Blut des ermordeten Reichs-Grafen an deinen verfluchten
- Fingern? Hast du nicht das Heiligthum des Herrn mit diebischen Händen
- durchbrochen, und mit einem Schelmengriff die geweihten Gefässe
- des Nachtmahls entwandt? Wie? hast du nicht Feuerbrände in unsere
- gottesfürchtige Stadt geworfen? und den Pulverthurm über die Häupter
- guter Christen herabgestürzt? (_Mit zusammengeschlagenen Händen._)
- Greuliche, greuliche Frevel, die bis zum Himmel hinaufstinken, das
- jüngste Gericht waffnen, daß es reissend daher bricht! Reif zur
- Vergeltung, zeitig zur letzten Posaune!
- ~Moor.~ Meisterlich gerathen bis hieher! aber zur Sache! Was läßt mir
- der hochlöbliche Magistrat durch Sie kund machen?
- ~Pater.~ Was du nie werth bist, zu empfangen -- Schau um dich,
- Mordbrenner! Was nur dein Auge absehen kann, bist du eingeschlossen von
- unsern Reutern -- hier ist kein Raum zum Entrinnen mehr -- so gewiß
- Kirschen auf diesen Eichen wachsen, und diese Tannen Pfirsiche tragen,
- so gewiß werdet ihr unversehrt diesen Eichen und diesen Tannen den
- Rücken kehren.
- ~Moor.~ Hörst du's wohl, Schweizer? -- Aber nur weiter!
- ~Pater.~ Höre dann, wie gütig, wie langmüthig das Gericht mit dir
- Böswicht verfährt. Wirst du itzt gleich zum Kreuz kriechen und um Gnade
- und Schonung flehen, siehe, so wird dir die Strenge selbst Erbarmen,
- die Gerechtigkeit eine liebende Mutter seyn -- sie drückt das Auge bey
- der Hälfte deiner Verbrechen zu, und läßt es -- denk doch! -- und läßt
- es bey ~dem Rade bewenden~.
- ~Schweizer.~ Hast du's gehört, Hauptmann? Soll ich hingeh'n, und diesem
- abgerichteten Schäferhund die Gurgel zusammen schnüren, daß ihm der
- rothe Saft aus allen Schweislöchern sprudelt? --
- ~Roller.~ Hauptmann! -- Sturm! Wetter und Hölle! -- Hauptmann, -- wie
- er die Unterlippe zwischen die Zähne klemmt! soll ich diesen Kerl das
- oberst zu unterst unter's Firmament wie einen Kegel aufsetzen?
- ~Schweizer.~ Mir! mir! Laß mich knien, vor dir niederfallen! Mir laß
- die Wohllust, ihn zu Brey zusammenzureiben!
- (Pater schreyt.)
- ~Moor.~ Weg von ihm! Wag es keiner, ihn anzurühren! -- (_Zum Pater,
- indem er seinen Degen zieht!_) Sehen Sie, Herr Pater! hier stehen
- neun-und siebenzig, deren Hauptmann ich bin, und weiß keiner auf
- Wink und Kommando zu fliegen, oder nach Kanonen-Musik zu tanzen, und
- draussen steh'n siebenzehnhundert unter Mousqueten ergraut -- aber
- hören Sie nun! so redet Moor, der Mordbrenner Hauptmann: Wahr ist's,
- ich habe den Reichsgrafen erschlagen, die Dominikus-Kirche angezündet
- und geplündert, hab Feuerbrände in eure bigotte Stadt geworfen, und
- den Pulverthurm über die Häupter guter Christen herabgestürzt -- aber
- es ist noch nicht alles. Ich habe noch mehr gethan. (_Er streckt seine
- rechte Hand aus._) Bemerken Sie die vier kostbaren Ringe, die ich an
- jedem Finger trage -- gehen Sie hin, und richten Sie Punkt für Punkt
- den Herren des Gerichts über Leben und Tod aus, was Sie sehen und hören
- werden -- diesen Rubin zog ich einem Minister vom Finger, den ich auf
- der Jagd zu den Füßen seines Fürsten niederwarf. Er hatte sich aus dem
- Pöbelstaub zu einem ersten Günstling empor geschmeichelt, der Fall
- seines Nachbars war seiner Hoheit Schemel -- Thränen der Waisen huben
- ihn auf. Diesen Demant zog ich einem Finanzrath ab, der Ehrenstellen
- und Aemter an die Meistbietenden verkaufte und den traurenden Patrioten
- von seiner Thüre stieß. -- Diesen Achat trag ich einem Pfaffen Ihres
- Gelichters zur Ehre, den ich mit eigener Hand erwürgte, als er auf
- offener Kanzel geweint hatte, daß die Inquisition so in Zerfall käme
- -- ich könnte Ihnen noch mehr Geschichten von meinen Ringen erzählen,
- wenn mich nicht schon die paar Worte gereuten, die ich mit Ihnen
- verschwendet habe --
- ~Pater.~ O Pharao! Pharao!
- ~Moor.~ Hört ihr's wohl? Habt ihr den Seufzer bemerkt? Steht er nicht
- da, als wollte er Feuer vom Himmel auf die Rotte Korah herunter beten,
- richtet mit einem Achselzucken, verdammt mit einem christlichen ~Ach~!
- -- Kann der Mensch denn so blind seyn? Er, der die hundert Augen des
- Argus hat Flecken an seinem Bruder zu spähen, kann er so gar blind
- gegen sich selbst seyn? -- Da donnern sie Sanftmuth und Duldung aus
- ihren Wolken, und bringen dem Gott der Liebe Menschenopfer wie einem
- feuerarmigen Moloch -- predigen Liebe des Nächsten, und fluchen den
- achtzigjährigen Blinden von ihren Thüren hinweg: -- stürmen wider den
- Geiz und haben Peru um gold'ner Spangen willen entvölkert und die
- Heyden wie Zugvieh vor ihre Wagen gespannt -- Sie zerbrechen sich die
- Köpfe, wie es doch möglich gewesen wäre, daß die Natur hätte können
- einen Ischariot schaffen, und nicht der schlimmste unter ihnen würde
- den dreyeinigen Gott um zehen Silberlinge verrathen. -- O über euch
- Pharisäer, euch Falschmünzer der Wahrheit, euch Affen der Gottheit!
- Ihr scheut euch nicht vor Kreuz und Altären zu knien, zerfleischt
- eure Rücken mit Riemen, und foltert euer Fleisch mit Fasten; ihr
- wähnt mit diesen erbärmlichen Gaukeleyen demjenigen einen blauen
- Dunst vorzumachen, den ihr Thoren doch den Allwissenden nennt, nicht
- anders, als wie man der Grossen am bittersten spottet, wenn man ihnen
- schmeichelt, daß sie die Schmeichler hassen; ihr pocht auf Ehrlichkeit
- und exemplarischen Wandel, und der Gott, der euer Herz durchschaut,
- würde wider den Schöpfer ergrimmen, wenn er nicht eben der wäre, der
- das Ungeheuer am Nilus erschaffen hat. -- Schafft ihn aus meinen Augen.
- ~Pater.~ Daß ein Bösewicht noch so stolz seyn kann!
- ~Moor.~ Nicht genug -- Itzt will ich stolz reden. Geh hin, und sage
- dem hochlöblichen Gericht, das über Leben und Tod würfelt -- Ich bin
- kein Dieb, der sich mit Schlaf und Mitternacht verschwört, und auf
- der Leiter gros und herrisch thut -- was ich gethan habe, werd ich
- ohne Zweifel einmal im Schuldbuch des Himmels lesen, aber mit seinen
- erbärmlichen Verwesern will ich kein Wort mehr verlieren. Sag ihnen,
- mein Handwerk ist Wiedervergeltung -- Rache ist mein Gewerbe. (_Er
- kehrt ihm den Rücken zu._)
- ~Pater.~ Du willst also nicht Schonung und Gnade? -- Gut, mit dir bin
- ich fertig. (_Wendet sich zu der Bande._) So höret dann ihr, was die
- Gerechtigkeit euch durch mich zu wissen thut! -- Werdet ihr itzt gleich
- diesen verurtheilten Missethäter gebunden überliefern, seht, so soll
- euch die Strafe eurer Greuel bis auf das letzte Andenken erlassen seyn
- -- die heilige Kirche wird euch verlorne Schafe mit erneuerter Liebe
- in ihren Mutterschoos aufnehmen, und jedem unter euch soll der Weg zu
- einem Ehren-Amt offen steh'n. (_mit triumphirendem Lächeln._) Nun, nun?
- Wie schmeckt das, Euer Majestät? -- Frisch also! Bindet ihn, und seyd
- frey!
- ~Moor.~ Hört ihr's auch? Hört ihr? Was stutzt ihr? Was steht ihr
- verlegen da? Sie bietet euch Freyheit, und ihr seyd wirklich schon ihre
- Gefangene. -- Sie schenkt euch das Leben, und das ist keine Prahlerey,
- denn ihr seyd wahrhaftig gerichtet. -- Sie verheißt euch Ehren und
- Aemter, und was kann euer Loos anders seyn, wenn ihr auch obsiegtet,
- als Schmach und Fluch und Verfolgung. -- Sie kündigt euch Versöhnung
- vom Himmel an, und ihr seyd wirklich verdammt. Es ist kein Haar an
- keinem unter euch, das nicht in die Hölle fährt. Ueberlegt ihr noch?
- Wankt ihr noch? Ist es so schwer zwischen Himmel und Hölle zu wählen?
- Helfen Sie doch, Herr Pater!
- ~Pater~ (_vor sich._) Ist der Kerl unsinnig? -- Sorgt ihr etwa, daß diß
- eine Falle sey, euch lebendig zu fangen? -- Leset selbst, hier ist der
- General-Pardon unterschrieben. (_Er gibt Schweizern ein Papier._) Könnt
- ihr noch zweifeln?
- ~Moor.~ Seht doch, seht doch! Was könnt ihr mehr verlangen? --
- Unterschrieben mit eigener Hand -- es ist Gnade über alle Grenzen --
- oder fürchtet ihr wohl, sie werden ihr Wort brechen, weil ihr einmal
- gehört habt, daß man Verräthern nicht Wort hält? -- O seyd ausser
- Furcht! Schon die Politik könnte sie zwingen, Wort zu halten, wenn
- sie es auch dem Satan gegeben hätten. Wer würde ihnen in Zukunft noch
- Glauben beymessen? Wie würden sie je einen zweyten Gebrauch davon
- machen können? -- Ich wollte darauf schwören, sie meinens aufrichtig.
- Sie wissen, daß ich es bin, der euch empört und erbittert hat, euch
- halten sie für unschuldig. Eure Verbrechen legen sie für Jugendfehler,
- für Uebereilungen aus. Mich allein wollen Sie haben, ich allein
- verdiene zu büssen. Ist es nicht so, Herr Pater?
- ~Pater.~ Wie heißt der Teufel, der aus ihm spricht? -- Ja freylich,
- freylich ist es so -- der Kerl macht mich wirbeln.
- ~Moor.~ Wie, noch keine Antwort? denkt ihr wohl gar mit den Waffen
- noch durchzureissen? Schaut doch um euch, schaut doch um euch! das
- werdet ihr doch nicht denken, das wäre itzt kindische Zuversicht. --
- Oder schmeichelt ihr euch wohl gar als Helden zu fallen, weil ihr
- saht, daß ich mich auf's Getümmel freute? -- Oh glaubt das nicht! Ihr
- seyd nicht ~Moor~. -- Ihr seyd heillose Diebe! Elende Werkzeuge meiner
- grösern Plane, wie der Strick verächtlich in der Hand des Henkers! --
- Diebe können nicht fallen, wie Helden fallen. Das Leben ist den Dieben
- Gewinn, dann kommt was schröckliches nach -- Diebe haben das Recht,
- vor dem Tode zu zittern. -- Höret, wie ihre Hörner tönen! Sehet, wie
- drohend ihre Säbel daher blinken! wie? noch unschlüssig? seyd ihr toll?
- seyd ihr wahnwitzig? -- Es ist unverzeihlich! Ich dank euch mein Leben
- nicht, ich schäme mich eures Opfers!
- ~Pater~ (_äußerst erstaunt._) Ich werde unsinnig, ich laufe davon! Hat
- man je von so was gehört?
- ~Moor.~ Oder fürchtet ihr wohl, ich werde mich selbst erstechen,
- und durch einen Selbstmord den Vertrag zernichten, der nur an dem
- Lebendigen haftet? Nein, Kinder! das ist eine unnütze Furcht. Hier
- werf ich meinen Dolch weg, und meine Pistolen und diß Fläschgen mit
- Gift, das mir noch wohlkommen sollte -- ich bin so elend, daß ich auch
- die Herrschaft über mein Leben verloren habe -- Was, noch unschlüssig?
- Oder glaubt ihr vielleicht, ich werde mich zur Wehr setzen, wenn ihr
- mich binden wollt? Seht! hier bind ich meine rechte Hand an diesen
- Eichenast, ich bin ganz wehrlos, ein Kind kann mich umwerfen -- Wer ist
- der erste, der seinen Hauptmann in der Noth verläßt?
- ~Roller~ (_in wilder Bewegung._) Und wann die Hölle uns neunfach
- umzingelte! (_schwenkt seinen Degen._) Wer kein Hund ist, rette den
- Hauptmann!
- ~Schweizer~ (_Zerreißt den Pardon, und wirft die Stücke dem Pater in's
- Gesicht._) In unsern Kugeln Pardon! Fort Kanaille! sag dem Senat,
- der dich gesandt hat, du träfst unter Moor's Bande keinen einzigen
- Verräther an -- Rettet, rettet den Hauptmann!
- ~Alle~ (_lermen._) Rettet, rettet, rettet den Hauptmann!
- ~Moor~ (_sich losreissend, freudig._) Itzt sind wir frey -- Kameraden!
- Ich fühle eine Armee in meiner Faust -- Tod oder Freyheit! wenigstens
- sollen sie keinen lebendig haben!
- (Man bläst zum Angriff. Lerm und Getümmel. Sie gehen ab mit gezogenem
- Degen.)
- Dritter Akt.
- Erste Scene.
- Amalia (_im Garten, spielt auf der Laute._)
- Schön wie Engel, voll Walhalla's Wonne,
- Schön vor allen Jünglingen war er,
- Himmlisch mild sein Blick, wie Mayen-Sonne
- Rückgestralt vom blauen Spiegel-Meer.
- Sein Umarmen -- wüthendes Entzücken! --
- Mächtig feurig klopfte Herz an Herz,
- Mund und Ohr gefesselt -- Nacht vor unsern Blicken --
- Und der Geist gewirbelt himmelwärts.
- Seine Küsse -- paradisisch Fühlen! --
- Wie zwo Flammen sich ergreiffen, wie
- Harfentöne in einander spielen
- Zu der himmelvollen Harmonie,
- Stürzten, flogen, rasten Geist und Geist zusammen,
- Lippen, Wangen brannten, zitterten, --
- Seele rann in Seele -- Erd und Himmel schwammen
- Wie zerronnen, um die Liebenden.
- Er ist hin -- vergebens ach! vergebens
- Stöhnet ihm der bange Seufzer nach.
- Er ist hin -- und alle Lust des Lebens
- Wimmert hin in ein verlornes Ach! --
- ~Franz~ tritt auf.
- ~Franz.~ Schon wieder hier, eigensinnige Schwärmerinn? Du hast dich vom
- frohen Mahle hinweggestohlen, und den Gästen die Freude verdorben.
- ~Amalia.~ Schade für diese unschuldige Freuden! das Todtenlied muß noch
- in deinen Ohren murmeln, das deinem Vater zu Grabe hallte --
- ~Franz.~ Willst du denn ewig klagen? Laß die Todten schlafen, und mache
- die Lebendigen glücklich! Ich komme --
- ~Amalia.~ Und wann gehst du wieder?
- ~Franz.~ O weh! kein so finsteres stolzes Gesicht! du betrübst mich,
- Amalia. Ich komme dir zu sagen --
- ~Amalia.~ Ich muß wol hören, Franz von Moor ist ja gnädiger Herr worden.
- ~Franz.~ Ja recht, das wars, worüber ich dich vernehmen wollte --
- Maximilian ist schlafen gegangen in der Väter Gruft. Ich bin Herr. Aber
- ich möchte es vollends ganz seyn, Amalia. -- Du weist, was du unserm
- Hause warst, du wardst gehalten wie Moors Tochter, selbst den Tod
- überlebte seine Liebe zu dir, das wirst du wol niemals vergessen? --
- ~Amalia.~ Niemals, niemals. Wer das auch so leichtsinnig beym frohen
- Mahle hinwegzechen könnte!
- ~Franz.~ Die Liebe meines Vaters must du in seinen Söhnen belohnen, und
- Karl ist todt -- staunst du? schwindelt dir? Ja wahrhaftig, der Gedanke
- ist auch so schmeichelnd erhaben, daß er selbst den Stolz eines Weibes
- betäubt. Franz tritt die Hoffnungen der edelsten Fräuleins mit Füssen,
- Franz kommt und bietet einer armen ohne ihn hülflosen Waise sein Herz,
- seine Hand, und mit ihr all sein Gold an und all seine Schlösser
- und Wälder. -- Franz der Beneidete, der Gefürchtete, erklärt sich
- freywillig für Amalia's Sklaven --
- ~Amalia.~ Warum spaltet der Bliz die ruchlose Zunge nicht, die das
- Frevelwort ausspricht! Du hast meinen Geliebten ermordet, und Amalia
- soll dich Gemahl nennen! Du --
- ~Franz.~ Nicht so ungestümm, allergnädigste Prinzessinn! -- Freylich
- krümmt Franz sich nicht wie ein girrender Seladon vor dir -- freylich
- hat er nicht gelernt, gleich dem schmachtenden Schäfer Arkadiens, dem
- Echo der Grotten und Felsen seine Liebesklagen entgegen zu jammern --
- Franz spricht und wenn man nicht antwortet, so wird er -- ~befehlen~.
- ~Amalia.~ Wurm du, befehlen? mir befehlen? -- und wenn man den Befehl
- mit Hohnlachen zurückschickt?
- ~Franz.~ Das wirst du nicht. Noch weiß ich Mittel, die den Stolz eines
- einbildischen Starrkopfs so hübsch niederbeugen können -- Kloster und
- Mauren!
- ~Amalia.~ Bravo! herrlich! und in Kloster und Mauren mit deinem
- Basilisken-Anblick auf ewig verschont, und Musse genug, an Karln zu
- denken, zu hangen. Willkommen mit deinem Kloster! auf, auf mit deinen
- Mauren!
- ~Franz.~ Haha! ist es das? -- gib Acht! Izt hast du mich die Kunst
- gelehrt, wie ich dich quälen soll -- diese ewige Grille von Karl
- soll dir mein Anblick gleich einer feuerhaarigen Furie aus dem
- Kopfe geiseln, das Schreckbild ~Franz~ soll hinter dem Bild deines
- Lieblings im Hinterhalt lauren, gleich dem verzauberten Hund, der auf
- unterirdischen Goldkästen liegt -- an den Haaren will ich dich in die
- Kapelle schleifen, den Degen in der Hand, dir den ehlichen Schwur aus
- der Seele pressen, dein jungfräuliches Bette mit Sturm ersteigen, und
- deine stolze Scham mit noch gröserem Stolze besiegen.
- ~Amalia~ (_giebt ihm eine Maulschelle._) Nimm erst das zur Aussteuer
- hin!
- ~Franz~ (_aufgebracht._) Ha! wie das zehnfach, und wieder zehnfach
- geahndet werden soll! -- Nicht meine Gemahlinn -- die Ehre sollst du
- nicht haben. -- meine Maitresse sollst du werden, daß die ehrlichen
- Bauernweiber mit Fingern auf dich deuten, wenn du es wagst und über
- die Gasse gehst. Knirsche nur mit den Zähnen -- speye Feuer und Mord
- aus den Augen -- mich ergötzt der Grimm eines Weibes, macht dich nur
- schöner, begehrenswerther. Komm -- dieses Sträuben wird meinen Triumph
- zieren und mir die Wohllust in erzwungenen Umarmungen würzen -- Komm
- mit in meine Kammer -- ich glühe vor Sehnsucht -- itzt gleich sollst du
- mit mir gehn. (_will sie fortreißen_)
- ~Amalia~ (_fällt ihm um den Hals._) Verzeih mir Franz! (_wie er sie
- umarmen will, reißt sie ihm den Degen von der Seite und tritt hastig
- zurück._) Siehst du Bösewicht, was ich jetzt aus dir machen kann?
- -- Ich bin ein Weib, aber ein rasendes Weib -- wag es einmal mit
- unzüchtigem Griff meinen Leib zu betasten -- dieser Stahl soll deine
- geile Brust mitten durchrennen, und der ~Geist~ meines Oheims wird mir
- die Hand dazu führen. Fleuch auf der Stelle! (_Sie jagt ihn davon._)
- Amalia.
- Ah! wie mir wohl ist -- Itzt kann ich frey athmen -- ich fühlte mich
- stark wie das funkensprühende Roß, grimmig wie die Tygerinn dem
- siegbrüllenden Räuber ihrer Jungen nach -- In ein Kloster, sagt er --
- Dank dir für diese glückliche Entdeckung! -- Itzt hat die betrogene
- Liebe ihre Freystatt gefunden -- das Kloster -- das Kreuz des Erlösers
- ist die Freystatt der betrognen Liebe. (_Sie will gehn._)
- Herrmann (_tritt schüchtern herein._)
- ~Herrmann.~ Fräulein Amalia! Fräulein Amalia!
- ~Amalia.~ Unglücklicher! Was störest du mich?
- ~Herrmann.~ Dieser Zentner muß von meiner Seele, eh er sie zur Hölle
- drückt (_wirft sich vor ihr nieder._) Vergebung! Vergebung! Ich hab
- euch sehr beleidigt, Fräulein Amalia.
- ~Amalia.~ Steh auf! Geh! Ich will nichts wissen. (_Will fort._)
- ~Herrmann.~ (_der sie zurückhält._) Nein! Bleibt! Bey Gott! Bey dem
- ewigen Gott! Ihr sollt alles wissen!
- ~Amalia.~ Keinen Laut weiter -- Ich vergebe dir -- Ziehe heim im
- Frieden.
- (Will hinweg eilen.)
- ~Herrmann.~ So höret nur ein einziges Wort -- es wird euch all' eure
- Ruhe wiedergeben.
- ~Amalia~ (_kommt zurück und blickt ihn verwundernd an._) Wie Freund? --
- wer im Himmel und auf Erden kann mir meine Ruhe wiedergeben?
- ~Herrmann.~ Das kann von meinen Lippen ein einziges Wort -- höret mich
- an.
- ~Amalia~ (_mit Mitleiden seine Hand ergreifend._) Guter Mensch -- Kann
- ein Wort von deinen Lippen die Riegel der Ewigkeit aufreissen?
- ~Herrmann~ (_steht auf._) Karl lebt noch!
- ~Amalia~ (_schreyend._) Unglücklicher!
- ~Herrmann.~ Nicht anders -- Nun noch ein Wort -- euer Oheim --
- ~Amalia~ (_gegen ihn herstürzend._) Du lügst --
- ~Herrmann.~ Euer Oheim --
- ~Amalia.~ Karl lebt noch!
- ~Herrmann.~ Und euer Oheim --
- ~Amalia.~ Karl lebt noch?
- ~Herrmann.~ Auch euer Oheim -- Verrathet mich nicht, (_eilt hinaus._)
- ~Amalia~ (_steht lang wie versteinert. Dann fährt sie wild auf, eilt
- ihm nach._) Karl lebt noch!
- Zweyte Scene.
- Gegend an der Donau.
- Die Räuber.
- (_gelagert auf einer Anhöhe unter Bäumen, die Pferde weiden am Hügel
- hinunter._)
- ~Moor.~ Hier muß ich liegen bleiben (_wirft sich auf die Erde._)
- Meine Glieder wie abgeschlagen. Meine Zunge trocken, wie eine Scherbe
- (_Schweizer verliert sich unvermerkt._) Ich wollt' euch bitten, mir
- eine Handvoll Wassers aus diesem Strome zu holen, aber ihr seyd alle
- matt bis in den Tod.
- ~Schwarz.~ Auch ist der Wein all in unsern Schläuchen.
- ~Moor.~ Seht doch, wie schön das Getraide steht! -- Die Bäume brechen
- fast unter ihrem Seegen. -- Der Weinstock voll Hoffnung.
- ~Grimm.~ Es gibt ein fruchtbares Jahr.
- ~Moor.~ Meinst du? -- Und so würde doch ~Ein~ Schweiß in der Welt
- bezahlt. ~Einer?~ -- -- Aber es kann ja über Nacht ein Hagel fallen und
- alles zu Grund schlagen.
- ~Schwarz.~ Das ist leicht möglich. Es kann alles zu Grund gehen, wenige
- Stunden vorm Schneiden.
- ~Moor.~ Das sag ich ja. Es wird alles zu Grund gehn. Warum soll
- dem Menschen das gelingen, was er von der Ameise hat, wenn ihm das
- fehlschlägt, was ihn den Göttern gleich macht? -- oder ist hier die
- Mark seiner Bestimmung?
- ~Schwarz.~ Ich kenne sie nicht.
- ~Moor.~ Du hast gut gesagt, und noch besser gethan, wenn du sie nie zu
- kennen verlangtest! -- Bruder -- ich habe die Menschen gesehen, ihre
- Bienensorgen, und ihre Riesenprojekte -- ihre Götterplane und ihre
- Mäusegeschäfte, das wunderseltsame Wettrennen nach Glückseligkeit; --
- dieser dem Schwung seines Rosses anvertraut -- ein anderer der Nase
- seines Esels -- ein dritter seinen eigenen Beinen; dieses bunte Lotto
- des Lebens, worein so mancher seine Unschuld, und -- seinen Himmel
- setzt, einen Treffer zu haschen, und -- Nullen sind der Auszug --
- am Ende war kein Treffer darinn. Es ist ein Schauspiel, Bruder, das
- Thränen in deine Augen lockt, wenn es dein Zwerchfell zum Gelächter
- kitzelt.
- ~Schwarz.~ Wie herrlich die Sonne dort untergeht!
- ~Moor~ (_in den Anblick versenkt._) So stirbt ein Held! --
- Anbetenswürdig!
- ~Grimm.~ Du scheinst tief gerührt.
- ~Moor.~ Da ich noch ein Bube war -- wars mein Lieblings-Gedanke wie sie
- zu leben, zu sterben wie sie -- (_mit verbißnem Schmerz._) Es war ein
- Bubengedanke!
- ~Grimm.~ Das will ich hoffen.
- ~Moor~ (_drückt den Hut übers Gesicht._) Es war eine Zeit -- Laßt mich
- allein, Kameraden.
- ~Schwarz.~ Moor! Moor! Was zum Henker? -- wie er seine Farbe verändert!
- ~Grimm.~ Alle Teufel! was hat er? wird ihm übel?
- ~Moor.~ Es war eine Zeit, wo ich nicht schlafen konnte, wenn ich mein
- Nachtgebet vergessen hatte --
- ~Grimm.~ Bist du wahnsinnig? Willst du dich von deinen Bubenjahren
- hofmeistern lassen?
- ~Moor~ (_legt sein Haupt auf Grimms Brust._) Bruder! Bruder!
- ~Grimm.~ Wie? sey doch kein Kind -- ich bitte dich --
- ~Moor.~ Wär' ich's -- wär' ich's wieder!
- ~Grimm.~ Pfui! Pfui!
- ~Schwarz.~ Heitre dich auf. Sieh diese mahlerische Landschaft -- den
- lieblichen Abend.
- ~Moor.~ Ja Freunde, diese Welt ist so schön.
- ~Schwarz.~ Nun, das war wohl gesprochen.
- ~Moor.~ Diese Erde so herrlich.
- ~Grimm.~ Recht -- recht -- so hör' ich's gerne.
- ~Moor~ (_zurückgesunken._) Und ich so häßlich auf dieser schönen Welt
- -- und ich ein Ungeheuer auf dieser herrlichen Erde.
- ~Grimm.~ O weh! o weh!
- ~Moor.~ Meine Unschuld! Meine Unschuld! -- Seht! es ist alles
- hinausgegangen, sich im friedlichen Stral des Frühlings zu sonnen --
- warum ich allein die Hölle saugen aus den Freuden des Himmels? --
- daß alles so glücklich ist, durch den Geist des Friedens alles so
- verschwistert! -- die ganze Welt ~Eine~ Familie und ein Vater dort
- oben -- ~Mein~ Vater nicht -- Ich allein der Verstossene, ich allein
- ausgemustert aus den Reihen der Reinen -- mir nicht der süße Name Kind
- -- nimmer mir der Geliebten schmachtender Blick -- nimmer, nimmer des
- Busenfreundes Umarmung (_wild zurückfahrend._) Umlagert von Mördern
- -- von Nattern umzischt -- angeschmiedet an das Laster mit eisernen
- Banden -- hinausschwindelnd in's Grab des Verderbens auf des Lasters
- schwankendem Rohr -- mitten in den Blumen der glücklichen Welt ein
- heulender Abbadona!
- ~Schwarz~ (_zu den übrigen._) Unbegreiflich! Ich hab ihn nie so gesehen.
- ~Moor~ (_mit Wehmuth._) Daß ich wiederkehren dürfte in meiner Mutter
- Leib! daß ich ein Bettler geboren werden dürfte! -- Nein! ich wollte
- nicht mehr, o Himmel -- daß ich werden dürfte wie dieser Taglöhner
- einer! -- O ich wollte mich abmüden, daß mir das Blut von den Schläfen
- rollte -- mir die Wohllust eines einzigen Mittagschlafs zu erkaufen --
- die Seligkeit einer einzigen Thräne.
- ~Grimm~ (_zu den andern._) Nur Geduld, der Paroxysmus ist schon im
- Fallen.
- ~Moor.~ Es war eine Zeit, wo sie mir so gern floßen -- o ihr Tage
- des Friedens! Du Schloß meines Vaters -- ihr grünen schwärmerischen
- Thäler! O all ihr Elysiums-Scenen meiner Kindheit! -- Werdet ihr nimmer
- zurückkehren -- nimmer mit köstlichem Säuseln meinen brennenden Busen
- kühlen? -- Traure mit mir Natur -- Sie werden nimmer zurückkehren,
- nimmer mit köstlichem Säuseln meinen brennenden Busen kühlen. -- Dahin!
- dahin! unwiederbringlich! --
- Schweizer (_mit Wasser im Hut._)
- ~Schweizer.~ Sauf zu, Hauptmann -- hier ist Wasser genug, und frisch
- wie Eis.
- ~Schwarz.~ Du blutest ja -- was hast du gemacht?
- ~Schweizer.~ Narr, einen Spaß, der mich bald zwey Beine und
- einen Hals gekostet hätte. Wie ich so auf dem Sandhügel am Fluß
- hintrolle, glitsch, so rutscht der Plunder unter mir ab, und ich zehn
- rheinländische Schuhe lang hinunter -- da lag ich, und wie ich mir eben
- meine fünf Sinne wieder zurecht setze, treff ich dir das klarste Wasser
- im Kies. Genug dießmal für den Tanz, dacht' ich, dem Hauptmann wirds
- wohl schmecken.
- ~Moor~ (_gibt ihm den Hut zurück, und wischt ihm sein Gesicht ab._)
- Sonst sieht man ja die Narben nicht, die die böhmischen Reuter in deine
- Stirne gezeichnet haben -- dein Wasser war gut, Schweizer -- diese
- Narben stehen dir schön.
- ~Schweizer.~ Pah! hat noch Platz genug für ihrer dreyßig.
- ~Moor.~ Ja, Kinder -- es war ein heißer Nachmittag -- und nur ~Einen~
- Mann verloren -- mein Roller starb einen schönen Tod. Man würde einen
- Marmor auf seine Gebeine setzen, wenn er nicht mir gestorben wäre.
- Nehmet vorlieb mit diesem (_er wischt sich die Augen._) Wie viel warens
- doch von den Feinden, die auf dem Platz blieben?
- ~Schweizer.~ Hundert und sechszig Husaren -- drey und neunzig Dragoner,
- gegen vierzig Jäger -- dreyhundert in allem.
- ~Moor.~ Dreyhundert für Einen! -- Jeder von Euch hat Anspruch an diesen
- Scheitel! (_Er entblößt sich das Haupt._) Hier heb ich meinen Dolch
- auf! So wahr meine Seele lebt! ~Ich will euch niemals verlassen.~
- ~Schweizer.~ Schwöre nicht! du weist nicht, ob du nicht noch glücklich
- werden, und bereuen wirst.
- ~Moor.~ ~Bey den Gebeinen meines Rollers! Ich will euch niemals
- verlassen.~
- Kosinsky (_kommt._)
- ~Kosinsky~ (_vor sich._) In dieser Revier herum, sagen sie, werd ich
- ihn antreffen -- he holla! was sind das für Gesichter? -- Solltens --
- wie wenn's diese -- sie sind's, sind's! -- ich will sie anreden.
- ~Schwarz.~ Gebt Acht! wer kommt da?
- ~Kosinsky.~ Meine Herrn! verzeihen Sie! Ich weiß nicht, geh ich recht,
- oder unrecht?
- ~Moor.~ Und wer müssen wir seyn, wenn Sie recht geh'n?
- ~Kosinsky.~ Männer!
- ~Schweizer.~ Ob wir das auch gezeigt haben, Hauptmann?
- ~Kosinsky.~ Männer such' ich, die dem Tod in's Gesicht sehen, und die
- Gefahr wie eine zahme Schlange um sich spielen lassen, die Freyheit
- höher schätzen, als Ehre und Leben, deren bloser Name, willkommen dem
- Armen und Unterdrückten, die Beherztesten feig und Tyrannen bleich
- macht.
- ~Schweizer~ (_zum Hauptmann._) Der Bursche gefällt mir. -- Höre, guter
- Freund! Du hast deine Leute gefunden.
- ~Kosinsky.~ Das denk' ich, und will hoffen, bald meine Brüder. -- So
- könnt ihr mich dann zu meinem rechten Manne weisen, denn ich such
- euren Hauptmann, den grosen Grafen von Moor.
- ~Schweizer~ (_gibt ihm die Hand mit Wärme._) Lieber Junge! wir dutzen
- einander.
- ~Moor~ (_näher kommend._) Kennen Sie auch den Hauptmann?
- ~Kosinsky.~ ~Du~ bist's -- in dieser Miene -- wer sollte dich anseh'n,
- und einen andern suchen? (_starrt ihn lang an._) Ich habe mir immer
- gewünscht, den Mann mit dem vernichtenden Blicke zu sehen, wie er saß
- auf den Ruinen von Karthago -- itzt wünsch ich es nicht mehr.
- ~Schweizer.~ Blitzbub!
- ~Moor.~ Und was führt Sie zu mir?
- ~Kosinsky.~ O Hauptmann! mein mehr als grausames Schicksal -- ich
- habe Schiffbruch gelitten auf der ungestümmen See dieser Welt, die
- Hoffnungen meines Lebens hab ich müssen sehen in den Grund sinken, und
- blieb mir nichts übrig, als die marternde Erinnerung ihres Verlustes,
- die mich wahnsinnig machen würde, wenn ich sie nicht durch anderwärtige
- Thätigkeit zu ersticken suchte.
- ~Moor.~ Schon wieder ein Kläger wider die Gottheit! -- Nur weiter.
- ~Kosinsky.~ Ich wurde Soldat. Das Unglück verfolgte mich auch da -- ich
- machte eine Fahrt nach Ostindien mit, mein Schiff scheiterte an Klippen
- -- nichts als fehlgeschlagene Plane! Ich höre endlich weit und breit
- erzählen von deinen Thaten, ~Mordbrennereyen~, wie sie sie nannten,
- und bin hieher gereist dreyßig Meilen weit, mit dem festen Entschluß,
- unter dir zu dienen, wenn du meine Dienste annehmen willst -- Ich bitte
- dich, würdiger Hauptmann, schlage mir's nicht ab!
- ~Schweizer~ (_mit einem Sprung._) Heysa! Heysa! So ist ja unser Roller
- zehnhundertfach vergütet! Ein ganzer Mordbruder für uns're Bande!
- ~Moor.~ Wie ist dein Name?
- ~Kosinsky.~ Kosinsky.
- ~Moor.~ Wie? Kosinsky! weist du auch, daß du ein leichtsinniger Knabe
- bist, und über den grosen Schritt deines Lebens weggaukelst, wie
- ein unbesonnenes Mädchen -- Hier wirst du nicht Bälle werfen oder
- Kegelkugeln schieben, wie du dir einbildest.
- ~Kosinsky.~ Ich weiß, was du sagen willst -- ich bin vier und zwanzig
- Jahr alt, aber ich habe Degen blinken gesehen, und Kugeln um mich
- surren gehört.
- ~Moor.~ So junger Herr? -- Und hast du dein Fechten nur darum gelernt,
- arme Reisende um einen Reichsthaler niederzustossen, oder Weiber
- hinterrücks in den Bauch zu stechen? Geh, geh! du bist deiner Amme
- entlaufen, weil sie dir mit der Ruthe gedroht hat.
- ~Schweizer.~ Was zum Henker, Hauptmann! was denkst du? willst du diesen
- Herkules fortschicken? Sieht er nicht gerade so drein, als wollt' er
- den Marschall von Sachsen mit einem Rührlöffel über den Ganges jagen?
- ~Moor.~ Weil dir deine Lappereyen mißglücken, kommst du, und willst
- ein Schelm, ein Meuchelmörder werden? -- Mord, Knabe, verstehst du das
- Wort auch? du magst ruhig schlafen gegangen seyn, wenn du Mohnköpfe
- abgeschlagen hast, aber einen Mord auf der Seele zu tragen. --
- ~Kosinsky.~ Jeden Mord, den du mich begehen heist, will ich
- verantworten.
- ~Moor.~ Was? bist du so klug? Willst du dich anmaßen, einen Mann mit
- Schmeicheleyen zu fangen? Woher weist du, daß ich nicht böse Träume
- habe, oder auf dem Todbett nicht werde blaß werden? wie viel hast du
- schon gethan, wobey du an Verantwortung gedacht hast?
- ~Kosinsky.~ Wahrlich! noch sehr wenig, aber doch diese Reise zu dir,
- edler Graf!
- ~Moor.~ Hat dir dein Hofmeister die Geschichte des Robins in die Hände
- gespielt? -- Man sollte dergleichen unvorsichtige Kanaillen auf die
- Galeere schmieden, -- die deine kindische Phantasie erhitzte, und dich
- mit der tollen Sucht zum großen Mann ansteckte? Kützelt dich nach Namen
- und Ehre? willst du Unsterblichkeit mit Mordbrennereyen erkaufen? Merk
- dir's, ehrgeitziger Jüngling! Für Mordbrenner grünet kein Loorbeer! Auf
- Banditen-Siege ist kein Triumph gesetzt -- aber Fluch, Gefahr, Tod,
- Schande -- siehst du auch das Hochgericht dort auf dem Hügel?
- ~Spiegelberg~ (_unwillig auf und abgehend._) Ey wie dumm! wie
- abscheulich, wie unverzeihlich dumm! das ist die Manier nicht! ich
- hab's anderst gemacht.
- ~Kosinsky.~ Was soll der fürchten, der den Tod nicht fürchtet?
- ~Moor.~ Brav! Unvergleichlich! Du hast dich wacker in den Schulen
- gehalten, du hast deinen Seneka meisterlich auswendig gelernt. --
- Aber, lieber Freund, mit dergleichen Sentenzen wirst du die leidende
- Natur nicht beschwätzen, damit wirst du die Pfeile des Schmerzens
- nimmermehr stumpf machen. -- Besinne dich recht, mein Sohn! (_Er nimmt
- seine Hand._) Denk, ich rathe dir als ein Vater -- lern erst die
- Tiefe des Abgrunds kennen, eh du hineinspringst! Wenn du noch in der
- Welt eine einzige Freude zu erhaschen weist -- es könnten Augenblicke
- kommen, wo du -- aufwachst -- und dann -- möchte es zu spät seyn. Du
- trittst hier gleichsam aus dem Kreise der Menschheit -- entweder must
- du ein höherer Mensch seyn, oder du bist ein Teufel -- Noch einmal,
- mein Sohn! wenn dir noch ein Funken von Hoffnung irgend anderswo
- glimmt, so verlaß diesen schröcklichen Bund, den nur Verzweiflung
- eingeht, wenn ihn nicht eine höhere Weisheit gestiftet hat -- Man
- kann sich täuschen -- glaube mir, man kann das für Stärke des Geistes
- halten, was doch am Ende Verzweiflung ist -- Glaube ~mir~, ~mir~! und
- mach dich eilig hinweg.
- ~Kosinsky.~ Nein! ich fliehe itzt nicht mehr. Wenn dich meine Bitten
- nicht rühren, so höre die Geschichte meines Unglücks. -- Du wirst mir
- dann selbst den Dolch in die Hände zwingen, du wirst -- lagert euch
- hier auf dem Boden, und hört mir aufmerksam zu!
- ~Moor.~ Ich will sie hören.
- ~Kosinsky.~ Wisset also, ich bin ein böhmischer Edelmann, und wurde
- durch den frühen Tod meines Vaters Herr eines ansehnlichen Ritterguts.
- Die Gegend war paradisisch -- denn sie enthielt einen Engel -- ein
- Mädchen geschmückt mit allen Reizen der blühenden Jugend, und keusch
- wie das Licht des Himmels. Doch, wem sag ich das? Es schallt an euren
- Ohren vorüber -- ihr habt niemals geliebt, seyd niemals geliebt worden
- --
- ~Schweizer.~ Sachte, sachte! unser Hauptmann wird feuerroth.
- ~Moor.~ Hör auf! ich wills ein andermal hören -- morgen, nächstens,
- oder -- wenn ich Blut gesehen habe.
- ~Kosinsky.~ Blut, Blut -- höre nur weiter! Blut sag ich dir, wird deine
- ganze Seele füllen. Sie war bürgerlicher Geburt, eine Deutsche --
- aber ihr Anblick schmelzte die Vorurtheile des Adels hinweg. Mit der
- schüchternsten Bescheidenheit nahm sie den Trauring von meiner Hand,
- und übermorgen sollte ich meine ~Amalia~ vor den Altar führen.
- ~Moor~ (_steht schnell auf._)
- ~Kosinsky.~ Mitten im Taumel der auf mich wartenden Seligkeit, unter
- den Zurüstungen zur Vermählung -- werd ich durch einen Expressen
- nach Hof citiert. Ich stellte mich. Man zeigte mir Briefe, die ich
- geschrieben haben sollte, voll verrätherischen Inhalts. Ich erröthete
- über der Bosheit -- man nahm mir den Degen ab, warf mich ins Gefängniß,
- alle meine Sinnen waren hinweg.
- ~Schweizer.~ Und unterdessen -- nur weiter! ich rieche den Braten schon.
- ~Kosinsky.~ Hier lag ich einen Monath lang, und wußte nicht, wie mir
- geschah. Mir bangte für meine Amalia, die meines Schicksals wegen jede
- Minute einen Tod würde zu leiden haben. Endlich erschien der erste
- Minister des Hofes, wünschte mir zur Entdeckung meiner Unschuld Glück,
- mit zuckersüssen Worten, liest mir den Brief der Freiheit vor, gibt mir
- meinen Degen wieder. Itzt im Triumphe nach meinem Schloß, in die Arme
- meiner Amalia zu fliegen, -- sie war verschwunden. In der Mitternacht
- sey sie weggebracht worden, wüßte niemand, wohin? und seitdem mit
- keinem Aug mehr gesehen. Hui! schoß mirs auf wie der Blitz, ich flieg
- nach der Stadt, sondire am Hof -- alle Augen wurzelten auf mir, niemand
- wollte Bescheid geben -- endlich entdeck ich sie durch ein verborgenes
- Gitter im Pallast -- sie warf mir ein Billetchen zu.
- ~Schweizer.~ Hab ich's nicht gesagt?
- ~Kosinsky.~ Hölle, Tod und Teufel! da stands! man hatte ihr die Wahl
- gelassen, ob sie mich lieber sterben sehen, oder die Mätresse des
- Fürsten werden wollte. Im Kampf zwischen Ehre und Liebe entschied sie
- für das zweyte, und (_lachend_) ich war gerettet.
- ~Schweizer.~ Was thatst du da?
- ~Kosinsky.~ Da stand ich, wie von tausend Donnern getroffen! -- Blut!
- war mein erster Gedanke, Blut! mein letzter. Schaum auf dem Munde, renn
- ich nach Haus, wähle mir einen dreyspitzigen Degen, und damit in aller
- Hast in des Ministers Haus, denn nur er -- er nur war der höllische
- Kuppler gewesen. Man muß mich von der Gasse bemerkt haben, denn wie ich
- hinauf trete, waren alle Zimmer verschlossen. Ich suche, ich frage: Er
- sey zum Fürsten gefahren, war die Antwort. Ich mache mich geradenwegs
- dahin, man wollte nichts von ihm wissen. Ich gehe zurück, sprenge die
- Thüren ein, find ihn, wollte eben -- aber da sprangen fünf bis sechs
- Bediente aus dem Hinterhalt, und entwanden mir den Degen.
- ~Schweizer~ (_stampft auf den Boden._) Und er kriegte nichts, und du
- zogst leer ab?
- ~Kosinsky.~ Ich ward ergriffen, angeklagt, peinlich processirt, infam
- -- merkts euch! -- aus ~besonderer~ Gnade infam aus den Gränzen gejagt,
- meine Güter fielen als Präsent dem Minister zu, meine Amalia bleibt in
- den Klauen des Tygers, verseufzt und vertrauert ihr Leben, während daß
- meine Rache fasten, und sich unter das Joch des Despotismus krümmen muß.
- ~Schweizer~ (_aufstehend seinen Degen wetzend._) Das ist Wasser auf
- unsere Mühle, Hauptmann! Da gibts was anzuzünden!
- ~Moor~ (_der bisher in heftigen Bewegungen hin und her gegangen,
- springt rasch auf, zu den Räubern._) Ich muß sie sehen -- auf! rafft
- zusammen -- du bleibst, Kosinsky -- pakt eilig zusammen!
- ~Die Räuber.~ Wohin? Was?
- ~Moor.~ Wohin? wer fragt wohin? (_heftig zu Schweizern._) Verräther, du
- willst mich zurückhalten? Aber bey der Hoffnung des Himmels! --
- ~Schweizer.~ Verräther ich? -- geh in die Hölle, ich folge dir!
- ~Moor~ (_fällt ihm um den Hals._) Bruderherz! du folgst mir -- sie
- weint, sie weint, sie vertrauert ihr Leben. Auf! hurtig! alle! nach
- Franken! in acht Tagen müssen wir dort seyn.
- (Sie gehen ab.)
- Vierter Akt.
- Erste Scene.
- Ländliche Gegend um das Moorische Schloß.
- ~Räuber Moor~. ~Kosinsky~,
- in der Ferne.
- ~Moor.~ Geh voran, und melde mich. Du weist doch noch alles, was du
- sprechen must?
- ~Kosinsky.~ Ihr seyd der Graf von Brand, kommt aus Mecklenburg, ich
- euer Reutknecht -- sorgt nicht, ich will meine Rolle schon spielen,
- lebt wohl! (_ab._)
- ~Moor.~ Sey mir gegrüßt, Vaterlands-Erde! (_Er küßt die Erde._)
- Vaterlands-Himmel! Vaterlands-Sonne! -- und Fluren und Hügel und Ströme
- und Wälder! Seyd alle, alle mir herzlich gegrüßt! -- wie so köstlich
- wehet die Luft von meinen Heimath-Gebürgen! wie strömt balsamische
- Wonne aus euch, dem armen Flüchtling entgegen! -- Elysium! dichterische
- Welt! Halt ein, Moor! dein Fuß wandelt in einem heiligen Tempel.
- (_Er kommt näher._) Sieh da, auch die Schwalbennester im Schloßhof --
- auch das Gartenthürchen! -- und diese Ecke am Zaun, wo du so oft den
- Fanger belauschtest und nektest -- und dort unten das Wiesenthal, wo du
- der Held Alexander deine Macedonier ins Treffen bey Arbela führtest,
- und neben dran der grasigte Hügel, von welchem du den persischen
- Satrapen niederwarfst -- und deine siegende Fahne flatterte hoch! (_Er
- lächelt._) Die goldnen Mayenjahre der Knabenzeit leben wieder auf in
- der Seele des Elenden -- da warst du so glücklich, warst so ganz, so
- wolkenlos heiter -- und nun -- da liegen die Trümmer deiner Entwürfe!
- Hier solltest du wandeln dereinst, ein groser, stattlicher, gepriesener
- Mann -- hier dein Knabenleben in Amalia's blühenden Kindern zum
- zweytenmal leben -- hier! hier der Abgott deines Volks -- aber der böse
- Feind schmollte darzu! (_Er fährt auf._) Warum bin ich hieher gekommen?
- daß mir's gienge wie dem Gefangenen, den der klirrende Eisenring aus
- Träumen der Freyheit aufjagt -- nein, ich gehe in mein Elend zurück! --
- Der Gefangene hatte das Licht vergessen, aber der Traum der Freyheit
- fuhr über ihm wie ein Blitz in die Nacht, der sie finsterer zurückläßt
- -- Lebt wohl, ihr Vaterlandsthäler! einst saht ihr den Knaben Karl, und
- der Knabe Karl war ein glücklicher Knabe -- itzt saht ihr den Mann, und
- er war in Verzweiflung. (_Er dreht sich schnell nach dem äussersten
- Ende der Gegend, allwo er plötzlich stille steht und nach dem Schloß
- mit Wehmuth herüberblickt._) Sie nicht sehen, nicht einen Blick? -- und
- nur eine Mauer gewesen zwischen mir und Amalia -- Nein! sehen muß ich
- sie -- muß ich ihn -- es soll mich zermalmen! (_Er kehrt um._) Vater!
- Vater! dein Sohn naht -- weg mit dir, schwarzes rauchendes Blut! weg
- hohler grasser zuckender Todesblick! Nur diese Stunde laß mir frey --
- Amalia! Vater! dein Karl naht! (_Er geht schnell auf das Schloß zu._)
- -- Quäle mich, wenn der Tag erwacht, laß nicht ab von mir, wenn die
- Nacht kommt -- quäle mich in schröcklichen Träumen! nur vergifte mir
- diese einzige Wollust nicht! (_Er steht an der Pforte._) Wie wird mir?
- was ist das, Moor? Sey ein Mann! -- -- Todesschauer -- -- Schrecken
- Ahnung -- --
- (Er geht hinein.)
- Zweite Scene.
- Gallerie im Schloß.
- Räuber Moor. Amalia (_treten auf._)
- ~Amalia.~ Und getrauten Sie sich wohl sein Bildnis unter diesen
- Gemählden zu erkennen?
- ~Moor.~ O ganz gewiß. Sein Bild war immer lebendig in mir. (_An den
- Gemählden herumgehend._) ~Dieser~ ist's nicht.
- ~Amalia.~ Errathen! -- Er war der Stammvater des gräflichen Hauses, und
- erhielt den Adel vom Barbarossa, dem er wider die Seeräuber diente.
- ~Moor~ (_immer an den Gemählden._) ~Dieser~ ist's auch nicht -- auch
- ~der~ nicht -- auch nicht ~jener~ dort -- er ist nicht unter ihnen.
- ~Amalia.~ Wie, sehen Sie doch besser! ich dachte, Sie kennten ihn --
- ~Moor.~ Ich kenne meinen Vater nicht besser! Ihm fehlt der sanftmüthige
- Zug um den Mund, der ihn aus tausenden kenntlich machte -- er ist's
- nicht.
- ~Amalia.~ Ich erstaune. Wie? Achtzehn Jahre nicht mehr geseh'n, und
- noch --
- ~Moor~ (_schnell, mit einer fliegenden Röthe._) ~Dieser~ ist's! (_Er
- steht wie vom Blitz gerührt._)
- ~Amalia.~ Ein vortreflicher Mann!
- ~Moor~ (_in seinem Anblick versunken._) Vater, Vater! vergib mir! -- Ja
- ein vortreflicher Mann! -- (_Er wischt sich die Augen._) Ein göttlicher
- Mann!
- ~Amalia.~ Sie scheinen viel Antheil an ihm zu nehmen.
- ~Moor.~ Oh ein vortreflicher Mann -- und er sollte dahin seyn.
- ~Amalia.~ Dahin! wie unsere besten Freuden dahingeh'n -- (_sanft seine
- Hand ergreifend._) Lieber Herr Graf, es reift keine Seeligkeit unter
- dem Monde.
- ~Moor.~ Sehr wahr, sehr wahr -- und sollten ~Sie~ schon diese traurige
- Erfahrung gemacht haben? Sie können nicht drey und zwanzig Jahr alt
- seyn.
- ~Amalia.~ Und habe sie gemacht. Alles lebt, um traurig wieder zu
- sterben. Wir interessiren uns nur darum, wir gewinnen nur darum, daß
- wir wieder mit Schmerzen verlieren.
- ~Moor.~ Sie verloren schon etwas?
- ~Amalia.~ Nichts. Alles. Nichts -- wollen wir weiter gehen, Herr Graf?
- ~Moor.~ So eilig? weß ist diß Bild rechter Hand dort? mich deucht, es
- ist eine unglückliche Physiognomie.
- ~Amalia.~ Diß Bild linker Hand ist der Sohn des Grafen, der wirkliche
- Herr -- kommen Sie, kommen Sie!
- ~Moor.~ Aber diß Bild rechter Hand?
- ~Amalia.~ Sie wollen nicht in den Garten geh'n?
- ~Moor.~ Aber diß Bild rechter Hand? -- du weinst, Amalia?
- ~Amalia~ (_schnell ab._)
- Moor.
- Sie liebt mich, sie liebt mich! -- ihr ganzes Wesen fieng an, sich
- zu empören, verrätherisch rollten die Thränen von ihren Wangen. Sie
- liebt mich! -- Elender, das verdientest du um sie! Steh ich nicht hier
- wie ein Gerichteter vor dem tödlichen Block? Ist das der Sopha, wo
- ich an ihrem Halse in Wonne schwamm? Sind das die väterlichen Säle?
- (_Ergriffen vom Anblick seines Vaters._) Du, du -- Feuerflammen aus
- deinem Auge -- Fluch, Fluch, Verwerfung! -- wo bin ich? Nacht vor
- meinen Augen -- Schrecknisse Gottes -- Ich, ich hab ihn getödtet! (_Er
- rennt davon._)
- Franz von Moor in tiefen Gedanken.
- Weg mit diesem Bild! weg, feige Memme! was zagst du und vor wem? ist
- mir's nicht die wenige Stunden, die der Graf in diesen Mauren wandelt,
- als schlich immer ein Spion der Hölle meinen Fersen nach -- Ich sollt'
- ihn kennen! Es ist so was groses und oft gesehenes in seinem wilden
- sonnverbrannten Gesicht, das mich beben macht -- auch Amalia ist nicht
- gleichgültig gegen ihn! Läßt sie nicht so gierig schmachtende Blicke
- auf dem Kerl herumkreuzen, mit denen sie doch gegen alle Welt sonst so
- geitzig thut? -- Sah ich's nicht, wie sie ein paar diebische Thränen
- in den Wein fallen ließ, den er hinter meinem Rücken so hastig in
- sich schlürfte, als wenn er das Glas mit hineinziehen wollte. Ja, das
- sah ich, durch den Spiegel sah ich's mit diesen meinen Augen. Holla
- Franz! siehe dich vor! dahinter steckt irgend ein Verderbenschwangeres
- Ungeheuer!
- (_Er steht forschend dem Porträt Karls gegenüber._) Sein langer
- Gänsehals -- seine schwarzen feuerwerfenden Augen, hm! hm! -- sein
- finsteres überhangendes buschichtes Augenbraun. (_Plötzlich zusammen
- fahrend._) -- Schadenfrohe Hölle! jagst du mir diese Ahnung ein? Es ist
- ~Karl~! ja itzt werden mir alle Züge wieder lebendig -- Er ist's! trotz
- seiner Larve! -- Er ist's -- trotz seiner Larve! -- Er ist's -- Tod
- und Verdammniß! (_auf und ab mit heftigen Schritten._) Hab ich darum
- meine Nächte verpraßt, -- darum Felsen hinweggeräumt, und Abgründe
- eben gemacht -- bin ich darum gegen alle Instinkte der Menschheit
- rebellisch worden, daß mir zuletzt dieser unstete Landstreicher durch
- meine künstlichsten Wirbel tölple -- Sachte! Nur sachte! Es ist nur
- noch Spielarbeit übrig -- Bin ich doch ohnehin schon bis an die Ohren
- in Todsünden gewatet, daß es Unsinn wäre, zurückzuschwimmen, wenn das
- Ufer schon so weit hinten liegt -- Ans Umkehren ist doch nicht mehr
- zu gedenken -- die ~Gnade~ selbst würde an den Bettelstab gebracht,
- und die ~unendliche Erbarmung~ bankerott werden, wenn sie für meine
- Schulden all gut sagen wollte -- Also vorwärts wie ein Mann -- (_Er
- schellt._) -- Er versammle sich zu dem Geist seines Vaters und komme,
- der Todten spott' ich. -- Daniel, he Daniel! -- Was gilts, den haben
- sie auch schon gegen mich aufgewiegelt! Er sieht so geheimnißvoll.
- Daniel (_kommt._)
- ~Daniel.~ Was steht zu Befehl, mein Gebieter?
- ~Franz.~ Nichts. Fort, fülle diesen Becher Wein, aber hurtig! (_Daniel
- ab._) Wart Alter! dich will ich fangen, ins Auge will ich dich fassen,
- so starr, daß dein getroffenes Gewissen durch die Larve erblassen
- soll! Er soll sterben! -- Der ist ein Stümper, der sein Werk nur auf
- die Helfte bringt, und dann weg geht, und müßig zugafft, wie es weiter
- damit werden wird.
- Daniel (_mit Wein._)
- ~Franz.~ Stell ihn hieher! Sieh mir fest ins Auge! wie deine Kniee
- schlottern! Wie du zitterst! Gesteh Alter! Was hast du gethan?
- ~Daniel.~ Nichts, gnädiger Herr, so wahr Gott lebt, und meine arme
- Seele.
- ~Franz.~ Trink diesen Wein aus! -- Was? Du zauderst? -- Heraus,
- schnell! Was hast du in den Wein geworfen?
- ~Daniel.~ Hilf Gott! Was? Ich in den Wein?
- ~Franz.~ Gift hast du in den Wein geworfen! Bist du nicht bleich wie
- Schnee? Gesteh, gesteh! Wer hat dir's gegeben? Nicht wahr! der Graf,
- der Graf hat dir's gegeben?
- ~Daniel.~ Der Graf? Jesus Maria! der Graf hat mir nichts gegeben.
- ~Franz.~ (_Greift ihn hart an._) Ich will dich würgen, daß du blau
- wirst, eisgrauer Lügner du! Nichts? Und was stacket ihr denn so
- beysammen? Er und du und Amalia? Und was flüstertet ihr immer zusammen?
- Heraus damit! Was für Geheimnisse, was für Geheimnisse hat er dir
- anvertraut?
- ~Daniel.~ Das weiß der allwissende Gott. Er hat mir keine Geheimnisse
- anvertraut.
- ~Franz.~ Willst du es läugnen? Was für Kabalen habt ihr angezettelt,
- mich aus dem Weg zu räumen? Nicht wahr? Mich im Schlaf zu erdrosseln?
- Mir beym Bartscheren die Gurgel abzuschneiden? Mir im Wein oder im
- Chokolade zu vergeben? Heraus, heraus! -- oder mir in der Suppe den
- ewigen Schlaf zu geben? Heraus damit! ich weiß alles.
- ~Daniel.~ So helfe mir Gott, wenn ich in Noth bin, wie ich euch itzt
- nichts anders sage, als die reine lautere Wahrheit!
- ~Franz.~ Dißmal will ich dir verzeihen. Aber gelt, er steckte dir gewiß
- Geld in deinen Beutel? Er drückte dir die Hand stärker als der Brauch
- ist? so ungefähr, wie man sie seinen alten Bekannten zu drücken pflegt?
- ~Daniel.~ Niemals, mein Gebieter.
- ~Franz.~ Er sagte dir, zum Exempel, daß er dich etwa schon kenne? --
- daß du ihn fast kennen solltest? Daß dir einmal die Decke von den Augen
- fallen würde -- daß -- was? Davon sollt' er dir niemals gesagt haben?
- ~Daniel.~ Nicht das mindeste.
- ~Franz.~ Daß gewisse Umstände ihn abhielten -- daß man oft Masken
- nehmen müsse, um seinen Feinden zuzukönnen -- daß er sich rächen wolle,
- aufs grimmigste rächen wolle.
- ~Daniel.~ Nicht einen Laut von diesem allem.
- ~Franz.~ Was? gar nichts? Besinne dich recht. -- Daß er den alten Herrn
- sehr genau -- besonders genau gekannt -- daß er ihn liebe -- ungemein
- liebe -- wie ein Sohn liebe --
- ~Daniel.~ Etwas dergleichen erinnere ich mich von ihm gehört zu haben.
- ~Franz.~ (_blaß_) Hat er, hat er wirklich? Wie, so laß mich doch hören!
- Er sagte, er sey mein Bruder?
- ~Daniel.~ (_betroffen_) Was, mein Gebieter? -- Nein, das sagte er
- nicht. Aber wie ihn das Fräulein in der Gallerie herumführte, ich
- putzte eben den Staub von den Rahmen der Gemählde ab, stand er bey dem
- Portrait des seeligen Herrn plözlich still, wie vom Donner gerührt. Das
- gnädige Fräulein deutete drauf hin, und sagte: ein vortreflicher Mann!
- Ja ein vortreflicher Mann, gab er zur Antwort, indem er sich die Augen
- wischte.
- ~Franz.~ Höre Daniel! Du weist, ich bin immer ein gütiger Herr gegen
- dich gewesen, ich hab dir Nahrung und Kleider gegeben, und dein
- schwaches Alter in allen Geschäften geschonet --
- ~Daniel.~ Dafür lohn euch der liebe Herr Gott! und ich hab euch immer
- redlich gedienet.
- ~Franz.~ Das wollt' ich eben sagen. Du hast mir in deinem Leben noch
- keine Widerrede gegeben, denn du weist gar zu wohl, daß du mir Gehorsam
- schuldig bist in allem, was ich dich heisse.
- ~Daniel.~ In allem von ganzem Herzen, wenn es nicht wider Gott und mein
- Gewissen geht.
- ~Franz.~ Possen, Possen! Schämst du dich nicht? Ein alter Mann, und
- an das Weyhnacht-Mährchen zu glauben! Geh Daniel! das war ein dummer
- Gedanke. Ich bin ja Herr. Mich werden Gott und Gewissen strafen, wenn
- es ja einen Gott und ein Gewissen gibt.
- ~Daniel~ (_schlägt die Hände zusammen._) Barmherziger Himmel!
- ~Franz.~ Bey deinem Gehorsam! Verstehst du das Wort auch? Bey deinem
- Gehorsam befehl ich dir, morgen darf der Graf nimmer unter den
- Lebendigen wandeln.
- ~Daniel.~ Hilf, heiliger Gott! Weswegen?
- ~Franz.~ Bey deinem ~blinden~ Gehorsam! -- und an dich werd ich mich
- halten.
- ~Daniel.~ An mich? Hilf selige Mutter Gottes! An mich? Was hab' ich
- alter Mann denn Böses gethan?
- ~Franz.~ Hier ist nicht lang Besinnszeit, dein Schicksal steht in
- meiner Hand. Willst du dein Leben im tiefsten meiner Thürme vollends
- ausschmachten, wo der Hunger dich zwingen wird, deine eigenen Knochen
- abzunagen, und der brennende Durst, dein eigenes Wasser wieder zu
- saufen? -- Oder willst du lieber dein Brod essen im Frieden, und Ruhe
- haben in deinem Alter?
- ~Daniel.~ Was Herr? Fried und Ruhe im Alter? und ein Todtschläger?
- ~Franz.~ Antwort auf meine Frage!
- ~Daniel.~ Meine grauen Haare, meine grauen Haare!
- ~Franz.~ Ja oder Nein!
- ~Daniel.~ Nein! -- Gott erbarme sich meiner!
- ~Franz.~ (_Im Begriff zu gehen._) Gut, du sollsts nöthig haben.
- (_Daniel hält ihn auf und fällt vor ihm nieder._)
- ~Daniel.~ Erbarmen Herr! Erbarmen!
- ~Franz.~ Ja oder Nein!
- ~Daniel.~ Gnädiger Herr! ich bin heute ein und siebenzig Jahr alt!
- und hab' Vater und Mutter geehret, und niemand meines Wissens um
- des Hellers Werth im Leben vervortheilt, und hab' an meinem Glauben
- gehalten, treu und redlich, und hab' in eurem Hause gedienet vier und
- vierzig Jahr, und erwarte itzt ein ruhig seeliges Ende, ach Herr,
- Herr! (_Umfaßt seine Kniee heftig_) und ihr wollt mir den letzten
- Trost rauben im Sterben, daß der Wurm des Gewissens mich um mein
- letztes Gebet bringe, daß ich ein Greuel vor Gott und Menschen schlafen
- gehen soll. Nein, nein, mein liebster bester, liebster gnädiger Herr,
- das woll't ihr nicht, das könn't ihr nicht wollen von einem ein und
- siebenzigjährigen Manne.
- ~Franz.~ Ja oder Nein! was soll das Geplapper?
- ~Daniel.~ Ich will euch von nun an noch eifriger dienen. Will meine
- dürren Sehnen in eurem Dienst wie ein Taglöhner abarbeiten, will
- früher aufstehen, will später mich niederlegen -- ach und will euch
- einschliessen in mein Abend- und Morgengebet, und Gott wird das Gebet
- eines alten Mannes nicht wegwerfen.
- ~Franz.~ Gehorsam ist besser, denn Opfer. Hast du je gehört, daß sich
- der Henker zierte, wenn er ein Urtheil vollstrecken sollte?
- ~Daniel.~ Ach ja wohl! aber eine Unschuld erwürgen -- einen --
- ~Franz.~ Bin ich dir etwa Rechenschaft schuldig? darf das Beil den
- Henker fragen, warum dahin und nicht dorthin? -- Aber sieh, wie
- langmüthig ich bin -- ich biete dir eine Belohnung für das, was du mir
- huldigtest.
- ~Daniel.~ Aber ich hoffte, ein Christ bleiben zu dörfen, da ich euch
- huldigte.
- ~Franz.~ Keine Widerrede! siehe ich gebe dir einen ganzen Tag noch
- Bedenkzeit! Ueberlege es nochmals. Glück und Unglück -- hörst du,
- verstehst du? das höchste Glück, und das äußerste Unglück! Ich will
- Wunder thun im Peinigen.
- ~Daniel~ (_Nach einigem Nachdenken._) Ich will's thun, morgen will
- ich's thun. (_ab._)
- Franz.
- Die Versuchung ist stark, und der war wohl nicht zum Märtyrer seines
- Glaubens geboren -- Wohl bekomms dann, Herr Graf! Allem Ansehen nach
- werden sie morgen Abend ihr Henker-Mahl halten! Es kommt alles nur
- darauf an, wie man davon denkt, und der ist ein Narr, der wider seine
- Vortheile denkt. Den Vater, der vielleicht eine Bouteille Wein weiter
- getrunken hat, kommt der Kitzel an -- und draus wird ein Mensch, und
- der Mensch war gewiß das letzte, woran bey der ganzen Herkules-Arbeit
- gedacht wird. Nun kommt mich eben auch der Kitzel an -- und dran
- krepirt ein Mensch, und gewiß ist hier mehr Verstand und Absichten,
- als dort bey seinem Entstehen war -- Hangt nicht das Daseyn der
- meisten Menschen mehrentheils an der Hitze eines Julius-Mittags, oder
- am anziehenden Anblick eines Betttuchs, oder an der wagrechten Lage
- einer schlafenden Küchen-Grazie, oder an einem ausgelöschten Licht?
- -- Ist die Geburt des Menschen das Werk einer viehischen Anwandlung,
- eines Ungefährs, wer sollte wegen der ~Verneinung seiner Geburt~
- sich einkommen lassen, an ein bedeutendes Etwas zu denken? Verflucht
- sey die Thorheit unserer Ammen und Wärterinnen, die unsere Phantasie
- mit schröcklichen Mährchen verderben, und gräßliche Bilder von
- Strafgerichten in unser weiches Gehirnmark drücken, daß unwillkührliche
- Schauder die Glieder des Mannes noch in frostige Angst rütteln, unsere
- kühnste Entschlossenheit sperren, unsere erwachende Vernunft an Ketten
- abergläubischer Finsterniß legen -- ~Mord~! wie eine ganze Hölle von
- Furien um das Wort flattert -- die Natur vergaß einen Mann mehr zu
- machen -- die Nabelschnur ist nicht unterbunden worden -- der Vater
- hat in der Hochzeit-Nacht glatten Leib bekommen -- und die ganze
- Schattenspielerey ist verschwunden. Es war etwas und wird nichts --
- Heißt es nicht eben so viel, als: es war nichts und wird nichts und
- um nichts wird kein Wort mehr gewechselt -- der Mensch entstehet aus
- Morast, und watet eine Weile im Morast, und macht Morast, und gährt
- wieder zusammen in Morast, bis er zuletzt an den Schuhsohlen seines
- Urenkels unflätig anklebt. Das ist das Ende vom Lied -- der morastige
- Zirkel der menschlichen Bestimmung, und somit -- glückliche Reise,
- Herr Bruder! Der milzsüchtige podagrische Moralist von einem Gewissen
- mag runzlichte Weiber aus Bordellen jagen, und alte Wucherer auf dem
- Todesbett foltern -- bey mir wird er nimmermehr Audienz bekommen. (_Er
- geht ab._)
- Dritte Scene.
- Andres Zimmer im Schloß.
- Räuber Moor. (_von der einen Seite._) Daniel (_von der andern._)
- ~Moor.~ (_hastig._) Wo ist das Fräulein?
- ~Daniel.~ Gnädiger Herr! Erlaubt einem armen Mann, euch um etwas zu
- bitten.
- ~Moor.~ Es ist dir gewährt, was willst du?
- ~Daniel.~ Nicht viel, und alles, so wenig und doch so viel -- laßt mich
- eure Hand küssen!
- ~Moor.~ Das sollst du nicht, guter Alter! (_umarmt ihn._) den ich Vater
- nennen möchte.
- ~Daniel.~ Eure Hand, eure Hand! ich bitt euch.
- ~Moor.~ Du sollst nicht.
- ~Daniel.~ Ich muß! (_Er greift sie, betrachtet sie schnell und fällt
- vor ihm nieder._) Lieber, bester Karl!
- ~Moor.~ (_erschrickt, faßt sich, fremd._) Freund, was sagst du? Ich
- verstehe dich nicht.
- ~Daniel.~ Ja, läugnet es nur, verstellt euch! Schön, schön! Ihr seyd
- immer mein bester köstlicher Junker -- Lieber Gott! daß ich alter Mann
- noch die Freude -- dummer Tölpel ich, daß ich euch nicht gleich -- ey
- du himmlischer Vater! So seyd ihr ja wiedergekommen, und der alte Herr
- ist unterm Boden, und da seyd ihr ja wieder -- was für ein blinder Esel
- ich doch war (_sich vor den Kopf schlagend_) daß ich euch nicht im
- ersten Hui -- ey du mein! Wer hätte sich das träumen lassen! -- um was
- ich mit Thränen betete, -- Jesus Christus! Da steht er ja leibhaftig
- wieder in der alten Stube!
- ~Moor.~ Was ist das für eine Sprache? Seyd ihr vom hitzigen Fieber
- aufgesprungen, oder wollt ihr eine Komödien-Rolle an mir probiren?
- ~Daniel.~ Ey pfui doch, pfui doch! Das ist nicht fein, einen alten
- Knecht so zum besten haben -- Diese Narbe! He, wißt ihr noch? -- Großer
- Gott! Was ihr mir da für eine Angst einjagtet -- ich hab' euch immer so
- lieb gehabt, und was ihr mir da für Herzeleid hättet anrichten können
- -- ihr saßt mir im Schoos, -- wißt ihr noch? -- Dort in der runden
- Stube -- gelt Vogel? Das habt ihr freylich vergessen -- auch den Kukuk,
- den ihr so gern hörtet? -- denkt doch! der Kukuk ist zerschlagen, in
- Grunds-Boden geschlagen -- die alte Susel hat ihn verwettert, wie sie
- die Stube fegte -- ja freylich, und da saß't ihr mir im Schoos, und
- rief't hotto! und ich lief fort, euch den Hotto-Gaul zu holen --
- Jesus Gott! Warum mußt' ich alter Esel auch fortlaufen? -- und wie
- mir's siedigheiß über den Buckel lief -- wie ich das Zettergeschrey
- höre draussen im Oehrn, spring herein, und da lief das helle Blut, und
- laget am Boden, und hattet -- heilige Mutter Gottes! War mir's nicht,
- als wenn mir ein Kübel eiskalt Wasser übern Nacken sprizte -- aber so
- geht's, wenn man nicht alle Augen auf die Kinder hat. Großer Gott,
- wenn's in's Aug' gegangen wäre -- War's darzu noch die rechte Hand.
- Mein Lebens-Tag, sagt' ich, soll mir kein Kind mehr ein Messer oder
- eine Scheere oder so was spitziges, sagt' ich, in die Hände kriegen,
- sagt' ich, -- war zum Glück noch Herr und Frau verreiset -- ja ja, das
- soll mir mein Tag des Lebens eine Warnung seyn, sagt' ich -- Jemini,
- jemini! ich hätte vom Dienst kommen können, ich hätte, Gott der Herr
- verzeih's euch, gottloses Kind -- aber gottlob! es heilte glücklich,
- bis auf die wüste Narbe.
- ~Moor.~ Ich begreiffe kein Wort von allem, was du sagst.
- ~Daniel.~ Ja gelt, gelt? Das war noch eine Zeit? Wie manches
- Zuckerbrod, oder Biscuit oder Makrone ich euch hab' zugeschoben, hab'
- euch immer am gernsten gehabt, und wißt ihr noch, was ihr mir drunten
- sagtet im Stall, wie ich euch auf des alten Herrn seinen Schweißfuchsen
- setzte, und euch auf der großen Wiese ließ herumjagen? Daniel! sagtet
- ihr, laß mich nur einen großen Mann werden, Daniel, so sollst du mein
- Verwalter seyn, und mit mir in der Kutsche fahren, -- ja, sagt' ich,
- und lachte, wenn Gott Leben und Gesundheit schenkt, und ihr euch eines
- alten Mannes nicht schämen werdet, sagt' ich, so will ich euch bitten,
- mir das Häuschen drunten im Dorf zu räumen, das schon eine gute Weil'
- leer steht, und da wollt' ich mir ein Eimer zwanzig Wein einlegen, und
- wirthschaften in meinen alten Tagen. -- Ja lacht nur, lacht nur! Gelt
- junger Herr, das habt ihr rein ausgeschwizt? -- den alten Mann will man
- nicht kennen, da thut man so fremd, so fürnehm -- o ihr seyd doch mein
- goldiger Junker -- freylich halt ein bisgen lucker gewesen -- nimmt
- mir's nicht übel! -- Wie's eben das junge Fleisch meistens ist -- am
- Ende kann noch alles gut werden.
- ~Moor~ (_fällt ihm um den Hals._) Ja! Daniel ich will's nicht mehr
- verhehlen! Ich bin dein Karl, dein verlorner Karl! Was macht meine
- Amalia?
- ~Daniel~ (_fängt an zu weinen._) Daß ich alter Sünder noch die Freude
- haben soll, -- und der Herr selig weinete umsonst! -- Abe, abe, weißer
- Schedel! mürbe Knochen, fahret in die Grube mit Freuden! Mein Herr und
- Meister lebt, ihn haben meine Augen gesehen!
- ~Moor.~ Und will halten, was er versprochen hat, -- nimm das, ehrlicher
- Graukopf, für den Schweisfuchsen im Stall (_dringt ihm einen schweren
- Beutel auf_) nicht vergessen hab ich den alten Mann.
- ~Daniel.~ Wie, was treibt ihr? Zuviel! Ihr habt euch vergriffen.
- ~Moor.~ Nicht vergriffen, Daniel! (_Daniel will niederfallen._) Steh
- auf, sage mir, was macht meine Amalia?
- ~Daniel.~ Gottes Lohn! Gottes Lohn! Ey Herr Jerem! -- Eure Amalia, oh
- die wird's nicht überleben, die wird sterben vor Freude!
- ~Moor~ (_heftig._) Sie vergaß mich nicht?
- ~Daniel.~ Vergessen? Wie schwäzt ihr wieder? Euch vergessen? -- da
- hättet ihr sollen dabey seyn, hättet's sollen mit ansehen, wie sie sich
- gebehrdete, als die Zeitung kam, ihr wärt gestorben, die der gnädige
- Herr ausstreuen ließ --
- ~Moor.~ Was sagst du? mein Bruder --
- ~Daniel.~ Ja euer Bruder, der gnädige Herr, euer Bruder -- ich will
- euch ein andermal mehr davon erzählen, wenn's Zeit dazu ist -- und
- wie sauber sie ihm abkappte, wenn er ihr alle Tage, die Gott schickt,
- seinen Antrag machte, und sie zur gnädigen Frau machen wollte. O ich
- muß hin, muß hin, ihr sagen, ihr die Botschaft bringen (_will fort._)
- ~Moor.~ Halt, halt! sie darf's nicht wissen, darf's niemand wissen,
- auch mein Bruder nicht --
- ~Daniel.~ Euer Bruder? Nein beyleibe nicht, er darf's nicht wissen! Er
- gar nicht! -- Wenn er nicht schon mehr weiß, als er wissen darf -- Oh
- ich sage euch, es gibt garstige Menschen, garstige Brüder, garstige
- Herren -- aber ich möcht' um alles Gold meines Herrn willen kein
- garstiger Knecht seyn -- der gnädige Herr hielt euch todt.
- ~Moor.~ Hum! Was brummst du da?
- ~Daniel~ (_leiser._) Und wenn man freylich so ungebeten aufersteht --
- euer Bruder war des Herrn selig einziger Erbe --
- ~Moor.~ Alter! -- Was murmelst du da zwischen den Zähnen, als wenn
- irgend ein Ungeheuer von Geheimniß auf deiner Zunge schwebte, das nicht
- heraus wollte, und doch heraus sollte, rede deutlicher!
- ~Daniel.~ Aber ich will lieber meine alten Knochen abnagen vor Hunger,
- lieber vor Durst mein eigenes Wasser saufen, als Wohlleben die Fülle
- verdienen mit einem Todschlag. (_schnell ab._)
- Moor (_auffahrend aus schrecklicher Pause._)
- Betrogen betrogen! da fährt es über meine Seele wie der Blitz!
- -- ~Spitzbübische Künste!~ Himmel und Hölle! nicht du, Vater!
- ~Spitzbübische Künste!~ ~Mörder~, ~Räuber~ durch spitzbübische Künste!
- Angeschwärzt von ihm! verfälscht, unterdrückt meine Briefe -- voll
- Liebe sein Herz -- oh ich Ungeheuer von einem Thoren -- voll Liebe sein
- Vater-Herz -- oh Schelmerey, Schelmerey! Es hätte mich einen Fußfall
- gekostet, es hätte mich eine Thräne gekostet -- oh ich blöder, blöder,
- blöder Thor! (_wider die Wand rennend._) Ich hätte glücklich seyn
- können -- oh Büberey, Büberey! das Glück meines Lebens bübisch, bübisch
- hinwegbetrogen. (_Er läuft wüthend auf und nieder._) Mörder, Räuber
- durch spitzbübische Künste! -- Er grollte nicht einmal. Nicht ein
- Gedanke von Fluch in seinem Herzen -- oh Bösewicht! unbegreiflicher,
- schleichender, abscheulicher Bösewicht!
- Kosinsky (_kommt._)
- ~Kosinsky.~ Nun Hauptmann, wo steckst du? Was ists? Du willst noch
- länger hier bleiben, merk' ich?
- ~Moor.~ Auf! Sattle die Pferde! Wir müssen vor Sonnen-Untergang noch
- über den Gränzen seyn!
- ~Kosinsky.~ Du spassest.
- ~Moor~ (_Befehlend._) Hurtig, hurtig! Zaudre nicht lang, laß alles da!
- und daß kein Aug' dich gewahr wird.
- (Kosinsky ab.)
- Moor.
- Ich fliehe aus diesen Mauren. Der geringste Verzug könnte mich wüthig
- machen, und er ist meines Vaters Sohn -- Bruder, Bruder! Du hast mich
- zum Elendesten auf Erden gemacht, ich habe dich niemals beleidigt, es
- war nicht brüderlich gehandelt -- Erndte die Früchte deiner Unthat in
- Ruhe, meine Gegenwart soll dir den Genuß nicht länger vergällen -- aber
- gewiß, es war nicht brüderlich gehandelt. Finsterniß verlösche sie auf
- ewig, und der Tod rühre sie nicht auf!
- Kosinsky.
- ~Kosinsky.~ Die Pferde stehn gesattelt, ihr könnt aufsitzen, wann ihr
- wollt.
- ~Moor.~ Presser, Presser! Warum so eilig? Soll ich sie nicht mehr sehn?
- ~Kosinsky.~ Ich zäume gleich wieder ab, wenn ihr's haben wollt, ihr
- hießt mich ja über Hals und Kopf eilen.
- ~Moor.~ Noch einmal! ein Lebewohl noch! ich muß den Gifttrank dieser
- Seeligkeit vollends ausschlürfen, und dann -- halt Kosinsky! Zehn
- Minuten noch -- hinten am Schloßhof -- und wir sprengen davon!
- Vierte Scene.
- Im Garten.
- Amalia.
- ~Du weinst Amalia?~ -- und das sprach er mit einer Stimme! mit einer
- Stimme -- mir wars, als ob die Natur sich verjüngete -- die genossenen
- Lenze der Liebe dämmerten auf mit der Stimme! Die Nachtigall schlug wie
- damals -- die Blumen hauchten wie damals -- und ich lag Wonne-berauscht
- an seinem Hals -- Ha falsches treuloses Herz! Wie du deinen Meineid
- beschönigen willst! Nein, nein, weg aus meiner Seele, du Frevel-Bild --
- ich hab' meinen Eid nicht gebrochen, du Einziger! Weg aus meiner Seele,
- ihr verrätherischen gottlosen Wünsche! im Herzen, wo Karl herrscht,
- darf kein Erdensohn nisten -- Aber warum, meine Seele, so immer, so
- wider Willen nach diesem Fremdling? Hängt er sich nicht so hart an das
- Bild meines Einzigen? Ist er nicht der ewige Begleiter meines Einzigen?
- ~Du weinst Amalia?~ -- Ha ich will ihn fliehen! -- fliehen! -- Nimmer
- sehen soll mein Aug' diesen Fremdling!
- Räuber Moor (_öffnet die Gartenthüre._)
- ~Amalia~ (_fährt zusammen._) Horch! horch! Rauschte die Thüre nicht?
- (_Sie wird Karln gewahr, und springt auf._) Er? -- wohin? -- was?
- -- da hat mich's angewurzelt, daß ich nicht fliehen kann -- Verlaß
- mich nicht, Gott im Himmel! -- Nein du sollst mir meinen Karl nicht
- entreissen! Meine Seele hat nicht Raum für zwey Gottheiten, und ich
- bin ein sterbliches Mädchen! (_Sie nimmt Karls Bild heraus._) Du, mein
- Karl, sey mein Genius wider diesen Fremdling, den Liebestörer! dich,
- dich ansehen, unverwandt, -- und weg alle gottlosen Blicke nach diesem
- (_sie sitzt stumm -- das Auge starr auf das Bild geheftet._)
- ~Moor.~ Sie da, gnädiges Fräulein? -- und traurig? und eine Thräne auf
- diesem Gemählde? -- (_Amalia gibt ihm keine Antwort._) -- Und wer ist
- der Glückliche, um den sich das Aug' eines Engels versilbert? darf auch
- ich diesen Verherrlichten -- (_er will das Gemählde betrachten._)
- ~Amalia.~ Nein, ja, nein!
- ~Moor~ (_zurückfahrend._) Ha! -- und verdient er diese Vergötterung?
- verdient er? --
- ~Amalia.~ Wenn Sie ihn gekannt hätten!
- ~Moor.~ Ich würd' ihn beneidet haben.
- ~Amalia.~ Angebetet, wollen Sie sagen.
- ~Moor.~ Ha!
- ~Amalia.~ Oh Sie hätten ihn so lieb gehabt -- es war so viel, so viel
- in seinem Angesicht -- in seinen Augen -- im Ton seiner Stimme, das
- Ihnen so gleich kommt -- das ich so liebe --
- ~Moor~ (_sieht zur Erde._)
- ~Amalia.~ Hier, wo Sie stehen, stand er tausendmal -- und neben ihm
- die, die neben ihm Himmel und Erde vergaß -- hier durchirrte sein
- Aug' die um ihn prangende Gegend -- sie schien den großen belohnenden
- Blick zu empfinden, und sich unter dem Wohlgefallen ihres Meisterbilds
- zu verschönern -- hier hielt er mit himmlischer Musik die Hörer der
- Lüfte gefangen -- hier an diesem Busch pflückte er Rosen, und pflückte
- die Rosen für mich -- hier hier lag er an meinem Halse, brannte sein
- Mund auf dem meinen, und die Blumen starben gern unter der Liebenden
- Fußtritt --
- ~Moor.~ Er ist nicht mehr?
- ~Amalia.~ Er seegelt auf ungestümen Meeren -- Amalia's Liebe seegelt
- mit ihm -- er wandelt durch ungebahnte sandigte Wüsten -- Amalia's
- Liebe macht den brennenden Sand unter ihm grünen, und die wilden
- Gesträuche blühen -- der Mittag sengt sein entblößtes Haupt, nordischer
- Schnee schrumpft seine Sohlen zusammen, stürmischer Hagel regnet um
- seine Schläfe, und Amalia's Liebe wiegt ihn in Stürmen ein -- Meere und
- Berge und Horizonte zwischen den Liebenden -- aber die Seelen versetzen
- sich aus dem staubigten Kerker, und treffen sich im Paradiese der Liebe
- -- Sie scheinen traurig, Herr Graf?
- ~Moor.~ Die Worte der Liebe machen auch meine Liebe lebendig.
- ~Amalia.~ (_blaß._) Was? Sie lieben eine andre? -- Weh mir, was hab ich
- gesagt?
- ~Moor.~ Sie glaubte mich todt, und blieb treu dem Todtgeglaubten -- sie
- hörte wieder, ich lebe, und opferte mir die Krone einer Heiligen auf.
- Sie weiß mich in Wüsten irren, und im Elend herumschwärmen, und ihre
- Liebe fliegt durch Wüsten und Elend mir nach. Auch heißt sie Amalia,
- wie Sie, gnädiges Fräulein.
- ~Amalia.~ Wie beneid' ich Ihre Amalia!
- ~Moor.~ O sie ist ein unglückliches Mädchen, ihre Liebe ist für einen,
- der verloren ist, und wird -- ewig niemals belohnt.
- ~Amalia.~ Nein, sie wird im Himmel belohnt. Sagt man nicht, es gebe
- eine bessere Welt, wo die Traurigen sich freuen, und die Liebenden sich
- wieder erkennen?
- ~Moor.~ Ja, eine Welt, wo die Schleyer hinwegfallen, und die Liebe sich
- schrecklich wiederfindet -- ~Ewigkeit~ heißt ihr Name -- meine Amalia
- ist ein unglückliches Mädchen.
- ~Amalia.~ Unglücklich, und Sie lieben?
- ~Moor.~ Unglücklich, weil sie mich liebt! wie, wenn ich ein
- Todtschläger wäre? wie mein Fräulein? wenn Ihr Geliebter Ihnen für
- jeden Kuß einen Mord aufzählen könnte? wehe meiner Amalia! Sie ist ein
- unglückliches Mädchen.
- ~Amalia~ (_froh aufhüpfend._) Ha! wie bin ich ein glückliches Mädchen!
- Mein Einziger ist Nachstrahl der Gottheit, und die Gottheit ist Huld
- und Erbarmen! Nicht eine Fliege konnt' er leiden sehen -- Seine Seele
- ist so fern von einem blutigen Gedanken, als fern der Mittag von der
- Mitternacht ist.
- ~Moor~ (_kehrt sich schnell ab, in ein Gebüsch, blickt starr in die
- Gegend._)
- ~Amalia~ (_singt und spielt auf der Laute._)
- Willst dich Hektor ewig mir entreissen,
- Wo des Aeaciden mordend Eisen
- Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt?
- Wer wird künftig deinen Kleinen lehren
- Speere werfen und die Götter ehren,
- Wenn hinunter dich der Xanthus schlingt?
- ~Moor~ (_nimmt die Laute stillschweigend und spielt._)
- Theures Weib, geh, hol die Todeslanze! --
- Laß -- mich fort -- zum wilden Kriegestanze --
- (Er wirft die Laute weg, und flieht davon.)
- Fünfte Scene.
- ~Nahgelegener Wald. Nacht.~
- Ein altes verfallenes Schloß in der Mitte.
- Die ~Räuberbande~ gelagert auf der Erde.
- Die ~Räuber~ singen.
- Stehlen, morden, huren, balgen
- Heißt bey uns nur die Zeit zerstreu'n.
- Morgen hangen wir am Galgen,
- Drum laßt uns heute lustig seyn.
- Ein freyes Leben führen wir,
- Ein Leben voller Wonne.
- Der Wald ist unser Nachtquartier,
- Bey Sturm und Wind handthieren wir,
- Der Mond ist unsre Sonne,
- Merkurius ist unser Mann,
- Der's Prakticiren treflich kann.
- Heut laden wir bey Pfaffen uns ein,
- Bey masten Pächtern morgen,
- Was drüber ist, da lassen wir fein
- Den lieben Herrgott sorgen.
- Und haben wir im Traubensaft
- Die Gurgel ausgebadet,
- So machen wir uns Muth und Kraft
- Und mit dem Schwarzen Brüderschaft,
- Der in der Hölle bratet.
- Das Wehgeheul geschlagner Väter,
- Der bangen Mütter Klaggezetter,
- Das Winseln der verlaßnen Braut
- Ist Schmauß für unsre Trommelhaut!
- Ha! wenn sie euch unter dem Beile so zucken,
- Ausbrüllen wie Kälber, umfallen wie Mucken,
- Das kitzelt unsern Augenstern,
- Das schmeichelt unsern Ohren gern.
- Und wenn mein Stündlein kommen nun,
- Der Henker soll es holen,
- So haben wir halt unsern Lohn,
- Und schmieren unsre Sohlen,
- Ein Schlückchen auf den Weg vom heissen Traubensohn,
- Und hura rax dax! gehts, als flögen wir davon.
- ~Schweizer.~ Es wird Nacht, und der Hauptmann noch nicht da!
- ~Razmann.~ Und versprach doch Schlag acht Uhr wieder bey uns
- einzutreffen.
- ~Schweizer.~ Wenn ihm Leides geschehen wäre -- Kameraden! wir zünden an
- und morden den Säugling.
- ~Spiegelberg~ (_nimmt Razmann beyseite._) Auf ein Wort Razmann.
- ~Schwarz~ (_zu Grimm._) Wollen wir nicht Spionen ausstellen?
- ~Grimm.~ Laß du ihn! Er wird einen Fang thun, daß wir uns schämen
- müssen.
- ~Schweizer.~ Da brennst du dich, beym Henker! Er gieng nicht von
- uns wie einer, der einen Schelmenstreich im Schild führt. Hast du
- vergessen, was er gesagt hat, als er uns über die Haide führte? -- »Wer
- nur eine Rübe vom Acker stiehlt, daß ich's erfahre, läßt seinen Kopf
- hier, so wahr ich ~Moor~ heiße.« -- Wir dörfen nicht rauben.
- ~Razmann~ (_leise zu Spiegelberg._) Wo will das hinaus -- rede
- deutscher.
- ~Spiegelberg.~ Pst! Pst! -- Ich weiß nicht, was du oder ich für
- Begriffe von Freyheit haben, daß wir an einem Karrn ziehen, wie Stiere,
- und dabey wunderviel von Independenz deklamiren -- Es gefällt mir nicht.
- ~Schweizer~ (_zu Grimm._) Was wohl dieser Windkopf hier an der Kunkel
- hat?
- ~Razmann~ (_leise zu Spiegelberg._) Du sprichst vom Hauptmann? --
- ~Spiegelberg.~ Pst doch! Pst! -- Er hat so seine Ohren unter uns
- herumlaufen -- ~Hauptmann~ sagst du? wer hat ihn zum Hauptmann über uns
- gesetzt, oder hat er nicht diesen Titel usurpirt, der von rechtswegen
- mein ist? -- Wie? legen wir darum unser Leben auf Würfel -- baden
- darum alle Milzsuchten des Schicksals aus, daß wir am End' noch von
- Glück sagen, die Leibeigenen eines Sklaven zu seyn? -- Leibeigene, da
- wir Fürsten seyn könnten? -- Bey Gott! Razmann -- das hat mir niemals
- gefallen.
- ~Schweizer~ (_Zu den andern._) Ja -- du bist mir der rechte Held,
- Frösche mit Steinen breit zu schmeissen -- Schon der Klang seiner
- Nase, wenn er sich schneuzte, könnte dich durch ein Nadelöhr jagen --
- ~Spiegelberg~ (_zu Razmann._) Ja -- Und Jahre schon dicht' ich darauf:
- Es soll anders werden. Razmann -- wenn du bist, wofür ich dich immer
- hielt -- Razmann! -- Man vermißt ihn -- gibt ihn halb verloren --
- Razmann, mich deucht, seine schwarze Stunde schlägt -- wie? Nicht
- einmal röther wirst du, da dir die Glocke zur Freyheit läutet? Hast
- nicht einmal so viel Muth, einen kühnen Wink zu verstehen?
- ~Razmann.~ Ha Satan! worinn verstrickst du meine Seele?
- ~Spiegelberg.~ Hats gefangen? -- Gut! so folge. Ich hab' mir's gemerkt,
- wo er hinschlich -- Komm! Zwey Pistolen fehlen selten, und dann --
- so sind wir die ersten, die den Säugling erdrosseln. (_Er will ihn
- fortreissen._)
- ~Schweizer~ (_Zieht wüthend sein Messer._) Ha Bestie! Eben recht
- erinnerst du mich an die böhmischen Wälder! -- Warst du nicht die
- Memme, die anhub zu schnadern, als sie riefen: ~Der Feind kommt~? Ich
- hab' damals bey meiner Seele geflucht -- fahr hin Meuchelmörder (_Er
- sticht ihn todt._)
- ~Räuber~ (_In Bewegung._) Mordjo! Mordjo! -- -- Schweizer --
- Spiegelberg -- Reißt sie auseinander --
- ~Schweizer~ (_Wirft das Messer über ihn._) Da! -- Und so krepir du
- -- Ruhig Kameraden -- Laßt euch den Bettel nicht unterbrechen -- Die
- Bestie ist dem Hauptmann immer giftig gewesen, und hat keine Narbe auf
- ihrer ganzen Haut -- Noch einmal, gebt euch zufrieden -- ha! über den
- Racker -- von hinten her will er Männer zu schanden schmeissen? Männer
- von hinten her! -- Ist uns darum der helle Schweiß über die Backen
- gelaufen, daß wir aus der Welt schleichen wie Hundsvötter? Bestie du!
- Haben wir uns darum unter Feuer und Rauch gebettet, daß wir zuletzt wie
- Ratten verrecken?
- ~Grimm.~ Aber zum Teufel -- Kamerad -- was hattet ihr mit einander? --
- Der Hauptmann wird rasend werden.
- ~Schweizer.~ Dafür laß mich sorgen -- Und du Heilloser (_zu Razmann_),
- du warst sein Helfershelfer, du! -- Pack dich aus meinen Augen -- der
- Schufterle hat's auch so gemacht, aber dafür hängt er itzt auch in der
- Schweiz, wie's ihm mein Hauptmann prophezeyt hat -- (_Man schießt._)
- ~Schwarz~ (_aufspringend._) Horch! ein Pistolenschuß! (_Man schießt
- wieder._) Noch einer! Holla! Der Hauptmann!
- ~Grimm.~ Nur Geduld! Er muß zum drittenmal schiessen. (_Man hört noch
- einen Schuß._)
- ~Schwarz.~ Er ist's! -- Ist's -- Salvier dich, Schweizer -- laßt uns
- ihm antworten.
- (Sie schiessen.)
- Moor. Kosinsky (_treten auf._)
- ~Schweizer~ (_ihnen entgegen._) Sey willkommen, mein Hauptmann -- Ich
- bin ein bischen vorlaut gewesen, seit du weg bist. (_Er führt ihn an
- die Leiche._) Sey du Richter zwischen mir und diesem -- ~von hinten~
- hat er dich ermorden wollen.
- ~Räuber~ (_mit Bestürzung._) Was? Den Hauptmann?
- ~Moor.~ (_In den Anblick versunken, bricht heftig aus._) O
- unbegreiflicher Finger der rachekundigen Nemesis! -- Wars nicht dieser,
- der mir das Sirenenlied trillerte? -- Weihe diß Messer der dunklen
- Vergelterinn! -- das hast ~Du~ nicht gethan, Schweizer.
- ~Schweizer.~ Bei Gott! ich habs wahrlich gethan, und es ist beim Teufel
- nicht das schlechtste, was ich in meinem Leben gethan habe. (_geht
- unwillig ab._)
- ~Moor~ (_Nachdenkend._) Ich verstehe -- Lenker im Himmel -- ich
- verstehe -- die Blätter fallen von den Bäumen -- und mein Herbst ist
- kommen -- Schafft mir diesen aus den Augen. (_Spiegelbergs Leiche wird
- hinweg getragen._)
- ~Grimm.~ Gib uns Ordre, Hauptmann -- was sollen wir weiter thun?
- ~Moor.~ Bald -- bald ist alles erfüllet -- Gebt mir meine Laute -- Ich
- habe mich selbst verloren, seit ich dort war -- Meine Laute sag ich --
- Ich muß mich zurück lullen in meine Kraft -- verlaßt mich.
- ~Räuber.~ Es ist Mitternacht, Hauptmann.
- ~Moor.~ Doch warens nur die Thränen im Schauspielhaus -- den
- Römergesang muß ich hören, daß mein schlafender Genius wieder aufwacht
- -- Meine Laute her -- Mitternacht, sagt ihr?
- ~Schwarz.~ Wohl bald vorüber. Wie Bley liegt der Schlaf in uns. Seit
- drei Tagen kein Auge zu.
- ~Moor.~ Sinkt denn der balsamische Schlaf auch auf die Augen der
- Schelmen? Warum fliehet er mich? Ich bin nie ein Feiger gewesen, oder
- ein schlechter Kerl -- Legt euch schlafen -- Morgen am Tag gehen wir
- weiter.
- ~Räuber.~ Gute Nacht, Hauptmann (_Sie lagern sich auf der Erde und
- schlafen ein._)
- Tiefe Stille.
- Moor. (_Nimmt die Laute und spielt._)
- ~Brutus.~
- Sey willkommen friedliches Gefilde,
- Nimm den Letzten aller Römer auf!
- Von Philippi, wo die Mordschlacht brüllte
- Schleicht mein Gram-gebeugter Lauf.
- Kassius wo bist du? -- Rom verloren!
- Hingewürgt mein brüderliches Heer!
- Meine Zuflucht zu des Todes Thoren!
- Keine Welt für Brutus mehr!
- ~Cäsar.~
- Wer, mit Schritten eines Niebesiegten,
- Wandert dort vom Felsenhang? --
- Ha! wenn meine Augen mir nicht lügten!
- Das ist eines Römers Gang. --
- Tybersohn -- von wannen deine Reise?
- Dauert noch die Siebenhügelstadt?
- Oft geweinet hab ich um die Waise,
- Daß sie nimmer einen Cäsar hat.
- ~Brutus.~
- Ha! du mit der drei und zwanzigfachen Wunde!
- Wer rief Todter dich an's Licht?
- Schaudre rückwärts, zu des Orkus Schlunde,
- Stolzer Weiner! Triumphire nicht!
- Auf Philippi's eisernem Altare
- Raucht der Freiheit letztes Opferblut;
- Rom verröchelt über Brutus Bahre,
- Brutus geht zu Minos -- Kreuch in deine Flut.
- ~Cäsar.~
- O ein Todesstoß von Brutus Schwerte!
- Auch du -- Brutus -- du?
- Sohn -- es war dein Vater -- Sohn -- die Erde
- Wär gefallen dir als Erbe zu!
- Geh -- du bist der gröste Römer worden,
- Da in Vaters Brust dein Eisen drang,
- Geh -- und heul es bis zu jenen Pforten:
- Brutus ist der gröste Römer worden,
- Da in Vaters Brust sein Eisen drang.
- Geh -- du weißts nun, was an Lethes Strande
- Mich noch bannte --
- Schwarzer Schiffer, stoß vom Lande!
- ~Brutus.~
- Vater halt! -- Im ganzen Sonnenreiche
- Hab ich Einen nur gekannt,
- Der dem großen Cäsar gleiche:
- Diesen Einen hast du Sohn genannt.
- Nur ein Cäsar mochte Rom verderben,
- Nur nicht Brutus mochte Cäsar stehn,
- Wo ein Brutus lebt, muß Cäsar sterben;
- Geh du linkwärts, laß mich rechtwärts gehn.
- (Er legt die Laute hin, geht tiefdenkend auf und nieder.)
- Wer mir Bürge wäre? -- -- Es ist alles so finster -- verworrene
- Labyrinthe -- kein Ausgang -- kein leitendes Gestirn -- wenns
- ~aus~ wäre mit diesem letzten Othemzug -- ~Aus~ wie ein
- schaales Marionettenspiel -- Aber wofür der heiße ~Hunger~ nach
- ~Glückseligkeit~? Wofür das Ideal einer ~unerreichten~ Vollkommenheit?
- Das ~Hinausschieben~ unvollendeter Plane? -- wenn der armselige Druck
- dieses armseligen Dings (_die Pistolen vors Gesicht haltend_) den
- Weisen dem Thoren -- den Feigen dem Tapfern -- den Edlen dem Schelmen
- gleich macht? -- Es ist doch eine so göttliche Harmonie in der
- seelenlosen Natur, warum sollte dieser Mißklang in der vernünftigen
- seyn? -- Nein! Nein! es ist etwas mehr, denn ich bin noch nicht
- glücklich gewesen.
- Glaubt ihr, ich werde zittern? Geister meiner Erwürgten! ich werde
- nicht zittern. (~Heftig zitternd.~) -- Euer banges Sterbegewinsel --
- euer schwarzgewürgtes Gesicht -- eure fürchterlich klaffenden Wunden
- sind ja nur Glieder einer unzerbrechlichen Kette des Schicksals, und
- hängen zuletzt an meinen Feyerabenden, an den Launen meiner Ammen und
- Hofmeister, am Temperament meines Vaters, am Blut meiner Mutter. --
- (_von Schauer geschüttelt_) Warum hat mein Perillus einen Ochsen aus
- mir gemacht, daß die Menschheit in meinem glühenden Bauche bratet?
- (_Er setzt die Pistolen an._) ~Zeit und Ewigkeit~ -- gekettet an
- einander durch ein einzig Moment! -- Grauser Schlüssel, der das
- Gefängniß des Lebens hinter mir schließt, und vor mir aufriegelt die
- Behausung der ewigen Nacht -- sage mir -- o sage mir -- ~wohin~ --
- ~wohin~ wirst du mich führen? -- Fremdes, nie umsegeltes Land! --
- Siehe, die Menschheit erschlafft unter ~diesem~ Bilde, die Spannkraft
- des Endlichen läßt nach, und die Phantasey, der muthwillige Affe der
- Sinne, gaukelt unserer Leichtgläubigkeit seltsame Schatten vor -- Nein!
- Nein! Ein Mann muß nicht straucheln -- Sey wie du willst, ~namenloses
- Jenseits~ -- bleibt mir nur dieses mein ~Selbst~ getreu -- Sey wie du
- willst, wenn ich nur ~mich selbst~ mit hinübernehme -- Außendinge sind
- nur der Anstrich des Manns -- Ich bin mein Himmel und meine Hölle.
- Wenn du mir irgend einen eingeäscherten Weltkreis ~allein~ ließest, den
- du aus deinen Augen verbannt hast, wo die einsame Nacht, und die ewige
- Wüste meine Aussichten sind? -- Ich würde dann die schweigende Oede
- mit meinen Phantasien bevölkern, und hätte die Ewigkeit zur Musse, das
- verworrene Bild des allgemeinen Elends zu zergliedern. -- Oder willst
- du mich durch immer neue Geburten und immer neue Schauplätze des Elends
- von Stufe zu Stufe -- zur Vernichtung -- führen? Kann ich nicht die
- Lebensfäden, die mir jenseits gewoben sind, so leicht zerreissen, wie
- diesen? -- Du kannst mich zu nichts machen -- Diese Freyheit kannst du
- mir nicht nehmen. (_Er ladet die Pistole. Plötzlich hält er inne._) Und
- soll ich für Furcht eines qualvollen Lebens sterben? -- Soll ich dem
- Elend den Sieg über mich einräumen? -- Nein! ich wills dulden. (_Er
- wirft die Pistole weg._) Die Qual erlahme an meinem Stolz! Ich wills
- vollenden. (_Es wird immer finstrer._)
- Herrmann. (_Der durch den Wald kommt._)
- Horch! Horch! grausig heulet der Kauz -- zwölf schlägts drüben im
- Dorf -- wohl, wohl -- das Bubenstück schläft -- in dieser Wilde kein
- Lauscher. (_Tritt an das Schloß und pocht._) Komm heraus, Jammermann,
- Thurmbewohner! -- Deine Mahlzeit ist bereitet.
- ~Moor.~ (_Sachte zurücktretend._) Was soll das bedeuten?
- ~Eine Stimme.~ (_aus dem Schloß._) Wer pocht da? He? Bist du's,
- Herrmann, mein Rabe?
- ~Herrmann.~ Bin's, Herrmann, dein Rabe. Steig herauf ans Gitter und iß.
- (_Eulen schreyen._) Fürchterlich trillern deine Schlafkameraden, Alter
- -- dir schmeckt?
- ~Die Stimme.~ Hungerte mich sehr. Habe Dank, Rabensender, fürs Brod in
- der Wüste! -- Und wie gehts meinem lieben Kind, Herrmann?
- ~Herrmann.~ Stille -- Horch -- Geräusch wie von Schnarchenden! hörst du
- nicht was?
- ~Stimme.~ Wie? hörst ~du~ etwas?
- ~Herrmann.~ Den seufzenden Windlaut durch die Rizen des Thurms -- Eine
- Nachtmusik, davon einem die Zähne klappern und die Nägel blau werden --
- Horch, noch einmal -- Immer ist mir, als hört' ich ein Schnarchen. --
- Du hast Gesellschaft, Alter -- Hu! hu! hu!
- ~Stimme.~ Siehst du etwas?
- ~Herrmann.~ Leb wohl -- leb wohl -- Grausig ist diese Stätte -- Steig
- ab ins Loch -- droben dein Helfer, dein Rächer -- verfluchter Sohn! --
- (_Will fliehen._)
- ~Moor.~ (_Mit Entsetzen hervortretend._) Steh!
- ~Herrmann.~ (_Schreyend._) Oh mir!
- ~Moor.~ Steh, sag ich!
- ~Herrmann.~ Weh! Weh! Weh! Nun ist alles verrathen!
- ~Moor.~ Steh! Rede! Wer bist du? Was hast du hier zu thun? Rede!
- ~Herrmann.~ Erbarmen, o Erbarmen, gestrenger Herr! -- Nur Ein Wort
- höret an, eh ihr mich umbringt.
- ~Moor.~ (_Indem er den Degen zieht._) Was werd' ich hören?
- ~Herrmann.~ Wohl habt ihr mirs beym Leben verboten -- Ich konnt' nicht
- anders -- durft' nicht anders -- im Himmel ein Gott -- euer leiblicher
- Vater dort -- mich jammerte sein -- Stecht mich nieder.
- ~Moor.~ Hier steckt ein Geheimniß -- Heraus! Sprich! Ich will alles
- wissen.
- ~Die Stimme.~ (_Aus dem Schloß._) Weh! Weh! Bist du's, Herrmann, der da
- redet? Mit wem redst du, Herrmann?
- ~Moor.~ Drunten noch jemand -- Was geht hier vor? (_Läuft dem Thurme
- zu._) Ist's ein Gefangener, den die Menschen abschüttelten? -- Ich will
- seine Ketten lösen. -- Stimme! noch einmal! wo ist die Thüre?
- ~Herrmann.~ O habt Barmherzigkeit, Herr -- dringt nicht weiter, Herr --
- geht aus Erbarmen vorüber! (_Verrennt ihm den Weg._)
- ~Moor.~ Vierfach geschlossen! Weg da -- Es muß heraus -- Itzt ~zum
- erstenmal~ komm mir zu Hülfe, ~Dieberey~! (_Er nimmt Brechinstrumente,
- und öffnet das Gitterthor. Aus dem Grunde steigt ein ~Alter~,
- ausgemergelt wie ein Gerippe._)
- ~Der Alte.~ Erbarmen einem Elenden! Erbarmen!
- ~Moor.~ (_Springt erschrocken zurück._) Das ist ~meines Vaters~ Stimme!
- ~D. a. Moor.~ Habe Dank, o Gott! Erschienen ist die Stunde der Erlösung.
- ~Moor.~ Geist des alten Moors! Was hat dich beunruhigt in deinem
- Grabe? Hast du eine Sünde in jene Welt geschleppt, die dir den
- Eingang in die Pforten des Paradieses verrammelt? Ich will Messen
- lesen lassen, den irrenden Geist in seine Heymath zu senden. Hast du
- das Gold der Wittwen und Waisen unter die Erde vergraben, das dich
- zu dieser mitternächtlichen Stunde heulend herumtreibt, ich will den
- unterirdischen Schatz aus den Klauen des Zauberdrachen reissen, und
- wenn er tausend rothe Flammen auf mich speyt, und seine spitzen Zähne
- gegen meinen Degen blöckt, oder kommst du, auf meine Fragen die Räthsel
- der Ewigkeit zu entfalten? Rede, rede! ich bin der Mann der bleichen
- Furcht nicht.
- ~D. a. Moor.~ Ich bin kein Geist. Taste mich an, ich lebe, o ein
- elendes, erbärmliches Leben!
- ~Moor.~ Was? Du bist nicht begraben worden?
- ~D. a. Moor.~ Ich bin begraben worden -- das heißt: ein todter Hund
- liegt in meiner Väter Gruft; und ich -- drey volle Monde schmacht' ich
- schon in diesem finstern unterirdischen Gewölbe, von keinem Strahle
- beschienen, von keinem warmen Lüftchen angeweht, von keinem Freunde
- besucht, wo wilde Raben krächzen, und mitternächtliche Uhu's heulen. --
- ~Moor.~ Himmel und Erde! Wer hat das gethan?
- ~D. a. Moor.~ Verfluch ihn nicht! -- Das hat mein Sohn Franz gethan.
- ~Moor.~ Franz? Franz? -- O ewiges Chaos!
- ~D. a. Moor.~ Wenn du ein Mensch bist, und ein menschliches Herz hast,
- Erlöser, den ich nicht kenne, o so höre den Jammer eines Vaters, den
- ihm seine Söhne bereitet haben -- drey Monden schon hab' ich's tauben
- Felsenwänden zugewinselt, aber ein hohler Wiederhall äffte meine Klagen
- nur nach. Darum, wenn du ein Mensch bist, und ein menschliches Herz
- hast --
- ~Moor.~ Diese Aufforderung könnte die wilden Bestien aus ihren Löchern
- hervorrufen!
- ~D. a. Moor.~ Ich lag eben auf dem Siechbett, hatte kaum angefangen,
- aus einer schweren Krankheit etwas Kräfte zu sammeln, so führte man
- einen Mann zu mir, der vorgab, mein Erstgebohrner sey gestorben in der
- Schlacht, und mit sich brachte ein Schwerdt, gefärbt mit seinem Blut,
- und sein letztes Lebewohl, und daß ihn mein Fluch gejagt hätte in Kampf
- und Tod und Verzweiflung.
- ~Moor.~ (_Heftig von ihm abgewandt._) Es ist offenbar!
- ~D. a. Moor.~ Höre weiter! ich ward unmächtig bey der Botschaft. Man
- muß mich für todt gehalten haben, denn als ich wieder zu mir selber
- kam, lag ich schon in der Bahre, und ins Leichentuch gewickelt wie ein
- Todter. Ich krazte an dem Deckel der Bahre. Er ward aufgethan. Es war
- finstere Nacht, mein Sohn Franz stand vor mir. -- Was? rief er mit
- entsetzlicher Stimme, willst du dann ewig leben? -- und gleich flog
- der Sargdeckel wieder zu. Der Donner dieser Worte hatte mich meiner
- Sinne beraubt; als ich wieder erwachte, fühlt' ich den Sarg erhoben
- und fortgeführt in einem Wagen eine halbe Stunde lang. Endlich ward er
- geöffnet -- ich stand am Eingang dieses Gewölbes, mein Sohn vor mir,
- und der Mann, der mir das blutige Schwerdt von Karln gebracht hatte --
- zehnmal umfaßt' ich seine Kniee, und bat und flehte, und umfaßte sie
- und beschwur -- das Flehen seines Vaters reichte nicht an sein Herz --
- hinab mit dem Balg! donnerte es von seinem Munde, er hat genug gelebt,
- -- und hinab ward ich gestossen ohn' Erbarmen, und mein Sohn Franz
- schloß hinter mir zu.
- ~Moor.~ Es ist nicht möglich, nicht möglich! Ihr müßt euch geirrt haben.
- ~D. a. Moor.~ Ich kann mich geirrt haben. Höre weiter, aber zürne doch
- nicht! So lag ich zwanzig Stunden, und kein Mensch gedachte meiner
- Noth. Auch hat keines Menschen Fußtritt je diese Einöde betreten, denn
- die allgemeine Sage geht, daß die Gespenster meiner Väter in diesen
- Ruinen rasselnde Ketten schleifen, und in mitternächtlicher Stunde
- ihr Todtenlied raunen. Endlich hört' ich die Thür wieder aufgehen,
- dieser Mann brachte mir Brod und Wasser, und entdeckte mir, wie ich zum
- Tod des Hungers verurtheilt gewesen, und wie er sein Leben in Gefahr
- setze, wenn es herauskäme, daß er mich speise. So ward ich kümmerlich
- erhalten diese lange Zeit, aber der unaufhörliche Frost -- die faule
- Luft meines Unraths, -- der grenzenlose Kummer -- meine Kräfte wichen,
- mein Leib schwand, tausendmal bat ich Gott mit Thränen um den Tod, aber
- das Maas meiner Strafe muß noch nicht gefüllet seyn -- oder muß noch
- irgend eine Freude meiner warten, daß ich so wunderbarlich erhalten
- bin. Aber ich leide gerecht -- Mein Karl! mein Karl! -- und er hatte
- noch keine graue Haare.
- ~Moor.~ Es ist genug. Auf! ihr Klötze, ihr Eisklumpen! Ihr träge
- fühllose Schläfer! Auf! will keiner erwachen? (_Er thut einen
- Pistolenschuß über die schlafenden Räuber._)
- ~Die Räuber.~ (_aufgejagt_) He, holla! holla! was giebts da?
- ~Moor.~ Hat euch die Geschichte nicht aus dem Schlummer gerüttelt?
- der ewige Schlaf würde wach worden seyn! Schaut her, schaut her!
- die Gesetze der Welt sind Würfelspiel worden, das Band der Natur
- ist entzwey, die alte Zwietracht ist los, der Sohn hat seinen Vater
- erschlagen.
- ~Die Räuber.~ Was sagt der Hauptmann?
- ~Moor.~ Nein, nicht erschlagen! das Wort ist Beschönigung! -- der Sohn
- hat den Vater tausendmal gerädert, gespießt, gefoltert, geschunden! die
- Worte sind mir zu menschlich -- worüber die Sünde roth wird, worüber
- der Kannibale schaudert, worauf seit Aeonen kein Teufel gekommen ist.
- -- Der Sohn hat seinen eigenen Vater -- o seht her, seht her! er ist
- in Unmacht gesunken, -- in dieses Gewölbe hat der Sohn seinen Vater --
- Frost, Blöse, -- Hunger, -- Durst -- o seht doch, seht doch! -- es ist
- mein eigner Vater, ich wills nur gestehn.
- ~Die Räuber~ (_springen herbey und umringen den Alten._) Dein Vater?
- dein Vater?
- ~Schweizer~ (_tritt ehrerbietig näher, fällt vor ihm nieder._) Vater
- meines Hauptmanns! Ich küsse dir die Füsse! du hast über meinen Dolch
- zu befehlen.
- ~Moor.~ Rache, Rache, Rache dir! grimmig beleidigter, entheiligter
- Greis! So zerreiß ich von nun an auf ewig das brüderliche Band. (_er
- zerreißt sein Kleid von oben an bis unten._) So verfluch ich jeden
- Tropfen brüderlichen Bluts im Antlitz des offenen Himmels! Höre mich,
- Mond und Gestirne! Höre mich, mitternächtlicher Himmel! der du auf die
- Schandthat herunterblicktest! Höre mich, dreymal schröcklicher Gott,
- der da oben über dem Monde waltet, und rächt und verdammt über den
- Sternen, und feuerflammt über der Nacht! Hier kniee ich -- hier streck
- ich empor die drey Finger in die Schauer der Nacht -- hier schwör ich,
- und so speye die Natur mich aus ihren Grenzen wie eine bösartige Bestie
- aus, wenn ich diesen Schwur verletze, schwör ich das Licht des Tages
- nicht mehr zu grüssen, bis des Vater-Mörders Blut, vor diesem Steine
- verschüttet, gegen die Sonne dampft. (_Er steht auf._)
- ~Die Räuber.~ Es ist ein Belials-Streich! Sag einer, wir seyen
- Schelmen! Nein bey allen Drachen! So bunt haben wirs nie gemacht!
- ~Moor.~ Ja! und bey allen schröcklichen Seufzern derer, die jemals
- durch eure Dolche starben, derer, die meine Flamme fraß, und mein
- fallender Thurm zermalmte, eh' soll kein Gedanke von Mord oder
- Raub Platz finden in eurer Brust, bis euer aller Kleider von des
- Verruchten Blute scharlachroth gezeichnet sind -- das hat euch wohl
- niemals geträumet, daß ihr der Arm höherer Majestäten seyd? Der
- verworrene Knäuel unsers Schicksals ist aufgelöst! Heute, heute hat
- eine unsichtbare Macht unser Handwerk geadelt! Betet an vor dem, der
- euch dies erhabene Loos gesprochen, der euch hieher geführt, der euch
- gewürdiget hat, die schröcklichen Engel seines finstern Gerichts zu
- seyn! Entblöset eure Häupter! Knieet hin in den Staub, und stehet
- geheiliget auf! (_sie knieen._)
- ~Schweizer.~ Gebeut, Hauptmann! was sollen wir thun?
- ~Moor.~ Steh auf, Schweizer! Und rühre diese heilige Locken an! (_Er
- führt ihn zu seinem Vater, und giebt ihm eine Locke in die Hand._)
- Du weißt noch, wie du einsmals jenem böhmischen Reuter den Kopf
- spaltetest, da er eben den Säbel über mich zuckte, und ich athemlos und
- erschöpft von der Arbeit in die Kniee gesunken war? dazumal verhieß ich
- dir eine Belohnung, die königlich wäre, ich konnte diese Schuld bisher
- niemals bezahlen. --
- ~Schweizer.~ Das schwurst du mir, es ist wahr, aber laß mich dich ewig
- meinen Schuldner nennen!
- ~Moor.~ Nein, itzt will ich bezahlen. Schweizer, so ist noch kein
- Sterblicher geehrt worden wie du! -- Räche meinen Vater! (_Schweizer
- steht auf._)
- ~Schweizer.~ Großer Hauptmann! heute hast du mich zum erstenmal stolz
- gemacht! -- Gebeut, wo, wie, wann soll ich ihn schlagen?
- ~Moor.~ Die Minuten sind geweiht, du must eilends gehn -- lies dir
- die Würdigsten aus der Bande, und führe sie gerade nach des Edelmanns
- Schloß! zerr ihn aus dem Bette, wenn er schläft, oder in den Armen der
- Wollust liegt, schlepp ihn vom Mahle weg, wenn er besoffen ist, reiß
- ihn vom Kruzifix, wenn er betend vor ihm auf den Knieen liegt! Aber ich
- sage dir, ich schärf es dir hart ein, liefr' ihn mir nicht todt! dessen
- Fleisch will ich in Stücken reissen, und hungrigen Geiern zur Speise
- geben, der ihm nur die Haut ritzt, oder ein Haar kränkt! Ganz muß ich
- ihn haben, und wenn du ihn ganz und lebendig bringst, so sollst du
- eine Million zur Belohnung haben, ich will sie einem Könige mit Gefahr
- meines Lebens stehlen, und du sollst frey ausgehn, wie die weite Luft
- -- hast du mich verstanden, so eile davon!
- ~Schweizer.~ Genug, Hauptmann -- hier hast du meine Hand darauf:
- Entweder, du siehst zwey zurückkommen, oder gar keinen. Schweizers
- Würgengel kommt! (_ab mit einem Geschwader._)
- ~Moor.~ Ihr Uebrigen zerstreut euch im Wald -- Ich bleibe.
- Fünfter Akt.
- Erste Scene.
- Aussicht von vielen Zimmern.
- Finstre Nacht.
- Daniel (_kommt mit einer Laterne und einem Reisebündel._)
- Lebe wohl, theures Mutterhaus -- Hab so manch Guts und Liebs in dir
- genossen, da der Herr seeliger noch lebete -- Thränen auf deine
- Gebeine, du lange Verfaulter! das verlangt er von einem alten Knecht --
- es war das Obdach der Waisen, und der Port der Verlassenen, und dieser
- Sohn hats gemacht zur Mördergrube -- Lebe wohl, du guter Boden! wie
- oft hat der alte Daniel dich abgefegt -- Lebe wohl, du lieber Ofen,
- der alte Daniel nimmt schweren Abschied von dir -- es war dir alles
- so vertraut worden -- wird dir weh thun, alter Elieser -- Aber Gott
- bewahre mich in Gnaden vor dem Trug und List des Argen -- Leer kam ich
- hieher -- leer zieh ich wieder hin -- aber meine Seele ist gerettet.
- (_wie er gehen will, kömmt_)
- Franz (_im Schlafrock hereingestürzt._)
- ~Daniel.~ Gott steh mir bey! Mein Herr! (_Löscht die Laterne aus._)
- ~Franz.~ Verrathen! Verrathen! Geister ausgespieen aus Gräbern --
- Losgerüttelt das Todtenreich aus dem ewigen Schlaf brüllt wider mich,
- ~Mörder~! ~Mörder!~ -- wer regt sich da?
- ~Daniel~ (_ängstlich._) Hilf, heilige Mutter Gottes! seyd ihr's,
- gestrenger Herre, der so gräßlich durch die Gewölbe schreit, daß alle
- Schläfer auffahren?
- ~Franz.~ Schläfer? Wer heißt euch schlafen? Fort, zünde Licht an.
- (_Daniel ab, es kommt ein andrer Bedienter._) Es soll niemand schlafen
- in dieser Stunde. Hörst du? Alles soll auf seyn -- in Waffen -- alle
- Gewehre geladen -- Sahst du sie dort den Bogengang hinschweben?
- ~Bedienter.~ Wen, gnädiger Herr?
- ~Franz.~ Wen, Dummkopf, wen? So kalt, so leer fragst du, wen? hat
- mich's doch angepackt, wie der Schwindel! wen, Eselskopf! wen? Geister
- und Teufel! wie weit ist's in der Nacht?
- ~Bedienter.~ Eben itzt ruft der Nachtwächter zwey an.
- ~Franz.~ Was? will diese Nacht währen bis an den jüngsten Tag? hörtest
- du keinen Tumult in der Nähe? Kein Siegsgeschrey? Kein Geräusch
- galoppirender Pferde? wo ist Kar -- der Graf, will ich sagen?
- ~Bedienter.~ Ich weiß nicht, mein Gebieter!
- ~Franz.~ Du weißt's nicht? Du bist auch unter der Rotte? Ich will dir
- das Herz aus den Rippen stampfen! mit deinem verfluchten: ich weiß
- nicht! Fort, hole den Pastor!
- ~Bedienter.~ Gnädiger Herr!
- ~Franz.~ Murrst du? zögerst du? (_Erster Bedienter eilend ab._) Was?
- auch Bettler wider mich verschworen? Himmel, Hölle! alles wider mich
- verschworen?
- ~Daniel~ (_kommt mit dem Licht._) Mein Gebieter --
- ~Franz.~ Nein! ich zittere nicht! Es war ledig ein Traum. Die Todten
- stehen noch nicht auf -- wer sagt, daß ich zittere und bleich bin? Es
- ist mir ja so leicht, so wohl.
- ~Daniel.~ Ihr seyd todtenbleich, eure Stimme ist bang und lallet.
- ~Franz.~ Ich habe das Fieber. Sage du nur, wenn der Pastor kommt, ich
- habe das Fieber. Ich will morgen zur Ader lassen, sage dem Pastor.
- ~Daniel.~ Befehlt ihr, daß ich euch Lebensbalsam auf Zucker tröpfle?
- ~Franz.~ Tröpfle mir auf Zucker! der Pastor wird nicht sogleich da
- seyn. Meine Stimme ist bang und lallet, gib Lebensbalsam auf Zucker!
- ~Daniel.~ Gebt mir erst die Schlüssel, ich will drunten holen im
- Schrank --
- ~Franz.~ Nein, nein, nein! Bleib! oder ich will mit dir geh'n. Du
- siehst, ich kann nicht allein seyn! wie leicht könnt' ich, du siehst
- ja -- unmächtig -- wenn ich allein bin. Laß nur, laß nur! Es wird
- vorübergehen, du bleibst.
- ~Daniel.~ Oh ihr seyd ~ernstlich~ krank.
- ~Franz.~ Ja freylich, freylich! das ists alles. -- Und Krankheit
- verstöret das Gehirn, und brütet tolle und wunderliche Träume aus. --
- Träume bedeuten nichts -- nicht wahr, Daniel? Träume kommen ja aus dem
- Bauch, und Träume bedeuten nichts -- ich hatte so eben einen lustigen
- Traum. (_er sinkt unmächtig nieder_)
- ~Daniel.~ Jesus Christus! was ist das? Georg! Conrad! Bastian! Martin!
- so gebt doch nur eine Urkund von euch! (_Rüttelt ihn._) Maria,
- Magdalena und Joseph! so nimmt doch nur Vernunft an! So wirds heissen,
- ich hab ihn todt gemacht, Gott erbarme sich meiner!
- ~Franz~ (_verwirrt._) Weg -- weg! was rüttelst du mich so, scheußliches
- Todtengeripp? -- die Todten stehen noch nicht auf --
- ~Daniel.~ O du ewige Güte! Er hat den Verstand verloren.
- ~Franz.~ (_richtet sich matt auf_) Wo bin ich? -- du Daniel? was hab
- ich gesagt? merke nicht drauf! ich hab eine Lüge gesagt, es sey was es
- wolle -- komm! hilf mir auf! -- es ist nur ein Anstoß von Schwindel --
- weil ich -- weil ich -- nicht ausgeschlafen habe.
- ~Daniel.~ Wär' nur der Johann da! ich will Hülfe rufen, ich will nach
- Aerzten rufen.
- ~Franz.~ Bleib! sez dich neben mich auf diesen Sopha! -- so -- du bist
- ein gescheuter Mann, ein guter Mann. Laß dir erzählen!
- ~Daniel.~ Itzt nicht, ein andermal! ich will euch zu Bette bringen,
- Ruhe ist euch besser.
- ~Franz.~ Nein, ich bitte dich, laß dir erzählen, und lache mich derb
- aus! -- Siehe, mir däuchte, ich hätte ein königlich Mahl gehalten,
- und mein Herz wär' guter Dinge, und ich läge berauscht im Rasen des
- Schloßgartens, und plözlich -- es war zur Stunde des Mittags --
- plözlich, aber ich sage dir, lache mich derb aus! --
- ~Daniel.~ Plözlich?
- ~Franz.~ Plözlich traf ein ungeheurer Donner mein schlummerndes
- Ohr, ich taumelte bebend auf, und siehe da war mir's, als säh' ich
- aufflammen den ganzen Horizont in feuriger Lohe, und Berge und Städte
- und Wälder wie Wachs im Ofen zerschmolzen, und eine heulende Windsbraut
- fegte von hinnen Meer, Himmel und Erde -- da erscholl's wie aus ehernen
- Posaunen: Erde gib deine Todten, gib deine Todten, Meer, und das nakte
- Gefild begann zu kreisen, und aufzuwerfen Schädel und Rippen und
- Kinnbacken und Beine, die sich zusammenzogen in menschliche Leiber,
- und daherströmten unübersehlich, ein lebendiger Sturm. Damals sah ich
- aufwärts, und siehe, ich stand am Fuß des donnernden Sina, und über
- mir Gewimmel und unter mir, und oben auf der Höhe des Bergs auf drey
- rauchenden Stühlen drey Männer, vor deren Blick flohe die Kreatur --
- ~Daniel.~ Das ist ja das leibhafte Konterfey vom jüngsten Tage.
- ~Franz.~ Nicht wahr? das ist tolles Gezeuge? Da trat hervor Einer,
- anzusehen wie die Sternennacht, der hatte in seiner Hand einen eisernen
- Siegelring, den hielt er zwischen Aufgang und Niedergang und sprach:
- Ewig, heilig, gerecht, unverfälschbar! Es ist nur ~Eine~ Wahrheit,
- es ist nur ~Eine~ Tugend! Wehe, wehe, wehe dem zweifelnden Wurme! --
- Da trat hervor ein Zweyter, der hatte in seiner Hand einen blitzenden
- Spiegel, den hielt er zwischen Aufgang und Niedergang, und sprach:
- Dieser Spiegel ist Wahrheit; Heucheley und Larven bestehen nicht -- da
- erschrack ich und alles Volk, denn wir sahen Schlangen- und Tieger- und
- Leoparden-Gesichter zurückgeworfen aus dem entsetzlichen Spiegel. -- Da
- trat hervor ein Dritter, der hatte in seiner Hand eine eherne Wage, die
- hielt er zwischen Aufgang und Niedergang, und sprach: tretet herzu, ihr
- Kinder von Adam -- ich wäge die Gedanken in der Schaale meines Zornes!
- und die Werke mit dem Gewicht meines Grimms! --
- ~Daniel.~ Gott erbarme sich meiner!
- ~Franz.~ Schneebleich stunden alle, ängstlich klopfte die Erwartung
- in jeglicher Brust. Da war mir's, als hört' ich meinen Namen zuerst
- genannt aus den Wettern des Berges, und mein innerstes Mark gefror
- in mir, und meine Zähne klapperten laut. Schnell begonn die Waage zu
- klingen, zu donnern der Fels, und die Stunden zogen vorüber, eine nach
- der andern an der links hangenden Schaale, und eine nach der andern
- warf eine ~Todsünde~ hinein --
- ~Daniel.~ O, Gott vergeb euch!
- ~Franz.~ Das that er nicht! -- die Schaale wuchs zu einem Gebirge, aber
- die andere voll von Blut der Versöhnung hielt sie noch immer hoch in
- den Lüften -- zuletzt kam ein alter Mann, schwer gebeuget von Gram,
- angebissen den Arm von wüthendem Hunger, aller Augen wandten sich
- scheu vor dem Mann, ich kannte den Mann, er schnitt eine Locke von
- seinem silbernen Haupthaar, warf sie hinein in die Schaale der Sünden,
- und siehe, sie sank, sank plötzlich zum Abgrund, und die Schaale der
- Versöhnung flatterte hoch auf! -- Da hört' ich eine Stimme schallen
- aus dem Rauche des Felsen: Gnade, Gnade jedem Sünder der Erde und des
- Abgrunds! du allein bist verworfen! -- (_Tiefe Pause._) Nun, warum
- lachst du nicht?
- ~Daniel.~ Kann ich lachen, wenn mir die Haut schaudert? Träume kommen
- von Gott.
- ~Franz.~ Pfui doch, pfui doch! sage das nicht! Heiß mich einen Narren,
- einen aberwitzigen, abgeschmackten Narren! Thu das, lieber Daniel, ich
- bitte dich drum, spotte mich tüchtig aus!
- ~Daniel.~ Träume kommen von Gott. Ich will für euch beten.
- ~Franz.~ Du lügst, sag ich -- geh den Augenblick, lauf, spring, sieh,
- wo der Pastor bleibt, heiß ihn eilen, eilen, aber ich sage dir, du
- lügst.
- ~Daniel~ (_im Abgehen._) Gott sey euch gnädig!
- Franz.
- Pöbel-Weisheit, Pöbel-Furcht! -- Es ist ja noch nicht ausgemacht, ob
- das Vergangene nicht vergangen ist, oder ein Auge findet über den
- Sternen -- hum, hum! wer raunte mir das ein? Rächet denn droben über
- den Sternen einer? -- Nein, nein! Ja, ja! Fürchterlich zischelts
- um mich: Richtet droben einer über den Sternen! Entgegen gehen dem
- Rächer über den Sternen diese Nacht noch! Nein! sag ich. -- Elender
- Schlupfwinkel, hinter den sich deine Feigheit verstecken will -- öd,
- einsam, taub ist's droben über den Sternen -- Wenn's aber doch etwas
- mehr wäre? Nein, nein, es ist nicht! Ich befehle, es ist nicht! Wenn's
- aber doch wäre? Weh dir, wenn's nachgezählt worden wäre! wenn's dir
- vorgezählt würde diese Nacht noch! -- Warum schaudert mir so durch
- die Knochen? -- ~Sterben!~ warum packt mich das Wort so? Rechenschaft
- geben dem Rächer droben über den Sternen -- und wenn er gerecht ist,
- Waisen und Witwen, Unterdrückte, Geplagte heulen zu ihm auf, und wenn
- er gerecht ist? -- warum haben sie gelitten, warum hast du über sie
- triumphiret? --
- Pastor Moser (_tritt auf._)
- ~Moser.~ Ihr ließt mich holen, gnädiger Herr! Ich erstaune. Das
- erstemal in meinem Leben! Habt ihr im Sinn, über die Religion zu
- spotten, oder fangt ihr an vor ihr zu zittern?
- ~Franz.~ Spotten oder zittern, je nachdem du mir antwortest. -- Höre,
- Moser, ich will dir zeigen, daß du ein Narr bist, oder die Welt für'n
- Narren halten willst, und du sollst mir antworten. Hörst du? Auf dein
- Leben sollst du mir antworten.
- ~Moser.~ Ihr fordert einen Höheren vor euren Richterstuhl. Der Höhere
- wird euch dermaleins antworten.
- ~Franz.~ Itzt will ichs wissen, itzt, diesen Augenblick, damit ich
- nicht die schändliche Thorheit begehe, und im Drange der Noth den
- Götzen des Pöbels anrufe. Ich habs dir oft mit Hohnlachen bey Burgunder
- zugesoffen: Es ist kein Gott! -- Itzt red' ich im Ernste mit dir, ich
- sage dir: es ist keiner! Du sollst mich mit allen Waffen widerlegen,
- die du in deiner Gewalt hast, aber ich blase sie weg mit dem Hauch
- meines Mundes.
- ~Moser.~ Wenn du auch eben so leicht den Donner wegblasen könntest, der
- mit zehntausendfachem Centner-Gewicht auf deine stolze Seele fallen
- wird! Dieser allwissende Gott, den du Thor und Bösewicht mitten aus
- seiner Schöpfung zernichtest, braucht sich nicht durch den Mund des
- Staubes zu rechtfertigen. Er ist eben so groß in deinen Tyranneien, als
- irgend in einem Lächeln der siegenden Tugend.
- ~Franz.~ Ungemein gut, Pfaffe! So gefällst du mir.
- ~Moser.~ Ich stehe hier in den Angelegenheiten eines gröseren Herrn,
- und rede mit einem, der Wurm ist wie ich, dem ich nicht gefallen will.
- Freylich müßt' ich Wunder thun können, wenn ich deiner halsstarrigen
- Bosheit das Geständniß abzwingen könnte, -- aber wenn deine
- Ueberzeugung so fest ist, warum ließest du mich rufen? Sage mir doch,
- warum ließest du mich in der Mitternacht rufen?
- ~Franz.~ Weil ich lange Weile hab, und eben am Schachbret keinen
- Geschmack finde. Ich will mir einen Spaß machen, mich mit Pfaffen
- herumzubeißen. Mit dem leeren Schrecken wirst du meinen Muth nicht
- entmannen. Ich weiß wohl, daß derjenige auf Ewigkeit hofft, der hier
- zu kurz gekommen ist: aber er wird garstig betrogen. Ich hab's immer
- gelesen, daß unser Wesen nichts ist, als Sprung des Geblüts, und mit
- dem letzten Blutstropfen zerrinnt auch Geist und Gedanke. Er macht
- alle Schwachheiten des Körpers mit, wird er nicht auch aufhören bey
- seiner Zerstörung? nicht bey seiner Fäulung verdampfen? Laß einen
- Wassertropfen in deinem Gehirne verirren, und dein Leben macht eine
- plötzliche Pause, die zunächst an das Nichtseyn gränzt, und ihre
- Fortdauer ist der Tod. Empfindung ist Schwingung einiger Saiten, und
- das zerschlagene Klavier tönet nicht mehr. Wenn ich meine sieben
- Schlösser schleifen lasse, wenn ich diese Venus zerschlage, so ist's
- Symmetrie und Schönheit ~gewesen~. Siehe da! das ist eure unsterbliche
- Seele!
- ~Moser.~ Das ist die Philosophie eurer Verzweiflung. Aber euer eigenes
- Herz, das bey diesen Beweisen ängstlich bebend wider eure Rippen
- schlägt, straft euch Lügen. Diese Spinnweben von Systemen zerreißt
- das einzige Wort: du mußt sterben! -- Ich fordere euch auf, das soll
- die Probe seyn, wenn ihr im Tode annoch feste steht, wenn euch eure
- Grundsätze auch da nicht im Stiche lassen, so sollt ihr gewonnen haben;
- wenn euch im Tode nur der mindeste Schauer anwandelt, weh euch dann!
- ihr habt euch betrogen.
- ~Franz~ (_verwirrt._) Wenn mich im Tode ein Schauer anwandelt?
- ~Moser.~ Ich habe wohl mehr solche Elende geseh'n, die bis hieher der
- Wahrheit Riesentrotz boten, aber im Tode selbst flattert die Täuschung
- dahin. Ich will an eurem Bette steh'n, wenn ihr sterbet -- ich möchte
- so gar gern einen Tyrannen sehen dahinfahren -- ich will dabey steh'n,
- und euch starr ins Auge fassen, wenn der Arzt eure kalte nasse Hand
- ergreift, und den verloren schleichenden Puls kaum mehr finden kann,
- und aufschaut, und mit jenem schröcklichen Achselzucken zu euch
- spricht: menschliche Hülfe ist umsonst! Hütet euch dann, o hütet euch
- ja, daß ihr da ausseh't, wie Richard und Nero!
- ~Franz.~ Nein, nein!
- ~Moser.~ Auch dieses Nein wird dann zu einem heulenden Ja -- ein
- inneres Tribunal, das ihr nimmermehr durch skeptische Grübeleyen
- bestechen könnt, wird itzo erwachen, und Gericht über euch halten. Aber
- es wird ein Erwachen seyn, wie des Lebendigbegrabenen im Bauche des
- Kirchhof's, es wird ein Unwille seyn, wie des Selbstmörders, wenn er
- den tödlichen Streich schon gethan hat und bereut, es wird ein Blitz
- seyn, der die Mitternacht eures Lebens zumal überflammt, es wird ~Ein~
- Blick seyn, und wenn ihr da noch feste steh't, so sollt ihr gewonnen
- haben!
- ~Franz.~ (_unruhig im Zimmer auf- und abgehend_) Pfaffengewäsche,
- Pfaffengewäsche!
- ~Moser.~ Itzt zum erstenmal werden die Schwerter einer Ewigkeit
- durch eure Seele schneiden, und itzt zum erstenmal zu spät. -- Der
- Gedanke ~Gott~ weckt einen fürchterlichen Nachbar auf, sein Name
- heißt ~Richter~. Sehet Moor, ihr habt das Leben von Tausenden an der
- Spitze eures Fingers, und von diesen Tausenden habt ihr neunhundert
- neun und neunzig elend gemacht. Euch fehlt zu einem Nero nur das
- römische Reich, und nur Peru zu einem Pizarro. Nun glaubt ihr wohl,
- Gott werde es zugeben, daß ein einziger Mensch in seiner Welt wie ein
- Wüthrich hause, und das Oberste zu unterst kehre? Glaubt ihr wohl,
- diese neunhundert und neun und neunzig seyen nur zum Verderben, nur zu
- Puppen eures satanischen Spieles da? O glaubt das nicht! Er wird jede
- Minute, die ihr ihnen getödtet, jede Freude, die ihr ihnen vergiftet,
- jede Vollkommenheit, die ihr ihnen versperret habt, von euch fordern
- dereinst, und wenn ihr darauf antwortet, Moor, so sollt ihr gewonnen
- haben.
- ~Franz.~ Nichts mehr, kein Wort mehr! willst du, daß ich deinen
- schwarzlebrigen Grillen zu Gebote steh'?
- ~Moser.~ Sehet zu, das Schicksal der Menschen stehet unter sich in
- fürchterlich schönem Gleichgewicht. Die Waagschale dieses Lebens
- sinkend wird hochsteigen in jenem, steigend in diesem, wird in jenem
- zu Boden fallen. Aber was hier zeitliches Leiden war, wird dort ewiger
- Triumph, was hier endlicher Triumph war, wird dort ewige unendliche
- Verzweiflung.
- ~Franz.~ (_wild auf ihn losgehend_) Daß dich der Donner stumm mache,
- Lügengeist, du! Ich will dir die verfluchte Zunge aus dem Munde reißen!
- ~Moser.~ Fühlt ihr die Last der Wahrheit so früh? Ich habe ja noch
- nichts von Beweisen gesagt. Laßt mich nur erst zu den Beweisen --
- ~Franz.~ Schweig, geh in die Hölle mit deinen Beweisen! zernichtet wird
- die Seele, sag ich dir, und sollst mir nicht darauf antworten!
- ~Moser.~ Darum winseln auch die Geister des Abgrunds, aber der im
- Himmel schüttelt das Haupt. Meynt ihr dem Arm des Vergelters im öden
- Reich des Nichts zu entlaufen? Und führet ihr gen Himmel, so ist er da!
- und bettetet ihr euch in der Hölle, so ist er wieder da! und sprächet
- ihr zu der Nacht: verhülle mich! und zu der Finsterniß: birg mich!
- so muß die Finsterniß leuchten um euch, und um den Verdammten die
- Mitternacht tagen -- aber euer unsterblicher Geist sträubt sich unter
- dem Wort, und siegt über den blinden Gedanken.
- ~Franz.~ Ich will aber nicht unsterblich seyn -- sey es, wer da will,
- ich will's nicht hindern. Ich will ihn zwingen, daß er mich zernichte,
- ich will ihn zur Wuth reizen, daß er mich in der Wuth zernichte. Sag
- mir, was ist die gröste Sünde, und die ihn am grimmigsten aufbringt?
- ~Moser.~ Ich kenne nur zwo. Aber sie werden nicht von ~Menschen~
- begangen, auch ahnden sie ~Menschen~ nicht.
- ~Franz.~ Diese zwo! --
- ~Moser~ (_sehr bedeutend._) ~Vatermord~ heißt die eine, ~Brudermord~
- die andere -- Was macht euch auf einmal so bleich?
- ~Franz.~ Was Alter? Stehst du mit dem Himmel oder mit der Hölle im
- Bündniß? Wer hat dir das gesagt?
- ~Moser.~ Wehe dem, der sie beyde auf dem Herzen hat! Ihm wäre besser,
- daß er nie geboren wäre! Aber seyd ruhig, ihr habt weder Vater noch
- Bruder mehr!
- ~Franz.~ Ha! -- was, du kennst keine drüber? Besinne dich nochmals --
- Tod, Himmel, Ewigkeit, Verdammniß schwebt auf dem Laut deines Mundes --
- keine einzige drüber?
- ~Moser.~ Keine einzige drüber.
- ~Franz~ (_fällt in einen Stuhl._) Zernichtung! Zernichtung!
- ~Moser.~ Freut euch, freut euch doch! preißt euch doch glücklich!
- -- Bey allen euren Greueln seyd ihr noch ein Heiliger gegen den
- Vatermörder. Der Fluch, der euch trift, ist gegen den, der auf diesen
- lauert, ein Gesang der Liebe -- die Vergeltung --
- ~Franz~ (_aufgesprungen._) Geh in tausend Grüfte, du Eule! wer hieß
- dich hieher kommen? Geh, sag ich, oder ich stoß dich durch und durch!
- ~Moser.~ Kann das Pfaffengewäsche so einen Philosophen in Harnisch
- jagen? Blast es doch weg mit dem Hauch eures Mundes! (_geht ab._)
- ~Franz~ (_wirft sich in seinem Sessel herum in schröcklichen
- Bewegungen, tiefe Pause._)
- Ein Bedienter (_eilig._)
- ~Bedienter.~ Amalia ist entsprungen, der Graf ist plötzlich
- verschwunden.
- Daniel (_kommt ängstlich._)
- ~Daniel.~ Gnädiger Herr, jagt ein Trupp feuriger Reuter die Staig
- herab, schreyen Mordjo, Mordjo -- das ganze Dorf in Allarm.
- ~Franz.~ Geh, laß alle Glocken zusammenläuten, alles soll in die
- Kirche -- auf die Kniee fallen alles -- beten für mich -- alle
- Gefang'ne sollen los seyn und ledig, ich will den Armen alles doppelt
- und dreyfach wiedergeben, ich will -- so geh doch -- so ruf doch den
- Beichtvater, daß er mir meine Sünden hinwegsegne -- Bist du noch nicht
- fort? (_Das Getümmel wird hörbarer._)
- ~Daniel.~ Gott verzeih mir meine schwere Sünde! Wie soll ich das
- wieder reimen? Ihr habt ja immer das liebe Gebet über alle Häuser
- hinausgeworfen, habt mir so manche Postill und Bibelbuch an den Kopf
- gejagt, wenn ihr mich ob dem Beten ertapptet --
- ~Franz.~ Nichts mehr davon -- ~Sterben!~ siehst du? ~Sterben!~ -- Es
- wird zu spät (_man hört Schweizern toben._) Bete doch! Bete!
- ~Daniel.~ Ich sagt's euch immer -- ihr verachtet das liebe Gebet so
- -- aber gebt acht, gebt acht! wenn die Noth an Mann geht, wenn euch
- das Wasser an die Seele geht, ihr werdet alle Schätze der Welt um ein
- christliches Seufzerlein geben -- Seht ihr's? Ihr verschimpftet mich!
- Da habt ihr's nun! Seht ihr's?
- ~Franz~ (_umarmt ihn ungestüm._) Verzeih, lieber, goldner Perlendaniel,
- verzeih -- ich will dich kleiden von Fuß auf -- so bet doch -- ich will
- dich zum Hochzeiter machen -- ich will -- so bet doch -- ich beschwöre
- dich -- auf den Knieen beschwör ich dich -- Ins T--ls Namen! so bet
- doch (_Tumult auf den Strassen, Geschrey -- Gepolter --_)
- ~Schweizer~ (_auf der Gasse._) Stürmt! Schlagt todt! Brecht ein! Ich
- sehe Licht! dort muß er seyn.
- ~Franz~ (_auf den Knieen._) Höre mich beten, Gott im Himmel! -- Es ist
- das erstemal -- soll auch gewiß nimmer geschehen -- Erhöre mich, Gott
- im Himmel!
- ~Daniel.~ Mein doch! Was treibt ihr? Das ist ja gottlos gebetet.
- Volksauflauf.
- ~Volk.~ Diebe! Mörder! wer lärmt so gräßlich in dieser
- Mitternachtsstunde!
- ~Schweizer~ (_immer auf der Gasse._) Schlag sie zurück, Kamerad --
- der Teufel ists, und will euren Herrn holen -- Wo ist der Schwarz mit
- seinen Haufen? -- Postir dich ums Schloß, Grimm -- Lauf Sturm wider die
- Ringmauer!
- ~Grimm.~ Holt ihr Feuerbrände -- wir hinauf oder er herunter -- Ich
- will Feuer in seine Säle schmeißen.
- ~Franz~ (_betet._) Ich bin kein gemeiner Mörder gewesen, mein Herrgott
- -- hab mich nie mit Kleinigkeiten abgegeben, mein Herrgott --
- ~Daniel.~ Gott sey uns gnädig! Auch seine Gebete werden zu Sünden.
- (_Es fliegen Steine und Feuerbrände. Die Scheiben fallen. Das Schloß
- brennt._)
- ~Franz.~ Ich kann nicht beten -- hier, hier! (_Auf Brust und Stirn
- schlagend._) Alles so öd -- so verdorret (_steht auf._) Nein, ich will
- auch nicht beten -- diesen Sieg soll der Himmel nicht haben, diesen
- Spott mir nicht anthun die Hölle --
- ~Daniel.~ Jesus Maria! helft -- rettet -- das ganze Schloß steht in
- Flammen!
- ~Franz.~ Hier, nimm diesen Degen. Hurtig. Jag mir ihn hinterrücks in
- den Bauch, daß nicht diese Buben kommen und treiben ihren Spott mit
- mir. (_Das Feuer nimmt überhand._)
- ~Daniel.~ Bewahre! Bewahre! Ich mag niemand zu früh in den Himmel
- fördern, viel weniger zu früh. (_er entrinnt._)
- Franz (_ihm graß nachstierend, nach einer Pause._)
- In die Hölle wolltest du sagen -- Wirklich! ich wittere so etwas --
- (_wahnsinnig._) Sind das ihre hellen Triller? hör ich euch zischen,
- ihr Nattern des Abgrunds? -- Sie dringen herauf -- Belagern die Thüre
- -- warum zag ich so vor dieser bohrenden Spitze? -- die Thüre kracht
- -- stürzt -- unentrinnbar -- Ha! so erbarm du dich meiner! (_er reißt
- seine goldene Hutschnur ab, und erdrosselt sich._)
- Schweizer (_mit seinen Leuten._)
- ~Schweizer.~ Mordkanaille, wo bist du? -- Saht ihr, wie sie flohen? --
- hat er so wenig Freunde? -- Wohin hat sich die Bestie verkrochen?
- ~Grimm~ (_stößt an die Leiche._) Halt! was liegt hier im Weg? Zündet
- hieher --
- ~Schwarz.~ Er hat das Prevenire gespielt. Steckt eure Schwerter ein,
- hier liegt er wie eine Katze verreckt.
- ~Schweizer.~ Todt! was? todt? ohne mich todt -- Erlogen sag ich -- Gebt
- acht, wie hurtig er auf die Beine springt! (_rüttelt ihn._) Heh du! Es
- gibt einen Vater zu ermorden.
- ~Grimm.~ Gib dir keine Müh. Er ist maustodt.
- ~Schweizer~ (_tritt von ihm weg._) Ja! Er freut sich nicht -- Er ist
- maustodt -- Gehet zurück, und saget meinem Hauptmann: Er ist maustodt
- -- mich sieht er nicht wieder. (_Schießt sich vor die Stirn._)
- Zweyte Scene.
- Der Schauplatz wie in der letzten Scene des vorigen Akts.
- Der alte Moor (_auf einem Stein sitzend._) Räuber Moor (_gegenüber._)
- Räuber (_hin und her im Wald._)
- ~R. Moor.~ Er kommt nicht! (_Schlägt mit dem Dolch auf einen Stein, daß
- es Funken gibt._)
- ~D. a. Moor.~ Verzeihung sey seine Strafe -- meine Rache verdoppelte
- Liebe.
- ~R. Moor.~ Nein, bey meiner grimmigen Seele! das soll nicht seyn.
- Ich wills nicht haben. Die grose Schandthat soll er mit sich in die
- Ewigkeit hinüber schleppen! -- Wofür hab ich ihn dann umgebracht?
- ~D. a. Moor~ (_in Thränen ausbrechend._) O mein Kind!
- ~R. Moor.~ Was? -- du weinst um ihn -- an diesem Thurme?
- ~D. a. Moor.~ Erbarmung! o Erbarmung! (_Heftig die Hände ringend._)
- Itzt -- itzt wird mein Kind gerichtet!
- ~R. Moor~ (_erschrocken._) Welches?
- ~D. a. Moor.~ Ha! was ist das für eine Frage?
- ~R. Moor.~ Nichts! Nichts!
- ~D. a. Moor.~ Bist du kommen, Hohngelächter anzustimmen über meinem
- Jammer?
- ~R. Moor.~ Verrätherisches Gewissen! -- Merket nicht auf meine Rede!
- ~D. a. Moor.~ Ja, ich hab einen Sohn gequält, und ein Sohn mußte mich
- wieder quälen, das ist Gottes Finger. -- O mein Karl! mein Karl! wenn
- du um mich schwebst, im Gewand des Friedens! Vergib mir! O vergib mir!
- ~R. Moor~ (_schnell._) Er vergibt euch. (_Betroffen._) Wenn er's werth
- ist, euer Sohn zu heissen -- Er muß euch vergeben.
- ~D. a. Moor.~ Ha! Er war zu herrlich für mich -- Aber ich will ihm
- entgegen mit meinen Thränen, meinen schlaflosen Nächten, meinen
- quälenden Träumen, seine Kniee will ich umfassen -- rufen -- laut
- rufen: Ich hab gesündigt im Himmel und vor dir. Ich bin nicht werth,
- daß du mich Vater nennst.
- ~R. Moor~ (_sehr gerührt._) Er war euch lieb, euer andrer Sohn?
- ~D. a. Moor.~ Du weißt es, o Himmel. Warum ließ ich mich doch durch
- die Ränke eines bösen Sohnes bethören? Ein gepriesener Vater ging ich
- einher unter den Vätern der Menschen. Schön um mich blühten meine
- Kinder voll Hoffnung. Aber -- o der unglückseligen Stunde! -- der böse
- Geist fuhr in das Herz meines zweyten, ich traute der Schlange --
- verloren meine Kinder beyde. (_Verhüllt sich das Gesicht._)
- ~Moor~ (_geht weit von ihm weg._) Ewig verloren!
- ~D. a. Moor.~ O, ich fühl es tief, was mir Amalia sagte, der Geist der
- Rache sprach aus ihrem Munde. Vergebens ausstrecken deine sterbenden
- Hände wirst du nach einem Sohn, vergebens wähnen zu umfassen die warme
- Hand deines Karls, der nimmermehr an deinem Bette steht --
- ~R. Moor~ (_reicht ihm die Hand mit abgewandtem Gesicht._)
- ~D. a. Moor.~ Wär'st du meines Karls Hand! -- Aber er liegt fern im
- engen Hause, schläft schon den eisernen Schlaf, höret nimmer die Stimme
- meines Jammers -- weh mir! Sterben in den Armen eines Fremdlings --
- Kein Sohn mehr -- kein Sohn mehr, der mir die Augen zudrücken könnte --
- ~R. Moor~ (_in der heftigsten Bewegung._) Itzt muß es seyn -- itzt --
- verlaßt mich (_zu den Räubern._) Und doch -- kann ich ihm denn seinen
- Sohn wieder schenken? -- Ich kann ihm seinen Sohn doch nicht mehr
- schenken -- Nein! Ich will's nicht thun.
- ~D. a. Moor.~ Wie Freund? Was hast du da gemurmelt?
- ~R. Moor.~ Dein Sohn -- ja alter Mann -- (_stammelnd._) dein Sohn --
- ist -- ewig verloren.
- ~D. a. Moor.~ Ewig?
- ~R. Moor~ (_in der fürchterlichsten Beklemmung gen Himmel sehend._) O
- nur dißmal -- Laß meine Seele nicht matt werden -- nur dißmal halte
- mich aufrecht!
- ~D. a. Moor.~ Ewig, sagst du?
- ~R. Moor.~ Frage nichts weiter. Ewig, sagt' ich.
- ~D. a. Moor.~ Fremdling! Fremdling! Warum zogst du mich aus dem Thurme?
- ~R. Moor.~ Und wie? -- Wenn ich jetzt seinen Segen weghaschte --
- haschte wie ein Dieb, und mich davon schliche mit der göttlichen Beute?
- -- Vatersegen, sagt man, geht niemals verloren.
- ~D. a. Moor.~ Auch mein Franz verloren? --
- ~R. Moor~ (_stürzt vor ihm nieder._) Ich zerbrach die Riegel deines
- Thurms -- Gib mir deinen Segen.
- ~D. a. Moor~ (_mit Schmerz._) Daß du den Sohn vertilgen mußtest, Retter
- des Vaters! -- Siehe, die Gottheit ermüdet nicht im Erbarmen, und wir
- armseligen Würmer gehen schlafen mit unserm Groll (_legt seine Hand auf
- des Räubers Haupt._) Sey so glücklich, als du dich erbarmest.
- ~R. Moor~ (_weichmüthig aufstehend._) O -- wo ist meine Mannheit? Meine
- Sehnen werden schlapp, der Dolch sinkt aus meinen Händen.
- ~D. a. Moor.~ Wie köstlich ist's, wenn Brüder einträchtig beysammen
- wohnen, wie der Thau, der vom Hermon fällt auf die Berge Zion -- Lern
- diese Wollust verdienen, junger Mann, und die Engel des Himmels werden
- sich sonnen in deiner Glorie. Deine Weisheit sey die Weisheit der
- grauen Haare, aber dein Herz -- dein Herz sey das Herz der unschuldigen
- Kindheit.
- ~R. Moor.~ O einen Vorschmack dieser Wollust! Küsse mich, göttlicher
- Greis!
- ~D. a. Moor~ (_küßt ihn._) Denk, es sey Vaterskuß, so will ich denken,
- ich küsse meinen Sohn -- du kannst auch weinen?
- ~R. Moor.~ Ich dacht', es sei Vaterskuß! -- Weh mir, wenn sie ihn jetzt
- brächten!
- (Schweizers Gefährten treten auf im stummen Trauerzug, mit gesenkten
- Häuptern, und verhüllten Gesichtern.)
- ~R. Moor.~ Himmel! (_tritt scheu zurück, und sucht sich zu verbergen.
- Sie ziehen an ihm vorüber. Er sieht weg von ihnen. Tiefe Pause. Sie
- halten._)
- ~Grimm~ (_mit gesenktem Ton._) Mein Hauptmann! (_R. Moor antwortet
- nicht, und tritt weiter zurück._)
- ~Schwarz.~ Theurer Hauptmann! (_Räuber Moor weicht weiter zurück._)
- ~Grimm.~ Wir sind unschuldig, mein Hauptmann!
- ~R. Moor~ (_ohne nach ihnen hinzuschau'n._) Wer seid ihr?
- ~Grimm.~ Du blickst uns nicht an? Deine Getreuen.
- ~R. Moor.~ Weh euch, wenn ihr mir getreu war't!
- ~Grimm.~ Das letzte Lebewohl von deinem Knecht Schweizer -- er kehrt
- nie wieder, dein Knecht Schweizer.
- ~R. Moor~ (_aufspringend._) So habt ihr ihn nicht gefunden?
- ~Schwarz.~ Todt gefunden.
- ~R. Moor~ (_froh empor hüpfend._) Habe Dank, Lenker der Dinge --
- Umarmet mich, meine Kinder -- Erbarmung sei von nun an die Loosung --
- Nun wär' auch das überstanden -- Alles überstanden.
- Neue Räuber. Amalia.
- ~Räuber.~ Heysa, heysa! Ein Fang, ein superber Fang!
- ~Amalia~ (_mit fliegenden Haaren._) Die Todten, schreyen sie, seyen
- erstanden auf seine Stimme -- mein Oheim lebendig -- in diesem Wald --
- wo ist er? Karl! Oheim! -- Ha! (_Stürzt auf den Alten zu._)
- ~D. a. Moor.~ Amalia! Meine Tochter! Amalia! (_Hält sie in seinen Armen
- gepreßt._)
- ~R. Moor~ (_zurückspringend._) Wer bringt diß Bild vor meine Augen?
- ~Amalia~ (_entspringt dem Alten, und springt auf den Räuber zu, und
- umschlingt ihn entzückt._) Ich hab ihn, o ihr Sterne! Ich hab ihn! --
- ~Moor~ (_sich losreissend, zu den Räubern._) Brecht auf ihr! Der
- Erzfeind hat mich verrathen!
- ~Amalia.~ Bräutigam, Bräutigam, du rasest! Ha! Vor Entzückung! Warum
- bin ich auch so fühllos, mitten im Wonnewirbel so kalt?
- ~D. a. Moor~ (_sich aufraffend._) Bräutigam? Tochter! Tochter! Ein
- Bräutigam?
- ~Amalia.~ Ewig sein! Ewig, ewig, ewig mein! -- Oh ihr Mächte des
- Himmels! Entlastet mich dieser tödlichen Wollust, daß ich nicht unter
- der Bürde vergehe!
- ~R. Moor.~ Reißt sie von meinem Halse! Tödtet sie! Tödtet ihn! mich!
- euch! alles! Die ganze Welt geh zu Grunde! (_Er will davon._)
- ~Amalia.~ Wohin? was? Liebe Ewigkeit! Wonn Unendlichkeit, und du
- fliehst?
- ~R. Moor.~ Weg, weg! -- Unglückseligste der Bräute! -- Schau selbst,
- frage selbst, höre! -- Unglückseligster der Väter! Laß mich immer ewig
- davon rennen!
- ~Amalia.~ Haltet mich! Um Gottes willen, haltet mich! -- Es wird mir so
- Nacht vor den Augen -- Er flieht!
- ~R. Moor.~ Zu spät! Vergebens! Dein Fluch, Vater, -- frage mich nichts
- mehr! -- ich bin, ich habe -- dein Fluch -- dein vermeinter Fluch!
- -- Wer hat mich hergelockt? (_Mit gezogenem Degen auf die Räuber
- losgehend._) Wer von euch hat mich hieher gelockt, ihr Kreaturen des
- Abgrunds? So vergeh dann, Amalia! -- Stirb, Vater! Stirb durch mich zum
- drittenmal! -- Diese, deine Retter, sind Räuber und Mörder! Dein Karl
- ist ihr Hauptmann! (_Der alte Moor gibt seinen Geist auf._)
- ~Amalia~ (_steht stumm, und starr wie eine Bildsäule. Die ganze Bande
- in fürchterlicher Pause._)
- ~R. Moor~ (_wider eine Eiche rennend._) Die Seelen derer, die ich
- erdrosselte im Taumel der Liebe -- derer, die ich zerschmetterte im
- heiligen Schlaf, derer, -- hahaha! Hört ihr den Pulverthurm knallen
- über der Kreisenden Stühlen? Seht ihr die Flammen schlagen an den
- Wiegen der Säuglinge? das ist Brautfackel, das ist Hochzeitmusik -- oh,
- er vergißt nicht, er weiß zu knüpfen -- darum von mir die Wonne der
- Liebe! darum mir zur Folter die Liebe! das ist Vergeltung!
- ~Amalia.~ Es ist wahr! Herrscher im Himmel! Es ist wahr! -- Was hab ich
- gethan, ich unschuldiges Lamm? Ich hab diesen geliebt!
- ~R. Moor.~ Das ist mehr, als ein Mann erduldet. Hab ich doch den Tod
- aus mehr denn tausend Röhren auf mich zupfeifen gehört, und bin ihm
- keinen Fußbreit gewichen, soll ich itzt erst lernen beben wie ein Weib?
- beben vor einem Weib? -- Nein, ein Weib erschüttert meine Mannheit
- nicht -- Blut, Blut! Es ist nur ein Anstoß vom Weibe -- Blut muß ich
- saufen, es wird vorübergehen. (_Er will davon flieh'n._)
- ~Amalia~ (_fällt ihm in die Arme._) Mörder! Teufel! Ich kann dich Engel
- nicht lassen.
- ~Moor~ (_schleudert sie von sich._) Fort, falsche Schlange, du willst
- einen Rasenden höhnen, aber ich poche dem Tyrannen-Verhängniß -- was,
- du weinest! Oh ihr losen boshaften Gestirne! Sie thut, als ob sie
- weine, als ob um mich eine Seele weine. (_Amalia fällt ihm um den
- Hals._) Ha, was ist das? Sie speyt mich nicht an, stößt mich nicht von
- sich -- Amalia! Hast du vergessen? weißt du auch, wen du umarmest,
- Amalia?
- ~Amalia.~ Einziger, Unzertrennlicher!
- ~Moor~ (_aufblühend in ekstatischer Wonne._) Sie vergibt mir, sie
- liebt mich! Rein bin ich wie der Aether des Himmels, sie liebt mich.
- -- Weinenden Dank dir, Erbarmer im Himmel! (_Er fällt auf die Knie,
- und weinet heftig._) Der Friede meiner Seele ist wiedergekommen, die
- Qual hat ausgetobt, die Hölle ist nicht mehr -- Sieh, o sieh, die
- Kinder des Lichts weinen am Hals der weinenden Teufel -- (_aufstehend
- zu den Räubern._) So weinet doch auch! weinet, weinet, ihr seyd ja so
- glücklich -- O Amalia! Amalia! Amalia! (_Er hängt an ihrem Munde, sie
- bleiben in stummer Umarmung._)
- ~Ein Räuber~ (_grimmig hervortretend._) Halt ein, Verräther! -- Gleich
- laß diesen Arm fahren -- oder ich will dir ein Wort sagen, daß dir die
- Ohren gellen, und deine Zähne vor Entsetzen klappern! (_Streckt das
- Schwert zwischen beyde._)
- ~Ein alter Räuber.~ Denk an die böhmischen Wälder! Hörst du, zagst
- du? -- an die böhmischen Wälder sollst du denken! Treuloser, wo
- sind deine Schwüre? Vergißt man Wunden so bald? da wir Glück, Ehre
- und Leben in die Schanze schlugen für dich? Da wir dir standen wie
- Mauren, auffiengen wie Schilder die Hiebe, die deinem Leben galten,
- -- hubst du da nicht deine Hand zum eisernen Eid auf, schwurest, ~uns
- nie zu verlassen~, wie wir dich nicht verlassen haben? -- Ehrloser!
- Treuvergeßner! Und du willst abfallen, wenn eine Metze greint?
- ~Ein dritter Räuber.~ Pfui, über den Meineid! der Geist des geopferten
- ~Rollers~, den du zum Zeugen aus dem Todtenreich zwangest, wird
- erröthen über deine Feigheit, und gewaffnet aus seinem Grabe steigen,
- dich zu züchtigen.
- ~Die Räuber~ (_durcheinander, reissen ihre Kleider auf._) Schau her,
- schau! Kennst du diese Narben? du bist unser! Mit unserm Herzblut
- haben wir dich zum Leibeigenen angekauft, unser bist du, und wenn der
- Erzengel Michael mit dem Moloch ins Handgemeng kommen sollte! -- Marsch
- mit uns, ~Opfer um Opfer~! ~Amalia für die Bande!~
- ~R. Moor~ (_läßt ihre Hand fahren._) Es ist aus! -- Ich wollte umkehren
- und zu meinem Vater geh'n, aber der im Himmel sprach, es soll nicht
- seyn. (_Kalt._) Blöder Thor ich, warum wollt' ich es auch? Kann denn
- ein grosser Sünder noch umkehren? Ein grosser Sünder kann nimmermehr
- umkehren, das hätt' ich längst wissen können -- Sey ruhig, ich bitte
- dich, sey ruhig! so ists ja auch recht -- Ich habe nicht gewollt, da er
- mich suchte, itzt da ich ihn suche, will ~Er~ nicht, was ist billiger?
- -- Rolle doch deine Augen nicht so -- er bedarf ja meiner nicht. Hat er
- nicht Geschöpfe die Fülle, Einen kann er so leicht missen, und dieser
- Eine bin nun ich. -- Kommt, Kameraden!
- ~Amalia~ (_reißt ihn zurück._) Halt, halt! Einen Stoß! einen Todesstoß!
- Neu verlassen! Zeuch dein Schwert, und erbarme dich!
- ~R. Moor.~ Das Erbarmen ist zu den Bären geflohen, -- ich tödte dich
- nicht!
- ~Amalia~ (_seine Knie umfassend._) Oh, um Gotteswillen, um aller
- Erbarmungen willen! Ich will ja nicht Liebe mehr, weiß ja wohl,
- daß droben unsre Sterne feindlich von einander fliehen, -- Tod ist
- meine Bitte nur. -- Verlassen, verlassen! Nimm es ganz in seiner
- entsetzlichen Fülle, verlassen! Ich kanns nicht überdulden. Du siehst
- ja, das kann kein Weib überdulden. Tod ist meine Bitte nur! Sieh,
- meine Hand zittert! Ich habe das Herz nicht, zu stoßen. Mir bangt vor
- der blitzenden Schneide -- dir ists ja so leicht, so leicht, bist ja
- Meister im Morden, zeuch dein Schwert, und ich bin glücklich!
- ~R. Moor.~ Willst du allein glücklich seyn? Fort, ich tödte kein Weib!
- ~Amalia.~ Ha, Würger! du kannst nur die Glücklichen tödten, die
- Lebenssatten gehst du vorüber! (_Kriecht zu den Räubern._) So erbarmet
- euch meiner, ihr Schüler des Henkers! -- Es ist ein so blutdürstiges
- Mitleid in euren Blicken, das dem Elenden Trost ist -- euer Meister ist
- ein eitler feigherziger Prahler.
- ~R. Moor.~ Weib, was sagst du? (_Die Räuber wenden sich ab._)
- ~Amalia.~ Kein Freund? auch unter diesen nicht ein Freund? (_Sie steht
- auf._) Nun denn, so lehre mich Dido sterben! (_Sie will gehen, ein
- Räuber zielt._)
- ~R. Moor.~ Halt! Wag es -- Moors Geliebte soll nur durch Moor sterben!
- (_Er ermordet sie._)
- ~Die Räuber.~ Hauptmann, Hauptmann! Was machst du, bist du wahnsinnig
- worden?
- ~Moor~ (_auf den Leichnam mit starrem Blick._) Sie ist getroffen! Diß
- Zucken noch, und dann wirds vorbey seyn -- Nun, seht doch! habt ihr
- noch was zu fordern? Ihr opfertet mir ein Leben auf, ein Leben, das
- schon nicht mehr euer war, ein Leben voll Abscheulichkeit und Schande
- -- ich hab euch einen Engel geschlachtet. Wie, seht doch recht her!
- Seyd ihr nunmehr zufrieden?
- ~Grimm.~ Du hast deine Schuld mit Wucher bezahlt. Du hast gethan, was
- kein Mann würde für seine Ehre thun. Kommt itzt weiter!
- ~Moor.~ Sagst du das? Nicht wahr, das Leben einer Heiligen um das Leben
- der Schelmen, es ist ungleicher Tausch? -- O ich sage euch, wenn jeder
- unter euch aufs Blutgerüste gieng, und sich ein Stück Fleisch nach
- dem andern mit glühender Zange abzwicken ließ, daß die Marter eilf
- Sommertäge dauerte, es wiege diese Thränen nicht auf. (_Mit bitterem
- Gelächter._) Die Narben, die böhmischen Wälder! Ja, ja! Diß mußte
- freylich bezahlt werden.
- ~Schwarz.~ Sey ruhig, Hauptmann! Komm mit uns, der Anblick ist nicht
- für dich. Führe uns weiter!
- ~R. Moor.~ Halt -- noch ein Wort, eh wir weiter gehn -- Merket auf,
- ihr schadenfrohe Schergen meines barbarischen Winks -- Ich höre von
- diesem ~Nun~ an auf, euer Hauptmann zu seyn -- Mit Schaam und Grauen
- leg ich hier diesen blutigen Stab nieder, worunter zu freveln ihr euch
- berechtiget wähntet, und mit Werken der Finsterniß diß himmlische Licht
- zu besudeln -- Gehet hin zur Rechten und Linken -- Wir wollen ewig
- niemals gemeine Sache machen.
- ~Räuber.~ Ha, Muthloser! Wo sind deine hochfliegenden Plane? Sinds
- Saifenblasen gewesen, die beym Hauch eines Weibes zerplatzen?
- ~R. Moor.~ O über mich Narren, der ich wähnete, die Welt durch Greuel
- zu verschönern, und die Gesetze durch Gesetzlosigkeit aufrecht zu
- halten! Ich nannte es Rache und Recht -- Ich maßte mich an, o Vorsicht,
- die Scharten deines Schwerts auszuwetzen und deine Partheylichkeiten
- gut zu machen -- aber -- o eitle Kinderey -- da steh ich am Rand' eines
- entsetzlichen Lebens, und erfahre nun mit Zähnklappern und Heulen, daß
- ~zwey Menschen, wie ich, den ganzen Bau der sittlichen Welt zu Grunde
- richten würden~. Gnade -- Gnade dem Knaben, der ~Dir~ vorgreifen wollte
- -- ~Dein~ eigen allein ist die Rache. ~Du~ bedarfst nicht des Menschen
- Hand. Freylich stehts nun in meiner Macht nicht mehr, die Vergangenheit
- einzuholen -- schon bleibt verdorben, was verdorben ist -- was ich
- gestürtzt habe, steht ewig niemals mehr auf -- Aber noch blieb mir
- etwas übrig, womit ich die beleidigten Gesetze versöhnen, und die
- mißhandelte Ordnung wiederum heilen kann. Sie bedarf eines Opfers --
- Eines Opfers, das ihre unverletzbare Majestät vor der ganzen Menschheit
- entfaltet -- dieses Opfer bin ich selbst. Ich selbst muß für sie des
- Todes sterben.
- ~Räuber.~ Nimmt ihm den Degen weg -- Er will sich umbringen.
- ~R. Moor.~ Thoren ihr! Zu ewiger Blindheit verdammt! Meynet ihr
- wohl gar, eine Todsünde werde das Aequivalent gegen Todsünden seyn,
- meynet ihr die Harmonie der Welt werde durch diesen gottlosen Mißlaut
- gewinnen? (_Wirft ihnen seine Waffen verächtlich vor die Füße._) Er
- soll mich lebendig haben. Ich gehe, mich selbst in die Hände der Justiz
- zu überliefern.
- ~Räuber.~ Legt ihn an Ketten! Er ist rasend worden.
- ~R. Moor.~ Nicht, als ob ich zweifelte, sie werde mich zeitig genug
- finden, wenn die oberen Mächte es so wollen. Aber sie möchte mich im
- Schlaf überrumpeln, oder auf der Flucht ereilen, oder mit Zwang und
- Schwert umarmen, und dann wäre mir auch das einige Verdienst entwischt,
- daß ich mit Willen für sie gestorben bin. Was soll ich gleich einem
- Diebe ein Leben länger verheimlichen, das mir schon lang im Rathe der
- himmlischen Wächter genommen ist?
- ~Räuber.~ Laßt ihn hinfahren! Es ist die Groß-Mann-Sucht. Er will sein
- Leben an eitle Bewunderung setzen.
- ~R. Moor.~ Man könnte mich darum bewundern. (_Nach einigem
- Nachsinnen._) Ich erinnere mich, einen armen Schelm gesprochen zu
- haben, als ich herüberkam, der im Taglohn arbeitet und eilf lebendige
- Kinder hat -- Man hat tausend Louisdore geboten, wer den großen Räuber
- lebendig liefert -- dem Mann kann geholfen werden. (_Er geht ab._)
- Fußnoten
- [1] Eine Frau in Paris soll es durch ordentlich angestellte Versuche
- mit Giftpulvern so weit gebracht haben, daß sie den entfernten Todestag
- mit ziemlicher Zuverläßigkeit voraus bestimmen konnte. Pfui über unsere
- Aerzte, die diese Frau im Prognostiziren beschämt!
- In der Johann Georg ~Cotta~'schen Buchhandlung zu Tübingen sind
- erschienen:
- Allgemeine Zeitung 1805. 4. Der Jahrgang 8 Rthlr. 20 gr. 16 fl.
- Der achte Jahrgang dieses für die Zeitgeschichte so wichtigen
- Tagblattes hat sich, bei der veränderten Redaktion, in dem gleichen
- Werth der Vollständigkeit, Unpartheylichkeit, und zweckmäßigen
- Darstellung der neuesten Begebenheiten erhalten. Als Repertorium alles
- dessen, was die jetzige und künftige Generationen interessiren kann,
- verdient dieses Institut die Unterstützung, die ihm die zunehmende
- Anzahl seiner Abnehmer gewährt, und die so weit ging, daß die ersten
- Monate eine neue Auflage erforderten.
- Einige wenige vollständige Exemplare von 1798 an, sind in der
- Verlagshandlung für 6 Carolins zu haben.
- * * * * *
- =Almanach des Dames pour l'an 1805, avec gravures. relié. 16. 1 Rthlr.
- 16 gr. 3 fl.=
- Der Inhalt und Kupfer dieses nun seit 4 Jahren in Paris
- erscheinenden Almanachs sind so gewählt, daß er einen steten, nicht
- blos vorübergehenden, Genug gewährt, und eine Stelle in jeder
- Damenbibliothek verdient.
- * * * * *
- Von der
- Amman-Bohnenbergerschen Karte von Schwaben
- sind in obengenannter Buchhandlung
- Nro. 17. 32. und 44. oder die Gegend von Ellwangen, Siegmaringen
- und Mörsburg
- erschienen, denen in einigen Wochen drei neue Blätter
- Nro. 18. 43. und 44. oder die Gegend von Neuburg, Kempten
- und Kaufbeuren
- folgen werden.
- Die bisherigen Herren Pränumeranten können die Exemplare gegen die
- gewöhnliche Vorausbezahlung bei uns ablangen lassen.
- Diejenigen, welche die Vortheile der Pränumeration noch genießen
- wollen, müssen sich vor Ende dieses Jahrs unmittelbar an uns wenden,
- und mit 9 =Kais. Dukaten=, auf die ganze in 45 Blättern bestehende
- Karte, pränumeriren.
- Einzelne Blätter können, wegen Abnutzung der Kupferplatten, nur für 2
- fl. abgegeben werden.
- * * * * *
- Archiv, juridisches, von ~Gönner~, ~Gmelin~ und ~Tafinger~, 5r Bd. in
- 4 Heft. gr. 8. 3 Rthlr. 5 fl. 24 kr.
- Den Werth dieses, die ganze juridische Literatur umfassenden, Archivs
- verbürgen die berühmten Herausgeber und der ungetheilte Beyfall, mit
- welchem die strenge Unpartheylichkeit und die gründliche Beurtheilung
- der darin angezeigten Werke vom Publikum aufgenommen wird.
- * * * * *
- =Archives littéraires de l'Europe ou Mélanges de Littérature,
- d'Histoire et de Philosophie, par MM. Suard, Segur l'ainé, Pastoret
- etc. Suivis d'une gazette littéraire universelle, gr. 8. 1805. 12
- cahiers. 7 Rthlr. 4 gr. 12 fl. 24 kr.=
- Der zweyte Jahrgang einer, in Paris redigirten, Monathsschrift, die von
- den vorzüglichsten kritischen Blättern Frankreichs und Teutschlands,
- ihrer Art und Zweck nach, als die beste anerkannt ist, und die durch
- die fortdauernde Bemühung der bisherigen Mitarbeiter und durch die
- Anschließung einiger berühmten deutschen Gelehrten sich immer mehr
- vervollkommnen, und als allgemeiner Sammelplatz der europäischen
- Literatur eine Stelle in jeder öffentlichen Bibliothek und Leseanstalt
- verdienen wird.
- * * * * *
- ~Crome~ =D.= Europens Produkte mit einer neuen Produkten-Karte von
- Europa. Erste Abtheilung, welche Portugall, Spanien, Frankreich,
- Helvetien und Wallis enthält, mit 4 großen Tabellen. Vierte, ganz
- umgearbeitete Auflage. gr. 8.
- Schreibpapier 2 Rthlr. 8 gr. 4 fl. 12 kr.
- Druckpapier 2 Rthlr. 3 fl. 36 kr.
- Die Karte illuminirt 2 Rthlr. 3 fl. 36 kr.
- Diese neue Auflage eines längst als vorzüglich anerkannten Werkes
- wurde durch mancherlei Umstände verzögert: es hat dafür desto mehr
- an Vollständigkeit gewonnen, und wird, so wie die Karte selbst, eine
- wichtige Lücke unserer Literatur ausfüllen.
- * * * * *
- Elementarbuch, teutsches, 4. 12 gr. 54 kr.
- Ein nicht unwichtiger Beitrag eines Veteranen zur Vervollkommnung
- unsrer teutschen Sprache und Schreibart.
- * * * * *
- ~Flatt~ (=D.= J. F.) Magazin für christl. Dogmatik und Moral, deren
- Geschichte und Anwendung im Vortrag der Religion, fortges. von =D.=
- Süßkind. 128 St. gr. 8. 20 gr. 1 fl. 30 kr.
- Diese jedem Theologen wichtige Sammlung von interessanten Abhandlungen
- hat unter der veränderten Redaktion ihren gleichen, anerkannten Werth
- erhalten.
- * * * * *
- ~Göthe~ (von) Winkelmann und sein Jahrhundert, in Briefen und
- Aufsätzen. gr. 8. 2 Rthlr. 8 gr. 4 fl.
- Winkelmanns Briefe an Berendis gehören unter die wichtigsten Denkmäler,
- die der einzelne Mensch hinterlassen kann, und die Herausgabe derselben
- ist eine wichtige Bereicherung der Literatur. Der beigefügte: »~Entwurf
- einer Kunstgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts, und die Skizzen
- zu einer Schilderung Winkelmanns~« erheben dies Werk zu einem der
- vorzüglichsten der diesjährigen Büchererndte.
- * * * * *
- ~Grotesken, Satyren und Naivitäten~
- auf das Jahr 1806.
- ~Mit 11 Umrissen nach Raphael, Michael Angelo,
- Teniers und andern alten Meistern.~
- Herausgegeben v. ~J. D. Falk~, 16. brochirt. 2 Rthlr. 3 fl. 36 kr.
- In diesen ~Grotesken, Satyren und Naivitäten~, die als eine Fortsetzung
- des Taschenbuchs für ~Freunde des Scherzes~ und der ~Satyren~
- nur nach einem erweiterten Plane zu betrachten sind, gedenkt der
- Verfasser ein kleines ~Magazin für das Grotesk-Komische~ und die
- feineren daran ~grenzenden naiven~ Gattungen anzulegen. ~Beschreibung
- lustiger Volksfeste, Jahrmarktspossen, kleine originelle Stücke in
- schwäbischen und andern Volksdialekten, geistliche und weltliche
- Komödien, Christmetten, Osterfeiern, Hofgalla, Anekdoten von
- Hofnarren und Pritschmeistern aller Art, Faschingslustbarkeiten,
- Masken, Schönbartsspiele, Erklärung lustiger alter Kupferstiche~ und
- ~Holzschnitte~: Alles dieses wird nach und nach in diesem Magazin
- mit einander abwechseln. Schon die blose Angabe des ~Inhalts vom
- ersten Bändchen~ wird den Liebhabern einer ~scherzhaften Lektüre~
- anzeigen, was sie hier zu erwarten haben. 1) Stanzen an die Poesie
- von ~Stoll~. 2) ~Unser Herr und der Schmidt von Apolda.~ Ein Schwank
- vom ~Herausgeber~. Mit 5 Umrissen. 3) Der Schmidt von Apolda vor der
- Himmelspforte, ein Nachspiel zum Schmidt von Apolda von ~ebendems.~
- 4) Nochbestehendes satyrisches Sittengericht zu Altona von Hrn. Pred.
- ~Kleinschmidt~. 5) Die Hirten an der Krippe. Ein Weihnachtsspiel.
- Oberösterreichisch. Von ~ebend.~ 6) Der Mond und seine Mutter. Ein
- Schwank. Von ~ebend.~ 7) Der Pfingstmontag zu Heilbronn, von einem
- Ungenannten aus Schwaben. 8) Einige neue Gedichte von ~Grübel~ in
- Nürnberger Mundart, nebst einer Vorerinnerung vom ~Herausgeber~. 9) Der
- Peter in der Fremde, von ~Grübel~. 10) Der Peter als Bedienter. 11) Der
- Peter auf dem Vogelmarkte. 12) Der Peter als Schweinhirt. 13) Der Peter
- in der Kinderlehre. 14) Die unterbrochene Scheidung von ~Grübel~. 15)
- Der Pfarrer und der Wirthsknecht, von ~Grübel~. 16) =Fête Flamande=,
- oder die lustige Hahnreyschaft von Teniers. Nebst Umriß nach einem
- Gemählde desselben in Dresden. 17) Der Graf und die kleine Tirolerin.
- Eine Bregenzer Idylle. Nach einem oberösterreichischen Originale.
- Vom Herausgeber. Nebst einem Umriß nach Flaxmann. 18) Colombina als
- Hausmutter, oder die zwei Apfelsinen-Diebe. Nebst einem Umriß nach
- einer Antike. 19) =Consilium Medicum=, oder die Aerzte unserer Zeit.
- ~P. E. Hartert.~ 20) Der Doktor und die Recensenten. Ein Beispiel, was
- für Unglück oft eine Recension anrichten kann. 21) Das Leichteste. 22)
- Das Schwerste. 23) Humanität, oder der Fürst und der Dichter, eine
- wahre Anekdote. 24) Aus der Barbarey, oder Erklärung Sr. Durchlaucht
- des Dey's von Algier, an sämmtliche deutsche Autoren und Dichter. 25)
- Vorschlag nach ~Doktor Gall~, die Maulschellen in unsere Literatur
- einzuführen. 26) Adam und Eva, oder das wiedergefundene Paradies. Eine
- Feldpredigt, gehalten von dem Feldprediger ~Kummer~, herausgegeben von
- ~J. D. Falk~.
- Je seltener in ~Deutschland~ Produkte von ächt-komischem Gehalt sind,
- um so mehr dürfen wir für dieses, bei dem Publikum auf eine geneigte
- Aufnahme hoffen.
- * * * * *
- ~Hoyer, J. G. allgemeines Wörterbuch der Artillerie~, welches die
- Erklärung aller verschiedenen Kunstwörter, Begriffe und Lehrsätze
- der Geschützkunst in theoretischer und praktischer Hinsicht, nebst
- der Geschichte der wichtigsten Erfindungen derselben, enthält 2r
- Band F bis I gr. 8. 2 Rthlr. oder 3 fl. 36 kr.
- Mit diesem zweiten Bande wäre nun die Hälfte eines Werks geliefert,
- das in möglichster Kürze und Deutlichkeit alles umfaßt, was zur
- Geschützkunst gehört.
- * * * * *
- Leben, wunderbare Reisen und Irrfahrten des Johannes von der Ostsee,
- herausgegeben von ~J. D. Falk~. 1 Rthlr. 4 gr. oder 2 fl.
- Das erste Bändchen des ~Johannes von der Ostsee~ enthält einen kleinen,
- in sich völlig abgeschlossenen Roman. Wer je die schönen Gegenden
- der Ostsee sah, und das regsame Leben, das ~Schiffahrt~ und ~Handel~
- unter den dortigen Menschen hervorbringt, in der Nähe beobachtete:
- wer irgend einmal das friedliche Küstenvolk von ~Reval~ bis ~Danzig~
- herunter, in der Mitte ihrer Wohnstädt besuchte und liebgewann; dem
- wird die Wahrheit dieses heitern Gemähldes sogleich einleuchten, so
- wie die Aufstellung von Charakteren, in ihrer ganzen national-naiven
- Gutmüthigkeit, durchaus dazu geeignet ist, um einem jedweden, auch
- dem entferntesten, Vergnügen und Unterhaltung zu gewähren. Vor allen
- dürften die Jugendschicksale des Helden selbst, sein Leiden und seine
- ~Liebe mit Jeanetten~, so wie sein früheres Leben in einer Werkstatt,
- und seine nicht ohne vielfache Mühe errungene Ausbildung, die
- Theilnahme aller gefühlvollen Leser und Leserinnen erwecken, und das
- Interesse rechtfertigen, das die Geschichte, von Anfang bis zu Ende, in
- einem immer steigenden Grade, zu behaupten weiß.
- * * * * *
- Phädra, Trauerspiel von Racine, übersetzt von ~Schiller~.
- Mit gegenüberstehendem französischen Text, 16. geb. 2 fl. 24 kr. oder
- 1 Rthlr. 8 gr.
- Es wäre überflüssig, zur Empfehlung einer der letzten Arbeiten des
- verewigten Schiller's etwas sagen zu wollen: der Beifall, den sie bei
- der Aufführung fand, kann ihr auch beim Lesen nicht fehlen, und die
- Beidruckung des französischen Originals wird durch die Vergleichung den
- Genuß noch erhöhen.
- * * * * *
- ~Poetische Versuche von Pfeffel~, 8r Theil, mit dem Bildniß des
- Verfassers. 8.
- Velin-Pap. Subscr. Preiß 1 fl. 30 kr. Laden-Preiß 1 fl. 48 kr.
- Postpapier -- -- -- 1 fl. 4 kr. -- -- -- 1 fl. 12 kr.
- Druckpapier -- -- -- 48 kr. -- -- -- 54 kr.
- Mit diesem 8ten Theil erhält das Publikum nun alle die lieblichen
- Gaben, die wir bis Ende vorigen Jahres der frohen Muse dieses
- Lieblingsdichters verdanken. Das ähnlich getroffene Portrait des
- Verfassers wird eine willkommene Beilage seyn.
- Wer sich unmittelbar an uns wendet, kann noch die Vortheile des
- Subscriptionspreises genießen.
- * * * * *
- ~Taschenbuch für Damen auf 1806.~
- von
- ~Huber, Lafontaine, Pfeffel und andern~.
- Mit Kupfern und Holzschnitten von Gubitz.
- Preiß 2 fl. 24 kr. oder 1 Rthlr. 8 gr.
- ~Inhalt.~
- Erklärung der Kupfer. -- Zum Andenken Schillers von ~Göthe~. -- Der
- Derwisch und der Chan von ~Pfeffel~. -- Der Findling von ebendems.
- -- Die zwo Fliegen von ebendems. -- Lots Weib von ebendems. -- Der
- Kater und die Ratze von ebendems. -- Reichsstädtische Tugend, eine
- Geschichte von ~Huber~. -- Das Leben von ~Schreiber~. -- Freude, Friede
- und Hoffnung von ebendems. -- Die Blume von ebendems. -- Das Testament
- von ~Pfeffel~. -- Zeus und die Gans von ebendems. -- Das Kameel und
- das Trampelthier von ebendems. -- Der Exorcismus von ebendems. -- Der
- Condor und der Adler von ebendems. -- Die zween Räuber von ebendems. --
- Räthsel von ~Schiller~. -- Einem Freunde ins Stammbuch von ebendems.
- -- An Laidon von ~Haug~. -- An Beatrix von ebendems. -- An Lilla von
- ebendems. -- Gaskogner Liebeserklärung von ebendems. -- Andeutung
- von ebendems. -- Malchen an ihres Gatten Silhouette von ebendems.
- -- Hauslehren von Hesiodus von Voß. -- Weltleben von ~Theone~. --
- Die Brüder, eine Erzählung von ~Lafontaine~. -- Der Pudel und der
- Seehund von ~Pfeffel~. -- Die Schöpfer von ebendems. -- Die Amme,
- von ~ebendems.~ -- Die Mutter, von ~ebendems.~ -- Die Brüder, eine
- chinesische Sage von ebendems. -- Die Genesung aus Tibull von ~Voß~. --
- Der Zweifler von ~Theone~. -- Lehren für Weiber von ebenders. -- Das
- weibliche Geschlecht von ~Herder~. -- Der Schäfer und die Schäferinn
- von ~Schreiber~. -- Lob der Musik von ebendems.
- Der angeführte Inhalt belegt hinlänglich, daß auch dieser Jahrgang
- eines so sehr beliebten Almanachs seinen Vorgängern nicht nachstehen
- darf, und die äussern Verzierungen in Kupfer können auf gleichen
- Beifall Anspruch machen; eine besondere Auszeichnung ist die
- Holzschnitt-Arbeit des Hrn. Prof. ~Gubitz~. Durch verschiedene
- Umstände sind hievon noch nicht hinlängliche Abdrucke bei uns
- eingetroffen, so daß nur einige Gegenden bis jetzt mit Exemplaren
- versehen werden konnten; in wenig Wochen hoffen wir aber die
- Speditionen überall hin machen zu können. Wer indessen bei uns selbst
- Bestellungen machen will, erhält das Exemplar für 2 fl. und bei 6
- Exempl. das 7te gratis.
- * * * * *
- Theater von Schiller, 1r Band.
- Inhalt: Huldigung der Künste; Don Karlos; Jungfrau von Orleans. --
- Velin-Papier 9 fl. -- oder 5 Rthlr.
- Schreibpapier 4 fl. 48 kr. oder 2 Rthlr. 16 gr.
- Weiß Druckpapier 3 fl. -- oder 1 Rthlr. 16 gr.
- Ordin. Druckpapier 1 fl. 48 kr. oder 1 Rthlr.
- Der unsterbliche Verfasser hat zwar die Erscheinung dieses
- ersten Theils seines Theaters nicht mehr erlebt, da er aber nach
- seiner gewohnten Vorsicht die Einrichtung des Ganzen, so wie die
- Verbesserungen der einzelnen Stücke gleich bei dem Beginnen des Drucks
- bestimmt hatte, so kann die Herausgabe vollkommen nach seinen Angaben
- besorgt werden.
- Diese vollständige Sammlung aller seiner theatralischen Werke wird
- daher aus fünf Theilen bestehen, die in den oben angegebenen viererley
- Ausgaben in allen Buchhandlungen zu haben sind.
- Bis Ostern 1806. wird das Ganze abgeliefert werden, und wer von jetzt
- bis Ende Aprils 1806. sich unmittelbar an die Verlagshandlung wendet,
- genießt folgende Vortheile:
- Statt des gewöhnlichen Preises darf nur drey Viertel desselben
- pränumerirt werden, so daß alle 5 Theile auf
- Velin-Papier statt 25 Rthlr. -- od. 45 fl.
- für 18 Rthlr. 18 gr. od. 33 fl. 45 kr.
- Schreibpapier statt 13 Rthlr. 8 gr. od. 24 fl.
- für 10 Rthlr. -- od. 18 fl.
- Weiß Druckp. statt 8 Rthlr. 8 gr. od. 15 fl.
- für 6 Rthlr. 6 gr. od. 11 fl. 15 kr.
- Ord. Druckp. statt 5 Rthlr. -- od. 9 fl.
- für 3 Rthlr. 18 gr. od. 6 fl. 45 kr.
- erlassen werden.
- Ausserdem erhalten diejenigen, welche auf 6 Exemplare pränumeriren,
- noch das 7te gratis.
- +------------------------------------------------------------------+
- | Anmerkungen zur Transkription |
- | |
- | Inkonsistenzen wurden beibehalten, wenn beide Schreibweisen |
- | gebräuchlich waren, wie: |
- | |
- | abgeschmakten -- abgeschmackten |
- | andere -- andre |
- | ans -- an's |
- | aufs -- auf's |
- | Aug-Braunen -- Augenbraun |
- | ausgehn -- ausgehen |
- | äußerste -- äusserste |
- | bankerott -- bankrut |
- | barfus -- baarfuß |
- | begann -- begonn |
- | bei -- bey |
- | Bildnis -- Bildniß |
- | bischen -- bisgen |
- | Bliz -- Blitz |
- | Bursche -- Pursche |
- | büßen -- büssen |
- | Contrast -- Kontraste |
- | deucht -- däucht |
- | Deutschland -- Teutschland |
- | dies -- dis -- diß -- dieß |
- | dörfen -- dürfen |
- | dreysig -- dreyßig |
- | entblössen -- entblöset |
- | einige -- einzige |
- | ers -- er's |
- | ersticken -- erstikest |
- | Finstre -- Finstere |
- | flossen -- floßen |
- | fortreissen -- fortreißen |
- | funfzig -- fünfzig |
- | Füsse -- Füße |
- | gebehrdet -- geberdet |
- | gebohren -- geboren |
- | Gebiet -- Gebieth |
- | Gebirge -- Gebürge |
- | geiseln -- geisseln |
- | Geissel -- Geißel |
- | Gemälde -- Gemählde |
- | gesehen -- gesehn |
- | gestehen -- gestehn |
- | gibt -- giebt |
- | goldene -- gold'ne -- goldne |
- | greifen -- greiffen |
- | groser -- grosser |
- | hab's -- habs |
- | hangt -- hängt |
- | hat's -- hats |
- | Heiden -- Heyden |
- | Heimath -- Heymath |
- | heis -- heiß |
- | heisse -- heiße |
- | Helfte -- Hälfte |
- | heßlich -- häßlich |
- | hinterrucks -- hinterrücks |
- | ichs -- ich's |
- | ihrs -- ihr's |
- | ins -- in's |
- | ists -- ist's |
- | knien -- knieen |
- | Krucifix -- Kruzifix |
- | Lerm -- lärmt |
- | liessest -- ließest |
- | Lis -- Lies |
- | Loosung -- Losung |
- | Loths -- Lots |
- | Louisd'ore -- Louisdore |
- | Luder-Leben -- Luderleben |
- | Maalen -- Mahle |
- | Mädchen -- Mädgen |
- | mahlerische -- malt |
- | Mann's -- Manns |
- | Menschen -- Menschern |
- | mir's -- mirs |
- | mußt -- must |
- | Ocean -- Ozean |
- | Otterbrut -- Otternbrut |
- | pakt -- packt |
- | Phantasey -- Phantasie |
- | plötzlich -- plözlich |
- | prakticirt -- praktizier |
- | Preis -- Preiß |
- | Reichs-Grafen -- Reichsgrafen |
- | reißen -- reissen |
- | Reitzen -- Reizen |
- | ritzt -- Rizen |
- | sah't -- saht |
- | samt -- sämmtliche |
- | sas -- saß |
- | Schaam -- Scham |
- | Schätzen -- Schäzen |
- | Schädel -- Schedel |
- | Schiessen -- Schießen |
- | schmeissen -- schmeißen |
- | schrecklich -- schröcklich |
- | schwatzen -- schwäzt |
- | Schwerdt -- Schwert |
- | sclavischen -- Sklaven |
- | sechszig -- sechzig |
- | Seegen -- Segen |
- | sei -- sey |
- | setzen -- sezen |
- | steh'n -- stehn |
- | stiehlt -- stihlt |
- | stoßen -- stossen |
- | Strahl -- Stral |
- | Strasen -- Strassen |
- | studierte -- studirt |
- | tod -- todt |
- | treflich -- trefflich |
- | trifft -- trift |
- | Tieger -- Tyger |
- | um's -- ums |
- | ungefähr -- ungefehr |
- | ungestüm -- ungestümm |
- | unsere -- unsre |
- | unter'm -- unterm |
- | Vater-Herz -- Vaterherz |
- | Vater-Mörder -- Vatermörder |
- | verhehlen -- verhelen |
- | verlorenen -- verlornen |
- | vor's -- vors |
- | Waage -- Wage |
- | wackerer -- wakerer |
- | war's -- wars |
- | weinest -- weinst |
- | weißt -- weist |
- | wenn's -- wenns |
- | wird's -- wirds |
- | will's -- wills |
- | Wittwen -- Witwen |
- | Wohllust -- Wollust |
- | wohl -- wol |
- | worin -- worinn |
- | wüte -- wüthen |
- | zehen -- zehn |
- | zerplatzen -- zerplazt |
- | zwei -- zwey -- zwo |
- | |
- | Interpunktion wurde korrigiert, ohne dies hier im Einzelnen |
- | anzuführen. Im Text wurden die folgenden Änderungen |
- | vorgenommen: |
- | |
- | S. 9 "gewissermaasen" in "gewissermaßen" geändert. |
- | S. 21 "Antwortet?" in "Antwortet!" geändert. |
- | S. 28 "Drathfäden" in "Drahtfäden" geändert. |
- | S. 38 "wagen?" in "wagen!" geändert. |
- | S. 38ff "Ratzmann" in "Razmann" geändert. |
- | S. 48 "Hüthen" in "Hüten" geändert. |
- | S. 49 "woh" in "wohl" geändert. |
- | S. 55 "Lotterbude" in "Lotterbube" geändert. |
- | S. 56 "Müßen" in "Müssen" geändert. |
- | S. 56 "unterirrdischen" in "unterirdischen" geändert. |
- | S. 58 "Zerstörinnen" in "Zerstörerinnen" geändert. |
- | S. 59 "Hermann" in "Herrmann" geändert. |
- | S. 60 "stosen" in "stoßen" geändert. |
- | S. 68 "weis" in "weiß" geändert. |
- | S. 69 "dre" in "der" geändert. |
- | S. 71 "Carl" in "Karl" geändert. |
- | S. 74 "himmlsschen" in "himmlischen" geändert. |
- | S. 75 "verlassenen" in "Verlassenen" geändert. |
- | S. 75 "Klagege-Lied" in "Klage-Lied" geändert. |
- | S. 76 "sterbenden" in "Sterbenden" geändert. |
- | S. 79 "Psevdo-Spiegelberg" in "Pseudo-Spiegelberg" geändert. |
- | S. 80 "Bettlacken" in "Bettlaken" geändert. |
- | S. 80 "ihrerer" in "ihrer" geändert. |
- | S. 82 "ansezen" in "ansetzen" geändert. |
- | S. 83 "Färthe" in "Fährte" geändert. |
- | S. 84 "fangt" in "fängt" geändert. |
- | S. 91 "Mordbleu" in "Morbleu" geändert. |
- | S. 92 "schröklichen" in "schröcklichen" geändert. |
- | S. 93 "Pulverthurn" in "Pulverthurm" geändert. |
- | S. 95 "in Mutterleib" in "im Mutterleib" geändert. |
- | S. 96 "hölkische" in "höllische" geändert. |
- | S. 96 "besezt" in "besetzt" geändert. |
- | S. 104 "denn" in "den" geändert. |
- | S. 105 "niemal" in "einmal" geändert. |
- | S. 110 "Hofnungen" in "Hoffnungen" geändert. |
- | S. 111 "Gaße" in "Gasse" geändert. |
- | S. 112 "Hermann" in "Herrmann" geändert. |
- | S. 112 "seine" in "deine" geändert. |
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