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  • The Project Gutenberg EBook of Die Verschwoerung des Fiesco zu Genua
  • by Friedrich (Johann Christoph Friedrich von ) Schiller
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  • Title: Die Verschwoerung des Fiesco zu Genua
  • Author: Friedrich (Johann Christoph Friedrich von ) Schiller
  • Release Date: September, 2004 [EBook #6499]
  • [Yes, we are more than one year ahead of schedule]
  • [This file was first posted on December 22, 2002]
  • Edition: 10
  • Language: German
  • *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DIE VERSCHWOERUNG DES FIESCO ZU GENUA ***
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  • Friedrich Schiller
  • Die Verschwörung des Fiesco zu Genua
  • Ein republikanisches Trauerspiel.
  • Nam id facinus inprimis ego memorabile existimo sceleris atque
  • periculi novitate. Sallust vom Catilina.
  • Vorrede. Die Geschichte dieser Verschwörung habe ich vorzüglich aus
  • des Cardinals von Retz Conjuration du Comte Jean Louis de Fiesque,
  • der Histoire des Conjurations, Histoire de Gènes und Robertsons
  • Geschichte Karls V.--dem dritten Theil--gezogen. Freiheiten, welche
  • ich mir mit den Begebenheiten herausnahm, wird der Hamburgische
  • Dramaturgist entschuldigen, wenn sie mir geglückt sind; sind sie das
  • nicht, so will ich doch lieber meine Phantasieen als Facta verdorben
  • haben. Die wahre Katastrophe des Komplotts, worin der Graf durch
  • einen unglücklichen Zufall am Ziel seiner Wünsche zu Grunde geht,
  • mußte durchaus verändert werden, denn die Natur des Dramas duldet den
  • Finger des Ohngefährs oder der unmittelbaren Vorsehung nicht. Es
  • sollte mich sehr wundern, warum noch kein tragischer Dichter in
  • diesem Stoffe gearbeitet hat, wenn ich nicht Grund genug in eben
  • dieser undramatischen Wendung fände. Höhere Geister sehen die zarten
  • Spinneweben einer That durch die ganze Dehnung des Weltsystems laufen
  • und vielleicht an die entlegensten Grenzen der Zukunft und
  • Vergangenheit anhängen--wo der Mensch nichts, als das in freien
  • Lüften schwebende Factum sieht. Aber der Künstler wählt für das
  • kurze Gesicht der Menschheit, die er belehren will, nicht für die
  • scharfsichtige Allmacht, von der er lernt.
  • Ich habe in meinen Räubern das Opfer einer ausschweifenden Empfindung
  • zum Vorwurf genommen.--Hier versuche ich das Gegentheil, ein Opfer
  • der Kunst und Cabale. Aber so merkwürdig sich auch das unglückliche
  • Project des Fiesco in der Geschichte gemacht hat, so leicht kann es
  • doch diese Wirkung auf dem Schauplatz verfehlen. Wenn es wahr ist,
  • daß nur Empfindung Empfindung weckt, so müßte, däucht mich, der
  • politische Held in eben dem Grade kein Subject für die Bühne sein, in
  • welchem er den Menschen hintenansetzen muß, um der politische Held zu
  • sein. Es stand daher nicht bei mir, meiner Fabel jene lebendige
  • Gluth einzuhauchen, welche durch das lautere Product der Begeisterung
  • herrscht; aber die kalte, unfruchtbare Staatsaction aus dem
  • menschlichen Herzen herauszuspinnen und eben dadurch an das
  • menschliche Herz wieder anzuknüpfen--den Mann durch den staatsklugen
  • Kopf zu verwickeln--und von der erfindrischen Intrigue Situationen
  • für die Menschheit zu entlehnen--das stand bei mir. Mein Verhältniß
  • mit der bürgerlichen Welt machte mich auch mit dem Herzen bekannter,
  • als dem Kabinet, und vielleicht ist eben diese politische Schwäche zu
  • einer poetischen Tugend geworden.
  • Personen des Stücks.
  • Andreas Doria, Doge von Genua. Ehrwürdiger Greis von 80 Jahren.
  • Spuren von Feuer. Ein Hauptzug: Gewicht und strenge befehlende Kürze.
  • Gianettino Doria, Neffe des Vorigen. Prätendent. Mann von 26 Jahren.
  • Rauh und anstößig in Sprache, Gang und Manieren. Bäurisch-stolz.
  • Die Bildung zerrissen.
  • (Beide Doria tragen Scharlach)
  • Fiesco, Graf von Lavagna. Haupt der Verschwörung. Junger, schlanker,
  • blühend-schöner Mann von 23 Jahren--stolz mit Anstand--freundlich
  • mit Majestät--höflich-geschmeidig und eben so tückisch.
  • (Alle Nobili gehen schwarz. Die Tracht ist durchaus altdeutsch.)
  • Verrina, verschworner Republikaner. Mann von 60 Jahren. Schwer,
  • ernst und düster. Tiefe Züge.
  • Bourgognino, Verschworner. Jüngling von 20 Jahren. Edel und
  • angenehm. Stolz, rasch und natürlich.
  • Calcagno, Verschworner. Hagrer Wollüstling. 30 Jahre. Bildung
  • gefällig und unternehmend.
  • Sacco, Verschworner. Mann von 45 Jahren. Gewöhnlicher Mensch.
  • Lomellino, Gianettinos Vertrauter. Ein ausgetrockneter Hofmann.
  • Zenturione, Zibo, Asserato, Mißvergnügte.
  • Romano, Maler. Frei, einfach und stolz.
  • Muley Hassan, Mohr von Tunis. Ein confiscirter Mohrenkopf. Die
  • Physiognomie eine originelle Mischung von Spitzbüberei und Laune.
  • Deutscher der herzoglichen Leibwache. Ehrliche Einfalt. Handfeste
  • Tapferkeit.
  • Drei aufrührerische Bürger.
  • Leonore, Fiesco's Gemahlin. Dame von 18 Jahren. Blaß und schmächtig.
  • Fein und empfindsam. Sehr anziehend, aber weniger blendend. Im
  • Gesicht schwärmerische Melancholie. Schwarze Kleidung.
  • Julia, Gräfin Wittwe Imperiali, Dorias Schwester. Dame von 25 Jahren.
  • Groß und voll. Stolze Kokette. Schönheit, verdorben durch
  • Bizarrerie. Blendend und nicht gefallend. Im Gesicht ein böser
  • moquanter Charakter. Schwarze Kleidung.
  • Bertha, Verrinas Tochter. Unschuldiges Mädchen.
  • Rosa, Arabella, Leonorens Kammermädchen.
  • Mehrere Nobili, Bürger, Deutsche, Soldaten, Bediente, Diebe.
  • Der Schauplatz Genua.--Die Zeit 1547.
  • Erster Aufzug
  • Saal bei Fiesco
  • Man hört in der Ferne eine Tanzmusik und den Tumult eines Balls.
  • Erster Auftritt.
  • Leonore maskiert, Rosa, Arabella fliehen zerstört auf die Bühne.
  • Leonore (reißt die Maske ab). Nichts mehr! Kein Wort mehr! Es ist
  • am Tag. (Sie wirft sich in einen Sessel.) Das wirft mich nieder.
  • Arabella. Gnädige Frau-Leonore (aufstehend). Vor meinen Augen! eine
  • stadtkundige Kokette! im Angesicht des ganzen Adels von Genua!
  • (Wehmütig.) Rosa! Bella! und vor meinen weinenden Augen.
  • Rosa. Nehmen Sie die Sache für Das, was sie wirklich war--eine
  • Galanterie-Leonore. Galanterie?--und das emsige Wechselspiel ihrer
  • Augen? das ängstliche Lauern auf ihre Spuren? der lange verweilende
  • Kuß auf ihren entblößten Arm, daß noch die Spur seiner Zähne im
  • flammrothen Fleck zurückblieb? Ha! und die starre tiefe Betäubung,
  • worein er, gleich dem gemalten Entzücken, versunken saß, als wär' um
  • ihn her die Welt weggeblasen und er allein mit dieser Julia im ewigen
  • Leeren? Galanterie?--gutes Ding, das noch nie geliebt hat, streite
  • mir nicht über Galanterie und Liebe.
  • Rosa. Desto besser, Madonna. Einen Gemahl verlieren heißt zehen
  • Cicisbeo Profit machen.
  • Leonore. Verlieren?--ein kleiner aussetzender Puls der Empfindung
  • und Fiesco verloren? Geh, giftige Schwätzerin--komm mir nie wieder
  • vor die Augen!--eine unschuldige Neckerei--vielleicht eine
  • Galanterie? Ist es nicht so, meine empfindende Bella?
  • Arabella. O ja! ganz zuverlässig so!
  • Leonore (in Tiefsinn versunken). Daß sie darum in seinem Herzen sich
  • wüßte?--daß hinter jedem seiner Gedanken ihr Name im Hinterhalt
  • läge?--ihn anspräche in jeder Fußtapfe der Natur?--Was ist das? wo
  • gerath' ich hin? Daß ihm die schöne majestätische Welt nichts wäre,
  • als der prächtige Demant, worauf nur ihr Bild--nur ihr Bild gestochen
  • ist?--daß er sie liebte?--Julien! O deinen Arm her--halte mich,
  • Bella!
  • (Pause. Die Musik läßt sich von Neuem hören.)
  • Leonore (aufgefahren). Horch! War das nicht die Stimme Fiescos, die
  • aus dem Lärme hervordrang? Kann er lachen, wenn seine Leonore im
  • Einsamen weinet? Nicht doch, mein Kind! Es war Gianettino Dorias
  • bäurische Stimme.
  • Arabella. Sie war's, Signora! Aber kommen Sie in ein anderes Zimmer.
  • Leonore. Du entfärbst dich, Bella! du lügst--ich lese in euren
  • Augen--in den Gesichtern der Genueser ein Etwas--ein Etwas. (Sich
  • verhüllend.) O gewiß! diese Genueser wissen mehr, als für das Ohr
  • einer Gattin taugt.
  • Rosa. O der Alles vergrößernden Eifersucht!
  • Leonore. (schwermüthig schwärmend). Da er noch Fiesco war--dahertrat
  • im Pomeranzenhain, wo wir Mädchen lustwandeln gingen, ein blühender
  • Apoll, verschmolzen in den männlich-schönen Antinous. Stolz und
  • herrlich trat er daher, nicht anders, als wenn das durchlauchtige
  • Genua auf seinen jungen Schultern sich wiegte; unsere Augen schlichen
  • diebisch ihm nach und zuckten zurück, wie auf dem Kirchenraub
  • ergriffen, wenn sein wetterleuchtender Blick sie traf. Ach, Bella!
  • wie verschlangen wir seine Blicke! wie parteiisch zählte sie der
  • ängstliche Neid der Nachbarin zu! Sie fielen unter uns wie der
  • Goldapfel des Zanks, zärtliche Augen brannten wilder, sanfte Busen
  • pochten stürmischer, Eifersucht hatte unsere Eintracht zerrissen.
  • Arabella. Ich besinne mich. Das ganze weibliche Genua kam in
  • Aufruhr um diese schöne Eroberung.
  • Leonore (begeistert). Und nun mein ihn zu nennen! verwegenes,
  • entsetzliches Glück! Mein Genuas größten Mann, (mit Anmuth) der
  • vollendet sprach aus dem Meißel der unerschöpflichen Künstlerin, alle
  • Größen seines Geschlechts im lieblichsten Schmelze verband--Höret,
  • Mädchen! kann ich's nun doch nicht mehr verschweigen!--Höret, Mädchen,
  • ich vertraue euch etwas, (geheimnißvoll) einen Gedanken--als ich am
  • Altar stand neben Fiesco--seine Hand in meine Hand gelegt--hatt' ich
  • den Gedanken, den zu denken dem Weibe verboten ist--dieser Fiesco,
  • dessen Hand jetzt in der deinigen liegt--dein Fiesco--aber still! daß
  • kein Mann uns belausche, wie hoch wir uns mit dem Abfall seiner
  • Vortrefflichkeit brüsten--dieser dein Fiesco--Weh euch, wenn das
  • Gefühl euch nicht höher wirft!--wird--uns Genua von seinen Tyrannen
  • erlösen!
  • Arabella (erstaunt). Und diese Vorstellung kam einem Frauenzimmer am
  • Brauttag?
  • Leonore. Erstaune, Bella! Der Braut in der Wonne des Brauttags!
  • (Lebhafter.) Ich bin ein Weib--aber ich fühle den Adel meines Bluts,
  • kann es nicht dulden, daß dieses Haus Doria über unsre Ahnen
  • hinauswachsen will. Jener sanftmüthige Andreas--es ist eine Wollust,
  • ihm gut zu sein--mag immer Herzog von Genua heißen, aber Gianettino
  • ist sein Neffe--sein Erbe--und Gianettino hat ein freches,
  • hochmüthiges Herz. Genua zittert vor ihm, und Fiesco, (in Wehmuth
  • hinabgefallen) Fiesco--weinet um mich--liebt seine Schwester.
  • Arabella. Arme, unglückliche Frau-Leonore. Geht jetzt und sehet
  • diesen Halbgott der Genueser im schamlosen Kreis der Schwelger und
  • Buhldirnen setzen, ihre Ohren mit unartigem Witze kitzeln, ihnen
  • Märchen von verwünschten Prinzessinnen erzählen--das ist Fiesco!--Ach,
  • Mädchen! nicht Genua allein verlor seinen Helden--auch ich meinen
  • Gemahl!
  • Rosa. Reden Sie leiser. Man kömmt durch die Galerie.
  • Leonore (zusammenschreckend). Fiesco kommt. Flieht! flieht! Mein
  • Anblick könnte ihm einen trüben Augenblick machen. (Sie entspringt
  • in ein Seitenzimmer. Die Mädchen ihr nach.)
  • Zweiter Auftritt
  • Gianettino Doria maskiert im grünen Mantel. Ein Mohr. Beide im
  • Gespräch.
  • Gianettino. Du hast mich verstanden.
  • Mohr. Wohl.
  • Gianettino. Die weiße Maske.
  • Mohr. Wohl.
  • Gianettino. Ich sage--die weiße Maske!
  • Mohr. Wohl! wohl! wohl!
  • Gianettino. Hörst du? Du kannst sie nur (auf seine Brust deutend)
  • hieher verfehlen.
  • Mohr. Seid unbekümmert.
  • Gianettino. Und einen tüchtigen Stoß!
  • Mohr. Er soll zufrieden sein.
  • Gianettino (hämisch). Daß der arme Graf nicht
  • Mohr. Um Vergebung--wie schwer möchte ungefähr sein Kopf ins Gewicht
  • fallen?
  • Gianettino. Hundert Zechinen schwer.
  • Mohr (bläst durch die Finger). Puh! Federleicht!
  • Gianettino. Was brummst du da?
  • Mohr. Ich sag' es ist eine leichte Arbeit.
  • Gianettino. Das ist deine Sorge. Dieser Mensch ist ein Magnet.
  • Alle unruhigen Köpfe fliegen gegen seine Pole. Höre, Kerl! fasse ihn
  • ja recht.
  • Mohr. Aber, Herr--ich muß flugs auf die That nach Venedig.
  • Gianettino. So nimm deinen Dank voraus. (wirft ihm einen Wechsel zu.)
  • In höchstens drei Tagen muß er kalt sein. (Ab.)
  • Mohr (indem er den Wechsel vom Boden nimmt). Das nenn' ich Credit!
  • Der Herr traut meiner Jaunerparole ohne Handschrift. (Ab.)
  • Dritter Auftritt
  • Calcagno, hinter ihm Sacco. Beide in schwarzen Mänteln.
  • Calcagno. Ich werde gewahr, daß du alle meine Schritte belauerst.
  • Sacco. Und ich beobachte, daß die mir alle verbirgst. Höre,
  • Calcagno, seit einigen Wochen arbeitet etwas auf deinem Gesichte, das
  • nicht geradezu just dem Vaterland gilt.--Ich dächte, Bruder, wir
  • Beide könnten schon Geheimniß gegen Geheimniß tauschen, und am Ende
  • hätte Keiner beim Schleichhandel verloren--Wirst du aufrichtig sein?
  • Calcagno. So sehr, daß, wenn deine Ohren nicht Lust haben, in meine
  • Brust hinunter zu steigen, mein Herz dir halbwegs auf meiner Zunge
  • entgegen kommen soll--Ich liebe die Gräfin Fiesco.
  • Sacco (tritt verwundernd zurück). Wenigstens das hätt' ich nicht
  • entziffert, hätte ich alle Möglichkeiten Revue passieren
  • lassen--Deine Wahl spannt meinen Witz auf die Folter, aber es ist um
  • ihn geschehen, wenn sie glückt.
  • Calcagno. Man sagt, sie sei ein Beispiel der strengsten Tugend.
  • Sacco. Man lügt. Sie ist das ganze Buch über den abgeschmackten
  • Text. Eins von beiden, Calcagno, gib dein Gewerb oder dein Herz
  • auf-Calcagno. Der Graf ist ihr ungetreu. Eifersucht ist die
  • abgefeimteste Kupplerin. Ein Anschlag gegen die Doria muß den Grafen
  • in Athem halten und mir im Palaste zu schaffen geben. Während er nun
  • den Wolf aus der Hürde scheucht, soll der Marder in seinen
  • Hühnerstall fallen.
  • Sacco. Unverbesserlich, Bruder! Habe Dank. Auch mich hast du
  • plötzlich des Rothwerdens überhoben. Was ich mich zu denken geschämt
  • habe, kann ich jetzt laut vor dir sagen. Ich bin ein Bettler, wenn
  • die jetzige Verfassung nicht übern Haufen fällt.
  • Calcagno. Sind deine Schulden so groß?
  • Sacco. So ungeheuer, daß mein Lebensfaden, achtfach genommen, am
  • ersten Zehentheil abschnellen muß. Eine Staatsveränderung soll mir
  • Luft machen, hoff' ich. Wenn sie mir auch nicht zum Bezahlen hilft,
  • soll sie doch meinen Gläubigern das Fordern entleiden.
  • Calcagno. Ich verstehe--und am Ende, wenn Genua bei der Gelegenheit
  • frei wird, läßt sich Sacco Vater des Vaterlands taufen. Wärme mir
  • Einer das verdroschene Märchen von Redlichkeit auf, wenn der
  • Bankerott eines Taugenichts und die Brunst eines Wollüstlings das
  • Glück eines Staats entscheiden. Bei Gott, Sacco! ich bewundre in uns
  • Beiden die feine Speculation des Himmels, der das Herz des Körpers
  • durch die Eiterbeulen der Gliedmaßen rettet--Weiß Verrina um deinen
  • Anschlag?
  • Sacco. So weit der Patriot darum wissen darf. Genua, weißt du
  • selbst, ist die Spindel, um welche sich alle seine Gedanken mit einer
  • eisernen Treue drehen. An dem Fiesco hängt jetzt sein Falkenaug.
  • Auch dich hofft er halbwegs zu einem kühnen Komplott.
  • Calcagno. Er hat eine treffliche Nase. Komm, laß uns ihn aufsuchen
  • und seinen Freiheitssinn mit dem unsrigen schüren. (Gehen ab.)
  • Vierter Auftritt
  • Julia erhitzt. Fiesco, der einen weißen Mantel trägt, eilt ihr nach.
  • Julia. Lakaien! Läufer!
  • Fiesco. Gräfin, wohin? Was beschließen Sie?
  • Julia. Nichts, im mindesten nichts. (Bediente.) Mein Wagen soll
  • vorfahren.
  • Fiesco. Sie erlauben--er soll nicht. Hier ist eine Beleidigung.
  • Julia. Pah! doch wohl das nicht--Weg! Sie zerren mir ja die
  • Garnierung in Stücken--Beleidigung? Wer ist hier, der beleidigen
  • kann? So gehen Sie doch.
  • Fiesco (auf einem Knie.) Nicht, bis Sie mir den Verwegenen sagen.
  • -Julia (steht still mit angestemmten Armen). Ah, schön! schön!
  • sehenswürdig! Rufe doch Jemand die Gräfin von Lavagna zu diesem
  • reizenden Schauspiel!--Wie, Graf? wo bleibt der Gemahl? Diese
  • Stellung taugte ausnehmend in das Schlafgemach Ihrer Frau, wenn sie
  • im Kalender ihrer Liebkosungen blättert und einen Bruch in der
  • Rechnung findet. Stehen Sie doch auf. Gehen Sie zu Damen, wo Sie
  • wohlfeiler markten. So stehen Sie doch auf. Oder wollen Sie die
  • Impertinenzen Ihrer Frau mit Ihren Galanterieen abbüßen?
  • Fiesco (springt auf). Impertinenzen? Ihnen?
  • Julia. Aufzubrechen--den Sessel zurückzustoßen--der Tafel den Rücken
  • zu kehren--der Tafel, Graf! an der ich sitze.
  • Fiesco. Es ist nicht zu entschuldigen.
  • Julia. Und mehr ist es nicht?--Über die Fratze! und ist es denn
  • meine Schuld, (sich belächelnd) daß der Graf seine Augen hat?
  • Fiesco. Das Verbrechen Ihrer Schönheit, Madonna, daß er sie nicht
  • überall hat.
  • Julia. Keine Delicatesse, Graf, wo die Ehre das Wort führt. Ich
  • fordre Genugthuung. Finde ich sie bei Ihnen? oder hinter den Donnern
  • des Herzogs?
  • Fiesco. In den Armen der Liebe, die Ihnen den Mißtritt der
  • Eifersucht abbittet.
  • Julia. Eifersucht? Eifersucht? Was will denn das Köpfchen? (Vor
  • einem Spiegel gesticulierend.) Ob sie wohl eine bessere Fürsprache
  • für ihren Geschmack zu erwarten hat, als wenn ich ihn für den
  • meinigen erkläre? (Stolz.) Doria und Fiesco?--ob sich die Gräfin von
  • Lavagna nicht geehrt fühlen muß, wenn die Nichte des Herzogs ihre
  • Wahl beneidenswürdig findet? (Freundlich, indem sie dem Grafen ihre
  • Hand zum Küssen reicht.) Ich setze den Fall, Graf, daß ich sie so
  • fände.
  • Fiesco (lebhaft). Grausamste, und mich dennoch zu quälen!--Ich weiß
  • es, göttliche Julia, daß ich nur Ehrfurcht gegen Sie fühlen sollte.
  • Meine Vernunft heißt mich das Knie des Unterthans vor dem Blut Dorias
  • beugen, aber mein Herz betet die schöne Julia an. Eine Verbrecherin
  • ist meine Liebe, aber eine Heldin zugleich, die kühn genug ist, die
  • Ringmauer des Rangs durchzubrechen und gegen die verzehrende Sonne
  • der Majestät anzufliegen.
  • Julia. Eine große, große, gräfliche Lüge, die auf Stelzen
  • heranhinkt--Seine Zunge vergöttert mich, sein Herz hüpft unter dem
  • Schattenriß einer Andern.
  • Fiesco. Oder besser, Signora, es schlägt unwillig dagegen und will
  • ihn hinwegdrücken. (Indem er die Silhouette Leonorens, die an einem
  • himmelblauen Bande hängt, herabnimmt und sie der Julia überliefert.)
  • Stellen Sie Ihr Bild an diesem Altar auf, so können Sie diesen Götzen
  • zerstören.
  • Julia (steckt das Bild hastig zu sich, vergnügt). Ein großes Opfer,
  • bei meiner Ehre, das meinen Dank verdient. (Sie hängt ihm die ihrige
  • um.) So, Sklave! trage die Farbe deines Herrn. (Sie geht ab.)
  • Fiesco (mit Feuer). Julia liebt mich! Julia! Ich beneide keinen
  • Gott. (Frohlockend im Saal.) Diese Nacht sei eine Festnacht der
  • Götter, die Freude soll ihr Meisterstück machen. Holla! holla!
  • (Menge Bediente.) Der Boden meiner Zimmer lecke cyprischen Nektar,
  • Musik lärme die Mitternacht aus ihrem bleiernen Schlummer auf,
  • tausend brennende Lampen spotten die Morgensonne hinweg--Allgemein
  • sei die Lust, der bacchantische Tanz stampfe das Todtenreich in
  • polternde Trümmer!
  • (Er eilt ab. Rauschendes Allegro, unter welchem der Mittelvorhang
  • aufgezogen wird und einen großen illuminierten Saal eröffnet, worin
  • viele Masken tanzen. Zur Seite Schenk--und Spieltische von Gästen
  • besetzt.)
  • Fünfter Auftritt
  • Gianettino halb betrunken. Lomellin. Zibo. Zenturione. Verrina.
  • Sacco. Calcagno. Alle maskiert. Mehrere Damen und Nobili.
  • Gianettino (lärmend). Bravo! Bravo! Diese Weine glitschen herrlich,
  • unsre Tänzerinnen springen à merveille. Geh Einer von euch, streu'
  • es in Genua aus, ich sei heitern Humors, man könne sich gütlich
  • thun--Bei meiner Geburt! sie werden den Tag roth im Kalender zeichnen
  • und drunter schreiben: Heute war Prinz Doria lustig.
  • Gäste (setzen die Gläser an). Die Republik! (Trompetenstoß.)
  • Gianettino (wirft das Glas mit Macht auf die Erde). Hier liegen die
  • Scherben. (Drei schwarze Masken fahren auf, versammeln sich um
  • Gianettino.)
  • Lomellin (führt den Prinzen vor). Gnädiger Herr, Sie sagten mir
  • neulich von einem Frauenzimmer, das Ihnen in der Lorenzokirche
  • begegnete?
  • Gianettino. Das hab' ich auch, Bursche, und muß ihre Bekanntschaft
  • haben.
  • Lomellin. Die kann ich Eurer Gnaden verschaffen.
  • Gianettino (rasch). Kannst du? Kannst du? Lomellin, du hast dich
  • neulich zur Procuratorwürde gemeldet. Du sollst sie erhalten.
  • Lomellin. Gnädiger Prinz, es ist die zweite im Staat, mehr denn
  • sechzig Edelleute bewerben sich darum, alle reicher und angesehener,
  • als Euer Gnaden unterthäniger Diener.
  • Gianettino (schnaubt ihn trotzig an). Donner und Doria! Du sollst
  • Procurator werden. (Die drei Masken kommen vorwärts.) Adel in Genua?
  • Laß sie all ihre Ahnen und Wappen zumal in die Wagschale schmeißen,
  • was braucht es mehr, als ein Haar aus dem weißen Bart meines Onkels,
  • Genuas ganze Adelschaft in alle Lüfte zu schnellen? Ich will, du
  • sollst Procurator sein, das ist so viel als alle Stimmen der Signoria.
  • Lomellin (leiser). Das Mädchen ist die einzige Tochter eines
  • gewissen Verrina.
  • Gianettino. Das Mädchen ist hübsch, und trutz allen Teufeln! muß ich
  • sie brauchen.
  • Lomellin. Gnädiger Herr! das einzige Kind des starrköpfigsten
  • Republikaners!
  • Gianettino. Geh in die Hölle mit deinem Republikaner! Der Zorn eines
  • Vasallen und meine Leidenschaft! Das heißt, der Leuchtthurm muß
  • einstürzen, wenn Buben mit Muscheln darnach werfen. (Drei schwarze
  • Masken treten mit großen Bewegungen näher.) Hat darum Herzog Andreas
  • seine Narben geholt in den Schlachten dieser Lumpenrepublikaner, daß
  • sein Neffe die Gunst ihrer Kinder und Bräute erbetteln soll? Donner
  • und Doria! diesen Gelust müssen sie niederschlucken, oder ich will
  • über den Gebeinen meines Oheims einen Galgen aufpflanzen, an dem sich
  • ihre genuesische Freiheit zu Tod zappeln soll. (Die drei Masken treten
  • zurück.)
  • Lomellin. Das Mädchen ist eben jetzt allein. Ihr Vater ist hier und
  • eine von den drei Masken.
  • Gianettino. Erwünscht, Lomellin. Gleich bringe mich zu ihr.
  • Lomellin. Aber Sie werden eine Buhlerin suchen und eine Empfindlerin
  • finden.
  • Gianettino. Gewalt ist die beste Beredsamkeit. Führe mich alsobald
  • hin; den republikanischen Hund will ich sehen, der am Bären Doria
  • hinaufspringt. (Fiesco begegnet ihm an der Thür.) Wo ist die Gräfin?
  • Sechster Auftritt
  • Vorige. Fiesco.
  • Fiesco. Ich habe sie in den Wagen gehoben. (Er faßt Gianettinos
  • Hand und hält sie gegen seine Brust.) Prinz, ich bin jetzt doppelt in
  • Ihren Banden. Gianettino herrscht über meinen Kopf und Genua; über
  • mein Herz Ihre liebenswürdige Schwester.
  • Lomellin. Fiesco ist ganz Epikuräer worden. Die große Welt hat viel
  • an Ihnen verloren.
  • Fiesco. Aber Fiesco nichts an der großen Welt. Leben heißt träumen;
  • weise sein, Lomellin, heißt angenehm träumen. Kann man das besser
  • unter den Donnern des Throns, wo die Räder der Regierung ewig ins
  • gellende Ohr krachen, als am Busen eines schmachtenden Weibs?
  • Gianettino Doria mag über Genua herrschen. Fiesco wird lieben.
  • Gianettino. Brich auf, Lomellin! Es wird Mitternacht. Die Zeit
  • rückt heran. Lavagna, wir danken für deine Bewirtung. Ich war
  • zufrieden.
  • Fiesco. Das ist alles, was ich wünschen kann, Prinz.
  • Gianettino. Also gute Nacht. Morgen ist Spiel bei Doria, und Fiesco
  • ist eingeladen. Komm, Procurator.
  • Fiesco. Musik! Lichter!
  • Gianettino (trotzig durch die drei Masken). Platz dem Namen des
  • Herzogs.
  • Eine von den drei Masken (murmelt unwillig). In der Hölle! Niemals
  • in Genua!
  • Gäste (in Bewegung). Der Prinz bricht auf. Gute Nacht, Lavagna!
  • (Taumeln hinaus.)
  • Siebenter Auftritt
  • Die drei schwarzen Masken. Fiesco. Pause.
  • Fiesco. Ich werde hier Gäste gewahr, die die Freuden meines Festes
  • nicht theilen.
  • Masken (murmeln verdrießlich durcheinander). Nicht Einer.
  • Fiesco (verbindlich). Sollte mein guter Wille einen Genueser
  • mißvergnügt weglassen? Hurtig, Lakaien! man soll den Ball erneuern
  • und die großen Pokale füllen. Ich wollte nicht, daß Jemand hier
  • Langeweile hätte. Darf ich Ihre Augen mit Feuerwerken ergötzen?
  • Wollen Sie die Künste meines Harlekins hören? Vielleicht finden Sie
  • bei meinem Frauenzimmer Zerstreuung? Oder wollen wir uns zum Pharao
  • setzen und die Zeit mit Spielen betrügen?
  • Eine Maske. Wir sind gewohnt, die mit Thaten zu bezahlen!
  • Fiesco. Eine männliche Antwort, und--das ist Verrina.
  • Verrina (nimmt die Maske ab). Fiesco findet seine Freunde
  • geschwinder in ihren Masken, als sie ihn in der seinigen.
  • Fiesco. Ich verstehe das nicht. Aber was soll der Trauerflor an
  • deinem Arm? Sollte Verrina Jemand begraben haben und Fiesco nichts
  • darum wissen?
  • Verrina. Trauerpost taugt nicht für Fiescos lustige Feste.
  • Fiesco. Doch, wenn ein Freund ihn auffordert. (Drückt seine Hand
  • mit Wärme.) Freund meiner Seele! wer ist uns Beiden gestorben?
  • Verrina. Beiden! Beiden! O allzuwahr!--Aber nicht alle Söhne
  • trauern um ihre Mutter.
  • Fiesco. Deine Mutter ist lange vermodert.
  • Verrina (bedeutend). Ich besinne mich, daß Fiesco mich Bruder nannte,
  • weil ich der Sohn seines Vaterlands war.
  • Fiesco (scherzhaft). Ah! ist es das? Also auf einen Spaß war es
  • abgezielt? Trauerkleider um Genua! und es ist wahr, Genua liegt
  • wirklich in letzten Zügen. Der Gedanke ist einzig und neu. Unser
  • Vetter fängt an, ein witziger Kopf zu werden!
  • Calcagno. Er hat es ernsthaft gesagt, Fiesco!
  • Fiesco. Freilich! freilich! Das war's eben. So trocken weg und so
  • weinerlich. Der Spaß verliert Alles, wenn der Spaßmacher selber
  • lacht. Mit einer wahren Leichenbittersmiene! Hätt' ich's je gedacht,
  • daß der finstre Verrina in seinen alten Tagen noch ein so lustiger
  • Vogel würde!
  • Sacco. Verrina, komm! Er ist nimmermehr unser.
  • Fiesco. Aber lustig weg, Landsmann. Laß uns aussehen wie listige
  • Erben, die heulend hinter der Bahre gehen und desto lauter ins
  • Schnupftuch lachen. Doch dürften wir dafür eine harte Stiefmutter
  • kriegen. Sei's drum, wir lassen sie keifen, und schmausen.
  • Verrina (heftig bewegt). Himmel und Erde! und thun nichts?--Wo bist
  • du hingekommen, Fiesco? Wo soll ich den großen Tyrannenhasser
  • erfragen? Ich weiß eine Zeit, wo du beim Anblick einer Krone Gichter
  • bekommen hättest.--Gesunkener Sohn der Republik! du wirst's
  • verantworten, daß ich keinen Heller um meine Unsterblichkeit gebe,
  • wenn die Zeit auch Geister abnützen kann.
  • Fiesco. Du bist der ewige Grillenfänger. Mag er Genua in die Tasche
  • stecken und einem Kaper von Tunis verschachern, was kümmert's uns?
  • Wir trinken Cyprier und küssen schöne Mädchen.
  • Verrina (blickt ihn ernst an). Ist das deine wahre, ernstliche
  • Meinung?
  • Fiesco. Warum nicht, Freund? Ist es denn eine Wollust, der Fuß des
  • trägen, vielbeinigen Thiers Republik zu sein? Dank' es Dem, der ihm
  • Flügel gibt und die Füße ihrer Ämter entsetzt. Gianettino Doria
  • wird Herzog. Staatsgeschäfte werden uns keine grauen Haare mehr
  • machen.
  • Verrina. Fiesco?--ist das deine wahre, ernstliche Meinung?
  • Fiesco. Andreas erklärt seinen Neffen zum Sohn und Erben seiner
  • Güter, wer wird der Thor sein, ihm das Erbe seiner Macht abzustreiten?
  • Verrina (mit äußerstem Unmut). So kommt, Genueser! (Er verläßt den
  • Fiesco schnell, die Andern folgen.)
  • Fiesco. Verrina!--Verrina!--dieser Republikaner ist hart wie Stahl!--
  • Achter Auftritt
  • Fiesco. Eine unbekannte Maske.
  • Maske. Haben Sie eine Minute übrig, Lavagna?
  • Fiesco (zuvorkommend). Für Sie eine Stunde!
  • Maske. So haben Sie die Gnade, einen Gang mit mir vor die Stadt zu
  • thun.
  • Fiesco. Es ist funfzig Minuten auf Mitternacht.
  • Maske. Sie haben die Gnade, Graf.
  • Fiesco. Ich werde anspannen lassen.
  • Maske. Das ist nicht nöthig. Ich schicke ein Pferd voraus. Mehr
  • braucht es nicht, denn ich hoffe, es soll nur Einer zurückkommen.
  • Fiesco (betreten). Und?
  • Maske. Man wird Ihnen auf eine gewisse Thräne eine blutige Antwort
  • abfordern.
  • Fiesco. Diese Thräne?
  • Maske. Einer gewissen Gräfin von Lavagna. Ich kenne diese Dame sehr
  • gut und will wissen, womit sie verdient hat, das Opfer einer Närrin
  • zu werden?
  • Fiesco. Jetzt verstehe ich Sie. Darf ich den Namen dieses seltsamen
  • Aufforderers wissen?
  • Maske. Es ist der nämliche, der das Fräulein von Zibo einst anbetete
  • und vor dem Bräutigam Fiesco zurück trat.
  • Fiesco. Scipio Bourgognino!
  • Bourgognino (nimmt die Maske ab). Und der jetzt da ist, seine Ehre
  • zu lösen, die einem Nebenbuhler wich, der klein genug denkt, die
  • Sanftmuth zu quälen.
  • Fiesco (umarmt ihn mit Feuer). Edler junger Mann! Gedankt sei's dem
  • Leiden meiner Gemahlin, das mir eine so werthe Bekanntschaft macht.
  • Ich fühle die Schönheit Ihres Unwillens, aber ich schlage mich nicht.
  • Bourgognino (einen Schritt zurück). Der Graf von Lavagna wäre zu
  • feig, sich gegen die Erstlinge meines Schwertes zu wagen?
  • Fiesco. Bourgognino! gegen die ganze Macht Frankreichs, aber nicht
  • gegen Sie! Ich ehre dieses liebe Feuer für einen lieberen Gegenstand.
  • Einen Lorbeer verdient der Wille, aber die That wäre kindisch.
  • Bourgognino (erregt). Kindisch! Graf? Das Frauenzimmer kann über
  • Mißhandlung nur weinen--wofür ist der Mann da?
  • Fiesco. Ungemein gut gesagt, aber ich schlage mich nicht.
  • Bourgognino (dreht ihm den Rücken, will gehen). Ich werde Sie
  • verachten.
  • Fiesco (lebhaft). Bei Gott, Jüngling! das wirst du nie, und wenn die
  • Tugend im Preis fallen sollte. (Faßt ihn bedächtlich bei der Hand.)
  • haben Sie jemals etwas gegen mich gefühlt, das man--wie soll ich
  • sagen?--Ehrfurcht nennt?
  • Bourgognino. Wär' ich einem Mann gewichen, den ich nicht für den
  • ersten der Menschen erklärte?
  • Fiesco. Also, mein Freund! einen Mann, der einst meine Ehrfurcht
  • verdiente, würde ich--etwas langsam verachten lernen. Ich dächte doch,
  • das Gewebe eines Meisters sollte künstlicher sein, als dem flüchtigen
  • Anfänger so geradezu in die Augen zu springen--Gehen Sie heim,
  • Bourgognino, und nehmen Sie sich Zeit, zu überlegen, warum Fiesco so
  • und nicht anders handelt. (Bourgognino geht stillschweigend ab.) Fahr
  • hin, edler Jüngling! Wenn diese Flammen ins Vaterland schlagen, mögen
  • die Doria fest stehen.
  • Neunter Auftritt
  • Fiesco. Der Mohr tritt schüchtern herein und sieht sich überall
  • sorgfältig um.
  • Fiesco (faßt ihn scharf und lang ins Auge). Was willst du, und wer
  • bist du?
  • Mohr (wie oben). Ein Sklave der Republik.
  • Fiesco. Sklaverei ist ein elendes Handwerk. (Immer ein scharfes Aug
  • auf ihn.) Was suchst du?
  • Mohr. Herr, ich bin ein ehrlicher Mann.
  • Fiesco. Häng' immer diesen Schild vor dein Gesicht hinaus, das wird
  • nicht überflüssig sein--aber was suchst du?
  • Mohr (sucht ihm näher zu kommen, Fiesco weicht aus). Herr, ich bin
  • kein Spitzbube.
  • Fiesco. Es ist gut, daß du das beifügst, und--doch wieder nicht gut.
  • (Ungeduldig.) Aber was suchst du?
  • Mohr (rückt wieder näher). Seid Ihr der Graf Lavagna?
  • Fiesco (stolz). Die Blinden in Genua kennen meinen Tritt.--Was soll
  • dir der Graf?
  • Mohr. Seid auf Eurer Hut, Lavagna. (Hart an ihn.)
  • Fiesco (springt auf die andere Seite). Das bin ich wirklich.
  • Mohr (wie oben). Man hat nichts Guts gegen Euch vor, Lavagna.
  • Fiesco (retiriert sich wieder). Das seh' ich.
  • Mohr. Hütet Euch vor dem Doria.
  • Fiesco (tritt ihm vertraut näher). Freund! sollt' ich dir doch wohl
  • Unrecht getan haben? Diesen Namen fürchte ich wirklich.
  • Mohr. So flieht vor dem Mann. Könnt Ihr lesen?
  • Fiesco. Eine kurzweilige Frage. Du bist bei manchem Cavalier
  • herumgekommen. Hast du was Schriftliches?
  • Mohr. Euren Namen bei armen Sündern. (Er reicht ihm einen Zettel
  • und nistet sich hart an ihn. Fiesco tritt vor einen Spiegel und
  • schielt über das Papier. Der Mohr geht lauernd um ihn herum, endlich
  • zieht er den Dolch und will stoßen.)
  • Fiesco (dreht sich geschickt und fährt nach dem Arm des Mohren).
  • Sachte, Canaille! (Entreißt ihm den Dolch.)
  • Mohr (stampft wild auf den Boden). Teufel--Bitt' um Vergebung.
  • (Will sich abführen.)
  • Fiesco (packt ihn, mit starker Stimme). Stephano! Drullo! Antonio!
  • (Den Mohren an der Gurgel.) Bleib, guter Freund! Höllische Büberei!
  • (Bediente.) Bleib und antworte! Du hast schlechte Arbeit gemacht;
  • an wen hast du dein Taglohn zu fordern?
  • Mohr (nach vielen vergeblichen Versuchen, sich wegzustehlen,
  • entschlossen). Man kann mich nicht höher hängen, als der Galgen ist.
  • Fiesco. Nein, tröste dich! Nicht an die Hörner des Monds, aber doch
  • hoch genug, daß du den Galgen für einen Zahnstocher ansehen sollst.
  • Doch deine Wahl war zu staatsklug, als daß ich sie deinem Mutterwitz
  • zutrauen sollte. Sprich also, wer hat dich gedungen?
  • Mohr. Herr, einen Schurken könnt ihr mich schimpfen, aber den
  • Dummkopf verbitt' ich.
  • Fiesco. Ist die Bestie stolz. Bestie, sprich, wer hat dich gedungen?
  • Mohr (nachdenkend). Hum! so wär' ich doch nicht allein der Narr!
  • --wer mich gedungen hat?--und waren's doch nur hundert magre Zechinen!
  • --Wer mich gedungen hat?--Prinz Gianettino.
  • Fiesco (erbittert auf und nieder). Hundert Zechinen und nicht mehr
  • für des Fiesco Kopf. (Hämisch.) Schäme dich, Kronprinz von Genua.
  • (Noch einer Schatulle eilend.) Hier, Bursche, sind tausend, und sag
  • deinem Herrn--er sei ein knickiger Mörder!
  • (Mohr betrachtet ihn vom Fuß bis zum Wirbel.)
  • Fiesco. Du besinnst dich, Bursche?
  • Mohr (nimmt das Geld, setzt es nieder, nimmt es wieder und besieht
  • ihn mit immer steigendem Erstaunen).
  • Fiesco. Was machst, Bursche?
  • Mohr (wirft das Geld entschlossen auf den Tisch). Herr--das Geld
  • hab' ich nicht verdient.
  • Fiesco. Schafskopf von einem Jauner! den Galgen hast du verdient.
  • Der entrüstete Elephant zertritt Menschen, aber nicht Würmer. Dich
  • würd' ich hängen lassen, wenn es mich nur so viel mehr als zwei Worte
  • kostete.
  • Mohr (mit einer frohen Verbeugung). Der Herr sind gar zu gütig.
  • Fiesco. Behüte Gott! nicht gegen dich. Es gefällt mir nun eben, daß
  • meine Laune einen Schurken, wie du bist, zu etwas und nichts machen
  • kann, und darum gehst du frei aus. Begreife mich recht. Dein
  • Ungeschick ist mir ein Unterpfand des Himmels, daß ich zu etwas
  • Großem aufgehoben bin, und darum bin ich gnädig, und du gehst frei
  • aus.
  • Mohr (treuherzig). Schlagt ein, Lavagna! Eine Ehre ist der andern
  • werth. Wenn Jemand auf dieser Halbinsel eine Gurgel für Euch
  • überzählig hat, befehlt! und ich schneide sie ab, unentgeldlich.
  • Fiesco. Eine höfliche Bestie! Sie will sich mit fremder Leute
  • Gurgeln bedanken.
  • Mohr. Wir lassen uns nichts schenken, Herr! Unser eins hat auch
  • Ehre im Leibe.
  • Fiesco. Die Ehre der Gurgelschneider?
  • Mohr. Ist wohl feuerfester als Eurer ehrlichen Leute: sie brechen
  • ihre Schwüre dem lieben Herrgott; wir halten sie pünktlich dem Teufel.
  • Fiesco. Du bist ein drolligter Jauner.
  • Mohr. Freut mich, daß Ihr Geschmack an mir findet. Setzt mich erst
  • auf die Probe, Ihr werdet einen Mann kennen lernen, der sein
  • Exercitium aus dem Stegreif macht. Fordert mich auf. Ich kann Euch
  • von jeder Spitzbubenzunft ein Testimonium aufweisen, von der
  • untersten bis zur höchsten.
  • Fiesco. Was ich nicht höre! (Indem er sich niedersetzt.) Also auch
  • Schelmen erkennen Gesetzt und Rangordnung? Laß mich doch von der
  • untersten hören.
  • Mohr. Pfui, gnädiger Herr! das ist das verächtliche Heer der langen
  • Finger. Ein elend Gewerb, das keinen großen Mann ausbrütet, arbeitet
  • nur auf Karbatsche und Raspelhaus und führt--höchstens zum Galgen.
  • Fiesco. Ein reizendes Ziel. Ich bin auf die beßre begierig.
  • Mohr. Das sind die Spionen und Maschinen. Bedeutende Herren, denen
  • die Großen ein Ohr leihen, wo sie ihre Allwissenheit holen; die sich
  • wie Blutigel in Seelen einbeißen, das Gift aus dem Herzen schlürfen
  • und an die Behörde speien.
  • Fiesco. Ich kenne das--fort!
  • Mohr. Der Rang trifft nunmehr die Meuter, Giftmischer und Alle, die
  • ihren Mann lang hinhalten und aus dem Hinterhalt fassen. Feige
  • Memmen sind's oft, aber doch Kerls, die dem Teufel das Schulgeld mit
  • ihrer armen Seele bezahlen. Hier thut die Gerechtigkeit schon etwas
  • Übriges, strickt ihre Knöchel aufs Rad und pflanzt ihre Schlauköpfe
  • auf Spieße. Das ist die dritte Zunft.
  • Fiesco. Aber, sprich doch, wann wird die deinige kommen?
  • Mohr. Blitz, gnädiger Herr! das ist eben der Pfiff. Ich bin durch
  • diese alle gewandert. Mein Genie geilte frühzeitig über jedes Gehege.
  • Gestern Abend macht' ich mein Meisterstück in der dritten, vor
  • einer Stunde war ich--ein Stümper in der vierten.
  • Fiesco. Diese wäre also?
  • Mohr (lebhaft). Das sind Männer, (in Hitze) die ihren Mann zwischen
  • vier Mauern aufsuchen, durch die Gefahr eine Bahn sich hauen, ihm
  • gerade zu Leib gehen, mit dem ersten Gruß ihm den Großdank für den
  • zweiten ersparen. Unter uns! man nennt sie nur die Extrapost der
  • Hölle. Wenn Mephistopheles einen Gelust bekommt, braucht's nur einen
  • Wink, und er hat den Braten noch warm.
  • Fiesco. Du bist ein hartgesottener Sünder. Einen solchen vermißte
  • ich längst. Gib mir deine Hand. Ich will dich bei mir behalten.
  • Mohr. Ernst oder Spaß?
  • Fiesco. Mein völliger Ernst, und gebe dir tausend Zechinen des Jahrs.
  • Mohr. Topp, Lavagna! Ich bin Euer, und zum Henker fahre das
  • Privatleben. Braucht mich, wozu Ihr wollt. Zu Eurem Spürhund, zu
  • Eurem Parforce-Hund, zu Eurem Fuchs, zu Eurer Schlange, zu Eurem
  • Kuppler und Henkersknecht. Herr, zu allen Commissionen, nur bei
  • Leibe! zu keiner ehrlichen--dabei benehm' ich mich plump wie Holz.
  • Fiesco. Sei unbesorgt! Wem ich ein Lamm schenken will, lass' ich's
  • durch keinen Wolf überliefern. Geh also gleich morgen durch Genua
  • und suche die Witterung des Staats. Lege dich wohl auf Kundschaft,
  • wie man von der Regierung denkt und vom Haus Doria flüstert, sondiere
  • daneben, was meine Mitbürger von meinem Schlaraffenleben und meinem
  • Liebesroman halten. Überschwemme ihre Gehirne mit Wein, bis ihre
  • Herzensmeinungen überlaufen. Hier hast du Geld. Spende davon unter
  • den Seidenhändlern aus.
  • Mohr (sieht ihn nachdenklich an). Herr-Fiesco. Angst darf dir nicht
  • werden. Es ist nichts Ehrliches--Geh! rufe deine ganze Bande zu
  • Hilfe. Morgen will ich deine Zeitungen hören. (Er geht ab.)
  • Mohr (ihm nach). Verlaßt Euch auf mich. Jetzt ist's früh vier Uhr.
  • Morgen um Acht habt Ihr so viel Neues erfahren, als in zweimal
  • siebenzig Ohren geht. (Ab.)
  • Zehnter Auftritt
  • Zimmer bei Verrina.
  • Bertha rücklings in einem Sopha, den Kopf in die Hand geworfen.
  • Verrina düster hereintretend.
  • Bertha (erschrickt, springt auf). Himmel! da ist er!
  • Verrina (steht still, besieht sie befremdet). An ihrem Vater
  • erschrickt meine Tochter?
  • Bertha. Fliehen Sie! Lassen Sie mich fliehen! Sie sind schrecklich,
  • mein Vater.
  • Verrina. Meinem einzigen Kinde?
  • Bertha (mit einem schweren Blick auf ihn). Nein! Sie müssen noch
  • eine Tochter haben.
  • Verrina. Drückt dich meine Zärtlichkeit zu schwer?
  • Bertha. Zu Boden, Vater.
  • Verrina. Wie? welcher Empfang, meine Tochter? Sonst, wenn ich nach
  • Hause kam, Berge auf meinem Herzen, hüpfte mir meine Bertha entgegen,
  • und meine Bertha lachte sie weg. Komm, umarme mich, Tochter. An
  • dieser glühenden Brust soll mein Herz wieder erwarmen, das am
  • Todtenbett des Vaterlands einfriert. O mein Kind! Ich habe heute
  • Abrechnung gehalten mit allen Freuden der Natur, und (äußerst schwer)
  • nur du bist mir geblieben.
  • Bertha (mißt ihn mit einem langen Blick). Unglücklicher Vater!
  • Verrina (umarmt sie beklemmt). Bertha! mein einziges Kind! Bertha!
  • meine letzte übrige Hoffnung!--Genuas Freiheit ist dahin--Fiesco
  • hin--(indem er sie heftiger drückt, durch die Zähne) Werde du eine
  • Hure-Bertha (reißt sich aus seinen Armen). Heiliger Gott! Sie
  • wissen?-Verrina (steht bebend still). Was?
  • Bertha. Meine jungfräuliche Ehre-Verrina (wüthend). Was?
  • Bertha. Diese Nacht-Verrina (wie ein Rasender). Was?
  • Bertha. Gewalt! (Sinkt am Sopha nieder.)
  • Verrina (nach einer langen schreckhaften Pause mit dumpfer Stimme).
  • Noch ein Athemzug, Tochter--den letzten! (Mit hohlem gebrochnem Ton.)
  • Wer?
  • Bertha. Weh mir, nicht diesen todtenfarben Zorn! Helfe mir Gott! er
  • stammelt und zittert.
  • Verrina. Ich wüßte doch nicht--meine Tochter! Wer?
  • Bertha. Ruhig! ruhig! mein bester, mein theurer Vater.
  • Verrina. Um Gotteswillen--Wer? (will vor ihr niederfallen.)
  • Bertha. Eine Maske.
  • Verrina (tritt zurück, nach einem stürmischen Nachdenken). Nein! das
  • kann nicht sein! Den Gedanken sendet mir Gott nicht. (Lacht graß
  • auf.) Alter Geck! als wenn alles Gift nur aus einer und eben der
  • Kröte spritzte? (Zu Bertha gefaßter.) Die Person, wie die meinige,
  • oder kleiner?
  • Bertha. Größer.
  • Verrina (rasch). Die Haare schwarz? kraus?
  • Bertha. Kohlschwarz und kraus.
  • Verrina (taumelt von ihr hinweg). Gott! mein Kopf! mein Kopf--die
  • Stimme?
  • Bertha. Rauh, eine Baßstimme.
  • Verrina (heftig). Von welcher Farbe? Nein! ich will nicht mehr
  • hören!--der Mantel--von welcher Farbe?
  • Bertha. Der Mantel grün, wie mich däuchte.
  • Verrina (hält beide Hände vors Gesicht und wankt in den Sopha). Sei
  • ruhig. Es ist nur ein Schwindel, meine Tochter. (Läßt die Hände
  • sinken; ein Todtengesicht.)
  • Bertha (die Hände ringend). Barmherziger Himmel! das ist mein Vater
  • nicht mehr.
  • Verrina (nach einer Pause mit bitterm Gelächter). Recht so! recht so!
  • Memme Verrina!--daß der Bube in das Heiligthum der Gesetze
  • griff--diese Aufforderung war dir zu matt--der Bube mußte noch ins
  • Heiligthum deines Bluts greifen--(Springt auf.) Geschwind! rufe den
  • Nicolo--Blei und Pulver--oder halt! halt! ich besinne mich eben
  • anders--besser--Hole mein Schwert herbei, bet' ein Vaterunser. (Die
  • Hand vor die Stirne.) Was will ich aber?
  • Bertha. Mir ist sehr bange, mein Vater.
  • Verrina. Komm, setzt dich zu mir. (Bedeutend.) Bertha, erzähle
  • mir--Bertha, was that jener eisgraue Römer, als man seine Tochter
  • auch so--wie nenn ich's nun--auch so artig fand, seine Tochter? Höre
  • Bertha, was sagte Virginius zu seiner verstümmelten Tochter?
  • Bertha (mit Schaudern). Ich weiß nicht, was er sagte.
  • Verrina. Närrisches Ding--Nichts sagte er. (Plötzlich auf, faßt ein
  • Schwert.) Nach einem Schlachtmesser griff er-Bertha (stürzt ihm
  • erschrocken in die Arme). Großer Gott! was wollen Sie thun?
  • Verrina (wirft das Schwert ins Zimmer). Nein! noch ist Gerechtigkeit
  • in Genua!
  • Eilfter Auftritt
  • Sacco. Calcagno. Vorige.
  • Calcagno. Verrina, geschwind! Mache dich fertig. Heute hebt die
  • Wahlwoche der Republik an. Wir wollen früh in die Signoria, die
  • neuen Senatoren wählen. Die Gassen wimmeln von Volk. Der ganze Adel
  • strömt nach dem Rathhaus. Du begleitest uns doch, (spöttisch) den
  • Triumph unsrer Freiheit zu sehen.
  • Sacco. Ein Schwert liegt im Saal. Verrina schaut wild. Bertha hat
  • rothe Augen.
  • Calcagno. Bei Gott! das nehm' ich nun auch gewahr--Sacco, hier ist
  • ein Unglück geschehen.
  • Verrina (stellt zwei Sessel hin). Setzt euch.
  • Sacco. Freund, du erschreckst uns.
  • Calcagno. So sah ich dich nie, Freund. Hätte nicht Bertha geweint,
  • ich würde fragen: geht Genua unter?
  • Verrina (fürchterlich). Unter! Sitzt nieder!
  • Calcagno (erschrocken, indem sich Beide setzen). Mann! Ich
  • beschwöre dich!
  • Verrina. Höret!
  • Calcagno. Was ahnet mir, Sacco?
  • Verrina. Genueser--ihr Beide kennt das Alterthum meines Namens.
  • Eure Ahnen haben den meinigen die Schleppe getragen. Meine Väter
  • fochten die Schlachten des Staats. Meine Mütter waren Muster der
  • Genueserinnen. Ehre war unser einziges Capital und erbte vom Vater
  • zum Sohn--oder wer weiß es anders?
  • Sacco. Niemand.
  • Calcagno. So wahr Gott lebt, Niemand.
  • Verrina. Ich bin der letzte meines Geschlechts. Mein Weib liegt
  • begraben. Diese Tochter ist ihr einziges Vermächtniß. Genueser, ihr
  • seid Zeugen, wie ich sie erzog. Wird Jemand auftreten und Klage
  • führen, daß ich meine Bertha verwahrloste?
  • Calcagno. Deine Tochter ist ein Muster im Lande.
  • Verrina. Freunde! ich bin ein alter Mann. Verliere ich diese, darf
  • ich keine mehr hoffen. Mein Gedächtniß löscht aus. (Mit einer
  • schrecklichen Wendung.) Ich habe sie verloren. Infam ist mein Stamm.
  • Beide. (in Bewegung). Das wolle Gott verhüten! (Bertha wälzt sich
  • jammernd im Sopha.)
  • Verrina. Nein! Verzweifle nicht, Tochter. Diese Männer sind tapfer
  • und gut. Beweinen dich diese, wird's irgendwo bluten.--Seht nicht so
  • betroffen aus, Männer. (Langsam, mit Gewicht.) Wer Genua unterjocht,
  • kann doch wohl ein Mädchen bezwingen?
  • Beide (fahren auf, werfen die Sessel zurück). Gianettino Doria!
  • Bertha (mit einem Schrei). Stürzt über mich, Mauern! mein Scipio!
  • Zwölfter Auftritt
  • Bourgognino. Vorige.
  • Bourgognino (erhitzt). Springe hoch, Mädchen! Eine Freudenpost!
  • --Edler Verrina, ich komme, meinen Himmel auf Ihre Zunge zu setzen.
  • Schon längst liebte ich Ihre Tochter, und nie durft' ich es wagen, um
  • ihre Hand zu bitten, weil mein ganzes Vermögen auf falschen Brettern
  • von Coromandel schwamm. Eben jetzt fliegt meine Fortuna wohlbehalten
  • in die Rhede und führt, wie sie sagen, unermeßliche Schätze mit. Ich
  • bin ein reicher Mann. Schenken Sie mir Bertha, ich mache sie
  • glücklich. (Bertha verhüllt sich, große Pause.)
  • Verrina (bedächtlich zu Bourgognino). Haben Sie Lust, junger Mensch,
  • Ihr Herz in eine Pfütze zu werfen?
  • Bourgognino (greift nach dem Schwert, zieht aber plötzlich die Hand
  • zurück). Das sprach der Vater-Verrina. Das spricht jeder Schurk' in
  • Italien. Nehmen Sie mit dem Abtrag von anderer Leute Gastung vorlieb?
  • Bourgognino. Mach mich nicht wahnwitzig, Graukopf!
  • Calcagno. Bourgognino, wahr spricht der Graukopf.
  • Bourgognino (auffahrend, gegen Bertha stürzend). Wahr spricht er?
  • Mich hätte eine Dirne genarrt?
  • Calcagno. Bourgognino, nicht da hinaus. Das Mädchen ist engelrein.
  • Bourgognino (steht erstaunt still). Nun! so wahr ich selig werden
  • will. Rein und entehrt. Ich habe keinen Sinn für das.--Sie sehen
  • sich an und sind stumm. Irgend ein Unhold von Missethat zuckt auf
  • ihren bebenden Zungen. Ich beschwöre euch! Schiebt meine Vernunft
  • nicht im Kurzweil herum. Rein wäre sie? Wer sagte rein?
  • Verrina. Mein Kind ist nicht schuldig.
  • Bourgognino. Also Gewalt! (Faßt das Schwert von dem Boden.)
  • Genueser! bei allen Sünden unter dem Mond! Wo--wo find' ich den
  • Räuber?
  • Verrina. Eben dort, wo du den Dieb Genuas findest.--(Bourgognino
  • erstarrt. Verrina geht gedankenvoll auf und nieder, dann steht er
  • still.)
  • Verrina. Wenn ich deinen Wink verstehe, ewige Vorsicht, so willst du
  • Genua durch meine Bertha erlösen! (Er tritt zu ihr, indem er den
  • Trauerflor langsam von seinem Arme wickelt, darauf feierlich.) Eh das
  • Herzblut eines Doria diesen häßlichen Flecken aus deiner Ehre wäscht,
  • soll kein Strahl des Tages auf diese Wangen fallen. Bis dahin--(er
  • wirft den Flor über sie) verblinde! (Pause. Die Übrigen sehen ihn
  • schweigend, betreten an.)
  • Verrina (feierlicher, seine Hand auf Berthas Haupt gelegt).
  • Verflucht sei die Luft, die dich fächelt! Verflucht der Schlaf, der
  • dich erquickt! Verflucht jede menschliche Spur, die deinem Elend
  • willkommen ist! Geh hinab in das unterste Gewölb meines Hauses.
  • Winsle, heule, lähme die Zeit mit deinem Gram. (Unterbrochen von
  • Schauern fährt er fort.) Dein Leben sei das gichterische Wälzen des
  • sterbenden Wurms--der hartnäckige, zermalmende Kampf zwischen Sein
  • und Vergehen.--Dieser Fluch hafte auf dir, bis Gianettino den letzten
  • Odem verröchelt hat.--Wo nicht, so magst du ihn nachschleppen längs
  • der Ewigkeit, bis man ausfindig macht, wo die zwei Enden ihres Rings
  • in einander greifen.
  • (Großes Schweigen. Auf allen Gesichtern Entsetzen. Verrina blickt
  • Jeden fest und durchdringend an.)
  • Bourgognino. Rabenvater! was hast du gemacht? Diesen ungeheuren,
  • gräßlichen Fluch deiner armen, schuldlosen Tochter?
  • Verrina. Nicht wahr--das ist schrecklich, mein zärtlicher
  • Bräutigam?--(Höchst bedeutend.) Wer von euch wird nun auftreten und
  • jetzt noch von kaltem Blut und Aufschube schwatzen? Genuas Loos ist
  • auf meine Bertha geworfen, mein Vaterherz meiner Bürgerpflicht
  • überantwortet. Wer von uns ist nun Memme genug, Genuas Erlösung zu
  • verzögern, wenn er weiß, daß dieses schuldlose Lamm seine Feigheit
  • mit unendlichem Gram bezahlt?--Bei Gott! das war nicht das Gewäsch
  • eines Narren--Ich hab' einen Eid gethan und werde mich meines Kindes
  • nicht erbarmen, bis ein Doria am Boden zuckt, und sollt' ich auf
  • Martern raffinieren, wie ein Henkersknecht, und sollt' ich dieses
  • unschuldige Lamm auf kannibalischer Folterbank zerknirschen--Sie
  • zittern--Blaß wie Geister schwindeln sie mich an.--Noch einmal,
  • Scipio! Ich verwahre sie zum Geisel deines Tyrannenmords. An diesem
  • theuren Faden halt' ich deine, meine, eure Pflichten fest. Genuas
  • Despot muß fallen, oder das Mädchen verzweifelt. Ich widerrufe nicht.
  • Bourgognino (wirft sich der Bertha zu Füßen). Und fallen soll
  • er--fallen für Genua, wie ein Opferstier. So gewiß ich dies Schwert
  • im Herzen Dorias umkehre, so gewiß will ich den Bräutigamskuß auf
  • deine Lippen drücken. (Steht auf.)
  • Verrina. Das erste Paar, das die Furien einsegnen. Gebt euch die
  • Hände. In Dorias Herzen wirst du dein Schwert umkehren?--Nimm sie,
  • sie ist dein!
  • Calcagno (kniet nieder). Hier kniet noch ein Genueser und legt
  • seinen furchtbaren Stahl zu den Füßen der Unschuld. So gewiß möge
  • Calcagno den Weg zum Himmel ausfindig machen, als dieses sein Schwert
  • die Straße zu Dorias Leben. (Steht auf.)
  • Sacco. Zuletzt, doch nicht minder entschlossen, kniet Raphael Sacco.
  • Wenn dies mein blankes Eisen Berthas Gefängniß nicht aufschließt, so
  • schließe sich das Ohr des Erhörers meinem letzten Gebet zu. (Steht
  • auf.)
  • Verrina (erheitert). Genua dankt euch in mir, meine Freunde. Gehe
  • nun, Tochter. Freue dich, des Vaterlands großes Opfer zu sein.
  • Bourgognino (umarmt sie im Abgehen). Geh! Traue auf Gott und
  • Bourgognino. An einem und eben dem Tag werden Bertha und Genua frei
  • sein. (Bertha entfernt sich.)
  • Dreizehnter Auftritt
  • Vorige ohne Bertha.
  • Calcagno. Eh wir weiter gehn, noch ein Wort, Genueser!
  • Verrina. Ich errath' es.
  • Calcagno. Werden vier Patrioten genug sein, Tyrannei, die mächtige
  • Hyder, zu stürzen? Werden wir nicht den Pöbel aufrühren, nicht den
  • Adel zu unsrer Partei ziehen müssen?
  • Verrina. Ich verstehe. Höret also, ich habe längst einen Maler im
  • Solde, der seine ganze Kunst verschwendet, den Sturz des Appius
  • Claudius fresco zu malen. Fiesco ist ein Anbeter der Kunst, erhitzt
  • sich gern an erhabenen Scenen. Wir werden die Malerei nach seinem
  • Palast bringen und zugegen sein, wenn er sie betrachtet. Vielleicht,
  • daß der Anblick seinen Genius wieder aufweckt--Vielleicht-Bourgognino.
  • Weg mit ihm! Verdopple die Gefahr, spricht der Held, nicht die
  • Helfer. Ich habe schon längst ein Etwas in meiner Brust gefühlt, das
  • sich von nichts wollte ersättigen lassen--Was es war, weiß ich jetzt
  • plötzlich (indem er heroisch aufspringt). Ich hab' einen Tyrannen!
  • (Der Vorhang fällt.)
  • Zweiter Aufzug
  • Vorzimmer in Fiescos Palast.
  • Erster Auftritt
  • Leonore. Arabella.
  • Arabella. Nein, sag' ich. Sie sahen falsch. Die Eifersucht lieh
  • Ihnen die häßlichen Augen.
  • Leonore. Es war Julia lebendig. Rede mir nichts ein. Meine
  • Silhouette hing an einem himmelblauen Band, dies war feuerfarb und
  • geflammt. Mein Loos ist entschieden.
  • Zweiter Auftritt
  • Vorige. Julia.
  • Julia (affectiert hereintretend). Der Graf bot mir sein Palais an,
  • den Zug nach dem Rathhaus zu sehen. Die Zeit wird mir lang werden.
  • Eh die Chocolade gemacht ist, Madame, unterhalten Sie mich. (Bella
  • entfernt sich, kommt sogleich wieder.)
  • Leonore. Befehlen Sie, daß ich Gesellschaft hieher bitte?
  • Julia. Abgeschmackt. Als wenn ich die hier suchen müßte? Sie
  • werden mich zerstreuen, Madame. (Auf und ab, sich den Hof machend.)
  • Wenn Sie das können, Madame--denn ich habe nichts zu versäumen.
  • Arabella (boshaft). Desto mehr dieser kostbare Mohr, Signora. Wie
  • grausam, bedenken Sie! die Perspectivchen der jungen Stutzer um diese
  • schöne Prise zu bringen? Ah! und das blitzende Spiel der Perlen, das
  • Einem die Augen bald wund brennt.--Beim großmächtigen Gott! haben Sie
  • nicht das ganze Meer ausgeplündert?
  • Julia (vor einem Spiegel). Das ist Ihr wohl eine Seltenheit,
  • Mamsell? Aber höre Sie, Mamsell, hat Sie Ihrer Herrschaft auch die
  • Zunge verdingt? Scharmant, Madame! Ihre Gäste durch Domestiken
  • becomplimentieren zu lassen.
  • Leonore. Es ist mein Unglück, Signora, daß meine Laune mir das
  • Vergnügen Ihrer Gegenwart schmälert.
  • Julia. Eine gräßliche Unart ist das, die Sie schwerfällig und albern
  • macht. Rasch! lebhaft und witzig! Das ist der Weg nicht, Ihren Mann
  • anzufesseln.
  • Leonore. Ich weiß nur einen, Gräfin. Lassen Sie den Ihrigen immer
  • ein sympathetisches Mittel bleiben.
  • Julia (ohne darauf achten zu wollen). Und, wie Sie sich tragen,
  • Madame! Pfui doch! Auch auf Ihren Körper wenden Sie mehr. Nehmen
  • Sie zur Kunst Ihre Zuflucht, wo die Natur an Ihnen Stiefmutter war.
  • Einen Firniß auf diese Wangen, woraus die mißfärbige Leidenschaft
  • kränkelt. Armes Geschöpf! So wird Ihr Gesichtchen nie einen Käufer
  • finden.
  • Leonore (munter zu Bella). Wünsche mir Glück, Mädchen. Unmöglich
  • hab' ich meinen Fiesco verloren, oder ich habe nichts an ihm verloren.
  • (Man bringt Chocolade, Bella gießt ein.)
  • Julia. Von Verlieren murmeln Sie etwas? Aber mein Gott! wie kam
  • Ihnen auch der tragische Einfall, den Fiesco zu nehmen?--Warum auf
  • diese Höhe, mein Kind, wo Sie nothwendig gesehen werden müssen?
  • verglichen werden müssen?--Auf Ehre, mein Schatz, das war ein Schelm
  • oder ein Dummkopf, der Sie dem Fiesco kuppelte. (Mitleidig ihre Hand
  • ergreifend.) Gutes Thierchen, der Mann, der in den Assembleen des
  • guten Tons gelitten wird, konnte nie deine Partie sein. (Sie nimmt
  • eine Tasse.)
  • Leonore (lächelnd auf Arabellen). Oder er würde in diesen Häusern
  • des guten Tons nicht gelitten sein wollen.
  • Julia. Der Graf hat Person--Welt--Geschmack. Der Graf war so
  • glücklich, Connaissancen von Rang zu machen. Der Graf hat
  • Temperament, Feuer. Nun reißt er sich warm aus dem delicatesten
  • Zirkel. Er kommt nach Hause. Die Ehfrau bewillkommt ihn mit einer
  • Werkeltagszärtlichkeit, löscht seine Gluth in einem feuchten,
  • frostigen Kuß, schneidet ihm ihre Caressen wirthschaftlich, wie einem
  • Kostgänger, vor. Der arme Ehmann! Dort lacht ihm ein blühendes
  • Ideal--hier ekelt ihn eine grämliche Empfindsamkeit an. Signora, um
  • Gotteswillen! wird er nicht den Verstand verlieren, oder was wird er
  • wählen?
  • Leonore (bringt ihr eine Tasse). Sie, Madame, wenn er ihn verloren
  • hat.
  • Julia. Gut. Dieser Biß sei in dein eigenes Herz gegangen. Zittre
  • um diesen Spott, aber eh du zitterst, erröthe.
  • Leonore. Kennen Sie das Ding auch, Signora? Doch warum nicht? Es
  • ist ja ein Toilettenpfiff.
  • Julia. Man sehe doch! Erzürnen muß man das Würmchen, will man ihm
  • ein Fünkchen Mutterwitz abjagen. Gut für jetzt. Es war Scherz,
  • Madame. Geben Sie mir Ihre Hand zur Versöhnung.
  • Leonore (gibt ihr die Hand mit vielsagendem Blick). Imperiali!--vor
  • meinem Zorn haben Sie Ruhe.
  • Julia. Großmüthig, allerdings! Doch sollt' ich's nicht auch sein
  • können, Gräfin? (Langsam und lauernd.) Wenn ich den Schatten einer
  • Person bei mir führe, muß es nicht folgen, daß das Original mir werth
  • ist? Oder was meinen Sie?
  • Leonore (roth und verwirrt). Was sagen Sie? Ich hoffe, dieser
  • Schluß ist zu rasch.
  • Julia. Das denk' ich selbst. Das Herz ruft nie die Sinne zu Hilfe.
  • Wahre Empfindung wird sich nie hinter Schmuckwerk verschanzen.
  • Leonore. Großer Gott! Wie kommen Sie zu dieser Wahrheit?
  • Julia. Mitleid, bloßes Mitleid--Denn sehen Sie, so ist es auch
  • umgekehrt wahr--und Sie haben Ihren Fiesco noch. (Sie gibt ihr ihre
  • Silhouette und lacht boshaft auf.)
  • Leonore (mit auffahrender Erbitterung). Mein Schattenriß? Ihnen?
  • (Wirft sich schmerzvoll in einen Sessel.) O der heillose Mann!
  • Julia (frohlockend). Hab' ich vergolten? hab' ich? Nun, Madame,
  • keinen Nadelstich mehr in Bereitschaft? (Laut in die Scene.) Den
  • Wagen vor! Mein Gewerb ist bestellt. (Zu Leonoren, der sie das Kinn
  • streicht.) Trösten Sie sich, mein Kind. Er gab mir die Silhouette im
  • Wahnwitz. (Ab.)
  • Dritter Auftritt
  • Calcagno kommt.
  • Calcagno. So erhitzt ging die Imperiali weg, und Sie in Wallung,
  • Madonna?
  • Leonore (mit durchdringendem Schmerz). Nein! das war nie erhört!
  • Calcagno. Himmel und Erde! Sie weinen doch wohl nicht?
  • Leonore. Ein Freund vom Unmenschlichen--Mir aus den Augen!
  • Calcagno. Welchem Unmenschlichen? Sie erschrecken mich.
  • Leonore. Von meinem Mann--Nicht so! von dem Fiesco.
  • Calcagno. Was muß ich hören?
  • Leonore. O, nur ein Bubenstück, das bei euch gangbar ist, Männer.
  • Calcagno (faßt ihre Hand mit Heftigkeit). Gnädige Frau, ich habe ein
  • Herz für die weinende Tugend.
  • Leonore (ernst). Sie sind ein Mann--es ist nicht für mich.
  • Calcagno. Ganz für Sie--voll von Ihnen--daß Sie wüßten, wie
  • sehr--wie unendlich sehr-Leonore. Mann, du lügst--du versicherst, eh
  • du handelst.
  • Calcagno. Ich schwöre Ihnen-Leonore. Einen Meineid. Hör' auf! Ihr
  • ermüdet den Griffel Gottes, der sie niederschreibt. Männer! Männer!
  • wenn eure Eide zu so viel Teufeln würden, sie könnten Sturm gegen den
  • Himmel laufen und die Engel des Lichts als Gefangene wegführen.
  • Calcagno. Sie schwärmen, Gräfin. Ihre Erbitterung macht Sie
  • ungerecht. Soll das Geschlecht für den Frevel des Einzelnen Rede
  • stehn?
  • Leonore (sieht ihn groß an). Mensch! ich betete das Geschlecht in
  • dem Einzelnen an, soll ich es nicht in ihm verabscheuen dürfen?
  • Calcagno. Versuchen Sie, Gräfin--Sie gaben Ihr Herz das erstemal
  • fehl--ich wüßte ihnen den Ort, wo es aufgehoben sein sollte.
  • Leonore. Ihr könntet den Schöpfer aus seiner Welt hinauslügen--Ich
  • will nichts von dir hören.
  • Calcagno. Diesen Verdammungsspruch sollten Sie noch heute in meinen
  • Armen zurückrufen.
  • Leonore (aufmerksam). Rede ganz aus. In deinen--?
  • Calcagno. In meinen Armen, die sich öffnen, eine Verlassene
  • aufzunehmen und für verlorene Liebe zu entschädigen.
  • Leonore (sieht ihn fein an). Liebe?
  • Calcagno (vor ihr nieder mit Feuer). Ja! es ist hingesagt. Liebe,
  • Madonna. Leben und Tod liegt auf Ihrer Zunge. Wenn meine
  • Leidenschaft Sünde ist, so mögen die Enden von Tugend und Laster in
  • einander fließen und Himmel und Hölle in eine Verdammniß gerinnen.
  • Leonore (tritt mit Unwillen und Hoheit zurück). Da hinaus zielte
  • deine Theilnehmung, Schleicher?--In einer Kniebeugung verräthst du
  • Freundschaft und Liebe? Ewig aus meinem Aug! Abscheuliches
  • Geschlecht! Bis jetzt glaubte ich, du betrügest nur Weiber; das hab'
  • ich nie gewußt! daß du auch an dir selbst zum Verräther wirst.
  • Calcagno (steht betroffen auf). Gnädige Frau-Leonore. Nicht genug,
  • daß er das heilige Siegel des Vertrauens erbrach, auch an den reinen
  • Spiegel der Tugend haucht dieser Heuchler die Pest und will meine
  • Unschuld im Eidbrechen unterweisen.
  • Calcagno (rasch). Das Eidbrechen ist nur Ihr Fall nicht, Madonna.
  • Leonore. Ich verstehe, und meine Empfindlichkeit sollte dir meine
  • Empfindung bestechen? Das wußtest du nicht, (sehr groß) daß schon
  • allein das erhabene Unglück, um den Fiesco zu brechen, ein Weiberherz
  • adelt. Geh! Fiescos Schande macht keinen Calcagno bei mir steigen,
  • aber--die Menschheit sinken. (Schnell ab.)
  • Calcagno (sieht ihr betäubt nach, dann ab, mit einem Schlag vor die
  • Stirne). Dummkopf!
  • Vierter Auftritt
  • Der Mohr. Fiesco.
  • Fiesco. Wer war's, der da wegging?
  • Mohr. Marchese Calcagno.
  • Fiesco. Auf dem Sopha blieb dieses Schnupftuch liegen. Meine Frau
  • war hier.
  • Mohr. Begegnete mir so eben in einer starken Erhitzung.
  • Fiesco. Dieses Schnupftuch ist feucht. (Steckt es zu sich.)
  • Calcagno hier? Leonore in starker Erhitzung? (Nach einigem
  • Nachdenken zum Mohren.) Auf den Abend will ich dich fragen, was hier
  • geschehen ist.
  • Mohr. Mamsell Bella hört es gern, daß sie blond sei. Will es
  • beantworten.
  • Fiesco. Und nun sind dreißig Stunden vorbei. Hast du meinen Auftrag
  • vollzogen?
  • Mohr. Auf ein Jota, mein Gebieter.
  • Fiesco (setzt sich). Sag denn, wie pfeift man von Doria und der
  • gegenwärtigen Regierung?
  • Mohr. O pfui; nach abscheulichen Weisen. Schon das Wort: Doria,
  • schüttelt sie wie ein Fieberfrost. Gianettino ist gehaßt bis in den
  • Tod. Alles murrt. Die Franzosen, sagen sie, seien Genuas Ratten
  • gewesen, Kater Doria habe sie aufgefressen und lasse sich nun die
  • Mäuse belieben.
  • Fiesco. Das könnte wahr sein--und wußten sie keinen Hund für den
  • Kater?
  • Mohr (leichtfertig). Die Stadt murmelte Langes und Breites von einem
  • gewissen--einem gewissen--Holla! Hätt' ich denn gar den Namen
  • vergessen?
  • Fiesco (steht auf). Dummkopf! Er ist so leicht zu behalten, als
  • schwer er zu machen war. Hat Genua mehr als einen Einzigen?
  • Mohr. So wenig als zween Grafen von Lavagna.
  • Fiesco (setzt sich). Das ist Etwas. Und was flüstert man denn über
  • mein lustiges Leben?
  • Mohr (mißt ihn mit großen Augen). Höret, Graf von Lavagna! Genua
  • muß groß von Euch denken. Man kann's nicht verdauen, daß ein
  • Cavalier vom ersten Hause--voll Talenten und Kopf--in vollem Feuer
  • und Einfluß--Herr von vier Millionen Pfund--Fürstenblut in den
  • Adern--ein Cavalier wie Fiesco, dem auf den ersten Wink alle Herzen
  • zufliegen würden-Fiesco (wendet sich mit Verachtung ab). Von einem
  • Schurken das anzuhören-Mohr. Daß Genuas großer Mann Genuas großen
  • Fall verschlafe. Viele bedauern, sehr Viele verspotten, die Meisten
  • verdammen Euch. Alle beklagen den Staat, der Euch verlor. Ein
  • Jesuit wollte gerochen haben, daß ein Fuchs im Schlafrock stecke.
  • Fiesco. Ein Fuchs riecht den andern.--Was spricht man zu meinem
  • Roman mit der Gräfin Imperiali?
  • Mohr. Was ich zu wiederholen hübsch unterlassen werde.
  • Fiesco. Frei heraus! Je frecher, desto willkommener. Was murmelt
  • man?
  • Mohr. Nichts murmelt man. Auf allen Kaffeehäusern, Billardtischen,
  • Gasthöfen, Promenaden--auf dem Markt--auf der Börse schreit man
  • laut-Fiesco. Was? Ich befehl' es dir!
  • Mohr (sich zurückziehend). Daß Ihr ein Narr seid.
  • Fiesco. Gut. Hier nimm die Zechine für diese Zeitung. Die
  • Schellenkappe hab' und nun aufgesetzt, daß diese Genueser über mich
  • lachen; bald will ich mir eine Glatze scheeren, daß sie den Hanswurst
  • von mir spielen. Wie nahmen sich die Seidenhändler bei meinen
  • Geschenken?
  • Mohr (drollig). Narr, sie stellten sich wie die armen Sünder-Fiesco.
  • Narr? Bist du toll, Bursche?
  • Mohr. Verzeiht! Ich hätte Lust zu noch mehr Zechinen.
  • Fiesco (lacht, gibt ihm eine). Nun, wie die armen Sünder--?
  • Mohr. Die auf dem Block liegen und jetzt Pardon über sich hören.
  • Euer sind sie Seel und Leib.
  • Fiesco. Das freut mich. Sie geben den Ausschlag bei dem Pöbel zu
  • Genua.
  • Mohr. Was das ein Auftritt war! Wenig fehlte, der Teufel hole mich!
  • daß ich nicht Geschmack an der Großmuth gefunden hätte. Sie wälzten
  • sich mir wie unsinnig um den Hals, die Mädel schienen sich bald in
  • meines Vaters Farbe vergafft zu haben, so hitzig fielen sie über
  • meine Mondsfinsterniß her. Allmächtig ist doch das Gold, war da mein
  • Gedanke; auch Mohren kann's bleichen.
  • Fiesco. Dein Gedanke war besser, als das Mistbeet, worin er
  • wuchs--Die Worte, die du mir hinterbracht hast, sind gut, lassen sich
  • Thaten daraus schließen?
  • Mohr. Wie aus des Himmels Räuspern der ausbrechende Sturm. Man
  • steckt die Köpfe zusammen, rottiert sich zu Hauf, ruft Hum! spukt ein
  • Fremder vorbei. Durch ganz Genua herrscht eine dumpfe Schwüle--
  • Dieser Mißmuth hängt wie ein schweres Wetter über der Republik--
  • nur einen Wind, so fallen Schlossen und Blitze.
  • Fiesco. Stille! horch! Was ist das für ein verworrenes Gesumse?
  • Mohr (aus dem Fenster fliegend). Es ist das Geschrei vieler Menschen,
  • die vom Rathhaus herabkommen.
  • Fiesco. Heute ist Procuratorwahl. Laß meine Carriole vorfahren.
  • Unmöglich kann die Sitzung schon aus sein. Ich will hinauf.
  • Unmöglich kann sie rechtmäßig sein--Schwert und Mantel her. Wo ist
  • mein Orden?
  • Mohr. Herr, ich hab' ihn gestohlen und versetzt.
  • Fiesco. Das freut mich.
  • Mohr. Nun, wie? wird mein Präsent bald herausrücken?
  • Fiesco. Weil du nicht auch den Mantel nahmst?
  • Mohr. Weil ich den Dieb ausfindig machte.
  • Fiesco. Der Tumult wälzt sich hierher. Horch! Das ist nicht das
  • Gejauchze des Beifalls. (Rasch.) Geschwind, riegle die Hofpforten
  • auf. Ich hab' eine Ahnung. Doria ist tollkühn. Der Staat gaukelt
  • auf einer Nadelspitze. Ich wette, auf der Signoria ist Lärm worden.
  • Mohr (am Fenster, schreit). Was ist das? Die Straße Balbi
  • herunter--Troß vieler Tausende--Hellebarden blitzen--Schwerter--Holla!
  • Senatoren--fliegen hieher-Fiesco. Es ist ein Aufruhr! Spring
  • unter sie. Nenn meinen Namen. Sieh zu, daß sie hieher sich werfen.
  • (Mohr eilt hinunter.) Was die Ameise Vernunft mühsam zu Haufen
  • schleppt, jagt in einem Hui der Wind des Zufalls zusammen.
  • Fünfter Auftritt
  • Fiesco. Zenturione, Zibo, Asserato stürzen stürmisch ins Zimmer.
  • Zibo. Graf, Sie verzeihen unserm Zorn, daß wir unangemeldet
  • hereintreten.
  • Zenturione. Ich bin beschimpft, tödlich beschimpft vom Neffen des
  • Herzogs, im Angesicht der ganzen Signoria.
  • Asserato. Doria hat das goldene Buch besudelt, davon jeder
  • genuesische Edelmann ein Blatt ist.
  • Zenturione. Darum sind wir da. Der ganze Adel ist in mir
  • aufgefordert. Der ganze Adel muß meine Rache theilen. Meine Ehre zu
  • rächen, dazu würde ich schwerlich Gehilfen fordern.
  • Zibo. Der ganze Adel ist in ihm aufgereizt. Der ganze Adel muß
  • Feuer und Flamme speien.
  • Asserato. Die Rechte der Nation sind zertrümmert. Die
  • republikanische Freiheit hat einen Todesstoß.
  • Fiesco. Sie spannen meine ganze Erwartung.
  • Zibo. Er war der neunundzwanzigste unter den Wahlherrn, hatte zur
  • Procuratorwahl eine goldene Kugel gezogen. Achtundzwanzig Stimmen
  • waren gesammelt. Vierzehn sprachen für mich, eben so viele für
  • Lomellino! Dorias und die seinige standen noch aus.
  • Zenturione (rasch ins Wort fallend). Standen noch aus. Ich votierte
  • für Zibo. Doria--fühlen Sie die Wunde meiner Ehre--Doria-Asserato
  • (fällt ihm wieder ins Wort). So was erlebte man nicht, so lang der
  • Ocean um Genua fluthet-Zenturione (hitziger fort). Doria zog ein
  • Schwert, das er unter dem Scharlach verborgen gehalten, spießte mein
  • Votum daran, rief in die Versammlung:
  • Zibo. »Senatoren, es gilt nicht! Es ist durchlöchert! Lomellin ist
  • Procurator.«
  • Zenturione. »Lomellin ist Procurator,« und warf sein Schwert auf die
  • Tafel.
  • Asserato. Und rief: »Es gilt nicht!« und warf sein Schwert auf die
  • Tafel.
  • Fiesco (nach einigem Stillschweigen). Wozu sind Sie entschlossen?
  • Zenturione. Die Republik ist ins Herz gestoßen. Wozu wir
  • entschlossen sind?
  • Fiesco. Zenturione, Binsen mögen vom Athem knicken. Eichen wollen
  • den Sturm. Ich frage, was Sie beschließen?
  • Zibo. Ich dächte, man fragte, was Genua beschließe?
  • Fiesco. Genua? Genua? Weg damit; es ist mürb, bricht, wo Sie es
  • anfassen. Sie rechnen auf die Patrizier? Vielleicht weil sie saure
  • Gesichter schneiden, die Achsel zucken, wenn von Staatssachen Rede
  • wird? Weg damit! Ihr Heldenfeuer klemmt sich in Ballen levantischer
  • Waaren, ihre Seelen flattern ängstlich um ihre ostindische Flotte.
  • Zenturione. Lernen Sie unsere Patrizier besser schätzen. Kaum war
  • Dorias trotzige That gethan, flohen ihrer einige Hundert mit
  • zerrissenen Kleidern auf den Markt. Die Signoria fuhr auseinander.
  • Fiesco (spöttisch). Wie Tauben auseinander flattern, wenn in den
  • Schlag sich ein Geier wirft?
  • Zenturione (stürmisch). Nein! wie Pulvertonnen, wenn eine Lunte
  • hineinfällt.
  • Zibo. Das Volk wüthet auch, was vermag nicht ein angeschossener Eber?
  • Fiesco (lacht). Der blinde, unbeholfene Koloß, der mit plumpen
  • Knochen Anfangs Gepolter macht, Hohes und Niederes, Nahes und Fernes
  • mit gähnendem Rachen zu verschlingen droht und zuletzt--über
  • Zwirnsfäden stolpert? Genueser, vergebens! Die Epoche der
  • Meerbeherrscher ist vorbei. Genua ist unter seinen Namen gestürzt.
  • Genua ist doch, wo das unüberwindliche Rom wie ein Federball in die
  • Rakete eines zärtlichen Knaben Octavius sprang. Genua kann nicht
  • mehr frei sein. Genua muß von einem Monarchen erwärmt werden. Genua
  • braucht einen Souverain, also huldigen Sie dem Schwindelkopf
  • Gianettino.
  • Zenturione (aufbrausend). Wenn sich die grollenden Elemente
  • versöhnen und der Nordpol dem Südpol nachspringt--Kommt, Kameraden!
  • Fiesco. Bleiben Sie, bleiben Sie! Worüber brüten Sie, Zibo?
  • Zibo. Über nichts oder einem Possenspiel, das das Erdbeben heißen
  • soll.
  • Fiesco (führt sie zu einer Statue). Schauen Sie doch diese Figur an.
  • Zenturione. Es ist die Venus von Florenz. Was soll sie uns hier?
  • Fiesco. Sie gefällt Ihnen aber?
  • Zibo. Ich sollte denken, oder wir wären schlechte Italiener. Wie
  • Sie das jetzt fragen mögen?
  • Fiesco. Nun, reisen Sie durch alle Welttheile und suchen unter allen
  • lebendigen Abrücken des weiblichen Modells den glücklichsten aus, in
  • welchem sich alle Reize dieser geträumten Venus umarmen.
  • Zibo. Und tragen dann für unsre Mühe davon?
  • Fiesco. Dann werden Sie die Phantasie der Marktschreierei überwiesen
  • haben-Zenturione (ungeduldig). Und was gewonnen haben?
  • Fiesco. Gewonnen haben den verjährten Proceß der Natur mit den
  • Künstlern.
  • Zenturione (hitzig). Und dann?
  • Fiesco. Dann? dann? (Fängt zu lachen an). Dann haben Sie vergessen
  • zu sehen, daß Genuas Freiheit zu Trümmern geht! (Zenturione, Zibo,
  • Asserato gehen ab.)
  • Sechster Auftritt
  • Fiesco.--Getümmel um den Palast nimmt zu.
  • Glücklich! glücklich! Das Stroh der Republik ist in Flammen. Das
  • Feuer hat schon Häuser und Thürme gefaßt--Immer zu! immer zu!
  • Allgemein werde der Brand, der schadenfrohe Wind pfeife in die
  • Verwüstung!
  • Siebenter Auftritt
  • Mohr in Eile. Fiesco.
  • Mohr. Haufen über Haufen!
  • Fiesco. Mache die Thorflügel weit auf. Laß hereinstürzen, was Füße
  • hat.
  • Mohr. Republikaner! Republikaner! Ziehen ihre Freiheit am Joch,
  • keuchen, wie Lastochsen, unter ihrer aristokratischen Herrlichkeit.
  • Fiesco. Narren, die glauben, Fiesco von Lavagna werde fortführen,
  • was Fiesco von Lavagna nicht anfing! Die Empörung kommt wie gerufen.
  • Aber die Verschwörung muß meine sein. Sie stürmen die Treppe herauf.
  • Mohr (hinaus). Holla! holla! Werden das Haus höflichst zur Thüre
  • hereinbringen. (Das Volk stürmt herein, die Thüre in Trümmer.)
  • Achter Auftritt
  • Fiesco. Zwölf Handwerker.
  • Alle. Rache an Doria! Rache an Gianettino!
  • Fiesco. Hübsch gemach, meine Landsleute. Daß ihr mir alle eure
  • Aufwartung so machtet, das zeugt von eurem guten Herzen. Aber meine
  • Ohren sind delicater.
  • Alle (ungestümer). Zu Boden mit den Doria! Zu Boden Oheim und
  • Neffen!
  • Fiesco (der sie lächelnd überzählt). Zwölf sind ein vornehmes
  • Heer-Einige. Diese Doria müssen weg. Der Staat muß eine andere Form
  • haben.
  • Erster Handwerker. Unsre Friedensrichter die Treppen hinab zu
  • schmeißen--die Treppen die Friedensrichter.
  • Zweiter. Denkt doch, Lavagna, die Treppen hinab, als sie ihm bei der
  • Wahl widersprachen.
  • Alle. Soll nicht geduldet werden! darf nicht geduldet werden!
  • Ein Dritter. Ein Schwert in den Rath zu nehmen-Erster. Ein Schwert!
  • Das Zeichen des Kriegs! im Zimmer des Friedens!
  • Zweiter. Im Scharlach in den Senat zu kommen! Nicht schwarz, wie
  • die übrigen Rathsherrn.
  • Erster. Mit acht Hengsten durch unsere Hauptstadt zu fahren.
  • Alle. Ein Tyrann! ein Verräther des Lands und der Regierung!
  • Zweiter. Zweihundert Deutsche zur Leibwach vom Kaiser zu
  • kaufen-Erster. Ausländer wider die Kinder des Vaterlands! Deutsche
  • gegen Italiener! Soldaten neben die Gesetze!
  • Alle. Hochverrath! Meuterei! Genuas Untergang!
  • Erster. Das Wappen der Republik an der Kutsche zu führen-Zweiter.
  • Die Statue des Andreas mitten im Hof der Signoria!-Alle. In Stücken
  • mit dem Andreas! In tausend Stück den steinernen und den lebendigen!
  • Fiesco. Genueser, warum mir Das alles?
  • Erster. Ihr sollt es nicht dulden! Ihr sollt ihm den Daumen aufs
  • Aug halten!
  • Zweiter. Ihr seid ein kluger Mann, und sollt es nicht dulden, und
  • sollt den Verstand für uns haben.
  • Erster. Und seid ein besserer Edelmann, und sollt ihm das eintränken,
  • und sollt es nicht dulden.
  • Fiesco. Euer Zutrauen schmeichelt mir sehr. Kann ich es durch
  • Thaten verdienen?
  • Alle (lärmend). Schlage! Stürze! Erlöse!
  • Fiesco. Doch ein gut Wort werdet ihr noch annehmen?
  • Einige. Redet, Lavagna!
  • Fiesco (der sich niedersetzt). Genueser--Das Reich der Thiere kam
  • einst in bürgerliche Gährung, Parteien schlugen mit Parteien, und ein
  • Fleischerhund bemächtigte sich des Throns. Dieser, gewohnt, das
  • Schlachtvieh an das Messer zu hetzen, hauste hündisch im Reich,
  • klaffte, biß und nagte die Knochen seines Volks. Die Nation murrte,
  • die Kühnsten traten zusammen und erwürgten den fürstlichen Bullen.
  • Jetzt ward ein Reichstag gehalten, die große Frage zu entscheiden,
  • welche Regierung die glücklichste sei? Die Stimmen theilten sich
  • dreifach. Genueser, für welche hättet ihr entschieden?
  • Erster Bürger. Fürs Volk. Alle fürs Volk.
  • Fiesco. Das Volk gewann's. Die Regierung ward demokratisch. Jeder
  • Bürger gab seine Stimme. Mehrheit setzte durch. Wenige Wochen
  • vergingen, so kündigte der Mensch dem neugebackenen Freistaat den
  • Krieg an. Das Reich kam zusammen. Roß, Löwe, Tiger, Bär, Elephant
  • und Rhinoceros traten auf und brüllten laut zu den Waffen! Jetzt kam
  • die Reih' an die Übrigen. Lamm, Hase, Hirsch, Esel, das ganze Reich
  • der Insecten, der Vögel, der Fische ganzes menschenscheues Heer--alle
  • traten dazwischen und wimmerten: Friede. Seht, Genueser! Der Feigen
  • waren mehr, denn der Streitbaren, der Dummen mehr, denn der
  • Klugen--Mehrheit setzte durch. Das Thierreich streckte die Waffen,
  • und der Mensch brandschatzte sein Gebiet. Dieses Staatssystem ward
  • also verworfen. Genueser, wozu wäret ihr jetzt geneigt gewesen?
  • Erster und Zweiter. Zum Ausschuß! Freilich zum Ausschuß!
  • Fiesco. Diese Meinung gefiel! Die Staatsgeschäfte theilten sich in
  • mehrere Kammern. Wölfe besorgten die Finanzen, Füchse waren ihre
  • Secretäre. Tauben führten das Criminalgericht, Tiger die gütlichen
  • Vergleiche, Böcke schlichteten Heirathsprocesse. Soldaten waren die
  • Hasen; Löwen und Elephant blieben bei der Bagage; der Esel war
  • Gesandter des Reichs, und der Maulwurf Oberaufseher über die
  • Verwaltung der Ämter. Genueser, was hofft ihr von dieser weisen
  • Vertheilung? Wen der Wolf nicht zerriß, den prellte der Fuchs. Wer
  • diesem entrann, den tölpelte der Esel nieder. Tiger erwürgten die
  • Unschuld; Diebe und Mörder begnadigte die Taube, und am Ende, wenn
  • die Ämter niedergelegt wurden, fand sie der Maulwurf alle
  • unsträflich verwaltet--Die Thiere empörten sich. Laßt uns einen
  • Monarchen wählen, riefen sie einstimmig, der Klauen und Hirn und nur
  • einen Magen hat--und einem Oberhaupt huldigten alle--einem,
  • Genueser--aber (indem er mit Hoheit unter sie tritt) es war der Löwe.
  • Alle (klatschen, werfen die Mützen in die Höhe). Bravo! Bravo! das
  • haben sie schlau gemacht.
  • Erster. Und Genua soll's nachmachen, und Genua hat seinen Mann schon.
  • Fiesco. Ich will ihn nicht wissen. Gehet heim! Denkt auf den Löwen!
  • (Die Bürger tumultuarisch hinaus.) Es geht erwünscht. Volk und
  • Senat wider Doria. Volk und Senat für Fiesco--Hassan!--Hassan! Ich
  • muß diesen Wind benutzen--Hassan! Hassan! Ich muß diesen Haß
  • verstärken! dieses Interesse anfrischen!--Heraus, Hassan! Hurensohn
  • der Hölle! Hassan! Hassan!
  • Neunter Auftritt
  • Mohr kommt. Fiesco.
  • Mohr (wild). Meine Sohlen brennen noch. Was gibt's schon wieder?
  • Fiesco. Was ich befehle.
  • Mohr (geschmeidig). Wohin lauf' ich zuerst? wohin zuletzt?
  • Fiesco. Das Laufen sei dir diesmal geschenkt. Du wirst geschleift
  • werden. Mache dich gleich gefaßt; ich posaune jetzt deinen
  • Meuchelmord aus und übergebe dich gebunden der peinlichen Nota.
  • Mohr (sechs Schritte zurück). Herr?--das ist wider die Abrede.
  • Fiesco. Sei ganz ruhig. Es ist nichts mehr, denn ein Possenspiel.
  • In diesem Augenblick liegt Alles daran, daß Gianettinos Anschlag auf
  • mein Leben ruchbar wird. Man wird dich peinlich verhören.
  • Mohr. Ich bekenne dann oder leugne?
  • Fiesco. Leugnest. Man wird dich auf die Tortur schrauben. Den
  • ersten Grad stehst du aus. Diese Witzigung kannst du auf Conto
  • deines Meuchelmords hinnehmen. Beim zweiten bekennst du.
  • Mohr (schüttelt den Kopf, bedenklich). Ein Schelm ist der Teufel.
  • Die Herren könnten mich beim Essen behalten, und ich würde aus lauter
  • Komödie gerädert.
  • Fiesco. Du kommst ganz weg. Ich gebe dir meine gräfliche Ehre. Ich
  • werde mir deine Bestrafung zur Genugthuung ausbitten und dich dann
  • vor den Augen der ganzen Republik pardonnieren.
  • Mohr. Ich lasse mir's gefallen. Sie werden mir das Gelenk
  • auseinander treiben. Das macht geläufiger.
  • Fiesco. So ritze mir hurtig mit deinem Dolche den Arm auf, bis Blut
  • darnach läuft--Ich werde thun, als hätt' ich dich erst frisch auf der
  • That ergriffen. Gut! (Mit gräßlichem Geschrei.) Mörder! Mörder!
  • Mörder! Besetzt die Wege! Riegelt die Pforten zu! (Er schleppt den
  • Mohren an der Gurgel hinaus, Bediente fliehen über den Schauplatz.)
  • Zehnter Auftritt
  • Leonore. Rosa stürzen erschrocken herein.
  • Leonore. Mord! schrieen sie, Mord! Von hier kam der Lärm.
  • Rosa. Ganz gewiß nur ein blinder Tumult, wie alltäglich in Genua.
  • Leonore. Sie schrieen Mord, und das Volk murmelte deutlich: Fiesco.
  • Armselige Betrüger! Meine Augen wollten sie schonen, aber mein Herz
  • überlistet sie. Geschwind, eile nach, sieh, sage mir, wo sie ihn
  • hinschleppen.
  • Rosa. Sammeln Sie sich. Bella ist nach.
  • Leonore. Bella wird seinen brechenden Blick noch auffassen! die
  • glückliche Bella! Weh über mich, seine Mörderin! Hätte Fiesco mich
  • lieben können, nie hätte Fiesco sich in die Welt gestürzt, nie in die
  • Dolche des Neids!--Bella kommt! Fort! Rede nicht, Bella!
  • Eilfter Auftritt
  • Vorige. Bella.
  • Bella. Der Graf lebt und ist ganz. Ich sah ihn durch die Stadt
  • galoppieren. Nie sah ich unsern gnädigen Herrn so schön. Der Rapp
  • prahlte unter ihm und jagte mit hochmüthigem Huf das andrängende Volk
  • von seinem fürstlichen Reiter. Er erblickte mich, als er vorüber
  • flog, lächelte gnädig, winkte hieher und warf drei Küsse zurück.
  • (Boshaft.) Was mach' ich damit, Signora?
  • Leonore (in Entzückung). Leichtfertige Schwätzerin! Bring sie ihm
  • wieder.
  • Rosa. Nun sehen Sie! jetzt sind Sie wieder Scharlach über und über.
  • Leonore. Sein Herz wirft er den Dirnen nach, und ich jage nach einem
  • Blick?--O Weiber! Weiber! (Gehen ab.)
  • Zwölfter Auftritt
  • Im Palast des Andreas.
  • Gianettino. Lomellin kommen hastig
  • Gianettino. Laß sie um ihre Freiheit brüllen, wie die Löwin um ein
  • Junges. Ich bleibe dabei.
  • Lomellin. Doch, gnädiger Herr-Gianettino. Zum Teufel mit Eurem Doch,
  • dreistundlanger Procurator! Ich weiche um keines Haares Breite.
  • Laß Genuas Thürme die Köpfe schütteln und die tobende See Nein
  • dareinbrummen. Ich fürchte den Troß nicht.
  • Lomellin. Der Pöbel ist freilich das brennende Holz, aber der Adel
  • gibt seinen Wind dazu. Die ganze Republik ist in Wallung. Volk und
  • Patrizier.
  • Gianettino. So steh' ich wie Nero auf dem Berg und sehe dem
  • possierlichen Brande zu-Lomellin. Bis sich die ganze Masse des
  • Aufruhrs einem Parteigänger zuwirft, der ehrgeizig genug ist, in der
  • Verwüstung zu ernten.
  • Gianettino. Possen! Possen! Ich kenne nur Einen, der fürchterlich
  • werden könnte, und für den ist gesorgt.
  • Lomellin. Seine Durchlaucht. (Andreas kommt, Beide verneigen sich
  • tief.)
  • Andreas. Signor Lomellin! Meine Nichte wünscht auszufahren.
  • Lomellin. Ich werde die Gnade haben, sie zu begleiten. (Ab.)
  • Dreizehnter Auftritt
  • Andreas. Gianettino.
  • Andreas. Höre, Neffe! Ich bin schlimm mit dir zufrieden.
  • Gianettino. Gönnen Sie mir Gehör, durchlauchtigster Oheim.
  • Andreas. Dem zerlumptesten Bettler in Genua, wenn er es werth ist.
  • Einem Buben niemals, und wär' er mein Neffe. Gnädig genug, daß ich
  • dir den Oheim zeige; du verdientest den Herzog und seine Signoria zu
  • hören.
  • Gianettino. Nur ein Wort, gnädigster Herr-Andreas. Höre, was du
  • gethan hast, und verantworte dich dann--Du hast ein Gebäude
  • umgerissen, das ich in einem halben Jahrhundert sorgsam
  • zusammenfügte--das Mausoleum deines Oheims--seine einzige
  • Pyramide--die Liebe der Genueser. Den Leichtsinn verzeiht dir
  • Andreas.
  • Gianettino. Mein Oheim und Herzog-Andreas. Unterbrich mich nicht.
  • Du hast das schönste Kunstwerk der Regierung verletzt, das ich selbst
  • den Genuesern vom Himmel holte, das mich so viele Nächte gekostet, so
  • viele Gefahren und Blut. Vor ganz Genua hast du meine fürstlichen
  • Ehre besudelt, weil du für meine Anstalt keine Achtung zeigtest. Wem
  • wird sie heilig sein, wenn mein Blut sie verachtet?--Diese Dummheit
  • verzeiht dir der Oheim.
  • Gianettino (beleidigt). Gnädigster Herr, Sie haben mich zu Genuas
  • Herzog gezogen.
  • Andreas. Schweig--du bist ein Hochverräther des Staates und hast das
  • Herz seines Lebens verwundet. Merke dir's, Knabe! Es heißt--
  • Unterwerfung!--Weil der Hirte am Abend seines Tagwerks zurücktrat,
  • wähntest du die Heerde verlassen? Weil Andreas eisgraue Haare
  • trägt, trampeltest du wie ein Gassenjunge auf den Gesetzen?
  • Gianettino (trotzig). Gemach, Herzog. Auch in meinen Adern siedet
  • das Blut das Andreas, vor dem Frankreich erzitterte.
  • Andreas. Schweig! befehl' ich--Ich bin gewohnt, daß das Meer
  • aufhorcht, wenn ich rede--Mitten in ihrem Tempel spieest du die
  • majestätische Gerechtigkeit an. Weißt du, wie man das ahndet,
  • Rebelle?--Jetzt antworte!
  • (Gianettino heftet den Blick sprachlos zu Boden.)
  • Andreas. Unglückseliger Andreas! In deinem eigenen Herzen hast du
  • den Wurm deines Verdiensts ausgebrütet.--Ich baute den Genuesern ein
  • Haus, das der Vergänglichkeit spotten sollte, und werfe den ersten
  • Feuerbrand hinein--Diesen! Dank' es, Unbesonnener, diesem eisgrauen
  • Kopf, der von Familienhänden zur Grube gebracht sein will--Dank' es
  • meiner gottlosen Liebe, daß ich den Kopf des Empörers dem beleidigten
  • Staate nicht--vom Blutgerüste zuwerfe. (Schnell ab.)
  • Vierzehnter Auftritt
  • Lomellin außer Athem, erschrocken. Gianettino sieht dem Herzog
  • glühend und sprachlos nach.
  • Lomellin. Was hab' ich gesehen? was angehört? Jetzt! Jetzt!
  • Fliehen Sie, Prinz! Jetzt ist Alles verloren.
  • Gianettino (mit Ingrimm). Was war zu verlieren?
  • Lomellin. Genua, Prinz. Ich komme vom Markt. Das Volk drängte sich
  • um einen Mohren, der an Stricken dahin geschleift wurde; der Graf von
  • Lavagna, über die dreihundert Nobili ihm nach bis ins Richthaus, wo
  • die Verbrecher gefoltert werden. Der Mohr war über einem Meuchelmord
  • ertappt worden, den er an dem Fiesco vollstrecken sollte.
  • Gianettino (stampft mit dem Fuß). Was? Sind heut alle Teufel los?
  • Lomellin. Man inquirierte scharf, wer ihn bestochen. Der Mohr
  • gestand nichts. Man brachte ihn auf die erste Folter. Er gestand
  • nichts. Man brachte ihn auf die zweite. Er sagte aus, sagte
  • aus--gnädiger Herr, wo gedachten Sie hin, da Sie Ihre Ehre einem
  • Taugenichts preisgaben?
  • Gianettino (schnaubt ihn wild an). Frage mich nichts!
  • Lomellin. Hören Sie weiter. Kaum war das Wort Doria
  • ausgesprochen--lieber hätt' ich meinen Namen auf der Schreibtafel des
  • Teufels gelesen, als hier den Ihren gehört--so zeigte sich Fiesco dem
  • Volk. Sie kennen ihn, den Mann, der befehlend flehet, den Wucherer
  • mit den Herzen der Menge. Die ganze Versammlung hing ihm odemlos in
  • starren, schrecklichen Gruppen entgegen; er sprach wenig, aber
  • streifte den blutenden Arm auf, das Volk schlug sich um die fallenden
  • Tropfen, wie um Reliquien. Der Mohr wurde seiner Willkür übergeben,
  • und Fiesco--ein Herzstoß für uns--Fiesco begnadigte ihn. Jetzt raste
  • die Stille des Volks in einen brüllenden Laut aus, jeder Odem
  • zernichtete einen Doria, Fiesco wurde auf tausendstimmigem Vivat nach
  • Hause getragen.
  • Gianettino (mit einem dumpfen Gelächter). Der Aufruhr schwelle mir
  • an die Gurgel!--Kaiser Karl! Mit dieser einzigen Silbe will ich sie
  • niederwerfen, daß in ganz Genua auch keine Glocke mehr summen soll.
  • Lomellin. Böhmen liegt weit von Italien--Wenn Karl sich beeilt, kann
  • er noch zeitig genug zu Ihrem Leichenschmaus kommen.
  • Gianettino (zieht einen Brief mit großem Siegel hervor). Glück genug
  • also, daß er schon hier ist!--Verwundert sich Lomellin? Glaubte er
  • mich tolldreist genug, wüthige Republikaner zu reizen, wenn sie nicht
  • schon verkauft und verrathen wären?
  • Lomellin (betreten). Ich weiß nicht, was ich denke.
  • Gianettino. Ich denke Etwas, das du nicht weißt. Der Schluß ist
  • gefaßt. Übermorgen fallen zwölf Senatoren. Doria wird Monarch, und
  • Kaiser Karl wird ihn schützen--Du trittst zurück?
  • Lomellin. Zwölf Senatoren! Mein Herz ist nicht weit genug, eine
  • Blutschuld zwölfmal zu fassen.
  • Gianettino. Närrchen, am Thron wirft man sie nieder. Siehst du, ich
  • überlegte mit Karls Ministern, daß Frankreich in Genua noch starke
  • Parteien hätte, die es ihm zum zweiten Mal in die Hände spielen
  • könnten, wenn man sie nicht mit der Wurzel vertilgte. Das wurmte
  • beim alten Karl. Er unterschrieb meinen Anschlag--und du schreibst,
  • was ich dictiere.
  • Lomellin. Noch weiß ich nicht-Gianettino. Setze dich! Schreib!
  • Lomellin. Was schreib' ich aber? (Setzt sich.)
  • Gianettino. Die Namen der zwölf Candidaten--Franz Zenturione.
  • Lomellin (schreibt). Zum Dank für sein Votum führt er den Leichenzug.
  • Gianettino. Cornelio Calva.
  • Lomellin. Calva.
  • Gianettino. Michael Zibo.
  • Lomellin. Eine Abkühlung auf die Procuratur.
  • Gianettino. Thomas Asserato mit drei Brüdern (Lomellin hält inne.)
  • Gianettino (nachdrücklich). Mit drei Brüdern.
  • Lomellin (schreibt). Weiter.
  • Gianettino. Fiesco von Lavagna.
  • Lomellin. Geben Sie Acht! geben Sie Acht! Sie werden über diesem
  • schwarzen Stein noch den Hals brechen.
  • Gianettino. Scipio Bourgognino.
  • Lomellin. Der mag anderswo Hochzeit halten.
  • Gianettino. Wo ich Brautführer bin--Raphael Sacco.
  • Lomellin. Dem sollt' ich Pardon auswirken, bis er mir meine
  • fünftausend Scudi bezahlt hat. (Schreibt.) Der Tod macht quitt.
  • Gianettino. Vincent Calcagno.
  • Lomellin. Calcagno--den Zwölften schreib' ich auf meine Gefahr, oder
  • unser Todfeind ist vergessen.
  • Gianettino. Ende gut, Alles gut. Joseph Verrina.
  • Lomellin. Das war der Kopf des Wurms. (Steht auf, streut Sand,
  • fliegt die Schrift durch, reicht sie dem Prinzen.) Der Tod gibt
  • übermorgen prächtige Gala und hat zwölf genuesische Fürsten geladen.
  • Gianettino (tritt zum Tisch, unterzeichnet). Es ist geschehen--In
  • zwei Tagen ist Dogewahl. Wenn die Signoria versammelt ist, werden
  • die Zwölf auf das Signal eines Schnupftuchs mit einem plötzlichen
  • Schuß gestreckt, wenn zugleich meine zweihundert Deutsche das
  • Rathhaus mit Sturm besetzen. Ist das vorbei, tritt Gianettino Doria
  • in den Saal und läßt sich huldigen. (Klingelt.)
  • Lomellin. Und Andreas?
  • Gianettino (verächtlich). Ist ein alter Mann. (Ein Bedienter.) Wenn
  • der Herzog fragt, ich bin in der Messe. (Bedienter ab.) Der Teufel,
  • der in mir steckt, kann nur in Heiligenmaske incognito bleiben.
  • Lomellin. Aber das Blatt, Prinz?
  • Gianettino. Nimmst du, lässest es durch unsre Partei circulieren.
  • Dieser Brief muß mir Extrapost nach Levanto. Er unterrichtet den
  • Spinola von Allem und heißt ihn früh acht Uhr in der Hauptstadt hier
  • eintreffen. (Will fort.)
  • Lomellin. Ein Loch im Faß, Prinz! Fiesco besucht keinen Senat mehr.
  • Gianettino (zurückrufend). Doch noch einen Meuter wird Genua
  • haben?--Ich sorge dafür. (Ab in ein Seitenzimmer, Lomellin fort
  • durch ein anderes.)
  • Fünfzehnter Auftritt
  • Vorzimmer bei Fiesco.
  • Fiesco mit Briefen und Wechseln. Mohr.
  • Fiesco. Also vier Galeeren sind eingelaufen.
  • Mohr. Liegen glücklich in der Darsena vor Anker.
  • Fiesco. Das kommt erwünscht. Woher die Expressen?
  • Mohr. Von Rom, Piacenza und Frankreich.
  • Fiesco (bricht die Briefe auf, fliegt sie durch). Willkommen,
  • willkommen in Genua! (Sehr aufgeräumt.) Die Kuriere werden fürstlich
  • bewirthet.
  • Mohr. Hum! (Will gehen.)
  • Fiesco. Halt! Halt! Hier kommt Arbeit für dich die Fülle.
  • Mohr. Was steht zu Befehl? Die Nase des Spürers oder der Stachel
  • des Skorpions?
  • Fiesco. Für jetzt des Lockvogels Schlag. Morgen früh werden
  • zweitausend Mann verkappt zur Stadt hereinschleichen, Dienste bei mir
  • zu nehmen. Vertheile du deine Handlanger an den Thoren herum, mit
  • der Ordre, auf die eintretenden Passagiers ein wachsames Auge zu
  • haben. Einige werden als ein Trupp Pilgrime kommen, die nach Loretto
  • wallfahrten gehen, andre als Ordensbrüder, oder Savoyarden, oder
  • Komödianten, wieder andre als Krämer, oder als ein Trupp Musikanten,
  • die meisten als abgedankte Soldaten, die genuesisches Brod essen
  • wollen. Jeder Fremde wird ausgefragt, wo er einstellet; antwortet er:
  • zur goldenen Schlange, so muß man ihn freundlich grüßen und meine
  • Wohnung bedeuten. Höre, Kerl! aber ich baue auf deine Klugheit.
  • Mohr. Herr! wie auf meine Bosheit. Entwischt mir ein Lock Haare, so
  • sollt Ihr meine zwei Augen in eine Windbüchse laden und Sperlinge
  • damit schießen. (Will fort.)
  • Fiesco. Halt! noch eine Arbeit. Die Galeeren werden der Nation
  • scharf in die Augen stechen. Merke auf, was davon die Rede wird.
  • Fragt dich Jemand, so hast du von Weitem murmeln gehört, daß dein
  • Herr damit Jagd auf die Türken mache. Verstehst du?
  • Mohr. Verstehe. Die Bärte der Beschnittenen liegen oben drauf. Was
  • im Korb ist, weiß der Teufel. (Will fort.)
  • Fiesco. Gemach. Noch eine Vorsicht. Gianettino hat neuen Grund,
  • mich zu hassen und mir Fallen zu stellen. Geh, beobachte deine
  • Kameraden, ob du nicht irgendwo einen Meuchelmord witterst. Doria
  • besucht die verdächtigen Häuser. Hänge dich an die Töchter der
  • Freude. Die Geheimnisse des Cabinets stecken sich gern in die Falten
  • eines Weiberrocks; versprich ihnen goldspeiende Kunden--versprich
  • deinen Herrn. Nichts kann zu ehrwürdig sein, das du nicht in diesen
  • Morast untertauchen sollst, bis du den festen Boden fühlst.
  • Mohr. Halt! Holla! Ich habe Eingang bei einer gewissen Diana
  • Bononi und bin gegen fünf Vierteljahr ihr Zuführer gewesen.
  • Vorgestern sah ich den Procurator Lomellino aus ihrem Hause kommen.
  • Fiesco. Wie gerufen. Eben der Lomellino ist der Hauptschlüssel zu
  • allen Tollheiten Dorias. Gleich morgen früh mußt du hingehen.
  • Vielleicht ist er heute Nacht dieser keuschen Luna Endymion.
  • Mohr. Noch ein Umstand, gnädiger Herr. Wenn mich die Genueser
  • fragen--und ich bin des Teufels! das werden sie--wenn sie mich jetzt
  • fragen: was denkt Fiesco zu Genua?--Werdet Ihr Eure Maske noch länger
  • tragen, oder was soll ich antworten?
  • Fiesco. Antworten! Wart! Die Frucht ist ja zeitig. Wehen
  • verkündigen die Geburt--Genua liege auf dem Block, sollst du
  • antworten, und dein Herr heiße Johann Ludwig Fiesco.
  • Mohr (sich froh streckend). Was ich anbringen will, daß sich's
  • gewaschen haben soll, bei meiner hundsföttischen Ehre!--Aber nun hell
  • auf, Freund Hassan! In ein Weinhaus zuerst! Meine Füße haben alle
  • Hände voll zu thun--und muß meinen Magen caressieren, daß er mir bei
  • meinen Beinen das Wort redt. (Eilt ab, kommt aber schnell zurück.) A
  • propos! Bald hätt' ich das verplaudert. Was zwischen Eurer Frau und
  • Calcagno vorging, habt Ihr gern wissen mögen!--Ein Korb ging vor,
  • Herr, und Das war Alles. (Läuft davon.)
  • Sechzehnter Auftritt
  • Fiesco bei sich.
  • Ich bedaure, Calcagno--Meinten Sie etwa, ich würden den empfindlichen
  • Artikel meines Ehebetts Preis geben, wenn mir meines Weibes Tugend
  • und mein eigener Werth nicht Handschrift genug ausgestellt hätten?
  • Doch willkommen mit dieser Schwägerschaft. Du bist ein guter Soldat.
  • Das soll mir deinen Arm zu Dorias Untergang kuppeln!--(Mit starkem
  • Schritt auf und nieder.) Jetzt, Doria, mit mir auf den Kampfplatz!
  • Alle Maschinen des großen Wagestücks sind im Gang. Zum schaudernden
  • Concert alle Instrumente gestimmt. Nichts fehlt, als die Larve
  • herabzureißen und Genuas Patrioten den Fiesco zu zeigen. (Man hört
  • kommen.) Ein Besuch! Wer mag mich jetzt stören?
  • Siebzehnter Auftritt
  • Voriger. Verrina. Romano mit einem Tableau. Sacco. Bourgognino.
  • Calcagno. Alle verneigen sich.
  • Fiesco (ihnen entgegen, voll Heiterkeit). Willkommen, meine würdigen
  • Freunde! Welche wichtige Angelegenheit führt Sie so vollzählig zu
  • mir--Du auch da, theurer Bruder Verrina? Ich würde bald verlernt
  • haben, dich zu kennen, wären meine Gedanken nicht fleißiger um dich,
  • als meine Augen. War's nicht seit dem letzten Ball, daß ich meinen
  • Verrina entbehrte?
  • Verrina. Zähl' ihm nicht nach, Fiesco. Schwere Lasten haben indeß
  • sein graues Haar gebeugt. Doch genug hievon.
  • Fiesco. Nicht genug für die wißbegierige Liebe. Du wirst mir mehr
  • sagen müssen, wenn wir allein sind. (Zu Bourgognino.) Willkommen,
  • junger Held! Unsre Bekanntschaft ist noch grün, aber meine
  • Freundschaft ist zeitig. Haben Sie Ihre Meinung von mir verbessert?
  • Bourgognino. Ich bin auf dem Wege.
  • Fiesco. Verrina, man sagt mir, daß dieser junge Cavalier dein
  • Tochtermann werden soll. Nimm meinen ganzen Beifall zu dieser Wahl.
  • Ich hab' ihn nur einmal gesprochen, und doch würd' ich stolz sein,
  • wenn er der meinige wäre.
  • Verrina. Dieses Urtheil macht mich eitel auf meine Tochter.
  • Fiesco (zu den Andern). Sacco? Calcagno?--Lauter seltne
  • Erscheinungen in meinen Zimmern. Beinahe möchte ich mich meiner
  • Dienstfertigkeit schämen, wenn Genuas edelste Zierden sie
  • vorübergehen--Und hier begrüße ich einen fünften Gast, mir zwar fremd,
  • doch empfohlen genug durch diesen würdigen Zirkel.
  • Romano. Es ist ein Maler schlechtweg, gnädiger Herr, Romano mit
  • Namen, der sich vom Diebstahl an der Natur ernährt, kein Wappen hat,
  • als seinen Pinsel, und nun gegenwärtig ist, (mit einer tiefen
  • Verbeugung) die große Linie zu einem Brutuskopfe zu finden.
  • Fiesco. Ihre Hand, Romano. Ihre Meisterin ist eine Verwandte meines
  • Hauses. Ich liebe sie brüderlich. Kunst ist die rechte Hand der
  • Natur. Diese hat nur Geschöpfe, jene hat Menschen gemacht. Was
  • malen Sie aber, Romano?
  • Romano. Scenen aus dem nervigten Alterthum. Zu Florenz steht mein
  • sterbender Hercules, meine Kleopatra zu Venedig, der wüthende Ajax zu
  • Rom, wo die Helden der Vorwelt--im Vatican wieder auferstehen.
  • Fiesco. Und was ist wirklich Ihres Pinsels Beschäftigung?
  • Romano. Er ist weggeworfen, gnädiger Herr. Das Licht des Genies
  • bekam weniger Fett, als das Licht des Lebens. Über einen gewissen
  • Punkt hinaus brennt nur die papierne Krone. Hier ist meine letzte
  • Arbeit.
  • Fiesco (aufgeräumt). Sie könnte nicht erwünschter gekommen sein.
  • Ich bin heute ganz ungewöhnlich heiter, mein ganzes Wesen feiert eine
  • gewisse heroische Ruhe, ganz offen für die schöne Natur. Stellen Sie
  • Ihr Tableau auf. Ich will mir ein rechtes Fest daraus bereiten.
  • Tretet herum, meine Freunde. Wir wollen uns ganz dem Künstler
  • schenken. Stellen Sie Ihr Tableau auf.
  • Verrina (winkt den Andern). Nun merket auf, Genueser!
  • Romano (stellt das Gemälde zurecht). Das Licht muß von der Seite
  • spielen. Ziehen Sie jenen Vorhang auf. Diesen lassen Sie fallen.
  • Gut. (Er tritt auf die Seite.) Es ist die Geschichte der Virginia
  • und des Appius Claudius.
  • (Lange ausdrucksvolle Pause, worin alle die Malerei betrachten.)
  • Verrina (in Begeisterung). Spritz zu, eisgrauer Vater!--Zuckst du,
  • Tyrann?--Wie so bleich steht ihr Klötze Römer--ihm nach, Römer--das
  • Schlachtmesser blinkt--Mir nach, Klötze Genueser--Nieder mit Doria!
  • Nieder! nieder! (Er haut gegen das Gemälde.)
  • Fiesco (lächelnd zum Maler.) Fordern Sie mehr Beifall? Ihre Kunst
  • macht diesen alten Mann zum bartlosen Träumer.
  • Verrina (erschöpft). Wo bin ich? Wo sind sie hingekommen? Weg, wie
  • Blasen? Du hier, Fiesco? Der Tyrann lebt noch, Fiesco?
  • Fiesco. Siehst du? Über vielem Sehen hast du die Augen vergessen.
  • Diesen Römerkopf findest du bewundernswerth? Weg mit ihm! Hier das
  • Mädchen blick' an! Dieser Ausdruck, wie weich, wie weiblich! Welche
  • Anmuth auch aus den welkenden Lippen? Welche Wollust im
  • verlöschenden Blick?--Unnachahmlich! göttlich, Romano!--Und noch die
  • weiße, blendende Brust, wie angenehm noch von des Athems letzten
  • Wellen gehoben! Mehr solche Nymphen, Romano, so will ich vor Ihren
  • Phantasieen knieen und der Natur einen Scheidebrief schreiben.
  • Bourgognino. Verrina, ist das deine gehoffte herrliche Wirkung?
  • Verrina. Fasse Muth, Sohn. Gott verwarf den Arm des Fiesco, er muß
  • auf den unsrigen rechnen.
  • Fiesco (zum Maler). Ja, es ist Ihre letzte Arbeit, Romano. Ihr
  • Markt ist erschöpft. Sie rühren keinen Pinsel mehr an. Doch über
  • des Künstlers Bewunderung vergess' ich das Werk zu verschlingen. Ich
  • könnte hier stehen und hingaffen und ein Erdbeben überhören. Nehmen
  • Sie Ihr Gemälde weg. Sollt' ich Ihnen diesen Virginiakopf bezahlen,
  • müßt' ich Genua in Versatz geben. Nehmen Sie weg.
  • Romano. Mit Ehre bezahlt sich der Künstler. Ich schenke es Ihnen.
  • (Er will hinaus.)
  • Fiesco. Eine kleine Geduld, Romano. (Er geht mit majestätischem
  • Schritt im Zimmer und scheint über etwas Großes zu denken. Zuweilen
  • betrachtet er die Andern fliegend und scharf, endlich nimmt er den
  • Maler bei der Hand, führt ihn vor das Gemälde.) Tritt her, Maler!
  • (Äußerst stolz und mit Würde.) So trotzig stehst du da, weil du
  • Leben auf todten Tüchern heuchelst und große Thaten mit kleinem
  • Aufwand verewigst. Du prahlst mit Poetenhitze, der Phantasie
  • marklosem Marionettenspiel, ohne Herz, ohne thatenerwärmende Kraft;
  • stürzest Tyrannen auf Leinwand;--bist selbst ein elender Sklave?
  • Machst Republiken mit einem Pinsel frei;--kannst deine eignen Ketten
  • nicht brechen? (Voll und befehlend.) Geh! Deine Arbeit ist
  • Gaukelwerk--der Schein weiche der That--(Mit Größe, indem er das
  • Tableau umwirft.) Ich habe gethan, was du--nur maltest. (Alle
  • erschüttert. Romano trägt sein Tableau mit Bestürzung fort.)
  • Achtzehnter Auftritt
  • Fiesco. Verrina. Bourgognino. Sacco. Calcagno.
  • Fiesco (unterbricht eine Pause des Erstaunens). Dachtet ihr, der
  • Löwe schliefe, weil er nicht brüllte? Waret ihr eitel genug, euch zu
  • überreden, daß ihr die Einzigen wäret, die Genuas Ketten fühlten? die
  • Einzigen, die sie zu zerreißen wünschten? Eh ihr sie nur fern
  • rasseln hörtet, hatte sie schon Fiesco zerbrochen. (Er öffnet die
  • Schatulle, nimmt ein Paket Briefe heraus, die er alle über die Tafel
  • spreitet.) Hier Soldaten von Parma--hier französisches Geld--hier
  • vier Galeeren vom Papst. Was fehlt noch, einen Tyrannen in seinem
  • Nest aufzujagen? Was wißt ihr noch zu erinnern? (Da sie alle
  • erstarrt schweigen, tritt er von der Tafel mit Selbstgefühl.)
  • Republikaner, ihr seid geschickter, Tyrannen zu verfluchen, als sie
  • in die Luft zu sprengen. (Alle, außer Verrina, werfen sich sprachlos
  • Fiesco zu Füßen.)
  • Verrina. Fiesco!--Mein Geist neigt sich vor dem deinigen--mein Knie
  • kann es nicht--Du bist ein großer Mensch!--aber--Steht auf, Genueser.
  • Fiesco. Ganz Genua ärgerte sich an dem Weichling Fiesco. Ganz Genua
  • fluchte über den verbuhlten Schurken Fiesco. Genueser! Genueser!
  • Meine Buhlerei hat den arglistigen Despoten betrogen, meine Tollheit
  • hat eurem Fürwitz meine gefährliche Weisheit verhüllt. In den
  • Windeln der Üppigkeit lag das erstaunliche Werk der Verschwörung
  • gewickelt. Genug. Genua kennt ich in euch. Mein ungeheuerster
  • Wunsch ist befriedigt.
  • Bourgognino (wirft sich unmuthig in einen Sessel). Bin ich denn gar
  • nichts mehr?
  • Fiesco. Aber laßt uns schleunig von Gedanken zu Thaten gehn. Alle
  • Maschinen sind gerichtet. Ich kann die Stadt von Land und Wasser
  • bestürmen. Rom, Frankreich und Parma bedecken mich. Der Adel ist
  • schwierig. Des Pöbels Herzen sind mein. Die Tyrannen hab' ich in
  • Schlummer gesungen. Die Republik ist zu einem Umgusse zeitig. Mit
  • dem Glück sind wir fertig. Nichts fehlt--Aber Verrina ist
  • nachdenkend?
  • Bourgognino. Geduld. Ich hab' ein Wörtchen, das ihn rascher
  • aufschrecken soll, als des jüngsten Tages Posaunenruf. (Er tritt zu
  • Verrina, ruft ihm bedeutend zu.) Vater, wach' auf! Deine Bertha
  • verzweifelt.
  • Verrina. Wer sprach das?--Zum Werk, Genueser!
  • Fiesco. Überlegt den Entwurf zur Vollstreckung. Über dem ernsten
  • Gespräch hat uns die Nacht überrascht. Genua liegt schlafen. Der
  • Tyrann fällt erschöpft von den Sünden des Tages nieder. Wachet für
  • beide!
  • Bourgognino. Eh wir scheiden, laßt uns den heldenmüthigen Bund durch
  • eine Umarmung beschwören. (Sie schließen mit verschränkten Armen
  • einen Kreis.) Hier wachsen Genuas fünf größte Herzen zusammen, Genuas
  • größtes Loos zu entscheiden. (Drücken sich inniger.) Wenn der Welten
  • Bau auseinander fällt und der Spruch des Gerichts auch die Bande des
  • Bluts, auch der Liebe zerschneidet, bleibt dieses fünffache
  • Heldenblatt ganz! (Treten auseinander.)
  • Verrina. Wann versammeln wir uns wieder?
  • Fiesco. Morgen Mittag will ich eure Meinungen sammeln.
  • Verrina. Morgen Mittag denn. Gute Nacht, Fiesco! Bourgognino, komm!
  • Du wirst etwas Seltsames hören. (Beide ab.)
  • Fiesco (zu den Andern). Geht ihr zu den Hinterthoren hinaus, daß
  • Dorias Spionen nichts merken. (Alle entfernen sich.)
  • Neunzehnter Auftritt
  • Fiesco, der nachdenkend auf und nieder geht.
  • Welch ein Aufruhr in meiner Brust! welche heimliche Flucht der
  • Gedanken--Gleich verdächtigen Brüdern, die auf eine schwarze That
  • ausgehen, auf den Zehen schleichen und ihr flammroth Gesicht
  • furchtsam zu Boden schlagen, stehlen sich die üppigen Phantome an
  • meiner Seele vorbei--Haltet! haltet! Laßt mich euch ins Angesicht
  • leuchten--ein guter Gedanke stählet des Mannes Herz und zeigt sich
  • heldenmäßig dem Tage.--Ha! ich kenne euch!--das ist die Liverei des
  • ewigen Lügners--verschwindet! (Wieder Pause, darauf lebhafter.)
  • Republikaner Fiesco? Herzog Fiesco?--Gemach--Hier ist der gähe
  • Hinuntersturz, wo die Mark der Tugend sich schließt, sich scheiden
  • Himmel und Hölle--Eben hier haben Helden gestrauchelt, und Helden
  • sind gesunken, und die Welt belagert ihren Namen mit Flüchen--Eben
  • hier haben Helden gezweifelt, und Helden sind still gestanden und
  • Halbgötter geworden--(Rascher.) Daß sie mein sind, die Herzen von
  • Genua? Daß von meinen Händen dahin, dorthin sich gängeln läßt das
  • furchtbare Genua?--O über die schlaue Sünde, die einen Engel vor
  • jeden Teufel stellt--Unglückselige Schwungsucht! uralte Buhlerei!
  • Engel küßten an deinem Halse den Himmel hinweg, und der Tod sprang
  • aus deinem kreißenden Bauche--(Sich schaudernd schüttelnd.) Engel
  • fingst du mit Sirenentrillern von Unendlichkeit--Menschen angelst du
  • mit Gold, Weibern und Kronen! (Nach einer nachdenkenden Pause, fest.)
  • Ein Diadem erkämpfen ist groß. Es wegwerfen ist göttlich.
  • (Entschlossen.) Geh unter, Tyrann! Sei frei, Genua, und ich (sanft
  • geschmolzen) dein glücklichster Bürger!
  • Dritter Aufzug
  • Furchtbare Wildniß.
  • Erster Auftritt
  • Verrina. Bourgognino kommen durch die Nacht.
  • Bourgognino (steht still.)A wohin führst du mich, Vater? Der dumpfe
  • Schmerz, womit du mich abriefst, keucht noch immer aus deinem
  • arbeitenden Odem. Unterbrich dieses grauenvolle Schweigen. Rede.
  • Ich folge nicht weiter.
  • Verrina. Das ist der Ort.
  • Bourgognino. Der schrecklichste, den du auffinden konntest. Vater,
  • wenn Das, was du hier vornehmen wirst, dem Orte gleich sieht, Vater,
  • so werden meine Haarspitzen aufwärts springen.
  • Verrina. Doch blühet das, gegen die Nacht meiner Seele. Folge mir
  • dahin, wo die Verwesung Leichname morsch frißt, und der Tod seine
  • schaudernde Tafel hält--dahin, wo das Gewinsel verlorner Seelen
  • Teufel belustigt, und des Jammers undankbare Thränen im
  • durchlöcherten Sieb der Ewigkeit ausrinnen--dahin, mein Sohn, wo die
  • Welt ihre Losung ändert, und die Gottheit ihr allgütiges Wappen
  • bricht--dort will ich zu dir durch Verzerrungen sprechen, und mit
  • Zähneklappern wirst du hören.
  • Bourgognino. Hören? Was? ich beschwöre dich.
  • Verrina. Jüngling! ich fürchte--Jüngling, dein Blut ist
  • rosenroth--dein Fleisch ist milde geschmeidig; dergleichen Naturelle
  • fühlen menschlich weich; an dieser empfindenden Flamme schmilzt meine
  • grausame Weisheit. Hätte der Frost des Alters oder der bleierne Gram
  • den fröhlichen Sprung deiner Geister gestellt--hätte schwarzes,
  • klumpigtes Blut der leidenden Natur den Weg zum Herzen gesperrt, dann
  • wärst du geschickt, die Sprache meines Grams zu verstehen und meinen
  • Entschluß anzustaunen.
  • Bourgognino. Ich werde ihn hören und mein machen.
  • Verrina. Nicht darum, mein Sohn--Verrina wird damit dein Herz
  • verschonen. O Scipio, schwere Lasten liegen auf dieser Brust--ein
  • Gedanke, grauenvoll, wie die lichtscheue Nacht--ungeheuer genug, eine
  • Mannsbrust zu sprengen--Siehst du? Allein will ich ihn
  • vollführen--allein tragen kann ich ihn nicht. Wenn ich stolz wäre,
  • Scipio, ich könnte sagen, es ist eine Qual, der einzige große Mann zu
  • sein--Größe ist dem Schöpfer zur Last gefallen, und er hat Geister zu
  • Vertrauten gemacht--Höre, Scipio-Bourgognino. Meine Seele
  • verschlingt die deinige.
  • Verrina. Höre, aber erwiedre nichts. Nichts, junger Mensch! Hörst
  • du? Kein Wort sollst du drauf sagen--Fiesco muß sterben!
  • Bourgognino (mit Bestürzung). Sterben? Fiesco?
  • Verrina. Sterben!--Ich danke dir, Gott! es ist heraus--Fiesco
  • sterben, Sohn, sterben durch mich!--Nun geh--es gibt Thaten, die sich
  • keinem Menschen-Urtheil mehr unterwerfen--nur den Himmel zum
  • Schiedsmann erkennen--Das ist eine davon. Geh. Ich will weder
  • deinen Tadel, noch deinen Beifall. Ich weiß, was sie mich kostet,
  • und damit gut. Doch höre--du könntest dich wohl gar wahnsinnig daran
  • denken--Höre--sahest du ihn gestern in unsrer Bestürzung sich
  • spiegeln?--Der Mann, dessen Lächeln Italien irre führte, wird er
  • seines Gleichen in Genua dulden?--Geh. Den Tyrannen wird Fiesco
  • stürzen, das ist gewiß! Fiesco wird Genuas gefährlichster Tyrann
  • werden, das ist gewisser! (Er geht schnell ab. Bourgognino blickt
  • ihm staunend und sprachlos nach, dann folgt er ihm langsam.)
  • Zweiter Auftritt
  • Saal bei Fiesco.
  • In der Mitte des Hintergrunds eine große Glasthüre, die den Prospect
  • über das Meer und Genua öffnet. Morgendämmerung.--Fiesco vom Fenster.
  • Was ist das?--der Mond ist unter--Der Morgen kommt feurig aus der
  • See--Wilde Phantasieen haben meinen Schlaf aufgeschwelgt--mein ganzes
  • Wesen krampfig um eine Empfindung gewälzt--Ich muß mich im Offenen
  • dehnen. (Er macht die Glasthüre auf. Stadt und Meer von Morgenroth
  • überflammt. Fiesco mit starken Schritten im Zimmer.) Daß ich der
  • größte Mann bin im ganzen Genua? und die kleineren Seelen sollten
  • sich nicht unter die große versammeln?--Aber ich verletze die Tugend?
  • (steht still.) Tugend?--Der erhabene Kopf hat andre Versuchungen, als
  • der gemeine--Sollt' er Tugend mit ihm zu theilen haben?--Der Harnisch,
  • der des Pygmäen schmächtigen Körper zwingt, sollte der einem
  • Riesenleib anpassen müssen?
  • Die Sonne geht auf über Genua.
  • Diese majestätische Stadt! (Mit offenen Armen dagegen eilend.) Mein!
  • --und drüber emporzuflammen, gleich dem königlichen Tag--drüber zu
  • brüten mit Monarchenkraft--all die kochenden Begierden--all die
  • nimmersatten Wünsche in diesem grundlosen Ocean unterzutauchen?--
  • Gewiß! Wenn auch des Betrügers Witz den Betrug nicht adelt, so
  • adelt doch der Preis den Betrüger. Es ist schimpflich, eine Börse
  • zu leeren--es ist frech, eine Million zu veruntreuen, aber es ist
  • namenlos groß, eine Krone zu stehlen. Die Schande nimmt ab mit der
  • wachsenden Sünde. (Pause, dann mit Ausdruck.) Gehorchen!--
  • Herrschen!--ungeheure schwindlichte Kluft--Legt Alles hinein, was
  • der Mensch Kostbares hat--eure gewonnenen Schlachten, Eroberer--
  • Künstler, eure unsterblichen Werke--eure Wollüste, Epikure--eure
  • Meere und Inseln, ihr Weltumschiffer! Gehorchen und Herrschen!--
  • Sein und Nichtsein! Wer über den schwindlichten Graben vom letzten
  • Seraph zum Unendlichen setzt, wird auch diesen Sprung ausmessen.
  • (Mit erhabenem Spiel.) Zu stehen in jener schrecklich erhabenen
  • Höhe--niederzuschmollen in der Menschlichkeit reißenden Strudel,
  • wo das Rad der blinden Betrügerin Schicksale schelmisch wälzt--
  • den ersten Mund am Becher der Freude--tief unten den geharnischten
  • Riesen Gesetz am Gängelbande zu lenken--schlagen zu sehen
  • unvergoltene Wunden, wenn sein kurzarmiger Grimm an das Geländer
  • der Majestät ohnmächtig poltert--die unbändigen Leidenschaften
  • des Volks, gleich so viel strampfenden Rossen, mit dem weichen
  • Spiele des Zügels zu zwingen--den emporstrebenden Stolz der
  • Vasallen mit einem--einem Athemzug in den Staub zu legen, wenn der
  • schöpferische Fürstenstab auch die Träume des fürstlichen Fiebers ins
  • Leben schwingt.--Ha! welche Vorstellung, die den staunenden Geist
  • über seine Linien wirbelt!--Ein Augenblick Fürst hat das Mark des
  • ganzen Daseins verschlungen. Nicht der Tummelplatz des Lebens--sein
  • Gehalt bestimmt seinen Werth. Zerstücke den Donner in seine
  • einfachen Silben, und du wirst Kinder damit in den Schlummer singen;
  • schmelze sie zusammen in einen plötzlichen Schall, und der
  • monarchische Laut wird den ewigen Himmel bewegen--Ich bin
  • entschlossen! (Heroisch auf und nieder.)
  • Dritter Auftritt
  • Voriger. Leonore tritt herein mit merklicher Angst.
  • Leonore. Vergeben Sie, Graf. Ich fürchte, Ihre Morgenruhe zu stören.
  • Fiesco (tritt höchst betreten zurück.) Gewiß, gnädige Frau, Sie
  • überraschen mich seltsam.
  • Leonore. Das begegnet nur den Liebenden nie.
  • Fiesco. Schöne Gräfin, Sie verrathen Ihre Schönheit an den
  • feindlichen Morgenhauch.
  • Leonore. Auch wüßt' ich nicht, warum ich den wenigen Rest für den
  • Gram schonen sollte.
  • Fiesco. Gram, meine Liebe? Stand ich bisher im Wahn, Staaten nicht
  • umwühlen wollen, hieße Gemüthsruhe?
  • Leonore. Möglich--Doch fühl' ich, daß meine Weiberbrust unter dieser
  • Gemüthsruhe bricht. Ich komme, mein Herr, Sie mit einer
  • nichtsbedeutenden Bitte zu belästigen, wenn Sie Zeit für mich
  • wegwerfen möchten. Seit sieben Monaten hatt' ich den seltsamen Traum,
  • Gräfin von Lavagna zu sein. Er ist verflogen. Der Kopf schmerzt
  • mir davon. Ich werden den ganzen Genuß meiner unschuldigen Kindheit
  • zurückrufen müssen, meine Geister von diesem lebhaften Phantome zu
  • heilen. Erlauben Sie darum, daß ich in die Arme meiner guten Mutter
  • zurückkehre?
  • Fiesco (äußerst bestürzt). Gräfin?
  • Leonore. Es ist ein schwaches, verzärteltes Ding, mein Herz, mit dem
  • Sie Mitleiden haben müssen. Auch die geringsten Andenken des Traums
  • könnten meiner kranken Einbildung Schaden thun. Ich stelle deßwegen
  • die letzten überbliebenen Pfänder ihrem rechtmäßigen Besitzer zurück.
  • (Sie legt einige Galanterieen auf ein Tischchen.) Auch diesen Dolch,
  • der mein Herz durchfuhr--(seinen Liebesbrief) auch diesen--und (indem
  • sie sich laut weinend hinausstürzen will) behalte nichts, als die
  • Wunde!
  • Fiesco (erschüttert, eilt ihr nach, hält sie auf). Leonore! Welch
  • ein Auftritt! Um Gotteswillen!
  • Leonore (fällt matt in seinen Arm). Ihre Gemahlin zu sein, hab' ich
  • nicht verdient, aber Ihre Gemahlin hätte Achtung verdient--Wie sie
  • jetzt zischen, die Lästerzungen! Wie sie auf mich herabschielen,
  • Genuas Damen und Mädchen! »Seht, wie sie wegblüht, die Eitle, die den
  • Fiesco heirathete.«--Grausame Ahndung meiner weiblichen Hoffart! Ich
  • hatte mein ganzes Geschlecht verachtet, da mich Fiesco zum Brautaltar
  • führte.
  • Fiesco. Nein, wirklich, Madonna! dieser Auftritt ist sonderbar.
  • Leonore. Ah, erwünscht. Er wird blaß und roth. Jetzt bin ich
  • muthig.
  • Fiesco. Nur zwei Tage, Gräfin, und dann richten Sie mich.
  • Leonore. Aufgeopfert!--Laß mich es nicht vor dir aussprechen,
  • jungfräuliches Licht! Aufgeopfert einer Buhlerin. Nein, sehen Sie
  • mich an, mein Gemahl! Wahrhaftig, die Augen, die ganz Genua in
  • knechtisches Zittern jagen, müssen sich jetzt vor den Thränen eines
  • Weibes verkriechen.-Fiesco (äußerst verwirrt). Nicht mehr, Signora.
  • Nicht weiter.
  • Leonore (mit Wehmuth und etwas bitter). Ein schwaches Weiberherz zu
  • zerfleischen! O es ist des starken Geschlechts so würdig.--Ich warf
  • mich in die Arme dieses Mannes. An diesen Starken schmiegten sich
  • wollüstig alle meine weiblichen Schwächen. Ich übergab ihm meinen
  • ganzen Himmel--Der großmüthige Mann verschenkte ihn an eine-Fiesco
  • (stürzt ihr mit Heftigkeit ins Wort). Meine Leonore! nein-Leonore.
  • Meine Leonore?--Himmel, habe Dank! das war wieder echter Goldklang
  • der Liebe. Hassen sollt' ich dich, Falscher, und werfe mich hungrig
  • auf die Brosamen deiner Zärtlichkeit--Hassen? Sagte ich hassen,
  • Fiesco? O glaub' es nicht! Sterben lehrt mich dein Meineid, aber
  • nicht hassen. Mein Herz ist betrogen. (Man hört den Mohren.)
  • Fiesco. Leonore, erfüllen Sie mir eine kleine kindische Bitte.
  • Leonore. Alles, Fiesco, nur nicht Gleichgültigkeit.
  • Fiesco. Was Sie wollen, wie Sie wollen--(Bedeutend.) Bis Genua um
  • zwei Tage älter ist, fragen Sie nicht, verdammen Sie nicht! (Er
  • führt sie mit Anstand in ein anderes Zimmer.)
  • Vierter Auftritt
  • Mohr keuchend. Fiesco.
  • Fiesco. Woher so in Athem?
  • Mohr. Geschwind, gnädiger Herr-Fiesco. Ist was ins Garn gelaufen?
  • Mohr. Lest diesen Brief. Bin ich denn wirklich da? Ich glaube,
  • Genua ist um zwölf Gassen kürzer worden, oder meine Beine um so viel
  • länger. Ihr verblaßt? Ja, um Köpfe werden sie karten, und der Eure
  • ist Tarock. Wie gefällt's Euch?
  • Fiesco (wirft den Brief erschüttert auf den Tisch). Krauskopf und
  • zehn Teufel! wie kommst zu diesem Brief?
  • Mohr. Ungefähr wie--Euer Gnaden zur Republik. Ein Expresser sollte
  • damit nach Levanto fliegen! Ich wittre den Fraß, laure dem Burschen
  • in einem Hohlweg auf. Baff, liegt der Marder--wir haben das Huhn.
  • Fiesco. Sein Blut über dich! Der Brief ist nicht mit Gold zu
  • bezahlen.
  • Mohr. Doch dank' ich für Silber. (Ernsthaft und wichtig.) Graf von
  • Lavagna! Ich habe neulich einen Gelust nach Eurem Kopf gehabt.
  • (Indem er auf den Brief deutet.) Hier wär' er wieder--Jetzt, denk'
  • ich, wären gnädiger Herr und Halunke quitt. Fürs Weitere könnt Ihr
  • Euch beim guten Freund bedanken. (Reicht ihm einen zweiten Zettel.)
  • Numero zwei.
  • Fiesco (nimmt das Blatt mit Erstaunen). Wirst du toll sein?
  • Mohr. Numero zwei. (Er stellt sich trotzig neben ihn, stemmt den
  • Ellenbogen an.) Der Löwe hat's doch so dumm nicht gemacht, daß er die
  • Maus pardonnierte? (Arglistig.) Gelt! er hat's schlau gemacht, wer
  • hätt ihn auch sonst aus dem Garne genagt?--Nun? Wie behagt Euch das?
  • Fiesco. Kerl, wie viel Teufel besoldest du?
  • Mohr. Zu dienen--nur einen, und der steht in gräflichem Futter.
  • Fiesco. Dorias eigene Unterschrift!--Wo bringst du das Blatt her?
  • Mohr. Warm aus den Händen meiner Bononi. Ich machte mich noch die
  • gestrige Nacht dahin, ließ Eure schönen Worte und Eure noch schönern
  • Zechinen klingen. Die letzten drangen durch. Früh sechs sollt' ich
  • wieder anfragen. Der Graf war richtig dort, wie Ihr sagtet, und
  • bezahlte mit Schwarz und Weiß das Weggeld zu einem contrebandenen
  • Himmelreich.
  • Fiesco (aufgebracht). Über die feilen Weiberknechte!--Republiken
  • wollen sie stürzen, können keiner Metze nicht schweigen. Ich sehe
  • aus diesen Papieren, daß Doria und sein Anhang Komplott gemacht haben,
  • mich mit eilf Senatoren zu ermorden und Gianettino zum souveränen
  • Herzog zu machen.
  • Mohr. Nicht anders, und das schon am Morgen der Dogewahl, dem
  • dritten des Monats.
  • Fiesco (rasch.) Unsere flinke Nacht soll diesen Morgen in Mutterleibe
  • erwürgen--Geschwind, Hassan--meine Sachen sind reif--Rufe die
  • Andern--wir wollen ihnen einen blutigen Vorsprung machen--Tummle dich,
  • Hassan!
  • Mohr. Noch muß ich Euch meinen Schubsack von Zeitungen stürzen.
  • Zweitausend Mann sind glücklich hereinprakticiert. Ich habe sie bei
  • den Kapuzinern untergebracht, wo auch kein vorlauter Sonnenstrahl sie
  • ausspionieren soll. Sie brennen vor Neugier, ihren Herrn zu sehen,
  • und es sind treffliche Kerl.
  • Fiesco. Aus jedem Kopf blüht ein Scudi für dich--Was murmelt Genua
  • zu meinen Galeeren?
  • Mohr. Das ist ein Hauptspaß, gnädiger Herr. Über die vierhundert
  • Abenteurer, die der Friede zwischen Frankreich und Spanien auf den
  • Sand gesetzt hat, nisteten sich an meine Leute und bestürmten sie,
  • ein gutes Wort für sie bei Euch einzulegen, daß Ihr sie gegen die
  • Ungläubigen schicken mögt. Ich habe sie auf den Abend zu Euch in den
  • Schloßhof beschieden.
  • Fiesco (froh.) Bald sollt' ich dir um den Hals fallen, Schurke! Ein
  • Meisterstreich! Vierhundert, sagst du?--Genua ist nicht mehr zu
  • retten. Vierhundert Scudi sind dein.
  • Mohr (treuherzig.) Gelt, Fiesco? Wir Zwei wollen Genua
  • zusammenschmeißen, daß man die Gesetze mit dem Besen aufkehren
  • kann--Das hab' ich Euch nie gesagt, daß ich unter der hiesigen
  • Garnison meine Vögel habe, auf die ich zählen kann, wie auf meine
  • Höllenfahrt. Nun hab' ich veranstaltet, daß wir auf jedem Thor
  • wenigstens sechs Creaturen unter der Wache haben, die genug sind, die
  • Andern zu beschwätzen und ihre fünf Sinne unter Wein zu setzen. Wenn
  • Ihr also Lust habt, diese Nacht einen Streich zu wagen, so findet Ihr
  • die Wachen besoffen.
  • Fiesco. Rede nichts mehr. Bis jetzt hab' ich den ungeheuren Quader
  • ohne Menschenhilfe gewälzt; hart am Ziel soll mich der schlechteste
  • Kerl in der Rundung beschämen?--Deine Hand, Bursche! Was dir der
  • Graf schuldig bleibt, wird der Herzog hereinholen.
  • Mohr. Überdies noch ein Billet von der Gräfin Imperiali. Sie
  • winkte mir von der Gasse hinauf, war sehr gnädig, fragte mich
  • spöttelnd, ob die Gräfin von Lavagna keinen Anfall von Gelbsucht
  • gehabt hätte? Euer Gnaden, sagt' ich, fragen nur einem Befinden nach,
  • sagt' ich-Fiesco (hat das Billet gelesen und wirft es weg). Sehr
  • gut gesagt; sie antwortete?
  • Mohr. Antwortete, sie bedaure dennoch das Schicksal der armen Wittwe,
  • erbiete sich auch, ihr Genugthuung zu geben und Euer Gnaden
  • Galanterieen künftig zu verbitten.
  • Fiesco (hämisch). Welche sich wohl noch vor Welt-Untergang aufheben
  • dürften--Das die ganze Erheblichkeit, Hassan?
  • Mohr (boshaft). Gnädiger Herr, Angelegenheiten der Damen sind es
  • zunächst nach den politischen-Fiesco. O ja freilich, und diese
  • allerdings. Aber was willst du mit diesem Papierchen?
  • Mohr. Eine Teufelei mit einer andern auskratzen--Diese Pulver gab
  • mir Signora, Eurer Frau täglich eins in die Chocolade zu rühren.
  • Fiesco (tritt blaß zurück). Gab dir?
  • Mohr. Donna Julia, Gräfin Imperiali.
  • Fiesco (reißt ihm solche weg, heftig). Lügst du, Canaille, lass' ich
  • dich lebendig an den Wetterhahn vom Lorenzothurm schmieden, wo dich
  • der Wind in einem Athemzug neunmal herumtreibt--die Pulver?
  • Mohr (ungeduldig). Soll ich Eurer Frau in der Chocolade zu saufen
  • geben, verordnete Donna Julia Imperiali.
  • Fiesco (außer Fassung). Ungeheuer! Ungeheuer!--dieses holdselige
  • Geschöpf?--Hat so viel Hölle in einer Frauenzimmerseele Platz?--Doch,
  • ich vergaß dir zu danken, himmlische Vorsicht, die du es nichtig
  • machst--nichtig durch einen ärgeren Teufel. Deine Wege sind
  • sonderbar. (Zum Mohren.) Du versprichst, zu gehorchen, und schweigst.
  • Mohr. Sehr wohl. Das Letzte kann ich, sie bezahlte mir's baar.
  • Fiesco. Dieses Billet ladet mich zu ihr--Ich will kommen, Madame!
  • Ich will Sie beschwätzen, bis Sie hieher folgen. Gut. Du eilst
  • nunmehr, was du eilen kannst, rufst die ganze Verschwörung zusammen.
  • Mohr. Diesen Befehl hab' ich vorausgewittert und darum Jeden auf
  • meine Faust Punkt zehn Uhr hieher bestellt.
  • Fiesco. Ich höre Tritte. Sie sind's. Kerl, du verdientest deinen
  • eigenen Galgen, wo noch kein Sohn Adams gezappelt hat. Geh ins
  • Vorzimmer, bis ich läute.
  • Mohr (im Abgehen). Der Mohr hat seine Arbeit gethan, der Mohr kann
  • gehen. (Ab.)
  • Fünfter Auftritt
  • Alle Verschwornen.
  • Fiesco (ihnen entgegen). Das Wetter ist im Anzug. Die Wolken laufen
  • zusammen. Tretet leis auf! Laßt beide Schlösser vorfallen!
  • Verrina. Acht Zimmer hinter uns hab' ich zugeriegelt; der Argwohn
  • kann auf hundert Mannsschritte nicht beikommen.
  • Bourgognino. Hier ist kein Verräther, wenn's unsre Furcht nicht wird.
  • Fiesco. Furcht kann nicht über meine Schwelle. Willkommen, wer noch
  • der Gestrige ist. Nehmt eure Plätze. (Setzen sich.)
  • Bourgognino (spaziert im Zimmer). Ich sitze ungern, wenn ich ans
  • Umreißen denke.
  • Fiesco. Genueser, das ist eine merkwürdige Stunde.
  • Verrina. Du hast uns aufgefordert, einem Plan zum Tyrannenmord
  • nachzudenken. Frage uns. Wir sind da, dir Rede zu geben.
  • Fiesco. Zuerst also--eine Frage, die spät genug kommt, um seltsam zu
  • klingen--Wer soll fallen? (Alle schweigen.)
  • Bourgognino (indem er sich über Fiescos Sessel lehnt, bedeutend).
  • Die Tyrannen.
  • Fiesco. Wohlgesprochen, die Tyrannen. Ich bitte euch, gebt genau
  • Acht auf die ganze Schwere des Worts. Wer die Freiheit zu stürzen
  • Miene macht, oder Gewicht hat?--Wer ist mehr Tyrann?
  • Verrina. Ich hasse den Ersten, den Letzten fürchte ich. Andreas
  • Doria falle!
  • Calcagno (in Bewegung). Andreas, der abgelebte Andreas, dessen
  • Rechnung mit der Natur vielleicht übermorgen zerfallen ist?
  • Sacco. Andreas, der sanftmüthige Alte?
  • Fiesco. Furchtbar ist dieses alten Mannes Sanftmuth, mein Sacco!
  • Gianettinos Tolltrotz nur lächerlich. Andreas Doria falle! das
  • sprach deine Weisheit, Verrina.
  • Bourgognino. Ketten von Stahl oder Seide--es sind Ketten, und
  • Andreas Doria falle!
  • Fiesco (zum Tisch gehend). Also den Stab gebrochen über Onkel und
  • Neffen! Unterzeichnet! (Alle unterschreiben.) Das Wer? ist
  • berichtigt. (Setzen sich wieder.) Nun zum gleich merkwürdigen
  • Wie?--Reden Sie zuerst, Freund Calcagno.
  • Calcagno. Wir führen es aus wie Soldaten oder wie Meuter. Jenes ist
  • gefährlich, weil es uns zwingt, viele Mitwisser zu haben, gewagt,
  • weil die Herzen der Nation noch nicht ganz gewonnen sind--diesem sind
  • fünf gute Dolche gewachsen. In drei Tagen ist hohe Messe in der
  • Lorenzokirche. Beide Doria halten dort ihre Andacht. In der Nähe
  • des Allerhöchsten entschläft auch Tyrannenangst. Ich sagte Alles.
  • Fiesco (abgewandt). Calcagno--abscheulich ist Ihre vernünftige
  • Meinung--Raphael Sacco?
  • Sacco. Calcagnos Gründe gefallen mir, seine Wahl empört. Besser,
  • Fiesco läßt Oheim und Neffen zu einem Gastmahle laden, wo sie dann,
  • zwischen den ganzen Groll der Republik gepreßt, die Wahl haben, den
  • Tod entweder an unsern Dolchen zu essen, oder in gutem Cyprier
  • Bescheid zu thun. Wenigstens bequem ist diese Methode.
  • Fiesco (mit Entsetzen). Sacco, und wenn der Tropfe Wein, den ihre
  • sterbende Zunge kostet, zum siedenden Pech wird, ein Vorschmack der
  • Hölle--Wie dann, Sacco?--Weg mit diesem Rath! Sprich du, Verrina.
  • Verrina. Ein offenes Herz zeigt eine offene Stirn. Meuchelmord
  • bringt uns in jedes Banditen Brüderschaft. Das Schwert in der Hand
  • deutet den Helden. Meine Meinung ist, wir geben laut das Signal des
  • Aufruhrs, rufen Genuas Patrioten stürmend zur Rache auf. (Er fährt
  • vom Sessel. Die Andern folgen. Bourgognino wirft sich ihm um den
  • Hals.)
  • Bourgognino. Und zwingen mit gewaffneter Hand dem Glück eine Gunst
  • ab? Das ist die Stimme der Ehre und die meinige.
  • Fiesco. Und die meinige. Pfui, Genueser! (Zu Calcagno und Sacco.)
  • Das Glück hat bereits schon zu viel für uns gethan, wir müssen uns
  • selbst auch noch Arbeit geben--Also Aufruhr, und den noch diese Nacht,
  • Genueser! (Verrina, Bourgognino erstaunen. Die Andern erschrecken.)
  • Calcagno. Was? noch diese Nacht? Noch sind die Tyrannen zu mächtig,
  • noch unser Anhang zu dünne.
  • Sacco. Diese Nacht noch? und es ist nichts gethan, und die Sonne
  • geht schon bergunter?
  • Fiesco. Eure Bedenklichkeiten sind sehr gegründet, aber lest diese
  • Blätter. (Er reicht ihnen die Handschriften Gianettinos und geht,
  • indeß sie neugierig lesen, hämisch auf und nieder.) Jetzt fahre wohl,
  • Doria, schöner Stern! Stolz und vorlaut standst du da, als hättest
  • du den Horizont von Genua verpachtet, und sahest doch, daß auch die
  • Sonne den Himmel räumt und das Scepter der Welt mit dem Monde theilt.
  • Fahre wohl, Doria, schöner Stern!
  • Auch Patroklus ist gestorben, Und war mehr als du.
  • Bourgognino (nachdem sie die Blätter gelesen). Das ist gräßlich!
  • Calcagno. Zwölf auf einen Schuß!
  • Verrina. Morgen in der Signoria!
  • Bourgognino. Gebt mir die Zettel. Ich reite spornstreichs durch
  • Genua, halte sie so, so werden die Steine hinter mir springen und die
  • Hunde Zetermordio heulen.
  • Alle. Rache! Rache! Rache! Diese Nacht noch!
  • Fiesco. Da seid ihr, wo ich euch wollte. Sobald es Abend wird, will
  • ich die vornehmsten Mißvergnügten zu einer Lustbarkeit bitten;
  • nämlich alle, die auf Gianettinos Mordliste stehen, und noch überdies
  • die Sauli, die Gentili, Vivaldi und Vesodimari, alle Todfeinde des
  • Hauses Doria, die der Meuchelmörder zu fürchten vergaß. Sie werden
  • meinen Anschlag mit offenen Armen umfassen, daran zweifle ich nicht.
  • Bourgognino. Daran zweifl' ich nicht.
  • Fiesco. Vor Allem müssen wir uns des Meers versichern. Galeeren und
  • Schiffsvolk hab' ich. Die zwanzig Schiffe der Doria sind unbetakelt,
  • unbemannt, leicht überrumpelt. Die Mündung der Darsena wird gestopft,
  • alle Hoffnung zur Flucht verriegelt. Haben wir den Hafen, so liegt
  • Genua an Ketten.
  • Verrina. Unleugbar.
  • Fiesco. Dann werden die festen Plätze der Stadt erobert und besetzt.
  • Der wichtigste ist das Thomasthor, das zum Hafen führt und unsere
  • Seemacht mit der Landmacht verknüpft. Beide Doria werden in ihren
  • Palästen überfallen, ermordet. In allen Gassen wird Lärm geschlagen;
  • die Sturmglocken werden gezogen, die Bürger herausgerufen, unsere
  • Partei zu nehmen und Genuas Freiheit zu verfechten. Begünstiget uns
  • das Glück, so hört ihr in der Signoria das Weitere.
  • Verrina. Der Plan ist gut. Laß sehen, wie wir die Rollen vertheilen.
  • Fiesco (bedeutend). Genueser, ihr stelltet mich freiwillig an die
  • Spitze des Komplotts. Werdet ihr auch meinen weiteren Befehlen
  • gehorchen?
  • Verrina. So gewiß sie die besten sind.
  • Fiesco. Verrina, weißt du das Wörtchen unter der Fahne?--Genueser,
  • sagt's ihm, es heißt Subordination! Wenn ich nicht diese Köpfe
  • drehen kann, wie ich eben will--versteht mich ganz--wenn ich nicht
  • der Souverän der Verschwörung bin, so hat sie auch ein Mitglied
  • verloren.
  • Verrina. Ein freies Leben ist ein paar knechtische Stunden
  • werth--Wir gehorchen.
  • Fiesco. So verlaßt mich jetzt. Einer von euch wird die Stadt
  • visitieren und mir von der Stärke und Schwäche der festen Plätze
  • Rapport machen. Ein Anderer erforscht die Parole. Ein Dritter
  • bemannt die Galeeren. Ein Vierter wird die zweitausend Mann nach
  • meinem Schloßhof befördern. Ich selbst werde auf den Abend Alles
  • berichtigt haben und noch überdies, wenn das Glück will, die Bank im
  • Pharao sprengen. Schlag neun Uhr ist Alles im Schloß, meine letzten
  • Befehle zu hören. (Klingelt.)
  • Verrina. Ich nehme den Hafen auf mich. (Ab.)
  • Bourgognino. Ich die Soldaten. (Auch ab.)
  • Calcagno. Die Parole will ich ablauern. (Ab.)
  • Sacco. Ich die Runde durch Genua machen. (Ab.)
  • Sechster Auftritt
  • Fiesco. Darauf der Mohr.
  • Fiesco (hat sich an ein Pult gesetzt und schreibt). Schlugen sie
  • nicht um gegen das Wörtchen Subordination, wie die Raupe gegen die
  • Nadel?--Aber es ist zu spät, Republikaner!
  • Mohr (kommt). Gnädiger Herr-Fiesco (steht auf, gibt ihm einen
  • Zettel). Alle, deren Namen auf diesem Blatt stehen, ladest du zu
  • einer Komödie auf die Nacht.
  • Mohr. Mitzuspielen vermuthlich. Die Entrée wird die Gurgel kosten.
  • Fiesco (fremd und verächtlich). Wenn das bestellt ist, will ich dich
  • nicht länger in Genua aufhalten. (Er geht und läßt eine Goldbörse
  • hinter sich fallen.) Das sei deine letzte Arbeit. (Geht ab.)
  • Siebenter Auftritt
  • Mohr hebt den Beutel langsam von der Erde, indem er ihm stutzig
  • nachblickt.
  • Stehn wir so miteinander? »Will ich dich nicht mehr in Genua
  • aufhalten.« Das heißt aus dem Christlichen in mein Heidenthum
  • verdolmetscht: Wenn ich Herzog bin, lass' ich den guten Freund an
  • einen genuesischen Galgen hängen. Gut. Er besorgt, weil ich um
  • seine Schliche weiß, werd' ich seine Ehre über mein Maul springen
  • lassen, wenn er Herzog ist. Sachte, Herr Graf! das Letzte wäre noch
  • zu überlegen.
  • Jetzt, alter Doria, steht mir deine Haut zu Befehl.--Hin bist du,
  • wenn ich dich nicht warne. Wenn ich jetzt hingehe und das Komplott
  • angebe, rett' ich dem Herzog von Genua nichts Geringeres, als ein
  • Leben und ein Herzogthum; nichts Geringers, als dieser Hut, von Gold
  • gestrichen voll, kann sein Dank sein. (Er will fort, bleibt aber
  • plötzlich still stehn.) Aber sachte, Freund Hassan! Du bist etwa gar
  • auf der Reise nach einem dummen Streich? Wenn die ganze
  • Todtschlägerei jetzt zurückging' und daraus gar etwas Gutes
  • würde?--Pfui! pfui! was will mir mein Geiz für einen Teufelsstreich
  • spielen!--Was stiftet größeres Unheil: wenn ich diesen Fiesco
  • prelle?--wenn ich jenen Doria an das Messer liefre?--Das klügelt mir
  • aus, meine Teufel!--Bringt der Fiesco es hinaus, kann Genua aufkommen.
  • Weg! das kann nicht sein. Schlüpft dieser Doria durch, bleibt
  • Alles wie vor, und Genua hat Frieden--das wäre noch garstiger!--Aber
  • das Spektakel, wenn die Köpfe der Rebellen in die Garküche des
  • Henkers fliegen? (Auf die andere Seite.) Aber das lustige Gemetzel
  • dieser Nacht, wenn Ihre Durchlauchten am Pfiff eines Mohren erwürgen?
  • Nein! aus diesem Wirrwarr helf' sich ein Christ, dem Heiden ist das
  • Räthsel zu spitzig--Ich will einen Gelehrten fragen. (Ab.)
  • Achter Auftritt
  • Saal bei der Gräfin Imperiali.
  • Julia im Negligé. Gianettino tritt herein, zerstört.
  • Gianettino. Guten Abend, Schwester.
  • Julia (steht auf). Etwas Außerordentliches mag es auch sein, das den
  • Kronprinzen von Genua zu seiner Schwester führt?
  • Gianettino. Schwester, bist du doch stets von Schmetterlingen
  • umschwärmt und ich von Wespen. Wer kann abkommen? Setzen wir uns.
  • Julia. Du machst mich bald ungeduldig.
  • Gianettino. Schwester, wann war's das letztemal, daß dich Fiesco
  • besuchte?
  • Julia. Seltsam. Als wenn mein Gehirn dergleichen Nichtigkeiten
  • beherbergte.
  • Gianettino. Ich muß es durchaus wissen.
  • Julia. Nun--er war gestern da.
  • Gianettino. Und zeigte sich offen?
  • Julia. Wie gewöhnlich.
  • Gianettino. Auch noch der alte Phantast?
  • Julia (beleidigt). Bruder!
  • Gianettino (mir stärkerer Stimme). Höre! Auch noch der alte
  • Phantast?
  • Julia (steht aufgebracht auf). Wofür halten Sie mich, Bruder?
  • Gianettino (bleibt sitzen, hämisch). Für ein Stück Weiberfleisch, in
  • einen großen--großen Adelsbrief gewickelt. Unter uns, Schwester,
  • weil doch Niemand auflauert.
  • Julia (hitzig). Unter uns--Sie sind ein tolldreister Affe, der auf
  • dem Credit seines Onkels steckenreitet--weil doch Niemand auflauert.
  • Gianettino. Schwesterchen, Schwesterchen! Nicht böse--Ich bin nur
  • lustig, weil Fiesco noch der alte Phantast ist. Das hab' ich wissen
  • wollen. Empfehl' mich. (Will gehen.)
  • Neunter Auftritt
  • Lomellin kommt.
  • Lomellin (küßt der Julia die Hand). Verzeihung für meine
  • Dreistigkeit, gnädige Frau. (Zum Gianettino gekehrt.) Gewisse Dinge,
  • die sich nicht aufschieben lassen-Gianettino (nimmt ihn bei Seite.
  • Julia tritt zornig zu einem Flügel und spielt ein Allegro). Alles
  • angeordnet auf morgen?
  • Lomellin. Alles! Prinz. Aber der Kurier, der heute früh nach
  • Levanto flog, ist nicht wieder zurück. Auch Spinola ist nicht da.
  • Wenn er aufgefangen wäre!--Ich bin in höchster Verlegenheit.
  • Gianettino. Besorge nichts. Du hast doch die Liste bei der Hand?
  • Lomellin (betreten). Gnädiger Herr--die Liste--ich weiß nicht--ich
  • werde sie in meiner gestrigen Rocktasche liegen haben-Gianettino.
  • Auch gut. Wär' nur Spinola zurück. Fiesco wird morgen früh todt im
  • Bette gefunden. Ich hab' die Anstalt gemacht.
  • Lomellin. Aber fürchterlich Aufsehen wird's machen.
  • Gianettino. Das eben ist unsre Sicherheit, Bursche.
  • Alltagsverbrechen bringen das Blut des Beleidigten in Wallung, und
  • Alles kann der Mensch. Außerordentliche Frevel machen es vor
  • Schrecken gefrieren, und der Mensch ist nichts. Weißt du das Märchen
  • mit dem Medusakopf? Der Anblick macht Steine--Was ist nicht gethan,
  • Bursche, bis Steine erwarmen.
  • Lomellin. Haben Sie der gnädigen Frau einen Wink gegeben?
  • Gianettino. Pfui doch! die muß man des Fiesco wegen delicater
  • behandeln. Doch, wenn sie erst die Früchte verschmeckt, wird sie die
  • Unkosten verschmerzen. Komm! ich erwarte diesen Abend noch Truppen
  • von Mailand und muß an den Thoren die Ordre geben. (Zur Julia.) Nun,
  • Schwester, hast du deinen Zorn bald verklimpert?
  • Julia. Gehen Sie! Sie sind ein wilder Gast.
  • (Gianettino will hinaus und stößt auf Fiesco.)
  • Zehnter Auftritt
  • Fiesco kommt.
  • Gianettino (zurückfahrend). Ha!
  • Fiesco (zuvorkommend, verbindlich). Prinz, Sie überheben mich eines
  • Besuchs, den ich mir eben vorbehalten hatte-Gianettino. Auch mir,
  • Graf, konnte nichts Erwünschters als Ihre Gesellschaft begegnen.
  • Fiesco (tritt zu Julien, küßt ihr respectvoll die Hand). Man ist es
  • bei Ihnen gewohnt, Signora, immer seine Erwartungen übertroffen zu
  • sehen.
  • Julia. Pfui doch, das würde bei einer Andern zweideutig lauten--Aber
  • ich erschrecke an meinem Negligé. Verzeihen Sie, Graf. (Will in ihr
  • Kabinet fliegen.)
  • Fiesco. O bleiben Sie, schöne gnädige Frau! Das Frauenzimmer ist
  • nie so schön, als im Schlafgewand, (lächelnd) es ist die Tracht
  • seines Gewerbes--Diese hinaufgezwungenen Haare--Erlauben Sie, daß ich
  • sie ganz durcheinander werfe.
  • Julia. Daß ihr Männer so gerne verwirret!
  • Fiesco (unschuldig gegen Gianettino). Haare und Republiken! Nicht
  • wahr, das gilt uns gleichviel?--Und auch dieses Band ist falsch
  • angeheftet--Setzen Sie sich, schöne Gräfin--Augen zu betrügen
  • versteht Ihre Laura, aber nicht Herzen--Lassen Sie mich Ihre
  • Kammerfrau sein. (Sie setzt sich, er macht ihr den Anzug zurecht.)
  • Gianettino (zupft den Lomellin). Der arme, sorglose Wicht!
  • Fiesco (an Juliens Busen beschäftigt). Sehen Sie--dieses verstecke
  • ich weislich. Die Sinne müssen immer nur blinde Briefträger sein und
  • nicht wissen, was Phantasie und Natur mit einander abzukarten haben.
  • Julia. Das ist leichtfertig.
  • Fiesco. Ganz und gar nicht, denn, sehen Sie, die beste Neuigkeit
  • verliert, sobald sie Stadtmärchen wird--Unsre Sinne sind nur die
  • Grundsuppe unsrer innern Republik. Der Adel lebt von ihnen, aber
  • erhebt sich über ihren platten Geschmack. (Er hat sie fertig gemacht
  • und führt sie vor den Spiegel.) Nun, bei meiner Ehre! dieser Anzug
  • muß morgen Mode in Genua sein. (Fein.) Darf ich Sie so durch die
  • Stadt führen, Gräfin?
  • Julia. Über den verschlagenen Kopf! Wie künstlich er's anlegte,
  • mich in seinen Willen hineinzulügen! Aber ich habe Kopfweh und werde
  • zu Hause bleiben.
  • Fiesco. Verzeihen Sie, Gräfin--das können Sie, wie Sie wollen, aber
  • Sie wollen es nicht--Diesen Mittag ist eine Gesellschaft
  • florentinischer Schauspieler hier angekommen und hat sich erboten, in
  • meinem Palaste zu spielen--Nun hab' ich nicht verhindern können, daß
  • die meisten Edeldamen der Stadt Zuschauerinnen sein werden, welches
  • mich äußerst verlegen macht, weil ich die vornehmste Loge besetzen
  • soll, ohne meinen empfindlichen Gästen eine Sottise zu machen. Noch
  • ist nur ein Ausweg möglich. (Mit einer tiefen Verbeugung.) Wollen
  • Sie so gnädig sein, Signora?
  • Julia (wird roth und geht schleunig ins Kabinet). Laura!
  • Gianettino (tritt zu Fiesco). Graf, Sie erinnern sich einer
  • unangenehmen Geschichte, die neulich zwischen uns Beiden
  • vorfiel-Fiesco. Ich wünschte, Prinz, wir vergäßen sie Beide--Wir
  • Menschen handeln gegen uns, wie wir uns kennen, und wessen Schuld
  • ist's, als die meinige, daß mich mein Freund Doria nicht ganz gekannt
  • hat?
  • Gianettino. Wenigstens werd' ich nie daran danken, ohne Ihnen von
  • Herzen Abbitte zu thun-Fiesco. Und ich nie, ohne Ihnen von Herzen zu
  • vergeben--(Julia kommt etwas umgekleidet zurück.)
  • Gianettino. Eben fällt es mir bei, Graf, Sie lassen ja gegen die
  • Türken kreuzen?
  • Fiesco. Diesen Abend werden die Anker gelichtet--Ich bin eben darum
  • in einiger Besorgniß, woraus mich die Gefälligkeit meines Freundes
  • Doria reißen könnte.
  • Gianettino (äußerst höflich). Mit allem Vergnügen!--Befehlen Sie
  • über meinen ganzen Einfluß!
  • Fiesco. Der Vorgang dürfte gegen Abend einigen Auflauf gegen den
  • Hafen und meinen Palast verursachen, welchen der Herzog, Ihr Oheim,
  • mißdeuten könnten-Gianettino (treuherzig). Lassen Sie mich dafür
  • sorgen. Machen Sie immer fort, und ich wünsche Ihnen viel Glück zur
  • Unternehmung.
  • Fiesco (schmollt). Ich bin Ihnen sehr verbunden.
  • Eilfter Auftritt
  • Vorige. Ein Deutscher der Leibwache.
  • Gianettino. Was soll's?
  • Deutscher. Als ich das Thomasthor vorbeiging, sah ich gewaffnete
  • Soldaten in großer Anzahl der Darsena zueilen und die Galeeren des
  • Grafen von Lavagna segelfertig machen-Gianettino. Nichts Wichtigers?
  • Es wird nicht weiter gemeldet.
  • Deutscher. Sehr wohl. Auch aus den Klöstern der Kapuziner wimmelt
  • verdächtiges Gesindel und schleicht über den Markt; Gang und Ansehen
  • lassen vermuthen, daß es Soldaten sind.
  • Gianettino (zornig). Über den Diensteifer eines Dummkopfs! (Zu
  • Lomellin zuversichtlich.) Das sind meine Mailänder.
  • Deutscher. Befehlen Euer Gnaden, daß sie arretiert werden sollen?
  • Gianettino (laut zu Lomellin). Sehen Sie nach, Lomellin. (Wild zum
  • Deutschen.) Nur fort, es ist gut! (Zu Lomellin.) Bedeuten Sie dem
  • deutschen Ochsen, daß er das Maul halten soll.
  • (Lomellin ab mit dem Deutschen.)
  • Fiesco (der bisher mit Julien getändelt und verstohlen
  • herübergeschielt hatte). Unser Freund ist verdrießlich. Darf ich
  • den Grund wissen?
  • Gianettino. Kein Wunder. Das ewige Anfragen und Melden! (Schießt
  • hinaus.)
  • Fiesco. Auch auf uns wartet das Schauspiel. Darf ich Ihnen den Arm
  • anbieten, gnädige Frau?
  • Julia. Geduld! Ich muß erst die Enveloppe umwerfen. Doch kein
  • Trauerspiel, Graf? Das kommt mir im Traum.
  • Fiesco (tückisch). O, es ist zum Todtlachen, Gräfin!
  • (Er führt sie ab. Vorhang fällt.)
  • Vierter Aufzug
  • Es ist Nacht. Schloßhof des Fiesco. Die Laternen werden angezündet.
  • Waffen hereingetragen. Ein Schloßflügel ist erleuchtet.
  • Erster Auftritt
  • Bourgognino führt Soldaten auf.
  • Bourgognino. Halt!--An das große Hofthor kommen vier Posten. Zwei
  • an jede Thüre zum Schloß. (Wachen nehmen ihren Posten.) Wer will,
  • wird hereingelassen. Hinaus darf Niemand. Wer Gewalt braucht,
  • niedergestochen. (Mit den Übrigen ins Schloß. Schildwachen auf und
  • nieder. Pause.)
  • Zweiter Auftritt
  • Wachen am Hofthor (rufen an). Wer da? (Zenturione kommt.)
  • Zenturione. Freund von Lavagna. (Geht quer über den Hof nach dem
  • rechten Schloßthor.)
  • Wachen (dort). Zurück!
  • Zenturione (stutzt und geht nach dem linken Thor).
  • Wachen (am linken). Zurück!
  • Zenturione (steht betreten still. Pause. Darauf zur linken Wache).
  • Freund, wo hinaus geht's zur Komödie?
  • Wache. Weiß nicht.
  • Zenturione (auf und ab mit steigender Besorgnis, darauf zur rechten
  • Wache). Freund, wann geht die Komödie an?
  • Wache. Weiß nicht.
  • Zenturione (erstaunt auf und nieder. Wird die Waffen gewahr.
  • Bestürzt). Freund, was soll das?
  • Wache. Weiß nicht.
  • Zenturione (hüllt sich erschrocken in seinen Mantel). Sonderbar.
  • Wachen am Hofthor (rufen an). Wer da?
  • Dritter Auftritt
  • Vorige. Zibo.
  • Zibo (im Hereintreten). Freund von Lavagna.
  • Zenturione. Zibo, wo sind wir?
  • Zibo. Was?
  • Zenturione. Schau' um dich, Zibo!
  • Zibo. Wo? Was?
  • Zenturione. Alle Thüren besetzt.
  • Zibo. Hier liegen Waffen.
  • Zenturione. Niemand gibt Auskunft.
  • Zibo. Das ist seltsam.
  • Zenturione. Wie viel ist die Glocke?
  • Zibo. Acht Uhr vorüber.
  • Zenturione. Puh! es ist grimmkalt.
  • Zibo. Acht Uhr ist die bestellte Stunde.
  • Zenturione (den Kopf schüttelnd). Hier ist's nicht richtig.
  • Zibo. Fiesco hat einen Spaß vor.
  • Zenturione. Morgen ist Dogewahl--Zibo, hier ist's nicht richtig.
  • Zibo. Stille! stille! stille!
  • Zenturione. Der rechte Schloßflügel ist voll Lichter.
  • Zibo. Hörst du nichts? Hörst du nichts?
  • Zenturione. Hohles Gemurmel drinnen und mitunter-Zibo. Dumpfiges
  • Rasseln, wie von Harnischen, die sich an einander reiben-Zenturione.
  • Schauervoll! Schauervoll!
  • Zibo. Ein Wagen! Er hält an der Pforte!
  • Wachen am Hofthor (rufen an). Wer da?
  • Vierter Auftritt
  • Vorige. Vier Asserato.
  • Asserato (im Hereintreten). Freund von Fiesco.
  • Zibo. Es sind die vier Asserato.
  • Zenturione. Guten Abend, Landsmann.
  • Asserato. Wir gehen in die Komödie.
  • Zibo. Glück auf den Weg!
  • Asserato. Geht ihr nicht mit in die Komödie?
  • Zenturione. Spaziert nur voran. Wir wollen erst frische Luft
  • schöpfen.
  • Asserato. Es wird bald angehen. Kommt. (Gehen weiter.)
  • Wache. Zurück!
  • Asserato. Wo will das hinaus?
  • Zenturione (lacht). Zum Schloß hinaus.
  • Asserato. Hier ist ein Mißverstand.
  • Zibo. Ein handgreiflicher. (Musik auf dem rechten Flügel.)
  • Asserato. Hört ihr die Symphonie? Das Lustspiel wird vor sich gehen.
  • Zenturione. Mich däucht, es fing schon an, und wir spielen die
  • Narren drin.
  • Zibo. Übrige Hitze hab' ich nicht. Ich gehe.
  • Asserato. Waffen hier.
  • Zibo. Pah! Komödienwaaren.
  • Zenturione. Sollen wir hier stehen, wie die Narren am Acheron?
  • Kommt zum Kaffeehaus! (Alle Sechs eilen gegen die Pforte.)
  • Wachen (schreien heftig). Zurück!
  • Zenturione. Mord und Tod! Wir sind gefangen!
  • Zibo. Mein Schwert sagt: nicht lange!
  • Asserato. Steck' ein! steck' ein! Der Graf ist ein Ehrenmann.
  • Zibo. Verkauft! Verrathen! Die Komödie war der Speck, hinter der
  • Maus schlug die Thüre zu.
  • Asserato. Das wolle Gott nicht! Mich schaudert, wie das sich
  • entwickeln soll.
  • Fünfter Auftritt
  • Schildwachen. Wer da? (Verrina, Sacco kommen.)
  • Verrina. Freunde vom Hause. (Sieben andere Nobili kommen nach.)
  • Zibo. Seine Vertrauten! Nun klärt sich Alles auf.
  • Sacco (im Gespräch mit Verrina). Wie ich Ihnen sagte. Lescaro hat
  • die Wache am Thomasthor, Dorias bester Officier und ihm blindlings
  • ergeben.
  • Verrina. Das freut mich.
  • Zibo (zu Verrina). Sie kommen erwünscht, Verrina, uns allen aus dem
  • Traume zu helfen.
  • Verrina. Wie so? Wie so?
  • Zenturione. Wir sind zu einer Komödie geladen.
  • Verrina. So haben wir einen Weg.
  • Zenturione (ungeduldig). Den Weg alles Fleisches. Den weiß ich.
  • Sie sehen ja, daß die Thüren besetzt sind? Wofür die Thüren besetzen?
  • Zibo. Wofür die Waffen?
  • Zenturione. Wir stehen da, wie unter dem Galgen.
  • Verrina. Der Graf wird selbst kommen.
  • Zenturione. Er kann sich betreiben. Meine Geduld reißt den Zaum ab.
  • (Alle Nobili gehen im Hintergrunde auf und nieder.)
  • Bourgognino (aus dem Schloß). Wie steht's im Hafen, Verrina?
  • Verrina. Alles glücklich an Bord.
  • Bourgognino. Das Schloß ist auch gepfropft voll Soldaten.
  • Verrina. Es geht stark auf neun Uhr.
  • Bourgognino. Der Graf macht sehr lang.
  • Verrina. Immer zu rasch für seine Hoffnung. Bourgognino, ich werde
  • zu Eis, wenn ich mir etwas denke.
  • Bourgognino. Vater, übereile dich nicht.
  • Verrina. Es läßt sich nicht übereilen, wo nicht gezögert werden kann.
  • Wenn ich den zweiten Mord nicht begehe, kann ich den ersten niemal
  • verantworten.
  • Bourgognino. Aber wann soll Fiesco sterben?
  • Verrina. Wann Genua frei ist, stirbt Fiesco!
  • Schildwachen. Wer da?
  • Sechster Auftritt
  • Vorige. Fiesco.
  • Fiesco (im Hereintreten). Ein Freund! (Alle verneigen sich.
  • Schildwachen präsentieren.) Willkommen, wertheste Gäste! Sie werden
  • geschmählt haben, daß der Hausvater so lange auf sich warten ließ.
  • Verzeihen Sie. (Leise zu Verrina.) Fertig?
  • Verrina (ihm ins Ohr). Nach Wunsch.
  • Fiesco (leise zu Bourgognino). Und?
  • Bourgognino. Alles richtig.
  • Fiesco (zu Sacco). Und?
  • Sacco. Alles gut.
  • Fiesco. Und Calcagno?
  • Bourgognino. Fehlt noch.
  • Fiesco (laut zu den Thorwachen). Man soll schließen! (Er nimmt den
  • Hut ab und tritt mit freiem Anstand zur Versammlung.)
  • Meine Herren!
  • Ich bin so frei gewesen, Sie zu einem Schauspiel bitten zu
  • lassen--Nicht aber, Sie zu unterhalten, sondern Ihnen Rollen darin
  • aufzutragen.
  • Lange genug, meine Freunde, haben wir Gianettino Dorias Trotz und die
  • Anmaßungen des Andreas ertragen. Wenn wir Genua retten wollen,
  • Freunde, wird keine Zeit zu verlieren sein. Zu was Ende glauben Sie
  • diese zwanzig Galeeren, die den vaterländischen Hafen belagern? Zu
  • was Ende die Allianzen, so diese Doria schlossen? Zu was Ende die
  • fremden Waffen, die sie ins Herz Genuas zogen?--Jetzt ist es nicht
  • mehr mit Murren und Verwünschen gethan. Alles zu retten, muß Alles
  • gewagt werden. Ein verzweifeltes Übel will eine verwegene Arznei.
  • Sollte Einer in dieser Versammlung sein, der Phlegma genug hat, einen
  • Herrn zu erkennen, der nur seines Gleichen ist?--(Gemurmel.)--Hier
  • ist Keiner, dessen Ahnen nicht um Genuas Wiege standen. Was? bei
  • Allem, was heilig ist! was? was haben denn diese zween Bürger voraus,
  • daß sie den frechen Flug über unsere Häupter nehmen?--(Wilderes
  • Gemurre.)--Jeder von Ihnen ist feierlich aufgeforderet, Genuas Sache
  • gegen seine Unterdrücker zu führen--Keiner von Ihnen kann ein
  • Haarbreit von seinen Rechten vergeben, ohne zugleich die Seele des
  • ganzen Staats zu verrathen-(Ungestüme Bewegungen unter den Zuhörern
  • unterbrechen ihn; dann fährt er fort.)
  • Sie empfinden--jetzt ist Alles gewonnen. Schon hab' ich vor Ihnen
  • her den Weg zum Ruhme gebahnt. Wollen Sie folgen? Ich bin bereit,
  • Sie zu führen. Diese Anstalten, die Sie noch kaum mit Entsetzen
  • beschauten, müssen Ihnen jetzt frischen Heldenmuth einhauchen. Diese
  • Schauder der Bangigkeit müssen in einen rühmlichen Eifer erwarmen,
  • mit diesen Patrioten und mir Eine Sache zu machen und die Tyrannen
  • von Grund aus zu stürzen. Der Erfolg wird das Wagstück begünstigen,
  • denn meine Anstalten sind gut. Das Unternehmen ist gerecht, denn
  • Genua leidet. Der Gedanke macht uns unsterblich, denn er ist
  • gefährlich und ungeheuer.
  • Zenturione (in stürmischer Aufwallung). Genug! Genua wird frei!
  • Mit diesem Feldgeschrei gegen die Hölle!
  • Zibo. Und wen das nicht aus seinem Schlummer jagt, der keuche ewig
  • am Ruder, bis ihn die Posaune des Weltgerichts losschließt.
  • Fiesco. Das waren Worte eines Mannes. Nun erst verdienen Sie die
  • Gefahr zu wissen, die über Ihnen und Genua hing. (Er gibt ihnen die
  • Zettel des Mohren.) Leuchtet, Soldaten! (Nobili drängen sich um eine
  • Fackel und lesen.) Es ging, wie ich wünschte, Freund.
  • Verrina. Doch rede noch nicht so laut. Ich habe dort auf dem linken
  • Flügel Gesichter bleich werden und Kniee schlottern gesehen.
  • Zenturione (in Wuth). Zwölf Senatoren! Teuflisch! Faßt alle
  • Schwerter auf! (Alle stürzen sich auf die bereit liegenden Waffen,
  • zwei ausgenommen.)
  • Zibo. Dein Name steht auch da, Bourgognino.
  • Bourgognino. Und noch heute, so Gott will, auf Dorias Gurgel.
  • Zenturione. Zwei Schwerter liegen noch.
  • Zibo. Was? was?
  • Zenturione. Zwei nahmen kein Schwert.
  • Asserato. Meine Brüder können kein Blut sehen. Verschont sie!
  • Zenturione (heftig). Was? was? Kein Tyrannenblut sehen? Zerreißt
  • die Memmen! Werft sie zur Republik hinaus, diese Bastarde! (Einige
  • von der Gesellschaft werfen sich ergrimmt auf die Beiden.)
  • Fiesco (reißt sie auseinander). Haltet! haltet! Soll Genua Sklaven
  • seine Freiheit verdanken? Soll unser Gold durch dieses schlechte
  • Metall seinen guten Klang verlieren? (Er befreit sie.) Sie, meine
  • Herren, nehmen so lang mit einem Zimmer in meinem Schloß vorlieb, bis
  • unsre Sachen entschieden sind. (Zur Wache.) Zween Arrestanten! Ihr
  • haftet für sie! Zwei scharfe Posten an ihre Schwelle! (Sie werden
  • abgeführt.)
  • Schildwachen am Hofthor. Wer draußen? (Man pocht.)
  • Calcagno (ruft ängstlich). Schließt auf! Ein Freund! Schließt um
  • Gotteswillen auf!
  • Bourgognino. Es ist Calcagno. Was soll das »um Gotteswillen«?
  • Fiesco. Macht ihm auf, Soldaten.
  • Siebenter Auftritt
  • Vorige. Calcagno außer Athem, erschrocken.
  • Calcagno. Aus! aus! Fliehe, wer fliehen kann! Alles aus!
  • Bourgognino. Was aus? Haben sie Fleisch von Erz, sind unsre
  • Schwerter von Binsen?
  • Fiesco. Überlegung, Calcagno! Ein Mißverstand hier wäre nicht mehr
  • zu vergeben.
  • Calcagno. Verrathen sind wir. Eine höllische Wahrheit. Ihr Mohr
  • Lavagna, der Schelm! Ich komme vom Palast der Signoria. Er hatte
  • Audienz beim Herzog. (Alle Nobili erblassen. Fiesco selbst
  • verändert die Farbe.)
  • Verrina (entschlossen gegen die Thorwachen). Soldaten! streckt mir
  • die Hellebarden vor! Ich will nicht durch die Hände des Henkers
  • sterben. (Alle Nobili rennen bestürzt durcheinander.)
  • Fiesco (gefaßter.) Wohin? Was macht ihr?--Geh in die Hölle,
  • Calcagno--Es war ein blinder Schrecken, ihr Herrn--Weib! Das vor
  • diesen Knaben zu sagen--Auch du, Verrina?--Bourgognino, du
  • auch?--Wohin du?
  • Bourgognino (heftig). Heim, meine Bertha ermorden und wieder hier
  • sein.
  • Fiesco (schlägt ein Gelächter auf). Bleibt! Haltet! Ist das der
  • Muth der Tyrannenmörder?--Meisterlich spieltest du deine Rolle,
  • Calcagno!--Merktet ihr nicht, daß diese Zeitung meine Veranstaltung
  • war?--Calcagno, sprechen Sie, war's nicht mein Befehl, daß Sie diese
  • Römer auf die Prob' stellen sollten?
  • Verrina. Nun, wenn du lachen kannst?--Ich will's glauben, oder dich
  • nimmer für einen Menschen halten.
  • Fiesco. Schande über euch, Männer! In dieser Knabenprobe zu fallen!
  • --Nehmt eure Waffen wieder--Ihr werdet wie Bären fechten, wollt ihr
  • diese Scharte verwetzen. (Leise zu Calcagno.) Waren Sie selbst dort?
  • Calcagno. Ich drängte mich durch die Trabanten, meinem Auftrag gemäß
  • die Parole beim Herzog zu holen--wie ich zurücktrete, bringt man den
  • Mohren.
  • Fiesco (laut). Also der Alte ist zu Bette? Wir wollen ihn aus den
  • Federn trommeln (Leise.) Sprach er lang mit dem Herzog?
  • Calcagno. Mein erster Schreck und Eure nahe Gefahr ließen mich kaum
  • zwei Minuten dort.
  • Fiesco (laut und munter). Sieh doch! wie unsre Landsleute noch
  • zittern.
  • Calcagno. Sie hätten auch nicht so bald herausplatzen sollen.
  • (Leise.) Aber um Gotteswillen, Graf! was wird diese Nothlüge fruchten?
  • Fiesco. Zeit, Freund, und dann ist der erste Schreck jetzt vorüber.
  • (Laut.) He! an soll Wein bringen! (Leise.) Und sahn Sie den Herzog
  • erblassen? (Laut.) Frisch, Brüder, wir wollen noch eins Bescheid
  • thun auf den Tanz dieser Nacht! (Leise.) Und sahn Sie den Herzog
  • erblassen?
  • Calcagno. Des Mohren erstes Wort muß »Verschwörung« gelautet haben;
  • der Alte trat schneebleich zurück.
  • Fiesco (verwirrt). Hum! Hum! der Teufel ist schlau, Calcagno--er
  • verrieth nichts, bis das Messer an ihre Gurgel ging. Jetzt ist er
  • freilich ihr Engel. Der Mohr ist schlau. (Man bringt ihm einen
  • Becher Wein; er hält ihn gegen die Versammlung und trinkt.) Unser
  • gutes Glück, Kameraden! (Man pocht.)
  • Schildwachen. Wer draußen?
  • Eine Stimme. Ordonnanz des Herzogs. (Die Nobili stürzen
  • verzweifelnd im Hof herum.)
  • Fiesco (springt unter sie). Nein, Kinder! Erschreckt nicht!
  • erschreckt nicht! Ich bin hier. Hurtig! Schafft diese Waffen weg.
  • Seid Männer! ich bitte euch. Dieser Besuch läßt mich hoffen, daß
  • Andreas noch zweifelt. Geht hinein. Faßt euch. Schließt auf,
  • Soldaten. (Alle entfernen sich. Das Thor wird geöffnet.)
  • Achter Auftritt
  • Fiesco, als käm' er eben aus dem Schloß. Drei Deutsche, die den
  • Mohren gebunden bringen.
  • Fiesco. Wer rief mich in den Hof?
  • Deutscher. Führt uns zum Grafen.
  • Fiesco. Der Graf ist hier. Wer begehrt mich?
  • Deutscher (macht die Honneurs vor ihm). Einen guten Abend vom Herzog.
  • Diesen Mohren liefert er Euer Gnaden gebunden aus. Er habe
  • schändlich herausgeplaudert. Das Weitere sagt der Zettel.
  • Fiesco (nimmt ihn gleichgültig.) Und hab' ich dir nicht erst heut die
  • Galeere verkündigt? (Zum Deutschen.) Es ist gut, Freund. Meinen
  • Respect an den Herzog.
  • Mohr (ruft ihnen nach). Und auch meinerseits einen, und sag'
  • ihm--dem Herzog--wenn er keinen Esel geschickt hätte, so würd' er
  • erfahren haben, daß im Schloß zweitausend Soldaten stecken.
  • (Deutsche gehen ab. Nobili kommen zurück.)
  • Neunter Auftritt
  • Fiesco. Verschworene. Mohr trotzig in der Mitte.
  • Verschworene (fahren bebend zurück beim Anblick des Mohren). Ha! was
  • ist das?
  • Fiesco (hat das Billet gelesen, mit verbissenem Zorn). Genueser! die
  • Gefahr ist vorbei--aber auch die Verschwörung.
  • Verrina (ruft erstaunt aus). Was? Sind die Doria todt?
  • Fiesco (in heftiger Bewegung). Bei Gott! auf die ganze Kriegsmacht
  • der Republik--auf Das war ich nicht gefaßt. Der alte schwächliche
  • Mann schlägt mit vier Zeilen dritthalbtausend Mann. (Läßt kraftlos
  • die Hände sinken.) Doria schlägt den Fiesco.
  • Bourgognino. So sprechen Sie doch! Wir erstarren.
  • Fiesco (liest). »Lavagna, Sie haben, däucht mich, Ein Schicksal mit
  • mir--Wohlthaten werden Ihnen mit Undank belohnt. Dieser Mohr warnt
  • mich vor einem Komplott--Ich sende ihn hier gebunden zurück und werde
  • heute Nacht ohne Leibwache schlafen.« (Er läßt das Papier fallen.
  • Alle sehen sich an.)
  • Verrina. Nun, Fiesco?
  • Fiesco (mit Adel). Ein Doria soll mich an Großmuth besiegt haben?
  • Eine Tugend fehlt im Stamm der Fiesker?--Nein! so wahr ich ich selber
  • bin!--Geht auseinander, ihr! Ich werde hingehen--und Alles bekennen.
  • (Will hinausstürzen.)
  • Verrina (hält ihn auf). Bist du wahnsinnig, Mensch? War es denn
  • irgend ein Bubenstreich, den wir vorhatten? Halt! oder war's nicht
  • Sache des Vaterlands! Halt! oder wolltest du nur dem Andreas zu
  • Leibe, nicht dem Tyrannen? Halt! sag' ich--ich verhafte dich als
  • einen Verräther des Staats-Verschworne. Bindet ihn! werft ihn zu
  • Boden!
  • Fiesco (reißt Einem ein Schwert weg und macht sich Bahn). Sachte
  • doch! Wer ist der Erste, der das Halfter über den Tiger wirft?--Seht,
  • ihr Herrn--Frei bin ich--könnte durch, wo ich Luft hätte--Jetzt will
  • ich bleiben, denn ich habe mich anders besonnen.
  • Bourgognino. Auf Ihre Pflicht besonnen?
  • Fiesco (aufgebracht, mit Stolz). Ha, Knabe! Lernen Sie erst die Ihrige
  • gegen mich auswendig, und mir nimmer das!--Ruhig, ihr Herrn--es bleibt
  • Alles wie vor.--(Zum Mohren, dessen Stricke er zerhaut.) Du hast das
  • Verdienst, eine große That zu veranlassen--Entfliehe!
  • Calcagno (zornig). Was? was? Leben soll der Heide? leben und uns
  • alle verrathen haben?
  • Fiesco. Leben und euch allen--bang gemacht haben. Fort, Bursche!
  • Sorge, daß du Genua auf den Rücken kriegst, man könnte seinen Muth an
  • dir retten wollen.
  • Mohr. Das heißt, der Teufel läßt keinen Schelmen sitzen!--Gehorsamer
  • Diener, ihr Herrn!--Ich merke schon, in Italien wächst mein Strick
  • nicht. Ich muß ihn anderswo suchen. (Ab mit Gelächter.)
  • Zehnter Auftritt
  • Bedienter kommt. Vorige ohne den Mohren.
  • Bedienter. Die Gräfin Imperiali fragen schon dreimal nach Euer
  • Gnaden.
  • Fiesco. Potz tausend! Die Komödie wird freilich wohl angehen müssen!
  • Sag' ihr, ich bin unverzüglich dort--Bleib--Meine Frau bittest du,
  • in den Concertsaal zu treten und mich hinter den Tapeten zu erwarten.
  • (Bedienter ab.) Ich habe hier euer Aller Rollen zu Papier gebracht;
  • wenn Jeder die seinige erfüllt, so ist nichts mehr zu sagen--Verrina
  • wird voraus in den Hafen gehen und mit einer Kanone das Signal zum
  • Ausbruch geben, wenn die Schiffe erobert sind.--Ich gehe; mich ruft
  • noch eine große Verrichtung. Ihr werdet ein Glöckchen hören und alle
  • miteinander in meinen Concertsaal kommen--Indeß geht hinein--und laßt
  • euch meinen Cyprier schmecken. (Sie gehen auseinander.)
  • Eilfter Auftritt
  • Concertsaal--Leonore. Arabella. Rosa. Alle beängstigt.
  • Leonore. In den Concertsaal versprach Fiesco zu kommen, und kommt
  • nicht. Eilf Uhr ist vorüber. Von Waffen und Menschen dröhnt
  • fürchterlich der Palast, und kommt kein Fiesco?
  • Rosa. Sie sollen sich hinter die Tapeten verstecken--Was der gnädige
  • Herr damit wollen mag?
  • Leonore. Er will's, Rosa, ich weiß also genug, um gehorsam zu sein.
  • Bella, genug, um ganz außer Furcht zu sein--Und doch! doch zittr' ich
  • so sehr, Bella, und mein Herz klopft so schrecklich bang. Mädchen,
  • um Gotteswillen! gehe keines von meiner Seite.
  • Bella. Fürchten Sie nichts. Unsre Angst bewacht unsern Fürwitz.
  • Leonore. Worauf mein Auge stößt, begegnen mir fremde Gesichter, wie
  • Gespenster hohl und verzerrt. Wen ich anrufe, zittert wie ein
  • Ergriffener und flüchtet sich in die dichteste Nacht, diese gräßliche
  • Herberge des bösen Gewissens. Was man antwortet, ist ein halber
  • heimlicher Laut, der auf bebender Zunge noch ängstlicher zweifelt, ob
  • er auch kecklich entwischen darf.--Fiesco?--Ich weiß nicht, was hier
  • Grauenvolles geschmiedet wird--Nur meinen Fiesco (mit Grazie ihre
  • Hände faltend) umflattert, ihr himmlischen Mächte!
  • Rosa (zusammengeschreckt). Jesus! Was rauscht in der Galerie?
  • Bella. Es ist der Soldat, der dort Wache steht. (Die Schildwache
  • ruft außen: »Wer da?« Man antwortet.)
  • Leonore. Leute kommen! Hinter die Tapete! Geschwind! (Sie
  • verstecken sich.)
  • Zwölfter Auftritt
  • Julia. Fiesco im Gespräch.
  • Julia (sehr zerstört). Hören Sie auf, Graf! Ihre Galanterieen
  • fallen nicht mehr in achtlose Ohren, aber in ein siedendes Blut--Wo
  • bin ich? Hier ist Niemand als die verführerische Nacht. Wohin haben
  • Sie mein verwahrlostes Herz geplaudert?
  • Fiesco. Wo die verzagte Leidenschaft kühner wird, und Wallungen
  • freier mit Wallungen reden.
  • Julia. Halt ein, Fiesco. Bei Allem, was heilig ist, nicht weiter!
  • Wäre die Nacht nicht so dichte, du würdest meine flammrothen Wangen
  • sehen und dich erbarmen.
  • Fiesco. Weit gefehlt, Julia! Eben dann würde meine Empfindung die
  • Feuerfahne der deinigen gewahr und lief' desto muthiger über. (Er
  • küßt ihr heftig die Hand.)
  • Julia. Mensch, dein Gesicht brennt fiebrisch, wie dein Gespräch.
  • Weh, auch aus dem meinigen, ich fühl's, schlägt wildes, frevelndes
  • Feuer. Laß uns das Licht suchen, ich bitte. Die aufgewiegelten
  • Sinne könnten den gefährlichen Wink dieser Finsterniß merken. Geh!
  • diese gährenden Rebellen könnten hinter dem Rücken des verschämten
  • Tages ihre gottlosen Künste treiben. Geh unter Menschen, ich
  • beschwöre dich.
  • Fiesco (zudringlicher). Wie ohne Noth besorgt, meine Liebe! Wird je
  • die Gebieterin ihren Sklaven fürchten?
  • Julia. Über euch Männer und den ewigen Widerspruch! Als wenn ihr
  • nicht die gefährlichsten Sieger wäret, wenn ihr euch unsrer
  • Eigenliebe gefangen gebt. Soll ich dir Alles gestehen, Fiesco? daß
  • nur mein Laster meine Tugend bewahrte? nur mein Stolz deine Künste
  • verlachte? nur bis hieher meine Grundsätze Stand hielten? Du
  • verzweifelst an deiner List und nimmst deine Zuflucht zu Julias Blut.
  • Hier verlassen sie mich.
  • Fiesco (leichtfertig dreist). Und was verlorst du bei diesem
  • Verluste?
  • Julia (aufgeregt und mit Hitze). Wenn ich den Schlüssel zu meinem
  • weiblichen Heiligthum an dich vertändle, womit du mich schamroth
  • machst, wenn du willst? Was hab' ich weniger zu verlieren, als
  • Alles? Willst du mehr wissen, Spötter? Das Bekenntniß willst du
  • noch haben, daß die ganze geheime Weisheit unsers Geschlechts nur
  • eine armselige Vorkehrung ist, unsere tödtliche Seite zu entsetzen,
  • die doch zuletzt allein von euren Schwüren belagert wird, die (ich
  • gesteh' es erröthend ein) so gern erobert sein möchte, so oft beim
  • ersten Seitenblick der Tugend den Feind verrätherisch empfängt?--daß
  • alle unsere weiblichen Künste einzig für dieses wehrlose Stichblatt
  • fechten, wie auf dem Schach alle Officiere den wehrlosen König
  • bedecken? Überrumpelst du diesen--Matt! und wird getrost das ganze
  • Brett durcheinander. (Nach einer Pause mit Ernst.) Du hast das
  • Gemäld' unsrer prahlerischen Armuth--Sei großmüthig!
  • Fiesco. Und doch, Julia--Wo besser als in meiner unendlichen
  • Leidenschaft kannst du diesen Schatz niederlegen?
  • Julia. Gewiß nirgends besser, und nirgends schlimmer--Höre, Fiesco,
  • wie lang wird diese Unendlichkeit währen?--Ach! schon zu unglücklich
  • hab' ich gespielt, daß ich nicht auch mein Letztes noch setzen
  • sollte--Dich zu fangen, Fiesco, muthete ich dreist meinen Reizen zu;
  • und ich mißtraue ihnen die Allmacht, dich festzuhalten--Pfui doch,
  • was red' ich da? (Sie tritt zurück und hält die Hände vors Gesicht.)
  • Fiesco. Zwei Sünden in einem Athem. Das Mißtrauen in meinen Geschmack,
  • oder das Majestätsverbrechen gegen deine Liebenswürdigkeit--was von
  • beiden ist schwerer zu vergeben?
  • Julia (matt, unterliegend, mit beweglichem Ton). Lügen sind nur die
  • Waffen der Hölle--die bracht Fiesco nicht mehr, seine Julia zu fällen.
  • (Sie fällt erschöpft in einen Sopha, nach einer Pause feierlich.)
  • Höre, laß dir noch ein Wörtchen sagen, Fiesco--Wir sind Heldinnen,
  • wenn wir unsere Tugend noch sicher wissen:--wenn wir sie vertheidigen,
  • Kinder; (ihm starr und wild unter die Augen) Furien, wenn wir sie
  • rächen--Höre. Wenn du mich kalt würgtest, Fiesco?
  • Fiesco (nimmt einen aufgebrachten Ton an). Kalt? kalt?--Nun, bei
  • Gott! was fordert denn die unersättliche Eitelkeit des Weibs, wenn es
  • einen Mann vor sich kriechen sieht und noch zweifelt? Ha, er erwacht
  • wieder, ich fühle, (den Ton in Kälte verändert) noch zu rechter Zeit
  • gehen mir die Augen auf--Was war's, das ich eben erbetteln
  • wollte?--Die kleinste Erniedrigung eines Mannes ist gegen die höchste
  • Gunst eines Weibs weggeworfen! (Zu ihr mit tiefer, frostiger
  • Verbeugung.) Fassen Sie Muth, Madame! Jetzt sind Sie sicher.
  • Julia (bestürzt). Graf? Welche Anwandlung!
  • Fiesco (äußerst gleichgültig). Nein, Madame! Sie haben vollkommen
  • recht, wir Beide haben die Ehre nur einmal auf dem Spiel. (Mit einem
  • höflichen Handkuß.) Ich habe das Vergnügen, Ihnen bei der
  • Gesellschaft meinen Respect zu bezeugen. (Er will schnell fort.)
  • Julia (ihm nach, reißt ihn zurück). Bleib! Bist du rasend? Bleib! Muß
  • ich es denn sagen--heraussagen, was das ganze Männervolk auf den
  • Knieen--in Thränen--auf der Folterbank meinem Stolz nicht abdringen
  • sollte?--Weh! auch dies dichte Dunkel ist zu licht, diese Feuersbrunst
  • zu bergen, die das Geständniß auf meinen Wangen macht--Fiesco--O, ich
  • bohre durchs Herz meines ganzen Geschlechts--mein ganzes Geschlecht
  • wird mich ewig hassen--Ich bete dich an, Fiesco! (Fällt vor ihm
  • nieder.)
  • Fiesco (weicht drei Schritte zurück, läßt sie liegen und lacht
  • triumphierend auf). Das bedaur' ich, Signora. (Er zieht die Glocke,
  • hebt die Tapete auf und führt Leonoren hervor.) Hier ist meine
  • Gemahlin--ein göttliches Weib! (Er fällt Leonoren in den Arm.)
  • Julia (springt schreiend vom Boden). Ah! unerhört betrogen!
  • Dreizehnter Auftritt
  • Die Verschwornen, welche zumal hereintreten. Damen von der andern
  • Seite. Fiesco. Leonore und Julia.
  • Leonore. Mein Gemahl, das war allzu streng.
  • Fiesco. Ein schlechtes Herz verdiente nicht weniger. Deinen Thränen
  • war ich diese Genugthuung schuldig. (Zur Versammlung.) Nein, meine
  • Herrn und Damen, ich bin nicht gewohnt, bei jedem Anlaß in kindische
  • Flammen aufzuprasseln, Die Thorheiten der Menschen belustigen mich
  • lange, eh sie mich reizen. Diese verdient meinen ganzen Zorn, denn
  • sie hat diesem Engel dieses Pulver gemischt. (Er zeigt das Gift der
  • Versammlung, die mit Abscheu zurücktritt.)
  • Julia (ihre Wuth in sich beißend). Gut! Gut! Sehr gut, mein Herr!
  • (Will fort.)
  • Fiesco (führt sie am Arm zurück). Sie werden Geduld haben,
  • Madame--Noch sind wir nicht fertig--Diese Gesellschaft möchte gar zu
  • gern wissen, warum ich meinen Verstand so verleugnen konnte, den
  • tollen Roman mit Genuas größter Närrin zu spielen-Julia
  • (aufspringend). Es ist nicht auszuhalten! Doch zittre du! (Drohend.
  • ) Doria donnert in Genua, und ich--bin seine Schwester.
  • Fiesco. Schlimm genug, wenn das Ihre letzte Galle ist--Leider muß
  • ich Ihnen die Botschaft bringen, daß Fiesco von Lavagna aus dem
  • gestohlenen Diadem Ihres durchlauchtigsten Bruders einen Strick
  • gedreht hat, womit er den Dieb der Republik diese Nacht aufzuhängen
  • gesonnen ist. (Da sie sich entfärbt, lacht er hämisch auf.) Pfui,
  • das kam unerwartet--und sehen Sie! (indem er beißender fortfährt)
  • darum fand ich es für nöthig, den ungebetenen Blicken Ihres Hauses
  • etwas zu schaffen zu geben; darum behängt' ich mich (auf sie deutend)
  • mit dieser Harlekinsleidenschaft, darum (auf Leonoren zeigend) ließ
  • ich diesen Edelstein fallen, und mein Wild rannte glücklich in den
  • blanken Betrug--Ich dank' für Ihre Gefälligkeit, Signora, und gebe
  • meinen Theaterschmuck ab. (Er überliefert ihren Schattenriß mit
  • einer Verbeugung.)
  • Leonore (schmiegt sich bittend an den Fiesco). Mein Ludovico, sie
  • weint. Darf Ihre Leonore Sie zitternd bitten?
  • Julia (trotzig zu Leonoren). Schweig! du Verhaßte-Fiesco (zu einem
  • Bedienten). Sei Er galant, Freund--biete Er dieser Dame den Arm an;
  • sie hat Lust, mein Staatsgefängniß zu sehen. Er steht mir davor, daß
  • Madonna von Niemand incommodiert wird--draußen geht eine scharfe
  • Luft--der Sturm, der heute Nacht den Stamm Doria spaltet, möchte ihr
  • leicht--den Haarputz verderben.
  • Julia (schluchzend). Die Pest über dich, schwarzer heimtückischer
  • Heuchler! (Zu Leonoren grimmig.) Freue dich deines Triumphs nicht,
  • auch dich wird er verderben, und sich selbst und--verzweifeln!
  • (Stürzt hinaus.)
  • Fiesco (winkt den Gästen). Sie waren Zeugen--Retten Sie meine Ehre
  • in Genua! (Zu den Verschwornen.) Ihr werdet mich abholen, wenn die
  • Kanone kommt. (Alle entfernen sich.)
  • Vierzehnter Auftritt
  • Leonore. Fiesco.
  • Leonore (tritt ihm ängstlich näher). Fiesco?--Fiesco?--Ich verstehe
  • Sie nur halb, aber ich fange an zu zittern.
  • Fiesco (wichtig). Leonore--ich sahe Sie einst einer Genueserin zur
  • Linken gehen--Ich sahe Sie in den Assembleen des Adels mit dem
  • zweiten Handkuß der Ritter vorlieb nehmen. Leonore--das that meinen
  • Augen weh. Ich beschloß, es soll nicht mehr sein--es wird aufhören.
  • Hören Sie das kriegerische Getöse in meinen Schloß? Was Sie fürchten,
  • ist wahr--Gehn Sie zu Bette, Gräfin--morgen will ich--die Herzogin
  • wecken.
  • Leonore (schlägt beide Arme zusammen und wirft sich in einen Sessel).
  • Gott! meine Ahnung! Ich bin verloren!
  • Fiesco (gesetzt, mit Würde). Lassen Sie mich ausreden, Liebe! Zwei
  • meiner Ahnherrn trugen die dreifache Krone; das Blut der Fiesker
  • fließt nur unter dem Purpur gesund. Soll Ihr Gemahl nur geerbten
  • Glanz von sich werfen? (Lebhafter.) Was? Soll er sich für all seine
  • Hoheit beim gaukelnden Zufall bedanken, der in einer erträglichen
  • Laune aus modernden Verdiensten einen Johann Ludwig Fiesco
  • zusammenflickte? Nein, Leonore! Ich bin zu stolz, mir etwas
  • schenken zu lassen, was ich noch selbst zu erwerben weiß. Heute
  • Nacht werf' ich meinen Ahnen den geborgten Schmuck in ihr Grab
  • zurück--Die Grafen von Lavagna starben aus--Fürsten beginnen.
  • Leonore (schüttelt den Kopf, still phantasierend). Ich sehe meinen
  • Gemahl an tiefen tödtlichen Wunden zu Boden fallen--(Hohler.) Ich
  • sehe die stummen Träger den zerrissenen Leichnam meines Gemahls mir
  • entgegen tragen. (Erschrocken aufspringend.) Die erste--einzige
  • Kugel fliegt durch die Seele Fiescos.
  • Fiesco (faßt sie liebevoll bei der Hand). Ruhig, mein Kind. Das
  • wird die einzige Kugel nicht.
  • Leonore (blickt ihn ernsthaft an). So zuversichtlich ruft Fiesco den
  • Himmel heraus? Und wäre der tausendmaltausendste Fall nur der
  • mögliche, so könnte der tausendmaltausendste wahr werden, und mein
  • Gemahl wäre verloren--Denke, du spieltest um den Himmel, Fiesco.
  • Wenn eine Billion Gewinnste für einen einzigen Fehler fiel', würdest
  • du dreist genug sein, die Würfel zu schütteln und die freche Wette
  • mit Gott einzugehen? Nein, mein Gemahl! wenn auf dem Brett Alles
  • liegt, ist jeder Wurf Gotteslästerung.
  • Fiesco (lächelt). Sei unbesorgt, das Glück und ich stehen besser.
  • Leonore. Sagst du das--und standest bei jenem geisterverzerrenden
  • Spiele--ihr nennt es Zeitvertreib--sahest zu der Betrügerin, wie sie
  • ihren Günstling mit kleinen Glückskarten lockte, bis er warm ward,
  • aufstand, die Bank forderte--und ihn jetzt im Wurf der Verzweiflung
  • verließ--O mein Gemahl! du gehst nicht hin, dich den Genuesern zu
  • zeigen und angebetet zu werden. Republikaner aus ihrem Schlaf
  • aufzujagen, das Roß an seine Hufe zu mahnen, ist kein Spaziergang,
  • Fiesco. Traue diesen Rebellen nicht. Die Klugen, die dich
  • aufhetzten, fürchten dich. Die Dummen, die dich vergötterten, nützen
  • dir wenig, und wo ich hinsehe ist Fiesco verloren.
  • Fiesco (mit starken Schritten im Zimmer). Kleinmuth ist die höchste
  • Gefahr. Größe will auch ein Opfer haben.
  • Leonore. Größe, Fiesco?--Daß dein Genie meinem Herzen so übel will!
  • --Sieh! Ich vertraue deinem Glück, du siegst, will ich sagen--Weh
  • dann mir Ärmsten meines Geschlechts! Unglückselig, wenn es mißlingt!
  • wenn es glückt, unglückseliger! Hier ist keine Wahl, mein Geliebter!
  • Wenn er den Herzog verfehlt, ist Fiesco verloren. Mein Gemahl ist
  • hin, wenn ich den Herzog umarme.
  • Fiesco. Das verstehe ich nicht.
  • Leonore. Doch, mein Fiesco! In dieser stürmischen Zone des Throns
  • verdorret das zarte Pflänzchen der Liebe. Das Herz eines Menschen,
  • und wär' auch selbst Fiesco der Mensch, ist zu enge für zwei
  • allmächtige Götter--Götter, die sich so gram sind. Liebe hat Thränen,
  • und kann Thränen verstehen; Herrschsucht hat eherne Augen, worin
  • ewig nie die Empfindung perlt--Liebe hat nur ein Gut, thut Verzicht
  • auf die ganze übrige Schöpfung: Herrschsucht hungert beim Raube der
  • ganzen Natur--Herrschsucht zertrümmert die Welt in ein rasselndes
  • Kettenhaus, Liebe träumt sich in jede Wüste Elysium.--Wolltest du
  • jetzt an meinem Busen dich wiegen, pochte ein störriger Vasalle an
  • dein Reich--Wollt' ich jetzt in deine Arme mich werfen, hörte deine
  • Despotenangst einen Mörder aus den Tapeten hervorrauschen und jagte
  • dich flüchtig von Zimmer zu Zimmer. Ja, der großäugige Verdacht
  • steckte zuletzt auch die häusliche Eintracht an--Wenn deine Leonore
  • dir jetzt einen Labetrank brächte, würdest du den Kelch mit
  • Verzuckungen wegstoßen und die Zärtlichkeit eine Giftmischerin
  • schelten.
  • Fiesco (bleibt mit Entsetzen stehen). Leonore, hör auf! Das ist
  • eine häßliche Vorstellung-Leonore. Und doch ist das Gemälde nicht
  • fertig. Ich würde sagen, opfre die Liebe der Größe, opfre die
  • Ruhe--wenn nur Fiesco noch bleibt--Gott! das ist Radstoß!--Selten
  • stiegen Engel auf den Thron, seltner herunter. Wer keinen Menschen
  • zu fürchten braucht, wird er sich eines Menschen erbarmen? Wer an
  • jeden Wunsche einen Donnerkeil heften kann, wird er für nöthig finden,
  • ihm ein sanftes Wörtchen zum Geleite zu geben? (Sie hält inne, dann
  • tritt sie bescheiden zu ihm und faßt seine Hand; mit feinster
  • Bitterkeit.) Fürsten, Fiesco? diese mißrathenen Projecte der
  • wollenden und nicht könnenden Natur--sitzen so gern zwischen
  • Menschheit und Gottheit nieder;--heillose Geschöpfe! schlechtere
  • Schöpfer!
  • Fiesco (stürzt sich beunruhigt durchs Zimmer). Leonore, hör' auf!
  • Die Brücke ist hinter mir abgehoben-Leonore (blickt ihn schmachtend
  • an). Und warum, mein Gemahl? Nur Thaten sind nicht mehr zu tilgen.
  • (Schmelzend zärtlich und etwas schelmisch.) Ich hörte dich wohl einst
  • schwören, meine Schönheit habe alle deine Entwürfe gestürzt--du hast
  • falsch geschworen, du Heuchler, oder sie hat frühzeitig
  • abgeblüht--Frage dein Herz, wer ist schuldig? (Feuriger, indem sie
  • ihn mit beiden Armen umfaßt.) Komm zurücke! Ermanne dich! Entsage!
  • Die Liebe soll dich entschädigen. Kann mein Herz deinen ungeheuren
  • Hunger nicht stillen--o Fiesco! das Diadem wird noch ärmer sein.
  • --(Schmeichelnd.) Komm! ich will alle deine Wünsche auswendig lernen,
  • will alle Zauber der Natur in einen Kuß der Liebe zusammenschmelzen,
  • den erhabenen Flüchtling ewig in diesen himmlischen Banden zu
  • halten--dein Herz ist unendlich--auch die Liebe ist es, Fiesco.
  • (Schmelzend.) Ein armes Geschöpf glücklich zu machen--ein Geschöpf,
  • das seinen Himmel an deinem Busen lebt--sollte das eine Lücke in
  • deinem Herzen lassen?
  • Fiesco (durch und durch erschüttert). Leonore, was hast du gemacht?
  • (Er fällt ihr kraftlos um den Hals.) Ich werde keinem Genueser mehr
  • unter die Augen treten-Leonore (freudig rasch). Laß uns fliehen,
  • Fiesco, laß in den Staub uns werfen all diese prahlenden Nichts, laß
  • in romantischen Fluren ganz der Liebe uns leben! (Sie drückt ihn an
  • ihr Herz mit schöner Entzückung.) Unsre Seelen, klar, wie über uns
  • das heitre Blau des Himmels, nehmen dann den schwarzen Hauch des
  • Grams nicht mehr an--Unser Leben rinnt dann melodisch wie die
  • flötende Quelle zum Schöpfer--(Man hört den Kanonenschuß. Fiesco
  • springt los. Alle Verschwornen treten in den Saal.)
  • Fünfzehnter Auftritt
  • Verschworne. Die Zeit ist da!
  • Fiesco (zu Leonoren, fest). Lebe wohl! Ewig--oder Genua liegt
  • morgen zu deinen Füßen. (Will fortstürzen.)
  • Bourgognino (schreit). Die Gräfin sinkt um. (Leonore in Ohnmacht.
  • Alle springen hin, sie zu halten. Fiesco vor ihr niedergeworfen.)
  • Fiesco (mit schneidendem Ton). Leonore! Rettet! um Gotteswillen!
  • Rettet! (Rosa, Bella kommen, sie zurecht zu bringen.) Sie schlägt
  • die Augen auf--(Er springt entschlossen in die Höh'.) Jetzt
  • kommt--sie dem Doria zuzudrücken. (Verschworne stürzen zum Saal
  • hinaus. Vorhang fällt.)
  • Fünfter Aufzug
  • Nach Mitternacht.--Große Straße in Genua--Hie und da leuchten Lampen
  • an einigen Häusern, die nach und nach auslöschen--Im Hintergrund der
  • Bühne sieht man das Thomasthor, das noch geschlossen ist. In
  • perspectivischer Ferne die See.--Einige Menschen gehen mit
  • Handlaternen über den Platz, darauf die Runde und Patrouille--Alles
  • ist ruhig. Nur das Meer wallt etwas ungestüm.
  • Erster Auftritt
  • Fiesco kommt gewaffnet und bleibt vor dem Palast des Andreas Doria
  • stehen. Darauf Andreas.
  • Fiesco. Der Alte hat Wort gehalten--im Palast alle Lichter aus. Die
  • Wachen sind fort. Ich will läuten. (Läutet.) He! holla! Wach' auf,
  • Doria! Verrathner, verkaufter Doria, wach' auf! Holla! Holla!
  • Holla! Wach' auf!
  • Andreas (erscheint auf dem Altane). Wer zog die Glocke?
  • Fiesco (mit veränderter Stimme). Frage nicht! Folge! Dein Stern
  • geht unter, Herzog, Genua steht auf wider dich! Nahe sind deine
  • Henker, und du kannst schlafen, Andreas?
  • Andreas (mit Ehre). Ich besinne mich, wie die zürnende See mit
  • meiner Bellona zankte, daß der Kiel krachte und der oberste Mast
  • brach--Andreas Doria schlief sanft. Wer schickt die Henker?
  • Fiesco. Ein Mann, furchtbarer als deine zürnende See, Johann Ludwig
  • Fiesco.
  • Andreas (lacht). Du bist bei Laune, Freund. Bring deine Schwänke
  • bei Tag. Mitternacht ist eine ungewöhnliche Stunde.
  • Fiesco. Du höhnst deinen Warner?
  • Andreas. Ich dank' ihm und geh zu Bette. Fiesco hat sich schläfrig
  • geschwelgt und hat keine Zeit für Doria übrig.
  • Fiesco. Unglücklicher alter Mann--traue der Schlange nicht! Sieben
  • Farben ringen auf ihrem spiegelnden Rücken--du nahst--und gählings
  • schnürt dich der tödliche Wirbel. Den Wink eines Verräthers
  • verlachtest du. Verlache den Rath eines Freundes nicht. Ein Pferd
  • steht gesattelt in deinem Hof. Fliehe bei Zeit! Verlache den Freund
  • nicht!
  • Andreas. Fiesco denkt edel. Ich hab' ihn niemal beleidigt, und
  • Fiesco verräth mich nicht.
  • Fiesco. Denkt edel, verräth dich, und gab dir Proben von Beidem.
  • Andreas. So steht eine Leibwache da, die kein Fiesco zu Boden wirft,
  • wenn nicht Cherubim unter ihm dienen.
  • Fiesco (hämisch). Ich möchte sie sprechen, einen Brief in die
  • Ewigkeit zu bestellen.
  • Andreas (groß). Armer Spötter, hast du nie gehört, daß Andreas Doria
  • Achtzig alt ist, und Genua--glücklich? (Er verläßt die Altane.)
  • Fiesco (blickt ihm erstaunt nach). Mußt' ich diesen Mann erst
  • stürzen, eh' ich lerne, daß es schwerer ist, ihm zu gleichen? (Er
  • geht einige Schritte tiefsinnig auf und nieder.) Nun, ich machte
  • Größe mit Größe wett--Wir sind fertig, Andreas, und nun, Verderben,
  • gehe deinen Gang.
  • (Er eilt in die hinterste Gasse--Trommeln tönen von allen Enden.
  • Scharfes Gefecht am Thomasthor. Das Thor wird gesprengt und öffnet
  • die Aussicht in den Hafen, worin Schiffe liegen, mit Fackeln
  • erleuchtet.)
  • Zweiter Auftritt
  • Gianettino Doria in einen Scharlachmantel geworfen. Lomellin.
  • Bediente voraus mit Fackeln. Alle hastig.
  • Gianettino (steht still). Wer befahl, Lärmen zu schlagen?
  • Lomellin. Auf den Galeeren krachte eine Kanone.
  • Gianettino. Die Sklaven werden ihre Ketten reißen. (Schüsse am
  • Thomasthor.)
  • Lomellin. Feuer dort!
  • Gianettino. Thor offen! Wachen in Aufruhr! (Zu den Bedienten.)
  • Hurtig, Schurken! Leuchtet dem Hafen zu! (Eilen gegen das Thor.)
  • Dritter Auftritt
  • Vorige. Bourgognino mit Verschwornen, die vom Thomasthor kommen.
  • Bourgognino. Sebastian Lescaro ist ein wackrer Soldat.
  • Zenturione. Wehrte sich wie ein Bär, bis er niederfiel.
  • Gianettino (tritt bestürzt zurück). Was hör' ich da?--Haltet!
  • Bourgognino. Wer dort mit dem Flambeau?
  • Lomellin. Es sind Feinde, Prinz! Schleichen Sie links weg.
  • Bourgognino (ruft hitzig an). Wer da mit dem Flambeau?
  • Zenturione. Steht! Eure Losung!
  • Gianettino (zieht das Schwert, trotzig). Unterwerfung und Doria.
  • Bourgognino (schäumend, fürchterlich). Räuber der Republik und
  • meiner Braut! (Zu den Verschwornen, indem er auf Gianettino stürzt.)
  • Ein Gang Profit, Brüder! Seine Teufel liefern ihn selbst aus. (Er
  • stößt ihn nieder.)
  • Gianettino (fällt mit Gebrüll). Mord! Mord! Mord! Räche mich,
  • Lomellin!
  • Lomellin. Bediente (fliehend). Hilfe! Mörder! Mörder!
  • Zenturione (ruft mit starker Stimme). Er ist getroffen. Haltet den
  • Grafen auf! (Lomellin wird gefangen.)
  • Lomellin (knieend). Schont meines Lebens, ich trete zu euch über!
  • Bourgognino. Lebt dieses Unthier noch? Die Memme mag fliehen.
  • (Lomellin entwischt.)
  • Zenturione. Thomasthor unser! Gianettino kalt! Rennt, was ihr
  • rennen könnt! Sagt's dem Fiesco an!
  • Gianettino (bäumt sich krampfig in die Höh). Pest! Fiesco--(Stirbt.)
  • Bourgognino (reißt den Stahl aus dem Leichnam). Genua frei und meine
  • Bertha--Dein Schwert, Zenturione. Dies blutige bringst du meiner
  • Braut. Ihr Kerker ist gesprengt. Ich werde nachkommen und ihr den
  • Brautkuß gegen. (Eilen ab zu verschiedenen Straßen.)
  • Vierter Auftritt
  • Andreas Doria. Deutsche.
  • Deutscher. Der Sturm zog sich dorthin. Werft Euch zu Pferd, Herzog.
  • Andreas. Laß mich noch einmal Genuas Thürme schauen und den Himmel!
  • Nein, es ist kein Traum, und Andreas ist verrathen.
  • Deutscher. Feinde um und um! Fort! Flucht über die Grenze!
  • Andreas (wirft sich auf den Leichnam seines Neffen). Hier will ich
  • enden. Rede Keiner von Fliehen. Hier liegt die Kraft meines Alters.
  • Meine Bahn ist aus. (Calcagno fern mit Verschwornen.)
  • Deutscher. Mörder dort! Mörder! Flieht, alter Fürst!
  • Andreas (da die Trommeln wieder anfangen). Höret, Ausländer! Höret!
  • das sind die Genueser, deren Joch ich brach. (Verhüllt sich.)
  • Vergilt man auch so in Eurem Lande?
  • Deutscher. Fort! Fort! Fort! indeß unsre deutschen Knochen
  • Scharten in ihre Klingen schlagen. (Calcagno näher.)
  • Andreas. Rettet euch! Laßt mich! Schreckt Nationen mit der
  • Schauerpost: die Genueser erschlugen ihren Vater-Deutscher. Mord!
  • Zum Erschlagen hat's noch Weile--Kameraden, steht! Nehmt den Herzog
  • in die Mitte! (Ziehen.) Peitscht diesen welschen Hunden Respect vor
  • einem Graukopf ein-Calcagno (ruft an). Wer da? Was gibt's da?
  • Deutsche (hauen ein). Deutsche Hiebe! (Gehen fechtend ab.
  • Gianettinos Leichnam wird hinweggebracht.)
  • Fünfter Auftritt
  • Leonore in Mannskleidern. Arabella hinter ihr her. Beide schleichen
  • ängstlich hervor.
  • Arabella. Kommen Sie, gnädige Frau, o kommen Sie doch-Leonore. Da
  • hinaus wüthet der Aufruhr--Horch! war das nicht eines Sterbenden
  • Ächzen?--Weh! sie umzingeln ihn--Auf Fiescos Herz deuten ihre
  • gähnenden Rohre--Auf das meinige, Bella--Sie drücken ab--Haltet!
  • haltet! Es ist mein Gemahl! (Wirft ihre Arme schwärmend in die Luft.)
  • Arabella. Aber um Gotteswillen-Leonore (immer wilder phantasierend,
  • nach allen Gegenden schreiend). Fiesco!--Fiesco!--Fiesco!--Sie
  • weichen hinter ihm ab, seine Getreuen--Rebellentreue ist wankend.
  • (Heftig erschrocken.) Rebellen führt mein Gemahl? Bella? Himmel?
  • Ein Rebell kämpft mein Fiesco?
  • Arabella. Nicht doch, Signora, als Genuas furchtbarer Schiedsmann.
  • Leonore (aufmerksam). Das wäre Etwas--und Leonore hätte gezittert?
  • Den ersten Republikaner umarmte die feigste Republikanerin?--Geh,
  • Arabella--wenn die Männer um Länder sich messen, dürfen auch die
  • Weiber sich fühlen. (Man fängt wieder an zu trommeln.) Ich werfe
  • mich unter die Kämpfer.
  • Arabella (schlägt die Hände zusammen). Barmherziger Himmel!
  • Leonore. Sachte! Woran stößt sich mein Fuß? Hier ist ein Hut und
  • ein Mantel. Ein Schwert liegt dabei. (Sie wägt es.) Ein schweres
  • Schwert, meine Bella; doch schleppen kann ich's noch wohl, und das
  • Schwert macht seinem Führer nicht Schande. (Man läutet Sturm.)
  • Arabella. Hören Sie? hören Sie? das wimmert vom Thurm der
  • Dominicaner. Gott erbarme! wie fürchterlich!
  • Leonore (schwärmend). Sprich, wie entzückend! In dieser Sturmglocke
  • spricht mein Fiesco mit Genua. (Man trommelt stärker.) Hurrah!
  • Hurrah! Nie klangen mir Flöten so süß--Auch diese Trommeln belebe
  • mein Fiesco--Wie mein Herz höher wallt! Ganz Genua wird
  • munter--Miethlinge hüpfen hinter seinem Namen, und sein Weib sollte
  • zaghaft thun? (Es stürmt auf drei andern Thürmen.) Nein! Eine
  • Heldin soll mein Held umarmen--Mein Brutus soll eine Römerin umarmen.
  • (Sie setzt den Hut auf und wirft den Scharlach um.) Ich bin Porcia.
  • Arabella. Gnädige Frau, Sie wissen nicht, wie entsetzlich Sie
  • schwärmen. Nein, das wissen Sie nicht. (Sturmläuten und Trommeln.)
  • Leonore. Elende, die du Das alles hörst und nicht schwärmst! Weinen
  • möchten diese Quader, daß sie die Beine nicht haben, meinem Fiesco
  • zuzuspringen--Diese Paläste zürnen über ihren Meister, der sie so
  • fest in die Erde zwang, daß sie meinem Fiesco nicht zuspringen
  • können--Die Ufer, könnten sie's, verließen ihre Pflicht, gäben Genua
  • dem Meere Preis und tanzten hinter seiner Trommel--Was den Tod aus
  • seinen Windeln rüttelt, kann deinen Muth nicht wecken? Geh!--Ich
  • finde meinen Weg.
  • Arabella. Großer Gott! Sie werden doch diese Grille nicht wahr
  • machen wollen?
  • Leonore (stolz und heroisch). Das sollt' ich meinen, du
  • Alberne--(Feurig.) Wo am wildesten das Getümmel wüthet, wo in Person
  • mein Fiesco kämpft--Ist das Lavagna? hör' ich sie fragen--den Niemand
  • bezwingen kann, der um Genua eiserne Würfel schwingt, ist das
  • Lavagna?--Genueser! Er ist's, werd' ich sagen, und dieser Mann ist
  • mein Gemahl, und ich hab' auch eine Wunde. (Sacco mit Verschwornen.)
  • Sacco (ruft an). Wer da? Doria oder Fiesco?
  • Leonore (begeistert). Fiesco und Freiheit! (Sie wirft sich in eine
  • Gasse. Auflauf. Bella wird weggedrängt.)
  • Sechster Auftritt
  • Sacco mit einem Haufen. Calcagno begegnet ihm mit einem andern.
  • Calcagno. Andreas Doria ist entflohen.
  • Sacco. Deine schlechteste Empfehlung bei Fiesco.
  • Calcagno. Bären, die Deutschen! pflanzten sich vor den Alten wie
  • Felsen. Ich kriegte ihn gar nicht zu Gesicht. Neun von den Unsern
  • sind fertig. Ich selbst bin am linken Ohrlappen gestreift. Wenn sie
  • das fremden Tyrannen thun, alle Teufel! wie müssen sie ihre Fürsten
  • bewachen!
  • Sacco. Wir haben schon starken Anhang, und alle Thore sind unser.
  • Calcagno. Auf der Burg, hör' ich, fechten sie scharf.
  • Sacco. Bourgognino ist unter ihnen. Was schafft Verrina?
  • Calcagno. Liegt zwischen Genua und dem Meer, wie der höllische
  • Kettenhund, daß kaum ein Anchove durch kann.
  • Sacco. Ich lass' in der Vorstadt stürmen.
  • Calcagno. Ich marschiere über die Piazza Sarzana. Rühr dich,
  • Tambour! (Ziehen unter Trommelschlag weiter.)
  • Siebenter Auftritt
  • Der Mohr. Ein Trupp Diebe mit Lunten.
  • Mohr. Daß ihr's wißt, Schurken! Ich war der Mann, der diese Suppe
  • einbrockte--Mir gibt man keinen Löffel. Gut. Die Hatz ist mir eben
  • recht. Wir wollen eins anzünden und plündern. Die drüben baxen sich
  • um ein Herzogthum, wir heizen die Kirchen ein, daß die erfrornen
  • Apostel sich wärmen.
  • (Werfen sich in die umliegenden Häuser.)
  • Achter Auftritt
  • Bourgognino. Bertha verkleidet.
  • Bourgognino. Hier ruhe aus, lieber Kleiner. Du bist in Sicherheit.
  • Blutest du?
  • Bertha (die Sprache verändert). Nirgends.
  • Bourgognino (lebhaft). Pfui, so steh auf! Ich will dich hinführen,
  • wo man Wunden für Genua erntet--Schön, siehst du? wie diese. (Er
  • streift seinen Arm auf.)
  • Bertha (zurückfahrend). O Himmel!
  • Bourgognino. Du erschrickst? Niedlicher Kleiner, zu früh eiltest du
  • in den Mann--Wie alt bist du?
  • Bertha. Fünfzehn Jahr.
  • Bourgognino. Schlimm! Für diese Nacht fünf Jahre zu zärtlich--Den
  • Vater?
  • Bertha. Der beste Bürger in Genua.
  • Bourgognino. Gemach, Knabe! Das ist nur Einer, und seine Tochter
  • ist meine verlobte Braut. Weißt du das Haus des Verrina?
  • Bertha. Ich dächte.
  • Bourgognino (rasch). Und kennst seine göttliche Tochter?
  • Bertha. Bertha heißt seine Tochter.
  • Bourgognino (hitzig). Gleich geh und überliefre ihr diesen Ring. Er
  • gelte den Trauring, sagst du, und der blaue Busch halte sich brav.
  • Jetzt fahre wohl! Ich muß dorthin. Die Gefahr ist noch nicht aus.
  • (Einige Häuser brennen.)
  • Bertha (ruft ihm nach mit sanfter Stimme). Scipio!
  • Bourgognino (steht betroffen still). Bei meinem Schwert! Ich kenne
  • die Stimme.
  • Bertha (fällt ihm um den Hals). Bei meinem Herzen! Ich bin hier
  • sehr bekannt.
  • Bourgognino (schreit). Bertha! (Sturmläuten in der Vorstadt.
  • Auflauf. Beide verlieren sich in einer Umarmung.)
  • Neunter Auftritt
  • Fiesco tritt hitzig auf. Zibo. Gefolge.
  • Fiesco. Wer warf das Feuer ein?
  • Zibo. Die Burg ist erobert.
  • Fiesco. Wer warf das Feuer ein?
  • Zibo (winkt dem Gefolge). Patrouillen nach dem Thäter! (Einige
  • gehen.)
  • Fiesco (zornig). Wollen sie mich zum Mordbrenner machen? Gleich
  • eilt mit Spritzen und Eimern! (Gefolge ab.) Aber Gianettino ist doch
  • geliefert?
  • Zibo. So sagt man.
  • Fiesco (wild). Sagt man nur? Wer sagt das nur? Zibo, bei Ihrer
  • Ehre, ist er entronnen?
  • Zibo (bedenklich). Wenn ich meine Augen gegen die Aussagen eines
  • Edelmanns setzen kann, so lebt Gianettino.
  • Fiesco (auffahrend). Sie reden sich um den Hals, Zibo!
  • Zibo. Noch einmal--Ich sah ihn vor acht Minuten lebendig in gelbem
  • Busch und Scharlach herumgehn.
  • Fiesco (außer Fassung). Himmel und Hölle--Zibo!--den Bourgognino
  • lass' ich um einen Kopf kürzer machen. Fliegen Sie, Zibo--Man soll
  • alle Stadtthore sperren--alle Felouquen soll man zu Schanden
  • schießen--so kann er nicht zu Wasser davon--diesen Demant, Zibo, den
  • reichsten in Genua, Lucca, Venedig und Pisa,--wer mir die Zeitung
  • bringt: Gianettino ist todt--er soll diesen Demant haben. (Zibo eilt
  • ab.) Fliegen Sie, Zibo!
  • Zehnter Auftritt
  • Fiesco. Sacco. Der Mohr. Soldaten.
  • Sacco. Den Mohren fanden wie eine brennende Lunte in den Jesuiterdom
  • werfen-Fiesco. Deine Verrätherei ging dir hin, weil sie mich traf.
  • Auf Mordbrennereien steht der Strick. Führt ihn gleich ab, hängt ihn
  • am Kirchthor auf.
  • Mohr. Pfui! Pfui! Pfui! Das kommt mir ungeschickt--Läßt sich
  • nichts davon wegplaudern?
  • Fiesco. Nichts.
  • Mohr (vertraulich). Schickt mich einmal zur Prob auf die Galeere.
  • Fiesco (winkt den Andern). Zum Galgen.
  • Mohr (trotzig). So will ich ein Christ werden!
  • Fiesco. Die Kirche bedankt sich für die Blattern des Heidenthums.
  • Mohr (schmeichelnd). Schickt mich wenigstens besoffen in die
  • Ewigkeit.
  • Fiesco. Nüchtern.
  • Mohr. Aber hängt mich nur an keine christliche Kirche.
  • Fiesco. Ein Ritter hält Wort. Ich versprach dir deinen eigenen
  • Galgen.
  • Sacco (brummt). Nicht viel Federlesens, Heide! Man hat noch mehr zu
  • thun.
  • Mohr. Doch--wenn halt allenfalls--der Strick bräche?-Fiesco (zum
  • Sacco). Man wird ihn doppelt nehmen.
  • Mohr (resigniert). So mag's sein--und der Teufel kann sich auf den
  • Extrafall rüsten. (Ab mit Soldaten, die ihn in einiger Entfernung
  • aufhenken.)
  • Eilfter Auftritt
  • Fiesco. Leonore erscheint hinten im Scharlachrock Gianettinos.
  • Fiesco (wird sie gewahr, fährt vor, fährt zurück und murmelt grimmig).
  • Kenn' ich nicht diesen Busch und Mantel? (Eilt näher, heftig.) Ich
  • kenne den Busch und Mantel! (Wüthend, indem er auf sie losstürzt und
  • sie niederstößt.) Wenn du drei Leben hast, so steh wieder auf und
  • wandle! (Leonore fällt mit einem gebrochenen Laut. Man hört einen
  • Siegesmarsch. Trommeln, Hörner und Hoboen.)
  • Zwölfter Auftritt
  • Fiesco. Calcagno. Sacco. Zenturione. Zibo. Soldaten mit Musik
  • und Fahnen treten auf.
  • Fiesco (ihnen entgegen im Triumph). Genueser--der Wurf ist
  • geworfen--Hier liegt er, der Wurm meiner Seele--die gräßliche Kost
  • meines Hasses. Hebet die Schwerter hoch!--Gianettino!
  • Calcagno. Und ich komme, Ihnen zu sagen, daß zwei Drittheile von
  • Genua Ihre Partei ergreifen und zu Fieskischen Fahnen schwören-Zibo.
  • Und durch mich schickt Ihnen Verrina vom Admiralschiff seinen Gruß
  • und die Herrschaft über Hafen und Meer-Zenturione. Und durch mich
  • der Gouverneur der Stadt seinen Commandostab und die Schlüssel-Sacco.
  • Und in mir wirft sich (indem er niederfällt) der große und kleine
  • Rath der Republik knieend vor seinen Herrn und bittet fußfällig um
  • Gnade und Schonung-Calcagno. Mich laßt den Ersten sein, der den
  • großen Sieger in seinen Mauern willkommen heißt--Heil Ihnen--Senket
  • die Fahnen tief!--Herzog von Genua!
  • Alle (nehmen die Hüte ab). Heil, Heil dem Herzog von Genua!
  • (Fahnenmarsch.)
  • Fiesco (stand die ganze Zeit über, den Kopf auf die Brust gesunken,
  • in einer denkenden Stellung.)
  • Calcagno. Volk und Senat stehen wartend, ihren gnädigen Oberherrn im
  • Fürstenornat zu begrüßen--Erlauben Sie uns, durchlauchtigster Herzog,
  • Sie im Triumph nach der Signoria zu führen.
  • Fiesco. Erlaubt mir erst, daß ich mit meinem Herzen mich
  • abfinde--Ich mußte eine gewisse theure Person in banger Ahnung
  • zurücklassen, eine Person, die die Glorie dieser Nacht mit mir
  • theilen wird. (Gerührt zur Gesellschaft.) Habt die Güte und
  • begleitet mich zu eurer liebenswürdigen Herzogin! (Er will
  • aufbrechen.)
  • Calcagno. Soll der meuchelmörderische Bube hier liegen und seine
  • Schande in diesem Winkel verhehlen?
  • Zenturione. Steckt seinen Kopf auf eine Hellebarde!
  • Zibo. Laßt seinen zerrissenen Rumpf unser Pflaster kehren. (Man
  • leuchtet gegen den Leichnam.)
  • Calcagno (erschrocken und etwas leise). Schaut her, Genueser! Das
  • ist bei Gott kein Gianettinogesicht. (Alle sehen starr auf die
  • Leiche.)
  • Fiesco (hält still, wirft von der Seite einen forschenden Blick
  • darauf, den er starr und langsam unter Verzerrungen zurückzieht).
  • Nein, Teufel--Nein, das ist kein Gianettinogesicht, hämischer Teufel!
  • (Die Augen herumgerollt.) Genua mein, sagt ihr? Mein--(Hinauswüthend
  • in einem gräßlichen Schrei.) Spiegelfechterei der Hölle! Es ist mein
  • Weib! (Sinkt durchdonnert zu Boden. Verschworne stehen in todter Pause
  • und schauervollen Gruppen.)
  • Fiesco (matt aufgerichtet mit dumpfer Stimme). Hab' ich mein Weib
  • ermordet, Genueser?--Ich beschwöre euch, schielt nicht so
  • geisterbleich auf dieses Spiel der Natur--Gott sei gelobt! Es gibt
  • Schicksale, die der Mensch nicht zu fürchten hat, weil er nur Mensch
  • ist. Wem Götterwollust versagt ist, wird keine Teufelqual
  • zugemuthet--Diese Verirrung wäre etwas mehr. (Mit schrecklicher
  • Beruhigung.) Genueser, Gott sei Dank! Es kann nicht sein.
  • Dreizehnter Auftritt
  • Vorige. Arabella kommt jammernd.
  • Arabella. Mögen sie mich umbringen, was hab' ich auch jetzt noch zu
  • verlieren?--Habt Erbarmen, ihr Männer--Hier verließ ich meine gnädige
  • Frau, und nirgends find' ich sie wieder.
  • Fiesco (tritt ihr näher mit leiser bebender Stimme). Leonore heißt
  • deine gnädige Frau?
  • Arabella (froh). O daß Sie da sind, mein liebster, guter, gnädiger
  • Herr!--Zürnen Sie nicht über uns, wir konnten sie nicht mehr
  • zurückhalten.
  • Fiesco (zürnt sie dumpfig an). Du Verhaßte! von was nicht?
  • Arabella. Daß sie nicht nachsprang-Fiesco (heftiger). Schweig!
  • wohin sprang?
  • Arabella. Ins Gedränge-Fiesco (wüthend). Daß deine Zunge zum
  • Krokodil würde--Ihre Kleider?
  • Arabella. Ein scharlachner Mantel-Fiesco (rasend gegen sie taumelnd).
  • Geh in den neunten Kreis der Hölle!--der Mantel?
  • Arabella. Lag hier am Boden-Einige Verschworne (murmelnd). Gianettino
  • ward hier ermordet-Fiesco (todesmatt zurückwankend zu Arabella). Deine
  • Frau ist gefunden. (Arabella geht angstvoll. Fiesco sucht mit
  • verdrehten Augen im ganzen Kreis herum, darauf mit leiser, schwebender
  • Stimme, die stufenweis bis zum Toben steigt.) Wahr ist's--wahr--und
  • ich das Stichblatt des unendlichen Bubenstücks. (Viehisch um sich
  • hauend.) Tretet zurück, ihr menschlichen Gesichter--Ah, (mit frechem
  • Zähnblecken gen Himmel) hätt' ich nur seinen Weltbau zwischen diesen
  • Zähnen--Ich fühle mich aufgelegt, die ganze Natur in ein grinsendes
  • Scheusal zu zerkratzen, bis sie aussieht wie mein Schmerz--(Zu den
  • Andern, die bebend herumstehen.) Mensch!--wie es jetzt dasteht, das
  • erbärmliche Geschlecht, sich segnet und selig preist, daß es nicht ist
  • wie ich--Nicht wie ich! (In hohles Beben hinabgefallen.) Ich allein
  • habe den Streich--(Rascher, wilder.) Ich? Warum ich? Warum nicht mit
  • mir auch diese? Warum soll sich mein Schmerz am Schmerz eines
  • Mitgeschöpfs nicht stumpf reiben dürfen?
  • Calcagno (furchtsam). Mein theurer Herzog-Fiesco (dringt auf ihn ein
  • mit gräßlicher Freude). Ah, willkommen! Hier, Gott sei Dank! ist
  • Einer, den auch dieser Donner quetschte! (Indem er den Calcagno
  • wüthend in seine Arme drückt.) Bruder Zerschmettert! Wohl bekomm die
  • Verdammniß! Sie ist todt! Du hat sie auch geliebt! (Er zwingt ihn
  • an den Leichnam und drückt ihm den Kopf dagegen.) Verzweifle! Sie
  • ist todt! (Den stieren Blick in einen Winkel geheftet.) Ah, daß ich
  • stünde am Thor der Verdammniß, hinunterschauen dürfte mein Aug auf
  • die mancherlei Folterschrauben der sinnreichen Hölle, saugen mein Ohr
  • zerknirschter Sünder Gewinsel--Könnt' ich sie sehen, meine Qual, wer
  • weiß, ich trüge sie vielleicht? (Mit Schauern zur Leiche gehend.)
  • Mein Weib liegt hier ermordet--Nein, das will wenig sagen
  • (Nachdrücklicher.) Ich, der Bube, habe mein Weib ermordet--O pfui, so
  • etwas kann die Hölle kaum kitzeln--Erst wirbelt sie mich künstlich
  • auf der Freude letztes glättestes Schwindeldach, schwätzt mich bis an
  • die Schwelle des Himmels--und dann hinunter--dann--o könnte mein Odem
  • die Pest unter Seelen blasen--dann--dann ermord' ich mein Weib--Nein,
  • ihr Witz ist noch feiner--dann übereilen sich (verächtlich) zwei
  • Augen, und (mir schrecklichem Nachdruck) ich--ermorde--mein Weib!
  • (Beißend lächelnd.) Das ist das Meisterstück!
  • (Alle Verschwornen hängen gerührt an ihren Waffen. Einige wischen
  • Thränen aus den Augen. Pause.)
  • Fiesco (erschöpft und stiller, indem er im Zirkel herumblickt).
  • Schluchzt hier Jemand?--Ja, bei Gott, die einen Fürsten würgten,
  • weinen. (In stillen Schmerz geschmolzen.) Redet! Weint ihr über
  • diesen Hochverrath des Todes, oder weint ihr über meines Geistes
  • Memmenfall? (In ernster, rührender Stellung vor der Todten
  • verweilend.) Wo in warme Thränen felsenharte Mörder schmelzen, flucht
  • Fiescos Verzweiflung! (Sinkt weinend an ihr nieder.) Leonore,
  • vergib--Reue zürnt man dem Himmel nicht ab! (Weich mit Wehmuth.)
  • Jahre voraus, Leonore, genoß ich das Fest jener Stunde, wo ich den
  • Genuesern ihre Herzogin brächte--Wie lieblich verschämt sah ich schon
  • deine Wangen erröthen, deinen Busen wie fürstlich schön unter dem
  • Silberflor schwellen, wie angenehm deine lispelnde Stimme der
  • Entzückung versagen (Lebhafter.) Ha! wie berauschend wallte mir schon
  • der stolze Zuruf zu Ohren, wie spiegelte sich meiner Liebe Triumph im
  • versinkenden Neide!--Leonore--die Stund' ist gekommen--Genuas Herzog
  • ist dein Fiesco--und Genuas schlechtester Bettler besinnt sich, seine
  • Verachtung an meine Qual und meinen Scharlach zu tauschen--(Rührender.)
  • Eine Gattin theilt seinen Gram--mit wem kann ich meine Herrlichkeit
  • theilen? (Er weint heftiger und verbirgt sein Gesicht an der Leiche.
  • Rührung auf allen Gesichtern.)
  • Calcagno. Es war eine treffliche Dame.
  • Zibo. Daß man doch ja den Trauerfall dem Volk noch verschweige. Er
  • nähme den Unsrigen den Muth und gäb' ihn den Feinden.
  • Fiesco (steht gefaßt und fest auf). Höret, Genueser!--die Vorsehung,
  • versteh' ich ihren Wink, schlug mir diese Wunde nur, mein Herz für
  • die nahe Größe zu prüfen.--Es war die gewagteste Probe--jetzt fürcht'
  • ich weder Qual, noch Entzücken mehr. Kommt! Genua erwarte mich,
  • sagt ihr?--Ich will Genua einen Fürsten schenken, wie ihn noch kein
  • Europäer sah--Kommt!--dieser unglücklichen Fürstin will ich eine
  • Todtenfeier halten, daß das Leben seine Anbeter verlieren und die
  • Verwesung wie eine Braut glänzen soll--Jetzt folgt eurem Herzog!
  • (Gehen ab unter Fahnenmarsch.)
  • Vierzehnter Auftritt
  • Andreas Doria. Lomellin.
  • Andreas. Dort jauchzen sie hin.
  • Lomellin. Ihr Glück hat sie berauscht. Die Thore sind bloßgegeben.
  • Der Signoria wälzt sich Alles zu.
  • Andreas. Nur an meinem Neffen scheute das Roß. Mein Neffe ist todt.
  • Hören Sie, Lomellin-Lomellin. Was? noch? noch hoffen Sie, Herzog?
  • Andreas (ernst). Zittre du für dein Leben, weil du mich Herzog
  • spottest, wenn ich auch nicht einmal hoffen darf.
  • Lomellin. Gnädigster Herr--eine brausende Nation liegt in der Schale
  • Fiescos--Was in der Ihrigen?
  • Andreas (groß und warm). Der Himmel!
  • Lomellin (hämisch die Achsel zuckend). Seitdem das Pulver erfunden
  • ist, campieren die Engel nicht mehr.
  • Andreas. Erbärmlicher Affe, der einem verzweifelnden Graukopf seinen
  • Gott noch nimmt! (Ernst und gebietend.) Geh! mache bekannt, daß
  • Andreas noch lebe--Andreas, sagst du, ersuche seine Kinder, ihn doch
  • in seinem achtzigsten Jahre nicht zu den Ausländern zu jagen, die dem
  • Andreas den Flor seines Vaterlandes niemals verzeihen würden. Sag'
  • ihnen das, und Andreas ersuche seine Kinder um so viel Erde in seinem
  • Vaterland für so viel Gebeine.
  • Lomellin. Ich gehorsame, aber verzweifle. (Will gehen.)
  • Andreas. Höre! und nimm diese eisgraue Haarlocke mit--Sie war die
  • letzte, sagst du, auf meinem Haupt und ging los in der dritten
  • Jännernacht, als Genua losriß von meinem Herzen und habe achtzig
  • Jahre gehalten und habe den Kahlkopf verlassen im achtzigsten
  • Jahre--die Haarlocke ist mürbe! aber doch stark genug, dem schlanken
  • Jüngling den Purpur zu knüpfen (Er geht ab mit verhülltem Gesicht.
  • Lomellin eilt in eine entgegengesetzte Gasse. Man hört ein
  • tumultuarisches Freudengeschrei unter Trompeten und Pauken.)
  • Fünfzehnter Auftritt
  • Verrina vom Hafen. Bertha und Bourgognino.
  • Verrina. Man jauchzt. Wem gilt das?
  • Bourgognino. Sie werden den Fiesco zum Herzog ausrufen.
  • Bertha (schmiegt sich ängstlich an Bourgognino). Mein Vater ist
  • fürchterlich, Scipio!
  • Verrina. Laßt mich allein, Kinder--O Genua! Genua!
  • Bourgognino. Der Pöbel vergöttert ihn und forderte wiehernd den
  • Purpur. Der Adel sah mit Entsetzen zu und durfte nicht Nein sagen.
  • Verrina. Mein Sohn, ich hab' alle meine Habseligkeiten zu Gold
  • gemacht und auf dein Schiff bringen lassen. Nimm deine Frau und
  • stich unverzüglich in See. Vielleicht werd' ich nachkommen.
  • Vielleicht--nicht mehr. Ihr segelt nach Marseille, und (schwer und
  • gepreßt sie umarmend)--Gott geleit' euch! (Schnell ab.)
  • Bertha. Um Gotteswillen! Worüber brütet mein Vater?
  • Bourgognino. Verstandst du den Vater?
  • Bertha. Fliehen, o Gott! Fliehen in der Brautnacht!
  • Bourgognino. So sprach er--und wir gehorchen. (Beide gehen nach dem
  • Hafen.)
  • Sechzehnter Auftritt
  • Verrina. Fiesco im herzoglichen Schmuck. (Beide treffen auf
  • einander.)
  • Fiesco. Verrina! Erwünscht. Eben war und aus, dich zu suchen.
  • Verrina. Das war auch mein Gang.
  • Fiesco. Merkt Verrina keine Veränderung an seinem Freunde?
  • Verrina (zurückhaltend). Ich wünsche keine.
  • Fiesco. Aber siehst du auch keine?
  • Verrina (ohne ihn anzusehen). Ich hoffe, nein!
  • Fiesco. Ich frage, findest du keine!
  • Verrina (nach einem flüchtigen Blick). Ich finde keine.
  • Fiesco. Nun, siehst du, so muß es doch wahr sein, daß die Gewalt
  • nicht Tyrannen macht. Seit wir uns Beide verließen, bin ich Genuas
  • Herzog geworden, und Verrina (indem er ihn an die Brust drückt)
  • findet meine Umarmung noch feurig wie sonst.
  • Verrina. Desto schlimmer, daß ich sie frostig erwiedern muß; der
  • Anblick der Majestät fällt wie ein schneidendes Messer zwischen mich
  • und den Herzog! Johann Ludwig Fiesco besaß Länder in meinem
  • Herzen--jetzt hat er Genua erobert, und ich nehme mein Eigenthum
  • zurück.
  • Fiesco (betreten). Das wolle Gott nicht! Für ein Herzogthum wäre
  • der Preis zu jüdisch.
  • Verrina (murmelt düster). Hum! Ist denn etwa die Freiheit in der
  • Mode gesunken, daß man dem Ersten dem Besten Republiken um ein
  • Schandengeld nachwirft.
  • Fiesco (beißt die Lippen zusammen). Das sag du Niemand, als dem
  • Fiesco.
  • Verrina. O natürlich! Ein vorzüglicher Kopf muß es immer sein, von
  • dem die Wahrheit ohne Ohrfeige wegkommt--Aber Schade! der
  • verschlagene Spieler hat's nur in einer Karte versehen. Er
  • calculierte das ganze Spiel des Neides, aber der raffinierte Witzling
  • ließ zum Unglück die Patrioten aus. (Sehr bedeutend.) Hat der
  • Unterdrücker der Freiheit auch einen Kniff auf die Züge der römischen
  • Tugend zurückbehalten? Ich schwör' es beim lebendigen Gott, eh die
  • Nachwelt meine Gebeine aus dem Kirchhof eines Herzogthums gräbt, soll
  • sie sie auf dem Rade zusammenlesen!
  • Fiesco (nimmt ihn mit Sanftmuth bei der Hand). Auch nicht, wenn der
  • Herzog dein Bruder ist? wenn er sein Fürstenthum nur zur Schatzkammer
  • seiner Wohlthätigkeit macht, die bis jetzt bei seiner haushälterischen
  • Dürftigkeit betteln ging? Verrina, auch dann nicht?
  • Verrina. Auch dann nicht--und der verschenkte Raub hat noch keinem
  • Dieb von dem Galgen geholfen. Überdies ging diese Großmuth bei
  • Verrina fehl. Meinem Mitbürger konnt' ich schon erlauben, mir Gutes
  • zu thun--meinem Mitbürger hofft' ich es wett machen zu können. Die
  • Geschenke eines Fürsten sind Gnade--und nur Gott ist mir gnädig.
  • Fiesco (ärgerlich). Wollt ich doch lieber Italien vom Atlantermeer
  • abreißen, als diesen Starrkopf von seinem Wahn.
  • Verrina. Und abreißen ist doch sonst deine schlechteste Kunst nicht,
  • davon weiß das Lamm Republik zu erzählen, das du dem Wolf Doria aus
  • dem Rachen nahmst--es selbst aufzufressen.--Aber genug! Nur im
  • Vorbeigehen, Herzog, sage mir, was verbrach denn der arme Teufel, den
  • ihr am Jesuiterdom aufknüpftet?
  • Fiesco. Die Canaille zündete Genua an.
  • Verrina. Aber doch die Gesetze ließ die Canaille ganz?
  • Fiesco. Verrina brandschatzt meine Freundschaft.
  • Verrina. Hinweg mit der Freundschaft! ich sage dir ja, ich liebe
  • dich nicht mehr; ich schwöre dir, daß ich dich hasse--hasse wie den
  • Wurm des Paradieses, der den ersten falschen Wurf in der Schöpfung
  • that, worunter schon das fünfte Jahrtausend blutet--Höre,
  • Fiesco--nicht Unterthan gegen Herrn--nicht Freund gegen
  • Freund--Mensch gegen Mensch red' ich zu dir. (Scharf und heftig.) Du
  • hast eine Schande begangen an der Majestät des wahrhaftigen Gottes,
  • daß du dir die Tugend die Hände zu deinem Bubenstück führen und
  • Genuas Patrioten mit Genua Unzucht treiben ließest--Fiesco, wär' auch
  • ich der Redlichdumme gewesen, den Schalk nicht zu merken, Fiesco! bei
  • allen Schauern der Ewigkeit, einen Strick wollt' ich drehen aus
  • meinen eigenen Gedärmen und mich erdrosseln, daß meine fliehende
  • Seele im gichtrischen Schaumblasen dir zuspritzen sollte. Das
  • fürstliche Schelmenstück drückt wohl die Goldwage menschlicher Sünden
  • entzwei, aber du hast den Himmel geneckt, und den Prozeß wird das
  • Weltgericht führen.
  • (Fiesco erstaunt und sprachlos mißt ihn mit großen Augen.)
  • Verrina. Besinne dich auf keine Antwort. Jetzt sind wir fertig.
  • (Nach einigem Auf- und Niedergehen.) Herzog von Genua, auf den
  • Schiffen des gestrigen Tyrannen lernt' ich eine Gattung armer
  • Geschöpfe kennen, die eine verjährte Schuld mit jedem Ruderschlag
  • wiederkäuen und in den Ocean ihre Thränen weinen, der wie ein reicher
  • Mann zu vornehm ist, sie zu zählen--Ein guter Fürst eröffnet sein
  • Regiment mit Erbarmen. Wolltest du dich entschließen, die
  • Galeerensklaven zu erlösen?
  • Fiesco (scharf). Sie seien die Erstlinge meiner Tyrannei--Geh und
  • verkündige ihnen Allen Erlösung.
  • Verrina. So machst du deine Sache nur halb, wenn du ihre Freude
  • verlierst. Versuch' es und gehe selbst. Die großen Herren sind so
  • selten dabei, wenn sie Böses thun; sollten sie auch das Gute im
  • Hinterhalt stiften?--Ich dächte, der Herzog wäre für keines Bettlers
  • Empfindung zu groß.
  • Fiesco. Mann, du bist schrecklich, aber ich weiß nicht, warum ich
  • folgen muß. (Beide gehen dem Meer zu.)
  • Verrina (hält still, mit Wehmuth). Aber, noch einmal umarme mich,
  • Fiesco! Hier ist ja Niemand, der den Verrina weinen sieht und einen
  • Fürsten empfinden. (Er drückt ihn innig.) Gewiß, nie schlugen zwei
  • größere Herzen zusammen; wir liebten uns doch so brüderlich
  • warm--(Heftig an Fiescos Halse weinend.) Fiesco! Fiesco! du räumst
  • einen Platz in meiner Brust, den das Menschengeschlecht, dreifach
  • genommen, nicht mehr besetzen wird.
  • Fiesco (sehr gerührt). Sei--mein--Freund!
  • Verrina. Wirf diesen häßlichen Purpur weg, und ich bin's--Der erste
  • Fürst war ein Mörder und führte den Purpur ein, die Flecken seiner
  • That in dieser Blutfarbe zu verstecken--Höre, Fiesco--ich bin ein
  • Kriegsmann, verstehe mich wenig auf nasse Wangen--Fiesco--das sind
  • meine ersten Thränen--Wird diesen Purpur weg!
  • Fiesco. Schweig!
  • Verrina (heftiger). Fiesco--laß hier alle Kronen dieses Planeten zum
  • Preis, dort zum Popanz all seine Foltern legen, ich soll knieen vor
  • einem Sterblichen--ich werde nicht knieen--Fiesco! (indem er
  • niederfällt) es ist mein erster Kniefall--Wirf diesen Purpur weg!
  • Fiesco. Steh auf und reize mich nicht mehr!
  • Verrina (entschlossen). Ich steh' auf, reize dich nicht mehr (Sie
  • stehen an einem Brett, das zu einer Galeere führt.) Der Fürst hat den
  • Vortritt. (Gehen über das Brett.)
  • Fiesco. Was zerrst du mich so am Mantel?--er fällt!
  • Verrina (mit fürchterlichem Hohn). Nun, wenn der Purpur fällt, muß
  • auch der Herzog nach! (Er stürzt ihn ins Meer.)
  • Fiesco (ruft aus den Wellen). Hilf, Genua! Hilf! Hilf deinem
  • Herzog! (Sinkt unter.)
  • Siebzehnter Auftritt
  • Calcagno. Sacco. Zibo. Zenturione. Verschworne. Volk. (Alle
  • eilig, ängstlich.)
  • Calcagno (schreit). Fiesco! Fiesco! Andreas ist zurück, halb Genua
  • springt dem Andreas zu. Wo ist Fiesco?
  • Verrina (mit festem Ton). Ertrunken!
  • Zenturione. Antwortet die Hölle oder das Tollhaus?
  • Verrina. Ertränkt, wenn das hübscher lautet--Ich geh' zum Andreas.
  • (Alle bleiben in starren Gruppen stehn. Der Vorhang fällt.)
  • Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes "Die Verschwörung des Fiesco zu
  • Genua", von Friedrich Schiller.
  • *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DIE VERSCHWOERUNG DES FIESCO ZU GENUA ***
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