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- DEUTSCHE DICHTUNGEN
- DES
- MITTELALTERS.
- MIT WORT- UND SACHERKLÄRUNGEN.
- HERAUSGEGEBEN
- VON
- KARL BARTSCH.
- XBSTEB BAMD.
- KÖNIG ROTHEE.
- LEIPZIG:
- F. A. BROCKHAUS.
- 1872.
- KÖNIG ROTHER.
- HERAUSGEGEBEN
- VON
- HEINSICH SÜCKERT.
- C LEIPZIG:
- F. A. BROCKHAÜS
- 1872.
- /$y3, Mayf '^■
- C^cC.j-.-zr.)
- VORWORT.
- Die Dichtungen der vorclassischen Periode des
- Mittelalters genie&en ans verschiedenen Gründen nicht
- -die Verbreitung und Popularität, welche den Dichtern
- •der Blütezeit desselben bei den Gebildeten unseres Vol-
- kes zutheil geworden ist und mehr und mehr zutheil
- ^ird. Für die althochdeutsche und altniederdeutsche
- Literatur erklärt sich das aus den gröl^em Schwierig-
- keiten, welche dem Verständniss der Originale sich ent-
- gegenstellen; den Dichtungen des zwölften Jahrhunderts
- 4tber haftet in der Vorstellung eine gewisse UnvoUendung
- -der Form und des Inhaltes an, welche den ästhetischen
- Oenui^ einigermaßen beeinträchtigt.
- »
- Und doch liegt in jener altern Periode, abgesehen
- davon, daß me die Keime alles dessen in sich schließt,
- was wir in der Blüte deutscher Dichtung des Mittel-
- -^Iters entfaltet vor uns sehen, ein eigenthümlicher Reiz,
- ^e ihn der beginnende Frühling ^ der anbrechende
- KÖHia BOTHBB. a
- II VOKWOET.
- Morgen anf das menschliche Herz ausübt. Es sind dier
- ersten Laate, in denen die deutsche Poesie redet, die-
- ehrwtlrdigen Beste einer untergegangenen reichen Volks-
- poesie, die frommen Bestrebungen deutscher Geistlichkeit^
- die ein Herz hatte ftlr das deutsche Volk und ihm in
- seiner Sprache die Wunder des Evangeliums verständlich
- zu machen suchte.
- Auch die Dichtung des zwölften Jahrhunderts, die anr
- formeller und innerer Vollendung allerdings mit den Dicht-
- werken an der Scheide dieses und des folgenden Jahr-
- hunderts sich nicht messen kann, besitzt ihre besonderen*
- Vorzüge. Sie ist in vieler Hinsicht frischer, lebendiger,,
- nationaler, noch nicht von französischem Geschmaeke
- beherrscht, und selbst wo sie auf romanischen Quellen:
- ruht, von deutschem Geiste erfüllt. Es liegt in ihr em
- volksthtjimliches Element, welches in der Blütezeit mehr
- und mehr in den Hintergrund gedrängt wird; in den Er-
- zeugnissen der ältesten Lyrik weht ein Hauch von Naivetät
- und reizender Frische, wie er später nur ganz vereinzelt
- und selten uns begegnet. Wir ahnen in diesen Poesien,,
- wie die deutsche Dichtung sich anders, eigenthümlicher
- und vielleicht noch größer hätte entfalten können, wenn
- sie der Herrschaft des romanischen Geistes nicht ver-
- fallen wäre.
- Wie die vorclassische Poesie steht auch die der
- letzten drei Jahrhunderte des Mittelalters in Schätzung:
- und Gunst zurück» Aber auch sie bietet nicht demi
- VOBWOBT. m
- Forscher allein, sondern jedem Freunde der Poesie so
- viel des Schönen, daß eine Aaswahl ans ihrem reichen
- Schatze durchans gerechtfertigt nnd zur Vervollständigung
- des Gesammthildes nothwendig erscheint. Zwar zeigt das
- vorrttckende dreizehnte Jahrhundert keine so schöpfe-
- rischen Geister, wie sie an der Scheide des vorauf'-
- gegangenen die deutsche Poesie auf eine so hohe Stufe
- hohen, aber doch zahlreiche Talente, die durch gebil-
- dete Sprache und Yerskunst, durch gewandte und ge-
- schmackvolle Darstellung anziehen und fesseln. Das
- allmählige Durchbrechen eines gesunden bürgerlichen
- Geistes seit dem vierzehnten Jahrhundert verleiht der
- spätem Poesie einen neuen Beiz, das Lehrgedicht und
- die Satirc erweitem den geistigen Gesichtskreis, und
- das Drama entwickelt sich zu eigenthümlicher, echt
- volksmäßiger Gestaltung.
- Ich zweifle nicht, daß es gelingen wird, auch der
- Dichtung des frühem und spätem Mittelalters einen
- Leserkreis zu gewinnen, wie ihn die so warm aufgenom-
- menen «Deutschen Classiker des Mittelalters» meines
- unvergeßlichen Freundes, Franz Pfeiffer, gefunden haben.
- Von der durch die «Classiker» bewährten Methode ist
- nach den gesammelten Erfahmngen in wesentlichen
- Dingen nicht abgewichen worden; nur schien es zweck-
- mäßig, die Worterklämngen möglichst zu beschränken
- und dafür dem Wortregister mehr die Gestalt eines
- Glossars zu geben. Eine schablonenhafte Anweisung habe
- JV VOEWOBT.
- ich verschmäht, am der Selbständigkeit meiner Mit-
- arbeiter möglichst freien Spielraum zu laßen.
- So sei denn der erste Band der neuen Sammlung,
- der eine der anziehendsten Dichtungen des zwölften Jahr-
- hunderts bietet, der Theilnahme aller Freunde unserer
- altern Poesie aufs beste empfohlen.
- Heidelberg, im December 1871.
- Karl Baetsoh.
- V
- EINLEITUNG.
- Ob sich das altdeutsche Epos, welches wir hier unter
- dem herkömmlichen Namen «König Rother» za neuem
- Abdruck bringen, bei den Zeitgenoßen, überhaupt bei
- dem mittelalterlichen Publikum einer allgemeineren Theil-
- nahme und Verbreitung erfreut habe, erhellt wenigstens
- nicht aus den spärlichen urkundlichen Zeugnissen , die
- sich auf dasselbe beziehen laßen.
- Diese Zeugnisse, die schon Wilhelm Grimm in seiner
- «Deutschen Heldensage» gesammelt hat, beginnen erst
- nach der Mitte des 13. Jahrhunderts, stammen also aus
- einer Zeit, wo der Höhepunkt unserer mittelalterlichen
- Kunst längst überschritten war, und wo sich ebenso sehr
- die Leistungsfähigkeit der productiven Kräfte wie das
- Verständniss des Publikums einem entschiedenen Ver-
- fall zuneigte.
- Das älteste darunter gehört dem Marner an, jenem
- so seltsam gemischten, halb der glänzenden Vergangen-
- heit des höfischen Minnesangs, halb der gelehrt aus-
- staffierten, scholastisch gefärbten Zukunft des bürger-
- lichen Meistersanges zugewandten schwäbischen Dichter,
- der in dem reichen Vorrath literarischer Erzeugnisse der
- altern Zeit, auf welchen er als Kenner zurückblickt, auch 1
- einer poetischen Bearbeitung der Geschichte des Königs L*
- Rother gedenkt, flia einft^ yn j lff^ jnfir j f^f^jti \jn Vniy^ 3»fl^^o»
- beliebtgi^^töflfes. Es genügt aus der schon von W. Grimm
- (Deutsche Heldensage, 162, 2. Ausgabe 163) mitgetheilten
- längeren Stelle nur den Anfang herauszuheben (Hagen,
- MS. 2, 251, 20):
- V*
- VI EINLEITUNG.
- Singe ich den liaten mtnin liet, 1
- so wil der ^rste daz,
- wie Dieterich von Berne schiet,
- der ander, wä künc Buother saz.
- Auch alle andern poetischen Helden und Heldinnen,
- deren der Marner im weiteren Verlaufe dieses Spruches
- gedenkt, gehören dem Kreiße der specifisch- deutschen
- Heldensage an und insofern befindet sich Bother hier
- ganz in seiner natürlichen Umgebung.
- Um 30 oder 40 Jahre später erwähnt der gelehrte
- Magister Hug von Trimberg, Schulhalter in der Theuer-
- stadt von Bamberg, in seinem zu Anfang des 14. Jahr-
- hunderts abgeschloßenen großen Lehrgedicht «Renner»
- zweimal des Rother. Zuerst in möglichst unpassender
- Zusammenstellung mit Hauptgestalten des französisch-
- bretonischen höfischen Sagenkreißes (Bamberg. Druck
- 1248 f., hier mit Benutzung des übrigen hs. Apparats;
- bei W. Grimm, Heldensage, 171, 2. Aufl. 173):
- Swer gar sich vlfzt an seltsaen rlm, 5
- der wil ouch daz sins sinnes lim
- üzen an schoenen worten klebe
- und lützel nutzes drinne swebe.
- ^als6 sint bekant durch tiusche laut
- 3 wie Dieterich von Berne schiet, d. h. durch Ermrich
- (Ermenrich) von Berne -Verona vertrieben wurde. Bezieht
- sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht auf das noch erhal-
- tene gewohnlich «Dietrich's Flucht» genannte Gedicht, zu-
- letzt von E. Martin, Deutsches Heldenbuch (Berlin 1866),
- II, 57 fg., herausgegeben, das in seiner auf uns gekom-
- menen Gestalt jedenfalls jünger als dieser Spruch des Marners
- ist, aber auf einen seiner selbständigen als besonderes liet oder
- huoch vothandenen Theile, die eigentliche Flucht Dietrich's. —
- 4 künc, in der Senkung verkürzte Form von kunic, König.
- 5 seltsijen für seltecene, seltsam. — rim für rrme von rim
- stm., nicht bloß Reim, sondern vorzugsweise auch Reimvers. —
- 6 stns für stnes. — lim stm., Leim, das Bild rtme Itmen, d. h.
- Verse künstlich zusammenflechten, kannte der Verfaßer wohl
- aus Gottfried von Straßburg und andern Dichtem, die es oft
- gebrauchen. — 8 lützel nom. sing, neutr. des Adj. wenig,
- substantivisch gebraucht, davon der Gen. nutzem abhangig. —
- EINLEITITNO. VH
- ~Erec, Iw4n mit Tristrant, / l
- Ikfttic Rüther nnd her Farziv41,/
- Wig&iois, der grözen schal
- Mt bejagt «ad hdhen prts.
- swer des geloubt, der ist nnwis; 5
- :mit Sünden er sin hombet toabet, . <
- swer tihtet des man niht geloubet. 5
- Ferner an einer zweiten Stelle, wo dem Bamberger
- Id agister sein von ihm über alle gleichzeitigen und frühern
- -Dichter gepriesener Marner so dentlich vor Augen schwebt,
- da(S er ihn fast wörtlich nachgeahmt hat. Von dieser zweiten
- Stelle (Bamberg. Dmck 16168) heben wir eben deshalb
- nur zwei Verse aus. W. Grimm, Deutsche Heldensage,
- ;a. a. 0., hat die ganze Stelle ausführlicher mitgetheilt.
- der zwölfte wil Rüthern besunder,
- der drlzehende künec Alexanders wunder.
- D iese Zeufjnisse bew eisen, daß ^in^ Jjedicht >jQm *
- Kö nig Rother, nicht^ JbloJL jeiöÄ-jixilksthümlich^^ I
- f\r7^l]}nr\fi^ jifLVfm^ in (\f\T zweiten Hälfte^iie &_jl3^ Ja^ - - \
- hunder te als eines der Tiaup twftrkfi^'dfiuts^hffr r>ipiifnngr f
- neb ftn einer beschr ji,^!^^^" ^^'^'^iTJf'^^^r.^LJJ^ jK^^"^^^^ [
- dei^Saxfi^TFreilich ist dadurch die Identität dieses Ge- ;
- dichtes mit dem hier von uns herausgegebenen nicht aus-
- drücklich constatiert, aber es spricht auch nichts dagegen,
- und da wir von der Existenz eines andern mhd. Gedichtes
- gleichen Inhalts absolut nichts wißen, so werden wir wohl
- ohne Bedenken das nnserige damit gemeint glauben
- dürfen. Ob es aber dem Marner oder seinem Bewun-
- 1 JErec, der Held des Hartmann'schen Erec und Ernte oder
- Er, d. vmndercBre, — Iwdn^ desgleichen der Hartmann'sche Iwein
- oder der rtter mit dem lewen. — TrUtrant^ meint wohl TriBtan
- und hot von Gottfried als dem damals noch gelesensten deut-
- schen Bearbeiter dieses Stoffes. — 2 Parzivdl, desgl. den
- Wolfram's. — 3 Wtgdlois, den Wirnt's von Grävenberc. — schal
- stm., nicht bloß im heutigen Sinne des Wortes, sondern in viel
- reicherer Ausdehnung des Grundbegriffes; hier «lautes Rüh-
- men v. — 4 bejagt, erjagt, erworben. — 5 des gen., von ge-
- loubt abhängig, daran glaubt. — unwts, ein arger Thor. —
- 6 er bezieht sich auf das swer des Nachsatzes. -^ toubet^ be-
- täubt, in Taumel versetzt. —
- •VIÜ BINLBITÜNÖ.
- derer in der uns erhaltenen Eedaction yorläg, läßt sicbr
- nicht erkennen. Ja es mag sogar nach der Art seiner
- beiden Citate als wenig wahrscheinlich gelten, daß Hag
- von Trimberg selbst aus eigener Anschanung ein solches
- deutsches Gedicht gekannt hat. Er kann recht wohl aus
- dem Marner und aus dem landläufigen Urtheil der Zeit-
- genoßen das eigene Urtheil zusammengeschweißt haben^
- Von hier ab entschwinden alle weitern directen Zeug-
- nisse, falls wir das des Kenners überhaupt für ein sol-
- ches gelten laßen wollen. Denn wenn Cyriak Spangen-
- berg in seinem Adelspiegel (vgl. W. Grimm, Deutsche
- Heldensage, 310, 2. Ausg. 321) noch zweimal den Könige
- Kucker oder Kugger unter den gar verloren oder gar
- seltsam gewordenen Heldenbüchem anführt, so zeigt
- wieder die Art seines Citates sattsam, daß er dabei nur
- die Stellen des ihm wohl bekannten Kenners im Auge hatte.
- Außerdem erwähnt ein viel älteres Zeugniss, der
- Ende des 13. Jahrhunderts entstandene Keinfrid von
- Braunschweig, den Namen Rother's. Die Stelle lautet
- nach der Mittheilung W. Grimm's in der hannoverschen
- Hs. (Deutsche Heldensage, 174, 176):
- ja möhte mit keinen dingen I
- sich disen hie geliehen
- swaz man hie vor den riehen
- h6ch erbornen Ruother
- sach risen vüeren über mer. &
- Aber die vorangehenden Verse, worin eine Anzahl
- solcher Riesen namentlich aufgezählt wird, weisen darauf
- hin, daß der Dichter dieses Reinfrid entweder eine^
- von der uns bekannten sehr abweichende Gestalt des^
- Rother vor sich hatte, oder auch daß er ihn nur vom
- Hörensagen kannte, wobei leicht eine Vermischung mit
- verwandten Situationen und Namen anderer Sagen oder
- Gedichte erfolgen mochte. Er nennt richtig, d. h. für
- uns richtig Witolt, Äsprtän und Grimme, unrichtig aber
- 1 mit keinen dingen, in keiner Weise. — 3 stoaz zu riserr
- (5) zu beziehen; 9waz risen, so viel Riesen. — hie vor, in der
- Vorzeit, einstmals. — 4 hoch erborn, hoch geboren.
- BINLEITDNO; IX
- auch die Namen Orte und Velle, wovon der letztere dem
- Wolfdietrich in einer seiner Jüngern Recensionen gehört,
- der erste noch ein Räthsel ist
- Dagegen laßen sich mancherlei indirecte Zeugnisse
- für die Bedeutung, nicht bloß für die Existenz unseres
- Eother gewinnen. Freilich können sie nicht so unan -
- f echtba r sein, wie die directen, aber sie beweisen "doch
- eigentlich noch mehr wie diese. Sie bestehen in den
- si chtbaren Spuren der Einwirkung M Mii^i LÄWt üte
- A fflage und noch mehr auf die Aus führnnff ftinftr Rftiha
- anderer uns naßL erhaltener deutscher Gedichte, die wir
- schon deshalb alle für jünger als das unserige halten
- müßen, wozu übrigens auch alle ' sonstigen Merkmale in
- d^r Technik des Verses und der Sprache u. s. w. stim*
- men. Das älteste darunter ist das erzählende Gedicht
- von Salomon und Moroit. Wir benutzen immer noch den
- in jeder Art unzureichenden Abdruck, den von der Hagen
- 1808 (Deutsche Gedichte des Mittelalters von H. von der
- Hagen und Büsching) aus einer sehr schlechten Hs. des
- 15. Jahrhunderts gegeben, und auch durch die sehr fahr-
- läßige Mittheilung von Lesarten aus dem an sich viel
- beßeren ältesten Drucke nicht zu einem guten gemacht hat,
- obwohl es schon längst eine beßere Behandlung verdient
- hätte. Daß es der Zeit vor 1180 angehört, ist unzwei-
- felhaft, ebenso daß es nicht viel älter sein kann. Darauf
- führt die relative Gelenkigkeit der Darstellung, die Ge-
- "wandtheit ^ — nicht Feinheit — in Vers, Keim und
- Sprache und manches andere. Die Aehnlichkeit mit
- Eother ist in manchen Scenen und einzelnen Zügen des
- Moroit so groß, so schlagend und handgreiflich, daß noth-
- wendig das eine Gedicht das andere oder alle zwei zu-
- sammen ein unbekanntes drittes benutzt haben müßen.
- Da wir von einem solchen nichts wißen, bleibt also nur
- der erste Fall möglich und auch dieser läßt sich näher
- dahin bestimmen, daß Moroit den Rother gekannt hat
- und nicht umgekehrt. Eine Menge von Gründen, deren
- Summe hier vorweg gezogen wird, ergeben für den
- letztern eine viel frühere Abfaßungszeit als die für Mo-
- roit ermittelte. Wäre aber dieß nicht schon entschei-
- dend, so würde die Vergleichung der verwandten Stellen
- Z EINLEITUNG.
- €s auch schon zeigen, denn überall z^gt Inhalt und Ton^
- daß Morolt die oft derb carikierte Naehahmang, Rother
- das Original ist. So schon der allgemeinste UmrilS des
- Planes, die EntfÜhmugen und WiedereBtftthrungen eines
- schönen- Weibes durch List nnd Gewalt, wo Rother sich
- wie eine bescheidene Bleistiftzeichnung, Mon^t dagegen
- wie ein mit raffinierter — deshalb noch nicht ästhetisch
- hoch zu stellender — Technik ausgeführtes Farbenbild
- ausnimmt. Für einzelnes wäre die Constraction der Cha-
- raktere, z. B. die Gestalt Morolt^s, der ein ins Abenteuer-
- liche und Rohe gesteigerter Rother ist, oder Pharao,
- der dem Constantin des Rother gleicht, vielleicht auch
- Pharao's namenlose Schwester, in welcher die alte und
- die junge Königin des Rother verschmolzen sind, zu er-
- wähnen. Noch deutlicher aber sind Scenen, wie die Be-
- rathung Pharao's mit seinen Mannen im Eingang des
- Gedichtes, die Verkleidung Morolt's als wallare, das
- Harfenspiel Salomo's, das Homblasen des am Galgen
- stehenden Morolt, dem Rother nicht entlehnt, aber unter
- Hinblick auf ihn zu dem herausgebildet, was sie hier
- sind. Uebrigens ist diese engere Berührung zwischen
- beiden Gedichten längst erkannt und man würde darüber
- auch zu einem entschiedeneren Urtheile gelangt sein, als
- es noch Wackernagel (Geschichte der deutschen Literatur,
- §. 59, S. 181) zu formulieren wagt, hätte nicht beide
- eine gewisse traditionelle Missachtung den Augen der
- Forscher so ziemlich entrückt gehalten. Was wir hier
- geben, sind allerdings nur Andeutungen, doch glauben
- wir genügende, um unsere Auffaßung zu beweisen, nicht
- bloü wahrscheinlich zu machen.
- Ebenso deutlich und gleichfalls schon von andern
- bemerkt — freilich aber, wie sich ergeben wird, anders
- aufgefaßt — ist die Beziehung unseres Gedichtes zu dem
- Wolfdietrich, der dem Morolt, was den Gehalt des Stoffes
- betrifft, ebenso auch durch eine gewisse reserviertere Hal-
- tung und ein wenn auch ziemlich äußerliches Stilgefühl
- ohne Frage überlegen ist, dafür aber an innerer Lebendig-
- keit, überhaupt an allen wahren poetischen Eigenschaften
- weit hinter ihm zurücksteht. Die älteste der bisjetzt
- bekannten Recensionen dieses Wolfdietrich (in der neuesten
- iilXLSITUNa. XI
- Ausgabe des ganzen Wolfdietrich, Deutsches Heldenbach, III,
- 1871, als A bezeichnet) bietet bei ihrem geringen Um-
- fang weniger Yergleichangspunkte dar. Doch enthält
- :auch sie den Kamen and die Gestalt Berchtang's von
- Meran, des Doppelgängers Berchter^s von Meran im
- Hother. Anf die Fortsetzang, welche die gröbste Fanst
- des 15. Jahrhmnderts za diesem Brachstücke geliefert
- bat, getraaen wir ans nicht viel za baaen. Allenfalls
- könnte man einzelne Züge, z. B. daß Wolfdietrich, als
- $oall verkleidet, den Erkennangsring in den Becher
- «einer gerade am Hochzeitschmaase mit einem andern
- «itzenden Gremahlin wirffc, oder daß er schließlich ins
- Kloster geht, vergleichen wollen, aber beides sind so
- -weit verbreitete Motive der altern volksthümlichen Sage
- und Epik, daß sich weder nach der einen noch nach
- -der andern Seite hin daraas etwas Specifisches entnehmen
- läßt, was wir hier doch allein braachen könnai.
- Anders dagegen steht es mit B^ der jüngeren Re-
- zension, die, was freilich anch von A gilt, jedenfalls in
- der ans erhaltenen Gestalt viel jünger, vielleicht am
- ^0 Jahre jünger als Rother ist In ihr ist die Ge-
- schichte des Hagdietrich, des Vaters des Wolfdietrich,
- mit der des Sohnes nicht angeschickt verbanden. Hag-
- «dietrich's Braatfahrt als solche, der Schaaplatz der Be-
- gebenheiten im Orient, di e ganze Sc enerie sind identisch
- mit dem Hintergrand and jkmJHauptfaden 3er' Begeh eh-
- heiten'lm^Rother. Was den eigentlicheir' Wolf dietrich
- angeht, soTäßtsich sein entschieden heraasgearbeitetes
- Haaptmotiv, die Befreiang der Dienstmannen, das freilich
- darch eine Fülle eigentlich zafällig zasammengewürfelter
- Episoden oder Abenteuer überwachert wird, mit dem
- entsprechenden Motiv der ersten Hälfte des Rother ver-
- gleichen. Ursprünglich stand es darchaas nicht in der
- Mitte des Ganzen, aber in der späteren Faßang nimmt
- -es diesen Platz ein. Denn die Brantwerbang, der ar-
- ^prünglich derselbe gebührte, tritt doch, wenn sie anch
- nicht ganz bei Seite geschoben ist, in einer Reihe von
- Hanptscenen an Interesse gegen jenes zarück und die
- [Entführung der Königstochter bildet gleichsam nur eine
- XII EINLEITUNGc
- Episode, während die Anlage des Gedichtes gerade das
- Umgekehrte verlangt.
- Die Berührung des Wolfdietrich B mit Rother ist
- so innig, daß sie, wie allgemein mit Recht angenommen
- wird, nicht hloß aus dem gleichen Geiste der Zeit und
- ihres poetischen Stiles, in dem ein im Kerne verwandter^
- eigentlich, wie sich noch näher ergehen wird, identischer
- Stoff äußerlich seihständig hier zu dem Rother, dort zu
- dem Wolfdietrich erwachsen ist, erklärt werden kann^
- Es muß eine directe Einwirkung des einen auf den an-^
- dern zugegeben werden. Fraglich ist nur, von wo sie
- ausgegangen ist. Daß alle unsere Recensionen des Wolf-^
- dietrich so viel jünger als Rother sind, entscheidet an
- sich noch nichts. Wir dürfen mit vollem Recht hinter
- ihnen eine oder mehrere ursprünglichere Faßungen vor-
- aussetzen, die im wesentlichen alle die Hauptzüge ent-^
- halten haben müßen, auf welche die Vergleichung beider
- Rücksicht zu nehmen hat. Im einzelnen mögen dann die
- jüngeren Recensionen dieß und jenes zugesetzt, umge*
- staltet, da und dorther entlehnt haben. Für diesen älteren
- Hintergrund des Wolfdietrich hat nun ein so feiner Ken-
- ner wie W. Grimm keine Entscheidung der Frage über
- die Priorität gewagt, obgleich er nach seinem Gefühle
- sich mehr auf die Seite des Wolfdietrich als des Rother
- zu neigen scheint. Wenn wir der entgegengesetzten An»
- sieht sind, so stützen wir uns dabei hauptsächlich auf
- folgende Erwägungen. Alle vergleichbaren Züge sind im
- Wolfdietrich viel gröber oder prägnanter, mit sichtbarem
- Streben, noch größeren Effect damit zu erzielen, heraus-
- gearbeitet als im Rother, und so unendlich weit Wolf-
- dietrich, Salomon und Morolt voneinander verschieden
- sind, darin treffen sie doch miteinander zusammen, dal^
- sie sich beide gerade dadurch ak Nachhall, wenn nicht-
- als Nachahmung eines auf beide wirkenden poetischen
- Vorbildes darstellen. Man vergleiche z. B. die Berathung^
- Hugdietrich's mit seinen Dienstmannen über die Braut-
- werbung mit der entsprechenden Scene des Rother, be-
- sonders Strophe 12 mit Rother 40 fg., um zu erkennen^
- wie derselbe Gedanke hier in natürlicher Schlichtheit,,
- dort in bewußter Steigerung, freilich ins Grobe und bei-
- KINLEITÜNG. XIII
- «iahe ins Rohe, gleichsam nur als eine Paraphrase der
- Worte des Rother vorgetragen wird. Der störende Ein-
- •drack, der seihst für das Publikünr, das Wolfdietrich
- ^nd die Gedichte seiner Art voraussetzen, zu stark hätte
- ^ein können, wird nur dadurch etwas gemildert, daß hier
- der alte derbe Berchtung, dort Rother selbst der Sprechende
- ist. Auch die Verkleidung Hugdietrich's in ein Weib wird
- wohl nur für eine Travestie des als Dietrich vermummten
- Rother's gelten dürfen. Es ist ein täppischer und roher
- Einfall, zu dessen Entschuldigung sich nur sagen läßt,
- daß er mit einer gewissen naiven Decenz behandelt ist.
- Ob darauf andere noch aus dem antiken Sageukreiße
- herübergeschleppte und wenigstens im späteren Mittel-
- alter sehr populäre Anekdoten eingewirkt haben, sei
- dahingestellt. So oder so existierte er aber wohl nicht,
- wenn es dem Dichter des Wolfdietrich nicht darum zu
- thun gewesen wäre, den Rother gleichsam zu überbieten.
- Die ^ingeflochtenen Episoden, in denen für Dichter und
- Publikum offenbar das eigentlich originale Verdienst des
- Wolfdietrich begründet ist, geben ihrer Natur nach zu
- Parallelen keine Veranlaßung. Desto mehr der Schluß,
- die Befreiung der Dienstmannen, wo überall dieselben
- schon charakterisierten Züge unverkennbar hervortreten.
- Wie Berchtung im Wolfdietrich 16 Söhne hat, während
- sich Berchter im Rother mit der immerhin noch statt-
- lichen aber solenn formelhaften Zahl von 12 begnügt,
- sind die Dienstmannen dort 32 Jahre gefangen, hier nur
- Jahr und Tag. Die . Noth und das Leiden der Gefan-
- genen, der Kampf selbst, durch den sie erlöst werden,
- alles das klingt an Rotlier deutlich an, nur daß im Wolf-
- dietrich entsprechend der relativ selbständigen Anlage
- des Hauptfadens dieser Kampf mit den Kampfesscenen
- am Schluße des Rother, wo es die Befreiung des von
- den Heiden dem Galgen bestimmten Königs selbst gilt;
- verglichen werden muß. Die Rolle, die hier Witolt spielt,
- ist dort seinem etwas abgeblaßten Ebenbild Hache zuer-
- theilt und wie jener wird dieser von der Verbrennung
- von Konstantinopel durch die Hinweisung auf die Gräber
- der sieben Apostel abgehalten. Nur muß man hierbei
- und bei einer Reihe anderer Einzelheiten, die wir über-
- XIV EINLEITUNG.
- gehen, weil wir glauben, daß das Bisherige genüge, nnr
- die Abhängigkeit des Wolfdietrich B und bis zu einer
- gewissen Grenze auch seiner Vorlage darzuthun, nicht
- übersehen, daß die letzten Scenen des Wolfdietrich, in:
- denen der Dichter selbst deutlich dem Ende zueilt und so-
- zusagen nur auszugsweise erzählt, mehr skizzenhaft als>
- in der breiten Ausführung des früheren gezeichnet sind,
- während im Rother eine solche Veränderung des Stils
- und der Haltung des Dichters nicht wahrzunehmen ist.
- Directe Einwirkung nicht bloß, sondern direote Ent-
- lehnung aus dem Rother läßt sich noch für ein anderes^
- seltsam zusammengewürfeltes Product der volksthümlichen
- Epik des späteren 13. Jahrhunderts nachweisen, das.
- unter dem nur halb zutreffenden Titel «Dietrich's Flucht»
- zuletzt im Heldenbuch, Bd. 2 (Berlin 1866), heraus-^
- gegeben worden ist. Daß es mindestens aus zwei selbstän-
- digen Werken zusammengeschweißt ist, liegt auf der
- Hand, vgl. oben VI, Anm. 3. Das zweite davon, dem
- der Titel der Flucht allein zukommt, geht uns nichts^
- an, aber in dem ersten, das man, g^nz entsprechend dem
- Inhalt, auch als «Dietriches Ahnen» zu bezeichnen pflegt,
- findet sich desto mehr für unsere Zwecke.
- König Dietwart, der Urahne Dietrich's von Bern,
- will eine ihm passende Gemahlin freien, natürlich nicht
- nach eigenem Gutdünken, sondern nach dem Rathe und
- Consense seiner Mannen. Unter diesen treten nun sofort
- aus dem Rother wohlbekannte Namen auf, Herman, Er*
- win, Arnold, nur daß alle um eine Stufe in Rang und
- Titel erhöht sind : der Markgraf Herman ist hier zu einem
- Herzog geworden, Graf Erwin zu einem Landgrafen, Graf
- Arnold Herzog Arnold. Auf ihren Rath wirbt er um
- Minne, Tochter des Königs Ladiner von Westenmer.
- Minne und Ladiner begegnen uns zwar aus guten Grün-
- den nicht im Rother. Sie sind bloß auf das Conto dieses
- Dichters zu setzen. Aber das Land Westenmer kennen
- wir desto beßer. Es verdankt dem wester mere im
- Rother seine sonst nicht nachweisbare Existenz, nur daß
- entsprechend dem populären Sprachgebrauch des 13. Jahr-
- hunderts unter dem wester mere nicht das Adriatische,
- sondern das Atlantische Meer verstanden wird, daher
- EINLEITUNG. XT
- denn auch Portegäl und dergl. dort liegen können. Dal^
- Lotdiner einen Sohn besitzt, der den Namen Euother
- führt, macht seine eigene Genesis noch deutlicher.
- Dieser Ruother ist übrigens eine ganz gleichgültige Neben-
- figur und nur dazu da, dem biedern Alten einen Sohn
- und Erben neben der einzigen Tochter, die die andere
- Hälfte des Reiches erhält, zu verschaffen.
- Lächerlich beinahe ist der gesteigerte Apparat, mit
- welchem die Werbung durch vorausgeschickte Gesandte
- in Scene gesetzt wird. Zug für Zug erkennen wir das
- Original wieder, aber während es einerseits immer ge-
- üissentlich überboten wird, ist andererseits seine eigent-
- liehe Kraft dadurch gebrochen, daß hier alles in der
- Sache selbst ganz plan und glatt verläuft. König Ladiner
- ist das gerade Gegentheil des bösartigen Constantin im
- Rother. Er ist entzückt über Dietwart's Antrag und un-
- geduldig, ihn sobald als möglich bei sich zu sehen, was
- denn auch dieser rasch ins "Werk setzt. Damit aber
- doch etwas Romantik in die so ganz philiströs verlau-
- fende Geschichte kommt, ereignen sich bei der eigent-
- lichen Brautfahrt eine Anzahl ganz unmotivierter und nach
- der gewöhnlichen Schablone erfundener Abenteuer mit
- Seeungethümen u. s. w., die der Bräutigam glänzend be-
- steht und sich dadurch poetisch die Hand der schönen
- Minne verdient.
- Diese indirecten Zeugnisse gehören ungefähr der-
- selben Zeit an, aus welcher die erste directe Erwähnung
- des König Rother stammt: ungefähr sagen wir, denn es
- ist einstweilen noch unmöglich, die Chronologie des
- Wolfdietrich B oder des Gedichtes von Dietrich's Ahnen
- in bestimmtere Grenzen, als oben angegeben worden sind,
- einzuschließen. Nur der Morolt weist auf eine viel
- frühere Periode, und daran ließen sich aus einer anderen
- Sphäre noch weitere indirecte Zeugnisse für die Stellung
- des Werkes zu dem mittelalterlichen Publikum reihen.
- Es hat sich, wie weiter unten noch genauer auszu-
- führen ist, nur eine einzige, nahezu vollständige Hand-
- schrift des König Rother erhalten, die noch dem 12. Jahr-
- hundert angehört, also ungefähr gleichzeitig mit Salomon
- und Morolt sein wird, außerdem noch sehr lückenhafte
- \
- j:VI EINLEITUNG.
- Fragmente von drei anderen, von denen das eine viel-
- leicht dem Anfang des 13. Jahrhunderts zuzuweisen ist,
- die andern aber jünger, doch nicht viel jünger zu sein
- scheinen. Wenn man das Handschriftenwesen des Mittel-
- alters im Zusammenhang überschaut, so laßen sich dar«
- aus auch für den einzelnen Fall einige Schlüße ab«
- leiten, denen man nur nicht absolut zwingende Beweis«
- kraft beilegen darf. Unser Gedicht scheint innerhalb
- eines verhältnißmäßig beschränkten Zeitraumes allerdings
- eine gewisse Bedeutung gewonnen, zu haben, was sich
- auch durch seinen nachweisbaren Einfluß auf so manche
- uns noch erhaltene Producte verwandten Inhaltes be-
- stätigt. Später aber mag es keinen Beifall mehr ge-
- funden haben, sodaß denn auch seine früher ziemlich
- zahlreichen Handschriften nicht weiter beachtet wurden,
- und entweder ganz zu Grunde gingen oder nur in Bruch-
- stücken sich erhielten. Sein Name allein fristete sich
- über das Mittelalter hinaus eine papieme Unsterblichkeit.
- Aber auch in der Zeit, in welcher es ein eigentliches
- Leben führte und auf das deutsche Volk wirkte, ist es
- doch, wie es scheint, nie in die Sphäre der höheren
- Bildung, in die höfischen Kreiße gedrungen. Nicht eine
- directe Erwähnung, nicht eine, wenn auch nur beiläufige
- Anspielung darauf findet sich bei den großen Dichtern
- der besten Zeit, die freilich, wie man weiß, die Kunst,
- das ihr Missliebige todtzuschweigen, schon trefflich verstand.
- Wenn wir uns von unserm heutigen Standpunkt aus —
- da wir aus der Zeit selbst heraus kein Wort der Be-
- oder Verurtheilung hören — die Ursache davon klar
- machen wollen, so müßen wir weniger die Form als den
- Inhalt unseres Gedichtes berücksichtigen. Die Form,
- welche dem raffinierten G^schmacke der höfischen Kunst
- nicht zusagen konnte, hätte sich leicht diesem appretieren
- laßen, entweder durch eine bloße Umarbeitung im höfischen
- Stile, wie sie z. B. der Stricker mit dem Rolandsliede
- vorgenommen hat, oder durch eine eigentliche Neudich-
- tung auf nur zum Theil veränderter Grundlage, wie sie
- der Geschichte Alexander's, der Belagerung und Erobe-
- rung von Troja, Tristan's und Isot's u. s. w. unter den
- Händen späterer Dichter zu Theil geworden ist. Hier aber
- EINLEITUNG. XVII -
- lag im Stoffe selbst ein unüberwindliches Hinderniss. Er
- konnte so wenig wie der der Nibelungen oder der
- ^Gudrun, oder vielleicht noch weniger als diese in die
- Denk- und Empfindungs weise umgesetzt werden, auf deren
- Boden die höfische erzählende Dichtung erwachsen war.
- Sie mui^te ihn deshalb, trotz ihres unersättlichen Hungers
- nach neuem Material, wie er ihr so eigenthümlich ist,
- bei Seite als vöUig unbrauchbar liegen laßen. Denn der
- bloße Zufall kann hierüber nicht gewaltet haben. Unsere
- «obige Darstellung hat gezeigt, daß innerhalb einer ge-
- wissen , nicht einmal sehr eng bemeßenen Zeitgrenze unser
- Gedicht eine Art von literarischer Wirksamkeit sich er-
- rungen hat, die jeden Gedanken ausschließt, daß seine
- Existenz den Zeit- und Kunstgenoßen, wenn auch nicht
- Wolfram's oder Gottfried's, so doch Rudolfs von Ems und
- Konrad's von Würzburg verborgen geblieben sein könnte.
- Dazu kommt noch, daß wir sogar über Deutschland i
- hinaus die Bekanntschaft mit dem Stoffe unseres König |
- Rother, freilich nicht in der Gestalt, wie er in unserm ;
- Gedichte geformt vorliegt, nachweisen können, ferner, •
- daß es eine unzweifelhaft deutsche Quelle war, aus wel-
- cher das Ausland seine Kunde davon schöpfte.
- Die altnordische, wahrscheinlich in Island nieder-
- geschriebene sogenannte Yücinasaga oder jetzt beßer
- gewöhnlich als Saga Bibriks konungs afBern bezeichnet,
- der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts angehörend, gibt
- Gap. 22 fg. (nach der Ausgabe von Unger, 1853) einen
- Theil des wesentlichen Inhalts unseres Gedichtes in einer
- Prosaauflösung. All erdings nur ^inen Theil und nur de n
- we icht diese, nor discbf...vSagfi mcbt bloß .ija, Dingen, die
- Personen und Orten, sondern auch durch das um vieles
- einfachere Gefüge der Fabel so bedeutend von unserm
- König Rother ab, daß eine unmittelbare Entlehnung
- nach der einen oder andern Seite ganz unmöglich an-
- genonmien werden kann. Der nordische Erzähler schöpfte,
- wie seine bekannten eigenen Angaben darthun, aus den
- Erzählungen und Gedichten deutscher Männer, speciell
- niederdeutscher oder noch genauer sächsischer und
- KÖHIO BOTHEB. b
- ?
- %
- XVni EINLEITUNG.
- friesischer Herkunft. Häufig genug glaubt man noch aus-
- seinem, dem echten nordischen Prosastil sonst so fremd-
- artigen Pathos des Vortrages den Rhythmus deutscher
- Verse herauszuhören. Wie dem auch sein mag, wir
- haben hier eine zweite poetische Faßung unseres Stoffes
- in deutscher Sprache, aller Wahrscheinlichkeit nach in
- niederdeutscher, die ebenso wahrscheinlich noch im Laufe
- des 13. Jahrhunderts, weil ihre Uebertragung in die
- Didrekssaga kaum viel früher stattgefunden haben kann,,
- im nördlichen Deutschland entweder ausschließlich oder
- neben unserm Gedichte verbreitet war. Auf deutschem
- Boden hat sich keine Spur davon, weder früher noch
- später, bisher aufweisen laßen, womit freilich nicht aus-
- geschloßen ist, daß sich dereinst noch solche finden werden..
- I Diese sächsische Redaction, wie wir sie fortan nennen
- \ wollen, stellt den Kern unseres Rother nicht bloß in:
- * einer andern, sondern, was noch viel wichtiger ist, auch
- in einer solchen Faßung dar, die sich auf den ersten-
- Blick trotz ihrer relativ jüngeren Aufzeichnung als die
- ältere und ursprünglichere, weil um vieles einfachere und
- fester geschloßene zu erkennen gibt. Eben deshalb»
- theilen wir sie übersichtlich mit.
- Der König Wilcinus von Wilcinaland, welches jetzt.
- Schweden, Gothland, Schonen, Seeland, Jütland, Wenden-
- land (die deutsche Ostseeküste) heißt, kämpft in Polen
- mit dem König Hertnid von Russland, dem auch die
- Griechen und Ungarn unterthan sind. Hertnid wird be-
- siegt und tributpflichtig. Als Wilcinus stirbt, erhebt
- sich Hertnid gegen dessen Sohn und Nachfolger
- Nordian. Nordian wird in diesem Kampfe besiegt und
- muß nun seinerseits huldigen, erhält aber Schweden zu-
- rück. Hertnid vertheilt vor seinem Tode seine Lande
- so, daß sein ältester Sohn Osangtrix Wilcinaland als
- König erhält, sein Unterkönig ist Nordian; Waldemar,,
- der zweite, Russland, Polen und andere Ostländer; Ilias,.
- der jüngste, Griechenland. Nordian hatte vier Söhne
- Atgeir, Aventrod, Widolf, Aspilian. Sie waren alle
- Riesen ihrer Kraft und Art nach. Nach Nordian's Tode
- setzte Osangtrix den Aspilian als König in Schweden
- ein. Widolf aber ist der stärkste der Brüder; seine?
- EINLEITUNG. XIX
- Achsel SO hoch als das Haupt anderer Kiesen, er hi
- stärker als zwei seiner Brüder zusammen. Von zorn-
- müthiger Art verschont er keines Menschen und keines
- Geschöpfes. Aspilian ließ ein Eisen um seinen Hals
- schlagen 9 um Arm und Schenkel, daran eine starke
- eiserne Kette. Atgeir und Aventrod müßen ihn daran
- führen nnd nur loslaßen, wenn er fechten soll. Er trägt
- eine Eisenstange, lang und dick, mit der allein er kämpft
- und deshalb heißt er Widolf mittumstangi,
- König Osangtrix war mit Juliana vermählt. Als sie
- stirbt, freit er um die Oda, fünfzehn Winter alt, aller
- Frauen schönste, Tochter des Königs Milias von Huna-
- land. Milias will sie nicht weggeben, obgleich so viel
- große Könige, Fürsten und Herren schon um sie gebeten
- haben. Osangtrix sendet sechs Ritter mit einem Werbe-
- brief, worin im Weigerungsfalle mit Heerfahrt gedroht
- wird. Milias nimmt die Boten anfangs wohl auf, aber
- als er den Brief gelesen, läßt er sie ins Gefängniss werfen.
- Osangtrix erfahrt die Gefangenschaft seiner Ritter,
- beräth sich mit seinen übrigen Mannen und schlägt so-
- fortigen Heereszug nach Hunaland vor. Aber ein weiser
- Mann an seinem Hofe räth noch einmal Güte zu ver-
- suchen. Osangtrix ruft zu sich seinen Vertrauten, Grafen
- Hertnid, Sohn seines Bruders Hias, den schönsten und
- stattlichsten aller Ritter in ganz Wilcinaland, und sendet
- ihn sammt elf andern Rittern und Werbebrief, wie das
- erste mal.
- Heitnid und die Seinen, prächtig ausgerüstet, kommen
- nach Hunaland und treffen Milias bei der Mahlzeit. Hert-
- nid überreicht die mitgebrachten Gaben und den Brief.
- Milias ergrimmt noch mehr als früher, daß die Wilcina-
- leute seine Tochter um Gaben zu kaufen versuchen: «seine
- Mägde wolle er so verkaufen, daß er Geld dafür erhalte».
- Deshalb wirft er die zwölf auch ins Verlies zu den
- sechs andern.
- Als Osangtrix dieß erfährt, erläßt er ein allgemeines
- Aufgebot an alle seine Mannen und Unterthanen. Er
- heißt jeden Mann mit sich fahren, der ein Schwert
- schwingen, den Schild tragen, den Bogen spannen kann.
- Auf diese Weise kommen 10000 Ritter und 3000 Fuß-
- b*
- XX EINLEITUNG.
- ganger zusammen. Unter diesem Heere befinden sich
- auch seine vier riesenhaften Dienstmannen, Aspilian;
- Aventrod, Atgeir und Widolf.
- Als sie in Hunaland angelangt sind, wechsfilLÖSäSSz.
- trix seiaeQ^amen un d heiß t sich Dietrich. Öa er friedlich
- emiierzieht, giir~eT*als t'reun3'">ie»'i!5Tniäs^ und wird, wie
- er es begehrt, in dessen Burg eingelaßen. Er erbittet
- sich Gehör bei dem König von Hunaland und dieser be-
- willigt es ihm. Dietrich spricht: «Mein Name ist Dietrich,
- ich bin aufgewachsen in Wilcinaland und war ein großer
- Herzog, bis ich mich mit Osangtrix verfeindete, und nun
- bin ich vertrieben. Ich bitte dich um Aufnahme und
- verspreche Lehenstreue o , und dann fiel er auf die Knie
- vor Milias, Der will ihn nicht sofort zum Lehensmann
- annehmen, hebt ihn also auch nicht auf oder heißt ihn
- aufstehen: «Ihr habt ein großes Heer in unser Land
- geflüchtet: nun macht Ihr Euch zu unserm Mann, es
- kann aber sein, daß Ihr nicht so gut dienet und daß
- wir Feinde werden, dann verderben wir unser Heer eher,
- als daß wir Euch vertreiben können.» Da sprach Oda,
- des Königs Tochter: «Warum willst du mich nicht geben
- dem Könige, der ein so reicher Mann ist, daß er einen
- solchen Fürsten vertreiben konnte? Ich denke, daß er
- dieß ganze Land mit seinem Schwerte gewinnen könnte,
- wenn er gegen Euch streiten wollte.» Aber Milias läßt
- Dietrich noch immer auf den Knien vor sich liegen.
- Als die Kiesen das sehen, wird Widolf zornig und will
- losbrechen, wird aber auf Dietrich's Befehl von den an-
- dern festgebunden. Dietrich bittet noch einmal fußfällig
- um Aufnahme, aber Milias bleibt unbeweglich: «Stehe
- auf. Mann, und gehe fort, fahr in Frieden aus meinem
- Reiche, sonst werden die Kriegshörner blasen, meine
- Ritter sich wappnen und Euch mit Gewalt forttreiben.»
- Das hört Aspilian, stürzt zornig herbei und schlägt dem
- Milias einen solchen Faustschlag hinter das Ohr, daß er
- schwindelnd niederfällt. Nun springt Osangtrix von den
- Knieu auf, zieht sein Schwert und mit ihm alle Wilcina-
- leute. Da merkt Widolf, daß Aspilian zornig ist, sprengt
- seine B^nde und schlägt alles, Männer und Frauen,
- Kinder und was Leben hat, nieder und schreit laut:
- EINLEITtJNG. XXI
- <(Wo bist du großer Hertnid? sei froh und vergnügt , ich
- iverde dich schnell lösen.» Hertnid hört in seinem Ver-
- liese den Ruf utid wird froh. Einer seiner mitgefangcnen
- Ritter, Hermann genannt, ein Mann von tibergroßer
- Stärke, erbricht die Thüre desselben. Da laufen sie
- heraus und helfen den Freunden. Milias entflieht, um
- sein Leben zu retten.
- Die Mannen des Osangtrix nehmen Oda und alles
- Gut des Milias und führen sie zu Osangtrix -Dietrich.
- «Obgleich dein Yater», sagt dieser, «dich nicht dem Osang-
- trix geben wollte, so will ich dich doch jetzt zu meinem
- Herren bringen und ihn damit versöhnen.« Sie ant-
- wortet: «Herr, es ist nun so, daß Ihr thun könnt, was
- Ihr wollt, gut oder übel.» Da nimmt er einen Schuh
- von gegoßenem Silber, setzt die Königstochter auf sein
- Knie und zieht ihr den Schuh an. Der ist weder
- zu groß noch zu klein. Darauf zieht er ihr diesen sil-
- bernen Schuh ab und zieht ihr einen anderen an von
- lauterem Golde, der sitzt noch beßer als der erste. Und
- nun streckt Oda ihren Fuß aus und ruft, indem sie in
- die Luft hinaufsieht: «Gott im Himmel, wenn es doch
- sollte geschehen, daß ich den Tag erlebte, wo ich so
- meinen Fuß streckte auf dem Throne des Königs Osang-
- trix.» Da antwortete der König und lachte: «Der Tag
- ist da, daß du deinen Fuß kannst strecken auf dem
- Throne des Osangtrix», und so erfährt sie, daß Osangtrix
- selbst gekommen ist und freut sich. Osangtrix fährt nun
- mit ihr heim. Kurz darauf sendet er um Sühne zu
- Milias. Er will nur die Tochter, nicht die Hälfte des
- Reichs, die Milias einst seiner Tochter als ihre Mitgift
- versprochen, erst nach Milias' Tode will er das ganze
- Reich. Milias ist froh, diese Bedingupgen annehmen zu
- dürfen und die Sühne ergeht. Der Brautlauf wird an-
- gerichtet und die feierliche Vermählung vollzogen. Oda
- bleibt fortan in Freude und Herrlichkeit bei Osangtrix.
- Man sieht, diese sächsische Redaction umfaßt nur
- den ersten Theil unseres Rother, bis dahin, wo derselbe
- die Tochter des Königs Constantin mit ihrem und ihrer
- Mutter Willen aus Konstantinopel entführt. Aus dem
- übrigen Gedicht gehört nur der einzige Zug, die endliche
- XXn EINLEITUNG.
- Versöhnung Rother's mit Constantin zur Vergleichung
- hierher, freilich in ganz anderer Motivierung und Um-
- gebung als hier. Innerhalb der vergleichbaren Theile
- wird man an der Abweichung der Kamen keinen großen
- Anstoß nehmen: einige, darunter solche von größtem Be-
- lange für das Ganze, vor allem der falsche Name Dietrich,
- dann Aspilian, die leicht kennbare Nebenform des deut-
- schen Asprian, Widolf = Witolt , sowie der gleichgültige
- Hermann, haben sich erhalten. Der Hauptunterschied
- neben einer oft buchstäblichen Uebereinstimmung in dem
- Gang der Handlung und in dem Einzelnen der Scenerie
- und des Dialoges besteht darin, daß in unserm König
- Rother der Schlauheit und List ein viel breiterer Kaum
- gegönnt wird als hier. Die Erwerbung Oda's geschieht
- hier wesentlich durch das Schwert und ist nur eingeleitet
- durch List, während in dem König Rother, wo die List
- alles thut, der Makel, der für das Gefühl auf den Helr
- den geworfen wird, dadurch gleichsam getilgt werden
- muß, daß ein sonst ganz unmotivierter Kampf mit dem
- Heiden Ymelot hineingeflochten wird, in welchem sich
- Rother's Heldenhaftigkeit auf das herrlichste bewährt, ja
- glänzender und entschiedener als hier, wo eigentlich seine
- Diener das Beste für ihn thun.
- Daß die vergleichbaren Theile der sächsischen Re-
- daction viel alterthümlicher nicht sowohl in ihrem Colorit,
- denn das ist das ritterliche des 13. Jahrhunderts, als
- in ihrer Construction sind , wird sofort jedem einleuchten.
- Ganz abgesehen von den weiteren bunten Verschlingungen
- der Geschichte nach ihrem natürlichen Abschluß der Ver-
- mählung des Osangtrix mit Oda, wovon diese Redaction
- gar nichts weiß, während sie in unserm Gedichte noch
- etwa 2000 Verse — gegen 3000 des ersten Theiles —
- füllen, ist schon dadurch, daß Osangtrix seine Dietrichs-
- Maske so viel eher fallen läßt, alles viel schlichter, ein-
- facher, freilich auch etwas nüchterner gestaltet. Dafür
- greifen aber auch alle Gestalten hier viel wirksamer und
- drastischer ein als dort, wo Asprian und die Riesen
- eigentlich nur ein phantastischer Apparat und keineswegs
- ein nothwendiger Bestandtheil des Ganzen sind, wie denn
- überhaupt diese Riesengebilde in dem deutschen Gedichte
- EINLEITUNG. ZZin
- »«twas nebelhaft Verscbwommenes haben, w&hreod sie hier
- rgleichsam schon durch ihre genealogische Basis auf festem
- Boden stehen. Nur die doppelte Werbung scheint hier
- überflüßige Zuthat zu sein, der gegenüber die einmalige
- Sendung dort eioffacher und eindringlicher wirkt. Yielleicfat
- über liegt dem etwas Tieferes zu Grunde, was hier nur
- vorläufig angedeutet werden soll. Die doppelte Werbung
- und das gewaltsame Einschreiten der Riesen geben zu-
- /sammen eine Dreizahl von Actionen, die in unserm deut-
- schen Gedichte gleichfalls, nur auf andere Weise sich
- Jierstellt: friedliche Werbung; Befreiung der Gefangenen
- und Entführung der Braut durch List; Wiedererwerbung
- *der durch List Entführten durch List und Gewalt.
- Dal& sich in der sächsischen Redaction aliein der
- ^ame der Heldin erhalten hat, während unser Gedicht
- 4sie und ihre Mutter, in welche sich hier die eine Gestalt
- 2ertheilt, gar nicht zu nennen weiß, darf gleichfalls zu
- Ounsten jenes angeschlagen werden. Ob der in unserer
- Heldensage so oft und gleichsam typisch begegnende
- .^ame Oda = Uote in diesem Falle eine besondere Ur-
- ^prünglichkeit beanspruchen kann, oder ob gerade dieß
- .sein häufiges Vorkommen und die dadurch mögliche .
- Abirrung der Phantasie das Motiv war, ihn zu unter-
- drücken, ist nicht zu erkennen. Eher sollte man meinen,
- müßte unser Dichter, wie wir ihn einstweilen bezeichnen
- wollen, zu einem ihm auch sonst nicht ungewohnten Hülfs-
- mittel gegriffen haben, nämlich einen von eigenem Fabri-
- kate dafür zu substituieren, wenn ihm der andere nicht
- .^behagte.
- Um noch einen einzelnen Zug herauszuheben, woran
- ^ich das Yerhältniss beider Bedactionen recht charakte-
- ristisch äußert, verweisen wir auf die audi von unsern
- .modernen Literarhistorikern vielfach erwähnte und ge-
- rühmte Scene des Schuhanziehens. Bei oft buchstäb-
- licher Uebereinstünmung gewährt hier die sächsische
- Faßung nicht dem Gefühle des modernen Lesers, wohl
- -aber dem, welcher die Sitte unseres Alterthums kennt,
- ^as allein. echte und in sich abgerundete, wogegen die
- iScene in unserm Gedichte zwar romantisch aufgeputzt,
- ^ber ohne wahren innern Halt erscheint. Dietrich, wofür
- XXiV EINLEITUNG.
- ihn Oda hier wie dort noch halten muß, verloht nämliclr
- mit diesem Symhole der Schuhe, die der Bräutigam seiner
- Braut ühersendet und durch das Anziehen derselhen,,
- wodurch sie in seine Gewalt und Schutz tritt, zugleich
- seinen Herrn und sich seihst. Daß er ihr den Schuh
- anzieht, wird von ihr nicht als auffällig hetrachtet, da
- sie ihn für des Königs Dienstmann halten muß, während
- er selbst sich dabei hewußt ist, daß er es für sich seihst
- thut. Desgleichen, daß er sie auf seinen Schoß setzt,,
- geschieht gleichfalls, um einen alten Gebrauch hei dem
- Verlöhniß — weil auch hier, wie bei Adoptionen u. s. w.
- der Uebergang in den Schutz des andern symbolisiert
- werden soll — zu vollziehen. Demgemäß erscheinen auch
- hier die reichen Gaben, welche Osangtrix seinen Boten auf
- die Werbung mitgibt, noch ganz als das, was sie ur-
- sprünglich bedeuten, als Brautmiethe, Kaufgeld, wie es
- auch Milias, der Yater der Braut, versteht. Er hält
- sich für zu vornehm und zu reich, um sich dieser Sitte,,
- die für alle anderen gilt, zu fügen, daher denn auch
- sein Zorn und seine Misshandlung dieser-Boten , während
- in unserm Gedichte der König Constantin seine Tochter,,
- man sieht nicht ein warum, überhaupt keinem Manne
- geben will.
- \ Diese sächsisch« Redaction weist durch eine Menge
- jvon Ortsbezeichnungen auf. eine andere Localität als unser
- iJKönig Rother. Es ist zwar von Hertnid von Russland,,
- |;dem auch Griechen und Ungarn gehorchen, eine Art von
- Brücke von der einen zu der andern gegeben, doch ist
- dieß wohl nur ein zufälliges Zusammentreffen und die
- Verlegung des Schauplatzes in unserm deutschen Gedicht
- darf wahrscheinlich nicht daraus erklärt werden, daß es^
- den ganzen übrigen geographischen Apparat jener alter-
- thümliciieren Redaction fallen ließ und bloß das eine
- Griechenland heraushob. Natürlich geht in der säch-
- sischen Redaction alles zu Lande vor, und diese Sage
- s piegelt wie so viele andere Bestandtheile der allgemeinen
- deutschen Heldensage, in ihrer specifisch norddeutschen
- Gestaltung jene aus der Geschichte bekannten Zustände
- des fortwährenden innigsten Verkehrs in Krieg und Frie-
- den zwischen unserm Volke und den östlichen slawischen
- EINLEITUNG. XXV
- und finnischen Grenznacbbarn ab , wovon die andere Re-
- daction , die wir deshalb gleich die süddeutsche oder be-
- stimmter bairische nennen wollen — die Begründung
- dieses Namens wird sich später ergeben — , nichts weiß.
- Deshalb ist auch jeder Gedanke ausgeschloßen, als
- ob unser Gedicht oder seine bairische Redaction in jener
- sächsischen die unmittelbare Quelle haben könnte. Selbst-
- verständlich könnte von der Benutzung in der Gestalt, ;
- in welcher wir sie in der Didrekssaga der zweiten;
- Hälfte des 13. Jahrhunderts vor uns haben, keine Bedej
- sein, schon da eine noch erhaltene Handschrift derl
- bairischen Eedaction ungefähr achtzig Jahre weiter ]
- zurückdatiert. Aber auch nicht eine unbekannte, immer- \
- hin denkbare, der Zeit nach ältere, etwa dem II. oder |
- 12. Jahrhundert angehörige Gestalt dieser sächsischen l'
- Redaction darf mit unserer bairischen in solche directe *
- Beziehung gesetzt werden. So lange sie ihren specifischen
- Charakter bewahrte, so lange sie auch nur die ihr eigcn-
- thümlichen Orts- und Personennamen herausgebildet hatte,
- die wir in ihrer späteren Aufzeichnung finden, war sie
- eben etwas ganz anderes für das Bewußtsein ihrer Zeit
- als ihre bairische Schwester. Osangtrix hier. Rother .
- dort, dieß allein genügte schon, um jede Beziehung
- zwischen beiden, mochte sie ihrer eigentlichen Substanz
- noch so handgreiflich eingeprägt sein, für das Mittel-
- alter abzuschneiden.
- Somit wäre die sächsische Redaction auch nur ein
- Ast, der sich von einem gemeinsamen, uns unbekannten
- Stamme nach der einen Seite hin abzweigt, wie die bai-
- rische Redaction seine Verästelung nach der andern Seite
- hin darstellt. Beide sind dann, so viel man sieht, in
- keine weitere Berührung miteinander gekommen, .ob-
- gleich es sehr wahrscheinlich ist, daß man im 13. Jahr-
- hundert im nördlichen Deutschland neben der einhei-
- mischen Redaction, d. h. der Geschichte von der Braut-
- fahrt des Osangtrix, auch die bairische, d. h. unser Ge-
- dicht «König Rother» in irgend einer seiner Ueberarbei-
- tungen kannte, ohne zu ahnen, daß man nur einen
- Doppelgänger vor sich habe.
- XXVI EINLEITUNG.
- Die sächsische Redaction setzt einen Durchgang durch
- eine lateinische Bearbeitung voraus, wie sie so manche
- Stoffe unserer Heldensage, Herzog Ernst, Theile der
- Nibelungen u. s. w. erfahren haben. Die Namensformen
- Juliana, Nordian, Äsplian oder Äspilian, endlich Osan-
- trix oder Osangtrix selbst weisen unzweideutig darauf
- hin. Yon dieser lateinischen Beeinfiußung zeigt unsere
- bairische Redaction keine Spur, den einzigen Namen
- Asprian = Aspilian abgerechnet, der freilich auch aul^er-,
- halb dieses Sagenkreißes im Rosengarten vorkommt und
- soAiit eine allgemeiner bekannte Gestalt gewesen zu sein'
- scheint. Denn für eine directe Herübemahme aus un-
- serm Gedichte in jenes spätere spricht doch gar nichts,
- wohl aber sehr viel dagegen. Daß Osantrix auch unter
- diese latinisierten Namensformen gestellt werden dürfte,
- könnte bezweifelt werden. Doch ist nicht zu sehen, wie
- man die seltsame Bildung auf rix anders als durch eine
- gelehrte Umdeutung des deutschen -rtch, rieh, des zweiten
- Theiles so vieler Eigennamen, erklären sollte. Reminiscen-
- zen an die aus den lateinischen Historikern bekannten kelti-
- schen Namen auf rix, Ämbiorix, Boiorix, Dumnorix u.s.w.
- mögen dabei gewaltet haben. Der erste Theil bleibt vor-
- läufig noch dunkel. Denn wenn es auch keinem Zweifel
- unterliegt, daß Osangtrix identisch ist mit Oserich, der
- Biter. 1962 als Yater der Helche, Gemahlin Etzel's, ge-
- nanntwird, wie Osangtrix und Oda der Diörekssaga die
- Eltern Erka's, Gemahlin Attila's sind, so stehen doch
- einer unmittelbaren Identificierung von Osang oder auch
- Osan mit Ose unüberwindliche Schwierigkeiten im Wege.
- Die deutsche Herkunft von Ose ist zwar nicht zu be-
- zweifeln, obwohl eine lexikalisch genügende Erklärung
- noch nicht möglich ist (vgl. darüber die Zusammenstellung
- solcher mit Os, Ose gebildeten Namen in Haupt's Zeitschrift
- für deutsches Alterthum, 10, 171, wo mit Recht jeder Zusam-
- menhang mit ags. und alts. Os = Äns zurückgewiesen
- wird), aber wie sollte aus Ose Osan, Osang werden und
- welche beider Formen ist selbst wieder die echte, denn
- das t beider darf wohl als ein bloßes euphonisches Ein-
- schiebsel gelten. Die Form Osang sieht wie eine der
- seltenen, aber nicht abzuleugnenden patronymischen
- EINLEITUNG. XXVII
- Ableitungen aaf ang aas, sodal^ man wieder auf ein
- Etymon Os^ Ose zurückk&me.
- Mnß nun auch die Yorstellang aufgegeben werden,
- als besäßen wir in der sächsischen Redaction die un-
- mittelbare ältere Faßung unseres Gedichtes, so ist
- sie doch durch ihre oben charakterisierte schlichte
- Aiterihümlichkeit viel mehr als dieses selbst geeignet,
- uns einen Blick in seinen ursprünglichsten Kern zu er-
- öffnen, den wir durch keine andern Mittel gewinnen
- können. Daß er immerhin unvollständig ist, darf von
- vornherein zugegeben werden, aber trotzdem gewährt er
- doch wichtige Ergebnisse.
- Es darf als allgemein zugegeben vorausgesetzt wer-
- kten, daß alle Stoffe einer echten nationalen Epik, gleich-
- viel welchem Boden augehörig, ur3prttnglich religiöse
- Mythen gewesen und erst später aus diesem Boden heraus-
- gewachsen und zu geschichtlichen oder eigentlich mensch-
- lichen geworden sind. Suchen wir nach dem mythischen
- Kern unseres König Rother, so müßen wir ihn aus sei-
- nem menschlichen herausschälen und in die Sphäre des
- Mythus übertragen, wofür uns nur die Hülfsmittel der
- Yergleichung mit andern ähnlichen Erscheinungen, die
- Combination mit den Resultaten unserer deutschen mytho-
- logischen Forschung , aber keine urkundlichen und unan-
- fechtbaren Documente zur Seite stehen, sodaß die Gegner
- sich immer darauf berufen können, daß es sich hier um
- bloße Hypothesen oder Luftgespiiiste handele.
- Auf seine kürzeste Faßung gebracht, würde man
- rein menschliehen Gehalt des Stoffes so ausdrücken
- können: «Die Werbung eines königlichen Helden, von
- dem höchsten Glänze irdischer Majestät ümfloßen, um
- .eine Jungfrau, die durch ihre Schönheit alle andern
- ^überstrahlt, Tochter eines mächtigen Königs, der sie
- feindselig allen Freiern, vornehmlich aber diesem ver-
- schließt; zur Befreiung dieser Jungfrau wendet der Held
- List und Gewalt an und es gelingt ihm endlieh alle
- Hindemisse zu überwinden und sie als seine Braut heim-
- zuführen.» Es ist derselbe Grundgedanke, der uns in so
- vielen epischen Stoffen unserer Vorzeit, auf welche sich
- hier unser Blick beschränken mag, begegnet. Sigfried,
- XXVIII EINLEITUNG.
- der die schlafende Brunhild, durch die Waberlohe^
- sprengend, erweckt und erwirbt, oder noch deutlicher
- Sigfried in der Gestalt, in welcher wir ihn leider nur
- durch Vermittelung eines so späten und rohen Nieder-
- schlags echter und uralter Auffaßung kennen, wie ihn
- das deutsche Lied vom hürnen Sigfried gewährt, wo er
- die von einem Drachen bewachte Kriemhild befreit, Hug-
- dietrich, oder in die Legende übertragen, Oswald
- und Orendel sind im Wesen aus derselben Substanz ge-
- bildet. Desgleichen ist die Grundidee des Salomon und
- Morolt, der sich ja auch sonst mit unserm König Rother
- so merkwürdig berührt, wie schon oben gezeigt wurde,,
- keine andere als diese, nur durch das üppige Ranken
- einer zwar reichen, aber keineswegs immer auf das Schöne-
- gerichteten Phantasie etwas tibejwuchert und unkenntlich
- gemacht. Ebenso konnte das Epos dieses Motiv auch
- dahin verändern, daß es in den eigentlichen Vordergrund
- dem Beschauer zunächst nicht die Gestalt des Helden,,
- sondern die der Heldin stellte, die in jener andern und
- jedenfalls schlichteren und alterthümlicheren Faßung nur
- die mehr passive Rolle zu spielen hatte. Von dieser
- Reihe gibt unsere Gudrun das bekannteste Beispiel,,
- oder vielmehr zwei auf einmal, indem sich die eine Ge-
- stalt der Heldin in zwei, natürlich als Mutter und Tochter
- gebildet — Hilde und Gudrun — vervielfältigt und dabei
- auch innerlich vertieft hat.
- In den religiösen Mythus zurückübersetzt, . ist hier
- tiberall nichts anderes dargestellt als der Kampf des
- sommerlichen Sonnengottes gegen die Mächte des Winters^*
- welche die schöne Erdgöttin gefangen halten und ihre
- Vermählung mit dem Gotte, woraus das Gedeihen des^
- Jahres und dey Menschen sprießt, hindern wollen. Voö
- jeher hat gerade diese Naturmythe die Phantasie und
- das Gemüth der Menschheit oder unseres Volkes unendlich
- bewegt, und es darf daher auch nicht "Wunder nehmen^
- daß sie in so vielen Variationen in die epische Sphäre
- übertragen wurde. Es ist wirklich das «niemals aus-
- gesungene Lied», das auch niemals ausgesungen werden:
- konnte , das in seiner ewigen Wiederholung ebenso wenig,
- den menschlichen Geist ermüdete , wie die Naturvorgänge,
- . EINLEITUNG. XXIX
- die es geistig verklärt, in ihrer ewigen Wiederholung
- jemals das Auge oder das Herz eines echten Menschen
- ermüden werden. Hing doch besonders in unserer nor-
- dischen Heimat das physische Dasein und die Seelen-
- stimmung des Menschen von keinem andern Naturvor-
- ^ang so deutlich ab wie von diesem Wechsel des Som-
- mers und Winters, oder zunächst von dem Siege des
- Sommers über den Winter.
- Aus dem ganzen Bereiche unseres Alterthums ge-
- währt nur ein einziges Denkmal die poetische Faßung
- «dieser Idee als einer wirklichen Götter- oder Naturmythe.
- Dieß ist das Lied der altem Edda, welches unter dem
- Namen SJcirnis för^ Skirnirs Fahrt, bekannt ist. Aber
- seine Faßung ist dem Boden entsprechend, auf dem sie
- ■entstand, Island, so absonderlich particulär, auch schon
- durch eine bloß diesem nordischen Zweige unseres ger-
- manischen Stammes angehörige, beinahe capriciös zu nen-
- nende individuelle Ausbildung der gemeinsamen Grund-
- anschauungen unseres Heidenthums in wesentlichen Zügen
- so sehr von der ursprünglichen Grundlage abgewichen,
- daß wir hierin nicht den mythischen ürtypus unseres
- König Rother, sondern bloß eine Spielart desselben
- erkennen. Die Grundidee selbst ist freilich deutlich
- genug. Der strahlende Himmels- oder Sommersonnen-
- gott Freyr, der Herr alles irdischen Wachsthums und
- Gedeihens, wirbt um die schöne Gerdr, die Tochter eines
- Frostriesen, die ihm nach langer Weigerung endlich
- ihre Huld gewährt. Aber außer dem Colorit und dem
- scenischen Apparat, die als unwesentlich weiter nicht in
- Betracht kommen und natürlich immer die Farben des
- Locals und der Zeit zeigen mtißen, ist die fast unüber-
- windliche Sprödigkeit der Braut ein Zug, der nicht dem
- gemeinsam deutschen ürtypus der Mythe angehört. Sie
- fühlt sich hier nicht bloß dem Leibe, sondern auch der
- Seele nach mehr verwandt den Riesen (dem Winter) als
- den Göttern oder dem Gotte, daher denn auch von ihr
- und nicht von ihren Hütern der Widerstand gegen den-
- selben ausgeht. In Island mochte eine solche Modifi-
- oation des Mythus wohl am Platze sein, denn die Erde
- durfte dort recht eigentlich als die Domäne des Winters,
- XXX EINLEITUNG.
- als die Tochter des Frostriesen nnd ilim an Blat und
- Art ganz gleich erscheinen. Die fast unbesiegbare Starr-
- heit der arktischen Erde wäre damit recht geistvoll,,
- wenn auch recht willkürlich symbolisiert.
- Ebenso wenig allgemein gültig ist es, daß hier der
- Diener Skimir alles allein für seinen Herren ausrichtet,
- während dieser selbst vgr Liebe schmachtend den Erfolg
- seiner Werbung abwartet. Wahrscheinlich ist dieß nicht
- einmal eine sehr alte Corruption des Mythus, die sich nur
- durch eine pragmatischere Consequenzmacherei , wie wir-
- sie so häufig in der specifisch skandinavischen Mytho-
- logie antreffen , eingedrängt hat. Freyr war hier ganz
- und gar zu dem friedlichen Gott, dem Herrn des behag-
- lichen und behäbigen Gedeihens und Daseins herabgesun-
- ken und die ihm ursprünglich zugehörige oder helden-
- hafte Substanz aus ihm verschwunden. Ein solcher Gott
- kann freilich nicht als Held um die Braut werben, daher
- muü es ein anderer für ihn thun, der aber, weil er doch
- nur das anders gewendete Ebenbild des Gottes selbst ist,
- dieß auch nicht durch Gewalt, sondern durch die Macht
- « seiner Rede und zauberkräftige Sprüche zu Stande bringt.
- Das Schwert und das Ross des Gottes, Attribute au»
- seiner früheren Gestaltung, die er jetzt seinem Diener
- mitgibt, sind dabei ganz überflüßig und offenbar nur als
- todte Reminiscenzen erhalten.
- Wenden wir uns wieder zu der menschlichen oder
- scheinbar historischen Umformung des Mythus zurück,
- so begegnen uns in dieser überall folgende Hauptzüge,-
- welche den mythischen Kern noch deutlich genug durch-
- scheinen laßen.
- 1) Es findet nicht bloß eine einmalige Werbung um
- die Braut statt, sondern eine mehrmalige, wobei denn
- die solenne Dreizahl eine große, wenn auch häufig ver-
- dunkelte Rolle spielt. Diese Werbung tritt zuerst unter ^
- der Form einer friedlichen Botschaft auf, zuletzt aber
- ist immer ein eigentlicher Kampf zum vollen Siege
- nöthig. Dieser Zug bedarf keiner Erklärung : man denke
- nur an unsem freilich zu einer bloßen todten Metapher
- herabgesunkenen Ausdruck: der erste oder die erstea
- Grüße des Frühlings. Die Macht des Winters wird nicht
- EINLEITUNG. XXXI
- anf einmal, auch nicht so gebrochen, dal^ zuerst gleich
- ein jäher Ansturm, ein gewaltsamer Sieg des SommeVs
- erfolgt.
- 2) Neben der Gewalt wird immer und überall auch
- die List in Scene gesetzt. Die Braut wird heimlich ge-
- wonnen, heimlich entführt und dergleichen^ oder als natur-
- gemäßes Gegenstück, auch wohl wieder von ihrem früheren
- Bedränger listig wieder zurückentführt. Auch dieß wird
- ein echt mythischer Zug sein, nur darf er sich nicht wie
- in Skirnis för allein geltend machen. Hierin spiegelt
- sich das heimliche Walten unsichtbarer Kräfte, die der
- Mensch bei diesem offenen Kampfe des Winters mit dem
- Sommer thätig ahnt, und deren Kraft er um so höher
- anschlägt, je weniger er sie zu übersehen vermag.
- 3) Die Werbung geschieht zuerst nicht durch den
- Helden selbst, sondern durch seine Boten, die zugleich
- seine Späher sind. Auch dieß ist leicht zu deuten: da
- die Werbung nicht das erwünschte Ziel erreichen kann,
- so müßen wohl untergeordnete Kräfte erst dafür ver-
- wandt werden. Schon oben ist gesagt, daß die einfachste
- Naturanschauung dabei maßgebend war, wie sie unter
- diesem Itimmel und auf dieser Erde gar nicht anders
- sich gestalten konnte. Die ersten Angriffe unserer Sommer-
- sonne auf den Winterfrost sind so erfolglos, daß sich
- damit die Majestät des eigentlichen Sommergottes nicht
- compromittieren durfte.
- In der epischen Umformung sind diese Boten meist
- zu nächsten Verwandten oder Angehörigen des Helden
- geworden, sie sind seine ^mäffe unde man nach mittel-
- alterlich deutscher Faßung, d. h. dem Blute nach dasselbe
- wie er, nur sozusagen in niederer Potenz. So hier in
- unserm Stoffe nach der sächsischen Kedaction Hertnid,
- der Neffe des Osangtrix, in der bairischen Erewin, der
- Sohn Berchter's, des väterlichen Verwandten, Erziehers
- uni. Waffenmeisters Rother's. Die Treue, die der Held
- ihnen ebenso sehr schuldet, wie sie ihm, bringt nun ein
- Motiv herein, das für das mittelalterliche Gefühl so
- sehr, ja vorzugsweise berechtigt erschien, daß es ge-
- legentlich zu einer gewissen Verdunkelung des eigent-
- lichen Grundmotivs führen konnte und, wie wir an beiden
- XXXII EINLEITUNG.
- Redactionen unserer Stoffe sehen, auch wirklich geführt
- hat, wenn auch in der einen, der bairischen, mehr wie
- in der andern, die auch hierin größere Alterthüm-
- lichkeit athmet. Die Befreiung der gefangenen Dienst-
- mannen tiberwiegt fast das Interesse für die Erwerbung
- der Braut. Es ist künstlerisch beßer, wenn, wie im
- Hugdietrich und Wolfdietrich geschieht, die beiden Mo-
- tive zur Grundidee relativ selbständiger Gedichte ge-
- macht werden, sodaß jedes derselben zu seinem ganzen
- Rechte kommt. Womit freilich nicht gesagt sein soll,
- daß die Ausführung des Wolfdietrich dieser Idee ent-
- spricht. Kein Zweifel aber, daß nur hierdurch die Spaltung
- der ursprünglichen einen Gestalt des Brautwerbers in
- einen Hug- und Wolfdietrich veranlaßt ist.
- 4) Schließlich muß immer der Held selbst in die
- Handlung eintreten und das Beste dabei thun, und hierin ist
- relativ unsere bairische Redaction der sächsischen über-
- legen, in welcher Osangtrix doch mehr nach der Art
- eines modernen commandier enden Generals und nicht nach
- der eines altdeutschen Heerkönigs sich darstellt. Uebri-
- gens kann und darf auch der Held vor und neben der
- Gewalt List gebrauchen, wie ja dieses Element, das hat
- sich bereits ergeben, ein durchaus berechtigtes oder
- natumothwendiges ist. Die anschaulichste Form dafür
- ist die Verkleidung oder der falsche Name: im Hug-
- dietrich die Maske eines Mädchens, im Rother in seinen
- beiden Faßungen ein falscher Name sammt erdichtetem
- Zubehör. Aber zuletzt muß er sich immer in seiner
- siegreichen Majestät offenbaren, also auch seine Maske
- abwerfen. Inwieweit darin die Naturmythe sich abspie-
- gelt, bedarf nach dem Bisherigen keiner weiteren
- Ausführung.
- Nicht sowohl zu dem eigentlichen mythischen Kerne
- als zu dem herkömmlichen Apparate, mit welchem dieser
- in seiner epischen Umgestaltung sich zu umgeben pflegt,
- gehört ein anderer fast überall in diesem Sagenkreis
- eingebürgerter Zug, das riesenhafte Gefolge des wer-
- benden Helden. In die mythische Grundanschauung
- scheinen sich die Riesen in solcher Stellung insofern
- schlecht fügen zu wollen, als man sie auf der andern
- EINLEITUNG. XXXIU
- 'Seite za finden erwartet. Als Vertreter der winterlichen
- Mächte, der Erstarrung der Erde in Schnee and Eis,
- €ollten sie dem Helden, der die Sonne und der Sommer
- ist und die Erde befreien will, feindlich gegenüberstehen,
- nicht ihm dienstbar sein und für ihn kämpfen. Jeden-
- falls ist eine solche Umkehrung Ton verhältnissmäßig
- jüngerem Datum, und wo der Mythus noch wirklich als
- Mythus gefühlt wurde, wie in Skirnisför, ist sie undenkbar.
- Die epische Gestaltung erklärt dieß durch eine Art naiver
- Pragmatisierung, welche die sächsische Redaction der
- Rothersage allein deutlich darlegt. Die Bieseubrüder sind
- ■die Söhne eines von dem Täter des Osangtrix besiegten
- Königs und diesem dadurch zur Dienstbarkeit verbunden.
- Dadurch ist ihre eigentliche Natur verändert: sie stehen
- Jetzt nicht mehr feindselig dem Helden gegenüber, wäh-
- rend sie durch ihre ganze Anlage und Beschaffenheit
- den übrigen rein menschlichen Gestalten, mögen sie auf
- Seite ihres Herrn oder auf Seite von dessen Feinden
- stehen, immer ein gewisses Grauen einflößen. In der
- bairischen Eedaction, der sie überhaupt viel loser ein-
- gefügt sind, wie der andern, worauf schon oben hin-
- gewiesen wurde, ist ihr ganzes Yerhältniss zu Rother in
- ein gewisses Dunkel gehfült, welches sich allein durch
- Hülfe der andern Redaction erklärt.
- Es ist bekannt, daß die Umsetzung der mythischen
- 'Grundlagen eines epischen Stoffes durch seine Anlehnung
- an geschichtliche Namen, Thatsachen und Zustände sich
- Biemals mit der urkundlich beglaubigten geschichtlichen
- üeberlieferung deckt, sondern nur von der Seite her an
- sie streift. Einstweilen, wo es noch nicht gelungen ist,
- nur die leitenden Grundsätze, von welchen dabei die
- Yolksseele, wenn auch selbstverständlich unbewußt, aus-
- ging, aufzufinden, wird man fast überall in solchem Thun
- ein willkürliches Spiel der Phantasie sehen, die sich
- scheinbar oft von den zufälligsten und subjectivsten oder
- particulärsten Einflüßen bestimmen ließ.
- Wenn irgendwo, so muß man diesen allgemeinen
- Zustand unserer Erkenntniss berücksichtigen bei der
- vergleichenden Analyse der historischen Momente unseres
- ^Stoffes, bei der wir uns übrigens nur auf das vorliegende
- X0KXO BOTHSB. C
- X3uav BiNLErruNG.
- Gedicht oder die bairische Recension beschränken. Die*
- sächsische Recension ist ohnehin schon in ihren allge-
- meinsten geschichtlichen Beziehungen und Yoraussetzangen
- charakterisiert worden.
- [ Der Name des Helden, Rother, weist, wie schotti
- seit langem vermuthet worden ist, auf den geschicht-
- lichen Rothari, den siebzehnten König des deutschen
- Volkes der Langobarden in Italien, der 614 geboren
- wurde, 636 zur Regierung gelangte und 650 starb. Er
- ist je länger desto mehr berühmt worden durch sein
- Edictum von 644 , die Sammlung nnd Codification seines
- Tolksrechtes natürlich in lateinischer Sprache. Außerdem
- wißen wir von ihm, wie von so vielen seiner Vorgänger^
- \ und Nachfolger, daß er schwere aber glückliche Kriege-
- I mit den Römern, d. h. den Feldherren und Soldaten des^
- I Kaisers von Ostrom, Konstantinopel, den Kriechen des
- i deutschen Mittelalters geführt hat. Er gilt namentlich-
- als Eroberer der Seeküste am Meerbusen von Genua,,
- von der Mündung des Arno bis zur Provence.
- In seiner beglaubigten Geschichte ist nichts — so-
- dürftig, nämlich, muß zugesetzt werden, wie sie uns be-
- kannt ist — , was für unsere Denkweise eine Anknüpfung-
- an den Kern der Persönlichkeit unseres poetischen Rother-
- oder seiner mythischen Basis hätte besonders begünstigeib
- können, oder gar bewirken müßen, nicht einmal irgend,
- ein an sich geringfügiger, in der Genesis von Sagen-
- stoffen oft aber so unendlich fruchtbarer Nebenumstand,
- wie z. B. etwa seine Lieblingsresidenz Bari, die in de m.
- Gedichte eine wichtige Rolle spielt. Denn zu den Zeiten
- des geschichtlichen Rother war diese Stadt wie die ganze-
- apulische Küste noch in den Händen der Griechen und*
- er, wie seine Vorgänger und Nachfolger residierten ge-
- wöhnlich zu Ticinum, Pavia, was von Anfang an als das
- Caput regni galt. Es bleibt also vorläufig nichts weiter
- übrig — später wird sich eine vielleicht etwas gesichertere-
- Spur aufzeigen laßen — als anzunehmen, daß bei der zu
- ^ unbekannter Zeit, jedenfalls aber nach dem 7. Jahr-
- hundert erfolgten Localisierung des Sagenstoffes im Süden^
- von Deutschland der Name gerade dieses langobardischen-
- Königs deshalb bevorzugt worden sei, weil er als Schöpfer-
- lOKLEITÜNG.
- der Gesetzgebung seines Volkes und Staates, durch ein
- Werk, das ebenso sehr in der Wissenschaft, wie im
- YolksbewuMsein ein frisches Leben führte, alle andern
- seiner gekrönten Oenol^en an Ruhm überstrahlte. ,
- Es bedarf keiner Bemerkung, wie sehr die Yer-5
- knüpfung Rother's mit der Genealogie der Karolinger — ;
- er ist in unserm Gedichte der Vater Pipin's, Großvater!'
- Karl's des Großen — aller Wahrheit Hohn spricht, i
- Doch darum braucht sich die Sage nicht zu kümmern.
- Leider ist es aber auch hier nicht niöglich, die inneren
- Fäden dieses seltsamen und einzigen Gewebes aufzudecken.'
- Nur darauf ist hinzuweisen, daß schon ein Menschenalter
- nach der Eroberung des langobardischen Reiches durch
- Karl den Großen im Bewußtsein der Langobarden selbst
- das Demüthigende dieses Ereignisses verwunden gewesen
- zu sein scheint. Wie sich Karl der Große als Rechts-
- nachfolger der einheimischen Könige, als rex Langohar-
- darum officiell bezeichnete, und Volk und Staat wenigstens
- der Form nach nicht als Unterworfene, sondern als
- den Franken u. s. w. gleichberechtigte Reichsangehörige
- behandelte, so vergaßen auch diese nicht ihre particu;
- laristische oder nationale Sonderstellung, wohl aber die
- Art, wie sie zu ihrem neuen König gekommen waren.
- Wir besitzen in dem in Oberitalien entstandenen soge-
- nannten Ghronieon Gothanum, was noch vor 810 abge-
- schloßen ist (bei Baudi di Vesme, Edict. Beg, Lang.,
- 182 fg.), ein höchst charakteristisches Zeugniss dafür.
- Hier hat, sich das specifisch langobardisohe oder wie man
- es damals schon nennen darf italienische Bewußtsein mit
- der karolingischen Dynastie vollständig ausgesöhnt und
- di€se , besonders als Karl seinem zweiten Sohn Pipin die
- Krone der Langobarden oder Italiens verlieh, sozusagen
- ganz nationalisiert. Für uns ist dabei von Belang, daß
- der Verfaßer dieses Ghronieon keines andern frühern
- Königs mit solchem Lobe gedenkt wie des Rothari und
- zwar schon mit sichtbarer Vermischung echt historischer
- und sagenhafter Züge. Er feiert ihn als den Gesetzgeber
- seines Volkes, was er war, aber auch als den per quem
- Langohardi ad cannonica tenderunt certämina et sacer-
- dotum facti sunt adjutores, was entweder die Bekeh-
- c*
- JSINIiErrUNG.
- rang des Volkes ans dem Heidentham, oder aus dem
- Arianismus zum Katholicisnius bedeuten soll. Aber das
- eine wie^ das andere gehört nicht auf Bothsri's Rech-
- nung. Er war vielmehr, wie eine verlorene Notiz bei Pau-
- lus Diaconus 4, 46 andeutet, noch Arianer. Jedenfalls
- aber trug diese günstige Meinung, welche sich in der
- gelehrten Geschichtssage über ihn festsetzte, nicht wenig
- dazu bei, die Grlorie seines Namens zu erhöhen.
- Rother verbirgt sich unter dem Namen Dietrich, wie
- ja auch in der oben angeführten sächsische Redaction
- unseres Sagenstoffes Osangtrix bei Milias unter derselben
- Maske auftritt. Es geht aus dieser Uebereinatimmung
- hervor, daß der Name Dietrich an diese Situation fest
- geheftet war, schon ehe sich ihre beiden selbständigen
- Verzweigungen bildeten, denn an eine Entlehnung nach
- hüben oder drüben ist nicht zu denken, das hat sich,
- wie wir glauben, mit Sicherheit ergeben.
- Sucht man für diesen maskierenden Namen Dietrich
- ; eine Anlehnung an die Geschichte, wozu man genau eb^iso
- l berechtigt ist, wie bei dem wirklichen Namen des Helden,
- > begnügt man sich nicht damit, ihn als einen der ver-
- breitetsten unseres Alterthums und gerade deshalb zu
- dem Zwecke seinen Träger zu verstecken besonders taug-
- lichen zu fairen, so wird man dabei nur an den Dietrich
- der Geschichte oder Sage denken dürfen, der sozusagen
- jals Dietrich an und für sich galt, an Dietrich von Bern,
- ■ [den geschichtlichen Theodorich, König der Ostgothen.
- Sollte damit ein anderer Dietrich gemeint sein, so hätte
- es noch einer besondem Bezeichnung bedurft, denn wo
- i dieser Name schlechtweg genannt wurde, tauchte in der
- Seele unseres Volkes seit den frflhesten Zeiten stets das
- Bild jenes berühmtesten alier Dietriche auf. Nichts ist
- dafür charakteristischer als die oft citierte Stelle der
- Quedlinburger Chronik aus dem Anfange des 11. Jahr-
- hunderts , die freilich von Müllenhoff (Haupt's Zeitschrift
- für deutsches Alterthum, 6, 441) nach der entgegengesetzten
- Seite hin zur Herstellung des von ihm versuchten Be-
- weises verwendet wird, daß der Dietrich der Rothersage
- identisch mit dem fränkischen Dietrich oder Hugdietrich
- sei. Dort heißt es von dem ostgothischen König : iUe fuit
- SINIiKITUNG. ZXXTn
- Thideric de Beme de quo canfabani rmiici oZ/m, nach-
- dem sie -vorher den fränkischen Dietrich, Theodrieh
- Yon Austrasien, den Sohn Ghlodwig's als Huffo Theodoricus
- scharf nnd im ganzen mit richtiger Bewahrung der wie«
- sentlichsten Züge seiner Geschichte von ihm unterschieden
- hat. Der andere Dietrich bedarf keines solchen charak-
- terisierenden Zusatzes, denn die Ortsbezeichnung van Beme
- steht doch, wie jeder fühlt, in einem viel loseren Zuge*
- hörigkeitsverhältniss zu dem Namen des Helden, wie der
- untrennbar damit verwachsene, ihn gleichsam beherrschende
- Vorsatz Hugo. Inwieweit die pragmatisierende Deutung
- dieses Hugo^ welche die Quedlinburger Chronik dann
- weiter vorsucht: Hugo^ id est Francm, qtUa olim omnea
- Franci Huganes vocdbantur, wirklich historisch her
- gründet sei, dieß zn untersuchen gehört nicht hierher,
- uns genügt daraus zu entnehmen, was wir freilich aud
- unzähligen anderen Zeugnissen unseres Alterthums auch,
- nur aus keinem mit solcher urkundlicher Beweiskraft ent-
- nehmen könnten, daß wo vom deutschen Ohre der Name
- Dietrich vernommen wurde, Dietrich von Bern verstanden
- zu werden pflegte.
- Will man die innern Beziehungen zwischen Dietrich
- und Rother weiter verfolgen, um daraus für die Ueber-
- tragung der Namen eine solidere geschichtliche oder, was.^
- dasselbe ist, sagenhafte Grundlage zu gewinnen, so darf
- man mit vollem Rechte daran erinnern, daß Dietrich '
- von Bern und Rother beide ihre Heimat in der Lom- i
- bardei haben, femer, daß in der Geschichte und Sage die
- Beziehungen Dietrich's zu dem Orient, zu Griechenland
- und Konstantinopel eine hervorragende Rolle spielen. Diet-
- rich ist somit, beßer als irgend eine der großen Gestalten
- unserer Heldensage dazu geeignet, für Rother einzutreten,
- ja man könnte sogar so weit gehen, zu behaupten, daß
- rückwirkend manche Hauptzüge in dem Wesen Dietrich's
- auf die Ausbildung der Gestalt Rother's und der Begeben-
- heiten unseres Gedichtes Einfluß gewonnen haben mögen,
- freilich erst dann, nachdem der Sagenkeim so weit ent-
- wickelt war, daß sich an ihm solche innerlich verwandte
- Zusätze fesüieften konnten. Es mußte also z. B. schon-
- Rother mit den Griechen in Verbindung gebracht, es
- XXXVin SIXLEITUKQ.
- muMe ihm schon, um von dem scheinbar geschichtlichen
- Boden auf den unzweifelhaft ungeschichtlichen Überzu-
- treten, das Gefolge riesenhafter Dienstmannen beigegeben
- sein u. s. w. Im einzelnen konnte dann die Ausbildung
- solcher Züge, die genetisch beiden Namen angehörten,
- von da ans vorwiegend beeinflußt werden, wo sie schon
- vorher zu größerer Reife und Plastik gelangt war. Daß
- hierin die eigentliche Dietrichssage der Rothersage über-
- legen war, versteht sich von selbst.
- Kehren wir noch einmal zu dem austrasischen Diet-
- rich zurück, so ist in allem, was wir von seiner Ge-
- schichte wißen nichts, was zu einer solchen Anknüpfung
- an die Substanz des Rother Yeranlaßung hätte geben
- können. Seine diplomatischen Beziehungen zu Bjzanz,
- seine Kriegszüge in Oberitalien können doch dafür schwer-
- lich in Anschlag gebracht werden. Als sagenhafter Held
- ist er, wie man weiß, noch im 9. und 10. Jahrhundert
- im deutschen Liede besungen worden, aber es ist nicht
- zu ersehen, welchen Inhalt diese Lieder hatten, äußer
- daß in der sächsischen, wie es scheint, noch im 10. Jahr-
- hundert in poetischer Faßung lebendigen Stammessage
- Thiadric, der Sohn des Hugo, König der Franken, als
- Besieger des thüringischen Irminfrid und Bundesgenoße
- der Sachsen gefeiert wurde, wie uns Widukind von
- Corvey berichtet. Also auch hier wieder oder schon
- hier nicht Dietrich an sich, sondern Hugdietrich, wie
- in jener oben erwähnten Stelle der Quedlinburger Chro-
- nik, die offenbar auch — nicht allein — aus Widu-
- kind geschöpft hat.
- Wer freilich davon ausgeht, daß der Hugdietrich
- des Heldenbuches — der als Hugdietrich wie sein Sohn,
- d. h. seine Weiter- und Umbildung Wolfdietrich eben
- nicht Dietrich an sich, d. h. Dietrich von Bern ist — einen
- wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung des Rother geübt
- habe, der wird auch in Rother's Namen Dietrich den
- fränkischen und nicht den ostgothischen König erkennen
- wollen. Denn daß Hugdietrich identisch mit jenem Hugo
- Theodoricus ist, liegt auf der Hand. Es hat sich für
- uns aber bereits herausgestellt, daß eher das Umgekehrte,
- eine Beeinflußung des Hugdietrich durch Rother anzu*
- BINIiXCrUKO. XXXIX
- nehmen ist. Dieß gilt zunächst freilich nor Yon den
- beiden altdeutschen Gedichten, sowie sie uns noch jetzt
- T^orliegen. Aber auch über sie hinaus, wo wir uns in
- nebelhafte Gebiet der Hypothesen und Conjecturen
- -versetzt finden, ist es viel wahrscheinlicher, daß der ur-
- -sprünglich dem Rother und dem Hugdietrich gemeinsame
- Sagenkeim im Hugdietrich oder vielmehr zu der speci-
- fischen Gestalt des Hugdietrich unter dem Einflute der
- jschon fester und früher ausgeprägten Bothersage sich
- •entwickelt habe, als umgekehrt, weil einige seiner wesent-
- üchsten Züge -— die Beziehung zum Orient — sich so viel
- •beßer begreifen laßen. Was dazu geführt hat, den ge>
- ■meinsamen Sagenkeim in diese zwei Triebe, Bother und
- Hug- (selbstverständlich zugleich Wolf-) Dietrich, aus-
- ^cinander wachsen zu laßen, wißen wir ebenso wenig, als
- warum neben diesen zwei noch so viele andere, von
- Skirnisför an bis auf den hürnen Sig£ned, sich heraus-
- ::gebildet haben, noch weniger wodurch jeder einzelne
- Schößling gerade seine bestimmte Individualität aufgeprägt
- erhielt. Aber so viel scheint zu vermuthen erlaubt, daß
- «der Name Hugdietrich in einer Art von bewußter Gegen-
- sätzlichkeit zu dem Namen Dietrich an sich, d. h. Diet-
- rich von Bern, als wesentliches Merkmal dieser Spielart
- -der Sage gewählt worden ist, — daß die Genealogie der
- Karolinger beßer an den austrasischen Dietrich als an
- Dietrich von Bern angereiht werden könnte , ist zuzugeben.
- Aber beßer ist noch nicht gut, weder im Sinne der wirk-
- lichen Geschichte noch der Sage. Was beweist uns, daß
- man im Mittelalter, in Deutschland oder sonst, wo deutsche
- -epische Heldensage bekannt und fortgebildet wurde, den
- -austrasischen Dietrich gleichsam coUectiv für alle Mero-
- win^r habe gelten laßen, wie Mtülenhoff a.. a. 0. 446
- will? £r galt als ein sagenberühmter König wie andere
- seines Stammes, aber nicht als der eigentliche Beprä-
- isentant desselben. Will man einen solchen finden, so
- dürfte man ihn eher in jenem mythischen Hugo, dem
- £ponymus des ganzen Geschlechts und Volkes, oder in
- Ohlodwig suchen. Auch scheint überhaupt auf dieser
- Anknüpfung des Bother an Karl den Großen kein beson-
- deres Gewicht zu liegen. Wir glauben zwar nicht, daß
- XI* SINI/SITDKO.
- wir sie erst dem letzten Di<^ter oder Bearbeiter, den wi^
- die hier gegebene Gestalt des Gedidits verdanken, zs^.
- rechnen dürfen. Schon oben ist darauf hingewiesen, daß
- sich sehr frfthe bedeatsame Terbindongsfäden zwischen
- dem lombardischen nnd fränkisch-karolingischen !^^Bent
- aufweisen laßen, deren weiteres — nns emstweilen völlig
- unbekanntes — Fortspinnen leicht zn einer solchen aller
- Geschichte widersprechenden, der Sage aber wohl an-
- stehenden genealogischen Mystification fahren konnte.
- Beachtenswerth bleibt dabei, daß im Hng- und Wolf^
- dietrich nichts davon sich findet, woraus wir nicht bloß
- folgern, daß diese Verknüpfung erst dann vollzogen
- wurde, als sich diese völlig selbständig von dem Rother^
- Dietrich abgetrennt hatten, was sich von selbst versteht,,
- sondern auch, daß zu dem Wesen des Hagdietrich nach
- der Anmaßung der deutschen Heldensage keineswegs irgend-
- eine Beziehung zu der späteren fränkisch -karolingisehen
- Eönigsreihe oder, anschaulicher ausgedrftckt, zu Karl
- dem Großen gehörte. Die gelehrte Geschiditschreibong
- mochte immerhin in bekannter tendenziöser Absicht den
- Zusammenhang des Blutes zwischen den Merowingem und
- Karolingern nachdrücklich hervorheben: in die selbst-
- wttchsige Yolksvorstellung scheint davon nichts aberge-
- gangen zu sein, und wo ein epischer Stoif, wie unser
- Rother, davon berührt ist, deutet dieß auf eine relativ
- spätere Zeit und auf gelehrte Beeinflußung, wovon überall
- und auch in unserm Rother einzelne Spuren wahrzuneh-
- men sind, ohne daß dadurch der volksthümlidie Kern
- und Typus des StolTes selbst wesentlich beschädigt wor^
- den wäre. Hug- und Wolfdietrich zeigen zwar nicht
- diese, wohl aber andere, entschieden aus der gelehrten
- Sphäre stammende Zusätze, sodaß sie auch in dieser
- Hinsicht dem Rother gegenüber an unangetasteter Ur-
- sprünglichkeit nichts voraushaben.
- Indem die Sage an den Namen des langobardischen
- Königs Rother anknüpfte, konnte sie schon dadurch ver-
- anlaßt werden, den Schauplatz der Handlung an und
- über das Meer zu verlegen. Aber sie konnte es aucb
- ganz unabhängig davon thun. Denn in allen diesen
- Brautwerbungen spielt das Meer und die Seefahrt eine
- so wesentlidie BoUe, daß maji wohl annehmen darf«
- es gehört zu ihrer natftriichen nnd nothwendigen Scenerie.
- Man hat audi nicht einnal nöthig, in ihre mythische
- Snbstaiiz sich zu vertiefen, nm die& zu erklären, obwohl
- es nicht schwer sein wttrde, hier einen Aafschlnß darüber
- ZQ finden. Das Romantische der Fabel als bloße poetische
- Fabel genommen, hebt sich, wie man leicht sieht, durch
- die Benutzung des romantischsten aller Elemente so be-
- deatend, daß es befremden müßte, wenn die Phantasie
- darauf verzichtet hätte. Und daß es in der sächsischen
- Bedaction «nseres Bother doch geschehen ist, wollen wir
- dieser weder als ein Zeichen größerer Schlichtheit der
- altertliflmlichen Faßung, die ihr ja durchschnittlich un-
- zweifelhaft nachgerühmt werden darf, noch als das Gegen-
- theil davon, als eine spätere Verhüttung eines so bedeut-
- samen Triebes anrechnen, sondern nur als ein Zeichen
- d^ starken Einftttße, welche Ort und Zeit auf ihren
- allein uns überlieferten Niederschlag geübt haben. Dort
- in jenen slawisch -deutschen Grendanden wogte ein leb-
- haftester Yölkerrerkehr friedlicher und noch mehr krie-
- gerisober Art* bis in den fernsten Osten hinein. Aber
- s^ne Hauptstraßen führten zu Lande, selbst bis nach
- Konstanünopel. Auf diese Art ist unser Stoff in dieser
- «einer Heimat ganz continental geworden, hat damit aber
- auch eine seiner größten Zierden verloren.
- Man pflegt wohl, um das Meer und die Beziehung
- zum Orient in unserm Eother und seinen Geschwistern
- zu erklären, auf die Kreuzzüge und was sich daran für
- die Umgestaltung des deutschen Yerkehrslebens und der
- Bilder in uniserer damaligen Volksseele schließt, zu ver-
- weisen. Gewiss mit Becht, insofern dadurch der Blick
- auf das Meer und in den Osten eine Weite und eine
- Fülle von Detail gewann, von der vorher keine Bede
- sein konnte. £s wird noch genug Gelegenheit geben,
- aus unserm Gedicht solche Züge herauszuheben, die nur
- durch die Kreuzzüge in dasselbe hineingetragen worden
- sein können und ohne sie uyd^ikbar wären. Aber das
- Meer und der Orient, speciell Konstantinopel, die anttere
- burffT», sind nicht erst dadurch unserer Volksphantasie
- 4>der der 3einer Dichter aufgegangen. Sie waren ihr seit
- A
- XIU SIKLSITUKO^
- unvordenklichen Zeiten vertraut, wahrscheinlich schon
- lange, ehe aus dem altgriechischen fiyzantiom das
- christlich-römische Konstantinopel sich gestaltete.
- Sie konnten deshalb unserm Sagenstoffe schon zu-
- gehören, ehe der Name des Bother oder der des Dietrich
- damit verflochten war, obwohl es sich von selbst ver-
- steht, daß diese beiden Namen, soweit oder sobald sie
- als geschichtliche gefaiSt wurden, in ihren zugehörigen
- Oestalten einen Anknüpfungspunkt bieten mußten für
- einen so wesentlichen Zug. Daß und wie dieß sowohl
- bei Bother als auch bei Dietrich sich fügte, ist schon
- oben nachgewiesen worden, ebenso daß Dietrich in dieser
- Beziehung der Phantasie noch mehr bot als Bother.
- Gewiss würde auch das wenige, was wir von dem
- geschichtlichen Bothari in dieser Hinsicht heranziehen
- dürfen, seine Kämpfe gegen die Griechen und Eroberung
- der griechischen Seekttste, nicht hingereicht haben, um
- seinen Namen in unsem Stoff einzuführen. Aber es ist
- schon bemerkt worden, daß auch alle andern von ihm
- bekannten historischen Züge nichts enthalten, was auf
- ein specifisches Verhältniss zu unserm Bother hinwiese.
- Denn das allgemeine, der Nimbus, der ihn vor den an-
- dern langobardischen Königen in späterer Zeit umstrahlte,
- kann nur dazu beigetragen haben, ihn der volksmäßiges
- Epik im allgemeinen als ein würdiges Object zu empfehlen,
- keineswegs aber die Yeranlaßung gewesen sein , seinen
- Namen in so prägnanter Weise gerade in diesen Sagen-
- stoff einzuführen und zum herrschenden zu machen.
- Da sich also von neuem ergeben hat^ daß hierfür
- jede zureichende Erklärung aus dem uns bekannten Mate-
- rial der Sage oder der sagenhaften Geschichte, oder auch
- der beglaubigten Geschichte abgeht^ so wird es erlaubt
- sein, den Namen selbst einmal anzusehen. Vielleicht
- findet sich in ihm die gesuchte Lösung des Bäthsels
- oder doch etwas, was auf eine solche hindeutet.
- Das mhd. Buoth€r(e), Büther(e), Bother(e) weist auf
- eine der zahlreichen Namensbildungen, deren erster Theil
- das Wort rtwt ausfüllt, das wir in hochdeutscher Sprache
- nur noch in dieser Verwendung bei Eigennamen kennen: in
- seiner älteren Gestalt mit H im Anlaut — in den früheren
- BBTLEITUNG. iCT.rrj
- :althochdeatschen Denkmälern — bildet es in Hruad-bald,
- -berkt, -boio^ -fi^d, -panc, -garty -ger, »hart, -leib, -ir.ati,
- -mär, -rntmd, -o(^, -oW, rtrüd und sehr vielen anderen,
- Ton denen wir hier nur einige der allergewöhnlichsten
- beraas^hoben haben, den eigentlichen Bedeutungskern
- •der betreffenden Männer- und Frauennamen, der immer
- nadi lieutscher Sitte im ersten Theil enthalten ist, wäh-
- rend der zweite relativ gleichgültig oder von minderer
- Energie ist. Viele dieser Kamen sind noch jetzt im leb-
- liaftesten Gebrauch als Vor- oder Geschlechtsnamen, so
- Hruod oder nach mhd. Aussprache BxMtberhi oder -breht
- ^der -bert, jetzt Ruprecht. Buppert, Hruod, Buotgang
- Jetzt Bothgang (häufiger Familienname), Buotger =
- Büdigerj romanisch Roger, Rugiero, deutsch Rugger,
- Rucker, Rücker, indem durch Angleichung das aus-
- lautende t des ersten Theiies verschwand und einem
- oder ck Platz machte, wovon schon im Ahd.
- Spuren sind, Buoikart, Ruodolf, die an sich deutlich
- rsind u. s. w.
- Der dominierende erste Theil dieser Namen erklärt
- •sich durch andere deutsche Sprachen, in denen er ent-
- weder in dieser einfachen Form oder in irgendeiner er-
- weiterten, abgeleiteten noch im Gebrauche als gewöhn-
- liches Appellativ ist, so vor allem im Gothischen
- and Angelsächsischen. Die Bedeutung wird gewöhn-
- lich als Sieg, Ruhm angegeben, genauer bestimmt aber
- ist es eigentlich Siegeskraft (dem griechischen xparo^,
- ^as buchstäblich dasselbe Wort nur in einer vocalisch
- einfacheren Form und mit einer andern Ableitung ist,
- auch darin entsprechend); i?i^ä^^i^^.,. Afir£„ da&-gewöfan-
- liche Wort = unserm Heer, ist also der ißit siegeskräf-
- tigem Heer Wirkende, es Führende u. s. w., also ein Hel-
- •denname, wie kaum ein zweiter, aber zugleich auch ein
- rsehr passender Name für ein mehr als menschliches
- Wesen, insofern es als siegreicher Kämpfer, besonders
- :als Vorkämpfer für die Menschen gedacht wird. Wir
- •besitzen kein directes Zeugniss darüber, daiS der Gott,
- den wir mit seinem häufigsten Namen deutsch als Frö,
- nordisch Freyr, d. h. als den Herrn an sich nennen, unter
- seinen, wie selbstverständlich, zahlreichen besondern Cultos-
- XLI\r EINLBITÖKG,
- namen auch diesen geführt habe, aber er passt trefflick
- für ihn, sobald oder solange er noeh als sieghafter Y-or-
- kämpfer der Sonne und des Sommers gegen den Winter
- empfunden wurde, nicht für den Fre^r der SMrnis fdr^.
- aber für eine ältere und allgemeine deutsche Gestaltung
- dieses Wesens, das dort, wie sich gezeigt hat, durch
- locale Einflüße zu einer so ganz particnlären Besonder-
- heit herabgedrückt erscheint. Einem andern dieser mit
- Etwt' gebildeten Namen, Btu>iberht, in oder durch
- Siegeskraft strahlend, macht niemand seine echt mytho-
- logische Basis streitig, wie sie noch in unserm Knecht
- Ruprecht der Weihnachtsspiele und Umzüge deutlich ge*
- nug durchscheint, nur pflegt man ihn nicht auf Frd^
- sondern auf eine andere Gottheit zu beziehen, was wir
- hier dahingestellt sein laßen. Ebenso hat man erkannt^
- daß im Euotger, Müedeger (von der Nebenform ahd^
- hrux)di^ identisch mit hruod gebildet) eine mythische
- Basis erhalten sei, die sich in den yielgenannten, und
- in manchen Metamorphosen erscheinenden epischen Helden
- Büedeger umgesetzt hat. Der bekannteste darunter ist
- der herrliche Büedeger von Bechdären in unsem Nibe-
- lungen. Dieser Büedeger berührt sich nun noch weiter
- als durch die Identität seines hauptsächlichsten Namens-
- bestandtheils mit unserm Buothere. Schon sehr frflhe
- scheinen beide Namen geradezu ineinander gefloßen zu
- sein, wozu lautlich die Yermittelung sehr nahe lag^
- Schon in der ältesten Es. unseres Gedichts begegnet man
- neben der Ueberzahl der richtigen Schreibung des Namen»
- einzeln auch Bochtere, Bocther^ was nach unserm Be-
- dünken auf einem Schwanken zwischen der echten Form^
- die hier Böthere ist, und der sie verdrängenden Bötker
- = Bddger^ hochd. Buot — Büedeger beruht, wenn auch
- der Anlaß zu dieser Vermischung von der rein sprachlichen
- Seite durch die vereinfachte Form Bochere für Bothere
- gegeben sein mochte, wobei t ausgefallen und ch für h ein-
- getreten war. In den meisten Hs. des Renner erscheint an
- den oben ausgehobenen Stellen schon das volksthttmliche
- Bugger, Bucher oder Bücker, also Büedeger, und nur
- wenige, freilich die beßeren , haben noch Büther. Von da
- ab wird man dieser letzten Form nicht mehr begegnen^
- BIKLEITUKa. ZLT
- fionderu immer nur der ersten. Buothere i^ fiberhaopt,
- m viel man sehen kann, immer nur ein sehr selten ge-
- Ibranehter Name gewesen, was sich leicht begreift, wenn
- er der eines Gottes war, aber Rothari ist seine ganz
- richtige langobardische Form. Läi^t man den Namen
- Rother in der dargelegten Weise als mythisch gelten, so
- l>egreifit es sidi wiederam leicht, wie seine Substanz, der
- Kern des poetischen Stoffes, auf den berühmtesten sagen-
- geschichtlichen Träger desselben, den wir kennen, über-
- sehen konnte, um so mehr, da wenigstens einige Züge in
- der Physiognomie des letzteren eine solche Anlehnung
- %)egibistigten, wenn auch nicht geradezu veranlagten.
- Ueher das Wann dieser Umbildung enthalten wir uns
- Jeder Muthma&ung, das Wo scheint man am natürlichsten
- in der Heimat des geschichtlichen Rother, Rothari, in
- dem Lande der Langobarden zu suchen. Der regste
- Verkehr im Frieden und Krieg verband diese seit ihrer
- Ansiedelung in Italien mit ihren Grenznachbam im Nor-
- den, den Baiem, und einer der ans diesem altdeutschen
- Yölkerleben erhaltenen Züge, der uns in sagenhafter Aus-
- stattung, wahrscheinlich aus der volksthümiich^ Epik
- der Langobarden, überliefert ist, aber mit der Prütension
- Oeschichte zu sein, die Brautwerbung des Königs
- Authari, nach hochdeutscher Form Othere, Other^ um die
- bairische Herzogs- oder Königstochter Theodelinde, streift
- so nahe an einen Hauptzug unseres Rother und, setzen
- wir hinzu, anderer damit ursprünglich identischer Stoffe,
- daß man sich des Gedankens an ein Herüberspielen von
- der einen oder andern Seite her kaum zu erwehren ver- .
- mag. Jener nicht zufällige, sondern mit den tiefsten j
- Fasern der Sage verwachsene Zug, daß der königliche ;
- Freier verkleidet. und* unter einem falschen Namen auf- -■
- tritt, begegnet auch in dem, was sich für die beglau-
- bigte Geschichte der Brautwerbung des Authari am Ende
- des 8. Jahrhunderts, also etwa 300 Jahre nach dem
- angeUichen Datum des Ereignisses,, ausgibt. Es darf-
- wohl vorausgesetzt werden, daß wie in allen übrigen
- I^gen, so auch im Gebiete der damals höchsten geistigen
- Interessen des Innern Yolksbewußtseins, in der Helden-
- oder Stammessage und der darauf gegründeten Dichtung
- XLVI ErNLEITXmO.
- der regste Austausch zwischen den Deutschen in Italien
- und denen im eigentlichen Deutschland stattfand. Auf
- diese Art wird sich nicht der Kern der Sage , der wahr-
- scheinlich üherall auf deutschem Boden verhreitet war^
- aher ihre Metamorphose zur Eothersage von Süden
- her zunächst nach Baiem verbreitet haben, wo wir sie*
- auch später immer in besonderer Lebenskraft ge-
- deihen sehen.
- Yon specifisch langobardischen oder italienische»!
- Zügen und Namen enthält unser Gedicht neben dem Namen^
- des Haupthelden außer einigen Ortsnamen, die theils
- zu dem Gemeingut der populären Bildung des deutschen^
- Mittelalters gehören, wie Bäre^ Meilän, Börne, theil»
- halbgelehrt verballhornt sind , me Pulge statt des eigent-
- lich volksmäßigen Pulle oder des eigentlich gelehrten
- Apulia , Gecilienlant (Sicilien), was vielleicht nach seinen»
- Vorkommen in der Literatur des 13. Jahrhunderts auch
- volksthümlich genannt werden darf, nichts weiter als den.
- einzigen Namen Elvewtn, der identisch mit dem Namen-
- des bekannten Eroberers Italiens, Alboin, d. h. AUnvin^
- ist. Aber von seinem Zusammenhang mit diesem seinen»
- berühmtesten Träger ist hier keine Erinnerung mehr.
- Elvemn ist hier (3423 fg.) ein Herzog vom Rhein, der
- den bairischen Ämelgir aus seinem Lande, also au&
- Baiem vertrieben hat, aber von Berchter von Meran be-
- siegt und erschlagen wurde. Alle diese Anspielungen
- auf einen offenbar reich ausgebildeten Sagenkreiß sind
- uns völlig dunkel. Es ist nicht einmal zu ermitteln, ob
- nicht das bloße Reimbedürfniss (Elvewine : Rine) zu der
- Versetzung dieses Elvetmn an den Rhein, wo sich gleich-
- falls keine Spur von ihm findet, geführt hat.
- Specifisch bairische Elemente dagegen sind in Menge
- in unser Gedicht übergegangen. Dazu rechnen wir nur
- bedingt eine seiner eigentlichen Hauptgestalten, de»
- schon öfter erwähnten Berchter von Merän. Denn dai^
- Merärt hier nicht das bairische — bairisch immer im
- weiteren Sinne des früheren Mittelalters gebraucht — , die
- Stadt Meran im bairischen Etschlande, unterhalb de&
- Schloßes Tirol meint, liegt auf der Hand. Als unser
- Rother in der uns noch handschriftlich vorliegenden Form
- BIKLEITtTKO. XLVII
- Vollendet wurde, existierte die Stadt Meran noch nicht,
- und der Name Meran, der schon lange auch in Deutsch-
- land gelänüg war, bezieht sich auf eine andere Localität,
- auf die Länder an der Ostkttste des Adriatischen Meeres
- in schwankender Grenzbestimmung, etwa das heutige
- Istrien, Dalmatien, das ungarische Küstenland, Theile von
- Kroatien und Bosnien. So schwankend wie die Grenz-
- bestimmung waren auch die Herrschaftsrechte in diesem
- Ländercomplexe. Um Frtiheres zu übergehen, stritten
- sich im 12. Jahrhundert, das wir vorläufig als die Zeit
- der definitiven poetischen Gestaltung unseres Rother an-
- nehmen, Venetianer, Ungarn und Griechen fortwährend
- darum und auch das deutsche Reich behauptete seit
- Karl dem Großen Ansprüche darauf, die von Zeit zu
- Zeit, aber ohne eigentliche Folge geltend gemacht wurden.
- Diesen Ansprüchen verdankten verschiedene bairische
- Herrengeschlechter, so die Dachauer Grafen, und als diese
- 1180 ausstarben, deren Erben, die von Andechs den
- Titel eines Herzogs von Meran. Die letzteren kommen
- aber hier insofern nicht in Betracht, als der Rother jeden-
- falls schon vor 1180 in seiner jetzigen Gestalt vollendet
- war. Alle solche Ansprüche, schwankend und nebelhaft
- wie sie waren, wurden doch von der volksmäßigen Tra-
- dition, nicht bloß von den Berechtigten selbst, mit Vor-
- liebe gepflegt, gerade weil sie in dieser ihrer Gestalt der
- Phantasie am meisten zu thun gaben. Daher darf es
- uns nicht Wunder nehmen, daß der Titel der Herzoge
- von Meran in den ohnehin spärlichen Urkunden der Zeit
- so selten begegnet, dafür aber nicht bloß in unserm
- Rother, sondern auch im Hug- und Wolfdietrich und
- anderwärts so häufig und so energisch gebraucht wird.
- Berchter in unserm Gedichte erscheint also gleich-
- sam als der sagenverklärte Urahne der zu Zeiten des
- Dichters noch lebenden Inhaber desselben Titels und in-
- sofern gehört er Baiem an, ohne daß es möglich wäre,
- ihn irgend an eine geschichtliche Gestalt des Namens in
- der Weise anzulehnen, wie es für Rother- Dietrich mög-
- lich ist. Denn daß der Name Berchtold, der in vielen
- bairischen Dynastenhäusern geführt wird, auf die Gestal-
- v^
- tung seines Namens EmfloiS gehabt habe, ist zwar nicht
- abzuweisen, aber auch nicht zu beweisen. Seine wesent-
- lichste Beziehung zu Baiern liegt also in seinem Herzogs*
- oder Grafenamt von Heran, insofern die(^ für die bairische
- volksthttmliche Vorstellung dieser Zeit einen, wenn auch
- nur entfernten Zubehör zu Baiern vorstellte.
- Die eigentliche Bedeutung dieses Berchter ist durch
- ^ seine Verbindung mit Zuständen und Namen der Wirk-
- / Mchkeit nicht verändert worden. Er ha t^ nach^ r Innern
- / Constrnction, der Sage ni£ht--SOHahL..^|eselbBtandig ge^
- prägte IndivictuMitätv^älsyielmehr einen^Typ ug, iteri g&'
- / viele IndividiralitÄisen: gilt,'darzustellen, ctäs^BilJdes alteui
- l treuen Dienstmannes, wie er sein soll. Eine solche Ge-
- I stalt konnte sich ebenso leicht an alle möglid:ien Be*
- \ Ziehungen der Oertlichkeit und der Geschichte ajal^ehnen,
- \ wie diese an sie angeschlolSen werden, wenn irgend-
- ein geringfügiger Zufall die Phantasie zu einer dahin
- zielenden Combination veranlasste. Es läßt sich begrei*
- fen, daß unsere Blicke in diese luftigen Begionen nicht zu
- dringen vermögen. Was für Berchter «selbst gilt, muß
- natürlich auch für seine Söhne gelten, die gleichfialls auf
- eine gewisse geschichtliche oder locale Basis gestellt wer-
- den konnten, ohne daß diese für ihr eigentliches Wesen
- oder ihre poetische Haltung von eigentlich organischer
- Bedeutung wäre. Daß auch für sie Namen gewählt wur-
- den, wie Lupolt, Erewin u. s. w., die innerhalb desselben
- Kreißes, dem der Vater zugewiesen war, ein altherkömm-
- liches Belief besaßen, versteht sich von selbst Ebenso
- gut konnte aber auch ein in unserer gesammten deut-
- schen Heldensage so oft und doch nirgends in kräftiger
- Plastik verwandter Name, wie Helferich, sich hier ein-
- drängen, mit dem die Phantasie ganz frei zu verfahren
- vermochte, wie ihm denn auch hier die EoUe eines Hel-
- den und Märtyrers gegen die heidnischen Wenden zuge-
- theilt ist, vielleicht nur weil ein wohlberechtigter poetischer
- Instinct irgendein großes zeitgenößisches Ereigniss als
- tragisches Gegenbild der Kämpfe, welche der eigentliche
- Held, Rother selbst, mit den Heiden an sich, den Sara-
- cenen zu bestehen hat und glücklich besteht, zu verwenden
- sich gedrungen fühlte. In der Anmerkung zu 476 ist
- BIKLEITUK0. XLIX
- ««ine Yermutfiiaiig über Zeit und Ort dieser Kreuzfahrt
- Helf rieh's gewagt worden, für die wir auch hier keine
- .größere Wahrscheinlichkeit als dort beanspruchen.
- Es ist schon öfters darauf hingewiesen, daß der
- Berchter des Rother in dem Berchtung des Wolfdietrich
- einen deutlichen Doppelgänger besitzt. Nach unserer
- oben dargelegten Ansicht von der Genesis und der
- Entwickelungsgeschichte unseres Stoffes nehmen wir an,
- daß beide zwar unabhängig voneinander ausgebildet,
- aber aus gleichem Keime hervorgewachsen sind. Die
- schlagende Uebereinstimmung in den Namen Berchter
- und Berchtung, das letztere die patronymische Weiter-
- bildung des ersten, kann aber nicht Zufall sein. Sie
- beruht entweder auf einer Namengebung, die schon fest
- stand, ehe sich aus dem gemeinsamen Stamme die be-
- 450ndern Zweige der Rother- und Wolfdietrichsage heraus-
- entwickelten, oder es hat eine Uebertragung, die gerade
- nicht eine eigentliche Entlehnung sein muß, von dem
- «einen zu dem andern stattgefunden. Das erste ist mög-
- lich, aber es fehlt an jeder beweiskräftigen Spur, falls
- man nicht die Bedeutung des Namens selbst, die mit der
- •des eigentlichen Helden Rother sehr nahe verwandt ist,
- dafür gelten laßen will. Denn Berhthere ist «der mit
- glänzendem Heere» ein sehr passender Name für den
- liervorragendsten Gesellen und Diener, mdc unde man, des
- , Das zweite scheint sich deshalb mehr zu
- •empfehlen und darf als die jetzt gewöhnliche Ansicht
- igelten. Sie neigt sich zugleich dahin, dem Woifdietrich
- gegenüber dem Rother eine relative Ursprünglichkeit
- zuzuschreiben. Wäre diese aber auch für den Kern
- l)eider Gedichte bewiesen, was sie nicht ist^ so wäre
- sie es damit doch noch nicht für alle einzelnen Züge.
- Daher hat MüUenhoff, der Hauptvertreter dieser An-
- sicht, in seiner schon öfter citierten Abhandlung eine
- l)estimmte geschichtliche Anlehnung für die Gestalt des
- Berchtung und seiner Söhne gesucht und sie in der
- Treue der Dienstmannen gefunden, welche dem Theodebert
- von Austras, dem Sohne Theoderich's, Reich und Leben
- ^egen die Nachstellungen seiner Oheime retteten. Theode-
- rich ist Hugdietrich, Theodebert also Wolfdietrich. Ebenso
- XÖHia BOTHBE. d
- li EIHLBITUNG, ^
- ^irÖL geltend gemacht, daß der Berchtnng des Wolf*^
- dietrich ein Vasall des griechischen Kaisers sei, was mitr
- den historischen Thatsachen in derSMätte oder ersten-
- Hälfte des ^12. Jahrhunderts beßer stimme als seine Stel-
- lung im Rother, wo er und sein Land Meran dem deut-
- schen Kaiser oder vielmehr dem römischen Kaiser deut--
- scher Nation — das ist Rother — zugehört
- Selbstverständlich bezieht sich diese Priorität des.
- Wolfdietridi hier wie anderwärts nicht auf die uns allein
- zugängliche Gestalt desselben, deren älteste Redaction
- mindestens 70^ — 80 Jahre später als die letzte Gestalt
- unseres Rother datiert, sondern auf eme mit Wahrschein-
- lichkeit zu vermuthende frühere Phase, in der er allein
- mit jenem verglichen werdenisann. Freilich läßt sie sich'
- eben nur durch Conjecturen construieren und bleibt des-
- halb immer ein etwas unsicherer Bocien fär wissenschaft-
- liche Deductionen. Aber davon abgesehen und zugegeben,,
- daß ein solcher vorgeschichtlicher Wolfdietrich unserm*
- Rother gegenübergestellt werden dürfte, so erscheint uns
- doch jener an. sich richtige bistoriscfiie Zug von der Treue
- der Dienstmannen als ein ailze schwacher Nagel, um
- daran eine so gewichtige Hyp&äüese aufzuhängen. Auch-
- scheint es sich von selbst zu verste&en, daß, wenn Rother-
- ^n für allemal in Italien heimatsberechtigt war und weil
- er dieß war, als Beherrscher der Stadt Rom, der Haupt-
- stadt von Italien und zugleich der Welt oder des römi-
- schen Reiches zum römisch - deutschen Kaiser werden
- mußte, auch seine Dienstmannen ihre Lehen von ihm
- empfingen und nicht von dem griechischen Kaiser, gleich-
- viel ob in dem wirklichen Meran des J2. Jahrhunderts
- dieser mehr zu sagen hatte als jener. Hatte doch auch
- jener ^ wie schon erwähnt, seine legitimen Ansprüche
- darauf, die namentlioh in Deutsehland jedienfklls f&r beßer
- begründet als die griechischen galten. Umgekehrt, so-
- bald Hngdietrich nach Konstantinopel versetzt war — wie
- und warum dieß geschah, kümmert uns hier nicht -
- mußten auch seine Lehensleute dem griechischen Reiche
- zugezählt werden, gleichviel ob dieß mit der Wirklich-
- keit stimmte oder nicht.
- Aus dem allen folgern wir nun noch nicht , daß dei^
- y-
- ^erchtong des Wolfdletrich der aus unserm Gedichte
- tibertragene Berchter sei, wohl aber, daß das Umgekehrte>
- nicht wjoU denkbar ist Wir vermuthen, denn mehr
- liLfit sich hier nicdit thnn, daß dieselben Motive, welche
- in der Rothersage zu der Schöpfung des charakte-.
- risierenden Personal- und Ortsnamen für diese Haupt-
- nebenfignr veranlaßt haben, auch in der innerlich und
- äußerlich sie zunächst berührenden Wolfdietrichsage
- wirksam gewesen sind. Auch hier wird ein Name und
- eine örtliche Beziehung gewählt worden sein, die der
- Phantasie der Zeit genügende, wenn auch uns nicht
- völlig erklärliche Handhaben boten. Beide so nahe ver-
- wandte Gestalten unterschieden sich denn doch wieder
- durch die zu gewisser Selbständigkeit umgebildete Naraens-
- form, die nur uns, aber nicht jener Zeit als unwesentlich
- gegenüber ihrer ursprünglichen Identität erscheint, viel-
- leicht anch durch die Verkettung des einen Heraus mit
- dem römischen, des andern mit dem griechischen Reij^he.
- Aber dieß alles konnte erst dann erfolgen , als der Name
- Berhtherej der dem andern gegenüber sich deutlich als
- der ursprünglichere und bedeutsamere darstellt, schon
- an seiner jetzigen Stelle und Umgebung im Rother fest-
- stand, und in diesem Sinne hat ihn allerdings der Wolf-
- dietrich aus dem Rother geschöpft aber nicht entlehnt.
- Es ist schon oben bemerkt worden, daß unser Ge-
- dicht außer dieser problematischen (restalt noch eine
- Reihe anderer vorführt, deren Zubehörigkeit zu dem
- Kreiße der bäurischen Stammes- oder Greschichtssage nicht
- bezweifelt werden kann. Hademar von Bissen auf der
- einen Seite, auf der andern Amalger und Wolfrat von
- Dengling mögen immerhin der bairischm Sege s^hr wohl-
- bekannte Namen gewesen sein: wit wißen von ihnen
- nichts weiter als unser Gedicht erzählt und dieß setzt
- doch, wie immer in ähnlichen Fällen voraus, daß auch
- wir so gut wie der Dichter selbst oder das Publikum,
- das er zunächst im Auge hat, unterrichtet sind. Mit
- dem Keime der Fabel haben alle diese specifiscb bairi-
- schen Helden und Heldensagen keine Gemeinschaft; man:
- könnte sie aus unserm Rother hentustrennen, ohne daß,
- das Gefüge, der Handlung wesentlich gestört wäre, trotzdeui:
- d*
- £ll HIIfLEITTJKCl.
- daß eine dieser Nebenfiguren, Wolfrat von Dengling,
- eine mit sichtbarer Absichtlichkeit gesteigerte Rolle zu
- spielen scheint. Aber auch er ist, wie die anderen, fftr
- die Sache selbst überfliUSig. Daffir Mt sich nicht bloß
- ein auf unser heutiges ästhetisches Urtheil, sondern
- auch wenigstens theilweise ein urkundlich begründeter
- Beweis führen. In der Wilcinasage, die, wie sich ge-
- zeigt hat, nicht bloß stofflich, sondern auch in der For«
- mation des Stoffes mit der ersten größeren Hälfte unseres
- Rother so genau übereinstimmt, findet sich keine Spur
- von irgendeinem aus dieser bairischen Sippe. Allerdings
- greift Wolfrat erst in dem zweiten Theile, wofür wir
- keine solche Parallele' einer sächsischen Redaction be-
- sitzen, kräftiger ein und wird mit Absicht mehr und
- mehr in den Vordergrund gedrängt, aber auch aus diesem
- zweiten Theile, in welchem die andern bairischen Namen
- wieder verschwinden, läi^t er sich ohne Schaden für den
- Verlauf der Handlung oder die Composition des Ge-
- dichtes ausscheiden. Er ist auch hier im Grunde nur eine
- müßige Staffage, während Berchter und seine Söhne mit
- jeder Faser des Stoffes verwachsen sind.
- Die eigentlich handgreiflichen Anknüpfungspunkte
- an die geschichtliche Wirklichkeit sind anderswo in un-
- senn Gedichte zu suchen, nicht in seinen lombardischen
- und bairischen, überhaupt nicht in seinen deutschen
- Namen und Gestalten, sondern da, wo es sich auf ganz
- fremdem Boden und in weitester Ferne von seiner näch-
- sten Heimat bewegt. Es ist sc^hon von Wilken, Geschichte
- der Kreuzzttge, 2 Beilage, S. 17 fg., auf die überraschende
- Verwandtschaft hingewiesen worden, welche die Physio-
- gnomie des griechischen Königs Constantin unseres Rother
- mit der des oströmischen Basileus oder Kaiser Alexius
- Comnenus (von 1081 — 1118) zeigt, d. h. mit der, wie
- sie den Abendländern, zunächst den Kreuzfahrern zu er-
- scheinen pflegte. War einmal der Schatipiatz der Braut-
- werbung nach dem Orient und über das Meer verlegt,
- was wir nach dem Obigen für einen sehr ursprünglichen
- Zug der Sage halten, so bot sich selbstverständlich kein
- geeigneteres Local als Konstantinopel und keine geeig-
- netere Persönlichkeit als die eines Beherrschers dieser
- EINLEITUNG. LHI
- Stadt. Unter den letzteren wählte man sich dann wieder
- denjenigen heraus, dessen Wesen am meisten innere und
- äußere Yerwandtschaft mit dem schon fest geprägten
- Typus des feindseligen Vaters und Hüters der schönien
- Eönigstochjter zu haben schien. Ob in der Geschichte
- und Familie des wirklichen Alexius irgendetwas sich er-
- eignet habe, was eine wenn auch nur entferntere Aehn-
- lichkeit mit dieser schon feststehenden Situation, dem
- eigentlichen Lebenskeim des Ganzen bot, kam dabei we-
- niger in Betracht. So viel wir von dem historischen
- Alexius wißen, ündet sich bei ihm nichts dergleichen,
- aber ebenso wenig bei irgendeinem seiner Vorgänger und
- Nachfolger im Reiche. Daß wir aber mit Wilken trotz-
- dem in Constantin den historischen Alexius finden, be-
- ruht wesentlich auf der Uebereinstimmung so vieler
- Züge des Gedichtes mit der historischen Wirklichkeit,
- oder genauer ausgedrückt, mit den im Abendlande
- ausgeprägten Vorstellungen von dem Charakter, der Um-
- gebung, der Politik und Handlungsweise dieses Kaisers.
- Setzt man an die Stelle des Rother-Dietrich irgend-
- einen beliebigen Heldennamen der Kreuzfahrer, etwa
- den des Tancred, Boemund, Gottfried, so erscheinen
- viele der Hauptscenen im Rother, was ihr äußeres Colorit
- betrifft, geradezu als Copien der Vorgänge, die damals
- am kaiserlichen Hofe, in dem Palaste der Blachernen,
- auf dem Hippodromos, am und im Hafen und im Lager
- der Kreuzfahrer nach der abendländischen Tradition ge-
- spielt haben sollten. Doch darf man nicht vergeßen,
- daß alles dieß nur zu dem äußeren Colorit des Gedichtes
- gehört. Sein eigentliches Gefüge ist davon unabhängig
- und stand schon lange fest, ehe es einen Alexius und
- ehe es Kreuzzüge gab. Möglich sogar, daß an sich
- sehr gleichgültige Züge der Wirklichkeit, die aber in
- ihrem anekdotenhaften Gepräge eine große Popularität
- vor andern an sich bedeutsameren gewinnen konnten,
- geradezu in unsern Rother übergegangen sind. Wilken
- rechnet dahin vor- allem die Besiegung und Tödtung des
- Löwen durch den Riesen Asprian, von welcher die säch-
- sische Redaction nichts weiß, obgleich sie sich natürlich
- einen solchen Schmuck nicht hätte entgehen laßen, wäre
- Xlt teiNLBITüKa.
- er in ihrer mit der andern gemeinsamen Quelle schon
- vorhanden gewesen. Der gezähmte Löwe, welchen ein
- riesenhafter Krenzfahrer, wie es scheint Bormannischer,
- vielleicht a'ber auch deutscher Abkunft, im Jahre 1101
- erschlug — dav^n ist »icht bloß im Onient als von «iner
- höchst merkwiu^dlgen Begebenheit viel gered^ werden,
- -sondern auch unsere abendländischen Geschichtscbreiber
- wißen davon mitten unter dem Gewoge WöltgeSd^cht-
- -licher Vorgänge zu erzählen, vgl Wilben, 2, 124.*)
- Wenn der Name des Alexius au%ege(b6ii und mit
- dem des Constantin vertauscht wurde, so detttet das zu-
- nächst wohl nicht darauf hin, wie "Wilken »Hau scharf-
- sinnig vermuthet, daß darin eine Art von Ironie auf
- diesen Alexius selbst beabsichtigt sei, der sich selbst und
- in seiner ofßciellen und officiösen Püblicistik und Ge-
- schichtschreibung mit Vorliebe als einen zwdten Con-
- stantin, einen Wiederhersteller der alten Herrlichkeit von
- Ost -Rom bezeichnen ließ, was er ja in gewissen Sinne
- auch war. Vielmehr steht der Name Constantin gleich-
- sam typisch für den Herrn von Konstantinopel überhaupt.
- Auch meint er hier, was diese Art sagenhafter Umbil-
- dung der Geschichte sich selbstverständlich erlaubte, den
- wahren Constantin, Constantin den Großen, der im
- Abendlande fast ebenso allgemein bekannt 4ifid populär,
- war, wie sein Occidentalisches Gegenbild, Karl der Große.
- Daß der echte Constantin gemeint sei, ergibt sich im-
- widersprechlich daraus, daß die heilige Helena, die Wieder-
- auf finderin des heiligen Kreuzes Christi, seine Mutter
- genannt wird.
- Stand erst die Scenerie von Konstantinopel zur Zeit
- der Kreuzzüge fest , so knüpfte sich daran von selbst
- *) Neuerlich ist zwar eine andere Anknüpfung versucht
- worden. C. Lemcke, «Geschichte der deutschen Dichtung
- neuerer Zeit», I, 57 Anmerk., denkt dabei an den Peredeus,
- Mörder des longobardischen Königs Alboin, von dem Paulus
- Diaconus berichtet, daß er bei den Yolksspielen vor dem Kaiser
- in Konstantinopel einen Löwen von ausgezeichneter Große er-
- legt habe. Wahrscheinlich wird man uns beistimmen, wenn
- wir bei der von Wilken gefundenen Deutung beharren.
- EINLEITUNG. LV
- tauch die weitere Perspective in die Welt des Heiden«
- thams, d. h. des Iskun, und jene Todfeinde der ge-
- sammten Christenheit) zu deren Beklmpfung sie in einer
- nenen YöUcerwandeifing dem Laufe der Sonne entgegen-
- zog, mu&ten a«eh g^egentlich die siegreiche Kraft des
- Helden dieses Gedichtes erfahren, aber n«r gelegentlich.
- Sie sind nicht in die Mitte der Handlung gerUckt, weil
- diese schon lange unantastbar feststand und wohl noch
- !Zus&tze, aber nicht mehr eine völlige Verschiebung der
- Motive vertragen konnte. *)
- Wir haben in dem Bisherigen den Boden gewonnen,
- auf welchem wir der Lösung der Frage nach dem Wann
- und Wo der Entstehung unseres Gedichtes näher treten
- kennen. Wir sind ja dafür allein auf die Mittel ver-
- wiesen, welche wir Momenten der Innern Kritik entneh-
- men mUßen, da es an jeder positiven Angabe darüber,
- sowie über den l^amen und die Persönlichkeit des Yer-
- faßers gebricht.
- Unser Gedicht muß mindestens jünger als die Thron-
- besteigung des Johannes Comnenus^ Sohnes des Alexius
- *) Der Vcrfafter des Rother braucht aber deshalb nicht
- -eben den Orient und Konstantinopel aus eigener Anschauung
- -zu kennen, wie man seit und durch Wilken anzunehmen pflegt.
- .Alles was zur Scenerie der Stadt und Umgegend gebort, ist mit
- Ausnahme des einzigen Poderamis Hof = Hippodromos, unbe-
- stimmt genug geschilderti denn um zu wißen, daß Konstantinopel
- am Meere lag u. s. w., war es nicht gerade unerläßlich, dort
- .gewesen zu sein. Der Hippodromus genoß aber einen solchen
- Weltruf, daß er selbst im Altnordischen als Batreimr lebendig
- in die Volkssprache hcrübergenommen wurde. Auch ist der
- Niederschlag der moslemitischen Geschichte doch gar zu will-
- kürlich und confus , als daß er aus dem Geiste oder der Erin-
- nerung eines Mannes stammen könnte, der selbst in Konstan-
- tinopel war, auch wenn man annehmen wollte, daß er dort
- nur möglichst verworrene Anekdoten über die gemeinsamen -^ \
- Feinde der Christenheit zu hören bekam. Wenn irgendeine / \ * '
- Anlehnung an Thatsächliches möglich sein sollte , so vermathe
- ich, daß Imelot*s Zug gegen Constantin und seine Gefangen-
- nahme die sagenhafte Umdrehung der Gefangennahme des
- Kaiser Romanus durch Alg Arslan 1070 ist, der Tod des <
- Imelot zu Jerusalem sich auf die Eroberung Jerusalems durch )
- -das Heer des Khalifen von Misr 1096 bezieht, der Name Imelot /
- ^selbst eine Verdrehung von Im-ed-daula ist u. dgl. m. /
- liVI EINLBITÜW0.
- Comnenus 1118, jedenfalls alxer vor dem Schlnße des.
- 12. Jahrhunderts schon vorhanden gewesen 3ein, denn
- die eine uns erhaltene Handschrift desselben trU^t die
- unverkennbaren Spuren der zweiten Hälfte des 12. Jahrr
- hunderts, ohne daß sich das Pecennium oder gar eine
- noch engere Frist ihrer Verfertigung genauer bestimmen
- ließe. Innerhalb dieses Zeitraumes von 60 — 70 Jahren
- wird sich eine weitere Beschränkung zunächst dadurch
- ergeben, daß wir die Sitte und Art des Lebens berück-
- sichtigen, welches sich hier als ein zeitgenößisches
- im Spiegel einer eingebildeten Yergangeiüieit darstellt.
- Es ist damit freilich wieder keine Jahreszahl zu gewin-
- nen, aber doch eine ungefähre Fixierung. Vergleichen
- wir unsern Rother nach den Motiven, welche die in ihm
- handelnd auftretenden Personen bewegen, nach der psy-
- chischen und ethischen Construction derselben, nach dem
- äußeren Apparat, mit dem sie umgeben sind, Tracht,.
- Bewaffnung, gesellige Formen und gesellige Ausdrucks-,
- weise mit dem sonst aus d€t: Geschichte und der schönen
- Literatur Bekannten, so tritt uns ungefähr die Mitte 4es-
- Jahrhunderts entgegen, die Zeit, in welcher in Deutsch-
- land die Phantasie aller Schriften des Volkes mit den
- Bildern des Orients erfüllt war, wo namentlich der Kreuz-
- zug von 1147, an dessen Spitze zum ersten mal der
- deutsche König und legitime Prätendent der Kaiserkrone
- von Eom stand, Konstantinopel, das Meer, die Seefahrt
- dahin, das Leben und Treiben der Griechen und Saracenen
- sich völlig in dem deutschen Vorstellungskreiße eingebür-
- gert hatte. Im engsten inneren und äußeren Zusammenhang
- damit ist die Haltung der höheren Stände, der Höfe der
- Fürsten und Herren und des von ihm abhängigen Ritter-
- oder Dienstmannenstandes damals schon von den Formen
- und Farben nicht durchdrungen, aber doch schon stark
- berührt worden, welche sich aus dem in diesem Cultur-
- weg oder' vielmehr Irrweg weiter fortgeschrittenen roma-
- nischen Westen über unser Vaterland verbreitettn. Die
- Oesinnung, die Denkungsart selbst ist noch nicht so tief
- davon ergriffen und das Wort «höfisch» und «höfische
- Zucht», was hier schon als ein allmächtiges empfunden
- wird, bedeutet einstweilen nur mehr noch den Kanon rein
- EINLEITUNG. LYn
- äußerlicher Satzoagen der Mode, dem man sich gläubig
- fügt, aber noch nicht jene Umstimmung der Seele, jene
- gänzlich veränderte Bichtung der Phantasie und der
- geistigen Strömungen des innern Lebens, wie etwa seit
- 1180 oder am Schlüge des Jahrhunderts, wo das deutsche
- gebildete Publikum, d. h. Kitter und Fürsten, oder die
- Höfe wirklich auch eine völlige geistige Metamorphose
- im Vergleich mit dem, was sie 100 oder SO Jahre früher
- gewesen, erfahren hatten. *) Es ist im Rother noch jener
- *) Zu dem nach der Vergangenheit hinweisenden Colorit
- des Rother rechnen wir auch die hier zahlreicher als in irgend-
- einem andern verwandten Denkmal durchbrechenden alliterie*
- renden Formeln, die aber deshalb nicht etwa als stehengeblie-
- bene Spuren einer früheren, noch des Kunstmittels des Stabreims
- sich bedienenden Urgestalt unseres Gedichtes gelten dürfen.
- Sie beweisen nur, was wir auch sonst wißen , daß der Stil der
- hofischen Knnstpoesie , der sie absichtlich vermied , noch nicht
- erfunden war, denn der volksmäÜige Ausdruck der gewöhn-
- lichen und der gehobenen Hede, der Poesie, war ja von ihnen
- gänzlich erfüllt, wie ihre noch heute lebendigen Reste zeigen,
- ohne daß dadurch dem Eindringen des Reimes in den deut-
- schen Vers der Gebildeten, wie in Otfrid, oder des Volkes,
- wie in der etwa gleichzeitigen Ballade von Christas und
- dem Weibe von Samaria, ein Riegel vorgeschoben gewesen
- wäre. Die Alliteration hat hier nichts mit der Construction
- des Verses, sondern mit dem Ausdruck des Gedankens oder
- der Sache zu thun. Wir geben hier die wesentlichsten in
- alphabetischer Ordnung: manche begegnen überall, sind zum
- Theil noch jetzt lebendig, andere finden sich nur hier: in hreüin
- blicken. dr% tage und drie nacht, got der gode. harte her man.
- harte hesteliche. hat si htis unde hilfet. die herren herlich,
- herze unde hinde. min herze was hellende. leh im ein lant.
- bi lebendigem Iwe, lüde unde lant. lüder unde Hecht, michil
- tnaginkraft. man unde mdc* ein vil michil magen oder magen-
- kraft, richte nach reckte, achiezen den schafi. sptse unde solt.
- in waUeres wise werven. witewin unde weisin. wofen unde
- weinin. Dinge wie iz brachten blatvüze sind natürlich reiner
- Zufall. Damit contrastieren seltsam genug, wie es die Ueber-
- gangszeit mit sich bringt, specifisch hofische, theil weise
- sogar aus fremder Sprache importierte Ausdrucke: wie be-
- hurdieren, bonxt^ cycldt und andere, die sich auf die höäsche
- Staatstracht beziehen, oder solche, in welchen sich in deut-
- scher Form ein fremder Inhalt darstellt, wie hoveman^ hovis-
- heity der Begriff der merkere und das melden, ritdrlich auch
- in der Anwendung auf Frauen, zucht als der Kanon der vor-
- , nehmen Sitte oder richtiger Mode u. s. w.
- liVin BINM8ITÜKÄ.
- Uebergangsznstand, der uns in der Literatur dieser Zeit
- in Schöpfungen wie dieKaiserchnmik — die sich tendenziös-
- negativ gegen die neue Strömung verhalten will, aber
- doch unbewußt mit fortgerißen wird — oder im Alexander-
- lied Lampreeht's, im Rolandsliede Ko^rad's atti deut-
- lichsten vergegenwärtigt ist. Rechnet ioAn dazu noch
- den Graf Rudolf auf der einen, die älteste Fotm des
- Herzog Ernst auf ^t andern S^ite, so hat man die mar-
- Inertesten Gestalten aus dem allernftohstenVerwandtschafts-
- kreiß unseres Gedichtes zusammen.
- Der Kaiseo^chronik gegenüber läßt sich das Yer-
- hältniss noch genauer bestimmen. Eine Stelle unseres
- Rother, die unten noch weiter erwogen werden soll,
- scheint deutlich auf sie hinzuweisen. Sie war in ihrer
- ältesten Redaction in den vierziger Jahren des 11. Jahr-
- hunderts vollendet Ebenso scheint unser Gedicht den
- Alexander vorauszusetzen, wenn es von dem wunderbaren
- Stein, den dieser aus dem Paradiese erhalten, spricht.
- Bisjetzt läßt sich noch nicht ersehen , auf welche andere
- Weise dieser unserm Alexanderliede bekanntlich so eigen-
- thümliche Zug in Deutschland Verbreitung gefunden haben
- könnte als aus dieser Quelle, und insofern dürfte man
- also die Benutzung derselben im Rother voraussetzen.
- Der Alexander gehört, wie jetzt wohl allgemein zugegeben
- wird, sicher noch vor die Mitte des 12. Jahrhunderts,
- vielleicht in seine ersten Decennien, wir kämen also immer
- wieder auf einen ungefähr gleichen Punkt. Nur erregt
- Bedenken, daß der Stein im Rother mit einem Namen
- genannt wird, den seine vorausgesetzte Quelle nicht kennt.
- Wer die allgemeine Art mittelalterlicher Schriftstellerei,
- poetischer und gelehrter, erwägt, wird zugeben, daß eine
- solche eigenmächtige Zuthat wenig Wahrscheinlichkeit
- hat. Es würde damit die directe Anlehnung an den
- Alexander bedenklich, ohne daß jedoch die Zeitfrage
- irgend dadurch berührt wäre, denn es ließen sich auch
- manche ändere uns dürftig Unterrichteten dunkele Wege
- denken, aus denen Rother hier, vielleicht zusammen mit
- dem Verfaßer des andern Gedichtes, oder unabhängig
- von ihm zu dieser Notiz gelangte. Zu demselben Resul-
- tate gelangen wir noch in einem andern verwandten Falle.
- •EINIiKITUNG. MX
- I>ie ErwfthnnBg der Pkttfdße im Rother ist insgemein
- so yerstimden wol*den, als könnte sie nur ans dem
- Herzog Ernst entnommeH sein, wo diese Mftrc^aigestalten
- znm ersten Male fttr unser Wi6en mit deutschem Namen
- g^iannt werden. Aber Bartsch hat Herzog Ernst CLXIX
- mit Recitft daratif hingewiesen, daß zwar nicht der Name,
- :aber doch die Sache schon längst in Dentschland bekannt
- war. Nun wire zwar andererseits auch wieder über das
- Ziel hinansgesohoßen, wenn wir behaupteten, der Herzog
- Ernst habe den Namen ans dem Rother herübeiigenom-
- men, insbesondere da uns die Fragmente seiner ältesten
- Oestalt keine Atiskanft darüber geben, aber jene bisher
- «o gläubig hingenommene andere Hypothese empfiehlt
- sich noch weniger. Die erhaltenen dürftigen Fragmente
- 4es Herzog Ernst verstatten kaum eine bestimmtere chro-
- nologische Fixierung als sie ihr netiester Bearbeiter gewagt
- hat, d. h. sie werden, scheint es, eher nach als vor un-
- «erm Gredichte zu setzen sein, wie Stil und Metrik ver-
- muthen lä&t, die bei der nächsten Verwandtschaft denn
- •doch schon eine gewisse feinere Durchbildung nach den
- späteren Kunstidealen hin vcrrathen.
- Da wir weiterhin noch eine besondere Darstellung
- •der wesentlichsten Eigenthümlichkeiten in der Sprache
- und in der poetischen Technik, Metrik, Rhythmik und
- Reimgebrauch unseres Gedichtes bringen werden, so sei
- hier nur gesagt, daß alles, was wir daranis entnahmen
- können, die durdi andere Mittel gewonnene Zeitbestim-
- mung entweder bestens bestätigt, oder sich wenigstens in
- sie ohne Zwang fügt.
- Wie die Entstehungszeit, so scheint sich auch der
- Ort mit annähernder Sicherheit bestimmen zu laßen.
- Die Sprache nicht bloß der einen zufällig erhaltenen
- Handschrift, die ja nur eine dialektisch gefärbte Ueber-
- arbeitung darstellen könnte, sondern so wie sie durch
- Reim- oder Versbau gesichert, durch fortwährend wieder-
- kehrende specifische Wendungen, Worte, syntaktische
- und grammatische Eigenthümlichkeiten als die ursprüng-
- liche des Verfaßers sich zu erkennen gibt , weist unzwei-
- deutig auf die Rheinlande nördlich vom Einfluß der
- Mosel, deren linguistische Besonderheit aus dieser, einer
- liX EINLEITUNÖ.
- noch Älteren und einer späteren Zeit durch eine lange
- Reihe der bedeutendsten und relativ umfai^reidisteii
- Werke deutscher Poesie uns in relativer Deutlichkeit
- bekannt ist. Eben dahin weisi^ auch nxehrere stoffliche
- Momente, weniger die gelegentliche Erwähnung rheinischer
- oder anliegender Landschaften und Localitäten, worauf
- in dieser Beziehung so wenig ankommt, wie auf die
- Namen aus dem Orient u. s. w, Wohl aber darf man
- dazu rechnen die nachdrückliche Erwähnung solcher
- Heiligen, die sich am Bheine einer besondern Verehrung
- erfreuten, so der Gertrude von Nivelle und des Aegidius
- (St. Gilge). Beide sind natürlich auch dem übrigen
- Deutschland bekannt, aber doch sozusagen, namentlich
- der letztere in damaliger Zeit, am Rhein eigentlich zu
- Hause, wohin sie vom Westen, aus Belgien, Frankreich
- und der Provence einwanderten. Wo sich im übrigen
- Deutschland in dieser Zeit, Mitte des 12. Jahrhunderts,
- Aegidius -Kirchen u. s. w. finden, wird immer eine be-^
- sonders enge Beziehung zu den Rhein- und Niederlanden^
- deutschen und romanischen, nachzuweisen sein. Hierher
- gehört wohl auch die karolingische Genealogie, die sich
- mit der Rothersage verflochten hat. Es ist wenigstens
- schwer zu begreifen, wo sie sich sonst in Deutschland
- hätte ansetzen können, da nur hier — die Niederlande
- eingeschloßen — Karl der Große und sein Haus einiger-
- maßen der volksthümlichen Geschichtstradition lebendig
- waren, wie die nur hier zahlreicheren Spuren früherer
- und späterer poetischer Schöpfungen aus diesem Sagen-
- kreiße beweisen. Denn das Rolandslied, das direct nach
- einer französischen Vorlage gearbeitet ist, darf man nicht
- in diese Reihe stellen, sonst würde man mit demselben
- Rechte auch der Alexandersage oder den späteren keltisch-
- bretonischen Stoffen eine Art von Heimatberechtigung an
- der Stelle, wo ihre deutschen Bearbeiter lebten, zu-
- schreiben müßen. Mit dieser rheinischen Heimat wollen
- aber jene bairischen Sagenbestandtheile oder Bruchstücke^
- die wir schon erwähnt haben, nicht wohl stimmen. Nicht
- als wenn überhaupt nicht bairische Sage am Rhein hätte
- gekannt sein können, aber sie würde sich dann viel or-
- ganischer, innerlich fester mit dem eigentlichen Kern.
- XINLEITUNO. LXI
- des Ganzen haben verbinden mfißen, während sie jetzt
- in leicht nachweisbarer Verkittung nur von außen her
- :an ihm haftet.
- Diei^ zu erklären, seheint es nur einen natürlichen
- Weg zu geben, wenn vnr die Irrpfade verkünstelter Ver-
- mnthnngen abweisen. Der Rother ist von einem rheini-
- schen Dichter in Baiem gestaltet worden. Für den
- Herzog Ernst ist Gleiches sehr wahrscheinlich , auch für
- Eaiserchronik möglich. Beide sind in dem eigen-
- thümlichen Mischungsverhältnisse rheinischer und bairischer
- Elemente unserm Gedichte so nahe verwandt. Diese ein-
- fache Lösung genügt aber doch noch nicht vollständig.
- Das Gedicht selb st_odfiiL_^in_Di chter beruft sich sehr
- häafig"^luif eiiie~äitere poetische ^TöHage^Ter TerlSlSüCh .
- «ftinfir "^j^^a ge treuTolf irt". "Ja wenn wir zwei Stellen so
- verstehen wollten, wie sie gewöhnlich verstanden werden,
- hätte er weiter nichts gethan, als diese seine Vorlage
- umgearbeitet. Denn die Hs. liest 4859 :
- hie saget uns der richt^re
- von deme liede m^re,
- 5199 gibt das Bruchstück, was hier eine Lücke der Haupt-
- handschrift ersetzen muß:
- unde biddet alle got —
- daz her deme richtßre gnödich sl.
- Jakob Grimm, Beinh. Fuchs, Einleitung CXII,
- sieht in diesem rihtere einen Umarbeiter einer altern
- poetischen Vorlage nach dem Geschmacke seiner Zeit,
- sowie es im Beinh. 2250 heiM:
- daz hat der Glichessere 2250
- her Heinrich getihtet
- und lie die rtme ungerihtet;
- die rihte sit ein ander man
- der puch ein teil getihtes kan:
- 2252 He für liez v&d. Idzen. -^ 2254 ein teil jgetihtti kaUy
- «twas Ton der Kunst des Diohteoa versteht; dieß «etwas» ist
- nach dem damaligen Gebrauche ron ein teil, wobei immer ein
- ^ter Theil, gar nicht wenig, verstanden wird, in stolzer Be*
- £cheidenheit gesagt. —
- liXn EDiufiiTuna.
- und hat daz oiioh als6 getan 22ö&
- daz er daz msere M.t yedka
- ganz rehte, als ez onch was L
- an slbnelich rtme sprach er m^
- dan t dran wJere- gespro^en,
- onch hat er- abe gebrochen 2260
- ein teil da der worte was ze vil.
- Wir haben diese Stelle ansftthrlieh mitgetheilt, weil'
- sich daran in einer urkundlichen Genauigkeit, für die
- kein zweites Beispiel sich findet, die Meinung der Zeit
- von dem Berufe eines solchen Umarbeiters, Umdich-
- ters, der die rime rihtety die Verse zurechtmacht, er-
- kennen Illßt. Man sieht, was freilich nach dem Geiste
- des Mittelalters sich von selbst versteht, es bezieht sich
- das nur auf Dinge, die wir zu den mehr äußerlichen
- rechnen, am wenigsten auf den Kern des Stoffes, oder
- anch nur auf seine Construction und Anlage. Mihten oder
- berihten wird anderwärts wohl auch für die wesentlich,
- übersetzende Thätigkeit so vieler unserer älteren Dichter
- gebraucht, so im Alex. 15 der (Alberick) heUz in wa--
- Tischen getihtet, ich hän is un» in dtUischen berikUt
- oder Reinbot, Heilig. Georg, 21 ein bmch Hhien^ in^
- diutscher spräche ruhten. Aber daü ein solcher Mann^
- 2256 Verlan part. pv»t. von veriuzM in veieinf^hter Foim^
- verletzen, hier: bestehen bleiben l^ßen, In seinem wesent-
- liehen Bestandtheile erhalten. — 2258 sümeltch adj. Weiter-
- bildung des einfachen sum, mancher; mmelich bezeichnet
- immer eine nicht geringe Quantität, der vorausgesetzten.
- Species. — sprach er me, setzte er einiges hinzu. -^. rtm be-
- zeichnet hier, wie so oft, nicht den eigentlichen Reim in unserm
- Sinn, sondern der Geschichte des Wortes gemäß, den ganzen
- gereimten Vers. Also: er brachte die zu kurzen Verse in das-
- (zu seiner Zeit) übliche Maß. Dieß wird sprechen genannt,,
- einmal weil der Dichter hier wie anderwärts als wirklicher-
- dictaior im mittelalterlichen Sinne, dem Schreiber dictieoeend,
- verfiihy, dann w^il seia Werk (und. auch SftiAe Vorlage) für
- die Deolamation oder das Vorlesen dureh einen /eser, ni^t^
- zum Absingen bestimmt wat. — ? 2260 erklärt sich als da»
- Gegentheil des vorigen von selbst.
- JSINLEITUNO. LXHT
- der sich selbstverständlich UkUpre, wie jeder andere
- Schriftfitell^ der Zeit, nennen darfte, nder ein teil
- getihtes 1t0ny>, jemals rihkere geheißen habe, davon ist
- uns kdn Zengniss bekannt, so viel wir ms auch darom
- bemüht babeiL Auch bleibt es immer nnwahrsdieinlich,
- daß ein Wort wie dieses, was zu dem häufigst ge»
- brauchten Spräehgate gehört, neben sdner allgemein
- bekannten Bedentnng, die der heittigen unge^hr ent-
- spricht, noch diese separate entwickelt habe, die für
- uns spurlos verschwunden ist. Endlich pafiii aach nur
- eine einzige der beiden Stellen unseres Gedichtes für
- diese angenommene Bedeutung, denn die erste, wo der
- fihUre uns von dem lieäe saget ^ kann doch nicht den
- Ueberarbeiter, sondern nur den ursprünglichen Yerfaßer
- meinen, man müßte denn, wozu viel Phantasie gehört, an-
- nehmen, es sei hiermit eine ganze Genealogie von rih^ren^
- Ueberarbeitem, einer auf den Schultern des andern, be-
- zeichnet. So werden wir hier rihtere für tihtere bloli
- als einen, auch anderwärts häufigen und in dieser Hs»
- nicht befrehidlichen Schreibfehler betrachtas. Für die
- zweite Stelle mag jeder, der daran glaubt, bei dem
- rihtere beharren, wir ziehen auch hier das t vor und
- haben uns. erlaubt, es in den Text aufzunehmen.
- Jedenfalls also ergibt sich aus der ersten Stelle^
- daß dem eigentlichen, d. h. dem uns zunächst bekannten
- Dichter ein anderer vorgearbeitet hat. Dieß bezeugen
- aber auch noch viele andere direete Berufungen auf eine
- schriftliche Quelle, die wir hier in einer neuen Gestalt
- vorgeführt erhalten. Diese Quelle heißt sehr häufig daz
- huoch oder im Plural, der in seiner Bedeutung damals
- auch noch dem Singular gleicht, diuhfioeh. Wenn aber
- am Schluße 5197 steht Me iiM daz buch ende^ so kann
- damit ebenso gut dieses ältere buöch als das vorliegende^
- die Arbeit des letzten Dichters gemeint sein.
- Diese Vorlage, dieß huoch wird von ihm aber auch
- noch etwas häufiger, so 1503, 1826, 1907, 34961, 4792,
- 4860 liet genannt, und damit ist nicht sowohl die £unst-
- form des Weiii:es gemeint, als die feste Basis bezeichnet,
- auf der seine Arbeit — von der er deswegen um nichts
- geringer^ sondern in mittelalterlicher Weise desto höher.
- LXIV EINLEITUNG,
- denkt — ruht, und wodurch sie ihre innere und äußere
- Glaubwürdigkeit erhält. Zwei dieser Stellen sind beson«
- ders merkwürdig: die eine, wo er die unantastbare Zu-
- verlä&igkcit seiner Quelle fast mit den Worten rühmt,
- die wir in der uns bekannten Literatur zuerst in der
- Kaiserehronik zu gleichem Zwecke gebraucht finden.
- Man vergleiche 3490 des Rother mit Kaiserchronik (Diemer,
- als ältestem Texte) 2, 5 fg., und es wird sich der Ge-
- danke an einen Hinblick auf sie für unsern Dichter kaum
- abweisen laßen, sowenig als 4792 fg., wo dasselbe nur in
- freierer Paraphrase gesagt ist. Die zweite Stelle ist 1503:
- die irläzis daz liet, wo offenbar der Begriff Uet ganz
- in der Art, wie mcere, oder bei den höfischen Dichtern
- äventiiire als die gleichsam lebendig gewordene Macht
- der wahrhaften Tradition gebraucht wird, der sich der
- Dichter unbedingt unterzuordnen hat. SyBon}in mit liet
- in diesem Sinne kann natürlich das Gedicht auch als
- mcere bezeichnet werden.
- Ob sich aus allen diesen Bezeichnungen buoch, liet,
- ntare ein Schluß auf die Gestalt dieser Yorlage ziehen,
- wenigstens etwa die Frage entscheiden läßt, ob dieselbe
- zum Gesangsvortrag und demgemäß in strophischer Form
- verabfaßt war, muß noch bei der Betrachtung der äußern
- Kunstform erwogen werden. Einstweilen genügt es auf
- die Thatsache hinzuweisen, daß alle diese Ausdrücke an
- sich nichts beweisen und damals, früher und später, ebenso
- wohl für Werke in den gewöhnlichen zur Declamation,
- zum Lesen, bestimmten Reimpaaren, wie für strophisch
- gegliederte, deshalb immer noch nicht ausschließlich zum
- Absingen bestimmte, gebraucht werden.
- Wichtiger für jetzt ist es uns zu bestimmen, wie
- diese schriftliche Yorlage sonst aussah, wo und wann sie
- entstanden ist. Auch hier sind wir bloß auf die immer
- zweifelhafte Hülfe der innem Kritik verwiesen. Das
- wesentlichste Moment üst schon geltend gemacht. Jene
- specifisch bairischen Zusätze können nicht der Yorlage
- angehört, sie würden sich dann ohne Zweifel organischer
- mit dem Ganzen verbunden haben. Hierzu rechnen wir
- auch das directe Lob des bairischen Yolksstammes, der
- in unserer etwas spätem Epik, der höfischen und volks*
- EINLEITUNG. liXV
- thümlichen, sonst weniger günstig beurtheilt zu werden
- pflegt. Dasselbe ist so innig verbunden mit anderem,
- was sich aus den oben entwickelten Gründen als ein
- späteres Einschiebsel zu erkennen gibt, daß es nur durch
- die letzte Redaction hereingebracht sein kann. Recht-
- fertigt sich die von uns gemuthmaßte Beziehung einer
- rStelle auf ein Ereigniss, das erst 1147 geschah, so wird
- auch diese jüngerer Zusatz sein, denn es ist wohl kaum
- .-anzunehmen, daß ein Tagesereigniss sofort in derartiger
- sagenhafter Umgestaltung in ein poetisches "Werk Eingang
- •gefunden. Dazu gehörte schon eine längere Reihe von
- ►Jahren, eine Frist, wie wir sie aus andern Gründen uns
- izwischen beiden Redactionen denken müßen.
- Es hat sich oben gezeigt, daß unserm Gedicht unver-
- Ttennbar ein rheinischer Typus in Sprache und Stoff aufge-
- drückt ist. Gehört aber dieser der Vorlage oder dem üeber-
- arbeiter? Bei aller Treue gegen seine Quelle ist nicht
- abzusehen, warum er nicht die Besonderheiten ihrer Sprache
- in die seiner Heimat umgesetzt haben sollte, wie dieß
- alle andern seines Gleichen, ja sogar die bloßen Ab-
- -schreiber von Handschriften im weitesten Umfang zu
- thun pflegten. Freilich müßte sich dann doch irgend-
- eine Spur dieser früheren Farbe unter der spätem Ueber-
- malung erhalten haben, aber davon ist keine auch noch
- so dürftige zu entdecken. Die Sprache ist überall im
- "Großen und Ganzen^ im Kleinen^ un d Eiiizernen ~iiur
- rhein igcE". j)]p Rf(>^1^>i^n T^p^ip][|imgrpn auf den rheinischen
- Culturkreiß könnte der Ueberarbeiter, unbeschadet seines
- :guten Gewissens gegen seine Vorlage, ebenso leicht hinein-
- getragen haben als die specifisch - bairischen. Es ist aber
- doch wieder ein sehr merklicher Unterschied zwischen
- T)eiden: diese sind nur angeleimt, die andern solid und
- geschickt hineingearbeitet, werden also darum eine grö-
- ßere Ursprünglichkeit als die ersten beanspruchen dürfen.
- So kommen wir denn zu dem wahrscheinlichen Ergebniss:
- •die Vorlage, das huochy lief, mcere von Rother ist am
- Rheine entstanden; seine frühere, eigentlich paläonto-
- logische Geschichte berühren wir nicht weiter. Von da
- aus hat es ein gleichfalls rheinischer Dichter nach Baiern
- gebracht und dort zu unserm Rother, wie ihn die Heidel-
- Köma ROTHSB. e
- \
- LXVI EINLEITUNG.
- r
- / berger Hs. enthält, verarbeitet Die Vorlage mag nocbi
- vor der Mitte des 1 2. Jahrhunderts die dem Ueberarbeiter
- bekannte Gestalt erhalten haben, der Ueberarbeiter, der
- angebliehe rihtcerey richtete und dichtete, um in der
- Sprache seiner Zeit zu reden, spätestens in den sech-
- ziger Jahren desselben Jahrhunderts, wahrscheinlich im
- Dienste oder im Interesse eines bairischen Herrn, wohl
- nicht des damaligen Herzogs von Baiern selbst, Heinrich
- des Löwen, der weder direct noch indirect irgendwie
- mit unserm Gedichte oder Bfehter in Verbindung gesetzt
- werden kann, weil dazu gaif Reine Veranlaßung ist, ja.
- unseres Bedünkens eher das Clegentheil davon. Es han-
- delt sich um die poetische Verherrlichung bairischer-
- Dynasten geschlechter, die als solche in nationaler Oppo-
- sition zu dem Herzog standen, wenn wir auch das ein-
- zelne der geschichtlichen Beziehungen nicht zu durch-
- schauen vermögen.
- Wer und was der Verfaßer des originalen huoches^
- gewesen, wollen wir nicht muthmaßen, obgleich es viel-
- leicht nicht so schwer sein möchte.. Der dagegen,,
- soweit wir ihn mehr tastend als fest greifend von jenem
- zu sondern vermögen, war vor allen Dingen kein Spiel-
- mann des Schlages, wie die Verfaßer des Salomon und!
- Morolt, des Oswald, des Orendel u. s. w., sondern den
- Verfaßern des Alexander und des Rolandsliedes oder der
- Eaiserchronik an Bildung, Lebensänschauung, geselliger
- SteUung u. s. w. gleich. Wer den Rother zu jener Spiel-
- mannspoesie wirft, deren prägnanteste Figuren wir
- nannten, zeigt, daß er ihn nie mit Aufmerksamkeit und.
- innerem Verständniss gelesen hat. Damit wäre noch
- nicht gesagt, daß der Dichter dem geistlichen Stande,,
- wie der Pfaffe Conrad gewiss, die Verfaßer des Alexander
- und der Kaiserchronik wahrscheinlich angehörte. Ohne-
- hin würde dadurch der Begriff «Spielmann» in der unend-
- lichen Dehnbarkeit seiner damaligen Bedeutung keines-
- wegs ausgeschloßen sein. Denn aus unzähligen verlot-
- terten Klerikern, auch solchen, die schon die höhern
- Weihen hatten, rekrutierte sich ja diese Zunft, oder
- vielmehr ünzunft am reichlichsten. Unser Dichter ge-
- hörte aber nicht bloß nieht dazu, sondern er wollte auchi
- EINLEITUNG. LXVII
- ausdrücklich nicht dazu gezählt werden. Nimmermehr
- hätte einer, der selbst sich als spileman fühlte, mit
- solchem schadenfrohen Humor das schmähliche Miss-
- geschick seiner Standesgenoßen, die Prügelstrafe, die an
- hundert spileman vollzogen wird, schildern können, wiei
- er es gethan hat. Auch sonst ist hier die Rolle dieser
- Leute eine zwar ganz aus der Wirklichkeit gegriffene, aber
- keineswegs ehrenvolle: zu jedem Gaunerstück, das kein
- anderer unternehmen mag, sind sie bereit und wie man
- zu sagen pflegt, in allen Waßem gewaschen.
- Daß der Verfaßer deshalb , weil er kein spüe-
- man und in Geist und Lebenshaltung den Dichtern des
- Rolandsliedes u. s. w. innigst verwandt war, ein Geist-
- licher gewesen sein werde, vermuthen wir zwar, be-
- haupten es aber nicht, obgleich wir ihn noch weniger
- etwa in der Klasse der ritterlichen Berufsdichter suchen,
- als deren erster namhafter Vertreter, freilich unzweifelhaft
- nicht der erste, den es überhaupt gegeben hat, später
- Heinrich von Veldeke galt. Für die Jahre 1150 — 1160
- möchten sich solche schwerlich nachweisen laßen: sie sind
- ein etwas jüngerer Trieb der höfischen Treibhauspflanze,
- und selbst wenn wir unsere ältesten Lyriker, voran den
- apokryphen Kürenberger, noch für älter als 1150
- halten wollen, so ist es doch noch etwas anderes, ob
- ein Ritterbürtiger einmal ein kunstgerechtes Minnelied zu
- singen verstand, oder ob man einem solchen zutraut,
- daß er ein erzählendes Gedicht von mehreren tausend
- Versen verfertigen konnte. Dazu gehört eine auch äußer-
- lich schon einigermaßen abgeschloßene berufsmäßige
- Routine, die sich damals, so viel wir wißen, nur bei den
- Spielleuten und bei den Geistlichen fand. Und darum
- behaupten wir zwar nicht, aber halten es für wahr-
- scheinlich, daß auch unser Dichter der letztgenannten
- Klasse zuzurechnen sei. Nichts in seinem Werke wider-
- streitet dieser Annahme, vieles spricht dafür, zwar nicht
- allein und entscheidend, aber doch in Verbindung und
- zur Unterstützung des unabhängig davon gewonnenen nega-
- tiven Ergebnisses, daß er nicht wohl etwas anderes ge-
- wesen sein kann, immerhin mit einiger Beweiskraft.
- Denn auf das münchen des Helden, d. h. daß er schließlich
- e*
- liXVin EINLEITUNG.
- ins Kloster geht , geben wir selbstverständlich nichts,
- besonders deshalb, weil dieser Zug möglicherweise schon
- der Vorlage angehörte. Freilich werden wir darin noch
- weniger ein Kennzeichen der Spielmannsdichtung fin-
- den, wie andere gethan -haben, weil auch Wolfdietrich,
- Oswald , Orendel u. s. w. mit demselben erbaulichen Ende
- ausstaffiert sind, während z. B. im Alexander- und Rolands-
- liede sich nichts davon findet. Es möchte denn doch
- wohl ein Kunststück gewesen sein, Alexander oder Karl
- den Großen auf diese Art vom Schauplatz abtreten zu
- laßen. Jedenfalls lag eine solche Schlußscene einem
- Geistlichen noch näher als einem spileman, wie man sich
- . deren Art und Wesen gewöhnlich zu denken pflegt, obgleich
- auch sie, wenn sie auf die Thränendrüsen der Zuhörer
- speculierten , einen solchen Zug begreiflich nicht ver-
- schmähten. Mischt auch unser Dichter keine directe
- und unzweideutige geistliche Gelehrsamkeit in lateinischen
- Citaten u. s. w. ein, wie sie, aber doch nur sehr ver-
- einzelt, in dem ihm nächst verwandten Kreiße begegnet,
- so zeigt er sich doch überall als einen in seiner Art und
- nach dem Maße seiner Zeit und seines Publikums kennt-
- nissreichen Mann, wobei wir allerdings häufig unser Unver-
- mögen zugestehen müßen — ein anderer weiß sich viel-
- leicht beßer Rath — seine eigensten Zuthaten von der
- seiner Vorlage zu unterscheiden. Nur das fällt uns auf,
- daß alle jene, besonders gegen den Schluß sich mehren-
- den specifisch erbaulichen Stellen, so etwa 4397 fg. und
- öl 17 fg. im Versbau und Stil eine größere Geschmeidigkeit
- zeigen, als ihre übrige Umgebung oder viele andere Theile
- des Gedichtes. Man dürfte vielleicht daraus abnehmen,
- daß sie der jüngeren Hand ausschließlich angehören, die
- anderwärts, auch wo sie richtete, doch begreiflich sehr
- viel Trümmer des alten Baues ohne völlig stilgerechte
- Modification stehen ließ, natürlich nur solche, die es
- entweder zu schwer fiel, gänzlich umzuschmelzen , oder
- die so wie sie einmal dastanden, doch noch immer zur
- Noth auch von den Ohren eines etwa zwanzig Jahre
- lang im rapidesten literarischen Fortschritt begriffenen
- Publikums ertragen werden konnten.
- Die Sprache des Gedichts ist in dem Bisherigen schon
- EINLEITUNG. LXIX
- öfter als ein Mittel zu seiner genaneren Charakteristik
- benatzt worden. Sie gehört den Kheinlanden an, das ist
- unschwer zu sehen, schwerer aber diese etwas weitschich-
- tige Bezeichnung in engere Grenzen einzuschließen, wie man
- doch gerne möchte. Daß wir nur eine einzige Handschrift
- (Heidelberger Hs.) benutzen können, erleichtert und erschwert
- ein solches Unternehmen. Denn die Fragmente von drei an-
- deren erweisen sich bei genauerer Prüfung — das badensche
- (nach unserer Zählung von 1002 — 1054), die drei hanno-
- verischen (5139 fg. bis zum Schluße), die neuerlichst auf-
- gefundenen Münchener Fragmente (4062 fg., 4099 fg.,
- 4584 fg., 4621 fg., vgl. Sitzungsberichte der philologisch-
- historischen Klasse der baiiischen Akademie der Wissen-
- schaften, 1869, n, Hefts) — als ebenso viel in ihrer
- Art selbständige Ueberarbeitungen, ein Beweis, wie schon
- bemerkt, daß unser Gedicht innerhalb einer gewissen
- Periode docb eine ziemliche Verbreitung gefunden habeij
- muß. Sie weichen nämlich, wie die Vergleichung öiit
- H lehrt, nicht bloß nach Art anderer Handschriften
- durch relativ selbständige, der Localmundart ihres
- Schreibers mehr oder minder angepasste Sprachformen ab,
- sondern durch eine veränderte Technik des Verses und
- Reimes, oft auch des ganzen Stiles, durch ein sichtbares
- Bestreben alles, was hierin und in der Sprache einer
- späteren Zeit veraltet erschien, abzuschleifen oder aus-
- zutilgen. Sie sind also, die eine freilich vor der an-
- dern, ähnliche Producte des rihten, vielleicht auch des
- tihten, wie H selbst im Verhältniss zu seinem Original ein
- solches ist. Am genauesten schließen sich noch die Münch-
- ner Fragmente an, die von ihrem Auffinder und Heraus-
- geber mit Recht in die erste Zeit des 13. Jahrhunderts
- gesetzt werden, möglicherweise auch noch dem 12. Jahr-
- hundert angehören. Aber auch sie sind durchgreifend
- verändert, schon dadurch, daß sie merkwürdigerweise
- eine consequente Umschreibung in die Formen der bairi-
- schen Mundart zeigen und so durch die sichtbare Kluft
- zwischen diesen und den ursprünglichen, die auf einem
- andern Wege gewonnene Ansicht von dem rheinischen
- Ursprung des Gedichtes auch von dieser Seite her dar-
- thun. Denn alle diese bairischen Formen sind nur äußerlich
- liXXn EINLEITimG.
- gestalt des Werkes in dem öfters entwickelten Sinne den»
- heutigen Publikum zugänglich zu machen, oder, wenn
- man anmaßender reden will, sie so gut als möglich wieder-
- herzustellen. Dafür aber ist die sprachliche Individualitälr
- des zufällig einzigen Hülfsmittels, dessen wir uns dabei:
- bedienen können, an sich völlig gleichgültig.
- Im Lautsystem der Mundart sind die Abweichungen»
- ihrer Vocalisation stärker als die ihres Consonantismus^
- obwohl sich auch dieser von dem mhd. Kanon bedeutend
- entfernt. Im Bereiche der Vocale sind hier keine Um-
- laute entwickelt, mit Ausnahme des e von a ungefähr in-
- dem Umfange des Mhd. und e für mhd. <5, Umlaut von a^,
- aber mit diesem seinem Grundlaute wechselnd. Hier gibt
- es also kein ü^ noch weniger ö, kein du, kein üe, auch*
- kein iu^ soweit es Umlaut von ü ist. Die vocalischen
- Grundlaute selbst sind vielfach ineinander geflogen, auch«
- wo sie der Hauptton des Wortes schützen sollte. A und
- e wechseln zwar selten, aber doch hier und da mitein-
- ander, e tritt oft für i ein, seltener i für e, o für «r
- erscheint besonders vor den Liquiden. Dagegen hat sich-
- d reiner erhalten und ist weder mit e noch mit 6 ge-
- radezu vertauscht, wie es die Mundart des Schreibern
- von H häufig thut. Daß die Behandlung der Diphthonge
- sich stark von dem mhd. Schema entfernt, versteht sich
- von selbst. Neben ei gilt auch e, besonders vor Nasalen^
- Dieß e ersetzt auch ie, wofür aber auch % stehen kann
- oder vor Position i, sodaß z. B. die Formen gienc, ffenCy
- ginc (aber nicht gtnc) gleichberechtigt sind. ersetzt
- das mhd. uo, das nur selten, fraglich ob überhaupt der
- Mundart des Dichters zustehend, auftaucht. Mit 6 theüt
- sich ü in dieselbe Function, vielleicht so, wenn Rück-
- schltiße aus der späteren Geschichte dieser Mundart ge-
- stattet sind, daß ü als das jüngere, aber keineswegs etwa
- bloß dem Schreiber von H zuständige zu betrachten ist^
- Dieser würde wahrscheinlich eher 6 oder ött, vieDeicht
- auch de vorgezogen haben. Ö vertritt aber auch, ob-
- gleich selten mhd. (m, aber im Keime können diese bei-
- den 6 nicht miteinander gebunden werden, ein Zeichen,
- daß ihre Qualität eine verschiedene war. Die Mundart
- von H geht hier offenbar viel weiter ah die des
- EINLEITUNG. LXXin
- Dichters tmdmanche ihrer ö=om würden diesem sehr fremd-
- artig geklangen hahen. Ü hat neben dem Ersatz von
- d = mhd. wo, wie schon bemerkt für e«, Umlaut von ü zu
- fungieren, aber anch im weitesten Umfange für den alten
- Diphthong m, der selten, aber dann doch wohl sicher, als
- solcher geschrieben wird. Für den Ausfall so vieler
- Diphthonge schafft die Mundart einigen Ersatz. Sie
- bildet ein neues ie aus i vor Sibilanten, während der
- Schreiber von H noch viel weiter geht und vor allen
- Dentalen dieß neue ie begünstigt; ihm allein gehört auch
- ie für I an, das gerade so wie das obige ie geschrieben,
- doch in der Aussprache sich weit davon entfernt: ie ist
- ein wirklicher Diphthong, ie für % ein unechter, eigentlich
- eine Länge mit nachtönender Kürze. Für mhd. ie in
- der Präteritalbildung der früheren redupl. V. steht oft
- eiy was wir nicht als eine bloße «Uradrehung» der
- Laute, sondern als Nebenform von e=^ie also eigentlich
- H faßen. Wenn H diesem ei auch noch weiteren Spiel-
- raum gestattet, z. B. Äei für Tue, leit für liet schreibt,
- so scheint dieß nach unsern Beobachtungen nur ihm,
- nicht dem Dichter zuzugehören. Gleiches gilt für den
- umgekehrten Fall, ie für ei, liet für Icit u. s. w. Die
- Keime beweisen schon, daß die Mundart des Dichters
- damit nichts zu schaffen hat. Ebenso o« für ö, während
- die seltenen Beispiele von ou für 6 = mhd. uo möglicher-
- weise nicht bloß dem Schreiber zugehören, was auch von
- ot« = mhd. ö gilt, wo es vor. gewissen Consonanten selbst
- wieder ein altes au ersetzt. Ob sich dieses in solchem
- Falle erhalten, oder ob nicht vielmehr ou in isouch u. s. w.
- erst im Durchgange durch 6 in ou, d. h. dann wohl 6u
- anseinandergezogen ist, wollen wir hier nicht weiter
- erörtern.
- Die hochbetonten Kürzen vor einfachem Consonanten-
- Schluß der Silbe haben schon eine deutliche Neigung, sich
- durch die Aussprache zu dehnen , wie in allen mehr oder
- minder niederd. gefärbten Mundarten dieser Zeit, ja wie
- auch in denen, die man specifisch mitteld. nennen darf.
- Selbst im Reime sind einige dieser neuentstandenen
- Längen schon in Verbindung mit altberechtigten ver-
- ivandt worden, wie die Anmerkungen ergeben. Mag da-
- LXXIV EINLEITUNG-
- durch auch die Rhythmik der Sprache gestört worden
- ^ein, so ist doch ohne Frage ihre Klangfülle erhöht.
- Außerhalb der Haupttonsilbe zeichnet sich die Mund-
- art durch die weitgehende Erhaltung, resp. Erzeugung
- lebhaft gefärbter Vocale aus, da wo mhd. ein e in ab-
- steigender Schwächung des Nebentones bis zu seinem
- völligen Verstummen zu stehen pflegt. Am häufigsten
- erscheint i in dieser Function, in unzähligen Ableitungs-
- und Flexionssilben. Hier und da, keineswegs aber in
- Mehrzahl der Fälle, geht es auf denselben historisch
- berechtigten Laut zurück, so in kuninc, BotheriSj heizif,
- aber nicht in manic, zuhtiny heizin u. s. w. Es erscheint
- ebenso auch in den der Haupttoiisilbe vorhergehenden
- Compositions- (Partikel) Elementen, wie in gi^ in(t),
- vir U.S. w. neben den gewöhnlichen mhd. ge^ en(t)^ ver u.s. w.
- Metrisch ist es dem mhd. e ganz gleichwerthig.
- In geringeren! Umfange macht sich ein gleichfalls
- nur theilweise auf altberechtigtes ö zurückzuführendes
- tieftoniges o, das wohl immer oder meist 6 sein wird,
- gelteird, besonders in abgeleiteten Verben aller Klassen,
- Avobei das uralte Schwanken unserer Sprache zwischen
- den Ableitungen jan, en und 6n in Anschlag zu bringen
- ist. Noch seltener erscheint ein a, besonders in Infiiütiv-
- formen, wo es sich jedenfalls nicht von der Urzeit her
- erhalten hat, weil es häufig auch die Ableitungen en und
- 6n ersetzt, und mit letzterer hier gelegentlich wechselt,
- sodaß z. B. dienan, dienön und dienin nebeneinander
- gelten können. Auch ein tieftoniges u vor Consonanten-
- verbindungen, die mit dem Nasal n beginnen, trägt
- dazu bei, den Klang der Mundart kräftiger zu machen,
- ' Im Bereiche der Consonanten weicht im ganzen,
- wie schon bemerkt wurde, die Physfognomie der Mund-
- art nicht so stark von der mhd. ab. Alle charakte-
- ristischen Laute desselben sind auch hier und meist an
- derselben Stelle zu finden, und das Selbständige erscheint
- mehr wie eine bloße Abstumpfung oder wie ein Zurück-
- bleiben hinter einem principiell auch hier gültigen Ziele.
- Aber das ist ja überhaupt das Bild aller mitteldeutschen
- Mundarten, älterer und neuerer Zeit, aus östlicher und
- EINLEITUNG. LXXV.
- ivestlicher Heimat und insofern kein individueller Zug
- der unseren. Nur daß hier gelegentlich wohl auch schon
- einige echt niederd. Einflüße sich geltend machen, die
- bei den Yocalen auch da nicht angenommen zu werden
- l)rauchen, wo die Qualität der Laute mit der niederd.
- stimmt, z. B. wo e frtr ei und ie u. s. w. eintritt. Das
- ist alles allgemein mitteldeutsch und selbstwüchsig mittel-
- deutsch. Anders aber ist es , wenn wie hier die Aspira-
- tion der Media oder die weiche Spirans auf Kosten der
- eigentlichen Media eine unverhältnissmäßige Ausdehnung ge-
- ironn^ hat, wenn in den Labialen die weiche Spirans v das
- h allein oder in den Combinationen Iby rb verdrängt oder
- beschränkt (natürlich nur im Inlaut, denn im Auslaut
- tritt dann die harte Spirans / ein, also ffäven aber gaf^
- sterven aber starf u. s. w.). Oder wenn dieß v in fast
- unmerkbarer Weise in seine Verdoppelung w=w ver-
- läuft, sodaß nicht bloß, wie es ja auch die ältere ahd.
- Weise oberdeutscher Mundarten ist, nach den Dentalen
- <« natürlich eingerechnet) v das spätere w ersetzt, also
- ^vache^ svazf zvd, zvelf u. s. w., »ndern auch fortwäh-
- rend ein Schwanken zwischen den beiden , Lautzeichen
- eintritt, das wir in den meisten Fällen unzweifelhaft dem
- entschieden niederrheinischen Schreiber der Hs., in man-
- chen aber auch der Vorlage zuerkennen möchten — in
- diesem Falle haben wir es, eben weil die Scheidung
- über unsere Kräfte geht, überall mit dem gewöhnlichen
- mhd. oder mitteld. w gegeben — oder wenn die Spiranten
- der Gutturallaute sich im Verhältniss zum Mhd. oder auch
- Mitteld. unverhältnissmäßig breit machen, wenn also z. B.
- ^h in sibinzichy tröch, plach u. s. w. steht, oder im In-
- laut sägen, insagiz, negein und dergl. Denn dieß g
- darf nicht als Media, sondern als mediale Spirans gefaßt
- iverden und könnte wohl mit gJ^y wie es ahd. geschah
- und im Mittelniederländischen geschieht, geschrieben
- werden, daher es denn auch in der weichen Mundart
- iies Schreibers für ch vor Consonanten wie z. B. in rigter
- für richter , oder im Auslaute ig für ich, gebraucht wird,
- •ebenso wie ch hier kein Doppellaut mehr ist, c -}- Ä, sondern
- 4ie einfache harte Spirans, für welche die deutsche Schrift
- von Anfang an kein anderes Zeichen hat, daher mau
- liXXVI EINLEITUNG.
- denn auch entweder den in der Sprache so verbreitet ent
- Laut c oder h-\-h mit demselben Zeichen zu geben ge-
- nöthigt war, oder durch eine unbehülfliche Combination
- cch, die bald verlaßen wurde, oder durch das für die
- echte Tenuis gültige Zeichen c oder h. Daß dieses hier
- wirklich die echte Tenuis ausdrückt, nicht die aspirierte
- der meisten mittel- und aller oberdeutschen Mundarten,
- bedarf keiner Bemerkung. Der Anlaut in Icuninc, Jean
- u. s. w., lautet also hier ganz anders als in den auch in
- oberdeutschen Denkmälern vorkommenden ganz identisch
- geschriebenen Formen. Der Schreiber der Hs. geht noch
- viel weiter, aber meist ohne andere Laute als die der
- Mundart seiner Vorlage zu meinen. Wenn er clacliCy
- manichis und dergl. gibt, so will er damit nur die Schär-
- fung, nicht die Verhärtung des Lautes ausdrücken, daher
- denn in solchen, sehr seltenen Fällen, unser Text, der
- die Vorlage und nicht das Werk des zufälligen Schreibers
- veranschaulicht, g setzt. Er thut dieß aber auch ander-
- wärts, wo es nicht immer so leicht ist ihn zu contro-
- lieren. So glauben ffir z. B., daß die zatilreichen seh
- die den sc fast die Wage halten, noch mehr die einzeln
- dafür functionierenden sg oder ssg nur ihm zugehören,
- daß also der Dichter scal, seöne, sculde, ja sogar viel-
- leicht auch noch skellen , sJcHt u. s. w. sprach und schrei-
- ben ließ, und daß die Spirans, harte oder weiche, hier
- den tiefer am Rhein herrschenden Dialekt verräth. Doch
- haben wir uns nicht getraut, diese Ansicht in unserer
- Ausgabe durchzuführen, weil die Fälle des seh so massen-
- haft sind und der Schreiber sonst viel schüchterner seine
- Besonderheit geltend zu machen pflegt. Wir haben so-
- gar die einzelnen sh vor e und i bewahrt, weil sie mög-
- licherweise doch der Mundart des Dichters gehören. Es
- wäre ja denkbar, daß ebenso wohl aus Oberdeutschland,
- wo seh für sk um die Mitte des Jahrhunderts sich schon
- zu verbreiten begann, wie vom Niederrhein her dasselbe
- auch in der Heimat des Dichters sich einbürgerte..
- So zeigt es sich deutlich z. B. in dem so nahe ver-
- wandten Amsteiner Marienieich, während der Friedberger
- Christ nur sc hat.
- Mit diesem ch ist aber ein anderes nicht zu ver-
- EINLEITUNa LXXVII
- -wechseln, das sehr vereinzelt, aber desto merkwürdiger
- durchbricht, z. B. im Anlaut in dem zusammengesetzten
- Wort echoney im Inlaut in nachit, bliche, im Auslaut
- roch für mhd. roc u. s. w. Dieß ch kann weder der
- Mundart des Schreibers, noch der des Dichters gehören,
- es ist specifisch oberdeutsch, nämlich jenes c-\-h, was
- mit demselben Zeichen, das für die Spirans gilt, gegeben
- wurde, und bekanntlich durch das ganze Mittelalter, be-
- sonders auf bairisch- österreichischem Gebiete in Gebrauch
- war. Wir sehen darin unbedenklich einen, wenn auch sehr
- geringen Rest bairischer Einflüße , vielleicht des Schreibers
- der Originalhandschrift, die in Baiern, wie sich aus an-
- dern Gründen ergeben hat, geschrieben wurde, und die,
- wenn sie auch die Laute der rheinischen Mundart des
- Dichters wiederzugeben sich bemühte, doch selbstverständ-
- lich allerlei Einflüßen aus der nächsten Umgebung Raum
- gab. Wir haben es nur in echone, wo es kein Miss^^r-
- ständniss zuläßt, beibehalten.
- In die Rubrik der specifisch niederrheinischen und
- insofern niederdeutschen Momente gehört auch der Wechsel
- zwischen den Spiranten der Gutturalen und Labia-
- len, zwischen ch (resp. h) und/ in der Verbindung/^. Eine
- Menge von Reimen scheint diese bekannte Eigenthtim-
- lichkeit des bezeichneten Kreißes zu erhärten: freilich
- ist hier und da auch ein cracht u. s. w. geschrieben , wo
- es nicht passt, dafür fehlt es auch oft, wo es nach dem
- Reim stehen könnte. ' Erwägt man aber andere Fälle,
- z. B. wich: lif, herlich: Uf oder den zweisilbigen Reim
- hegriffin: beswichiUf wo überall / auf der einen Seite
- ebenso unantastbar fest steht als ch auf der andern —
- denn die bequeme Conjectur lieh für lif wird im Ernste
- niemand vorschlagen, der erwägt, daß das Subst, lieh
- dem Gedichte ganz unbekannt ist — dann auch noch daß in
- den zahlreichen Fällen, wo haß auf macht, nacht u. dergl.
- gebunden ist, ein hacht, was zur Noth dem eigentlichen
- Mittelniederländischen dieser Zeit zustünde, hier absolut
- ausgeschloßen ist, femer daß überhaupt in den übrigen
- nächstverwandten Sprachdenkmälern dieß ch für/ nicht statt
- hat — denn die drei Fälle, wo im Herbort, einem späteren
- Seitenverwandten dieser Mundart, ch für / im Reime
- LXXVm EINLEITUNG.
- erscheint (5597, 6197, 7963), wird man bloß als Vel-
- deke'sche Einflüße gelten laßen dürfen — : so glauben wir,
- ist der Schluß berechtigt, daß nicht ein einziges dieser
- fraglichen ch in / verändert werden darf, sondera dai^
- wir hier ungenaue consonantische Reime vor uns haben^
- deren Analogien in andern Consonantenbereichen in wahr-
- haft erdrückender Fülle zu haben sind. Dem Schreiber
- waren sie sehr mundgerecht, daher hat er sie auch oft
- gesetzt, wo sie auch ihm nicht nothwendig gewesen wären^
- so wenn er 1194 haftin: uncrachten u. s. w. schrigibt^
- oder wenn er 4308 cracfte im Reime auf hafte setzt,,
- wo er erachte schreiben wollte, wie er sprach, aber der
- Reim ihn doch zum Beharren bei der richtigen Form
- crafte bewog.
- Daß sich sonst einzelne Vertauschungen zwischen
- / jind ch finden, theils solche die der Mundart des
- Schreibers zustehen, in welcher beide Laute sich sehr
- nahe berührten, theils andere, die als bloße Schreib-
- fehler anzusehen sind, berühren wir nicht weiter, ebenso-
- wenig die gleichfalls nur der Hs. an gehörigen ch im Aus-
- laut für ty wie zieh für zit^ trüch für trüt u. s. w., worin
- man keine Schreibfehler, wohl aber Formen, die dem;
- Originaltext gänzlich fremd sind, sehen darf.
- Dagegen ist das niederd. h (e) für eh hier und da
- sicher dem Original gehörig, so in leike, rike im Inlaut,,
- sicy dure u. s. w. im Auslaut, deutlich durch folgende anlau-
- tende Gutturalen veranlaßt. Ebenso t für z meist im Auslaut,,
- wie hat: seat, göt (göz): hrot^ vöt: geseJtöt, also nicht
- bloß die weit über das niederdeutsche Gebiet streifenden.
- daty wat, it, dit, aber auch einzeln im Inlaul, wie-
- die Reime riete: Uete, vote: berörten zeigen. Dem
- Schreiber war dieß t natürlich noch viel mundgerechter,,
- wie man, wenn man es sonst nicht wüßte, aus den
- vielen Correcturen sehen würde, wo er es wieder in das
- seine Vorlage beherrschende z zurücksetzen mußte. Ueber-
- haupt hat ihm dieß so fremdartige z Noth genug ge-
- macht und zu vielen Fehlem Veranlaß«ng gegeben.
- Parallel dem k und t zeigt sich p für ph, pf oder /•
- Im Anlaut überwiegt es fast, wie pelle, pennine ^ pin-
- kesten, plegen u. s. w. beweisen. Dieß j^ ist nun be-
- EINLEITUNG. LXXI±
- kanntlich weit hinauf am Eheine bis in die gemischten
- fränkisch- alemannischen Gebiete verbreitet und insofern
- nichts Specifisches, aber im In- und Auslaute, hier eben
- darum so selten erscheinend, gehört es niederdeutschen
- Einflüßen an, oder weist nach dem niederdeutschen Sprach-
- stand hin. Dem Schreiber war es angeboren, daher er
- es öfter unberechtigt eindrängt.
- Andere Lauteigenthümlichkeiten darf man , wenn man
- tiberhaupt auf den Schematismus solcher Terminologien
- Werth legt, auch dann als mitteldeutsch bezeichnen,
- wenn sie sich in verwandter oder gleicher Qualität in
- der niederdeutschen, speciell niederrheinischen Zone finden.
- Dahin gehört das Festhalten der vorhochdeutschen dentalen
- Media d im An-, In- und Auslaut, im Inlaut sogar in
- der Verdoppelung dd, natürlich ohne die hochd. Tennis,,
- die die gesammte Schriftsprache der Zeit, mit Ausnahme
- der eigentlichen Niederlande und des friesischen und
- sächsischen Gebietes beherrschte, ganz zu verdrängen..
- Auf diese Art sind oft mehr für das Auge als für das
- Gehör seltsame Mischformen entstanden, wie sie freilich
- überall begegnen, wo sich weder die reine Mundart,,
- noch eine festgeprägte Schriftsprache allein durchzu-
- setzen vermag, nicht bloß in diesem Specialfalle oder
- auch nur in diesem Gedichte.
- Mitteldeutsch ist das fast consequent durchgeführte
- ch für h in Con^onantenverb. cht für mhd. ht, chs für Ä5,
- oder was im Princip damit identisch ist, die Ausstoßung
- dieses h, sodaß beides, Hecht und llet, richtige Formen
- i^ind. Ihre Begründung liegt in dem Herabsinken des h
- zu einem bloßen Hauche, der eben darum da, wo er dieß
- nicht sein konnte, wie vor Consonanten, mit dem der-
- beren ch vertauscht werden oder ganz verschwinden
- mußte. Eben darum auch ist er im Auslaute so oft ganz
- geschwunden und nur einzeln, wie in iÄ, sah u. s. w.
- noch geschrieben worden, nicht um die ahd. Geltung
- dieses Zeichens zu repräsentieren, sondern weil die Mund-
- art hier auf bloß vocalisch auslautende Formen hinsteuert,,
- sie aber poch nicht erreicht hat. Der Schreiber von
- H sprach im Anlaut dieses /*, wie seine Landsleute noch
- jetzt, so dünn und leicht, beinahe wie den sogenannten
- LXXX EINLEITUNG.
- Spiritus lenis des Griechischen, daher er denn sehr oft
- es da setzt, wo seine Vorlage es nicht hatte, in der es,
- wie in ihren andern mitteldeutschen Verwandten, immer
- dem Spiritus asper gleichwerthig ist, umgekehrt es auch
- wegläßt, wo es dort stand. Mitteldeutsch ist ferner die
- sichtliche Neigung, auch im Auslaut die Media festzu-
- halten, während die an das eigentliche Niederländische
- nahe streifende Mundart des Schreibers umgekehrt die
- Tennis begünstigt. Da diese auch von der andern Seite,
- von Oberdeutschland her, wo sie sich wahrscheinlich
- schon damals im Auslaute, wie im späteren Mhd. durch-
- gesetzt hatte, Einfluß auf die Sprache des Dichters üben
- konnte, so ist es unmöglich, in jedem einzelnen Falle
- gerade hier das ihm oder seinen Intentionen Entsprechende
- herauszufühlen.
- Mitteldeutsch ist auch das Bestreben, gewisse End-
- consonanten abzuwerfen oder möglichst abzuschleifen.
- Dahin gehört vor allem t nach n und s, besonders in
- den Verbalformen, doch keineswegs nur in ihnen — die
- Mundart des Schreibers geht auch hier, wie die Reime
- zeigen, weiter als die des Dichters, dem Formen wie
- rech, nich u. s. w. fremd sind — desgleichen mitteldeutsch
- die Einbuße, welche n und m im Auslaut allein stehend
- oder vor Consonanten, namentlich t, an ihrer Qualität
- als reinlich geschiedene Nasale der Dentalen und Labialen
- erlitten haben. Für sie ist wie heute in derselben Mund-
- art, unbedingt nur die Qualität eines nach- oder vor-
- klingenden Nasenlautes an sich, ein richtiges Anuswara,
- zuzugeben, sodaß also Reime wie quam: kan oder samt:
- laut für das Ohr des Dichters viel weniger als für unser
- Auge anstößig sind. Wollte man dafür aber qifran: Jcan^
- sant: lant schreiben, so hätte man weder ein historisch
- berechtigtes, noch auch ein wirklich den Sachverhalt
- treffendes Kunststück gezierter Pedanterie geliefert, an
- dem wir unsererseits wenig Geschmack linden. Denn n
- bezeichnet eben einen ganz anderen Laut und für den,
- den es in diesem besondern Fall bezeichnen soll, besitzt
- die deutsche Schrift kein allgemein angenommenes Zeichen.
- Dagegen ist das gänzliche Schwinden des w, worauf
- so viele Reime wie gewinnen: minne, lande: handen u.s.w.
- EINLEITUNO. LXXXI
- -za deuten scheinen, nirgends für die Vorlage, sondern
- nur für die Hs., in deren Mundart es noch jetzt so
- Tcrbreitet ist, zuzugeben. Andere mitteldeutsche Dialekte
- älterer und neuerer Zeit haben auch diesen Zug mit
- ihr gemeinsam, nur nicht gerade die auf dem rechten
- Rheinufer von der Lahn bis zur Sieg. Jene Keime werden
- ^so für Wirklich unregelmäßige zu halten sein, nur ist
- diese UnregelmäiSigkeit keine sehr auffallende.
- Desgleichen gehört der Mundart des Schreibers eine
- entschied^ie Abneigung gegen r in Consonantenverbin-
- düng oder im Auslaut — dem Dichter in diesem Falle
- höchstens in di für dir^ m% für mir — an. Noch jetzt
- ist ihr und ihrer nächsten Verwandten, der kölnischen,
- dieser Zug so eigenthümlich, daß er sehr häufig zu ihrer
- Yolksmäßigen Charakteristik benutzt wird, £benso sind
- die aus derselben Quelle stammenden Umsetzungen des r,
- wenn tröste für torste, trulich für türlich steht, oder
- ebenso gut umgekehrt torste für tröste^ virst für vrist (wo
- r dann im völligen Verhauen begri£Fen ist) meist nur dem
- Schreiber, nicht dem Dichter zuzurechnen, wofür die Reime
- ausreichende Beweise liefern. Für den letzteren ist nur
- zuzugeben, daß r vor Consonanten ihm zwar nicht ver-
- schwand, aber doch nicht in seiner reinen dentalen Qua-
- lität tönte, sodaß Reime wie varn: Aspitän^ wart: hat,
- oder auch vöte: herorten, ihm nicht so auffällig klangen,
- wie uns.
- Diese Skizze mag hier'bei abbrechen, da es hier ja
- doch nicht auf eine systematische Darstellung der Mund-
- art, sondern nur auf eine vorläufige Verständigung über
- ihre auffallendsten lautlichen Züge abgesehen ist. Zur
- Mundart gehört aber noch sehr viel anderes, was hier
- nicht einmal berührt werden kann. So weit es zur Er-*
- kenntniss der Formen, der Wortbedeutungen und syntak-
- tischen Structuren nöthig ist, su^hen es die Anmerkungen
- unter dem Texte zu berücksichtigen, auf die hiermit
- verwiesen sein soll. Wir haben es aus leicht begreif-
- lichem Grunde für praktisch gehalten, überall die ent-
- sprechenden mhd. Formen danebenzustellen, nicht als
- wenn diese die mustergültige Schablone wären, sondern
- Kftirxa BOTHBH. f
- *LXXxn EINLKITtmO.
- weil sie def Mehrzahl der L^er die geläufigeren der
- altem Sprache sind.
- Ebenso will die nun folgende tJebersicbt der wesent-
- lichsten Eigenthümlichkeiten in der poetischen Technik,,
- im Versbau und Reimgebrauch, auch für nichts weiteres:
- als für eine bloße Skizze gelten. Eingehendere Erörte-
- rungen darfiber, sowie über das sprachliche Moment be»
- halten wir einer anderen Grelegenheit vor.
- Unser Gedicht besteht im Großen und Ganzen aus
- den bekannten paarweise gereimten Versen, welche die
- deutsche erzählende Poesie geistlichen oder weltlichen
- Inhalts schon lange vor ihm und lange nach ihm vor-
- zugsweise verwendete. Diese Verse selbst bestehen auch,
- hier aus vier rhythmischen Hebungen mit dazwischen ge^
- schobenen Senkungen, die jedoch nicht immer durch be^
- sondere Worttheile dargestellt werden mttfien, sondern
- auch als bloße Pausen zwisdien den Hebungen vorhan-
- den sein können. In solchem Falle wird man bei der
- Keoitation dem Austönen der Hebung dasselbe Maß zu
- geben haben, was sonst für Hebung und wirklich ge-
- schriebene Senkung erforderlich wäre, sodaß der Um-
- fang des ganzen Verses, nicht bloß seine rhythmisdie
- Bewegung sich immer gleich bleibt, mög^ die Sen-
- kungen, wie man sich ausdrückt, ausgefüllt sein oder
- nicht. Dem Verse kann ein sogenannter Auftakt von
- einer oder mehr Silben vorhergehen, der metrisch
- und rhythmisch indifferent ist und deshalb ebaiso gut
- auch fehlt.
- Dieses allgemeine Schema erleidet ab^ manche Modi-
- ficationen. Es sind im ganzen dieselben, die in all^i
- deutschen Gedichten der Zeit begegnen, und Rother zeleiuiet
- sich weder durch strengere Eegelriehtigkeit im spätem
- Sinne, noch durch größere Freiheit ans. Für die aus-
- gebildete Verstechnik der eigentlich mhd. Periode gilt
- der Grundsatz, daß sowohl die Hebungen, wie die Sen-
- kungen nur einsilbig sein können, oder jede von ihnen
- nur dann zweisilbig, wenn eine dieser beiden Sflben ein
- in der gewöhnlichen Aussprache verstummendes e ent*
- hält. Auch hier gilt dieser Grundsatz, aber in bedeut-
- samer Erweiterung. Jenes der Mundart und Zeit so
- EINLB1TÜK0. LXXXIU
- charakt^stiscbe i, was sich für alle Arten von e ein-
- drängt, wird, wie schon bemerkt, dem mhd. e an der-
- selben Stelle ganz gleich gerechnet. So wie also das
- mhd. künee wegen seines stammen e einem eigentlichen
- einsilbigen Wort wie kint in der Hebung gleich im Werth
- ist, so auch hier das entsprechende kuninc, oder wie mhd.
- sibenzec, Magete^ sagete n. s. w. Hebung und Senkung
- fallt, so hier sibinzich^ klagite, sagite.
- Das Gleiche gilt auch für die Senkung. Auf diese
- Art sind zweisilbige Senkungen z. B. in zornetis, üwe-
- tis, anderin, ebenso wie die mhd. zurnetesty iuwereSy
- anderen statthaft.
- Schwieriger, d. h. von dem gewöhnlichen mhd. Schema
- abweichender, gestaltet sich aber der metrische Gebrauch
- in unserm Gedichte dadurch, dalS die Senkungen häufig
- -eine Ueberladung zeigen, die der kunstgerechte Poesie
- der späteren Zeit fremd ist. Zwei unbetonte Silben, in
- denen die eine dem vorhergehenden, die andere dem
- folgenden Worte angehört, können hier unbedenklich,
- iiuch wenn die erste consonäütisch schließt, die zweite
- ebenso beginnt, für die Senkung verwandt werden z. B.
- vrouwen ge/zSme, tn^zen ge/niezen. An der Stelle einer
- solchen untrennbaren Yorsatzpartikel kann auch ein
- selbständiges Wort von geringem, oder gar keinem eigenen
- Ton, also kein für den Sinn bedeutsames stehen, wie
- hMfet mer, das ebenso gut aber auch einen andern be-
- liebigen, kurzen oder langen Vocal haben kann, z. B.
- v^get mir, waren die, wo man auch mer und di oder
- de oder volgt, warn schreiben könnte, aber nicht zu
- schreiben braucht; begünden sie, vindit sie, zühtin an,
- oder alle s6 u. s. w., wo man gleichfalls nicht al, die
- flexionslose hier häufig vorkommende Form, schreiben wird.
- Weim in solchen zweisilbigen Senkungen die zweite Senkung
- die untrennbare Vorsatzpartikel ge enthält, wie in nu/heiz *
- dir ge/winnen, nie/mdn sin ge/want u. s. w., so kann, braucht
- aber nicht die dem deutschen Munde fast allerwärts so
- beliebte unmittelbare Lautverbindung gw einzutreten.
- Dagegen in wären ge/vazzQf-, sUt uns ge/vöchltche u. s. w.
- bedarf es weder eines warn für wären, noch eines vazzöt,
- i*
- LXXXIV EINLEITUNG.
- vochliche für gev.^ sondern es ist und bleibt eine für das
- Ohr der späteren Zeit überladene Senkung, an der aber
- die frühere Kunst keinen Anstoß nahm, schon darum
- nicht, weil ihre Verse, wenn auch im Rhythmus und all-
- gemeinen metrischen Verhältniss identisch mit denen
- eines Veldeke oder Hartmann, doch entsprechend den
- zahlreichen volleren vocalischen Elementen in Ableitung
- und Flexion im langsameren und getrageneren Tempo
- einherschritten. Das Maß des einzelnen Fußes ist also
- hier ein größeres als das entsprechende in der höfischen
- Kunstperiode. Natürlich vertheilt es sich auf Senkung
- und Hebung, und wenn wir der Senkung eine größere
- Ausdehnung zuschreiben, nehmen wir auch für die Hebung
- ein stärkeres rhythmisches Gewicht und dem entsprechend
- eine größere Zeitdauer in Anspruch, ohne jedoch zu be-
- haupten, daß sie deshalb sich von dem ihr naturnoth-
- wendigen Gesetz der Einsilbigkeit, abgerechnet jene schon
- oben erwähnten Fälle, dispensieren könne.
- W^er unserer eben vorgetragenen Ansicht beistimmt,
- wird mit uns auch die nicht seltene Ueberladung des
- sogenannten Auftaktes, dessen Wesen schon berührt ist,
- daraus erklären. Zwei Silben in ihm können nicht auf-
- fallen, falls sie nur die Bedingungen erfüllen, die oben
- angedeutet sind, besoaders wenn sie, wie wene 18,. die
- ich 20, 90 ich 121 u. s. w., auf die eine oder andere
- Weise kaum über das Maß einer Silbe hinausgehen.
- Ebenso ist ein daz ich 35, dat er S7 ^ do sprach 139
- und dergl. erlaubt. Aber auch dreisilbige sind häufig
- wie dajs ime 17, unde vir/skieäe 29, daz du mir 1110,
- ■ich wil daz 1130 u. s. w., am liebsten, wie ja auch noch
- in viel späteren Gedichten, so daß die mittelste Silbe
- das relativ größte Gewicht hat, wie er sprach ^ swer 190
- u. s. w., ja sogar viersilbige wie de ime zu 28, was leicht
- beinahe zweisilbig gesprochen werden kann, oder aiser
- vor den 102, was. niemand dreisilbig sprechen wird,
- kommen nicht so ganz selten vor. Keiner dieser über-
- ladenen Auftakte widerspricht dem Begriffe desselben,
- wenn er auch dem ausgebildeten höfischen Vers zu viel
- Ballast gäbe.
- Die Mehrzahl aller Verse in unserm Gedicht geht,
- EINLEITUNG. LXXXV
- Tfenn *man die obigen Bemerkungen über die Behandlung
- der Senkung und des Auftakts in Anwendung bringt,
- nicht über das allgemein gtütige Maß von vier Hebungen
- hinaus. Aber für eine Anzahl derselben ist doch eine
- Ausnahme zuzugeben und zwar nach zwei Seiten hin;
- es gibt, um die gewöhnliche Bezeichnung zu gebrauchen,
- auch im Rother, wie in der ganzen Gruppe seiner Yer*
- wandten, Yerse, die zu lang und solche, die zu kurz sind.
- Selbst wenn man berücksichtigt, daß die auf einer einzigen
- keineswegs tadellosen Hs. beruhende Textüberlieferung
- häufig den Boden, auf den sich die Untersuchung über^
- haupt zu stellen hat, etwas unsicher macht, sind die
- Beispiele doch so zahlreich, daß sie nicht allein daraus
- zu erklären sind, noch viel weniger würde eine solche
- Erklärung anderswo zureichen. Zu lange Yerse stehen:
- 1) Im Beginn eines neuen Abschnittes der Erzählung
- Lüpolt der sprach ei aller erist 63, wo fünf Hebungen
- anzusetzen sind, da erist zwei dergleichen enthält, wie
- sich später ergeben wird. Nu sagit man uns van silver
- und van golde ^lA, mit sechs Hebungen aus demselben
- Grunde. Des antworde dö Böther der getrüwe man 498.
- lehne darf nicheinis gerechtes hie z6 hove 735. Er
- sprach ader herre nemach vor Böthere nicht genesen
- 949 u. s. f. 2) Am Ende eines solchen Abschnittes*):
- der icerhit dir aller trüwelichis umbe daz megetin 99,
- helit, nu saltuz durc dtn selbes frumicheit dön 115,
- dae wir dne lasier vor ein kuninc mugin tragen 133,
- ich wil diner schiffe wol mit trüwen plegen 217 u. s. f.
- viel häufiger als 1. 3) Auch innerhalb eines dem Sinne
- *) In diesem Falle kaDD wohl auch noch ein gewohnlicher
- Vers nachfolgen, aber nur dann, wenn das Ende des Abschnitts
- besonders scharf einschneidet, also um moderne für das
- Auge geschaffene Hülfsmittel zu vergleichen, wenn nicht bloß
- ein Paragraph, sondern ein Kapitel zu Ende ist. So 825: sie
- gelobetin daz ste hietin Rotkere Thtderich^ daz ddten die herren
- herlich. Wenn, wie in dem unter 3) citierten Verse 165, nur
- ein einzelner Vers vorhergeht, so konnte man diesen 6e-
- j^rauch unter 1) stellen und für eine absichtliche tFmkehrung
- desselben erklären.
- LXXXVI EIKLErrUNÖ.
- nach genauer zusammengehörenden grölSeren Abschnittes,
- innerhalb der Rede einer und derselben Person u. s. w.,
- aber immer nur dann, wenn an solcher Stelle eine
- gewisse Pause des Vortrags gestattet ist: und weit
- euch wol tve ie umbe daz w%f stät 94, ^'ün den stade
- wolde LiupoU der hellt göt 165, und hat got dene
- riehen unde den gdden 186, gegin Constinopole dar eö
- Krechen 200, her wolde dine iochtir zeiner Jcwiiginne
- hän 319 u. s. f. nicht so häufig wie 2), aber häufiger
- als 1). Ueberall könnte unsere Interpunction nach einem
- solchen Langvers Punkt und Gedankenstrich füglich
- verwenden, ohne daß eine solche compliciertere Inter-
- punction gerade nöthig wäre, weil der einfache Punkt
- auch genügt.
- Keiner dieser Langverse reimt, je mit einem andern,
- der über seine herkömmliche Länge von vier Hebungen
- ausgedehnt wäre. Auch stehen nie zwei nacheinander,
- selten auch in größerer Nähe beieinander. Sie erschei-
- nen in allen Theilen des Gedichtes, doch in der ersten
- Hälfte um vieles häufiger als in der zweiten, niemals
- aber da , was damit aufs engste zusammenhängt , wo wir
- aus ganz andern Gründen die Arbeit der letzten Hand
- ausschließlich vor uns zu haben glauben, also nicht in
- den specifisch bairischen Zuthaten, auch nicht in den er*
- baulichen und lehrhaften Ergoßen, die wohl scbwerlich
- der ursprünglichen Grundlage angehören, wohl aber dem
- letzten ümarbeiter oder Dichter, nicht dem Schreiber
- unserer Hs.
- Neben diesen zu langen Versen sind die zu
- kurzen leicht dahin zu charakterisieren, daß ihnen ein
- Fuß fehlt, ohne daß der Sinn u. s. w. dieß als zufälligen
- Mangel der schriftlichen Ueberlieferung vermuthen läßt.
- Sie stehen überall, obwohl sehr viel seltener als ihr
- Gegentheil. Sie finden sich aber ebensowenig wie dieses
- in den Partien, die wir für das Werk des letzten Um-
- arbeiters ansprechen. Dazu gehören nicht Verse wie
- alle geliche; Meine gewieröt; zö Dietertche^ die richtig
- betont, vier Hebungen haben {alle geliche y kleine gewie^
- rot, zö Bieter tche)j sondern solche mQ oster over si 65,
- xaxusixjma, sxzxvn
- <^6r in unser laut 257, her in diz lant 291, hin s6
- Kriechen 515, üz der nMe 1411 u. s. w. '*')
- Ui^ej^br die Hälfte aller Verse ist in der gewöhn-
- liehen Weise stuipf gereknt. Der stumpfe Reim ist ent*
- ^eder einsilbig: man: kan, in: bin n. s. w., oder die
- erste Silbe enthäU eine reine betonte Länge, die zweite
- ein e oder t, welches e man als stnmm zu bezeichnen pflegt,
- dbEWohl es immer mehr oder weniger gehört wurde , so
- lange die Schrift es noch bewahrt hat; so mere: here,
- :mite: site, ffevin: levin^ widir: nidir. Ein solcher
- dumpfer Reim kann ^itweder eine ausgefüllte Senkung
- Tor sich haben oder nicht: hi/riste man: undertän u.s. w.
- -oder ger^€^^s: pSrüs, mrsvellU: missevürU n. s. w., die
- letzte Art etwas seltener als die erste, die sich gleich-
- ;6a2n von selbst Inetet.
- Die Genaoigkeit dieser Reime weicht von dem, was
- 'die spätere ausgebildete Kunst erlaubte oder forderte,
- selbstverständlich oft weit ab. So reimen häufig: a: a,
- i: i, o: 6, gleidiviel vor weichem consonantischen Schlüge
- der Silbe oder auch in offener Silbe unbedenklich auf-
- einander: man: ffe4dn^ in: sin, got: gebot, aber nicht
- •eine der yerschiedenen Arten des e auf e (auch nicht
- *) Beide Abarten von der regelmäßigen Verskunst einer
- späteren Zeil bezeichnet der oben (LXI) citierte Umarbeiter des
- Keinhart sohon ganz charakteristisch. Beide sind auch aus
- dem Versbau der erzählenden Poesie seit Veldeke und wie es
- scheint , schon vor ihm verschwunden, denn schon das Gedicht
- Ton Pilatus hat sie nicht mehr. Alle älteren, namentlich die
- dem Bother zunächst verwandten, zeigen sie dagegen im Wesen
- in derselben G-estalt und Function wie hier, und überall sind
- die zu langen Verse häufiger als die zu kurzen. Für die
- ersleren wird eine zureiehende Erklärung weiter unten ver-
- sucht werden: die letzteren müßen nach den jetzt allgemein gül-
- tigen Ansichten über unsere ältere Metrik einfach als Unregel-
- mäßigkeiten angesehen werden, für die es an einer innern Er-
- klärung gebricht. Denn ihre Gegenstücke in der ahd. Periode
- z. B. das Otfridische fingär tkinän, oder im Ludwigsliede
- Bruöder »inemo m s. w. werden durch die dafür beliebte, von
- uns beihebaltene Accentuation zu ganz regelmäßig vierfach ge-
- hobenen Halbversen. Ob man aber für das 12. Jahrhundert
- ^«ter över si, oder her in unser lant u. s. w. accentuieren dürfe,
- 49eheint uns wenigstens mehr als zweifelhaft.
- xxxxTm siKLErruNO.
- c; e, während doch ie: % einzeln erscheint). Größere Fref-
- heiten noch erlauben die consonantischen Bestandtheile de^
- Reimes. Daß auslautendes n fast gleichgültig ist, kann nach
- dem oben bemerkten (vgl. LXXX) nicht auffallen, also mini-
- al, hi: din u. s. w. Auch nach sogenanntem stummen e
- namen: have, gevei leven u. s. w. Ebenso wenig, daß^
- m: n unzählige male sich bindet sam: man, samt: lanty.
- lossam: gewant, oder im zweisilbigen stumpfen Reime
- ane : schämen, namen : dane. Ebenso wechseln die Liqui-
- den {l,r) unter sich und mitn: gezalt: lant, gewöne: vore^
- femer die Medien aller Art, besonders im zweisilbigen
- stumpfen Reime: hoven: tragen (v die weiche Spirans),
- hove: gelogen, saubin: ^ugin (wo man vielleicht rich-
- tiger scuvin schreiben würde). Desgleichen die Tenuesr
- mäc: rät, niei: liep, hlanc: lant, und die harten Spi-
- ranten bodescaf: mach (einer der häufigsten Fälle von
- /; ch vgl. oben LXXVII), oder harte Spirans und s, hoft:
- ros, ritirschaf: was, was: nibrach, schaz: was, auch
- gisaz: sprach, was: virsaz, wo z im Auslaut dem hartei»
- s ungefähr gleich zu rechnen ist, sogar schaz: bode-
- scaf (oder mit weiterem Zusatz: schaz: ma^enhraft), wo-
- vielleicht der Doppellaut z (< + 5) für eine einfache-
- Spirans gerechnet wird, ähnlich wie in nacht: sprach, tisci
- gewis, was: kraft, gröz: trost u. s. w. gleichsam nur der
- erste Consonant für den Reim zählt, oder umgekehrt
- in man: varn, stat: kraft, sogar wart: hat der
- zweite. Endconsonanten nach Yocaleu können auch
- außer dem oben berührten n gleichfalls entbehrt werden,,
- besonders r und t, se: her, gelovet: hqve, Yereinzelt
- geht die Freiheit so weit, daß der Reim auf eine bloße-
- Assonanz reduciert ist, wie in din: sis 933, stdl: stönf
- 915. In Fällen, wie gän: sagen, muß man das zwei-
- silbige Wort durch die Aussprache der Mundart, wie in^
- so vielen mitteldeutschen, auf eine einsilbige Form ge-
- bracht denken, also gän: sän, was freilich für degen:
- kelen und dergleichen nicht gilt.
- Fällt, wie nicht ganz in der Hälfte* aller Verse ge-
- schieht, die letzte Senkung vor der letzten Hebung aus^
- so erfaßt der Reim gewöhnlich, aber wie schon gezeigt,
- mobi immer auch die vorletzte Hebung, und es entsteht
- EIKLEITimO. LXXXIX
- auf diese Art eia zweisilbiger Beim, über zwei volle
- Versfüße, so um von den massenliaften Beispielen nur
- die ersten sich bietenden anzuführen 3 fg. : in der stat
- gö Bär^f da lebete er zu wäre mit vil grözin ^ren,
- ime dientin andere h&ren. Ueberall ist hier das e als
- tieftoniges behandelt, füllt einen ganzen Fuß und wird
- im Beime ebenso gehört wie der vorhergehende gleich-
- falls reimende Yocal. Natürlich gilt dasselbe auch für
- das ein e ersetzende i, also Mn: Mrln u. s. w.
- In diesen zweisilbigen Keimen können noch größere
- Freiheiten stattfinden als in den stumpfen. Sind die Yocale
- in beiden gleich, so kommt es auf die Consonanten we-
- niger an, so lange: manne^ lande: beMlden, sande:
- äanne^ vaeeen: machin, gräven: wären, hur gäre: vrägen,
- werde: berge, reckin: trechtin, Krecheti: siezen, wtben:
- 8%den, minnen: bringen, sinnin: vindin, schiffen: wistin,
- crdne: Borne, rockten: gemöte oder mit Diphthongen:
- eide: unmeine, sicheiner: leiden, kiele: schiere, ziehen:
- kielen, vrouwen: bouge, ougin: gelouvin. . Oder es wird
- bei wirklicher oder annähernder Genauigkeit in den
- consonantischen Bestandtheilen des Keimes der Yocal
- weniger beachtet und so findet, wie wir annehmen, eine
- Art von zweisilbigem auch statt in Fällen wie: senden:
- landen, zoumstrenge: borlange, schenkin: tränke, bezzir:
- wazzir, valde: weide, alle: vulle, mannin: intrunnin;
- wollen: snelle, ^nnen: bekennen, sorgen: herbergen, vorten:
- Berten, vluchten: tr echten, lußen: kreßen, gierin: herin,
- diete: nöte, diete: goten, wo für diete auch die mund-
- artlich gleichberechtigte Form dete angesetzt werden
- könnte. Und nach dieser Analogie eine Menge von Kei-
- men wie quemen: Ionen, neben quämen: Ionen, was man
- deshalb nicht überall zu substituieren braucht, da m: n
- kaum als ungleiche Consonanten empfunden werden, wäh-
- rend die EUnneigung des a zu o oder auch umgekehrt, einen
- fast richtigen Keim für das Gehör hervorbringt, weshalb
- auch im stumpfen einsilbigen Keime z. B. Judas: virlös
- zwar als besondere Keimfreiheit, aber doch nicht eigent-
- lich als Fehler gelten darf.
- Als eine nicht ganz seltene Abart dieser Doppel*
- reime, wie man sie wohl nennen darf, sind diejenigen zu
- xc BiNLXixuira.
- erwähnen, die zwischen den beidm Hebimgen die Smh
- kung wirklich ansgefÜlM; haben. Die T Hehu&g
- ist in diesem Falle immer eine hodibetonte Kttrze (auch
- ohne Position), die Senkung ein sogenamite» stummes e
- oder i. Hierfdr genügt natürlich . noch eher ein nnge«
- fährer Gleichklang der ersten Silben, so hminffe: vru^
- migCy wo die Aenderung hunige: vrumige alls» wohl*
- feil ist, magene: samene, kamerin: wagenin, gedih»
- gene: nidere, ged.: himeU, menige: hetide^ vertriveM: ge^
- mdde n. s. w.
- Kicht als Boppelreime sind aber diejenigen zu rech«
- nen, in denen die letzte Silbe ein unbetontes e enlhälti
- das fttr den Beim ebenso gleichgültig ist wie für den
- Bhytfamus and die metrische Ausdehnung des Verses«
- Es sind die überall in gleichzeitigen und schon äkeren
- Gedichten auftauchenden eigentlich einsilbigen Reime, die
- nur den Schein der Zweisilbigfceit haben. Romanisd^n
- Einfluß darin zu sehen, ist nach ihrem mindestens- seit
- Beginn des 12. Jahrhunderts nachweisbaren Vorkommen
- in Deutschlattd unstatthaft. Sie zeigen yiehnehr, daß die
- in der gewöhnlichen Sprache mehr und mehr um sich
- greifende Neigung, den Tiefton, überhaupt das Gesetz der
- absteigenden Betonung zu vernachläßigen, besonders wenn
- jener auf eine Silbe traf, in welcher das klanglose e frühere
- klangvollere Vocale verdrängt hatte, einzeln auch in d^
- Dichtkunst, neben dem von ihr gehegten Gesetze der
- Tieftonigkeit Eingang fand- Auf diese Art entstehen
- Verse mit vier Hebungen und sogenanntem kMngendem
- Reime, ein Ausdruck, der als völlig unzweckmäßig in der
- That aufgegeben werden sollte, weil er gelegentlich ge^
- rade das Gegentheil von dem bezdchnet, was er eigent*
- lieh bezeichnen müßte. Diese Art Verse ist immer, und
- mit Recht, nur mit ihres gleichen gepaart, niemals mit
- solchen, in denen die beiden letzten Silben rhytlunisch
- accentuiert sind und ganze Versfüße vorstelle, währ^d
- in ihnen die letzte Silbe so wenig zum Vors nothw^dig
- ist, wie der Auftakt. Sie sind in der Praxis leicht
- daran zu erkennen, daß sie richtig gelesen, via: volle
- Hebungen oder Füße vor diesem gleichgültigen Vers-
- schluß haben. So hier:
- SZKLXI7UKG. XCr
- XOÖL Miher nkode böden / dräte
- n&ch/ Lupoide in 6ine keme/näte,
- ^wo abgeselien Ton der schwebenden Betonung Ldpoldo
- Jeden^^ die erste Hebung trägt,
- 144 6ilf grSvin fme dö swö'ren
- daz si ir harren ümbe die mägit vßren
- 394 nu nekän ü nich^in man gesägen
- die wunder die in den kielen lägen,
- zugleich mit Verlängerung des an sich kurzen a in sagen, ein
- Umstand, der eben hier metrisch völlig gleichgültig ist.
- 672 sowilich in intwtchit vor der stängin
- unde h6r in mit dem swdrte geldngit u. s. f.
- Hier und da kaim es zweif(^aft sein, ob man einen
- ^solchen Yersäas^aöig oder einen der viel gewöhnlichem
- mit wirklich zweisilbigem Beime (wozu alle diese «n sich
- auch fähig wären) vor sich hat, wenn nämlich die Sebei^
- dang des Auftakts von dem eigentlichen Yerse schwieriger
- ist als in den angeführten Beispielen, so:
- 140 hSrre woldet ir mich senden
- hinnen zö der erden enden.*)
- Keben der großen üeberzahl paarweise gestellter
- Keime, die auch hier schon mit Vorliebe so geordnet
- sind, daß die nächstzugehörigen Satz- oder Sinnes-
- ;glieder nicht auch noch durch den Reim verbunden und
- dadurch allzu isoliert würden, eine Kunst, die man ge^
- rade nicht von französischen Vorbildern zu lernen brauchte,
- *) Als relativ für die Erkenntniss der Technik im Rother
- gleichgültigere Erscheinungen seien hier unten noch- erwähnt:
- 1) die rührenden Kdime, die hier nicht häufiger aber auch nicht
- «elteaer als in älteren und gleichzeitigen Werken sichln den.
- X>Le stumpfen einsilbigen sind genau, denn sin: «t ist kaum als
- Fehler zu rechnen; die zweisilbigen schon freier, so wide:
- wider] dife sogenannten klingenden, die immer Doppelreim
- haben (siehe oben) noch freier, so willens wiUesf herre: heren,
- ■2) Die Vedätigerung eigentlleh kurser Vocale im klingenden
- Reime, die gleichflills schon an einem. Beispiele gezeigt wurde,
- ^ndet entsprechend der Mundart öfter statt, überall aber, mit
- Ausnahme eines oder zweier Fälle — 2498 wiederholt 2563 —
- tritt sie nur dann ein, wenn die letzte Silbe des Verses nicht
- 56lbstäQdig rhythmisch betont, also tonlos ist.
- XCU EIKLEITUNG.
- obwohl sie z. B. im Alexander noch systematischer als im
- Rother durchgeführt ist, findet sich auch häufig derselbe
- Beimklang einsilbig oder zweisilbig, doch öfter das erste^
- als das letzte, durch yier Verse festgehalten. Beispiele
- sind allenthalben, das erste 326 — 329 in dem besonders
- beliebten Reime an (an). Auffallend ist gelegentlich nicht
- bloß derselbe Reim, sondern dasselbe Reimwort zweimal
- gesetzt 1708 — 11 man: quam, spüeman: quam, gleich
- darauf mere: werCy mere: were, wo wenigstens 1714^
- 1715 sehr verdächtig sind und jedenfalls ohne Schaden
- ausfallen könnten.
- Viel seltener sind sechs dergleichen zusammengefügt,
- die man dann in drei Paare aufzulösen hat, um sie auf
- das gewöhnliche Schema zu bringen.
- Dieß ist aber unmöglich mit dem nicht häufigen, aber
- doch ein Dutzend mal erscheinenden, durch drei Verse-
- gehenden Reim, dessen erstes Beispiel 49 fg.:
- ir dienet aller degenliche.
- daz wizze aber got der riche,
- umbe d6 stät iz möweliche.
- Das zweite Beispiel 519 fg. hevängän: dän: lossam und
- 19 fg.; geliQhe: rtchh: Thiderichh, das dritte Beispiel^
- veranschaulichen zwei weitere Spielarten. Auffallend ist
- es, daß sie, abweichend von der sonst bekannten Ver-
- wendung, nicht immer, sogar nicht vorzugsweise zur Mar-
- kierung größerer Abschnitte, sondern mitten in solchen,
- allerdings immer so, daß wenigstens nach unserer Inter-
- punctionsweise ein Punkt oder Semikolon stehen könnte^
- auftreten.
- Ihre eigentliche Erklärung scheint uns nur möglich
- im Zusammenhang mit der Erwägung eines andern
- Problems, ob unser Gedicht noch Spuren strophischer
- Zusammenfaßung und welche? aufweist. Es ist das mit
- großer Bestinmitheit, gerade nicht für den vorliegenden
- hs. Text, aber für seine Grundlage behaupten wor-
- den. Wie anderwärts sollten auch hier sechszeilige,
- paarweise gereimte Strophen sich finden, wir sind
- aber der Meinung, daß selbst der Urheber dieser Ver-
- — ^thun^ jetzt wohl schwerlich mehr daran glaubt und
- EINLEITUNG. XCni
- noch weniger irgend jemand, der sich genauer mit der
- Oomposition des Rother vertraut macht. Als Reste sol-
- cher Strophen können also weder diese dreifachen, noch
- die oben erwähnten sechsfachen Reime gelten.
- Wo diese dreifachen auftreten, dürften überall auch
- Jene über das gewöhnliche MalS hinaus gedehnten Verse
- stehen, die, wie sich gezeigt hat, keineswegs zufällig
- oder an jeder beliebigen Stelle vorkommen. Sie bezeich-
- nen immer einen, wenn auch nicht immer einen tief ein-
- greifenden Abschnitt der Darstellung oder Rede. Sie
- sind also wie diese als bewul^tes Ennstmittel und nicht
- ^Is bloße Spielerei oder Kunststückchen anzusehen, wo-
- für man die vierfachen Reime unbedenklich halten darf,
- da diese mit dem Sinne in gar keiner nachweisbaren
- Yerbindung stehen, und nur zufallig hier und da einmal
- init einem Abschnitte zusammentreffen. Baraus folgern wir,
- 4aß* beide Formen, die überlangen Yerse und diese drei-
- fachen Reime begrifflich identisch sind. Aelter ist natürlich
- jener Fall, wo ein zu langer Vers erscheint. Ein solcher
- ist nichts weiter als eine wirkliche alte Langzeile von
- ursprünglich acht Hebungen, die aber durch Cäsur in der
- Mitte und Pause am Ende allenfalls auf fünf, häufiger
- auf sechs, seltener sieben Hebungen reduciert ist. Nie
- kann sie acht haben, so wenig wie vier. Der Reim, der
- in der Mitte stehen sollte ist eben deshalb an das Ende
- verlegt. Sobald man nun an diesen Langzeilen Anstoß
- nahm , lag nichts näher als sie auf der Cäsur wieder mit
- einem Reime zu versehen und dann auf das gewöhnliche
- Schema von vier Hebungen zu bringen. Dieß ist der
- Ursprung und die Bedeutung der dreifach gereimten Verse
- hier und in anderen Denkmälern der Zeit. Später ist
- daraus ebenso natürlich eine bloße Mode geworden, die
- aber nicht viel Anklang gefunden hat, bis sie z. B. im
- Passional zu einer Reimspielerei herabsinkt.
- Ein strophisches Element im eigentlichen Sinne kann
- man also darin nicht erkennen. Dazu müßte das Mittel
- viel systematischer oder pedantischer verwandt sein. Die
- Möglichkeit bleibt freilich immer offen, daß die Vorlage
- oder die älteste in ihren ümrißen uns noch erkennbare
- Gestalt des Gedichtes sich desselben viel häufiger, schwerlich
- aber regelmäßiger bediente. Darauf deutet die sebdfir
- erwäbBte Thatsacbe, daß Hberall da^ wo wir ans «ß&dem
- Grtliiden die Hand des letzten Dichters erkannten, sdclie-
- Langzeilen fehlen.
- War der Rother nidit etropliisch abgefaßt, so wnrde^
- er auch nioht gefif«ng6n, sondern gelesen oder recitiert
- und die Uet^ auf welche der Mamer anspielt, sind entr
- weder ein nngenaner Ausdruck, was das WahrschelBliohste
- ist, oder es gab daneben auch noch eine zum OesaBg^
- eingeri^tete Bearbeitung, von der wir nichts wißen. Daß^
- die aus bloßen Zweckmäßigkeitsgrflnden, um dem Leser
- Ton heute die Uebersicbt zu eiiei^tem, dsrdbgefilhrte
- Eintheilnng in größere Abschnitte aveh nicht in der ent-
- ferntesten Beziehung zu der möglichen Gestalt des Rother,,
- wenn wir ihn gesangsmäßig verarbeitet denken, noch
- weniger aber etwa zu den Liederkeimen, aus denen er
- viefieicfat einmal erwachsen ist, stek, s€9 hier nur^iodi
- mit einem Worte bemerkt.
- INHALT.
- Seite-
- Vorwort t
- Einleitung r
- KÖNIG ROTHER.
- I a
- n 31
- m 4&
- IV 76
- V 85
- VI 104
- Vn 123
- Vni 135
- IX 152
- X : 167
- XL 186
- Xn 201
- XnL 224
- Wortregister 256
- NamenTerzeichniss 276
- t
- I
- KÖNIG ßOTHEß.
- KÖNIG BOTHBB.
- In der Stadt Bari hielt der König Rother Hof. Ihm dienten
- 72 andere Könige als Vasallen. Er war der allerhehrste, der
- je die Krone des römischen Reiches trug. Alles besaß er, nur
- eine Gemahlin fehlte ihm. Seine Mannen riethen ihm, die
- Tochter des Königs Constantin von Konstantinopel als die einzige
- seiner würdige zu freien. Aber ihr Vater hatte bisjetzt jeden,
- der um sie geworben, mit dem Tode bestraft, weil er sie nicht
- von sich laßen wollte. Dennoch wird einer von den Mannen
- des Königs Rother, Lupolt, mit der Werbung beauftragt. Ehe
- er und elf andere ihn begleitende Gcafen die Schiffe zu der
- Meerfahrt besteigen, spielt ihnen Rother auf der Harfe drei künst-
- liche Weisen vor; wenn sie diese hören,* sollen sie wißen, daß
- er zu ihrer Hülfe nahe ist. Die edelen Boten kommen glücklich
- über das Meer, landen und erscheinen mit großem Gepränge,
- von allem Volke angestaunt, an dem Hofe des Königs Con-
- stantin. Dort richten sie ihr Gewerbe aus. Der König, traurig
- und zornig darüber, schont zwar ihres Lebens, weil sie als
- Boten gekommen sind, wirft sie aber in einen finstern Kerker,
- wo sie große Noth leiden. Ihre Schätze, Kleider, Zierath,
- Geschmeide, Rosse, die sie auf den Schiffen mitgebracht haben,
- nimmt er in sorgfältige Verwahrung.
- Bl deme westeren mere
- saz ein kuninc, der heiz Röthere.
- 1 deme, das im Mhd. gewöhnlich abgefallene auslautende
- stumme e des Dat. sing, der starken Declination des Masc. und
- Neutr. der Adj. u. Pron. ist hier meist erhalten, daher z. B.
- auch unten 6 ime nicht im, 31 weme u. s. w. ; wester adj.,
- w^estlich; wester mere^ das Adriatische Meer im Gegensatz zu
- dem Aegäischen. — 2 kuninc, diese alterthümliche Form des mhd.
- künec stm., König, ist die hier durchweg herrschende. Da«
- Schwanken zwischen der Schreibung kuninc und koninc erklärt
- sich aus der mundartlich schwankenden Aussprache des u, die
- dem o sehr näherkommt,, wie auch umgekehrt ein mhd. o ge-
- legentlich durch u ersetzt werden kann.. — heiz 3 sing, prset. des
- starken Verbums heizen, mhd. hiez. heiz, durch Vocalum Stellung,
- wie sie die Mundart des Gedichts und noch mehr die des Schrei-
- bers der zufällig allein fast vollständig erhaltenen Hs. liebt, aus
- KÖNIG BOTHBB.
- in der stat zu Bare,
- da lebete er zu wäre
- mit vil grözen ^rin.
- ime dientin andere hörin.
- zw^ne unde sibinzich kuninge,
- hiez entstanden, wechselt doch an einigen Stellen mit der ge-
- wöhnlichen Form hiez. — Röthere; dieser Name erscheint da-
- neben auch in der Form Rüther e. 6 und ü verhalten sich in der
- Mundart des Gedichts gerade so zueinander wie o und w , d. h.
- ein vorhochdeutsches o , das in den eigentlichen hochdeutschen
- Mundarten meist zu uo oder üe geworden ist, kann hier ent-
- weder in seiner reinen Qualität oder als ü auftreten, so got
- und gut, mot und müt u. s. w. Sehr selten findet sich nach
- mhd. Weise uo dafür gesetzt. Das auslautende e in -here ist
- hier gewöhnlich erhalten,* obgleich es im mhd. Gebrauche als ein
- stummes nach der Liquida r stehendes meist verschwindet. —
- 3 in der stat zu Bure, Die ältere Sprache pflegt den Ortsnamen,
- die wir jetzt appositionell neben die allgemeinen appellativen Be-
- zeichnungen: Stadt, Land u. s. w. setzen, noch eine Präposition
- vorauszuschicken. Die Praep. zu erscheint hier nicht bloß in der
- gleichwerthigen Form zb, sondern auch in den Formen zi und ze ;
- alsPrSBp. ist zuvl. zo wahrsch. oft kurz, alsLocaladv. immer lang. —
- Bcire, die deutsche Form des apulischen Stadtnamens Bari, im
- 12. und 13. Jahrh. ein Haupteinschiffungsplatz der den Seeweg
- nach dem heil. Lande einschlagenden Kreuzfahrer aus Deutsch-
- land und dem Norden von Europa überhaupt. — i zu wäre,
- in Wahrheit, sehr häufig eine bloß ausfüllende Forme], auf der
- kein Nachdruck liegt, wäre dat. sing, des substant. gebrauchten
- Neutr. des Adj. war. In demselben Sinne wird auch der Plur.
- zu wären angewandt und mit Anlehnung der Praep. an das Haupt-
- wort zwäre und zwären. — 5 vil, das indeclinable Adj. vil wird
- auch als steigerndes Adverb gebraucht. — r 6 wie, vgl. 1. — andere
- herin. Er war so mächtig und vornehm, daß ihm andere, die
- auch dem Herrenstande angehörten, fürstlichen und sogar könig-
- lichen Ranges waren, als Vasallen dienten. Rother ist von Anfang
- an als römischer Kaiser gedacht, wenn auch König genannt, weil
- der Name Kaiser die selbstverständliche Zubehör eines Königs ist,
- der über Rom gebietet und in Rom seine ideale Hauptstadt hat. —
- herin, die niederd. Form für das mhd. herre, herre; der Reim
- weist hier immer auf here, obgleich oft herre dafür geschrieben
- erscheint, was auch im Innern des Verses unbedenklich steht.
- Einmal 2483 als Titel vor einem Eigennamen erscheint auch her,
- die kürzeste Form. — 7 zwene unde sibinzich kuninge. Die Zahl
- 72 =6 X 12 ist wie die einfache Zwölfzahl und andere damit mul-
- tiplicierte eine solenne für die volksmäßig epische Tradition und
- \
- KÖNIG BOTHEU. 5
- biderve unde vrumige,
- die wären ime al nndertän.
- er was der aller heriste man 10
- der da zu R6me
- ie intfinc die cröne.
- Rüther was ein höre,
- sine dinc stnnden mit ^ren
- und mit grözin zuhtin an sfnen hove, 15
- iz ne haben die bdche gelogen,
- ihren poetischen Stil, sibinzich Dialectform , für mhd. sibenzic.
- ch im Auslaut als Verhärtung des stammhaften g in -zig^ indem g
- dieser Mundart nach und vor Vocalen als eine sogenannte weiche
- Spirans oder weicher Reibelaut gilt und daher mit gh bezeichnet
- werden könnte. — • 8 biderve, mhd. biderbe adj., tüchtig. — vru-
- mig^ mhd. vrümec adj., eigentlich nützlich , brauchbar, mittellat.
- utili8^ mit allen den Eigenschaften ausgerüstet, welche zu dem
- Begriffe «König» gehören. — 9 a/, flexionslose Form des Nom.
- pl. masc. von aL — 10 heriste mhd. hereste, superl. von her, adj.
- hekr. — 11 da zu Rome. dd, wie gewohnlich zur Verstärkung der
- Ortspraeposition bei Länder-, Städte- etc. Namen zugesetzt, wenn
- sie allein, ohne appellative oder generelle Bezeichnung, lanl,
- 8tat u. 8. w. stehen. — 12 intßnc, mhd. entfienc von ent/dhen stv.,
- empfangen. Die Kürze des i in ßnc gehört, wie die durch den
- Reim 1847 — 48 ginc: sint bewiesene des Praet. von gdn zu den
- feststehenden Zügen der Mundart. Daneben steht die Form/ene,
- wo e den Diphthong ie ersetzt.
- 14 sine mhd. siniu. Die Endung iu des Nom. acc. pl. der
- neutr. starken Declination des Adj. ist hier stets erloschen und
- darch e ersetzt. — dinc stn., alles, was eine Person angeht, ihr ge-
- hört. — stunden, mhd. stuonden, praßt, von stdn, unregelm. stv. Die
- Kürze des u bewiesen durch 2178 — 79 stunt: junc. — 15 an sinen
- hove, sinen ist nicht die schw. Adjectivform, sondern es ist mund-
- artlich m der Endung des starken Dat. sing., in n geschwächt. —
- 16 iz, neutr. des Pron. der 3. Person. Selten erscheint hier die
- mhd. gewöhnliche Form ez. — iz ne haben die boche gelogen^ ein-
- geschobener hypoth. Satz mit einfacher Negationspartikel ne. —
- die boche könnte nom. pl. des Fem. diu boche sein, das ahd. neben
- dem gewöhnlichen daz buoh noch im Gebrauch ist. Da aber
- hier in Rother überall sonst, wo sich das Genus sicher er-
- kennen läßt, nur daz b. vorkommt, so ist die boche auch als
- neutr. pl. anzusehen = mhd. diu buoch. lieber die Bedeutung
- dieser Berufung auf die Quelle vgl. die Einleitung. —
- 6 KÖNIG BOTHEB.
- daz ime da an nichtes ne gebrach,
- wene daz er äne vrouwen was.
- dö rededen die jungen gräven,
- die in deme hove wären, 20
- wie se äne vrouwen
- ir erbe solden bouwen.
- dö düchte sie daz michel recht,
- swär s6 wer ein gut knecht,
- deme die riebe werin al undertän 25
- 17 daz, so daß, abhängig von V. 15. — da an, so und nicht dar an,
- was man erwartet , scheint die auf der ersten Seite fast unleser-
- liche Hs. zu geben, da an bezieht sich auf die vorhergegangene
- Schilderung von der Herrlichkeit Rother's. — nichtes, gen. der
- subst. Negation, abhängig von gebrach, es gebrach ihm nichts
- an aller Vollkommenheit. — 18 wene daz. wene, mhd. wane,
- wan, außer daß. — line vrouwen, ohne Gemahlin, Herrin am Hofe
- und im Lande , denn die Stellung der mittelalterlichen Königin
- ist eine weit über das jetzige wesentlich privatrechtliche Ver-
- hältniß, in alle Sphären des öffentlichen Lebens eingreifende,
- daher denn auch das «Volk» oder seine geborenen Vertreter,
- die vornehmsten Mannen das Recht und die Pflicht habe«, sich
- um die Wahl einer solchen zu bekümmern. — 19 cfo, Zeit-
- partikel, zugleich die innere Verknüpfung mit dem Vorher-
- gehenden andeutend. — 21 se nom. pl. masc. des Pron. 3. Pers.,
- Abschwächung und Verkürzung von se = s«e; daneben auch si.
- — 22 ir erbe bouwen. erbe stn., der Besitz, der jemand durch Geburt
- und Herkunft zugehört, bouw. büwen swv., buchstäblich unser
- «bauen», hat doch einen ausgedehnteren Begriff, der wohnen, be-
- wohnen, das Grundeigenthum nach allen Seiten benutzen u. s.w.
- umfaßt. — 23 dächte praet. von dünken swv. — michel recht, michel
- adv., groß, sehr, verstärkend zu dem Adj. recht gesetzt. — 24 swtir
- so. swdr = so todr correlativ, wo nur immer, durch nachgesetztes
- so noch verstärkt. — war, die ältere Form für wd, wo. — wer,
- mhd. wtßre conj. prajt. von wesen. — gut knecht. knecht bezeichnet
- im Gegensatz zu r%ter den noch nicht zur Ritterwürde ge-
- langten, also meist jüngeren Mann ritterbürtigen Standes.
- Wenn aber der Gegensatz zu riter nicht ausdrücklich oder still-
- schweigend zu verstehen ist, so hat die oft vorkommende
- Formel gut knecht ungefähr den Sinn unseres heutigen «ein
- guter Geselle», kann von jung und alt gelten. — 25 die rtche
- nom. pl. von daz rtche stn. Der Plur. wird hier für uns ohne
- merklichen Unterschied von dem Sing, gebraucht, weil der ab-
- stracte Collectivbegriff rtche aus einer Menge einzelner Herr-
- schaftsrechte besteht. — al s. zu 9. —
- kOnig botheb. 7
- nnde sd manic wol geboren man,
- daz er ein wtp n^me,
- de ime zu vrouwen gez^me;
- unde virsciede er an erben,
- so wänden s^ irsterben: 30
- weme sie dan die cröne
- snlden geben zö Börne?
- 26 tool geboren, von hoher Geburt; der gewöhnliche Ritterstand
- konnte damals dieses Prsedicat, das nur für den Adel im eigent-
- lichen Sinne (vgl. 6) galt, nicht beanspruchen. — man, hier
- nicht der Mensch männlichen Geschlechts, sondern wie hämo
- im Mittellatein, der im Dienste eines anderen stehende, ihm
- daher eigene, wenn gleich selbst noch so vornehme Mann.
- Ob ein solcher außerdem auch noch persönlich frei, d. h. außer-
- halb seines Dienstrechtes auch noch zu Landrecht geboren war,
- ändert an seiner «Mannschaft>> nichts. — 27 neme, mhd. nceme,
- conj. prset. von nemen stT. — 28 de, mhd. die, dem Laute
- nach, während nach der Form diu entsprechen wurde; dieser
- Nom. der starken Declination des Fem. ist aber hier nur
- in sehr seltenen Fällen erhalten, gewöhnlich durch die ersetzt.
- de ist die abgeschwächte Form, die volle de, wo e = mhd.
- ie. Die Construction nach dem natürlichen Geschlecht von
- wip versteht sich von selbst. — gezeme conj. pfaet. von ge-
- zemen stv., passen. Die Satzfügung wird deutlich werden, so-
- bald man 27 daz er ein wip neme unmittelbar an 23 schließt,
- do duckte sie daz michel recht, und den zwischengeschobenen
- Satz als die Bedingung betrachtet, unter der die Forderung
- ausgesprochen ist: es däuchte sie recht, daß ein guter Geselle,
- dem so viel Ehre aber auch Verantwortung gehörte, ein Weib
- nehmen sollte. Die Begründung nach mittelalterlicher Auf-
- faßung ist im Folgenden enthalten. — 29 unde, nicht bloß ein-
- fache Satzverknüpfung, sondern Begründung des vorigen «näm-
- lich». — virsciede prset. conj. von virsceiden, mhd. verscheiden
- stv. — 30 wänden prset. von wenen == w swv., glauben, der
- sicheren Erwartung sein. — irsterben, mhd. ersterben stv., sp
- wäre es ihr Tod, Untergang. — 31 mhd. meist wem. Ueber
- die F5rm vgl. 1. — 32 sulden, oben 22 solden, beide Formen
- wechselnd, vgl. 2. — die crone z6 Rome wird nicht von
- den jungen Grafen allein verliehen, wie der Verfaßer des
- Rother recht wohl weiß, aber sie fühlen sich als Sprecher
- aller Wahlberechtigten. Wahl ist nach älterer deutscher Auf-
- faßung gleichbedeutend mit der freien Anerkennung des
- durch das Blut gegebenen Anspruches auf das Reich und die
- Krone. Erst im 13. Jahrhundert bildete sich die von den
- 8 KÖmG BOTHEB.
- Alsus redte der h^re
- «ich vorchte vil s^re
- daz ich kuninges dochter gehige 35
- unde iz tan uvele gethlge,
- dat er iz gewrechen an minen Itf.
- gerne hetich ein wol geboren wtf ,
- Päpsten aufgebrachte Vorstellung eines unbedingten Wahlrechtes,
- noch dazu einer beschränkten Anzahl von Fürsten. In dieser spä-
- teren Zeit wäre der Kummer dieser deutschen Fürsten, denn
- solche sind doch selbstverständlich gemeint, nicht zu begreifen.
- 33 Alsus, durch al verstärktes sus, Demonstrativpart. so.
- alsus wird hier nicht wie anderwärts bloß auf das Vorher-
- gehende bezogen, sondern dient auch zur Einführung eines
- noch nicht bekannten Folgenden. — 34 vorchte, mhd. vurhte,
- vürhte swv. — sere adv., schmerzlich, bekümmert, dann aber
- auch bloße Steigerung. — 35 dochter, mhd. tohter stf. — ^ in gehige
- für j der Ableitung, also für htje. ge- bedeutet hier das Fut.
- exact. oder Condit., wenn ich gefreit haben werde oder freien
- würde, gehört also nicht zu dem Begriffe des Verbalstammes. —
- 36 tan; dint verwandelt durch das vorhergehende z. — uvele, mhd.
- übele adv. — gethtge, mhd. gedihe. gedthen stv., gedeihen, von
- statten gehen, th hier, wie in einigen anderen seltenen Fällen noch
- ein Hest der alterthümlichen Orthographie, vielleicht der ältesten
- Vorlage, g mundartlich zwischen Vöcalen Ersatz des A; es ist in
- solchen Fällen immer als ein geschärfter Laut, gh, zu faßen:
- vgl. 7. — 37 daty neben der bei weitem überwiegenden Form
- daz, einzeln auch die niederd., wo t den Uebergang in z nicht
- vollzogen hat. — er, mhd. »r, ihr, pron. der 2. Person im PI.
- Der Wechsel zwischen den beiden Formen er und ir ist hier,
- ähnlich wie bei der und dir, mer und mir von dem größern
- oder geringern Gewicht der Betonung abhängig. Die Formen
- mit e gelten als die leichtem. — gewrechen, mhd. gerechet,
- 2. Person pl. conj. prses. des starken Verbums, wreehen hat
- noch das stammhafte vyr, was schon in den ältesten ahd. Sprach-
- denkmälern zu r vereinfacht ist, in dieser Mundart erhalten.
- Der Ausgang der 2. Person pl. ind. und conj. praes. und praet.
- auf -en für -et (oder -ent, was in der höfischen Sprache weit
- verbreitet ist) steht durch Reime wie 1167 — 68 leven: nemen;
- 1416 — 17 stn: drechtm; 1550 — 51 sdgin: wdrin u. s. w. ganz
- sicher. Erklärt, d. h. genetisch erklärt, darf er aber keines-
- wegs etwa durch einen bloßen Abwurf des t von jener Form
- ent statt et werden. — an minen l%f. minen für mtnem s. zu 15.
- lif, die harte Spirans für die weiche des Inlautes v, beide für
- mhd. b und p. — 38 hetich, für hete ich, praet. von haben, hän. —
- W> vgl. lif. —
- KÖNIG BOTHEB. 9
- die van allem adele
- gez^me eime koninge 40
- unde zu vrouwen riehen herzogen.
- ich ne weiz sie niergen in deme hoye,
- die mir so wol gevalle,
- daz ir sie lobit alle.»
- D6 heter einen gräven, 45
- der half im wol zu w&ren
- mit listen grözer ^ren:
- so diente er sime h^ren.
- des quam er stt in gröze n6t:
- Lüpolt heiz der hellt göt. 50
- der was in Rotheris hove
- mit grözeme vlize gezogen:
- er was sin man unde mäc,
- an deme stnnt ouch sin rät.
- der was der aller getrüiste man, 55
- 39 van, allgemein mittel- und niederd. Form für mhd. von. —
- 40 eime = eineme, durch Ausstoßung der lautlich der letzten
- Silbe me so nahe liegenden vorletzten ne und Erhaltung des
- sonst gefährdeten vocal. Ausgangs des Dat. sing, gebildete
- Form. — 42 niergen adv., in den damaligen mehr nach Ober-
- deutschland gehörigen Literaturwerken nicht zu Hause, ist unser
- nirgend, nirgends.
- 45 heter, s. zu 38, für hete er. — 46 jstJ wären==:m wäre, vgl. 4. —
- 47 mit listen grbzer eren, gen. von half abhängig, er verhalf ihm zu
- großen Ehren durch seine klugen Anschläge (lisf). — 48 stme
- —sineme, wie eime für eineme. — 49 des, absoluter Gen. des
- Neutr. daz, davon, darob. — quam praet. von komen stv., früher
- queman. — 50 helit, helet, mhd. helt, Held, stm. — 52 mit
- grozeme vKze gezogen, mit großer Sorgfalt erzogen. Der Hof
- ist die Schule und Erziehungsstätte der durch ihre Geburt
- zu Genossen (und Unterthanen) des Herrschers Bestimmten. —
- 53 man unde mdc, die alte alliterierende Formel, um das
- innigste Zugehörigkeitsverhältniß auszudrücken: durch Blut
- und erbliche Dienstbarkeit verbunden. — 54 stunt ouch sin
- rät. rat, das, was für ihn den König zur Förderung in
- irgend einer Beziehung, nicht blos mit «Rath» in unserm
- Sinne, sondern mit «Rath und That» gereichen konnte, be-
- ruhte wesentlich auf Lupolt. — 55 getrüiste, mhd. getriuweste,
- getreueste. —
- 10 KÖNIG BOTHEB.
- den ie sichein römisc knninc gewan.
- die türen volcdegene,
- die giengen z6 samene,
- die wisen alth^ren,
- die plagen grozer ^ren 60
- unde guter züchte under in.
- sie nanten ein megetin.
- Lüpolt der sprach zi aller ^rist
- «ich weiz, wizze Crist,
- öster over s^ 65
- einis rtken kuninges tochter vil h^r
- da zu Constantinopole ,
- in der m^ren bürge:
- ir vater heizit Constantin:
- schöne ist die tochter sin. 70
- siu lüchtit üz dem gedigene,
- 56 sichein, das unbestimmte Pron. oder Zahlwort ein, dnrch den
- noch nicht ganz durchsichtigen Vorschlag sich- noch mehr verall-
- gemeinert : irgend ein. — gewan, besaß; prset. von gewinnen stv. —
- 57 türen, mhd. tiure, theuer, werth. — volcdegene. volc, wie diet
- ein verstärkender ehrender Zusatz : die überall bekannten degene.
- degen, der man nach seinen Leistungen als Krieger gedacht,
- ursprünglich freilich nur das Geschlecht und eine gewisse Keife
- des Alters (waffenfähig) bezeichnend. — 59 altkeren, im Gegen-
- satz zu den vorlauten jungen Grafen in 19. 442 heißen sie die
- alden rdtgeben, — 60 plagen, mhd. pfldgen mit gen., etwas in
- Uebung haben. — 62 nanten praet. von nennen swv. — megetin,
- Verkleinerungsform zu maget, Mägdlein.
- 63 aller erist. erist, superl. von er; aller, verstärkend vor-
- tretender gen. pl., zu allererst.. — 64 wizze Crist, Betheuerungs-
- formel; wizze conj. von weiz. — 65 oster, Ortsadverb, auf die
- Frage wo? im Osten. — over, mhd. über. — se, jede größere
- Waßeransammlung , besonders das Meer. — 66 riken^ mhd.
- riehen, hier in der Mundart das alte k erhalten. — 68 meren,
- mhd. adj. mcere, berühmt, viel genannt. — bürg, jeder befestigte
- Ort großem oder geringem Umfangs , also kann auch die große
- Stadt Konstantinopel so genannt werden. — 70 schone, mhd.
- scheine adj. — li siu nom. sing. fem. des Pron. 3. Person,
- daneben gelten die Formen sie, si, selten su. — lüchtit, mhd.
- linktet von liuhten, leuchten swv. — gedigene stn., eigentlich
- die Gesammtheit der degene, dann das gesammte Hofgesinde. —
- KÖNIG BOTHEB. 11
- s6 daz gesterne van deme himele.
- siu lüchtit vor anderen wtben,
- s6 daz golt von der siden.
- sin ist in midin als6 smal, 75
- sie gez^me eime harren wal,
- und mochte von ir adele
- gezemen eime kuninge.
- ir dienet aller degenltche.
- daz wizze aber got der riebe, 80
- umbe d^ st&t iz möweliche,
- wände ir ne bat nie nechein man,
- er moste den lif virloren hÄn.»
- Als6 der kuninc dö vimam
- den rät der was getan, 85
- ein maregräve der heiz Herman,
- mid deme er iz reden began,
- wer der böte mochte sin,
- dß ime irwurbe daz megetin.
- d6 sprach der marcgräve 90
- aich sage dir ze wäre.
- 72 so, ^relat. wie. — gesterne^ mhd. nhd. gestvme stn., die Ge-
- sammtheit der Sterne. — 74 von der stden, wie das Gold, das
- zum Schmuck in oder auf Seidenzeug gewirkt oder gestickt
- ist. — 75 in midin ^ mhd. enmitten adv. Die schlanke Taille »
- gilt in der damaligen vornehmen Welt als eine Hauptschönheit. '
- — 76 wal, wale , mittel- und niederd. Form für mhd. wo/, tco/e,
- hier und anderwärts durch den Reim gesichert. — 79 aller de-
- genltche^ eigentlich gen. vondegen verbunden mit liehe adj., so
- beschaffen, geartet; danach aller degenltche, jeder Degen. Hier
- erscheint der erste dreifache Reim, 79, 80, 81, vgl, darüber die
- Einleitung. — 81 umbe de. de, acc. sing, von diu, fem. des de-
- monstr. Pron. der. — moweliche, mhd. müeltche adv., mühselig,
- gefahrlich. — 82 ir, der Genitiv, abhängig von bat. — nechein,
- nichein, nehein, ein mit der Negationspart, nih- verbunden, kein.
- 84 Also, sobald als. — 87 er iz, die Hs. gibt erist^ aber da
- zu reden noth wendig ein Object gehört und auch, wenn man erist
- lesen wollte, das Pron. er fehlte, wird Maßmann's Conjectur
- in den Text aufgenommen. — iz reden, eine Sache bereden. —
- 89 de, mundartliche Form für der, noch häufiger die für
- der, vgl. 93. — irumrbe conj. praet. von irwerben, mhd. er'
- werben. —
- 12 EÖNia BOTHEB.
- hörre, iz tot Lüpolt,
- 4ie ist dir van allen herzen holt
- und weit ouch wol we iz umbe daz wif stÄt.
- trüwen, daz is min rät, 95
- machtu in mit minnen
- in d^ rede bringen,
- daz er dtn bode wille stn,
- der werbit dir aller trüwelichis umbe daz megetin.»
- Rüther sande boden dräte 100
- nach Lupoide in eine kemenäte.
- aiser vor den kuninc quam gegangen,
- d6 wart er wol untfangen.
- der marcgräve rümt ime den stol,
- daz heiz in sin h^rre dön. 105
- als6 Liupolt gisaz,
- der kuninc gezugenliche sprach
- 92 iz tot, mhd. ez tuot, das thnt. — 93 die, mittel- und niederd.
- Form des Nom. sing. masc. von der, daneben auch de oder
- de, vgl. 89. — allen s. zu 15. — 94 weit, niederd. t für
- hochd. z. — we für we = wie. — 95 truwen, zum Adverbium
- geworden, dat. pl. von trüwe stf., mhd. triuwe, unser «trauB».
- — is für mhd. ist, — 96 machtu=:maht du, kannst du, 2. Per-
- son sing, von mac prseteritopr. — 97 in de rede bringen, rede,
- Verabredung, gegebenes Wort. — 98 wille conj. von tot'/;
- neben der gewöhnlichen mhd. Form mit e welle gilt hier die
- sprachgeschichtlich eigentlich richtigere mit t für den Conj.,
- aber auch neben toil für den Ind. — 99 werbit, mhd. wirbet. —
- trüwelichis adv. Superl., mhd. triuwelichest, treulichst, t mund-
- artlich abgefallen, vgl. 255.
- 101 kemendte hier stf., sonst gewöhnlich schwach, eigentlich
- ein heizbares Gemach, das gewöhnlich zum Schlafgemach, zum
- Frauengemach, oder auch im Winter zum eigentlichen Wohnzim-
- mer des Burgherren dient. — 102 aiser = al8e er; alse, abge-
- schwächte Form von also, vgl. 84. — yor, mhd. vür, — 103 unt-
- fangen: neben int- in- für mhd. ent-, ursprünglich and-, erscheint
- in Zusammensetzungen gelegentlich auch unt-, — 104 stol stm.,
- mhd. stuol, Stuhl , Sitz. Es ist eine besondere Ehre, wenn der
- Vasall von seinem Herrn zum Sitzen eingeladen wird und sitzend
- dessen Aufträge annimmt. — 105 don, mhd. tuon, unregelmäßiges
- Verbum. — 106 also, vgl. 81. • — gis, gi- gibt die Bedeu-
- tung des Plusquamperf. : niedergesessen war. — 107 gezugenliche
- KÖNia BOTHSB. 13
- «ich hän durch michele not
- nach dir gesant, helet göt,
- daz tu mir werbes nmbe daz meg^tfn, iio
- die da so wundrin scöne si,
- und hilf mir miner tnn:
- ja sprechint dise h^rin,
- du sist aller best dar zö.
- helit, nn salt tuz durc dtn selbes fmmicfaeit dön.» 115
- Alsus redte do Liupolt,
- (deme kuninge Rüther was er holt)
- «h^rre, dune salt mich so verre manin niet.
- din ere sin mir also liep,
- daz ich dir werbe die bodescaf, 120
- so ich aller trüwelichis mach,
- ady. (ti für o vgl. 2), auf hofliche «gebildete» Art, wie es sich
- für einen, der zukt hat, schickt. — 108 hän, die hier durch-
- gängig erscheinende auch gewöhnlich mhd. Form der 1. Person
- sing. pr. ind. von haben. — 110 werbes 2. sing. conj. prses.
- Die Formen der 2. sing. Ind. und conj. ohne das schon ahd.
- sehr verbreitete zugesetzte f, überwiegen hier wie in den an-
- dern Denkmälern dieser Mundart und in verwandter mittel- und
- niederd. — 111 wundrin sconCf mhd. wundern schcsne. wundem
- ist ein adv. gebrauchter Ausdruck — noch jetzt in vielen Mund-
- arten — von dunkelem, wahrscheinlich aber nicht, wie ge-
- wohnlich angenommen wird, adject. Ursprung. Die Umstellung
- des ern in re», rin ist dem Dialekte zugehörig. — si conj. als
- Dnbitativ: soll sein. — 112 hi^ mir mxner erin, helfen mit gen.
- wie 47. — 114 best^ die nnflectierte Form des Superlativ gibt
- eine unpersönliche Färbung, wie unser «am besten dazu». — ■
- 115 salt, mhd. solt von sal, praeteritopr. Auch 1. 3. Person lautet
- hier stets sal. — tuz =^ tu iz, t für d durch Einfluß des auslautenden t
- in salt verhärtet, vgl. 36, 110. — durc mit verhärtetem Auslaut
- neben dem gewöhnl. dwrch. — frumicheit. Das mhd. vrumekeit^
- vrümekeit stf. enthält den Begriff männlicher Tüchtigkeit und
- Redlichkeit.
- 118 dune, du mit angehängter Negativpart. ne. — so verre
- manin, so stark, so weitgehend, mahnen. — niet, die im Reime
- und im Verse häufig vorkommende Form der subst. Negation
- mhd. nieht. — 119 «m, wechselt mit der gewöhnlichen mhd.
- Form sint , denn es ist hier selbstverständlich Indic. und nicht
- Conj. — 120 bodescaf, mhd. boteschaft. Die Compos. mit scaf
- erscheinen hier theils in der alter thümli ehern Form ohne #,
- theils in der gewöhnlichen mit t. —
- 14 KONia BOTHEU.
- umbe daz vil scöne wip ,
- oder ich virlösen den lip.
- nu heiz dir gewinnen h^ren,
- die du mit dinen ^ren 125
- wole mugis senden
- üz disen landeii,
- eilf riche grävin;
- der zvelfte bin ich zwärin.
- ich wil daz have gräven igelich 130
- zvelf ritäre hßrlich,
- die alle so gut gewant haven,
- daz wir äne laster vor ein kuninc mugin tragen.»
- 123 virlesen 1. Person sing, praes. ind. mit erhaltenem oder
- wieder zugesetztem, uraltem nasalen Ausgang als Bezeichnung der
- 1. Person, e in der Stammform für ie, wofür mhd. hier tu steht.
- Die Form entspricht also buchstäblich einem mhd. Verliese,
- während ihr in der Bedeutung die mhd. verliuse gleichkommt.
- — 126 mugis 2. Person sing. conj. von mac. Ueber den Mangel
- des t (mhd. mugest, mügest) vgl. 110. — 129 zvelfte. Nach den
- Dentalen (die verschiedenen T-laute, Z und S) wird in den
- meisten früheren ahd. Denkmälern das einfache v, nicht das dop-
- pelte ut4=u> geschrieben, offenbar wegen eines merkbaren Unter-
- schieds in der Aussprache, der sich später verloren hat, aber
- in manchen altern, besonders mitteld. Werken der mhd. Pe-
- riode doch noch nachklingt, obgleich er nirgends consequent
- — hier unter den gleichzeitigen relativ noch am consequen-
- testen — durchgeführt wird. — zwärin=zewarenj zewdre. —
- 130 have 3. Person sing. conj. praas. von haben. — igelich^
- mhd. iegelich, lieh. Neben der diphthong. Form erscheint hier
- wie in imer, nimer u. s. w. auch die mit einfachem verkürzten
- Vocale. Die Kürze des i in lieh geht aus den Reimen z. B.
- herlich: wider dich; er lieh: dich hervor. Sobald durch Flexion
- oder Ableitung ein Zusatz erfolgt, also -liehe , liehen u. s. w.
- erscheint, tritt die ursprünglich lange Form wieder ein. Die
- Fügung grdven igelich ist ähnlich wie in degenliche 79. —
- 131 rttdre. Diese Form ist die hier gewöhnlichste, denn aus
- der einmaligen Schreibweise rittare ist kein ritdre zu beweisen.
- Daneben gilt die abgekürzte riter y in der ein * stehen wird. —
- 132 haven, mhd. haben, kann zwar der Conj. sein, einfacher aber
- ist es den Ind. anzunehmen. In diesem Falle ist das auslau-
- tende t der 3. Person pl. ind. praes. abgefallen, wie häufig in
- diesem und verwandten Sprachdenkmälern. — 133 dne laster,
- ohne Schimpf, Vorwurf: die heutige Bedeutung von laster ist
- der älteren Sprache fremd. — ein, synkop. für einen.
- KÖNIG BOTHEB. 15
- Der kuninc dö stnen hof gebot,
- sowaz er vursten hete gesamenöt, 135
- zyö nnd sifoenzich cröne,
- die d^ntin ime scöne.
- den sageter sinen willen,
- dö sprach vil manic hellt snelle
- fthßrre, woldet ir mich senden 140
- hinnen z6 der erden enden,
- daz ne widerredtich durch neheinen man,
- wir sulen üch alle stn undertän.»
- eilf gräven ime dö swören,
- daz si ir harren umbe die magit vören. 145
- sie wären dem kuninge alle holt,
- daz machete silber unde goät,
- daz er in kunincltche gaf.
- sie würben des harren bodescaf.
- Alse die vart wart gelovet, 150
- dö nam swert üt deme hove
- 134 gebieten stv., feierlich verkündigen. — 135 sowaz^ vgl. 24.
- — gesamenöt, part. pr. pass. von samenofiy mhd. samenen, sam-
- meln, mit erhaltenem tieftonigen o, was hier auch außerhalb
- des Reimes manchmal statthat. — 137 scone, mhd. schone adv.
- zu schäme adj. — 139 sneUe, die schwache Form des Adj.
- snel, die hier attributiy dem Hauptworte nachgesetzt ist, steht
- offenbar nur des Reimes wegen. Wenigstens ist für das
- damalige Sprachgefühl der früher entschieden merkbare Gegen-
- satz zwischen der starken nnd schwachen Form des Adj. in
- diesem concreten Falle erloschen gewesen. — 142 widerredtich
- =■ widerredete ich, — neheinen vgl. 82. — 143 uch» Die ahd.
- mhd. Dativform des PI. des Pron. der 2. Person ist tu, mittel-
- nnd niederd. v, daneben erscheint in diesen Dialekten häufig
- die accusat. Form üch = mhd. iuch, wie sie auch nhd. für beide
- Casus gilt. Die Form uch wird hier, so viel man sehen kann,
- am liebsten vor folgendem vocal. anlautendem Worte gebraucht,
- üy wofür einzeln auch die mhd. Schreibung iu vorkommt, vor
- Conson. — 144 swören, mhd. swuoren, praet. von swem stv.,
- schwören. — 145 herren, dat. comm. für. — voren conj. praet. von
- vam stv., mhd. vüeren, — 148 gaf, f für mhd. p (statt b im
- Auslant). — 149 wttrben 3. Person pl. prset. von werben,
- 150 gelovet, mhd. gelobet, festgesetzt. — 151 swert nefinen, das
- Schwert als Hauptsymbol der Ritterwürde feierlich empfangen,
- Ritter werden. —
- 16 kOnio bothsb.
- ein vil junger degen.
- beide zabel unde kelen,
- ein gräve der heiz Erewln,
- dar mite zireter die riter sin: 155
- die anderen harren däten sam,
- vil wol vazzeten ire man.
- ir ros wären alle blanc.
- iz quam nie in nihein laut
- s6 manic bäte wol getan. 160
- sie leite ein vil listiger man,
- der was deme kuninge vile liep
- unde ne bäte der untrüwen niet.
- Die kiele wären gevazzöt,
- von den Stade wolde Liupolt der hellt g6t. 165
- der kuninc heiz in stille haven
- und bademe sine harfen dar tragen.
- 152 der vil junge degen ^ dessen swertleite erwähnt wird, ist
- Erewin, der jüngere Bruder Lupoides. — 153 beide zabel unde;
- beide — unde , sowohl — als auch, zabel unde kelen : zabel, mhd.
- Zobel ^ das bekannte Pelzwerk Ton schwarzer Farbe ; kelen des-
- gleichen von rother. Das Satzgefüge ist hier wie oft durch
- selbständige Voranstellung des Objects frei belebt. — Ibb ztreter
- s= zierete er. — däten^ mhd. täten ^ praet. von don, tuon, —
- 157 vazzen swv., technischer Ausdruck für mit Kleidern,
- Waffen u. s. w. in vollen Stand setzen. Die beiden coordinierten
- Satzglieder in 156, 157 können ebendeshalb in ihrem zweiten
- Theile der Setzung des sie entbehren. — 160 bäte für bote^
- niederd. a für o. — too/ getän^ schon geschmückt. — 161 leite
- prset. von leiten swv., leiten, führen. — 163 häte. Neben dem
- Praet. hete ist auch die Form mit d hier heimisch, daneben noch
- eine dritte hete. Aber auch die ganz regelmäßige fehlt nicht,
- mit erhaltenem b (v) des Stammes habete, havete, hette und hatte,
- was mitunter geschrieben ist, erweist sich durch die Reime als
- falsch. — der untrüwen gen. pl. von untriutoe stf., abhängig
- vom negat. Subst. niet.
- 164 kielf das Schiff überhaupt, nicht bloß der Theil, den
- wir jetzt allein Kiel nennen. — gevazzot^ mit erhaltener tief-
- toniger Endung 6t; .vazzen vgl. 157. — 165 von den Stade, den
- für demey dem s. zu 15. Stade , dat. des stn. stat^ Gestade. —
- 166 haven, mhd. haben, halten. — 167 bademe := bat tme enklit.
- in geschwächter Form angefügt, ime bezi>eht steh auf das Sub-
- ject, also: sich. —
- KÖNia BOTHBB. 17
- einis zeichnes her ime gedächte,
- daz her sint vollenbrächte.
- er hiez die herren alle gän, 170
- Oven üfen kiel stän.
- drt leike er in nande,
- die sie sint wole irkanden.
- d6 sprach der hörre vile göt
- «kumit ir imer in decheine not, 175
- swa ir virnemet die leiche dri,
- da sulder min gewis sin.»
- des vrouwete sich manic man,
- 168 her. Bis dahin ist mit einer Ausnahme 117 in derHs. die Form
- er durchgeführt, die von jetzt immer seltener erscheint, bald,
- wie man sieht, um den Hiatus mit vorhergehendem auslauten-
- dem Vocal zu vermeiden, bald auch ohne solchen Grund. Ge-
- vriß ist, daß das Gedicht die beiden Formen her und er neben-
- einander gebraucht, ihre Vertheilung auf jeden einzelnen Fall
- ist aber nicht mit Sicherheit zu bewerkstelligen. Ebenso sicher
- gehört aber die gelegentlich auch vorkommende Form he nur
- dem Schreiber der Hs. an. 117, wo herholt geschrieben steht,
- wird eben des h in holt wegen, er zu lesen sein; bei der Wieder-
- holung dieser Formel, 312, steht er. — im gedächte, ime wie
- 167, für sich. — 169 sint adv., dann, später, identisch mit
- stf. — voUenbrdchte , von vollen- , volle - bringen. — 170 hiez ^ die
- gewöhnliche mhd. Form des Prset. von heizen, die neben der
- hier häufigem heiz (vgl. 1) erscheint. — 171 oven, mhd. oben.
- — ufen = üf den. — 172 leike, niederd. älteres k für späteres
- hochd. ch wie in rike 66. leich stm., ein musikalischer Satz
- mit oder ohne Begleitung von Worten. — nande von nennen,
- die Leiche führen besondere Namen. Es ist aber nicht so
- zu verstehen, als habe er ihnen bloß diese Namen genannt,
- sondern er spielt die Leiche ihnen vor und nennt ihre Namen.
- Daß der König, das Haupt der Ritterschaft.
- spielt, ist ein sehr alterthümlicher Zug. In der
- 12. Jahrh. gehört die Harfe nur noch den gewöhnlicht.. _^„_
- leuten. An ihre Stelle ist als vornehmes Instrument die gige '
- getreten. — 175 «mer, jemals, die kürzeste Form des aus ie
- und mir zusammengesetztes Zeitadv. — dechein, gebildet wie
- sichein und von gleicher Bedeutung. — JL76 swa, correl. = «o
- tt?tt, wo immer. — 177 sulder = sult ir. — min, gen. sing, des
- Pron. der 1. Person, abhängig von gewis. — gew. sin, sicher
- rechnen auf mich. — 178 vrouwete von vrouwen, mhd. vröuwen,
- vreuwen swv., freuen. —
- KÖNIG ROTHSB. 2
- 18 KÖNIG ]»OTHEB.
- ■
- der sint in grdze n6t quam.
- iren ruf sie dö höben, 180
- von deme Stade sie vören.
- eiä, me die segele duzzen,
- dö sie inouwe vluzzen.
- Die harren vluzzin in dat mere.
- dö stunt der kuninc Röthere 185
- und bat got den riehen unde den göden
- durch sine öthmöde,
- daz er sie sande
- wider heim zu lande.
- er sprach «swer danne wil scaz nemen, 190
- deme sal ich in äne zale geben,
- wil er aber bürge unde lant,
- des gibich ime in sine gewalt,
- 180 Iren. Das Proii. der 3. Person, das im Mhd. dieser Zeit
- gewuliulich in genitiver Form zu dem Nomen tritt in possessive
- Function, wird einzeln schon ahd. und in den meisten nicht
- strenghochd. Mundarten adject. flectirt, wie es nhd. all-
- gemein geschieht. Der Schreiber dieser Hs. geht aber weiter
- als der Dichter. So ist 145 falsch erme für ir gen. plur. ge-
- setzt. — ruf. Damit kann ein Lied oder ein Gesang, den die
- Scheidenden, Ausziehenden anzustimmen pflegen , gemeint sein.
- Uäu6g aber besteht der ruf bloß, wie unser Schlachtgeschrei,
- aus wenigen Worten oder nur aus Interjectionen. — 182 eia
- luterjection, hier die Verwunderung ausdrückend, aus dem ein-
- fachen ei und d zusammengesetzt. — duzzen^ 3. Person piur.
- pra^t. von diezen stv., stark tönen. — 183 inouwe, eigentlich
- von der FluC^schiffahrt gebraucht, den Strom hinab, mit der
- Strömung, ein adverb. gewordener Ausdruck, zusammengesetzt
- aus der Prasp. in und ouwe stf. — vluzzen, 3. Person pl. praet.
- von vliesen stv., schwimmen.
- 187 othtHode, mhd. otmuote, üete stf., in der eigentlichen
- mhd. Sprache nicht gebräuchlich, eigentlich humiiäas mejtfü, in-
- sofern unserer Demuth entsprechend. Aber es bedeutet auch
- überhaupt die Herablaßang, und so ist es hier und an andern
- Stellen, wo Gott otmüete gegen den Menschen bezeigt, ge-
- braucht. — 190 swer, correl. Pron. =r«o «er. — danne, wenn
- die Werbung glücklich vollbracht sein wird. — scaz, mbd.
- stm. schaz, gemünztes und ungemünztes edles MetalL — 191 tine
- zale, ohne Zahl, ohne zu zählen. — sal für mhd. sol. Tgl. 119. —
- 193 des, davon. — gevcalt, hier stf., mhd. gewöhnlich
- KÖNIG BOTHEB. 19
- unz in des selven dunkel vil —
- we gerne ich daz dön wil! — 195
- und helfe ime daz beherten
- mit mines selbes swerte.»
- D6 vören die boten höre
- üffe den s6 verre
- gegin Consttnopole dä-r z6 Kröchen. 200
- ir kiele so dö stözen
- in daz fremede laut,
- sie trögen riterlich gewant
- alle geltche:
- sie vören vermezzenltche. 205
- dö bat Liupolt einen koufman
- eine wüe zö deme schiffe gän,
- unz sie von hove quömen,
- des wolder ime wol lönen.
- einen mantel her ime gaf. 2io
- 194 sehen, v für mhd. 6, nach niederd. Weise. — 195 toe, mhd.
- wie. — 196 helfe, mhd. hil/e, nicht auf dem schon oft bemerkten
- Uebergang des t in e, wie in gesterne 72, werbit 99, sondern
- auf einer von der ahd. mhd. verschiedenen Grundform der
- 1. Person sing, beruhend, aus der auch unsere heutige ebenso
- lautende stammt. — 197 mines selbes swerte: 115 dm selbes,
- dm entsprechend mm, sin, ist die eigentliche pronom. Form
- des Gen. der Personalpron. mines u. s. -w., die adject., die wir
- in unserm meiner, deiner, seiner, neben mein, dein, sein fest-
- gehalten haben. s
- 200 dar zö Krechen, dort in Griechenland, vgl. 16. Krechen,
- e niederd. für ie. — 201 ir kiele wird wohl zu lesen sein,
- denn ans dem handschriftlichen vor k. läßt sich nichts machen. —
- siezen, mhd. stieten von stözen stv., den kiel in daz lant stozen
- paßt für die kleinem Fahrzeuge dieser Zeit, die gewöhnlich
- nicht in tiefer See vor Anker gehen, sondern halb oder ganz
- an das Land gezogen werden. — 204 geliche adv., auf gleiche
- Weise. — 205 vermezzenliche adv., in stolzem Aufzuge. —
- 207 z6 deme schiffe gdn. Hier ist scheinbar nur von einem Schiffe
- die Rede, während 163, 217 u. s. w. deutlich mehrere da sind:
- aber hier ist das Schiff gemeint, auf welchem sich Lupoid
- selbst befindet und wo der Vertrag mit dem Kaufmann ge-
- schloßen wird. — 208 quemen, 3. Person pl. conj. praet. von
- kumeriy kommen, e Umlaut des a, mhd. cp. —
- 2*
- 20 KÖNIG ROTHBE.
- «dri tage unde nacht
- hödich dir, sprach der koufman,
- swar du wilt ritin oder gän.
- daz weiz der waldindiger got,
- der mir z6 lebene gebot, 215
- du häs mir s6 kunincliche gegeben,
- ich wil diner schiffe wol mit trüwen plegen.»
- Die harren vazzetin sich,
- alsech kan virstän mich,
- daz nie vor nicheinen man 220
- s6 manich schöne bode ne quam,
- ir mantel wären gesteinit bi der erden
- mit den besten jächanden die dorften gewerden:
- die drachen van schiren golde,
- also siez haben wolden; 225
- herze unde binden,
- maneger slachte wunder,
- truogen die helede gode
- 212 h6dich = h6de ich, mhd. hüete. hüeten mit Dat. der Pers.,
- für jemand Wache halten. — 213 swar = 80 war, wohin immer.
- — 214 der waldindiger got, formelhafter, im Rother sehr oft
- gebrauchter Ausdruck, gleich dem einfachen waldende got. der
- waldendiger, die starke Form des Adj. hier nach dem be-
- stimmten Artikel gleichfalls formelhaft gesetzt. — 215 der mir
- z() lebene gebot, der mir durch seinen freien Entschluß das
- Leben gegeben hat, gleichfalls formelhaft. — 216 du hdsy mhd.
- hast, vgl. 110. — 218 vazzetin, vgl. 157. — 219 alsech = alse
- ich, soweit ich. — kan virstdn mich, sich virstän ^= etwsks er-
- kennen , hier bloß zur Ausfüllung des Verses. — 221 quam,
- vgl. 49. — 222 gesteinit, mit Steinen besetzt. — bt der erden, am
- Saume. — 223 jdchant, ein Halbedelstein, sprachlich, aber
- wahrscheinlich nicht sachlich identisch mit Hyacinthus. — dorften
- gewerden, dorften 3. Person pl. praet. zu darf. Nach solchen
- sogenannten Praeteritopr. wie kan, mac, sol u. s. w. pflegt der
- abhängige Infinitiv durch ge die Bedeutung eines Inf. perf. an-
- zunehmen, gewerden ist also dem einfachen werden lexikalisch,
- aber nicht syntaktisch gleich. — 224 drachen, wie herze und
- hinden , goldene Verzierung in der Gestalt dieser Thiere, sowohl
- als Schmuck der Waflfen wie der Waffenröcke. — 225 siez-^
- sie ez oder iz. — 226 herze, mhd. hirze, pl. von herz, hirz stm.,
- unser Hirsch. —
- KÖNIG BOTHBR. 21
- üz van golde an ir gew^de.
- mit samite und pfellel 230
- wären die sadilschellen
- gezlröt, dat was michil lof.
- sie quämen schöne üffe den hof,
- Die harren ritin üf Constanttnis hof,
- äk intfönc man in dö ros. 235
- dö lüchte manic jächant
- von ßnander in daz gewant.
- der türlichir degen Erwin
- der heiz die zvelf rttäre sin
- mit. zuchtin nach ime gän; . 240
- die anderen harren dftden sam,
- sie gingen alle in sunderlich schare:
- ir gewandes nämen sie gröze wäre,
- da quam dieme kuninge möre,
- daz üffe deme hove w6re 245
- 229 üz van, die beiden synon. Praep. stehen oft zusammen,
- jedoch nicht in der classischen Sprache, um den Stoff zu be-
- zeichnen , aus dem etwas gemacht ist, oder auch den bloßen
- localen Ausgang. — gewede, mhd. gewcete stn., Gewand. —
- 2S0 pfellel, feinster Seidenstoff, daher oft == samit. — 231 sadil-
- sckellen. Nach der Weise der ritterlichen Staatstracht sind
- besonders am Reitzeug, Sattel, Riemwerk, Stegreif u. s. w.
- des Rosses Schellen , wo möglich aus Silber, angebracht. Aber
- auch an den Waffen und Kleidungsstücken selbst. — 232 yezvrot,
- mhd. geeieret.
- 235 intfenc, vgl. 12. d. r. »., nahm sie ihnen ab. — de, acc.
- pl. neutr. des Art. = mhd. diu, — 237 von enander. enander, mhd.
- einander, d. h. von eindm Gewände auf das andere; wir würden
- sagen «auf einander». — 238 der türlichir. Ueber die starke
- Form vgl. 214. turlich, mhd. tiurlich, dem einfachen tiure gleich
- an Bedeutung. — 242 gengen, mhd. giengen. — in sunderlich
- schare, sie, d. h. alle die Fremden vertheilten sich in einzelne
- Abtbeilungen, je einer der 12 Grafen hat je 12 Ritter. —
- 243 groze wäre n. ein d., etwas sehr aufmerksam beachten, wäre
- stf., Aufmerksamkeit. — sie vertritt hier nicht dasselbe Haupt-
- wort wie in der vorigen Zeile, wo es auf Lupoid und sein Ge-
- folge geht. Hier sind unter sie die Leute in der Stadt zu ver-
- stehen, die sie aufmerksam betrachten. — 244 dieme, Neben-
- form von deme, dem. — mere, mhd. mcere stn., Kunde. —
- 22 KÖNIG BOTHBR.
- ein lossam ritirschaf.
- "^ heiä, waz der kaff^re was,
- die den vrouwen sageten
- wilich gewant d^ geste haveten!
- Alsus redete du g6te kuningin 250
- «nu stant üf, htoe Constantin,
- und intfä. wir dise geste.
- w^ gerne ich daz weste,
- wannen sie kumen w^ren.
- ir gewant is seltsöne. 255
- swer sie hat üz gesant
- her in unser lant,
- der ist ein statehafter man.
- of ich mi rechte versinnen kan,
- mich dunket göt, h^re, 260
- daz wir dise boden 6ren.
- 246 lossam, ein Lieblingswort des Gedichts = mhd. lustsaniy
- was anmuthig zu sehen ist, Tgl. darüber 749. — 247 heia, in
- der Zusammensetzung und Bedeutung = eid, vgl. 182. — waz
- der kaffere was, der Gen. pl. koffere abhängig von dem als
- Subst. gebrauchten Neutr. des Fragepronomens, koffere, mhd.
- kaffcere von köpfen, gaffen. — 249 wilich, mhd. welich, hat hier
- durchgängig das historisch berechtigte i der ersten Silbe erhalten.
- 250 du, die seltene Form des Nom. sing. fem. des Fron,
- oder bestimmten Art. der, gewöhnlich die oder de^ de. Dieü
- du tritt dem goth. so am nächsten. — 251 stant, imp. von
- standen, stän, unregelmäßiges Verb. — 252 intfd wir. Vor dem
- nachgesetzten Fron, ist die Fersonenbezeichnnng des 1. Fl. »
- abgeworfen. — 253 weste, conj. prset. von weiz; 393 steht
- wiste, also, wie anderwärts die ältere *-Form mit der jungem
- e-Form wechselnd. — 255 is. t abgeworfen, wie in den meisten
- mittel - und niederd. Mundarten ; ähnlich fehlt das t im Super-
- lativ {truweKchis 99, 121), in der 2. und 3. Ferson pl., vgl. 37,
- 132. Dagegen ist der Ausgang s für st der 2. Ferson sing,
- anders zu erklären, vgl. 110. — seltsene, mhd. seltscene adj.,
- seltsam. — 258 statehaft adj., der seine State, alles was
- zur vollen Existenz gehört, besitzt, also angesehen, wohl-
- habend u. s. w. — 259 of, mhd. obe, ob, falls. — mi, die
- dialekt. Nebenform des hochd, Acc. mich und des Dat. mir, wo-
- durch dann öfters, falls hochd. Formen dafür substituiert werden
- sollten, Verwechselungen eintreten, wie noch heute in so vielen
- niederd. Mundarten. —
- kCnio botheb. 23
- sine sint der antworte nicht gewone
- die du tös manigen boten vore.
- ich wene daz nie so manic man
- schöne in diz lant nequam. 265
- sie sint alle wol getan,
- beide ros unde man.
- iz nequSmen nt lüte s6 wunnencltche
- in diz Constantinis riche.»
- üf den hof der kuninc ginc, 270
- die helede er alle wol intfinc,
- und die göte kuningin,
- sie hiez sie willekume sin
- alle geliche
- und neigen gezugenliche. 275
- sich höf ein gröz gedranc:
- sie düchte selts^ne daz gewant.
- von ritärin und von vrouwen
- dar wart ein michil schouwen.
- dö redite ein vrouwe die heiz Herlint 280
- aswannen dise harren kumen sint,
- daz ist ein wunderltchiz lant.
- 262 antworte, mhd. antwtirte, antivürte, — gewone, gewon adj.,
- ' gewohat. — 263 toi für tuost. Tgl. 110. Man erwartet hier
- das Prset. denn vore, zuvor, weist darauf hin. Nichtsdesto-
- weniger ist die Lesart zu halten und das Prses. durch den be-
- herrschenden £influß der vorhergehenden Praesentialform sint
- zu erklären. — 265 diz, neutr. zu diser. — nequam = ne
- quam, — 266 wol getan, vgl. 160. — 267 beide, vgl. 153. —
- 268 ne, mhd. nie. — lute, mhd. Hute, Leute, von Hut stm. u. neutr.
- — wunnencltche mit mundartlich eingeschobenem n für mhd.
- wunneeliche adj., was Freude, Wohlgefallen erweckt.
- 273 willekume, flexionsl. Adj., eigentlich schwache Form
- des Adj. neben dem Partie, willekumen. — 275 neigen = neic in,
- von nigen mit dat., jemanden mit der Geberde des Grußes,
- nigen, empfangen. — gezugenliche, vgl. 107. — 276 hof, mhd.
- huop von heben. — -277 düchte, prset. von dünken, däuchte. —
- 280 Daß die Lesart der Hs. ein alt vrouwe falsch ist, ergibt
- sich aus dem Folgenden, wo Herlint (2090) als maget wol
- getan, Altersgenoßin der jungen Konigin erscheint. — 282 wun-
- derUchiz lant, ein seltsames Land, hier Ausdruck der staunen-
- den Verwunderung über den Reichthum der Fremden. —
- 24 KÖNIG BOTHBB.
- sie tragen so manigen jächant
- geziröt mit deme golde,
- daz daz got wolde 285
- daz wir den kuninc gesehen,
- des dise boten w^ren!»
- Lupoid z6 deme kuninge sprach
- «nu irlouve mir mtnes harren bodescaf,
- dar nmbe ich bin gesant 290
- her in diz lant,
- daz ich der sage, h^rre göt,
- waz dir ein riebe kuninc inböt.
- der ist der aller schöniste man
- der ie von wtbe gequam, 295
- unde veret mit grözer menige.
- ime dienint snelle helide.
- scal unde vedirspil,
- des ist in minis harren hove vil,
- ros unde juncvrouwen 300
- und ander ritäris gezouwe,
- des vlizit sich min here.
- 283 tragen für tragent mit abgefallenem t, vgl. 132. — 286 ^e-
- sekeriy mhd. yescehen, conj. praet. von sehen, sehen sollten, könn- '
- ten. — 287 des, die Zugehörigkeit durch den Gen. bezeichnet.
- — weren, der Conj. ist durch das Gesetz der Continuität des
- Ausdrucks aus dem vorhergehenden sehen entstanden, denn be-
- grifflich ist hier der Indic. gefordert.
- 289 irlouve, mhd. erhübe. — 292 der, Nebenform von dir, dir ;
- diese abgeschwächte Form wird immer nur dann gesetzt, wenn
- kein rhetorischer oder rhythmischer Accent auf dem Worte liegt,
- vgl. 37. — 293 inbot von inbieten, mhd. en{t)bieten stv. —
- 295 gequam, gekommen ist. — 296 veret mit grdzer menige, er zieht
- einher mit großem Gefolge, d. h. er hat eine grolle Vasallen-
- und Ritterschaft. — 298 scal, mhd. schal stm., in der Bedeu-
- tung Getöse, wie es bei festlichen Gelegenheiten stattzufinden
- pflegt, nicht bloß der Klang der Musik und des Gesanges. —
- vedirspil stn. Die zur Jagd abgerichteten Vögel (Falkenbeize),
- die im Mittelalter und später wesentlich zur Signatur des vor-
- nehmen Lebens gehören. — 301 gezouwe stn., eigentlich Aus-
- rüstung, Geräth, Werkzeug, alles, was dazu gehört, das ritter-
- liche oder höfische Treiben zu vervollständigen. —
- KÖNIG BOTHEB. 25
- van du machtu mit ^ren
- mir irlouben mtnes harren bodescaft,
- wände her weiz aller tagende kraft.» 305
- Alsus antwarde Constantin
- nu sal iz dir irloubit sin
- durch dines herren willen,
- nu werf svaz du willes.
- du bist ein w^tllcher man, 310
- du Salt minen urlob hän.»
- dö sprach Lüpolt,
- (deme kuninge Röther was er holt)
- «nu virnim mich, kuninc Constantin,
- min htoe gerit der tochtir din, 315
- der is geheizen Röthere
- und sitzit westert über mere.
- her ist ein statehaftcr man,
- her wolde dine tochter zeiner kuninginne hän.
- unde wil daz got von himele, 320
- daz sie kumen z6 samene,
- sone gewan nie bezzer wunne
- wip mit einem manne.»
- Trürich sprach dö Constantin,
- (zurnich was der möt sin) 825
- «daz ich die rede irloubit hän,
- des möz ich lange trürich stän.
- 303 van düj mhd. diu, absolut gebrauchter Instr. von daz, des-
- halb. — machtu = mäht du. — 305 weiz aller fügende kraft^
- er versteht alle ritterlichen oder fürstlichen Vorzüge (tagende)
- in höchster Kraft darzustellen.
- 306 antwarde, mhd. aniwurte, praßt, von aniwurten; a er-
- setzt o und dieses das mhd. u. — 309 werf, mhd. wvrp,
- imp. von werben oder mit der Spirans für Media werven, —
- willes, 2. Person sing. conj. von wil. — 310 weflich, mhd. woetlich
- adj., stattlich, schön. — 311 urloh stm., Erlaubnis. — 315 gerit
- von gern swv., begehren mit gen. des Obj. — 316 ts, vgl. 255.
- — 317 westert locales Adv., nach Westen hin. — 318 State-
- hafter, vgl. 258. — 322 sone = so ne.
- 324 Trürich adj., traurig; wegen des anslaut. ch vgl. 7; ebenso
- in 325 zurnich, zornig. — 327 des absoluter Gen., davon, darob. —
- 26 EONIG BOTHEB.
- w6re min site s6 getan,
- daz ich sie g^be deheinen man,
- so mochtich sie mit 6ren 830
- senden dtme h^ren.
- daz weiz aver got der riebe;
- du tätes wislicbe,
- du vurreditis umbe die bodescaf,
- dune bescöwetis anderis nimmer m^r den tach. 335
- wände miner tochter nebat nie nichein man,
- erne moste sin bövet virlorin bän.
- so magiz ü niebt irgän,
- ir slt alle gevftn
- und ne ges^t üweris b^ren 340
- riebe nimmer möre.»
- Der kuninc beiz die botin kören
- in einin kerkere,
- da wärens inne manigen tacb,
- daz ir nie nicbein de sunnen gesacb, 345
- 329 deheinen man, vgl. 15. — 330 mochtich^^mohief mÖhie ich, —
- 331 dime = dineme, — 332 aver = mhd. aber. — 333 täteSy
- 2. Person sing. conj. prset. von tuon, mhd. taetest. — 334 vur-
- reditis, mhd. verredetest, verr. ist etwas von sich ablehnen, sich
- entschuldigen ; um6e, in Bezug auf. — 335 dune = du ne. — bescö-
- wetis, mhd. beschouwetest , würdest beschauen. — anderis adv.
- gen., anders , in anderm Falle , sonst. Du hättest weislich ge-
- handelt, hättest du die Botschaft von dir abgelehnt, denn an-
- ders, wenn du sie übernehmen wolltest, würdest du nimmer mehr
- das Licht sehen, d. h. wie sich sofort ergibt: in ein Gefäng-
- niß geworfen werden, wohin keine Sonne scheint. — 336 nebat
- = nebat nie nichein, die dreifache Negation verstärkt das Ge-
- wicht des Ausdrucks ungemein. — 337 moste, mhd. müeste
- von muoz. — hovet, mhd. houbet stn., Haupt, Kopf. — 338 u,
- mhd. tw, euch. — irgän, mhd. ergdn, nach Wunsch zur Vol-
- lendung kommen ; außerdem hat irgdn auch die Bedeutung aus-,
- zu Ende gehen, vergehen. — 339 gevdn, part. praet. pass. von
- vdhen, vdn stv., mhd. gevangen. — 340 geset, mhd. gesehet. —
- vweris, mhd. iuweres, eueres.
- 343 kerkere, kerkdre stm., Kerker. Die Form kerkenere
- 426 u. s.w., nach der Analogie von barmenasre, Moildencere u. s. w.
- gebildet, gehört nur der Hs. an. — ^Awdrens=wdren sie. — 345
- daZf in der Weise, daß. — ir gen. pl. abhängig von nichein. —
- KÖNIG BOTHEB. 27
- noch den mänen s6 liecht.
- leider sie ne heten vrowede niecht,
- wene vrost unde naz.
- hei, wi gröz ir arheit was!
- s6 häten hungir unde not, 350
- sie wären nä hlihin tot.
- die dar heime gnöc habeten,
- mit deme wazzere sie sich labeten,
- daz ander in svebete.
- w6 küme die harren lebeten! 355
- d6 weinte manic man
- stnen Hb wol getan.
- ir herzerüwe was gröz:
- sie nehetin zö niemanne tröst.
- iedoch half in got der g6te 360
- dnrc stn öthmöte,
- daz sie alle samen gesunde
- qu&men heim zö lande.
- Nu mugider hören möre
- dö nöte von den hören. 365
- dö sprach der hörre Erwin
- zö Lupoide, deme meister sin
- «owt, lieber brüder min,
- wie lange sul wir hie sin?
- 347 vrowede gen. sing, des starken Fem. vr., Freude, abhängig
- von* niecht. — 348 wene, mhd. wane, wan^ außer, sondern. —
- naz^ neutr. des Adj., Nässe. — 351 na adv., mhd. ncSAe, näeh,
- beinahe. — blibin, part. praet. von h(e)l%beny stv. bleiben. —
- 352 gnoc adj., genug, mhd. genuoc. — 354 svebetSy »weben swv.,
- in leiser rhythmischer Bewegung sein, wie beim Fließen,
- Schwimmen, Fliegen u. s. w. — 355 we, mhd. wie. — 356 weinte
- einen tib^ beweinte seinen Leib. — 358 herzerüwe stf., Herzens-
- kummer. — 359 nehetin — ne heten. — 361 othmote, vgl. 187.
- 364 mugider = mugit, muget ir. — 367 meisier. L^olt als
- der älteste Bruder ist insofern schon Erwin's meister, noch mehr
- weil er das Haupt der Gesandtschaft ist. — 368 owi, Interj.
- des Schmerzes, dem häufigem owe ähnlich in Bedeutung, aber
- nicht identisch. — 369 sul wir für suhi wir, —
- 28 KÖNIG BOTHBR.
- wer heifit nu den mägen, 370
- den wir gotis schuldic wären?
- oder weme sal unser erbe
- z6 Jungestin werden?
- der Adamen gebiledöte
- der helfe uns üze derrer nöte.» 375
- d6 vielen sie al in crüces stal,
- michil wart der ir scal,
- dö sie z6 gote riefen.
- w^ trürich sie wiefen!
- vil trürich iz üz ir herzen gienc. 380
- etllchir in daz wazzer viel,
- daz er dar inne belochen lac.
- sit gesähen sie den tac,
- daz sie vröliche
- besäzen da heime ir riebe. 385
- Der kuninc heiz dö hinnen gän
- beide mäge unde man,
- daz sie die ztrheit gesägen
- die in den kielen lägen.
- dö giengin die juncvrouwin 390
- durc wunder schouwin
- 370 mdgeuj dat. pl. von mdc, Verwandter, unsern Verwandten,
- formelhaft wie man und mdc. ; s. zu 53. — 372 erbe, vgl. 22. —
- 373 z6 Jungestin adverbiel gebrauchte schwache Form des Superl.,
- zuletzt. — 374 gehilidote, gehilidon swv., ein btlede, hildey eine Ge-
- stalt völlig (ge) darstellen. — 375 derrer, seltene dial. Form für
- den Dat. sing. fem. von diser, dirre. — 376 in cruces stal, die be-
- kannte Geberde des inbrünstigen Gebetes, was auch venie
- V. heißt, die Arme ausgestreckt niederfallen und so die Ge-
- stalt, stal, des Kreuzes darstellen. — 377 der ir, das Fron, der
- 3. Person sing, im gen. pl. zwischen Artikel und Nomen ge-
- setzt. — 379 wiefen, praet. von wuofen stv., Wehruf erheben. —
- 381 etlichir, rohd. etelicher adj., mancher. — 382 belochen, part.
- praet. pl. von beliechen stv., fest machen, beschließen. —
- 385 riche, was ihnen gehorte, ihr Besitz.
- 388 die zvrheit stf., zierheit, Schmuckgegenstände, Kostbar-
- keiten, plur. Begriff. — gesogen, mhd. gescehen, conj. praet. von
- gesehen, g für h zwischen Vocalen vgl. 36. — 391 dwc, um zu. —
- wunder, Gegenstand der Verwunderung. —
- EÖKia BOTHEB. 29
- mit in z6 den schiffin
- da sie daz göt wistin.
- nu nekan ü nichein man gesagen
- die wunder, die in den kielen lägen. 395
- da inne was daz golt r6t
- kleine gewieröt,
- nuskele unde vingerin,
- daz die botin mitsam in
- hötin brächt den vrouwen, 400
- vunf düsint bouge,
- die sie al geben wolden,
- s6 sie widir kören solden.
- rossekleit unde vanen
- lac dar ein michil teil ane, 405
- unde wöhe gezelde
- wole geworcht mit golde
- gäben in ir holden,
- dö sie von lande varn solden,
- die sie in selben heten irwelit. 410
- da was manic sneller helit
- 393 daz got stn., die Schätze u. s. w. der Boten. — wistin^
- praet. von weizj vgl. 253. — 394 «, mhd. i«, euch. — 397 ge-
- wieröt, wieron swv. bezeichnet ungefähr das, was wir Filigran-
- arbeit nennen. — 398 nuskele^ mhd. nüschel stm. neben nusche fem.,
- Spange, Schnalle. — vingerin sin. hier plur., der sich in der
- Form nicht vom Sing, unterscheidet, Fingerring, nuskele und
- vingerin sind als appositionelle nähere Bestimmung zu golt gesetzt,
- sie und die bouge stellen das rothe Gold dar. — 399 daz^ alles
- eben Genannte, was. — mitsam in. sam, praep. mit dat., verstärkt
- durch mit, wie van durch uz verstärkt wird. — 400 bracht,
- part. praet. pass. von bringen. — 401 bouge, bouc stm., größere
- Ringe «der Reife, an den Armen, Hals u. s. w. zu tragen. —
- 403 solden, wenn es ihnen vergönnt gewesen wäre. — 404 rosse-
- kleit, die kostbaren Decken für die Rosse. — vane swm., da-
- mals schon das Fahnentuch und insofern die Fahne selbst, nicht
- mehr bloß Tuch im allgemeinen. — 405 ein michil teil, eine
- sehr große Anzahl, denn teil allein ist schon ein «gutes»
- Theil. — 406 wehe, mhd. woshe adj., fein, kostbar. — 407 ge-
- worcht, part. praet. pass. von würken, ganz unser «durchwirkt». —
- 408 tV holden, Angehörigen = man und mäc, vgl. 53; sie sind
- zu jeder Hülfe, auch zur Ausrüstung ihrer Herren verpflichtet. —
- 30 KÖNIG BOTHBB.
- vil virmezzinltche üz komen,
- iz ne haben de böche gelogen.
- Nu sagit man uns van silver und van golde,
- sower daz sien wolde, 415
- des lac dk ein vil michil magen.
- der kuninc heiz iz abe tragen
- unde beval iz sime kamerßre,
- daz er is also plöge,
- sowanne man iz haben wolde, 420
- daz er iz halen solde,
- iz w&re wäfen oder vane,
- daz is icht qu^me dane.
- swä ein ros irsturbe,
- daz ein ander widir gewunnin wurde, 425
- daz gebot er ime an stn leben
- und heiz in des s6 plegen,
- ob man iz immir wider gegöbe,
- daz iz dar allez w^re;
- 412 virmezzen^che , vgl. 205. — 413 i? we haben de bocke ge-
- logen, vgl. 16.
- 415 sien, mundartlich für sehen, — 416 magen stn., Menge,
- Große, Stärke, in der damaligen Sprache schon selten mehr
- allein, gewöhnlich in Zusammensetzung gebraucht. — 418 beval,
- mhd. bevalch von bevelhen stv. h des Auslautes im Dialekte
- entschwunden, wie nhd. allgemein. — kamerere stm., mhd. käme-
- rcere, kemercere, Kämmerer. Auch hier wechselt kam. und
- keiner. — 419 is, gen. sing, des Pron. 3. Person neutr. gen.
- abhängig von plege, pflcege. — 421 halen, wie die Hs. liest
- «BB mhd. holn. Schon ahd. häufiger holon als halon. In den
- mittel- und niederd. Denkmälern hat sich das stammhafte a
- gehalten. — 422 wdfen stn., speciell Schwert. — 423 is icht.
- is, vgl. 419, abhängig von tcA^ abstr. Subst. Etwas, hier in dem
- abhängigen Satze negativ gefaßt und mit Nichts zu über-
- setzen. — dane adv., von da weg. — 424 irsturbe, praet. conj.
- von irsterben stv. — 425 gewunnin, dasselbe von gewinnen,
- schaffen. — 426 an sin leben, bei seinem Leben. — 428 immir,
- jemals. — g^gebe conj. praet. ge erzeugt den Sinn des Condit.
- oder Fut. exact., wieder geben würde.
- n.
- Jahr and Tag liegen die Boten Rother's gefangen, der
- König ahnt ihr trauriges Los, und geräth darüber in tiefsten
- Kummer. Er ist zu ihrer Befreiung entschloßen und will selbst
- nach Griechenland ziehen. In seiner Noth beruft er seinen
- alten Erzieher und Waffenmeister Berchter, Graf und Herzog
- Tou Heran, um sich mit ihm über die Befreiung seiner Mannen,
- worunter Berchter's sieben Sohne, zu berathen. Berchter räth.
- einen eigentlichen Heereszug^ die andern Mannen aber wider-
- rathen das, weil es der Tod der Gefangenen sein werde, falls
- sie überhaupt noch am Leben seien, und so wird beschloßen,
- da& Roth er selbst mit einer stattlichen Anzahl Ritter ain recken
- VHS», d. h. als fahrender Held den 2^ag nach Griechenland an-
- treten und dort durch List die Gefangenen befreien solle.
- Nu wertiz jär unde dag, 430
- daz vil manic man lag
- in deme kerkere
- unde qualtin sich s^re:
- gröz was ir weinen,
- unde ouch Röthere da heime 435
- vil s^re trüröte
- umbe die botin gote.
- her wraiic sine hende
- unde gedächte in manigin ende
- 430 jdr unde dag, 'formelhaft auch jetzt noch gebräuchliche
- Zeitbestimmung: ein volles Jahr — 433 qualtin praet. von queln
- swv. quälen; der Plural durch das dem Begriffe nach plurale
- manic veranlaßt. — sere, vgl. 38. — 435 unde ouch, aber auch,
- doch auch. — 436 trurote von trurdn swv., trauern. — 438 wranc,
- praet. von wringen, hochd. ringen stv. — 439 in manigin ende,
- ende stm. in m. ende adverb. Ausdruck, nach manchen Rich-
- tungen hin. —
- 32 KÖNIG BOTHEB.
- w^ er daz besage 440
- wä sine boten lägen.
- dö giengen die alden rätgeben,
- der vrunt da wären under wegen,
- die weinotin vil sßre
- und bäten ouch ir heren, 445
- daz er sie selbe ges^he
- ob so lebende w^ren.
- Köther üf eime steine saz —
- wo trürich ime sin herze was! —
- dri tage unde drie nacht, 450
- daz er z6 niemanne nichtne sprach,
- wene daz her allez dächte,
- wo er kumen machte
- ze Kriechin in daz lant,
- da er h^te gesant 455
- manigin boten h^rlich.
- dö heiz er gön vor sich
- Berchter, einen alden man,
- z6 deme er allen sinen rät nam —
- 440 besage, mhd. bescehe von besehen, ersehen. — 442 die
- alden rätgeben, dieselben, die 59 die wtsen altheren genannt
- werden. — 443 vrunt, mhd. vriunt, die flexionslos gewordene
- Form des Plur. von vriunt, Freund, hier stets in dem solennen
- Sinn von Blutsfreund. — under wegen adv., unterwegs, d. h. in
- der Ferne, Fremde. — 446 gesehe, mhd. gescehe, erspähen sollte.
- 448 Das Sitzen auf einem Steine, im Gegensatz zu dem
- Sitzen auf dem grünen Grase oder Klee, Symbol des tiefen
- Kummers, wie schon das bekannte Walther'sche ich saz üf
- einem steine zeigt. — 450 dri, der Acc. des Masc, drte, des
- Fem. der Dreizahl. — 451 daz, in der Weise, daß. — 452 allezy
- adv., stets, unabläßig. — 453 we, die niederd. Form von wie,
- vgl. 93. — machte, praet. von mac; neben der gewöhnlichen
- mhd. Form mohte, hier, wo meist ch ein hochd. h vor
- Conson., besonders vor t und s ersetzt, gewöhnlich mochte ge-
- sehrieben, ist auch die alterthümliche machte durch viele
- Reime gesichert. — 457 vor, mhd. vüre, vür mit Acc, jetzt vor.
- — 458 Berchter, Neben dieser Form des Namens ist auch die
- andere, Berthere, als dem Originaltexte gehörig anzusehen,
- beide gehen auf Berhthere zurück: Berkere u. s. w. gehört bloß
- der Handschrift. — 459 zo deme, bei dem, von dem. —
- KÖNIG ROTHEB. 33
- des sune wären ir sibene — 460
- der ne legitiz ouch niergin nidere.
- her sprach «du salt mir rätin, Berchter,
- w§ wir kumen ober mer
- zu Constinopole in de stat.
- is daz des got gestadet hat, 465
- daz der knninc Constantin
- gehoubetit hat der baten min,
- sone willich nimmer mßre
- beliven an römesker erden,
- ör iz ime an den üb gät; 470
- owi w6 trüric her mich gemachit hat!»
- Alsus redete dö Berchter, der aide man
- (er was ein gräve von Merän)
- «ih hete eilif sune herlich,
- der zvelfte hiez Helfrich, 475
- den santes du über Elve
- 460 ir sibene, wie noch jetzt, gen. pl. des Pron. 3. Person zu
- Zahlbegriffen gesetzt, um sie als Einheit zusammenzufaßen:
- ihrer sieben. — 461 legitiz = legite iz, praet. von legen, nidere
- legen, etwas, hier durch das allgemeine iz bezeichnet, das
- was einem aufgetragen wird, von ihm gefordert wird (den
- rat) vernachläßigen. — 465 is daz; is, vgl. 255; ist es der
- Fall, daß. — gestaden mit gen. etwas zulaßen, gestatten. —
- 467 gehoubetit. houbeten swv., enthaupten; 517 steht die alter-
- thümliche Form gekoubitot. — der boten min gen. part., von
- meinen Boten, welche von meinen Boten. — 468 sone ssi so
- ne. — 469 beliven, mhd. beliben, bleiben. — an römesker
- erden, auf römischem Boden; romischer Boden ist das ganze
- Gebiet des Kaiserreichs, man konnte also, von der Heimat des
- Dichters aus, es auch mit «auf deutschem Boden» geben. -^
- 470 er adv. und conj., früher, vorher, bevor, und häufig so
- gewandt, daß man es mit (cbis)» übersetzen kann. — an den
- lib gut, an das Leben geht.
- 475 der zvelfte. Zwölfeahl, auch hier wie immer formel-
- haft; vgL 7. — 476 santes, vgl. 110. — über Elve; in dieser
- Wendung, wo nicht sowol der Fluß selbst als das Land jen-
- seit desselben bezeichnet wird, steht der bestimmte Artikel,
- der sonst nicht fehlen dürfte, nicht dabei, wie mundartlich
- noch gesagt wird: über Hhein gehen, in das Land jenseit des
- Bheines. — Elve kann nur die niederd. Form von Elbe, Elbe,
- KÖHIQ BOTHBB. 3
- 34 KÖNIG BOTHEB.
- mit vil grözer menige.
- da vor er hereverte
- und manigen stürm herte,
- da er die heidinen quelete, 480
- die sunder ^we leveten.
- an godes dienste wart er irslagen.
- den ne muge wer nummer verklagen.
- nu sin ir sibene an desse vart.
- owi daz ich ie geborn wart, 485
- ich vil weiniger man,
- waz ich lieber kinder virlorin hän!
- Lüpolt ende Erewin
- wären die eldesten sune min.
- sein, jede andere Erklärung ist unstatthaft. Helfrich hat im
- Dienste des romischen Kaisers (und deutschen Königs) Bother,
- des Schutzherren der Christenheit, Kriegszüge zur Bekehrung
- der Heiden rechts Ton der Elbe gemacht, wie so einer seit
- der Zeit der sächsischen Kaiser bis zu den Staufen gemacht
- wurde. Es ist möglich, daß die auf Bernhardts von Clairvaux
- Betrieb gleichzeitig mit dem Zug in den Orient angeregte Kreuz-
- fahrt gegen die Slawen über der Elbe 1147, wobei die deutschen
- Heere sehr grolle Unfälle erlitten, dem letzten Dichter oder Um-
- arbeiter des Rother vorschwebt. — 479 Zu manigen stürm herte ist
- aus 478 das entsprechendeVerbum, etwa «bestand», zu entnehmen. —
- 480 heidinen pl. von heiden, ahd. heidan^ eigentlich Adject.
- und durch Ergänzung von man Substantiv geworden, daher
- schon frühe als solches decliniert: im Mhd. ist die adjective
- Form sonst nur gebräuchlich, wo ein Substantiv dabeisteht;
- sobald das Wort allein erscheint, gilt es als Substantiv, die
- heidinen ist also im Vergleich mit mhd. die heiden , oder heidene,
- eine Alterthümlichkeit der Sprache. — 481 ewe stf., mhd. etoe,
- gewöhnlich e, Recht, Glaube, eigentlich das Dauernde, für
- immer Gültige. — leveten, mhd. lebeten. — 483 muge wer. muge
- 1. Person pl. von mac, vgl. 369; entweder fallt bloß die
- Personalendung n oder auch der Verbindungsvocal weg. wer
- die durch Inclin. geschwächte Form für wir. — nummer
- dialekt. Nebenform von nimmer, niemals. — 484 «m, vgl. 119.
- — ir aibene, vgl. 460. — desse acc. sing. fem. von diser. —
- 486 weiniger, mhd. wenic, klagehaft, unglücklich. Die Mund-
- art hat hier den alten Diphthong (gothisch wainags) entweder
- bewahrt oder wiederhergestellt, doch kommt auch die Form
- weniger unten vor. — 487 waz — lieber kinder. l. k. gen., ab-
- hängig von dem absttract collectiv gesetzten waz, vgl. 247. —
- KÖNia BOTHEB. 35
- sowanne ich der vunver virdage, 490
- dise zw^ne nemach ich nimmir virklagen.
- ßöther, lieber htoe min,
- daz sal nn min rät sin,
- daz wir varen herevart
- und ir beide üngerin und Kröchen slät. 495
- ich vöruch ritäje düsint.
- mich rüwent söre mine Mnt.»
- Des antworde ime dö Röther der getrüwe man
- ades saltu imer lön hän.
- ja hortich minen vater hi bevorn sprecken: 500
- swer s6 w6r ein göt recke,
- daz her unrechte töte,
- s6 man ime göten rät göbe,
- daz er des nicht ne nöme.
- nu wil ich üffe den hof gän. 505
- wir suhl iz den hdrren allen sän
- unde künden iz göten knehten —
- dar an to wir rehte —
- wie iz in gevalle,
- unde bedenken unsich alle. 5io
- 490 sowanne correl. Zeitpart., wenn auch immer, vgl. 414. — .
- der vunver. Das Zahlwort vunf, vunve hier adject. flect. und
- zwar in starker Form, vgl. 214. — virdage, mhd. swv. ver-
- dagen, verschweigen mit gen. des Objects. — 491 nemach » ne
- mac, — 495 beide, vgl. 153. — Üngerin und Krechen, üngerin ist
- eigentlich der Dat. pl. von Unger stm., also, wie gewohnlich in
- der altern deutschen Sprache, der Name des Volks zum Landes-
- namen geworden (wie unser Baiem, Franken, Thüringen u. s.w.).
- Kr ecken könnte auch acc. pl. von Krieche sein, wird aber hier
- gerade so wie üngerin zu erklären sein. — 496 voruch, mhd. vüere
- iu, Ueber üch für iu vgl, 143. Hier wird durch Incl. Kürze des
- u eingetreten sein. — 497 ruwent, mhd. riuwent, bekümmern.
- 498 Des adverb. gen., darauf. — 500 hortich = horte ich
- von h(Bren. — A», mhd. hie zu bevorn, zeitlich gebraucht, vor-
- her, einst. — sprecken, niederd. Form für hochd. sprechen, —
- 501 recke swm., Held, hier in ganz allgemeiner Bedeutung,
- ohne Beziehung auf das fahrende Heldenthnm. — 504 daz,
- wenn er, falls er. -:— 506 sdn für sagen, nach der Aussprache
- der Mundart. — 507 goten knehten, vgl. 24. — 508 to wir,
- vgl. 369. — 510 unsich, acc. pl. des Pron. 1. Person. —
- 3*
- 36 KÖNIG BOTHE&.
- wat ob ittelicher ist,
- der hat bezzere list
- dan wir nns haben genmnen?
- war mnbe solde wir mit so manigime kamen
- hin zd Erichen, 515
- wi ne wisten w^rliche
- ob se wären gehoubitot?
- waz ob sie der grimmige tot
- noch hat nicht bevangan?
- söche wir sie mit here dan, 520
- sd quelit men die helede lossam.
- daz weiz der waldendiger got,
- der mir zd lebene gebot,
- sd rüwin sie mich söre.»
- dö weinitin de hßren. 525
- Alsns redite do l^rther, der aide man,
- (ckaninc, dn ne mochtis nimmer s6 g6te sinne hän,
- ich ne wolde dir gerne gevolgich sin.
- die leit die sin half min.
- nu samene, hörre, dine man, 530
- ich wil is gerne im rät hän
- 511 wat ob; 518 waz ob. wat, niederd. Form. w. ob, eine
- elliptische Bedewendung, im Sinne unserm «yielleicht» ent-
- sprechend. — ittelicher, Nebenform von ette — etelxcher. —
- 513 dan, als nach Gompar. — 514 aolde wir, vgl. 483. — 516 «?t,
- Dialectform für wir, wie m% für mir u. s. w. — wi ne wisten,
- wenn wir nicht. — wer liehe adv., in Wahrheit, — 519 6e-
- vangan, tieftoniges a for e, hierdurch den Beim erzeugt; viel-
- leicht stand aber bevdn. — 520 soche wir, vgl. 483, = suochen wir,
- aufsuchen. — 521 quelit men. men, inclin. Form für man, könnte
- daher auch, wie es die Hs. thut, mit dem Accentworte zusammen-
- geschrieben werden. — 522 waldendiger got, vgl. 4M; jL-| Li-
- 524 rüwin, vgl. 497, hier mit abgefallenem /, vgl. 132.
- 527 mochtis, vgl. 110, mhd. mohtest. — 528 ich ne wolde dir
- gerne gevolgich sin. Die beiden negativ gefärbten Sätze 527. 528
- werden uns in positiver Wendung deutlicher: jedem guten Vor-
- schlage, gutem Bathe, den du gibst, werde ich gerne folgsam sein.
- gevolgich adj. — 529 leit stn., im Plur. — half, mhd. halp, halb. —
- 530 samene imp., versammele. — 531 18 gen. von iz, abhängig von
- rät. — im, die flect. Form des Pron. 3. Person, vgl. 180. —
- KÖNIG ROTHEE. 37
- mit wie getanen sinnen
- wir Kriechen bekennen.
- des is n6t, höre.
- mich rüwent vil s6re 535
- mine sune wol getan,
- die ich wunderliche virlorn hän.
- die sandich durch din ^re.
- nu wöstu, lieber höre,
- also vil als ich, 540
- wie iz an irn dingen kumen is,
- wene got durch sine krefte
- helfe mir schadehaften,
- daz daz muge geschön
- daz ich mtne kint lebende gesö.» 545
- Eöthere ginc zö hove
- mit deme alden herzogen
- unde bat sine liebesten man
- vor sich an den rät gän.
- dö dö hörren vimämen 550
- die starken nümäre,
- da hörde man manigin vromen man
- vromicltche rede hän.
- 532 toie getanen, wie geartet, beschaffen. — sinnen, Anschlägen.
- — 533 bekennen swv., erkennen, kennen lernen, d. h. sehen,
- wie es dort steht. — 534 ist unvollständig überliefert: das
- deutlich nach is geschriebene kin gibt keine ausreichende Hand-
- habe zu einer Gonjectnr, obgleich im Text eine solche aufge-
- stellt ist. — 537 wunderliche adv., auf seltsame Weise, vgl. 282.
- — 538 sandich = sande ich. — dtirch dm ere, um deiner Ehre
- willen. — 539 westu = weist du. — 540 also vil als ich, ebenso
- gut als ich, d. h. ebenso wenig. — 541 im, vgl. 180. dinc,
- wie jetzt «Sache» gebraucht wird, als unbestimmte Bezeichnung
- des ganzen Zustandes. — 542 wene, außer, wenn nicht. —
- 543 helfe conj., helfen will. — 544 gesehen, zusammengezogene
- Form far geschehen. — 545 gese, desgl. für gesehe.
- 551 starken, gewaltigen Eindruck machend. — nümäre stn.,
- im Plur. mhd. niumcere, eigentlich neue Kunde. — 552. 553 wo-
- men man. vromicltche. vrom, vrum &d}., tüchtig; vromiclich, das-
- selbe, zweckmäßig; die Wiederholung ist absichtlich gerade
- so wie in den so häufigen Wendungen minnecliche minne u. s. w. —
- 38 kOnig botheb.
- da mite sie ir h^rin
- hülfen grözer ^rin. 555
- sie giengen zö samene
- sprächen vor die kamere.
- sie rieten iren hMn,
- er solde mit grözen ^rin
- in recken wis over mere varn, 560
- s6 mochter sin ^re aller bezzist bewam:
- wente ein ald herzöge
- in Kötheris hove,
- riet daz man iz solde irwendin.
- dö half der vater sinen kindin. 565
- er sprach cgä, du zagehafter man,
- wie torstis du an disen rät gän?»
- mit der vüst er in sclöch,
- daz ime üze dem halse vuor daz blöt,
- unde er ouch lach drie nacht, 570
- daz er nehörte noch ne sprach,
- dö sprächen Berchteris man,
- her h§te ime al rechte getan,
- war umbe her in solde sören?
- ir hßrre hete doch schaden möre 575
- dan der anderin sicheiner,
- man ne soldene nicht leiden.
- 555 hülfen conj. praet. von helfen, helfen mit gen. vgl. 47, 112.
- — 557 sprachen swv., sich berathen. — 558 iren, vgl. 180;
- über n fdr m: vgl. 15. — 560 in recken tcis, hier ein tech-
- nischer Ausdruck, als ein fahrender Held, meist als ein durch
- Krieg u. s. w. vertriebener, der aber keineswegs als ein armer
- Flüchtling aufzutreten braucht. — 561 mochter = mohte er, —
- 562 wente y Nebenform von wene, toan, außer, nur. — 564 tr-
- voendin swv., erwenden, abwenden, verhindern. — iz, die Fahrt.
- — 567 torstis, 2. Person conj. praet. von tar, ich wage. —
- 568 scloch, mhd. sluoc; mundartlich sind hier und da zwischen «
- und / falsche Gutturale hineingekommen, sodaß sei dem ge-
- wöhnlichen sl entspricht. — 571 nehorte = ne horte, nicht
- hören konnte. — 573 al adv., ganz, gänzlich. — 574 seren
- swv. von ser stn., Schmerz, abgeleitet, verletzen. — 577 sol-
- dene = solde ene, enklit. angehängte Form für ine, in acc. sing,
- von er.
- KÖNIG KOTHER. 39
- Der herzöge hete den schaden,
- ime was ein michel slach geslagen.
- die harren gingen dräte 580
- vor den kuninc mit deme rate
- unde reditin under in,
- ob er is gevolgic wolde sin.
- sie sprächen «wir haben einis dingis gedächt,
- daz mac wol werden vollebrächt. 585
- der herverte ist ein t^l z6 vil,
- unde ob du iz tun wil,
- s6 machtu dich aller best bewarn,
- wiltu in recken wts over mere varn. .
- wände söche wir die Erichen, 590
- daz wizzestu wMiche,
- sie tun uns vil zu leide,
- unde lebit der boden sicheiner,
- sie mözen alle kiesen den t6t,
- des is den Kriechen michil not. 595
- nu vöre golt unde schaz,
- des ein michil magenkraft
- in diner kamere
- is gelegit z6 samene;
- des bistu, kuninc, riebe. 600
- nu t^lene vrumeliche.
- 581 mit deme reite ^ Ergebniß ihrer Berathung. — 583 is
- gevolgic^ vgl. 528, hier mit gen. des Gegenstandes — 586 ein
- tel, mhd. teil. Die Phrase ein ^etV bedeutet immer prägnant: ein
- gutes Theil, ein gutes Stück, vgl. 405. — Der Gen. der her-
- verte hängt von z6 vil ab. — 587 unde, vgl. 435, doch, aber.
- — wily 2. Person sing, von wil, gewöhnlich wilt. — 588 machtu
- = mäht du, von mac. — 589 wiltu = wilt du. — 590 aoche wir,
- vgl. W.J J-0 591 wizzestu = unzzest du conj. von weiz, magst
- du wißen. — 592 tun, mhd. iuont, vgl. 132. — 593 unde,
- vgl. 387. — 595 des is den Kriechen michil not. ez ist not
- eines d., ein Ding muß nothwendig geschehen. — 596 golt
- unde schaz. golt, Kostbarkeiten von Gold. — schaz, geprägtes
- und ungeprägtes edles Metall, vgl. 190. — 597 des, davon. —
- magenkraft stf., eine Zusammensetzung von ungefähr gleicher
- Bedeutung beider Theile, vgl. 410. — 600 des, daran. —
- 601 telene « teile in , vgl. 577 u. 586. —
- iO KÖNIO BOTHEB.
- min vil lieber hßre,
- da mide st^nt din ^re.
- wir nemugen mit nnsen sinnin
- nicht bezziris rätis vindin. 605
- ne volgis du des nicht, Köthere,
- sone kumistu nimmer über mere.»
- D6 sprach der kuninc riche
- harte willicliche
- «ir habet vrumicliche getan, 610
- ich wil ü gerne volgan,
- svaz mir ie war, daz was ü leit.
- diz ist ubergulde aller wärheit,
- daz ir mir nu s6 vaste bestät,
- nu iz mir an die not gät. 615
- ich hän gewisse michelin scat,
- nu möze er gewinnin gotis hat,
- der sin immer icht gespare,
- swilichin enden er gevare.»
- viere boten er dö sande 620
- 603 Stent, bleiben bestehen. — 604 nemugen = ne mugen, plur.
- von mac, — unsen, die einfache Form des Possess. neben der
- weiter abgeleiteten unser. — 605 bezziris rätis, gen. abhängig
- von der sahst. Neg. nicht. — 606 ne volgis ^ wenn du nicht fol-
- gest. — des, darin. — 607 sone = so ne. — kumistu = kumist,
- est, du,
- 609 harte adv., bloß verstärkend, wie unser «sehr» gebraucht.
- — 611 volgan, durch den Reim, wie noch an einigen andern Stellen,
- ein tieftoniges a im Inf. erhalten , was im 10. und 11. Jahrhundert
- besonders in fränkischen und rheinischen Denkmalern sehr ver-
- breitet ist. — 612 war praet. von werren stv. iz wirret mir, es
- ist ein Anlaß zur Verwirrung, Kummer. — ü = iu, euch. —
- 613 ubergulde, mhd. Überguide stf., der Ueberzug von edelstem
- Metall über einen andern Gegenstand, hier, wie oft, bildlich.
- — wdrheit, das gegebene Wort, Treue. — 614 vaste adv. von
- veste. — bestdt von bestdn, fest bleiben. — 615 nu, in rela-
- tivischer Construction, wie noch jetzt gebräuchlich. — 616 gewisse
- adv, — scat und hat sind niederd. Formen für^Viochd. schaz,
- 1. , die hier wahrscheinlich stehen, obgleich die Hs. z schreibt.
- f- '*18 sin auf scat bezogen. — 619 swilichin enden adv.,
- .. welchem Ende. —
- KÖNIG BOTHEB. 41
- vil wltin inme lande
- nnde inböt in al geltche,
- d^ da woldin werdin riebe,
- daz sie z6 hove qn^men,
- der dk solde stn zu Börne, 625
- da bedorfter ir z6 eime dinge, ^
- daz ne mocbter nicbt volbringen
- äne göte knecbte,
- iz ne quöme ime nnrechte.
- einin brief er d6 sande 630
- z6 eime unkundigen lande,
- da was ein riese, der hiez Aspriän
- der nimSr z6 bove nequam.
- durcb die starken nümäre
- büb er sieb zewäre 635
- mit unkundiger diete
- vor den kunine göten.
- der vuorte riesiniske man,
- die trögin stangin yreissam.
- Des kuningis nilmäre, 640
- daz sageeb ü zwäre,
- 621 unttUy mhd. toiten, weithin. — inme = in deme. — 626 be-
- dorfter = hedorfte er von bedarf, ir gen. pl. von bed. abhängig.
- — 627 mochter » mohte er, — 628 gote knechte ^ vgl. 24. —
- 629 iz ne queme, wenn es ihm nicht als Unrecht gerechnet
- werden sollte. — 631 unkundigen lande, wikundec adj., von
- dem man nicht viel weiß und wißen mag. Es ist etwas von
- unserm ((unheimlich)) darin. — 632 riese. Durch Erweiterung
- der accentuierten kurzen Stammsilbe ist ie für t hier durch-
- gedrungen, wie auch in einigen andern Fällen vor 8 und ganz
- vereinzelt vor r (vgl. 704); die Hs. geht in dem Gebrauche
- dieser Yocaldehnung viel weiter, indem sie dieselbe auch öfter
- vor d, t eintreten läßt, wo sie der Sprache des Dichters fremd
- ist. — 633 nimer, niemals. — 634 durch die, wegen. — starken
- nünd^rey vgl. 551. — 635 hub er sich, sich heben, sich erheben,
- sich aufmachen. — 636 unkundiger, vgl. 631. — diet stf., Volk,
- Haufe Leute. — 638 riesiniske man s= risisch, aus dem Geschlecht
- der Riesen. — 639 stangin, stählerne Stangen: Keulen, die Waffen
- der Urzeit, also auch der Riesen. — vreissam adj., furchtbar.
- 641 sagech = sage ich. — m, mhd. iu, — zwdre = ze wäre,
- in Wahrheit. —
- 42 KÖKia BOTHEB.
- die irschullen harte wide.
- die harren begunden riden.
- da vazzite sich man wider man,
- daz er schöne zö hove quam. 645
- durch daz iz ein hovespräche was,
- ir nehein iz ne virsaz.
- d6 gewan her michele heres kraft.
- sie ritin dicke scharehaft,
- dö zvä unde sibinzich kröne 650
- vor den kuninc quämen zö Röme.
- Dö sän sie in deme melme gän
- einin wunderlichen man,
- den ne mochte nichein ros getragen,
- der düchte sie ein seltsßne knabe. 655
- der tröch eine stäline Stangen,
- vier unde zweinzich ellene lange,
- des wart sie ein michel kaffen an getan:
- sie brächte ein riese, der hiez Asprlän.
- 1^
- 642 irschullen plur. praet. von ir schellen stv., erschallen. — r harte^
- vgl. 609. — wtde adv., mhd. wite, weithin. — 643 begunden
- plur. praet. von heginnen, began und begunde hier nebeneinander,
- beide durch Reime gesichert. — 644 vazzite^ vgl. 157. 218. —
- man wider man, ein Mann gegenüber, neben dem andern, Mann
- für Mann. — 646 durch daz, weil. — hovesprdche stf., eine be-
- rathschlagende Versammlung aller^ derer, die zum ho/ des Kö-
- nigs gehören , seine «Mannen» sind. — 647 virsaz von versitzen
- stv. mit acc, etwas gleichsam in müßigem Dasitzen versäumen.
- — 648 her, bezieht sich auf Rother. — 649 dicke adv., häufig,
- d. h. an vielen Stellen. — scharehaft, scharenweise. — 650 zvu,
- hier die altere Form des Nom. pl. fem. des Zahlwortes, da-
- neben zwo. — kröne, Kronenträger, vgl. 7 u. 136.
- 652 San, mhd. sahen, zusammengezogene Forn). — melm stm.,
- die aufgewühlte, zertretene Erde, Staub u. s. w. — 653 wunder^
- liehen man, vgl. 537. — 655 seltsene adj., seltsam. — knabe,
- ironisch gesagt «Bursche», knabe ist nicht bloß Knappe, für
- den Waffendienst, sondern auch «Page», also Inbegriff zier-
- licher Jugendlichkeit. — 656 stdltne adj. von stahel, stul,
- stählen. — 657 ellene, die umfangreichste Form des mhd. eile,
- eine stf., Elle. — 658 des, deshalb. — wart sie ein michel kaffen
- an getan, sie abhängig von ane. michel kaffen inf. subst. ge-
- braucht. Ueber kaffen vgl. 247.
- KÖNIG BOTHEB. 43
- Also Berther die riesen an gesach, 660
- nu mugit ir hören wie her sprach
- «ich sie dort guote knechte,
- die turrin wol vechten.
- uns kumit z6 vöze ein schone schare,
- die stn harte wicliche gare. 665
- min vil lieber h^re,
- intfä, sie nach dtnen eren.
- si sint z6 den brüsten vU groz.
- war gewan ie sicheinis kuningis gnoa
- so manigin wichgaren man? 670
- swär sie einin zorn willen hän,
- sowilich in intwichit vor der stangin
- unde her in mit dem swerte gelangit,
- der ne dorfte umbe daz sin leben
- nimmir einin pfenninc gegeben. 675
- ^Nu vöre, kuninc ßöthere,
- derre wigande zwelfe ober mere,
- sone dar uns nehein man
- mit sime volke bestän,
- ^her ne möze virl^sin den leben. 680
- al si in de hof ungelegen,
- 662 st6 = mhd. sike, 1. Person sing, praes. von sehen, —
- 633 turrin plur. von tar, ich wage, praeteritopr. — 665 mc-
- licke adv., für dßn wie, Streit. — gare adj., bereit, gerüstet. —
- 667 intfd^ imp. von intfdn, empfangen. — 668 groz^ breit,
- stark. — 669 kuningis gnoz, ein Genoße eines Königs ist selbst
- ein König. — 670 wichgaren ^ vgl. 665. — 671 willen conj.
- yon wiL — 673 unde her, her, ein anderes Snbject als des
- vorigen Satzgliedes, hier auf riese bezogen.
- 677 derre gen. plur. von deier, diser. — wigand stm., der
- Kämpfer, Held. — 678 dar, mhd. tar, vgl. 663. — 679 be-
- stän mit acc, jemand im Kampfe bestehen. — sime as «t-
- neme. — 680 her ne, wenn, daß er nicht, ohne daß. — t»r-
- lesin, mhd. Verliesen, verlieren. — den leben stm. und stn., hier
- wie in andern Denkmälern des 12. Jahrhunderts. — 681 al,
- adverbial und conjunctionel : wie das auch sein mag, obgleich,
- wenn auch; bei eigentlich hochdeutschen Schriftstellern nicht
- anzutreffen.
- 44 KÖNia BOTHEB.
- sie sin doch so wichgare kumen
- dir z6 helfe unde zö vrumen.»
- Die riesen in deme mehne
- trögen liechte hehne 685
- unde brunjen snöwize,
- geworcht mit allen vüze,
- die swert zö den Stangen,
- de geislen also lange:
- daz die riemin solden sin, 690
- daz. wärin ketenen iserin,
- gröze knöpfe hingen dar an.
- michel wunder sie des nam,
- die so höten gisön,
- waz en solde gesehen. 695
- sie wäfenden sich mit grimme
- in die liechtin ringe,
- ir gebore wärin vrumeliche getan,
- do irsag iz der herzöge van Mer&n,
- 684 melme^ vgl. 652. — 686 hrunje^ ahd. brunja, mhd. brünne
- swf., Brustpanzer. Neben dieser alterthumlichen Form gilt die ge-
- wöhnliche mhd. auch hier wenigstens im Reim. 4108 : manniriy
- brunnin n. öfter. — 687 geworcht part. praet. pass. von würken^
- arbeiten, fertigen. — 688 zo bedeutet auch das Zueinandeytreten
- zweier coordinierten Begriffe, daher hier nicht mit unserm (czu»,
- sondern «sammt» oder noch beßer «und)) zu geben. — 689 geislen,
- mit in allen rheinischen Mundarten gewöhnlicher Umsetzung der
- Liquidae statt geiseln^ von geisel swf., Geisel mit Knöpfen, eine
- herkömmliche Waffe der Zwerge, Elbe, überhaupt der dämo-
- nischen Unholde, die in der Sage und in den Epen auftreten. —
- 690 daz^ an der Stelle von Lederriemen, wo man Leder er-
- wartet hätte, sind eiserne Ketten. — 694 gesen, mhd. gesehen,
- — 695 waz en solde gesehen , was ihnen, d. h. den Einwohnern
- der Stadt, die die herankommenden Riesen mit Furcht be-
- trachten, en die vocalgesch wachte Form für mhd. in, dat. pl.
- des Pron. der 3. Person. — 697 ringe, rino stm., hier in der
- technischen Bedeutung Panzerring, also ringe = brunje 686. —
- 698 gebere stn., mhd. gebcere, auch stf. Im Rother, wie 1426
- beweist, nur neutr. — vrumeltehe, hier specialisierter als 601,
- auf die Kriegstüchtigkeit, Tapferkeit bergen. — 699 irsag iz,
- mhd. ersach ez, oder noch näher ersahez, indem g h zwischen
- Vocalen ersetzt. —
- KÖNIG BOTHEB. 45
- vil lutzil er dö twalte, 700
- unze her daz volc irrante.
- her sprach «wer hat irhaben diesin scal?
- den verbödich über al.»
- D6 sprd^^hen die stormgierin
- «wir untforten gene hßrin. 705
- den snle wer onsich ntdliche werin,
- durch daz wir uns generin.»
- dö sprach der aide herzöge
- «sie kumint dur göt here z6 hove.
- iz ist der kuninc Aspriän ^ 710
- unde bringit riesinische man.»
- wol untf^nc der kuninc rtche
- d6 riesin al geltche
- unde manigen vromen man,
- der z6 stme hove quam, 715
- und sagete in allen sine not,
- die dar hete der hellt got.
- her sprach «nu virnemit, türin wigande,
- ich möz üzime lande
- 700 twalte praet. von tweln, zögern, zaudern. — 701 unze^
- unz adv. und conj.; hier das letztere: bis. vil lutzil er — unze,
- es dauerte nicht lange, bis. — 702 irhaben , mhd. erhaben,
- part. praßt, von erheben stv. — diesin, ie wie in riese 632. —
- 703 verbedich = verbede ich* verbede, mhd. heißt diese Form
- verbiute, nicht verbiete, vgl. 196.
- 704 stormaierin, adj. atorm, mhd. stürm, Kriegssturm, giere,
- ahd. giri und gtri, begierig, ie für i vgl. 632. — 705 untforten, mund-
- artliche Form für int-, ent- (vgl. 103) vorhten mit Ausstoßung des
- h, wie gerade in dem Thema vorht- sehr oft. — gene, auch mhd.
- gilt gener nnd jener nebeneinander; jetzt hat sich die Schriftsprache
- für jener entschieden. — 706 stUe wer, vgl. 483. — ntdliche
- adv., nit, nicht unser Neid, sondern Haß, feindselige Gesinnung
- im allgemeinen. — unsich acc. pl. des Pron. 1. Person. —
- sich wern, mit dat. des Obj., gegen jemand sich vertheidigen. —
- 707 durch daz, auf daß, damit. — uns generin i= genem swv.,
- erhalten, retten. — 709 dur got, in guter Absicht, dur = dtirch,
- mit abgew. gutturalem Auslaut. — here z6 hove, hierher an den
- Hof. — 712 unt/enc, unt fax int, vgl. 103. fenc = mhd. yienc. —
- 718 turin, mhd. Huren, die schwache Form durch den Vocativ
- bedingt. — wigande, vgl. 677. — 719 üzime ^ üz deme, —
- 46 KÖNIG ROTHEB.
- in einis recken wise varen 720
- nnde wil mich anderis namen.
- ich w6ne, der kuninc Constanttn
- gehonbitit habe die botin min.
- des is na jär unde dach
- daz ich ir negeinen n^ gesach.» 725
- D6 begunden die hörren dringen
- vaste zö deme ringe
- nnde machitin eine schare vil breit,
- dö zirete sie wisheit,
- unde reditin under in, 730
- Berchter solde kuninc sin
- biz ir hßrre qußme,
- wände her der kröne wole pflöge,
- dö sprach der herzöge
- aichne darf nicheinis gerichtis hie zö hove, 735
- wände biveldir mir daz üwer lant,
- iz wirt beroubit unde virbrant,
- virhert die marke,
- virwöstent vil starke.
- 725 negeinen, ch oder h des ersten Theiles des Wortes nach
- mittel- und niederd. Weise zwischen Yocalen in die Media er-
- weicht, die aber selbst als sogenannte aspir. Media betrachtet
- werden muß, wie schon öfter gesagt ist, vgl. 7, 36 u. s. w.
- 726 begunden von beginnen ^ vgl. 643. — 727 ringe, rinc
- stm., hier wieder im technischen Sinn, aber in ganz anderem
- als 698. Hier bedeutet es den Kreis, der sich durch das Zu-
- sammentreten der zur Berathung u. s. w. Berufenen bildet. —
- 732 biz, mehr der mitteld. Sprache angehörig als der eigentlichen
- hochd., synonym mit unze, um, und hier zuerst erscheinend; von da
- ab unz fast verdrängend. — 733 her, bezieht sich auf Berchter. —
- pflege, mhd. pflcege, gewöhnlicher ist hier nach niederd. Laut-
- gebung die Form mit p für pf, pflege, pflegen würde, dürfte. —
- 735 darf, bedarf, d. h. es. paßt nicht für mich, darum be-
- gehre ich es nicht. — gerichtis. gerihte stn., durchaus nicht
- bloß unser Gericht, sondern das, was wir Rechtspflege und
- Verwaltung nennen, also höchste amtliche Stellung. Der König
- hat das oberste gerihte. — 736 biveldir, mhd. bevelhet ir, vgl.
- 418. — üwer possess. pron., mhd. iuwer, euer. — 738 die marke,
- eigentlich Grenze, ; dann Grenzland, offenes Land überhaupt. —
- 739 virwvstenty so in den Text aufgenommen statt des nicht
- KÖNIG BOTHEB. 47
- von dü kiesit ü einin anderin man 740
- ich wil nach mlnen sonen varn.
- nu bitit Amelgören,
- die mach wol wesen höre.»
- deme bevälen sie die kröne
- unde Maz gerichte z6 R6me 745
- an eime vil schönin ringe;
- her was von Tengelingen.
- unrichtigen aber bedenklichen virwosten sie vil starke, vif'
- wostent part. praet. von virw6sten=enen, was von einem neben dem
- gewöhnlichen mhd. wüeste stf. erscheinenden wüestene abgeleitet
- ist. Aus der Form virwosten^ die der Schreiber für 3. Person
- pl. von virwosten. halten mochte, ist das eingeschobene sie zu
- erklären. — 740 von dü. dü instr. von daz^ mhd. diu^ darum.
- — üy mhd. «M, euch. — 741 sonen^ dial. Form neben der gewöhn-
- lichen «wnen, mhd. sünen, — 743 c?te, Nebenform von der. —
- 744 bevulen. Durch den Ausfall des stammhaften h (vgl. 418.
- 736) von beveihen ist dieß starke Verbum in eine andere Gonj.,
- in die mit einfacher Liq. schließende, getreten, und so aus
- bevulhen beodlen geworden.. — 745 gerichte, vgl. 735. — ringe,
- vgl. 727. — 747 von Tengelingen. Amelg. von Teng. vgl. die
- Einleitung.
- IIL
- Rother bricht mit 12 Herzogen, von denen jeder 200 Ritter
- führt, nebst dem Riesen Asprian und dessen 12 Riesen von
- dem Tage zu Rom auf nach Bari, wo er sich einschifft.
- Die Schiffe sind mit allen möglichen Schätzen beladen, der
- König vergißt aber auch seine Harfe nicht. Unterwegs be-
- ffehlt er seinen Mannen, ihn in Konstantinopel nicht bei seinem
- wahren Namen, sondern Dieterich zu nennen, was ihm eidlich
- versprochen wird. Gelandet, erregen sie allgemeines Erstaunen
- imd Entsetzen durch die Riesen in ihrer Mitte. Die Kunde von
- ihnen wird nach Hofe gebracht, und die Fremden rüsten sich
- auch in feierlichem Aufzuge dort zu erscheinen. König Con-
- stantin , schon in großer Bestürzung durch die ihm zugebrachten
- Nachrichten über die Furchtbarkeit der Riesen, wird sammt
- seinem Hofe noch mehr erschreckt, als Dieterich nun selbst
- mit ihnen eintritt. Dieterich wirft sich vor Constantin auf die
- Knie und bittet für sich und die Seinen um Schutz und Auf-
- nahme: er sei von Rother vertrieben und nun landflüchtig.
- Constantin, nach eingehender Berathung mit seinen Mannen,
- sichert ihm sein Begehren zu. Dieterich wird somit am Hofe
- aufgenommen, wo Asprian sofort einen Beweis seiner Starke
- ^bt , indem er einen gezähmten Löwen, dem sonst alle aus
- dem Wege gehen, mit der Hand ergreift und an die Wand wirft,
- ■daß er in Stücke zerschmettert. Der König Constantin zürnt
- zwar über den Tod seines Lieblingsthieres , aber wagt nichts
- zu. sagen; die Königin aber, die von Anfang an den Fremden
- gewogen ist, macht ihm Vorwürfe, daß er jetzt alles von sol-
- chen dulden müße, die vor Rother nicht hätten bestehen kön-
- nen, und doch habe er Rother seine Tochter versagt. Das wäre
- jetzt ein Helfer in der Noth. Dieterich beurlaubt sich zunächst
- und sucht seine zurückgebliebenen Mannen auf.
- Der kuninc Kother z6 ime nam
- zvelf herzogen lossam,
- 749 zvelf herzogen lossam. Vgl. 256 ; so gut wie dort die Ritter-
- schaft, 521 die Helden /ossam genannt werden, können hierauch die
- KÖNia BOTHBB. 49
- unde herzogen iegelich 750
- zvei hundert rMre ^rlich,
- so sie alle sch6nist wären kamen.
- die vil türllchen gumen
- under deme volcmagene,
- die höben sich z6 samene. 755
- dö vörte der kuninc Asprlän
- mit ime zvelf sine man.
- da under hete her einin riesin vreisam,
- des moste man gr6ze h6te hän.
- der gienc gebunden als ein lewe 760
- unde was der aller künisten eine
- herzogen, die in jenen beiden Bezeichnungen eingeschlossen sind,
- so heißen. Doch ist neben lustsam = lossam im Rother auch das
- in Form und Bedeutung anklingende lovesam, mhd. lobesam, vor-
- handen, was mundartlich wohl auch lossam geschrieben werden
- konnte. Es ist daher sehr oft schwer zu entscheiden, wo das
- eine oder das andere anzunehmen ist, denn es paßt häufig beides. —
- 750 herzogen iegelich, vgl. 130. — 751 er lieh, die das besitzen,
- was die Zeit unter ere verstand, also fast dem herlich gleich
- nnd hier, wo häufig von dem Schreiber nach seiner besondern
- Mundart h im Anlaut falsch, d. h. gegen die mhd. und auch
- die Art seiner Vorlage gesetzt ist, gewiß oft damit verwech-
- selt. -7- 752 so, hier die zeitliche Bedingung ausdruckend. —
- schonist, adv. superl. von schone in temporeller Bedeutung, die
- in der frühem Sprache selten, jetzt in «schon» die alleinige ge-
- worden ist. Dies schonist tritt somit in der Bedeutung dem
- schierest sehr nahe. — 753 tür liehen gumen. türlich, so viel
- wie das einfache türe, iiure, vgl. 238; gumen swm. gume, gome.,
- selten in der mhd. Sprache, der Mann zunächst in Bezug auf
- sein Geschlecht, dann der Mann überhaupt. — 754 volcmagene
- stn. volcmagen, die Volksmenge, vgl. 4'r6.' 597. — 758 vreisam
- mit vereinfachtem ss, wie oft. — 759 des von hote, mhd. huote,
- Hut, abhängig. — 760. 761 lewe: eine kann nicht richtig sein,
- wegen des gestörten Reimes, während gegen Sinn und Construction
- nichts einzuwenden ist. — der aller künisten eine. Gewöhnlich
- mhd. wäre die Wendung Kein der aller küniste», während sie
- in dieser Form unserm heutigen Gebrauche näher steht. Durch
- eine Abweichung von der formalen Regelrichtigkeit setzen
- auch wir, wie es hier geschieht, häufig in dem zugehörigen
- Relativsatz Subject und Prädicat in den Sing., nicht in den
- Plur. —
- KÖKia SOTRSR. 4
- 50 KÖNIÖ BOTHEB.
- der ie mötirbarn gehiez.
- svenne man in von der ketenin liez,
- deme nitete nieman einin zom,
- er ne hete den üb virlorn. 765
- der was verre gegangen
- van der riesin lande
- durch degenheite willen.
- mit dröwe und mit minnen,
- so virwant in Asprlän, 770
- daz her wart sin man.
- er was vrßsllche gemöt.
- Witolt hiez der helit göt.
- Der kuninc hiez daz gedigene
- mit Emilg^re ritin widere, 775
- unde daz sie daz riche
- bewarten vromeliche
- vor aller slachte ubelen mannin.
- d6 kälrde der h^rre dannin
- 762 moterbarn^ mhd. stn. muoterbam, eigentlich Mutterkind,
- alterthümliche volksmä&ige Formel für Mensch überhaupt. —
- gehiez j geheißen war. — 763 svenne ^ häufiger hier svoanne (jso
- wanne), wie auch danne häufiger als denne; aber beide Formen
- in völlig gleicher Bedeutung. — 764 netete, mhd. enUte —
- er ne hete, negat. hypoth. Sätze, die wir lieber positiv wenden. —
- einem einen zom t., etwas thun, was Zorn erregt. — 768 durch
- degenheite willen, um ritterliche Dienste zu thun, Ritterschaft zu
- üben. — 769 drowe stf., Drohung. — minnen, dat. plur. vom
- stf. minne, freundliche Anerbietungen u. s. w. formelhaft mit
- drowe verbunden. — 770 virwant pr^t. von verwinden stv., zu
- etwas bringen, nöthigen. — 771 man, Dienstmann, Vasall. —
- 772 vresltche adv., mhd. vreieliche, furchterregend. — gemot
- adj., mhd. gemuot.
- 774 gedigene stn., die Gesammtheit der degen, Ritter»
- Dienstmannen, vgl. 71. — 775 Emilgere, oben 742 Amelger;
- E für A mundartliche Schwächung wie in wente für wante^
- wele für wale u. s. w. ; denn das secundäre i in Emil, (aus altem
- Amal.) zeugt keinen Umlaut. — widere adv., zurück. — 778 aller
- slachte, diese genet. Formel wird rein adverb. wie unser «aller-
- hand» gebraucht. — ubelin mannin, so viel als Räuber, Landfriedens-
- brecher. — 779 kurde praet. von keren^ mittel- und niederd.
- sehr gewöhnlich. Das a, weil Ersatz des e, jedenfalls lang. —
- KÖNIG »OTHER. 51
- ingegin der stat zö Bdre, 780
- dar die kiele lyären
- so witine gereit öt,
- dar inne der helit göt
- over mere solde varen.
- mit golde wären sie geladen 785
- unde mit grözer ztrheit.
- samlt unde pfellile breit,
- den schaz man kne zale nam
- unde tr6g in allez daz an
- üz des kuningis kamerin. 790
- sie vörtin üffe den wagenin
- hinne z6 den kielen
- maniger slahte gewiere.
- Der kuninc heiz ime gewinnen man,
- die göt gesmide künde slän 79r)
- schöne üzer golde,
- alse iz dö riter haben wolden.
- daz worter allez über acht,
- iz newirt biz an den tümistach
- nimmer mö nichein man 800
- der suliche wunder muge begän.
- 780 ingegin praep., mhd. engegen, entgegen. — 782 wttine adv.,
- vgl. 621. — gereitot part. praet. pass. von gereitdn, rüsten: ge-
- reite machen. — 789 in den Schiffen. — 790 hier kameren
- 8wf., oben 557 stf. y was bei einem Fremdwort nicht auffällt. —
- 792 hinne adv., von hier. — 793 getnere stn., eigentlich Filigran-
- arbeit, dann allgemein künstlich gearbeiteter Schmuckgegenstand.
- 794 man sing, ohne diin unbestimmten Artikel, wie es
- die ältere Sprache, selten das eigentliche Mhd. kann. — >
- 795 die nicht plur. sondern sing, mundartlich = rfcr, vgl. 93.
- — slcin, mhd. slahen. gesmide aldn, techniischer Ausdruck für
- die Goldschmiedekunst. — 796 üzer praep. = üz. — 798 toortet
- = v>orte. toorhte er prsBt. von vmrken swv. — allez hier Adv.
- nicht adj., Verstärkung des Folgenden. — über acht adv. Aus*
- druck: über Begreifen, Vermuthen, auf eine unbegreifliche
- Weise. — 799 tümistach y Gerichtstag, jüngster Tag, hier sehr
- oft gebraucht. — 801 wunder, Proben von wunderbarer Ge-
- schicklichkeit.
- 4*
- 52 KÖNIG ROTHBB.
- Dd wären des knningis kiele
- gereitit vil schiere,
- stne harfen her z6 ime nam.
- her heiz daz lüt und die riesin in g&n. 805
- von deme Stade sie scahin,
- die segilriemen sie zagin.
- sie vörin zd Cönstlnopole,
- der vil mßren hurge,
- nber d^ sä vil breit. 810
- der knninc gedächte ein wlsheit.
- er sprach zö harren allen samt
- «wir salen in ein anknndegiz lant.
- iz nist nichein kindis spil
- daz ich ü na sagen wil. 815
- wir mözin mit götin listin
- nnser IIb gevristin.
- ich bitnch alle geliche,
- armen nnde riebe,
- heizit mich Thtdertche. 820
- 803 gereitit, vgl. 782 gereitot, wie oft die schwachen Con-
- jugstionen auf 6n und en , d. h. Jan miteinander wechseln. — vil
- schiere y sehr bald. — 805 daz lüt stn., mhd. liutf collect, sing.,
- die Leute. — in, hinein, d. h. in die Schiffe. — 806 scubin,
- = mhd. schuhen y nämlich die Fahrzeuge. — 807 segilriemen^
- Tauwerk. — ziigin 3. Person pl. prset. von ziehen. — 810 über
- de se; 199 ist se Masc. in derselben Bedeutung, denn die heu>
- tige geschickte Begriffsspaltung von See je nach dem ver-
- schiedenen Geschlecht ist der Sprache des Mittelalters noch
- unbekannt. — 811 ein imsheit. Wie zierheit, 388 den einzelnen
- kostbaren Gegenstand bedeutet, so toisheit hier den einzel-
- nen guten, klugen Einfall. — 812 rd herren allen samt. Der
- im gewöhnl. Mhd. nöthige bestimmte Artikel zum Subst. in
- alterthümlicher Weise fehlend, vgl. 794. samt adv., zusammen. —
- 817 unser Itb. Hier lib stn. in derselben Bedeutung wie das
- Masc: Leib, Leben, Person. — 818 bituch^^ hite iuch. lieber
- die wahrscheinliche Kürze des u = iu in solchen enkl. Formen
- vgl. 496. — 820 Thidertche. Neben dieser Form mit erhal-
- tenem alterthümlichen Th des Anlautes und d des Inlautes sind
- auch andere, bald mehr mundartliche , bald mehr mhd. im Ge-
- brauch; die rein mhd. Dieterich , ihr zunächst Thiederich, dann
- Thede(i)richy wo e=mhd. te, wie in Thiderich i ss %e ; Thidertche
- ist die acc. Form; Nom. Tfuderich 825 u. s. w. —
- KÖNIG BOTHEB. 63
- sone weiz nichein vremede man,
- wie min gewerf st getÄn.»
- des swören sie im eide,
- die liezen sie nnmeine.
- sie gelobetin daz sie hietin Rdthere Thiderich, 825
- daz däten die harren hMich.
- Dd d^ recken schöne
- zö deme Stade qnämen,
- dö liefin die bürgere
- durch wnnderis m^re 830
- nnde wolden ir ztrheit ges^n hin.
- do begnndin die riesin sdn
- z6 vechtene an deme sande.
- sich höh die vlucht danne.
- ettilicheme ward s6 leide, 835
- daz her des anderin nicht ne beide,
- dö quam einir harte hesteltche
- vor den kuninc riebe,
- her sprach «owl, kuninc Constantin,
- 821 sone ^= sone, dann, infolge dessen. — 822 gewetf stm. zu
- werben, Gewerbe, Geschäft treiben. — 823 des, darüber. —
- 824 unmeine adj., unbeschädigt, unverletzt, iiezen unmeine seil,
- sein, bestehen. — 825 hietin, niederd. t für z.
- 827 schone , jedenfalls Adv. obwol es der Form nach auch
- Adj. sein könnte. Die Bedeutung ist hier nicht die 752 be-
- merkte temporelle, sondern die gewöhnliche, auf angenehme Art,
- etwa durch glückliche Fahrt. — 829 bürgere, burgdre, die Ein-
- wohner der bttrg, Stadt, vgl. 68. — 830 durch wunderis mere.
- mere, mhd. masre, Erzählung, Gerücht, wunderis, von einem
- wunderbaren Ereigniß. — 83 i gesen, mhd. gesehen, gesen hdn
- ist hervorgerufen durch das Praet. wolden. Wir pflegen in soN
- chen Fällen den einfachen Inf. also hier «sehem) zu setzen.
- Der zusammengesetzte Inf. der altem Sprache ist aus dem-
- selben Motiv hervorgegangen, das nach dem Prses. mac, wüu. s. w.
- nicht den einfachen Inf. etwa sehen u. s. w. sondern den mit
- ge- verbundenen setzt. — 832 sän adv., sofort. — 833 sande,
- sant stm., Ufersand, Ufer. — 835 leide adv. mir wirt leide, es wird
- mir übel zu Muthe. — 836 beide praet. des swv., mhd. beiten, er-
- warten, mit gen. — 837 hesteltche adv., mit Hast. Die unumgel.
- Form hMte(c)^che iBth&ufiger, Man beachte auch die AUiteration. —
- 54 KÖXIGh EOTHBB.
- wannen mac diz volc sin? 840
- daz veret mit so getaner kraft,
- daz iz n^man gesagen nemach.»
- Alsus redite dö die knningtn
- «wilich mach ire geverte sin?»
- dö sprach der hurgäre 845
- «war umhe suldir mich des vrägen?
- wände unser was ein michel tßl,
- dö nö zu rechte ne hesägen den köl.
- wer vorten die vreislichen diet;
- da newart schouwenis niet. 850
- dar ligit ein gebunden vor sime zorne:
- wir worin anderis die virlorne.
- ich nekan üch nicht m§r gesagen,
- war mite die kiele sin geladen,
- wene mit isirinen Stangen, 855
- grözen unde langen,
- lach och anderis icht dar ane,
- des ne kan ich ü niet gesagen.»
- Sie hiezen den vreissamen man,
- der da lac gebunden an, 86f
- daz er an deme Stade wöre
- unde her des gödes plöge.
- wol gezieröt was ir lif,
- sie trögin alle bönit herlich.
- 842 neman s nieman; e in der Mundart für ie, wie so oft.
- 844 geverte stn., Aufzug, Ausrüstung. — 848 besagen, mhd.
- beadf^n. — kel wie iely mundartlich für hochd. kiel und teil,
- denn e vertritt sowol ie wie ei. — 849 vorten praet. von
- vOrhten mit ausgestoßenem A (ch), — vreialich adj., vgl. 772. —
- diet, vgl. 636. — 850 schouwenia gen. des Inf. abhängig von
- niet subst. neg. — 851 ein, einer, unbestimmte Bezeichnung
- des Schreckens und der Furcht. — vor prsep., kann hier mit
- «wegen» übersetzt werden. — 852 anderis adv., wenn es nicht
- so wäre, wenn er nicht gebunden wäre. — die virlorne,
- vgl. 214. — 853 üch, vgl. 143. — 855 wene adv., außer. —
- 857 och — ouch,
- 864 bonit. Ein Fremdwort, das französische bonnet, Baret,
- Staatstracht der Ritter. —
- KÖNIG BOTHEK. 55
- sie ritin snewize müle, 865
- d6 wären da z6 Kriechen türe.
- manich appelgrä marc,
- beide schöne unde starc,
- die giengen in an den henden.
- den wären d6 manen bewunden 870
- mit borten also kleine,
- da inne was göt gesteine.
- so war die harren hinnin ritin,
- d^ riesin liefen alliz mite
- in ire wichgew^te. 875
- Dar saz in manigen r^ten
- der kuninc Constantin,
- wie d6 herren mochten sin.
- dö sprach siner rätgeven ^n
- «h^rre, dir ist uvele gesehen 880
- an den boten wal getan,
- die du hast gevangin län.
- unde sin diz ir h^ren.
- 865 mül stm., Maulthier. — 866 iure, mhd. ^iwre, selten. —
- 867 appelgrd. Apfelschimmel galten nicht bloß in der Periode
- des höfischen Lebens, sondern wahrend des ganzen Mittel-
- alters als besonders schön. — marc stn., das zum Reiten im
- Kriege und auf Eeisen bestimmte Roß. — 870 manen; hier
- mundtrtlich swf. mane^ Mähne, mhd. stf. — 871 borte swm.,
- Borte, gewöhnlich aus Seide und gesponnenem Golde, Gold-
- faden, nicht bloß zur Verzierung der Kleidungsstucke. — 872 c?a
- inne, in den Borten. — 873 sowar, wohin immer, vgl. 24. —
- 874 alliz adv., vgl. 452. — 875 wichgewete stn., mhd. mcgewcete,
- Streitgew^and, Rüstung.
- 876 reten, pl. von rat stm., davon hängt 877 ab, wo wie
- die munlartliche Form für wer ist. — 879 e»=etn, einer,
- irgendeiner. — 880 dir ist uvele (adv. mhd. ubele) gesehen (mhd.
- geschehen)^ es hat sich dir übel gefügt, eine mildernde Wen-
- dung, um die eigentliche Thätigkeit der Person, die stets dabei
- gemeint ist, zurücktreten zu lassen, eigentlich also : «durch dich
- ist Böses geschehen»; ähnlich wie die heutige Volkssprache
- (unir ist eil« dumme Geschichte passiert, d. h. ich bin schuld
- daran» sagt. — 882 gevangin Idn, nach Idn (hier = Idzen, ge-
- Idzen part. jrsBt. pass.), Ellipse eines Verbums wie «sein,
- liegen», vgl. 125. —
- 56 KÖNIG BOTHSB.
- sie mögint nnsich alle s^re.
- des intgeldet ettelicher man, 885
- der is nie scnlt ne gewan.
- die dd. mit den Stangen
- kamen sint s6 langen,
- den nemach nehein man widirstÄn:
- " du hast den välant get&n.» 890
- DÖ quam iz an einin östertach,
- daz Constantin mit scalle was
- an deme Pöderamis hove
- mit grÄvin unde mit herzogen
- unde mit vrigin hören, 895
- d6 hete er durch sin 6re
- heim zö sime hüs geladit.
- die wurden mit swßte gebadit,
- den sie von vorchten haveten,
- wände die riesin gebärtin also sie doveten. 900
- D6 Thiederich unde stne man
- vor den kuninc quam gegän,
- eme wart ein schöne dönest getan,
- intgegin in gingen de herzogen lossam,
- unde die göte kuningin, 905
- 884 mogint, mhd. müejent, belästigen. — 886 is gen. von iz,
- ez, davon. — 890 du hast den vdlant getan, vdlant stm., so viel
- \ als Teufel, böser Geist, wie das mhd. und unser «den Teufel
- gethan», formelhaft gebraucht, schlimmer als nichts.
- 893 Poderamis hove, der Hippodromos in Konstanlinopel,
- in der Nähe des kaiserlichen Palastes; der herkömmliche Schau-
- platz aller großen Festlichkeiten. -^ 894 Die eigentliihe her-
- kömmliche Reihenfolge ist herzogen, grdven, vr%e odervr. h^en, die
- zusammen die nobilitas, altd. adel, bilden, dann folgen die ge-
- wöhnlichen ritterlichen Dienstmannen. — 898 swete, mundart-
- liche Form für mhd. sweize dat. von sweiz, Schweiß. -^ 900 do'
- Veten, mhd. tobeten. Wegen haveten auch daveten (was der
- Mundart allerdings zusteht) zu schreiben, ist unnötig.
- 902 gegdn part. prset. pass. von fangen , gdn. — < 903 denest
- stn., mhd. dienest. Der Begriff dieses Wortes umf^^t auch alle
- die Aufin erksamkeiten und Dienstleistungen, die dem Gaste
- freiwillig (oder nach dem Gebote der Sitte) erwiest werden. —
- /
- KÖNIG BOTHBB. 57
- sie hiez sie willekume sin.
- sie neic in allen geliche
- nnde intfönc sie gezogenllche.
- dö solden zwäne grävin
- Asprtänis stangin intfähin. 910
- da was s6 vil stälis zd geslagiu,
- sie ne mochtin sie hebin noch getragin.
- an iren danc viel sie dar nider,
- sie liezin sie durch not ligen.
- Constantin saz üffe sinin st61. 915
- Thiederich gezoginllche stont
- vor ime an den knien,
- her sprach «knninc, man sagete mer ie
- von dir gröze vrumecheit.
- leider nu ist min arbeit 920
- als6 gröz z6 mime schaden,
- daz ich in dir nimmer ne mochte gesagen.
- nu irkenne got an mir armen man,
- wand mich hat in ächte getan
- ein kuninc der heizit Röthere, 925
- unde sitzet westrit ober mere.
- des gewalt ist s6 getan,
- ime nemach nieman widerstän.
- dö her mir stn rlche virböt,
- d6 möstich iz rümen durch d6 not. 930
- done trüwidich in negeineme lande
- «
- 906 willekume, vgl. 273. — 911 z6, daran. — geslagin, ge- oder
- verscbmiedet. — 913 an iren danc, gegen ihren Willen. —
- 914 durch not, gezwungen.
- 915 8%nin, vgl. 15. — 917 an den knien stdn, auf den
- Knien liegen, stdn kann diese Geste bezeichnen im Gegen-
- satz zu dem ganz Ausgestrecktliegen der Verzweiflung, des
- inbrünstigsten Gebetes u. s. w. — 923 irkenne got, bekenne
- Gott; zeige, daß du Gottes Gebote kennst und thust. —
- 924 ächte stf., Acht, Verbannung. — 926 westrit, dasselbe
- nur mit umgestellter Ableitungssilbe wie 317 westert, —
- 930 mostich = moste ich. — durch de not = durch not 914. —
- 931 done = do ne. — trüwidich = truwide ich von truwen swv.,
- glauben. —
- 58 KÖNia BOTHEB.
- minin lif so wol behalden,
- so hir z6 deme hove din.
- mir is gesaget, daz du s6 gewaldich sis.
- min dienist biedich dich an: 935
- nu nim iz, tugenthafter man.
- durch genäde quam ich here gevarin.
- du Salt din äre an mir bewaren.
- ne wiltu mich an din dienist nicht nemin,
- so m6z ich Röthere den lif gebin.» 940
- AI de wile Röthere den kuninc bat,
- Aspriän der riese trat
- \ in d^ erden biz an daz bein.
- Constantin wart inein
- mit den bidervisten mägin, 945
- die an sinem hove wären,
- wo her d^ harren lossam
- mochte behaldan.
- Ersprach « der herrenemach vor Röthere nicht genesen,
- nu wolder gerne mit mir wesen. 950
- her bütit sich an dö gewalt min
- 933 hir, mundartlich für*'Äfer, dieftllerthümliche, im Mhd. ge-
- wöhnlich durch hie ersetzte Form des Localadv. hie, ht er-
- scheint auch im Rother, vgl. 369 u. 500. — 934 gewaldich
- adj., gewaltig, mit der Schärfung des auslautenden g in ch,
- nicht nach mhd. Art in c verhärtet* — 935 biedich = biede ich,
- mhd. biute ich. ane bieten mit acc. des Personalobjects und acc.
- des sächl. — 937 gendde stf., eigentlich: erbarmende Herab-
- lassung, !E, je nach den Umständen subjectiv oder ob-
- jectiv gebraucht: Erbarmen, das man selbst beweist, oder das
- man bei einem Andern sucht.
- 944 inein adverb. Ausdruck, inein werden, wie unser «über-
- ein » kommen. — 945 mdgen; weil die Formel mdge u. man
- einmal gilt, können hier auch, offenbar des annähernden Reim-
- klanges wegen, die man zusammen als mdge bezeichnet wer-
- den. — 948 behaldan, das tieftonige a des Reimes wegen
- erhalten.
- 949 genesen stv., sich retten; vgl. das schwache Verbum
- genern 701. — 950 wolder — wolde er. — 951 bütit, mhd. biutet
- von bieten. — an de gewalt min, er unterwirft sich meiner G ewalt. —
- KÖNIO BOTHEB. 59
- ande sagit mir ouch daz her ndtic si.
- waz wert iz umbe den virtrivenen man?
- mir is leit daz er ie here quam,
- ande die sine holden 955
- dunkint mich harte irbolgen.
- die haben s6 nötliche site.
- da st^t ein unde tritet,
- der gez^me wol in der helle
- deme tüvile zeime gesellen.» 960
- D6 rietin ime de harren, daz her ir also pflege,
- daz siez vur göt nemen:
- «wir ne wizzen umbe Röthere niet.
- diz ist ein vreislicher diet,
- den sul wir grözliche geben, 965
- daz sie uns läzen daz leben.»
- Constantin sprach hßrliche
- wider Thiederiche
- amir rätin genöge mine man,
- wir sulin dich minnicliche unfän, 970
- ob siez aber widerredit habetin,
- wie ungerne ich en virsagete!
- deme eilenden, ,„^1^ ^tf
- ^^^bS^'
- •i^,*-
- 952 notic adj., ahd. notac, in Noth. — 953 waz wert iz, so statt
- des handschriftlichen is, das keinen Sinn gibt ; s ist hier häufig
- für z geschrieben, wert for wirt, d. h. wvrdeti was soll ge-
- schehen mit , in Bezug auf {umbe) den ... — 955 der holde,
- in der technischen Bedeutung von Dienstmann, aber auch
- Angehörige überhaupt, vgl. 408. — 956 irbolgen part. prait.
- pass. von irbelgen stv., sich erzürnen. — 957 nötliche site acc. plur.
- nicht sing., da site stm. ist. notlich adj., gewaltthätig, gewaltsam;
- 960 zeime = ze eime, dat. von ein, — 962 siez = sie ez. —
- 964 vreislicher diet diet hier stm. sonst fem. — 965 grözliche
- adv., massenhaft, sehr viel.
- 967 herliche, wie es einem Fürsten geziemt. — 969 genöge
- mine. gendc, mhd. genuoc adj., hier attributiv im gleichen Num.
- und Casus zum Subst. — 972 en, mhd. in, dat. pl. von er. —
- versagen swv., widersprechen, das Object zu supplieren. —
- 973 eilende adj., hier nicht bloß der Landesflüchtige, Heimat-
- lose, sondern auch der dadurch in Noth gerathen ist. —
- 60 EÖNia BOTHBB.
- swilichin mir got gesendet,
- deme wirt gedienit, wizze Crist, 975
- alse her is wert ist.
- doch ne achtich in z6 nicheinen vromen man,
- der da ie durch richetöm üz quam
- her zö Kriechen in dit lant.
- türe degen vile halt, 980
- din geverde daz ist gr6z:
- du hist ir aller ohergndz.
- nu gehüt dir an d§ gewalt min;
- du salt hie selve wirt sin,
- wandiz mir z6 danke is, 985
- daz du minis götis geröchis.
- wer wändin daz du gertis
- einir magit wol getan,
- die ich mit ylize irzogin hän,
- s6 tötich also Eöthere, 990
- der dich virtreih oher mere.
- den hän ich iedoch bedwungin:
- sine hotin sin hier gehundin
- in mime kerköre.
- her ne gesiet sie nimmer möre. 995
- dar under wärin zvßne man,
- daz sie ein keiser mochte hän
- gerne in siner gewalt.
- si vuortin manigin helt halt.»
- 977 achtick = ahte ich, halte ich. — nicheinen, vgl. 15. —
- 978 durch rtchetom, um des Reichthums willen, um sich sol-
- chen zu erwerben. — üz quam, hinausgezogen ist. — 979 dit, niederd.
- Nebenform' von diz, Neutr. von diser, 80 6a/^adj., kühn, im
- Volksepos sehr beliebtes Wort. — 981 geverde, vgl. 844. —
- 982 obergnoz stm., mhd. übergenoz, nicht bloß gleich, sondern
- gröüSer oder mehr. — 983 nu gehüt dir an de gewalt min, gebüt imp.
- von gebieten, befiehl über das , was in meiner Gewalt steht, zu
- deinen Gunsten (dir), — 984 selve, mhd. selbe. — 986 ge-
- röchis, gerochen swv., mhd. geruochen mit gen., sich um etwas
- bemühen, etwas begehren. — 987 wer « mhd. wir. — wdndin
- von wenen = wcenen swv. — 991 virtreib prset. von virtriben, ver-
- treiben. — 992 bedvmngin part. prsBt. pass. von bedwingen, bewäl-
- tigen, bezwingen. — 995 gesiet, mhd. gesiht; ge- ersetzt hier das
- Fut. er soll, wird sie sehen. — 997 daz, von der Beschaffenheit, daß.
- KÖNia BOTHSB. 61
- Als6 Asprt^ dise rede virnam, lOOO
- den seilt er vazzen began
- unde vordirte sin wtcgewßte.
- her sprach «man bütit ans ht unrechte,
- ir habit mtnen harren z6 svache gezalt.
- EAther sante g6te knechte in diz lant, 1005
- sower die heiz binden,
- des mochte her noch lichte antgelden.
- nu st wir hl vor üwen banden;
- ßr wir werdin gevangin,
- daz weiz der waldindiger got, loio
- ^r geligit ettellcher tot
- der aller türist wil sin,
- mime zöbreche die stange min.»
- Snelllche her an den rinc trat.
- Constantln zö ime sprach 1015
- «hßrre, ir zumit äne not,
- wände üch hl n^man misseböt.
- die rede die ich hän getan,
- die snlder nicht z6 nlde hän.
- mich macheten tmnkin mlne man, 1020
- ^daz ich hüte als 6n töre gän.
- 1003 buHt, d. h. lnutetit = iz, ez, einem ez unrechte (adv.)
- bieten, einem es übel erbieten, einem schmählich begegnen. —
- ht, vgl. 500. — 1004 z6 svache adv., zu gering. — gezalt part.
- pr»t. von zeln, rechnen. — 1007 lichte adv., wahrscheinlich. —
- untgelden = int- entgelden, — 1008 8% wir, vgl. 369. — üwen,
- mhd. iuwem, possess. des Fron, der 2. Person im Plur.,
- vgl. 604. — 1013 mime zöbreche, falls mir nicht... zöbreche;
- zö ist das mhd. zer, ze.
- 1014 Snelliche adv., kampflnstig. — 1017 üch, vgl. 143. —
- missebot praet. von miaaebieten, das Gegentheil von ere, guot u. s. w.
- bieten. — 1019 zo ntde. nti stm. oder neutr., Mißgunst, Haß, vgl.
- 705. — 1021 hüte adv., mhd. hiute, heute. — en töre, ein Thor,
- Narr, besonders ein berufsmäßiger Possenreißer, die damals schon
- zum hofischen Apparat gehören, obgleich sie sich noch nicht
- 80 breit machen durften, wie seit dem 14. Jahrhundert. —
- gän 1. Person sing, prses. ind. von gdn, gehen; daneben ich gen
- und ge; im Reime stets die a-Form, wie auch bei stdn. —
- 62 KÖNIG BOTHER.
- von dü ne kan ich nicheime göten knechte
- geantwarten zö rechte.
- min dröwe newart nie von sinne getan,
- des gelonbit mer, h^rre Asprlän; 1025
- wan diz mer noch in deme übe mnbe g4t
- nnde mich so geweldigit hat,
- daz ich widir üweris harren man
- negeine göte rede ne kan.»
- Aspriänis zom was irgän. 1030
- sich herbergetin Thiederichis man
- der porten also nähen,
- daz sie sich wol andersähen,
- dö giengen die kameräre,
- die mit Th^tirlche da wären, 1035
- unde gewunnin zvelf wagine,
- die gingin sibin nacht geladine.
- sie trögin golt unde schaz
- nnde allez daz in den kielen was,
- ein vil michel macht des götis. 1040
- mite vor ein der iz wol behöte.
- 1022 von dü, vgl. 303. — 1023 geantwarten, mhd. geantwürten
- 8WY., Antwort geben, so viel als das einfache antwürten; ^e-bloß
- durch das vorhergehende Prseteritopr. kan bedingt. — 1025 des
- gen. abhängig von gelouben swv. — mer, vgl. 214. — 1027 wan
- für wände, wand, weil. — diz, vgl. 1020.
- 1030 irgdn part. praet. von irgdn, vorüber- vergehen;
- 338 steht irgdn in anderer Bedeutung. — 1032 der porten
- also ndhen; bekannt ist das mhd. swf. porte, von dem lateinischen
- porta, Thor, Pforte: hier aber muß es etwas anderes bedeuten,
- den Hafen, lat. portus, der gewohnlich als port stm. in ver-
- deutschter Form erscheint, aber wofür auch ein fem. diu porte
- oder porten nicht abzuleugnen sein wird. — 1033 undersähin,
- undersehen stv., sich gegenseitig sehen. Sie haben Witold und
- andere am Hafen zurückgelaßen , vgl. 859 f. — 1035 Thedirtche,
- wieder eine andere Form des Nom. Dieterich, halb nieder-^
- halb hochdeutsch, vgl. 820. -^ 1040 michel macht = 410 m.
- magen; möglich, daß in der Vorlage auch so stand; die alli-
- terierende Formel, auf die es hier zumeist ankommt, ist so und
- so gewahrt. — 1041 behöte praet. von behüeien swv. —
- KÖNIG BOTHBB. 63
- dene triven ses riesin vresam
- unde heizene ungeb^re hän,
- daz die bürgere
- immer sageten m^re 1045
- von Dietherlches mannen.
- dö strebete her an der lannen.
- zvSne steine her in de hant nam,
- die wrßf der grimmige man,
- daz darüz vor du vlamme. 1050
- die Kriechen höven sich danne,
- doch Yolgete nme manich man,
- unze her vor Constanttne quam.
- d6 sprach ein gräve ober lüt
- «hir veret des tüvelis brüt. 1055
- mochtich die schände
- immer m^r gewandeln,
- so mir daz heilige licht,
- ich negebeite sin vor dem knninge nicht.»
- Als6 die kuningin gesach 1060
- den d^ dar gebunden lach,
- sie sprach «sich nu Constanttn,
- hi v6ren sie den meister din
- in einer ketenen zwären.
- 1042 dene, seltener neben den ace. sing, von der, als ine, ene
- acc. sing, von er. — ses, mundartliche Form für mhd. sehs.
- vresam = vreissam, — 1043 heizene für mhd. hiezen in, — unge-
- bere stn., auffallendes, anstoßiges Betragen, Lärm, Unfug. —
- 1047 streben swv., sich heftig bewegen. — lanne swf., Kette. —
- 1049 loref, mhd. reip; hier das uralte trr des Anlauts erhalten. —
- 1050 du, vgl. 70. — 1052 ume, mundartlich fürtmc. — 1054 ober
- lüt adverb. Ausdruck =/t2^e, laut, mhd^ über lüt, nicht «übermäßig»
- laut. — 1057 gewandeln swv,, (zum Bessern) wenden» — 1058 so
- mir daz heilige licht, Betheuerungsformel: ellipt. so helfe^ schine.
- licht, mundartlich für mhd. lieht, — 1059 negebeite, prsBt. conj.
- von gebeiten swv. Das einfache beiten verstärkt, ab-, erwarten
- mit gen. des Objects sin, nämlich des gewandeln der Schmach;
- (dch würde nicht zögern, selbst nicht vor dem Konig, bis der
- mir den Befehl oder die Erlaubnis gäbe».
- 1062 sich imp. von sehen. —
- 64 KÖNIG BOTHEB.
- owi, we tump wir d6 wären, 1065
- daz wer unse tochter virsageten Rdthere
- der dise virtreif über mere.
- iz ne gewßlt nicht grözer wtsheit.
- got der möze geven leit
- dineme ungemöte. 1070
- owl, Mrre göte,
- na mochtistu dise vän oder slän,
- ob wer minen rät beten getan.
- icb w^ne aber, sowes sie dich b^ten,
- daz du iz vor vorchtin totes 1075
- mßr dan dur göte.
- owt, beten sie nu min gemöte,
- so hiezin sie in geben daz selve wtf,
- dar umbe du manigen man daz M
- hast benumen unde brächt in arbeit, loso
- so wolde ich sien dtn kundicheit.
- dise ne stn dir aver kumen nicht rechte:
- sie yören göte knechte;
- mich dunkit, daz sie dine meistere stn.
- du torstis baz in daz ouge din 1085
- gegrtfin mit thtner haut
- 1066 unse, vgl. 604. — 1067 virtreif, mhd. vertreip von ver-
- triben stv. — 1068 iz ne geweit, mhd. gewielt von gewal-
- ten, walten, mit gen. in Besitz von etwas sein and über
- etwas verfügen. — iz, unbestimmtes Subject: dein Betragen. —
- 1070 ungemöte stn., mhd. ungemüete, übele, verkehrte Verfassung
- des Gemüthes, Verstimmung, Zorn u. s. w. ; bezieht sich hier
- auf des Königs zorniges Vorgehen gegen die Gesandten Rother*s. —
- 1071 gote, schwache Form weil Vocativ. — 1074 beten, mhd.
- bceten von hiten. — 1076 gote stf., mhd. güete, — 1077 gemöte
- stn., mhd. gemüete, Gesinnung. — 1079 daz lif hier stn., vgl.
- 917. — manigen man, vgl. 15. Aus dem Dat. m. man ist das
- 1080 bei brächt in arbeit fehlende Object herauszunehmen:
- manigen man acc. — 1080 arbeit, hier in der möglichst energischen
- Bedeutung «Mühsal, Noth». — 1081 so, dann, in diesem Falle. —
- sien, mhd. sehen. — kundicheit stf., weltkluges Benehmen, List,
- Verschlagenheit. — 1085 torstis conj. prset. vontor, ich wage. —
- baz, besser, eher. — 1086 gegrtfen, so viel als gri/en; ge nach dem
- Pneteritopr. tar zu dem Inf. gesetzt. — thiner hant; th hier wie
- an einigen andern Stellen in alterthümlicher Schreibung für d. —
- KÖNIG KOTHER. 65
- den du zornetis wider dessen wigant
- immer mit eineme häre.
- hüde nis din gebäre
- nicht kunincltche getan: 1090
- du zuckis dich trunkenheit an.»
- Die recken stalletin ir ros
- unde geherbergetin üffe den hof.
- in ir mantelin sie sich beviengen,
- vor Constantine sie giengen 1095
- harde gezoginltche
- mit em harren Thiederiche.
- selbe trögen sie die svert.
- under in ne bete nigen wert
- der unwizzende hoveman, iiOO
- noch ne dorfte niergen z6 in gän,
- wände sie v6rin mit s6 getanen statin
- daz den Dieterichis gatin
- nie nebelüchte der tach.
- 1087 den, gewöhnlich daw, Part. derVergleichung nach Compar. —
- dessen, acc. sing, von diser. — 1088 mit einem häre, bildlicher
- Ausdruck, um etwas ganz Geringes, soviel wie nichts zu be-
- zeichnen, wie wir noch «um ein Haar, ein Haar breit» an-
- wenden. — 1089 hiide, mhd. hiute, vgl. 1021. — 1091 zuckis dich
- trunkenheit an. zucken, mhd. zücken , intens, zu ziehen, sich ane
- ziehen, mit acc. der Sache, etwas als einem gehörig in Anspruch
- nehmen, sich einer Sache anmaßen, w^enn sie einem nicht ge-
- hört, oder auch wie hier, etwas vorspiegeln, was nicht ist.
- 1092 stallen swv., in den Stall bringen. — ros ist acc.
- plur. — 1094 mantelin dem. von mantel, hier plur., Mäntel,
- die kurzen Ueberwürfe von kostbaren Stoffen, die Hoftracht
- Männer und Frauen. — sich bevähen, hevdn stv., sich ein-
- hüllen. — 1098 selbe trogen sie die svert, d. h. sie erscheinen
- gewaffnet, was nicht überall Hofsitt« -war. — 1099 nigen mhd.
- neheiny nechein. — weri stn., Werthschätzung, Bedeutung. —
- 1100 der unwizzende hoveman, einer, der zwar für das höfische
- Leben bestimmt oder ihm zugehörig, doch die eigentliche zuhi oder
- das Gepräge der hovischeit nicht an sich trägt, weil er sie nicht
- hat lernen wollen. — 1102 State stf., Veranstaltung, Aus-
- rüstung, Aufzug; vgl. 258 statehaft. — 1103 gate swm., der
- Genoße, Gleiche. — 1104 nebelüchte = ne belühte, praet. von be-
- liuhten swv., beleuchten. —
- KÖKIO BOTHEB. . 5
- 66 KÖNIG BOTHER.
- sin holde der da gebundin lach, 1105
- der hete sich geziröt,
- van ume schön daz golt röt;
- her tröch ein brunjen guldin,
- die bezeichnöte den richetöm under in.
- dar ober tröch der heüt göt iiio
- einin stälinen höt,
- deme was die liste
- gewarcht mit allen vlize,
- gewierit vile kleine.
- da tröch her an den beinen 1115
- zwo hosen schönir ringe,
- die schouwetin die jungelinge.
- einen göden wäfenroc tröch er an.
- dö sprächen Constantinis man
- «hüte gesie wer daz beste gewant, 1120
- daz ie quam in diz lant.
- dise recken sin alle riebe.
- wir leven bösliche,
- daz wir dienin eime zagin,
- der ime vil seidene grözen schadin 1125
- durch unsir siheinis willen tot,
- wände en erbarmet zö harde daz göt.»
- 1105 holde bezieht sich auf Witolt. — 1107 ume, vgl. 1052. —
- sehen, mhd. schein, praet. von schtnen stv. — 1111 hot von
- Stahl »Helm. — 1112 liste swf., der Rand. — 1113 gewarcht
- für geworht Yonwürken. — llli^ gewierit, vgl. 397. — lllQ zw i>
- hosen, hose swf., Beinharnisch. — schönir ringe gen., den Stoff, aus
- dem die Äo^e» zusammengesetzt sind, bezeichnend, rinc, vgl. 697. —
- 1118 wdfenroc stm., Gewand über dem Panzer, der aus Ringen
- besteht. Witolt erscheint also nicht wie die andern in Hof-
- tracht, sondern kampfmäßig gerüstet. — 1120 gesie wer, vgl.
- 369, für mhd. gesehe wir. — 1123 bösliche adv., auf ärmliche
- Weise. — 1124 zage adj., substant. gebraucht; geht nicht bloC>
- auf den Muth (manheit), sondern auch auf die andere fürst-
- liche Haupteigenschaft, die milte, Freigebigkeit, was aus der
- Grundbedeutung des Wortes sich leicht begreift: «befangen,
- ängstlich zurückhaltend». — 1125 grözen schadin, nämlich aa
- seinem Vermögen. — 1127 en, durch Incl. für ine, in, ihn.
- .-/
- KÖNIG ROTHER. 67'
- *'Die umbehange man üf hienc.
- der kuninc Constantfn z6 tische gienc
- üf ein schöne palas. 1130
- Constantin da inne was
- mit vil grözime gedrange
- von Dieterichis mannin.
- der was ein schöne menige:
- ein düsint snellir helide 1135
- vörte der virtrivene
- zö hove in daz gesidele.
- die kamer^re quämin,
- die des götis plägin,
- unde satten Dieteriche 1140
- hiarde vromicliche.
- truzzäten ende schenken
- die solden bedenken
- zucht mit grözen §ren:
- sie verebten die geste sere. 1145
- Do zöch man vor Constantinis disch einin lewen
- vreissam ,
- 1128 Die umhehanye. umbehange stm., Vorhang und ungefähr
- unserm Tapete gleich, Draperien, die wie noch jetzt hier und
- da, bloß für die Dauer der geselligen Benutzung eines Raumes
- angebracht und dann weggenommen werden. — 1130 palas
- stn. Dies Fremdwort, lat, palatium, hat hier die technische Be-
- deutung von Speisesaal. — 1134 der gen. plur. von me-
- nige abhängig. — 1137 daz gesidele stn., in collectiver Bedeu-
- tung, eigentlich die Gesammtheit der Sitze, überhaupt die
- Anstalten zur Unterbringung der Gäste, insofern auch i=- Fest-
- saai selbst mit seinen Bänken, Tischen u. s. w. — 1140 sat'
- ten prset. von setzen ^ mittel- und niederd. Form, die aber
- auch bis weit nach Oberdeutschland hin in der damaligen
- und spätem Schriftsprache verbreitet ist. — 1142 truzzäten,
- mhd. truh(t)8ceze , Truchseß. — 1143 bedenken zucht mit grözen
- tlren, was der höchste Anstand und die Ehre des Hofes er-
- fordert, im Auge haben.
- 1146 Dieser seinem Inhalt nach unanstößige Vers ist doch
- von der metrischen Seite her mehr als bedenklich. Ein solches
- Versumgethüm mit 8 vollständigen Hebungen ist undenkbar.
- Eine Ccrtijectur, liegt so nahe, daß sie hier stehen mag : dö zöch
- manvor den diso des kuninc Constantinis einin lewen vreissam u. s» w. —
- 5*
- 68 KÖNIG EOTHEB.
- deme wolde niemanne vor nicht hän.
- her nam den knehten daz brot,
- her teten over deme dische gröze not.
- Aspriän begreif ene mit der hant 1150
- unde warp en an des sales want,
- daz her al zebrach.
- w§ leide eme der kuninc dö saz!
- her ne geregite doch nie d^ vöze.
- ogot möze nns gebözen 1156
- (sprächen zw§ne herzogen)
- diser harren h^r zö hove.»
- der eine rümite den sal
- und sagetiz deme ingesinde over al
- ' «dar hat der eine välant 1160
- den lewin geworfen an die want,
- dnrch daz her ime sin sptse nam.
- ir sulit g'ewerliche gän:
- wildir minis rädes volgen,
- ir vermidet den unholden 1165
- unde läzit en mit gemache
- werven sine sache.
- h6dit üch alle üffe daz leven,
- daz ir ime sin bröt nicht ne nemen.
- begrifet her ieman mit der hant, ilTO
- her werfit in an des sales want.»
- 1149 teten = tete en, in, ihnen. — 1151 warp mit erhaltenem
- altem p, während sonst wie im Hochd. auch hier fast überall
- altes in- und auslautendes p als / (pf u. s. w.) erscheint. —
- 1152 al adv.j gänzlich. — 1153 we leide eme der kuninc dö saz.
- leide adv., betrübt, eme ist der Dat. des Pron. er, der reflex.
- zu leide gehört. — 1155 gebözen swv., mhd. gebüezen, Schaden
- ersetzen mit gen. des Gegenstandes. — 1159 ingesinde stn. die
- ganze Dienerschaft, vornehm und gering, alles was zu dem
- Hofe gehört. — 1160 vdlant, vgl. 89. — 1162 durch daz,
- weil. — 1]Q^ gewer Itche adv., vorsichtig, von zt'ar. — llßi: wildir
- = wellet ir, — volgen swv. mit gen. des sächlichen Objects. —
- 1166 gemach stn., Ruhe, Ungestörtheit. — 1167 werven, mhd.
- werben stv. — 1168 üffe daz leven, bei Gefahr eures Lebens. —
- 1169 nemen für nement, nemet, vgl. 37. — 1171 werfit für
- wirf et, vgl. 72.
- £ÖKia BOTHEB. 69
- Die koningin sach gerne den zorn,
- daz der lewe was virlom.
- sie lachete Constantine an
- «nu warte, sprach sie, wie genir hoveman 1175
- din vedirspil irzogen Mt,
- der da vor deme dische stät.
- iz kumet noch an die rede mtn.
- Jane hetes du die tochter dln
- nicht verloren an Röthere, 1180
- der diese vertreif over mere.
- ow!, w6 gerne ich noch riete,
- daz men die boten liete
- rttin hin z6 lande
- nnde vazzete sie mit gewande; 1185
- sulicher slachte iz w6re,
- daz man en mochte geven mit 6ren:
- w§ mochte iz bat bestadet sin?
- nu gedenke, hßrre Constantln,
- daz sich dise nicht nemochten erweren: • 1190
- w6 woldistu den dich vor Röthere generen?
- gedenket her an stne man,
- so möz dtn lant enouwe gän.
- wane givestu mir noch die haftin,
- die dar ligint an nnkraftin, 1195
- 1175 warte imp. des schwachen Verbums warten, schauen. —
- genir, mhd. gener xmd jener, hat hier gewöhnlich, wie schon
- bemerkt, g für y, doch nicht ansschliel^lich. — 1176 vedirspil j
- vgl. 298. — 111% Jane ^ ja ne, — 1180 verloren, vor für vir,
- mhd. ver, oft aber nicht regelmäßig durch Lautangleichnng
- dann gesetzt , wenn noch ein o im Worte , z. B. vorholne, aber
- vir oder Verliesen vl. s. w. — 1183 liete mit alternd nach niederd.
- Weise für z, von latent Idzen, hier durch den Reim auf riete
- noth wendig. — 1186 sulicher slachtej vgl. 227; dieses Satzglied
- ist ein bedingender Zusatz zu dem vorigen. — 1188 bat für
- baz» — bestadet f angebracht. — 1191 den = denne, also, nun
- denn. — 1193 enouwe im eigentlichen Sinne 183, hier über-
- tragen. Unser «flöten gehen», ein mißverstandener niederd.
- Ausdruck, ist dasselbe Bild. — 1194 u^ane conj., dient zur Be-
- zeichnung der unwilligen Frage: warum nicht? — haftin adj.
- haft, verhaftet, gefangen. — 1195 unkraftin für unkreftin, unkraft
- stf., verschärftes Gegentheil von Kraft, Mangel, Elend. —
- 70 EÖina BOTHER.
- daz ich sie m6ze üz nemen.
- sie havent ein vil swäre leven.»
- Der knninc, joch einer nöte,
- sprach daz her diz nine tete,
- ir bete w^re al verlorn; 1200
- s6 mosten dolen stnen zom.
- iz w^re ir leit oder liep,
- sie nequämin von Kriechen niet,
- so lange s6 er lebete.
- d6 sprach aber die knningin 1205
- awaz wnnderis wiltn an in begän?
- ir vader hiez Adam,
- danne wir alle qnämin.
- du soldes gotis schönin
- an der vil armer diete, 1210
- unde liezis sie üz der note.
- nu sin sie virsvellit,
- harte missevürit.
- owl des ir vil schönin libesl
- der mir armen wlbe 1215
- einin snlichin helföre
- wider den kuninc göbe,
- also die dar ligit gebundin,
- so möstin sie zö lande,
- dune rietis mir nicht so vaste mite . . . 1220
- 1196 üz, heraus. — lldl swdre, mhd. swccre adj.
- 1198 joch einer note, zwischengeschobener Bedingungssatz:
- auch wenn einer note, prset. von noten, ndten, nöthigen , zwingen
- wurde, wollte. — 1199 nine verstärkte Negation, durchaus nicht.
- Ans metrischen Gründen ist hier die Lange des i wahrscheinlich.
- Anderwärts erscheint auch nine. — 1204 Nach lebete fehlt das
- Reimwort. In der Hs. steht ein sinnloses gen. — 1207 d. h. sie
- sind auch Menschen wie du. — 1209 schonen swt., Sorge für
- etwas, auch für eine Person tragen, Rücksicht nehmen, mit gen. —
- 1210 der vil armer diete, vgl. 214; diet, vgl. 636. — 1212 ver-
- ewellen swv., durch Hunger krank machen, verderben. —
- 1213 missevürit. missevüeren swv., in Übeln Zustand, insbesondere
- was vuore im specifischen Sinne = Nahrung, betrifft, versetzen. —
- 1218 also die, wie der; die=der, vgl. 93. Sie meint Witolt. —
- Nach 1220 ist mindestens ein Vers ausgefallen , wahrscheinlich
- KÖNIG BOTHEB. 71
- er iz der äne danc w^re,
- svi schüre er iz verhöre.»
- Berchter sprach zö deme harren sin
- <(ich tröste mich an d6 kuningln.
- iz kumit uns wol, daz Aspriän 1225
- deme lewen s6 w^ hat getan,
- sie vroit sich in ir gemöte.
- die anderin nerochten,
- ob wir also verre w^rin,
- daz sie unsich nimmir ni gesehin 1230
- hie in ir lande,
- sie g^nt so rünande
- beide üz unde in.
- wene wir in icht dancneme sin.
- ir nechein ne wenit vor uns genesen. I23ö
- nu sulen sie mit genädin wesen:
- irläzent sie der sorgin
- unde var z6 den herbergin,
- daz die eilenden mözen geniezen
- des dir din vater lieze; 1240
- der hie vil maniger umbe gät
- aber mehrere, deshalb ist hier auch eine Lücke des Sinnes. —
- 1222 svi schere = swie schiere, so schleunig auch immer. —
- verbere conj. prset. von verbern, etwas über eich er- oder an
- sich vorübergehen laßen.
- 1227 vroit von vreuwen, vrouwen swv. Wahrscheinlich
- würde die Schreibart vroit richtiger sein. — 1228 nerochten:
- gemöte. rockten wahrscheinlich hier mit ansgestol^enem h {ch)
- vor <, wie es die Mundart liebt, gesprochen, von rochen swv.,
- sorgen. — 1232 runande, mit durch den Beim erhaltenem,
- tieftonigem a, vgl. 519; runen swv., raunen, heimlich sich
- unterreden. — 1234 tcewe, 1. Person sing, prses. des Verbums
- wasnen, hier als Betheuerungspartikel: traun; nach woenen steht
- gewohnlich der negativ gedachte Satz ohne negative Bezeichnung,
- so hier icht und nicht nüU, -^ 1238 unde var. Der rasche Ueber-
- gang von dem höfischen und höflichen ir der Anrede zu dem
- volksthümlichen du ist in Gedichten dieses Stils sehr gewöhnlich.
- — 1240 des, durch Attraction für des, daz oder swaz. — -• lieze^
- dieser Conj. (der Form nach könnte es hier auch Ind. sein) durch
- das Gesetz der Concinnität zu erklären, weil Conj. mözen
- das ganze Satzverhältnii^ beherrscht. —
- 72 KÖNIG BOTHEE.
- unde habit vil grözen unrät
- von deme armöte.
- got durch sine göte
- der irgetze sie ir leides. 1245
- j6 mochtin sie heime
- wole wesen riebe.
- sie leben jämerliche:
- daz irbarmit mich s^re.
- nu hilfen dur din 6re: 1250
- du bist richer danne Constantin;
- war umbe soldistu an siner spise sin?
- iz ne w6re uns nicht mugelich.»
- dö sprach der h^rre Dieterich
- «du hast einin stSdigen m6t. 1255
- daz der got geve göt:
- svanne ich üz dime rate gän,
- sone Tolgich nimer neheinen man.»
- Also man daz wazzer genam,
- Dieterich vor den kuninc gienc stän. 1260
- her sprach «ich wolde gerne, Constantin,
- zö den herbergen sin
- mit minen holden.
- 9ine mugin mer nicht gevolgen;
- also ich bare zö hove gän, 1265
- 1242 unrdi stm., verstärktes Gegentheil von rat, wie alle Zu-
- sammensetzungen mit un nicht bloß einfach negieren: schlechter
- Zustand, Mangel an allem, vgl. 1196. — 1243 daz armote
- stn., unten stf. die armot in derselben Bedeutung. — 1245 ir-
- getze, ersetzen stv.^ einen eines c?., einen Ersatz für — geben. —
- 1246 y6=yocÄ, und doch, wirklich. — 1250 hilfen ■= hilf in,
- ihnen. — 1253 mugelich adj., thunlich, passend, gehörig. —
- 1255 stedigen mbt, einen beständigen, treuen, auf das Wahre und
- nichtige gelenkten Sinn. Eine der weltlichen Haupttugenden
- stcetekeit (viel weiter und tiefer als unser «Beständigkeit») ist
- in dir. — 1256 daz dir got geve got, Betheuerung in Form
- eines Wunsches.
- 1259 wazzer nemen, Beginn der Mahlzeit, die noch ohne
- Gabeln vor sich geht, genam plusquampf., genommen hatte. —
- 1265 hare, Nebenform von here, her, hierher. —
- KÖNIG BOTHER. 73
- s6 ist dar vile manich man
- da. wir al samen sin.
- nu helfet mer, vrouwe kuningin,
- wände ich vöre ein helfelöse diet,
- der vromigistin nevolget mir niet 1270
- swaz so ich der mochte haben,
- die hat Bothere irslagen.
- her virtreif mich üz deme lande min.»
- dö sprach der kuninc Constantln
- «wir virzlhen din ungerne. 1275
- nu vare z6 dinen herbergen.
- geröchis da icht des ich hän,
- dat sal dir wesin underdän.
- ich wil dich gerne mieten
- unde wil dir ^re bieten, 1280
- daz du dinin hoveman
- zogenliche heizis ht zö tische gän,
- wander irsrecket mir daz wif,
- die mir ist also der lif.
- minen mannin ne magit nicht schade wesen, 1285
- die sint is dicke genesen.
- in disme sale ist iz aber seiden getan.»
- 1266 dar, nachdrücklicher Gegensatz zu hare, dort. —
- 1269 helfelose diet, hälflose, armselige Schar, Haufe, vgl.
- 636. — 1210 vromigistin* vrumec Adj, = vrum, tüchtig, vgl. 551.
- — 1275 virzthen SS verzihen stv. mit gen., eine Sache, Person
- aufgeben, fahren laßen. — 1276 vare, verlängerte Nebenform
- (ies Imper. — 1277 des, vgl. 1241. — 1278 dat für daz. —
- 1279 mieten swv., eigentlich einem miete geben, einen gewinnen
- durch Geld, Sold, Geschenke. — 1282 zogenliche mit abgewor-
- fenem ge = gezogenliche. Dieser Abfall der untrennbaren Vor-
- satzpart, ge ist in wirklichen Compos., nicht bei dem Part, prset.
- pass. ein specifisches Zeichen niederd. Einflusses. — 1283 irsrecket,
- diese, mundartliche Form für irscrecket, mhd. erschrecket, ge-
- hört vielleicht nicht bloß dem Schreiber der Hs. an; ander-
- wärts freilich gibt auch sie das gewöhnliche scr. Es ist diese
- Ausstoßung des Gutturalen zwischen s und r das Gegen-
- stück zu der Einfügung desselben zwischen s und /, in sclahen
- u. s. w. — 1285 magit =s mac iz^ ez, kann es. — 1286 is, gen.
- von iz, davon; abhängig von genesen, —
- 74 KÖNia BOTHEB.
- dö sprach der riese Aspriän
- c(h§rre, iz tete mir michil not:
- mer nam din berwelf min bröt.» 1290
- 1289 michil adv., vgl. 27. — 1290 herweif y wahrscheinlich stn.,
- junger Bär; weif ursprünglich nur das Junge des Hundes, in-
- dem sich der alte eigentliche Ausdruck für den jungen Bär,
- bracckiOy in dem mhd. brocke, in eine andere Bedeutung =
- die jetzige «Bracke» umgesetzt hat. Der Riese erscheint hier
- wie überall in der Yolkssage, als unbekannt mit dem Luxus^
- wozu in dieser Zeit an den Höfen, namentlich denen des
- Orients und den von ihnen beeinflußten, auch das Halten sel-
- tener gezähmter Thiere gehört. Das ihm als deutschem Riesen
- am besten bekannte Thier ist. der Bär, daher und nicht etwa
- verächtlich nennt er den Löwen so. Die Komik des Ausdrucks
- ist nur für die Hörer oder Leser vorhanden, nicht von Asprian
- beabsichtigt.
- IV.
- Dieterich begibt sich, vom König entlaßen, zu seinem am
- Hafen zurückgebliebenen Gefolge und hält sich dort 14 Tage
- stille, bis ihm massenhaft die armen Landesflüchtigen, die in
- der Stadt weilen, zuströmen, die er nach Berchter's Rathe
- gastfreundlich aufnimmt und reichlich beschenkt. Darunter war
- auch ein Graf Arnold, durch Krieg vertrieben und verarmt,
- sammt drei freien Herren, denen ein Kaufmann räth bei Rother
- zu bitten. Sie thun es und auf Berchter's Rath gibt Rother
- dem Grafen Arnold Geld, um ein Haus in der Stadt ^u er-
- werben. Asprian sorgt für den Unterhalt von 30 Rittern.
- Constantin's Mannen, die von der übergroßen Freigebigkeit
- Dieterich's hören, wollen alle ihren kargen Herrn verlaßen
- und jenem dienen.
- Dieterich der höre
- v6r zö den herbergen
- unde gebarte verz^n nacht
- also her were unstadehaft,
- alwante ime die eilenden 1295
- got begunde senden,
- den wären die porten üf getan;
- sie liezen si üz und in gän.
- selve her iz in wol gebot:
- her böttin vlizellche ir not. 1300
- 1293 verzen = mhd. vierzehen nacht, die gewöhnliche volks-
- thümlich deutsche Bezeichnung der Zeitfrist nach Nächten , wie
- sie sich im englischen fortnight erhalten hat. — 1294 unstade-
- haft, das pos. stadehaft vgl. 258. — 1295 al adv., das folgende
- wante, bis, verstärkend. — 129 V die porten, hier von porte, porta, —
- 1298 Das erste sie bezieht sich auf Dieterich und seine Leute,
- das zweite si auf die eilenden. — 1299 iz in wol gebot, ez einem
- wol geb., einem gute Behandlung zu Theil werden laßen. —
- 1300 buttin für botte in von boten, niederd. für büezen, beßern. —
- 76 KÖNIG BOTHEB.
- Berther unde Aspriän
- nnde andere Dietertchis man,
- wol entf^ngen sie die armen
- ande Ißzen sich er n6t erbarmen.
- dicke richte man den tisc; 1305
- da was daz inbiz gewis
- allen die des geröchtin
- daz sie den helit gesöchtin,
- den bescheinte men gröze minne
- unde brächte se alles gödes eninne. 1310
- des was den eilenden not,
- wandez en nieman ne bot
- over alle die stat.
- ir zöch zö Dieteriche die kraft,
- die von degenheite 1315
- gelidin häten arbeite.
- sie ne h&ten die kleider noch die ros,
- dar umbe verbot man en Constanttnis hof.
- des levete vile manich riebe
- harte jämerllche. 1320
- Sich virstönt die nötige diet,
- dat sie deme riehen wären liep,
- 1304 ande. Die Form ande, inde, ende hier und da mund-
- artlich für das gewöhnliche mhd. unde, und, öfter auch in der
- Hs. geschrieben, wo die Vorlage unde hatte. — Uzen, mhd.
- liezen, — 1305 richte , praet. des schwachen Verbums rihten,
- den tisc richten , zubereiten und mit Speisen besetzen. —
- 1306 inhtz stn., Imbiß, Mahlzeit. — 1307 geröchtin, vgl. 987. —
- 1309 bescheinte men, bescheinen swv., zeigen, zu erkennen
- geben, men, durch Inclin. geschwächt für man, — 1310 eninne,
- prsep. in zu inne getreten, verstärkend, zu übersetzen wie das
- einfache inne br, einen eines d., einem etwas zum Bewußtsein
- bringen, einen überzeugen von einer Sache, machen daß er
- sie inne wird. — 1312 wandez = wände ez, weil ez, d. h.
- solche gütige Behandlung {göt) ihnen niemand sonst erbot. —
- 1314 ir gen., abhängig von kraft^ Menge. — 1315 degenheit,
- vgl. 768. — 1317 die kleider noch die ros, die, d. h. die zu
- der höfischen Erscheinung gehören. — 1319 des adv., deshalb.
- — riche, der sonst reich gewesen war.
- 1321 sich verstdn so viel als das bloße verstän, verstehen,
- einsehen. — 1322 deme riehen geht auf Dieterich. —
- KÖNIG KOTHEE. 77
- der in Constantinis hove was.
- ir zöch dar hine ein gröz heris kraft
- z6 Dieteriche. 1325
- her gaben vrumeliche.
- her genözte sich in,
- her sazte sie inebin in,
- unde hiez ir d^ schenken
- hotin mit deme tränke, 1330
- unde gebot den truhtsezin
- daz sie ir niene virg^zin.
- den vremedin gesten
- wart die aller beste
- lifnare vore getragen 1335
- die man iergen mochte haven.
- Also die harren gesäzin,
- ir leides ein teil virgäzin,
- sw§ dar häte ritäris namen,
- die sundirte man dane 1340
- unde gaf en gote rosse
- unde pelleline rocke:
- 1323 der in Constantinis hove was, d. h. der nicht gerade immer
- anwesend im Palaste Constantin's war, sondern als zu seinem
- Hofe gehörig betrachtet wurde. — 1Z2A. heris kraft, vgl. 1313. —
- 1326 gaben für gap in, ihnen. — 1327 genözte. sieh genözen
- einem , sich einem als Genoßen geben, jemand als Gesellen und
- Freund behandeln. — 1328 inebin, praep. aus in und eben, neben
- mit dat. und acc. je nach der Natur des Verbums. — in,
- acc. von er, pron. der 3. Person für das Reflex., wie so oft,
- hier noch um einen rührenden Reim in, ihnen : in, ihn zu gestal-
- ten, besonders motiviert. — 1329 ir hotin, hüeten swv., mit gen^
- des Objects. — 1331 truhtsezin, 1142 steht die noch mehr
- mundartliche Form truzzdte. — 1335 lifnare stf., Leibesnahrung,
- Speise. — 1336 iergin adv., irgend.
- 1337 gesdzin, gesessen waren. — 1339 swe, mundart-
- liche Form für swer, wer nur immer, wie de, de für der, —
- 1340 die plur., dem Sinne nach auf swer, eine Mehrzahl, be-
- zogen. — dane, davon, vgl. 423, gewöhnlich danne, dannen, —
- 1341 rosse, gewöhnlicher ist die flexionslose Form des Plur. ros. —
- 1342 pelleline, adj. von pellel, pfellel, vgl. 230. —
- 78 KÖNIG BOTHEB.
- z6 den rossin stäline ringe,
- daz sie mit swerte nieman ne künde gewinnen.
- d6 tröch der riese Aspriän 1345
- manigen mantel wol getan
- üze der kamerin Dieteriches
- unde vazzite sie al geliche.
- die svert her en umbe bant
- nnde gaben die vanen an die hant. 1350
- de begunden sie behurdieren
- unde vrouweden sich vor lieve.
- des lovete man Dieteriche
- dar zö hove grozliche.
- Dö quam ein hörlich schare, 1355
- die häte sich virsümit gare,
- daz sie s6 lange wären,
- sie vorchtin daz man en icht gäve.
- Berchter gienc se umbe
- allez schouwunde, 1360
- w^ ir geläz w^re getan.
- d6 saz dar manich nakit man
- unde schametin sich vil sere.
- dö sprach Berchter zö sime harren
- «nu warte zö disin armen! 1365
- daz mochte got irbarmen.
- sie schament sich vor schänden.
- 1343 zu, noch dazu, außerdem noch. — stäline von stakel^ stdt,
- stählern. — ringe, vgl. 697. — 1Z^4 gewinnen, Kriegsaasdnick :
- überwältigen. — 1348 vazzite, vgl. 157. — 1350 vanin, vgl.
- 404. — 1351 behurdieren swv., romanisches Wort: Ringelrennen
- treiben. — 1352 vor lieve. liebe stf., Gefühl des Wohlbehagens.
- 1357 so lange wären, aasgeblieben waren. — 1358 icht,-
- nichts; die negative Bedeutung kommt durch den Begriff des
- vorchten, in bangem Zweifel sein, vgl. 1235. — 1359 gienc se
- umbe. umbe gdn mit acc, um etwas (spähend) herumgehen. —
- 1360 allez adv. — schouwunde, mit tieftonigem u an der Stelle
- eines alten d für schouwende. — ^ 1362 nakit adj., hier mit ein-
- facher Gutturale, anderwärts in der gewöhnlichen Form nacket.
- nackt ist nicht im strengsten Sinne zu verstehen, so wenig
- wie das lat. nudus. — 1365 warte zö, schaue auf. —
- KÖNIG BOTHBB. 79
- sie netragent niht nmbez lif nnde in den banden.
- du Salt sie alle vazzen
- nnde rechte machen. 1370
- sie sint zö deme gnrtele also smal.
- en stät er lif harde wal.
- sie vlizen sich zu wäre
- nä riterlichen gebäre.
- die togintltchin blicke 1375
- begän sie so dicke,
- daz iz von ungeslechte
- knmin nine mechte.
- ne stn under in nicht edele man,
- so heit mir min hövet ave slän.» 138 )
- «ich volge dir gerne, sprach Dieterich.
- swer s6 genäde söchit ane mich,
- her vindit sie, ob iz got wil.»
- dar wart des gödis harde vil
- den eilenden vor getragen. 1385
- sie entfengen iz al an Cristis namen.
- Done stund iz boriange, i
- ör Dieterich der manne
- ses düsint gewan,
- die ime wären underdän 1390
- mit dieniste aller tagelich:
- sin ingesinde was h^rlich.
- 1368 umbez für umbe daz. daz lif, vgl. 1078. — 1370 rechte,
- wie es sich gehört. — 1371 gurtete stm., mhd. gurtet. —
- 1374 nd für nach, sich vtizen nach, sich Mühe geben ein Vor-
- bild zu erreichen. — ritertichen, vgl. 15. — gebäre, vgl. 1424. —
- 1375 togintlichen , so beschaffen, wie es mit tugent im Sinne
- von höfischer Bildung übereinstimmt, vgl. 305. — 1376 begän,
- laßen sie gehen, zeigen sie. — 1377 ungeslechte stn., niedere
- Geburt. — 1378 mechte conj. praet. von mac. — 1379 ne stn,
- wenn nicht sind. — 1380 heit imper. von heizen, niederd. t
- für z. — hövet für mhd. houbet. — ave für abe.
- 1387 borlange adv., lange, mit bor, überaus, zusammen-
- gesetzt. — 1388 er, eher als, bis. — 1389 ses für mhd. sehs,
- vgl. 1045. — 1391 alter tagelich, täglich, wie alter degen-
- lich u. s. w. gebildet.
- 80 KÖNIG BOTHEB.
- D5 quam ein verorloget man
- z5 Constantinopole gegän,
- ein gräve der hiez Arnolt, 1395
- der TÖrde ein nödigiz volc,
- drl vrige heren,
- die bäten gröze ^re
- virloren in er lande.
- die giengen trürande uoo
- vil blözliche in der stat,
- daz cn nieman nicht negap.
- dd sprach der beste konfinan
- der ie v^le göt gewan
- «ich sie an ü harren wole, 1405
- er ne sint der armöte nicht gewone.
- wildir nu dräte
- volgin mime rate,
- s6 gät vor Dieteriche:
- her heifit ü vrumeliche 1410
- üz der nöte,
- unde geröchtir mines götes,
- ich give ü ein gewant,
- daz ir üch s6 harde nicht ne schämt,
- daz ir so nackit sin.» 1415
- (cnu 16ne dir min drechtin»,
- sprach Arnolt der gräve.
- «daz saldu wizzen zwäre,
- of mir Dieterich genäde dot,
- ich vergelde dir din got.» 1420
- 1393 verorloget swv. von orloye, urloge stn., Krieg, durch
- den Krieg vertrieben. — 1400 trurande von trüren swv., trauera,
- mit tieftonigem a, vgl. 519. — 1404 ve/e, mhd. veile adj., feil. —
- 1405 sie für mhd. sihe von sehen, — 1406 sint für sit^ 2. Per-
- son plur. von ich bin. 1415 steht die Form sin, vgl. 37. —
- gewone für mhd. gewon adj., gewohnt. — 1410 hel/itj mund-
- artlich für hil/et, vgl. 72. — 1412 geröchtir für geruochet ir, —
- 1416 drechtin, mhd. trehtm, truhtin, der Herr an sich, d. h.
- Gott. — 1419 of für mhd. obe, falls. — 1420 vergelde für mhd.
- vergüte, vgl. 196.
- KÖNIG BOTHEB. 81
- Der eilende gräve
- nam stne mäge
- unde vor vore Dieteriche.
- der intfenc ene vrumeliche
- mit gödeme gebäre 1425
- unde vrägeten wie her wäre,
- dö sprach her trürande
- «mich hänt mtne vtande
- virtriven dur iren overmöt.
- nu is mir türe daz göt. 1430
- sw^ arm s6 ich si,
- ich bin doch von minin mägen vri
- und hän durch genäde
- her z6 dir gevräget.»
- «die yindistu, sprach Dieterich: 1435
- mit Berchter besprach her sich,
- waz sie deme herren solden geven,
- daz her mit §ren mochte nemen.
- Alsus riet dö der aide man
- «got hat vil wole z6 dir getan 1440
- mit grozeme göte.
- iiu helf in üzir n6te,
- und wiltus minen räd haven,
- s6 heiz den schaz her vore tragen.
- hir newirt der bösheit nicht geplegen. 1445
- man sal en düsint marc geven
- unde itwaz geven m^re,
- so heifit iz ouh den h^ren
- 1425 gebare, mhd. gehÖBre stn., nicht bloß Gebärde, son-
- cLera auch G>ebabreii. — 1426 vrägeten für vrafete en, ihn. —
- «nie für wer wie die für der, — 1428 vtande. viant stm., der
- I*eiHd. — 1430 türe, mhd. tturCj d. h. ich habe keines. —
- 1431 8we — 80 = «wie, sowie — so, so arm ich auch bin, sein
- xnag, so. . . — 1432 vri, d. h. aus dem Herrenstande. — 1433 ^e-
- ^dde, hier etwa «um Erbarmen zu Anden».
- 1443 wiUii8i=^wilt du e», gen. yon rät abhängig. — 1445 ne-
- «rirf für ne wirdet von werden. — hoshtit stf., hi«p wie oft
- Oei7. , nie unser «Bosheit». — 1446 marc stf., das- bekaiinte
- Oewicht, hier bei Zahlengr5ß«n unflect, wie no^h jetzt. —
- KÖNia BOTHXB. 6
- 82 KÖNIG BOTHEB.
- daz her den besten hof gewinne,
- den man in der stat vinde.» 145(>
- «in trouwen, sprach Aspriän,
- her sal onch einen hän,
- dar inne wil ich ime, daz is war,
- drizich rltäre vazzen ein jär.»
- Dieteriche düchte die rede göt. l^öö»
- den m^ren scaz man vor in tröc
- inde gaf deme edelen manne,
- dö vor her vröliche danne
- hin vor Constantinin
- unde sagete ime nnde den stnin 1460
- «diz hat mir Dieterich gegevin;
- got läzene mit genäden levin.»
- dö sprach de edile kuningtn
- (iweiz got, her mach wol edile sin.
- hir schinit Constantinis sin. 1466
- eiä arme, wiech nu virstözin bin,
- daz min tochtir deme virsagit wart,
- der disen helit virtriven hat!
- dirre töd so vrumichliche.
- ich weiz wol, Kother der ist riebe 147 o
- unde mac wol gewalt hän.»
- dö sprächen Constantinis man
- «vrouwe, ü ist der rede not.
- der tüvil t6 in den d6t,
- die iz ie irwanden, 1476
- wir w^ren üz deme lande
- mit deme kuninc Kötbere;
- 1449 hof, Gesammtheit der Gebäulichkeiten, die zu einem Grund-
- stück gehören, also Haus und Hof. — 1451 in trouiven, in
- Wahrheit, soviel wie das einfache truwen, vgl. 95. — 1454 vazzetiy
- vgl. 157, 167; hier «den ganzen Unterhalt geben».
- 1456 meren. mosre adj., berühmt, hochgelobt, ein specifisch
- Yolksmäßig episches Wort. — 1466 et«, vgl. 182. — arme wiech=s
- wie ich arme. — virstözin^ uneigentlich: ins Unglück gebracht. —
- 1469 tod, mhd. tuot — 1474 to in den dot, mhd. tuo in den tot,
- tödte sie. — 1475 irwanden, praet. von tV, erwenden swv.,
- abwenden, verhindern; davon hängt das folgende Satzglied ab. —
- KÖNIG BOTHBE. 83
- der h^te unsich widir over mere
- gesant mit grözen ^ren.
- nu dunkit uns bezzer möre, 1480
- nu des nicht nemach irgän,
- daz wer werdin Dieterichis man.
- her gevet uns vromellche
- und machit uns alle riche.»
- Die eilende gräve 1485
- nam sine mäge
- unde vor vur Dieteriche:
- her entfienc sie vrumicliche
- unde sante in vor in dS stat.
- Beruhter ime einin hof gap, 1490
- dar z6 gab ime Aspriän
- drizic ritär lossam
- mit grözime göte.
- dö wart vaste z6 m6te
- des kuningis ingesinde, 1495
- sine woläin nicht irwinden
- sine wurdin Dieterichis man.
- dar begunden vrige harren gän,
- dar nach die edilen gräven
- unde alle die da wären 1500
- in Constantinis hove
- äne die rtken herzogen,
- die irläzis daz liet:
- sie ne tädens ouch niet.
- 1480 bezzer mere, so wohl statt des corrumpierten bezzere der
- Hs. zu lesen; über mere vgl. 830, hier aber, wie auch oft
- rede, bloß Sache, von der gesprochen wird. — 1481 nu, rela-
- tiv, vgl. 608. — 1483 gevit, mhd. gibet, gibt
- 1485 Die für der. — 1494 do wart vaste z6 mute, da-
- von abhängig der negat. Satz in 1496, es wurde ihnen stark
- zu Sinne, sine woldin irwinden, nicht davon abzustehen, d. h.
- positiv nach heutiger Ausdrucks weise gewandt: sie wollten
- durchaus. — 1502 dne, prsep. ohne, mit Ausnahme von...
- — 1503 irldzis = erldze es, gen. von erl. abhängig; über den
- eigen thümlichen Ausdruck vgl. die Einleitung. — 1504 tddens
- = taten es, abhängig von niet, subst. Neg. —
- 6*
- 84 KÖNIG BOTHEB.
- swaz der anderen vrome was, 1505
- die zugin hin mit heres kraft
- z6 Dieteriche.
- her gaben tageliche
- mit golde deme rötin
- de peUele ungescrotin, 1510
- dar z6 mantele sn^vare :
- dar nach höven sie sie dare.
- dö moste der riese Aspriän
- dicke z6 der kameren gän,
- biz her sie ge werte 1515
- des sie an den harren gerten.
- dö lovetemen Dieteriche,
- die harren al geliche.
- dar ne was ouh nichein man,
- her ne mochte mit ime bestän, 1520
- ob sie virsant wären,
- die sinen schaz nämen.
- 1506 mit heres krafty in der Stärke eines Heeres. — 1508 gaben
- = gap in. — 1509 mit, sammt, neben dem Golde, sodaß man
- hier, ohne den Sinn zu schädigen, mit mit «außer» übersetzen
- könnte. — 1510 «»^e«cro/m, unzerschnitten, ganz. — 1511 snevar,
- schneefarbig, gewöhnlich snewiz. — 1512 «tc, mit niederdeutsch
- erhaltener Tenuis für die sogenannte Asp. cA; selten, aber in
- einigen Fällen sicher in der Mundart des Dichters. — Ibib gewerte,
- gewem mit acc. der Person, gen. der Sache, einem etwas ge-
- währen. — 1517 dö lovetemen = mhd. lobete man; das unbe-
- stimmte Subject man wird durch das folgende Satzglied die
- Herren lebendig gefärbt. — 1521 oh sie virsant waren ^ falls die
- nvirsantn fortgeschickt gewesen wären, die sonst von seiner
- Milde lebten.
- V.
- Dietriches Ruhm dringt auch in die Kemenate der Königin
- und ihrer Tochter und erregt bei dieser das lebhafteste Ver-
- langen den vielgepriesenen Helden zu sehen. Da sie selbst
- keinen Rath weiß, findet Herlint , eine ihrer dienenden Frauen,
- einen solchen: sie solle ihren Vater, den König, bitten, auf
- nächste Pfingsten ein großes ritterliches Fest zu veranstalten,
- wozu dann auch Dietrich kommen werde. Sie thnt so; ihr
- Vater willfahrt ihrer Bitte sehr gerne. Dietrich rüstet sich
- mit den andern Gästen: wie für die andern ihre Kämmerer,
- besorgt für ihn Asprian auf dem Platze, wo das festliche Mahl
- und die festlichen Ergotzlichkeiten abgehalten werden sollen,
- in dem Poderamus Hofe, Bänke und Tische, um sein Gefolge
- unterzubringen, kommt aber dabei in Streit mit den Kämmerern
- eines Herzogs Friedrich, die den Ehrenplatz für ihren Herrn
- behaupten wollen. Der Streit wird dadurch bedenklich , daß
- sich Witold hineinmischt und nur mit Mühe von großem
- Wüthen unter den Feinden seines Herrn zurückgehalten und
- beschwichtigt werden kann. Constantin ist zwar sehr un-
- mutbig über solche gefährliche Gäste, traut sich aber nicht
- mit seinem Zorne heraus, wofür er von der Königin im Hin-
- weis auf Rother, dessen Hülfe er verscherzt, bittern Hohn
- duldet. Bei dem Feste überstrahlt Dietrich durch eigene Pracht
- und die seiner Mannen alle andern Gäste, aber gerade deshalb
- kann ihn die junge Königin in den drei vollen Festtagen nicht
- zu schauen bekommen, weil die Gaffer immer zu dicht um
- ihn herum sind.
- Also die ritäre wider quämen
- mit den schönen gäven,
- dd hob sich harde tougin 1525
- daz rünin under den vrouwin
- 1524 gdven, mhd. gaben. — 1525 tougin adv., verborgen. —
- 1526 rünin, vgl. 1232. —
- l
- 86 KÖNIG KOTHEB.
- beide vr6 unde späte
- an der vrouwen kemenäte
- von deme harren Dietertche,
- her levete vromicliche. 1530
- ccowt, w^ sal ich, sprach die kuningin
- irwerben umbe den vater min,
- daz wer den selven h^ren
- gesien mit unsen ^ren?»
- «ich ne weiz in trouwen, sprach Herlint; 1535
- du bist einigiz daz kint,
- dlnen vater also übe;
- nu bite in eime höcgeztte
- daz der dene helit z6 hüse lade,
- z6 wären ich dir daz sage, 1540
- s6 mog wir in aller beste gesßn,
- iz ne mac ouch nimmir baz gesehen.»
- die juncvrouwe ginc in dräte
- z6 ir vatir kemenäte
- unde sprach «wolditer nu, vater min, 1545
- 1527 vro adv., früh. — 1530 her levete^ abhängiger Satz auf
- rünen bezogen. — 1531 we^wie. — die kuningin ^ deren Name
- nicht genannt ist, s. die Einleitung, so wenig wie der ihrer
- Mutter: zum Unterschied von ihr heißt sie mitunter die junge
- k,y sonst aber die' juncvrouwe^ magety megetin, aber auch mit dem
- allgemeinen Ehrentitel verheiratheter und unverheiratheter
- vrouwe, wie auch 1529 an der vrouacin kemenäte sich auf sie,
- möglich allerdings auch auf ihre Mutter, beziehen wird. —
- 1532 irwerben umbe, bei meinem Vater e& durchsetzen. —
- 1534 gesien, mhd. gesehen, — mit unsen eren, auf eine Art, bei
- der unsere «ere» besteht. — 1535 in trouwen, vgl. 1451. —
- 1536 einigiz daz kint, beachtenswerthe alterthümliche Wort-
- stellung. — 1537 /{6efür liebe, die schwache Form des als Appo-
- sition gesetzten Adj. gegen die gewöhnliche mhd. Regel, vgl. 119. —
- 1538 daz hbcgezH (c für ch, einzeln hier mundartlich besonders vor
- andern Gutturalen) stn., daneben auch stf. sing, und plur. Das
- große Fest, besonders die Hoffeste an den kirchlichen Hauptfesten.
- — 1539 zo hüse laden, in sein Haus laden, lade ist als Conjectur
- in den Text gesetzt, da das hs. neme: sege, wegen des sonst
- im Reime hier kaum statthaften e: e sehr bedenklich ist. — 1540 z6
- waren = zo wäre, zwdre, vgl. 4. — 1541 aller beste adv. Superl.
- — gesen, mhd. gesehen, — 1542 geschen^s^ geschehen, — 1545 wol-
- diter, er für ir, ihr plur., die ehrende Anrede, hier noch spar-
- kOkig bothbb. 87
- clise pinkesten hir heime stn,
- düchte mich ein ^re getan,
- xinde sameneten üwere man
- die reckin sägin,
- ob ir ieht riche wann. 1550
- ich ne weiz war z6 der vurste sal,
- her ne h^te ettewanne schal
- mit Troweden in deme hove sin.»
- 46 sprach der kuninc Constanttn
- «wol dich, tochter, daz du levis! 1555
- w^ du nä-ch den eren strevis
- unde rötis ie daz beste!
- ich Wille haven geste,
- daz man immer sagete m^re,
- ivaz hie Schalles wßre 1560
- zö disen höchgeziten.
- min gewalt g^t s6 wite,
- virsitzet iz danne ieman,
- der möz den lif virloren hän.»
- Widir z6 kemenätin ginc daz megetin. 1565
- d6 sante der kuninc Constantin
- Wide sine märe
- unde gebot den ritären
- «amer als der Sing, und ziemlich willkürlich damit wechselnd,
- ^e überhaupt in den älteren Gedichten des 12. Jahrh. —
- 1546 pinkesten, mhd. pfingesten plur. t. Pfingsten. — hir heime,
- hier zu Hause bleiben. — 1548 sameneten wie wdrin 1550
- 2. Person plur. vgl. 37 ; der Conj, hier als Precativ zu faßen. —
- 1549 sägin, mhd. scehen. — 1550 ieht, hier als Partikel oder
- Adyerb. gebraucht wie unser a etwas». — 1552 ettewanne, irgend
- «inmal, zu irgend einer Zeit. — schal, vgl. 298. — 1553 schcU
- mit vroweden, Schall und Freude: vrowede, Festfreude, also un-
- gefähr dasselbe wie schal, — 1555 wol dich, wohl dir, Heil dir. —
- daz du levis, daß, weil du lebst, Segensformel. — 1556 toe =
- wie. — strevis, mhd. strebest. — 1557 retis, mhd. rcetest von
- raten stv. — 1559 mere stn„ Kunde, m. s. rühmend von etwas
- sprechen, erzählen. — 1562 wtte adv., weit, weithin. — 1563
- virsitzen vgl. 647. — iz, nämlich das Gebot, was ausgehen soll.
- 1567 Wide = wite 1562. — mdre = mere 1559. Die un-
- nmgelautete Form gilt hier ebenso wie die umgelautete. — *
- /
- 88 * KÖNIO BOTHBB.
- hin zö der wertschefte,
- die was gelovit mit krefte. 157(>
- her hiez sie sichirliche varen.
- d6 möstin sie alle dare.
- swer sich icht sazte dar wider,
- deme gebot man iz bi der wide
- daz her gerne dar gienge, 1575>
- danne man in hienge.
- done torstiz nieman irlän.
- sich gesellete man wider man
- z6 sime geliehen
- unde vazziten sie vllzeliche. 158(>
- 1569 wirtsckefte, wirtach» stf., so viel als hochgezti etc., eigentlich
- Bewirthiing, dann Festlichkeit. — 1570 gelovit, geloben swv.^
- ansagen. — 1571 sichirliche adv., er gebietet einen besondem
- Bann oder Frieden für die, welche an den Hof ziehen oder
- geladen sind, wie gewöhnlich im Mittelalter. — 1574 bt der
- wide, wit stf., eigentlich Weidenstrick, dann gerichtlicher Aus-
- druck für die Todesstrafe des Stranges, die gewöhnlichste und
- leichteste des Mittelalters. — 1575 gerne — danne. Die Form
- gerne ist der Positiv, während der Sinn und die Part, danne den
- Compar. erforderte. Es fragt sich, ob man in solchen Fällen,,
- deren die Literatur des 12., 13., 14. Jahrh. nicht wenige auf-
- weist, einen wirklich unvollständigen Comparativ annehmen
- soll, d. h. einen solchen, wo der Begriff der vergleichenden
- Steigerung in der Part, danne allein enthalten ist, also
- gerne eine wirkliche, nicht bloß eine scheinbare Form des Po«*
- sitivs wäre, oder ob bloß eine verderbte Aussprache oder
- Schreibung eine scheinbare Form des Positivs für den Compar.
- gewährt. In unserm Falle wäre für diese Auffaßung geltend
- zu machen, daß der Schreiber von H. theils in seiner gewöhn-
- lichen Fahrläßigkeit, theils mundartlichen Einflüßen folgend,,
- häufig ein r im Auslaut unterdrückt, auch gewährt er sonst
- überall die richtige Comparativform. Ohne hier weiter auf
- dieß Thema einzugehen, sei nur bemerkt, daß einige der in
- andern Sprachdenkmälern sich findenden Stellen unmöglich auf
- diese Weise als mundartliche oder Scbreibefehler erklärt wer*
- den können und daß darum auch eine solche Erklärung für
- alle zweifelhaft wird. — 1577 done^sdo ne. — torstiz =tor9te izy.
- prset. von tor, ich wage. — 1578 man wider man, vgl. 638. —
- 1579 zo sme geliehen, zu seines gleichen. geUche, subst. ge-*
- brauch tes Adj. — 1580 vazziten, vgl. 157. — sie für sich^
- mundartlich. —
- KÖNIG BOTHEB. ' 89*
- dar ne hete nich^n mantil namen,
- her ne w^re mit golde besclagen,
- nnde mochte daz s6 lichte sin get&n,
- daz sin nieman niheine war ne nam.
- Die vorsten riebe 1586
- • höven sich geliche
- hin zö deme Pöderamus hove.
- sesz^n herzogen
- unde drizic grävin,
- mit scalle sie da wärin 1590
- nnde nnzzin Constantinis got,
- s6 man noch manigis harren tot.
- Dö sie quämin z6 Constantinopole
- der vil m^ren bürge,
- die vorstin wären dar ober nacht, 1595
- daz man ire da wole plach.
- der tac begunde üf gän.
- iegelich kameräre nam
- sime harren eine stat,
- die men eme von hove gap. 1600
- Dö heizin sie Aspriäne
- daz gesidile vähen
- 1581 fliehen = nichein, — 1582 her ne were^ wenn er nicht. . .
- — besclagen , wie gelegentlich sr für sctj so erscheint umgekehrt
- zwischen 8 und / häufig neu auftauchendes c, vgl. 568. —
- 1583 lichte adv., ohne besondere Mühe zu finden, gewöhnlich. —
- 1584 nü^ine toar, keine Aufmerksamkeit; war stf.
- 1586 geliche adv., zugleich. — 1587 Pöderamus hove, vgL
- 886. — 1588 seszen, mhd. sehszehen, — 1591 nuzzin, pl. prset.
- von niezen stv., genießen. — 1592 «6, wenngleich, wie.
- 1596 daz, in der Weise, daß. — plach, mhd. pflac. —
- 1599 stat stf.. Statte, Stelle, bestimmter Platz. — 1600 von
- hove, vom Hofe aus, d. h. von den Hofbeamten, denen die
- Besorgung des Festes obliegt, ygl. 1629. —
- 1601 sie, d. h. die Leute Dietriches sind gemeint, die
- Asprian hier im Namen ihres Herrn mit dem Amte seines
- Kämmerers betrauen. Der Reim Aspridne: vdhen würde leicht
- durch die Umänderung in Aspridn: vdn regelrechter werden, aber
- 1602 ist in der jetzigen Gestalt stilgerechter als nach dieser
- Umänderung. — 1602 gesidile stn.,. vgl. 1137. — vdhen, hier
- «anfangen ein- oder aufzurichten». —
- 90 kOnig botheb.
- deme harren Dieterlche.
- dar benketer vltzelfche
- mit aldime gestöle 1605
- daz verre was gevöret
- hie vor von Wände:
- iz trdgin elphande
- wllen in den gebeine.
- -dar inne lac göt gesteine. 1610
- «w^ dinster die nacht was,
- sie lüchtin also der tach.
- her sazte einen tisch h^rlich,
- dar mochte der riebe Dieterich
- ^ne laster z6 gän. 1615
- dö was ein harte h§r man'
- ^in herzöge, der hiez Friderich,
- des kamer&re virsümede sich,
- der hiez Aspri&ne
- sine benke rucken näher, 1620
- nnde sagite ime zw&re,
- wie riebe sin hörre wäre:
- her wolde also türe sin
- so der knninc Constanttn.
- j er sprach «nu rümit, gröze bulgän, 1625
- 1604 benkete, benken swv., Bänke und Tische richten. '-^
- 1605 gestole stn., Gestühle, Anstalt zum Sitzen. — 1607 hie
- vor B hie bevom , Tgl. 494. — 1608 d. h. es war ans Elfenbein
- mit Edelgestein besetzt. — 1609 wt/en, adverbial: einstmals,
- Yormals. — den für demey dem, s. zu 15. — 1611 dinster adj.,
- jKnster, auch lautlich dasselbe Wort, in den hochd. Mundarten
- selten. — 1612 luchiin^ prset. TOn lüchten^ liuhten^ leuchten. —
- •sie, d. h. die Steine zusammen, daz gesteine. — 1615 äne
- lasier^ ohne Schimpf, vgl. 133. — 1613 stcA virtumen swv.,
- fiich säumen und versäumen. — 1625 rümit ^ selten ohne Ob-
- ject: weicht. Das Object versteht sich hier von selbst. —
- grdze bulgan. groz = ungeschlacht, schwerfällig, zur Bezeich-
- nung des Riesen Asprian sehr passend, bulydn wird doch wohl
- ein Volksname sein, der zum Schimpfwort gestaltet ist, wie
- 60 häufig in alter und neuer Zeit , z. B. gegenwärtig die deut-
- lichen Volksnamen Krawat, Pollack etc. Daß bulgän nichts
- anderes ist als das russische und überhaupt ostslavische polkan,
- «ine Art gespenstigen Ungeheuers, hat schon J. Grimm erkannt.
- 1
- Koma BOTHEB, 91
- ynr sulin daz geginsidele hftn.»
- «in troawen, sprach Asprtän
- daz newirt nüwet gedän.
- von hOTe schöf man mir die stat,
- daz sie ü niman ne gap. 1630
- irhevet ir wider mich sicheinen zorn,
- • den mochter gerne hä-n virbom
- l)iz zö eime anderen male ,
- soiz hie heimlicher wäre,
- daz düchte mich wistüm getan. 1635
- na kiesit einin anderen man
- nnde lä.zit mich mtn gestöle h4n.»
- Der kamer^re h§re
- der zornite sich s^re
- unde tröste sich zö hundert mannen, 1640
- die mit ime wärin gegangen,
- nnde düchtin törliche getan,
- daz der riese Asprtän
- icht torste reden da wider,
- her stöz eme einin banc dar nidir. 1645
- aber keine weitere Erklärung gewagt, nachdem er selbstver-
- ständlich die abgeschmackte Dobrowsky's und anderer Slavisten
- polkan =s pol kon^ Halbpferd, zurückgewiesen. — 1626 ^c^tn-
- sidele stn., Sitz gegenüber, der yornehmste für die Gäste, dem
- Wirtbe gegenüber nach altd. Sitte, nicht neben ihm. —
- 1628 nuwet^ aus dem ursprünglichen niewiht umgebildete Form,
- mit nachdrücklicher Bedeutung : durchaus nicht ; aus ursprünglich
- niwiht entsteht niwet oder niwit — 1629 schof von schaffen stv.,
- verschaffen, geben. — 1630 daZj sodaß, daß folglich. —
- 1631 zorn, Zorn und Folge davon: Streit. — 1632 mochter iiir
- mochtet ir. — virbom von verbern, vgl. 1222. — 1634 heimlicher
- Comp, des Adv. heimlich, wie unser «heimlich» auch noch
- gebraucht wird, und es namentlich mit der Negat. ((unheimlich»
- ganz allgemein gültig ist. — 1635 wUtum getan = wisliche.
- wistum so viel als wiaheit.
- 1639 zornite sich, mhd. «»cÄ^wmc»= unser nsickerziÄmenyi. —
- 1640 tröste, prset. von trösten, troßsten ; zuo, sich verlaßen auf. —
- 1642 düchtin =s dühte in von dünken. — tor liehe adv., thoricht.
- — 1645 stez, mhd. stiez. — banc hier stm.
- 92 KÖNIG ROTHSB.
- Aspriän der helit göt,
- die hant her üf h6f
- unde sclöc eme einin örsclach,
- daz eme der köpf al zobrach.
- n4ch den Schilden giengin stne man 1650
- ande woldin Asprtäne slä.n.
- der herzöge Friderich
- selve wdfinter sich
- unde rief stnen seilen.
- dö höf sich ein geschelle, 1655
- daz Thiederichis kamer^re
- da z6 hove bestanden w6re
- mit michiltcher kraft,
- jenir der da gebunden lach,
- der begunde bremin alse ein bere, i66(>
- die ketenin die zobrach er gare
- unde begreif eine stäline Stangen
- vier unde zvenzic eile lange,
- swaz ime des volkes widirstiez,
- wie lutzel her des genesen liez! 1665
- 1648 sclüCf über diese Form mit sei vgl. 1582. — örslaa
- stm., Ohrfeige. — 1649 der köpf, Hirnschale. — zobrach, mhd.
- 26' zerbrach, — 1653 wufinter = wd/ente er. — 1654 seilen, die
- niederd. Form mit abgeworfenen ye- für geselle, — 1655 geachelle
- stn., Schallen, Lärm. — 1657 bestanden, einen best, im Kampfe
- bestehen, nicht bloß Stand halten, sondern den Kampf aufnehmen,,
- also auch beginnen. — 1658 michiliche, so viel als das einfache mt'cAe/,.
- vgl. 679. — 1660 bremin stv., brummen. *— Im Reime bere : gare
- ist kein Fehler, wie auch der Text dem Sinne nach zu kei*
- nem Bedenken Anlaß gibt. Erwägt man , daß das e des Mhd.
- in der Mundart des Dichters mitunter eine Neigung nach dem
- a hin hatte, wie hare für here u. s. w., vielleicht auch die
- gelegentliche Schreibung hcelfit für heifit und dergl. beweisen^
- ebenso daß andererseits a öfters nach dem e sich hinneigte,
- wie wene für wane, wele für mhd. wal u. s. w. zeigt, so liegt
- es auf der Hand, daß trotz der für das Auge divergierenden
- Form für das Ohr bere und gare ein leidlicher Reim ist. Das ge-
- meinniederd. bar für ber ist ohnehin bekannt genug. — 1661 gare
- adv., gänzlich. — 1663 zvenzic. 657 steht die Form zweinzich^
- dort auch für das gewöhnliche eile stf., das etwas seltenere ellene.
- — 1664 toidirstie'z von widerstuzen stv., aufstoßen. — 1665 des^
- abhängig von lutzel nentr. des Adj. snbst. gebraucht «wenige». —
- KÖNIG BOTH£B. 93
- dö sprach ein riese die hiez Gritnme
- <(iz wirt hie ubil inne.
- ich sie Widolde varn.
- nu gedenket, hßrre Asprlän,
- Tiwir grözer göte. 1670
- mit listigeme möte
- vrägit den grimmigin man,
- ivaz eme daz lüt hete getan,
- daz her in so viant st.»
- «mir wart gesegit, htoe min, ' 1675
- sprach dö Widolt der helit göt,
- >)sie heten dich brächt an grdze not.
- done wistich we iz hete getan:
- ich wolde sie alle irslagen hän.
- were der dan zö iemanne zom, 1680
- der moste den lif haben virlorn.»
- «in trouwen, sprach Aspri&n,
- sie ne heten mer niecht getan
- wane §re unde götis.
- nu wichit üwers gemötis 1685
- ande gebit die stangin diesim man.»
- ein riese sie im üz der hant nam.
- Den herzogen heren
- rou sin kemer^re.
- daz volc al z6. samene 1690
- 1666 die = der. — 1668 sie, mhd. sihe, 1. Person sing, pries.
- Ind. von seAen. — JVidolde, acc. von Widolt, — 1673 daz lut,
- vgl. 806. — 1674 Viani, snbst. und adject. gebraucht, wie
- unser «Feind, feind». — 1675 geaegit von segen, d. h. sagjan,
- während sonst hier sagen, d. h. sagen die gewöhnliche Form
- ist. — 1678 wi8tich=wi8te ich, prset. von weü. Neben wiste auch
- weste 252 u. s.w. — we für wer, vgl. 1426. — 1680 der = dir. — ^
- ez ist mir zom zö einem (wo zom mehr adj. als subst. Geltung hat)
- so viel als zornig sein auf jemand. — 1683 sine^sie ne. — mer
- für mir. — 1684 niecht wane, nichts außer, nur; von niecht ist
- der Gen. ere und gutis abhängig. — 1685 wichit von wichen
- stv., gen. des Ortes von woher, so viel als das häufigere ent-
- wichen. — gemutis von gemüete stn., das aufgeregte Gemüths
- so viel als Zorn u. dgl.
- 1689 rou, praßt, von riuwen stv. —
- 94 KÖNIG BOTH£B.
- höf sich dar z6 gegene
- nnde wolden Aspriäne slän.
- dö sprach Widolt, der köne man
- «waz ist jeniz gedrenge?
- ow! mtner Stangen! 1695
- sie woldin dt schaden, here,
- des ingelden sie hüte vil s^re:
- iz nesi daz ich irsterbe,
- in möz vile w^ werden.
- sie kumin vluchtic widir.» 1700
- mit der vüst slöc einin her darnidir.
- nnde begreif den herzogen göt
- nnde kratzitim ave den stälin hot.
- mit deme häre her in üf want,
- do intfiel er eme in daz gedranc. 1705
- swä her die anderen gevienc,
- wie strödicke iz üf gienc!
- dar wart gestözen manic man,
- daz her unsanfte nider quam.
- nune weiz ich wie ein spileman 1710
- zö hove vor den kuninc quam
- unde sagite ime m^re,
- daz dar gröz vechte w^re.
- Constanttn vrägete m6re,
- waz dar schalles were. 1715
- her sprach, adaz weiz der heilige Crist,
- ich sage der alsiz ist,
- 1692 wolden, plur. aus volc entwickelt, was ein pluraler Be-
- griffist. — 1694 daz gedrenge stn., so viel als das häufigere ge-
- dranc. — 1696 c?*, mundartliche Form für dir. — nOS kraizi-
- Hm für kratzete im. kratzen swv., nicht bloß unser «kratzen»,
- sondern zerren, reißen überhaupt. — ave, mhd. abe, ab. —
- stdlin hat, vgl. 1110. — 1704 mit deme häre, bei dem Haare,
- so daß das Haar die Handhabe abgibt. — 1706 swä, wo immer^
- an jeder Stelle, wo. — 1707 strödicke, so dicht wie die Halme,
- das Stroh eines Getreidefeldes. — iz, nämlich die Haufen
- von Gefallenen, die so dicht nebeneinander lagen, wie... —
- 1713 vechte stf., Gefecht.
- 1717 der für dir. — alsiz für alse, also iz, wie es, —
- KÖNIG BOTHBB. 9&
- dar gaf einer daz föter
- mit der lengistin röten
- die ich mit den ongin ie gesach, 1720'
- biz man sie ime üze der hant brach,
- dö wart her dancnöme.
- sie stn ime alle gezeme,
- armen nnde riebe.
- her röfit sie vreisllche. 1725.
- mir is lieb, daz ich so vrö inran,
- doch warf her mich over vor man,
- daz mlne vöte
- die erden niene berörten.
- ich stönt ime ouch vor deme Hechten: 1730-
- her ne bedorfte min dar zö niechte.»
- Widolt wart gevangin,
- gebundin an die lannin.
- aiser zö den herbergen quam,
- wie dräte iegelich man 1735^
- nä deme anderen zöch!
- vor deme kunige wart die klage gröz
- over Dieterichis kemeröre.
- 1721 uze der hant bracht mit Gewalt herausriß. — 1723 ge-
- zeme adj., passend. — 1724 armen unde rtche, armen ist
- hier die subst. gebrauchte schwache Form des Adj., wäh-
- rend bei rtche die Sprache diese schwache Form in subst.
- Bedeutung nicht entwickelt hat. — • 1725 rufit , mundartlich-
- für rou/et, denn während gewöhnlich 6 nur den mhd. Diphth.
- uo (oder üe) zu yertreten hat, ist es einzeln nach den Ein-
- Außen der gröberen Volksmundart auch für ou verwandt. —
- vreisltche, vgl. 772. — 1726 rrö, vgl. 1527. — inran^fhr
- intran:, von int, entrinnen stv. — 1727 ver, mundartlich für
- vier. — 1728 vote, niederd. tfnrz. — 1729mene, vgl. 1324; hier
- wäre niener, was freilich der Sprache des Gedichts fremd zu
- sein scheint, beßer: niener y nirgends, an keiner Stelle, wofür
- hier mene «durchaus nicht» steht. — berörten ron berören 8wy.,'
- berühren. — 1730 stont ime vor deme Hechten, sprichwörtlich
- wie noch heute.
- 1736 nd, praep. nach, — 1738 kemerere und kamerere
- wechselt miteinander. Asprian ist gemeint, weil er den Streit
- begonnen, in den sich Witold mischt. —
- 06 KÖNIG BOTHEB.
- daz sie gerouft wferen.
- «daz ist mer leith, sprach Constanttn, 1740
- na sagit iz deme harren sin.
- wil her ü richtin, daz is mer liep,
- ichne underwindes mich niet.»
- Alsiz Dieterich virnam,
- her hiez z6 eme sine man gän, 1745
- Widolden den könen
- üflfe den hof vrönen.
- «hat her iemanne icht getan,
- iz sal ime an den lif gän
- zö üwir aller gesichte.» 1750
- awir irläzin in des gerichtes,
- «prach Friderich der herzöge,
- ^ der tüvil knme her z6 hove;
- swanner her quäme,
- da wir in alle gesägen.» 1755
- bt den henden sie sich beviengen,
- Tor den kuninc se giengen.
- sie sprächen «neinä h^rre Dieterich,
- nichtne ladene vore dich.
- her ne hat uns sulechis nicht geschadit, 1760
- daz iz dir immir werde geklagit.
- 1740 ieith. fA alterthümliche Schreibung füre?; mhd. wurde im
- Auslaut t stehen. — 1742 ü richten, richten swv. mit dat., einem
- zu seinem Rechte verhelfen. — 1743 sich underwinden eines d.
- stv., sich einer Sache annehmen.
- 1747 vrone adj., was dem Herrn gehört, also herrschaftlich,
- hier königlich. — 1750 zö tiwir aller, vor euer aller Angesicht.
- — gesicht stf. — 1751 einen erldzen eines d., einem etwas er-
- laßen. — 1753 e, eher als, lieber als daß... — der tuvilf
- vgl. 960. — 1755 gesdgen, mhd. gescehen conj. prsBt. von
- sehen: wenn er herkommen sollte, wo wir ihn alle sehen
- müßten oder könnten, dürften. — 1756 sie, Friedrich und seine
- Leute. — beviengen, faßten. — 1758 neind, nein mit der
- Interj. d, nein dochl — 1759 nichtne, nicht zur Verstärkung
- negativen Sinnes des Satzes vor das Verbum gesetzt. —
- ladene ■> lade ene, ihn. — 1760 sulechis. sulich adj., solch, der
- Gen. von nicht abhangpig. —
- KÖNIG »OTHEB. 97
- nu du helith virtriven bist,
- man sal dich eren, wizze Crist,
- hie in diseme riche,
- daz stet uns gevohliche.» 1765
- dö dankete in der here.
- ettelicher forte sere,
- her worde des roufens gedegit
- mit vil grözin bülslegin,
- ob der helit köne 1770
- üf den hof quäme,
- dar umbe liezen sie die klage
- unde swigetin lasteris unde schaden.
- Die gerouftin mit deme häre,
- die swigitin is zväre 1775
- swilche wis sie mochten,
- der kuninc saz in richte
- unde klagitiz der kuningin
- «eiä arme, wiech iiu gehönit bin
- an den vremeden mägin! 1780
- die here geritin wärin
- üz anderen riehen,
- die sin so vreisliche
- beide gerouft unde geslagin.
- 1762 nu als relat. Conj., da du, weil du, vgl. 615. — helith,
- th vgl. 1740. — 1765 gevohliche adv. (ä für inhd. c im
- Auslaut, welches selbst für g steht, also h eigentlich für gh.
- gevuocltche), schicklich, wohlanständig. — 11 Ql forte iviv forchte
- von vürhten swv. — 1768 worde für wurde von werden. —
- des roufens gedegit. degen swv., zum Schweigen bringen, mit
- gen. in Beziehung auf . . . zum Schweigen gebracht mit seiner
- Klage über das Kaufen, das er erlitten, durch noch schlim-
- meres. — 1769 bülslac stm.. Schlag, der Beulen gibt. —
- 1773 swigetin, swtgen mit gen. wie 1768 und 1775.
- 1774 gerouftin mit deme häre, vgl. 1705. — 1776 swilche
- von swilich, swelich, auf welche Weise nur immer, d. h. sie
- mochten selbst zusehen, wie sie es fertig brachten. — 1777 i«
- richte, adverbial von rihte stf., der rechte Augenblick, dann zur
- Bezeichnung des sofortigen , schleunigen Thuns oder Geschehens ;
- man darf es hier weniger mit saz als mit klagitiz verbinden. —
- 1779 vgl. 1467. — Äo/ie« swv., beschimpfen. — 1780 mdgin, vgl.
- 946. — 1781 die here geritin wdrin, die geladenen Gäste. —
- KÖNIG ROTHEB. 7
- 98 KÖNIG BOTHEB.
- daz siez immer mugen klagin. 1785
- daz hat Dieterichis man
- umbe ein gestole getan.
- vlucbtic quämen sie widir.
- her stiez sie mit der vüst nidir,
- daz sie in deme hove lägen. 1790
- wane mochten sie umbe die schützen vrägen?
- die mochten sie haven geschozzen,
- sone beten sies nicht genozzen,
- des woldicb immer vrö sin.»
- anu swtcb, sprach die kuningin, 1795
- unde läze wir daz geschutze.
- dtn rede ist unnütze.
- bete der dir so nä gesln
- daz du ene rechte betis gesien,
- dir ne gebulfe des nichein böge, 1800
- dune mdstis sin gevlogen
- z6 aller vurdrist after wegen.
- unde w§re aber Köthere gegeven
- die unse tocbter schone,
- sone torste dich nieman honen. 1805
- 1787 umbe ein gestole^ wegen, aus Veranlaßung des geat^ vgl.
- 1605. — 1791 toane, warum nicht, vgl. 1194. — schütze, mhd.
- schütze swm. , die Bogenschützen der kaiserlichen Haustruppen.
- — 1793 sies für sie es, dessen, von geniezen abhängiger Gen. ;
- sie bezieht sich natürlich auf ein anderes Yollwort als in 1792,
- wo es die Gäste Constantin's , Friedrich und seine Leute
- meint : hier geht es auf Asprian , Witold u. s. w. — genozzen,
- sie wären dessen nicht froh worden. — 1795 swtch, imp. von
- swigen stv., in der Bedeutung dem swv. smgen ganz gleich.
- cÄ = mhd. c, d. h. ^. — 1796 luze wir, vgl. 483. — geschutze
- stn., Anstalt zum Schießen, die Schützen und ihre Bogen. —
- 1798 der, der Kiese Witold. — na adv., mhd. nahe und nach,
- — hete gesin. gesin part. praet. zu sm, verb. subst., hier und
- 1991 nach niederdeutscher Weise mit haben, nicht mit dem
- Verb, subst. selbst verbunden. — 1799 gesien für gesehin part.
- praet. pass. von sehen, muß als ein rührender Keim gefallt
- Av erden, da die Aussprache von ie der von t sehr nahe steht. —
- ISOl dune, daß du nicht. — 1802 vurdrist für vorderist, vor^
- derst, — öfter praep. mit dat., hinterdrein, entlang, öfter
- wegen, fort, weg. — 1805 torste von tar, — honen, vgl. 1779. —
- KÖNIG BOTHEB. 99
- 3ier hete dir üz sime lande
- der türin wigande
- ^esendit, daz dich nieman
- mit here torste bestän.
- Ton du möz ich wole klagen. 1810
- nn dulde hönede nnde schaden
- hir in dime lande
- Ton Dieterichis manne.»
- Den zom liez Constantin bestän
- nnde hiez nä slner tochter gän, 1815
- daz die maget schöne
- schire z6 dische quäme.
- dar ane ne sümete sie niet;
- ir was üffe den hof liep.
- die vrouwe begonde vore gkn. 1820
- Imndert megede lossam,
- die volgedin ir zwäre,
- alle valehäre.
- manigin armbouc röt
- trögin sie gewlröt 1825
- uns sagit daz liet m^re
- yfie sie gevazzit w^ren.
- daz aller vordirste wif
- 4ie hete gezierit den Itf
- mit einer krönen guldin; 1830
- daz gebot ir vater Constantin.
- 1807 der turin wigande gen. den man partitiv nennen kann:
- Ton seinen Helden eine Anzahl. — 1810 du — diu, instr.
- Ton dtiz, deshalb. — 1811 hönede stf., mhd. hanede, hosnde,
- Schimpf.
- 1814 bestän, auf sich benihen. — 1817 schire , mhd.
- schiere, — 1819 rr was liep ufft den hof^ sie hatte Begehren
- nach dem Hofe. — 1821 lossam, vgl. 749, hier selbstverständ-
- lich lustsam. — 1823 valehdr adj., mit hellem, blondem Haare,
- wesentliche Bedingung der weiblichen Schönheit für das Mittel-
- alter. Diese Compos. des Adj. mit dem Subst., um Adj. zu
- bilden, ist ebenso selten in der deutschen Sprache als schon. -*
- 1824 armbouc stm., Armring. — 1825 gewtrot, vgl. 391. -^
- 1828 vordirste, hier ohne Versetzung der Ableitungssilbe, vgl.
- 1802 ; daz vordirste w%f ist die voranschreitende junge Konigia. — '
- 7*
- 100 KÖNIG »OTHEB.
- die anderen megide alle samt
- die trögin ritärlich gewant
- von grozeme overmöte.
- cyclät der göte 183J>
- der was mit deme golde
- gestickit allen halben,
- dar undir zabil unde kelin.
- sie moste manigir ane sehin,
- ^ die vrouwe schöne 1840
- hin zö dische quäme.'
- Do höf sich daz gedl-enge
- von manigeme snellen manne
- mit deme herren Dieteriche,
- die wären wundirliche 184:5'
- gevazzit, aiser vore ginc.
- ir nehörtit ^ noch sint
- gesagin von bezzerme gew^ete
- dan die recken heten.
- ir hemide wären sidin, 185(>
- sie trögin bönit guldin,
- da inne göt gesteine.
- 1832 samt adv., zusammen. — 1833 ntdrlich adj., kanin
- • ebenso auf Männer wie Frauen bezogen werden, die dem
- Ritterstande, d. h. der gebildeten Gesellschaft angehören. —
- 1834 overmot, mhd. vbermuot stm., niemals ganz unser «Ueber-
- muth», sondern entweder weniger oder mehr. Hier bloß «stolzer
- Sinn, wie er sich für Hochgeborene paßt». 1429 hatte es die
- Bedeutung von Frechheit. — 1835 cycldt hier stm., ein Seiden-
- stoff, mit Gold gestickt, daher mit deme golde ^ was dazu ge-
- hört. — 1837 allen halben adverb., allenthalben, halbe stf.,
- Seite, Raum abschnitt. — 1838 zabil unde kelin ^ Tgl. 153.
- 1845 die^ auf manigeme manne bezogen. Durch eine
- leichte Veränderung, indem man gedranc , das ohnehin hier
- häufiger als gedrenge ist, und man schriebe, würde zwar nicht
- ein ganz regelrechter Reim, aber doch ein beßerer als der
- (übrigens an sich hier unanfechtbare) jetzige hervorgebracht-
- werden. Ebenso statthaft wäre aber hier und 1594 auch die
- unumgelautete Form gedrange. — 1846 vore, nicht mhd. vore^
- vor, sondern vüre, vür. — 1848 gewete stn., der Inbegriff der
- wdt, Gewand. — 1851 bönit, vgl. 865. —
- KÖNIG BOTHEB. 101
- «in karbunkel schöne
- üife Dieteriche stönt,
- •der virdructe manich gesmtde göt, 1855
- »daz wole gelovit wäre,
- •ob man dit dar inne nichne säge.
- Wie mochtin üffe der erdin
- •die mantile immer werdin
- l)ezzer mit gevoge 1860
- dan die harren trögen?
- •die inville wären hermelin,
- 4ar over gezogen cyclätin;
- der in nä bi was,
- den düchtiz schöne als ein gras. 1865
- also die varwe virlasc,
- aller steine ubirglast
- lüchte von der edelicheite sin.
- wie mochte türirs icht sin?
- dar zu smactiz süze. 1870
- iz brächtin blatvüze
- 1853 karbunkel stm., Karfunkel, von dem das Mittelalter so
- Tiel fabelt; eigentlich ist damit wohl der echte Kubin gemeint. —
- 1854 üffe, nicht auf seinem böntt, woran man zunächst denkt, son-
- dern als Mantelspange. — 1855 virdructe, praet. von verdrücken
- fiwv., unterdrücken, d. h. nicht zur Geltung kommen laßen. —
- 1857 dit, niederd. Form für mhd. diz, ditze, dieses Geschmeide,
- •d. h. den Karfnnkelstein. — nichne =s nichtne , vgl. 1759.
- 1860 mit gevoge, kann zweifelhaft sein ob von gevuoc stm.
- •oder gevuoge stf., wahrscheinlich von dem ersten, weil hier die
- JBedeutnng Geschicklichkeit, Kunstfertigkeit hervortritt. — mit
- = durch, infolge von. — 1862 inville stn., das Futter. —
- 1863 cyclutin adj., vgl. 1835, der Ueberzug von Cyclat. —
- 1865 als ein gras, wie das Gras, also grün von Farbe. —
- 1866 virlasc von verleschen stv., erlöschen, d. h. in der Ent-
- fernung, wo man die Farbe der Mäntel nicht mehr unterscheiden
- konnte. — iSßT ubirglast stm., Ueberglanz, alles übertreffender
- •Glanz; der Karfunkel ist wieder gemeint. — 1868 edelicheite
- stf., edelkeit, Adel, natürliche edele Beschaffenheit. — 1869 tu*
- rirs, mhd. tiurers, compar. von tiure, gen. von icht abhängig. •—
- 1870 smactiz = smacte iz von smecken swv., riechen, iz bezieht
- flieh hier nur auf den Mantel Dietrich's. — 1871 blatvüze,
- Plattfüße, blatvuoz aus der antiken, selbst wieder dem Orient
- 102
- KÖNIG BOTHEB.
- Aspriäne z^ren.
- her gaf iz sime heren.
- von du möstin sie al intsamt
- des harren Dieterichis gewant
- schonwin, d^ da w&ren.
- von den kaffären
- virlös die vrouwe ir hdchgizft,
- daz sie niene besach des ritäris lif.
- Die höchgezit w&ren alle
- dri tage volle.
- alsiz an den driten tach quam,
- die varunde diet begnnde gän
- vor den Dieterichis disc:
- her gaf in schöne, wizze Crist.
- den hals her neigöte.
- her gaf stnin mantil göten
- eineme armen spilemanne:
- her was z6 heile dar in gegangen;
- so täten die anderen al intsamt.
- dar nebeh^lt nieman sin gewant.
- 1875^
- 1880-
- 188&-
- 1890-
- entlehnten halb gelehrten, halb volksthümlichen Sage erst in
- die Gelehrsamkeit des 12. Jahrhunderts übertragen, wo es in
- Deutschland im Herzog Ernst zuerst auftauchen wurde, falls
- dieser in seiner ältesten Redaction älter wäre als Rother. —
- 1874 intsamt für in- en- samt, t euphonisch eingeschoben, adr.^
- dem einfachen samt gleich an Bedeutung. — 1878 ir hochgizity
- d. h. was ihr Fest sein sollte.
- 1880 a//e, hier in dem Sinne gebraucht, woraus sich unser
- <(alle=zu Ende» ex^twickelt hat, vollständig, bis zum rechten Ende^
- geführt. — 1883 varunde, mit tieftonigem u für e, also jedenfalls
- die erste Silbe nicht so kurz gesprochen wie im gewöhnlichen
- Mhd. var, diet, die Fahrenden. — 1886 ndgon, mit alterthüm-
- lichem 6; mhd. neigen, weist auf bloßes älteres neigjan, nicht
- auf neigjon, neigen machen, Gebärde des freundlichen Ge-
- hörs u. 8. w. — 1888 spilemanne, deren natürliches Epithet. arm
- ist; sie bilden einen Hauptbestandtheil der var. diet und sind,
- außer Musikern, Volkssängem und Dichtem auch noch in:
- allen andern Künsten erfahren und zu allen, auch zu den be-
- denklichsten Dingen, zu gebrauchen, wie sich dieß in diesemi
- Gedicht ja deutlich genug zeigt. — 1891 hehelt, mhd. behielte
- Getragene aber noch tragbare Gewände, eins der beliebtesten
- und anständigsten Geschenke des Mittelalters. —
- KÖNIG BOTHER. 103
- die mit ime dar wären,
- sie ne röchtin zvären,
- wie iz in üz der hant nam:
- ir mantele nequam nich^n dan. 1895
- DÖ scheit sich die h6chgez!t.
- aller manne gelich
- reit zd sinen seliden,
- äne Dieteriches helide,
- die voren zö den Verbergen 1900
- unde möstin gevazzit werden,
- vrumicheit hete her dar begän.
- iz newart ouch nie nehein man,
- die Dieteriche dorste bestän,
- die recken namen h^te. 1905
- daz her so vile getSte,
- von du lobit in daz liet:
- sine gendztin sich alle dar zö niet.
- 1893 rochtin von rochen swv., sich kümmern. — 1894 wie für
- wer, niederd. Form. — 1895 darj Ortsadv. in kürzester Form,
- daneben dane, danne^ dannen, von der Stelle weg, d. h. sie
- gaben von sich, verschenkten alle ihre Mäntel.
- 1896 «cÄeiV für mhd. sehtet von scheiden stv., mit derselben
- Umsetzung des Diphth. wie heiz für hiez, — 1897 aller manne
- gelich y jeder Mann. — 1898 seliden, mhd. selede, selde stf., oft
- als Flur, für den Singularbegrifif der einen Wohnung gebraucht,
- wie schon im Gothischen. — 1901 gevazzit werden, d. h.
- Dietrich kleidet sie sofort aufs neue, vgl. 1913, als Zeichen
- seines überschwenglichen Reichthums und seiner Prachtliebe. —
- 1904 die für der = 1905. — 1908 genoztin, vgl. 1327.
- VI.
- Das Verlangen der jungen Königin Dietrich zu sehen, wird
- immer stärker. Endlich wendet sie sich wieder an Herlint,
- sie solle gegen reiche Belohnung Dietrich in ihre Kemenate
- rufen. Herlint übernimmt diesen Auftrag. Dietrich aber weicht
- ihr schlau aus. Als sie fort will, gibt er ihr von zwei gol-
- denen und zwei silbernen Schuhen je einen auf ^inen Fuß
- passenden mit. Herlint gibt die Schuhe ihrer Herrin, die sie
- ihr für Geld abkauft. Als sie sie anziehen will, zeigt sich,
- daß sie beide nur auf Einen Fuß passen. Die Königin bittet
- Herlint, noch einmal zu Dietrich zu gehen und ihm die rechten
- Schuhe abzuverlangen. Auf Herlint's wiederholte Bitten be-
- gleitet er sie selbst, nachdem er ihr den rechten Schuh ge-
- geben. Freundlichst empfangen, zieht er der Königin selbst
- den Schuh an, wobei er sich als Rother zu erkennen gibt.
- Die Königin verspricht ihm übers Meer zu folgen, er aber
- verlangt vorher die Befreiung seiner gefangenen Mannen.
- Die hochgezit was irgangen.
- dö lief man wider manne 1910
- z6 vröner kemenäte
- unde sagite von der wate,
- die der recke Dieterich
- hete gevazzit ane sich.
- also der eine inne was, 1915
- der ander vor den turin was,
- wante die magit so vil virnam,
- 1909 iV-, erffdn, in der Bedeutung von «zu Ende gehen,
- vergehen». — 1910 man wider manne ^ vgl. 638. — 1911 z6
- vroner kemendte, vgl. 1747. — 1915. 16 inne was: vor den turin
- was sind rührende Reime, die zur Noth auch vor den
- strengeren Kunstforderungen bestehen, hier aber etwas Auf-
- fallendes haben; ich vermuthe, daß für was 1915 saz gestan-
- den hat: z und s reimen in dem Gedicht öfter aufeinander. —
- 1917 wante conj., bis. —
- -^ KÖNIG »OTHEE. 105
- daz sie den tuginthaftin man
- von aller slachte sinne
- in ir herzen begunde minnen. 1920
- noch dan was sie irae vremide,
- sint gewan sie mit deme helide
- manige werltwunne,
- unde ouch trübe dar under.
- In der kemenätin wart iz stille, 1925
- do sprach die kuninginne ,
- «ow! vrouwe Herlint,
- wie gröz mine sorge sint
- umbe den harren Dieteriche.
- den hetich sicherliche 1930
- vorholne gerne ges^n,
- unde mochtiz mit gevöge gesehen
- umbe den tuginthaftin man.
- vunf bouge lossam
- die mochte ein böte schiere 1935
- umbe mich virdienen,
- der den hellt dräte
- brächte zö miner kemenäte.»
- «in trouwen, sprach Herlint,
- ich wil mich heven an den sint. . 1940
- iz st schade oder ne si,
- ich g^ z6 den herbergen sin.
- 1919 von aller slachte sinne, vgl. 779. — 1921 noch dan, noch
- danne, damals noch. — 1922 fg. ist eine der volksmä&igen
- Epik sehr geläufige Wendung : fast wörtlich, nur nicht in einen
- Satz gedrängt , sondern auf beide Liebende vertheilt, steht das-
- selbe auch Nibel. 44, 4; 46, 4. — 1924 trübe stf., Betrübniss.
- 1931 vorholne adv. des Part, verhohlen ; o in vor für mhd.
- ver, vgl. 1180. — gesen ^^ gesehen, gesehen ^s geschehen. —
- 1932 gevoge hier stf., gevuoge, Schicklichkeit. — 1933 umbe, in
- Beziehung auf, nämlich auf das Sehen des Dietrich. —
- 1934 hssam, vgl. 749, auch hier wird es lustsam sein. — bouc,
- vgl. 401. — 1936 umbe mich, bei mir. — 1942 ich ge, die
- gewöhnliche Form der 1. Person sing, prses. ind. ist hier gun
- oder gen , doch wird auch diese nicht bloß dem Schreiber der
- Hs. angehören. —
- 106 KÖNIG BOTHEB.
- doch pflegit her snlicher züchte,
- daz wir stn wären äne lachter.»
- Herlint gienc dr&te 1945
- zö einir kemenäte
- nnde nam die türlichin wät,
- also manich vrouwe hat.
- dar in zierte sie den lif.
- dö ginc daz listigez wif 1950
- z6 deme harren Diet^riche.
- her intfinc sie vromeliche.
- vil nä sie zö ime saz,
- deme recken sie in daz 6re sprach
- «dir imbütit holde minne 1955
- min vrouwe die kuninginne,
- nnde ist dir vruntshefte nnderdän.
- da Salt hin zö ir gän.
- dar wil die magit zväre
- dich selve wol intfähen i960
- nicht wene durch din ^re.
- aller trüwin, h^re,
- des machtu vil gewis sin,
- an der juncvrouwen min.»
- 1943 pflegit = wihd. pflig et. — 1944 dne lachter. Diese niederd.
- Form des hochd. oder gemeind. lasier muß hier im halben
- Reime auf züchte angesetzt werden, weil zuohte: laster selbst
- über die sonst hier erlaubten Reimfreiheiten hinausgienge.
- 1947 turlich^ so viel als das einfache tiure* — 1949 zierte,
- zieren swt., putzen. — dar in, in das Gewand, d. h. so daß das
- Gewand ihn umhüllt. — 1950 listigez, vgl. 214. — 1955 im-
- bütit = int'bitttit von en(t)lneten stv. — holt, hier in dem
- durchgehenden Sinne der altern Sprache: dienstwillig, dienst-
- bereit. — 1956 min vrouwe, hier nicht bloßer Titel, son-
- dern «meine Gebieterin». — 1957 vruntshefte, mhd. vriitnt'
- sch/^te gen. der Beziehung von underddn abhängig, sh ver-
- einzelt für sc und seh, wie es scheint, nicht bloß dem
- Schreiber zugehörig. — 1961 nicht wene, mhd. niht wan, niwan^
- aus keiner andern Yeranlaßung, Grunde. — 1963 des waiaUir
- trüwin bezogen.
- KÖNIG BOTHEB. 107
- Alsns redite dö Dieterich 1965>
- «vrouwe, du sundi^s dich
- an mer eilenden manne,
- ich bin ouch z6 kernenden gegangen
- hie vore, dö daz mochte sin.
- war umbe spotedir min? 1970
- leider so töd man den armen ie.
- üwer vrouwe ingedächte die rede nie.
- hie is s6 vile herzogen
- unde vorsten in deme hove,
- daz ir mit einen anderen man 197&
- üwerin schimf mochtin hän,
- des hetter minnir sunde.
- ir virdienit daz afgrunde,
- daz er mich sd törecht woldit hän.
- ich ne bin nie s6 arm man, 1980
- ine w6re doch zväre
- dar heime ein richer gräve.»
- Herlint sprach dem harren zö —
- sie knnde ir rede wale gedön —
- «neinä, hSrre Dieterich, 198»
- nicht nedenke des ane mich,
- ich ne hän is weiz got nicht getan;
- mich hiez min vrouwe here ^än.
- sie nimit michil wunder,
- 1966 tundigis dich, sich sundigen swv., versündigen. —
- 1967 mer für mir, der für dir, — 1968 z6 kemendte, d. h. habe
- mit Frauen gekost. — 1970 spotedir — spotetir, d. h. du und
- deine Herrin, obgleich der Wechsel zwischen du und ir hier
- ganz deutlich, denn 1972 üwer geht so wie die folgenden Flur.
- nur auf Herlint. — 1972 ingedaehte, hier zuerst die Negationspart.
- 9te proklitisch als in erscheinend, außerdem noch an einigen
- Stellen. Es ist zweifelhaft, ob dießtn bloß dem Schreiber zugehörig
- ist oder schon in seiner Vorlage stand. — 1973 hie is so vile
- herzogen^ gen. abhängig von mVe, substantirisch gebraucht. —
- 1975 einen, s. zu 15. — 1976 schimf stm., Scherz, Spott. —
- mochtin i vgl. 37. — 1977 hetter für hetct ir, — 1978 daz af-
- gründe stn., ohne weitere Beziehung bedeutet den Höllenabgrand,.
- Schlund. — 1981 ine f&r ich ne, auch mhd. sehr gewöhnlich.
- 1987 is gen. von nicht abhängig. —
- 108 KÖNIG BOTHEB.
- daz du s6 manige stunde 1990
- in desseme hove haves gesin
- linde sie ne woldis nie gesien.
- daz ist doch seidene getan
- , von eime s6 statehaften man.
- nij wizet mir der rede niet: 1995
- der kuninginne wäre liep
- swelich ^re dir geschehe,
- swie du sie ni ges^he.
- woldistu aber dar gän,
- dune tädis nicht ubelis dar an.» 2000
- Dieterich z6 der vrouwin sprach —
- her wiste wole daz iz ir ernist was —
- «hie ist der merkßre s6 vil:
- swer sin ^re behalden wil,
- der sal gezogenliche gän. 2005
- j4 wenit der eilende man,
- daz her nimmer s6 wole getö
- daz siez alle vur göt
- nemen, die in deme hove sin.
- nu sage der juncvrouwin din 2010
- min dienist, ob sie is geröchet. .
- ich lie mach sie nicht gesöchen
- vor der missehelle,
- ich vorte daz iz irschelle
- uns beiden lasterliche: 2015
- 80 virbütit mir daz. riebe
- Constantin der here,
- so möz ich immer m^re
- 1991 desseme, dat. von diser, — haves gesin: gesien, vgl. 1798. —
- 1994 statehaften man, vgl. 258. — 1995 wizet, wizen stv., einem
- •ein d., einem einen Vorwurf machen wegen einer Sache.
- 2003 merkere stm., Aufpasser. — 2011 is yerochit, gen. is
- auf dienist nMV bezogen. — 2012 ^esocAen swv., aufsuchen, be-
- suchen. — 2013 missehelle stf., übele Bede, Nachrede, nicht
- unser «Mishelligkeit», was es anderwärts auch heißt. — 2014 »r-
- schelle von er schellen stv., erschallen, laut werden. — 2015 lästere
- liehe ad\», so daß idasterv) Schimpf, Schmähung daraus ent-
- stehe. — 2016 u. 2018 S(> == dann, infolge davon. —
- KÖNIG ROTHER. 109
- vluchtich sin vor Rothere
- unde ne mach mich niergin geiieren.» 2020
- Herlint wolde dannen gän:
- der h^rre bat sie dar bestän
- unde heiz die goltsmide sin
- zv^ne schö silverin
- ilinde giezin — 2025
- wie sie dö zouwin liezin! —
- unde zv^ne von golde,
- alser sie geven wolde.
- dö bat her Aspriäne,
- daz sie zö einime v6ze quämen, 203O
- daz her die beide n^me
- unde der vrouwen geve,
- unde ^nin mantil vile göt,
- zvelf bouge goltrot:
- so sal men einir kuninginne 2036
- 2020 generen, vgl. 707.
- 2022 bestän, bleiben. — 2023 Zu dem vollständigen Hof-
- Staat eines vornehmen Herrn gehören auch die unfreien Hand-
- werker, sowie die Frauen, die in den Werkhäusern (fast
- Fabriken im modernen Sinne) für die verschiedensten Be-
- dürfnisse des Hofes arbeiten. Auf Reisen, Fahrten, aie auf
- eine längere Dauer berechnet sind, nimmt man wenigstens
- die nothwendigsten der ersteren mit. — 2024 schö für mhd.
- schuohe von schuoch stm. — 2025 ilinde ad 7. des Part.,
- eilends. — 2026 zottwen swv., eilen, eifrig thun, häufiger
- als sogenanntes unpersönliches Verbum construiert, ez zouwet
- mir. ich Idze zouwen = ez zouwet mir. Wahrscheinlich ist das
- Pron. in nach sie ausgefallen. — 2030 sie, d. h. die beiden,
- die er geben wollte und die dann, wie durch ein Versehen
- Asprian's, Herlint überreicht wurden. — zö einime vöze, für
- einen einzigen Fuß paßten, also etwa je den rechten goldenen
- und den rechten silbernen Schuh. — 2031 daz, damit er. — neme,
- nehmen sollte. — 2033 enin= einen. — 2034 bouge, vgl. 401. —
- 2035 men, abgeschwächte Form für man. — einir kuninginne
- ir boten, einer von den, wie es scheint in der Umgangssprache
- der Zeit gar nicht seltenen Fällen, wo zu dem Gen. des Be-
- sitzes noch eine besondere Bezeichnung desselben durch Pron.
- person. oder possess. tritt, wie die spätere und heutige Volks-
- sprache in diesem Falle auch «der Königin ihre Boten» sagen
- würde. —
- 110 KÖNIG BOTHEB.
- ir botin minnin.
- dö sprancb sie vroltcbe
- von deme hörren Dietericbe.
- Herlint quam dräte
- zö ir vrouwin kemenäte 2040
- unde sagete ir von deme b^ren,
- lier pflege sinir ören
- harte vlizelicbe.
- «daz wizzin w^rlicbe,
- ime sin des kuninges bulde liep. 2045
- ber ne mach dich ges^n niet
- mit nicheinir slachte vöge.
- na warte an dise schöbe,
- die gab mir der helit göt,
- linde tete mir liebis genöc, 2050
- nnde einin mantil wol getan —
- wol mich, daz ich ie dare quam! —
- linde zvelf bouge die ich bän,
- die gaf mir der helit lossam.
- iz ne mochte üffe der erdin 2055
- nie schönir ritär werdin
- dan Dieterich der deghi.
- s6 läze mich got lebin,
- ich kaffeden Undankes ane,
- daz ich mich is imer mach schämen.» 2060
- -2036 minnin swv. mit acc, jemand ein Zeichen von minne geben. —
- 2037 apranch für apranc von springen ; ch für mhd. c vgl. 7. —
- rroliche adv., fröhlich.
- 2043 vltzeliche neben vltzecliche, wie vrumeliche neben vru'
- mecliche und andere bald mit bald ohne -ec gebildete Adj.
- und Adv. in derselben Bedeutung: sorgfaltig. — 2044 wizzin
- 2. Person plur. conj. (vgl. 37) von weiz (vgl. 59), jussiv ge-
- braucht, und schon damals für das Sprachgefühl zu einem Im-
- perativ geworden, den die spätere Sprache — wiüe u. s. w. —
- daraus gestaltet hat. — 2045 hulde stf., hier im Flur., für uns
- der Bedeutung des Sing, gleich. — 2047 voge von vuoe stm.
- oder von vuoge stf.. Schicklichkeit, während gevuoc und gevuoge
- sich, schärfer voneinander scheiden. — 2048 roarie^ schaue. —
- 2058 80 Idze mich, Betheuerungsformel. — 2059 kaffeden sa
- kaffedeen, in. — Undankes 9k&v. gen., gegen meinen Willen. -—
- 2060 18 gen. abhängig von schämen.
- KÖNIG BOTHER. 111
- alz scbinit wol, sprach die kamngtn,
- daz ich nicht s^lich ne bin,
- nu her min nicht wil gesehen,
- machtu mir die schö geven,
- durch des harren hulde, 2065
- die vuUich dir mit golde.»
- schire wart der kouf getan,
- sie zoch dene guldinen an
- unde nam dene silverinen schöch.
- der ginc an den selven vöz. 2070
- aowi, sprach die kuningin,
- wie wer nu gehönit sin,
- d6 diser schöbe lossam
- ist missegrlfen get&n. '
- ich nebringen nimer an. 2075
- introuwen du möst bin widir gän
- unde bitten Dieterlche
- harte gezogenliche,
- daz her dir den anderin schö geve
- unde mich selve wille gesehen, 2080
- of her in sime kunne
- iet göter slachte gewunne.»
- 2062 selich, mhd. acelec, zu Glück bestimmt. — 2063 nu
- relat. — min gen., abhängig von nicht, nichts von mir. —
- 2064 machtu = mäht du, kannst, d. h. willst du. — 2065 durch
- des herren hulde, gehört zu dem folgenden Satzgliede: wegen
- der Ergebenheit, die ich gegen ihn habe; nicht, wie es sprach-
- lich auch bedeuten könnte : die er gegen mich hat. — 2066 vuüieh
- = vuüe, vülle ich, — 2067 schtre, mhd. schiere adv. — 2072 ge-
- hönit, hier nur so viel als «in Verlegenheit versetzt», denn
- von einer wirklichen Schande oder Beschimpfung ist keine
- Rede, da die Königin ja selbst sogleich ein missegrtfen, eine Ver-
- wechselung annimmt. — 2073 do, vielleicht nuf — lossam, vgl.
- 749. — 2074 missegrtfen, kann hier und unten (2104) nur der
- subst. gebrauchte Inf. von missegri/en stv., einen falschen Griff thun,
- sein. — 2077 bitten; die gewöhnliche Form des Wortes ist
- biten, aber die Form mit tt, da sie sprachgeschichtlich ebenso
- oder noch mehr berechtigt ist, darf hier gehalten werden. Sie er-
- scheint übrigens auch nach der Mundart als bidden, wo c?c?= hochd.
- tt, — 2081 sime für sineme. — 2082 iet für ieht, iht. • — goter
- slachte, wörtlich «guter Art». — gewunne conj. pnet. von gewinnen^
- 112 KÖNIG KOTHBR.
- «Owi, sprach Herliiit,
- wie gare die laster danne sint
- unser beider, vrouwe! 2085
- nu wizzistaz introuwen,
- soldich immir schände hän,
- ich möz abir widir gän.»
- dö h6b die magit wol getan
- ir wät lossam 209O
- vaste an dß knie;
- sine gedächte der zucht nie,
- vrouwelicher gange sie virgaz.
- wie schire sie ober den hol* geloufin was
- zö deme herren Dieteriche! 2095
- her infinc sie vromeliche
- in allen den gebore,
- aiser sie nie gesege.
- dö wiste der helit wole sän,
- war umbe sie dar wider quam. 2100
- Herlint sprach z6 deme heren
- «ich möz immer möre
- in bodescheflfe gän.
- der schö ist missegrifen getan.
- sie sin der kuninginne 2105
- gegeven durch dinin willen.
- falls er in seinem Geschlechte, d. h. unter den Seinen das
- erlangt hat, was zu goter slackie gehört, d. h. falls er wirklich
- edel von Geburt und Sinn ist. Ganz dieselbe Phrase 2112. —
- 2092 nte, den negativen Gehalt des Satzes verstärkend. —
- 2093 vrouwelicher yaJige^ wie sie für eine edele, oder
- was damals identisch, gebildete Frau oder Jungfrau passen,
- deren Gehen ein slichen, nie ein loufen sein soll. — ganc
- stm., hier in der ahd. nicht ganz seltenen Form ohne
- Umlaut im Plur. und in der ebenfalls ahd. vorkommenden,
- auch in der heutigen technischen Sprache der Jagd erhal-
- tenen Bedeutung «Schritt». — 2097 allen den gebere, vgl. 15
- und 698. — 2098 aiser = alse, ako er, als ob er. — gesege^
- mhd. gescehCj gesehen hätte. ■ — 2099 «an adv., sofort.
- 2102 immer mere , immernoch, wieder. — 2103 bodescheffe
- von bodeschaf, mhd. botescka/t stf. — 2104 = 2073. sckv für
- schuhe. — 2106 durch dinen willen^ um deinetwillen. —
- KÖNIG EOTHEB. 113
- noch solde wir den einin haven;
- des heiz dich min vrouve manen,
- daz du ir den anderen schöch g6ves
- linde sie selbe ges^ges, 2110
- ob du undir dime kunne
- ie got gesiechte gewunnes.»
- alch dätiz gerne, sprach Dieterich,
- ivane die kamerßre meldin mich!»
- «nein sie, sprach Herlint, 2115
- mit vroweden sie in deine hove sint.
- die ritäre schiezen den schaft,
- dar is michil spilis kraft,
- ich wil hin vore gän,
- nu nim zv^ne dtner man 2120
- unde heve dich vil dräte
- nä mer z6 der kemenäte.
- mit deme grözen schalle
- virmissin sie din alle.
- ich gescheffe ein gestille 2125
- von der kuninginne.»
- 2109. 2110 geves: geseges, mhd. geehest: gescehest Diese un-
- bedeutende Aenderung an der hs. Lesart scoch geven woldes:
- unde sie geseges selve^ in welcher selbst über die hier erlaubten
- Reimfreiheiten hinausgegangen wird, ist in den Text aufge-
- nommen, weil sie so nahe liegt. — 2112 vgl. 2081.
- 2113 ddtiz = taete iz. — 2114 wane, außer, hier ganz wie
- das englische tut in die Bedeutung «aber» übergehend. —
- melden swv., hat neben derselben Bedeutung wie jetzt auch
- noch die von «verrathen». — 2115 nein sie; zu der adverb. Ver-
- neinung oder Bejahung wird sehr häufig das Pron. der Person,
- auf welche sich dieselbe bezieht, zugesetzt: nein ich, du u. s. w. :
- ja si u. s. w. — 2117 schiezen den schaß, formelhaft allit.
- Ausdruck, zunächst die Waffenübung mit dem ger, dann
- überhaupt für Waffenspiel, in 2118 michil spilis kraft, große
- Menge, Fülle von Spiel, d. h. Waffenspiel. — 2122 nd mer=
- nach mir, — 2123 lieber schal vgl. 298; hier im nächsten
- Sinne: das Getöse, das bei einem solchen Waffenspiele ent-
- steht. — mit, in Veranlaßung. ■ — 2124 virmissin swv., etwas
- übersehen, an etwas nicht denken, mit gen. des Objects,
- .also unserm «nicht vermißen» hier entsprechend. — 2125 ge*
- -scheffe von scheffen swv., zu Stande bringen, ge" «ich will,
- KÖNIG BOTHBB. 8
- 114 KÖNIG BOTHER.
- Herlint wolde dannen gän.
- d6 sprach der listiger man
- «nu beide des kameräres:
- ich willen nä den schöhen vrägen.» 2130
- schire quam Aspriän.
- her sprach «owl waz hän ich dir getan?
- die wege ich nicht irlidin ne mac.
- du möwis mich allen disen tac
- mit itenüwim m^re 2135
- dan du ie getätis, h^re.
- ir was hie ein michel teil geslagin,
- die hän die knechte zotragin.
- ist ir dar icht irvallen,
- ich bringe dir sie alle.» 2140
- dö nam Aspriän
- de anderen schöbe lossam
- unde einin mantil vile göt
- unde zvelif armböge röt
- unde gab de al der vrouwin. 2145
- dö gienc sie also tougin
- ■werde». — ein gestille \ so wohl statt des hs. gestalle ^ was
- weder ein irgend wo vorkommendes Wort ist, noch hier der
- Reimverhältnisse wegen paßt. Aber die von den Wörter-
- büchern für gestille angegebene Bedeutung: Ruhe, Beendi-
- gung paßt auch nicht. Ich glaube, daß es nur die heimliche
- Zusammenkunft, Stelldichein bedeutet, obwohl ich es nicht,
- weiter belegen kann. In diesem Falle würde es sich sehr nahe
- mit der Bedeutung des ahd. gestelli berühren : i für c, wie noch
- öfter für e in wille für mhd. welle ^ wilich für welich u. s. w.
- 2128 der listiger man, vgl. 214. — 2129 beide, imp. von
- beiden, mhd. betten swv., warten, erwarten mit gen* des Obj.,
- vgl. 887. — 2134 mowis, mhd. müejes; einen müejen, einen
- bemühen, in Arbeit setzen. — 2135 itenüwe, mhd. iteniuwe
- adj., verstärktes niuwe, neu, das Neutr. des Adj., subst. ge-
- braucht. — 2137 ir Yon michel teil abhängig, nämlich Schuhe. —
- geslagin, oben wird die Arbeit als giezen bezeichnet, beidea
- richtig, insofern das geslagin die feinere Ausführung mit dem
- Hammer oder dem Grabstichel bezeichnet, 'giezen die vorher-
- gehende Procedur. ■ — 2138 zotragin. zo- mhd. zer- ze-tragen stv.,.
- auseinander tragen., da und dorthin tragen. — 2139 ir, gen.
- von icht abhängig, ein Stück, einer davon. — 2142 de ande-
- ren, die zwei linken, zu den zwei rechten gehörigen Schuhe. —
- KÖNIG BOTHBB. 115
- vil harte vröliche
- von deme harren Dieteriche
- nnde sagite ouch zväre
- ir vrouwen lief märe. 2150
- Der megede wartin was grözlich.
- sich beriet der herre Dieterich
- mit Berchtere, deme alden man,
- weiz mit gevoge mochte gän.
- «vile wole, sprach der herzöge, 2155
- an deme Pöderamus hove
- sal ich machen grozen schal,
- dar züt daz lüt ubir al,
- sone wardit din nichein man.))
- her heiz die riesen üz gän. 2160
- selve bedacter sin ros.
- sich höf der lüt üflfe den hof.
- d6 vörte der aide jungelinc
- düsint ritär in den sint.
- "Widolt mit der stangen 2165
- v6r dar scrickande
- in allen den gehöre
- aiser heriz w6re.
- da ubirwarf sich Aspriän,
- 2150 märe = mhd. mcere stn.
- 2154 weiz für we, we^^wie iz. — 2156 PoderamuSf vgl. 886. —
- 2158 züt, mundartlich für zühet, mhd. ziuhet yon ziehen sty. —
- daz lüt stm., mhd. Hut, vgl. 806. 21^2 der lüt in derselben
- Bedeutung. — 2159 aone^^sone, dann. — wardit din. warten,
- in der gewöhnlichen Bedeutung «Acht haben» mit gen. des
- Objects. - — 2161 bedecken daz ros, d.h. satteln und völlig mit
- den kostbaren Decken u. s. w. bekleiden. — 2164 sint, vgl.
- 1941. — 2166 scrickande mit tieftonigem a, vgl. 519. scricchen,
- d. h. scrik'jan neben dem starken Yerbum screchan, schon
- ahd. ; die Bedeutung Ist hier die ursprüngliche des plötzlichen,
- heftigen Aufspmngs, wie unser « Heu-schrecke , ab-schrecken»
- (technischer Ausdruck beim Kochei^ u. s. w. noch zeigt. —
- 2168 aiser = alse er, als wenn etk — heriz stm.^ mhd.
- hirz, unser «Hirsch», auf ahd. hiruz zutückgehend. — 2169 sich
- uhirwer/en, sich um und um drehen ,*2etwa unser «Purzelbaum
- schießen». —
- 8*
- 116 KÖNIG BOTHEB.
- •
- der was der riesen spileman. 2170
- Grimme zvelif kläfter spranc,
- s6 dätin die anderin al intsamt.
- her greif einin ungevogen stein,
- daz der merk^re nechein *
- Dieteriche virnam, 2175
- dö sie begunden umbe gän.
- In deme venstere die junge kuninginne stunt.
- schtre quam der helit junc
- over hof gegangin,
- da, wart her wole inf angin, 2180
- mit zv^n ritärin ^rlich.
- dar ginc die recke Dieterich,
- dö wart die kemenäte üf getan,
- dar in ginc der helit wol getan,
- den hiez die junge kuningin 2185
- selve willekume sin
- unde sprach, swes her dar geböte,
- daz sie daz gerne d^ten
- nä er beider ^ren.
- «ich hän dich gerne, h^re, 2190
- durch dine vromicheit ges^n;
- daz nis durch anderis nicht gesehen.
- 2170 spileman, d. h. diesmal stellte er einen solchen Tor, der
- dergleichen Kunststücke gelegentlich auch treibt, vgl. 1709.
- Eigentlich ist er ja der Fürst oder König der Kiesen, aber
- weil er ein Riese ist, paßt für ihn so etwas. — 2171 kldfter
- stf., das noch jetzt so benannte Maß; bemerkenswerth , daß hier
- die hochd. Form kldfter steht, nicht die niederd. Idchter. —
- 2172 intsamt, vgl. 1875. — 2173 Äer, d. h. wohl Grimme,
- es könnte aber auch Berchter gemeint sein. — ungevoge adj.,
- mhd. ungevüege, übermäßig groß. — 2174 merkere, vgl. 2003_
- 2188 ist einfacher dete, mhd. tcete für das hs. deten zu
- setzen: dete bezieht sich nur auf die sprechende, deten würde
- auch Herlint mit einbegreifen. — 2189 heider geht auf die
- Jungfrau und Dietrich. — wa, nach praep., in Gremäßheit. —
- 2190 ich hdn dich gerne gesen, ich habe ein Verlangen gehabt,
- dich zu sehen. — 2191 vromicheit, vgl 115. — gesen füi gesehen. —
- 2192 nis für m, ne-is, ist. —
- EÖKia BOTHEB. 117
- desse scb6 lossam
- die salta mir zien an.)>
- «vile gerne, sprach Dieterich, 2195
- nu irs gerüchit an mich.»
- der hörre zö den vüzen gesaz,
- vil schöne sin gebore was.
- üffe sin bein sazte sie den vöt;
- iz ne wart nie vrouwe baz geschöt. 2200
- dö sprach der listiger man
- «nu sage mer, vrouwe lossam,
- m^re üffe die trüwe din,
- also du cristin welles sin,
- nu hat din gebetin manic man: 2205
- ob iz an dinin willin solde stän,
- wilich under in allen
- dir beste gevalle.»
- «Daz sagich der, sprach die vrouwe,
- vil ernistliche introuwen. 2210
- htoe, üffe die s^le min,
- alsich getoufet bin,
- der üze allen landen
- die türin wigande
- z6 ein ander hieze gän, 2215
- sone wart nie nichein man,
- der din genöz mochte sin.
- daz nemich an d^ trüwe min,
- 2193 desse plur., ob nom. oder acc. unsicher, wahrscheinlich
- nominativisch empfanden. — scko für sckuohe. — 2194 zien für
- ziehen^ vgl. 2160. — 2196 nu, relat. — irs=s.ir€s gen., von
- gerüchit, verlangt, abhängig. — 2199 vot: geschot, niederd.
- Formen für vuoz: gesckuot, d. h. geschuoht "von schuochen swv.,
- beschuhen. — 2203 mere stn., mcere, hier nicht eine Erzählung,
- sondern ein kurzes Wort , das Aufschluß gibt. — 2204 cristin
- adj. im substant. Gebrauch, mhd. kristen, christlich. — 2205 dtn
- gen., abhängig von gebeten, — 2208 beste adv., am besten,
- vgl. 1542.
- 2210 ernistliche adv., ernstlich, der Wahrheit gemäß. —
- 2212 alsich getoufet bin = 2204. — 2213 der, der Mann, der
- d. h. wenn jemand. — 2217 genöz, vgl. 679. — 2218 nemich,
- mhd. nime ich , vgl. 196. — an de trüwe = uf de truwe, —
- 118 KÖNia BOTHEB.
- daz nie nichein möter gewan
- ein bam also lossam, 2220
- daz iz mit zuchtin, Dieterich,
- mochte gesitzin ineben dich.
- von du bistu der taginde ein üz gennmen man.
- soldich aber die wele hän,
- so n^mich einin hellt g6t unde halt, 2225
- des botin quämin her in diz lant
- unde ligin hie zväre
- in mlnes vater kerkäre.
- der ist geheizin Röthere
- unde sitzet westert über mere. 2230
- ich wil ouch immer magit gän,
- mer newerde der hellt lossam. »
- Alsiz Dieterich virnam,
- dö sprach die listege man
- «wiltu Röthere minnin, 2235
- den wil ich dir schire bringin.
- iz nelevet nichein werltman,
- der mer so leve h^te getan.
- 2220 bam, in der Zusammensetzung moterbarn 762 bezeichnet
- es dasselbe, unser «Menschenkind», das nur nicht in diesen
- Stil paßt. — 2222 ineben dich, hier ist uns der Acc. auffallig,
- der altem Sprache auch bei sitzen ganz angemeßen. — 2223 von
- du, mhd. diu, deshalb, vgl. 303. — ein uz genumen man, aus-
- erwählt, wie wir das active Partie, a ausnehmend» ähnlich ge-
- brauchen. — 2224 wele, mhd. wal stf., Wahl. — 2225 ne-
- mich für nceme ich. — balt adj., kühn, volksmäßig episches
- Lieblings wort, vgl. 980. — 2230 westert, vgl. 317. — 2231 ma-
- git gän. Wie zu wesen oder stn das als Prädic. zugesetzte
- Nomen ohne eine Partikel der Vergleichung : als und dergl.
- treten muß, so kann es auch bei andern Verben geschehen. —
- 2232 newerde = ne werde, werde zu Theil.
- 2234 die listege man,, nicht der listiger man, bemerkens-
- werth um die wahre Einsicht in den Ursprung der Formel der
- listiger u. s. w. zu erhalten, vgl. 214. — 2237 werltman stna.,
- ein Mensch, der in der Welt lebt, ein Mensch überhaupt, -wie
- es heißen konnte zer werlde levet nichein man. Von unserm
- buchstäblich stimmenden «Weltmann» ist keine Spur darin. —
- 2238 leve, mhd. liebe adv.; einem liebe tuon, einen gütig behan-
- deln. —
- KÖNIG EOTHEB. 119
- des sal her noch geniezin.
- bit in die hönede liezin, 2240
- her bözte mer dicke mtne not,
- des löne ime noch got.
- wir nuzzen vroliche daz lant
- unde leveten vroliche samt.
- her was mir ie genMich unde göt, 2245
- all|n have mt nu virtriven der helit göt.»
- • «In trüwen, sprach die junge kuningin,
- ich virstän mich an der rede din,
- dir ist Köthere also liep,
- her ne hat dich virtriven niet. 2250
- s wannen du verist, helit halt,
- du bist ein bode her gesant.
- di sint des kuningis hulde liep.
- nune virhel mich der rede niet!
- swaz mir hüte wirt gesagit, 2255
- daz ist imer wole virdagit
- biz an den jungistin tach.»
- der h^rre z6 der vrouwen sprach
- «nu läzich alle mine dinc
- an godes genäde ande din. 2260
- ja st^nt dine vöze
- in Rötheris schöze.»
- 2240 bit, niederd. für biz conj., bis, so lange als. — die honede
- plur. von honede, mhd. hcenede, hcende stf., hochfahrende Stim-
- mung, Wesen und was daraus für Andere entspringt, Schmach u. s.w.
- — liezin, es ihm zuließen, d. h. so lange er ein freundlicher
- Herr gegen mich war. — 2243. 44 die Wiederholung von vro^
- liehe ist unbedenklich nach dem Stile des Gedichts. — samt
- adv., zusammen. — 2245 ie, stets. — 2246 allen = al ein
- so viel als das einfache al, obgleich, vgl. 681.
- 2248 virstdn mich an der^ ich verstehe bei, durch deine
- Worte. — 2251 swannen, von woher immer. — 2253 d% für
- dir. — hulde plur. des starken Fem., vgl. 2047. — 2254 virhel
- imp. von verheln mit doppelten Acc. der Person und Sache.
- virhel, mhd. verhil; e in verhel, vgl. 72. — der rede niet, nichts
- von dem, wovon ich gesprochen, was ich besprochen. — rede,
- der Gegenstand, von dem man redet. — 2256 verdagen swv.,
- verschweigen. — 2259 Idzich alle mine dinc, stelle alle meine
- Sache an , auf ...
- 120 KÖNIG »OTHBB.
- Die vrouwe harte irscricte,
- den vöz sie üf zucte
- unde sprach z6 Dieterlche 2265
- harde beltliche
- (cnu newart ich n^ s6 ungezogen:
- mich hat min ubermöt bedrogen
- daz ich mine vöze
- sazte in dine schöze. 2270
- ande bistu Köthere so her,
- sone machtu, kuninc, nimir m^r
- bezzer tugint gewinnen,
- der üz genumener dinge
- hästu von meisterscheffe list. 2275
- sowilchis kunnis du aber bist,
- min herze was hellende,
- unde h^te dich got nu her gesendet,
- daz w^re mer innencliche liep.
- ich ne mach is doch getrüwen niet, 2280
- dune scheinis mir die wärheit.
- unde wäriz dan al der werlde leit,
- so rümde ich sichirliche
- mit samt dir die riebe,
- sus ist iz aber immir ungetan. 2285
- 2263 irscricte von «>-, er-scricken swv., erschreckt auf-
- springen, vgl. 2166. — 2266 beltliche adv.., fast in der heatigen
- Bedeutung des Wortes bald, eifrig, rasch. — 2267 ungezo-
- gen, der zucht so ganz vergeßeii um so etwas zu thun, falls
- ich gewußt hätte, was ich that. — 226.8 ubermot, unbedacht-
- samer Sinn, vgl. 1430. — 2273 bezzer tugint, nämlich: als du
- hast, zeigst. — 2274 der üz genumener dinge, absolut oder
- advertial gebraucht: auf ausnehmende Weise, vgl. 2223; die
- starke Form genumener vgl. 214. — 2275 meisterscheffe dat.
- von meisterschaf stf. — 1276 kunnis, vgl. 2079. — 2277 hellen
- stv., eine Stimme, einen Laut von sich geben, etwas laut an-
- kündigen. — 2279 innencliche adv., inniglich, mit mundartlich
- eingeschobenem n. — 2280 is — niet; gen. is zu getrüwen. —
- 2281 dune, dune, negat. hypothet. Satz: wenn du nicht. —
- scheinen swv., scheinen machen, zeigen, -r- 2284 mit samt,
- doppelte Präpos. vgl. 399, wo das einfache sam für das ab-
- geleitete samt steht. — 2285 sus, so, d. h. auf andere Art,
- spnst. — ist iz ungetan, es kann nicht gethan werden. —
- Koma BOTHEB. 121
- doch nelebet nichein man
- s6 schöne, den ich da vor nöme,
- ob du der kuninc Röther wöres.»
- Alsus redite dö Dieterich,
- (sin gemöte was harte listich) 2290
- «nune hau ich vrunde möre
- dan die armen hören
- in deme kerköre.
- swd, mich die gesöhen,
- dar mochtis dich an en virstän, 2295
- daz ich der war gesagit hän.»
- ((in trouwin, sprach die kuningln,
- die irwerbich umbe den vatir min
- mit ettellcheme sinne,
- daz ich sie üz gewinne. 2300
- her ne gevet sie aber nicheineme man,
- her ne möze sie üffe den lif hän,
- daz ir nichein intrinne,
- biz man sie abir wider bringe
- in den kerkftre, 2305
- dar sie mit nötin wären.»
- Des antwarte dö Dieterich
- ((ich wil sie nemen ubir mich
- vor Constantlne deme riehen.
- morgin sichirliche 2310
- so sal ich her zö hove gän.»
- 2287 da vor^ xnhd. vür, an der Stelle, als Ersatz, wie unser
- «dafür».
- 2292 dan, nach dem Compar. mere, wo ebenso gut das
- ausschließende wan stehen konnte. — 2294 swd, wo, wann
- immer. — 2295 an en virstdn , erkennen an ihrem Betragen. —
- 2298 die irwerbich, die schaffe ich. irwerben, vgl. 196. —
- umbe, vgl. 1532. — 2299 ettellcheme sinne, durch irgend ein
- sinnreiches Mittel. — 2300 uz gewinne, herausbringe. — 2302 uffe
- den lif, auf sein Leben , bei Gefahr seines Lebens = uffe daz
- leven, vgl. 1168.
- 2307 antwarte, mundartlich für antwurte prset. von ant-
- wurten swv. — 2308 ubir mich, auf meine Verantwortung. —
- 122
- KÖNIG BOTHEB.
- die yrouwe also lossam
- kuste den hören.
- d6 schiet her danne mit eren
- üz van der kemenate
- zö den herhergen dr&te.
- also daz Berchtere gesach,
- wie schtre der rinc zeläzen was!
- dö sagete der hörre Dieterich
- die möre also wunniclich
- deme türlichen herzogen.
- des begundin sie beide got loven.
- 2315
- 2320
- 2318 rinc, der Kreiß, die Versammlung der Ritterspiele und
- andere Schaukünste treibenden Riesen und des Volkes, was sich
- um sie angesammelt hatte. — zeldzen stv., zerlaßen, zertrennen.
- vn.
- Die Jungfrau handelt nach dem Rathe Dietrich - Rother's
- zur Befreiung der Gefangenen, in ihrem Sinne nur um dadurch
- über Rother's Person Sicherheit zu erlangen. Unter der Vor-
- spiegelung eines Gelübdes weiü sie ihren Vater zu bewegen,
- ihr die Gefangenen auf drei Tage zu überlaßen, um sie in
- ihrem Elend zu erquicken, zu baden, zu kleiden und zu speisen.
- Constantin gestattet ihr die& aber nur, wenn irgend einer von
- seinem Hofe mit seinem Leben für sie haften wolle. Die
- Jungfrau erhält der Verabredung nach diese^ Zusage von
- Dietrich -Rother. Als die Gefangenen befreit Verden, erregt
- ihr trauriger Zustand das tiefste Mitleid bei ihren Freunden.
- Sie werden in dem Gemach der Konigin gepflegt und bei der
- Mahlzeit, die ihnen dort vorgesetzt wird, nimmt Rother seine
- Harfe und beginnt den ersten der drei Leiche zu spielen : daran
- erkennen sie ihn sogleich, aber auch die Jungfrau weiü nun,
- daß es Rother ist. Die Gefangenen werden am Tage wieder in
- ihren Kerker gebracht, aber die Jungfrau hat durch einen
- kunstreichen Mann unterdessen einen hohlen Gang von dem
- Kerker zu Dietrich's Herberge graben lauen, mittelst dessen
- sie ungestört aus- und eingehen und in Freuden leben.
- ►n ifV
- Die juncvrouwe lac über nacht:
- wo gröz ire gedanc was!
- alsiz zö deme tage quam, 2325
- einin stab sie nam
- unde slouf in ein swarziz gew^te,
- alse sie sich gewllöt böte,
- einin palmen sie ober ir achslen nam,
- 2^24: gröz, schwer» — 2327 s/o«/ prast. von sWe/e», schliefen,
- schlüpfen. — 2328 alse, als ob. — wilon swv., aus dem la-
- teinischen Velare, verschleiern. — 2329 palme swm., Palm-
- z^weig. — achslen, mundartlich für achseln wie geislen für gei-
- sein u. s. w. von ahsel hier swf. ■ —
- 124 KÖNIG BOTHEB.
- alse sie üz deme lande wolde gän, 2330
- unde hob sich vil dräte
- z6 Iris vater kemenate
- nnde klopfete ^n daz turlin.
- üf dete dö Constantin.
- also her die magit an gesach, 2335
- wie listichliche sie zime sprach
- «nu gebüt mir, h^rre vatir min,
- möter, er sult gesnnt stn.
- mir ist s6 getroumöt,
- mer ne sende der waldindiger got 2340
- sinin botin ander dan,
- ich m6z in abgrunde gän
- mit levendigen live,
- des nist nehein zwivel.
- is ne mac mich n^man irwenden, 2345
- ich ne wille daz elelende
- büwin immir m^re
- ze tröste minir s^le.»
- 2330 afoc, vgl. 2328. — 2333 turlin stn., demin. von tür,
- Thürlein; die Kammer, hier das eigentliche Privatzimmer des
- Königs, hat ein turlm, was nur den Vertrautesten sich öffnet. —
- 2336 zime für zo ime. — 2337 gehut imp. von gebieten, höfische
- TJmgangsformel , vollständig gehut mir daz ick var; statt Er-
- lauhniß zu bitten, wird noch höflicher gebeten, daß der andere
- einen gehen heiße. — 2338 möter; der Abschiedsgruß er (= tV,
- Ihr) sult gesunt sin = bleiben , richtet sich nämlich an beide,
- wie das gebut, obgleich zunächst an den Vater gerichtet, auch
- der Mutter mit gilt. — 2339 gep'oumot von iroumon, neben
- trournen, d. h. troumjan, swv. träumen, was die ältere Sprache mit
- dem Hülfswort sm, nicht hdn zu verbinden liebte. — 2340 mer
- ne, neg. hypoth. Satz : wenn mir nicht. . . — der waldindiger got,
- vgl. 214. — 2341 botin, d. h. einen Engel. — under, hernieder
- (vom Himmel) und dazwischen, als Retter. — 2342 abgrunde
- stn., Hölle, vgl. 1978, der bestimmte Artikel, der 1978 nach ge-
- wöhnlicher Art steht, kann bei diesem Worte mit seiner fest-
- stehenden, beinahe zu einem Ortsnamen gewordenen Bedeutung
- auch fehlen. — 2344 nist für m, ne ist. — 2345 is von irwen-
- den, abbringen, abhalten; davon hängt der folgende Satz ab:
- ich ne, daß ich nicht. — 2346 daz elelende büwen. elelende =
- eilende stn., die Fremde bewohnen, d. h. in die Fremde auf
- eine Bitt(Wall)fahrt gehen und dort als Büßende bleiben an
- irgend einer heiligen Stätte oder in selbstgewählter Klause.
- .J
- KÖNIG BOTHEB. 125
- Trürich sprach dö Constantin
- «neinä, lieve tochter min, 2350
- sage mer waz du welles;
- ja wegich dir der helle.»
- «vater, daz ist immir ungetan,
- mer newerden die botin lossam.
- die wil ich vazzen unde baden, 2355
- daz sie genäde mözen haben
- an ir armin live
- etteliche wile:
- ich ne gerer nicht wan drie tage,
- so werden sie di widir aber 2360
- z6 deme kerkere.»
- Constantin der m§re
- sprach dat her daz gerne dete,
- ab sie einin burgin h^ten,
- der sie üflfe den lif torste nemen 2365
- unde sie ime widir mochte geven,
- daz ir nichein intrunne.
- dö sprach die magit junge
- (dch bitis hüte s6 manich man,
- daz sie ettelicher moz best&n, 2370
- 2350 neind, vgl. 1759. — 2352 wegich &= wege ich, wegen
- s^w^y., eigentlich «Weg zeigen, Rath schaffen», hier mit gen. der
- Beziehung, in Beziehung auf die Holle, nämlich : daß du ihr
- entgehst. — 2353 ist ungetan, unthnnlich, unmöglich. — 2354 mer
- newerden, negat. hypoth. Satz: wenn mir nicht. — werden, zuTheil
- werden. — 2359 gerer = gere er für ir, begehre ihrer. —
- nicht wan, nur. — 2360 werden, vgl, 2354. — widir aber, zurück
- wiederum, tautoiogisch ausgedrückt, um der Versicherung
- möglichste Kraft zu geben. — 2364 bürge swm., Bürge. —
- heien ist geschrieben und kann ebensowohl des Reimes, der
- an einem überschüßigen n in keinem Falle Anstoü nimmt,
- ^vie des Sinnes wegen, stehen bleiben. Die Verbeßerung hite
- ist zu nahe liegend, als daß sie wahrscheinlich wäre. —
- 2365 uffe den lif, vgl. 2302. — torste praet. von tar. —
- 2369 bitis = biteis, es, darum. — manich, flexionslose Form
- des Acc. sing. — 2370 ettelicher, unter vielen der eine und der
- a.ndere, irgend einer. — bestän mit acc. hier: auf sich nehmen,
- für sie eintreten.
- 26 kOkio botheb.
- des lif ist also tuginthaft,
- dem du sie mit 6ren geven macht!»
- d6 sprach Gonstantin
- adaz tön ich gerne, tochter mln.D
- Der zit iz n&höte 2375
- vil harde genöte,
- daz Gonstantin z6 tiske gie.
- Dieterich des nicht nelie,
- her qu§me mit sinin mannen
- vor den kuninc gegangen. 2380
- d6 man daz wazzer nam,
- die juncvrouve lossam
- ginc vor deme tiske umbe
- heize weinunde,
- ab sie iemanne s6 l^ve h^te getan, 2385
- der die botin lossam
- üffe den lif torste nemen.
- ir nechein torste sie des geweren:
- herzogin die riehen
- virzigin ir geliche, 2390
- biz sie zö den recken quam
- mit deme die rät was getan,
- do sprach die magit ^rlich
- «nu gedenke, hellt Dieterich,
- 2375 ndhote Ton nähon swv., nahen. — 2376 vil harte^
- zwei Verstärkungsadv. nebeneinander. — genote adv., enge,
- von der Zeit und dem Raum. — 2378 nicht nelie ^ her quemCy
- negat. Satzfügung, wo wir einfach sagen : kam auch gegangen. —
- 2381 daz wazzer nemen, Händewas chen , Anfang der Mahlzeit,
- wie schon bemerkt. — 2384 heize adv. — weinunde, mit tief-
- tonigem u für 6 von weinon swv., vgl. 444. — 2385 so levCy
- mhd. liehe adv., vgl. 2238. — 2386 d&r nach so wie 2372. —
- 2388 geweren swv. mit acc. der Person, gen. der Sache. —
- 2390 virzigen prset. von verzihen stv., mit acc. der Person und
- gen. der Sache : etwas in Abrede stellen, einen mit einer Bitte
- zurückweisen, vgl. 1275. — 2391 den für deme, dem, vgl. 15. —
- 2392 die rat. Es ist nicht notbig, ein allerdings auch sonst
- beglaubigtes starkes Femininum diu rat anzunehmen; die ist
- die mundartliche Nebenform von der, wie so oft und gleich
- 2398 wieder. — 2393 erlich, vgl. 751. —
- KÖNIG BOTHEB. 127
- aller dinir göte 2395
- unde hilf mir üz der nöte.
- nim die botin üfFe daz leven,
- die heizit dir die kuninc geven.
- irzagit sin mims vater man:
- sie ne turrin sie nicht bestän. 2400
- doch sal die edelecheit din
- mit samt mir geteilit sin,
- daz ich der genieze.
- sw6 gerne du daz liezes,
- dich ne Id^e din tuginthafter m6t. 2405
- du Salt mich geweren, helit göt.»
- «gerne, sprach Dieterich,
- sint irs geröchit ane mich.
- iz ne gät ml nicht wene an deii lif.
- doch werdich din bürge, schöne wif.» 2410
- Die botin gab d6 Constantin
- Dieteriche üflfe den lif sin.
- der hörre sie d6 ober nam:
- 2397 uffe daz leven = üffe den lif. — 2399 irzagit^ verzagt. —
- 2400 tiirrin -plur, von iar, Präteritopr. ich wage. — 2401 edele-
- cheit, vgl. 1868. — 2402 geteilit sin mit samt mir, mit mir ge-
- theilt; ich soll Theil haben an... — 2403 der aaf edelcheit
- bezogen. — genieze conj., Vortheil haben möge. — 2404 stoe
- SS swie, wie gerne du das, d. h. das Eingehen auf eine so ge-
- fährliche Bürgschaft vielleicht auch unter andern Verhältnissen
- unterließest. — 2405 dich ne Ittze, zwischengeschobener negat.
- hypothet. Satz : wenn nicht, falls nicht dich verläßt dein tugend-
- hafter Sinn — so bist du doch verpflichtet mir zu gewähren
- und wirst es thun — da nicht vorauszusetzen ist, daß dich
- dein tugendhafter Sinn verläßt. Wir lieben dergleichen zwischen-
- geschobene hypoth. Sätze nicht, überhaupt nicht die künst-
- liche In- und Aneinanderreihung mehrerer, die hier doch im
- Vergleich mit andern Beispielen noch sehr einfach ist. —
- 2408 sint, eigentlich Zeit-, dann auch Causalpartikel: weil; 2435
- Zeitpart. — irs =. iris, es, von geröchit abhängig. — 2409 mt, hier
- für das hs. mich zu schreiben: mt, mundartliche Nebenform
- von mir. — wenes=wane, wan, es betrifft nichts anderes als. .. —
- 2410 werdich für werde ich] werde für mbd. wirde, vgl. 196.
- 2413 ober nam, unser «übernehmen»; ober, mhd. über
- nämlich sich, auf sich. —
- 128
- KÖNIG BOTHEB.
- d6 YOlgetin ime des koningis man
- z6 deme kerkäre,
- dar sie mit nötin wären.
- die eilenden haftin
- lägin in unkreftin
- unde leveden bermeliche.
- Berchter der rlche
- stunt unde weinöte,
- d6 her den schal gehörte.
- den kerkere man üf brach,
- dar tn schein d6 der tach.
- schire quam in daz liecht,
- des newärin sie gewone niecht.
- 2415
- 2420
- 2425
- Erwin was der ^rste man
- der üz deme kerkere quam,
- alsen der vater an gesach^
- wie gröz sin herzerüwe was!
- her karte sich hin umbe
- unde wranc. sine hende,
- her ne torste nicht weinen,
- unde ne stunt ime nie s6 leide,
- sint in sin möter getroc.
- Erwin der hellt got
- was von deme lif getan
- also von rechte ein arm man.
- 2430
- 2435
- Sie n&min die zwelf gräven
- üz deme kerkäre
- 2440
- 2417 haftin adj., substant. gebraucht
- meliche adv., erbarmenswürdig. —
- 2429 alsen = alae^ also en, in,
- bezogen. — herzerüwe, vgl. 358. -
- Form des Praet. Ton keren swv. —
- 2434 unde, und doch, vgl. 587. -
- mir leide adv., Gegensatz zu liebe,
- l%f getan: Ixf im prägnanten Sinne
- 2438 von rechte, wie es sich paßt.
- : der Gefangene. — 2419 ber-
- 2426 gewone adj., ge'virohnt.
- — 2430 «»«, ^uf Berchter
- - 2431 karte, mundartliche
- - 2432 wranc, vgl. 438. —
- - stunt ime s6 leide, ez stdt
- vgl. 835. — 2437 von deme
- : die volle Leibeskraft. —
- natürlich wäre für . . .
- kOnig botheb. 129
- unde iegelich sinen man.
- die ritär also lossam
- sie wärin svarz unde sale,
- Ton grözen nötin misseyare.
- Lüpolt der meister 2445
- ne mochte nicht geleisten
- wan ein böse schurzeltn,
- daz want her umbe den lif sin.
- dö was der weinige man
- harte barliche getan, 2450
- 20schundin unde zeswellöt.
- Dieterich der helit göt
- stunt trürich von leide
- unde ne wolde doch nicht weinen
- umbe die botin lossam. 2455
- Berchter der aide man
- ginc al umbe
- die haften schouwunde.
- done rüwen in nichein dinc
- harter dan sine schönen kint. 2460
- Dieterich der höre
- heiz die botin hören
- 2441 iegelich gebt auf die Dienstmannen der 12 Grafen, die
- mit ihnen im Kerker liegen. — 2443 sale adj., schmuzig. —
- 2444 misaevare adj., mißfarbig, blaß. — 2446 leisten swv.,
- zu Stande bringen; hatte nichts aufzuweisen. — 2447 bose^ wie
- gewöhnlich «schlecht, armselig». — 2449 weinige man, vgl.
- 486. — 2450 barliche adv. = bar, entblößt: außer dem arm-
- seligen Schurze ist er bloß. — 2451 zeswellöt. swellon, d. h.
- swelljon für swelljan swv. zu swellen, vor Hunger krankhaft ge-
- schwollen, krank machen; ze zer gibt den Sinn unseres «da
- und dort, an vielen Stellen», wie schon gothisch dishuljan u. s. w. ;
- 1212 steht das fast gleichbedeutende verswellen, — 2458 schou-
- wunde, mit tieftonigem u aus ö von schouwon, — 2459 rüwen
- plur. praet. von riuwen stv.,' schmerzen, vgl. 497.
- 2462 here: heren, ein wenn auch nicht ganz regelrechter,
- so doch entschieden beabsichtigter rührender Reim, der wieder
- sehr leicht, durch Tilgung des n in heren, was noch dazu
- auch die gewöhnliche entweder starke oder flexionslose Form
- des nachgesetzten attrib. Adjectivs ist, ganz correct gemacht
- ■werden kann. —
- KÖKIO ROTHBB. 9
- 130 KÖNIG BOTHER.
- v6ren zö den herbergen sin,
- wan Lüpolt unde Erwin
- die liez man eine gän, 2465
- daz er ne plach nehein man.
- d6 sprach Erwin der mßre
- «Lüpolt, trüt h^re,
- sie da einin gräwin man
- mit deme schönin barte stän, 2470
- der mich schouwöte
- wunderen nöte.
- her karte» sich umbe
- unde wranc sine hande.
- her ne torste nicht weinen, 2475
- unde ne stunt ime doch nie s6 leide.
- waz ob got der göte
- durch sine ötmöte
- ein gröz zeichin wil begän,
- daz wir kumin hinnän?« 2480
- daz is war, brödir min,
- her mach wole unse vatir sin.»
- dö lachetin sie beide
- von vroweden unde leide.
- Die eilenden geste 2485
- wärin hantfeste
- biz an den anderen dac.
- 2464 wan, außer, nur. — 2465 eine adv., allein. — 2466 da2y
- in der Weise, daß. — er für ir gen. plur. von plack, mhd. pflac
- abhängig. — 2467 mere adj., berühmt, gefeiert u. s. w., volks-
- thümlich episches Wort. — 2468 trat adj., traut, lieb. —
- 2469 sie für mhd. sich imp. von sehen. — gräwin. grd flect.
- grdwer adj., grau. — 2472 wunderen, vgl. 111. — note adv.,
- eifrig und zugleich ängstlicli. — 2477 waz ob, vgl. 511. —
- 2478 ötmote, vgl. 187. — 2480 hinndn, so viel als kinne, hinnen^
- von hier weg. — 2482 unse, vgl. 604.
- 2486 hantfeste adj., gegen eine hantveste, eigentlich form-
- lich ausgestellte mit dem Handmahl versehene Urkunde frei-
- gegeben ; hier ist bloß eine mündliche Verabredung vor Zeugen
- zwischen Dietrich -Roth er und Constantin die Basis ihrer be-
- dingten Freilaßung. — 2487 dac mundartlich für mhd. tac. — ■■
- KÖNIG BOTHEB. 131
- die juncvrouwe ern vater bat,
- daz her sie lieze dare gän,
- sie wolden selve dienan. 2490
- orlof er der kuninc gaf.
- w6 schtre sie over hof getraf
- z6 deme harren Dieteriche!
- d6 hiez man al geliche
- die vremedin ritär üz gän. 2495
- dar nebeleib nichein man
- wan der verchmäge
- die über mere wftrin gevaren.
- den botin also lossam
- den legete man g6t gewant an 2500
- unde vazzede sie vlizicHche,
- daz quam von Dieteriche.
- der tisc wart gerichtöt.
- Berchter der helt göt
- was trochtsäze 2505
- die wile sine kint äzen.
- 2488 ern, flectierte Form von ir, — 2489 dare, dahin, d. h. wo
- sie weilte. — 2490 wolden = tcolde en, in, ihnen. — dienan
- mit tieftonigem a, vgl. 519. — 2491 orlof, niederd. Form
- für hochd. urlop stn., Erlaubuiss. — 2492 getraf zo von ge-
- treffen stv., zasammentreffen mit... — 2495 uz, d. h. ans
- der Kemenate der Jungfrau. — 2496 ne beleih, praet. von beliben
- stv., bleiben. — 2497 wan der verchmäge. Dieser und der
- folgende Vers wiederholt sich, nach dem solches liebenden
- Stile dieser Epik 2701; dort steht die vercL, was auch hier
- einfacher wäre, wan außer, mit Ausnahme, der würde ver-
- schieden erklärt werden können , am einfachsten auf die Ge-
- fangenen zu beziehen, verchmdc stm., nächster Blutsverwandter,
- also Berchter, der seine Söhne darunter hat. Rother selbst,
- dessen mdge und man sie sind. Die in den Text aufgenom-
- mene Lesart, die auch 2702 feststeht, an der Stelle des hs.
- was gevaren, bedarf keiner Rechtfertigung. Der Beim wäre
- hier und 2702 etwas regelrechter, wenn statt wdrin gevaren
- gevarin wdren: mdge stände. So muß man eine der hier sel-
- tenen, aber sicheren Vocalverlängemngen in gevaren annehmen,
- damit es einen zweifach gehobenen Reim gibt. — 2505 trocht-
- sdze, vgl. 2507, d. h. er übernahm in diesem Falle das Amt
- des Truchseßen.
- 9*
- 132 jcOnig botheb.
- Alse die harren gesäzen,
- ir leides ein teil virg&zen,
- d6 nam die recke Dieterich
- eine hariin, die was ^rlich, 3510
- unde scleich hinder den nmbehanc.
- wie schlre ein leich dar üz klanc!
- swilich ir begunde trinkin,
- deme begandiz nidir sinkin
- daz er iz üffe den tisc g6t. 2515
- swilich ir abir sneit daz bröt,
- deme intfiel daz mezses dnrch not.
- sie wurdin von tröste witzelös.
- wie manich sin trüren virlds!
- sie sd.zin alle and hörtin 2520
- war daz spil hinnen karte,
- lüde der eine leich klanch:
- Luppolt ober den tisch spranoh
- unde der gräve Erwin.
- sie heizin en willekame sin, 2525
- den riehen harfäre
- unde kustin in zewäre.
- wie rechte die vrouwe dö sach,
- daz her der kuninc Eöther was!
- Also die juncvrouwe hinnin widir quam, 2530
- dö liez man die botin üz gän
- allenthalven in die stat,
- 2511 scletch, mbd. sleich von glichen Str., leise gehen, scleich
- für Bleich vgl. 1582. — umbehancj vgl. 1128. ^ 2513 ir, von
- den Gefangenen. — 2515 t>, daz trinkeit, der Trank im Beoher.
- — got für goz, niederd. Form. — 2517 mezaes stn., ahd. mez-
- ziaahSy ICeüer. — durch not gezwungen, d. b. überwältigt durch
- ihre innere Bewegung. — 2518 van tröste j den sie aus dem
- wohlbekannten Leich empfangen. — witzelos adj., eigentlich
- «yerstandlos, die Besinnung yerlierend». — 2519 virlos von mr-,
- ver'liesen stv. — 2521 war Ortsadv., wohin. — hinnen, von
- seinem Anfange an, wie es weiter gehe. — 2522 lüte adv.,
- laut. — 2525 heizin en für kiezen in, ^ 2526 riche harfdrey
- vornehmer Herr, während sonst die Harfer als fahrende Leute
- 2u dem specifisch «armen» Volke gehören.
- 2530 hinnin widir, von da weg, zurück. —
- KÖNIG BOTHBB. 133
- daz ir n^man ne plac.
- d6 merketen iz des knningis man
- unde sagetin iz ir harren s&n. 2535
- (ihn ne rochit, sprach Gonstanttn:
- ich bevalch sie eme üfife daz leven sin.
- her pleget so göter sinne,
- ir ne mach ime nichein intrinnen.»
- der kerkdre wart gerümdt, 2540
- alse die jnncyrouwe gebot.
- d6 drte tage irgiengin
- die botin sie aber viengin
- unde legetin sie zewäre
- widir in den kerkäre. 2545
- michil bettewäte
- unde ander göt gerate
- wart in virhobie dar tn getragin.
- dö mosten sie genäde havin,
- similen unde w!z bröt, 2550
- des was den helidin yü n6t.
- die juncvrouwe heiz ^nin man
- zö Dieterlchis herbergen g&n,
- der grob ein hol zö berge
- von deme kerkere 2555
- swar sie woldin hinnin kßren.
- 2533 daz, in der Weise, daß. — neman ne plac, niemand anf sie
- Obacht gab, sie als Hüter begleitete u. s. w. — 2535 sdn adv.,
- sofort. — 2536 nune rochit, kümmert euch nicht, vgl. 1228. —
- 2537 etne für ime, Dietrich - Rother ist natürlich gemeint. —
- bevalch von bevelhen stv., befehlen. — 2538 pleget, vgl. 72. —
- 2540 rumon swv., hier in dem auch jetzt gebräuchlichen
- Sinne: säubern. — 2546 betteu;dte gen. von bettewät, abhängig
- von michil, das hier als subst. Neutr.=mY steht. — 2548 tnr-
- Jiolne adv. des Part, von vir-, ver-heln stv. — 2549 gen&de,
- Erbarmen und der daraus abgeleitete günstigere Zustand. —
- 2550 simele swf., lat. Wort, Semmel. — 2551 des — was not, dessen
- bedurften sie, nicht bloß etwa auf 2550 bezogen, sondern auf
- alle die Veranstaltungen, wodurch ihr Los verbeßert wird. —
- 2554 grob, praet. von graben stv. — hol stn., Höhlung, unter-
- irdischer Weg. . — 20 berge, von unten, aus der Tiefe aufwärts. Der
- Kerker ist, wie öfters erwähnt und im Mittelalter gewohnlich, ein
- unterirdischer. — 2554 — 56 wieder drei Reime, wie schon öfter. —
- 134 EÖNia BOTHSB.
- dö lägin die haftin
- in sanftin nnkreftin«
- die botin lägen dar alle
- zv^nzih tage yoUe* 2560
- unde haveten gr6ze Wirtschaft.
- sie wunnin an deme live kraft.
- 2558 sanften unkreftin^ contrastierende Begriffe und daher hier
- passend miteinander verbanden. — 2561 haveten prset. von
- haven, haben. — wirtschafte vgl. 1569, hier nicht bloß Gast-
- mahl, Bewirthang, sondern fröhliches geselliges Leben. —
- 2562 wunnin; das einfache winnen bedeutet dasselbe wie das
- zusammengesetzte gewinnen.
- viir.
- TJm dieselbe Zeit rüstet der König Ymelot von Babylon
- in der Wüste mit 72 ihm unterthanen heidnischen Königen
- einen großen Heereszug gegen Constantin. Der, anfangs über-
- müthig pochend, geräth bald in große Angst über die unge-
- heure Macht seiner Feinde. Da macht ihm Dietrich den Vor-
- schlag, die Gefangenen, die sehr tapfere Ritter seien, aus dem
- Kerker zu entlaßen, daß sie mit unter seinen Fahnen fechten
- könnten. Constantin stimmt freudig zu und nun übernimmt
- Dietrich mit seinen Mannen die Vorhut gegen die Heiden.
- Durch einen kühnen XJeberfall fängt er Ymelot in Mitte seines
- Heeres und übergibt ihn Constantin. Dieser trägt ihm das
- ehrenvolle Amt der Siegesbotschaft an Frau und Tochter auf,
- was Dietrich sehr gerne übernimmt. In Konstantinopel ange-
- langt, verkündet er die gänzliche Niederlage Constantin's und die
- Annäherung der Heiden. Die Frauen flehen ihn jammernd an,
- sie auf seine Schiffe zu nehmen und mit ihm übers Meer ent-
- fliehen zu laßen. Er willigt ein , aber als die jammernde Schar
- am Hafen anlangt, .nimmt er nur die Tochter aufs Schiff, die
- Mutter läßt er stehen. Doch als er nun die ganze Wahrheit
- sagt und sich als Kother zu erkennen gibt, ist diese ganz ge-
- tröstet und kümmert sich nichts um Constantin's Zorn, wenn
- er heimkomme.
- Do hüb sich under deme himile
- von zvein unde sibinzic kuningen
- von wöster Babilönje 2565
- zö Constantine deme kuninge
- die aller gröziste hervart
- die ie geriten wart.
- 2564 von zvein unde sibenzic kuningen^ vgl. 7. — 2565 Ba-
- bylon in oder an der Wüste ist das ägyptische Babylon, d. h.
- Kairo. Die Namensform Bahilonje geht auf die Nebenform
- Bahylonia für Babylon zurück. In der übrigen deutschen Lite-
- ratur der Zeit ist Babylon die gewöhnlichere Form. —
- 136 KÖNia BOTHER.
- Ymelot gerte sin z6 man,
- her was ein heidin vreissam, 2570
- ime ne mochte nicht widirstän,
- her wolde die riche alle h&n
- hedwungin mit grözir gewalt.
- über al uncristin lant,
- sone virsaz nieman sin gebot. 2575
- her wolde selve wesen got.
- Simelln heiz sin wif.
- her virlös z6 Jerusalem sint den lif,
- D6 quam ^n ilinde man
- vor deme volke gevarn 2580
- z6 Constantinopole
- der vil meren bürge
- unde sagete dem kuninge m^re,
- wie not ime wöre,
- ob her sich mochte irweren, 2585
- in söchte ein kreftigiz here.
- aUus redete dö Constantin
- «wer mochte s6 rtche sin,
- der mich torste bestän?»
- 2569 Bin, d. h. des Constantin. — 26 man, zum Dieostmann, Va-
- sallen. — 2570 vreissam y vgl. 639. — 2573 hedwungin von
- hedwingen, hetwingen stv., bezwingen. — 2574 uncristin adj..
- Tgl. 2204 = heidin» — 2575 sone = sone, so hier, wo es nicht
- zur Einführung eines selbständigen Satzgliedes, sondern nur
- zur Verbindung zwischen den einzelnen Theilen eines solchen
- dient, für unser jetziges Sprachgefühl überflüßig. — virsaz^
- vgl. 647. — 2576 her wolde selve wesen got. Diese im Mittel-
- alter so oft wiederkehrende Beschuldigung orientalischer oder
- islamitischer Herrscher hat ihren Grund in den für abendlän-
- dische Sitte unbegreiflichen und Ton den Abendländern als
- Götzendienst verstandenen Formen des orientalischen Hof-
- ceremoniells , wie ja auch schon die Griechen die Huldigungen,
- die den persischen und andern altorientalischen Königen her-
- kömmlich von allen ihren Unterthanen dargebracht wurden,
- als Abbetung bezeichneten. — 2578 sint, hier bloßes Zeitadv. :
- später.
- 2579 en — ein. — ilinde, vgl. 2025, hier die flexionslose
- Form des Part. — 2586 sochen swv., hier auf-, heimsuchen. —
- 2589 torste prset. conj. von tar, —
- KOKIG BOTHSB. 137
- d6 sprach der g&hinder man 2590
- «dln grdze overmöt
- der nis zö nichte g6t.
- in tronwen sie havent genendöt.
- iz is der h^rre Ymel6t
- von wöster Babilönje. 2595
- ZY^ne nnde sibinzic knninge
- die döchen daz lant dtn.
- ich sach die vorreise stn,
- s6 manich zeit üf geslagen:
- sie mugin wol z^nzic düsint haven.^ 2600
- Deme knninge wurdin sväre
- die starken nümdre.
- Dieterich der helit g6t,
- der trdste wole slnin m6t.
- her sprach «halt dich wole, Constantfn, 2605
- nnde gib mer üffe den üf min
- die eilenden haftin
- üz den unkreftin.
- h^ten sie ros nnde gewant,
- undir in is manich helit halt. 2610
- dar z6 besende dtne man,
- wer sulen ingegin in vam.»
- «nu 16ne dir got, sprach Gonstanttn,
- ich bevalh den kemer^re mtn
- beide ros unde gewant, 2615
- 2590 der gdhinder man. Tgl. 214. gdhen swv., synonym mit
- %len, — 2592 nis = m, ne ist. — 2593 nendon, genendon, d. h,
- eigentlich nendjon swv., wagen. — 2598 vorreise stf., Vorhut,
- die äußersten Spitzen des Heeres. — 2600 zernic für zehenzic
- neben hundert, in dieser Zeit schon seltener als im Ahd.
- gebraucht, zehenzic namentlich da, wo das kleine Hundert
- 10 X 10 bestimmt gemeint ist.
- 2601 wäre adj., mhd. awcere, — 2602 starken nümure. staro
- von jedem großen Dinge, also auch einer ge&hrlich be-
- drohlichen Kunde gebraucht, nümure, vgl. 551. — 2604 tröste
- praet. von trösten, mhd. tnesien, — 2611 lesenden swv. mit acc,
- technischer Ausdruck : das Aufgebot zur Heeresfolge erlaßen. —
- 2614 bevalh für mhd. hevalch von bevelhen stv., befehlen. —
- 138 KÖNIGh BOTHBB.
- daz sie brächtin in diz lant.
- iz wirt in allez widir gegevin,
- nu du, türlicher degin,
- mit mir w^nigin man
- in derre note wilt bestän.» 2620
- Constantin gienc dräte
- nä Dieterichis rate
- unde sante wide in daz lant.
- dö quam vil manich helt balt
- z6 Constanttnopole , 2625
- der vil meren bürge
- innirthalp drin tagin
- dö mochter vunfzic düsint havin.
- dö giengin ilande
- die türin wigande 2630
- unde nämen die zvelf gräven
- üz deme kerkäre
- unde iegelich slnen man.
- wie schire iz allez widir quam
- daz sie brächtin in daz lant! 2635
- Dieterich der hellt balt,
- die nam sie zö siner schare,
- dö wärin sie dar h^rliche gare
- üffe rossen sneblanken.
- dö was deme helide wal zö danke. 2640
- 2618 nu, relat. wie so oft gebraucht. — 2619 wenigin, hier die
- gewöhnliche mhd. Form, sonst im Rother meist weiniger , vgl.
- 486. — 2620 derre dat. von deser, diser.
- 2623 Wide adv., mhd. wite, weit, weit herum. — 2627 drin
- dat. zndriy Zahlwort. — 2628 mochter ^=^mohte er. — 2629 Uande
- mit tieftonigem a, während oben 2579 und 2025 Uinde steht.
- Uande und Uinde geht auf - Ujan zurück. — 2630 wtgande^
- vgl. 677. — 2634 widir quam, zurückgebracht, ihn^n wieder-
- gegeben wurde. — 2638 gare^ vgl. 665. — 2639 sneblanc, so
- viel als snewiz oder snevar. — 2640 wol z6 danke, danc stm.,
- nicht in der heutigen Bedeutung von Dank, dankbares An-
- denken an etwas Vergangenes, sondern die auf zukünftiges
- Gelingen gerichtete Hoffnung.
- KONia BOTHBB. 139
- Den heleden vil jungin
- giengin die ros in sprungin.
- dö brächte Dieterichis van
- zv^nzic dusint lossam
- in breiten blickin über lant. 2645
- manigin götin wtgant
- YÖrte der kuninc Constantin
- ingegin die yiande sin.
- sie ritin wol sibin nacht
- ingegin der heris kraft. 2650
- Die zvene unde sibinzich kuninge
- von wöstir Babilönje
- die legitin sich also nähe
- daz sie den rouh gesähen
- von den herbergin. 2655
- do höben sich die sorgin.
- dö gaf in Dieterich den tröst,
- her herbergete dö aller vurderöst
- mit den sinin helidin
- inzusken der menigin, 2660
- 2642 in sprungin gun^ der Gegensatz ist vil ebene gdn, im
- gleichmäßigen Schritt oder Pass gehen. — 2645 in breiten blickin.
- Diese auffallende alliterierende Formel, wie so viele hier, kann
- nichts anderes beißen als «mit weithin sich ausbreitendem
- Glänze» (der Schilde, Schwerter, Ringpanzer u. s. w.); die
- Formel blic des Schildes, swertes wird sehr häufig gebraucht. —
- 2648 ingegin die viande. An dem Acc, obgleich im Mhd. bei
- in-, en-gegen ungewöhnlich, ist kein Anstoß zu nehmen, um
- so weniger weil 2650 der gewohnliche Dat. steht. Ein solcher
- leiser Wechsel des Ausdrucks ist hier durchaus stilgemäß.
- gegen mit acc. ist übrigens im Ahd. nicht selten und hat sich
- bekanntlich nhd. völlig durchgesetzt.
- 2654 rouh für mhd. rouch stm., von den Lagerfeuern. —
- 2656 die sorgin, nämlich bei Constantin und den Seinen. —
- 2658 vurderöst adv. Superl. von vorder; 1802 steht vürdrist,
- die mehr mundartliche Form. — 2660 inzusken = mhd. en-
- zwischen, zur Prsepos. gewordener adv. Ausdruck, eigentlich
- zusammengesetzt aus der Praep. in und dem Adj. zwisc, zwei-
- fach, zusken ist die nieder- und mitteld. Form. — menigm, im
- Reim auf helidin, die altertbümliche Form des mhd. menige»
- Ob menigm oder menigin anzunehmen, ist nicht zu ermitteln.
- 140 KÖNIG BOTHEB.
- Schire viel dd die naeht an.
- d^ bevälen Constantinis man
- einin anderen die kint nnde w!f.
- ir nichein tröste sich an den Itf.
- Dieterich unde sine man 2665
- beganden rüninde gän,
- nnde rietin an die heidenschaft
- die dar lach mit heris kraft,
- wilich ßre in daz wöre,
- ob sie den kuninc meren 2670
- äne Constantinis schadin
- gevähen mochtin odir slahin.
- «introuwin, sprach Widolt,
- kume wir in daz volc,
- sie sin uncristine diet, 2675
- ichne werdin borsenfte niet,
- des sulin sie vil gewis sin.
- unde läzet man mt die hende mtn,
- iz möz en an den Itf gän.»
- dö wäfende sich Aspriän, 2680
- unde zvelf rttäre lossam
- sluffen in er wlcgewant.
- in was z6 deme storme harte lief.
- 2662 bevdlen^ vgl. 418, dadurch auch das d des Plur.
- Teranlal^t. — 2663 einen anderen in alterthümlicher Welse
- beide Worter flectiert: einen nom., anderen d&t,, während inhd.
- die flexionslose Fügung einander zu gelten pflegt. — 2664 an
- den U/, an das Leben, d. h. daC^ er lebendig bleibe. — 2666 rü-
- ninde; 1232 steht runande, in demselben Wechsel von a und »
- wie in ilande, tlinde, vgl. 2629. — 2667 raten an einen^
- Anschläge machen gegen. — 2674, 2675 ist der Gegensatz
- zwischen volc und diet zu bemerken : volc , ein Haufe Menschen
- in kriegerischer Ordnung und Rüstung; diet, ein durchaus
- ethnographischer Begriff, also unserm «Volk» entsprechend. —
- 2Q7S borsen/te adj. bor, verstärkender Zusatz: überaus; die
- negative Wendung, die einen gewißen humoristischen Beischmack
- hat, verstärkt die Drohung. — 2678 mi für mir. — 2679 en
- für in, ihnen. — 2682 sluffen plur. praet. von sliefen. — «?tc-
- t/ewant stn., Rüstung, vgl. 875 wichgewete. — 2683 storm,
- Sturm stm., Kriegssturm, wie noch jetzt, nur in noch be-
- schränkterer Bedeutung, das Wort Sturm gebraucht wird. —
- KÖNXa BOTHXB. 141
- dö schein ein halsperge liecht,
- die tröch der helit Asprtän. 2^85
- iz ne levet nichein s6 köne man,
- der ime widirstieze,
- daz hem genesin lieze
- under der heidinschefte.
- sie höben sich mit ^refte. 2690
- Der herzöge von Merän
- heiz Dietertchis man
- vlfzeltche wachin
- unde grözen schal machin.
- her sprach «min hßrre mit den sinen 2695
- wil z6 Constanttne,
- der hat nä ime gesendöt.»
- dö was vil manic helit göt
- wol gewäfint an den wich:
- iz ne wiste niemannis Itf, 2700
- wan die verchmäge
- die over mere wären gevaren.
- Dieterich ginc zö den rossen sin,
- dö lüchte ein brunje gnldtn
- an daz marc lossam. 2705
- die tröc der zurnigiste man
- der von Ad4me
- zö der werlde ie bequäme,
- unde eine stangin yreissam,
- dane mochte nicht vor bestän, 2710
- die tröste Dieteriches volc,
- daz was der helit Widolt.
- 2684 halsperge stf., eigentlich Hals -, Brustpanzer, dann Panzer
- überhaupt. — 2687 widirstieze, widerstozen stv., aufstoßen. —
- der ime, wenn er ihm ... — 2688 hem b= her tne, in.
- 2697 gesend6t=-mhd. gesendet. — 2699 totch, wie stm., Kampf.
- — 2700 iz ne wiste niemannis lif. niemannis lif, gewöhnliche
- poetische Umschreibung für nieman. iz, niemand wußte es, es
- war für alle ein Geheimniss. — 2701 wan die verchmuge, vgl. 2497.
- 2705 marc stn., vgl. 868. — 2707 von Adame, seit
- Adam's Zeiten. — 2708 bequume, die besondere Färbung dieses
- Conj. können wir durch unser «mochte, durfte» n. s. w. uns
- näherbringen, bekumen, verstärktes Arume». — 2110 dane ^ssddne.
- 142 KÖNIG BOTHEB.
- Luppolt der getrüwe man
- sprach zö den riesen al
- «mit den üren halspergin liecht 2715
- . nune kumit üz der dicke niecht,
- daz siß icht z6 verre schlnin.»
- Dieterich mit den stnin
- der reit umbe die heidenschaft ,
- die lac mit heris kraft, 2720
- unde begunde vrägen,
- war sin Mrre wäre,
- her h^te sich virsümöt;
- her brächteme manigin helit göt.
- d6 zeigite man z6 man, 2725
- unzer z6 Ymelöte quam
- in ein zeit lossam.
- daz swert züchte Aspriän
- unde hiez in vil stille stän,
- ob her den lif wolde hän. 2730
- der kuninc d6 nichtne sprach,
- aiser die stangin an gesach,
- die düchtin harde vreissam:
- gevangin was der rike man.
- 2715 mit üren halspergin liecht In der Hs. steht Uren den
- halsp. liecht (nicht Usen), was, wenn man mit ergänzt, viel-
- leicht so wie es der Text gibt = «wer, iuwer, euer, verstanden
- werden kann. — 2716 nune = nu ne. — üz der dicke stf., der
- dickste Haufe. — 2717 icht, durch die negative Färbung des
- ganzen Satzgefüges hier = nicht, vgl. 1234 u. s. w. — 2722 wdry
- die noch mit auslautendem r erhaltene Form des ge wohnlichen
- mhd. wä, wo, wie dar neben dtl, hier neben hie. — sin herre,
- d. h. Ymelot; er gibt sich für Ymelot's Mann aus, da die Hei-
- den ihn nicht kennen, weil er ja nicht zu Constantin's Heere
- oder Volke gehört. — 2723 virsümöt = versümet, verspätet. —
- 2724 brächtime für brächte ime. brächte, hier unumgelauteter
- Conj. von bringen unregelmäßiges Verb. — 2725 zeigite man z6
- man, der eine Mann zu, nach dem andern, wies ihn der eine
- zum andern. — 2726 unzer = unze er, bis er; es ist schon be-
- merkt, daß unze, unz in diesem Theile des Gedichts seltener
- als das synonyme biz. erscheint. — 2728 züchte praet. von
- zucken swv. — 2733 düchtin für duckte in von dünken swv. —
- 2734 rike, hier wieder einmal, wie 66, in diesem Worte das
- altd. und niederd. k für hochd. ch erhalten.
- KÖNIO BOTHEB. 143
- Dieterich unde sine man 2735
- "begunden deginliche g&n
- under eine dicke schare,
- dar valtin sie daz here gare.
- Widolt gab die stangin
- niergin üz den handin: 2740
- swaz her der heiden ane quam
- die sclouc her alse ^n donir sän,
- swär er zö der dicke quam,
- dar sclouc her üfife den man,
- daz sie al zescreiten . 2745
- also ein stöp daz da hine weite.
- Die zvelf riesen vreissam,
- die sclögin manigen man.
- die heiden vluhin durch n6t,
- sie jagete der grimme tot. j/^ 2750
- Widolt wart gevangin,
- gebunden an die lannin.
- Dieterich der here
- vor z6 den herbergen
- in allen den geboren 2755
- alsiz ime nicht gesehen wßre.
- Dieterich heiz sine man
- z6 den herbergen gän.
- 2736 degenliche adv., wie es sich für einen Eriegsmann
- schickt. — 2738 valtin praet. von vellen swv. — gare adv. —
- 2740 niergin ist hier ergänzt, weil der Vers und der Sinn es
- fordert. — 2741 swaz der heiden gehört zusammen: so viel
- Heiden. — 2742 sclouc für sloc^ sluoc, praet. von slahen,
- sldn stv. — ein donir stm., Donnerstrahl, Donnerschlag. —
- 2745 zescreiten von zescreien = mhd. zerschrcejen swv., ausein-
- anderfahren^ sprützen. — 2746 stop stn.=ß^owp, Staubwolke. —
- weite von weihen^ mhd. wcejen swv., wehen.'
- 2749 vluhin plur. praet. von vliehen stv. — durch not, ge-
- zwungen. — 2755 in allen den geberen, plur. des starken Neutr.
- gebere, Gebärde, Benehmen. — 2756 alsiz = alseiz, als wenn
- 68. — ime gesehen, sich ihm ereignet, d. h. für ihn und durch
- ihn nichts sich ereignet hätte.
- 144 KÖNia BOTHBB.
- swaz Schalles sie yemSmen,
- daz sie icht zö den rossen qu^men. 2760
- dö rief der wachtöre
- obir daz here m^re
- ((wol üf, h^rre Constantin,
- ich höre die vtande din
- mit grdzeme schalle: 2765
- ich w^ne sie here wollen.»
- w^ s^re sie irquämen,
- dd sie die vlucht virndmen
- von der heidenschefte ,
- die dar lägin mit heres krefte. 2770
- Constantin wart gewäfendt
- unde vil manich hellt gdt.
- dö sprächen sumiltche
- «nu siet z6 Dieterfche:
- - her ligit dar alse ein böse zage, 2775
- swö her onsich here gewisit have;
- von den untrüwin sin
- Sit ir virrätin, h^rre Constantin.»
- Constantin dö rande,
- als ime daz marc irhancte, 2780
- 2760 ichtj negativ gefärbt durch den Begriff des Verbietens,
- der hier vorausgesetzt ist. — 2762 mere adj., vgl. 2467. —
- 2766 wollen. Die hier sonst .gewöhnliche Form des Conj. von
- toil ist welle oder wille, einigemale und so auch hier ist aber
- wolle der Hs. beizubehalten. — 2767 irqudmen. ir-, er-kumen
- stv., außer sich kommen, in Entsetzen gerathen. — 2768 vlucht,
- die Flucht der ihrigen, derer, die ihre Vorhut hatten bilden
- sollen. — 2769 von. Die Praep. von wird in demselben Sinne wie
- vor bei vlucht angewandt: von weg, vor. — 2770 die dar lägin,
- geht, wie 2855 beweist, auf heidenschaß, was ein pluralischer Be-
- griff ist. — 2743 sumtYicAe adj., etliche, manche, die man nicht
- nennen oder zählen kann oder will. — 2774 siet = sehet. —
- 2775 böse zage, beide Worter ziemlich gleichbedeutend hier
- im Sinne der Feigheit. — 2776 swe = swie, wie auch immer,
- wenn auch.
- 2780 irhancte praet. von ir-, erhengen swv., eigentlich : frei
- hangen laßen, erlauben. —
- KÖNIG BOTHEB. 145
- Tor ein gezelt ^rlich:
- awol üf, her Dieterich!
- •die heidin wellin nns bestän.
- hie nächet der tot manic man.»
- lüte rief Ymelöt 2785
- ahßrre, ir spotit äne not.
- hinacht z6 mittir nacht,
- do ich in mtneme bette lach,
- dö quam ein vreisltcher man
- unde traue mich nnder sinen arme dan. 2790
- . mir stn die mtne gar irslagin,
- sie ne mugin dir nicht geschadin.»
- Alse daz Constantin virnam,
- d6 kSrte her vröltche dan
- unde sagite stnen mannin 2795
- «Ymelöt is gevangin!
- daz hat Dieterich getan,
- nu mözin sie lasterliche stän
- die den harren äne not
- zö verre habin gevalscöt 2800
- mit grözeme unrechte,
- dö gingin göte knechte
- z6 deme harren Dieteriche
- unde danketin ime grözliche.
- daz marh virleiz Constantin, 2805
- ze vordirst her in daz gezelt ginc.
- die bände nam her vor sich,
- her sprach «got löne der, h^rre Dieterich,
- 2784 nuchet, mundartlich für nahet — manic man flexionsloser
- Dat. des Adj. formelhaft. — 2786 dne not, ohne Ursache. —
- 2787 hinacht f^dv., in dieser, d. h. vorigen Nacht. — 2790 trouc
- praet. von tragen stv., einer der seltenen Fälle , wo das hier ent-
- weder durch 6 oder u vertretene hochd.uoalsou erscheint, vgl. 2742.
- 2794 dan adv. von dannen. — 2798 lästerliche adv., mit
- iaster, Schimpf und Schande. — 2800 zu verre ^ zu weit, zu
- sehr. — vaUeun swv., verläumden. — 2804 gröbliche adv.;
- grozlich =igr6zf stark, vgl. 965. — 2807 die hande nemen^ Ge-
- bärde des Bewillkommnenden, die Hände ausstrecken nach
- dem Freunde. —
- KÖKXa BOTHEB. 10
- 146
- KÖNIG BOTHEB.
- daz du mit dinin mannin
- den kaninc h&st gevangin.
- eiä türlicher degin,
- wilich ^re dir ist geschehin!
- h^tich na sigein gdt,
- des dir immir wnrde n6t,
- daz sal der wesen undirtän.t>
- ir aller sorge was irgän.
- Der tac begunde üf gän,
- d6 salte man manic man.
- Dieterich der wtgant
- nam Ymelötin bt der hant
- unde vörtin vor Constantlne,
- her bevalch in ime unde sinen.
- d6 sprach der listiger man
- «wir soldin einin botin hän,
- der den vrouwin sagete
- waz wir gevromit habetei^.»
- «introuwen, sprach Constantin,
- der böte saltu selve sin
- durch mtner tochter willen,
- unde sage der kuninginne
- unde den vrouwin allin samt,
- wi ritin in daz laut
- 2810
- 2815
- 2820
- 2825
- 2830
- 2812 geschehin, vgl. 2756. — 2813 sigein, Erweichung des ck
- wie in nigein u. s. w. — 2814 des dir wurde not, dessen du
- bedarfst. — 2816 irgdn part. prset. von irgun stv., vergehen.
- 2818 salte scheint die hier durch Rasur undeutliche Hs. zu
- meinen ; ergänzt ist im Texte man , was der Sinn fordert und
- was vor dem gleichlautenden man von manic leicht ausfallen
- konnte, salte prset. von seilen swv., rechtsbeständig übergeben,
- technischer Ausdruck, hier -von dem Ausliefern der Gefangenen
- gebraucht. Dietrich übergibt seine Gefangenen an Constantin,
- den eigentlichen Herren des Kriegszuges. — 2821 vortin für
- vorte in, — 2822 unde sinen. Der bestimmte Art. wird in der da-
- maligen Sprache gewöhnlich zu dem absolut gebrauchten Possess.
- gesetzt, aber nicht nothwendig. Metrisch wäre nnd den oder
- unde den sme/t ebenso zuläÜ^ig. — 2826 vromen, vrumen swv.,
- zu Stande bringen. — 2832 tct für wir, wie mi für mir. —
- KÖNIG BOTHEB. 147
- vil harte vrdlfche.
- dln Yolc sumeltchez
- läz mit mir hie bestän.» 2835
- dö sprach der listige man,
- daz her gerne d^te
- des in der kuninc b^te.
- Dieterich ginc dannin
- mit sinin heimlichen mannin 2840
- unde sante daz volc zö des kuningis vanin,
- her bat sie grözen danc havin.
- zö ime nam her stne man,
- swaz ir ober merc qnam.
- den künin her sagete 2845
- wes her willin habete.
- die türin wtgande
- hngitin dö z6 lande.
- Dannin v6r dd Dieterich.
- ein zeichin daz was h^rlich 2850
- brächter zö Constantinopole,
- der vil m^ren bürge,
- mit den sinin mannin
- her sprach w^re intrnnnin.
- dö weinte de vrouwe kuningin 2855
- «jariä, wä is Constantin
- unde die wigande
- üz von manigeme lande?
- 2834 Bumelichez, vgl. 2773, etliches, dessen Zahl unbestimmt
- ist, Dietrich überlaßen bleibt. — 2842 bat sie grözen dank ha-
- vin y er «bat», sie sollten großen Dank haben, Hoflichkeits-
- formel, wo biten nicht viel mehr als unser «äußern)) ist. —
- 2848 hugitin von hugen^ kugen swr., hoffend, verlangend an
- etwas denken. Sie erfahren jetzt den Entfnhrungsplan Dietriches,
- der auch sie zu der Heimat (zo lande) bringen soll.
- 2850 zeichin stn., hier technischer Ausdruck = Fahne, Feld-
- zeichen. — 2854 her sprach were, engste Verknüpfung des ab-
- hängigen Satzes mit dem regierenden ohne Pron. pers., damals
- schon selten und mehr nur in einzelnen Formeln, nach sprechen,
- wanen etc. — 2856 jartd Interjection aus Ja, % und d zusammen-
- gesetzt, r ist bloße euphon. Vermittelung , immer schmerzliches
- Erstaunen ausdrückend. — 2858 üz von ==■ üz. —
- 10*
- 148 KOKIG mOTHRB.
- Dieterich lieber h^re,
- gese wir sie immir m^re?» .^860
- «nein ir, daz weiz got,
- sie hat geslagin Ymelöt
- unde ritit da here mit heris kraft.
- her wil zevörin die stat.
- ich ne trüwe mich nicht ir weren. 2865
- nu möz ich vliezin ober.mßre.
- beide wib unde Jrint,
- wä sie in der bürg it siut,
- sie kiesint alle den tot.
- sie irslöt der kuninc Ymelöt.» .2670
- D6 nam daz Constanttnis "vrif
- ir tochter die was h^rllch
- unde bätin Dieteriche
- beide grözliche,
- daz her in hülfe üz der heidinschefte, 2875
- die dar quämen mit heres krefte.
- dö heiz der listige man
- die zelder also lossam
- der kuninginne dar ziehen
- unde vörte sie zö den kißlen. 2880
- dar mugit ir geloubin ^
- von manigir schönir vrouwin
- weinin unde hantslagin.
- 2860 grese wir für gesehe wir, vgl. 483. — immir mere hat
- hier in der zweifelnden ;FF«ge negative /Färbung <(niQnials
- wieder». — 2861 nein ir, vgl. 2115 über den Zusatz .des
- Pron. pers. zu der iNegat. ^- 2864 zevorin swv., zerstören. «^
- 2865 irweren, ir gen. plur. «u er, abhangig von vieren, ihrer
- mich zu erwehren. — 2866 vliezin stv., schwimmen , auch von
- der Schiffahrt gebrauchlich. — - 2868 wd für swd, wo inuiMr,
- indem damals schon das Interrogativpron. für das Belat. u&d
- ^Correlat. einzeln gebraucht wird, wie jetzt allgemein. — it
- für icht adv., irgend. — 2869 kiesen stv., erproben, erüah-
- ren, hier «erleiden». — 2870 Hrslet Sux erziehet von er^lahen,
- erslun stv.
- 2875 vgl. 2769. — 2878 xelder stm., hauptsächliieh für die
- Frauen bestimmte Rosse. — ^883. hanUlagin swv., Gebärde
- des heftigen Schmerzes, der Verzweiflung. —
- KÖMXC^ ttOTHEB. 149
- sie ne mochtin nicht gedagin.
- er zdch ein michil maginkraft 2885
- nä Dieteriche üz der stat
- sie woldin alle üffe den merre
- vor Ymelöte den Uf generen;
- d6 tröste sie der karge* man;
- her h^tiz durch eine list get&n; 2890
- Dieterich heiz sine man
- vil dräte in k61 gän.
- Asprtän, der helit göt,
- den kamerschaz dar in tr6c.
- sie g^hetin alle üffe daz mere. 2895
- dö heiz der kuninc Bdthere
- die möter an deme stade stän,
- die tochter in den kiel gän.
- ir weinin was grözlich.
- sie sprach «owi hßrre Diederich, 2900
- weme wiltu, tuginthaftir. man,
- unsich armen wtf län?»
- sus sprach die göte kuningtn
- anu nim mich in den kiel din
- z6 miner tochter lossam. » 2905
- dö sprach die listige man
- ((vrouwe, ir sollt uch wol gehavin,
- Constantin nis nicht geslagin.
- Ymelöte hän wir gevangin,
- iz ist Gonstantine wol irgangin. 2910'
- her ridit here zö lande
- 2j8i84: gedugin swy., sich stille halten. -^ 2886 er für ir gen.
- plur., abhängig von maginkraft^ vgl. 597. — 28d7 den mere nicht
- von der mere. stm., da mere. hier im R» stets sin. ist, sondern
- den stellt für dem^ vgl. 15. -*- 2888nierRn swv», erhalten, retten. — ^-
- 2889 hcaro adj., schlaa.
- 2892 kel.^kiel. kiel für Söhiff überfaanpt, wie so oft. —
- 2894. kamersohaz stm., der zur Kammer, d^.h. zam. fürstlicheo
- Privatrermögen gehörige Schats. — 28(d5 geheim von. gcehen. *
- swv., neben ^aAen, eilen. — 2903 sus^ weiter, d. h. anl^er dem was
- sie schon gesagt, sagte sie auch noch anderes. — 2907 soiit für
- mhd. sulet, sult. — uch, vgl. 496. — 2908 nisarni, ne ist —
- 150 KÖNIG BOTHEB.
- mit lievem erande.
- her komit ovir dr! tage.
- ir mogit eme w^rliche sagen,
- stn tochter st mit Röthere 2915
- gevaren westert over mere.
- nu gebüt mir, vrouwe h^rlich.
- Jone heizich niuwit Dieterich.»
- aWol mich, sprach die kuningin,
- daz ich ie gewan den Itf min. 2920
- nu läze dich got der göde
- durch sine ötmdde
- die mtne tochter lossam
- lange mit gemachin hän.
- daz ist w&r, türlicher degin, 2925
- si w§re der samfter gegevin,
- dan du si hast gewunnin,
- inde stundiz an mtnin willin.
- swie Constantin nu den lif
- queled umbe daz schöne w!f, 2930
- daz ist mir daz minnist,
- nu du Röthere bist,
- nu vare, türlicher degin,
- Sante Gilge möze din plegin.»
- dö sprach daz schöne megitin 2935
- «gehavet uch wole, möder min.»
- 2(912 erande stn., Auftrag, Botschaft, mbd. ziemlich seltenes
- Wort; das anlautende e ist von schwankender Quantität. —
- 2917 gebüt, vgl. 2337. — 2918 Jone =^ joch ne ^ vgl. 1246. —
- niuwit =3 nitoihty niht. '
- 2923 vgl. 187. — 2924 gemach stm. und neutr., Ruhe,
- Friede, Behaglichkeit. — 2926 samfter — , ohne solche
- gewaltsame Scenen. — 2928 inde, Nebenform von unde,
- vgl. 1304, hier den Nachsatz einführend. — 2929 den Itf
- gtteled = sich quält. — 2931 daz minnist, der geringste Schade,
- Kummer. — 2934 Scmte Gilge , der heilige Aegidius, ein Lieb-
- lingsheiliger, besonders in den westlichen Gegenden von Deutsch-
- land am und über dem Niederrhein, dem gerade in dieser Zeit
- sehr viele Kirchen u. s. w. gestiftet wurden. Seine Verehrung,
- ist mit viel anderen Dingen zweifelhaften Werthes vom süd-
- lichen Frankreich bei uns importiert. —
- KÖNIG KOTHEB. 151
- die vronwen also lossam
- gingin lachende dan
- üf den Constantinis sal
- unde gunden Röthere wal, 2940
- daz in got gesande
- mit eren heim zö lande.
- 2940 gunden praet. von gan praeter! topr., ich gönne. — 2941 ge-
- sande^ praet. von senden ; im conditionalen oder precativen Sinne,
- den ge- bezeichnet, «senden möchte».
- IX.
- Als Rother übers Meer kam, fand er dort Wolfrat an-
- der Stelle seines Vater Amalger's von Tengelingen, der wäh-
- rend seiner Abwesenheit gestorben, als seinen Stellvertreter.
- Wolfrat zieht ihm mit der Schar der Vasallen entgegen und
- bewillkommnet ihn wie der Dienstmann seinen Herren.
- In Konstantinopel aber trifft die Nachricht von der Flacht
- Rother's und der jungen Königin den rückkehrenden Konig
- Constantin so hart, daß er ohnmächtig niedersinkt. Die Ver-
- wirrung in der Stadt benutzt der in Haft befindliche Ymelot
- zur Flucht.
- Constantin's Schmerz und Zorn will sich durch nichts be-
- sänftigen laC^en, bis ihm ein Spielmann den Vorschlag macht,
- die Tochter durch List wieder zurückzubringen. Es wird eint
- Schiff mit kostbaren Waaren ausgerüstet und der Spielmann
- besteigt es als Kaufherr, legt, in Bari gelandet, seinen Kram
- aus und hat großen Zulauf, weil er die theuersten Dinge fast
- um nichts verkauft. Nur einige Kieselsteine, die er eben am
- Strande aufgelesen , bietet er den erstaunten Käufern zu einem
- überhohen Preiße, weil es wunderkräftige Steine seien. Aber
- di€| Konigin selbst müße das Wunder dadurch, daß sie die
- Kranken damit berühre, in Vollzug setzen und zwar auf dem
- Schiffe, nirgends anders. Ein Kaufmann in Bari, dessen zvirei
- Kinder seit langem gelähmt sind, bittet sie um diesen Liebes-
- dienst, den sie ihm zusagt. Sie besteigt das Schiff und imi
- Augenblick stoßt es vom Lande. Nach Konstantinopel gebracht,,
- wird sie von Vater und Mutter, von dem ersten mit Freude,
- von der andern mit Trauer empfangen.
- Alse Röther over mere quam,
- dö wart die vrouwe lossam
- swanger einis kindis, 2945
- einis s^ligin barnis:
- dö was Emelgör döt,
- 2946 scelec adj., zum Heile bestimmt. — bam, vgl. 2220. —
- 2947 Emelger= Amelger, E für A mundartlich, vgl. 775. —
- KÖNlö BOTHE». 153^
- die lant alle verstöröt
- van ses margrävin,
- die woldin Hademären 2d50
- zö eime koninge hä,n genomin nnde gelobet.
- d^ was ein riebe berzoge,.
- geboren von Diezen.
- die JBMber gebiezen
- tröuwe biz ber quäme, 29d&
- die wertin die kröne
- deme rieben ervelösen man,
- unze Wolfrät daz swert genam
- an ^nim sebönin ringe,
- der was van Tengelingen 2960*
- des knningis Amelgeres sune.
- izne qnam van einime knnne
- als6 manicb türe wfgant.
- 2948 verstöröt, in Verstörung, Verwirrung gebracht. — 2951 ge-
- lovet, vgl. 1570, verkündigen, ausrufen. — 2954 geheizen stv.^
- verheißen. — 2956 wertin von wern swv., yertheidigen. ^-
- 2957 riehen ervelösen man, Rother ist gemeint, der in der Ferne
- weilt und noch kinderlos war, als der Kampf zwischen Hada-
- mar und dem Anhange und Geschlecht Amftlgetr's ausbrach.
- U-eber ervelöse vgl. 29. — 2958 Wolfrut. Die Hs. gibt hier Lof-
- hart, anderwärts wechselt die Namensform zwischen Wolf hart
- und- Wolf rat, ganz wie in der nord. Thidrikssaga ülfarbr
- und Ulfrabr miteinander auch in derselben Hs. wechseln, aber im-
- Beinle steht nur Wolf rat, — daz siüert genam, vgl. 150; da»^
- durch, durch die erlangte Ritterwurde, die hier die altdeutsehe
- Waffenfähig^eit vertritt, wird Wolfrat fähig an die Spitze*
- seines Hauses, seiner und der königlichen Dienstmannen zu.
- treten, genam plusq., genommen hatte. — 2959 ringe, vgl. 727.
- —» 2961 sune': kunne. Dieser auffallende Reim, zu dessen Be-
- seitigung nichts in der Textesüberlieferung. Veranlagung gibt^
- vergleicht sich dem 498 erwähnten, wo eine ursprünglich
- kurze, vorletete Silbe « im zwiefach gehobetien Reime ge-
- braucht ist. Auch hier wird nicht eine geschärfte Auss|>rache
- von sun», obgleich z. B. S816 im Vetse sünne für sune ge«-'
- schrieben ist, sondern eine Dehnung, des' u anttanefamen sein.
- Denn ein küne^ entsprechend dem ahdJ sehr vereinzelten kuni
- neben kunni, hat sich wohl in Ableitungen (kuninc, hunelinc)'
- und besonders in vi eleu Eügennaraen erhalten, aber doch wohl
- schwerlich als' selbständig^ Wort, einime kunne voti einem- und
- demselben oder einem einzagen G^eächlechte^ — 2963- so man-
- cher gepriesene Held, uamlich wie von dem von Tengelingen. -^
- 154 KONia BOTHBB.
- beide liude unde lant
- die beherte der türe man, 2965
- biz R6there wider quam.
- In strtde lägen die lant
- Böther der wtgant
- liez die wechmüdin
- lutzel gerüwin; 2970
- her moste durch gerichte varen.
- her heiz die vronwen bewaren
- Lnppolden den getrüwen man.
- die andre ritäre lossam
- 26 den rossin wären sie gerech. 2975
- d6 reit dar manich göt knecht
- bit Röthere ingegin Beme
- unde strichen durch die berge,
- die riesen heten gröze not,
- sie liefen alle gewäfenot. 2980
- die riesen Wolfrät an erwant,
- 2964 liude^ halb ober-, halb niederd. Form für mhd. Ihite plnr.
- zum stn. daz Hut oder stm. der liuU — 2965 beherte prast. von
- beherten swv., festhalten, behaupten.
- 2969 wechmude, mhd. wecnmede adj., von, durch denWeg müde.
- — 2970 lutzel adv., hier auf die Kürze der Zeit bezogen, wie
- 700. — 2971 gerichte, vgl. 735. — 2974 die andre, mundartlich
- für andere, ander; die starke Form kann hier nach dem Ge-
- brauch der altem Sprache, ander nur stark zu fiectieren, ge-
- faßt werden, obgleich auch die zu 214 gegebene Erklärung zu
- berücksichtigen ist. — 2975 gerech adj., gerüstet, bereit. —
- 2977 bit die mittel- und niederrheinische Form für mit, hier
- zum erstenmale gebraucht, aber von da so häufig, daß sie
- wahrscheinlich auch früher schon öfter in dem Original ge-
- standen haben wird , wo sie der Schreiber tilgte, denn daß sie
- nicht allein diesem gehört, scheint sicher. — Beme, Verona;
- auch hieran zeigt sich der Zusammenhang der eig. Dietrichs-, V
- d. h. der ostgothischen Dietrichs -Sage, mit dem Bother (vgl. ^
- Einleitung) wie ja auch Wolfrat , Amalgdr u. s. w. darauf hin-
- weist. — 2981 die riesen. So ist an der Stelle des völlig con-
- fusenhs. die riese Wolframmen erwant oben geschrieben. Man
- dürfte auch die riese, von der allerdings hier nicht weiter be-
- legten starken Form, die ahd. nicht selten ist, der risi bei-
- behalten, weil sich vielleicht daraus erklärte — indem sie der
- KÖNIG BOTHEB. 155
- dö wister over lant
- eine vil breide menige
- Böthere z6 gegine.
- her infienc in mit ^ren 2985
- also van rehte ein man stnen heren.
- Sich h6f der lüt over den d6z.
- dar wart der scal harde gr6z,
- d&r der h^re Constantin
- reit id den hof sin 2990
- zö Gonstantinopole in der stat.
- der koninc hasteliche sprach,
- wä stn dochter w^re
- daz her sie nicht ins^ge.
- des antwarde die kuningin 2995
- «gehalt dich wale, Constantin.
- genir ritÄr ^rlich,
- der sich dk nante Dieterich,
- Schreiber für nom. sing, nahm — wie die offenbar als acc. ge-
- meinte Form Wolframmen in den Text kam. Wolfram ist ein
- Name, mit dem hier nichts anzufangen ist: entweder Wolf-
- hart oder Wolfrdt^ vgl. 2958, ist dafür zu setzen. — an er-
- toinden stv. mit. acc. der Fers., jemand zu faßen bekommen,
- also hier «auf jemand stoßen». Wolfrat zieht Rother entgegen
- (2982 fg.) und trifft auf die Riesen in Rother*s Heer, die dessen
- "Vortrab bilden. — 2982 totster = wiste er, führte er als Feld-
- herr und Fürst. — 2984 z6 gegine = itt gegine ^ vgl. 1691. —
- 2985 her ist hier Wolfrat. — in geht auf Rother, dessen man,
- Vasall er ist.
- 2987 springt auf ein ganz anderes Local über, nach Kon-
- jstantinopel. Wenn anch eine kurze Schilderung der glücklichen
- Bückkehr Rother's an dieser Stelle ganz begründet war, so
- wird sich doch jedem unbefangenen Leser von 2943 — 2986 die
- Ueberzeugung aufdrängen, da(S dieselben weder in Stil noch
- Inhalt zu dem vorhergehenden und folgenden passen und nur
- den Eindruck eines dürftigen Auszugs aus einer breiteren
- Darstellung machen. — der ItU, vgl. 2162. — over, mhd. über^
- infolge, aufgestört durch. — doz stm., Getöse, des zurück-
- kehrenden Königs Constantin und seines Heeres. — 2994 daz,
- weil. — insege, mhd. enscehe^ vgl. 1972. — 2996 sich ge-
- halten stv., verbunden mit wale, sich zufrieden geben. —
- 1B6 KöHiB bothbb;
- daz was der koninc Rötherc
- unde h&t gevört over mere aooo
- mine tochter nnde din.
- wie mochte si baz bestadet stn?
- si wil der listige man
- zö eineme wette hän
- biz ime wirt gelönit 3005-
- des her der hat gedienit
- her hat ans rechte getan.
- wir h^ten wonderlichen wän:
- wat recken mochte d&r so riohe; s!n?
- ir Sit gewamet, Constantin: 30l(>
- kome ü imermßr gein vertriven man,
- da solit ir üch baz vor waman.»
- Constantinis gemöde
- sich verwandel6de,
- her begunde söre weinen 30i^
- inde quelite sich von leide,
- her sprach «owi, vrou koningin,
- nu rouwet mich die tochter min,
- die der kuninc Röthere.
- hat gevört over. mere. 302O
- nu. ist iz mich düre besten,
- waz s6 her gaf dehdnin man.»
- her viel von leide in unmaht.
- dö zouch der bürgere kraft
- 3002 baz bestadet, vgl. 1188« — 3004 we//e stn., Einsatz, Pfaod;
- Rechteattsdruck. — 3008 todn stm., hier «Irrthmn». — 300B. recken
- gen. von dem subst. gebrauchten wat abbäagig ::=? was für. ein
- Beeke. -^ 3011 kome isoti}., um die Moglidikeit' iir dfer Zukunft;
- zu bezeichnen: sollte etwat. . . — * m «»«, eoeh. -^ gein, ent^
- weder für sichein oder d^ein, irgend ein. — ^ 3012 sieh waman
- swv. (o für e vgl. 519) in Acht nehmen.
- 3013 ]7Pm6 stn., hier ganz indifferent: Stimmung« —«•3016 von
- leide, durch, wegen, leide stf:, Schmerzgefühl, G^entheil von
- liebe, -^ 3021 ez beeidt einen tiure , es kommt einem tfaeuer zu:
- stehen, kostet einen viel. -^ 3022 waz so für swas. — dekenin.
- für deheinen. — 3023 unmaht' stf., Ohnmacht. — d024r zouch'
- prset. von ziehen für hocbd. zoch, — krafl, Meng«, vgl. 1314. —
- .KÖNIG 30THSB. JkVI
- tz der stat m^re. 3025
- ire röfin was sßre gr6z. »
- w6 wal des Ymelöt genöz!
- sin solde plegin,
- zouch dar wander after wegin
- unde wolde gerne hän gesien 3030
- waz da w^re gescien.
- Ymelöt mit listin
- begunde den lif vristin.
- dö Constantin dar nider Lac,
- Ymelöt hftf sich üz der stat; 3035
- in eime sciffe her intran
- nnde vor bit koofmannin dan
- z6 der wösten BabU6nje,
- danne sich manigen koninge
- Ton ime begeginde gröz herzeleit: ^040
- ^es gewannin oach die reskin micbel arbeit.
- Alse Constanttn zbxte seMn beqnam,
- dö rief man wider man,
- de aldin ande die jangin
- «Ymelöt ist intronnin.» 3045
- ajartä, sprach Constanttn,
- na nemit scaz, vrou kuningin,
- ande gevit den wiganden
- ande vromit si heim zö lande,
- ^25 entbehrt des dacaaf folgenden Beimverses, ohne Spur des
- Verlustes in der Hs. und im Sinne. -^ 3026 rofin, vielleicht
- wafin, Weherofen. •^— 3027 des ^enoz^ Vortheil davon erlangte,
- prset. von geniezen stv. ■— 3029 dur wunder, ans "NeugiMrde,
- •d. h. wegen der Wunderdinge, vgl. 391. — after wegen ^ vgl.
- 1802. — 3030 gesien: gesehien^ mundartliche Formen ^v geeen:
- .gesehen, — ,3033 lif vrieün swv..« das Leben retten. — be-
- gunde j unternahm es, prset. von beginnen. < — 3037 6tV, vgl.
- 2977. — 3039 sich manigen konige. Obgleich ein sieh manic
- noch nicht nachgewiesen werden kann, so wäre es doch sprach-
- lich möglich, wahrscheinlich ist aber sieh veFSchrieben für sit,
- danne sit^ von wo aus später, manigen, wie so oft n furift, vgl. 15.
- .3042 sime sehin bequam, ganz wie unser «zu sich selbst
- kommen». — 3046 /ana, vgl. 2856. — .3049 vrurn^n; vgl. 2826. —
- 158 KÖNIG BOTHER.
- of her mich hie nk hest^, 3050
- - daz mir des volkis icht zeg^.»
- si was des goldis milde,
- si legedit üf die scilde.
- vorsten den riehen
- gaf si rtcltchen 3055
- unde lönede den gddin knechtin,
- alse man noch van rechtin
- plegit grözer ^ren.
- zö lande riden die hSren.
- D6 die grdze menige 3060
- gerümde deme koninge,
- dd sprac ein spUeman
- «h^rre, du salt dich wol gehän!
- lönis du mir, Constantln,
- ich hrenge dir die tochter din. 3065
- wir mözin aver einin kiel haven,
- die maniger hande wondir trage,
- golt unde steine,
- wazzerperlin kleine,
- scarlachin unde pelle. 3070
- 3050 of für obe, ob, — hie nä für ndchy dieser Zeit, d. h. in
- der Zukunft. — 3051 ickt zege, icht, hier wieder in negativer
- Färbung, kann also mit «nicht» übersetzt werden , obgleich es
- selbstverständlich nie «nicht», sondern immer «icht» ist. Der
- Gen. des ist von zege abhängig, das wie zerinnen u. s. w. und
- andere Theilbegriffe diesen Casus abgibt. Man sagt: mir zer-
- gdt eine» d. — 3052 goldis milde, freigebig mit dem Golde. —
- 3053 legedit für legedeit, iz. — scilde, die in alterthümlicher
- Weise hier, wie in den Nibel. als das Gefäß und zugleich als das
- Gemäß für das gespendete Gold gebraucht werden. — 3055 rtc
- =rrich, vgl. 3062. — ZOb% plegit iür pfligit, pfliget, vgl. 72.
- 3061 gerümde plusq., rumen mit dat. der Pers., jemand ver-
- laßen. — 3062 sprac, altes und niederd. k für cA , wie in rike,
- sie u. 8. w. — 3063 gehun =3 gehaben , Grußformel = Heil dir !
- 3065 brenge, mundartlich für bringe, — 3067 maniger hande
- wundir, allerlei wundersame Dinge, maniger hande adv., -wie
- unser «allerhand». — 3069 wazzerperlin stn., wirkliche Perlen.
- — 3070 scarlachen Fremdwort, bezieht sich nicht auf die Farbe,
- sondern ist noch die Bezeichnung eines Stoffes. • — pelle, vgl.
- 230, dasselbe wie pfelleL —
- KÖNIG BOTHEB. 159
- swer da konfen welle,
- daz wir des gode Stade hän.
- seszich rit4re lossam
- die solin derinne verholne sin.
- die juncvrouwen, Constantin 3075
- bedrAgit die selts^ne wät,
- dat sie lichte in den kiel gät
- unde schouwet min krämgewant,
- s6 v6re wir si in daz dtn lant.
- nu sprich waz du mir biedes; 3080
- nnde behaget mir die miede,
- ich setze in urteil den lif,
- ich nebrenge dir Rötheres wlf,»
- «Genädhe, h^re, sprach Constantin,
- ich wise dich üf den scaz min. 3085
- des nim dir, trütgeselle,
- sw^ vüe du welles.
- mir ist zö der verde liep,
- ich ne versüme dich mtnis dankis niet.o
- der segil z6 deme kiele 3090
- wart gereit schiere,
- dar in trouh man golt r6t,
- alse der koninc gebot,
- nuschen unde bouge unde härbant,
- selts^ne krämgewant, 3095
- 3072 Stade stf., Gelegenheit. — 3074 verholne adv., vgl. 1931 t?or-,
- 2548 virholne, — dOlQbedrugit, mhd. betriugit von betriegenstv. —
- 3078 krdmgewant^ die zum Kauf ausgelegten Stoffe. — 3079 8Öy
- dann, wenn das geschieht. — 3081 miede stf., Lohn, Sold. —
- 3082 setzen in urteil^ feierlich vor Gericht einsetzen, daß darüber
- ein urteil gesprochen werden kann, dann so viel als wetten. —
- 3083 ich nebrenge^ falls ich nicht..., sollte ich nicht...
- 3084 Genädhe, hier so viel als «Dank»; dh hier und an
- wenigen andern Stellen; häufiger steht das noch ältere th
- für hochd. d. — 3086 trütgeselle swm., zusammengesetzt aus
- trat und geselle, lieber Freund. — 3089 versümen, einen eines d.y
- einen übergehen mit. . . — 3091 gereii adj., bereit. — 3094 mischen
- swf., Spange, vgl. 892. — bouge, vgl. 401. — härbant stn.,
- Haarbänder. —
- .160 . kOnig BoraBB.
- daz sante Constantin
- mit räde nä der tohter sin.
- daz göt begnnde man z6 tragin:
- scire wart der kiel geladbÄn.
- veren unde spileman 3ioo
- hüven sich alle dar an,
- intgegin Bdre seiften over mere.
- d6 was der kaninc Bdtbere
- hine z6 Riflande
- mit stnin vianden. 3105
- dar richte der gode keisir
- widewin unde weisin.
- D6 die leide Eriechin
- ze Bare zö stiem,
- tz gienc der spilemaii 3iio
- nnde trüch der kiselinge an
- vele, die her anme Stade vant.
- listich was der välant.
- na siet war z6 h^r se wQlde
- oder Yfh si koufen solde. 3ii5
- Des morgins, alsiz dagede,
- der spileman havede
- behangen sine kr&me
- mit gew§te seltsäne.
- d6 giengin die bargäre 3 120
- üz der stat ze Bare,
- sie veilsceden golt uade pelle:
- -3089 geladkin, vgl. 3084. — 3100 vere, vetye, verge swin.,
- Ferge, Fähr-, Steuermann und Bnderknechte. — 3104 Exf-
- /aofife,. Terra Ripariornm, an beiden Ufern des Niederrheins. —
- 3105 mit, bei, um sie zu bekämpfen. — 3106 richte^ vgl. 1742. —
- keisir, weil er Born zur Hauptstadt hat.
- .3108 Ißit adj., wie unser «leidig». — die leide^ vgl. 214. —
- .3109 z6 stoaetiy ans Land stolzen, vgl. 201. -^ 3111 der kise-
- linge gen., abhängig von ve/e für viVe, rtV, vgl. 72. — 3112 anine
- =0» deme, — 3113 vdlwty vgl. 1160. — 3114 exet für eehet.
- Zll^ alsU SS alse iz, — 3118 -Arrame stf., Kramladen. —
- 3122 veilscen -aviTy., feilschen, handeln um... — -
- KOKIG BOTHER. 161
- «wie biedet ir dat, geselle?»
- dane was nechein so türe dinc,
- her ne g^vit ambe einin penninc. 3125
- dö düchte die burgäre,
- 'daz her ein töre wäre,
- si kouften sin gerate,
- swat her götes h^te»
- einer die kiselinge gesach, 3130
- her sprach «geselle, war z6 woldit ir daz?»
- dö b6t her einin an der stunt
- nit wan nmbe düsint punt
- des allir bestin goldis,
- des die vrouwen tragen woldin. 3135
- dö sprach der burgäre,
- dat iz sin spot wäre:
- ((ir lieget deme düvele an daz bein|
- diz dnnket mich ein böse yeltstein.»
- aintrouwen, sprach die spileman, 3140
- ir havent ime unrehte getan,
- ir velschedin äne not,
- her ist ze manigin dingin g6t.
- nSme in ein kuningtn an die hant,
- her lüchte ovir al diz lant. 3145
- n^man erstürbe,
- ^ her begraven wurde,
- man solden dar mide bestrichen,
- 3125 gevit für gwbe iz, ez. — 3128 gerete stn., Vorrath im
- allgemeinen. — 3133 nit wan, hier: nicht anders als. — punt
- stn., eine größere Zahl Münzen, ursprünglich von dem Ge-
- wichte henannt , von verschiedenstem Werthe. — düsint punt,
- «ehr oft sprichwörtlich für «eine hohe Geldsumme». — 3135 des
- gen., durch sogenannte Attraction von dem vorhergehenden
- des goldes abhängig. — 1338 ir lieget deme düvele. Diese jeden-
- falls ganz volksthümliche Redensart ist doch bis jetzt nicht
- weiter nachgewiesen, Verwandtes klingt im Sprichworte an,
- aber keines trifft ganz zusammen damit.
- 3142 velschen swv., verleumden. — ane not, ohne Ursache. —
- 3145 lüchte conj. praet. von linkten, leuchten. — 3148 solden
- für solde in. —
- KÖNIG BOTHBR. 11
- 162 KÖNIG BOTHEB.
- SO leveder sicherliche:
- nieman inis halz noch kramp, 3150
- her ne wurde sciere gesunt,
- gerörde in die knningtn
- mit deme göden steine min.
- si soldiz aver in disme sciffe dön,
- over it nis chein vrome dar z6. 3155
- hSte wir einin krumbin man,
- inde wolde die koningtn dar in gän,
- ne si it danne nüwit war,
- dat ich ü gesagit hän,
- s6 heizit mich vähen 8160
- unde üf einen boum hdhen.»
- Dö sprach ein ritäre
- der geweldich was ze Bare
- «ich hän zwei wenige kindelin
- die ein jär gelegin sin, 3165
- die wir ie möstin tragin:
- ich wil it mlnir vrouwen sagin.
- wat of si durch ire göde
- gebözet der selver nöde?
- gehilfet in der din stein, 3170
- 3149 leveder für levede, lebete er. Die Sätze von 3147 sind
- nach der schon öfter bemerkten Weise ineinander geschobene
- Bedingungssätze, die ^r in ganz anderer Folge stellen. —
- 3150 im8=:n% (ne) ist. — halz adj., gelähmt. — krump, von Geburt,
- oder durch Unglücksfall. — 3152 gerorde von roren swv.y
- berühren; ge ersetzt das Fut.. exact. — 3*154 soldiz für solde
- iz, d. h. das Bestreichen mit dem Stein. — 3155 over it, darüber
- hinaus, außer dem Schiff. — chein für dechein, gewöhnlich in
- der weichen Form gein (g, besonders vor e und t, in dieser Mund-
- art als gh zu betrachten). — 3157 inde für unde, vgl. 1304. —
- 3158 ne si it, hypothetisch negativer Zwischensatz: wenn es
- nicht. — nüwit für niwiht, nicht, vgl. 2918.
- 3163 geweldich adj., angesehen und ansehnlich. — 3164 we-
- nie, hier vereint sich der Begriff von unglücklich (krank) und
- klein. — 3167 miner vrouwin, meiner Herrin, d. h. der Königin,
- die ja zu dem Wunder nöthig ist. — 3168 wat of, niederd.
- für waz ob, vgl. 511. — 3169 bozen swv., Abhülfe schaffen. —
- der selver, vgl. 214. — noc^e gen. von 66^en abhängig, ge- gibt
- hier eine dubitativ-fnturale Färbung: «etwa, möglicherweise». —
- KÖNIG SOTHEB. 163
- daz sie geint wider heim,
- ich geve der götes suliche kraft,
- swaz du is gevören macht.»
- «liegich, sprach der spileman,
- heizit mir mtn hdret ave sclän. 3175
- mir ist der lif so liep,
- idh ne geven dir s6 niet.»
- sine vrunde her d6 nam,
- seszdn koofman,
- unde gienc vor die vrouwen stän. 3180
- do infinc in die rlche
- harde gunsteltche »
- in allen den gehören
- aiser ein hörre wßre.
- Dö bat her die kaninginne 3185
- durch sante Patres willen,
- dat si üf hülfe zv^n haften
- von grözen unkreften.
- ttdaz stn, vrouwe, mine kint,
- die lange krump gelegin sint. 3190
- 3171 ff eint neben gent, gdnt, wie geit and geif gut, steit und
- stät u. 8. w, nach der gewöhnlichen bindevocal. Conj. gebildete
- Formen wie unser «gehe». — 3174 liegich für liege ich. liege
- kann für /t»^e stehen, vgl. 196, denn es braucht hier nicht der
- Conj. angenommen zu werden, obgleich er statthaft ist. —
- ol75 hovet, niederd. Form für hochd. Iioubit, houbeU — ave für
- abe, — 8clän für aldn, vgl. 1582. — 3177 geven für gibe en,
- d. h. in. geve für gibe^ vgl. 196. — 3178 vrunde, wie gewöhnlich
- Blutsfreunde: dieser Bitter gehört also, wie so häufig in den
- deutschen und italienischen Städten , der Eaufmannsgilde, d. h.
- den Grol^händlern an. — 3179 seazen, niederd. Form für seha-
- zehen, — kauf man plur., indem man auch in den Zusammen-
- setzungen ebenso flexionslos wie als einfaches Wort behandelt
- wird, — 3182 gunsteltche adv., mit gunst, Wohlwollen. —
- 3183 in allen den geberen, vgl. 688; plur. des starken Neutrums
- gebere, — 3184 ein herre, als wenn er noch vornehmer wäre
- als er ist, dem Herren (Fürsten)-stand, nicht bloß dem Ritter-
- stand angehörte.
- 3187 ha/t, hier nicht wie 1194 u. s. w. von Gefangenen,
- sondern von Kranken gebraucht. —
- 11*
- 164 KÖXIG BOTHER.
- hie steit ein bt deme Stade,
- dar sal ich si üf heizin tragen.
- dar liget gesteine dat ist g6t
- and bözit manigen siner n6t.
- nemet ir einin, vrouwe, an die hant, 3195
- her lüchtet over alle die lant.
- svilich man ersterbe,
- ß her begravin werde,
- woldet ir in dar mide bestrichin,
- her levede sän vröltchin. 3200
- n^man nis halz noch krump,
- her ne werde zö hfcnt gesunt,
- also uns gener gesaget hat,
- d6 si hat here brächt.
- her sprichit, insl iz niuwit war 3205
- daz ich ü gesagit hän,
- daz ich in heize vähen
- nnde üf einin boum hähen.
- versöhtez, vrouwe, durch got.
- is Wirt ü wol gelönöt, 3210
- unde tröstet mtne arme kint
- die nu lange gelegin sint,
- wandich weiniger man
- stn da michel leit hän.»
- «Hu du mich, sprach die koningin, 3215
- biddis durch unsin trechttn,
- ich ne wil dir nit versagin.
- nu heiz die kint z6 deme sciffe tragin.»
- Luppolt was üz gegän.
- 3194 bozen, hier mit acc. der Person, gen. der Sache. —
- 3202 z6 kantvkdv,, sogleich. — 3205 in3t. in, proklitische Ne-
- gationspart., die hier selten in dieser Form erscheint, vgl. 1972. —
- 3209 versöhtez für versocketez. Die Hs. gibt versohez, also den
- Sing. Der Wechsel in der Anrede zwischen sing, und plur. ist
- hier durchaus hergebracht, aber an dieser Stelle wegen des paral-
- lelen tröstet doch nicht zuzugeben. — 3210 t«, gen. von gelonot
- abhängig. — 3214 m, gen. des Reflexiv für das Pron. 3. Fers.
- 3216 unsin, vgl. 604. — trechtm, vgl. 1416. — 3219 gegan,
- part. praßt, von gdn, —
- KOXja BOTHER. 165
- zvenzich ritär lossam 3220
- volgeden der vrouwen zö deme kiele,
- dar quämea die siechen sciere,
- den sü ddi* g6t solde sin.
- in den kiel trat die koningin.
- «wol üf, sprach der spileman, 3225
- z6 den Kriechen wille wir varn.
- siet war daz wlf stät,
- die uns here gemout hat.»
- dö sprungin vil sciere
- die Kriechen z6 deme kiele, 3@30
- die krumhen würfen sie an daz stat,
- g^neme wart der hantslac.
- die der vrouwen soldin plegen,
- die vörden die Kriechen after wegen.
- nu siet z6 deme välandes man, 3235
- wie her dat wif gewan.
- Die Kriechen hüven sich dan.
- die vrouwe vrägede den spileman,
- wie in dare sande
- zö deme selvin lande. 3240
- adaz dede min hßrre Constantln,
- der lieve vater din
- sante uns ovir mere.»
- «owi koninc ßothere,
- sprach daz wenige wif, 3245
- wie du nu dinen lif
- beginnis quelin umbe mich,
- s6 duon ich minin umbe dich.»
- 3223 8u nom. sing, fem., hochd. siu. — ffot, freundlicb, hülf-
- reich. — 3227 siet für sehet = 3235; siet war, seht wie da = seht^
- dort steht. — 3228 gemout für mhd. gemuot von müen, müejen
- swv., in mundartlicher Umkehrung des uo in ou oder richtiger
- Erweiterung des alten ö in ou. — 3232 geneme für hochd.
- ckeineme, vgl. 3155. — hantslac stm., das Bestreichen mit der
- Hand. — 3235 vdlandes man, vgl. 1160, ganz wie unser
- «Teufels Kerl», nur ohne den humoristischen Beigeschmack.
- 3239 wie für wer niederd. Form, vgl. 1426.
- 166 KÖKia BOTHSB.
- Die vrouwen gehfttin sich OTde.
- zö Constantinopole 32&0
- YÖrde sie die spileman.
- wie scire nüm^re quam,
- den vorsten w^re gelnnginl
- aldin nnde jnngin
- heizin sie willekomin sin. 3255
- in den kiel trat Constantln
- nnde nam die tohter bi der hant
- nnde vörde sie üf daz lant.
- her halste sie nnde knste,
- wie wol in des gelnste! 3260
- die möder weinende gienc,
- ir tohter sie ungeme infienc.
- swaz die möd^ redede,
- die tochter iz alliz dolede.
- Gonstantine was vü liep, 3265
- her inh4te üf ire sprechin niet,
- her liez si svigin nnde dagin,
- biz si is gnöch mohte havin.
- 3249 gehätin yon gehaben^ gehun^ Tgl. 3063. — 3252 nu-
- mere, niumcere stn., neue Kunde, hier Kunde überhaupt. —
- 3253 den vorsten, muß sich auf Constantin beziehen, denn jeder
- kuninc ist auch ein vurste* den für dem, — 3254 eddin unde
- jungin, die schwache Form des Adj. substant. gebraucht. —
- 3259 kalsehy hier schwach conj., umhalsen. Das Object (sie),
- das zu beiden Verben gehört, wird in der altem Sprache ge-
- wöhnlich zu dem ersten, nicht wie jetzt zum zweiten gesetzt. —
- 3260 gelüste, prset. von gelüsten, Wohlgefallen empfinden an
- etwas; öfters wiederkehrende Formel bei kuste. — 3264 doln
- swv., erdulden , d. h. hier schweigend über sich ergehen laßen,
- anhören. — 3265 was vil liep wie das adv. liebe, angenehm
- zu Muthe. — 3266 inhäte von in-, ent-hahen swv. — üf ent-
- hoben mit acc, etwas aufhalten, er hielt ihre, d. h. der Mutter
- Rede nicht auf, er ließ sie reden, so viel sie wollte. — 3267 si
- bezieht sich auf die Tochter; die Tochter ließ er gleichfalls
- thun was sie wollte, nämlich schweigen. — dagen swv., syno-
- nym von swtgen, — 3268 gnöch für genuoc, davon is nämlich
- swigen abhängig.
- X.
- Botber war gerade in Rifland abwesend, als die Entfüh-
- rung der Konigin geschah. Zurückgekehrt, fügt ersieh stand-
- haft in das Unglück, ohne irgend einem seiner Mannen Vor-
- würfe zu machen. Dafür erbieten sich diese ihm mit ihrer
- ganzen Kraft zu helfen , sein Weib wieder zu gewinnen. Eine
- große Flotte wird gerüstet, die in sechs Wochen den König
- und sein Heer von Bare an die griechische Küste bringt.
- Dort gelandet, beschließt Rother, sein übriges Heer im ver-
- steckten Lager zwischen Wald und Gebirge zu laßen, er selbst
- ^eht als ein wallender Mann in Begleitung Berchter's und Lu-
- poides auf die Stadt zu.
- Do erscal daz nümäre
- ovir al die stat z6 Bare, 3270
- daz die vrouwe was verlorn,
- si vorten ßötheres zorn:
- l)eide wif unde man,
- sie woldin alle inwech gän.
- d6 quam der hellt Luppolt 3275
- und tröste daz trürige volc,
- her bat sie d&r beliven;
- des inwßre negein zvivel,
- her ne gewunne die hulde,
- daz Bdther die sculde 3280
- an ir negeime r^che
- 3272 vorten ^irvorhten, praet. \ on vürhten, — 3274 inwech,
- mhd. enwec, prsep. in und subst. loec, adv., fort. — 3278 in-
- were für mhd. eniocere, ne wcere, — züivel stm., Zweifel; davon
- des abhängig und der negativ bedingte Satz her ne gewunne. —
- 3279 hulde, hier wie 2947 plur., ebenso 3280 schulde. — 3281 ne-
- geime für necheineme, — reche für rceche von rechen stv. —
- 168 KÖNIG BOTHEB.
- oder iht leides spreche.
- dö vielen al geliche
- die bürgere also riebe
- z6 den vözen Luppolde. 3285
- sie sprächen, svaz ber wolde,
- des volgeden sie üf sinen tröst.
- ir sorge wären vile gröz.
- do sprach der herre vile göt
- «got helfe un$ üzer n6t! 3290
- mines harren trüwe is so vil,
- wir genesen wol, of iz got wil»
- Von dem tage over siven nacht
- dd quam mit grözer beres kraft
- Röther der h^re 3295
- unde vant leide möre.
- Luppolt der getrüwe man,
- der gienc vor den berren allezan
- unde sprach z6 deme koninge herlich
- «ich hän mich, h^rre, wider dich 3300
- ovele bebalden, Eöthere.
- din wif ist wider over mere.
- daz havet Constantinis man
- mit grözen listen getan.
- nu vortich, b^rre, dinen zorn, 3305
- daz mer der lif st verlorn,
- hie steit min bröder Erwin,
- her lach durch den willin din
- z6 Kriechen vil manigen tach,
- daz her die sunne nie gesach. 3310
- 3287 «/ smen trost, auf den Trost hin, der von ihm ausgieng. —
- des von volgeden abhängig. — 3290 üzer prsep., so viel als uz, —
- 3292 genesen y retten uns, werden, gerettet, vgl, 707.
- 3293 siven nachi, vgl. 1293. — 3298 allezan zusammen-
- gesetztes adv. aus allez und ane, sofort; für das hs. allestauy
- indem öfter st für z, gleichsam nach hoch.- und niederd. Aus-
- sprache zusammen, geschrieben steht. -— 3301 mich ovele (mhd.
- uhele adv.) behalten wider dich, die Pflicht schlecht bewahrt gegen
- dich, — 3305 vortich für vorhte, mhd. vürhte ich. — 3307 »teii
- für stety stdty wie geit für get, vgl. 3171, — 3310 die sunnCy
- hier stark flectiert, 345 schwach. —
- KÖKia BOTBBB. 16^
- mohte wir sin geniezin,
- daz ir genesen liezin
- ein vil unsculdige diet,
- die nehät dir getan niet
- ich nam die bürgere, 3315
- die woldin üzer Bare
- alle iren wech g4n.
- üf minin tröst sin sie hie besten.
- ich bin eine sculdich wider dich,
- du Salt richtin over mich. 3320
- daz ist billich unde recht.
- waz bedorfte ein g6t knecht
- richtümes m^re,
- behßlde her trüwe und ^re?
- nu ich des ntne hän getan, 3325
- na läz iz mir an den lif gän.»
- Nu vememet wie Böther sprach,
- deme daz herzeleit gescach.
- vor den harren allin samt
- nam her Luppolde mit der hant 3330
- unde kusten vor den munt sin:
- «gehave dich wol, neve min,
- 3312 liezin 2. Pers. plur. praet. conj., vgl. 37. — 3318 uf minin
- troit, vgl. 3287. — 3319 eine, allein. — 3324 hehelde für mhd*
- behielte, vgl. 3301. -— 3325 m«e, vgl. 1199.
- 3331 knaten für kuste in. — 3332 gehave dich lool, dl&
- Phrase, jetzt bloß beim Abschied gebraucht, hat in der altern
- Sprache noch ganz den allgemeinen Sinn, den die Bedeutung
- von gehaben anzeigt, zugleich die Nebenbedeutung «sei unbe-
- sorgt». — neve swm-, ist zwar buchstäblich unser «Neffe»,
- wird aber nicht mit so genauer Beschränl^ung auf einen
- einzigen Verwandtschaftsgrad gebraucht, sondern für alle mög-
- lichen , hauptsächlich wo ein jüngerer und abhängiger dem *'
- älteren und vornehmeren gegenübersteht, oder auch wo eine
- besondere Trauliehkeit des Tones angeschlagen werden soll,
- daher gewöhnlich zur Uebersetzung unser «Vetter», was wir
- jetzt ebenso weitschichtig verwenden, beßer paßt als «Neffe»
- oder gar «Oheim», obgleich natürlich gelegentlieh auch vom
- Neffen in unserm Sinne genommen, Oheim gesagt werden kann
- und umgekehrt. —
- 170 KÖNIG BOTHEB.
- war nmbe quelis du den lif?
- iz levet so manich schöne wif.
- is uns aver sichein göt 3335
- von der vrouwen geordinöt,
- daz mach ze jungest wal irgän.
- svlch, tugenthafter man.
- vorchtes du minen zorn,
- so w6re din dienest ovele verlorn 3340
- daz du mir dicke h&st getitn.
- ja 16ge du helt lossam
- zö Kriechen dritehalf jär
- dlnes lives harte ungew&r,
- unde manich ritär örlich. 3345
- gezornitich immir widir dich,
- so dädich alse Judas,
- der sich selvin virlös.
- du salt den bürgeren sagin,
- daz sie sich alle wal gehavin.» 3350
- Dar hörde manich göt knecht
- Rötheres lantrecht
- 3336 got geordinot^ ein Heil geordnet, bestimmt, got in dem
- Sinne von Glücksgut, Glück. — 3337 ze jungest, vgl. 373. —
- 3339 vorchtes für vorhtest conj. pnet. von vürhten, — 3340 oveie,
- vgl. 3301, hier eigentlich neben vh'lorn überflüßig, aber als
- Verstärkung des Ausdrucks hinzugesetzt. — 3342 lege, 2. Fers,
- sing, prset. ind. von ligen, — 3343 dritehalf jdr. Die mit halb-
- zusammengesetzten Zahladj. werden entweder regelmäßig flec>
- tiert, also dritehalbez jär, oder flexionslos wie hier gebraucht. —
- 3344 ungewär adj., mhd. ungewvere mit gen., unsicher, unge-
- wiß, in Gefahr. — 3346 gezornitich für gezürnete ich» — 3347 da-
- dich für tcete ich. Der Reim Judas: lös ist um so auffallender,
- weil a in Judas nach sonstiger mhd. Aussprache kurz ist.
- Wäre es lang, würde es weniger befremden, indem sich ä und 6
- in dieser Mundart, wie ä und ö häufig nahe berühren, wohl
- auch miteinander wechseln. — 3348 virlos von Verliesen, in
- transitivischer Bedeutung: zu Grunde richten. — 3350 wal ge^
- havin, vgl. 3332.
- 3352 lantrecht stn., das, was als allgemeine Sitte und Recht
- (beide Begriffe untrennbar verbunden) gilt, oder was im ein-
- zelnen Falle von dem dazu Befugten (Fürsten, Richter) nicht
- kOnig botheb. 171
- unde wie sin zom was get&n.
- der herzöge von Merän
- gienc gezogenltche 3355
- vor den koninc rlche
- nnde lachede vor lieve:
- «nn läze dich got virdienen
- daz du Lnppolde hast getan
- an mir armen man. 3360
- hüde hat din trüwe
- die aldin zncht genüwet
- der din vater plegete
- die wlle daz her levete.
- unde w&re min lif zväre 3365
- also vor vonfzich j&ren,
- so verdiendich dise 6re
- nnde edltche m^re.
- nune mach des leider niwet sin.
- nn hat der koninc Gonstantin 3370
- etelicheme gemachet mö,
- dar gedenket, jungelinge, zö,
- die hie intgegenwart stän.
- -daz ist des välandes man.
- ich gemezze, Böthere, 3375
- wir solin mit kreften over mere. ^m^
- mir nist der hart nie s6 grä, ^^
- daz ich hie heime hestä.))
- aus eigenem Ermeßen, wenn auch durch eigenen Mund, s^-
- deni aus dem' Volksbewnßtsein heraus bestimmt und ent-
- schieden wird. — 3353 getan, so viel als beschaffen, geartet. —
- 3357 lieve, vgl. 1352. — 1359 daz, demonst. und relat. zu-
- sammen, das was. — 3360 an mir, auf vird. bezogen. Gott
- laße es geschehen, daß ich durch meine Thaten dir den Dank
- abstatte für das, was du an Luppold gethan. — 3363 plegen,
- pflegen swv., intensiv zu pflegen stv. — 3368 editche,
- mundartliche Nebenform für ete-etteltche, — 3369 nune für
- nune, — nitoet = niwifU , davon des abhängig. — 3371 mo,
- mhd. muo, müeje stf.. Mühe, Noth. — 3373 intgegenwart
- == en, d. h. in, t euphon. eingeschoben, gegenwart, wert,
- eigentlich «(gegenüber» adv., wie unser «gegenwärtig». —
- 3374 väiandes man, vgl. 3235. — 3375 gemezzen stv., ur-
- theilen, und infolge deßen «Rath geben». — 3377 nie, bloß Ver-
- 172 KÖNIG JROTHEB.
- «W&r sint nu, sprach Aspriän,
- mlnes harren Rötheres man 3380
- den her ie sin g6t gaf
- unde den kreftigen scaz?
- nu hedarf her an der nöde.»
- d6 drangin helede göde
- vaste z6 deme ringe... 3385
- unde erven manich lantrecht.
- dar lovete manich göt kneeht
- Röthere deme riehen
- harde vromellche,
- qu^mez ime an die not, 3390
- si riden mit ime an den d6t.
- lüde rief Widolt
- ((hie ist ein hMicher volc;
- lant unde mäge
- setzent sie an die wäge 3395
- durch dlnen willen, Röthere.
- wir solin dir helpin ovir mere.
- sver dir icht dienet,
- deme wirt wal gelönet.
- uns havint Constantlnes man 3iOO
- ein gröz herzeleit getan,
- ^muzzen si des, daz w^re mer zorn,
- ^Hietich och einin michelen louf verlorn.))
- . Stärkung der Negation ohne sichtbare Beziehung auf die Zeit. — *
- ^r^, vgl. 2469.
- 3382 kreftic adj., di« Bedeutung von kra/ty Zahl und
- innere Kraft, Starke, Tüchtigkeit vereinigend. — 3383 her
- für herer , ir, ihrer, könnte also der Deutlichkeit halber
- herr geschrieben werden. — 3385 Daß nach 3385 eine Lücke
- ist, ergibt nicht bloß der fehlende Reim, sondern noch
- mehr der unterbrochene Zusammenhang der Darstellung. —
- 3386 lantrecht, vgl. 3352, hier: was dem einzelnen an Recht
- und Besitz, Ehre und Standesrechten kraft des allgemeinen
- Herkommens und der Sitte gebührt. — 3387 loben swv., so
- viel als unser «geloben». — 3390 quemez für quaeme ez, conj.
- praet. von kumen. — 3393 volc hier stm., wie in der älteren
- Sprache häufiger als später,- aber ohne Unterschied der Be-
- deutung. — 3395 wäge stf.. Wage, als bildlicher Ausdruck für
- Wagniß. — 3403 michelen louf, seinen großen Weg, den er
- KÖNIG EOTHEB. 173
- D6 sprach der helit WolMt
- «nu iz Widolt gelovet hkt, 3405
- daz wir deme koninge Röthere
- solin helfen over mere,
- ich vöre üzer mtnen lande
- der türen wigande
- eine michele scare, 3410
- zvelif düsent rit&re wallegare.
- Luppolde zvären
- wü ich sin ßre waren,
- der htoe ist min konlinc.
- iz ist ein cristenlich dinc, 3415
- daz beide bröthere onde nevin
- bit ein ander rechte levin.
- sver den vrunt durch sin eines rät
- yerläzet, so iz ime an die not gät,
- gesviche her deme lantman, 3420
- her böte michel baz getan.»
- von dem Riesenlande in Begleitung seines Herren Asprian zu
- Bother gemacht, oder vielleicht sprichwortlich: louf^wettelouf.
- — ocAsrottcA, vgl. 854.
- 3411 wallegare wie wtcgare u. s. w. gebildet: gerüstet nicht
- zur «Wallfahrt», sondern zur Fahrt, zum «wallen», was diese
- allgemeine Bedeutung hat und erst allmählich sich auf die
- heutige engere zusammenzieht. Nicht zu verschweigen ist,
- daß unten 4082 wole gare in derselben Situation, für vollstän«
- dig gerüstete Bitter gebraucht wird, sodaß walle gare hier für
- wale, d. h. wole geschrieben sein könnte; wallegar ist bis jetzt
- nicht weiter nachgewiesen , doch ist gegen die richtige Bildung
- des Wortes nichts einzuwenden. -^ 3413 waren: zwären, einer
- der 2497 bemerkten Fälle von Dehnung der vorletzten kurzen
- Silbe im zweisilbigen Beim. — 3414 konlinc stm., Geschlechts-
- genoü^e. Verwandter, von künne stn., seltenes und alterthüm-
- liches Wort. ~^, 8416 bröthere, mit alterthümlichem th für das
- neuere d. — 3417 ein ander, hier nach der gewohnlichen Weise
- indeclinabel gebraucht. — 3418 vrunt, wie gewöhnlich Bhits-
- frennd, vgl. 443. — durch sm eines rät, indem er, der eine,
- die Veranlaßung dazu gibt oder sich dazu entschließt, während
- der andere unschuldig ist. — 3419 ime bezieht sich auf den
- andern, den Verwandten. — 3420 gesviche von gesimchen stv.,
- im Stiche laßen, in böslicher oder verrätheri scher Art. —
- lantman stm., Landsmann.
- 174 KÖNIG BOTHEB.
- ((Berchter der riebe
- der tede vromeltche:
- dö min vatir was virtriben,
- her gewan ime sin lant wider 3425
- her erslüch Elvewine,
- einen herzogen van Eine,
- der was ein vreisclicher man, .
- her häte uns michil leith getan,
- von den sculdin sinen, 3430
- Luppolt, trüt neve mine,
- so wil ich imer dir bi stau
- die wile ich daz levin hän.»
- sns vermaz sich in deme ringe
- der höre von Tengelingen. 3436
- aWÄr sin mine mäge nnde man?
- wir sulin sicberliche vam
- in daz Constantinis lant,
- sprach Luppolt der holet halt.
- nu min neve Wolfrftt, 3440
- als er gelovet hat,
- ridet beim ze lande
- nä den wiganden,
- so vörich helede junge
- z6 der samenunge 3445
- S42QElvevnn€. Von diesem Ehewin ist, wie überhaupt von dem
- ganzen wesentlich bairischen Sagenkreiße, deßen Mitte Wolf-
- rat darstellt, nichts bekannt. Man hat wegen der Identität
- des Namens an Alboin den Langobardenkönig gedacht, aber
- nicht nachgewiesen, wie der an den Bhein kommt. — 3428 vreis^
- cltcher = vreislicher, — 3429 leühy vgl. 1740 und 3418. —
- 3430 sculde überhaupt: Ursache, Veranlaßung, die in einer
- guten oder bösen That liegt, hier auf Berchter bezogen:
- um seiner guten Handlung gegen meinen Vater . willen. —
- 3431 mine schwache Form, hier offenbar nur des zweisilbigen
- Reimes wegen. — 3434 na, nicht wie 2903 in der Mitte der
- Rede, sondern im Abschluß, wo sonst aUus gebraucht wird. —
- sich vermezzen, weniger hier: sich anheischig machen , als: mit
- Nachdruck erklären, sagen.
- 3445 samenunge stt, Versammlung des ganzen ritterlichen
- Aufgebotes und Ort desselben. —
- KÖNIG BOTHEB. 175
- üz der stat zd Meylän,
- die ich von B6there hän,
- zvSnzich düsint manne
- mit sn^wizen bnmnen.
- des si ein tach gesprochin 3450
- van hüte ober zvelf wochin
- her zö Bare üf den sant.»
- daz gelovete manich wlgant
- vor Böthere deme riehen
- harde vromeltche. 3455
- Dö sprach der herzöge von Merän
- «zv^nzich düsint lofsam
- der Salt da wartin, Böthere,
- von mir ze volleist over mere.
- ich gelove dir an die trüwe mtn, 3460
- widervert mir Constantin,
- deme wirt lichte ein sverdis slach,
- daz her gedenken nine mach
- of ime die tohter ie wurde liep.
- stervich 6 des, inmach ich dan niet, 3465
- daz inwize mir negein man,
- 3446 MeylaUj Mailand. Merän, wie früher vorgeschlagen wurde,
- dafür zu setzen, ist schon deshalb unstatthaft, weil zur Zeit,
- als dieß Gedicht entstand, es noch keine stat ze Merurij wohl
- aber Grafen und Herzoge, die sich so nach dem Landesnamen
- M. nannten, gab. — 3449 bnmnen , sonst ist die ältere Form
- brunje gewöhnlich, vgl. 686; an dieser Stelle und 4106 ist des
- Reimes wegen itrunne gesetzt. — 3450 dea^ in Beziehung darauf,
- dafdr. — einen tach sprechen, verkündigen, anberaumen. —
- 3452 santj vgl. 833.
- 3457 lofsam^ also das bekannte /overam, erscheint hier zu-
- erst in der Hs. aber als lufsam geschrieben ; über lussam, lossam
- u. s. w. vgl. 749. — 3458 wartin, gewärtig sein. — 3459 voUeist
- stm. oder stf.? Beistand, Hülfe. — 3461 widertam stv.,
- begegnen. — 3462 lichie adv., wahrscheinlich, vgl. 1008. —
- 3465 stervich für sterbe ich, hier wohl conj. als dubitat.
- im bedingten Satze, obwol der zweite eingeschobene des-
- selben Gehaltes inmach ich dan niet, indicat. ausgedrückt
- ist. — e des, e wie in unserm «ehedem» als praep. gebraucht. —
- inmach für m, ne mach, wie in inwize. — 3466 wtzen stv., zumVor-
- wurf machen, zur Last legen. — daz bezieht sich nicht auf das
- 176 XÖNia BOTHEB.
- wände her hat mir michel leit getan.
- mich dvinget noch die aide n6t,
- daz her Lnppolde s6 hat gemarteröt.»
- Die herren lägen over nacht 3470
- ze Bare in der stat.
- des morgenis rümten si den sant.
- strichen vorsten oher lant,
- Luppolt gegen Meylän,
- Berchtere ze Merän. 3475
- dö reit ein helit junge
- gegen Tengelingen,
- daz was der helit Wolf rät,
- als uns daz buch gezalt hat,
- mit wie getanen örin 3480
- sie Röthere deme hörin
- gewunnin die vil göden
- Pipinchines möder,
- von deme uns Karle sit bequam
- unde eine magit lossam, 3485
- Gelingen oder Niehtgelingen seiner Rache, sondern auf den
- Vorsatz der Rache überhaupt , die auch, wenn sie nicht gelingt,
- •doch berechtigt ist. — 3469 gemarterot von marteron oder
- martelon swv., martern.
- 3473 strichen von strichen stv., vgl. 2978 , sich eilends be-
- wegen. — 3483. Hier wird auf einmal die Königin sur Mutter
- «Ines benannten Sohnes gemacht (oben ist bloß von einem ham
- im allgemeinen die Rede) und dieser Sohn mit Pipin, dem
- Vater KarPs des Großen, identificiert. Ueber die innem Ver-
- bindnngsgelenke der Sage vgl. die Einleitung. Pipinefnnes^ so
- «tatt des Piptnchis der Hs., also die deminutive oder Koseform,
- vielleicht mit Erinnerung an den damals schon sehr üblichen
- Beinamen des Helden irevis. Anderwärts erscheint die ein-
- fache Form Pip- Pippin, aber 5042 steht wieder Pippingis. Alle
- andern Deminativformen zeigen hier das hocbd. -/tn, nicht das
- niederd. -Kn, chtn. — 34S4 uns, d. h. der ganzen christlichen
- Welt, insbesondere aber den Franken am Niederrhein, denen er
- als specieller Landsmann im Leben und Tod angehörte. —
- Karle braucht keine weitere Bezeichnung im ganzen deutschen
- Mittelalter, denn «Karl der Große» ist erst auf gelehrtem Wege
- in unsere Sprache gekommen. —
- V
- KÖNIG BOTHBB. 177
- die göde sancte Gßrdrüt.
- dar zö Nivelle hat sie hüs
- unde hilfit den eilenden
- gerne üz den sunden.
- von du nis daz liet 3490
- von lugenen gedihtet niet.
- Der zit iz nähen began.
- sich vazzede manich man
- in die grözen herevart
- die Röthere gelovet hat. 3495
- d6 streich ein alder wigant
- wol gevazzit over lant
- in die stat ze Bare
- linde sagete lieve märe,
- daz qu^me manich hereman. 3500
- her reit ein ros lovesam
- linde vörde in deme scilde sin
- eine bukelen guldin.
- der seilt was also getan
- daz her alse ein vür bran 3505
- von deme overglaste.
- 3486 Gerdrut, gest. 658 als Aebtissin von Nivelle, ist nun frei-
- lich nicht die Schwester EarPs des Großen, weil sie nicht
- die Tochter des jungem König Pipin's, sondern eines viel
- altern Pipin und der Ita ist. Da sie aber die gefeiertste Heilige
- des fränkischen Königshauses ist, so wird sie zur Schwester
- des größten Königs desselben gemacht. St. Gertrud ist die
- populärste Heilige von Nordwestdeutschland, wie ihre unzähligen
- Kirchen in Belgien und am Niederrhein, die zahlreichen davon
- abgeleiteten Ortsnamen und die Verbreitung ihres Namens als
- Taufname noch heute, gerade so wie seit 1000 Jahren, be-
- weisen. Daß sie diese Popularität ebenso sehr ihrer Verbin-
- dung mit Karl dem Großen, wie starken Keminiscenzen an
- «ine heidnische Gottheit (ihr Name selbst ist der einer Wal-
- küre) verdankt, liegt auf der Hand. — 3490 von du, vgl.
- 303 und die Einleitung.
- 3493 vazzede, vgl. 157. — 3500 hereman stm., Kriegs-
- mann , ebenso nom. appell. wie propr. — 3503 hukele swf.,
- Buckel im Gegensatz zu rant, die erhabene Mitte des Schildes. —
- 3505 ein vür, Feuerstrahl. — 3506 overglaste, vgl. 1867. —
- xOina BOTHiB. 12
- 178 KÖNIG ROTHBB.
- her tröch ein brunjen vaste,
- üf den gurtel ginc im der bart.
- nichein höre newart
- bi den ziten also lofsam 35io
- alse der here van Merän.
- Röther der riebe
- entiinc in vromeliche,
- also tede Asprl&n
- * nnde Widolt der köne man. 3515
- her sprach «eiä koninc edele,
- nunc halt dich nicht ovele
- unde gif mir daz boden bröt.
- dir komet manich helit göt.
- nim die burgäre 3520
- unde rlt üz ze B&re
- üf den sant lofsam.
- du gesiest edelichen man
- ^ dise dach ende.
- ich bin vore gesendet 3525
- daz ich der, h^rre, sal sagin
- wie gröze maginkraft si havin.»
- Röther unde Asprtän
- unde Widolt der köne man,
- die nämen die burgäre 3530
- unde riden üz ze Bare
- üf einin sant lofsam %
- unde wartin allinthalvin dan.
- dö sägen si under lüften
- volc bit grözin kreften 3535
- rlden wol gewäfenöt.
- dar brächte manigen helet göt
- Luppolt, der getrüe man,
- 3518 hodtn brot, metaphor. für Botenlohn überhaupt. — 3523 ge-
- siest für gesihest. — 3524 dwe, niederd. Form neben und für
- diser^ nom. sing. masc. — 3527 maginkraft^ vgl. 597.
- 3532 lofsam steht hier und 3523 in der Hs., obgleich man
- eher lossam = lustsam erwartet hätte. — 3534 sägen für
- sahen. — under lüften, in freier Luft. — 3538 getrüe j mhd.
- getriuwe, —
- KÖNIG BOTHEE. 179
- unde vörde einin h^rüchen van.
- aisin der wint hete verwandelöt, 3540
- so lüchte dar ane daz golt röt
- in allin den gebörin
- alsiz himelblicke w^rin.
- dö sprächin die burgäre
- üzer der stat ze Bare 3545
- « genedeclicher trechtin ,
- wer mach geniz volc sin *
- bi deme vanen wol getan?»
- dö sprach der herzöge von Merän
- «Röther, lieve hörre min, 3550
- dat sin die nötstadele din.
- jeniz zeichen lossam
- vörit Luppolt, der getrüe man.
- der verdienet hüde sin gräfscaft,
- daz du ir ime wole gunnen macht. 3555
- iz ist harde wßhe undersniden,
- dar rldent zvßnzich düsiiit mide
- also getaner hereman,
- daz dar niwit mach vore bestÄn.
- die vörich unde mine kint 3560
- durch dinen willin in den sint.»
- Dö lüchten in strite over lant
- smaracten unde jächant
- 3540 verwandelon swv., umdrehen, herumwerfen. — 3542 in allin
- den geherin^ vgl. 3185. — 3543 himelblic stm., Blitz vom Himmel,
- d. b. Blitz in der jetzt gewöhnlichen Bedeutung. — 3551 nötstadele,
- gewöhnlich swm., hier aber stm., Helfer, Genoße, verbunden durch
- dauernde Bande, der Mannschaft, des Blutes u. s. w. Die Hs.
- gibt nötstadele mm, was richtig sein könnte, denn dieß Heer be-
- steht aus notstad. ebenso gut Berchter's wie Rotber's, auch der
- etwas bedenkliche rührende Reim ließe sich noch entschuldigen,
- aber die Vermuthung eines bloßen Schreibfehlers der immer nach-
- Ja&iger werdenden Hs. liegt doch zu nahe. — 3552 zeichen, vgl.
- 2850. — 3555 ir srni grdfscaft bezogen, von gunnen abhängig. —
- 3556 wehe, mhd. wcehe, zierlich, geschmackvoll, vgl. 406. —
- undersniden, part. praet. pass. von undersniden stv., in verschiedene
- Abtheilungen zerschneiden, zerlegen. — 3561 sint, vgl. 1941.
- 3562 in strite, im Wettstreit. — 3563 smaracten, Smaragde. —
- jdchani, vgl. 223. —
- 12*
- 180 KÖNIG BOTHBB.
- neven der Luppoldis scare.
- dem.e einin vanen sn^vare 3565
- deme volgedin jungelinge,
- die vörde van Tengelingen
- Wolfrät, der junge man.
- dar riden vonfzich düsint an
- der üz genomenen diete, 3570
- in allin ^rin st^te.
- pellin unde kleine* gewlre,
- die scönen gezlre
- die dar ie dechein man
- ze herverte gewan, 3575
- die vörtin si an den rossen.
- in pellinen rocken
- quam die beirische diet.
- iz ne belüchte nie chein liet
- also manigen heim g6t 3580
- mit golde wol gezieröt,
- dan der helet Wolfrät
- sime neven h6te brächt.
- iz scinet den Beieren imer mer an:
- da ist noch manich wätziere man. 3585
- Alse die helede göte
- geherbergöten
- üffe den sant bi dem mere,
- dö gienc der koninc Röthere
- und infienc mit grözen 6ren 3590
- Luppolde den harren
- 3564 neven, abgekürzt aus in-eneven, neben. — 3570 uz ge-
- nomen, ausgezeichnet, Tgl. 2222. — 3571 in allen eren stete,
- mhd. sicete, fest, beständig. — 3572 pelle, vgl. 3070. — ge-
- wtre, vgl. 793. — kleine, zierlich, kostbar, vgl. 871. —
- 3573 die sconin gezvre, die dar ie.,,, wo die correcte Ans-
- drucksweise entweder den Superl. die sconesten geziere oder
- Compar. sconere geziere dan ie dehein man verlangt hätte. Wei-
- teres darüber 3726. — 3577 pellm, adj. von pelle gemacht.
- — 3579 liet, mit ausgestoßenem • Guttural für lieht, wie so
- oft in dieser Mundart in der Verb, kt das h ausgestoßen wird. —
- 3585 wdtziere adj., kleidgeschmückt, also schön gekleidet.
- KÖNIG BOTHBB. 181
- unde Wolfrätin
- unde manigen helet götin.
- die heiz her willekomin sin.
- «owi, Röther hörre min, 3595
- sprach der riese Aspriän,
- daz ich nicht samenunge nehän
- üzer mineme lande
- der tüeren wtgande,
- daz machit daz si verre stn. 3600
- nu möz ich leider eine sin.»
- «svigit, h^re Aspri&n,
- sprach Widolt der köne man,
- dar zö Constantinopole,
- in der m§ren hurge, 3605
- nist negeinis salis dnre,
- unde gestellit ir mich da vure,
- ist dar dan ieman inne,
- sich hevet ein unminne,
- daz man sie hiz tömes tach 3610
- mit necheinen ^ren verreden inmach. »
- Die h^ren wären dar over nacht
- biz an den anderen tach.
- dö nam der höre von Merän
- Luppolden den getrüwen man 3615
- unde Wolfräte,
- sie giengen vile dräte,
- die svert drüch Erwin,
- daz gebot ime der vater sin.
- 3599 Wie mhd. neben tiure aus euphon. Gründen (vor
- dem r) Huwer, so hier tüer neben iure. — 3600 daz machit,
- davon ist der Grund, daß sie. — 3606 dure, mhd. türe, tür
- stf., Thüre und Thor. — 3607 unde, Einführung des zwischen-
- geschobenen hypothetischen Satzes ; ähnlich wie 2928 des Nach-
- satzes. — 3609 unminne stf., wie alle die Comp, mit un nicht
- bloß einfach negierend, sondern den posit. Begriff zerstörend,
- also Streit, Kampf. — 3610 tomes tachy vgl. 799. — 3611 verreden
- swv., durch Reden zu Ende bringen, also hier: austragen, stillen.
- 3618 die svert drüch (für mhd. truoc) Erunn, als der jüngste
- und mindest vornehme unter diesen vier Fürsten.
- 182 KÖNIG BOTHEB.
- D6 riedin sie deme koninge, 3620
- daz her üzer der menige
- welide drtzich düsint lossam
- unde lieze die andre ze hüs varn
- inde gäfe in bit golde,
- die daz nemen wolde. 3625
- alse d^ rät was getan,
- dö gienc der riese Aspriän
- unde nam des koninges golt r6t,
- als ime Berchtere gebot,
- inde gaf den wtganden. 3630
- her vromede sie heim ze lande,
- dö vörte der koninc Röthere
- drtzic düsint over mere,
- unde zvßn und zvßnzich kiele
- wurdin geladen sciere. 3635
- dar vor vil manich man,
- des vader nie ze Bare quam.
- Lüde duzzin die segele,
- die kiele giengen evene
- inde quämen in ses wochen 3640
- over mere gevlozzen
- hin ze Constantinopole,
- der vil mßren bürge,
- eine mile niderhalf der stat,
- dar holz unde geberge lac, 3645
- dar zugen Rötheres man
- under die boume lossam
- 3623 die andre, vgl. 2974. — 3624 gd/ej mhd. gcebe. — bit,
- praep. =*ntV, vgl. 2977. Ueber diesen Gebrauch der Prsßp. mit
- vgl. 1704, 1774; unser «vermittelst» würde ungefähr dasselbe
- sein. — 3625 die daz nemen wolde, die = der demonstr. und
- relat. zugleich, als Einfuhrung eines bedingenden Zusatzes:
- wenn einer... — 3631 vromede sie heim, vgl. 2826, 3049.
- 3638 duzzin, plur. prset. von diezen, vgl. 182. — 3639 evene
- adv., gleichmäßig. — 3645 holz stn., Gehölz, Wald. — geberye
- stn., mhd. gebirge, Bergland, nicht bloß «Gebirge» im jetzigen
- Sinne. —
- KÖNIO BOTHEE. 183
- die ros üz den kielen,
- daz iz inwiste niemen ^
- over al Krieehenlant, 3650
- wie manich tüere wigant
- in den walt scöne
- l)rächte der koninc von Röme,
- an den lach die aide zucht
- unde die werdecltche vrucht, 3655
- die solde ein iegeltch man
- wider sinen harren hdn,
- sone vorde die gruntveste
- nüwit der helle gesten.
- Alse die helede gote 3660
- die seif gerümöten,
- dö zugen die Rötheres man
- under die boume lossam.
- dö sprach der koninc riche
- ^654 die aide zucht, wie sie in der guten alten Zeit galt. —
- 3655 werdecliche vrucht, so oder werentlich^ was richtig ge-
- bildet, aber nicht nachgewiesen ist (dauerhaft, beständig) für
- wereltliche vrucht der Hs., was keinen Sinn gibt; werdeclich,
- werthvoU, würdig, vrucht ist unser «Frucht», zugleich aber
- auch die ganze Art, die durch Abstammung und Herkunft in
- irgend einem Individuum als seine eigentliche Substanz vor-
- handen ist, also hier werdecliche vrucht so viel als die wür-
- dige, ehrenwerthe Art ihres Geschlechtes. — 3656 die, nämlich
- die aide zucht, — 3658. 3659 vorde die gruntveste nüwit der helle
- gesten, so schreibe ich diese schwierige Stelle in möglichst genauer
- Anlehnung an die Hs., wobei nur das hs. worde als vorde, wie
- so oft V für w und umgekehrt geschrieben, genommen wird,
- und vorde für vorte, d. h. vorhte, praet. conj. von vürhten. —
- die gruntveste stf., die Erde, als eigentliche Heimat und fester
- Sitz der Menschen. — gesten, inf. des schwachen Verb, gesten,
- zischend aufschäumen. Das Zischen und Aufschäumen des
- Höllenbrodems droht die Erde zu verschlingen und wird sie
- wegen der Bosheit der Menschen auch baldigst verschlingen,
- nach jenem aus christlichen und national heidnischen An-
- schauungen zusammengesetzten Glauben an das baldige Ende
- der Welt, der das ganze Mittelalter durchzieht. Die Bosheit
- der Menschen ist es, die den Sieg der Hölle hervorbringt.
- 3661 gerümvten plusquamperf., geräumt hatten. —
- 184
- KÖNIG »OTHBE.
- harde wSsliche
- «vrunt inde man,
- ich wil vor Constantine gän,
- in wallöres wlse
- werven mlne splse
- durch nümäris willen.»
- d,ö sprach von Tengelingen
- WolMt der junge man
- ('dune Salt nicht eine dare gän.
- Berchter ist ein wis man
- unde hat dir manigen rät getan:
- wilt du koninc h^re,
- behalden din ^re,
- danne bidde mit dir gän
- Luppolde den getrüwen man.
- nu nim daz göde hörn min,
- daz sal die bezechenunge sin.
- die Kriechen plegent sinne;
- unde wirt dln ieman inne,
- dich vänt Constanttnis man.»
- «introuwen, sprach Aspriän,
- verneme wir din hörn,
- s6 ist die veste verlorn.
- die burc nist nirgen s6 wit,
- 3665
- 3670
- 3676
- 3680
- 3686
- 3666 vrunt inde man = mäge unde man, — 3668 wallere ist ein
- fahrender Mann an sich ohne directe Beziehung auf eine «Wall-
- fahrt», hier aber allerdings als ein zu den heiligen Stätten im
- Orient Fahrender, also Kreuzfahrer, die bald einzeln, bald in
- größeren oder kleineren Gesellschaften, bald in ganzen Heeren
- Konstantinopel überschwemmten. — 3670 durch nümdris willen.
- Die Erklärung «Neuigkeiten zu erkunden» liegt am nächsten,
- obgleich man nach 3715 auch zu einer andern «wegen, d. h.
- durch die Neuigkeiten, die der Waller erzählt», geneigt sein
- konnte. — 3681 bezechenunge stf., Wahrzeichen. — 3682 sinne
- gen. plur. von plegent abhängig, sinne , hier wie oft klage,
- listige Anschläge. — 3688 so wit^ so geräumig; es handelt
- sich hier um die größte und geräumigste Stadt der damaligen
- Welt, nicht um eine «Burg» in unserm Sinne, wie schon
- bemerkt. —
- KÖNIG ROTHBR. 185
- s^ mir s61e unde lip,
- vor wilecber sträze ich bestän, 3690
- unde Widolt der köne man,
- dar Wirt der engeste pfat
- den ie chein man getrat.»
- 3689 80 mir sele unde Itp, elliptische Betheuerungsformel : an-
- geschädigt erhalten bleiben möge oder dergleichen zn ergänzen. —
- 3693 chein für sichein oder dechein.
- XI.
- Die drei Helden, als Pilgrime verkleidet, begegnen auf dem
- Wege nach der Stadt einem Ritter Constantin's , den Rother
- ausfragt, was es Neues gebe. Er erzählt ihm und seinen G-e-
- fahrten, was sie selbst noch beider wißen, von Rother's früherem
- Aufenthalt in Konstantinopel, der Entführung der Königstochter
- und von ihrer Rückentführung durch die List eines fahrenden
- Mannes. Weiter aber meldet er, was Rother noch nicht weiß,
- wie der entflohene Ymelot mit einem großen Heere wieder Tor
- Konstantinopel erschienen und den König Constantin gezwungen,
- ihm die Hand seiner Tochter, Rother*s Gemahlin, für seinen
- Sohn zu versprechen. Heute Ahend> solle die Vermählung sein.
- Darüber grämt sich Rother aufs tiefste, aber vergißt auf
- Berchter's Rath doch der Vorsicht nicht. Er schleicht sich in
- den Saal Constantin's mit seinen zwei Gefährten, wo eben das
- Hochzeitmahl gefeiert wird. Heimlich steckt er der jungen
- Königin einen Ring mit seinem Namen zu, woran diese sich
- tröstet. Aber Ymelot merkt, daß Späher im Saale sind und
- Rother, als er sich entdeckt sieht, tritt selbst mit seinen Ge-
- fährten hervor und überliefert sich seinen Feinden. Sie be-
- schließen seinen Tod und gewähren ihm nur, daß er an dem
- Berge vor dem Walde draußen, wo sein Heer heimlich lagert,
- im Beisein aller heidnischen Fürsten an den Galgen gehängt
- werde , damit er in solcher Umgebung wenigstens eines fürsten-
- mäßigen Todes sterbe.
- Do sluffen die helede göte
- in pilegrimis gewete. 3695
- 3694 sluffen 3. pers. plur. praet. von sliefen. — 3695 püe-
- grtm stm., Pilgrim , Pilger , das lat. peregrinus , immer in der
- bestimmten Bedeutung, in der wir das Wort jetzt noch brau-
- chen. Ein solcher pilegrim hat seine besondere Tracht (gewete),
- dieselbe, die wir jetzt noch kennen. Hier ist überall wie in
- der Hs. pilegrim geschrieben, obgleich der Reim min, 3709, die
- auch sonst üblichere Form pilgerin nahe genug legt. —
- KÖNIG BOTHER. 187
- der herzöge von Mer&n
- und Luppolt der getrüwe man,
- die volgitin deme koninge,
- gände von der menige.
- Dö reit ein recke g6te, 3700
- vor den walt her schouwöte.
- Röther der rSche
- gröztin gütliche
- nnde vrägede,
- waz dar mores wäre: 3705
- «ich bin ein eilender man,
- nk mtner spise m6z ich gän.
- na sage mir, trüt h^rre min,
- ich bin ein arm pilegrira
- unde vare durch die riche 3710
- vil gämerliche.
- so mdz der nöthafter man
- dicke zö hove gän,
- dar vrägit man den walläre
- gerne nümäre. 3715
- sagistu mir icht durch got,
- des wirt dir wole gelönöt.»
- Dö sprach der helt tuginthaft
- «ich sage der wunderes kraft.
- 3699 gdnde part. von gdn. — von der, sich trennend.
- 3700 recke gote, vgl. 109. — 3703 groztin für grozte in von
- grozen swv., mhd. grüezen. — 3704 vrdgete kann der Vers
- nicht schließen. Vielleicht stand vrdgede drdte, was einen
- vollkommen genügenden Vers und Reim gewähren würde.
- — 3705 meres gen. von mare stn.=maere, von toaz abhängig. —
- rfar, da zu Lande und in der Stadt. — 3706 eilende , wieder
- wie oft mit dem doppelten Sinne des fremden und armen
- Mannes. — 371 1 gdmerliche adv. g für anl.y, wie in gener u. s. w.,
- aber in diesem Falle nur mundartlich, nicht eigentlich mhd. —
- 3712 «6, aus diesem Grunde. — der nothafter man, vgl. 214.
- nutka/t ^ nddig , vgl. 1396. — 3715 gerne, wie man pflegt,
- gewöhnlich. — nümdre, hier gen. plur. von numdre =s niumcBre
- von vrdgen abhängig. — 3716 durch got, um Gottes willen,
- aus Barmherzigkeit, die Gott belohnt.
- 2719 wunderes kraft, kraft, vgl. 1314. Der Vers würde
- J88
- KÖNIG BOTHEB.
- \
- hi z6 Constantinopole ,
- der vil merin bürge,
- was ein recke höre
- unde plach grözir 6ren,
- daz schinit mir immir an:
- her hat mer michil guot getan.
- ime wären die vursten alle holt.
- her gaf in daz kreftige golt
- daz ie siebein man
- zö desir werlde gewan.
- sin hof stunt offin vromeliche
- den armin unde den riehen,
- die vundin an deme götin
- vatir unde mötir.
- sin Wille was zö gebine.
- her ne röchte nicht z6 lebine
- mit sicheinis scatzis ubersite.
- dar heter urloge mite,
- her svante in nacht unde tac.
- 3720
- 3725
- 3730
- 3735
- durch ein eingeschobenes die zwischen wunderes und kraft beüer,
- aber die Formel, die häufig wiederkehrt, zeigt überall den
- vorausgegangenen Genetiv unmittelbar mit kraft verbunden,
- wie auch oben 2118 spilis kraft. — 3724 schinit mir on, d. h.
- das kommt an mir zum Vorschein. — 3727 kreftic gibt den
- ganzen Begriff von kraft adjectiv. gewandt, vgl. 3382. Die
- Form des Positivs kreftic fällt auf, weil man den Superlativ
- erwartet. Ganz so 3780 scone für sconeste. Da auch ander-
- wärts vereinzelte Beispiele eines solchen Gebrauches, der
- sich dem des Pos. für den Compar. vergleicht, vgl. 1575,
- vorkommen, die man wohl nicht alle auf « Schreibefehler»
- zurückzuführen berechtigt sein dürfte, werden auch diese
- stehen bleiben können. Schon 3573 ist eine ähnliche Sub-
- stituierung des Superl. durch den Posit. anzunehmen. —
- 3735 rucken swv., besorgt sein um etwas; hier geneigt sein
- etwas zu thun. — 3736 ubersite stm., wird als «Hochmuth»
- erklärt, was es wohl nicht heiÜt. Es wird in der Bedeutung
- dem häufigen unsite gleich sein, und also hier ebenso viel wie
- Geiz heißen. — 3737 dar mite^ d. h. mit dem scaz, Geld und
- den bösen Einfiüßen, die von ihm ausgehen. — urloge stn.,
- mhd. häufiger urliuge^ urlovge, Krieg, die ahd. noch häufige
- Form urloge ist mhd. fast verschwunden. — 3738 svante, prset.
- von swenden swv., vermindern, auch ganz verzehren. —
- KÖNIG ROTHEE. 189
- sver in düsint pfunde bat,
- her gab sie ime also ringe 3740
- also zv^ne penninge.
- beide, htoe, ich wil dir sagin
- war umbe ich die rede hän irhavin.»
- Röther gerne virnam
- waz her selve h^te getan. 3745
- dö sprach der riche m^re
- «ich sage dir von deme hßren.
- her was öthmote
- unde plach der besten göte
- die ie sichein man 3750
- z6 der werlde gewan.
- icht ne levet nichein zunge
- die daz gesagen künde
- waz her tuginde hat begän.
- her bereit die eilenden man; 3755
- arme kint heiz her vazzin unde badin,
- vor sih üffe den tisc tragin.
- her gaben al daz her gewan.
- her neröchte wer iz nam.
- her vörte sulke degine 3760
- 3740 ringe adv., ohne Anstrengung, mühelos für sich und den
- andern. — 3742 beide, imp. von mhd. beiten swv., warten,
- zögern, ygl. 836; hier das eigentliche Intrans. ohne Obj.
- 3744 ist nach Rother in der Hs. der geschrieben, wonach
- vielleicht das gewöhnliche Prädic. kuninc ausgefallen ist. —
- 3746 der recke jedenfalls für rtche zu lesen. — 3748 othmote
- adj. Ueber die Bedeutung des Wortes vgl. 187. — 3752 icht,
- als bloße Partikel gebraucht ; icht ne = nicht, aber stärker als
- dieses, durchaus nicht. — 3754 begdn, part. praet. von begdn. —
- 3755 bereit = vßhdt.. beriet, beraten stv., «ra^» schaffen für je-
- mand, ausstatten, begaben. — 3758 gaben für gap in, ihnen,
- nicht bloß auf kint bezogen, sondern auf armen überhaupt. Es
- braucht wohl kaum der Erwähnung, daß sich in dieser Dar-
- stellung, die so viele selbständige Züge im Vergleich mit der
- betreffenden im Gedicht oben enthält, eine ganz andere Hand
- verräth als dort. Dort scheint die ursprüngliche Grundlage
- überall durch, hier ist der jüngere Dichter oder ümarbeiter
- nicht zu verkennen, wie schon der viel geschmeidigere und durch-
- gearbeitete Stil der Erzählung verräth. — 3760 sulke, mund-
- artlich k erhalten für hochd. ch oder A. —
- 190 KÖNIG BOTHEB.
- daz under deme himile
- nie nichein virtriven man
- so gröze hereschaf gewan.
- Constantine deme riehen
- half er vrumicliche 3765
- von grözin nötin.
- her vinc Ymelötin,
- der was ein heidin vreislich,
- deme dientin tagelich
- zvßne unde sivenzic koninge 3770
- von wöster Babilonje.
- dö karte unse gedigine
- vröliche widere.
- her sante den wigant
- zö botin in daz lant, 3775
- daz her den vrouwen sagite
- waz her gevrumit havite.
- hie zö Constantinopole ,
- in der mörin bürge,
- was daz scöne wif 3780
- die ie gewan den lif.
- dar umbe heter arbeit
- unde irwarb mit stnir hovisheit
- daz die magit lossam
- ir vater intran, 3785
- ör sie wider quömen.
- dö heter ime zö löne
- 3763 hereschaf stf., Heeresgefolge, Dienstmannschaft. — 3772 unsCy
- vgl. 604. — gedigine, vgl. 71, 774. — 3776 her, bezieht sich
- auf Rother, der oben genannt ist; oben 3774 ist her Constantin. —
- 3780 daz sconewif, vgl. 3729. — 3783 hovisheit stf., das Betragen,
- die innere und äul^ere Haltung, die einem hoveman, vgl. 1106,
- nothig ist, wenn er nicht, wie es dort heißt, ein unwizzender
- hoveman sein soll, sh in hovisheit einsetzt seh von hovisch, h
- Anlaut von heit wird unterdrückt. Einzeln ist dieses sh für seh
- und neben sc hier zuzugeben. — 3786 sie, d. h. Constantin
- und sein Heer. — 37 S7 lese ich für do, was die Hs. hat, de,
- wie unten 3800 de für do geschrieben ist. de bezieht sich auf
- die maget lossam; dann ist es auch nicht nothig im folgenden
- Verse ein sie zu ergänzen. —
- KÖNIG ROTHEB. lOt
- unde vörte westert over mere.
- daz was der koninc Kdthere
- van Röme, ein tuginthafter man, 3790
- unde hat uns al liebe getan.
- nu virnim, guote pilegrim,
- w^ ime des gel6nit sl.»
- Röther wolde dannin gän,
- dö sprach der helit lossam 3795^
- «beite wallöre.
- ich sage der starke mßre.
- alse min htoe wider quam,
- ime inran der heidiniske man.
- d6 sante der koninc Constantin 3800'
- botin nä, der tochter sin,
- sie Stalin sie deme koninc Röthere
- unde vörtin sie widir over mere.
- dö reit der koninc Ymelot
- unde vorte manigin helit göt 3805-
- har zö Kriechen in daz laut
- unde stifte rouf unde brant
- unde vienc Constantlne,
- den leiden harren minen.
- dö löste Constanttn sinen lif 3810^
- unde gaf daz Rötheres wlf
- deme vreisllchen koninge
- van wöster Babilönje.
- des sune sal sie nemin htnacht
- alse du selbe s^n macht. 3815^
- zö Constantinopole in der stat
- sin mit grözer heres kraft
- drizic koninge
- van wöster Babilönje.
- 3792 guote, die schwache Form wegen des Yocativs. —
- 3793 we ime = trte im.
- 3797 starke mere, vgl. 551. — 3806 har für her, here
- adv., hierher, vgl. 1265. — 3807 aii/te prset. von stiften swv. j
- wir brauchen nicht mehr das einfache «stiften», sondern «an-
- stiften» in solcher Verbindung. — rouf mhd. roup. — 3814 ht-
- nacht, vgl. 2787. — 3815 sen für sehen. —
- 192 KÖNIG BOTHJSB.
- dar stät Rötheres wif 3820
- unde quellt den ^rlichin Itf:
- van herzeleide daz ist.
- nu sß der waldendiger Crist,
- der Aspriänen sante,
- € dise tac wante.» 3825
- herren sprächin «amen,
- *dat st^ an gotis genäden.)^
- die recke dravite balde
- widir z6 deme walde, ^
- heize weininde, 3830
- sine hande wringinde.
- dö klagite der helit göt
- der junevrouwen n6t.
- Röther gienc in d^ stat.
- Berchter sinin herren bat 3835
- daz her würbe gewerliche.
- Constantin der riche
- saz mit grozin kreftin
- z6 einir wirtschefte
- üf einim erlichen sal. 3840
- dar was michil schal .
- vor den riehen koningen
- 3821 erlich wird als Praßd. gesetzt zu ritdre 751, wo zu-
- gleich über die Bedeutung, maget 2393, har/e 2510, t^ezelt
- 2781 , 8a/ 3840, vrouwe 3890. — 3822 van herzeleide daz ist.
- herzeleide stf., aus Herzenskummer geschieht es. — 3823 se,
- conj. prses. von seÄe/i = mhd. scAe, sehe zu, sorge. — der wal-
- dendiger Crist, vgl. die Formel waldindiger got 214 u. s. w. —
- 3824 der Aspriänen sante, der einst Asprian gesandt hat (bei
- der ersten Fahrt Rother's), wo er Imelot gefangen hatte. —
- 3825 wante praet. conj. von wenden, davon gehen, vorüber
- gehen; es könnte, von e abhängig, ebenso gut der Conj. praes. stehen.
- Der Conj. prset. ist nur veranlaßt durch das vorhergehende
- sante. — 3828 draven swv., traben. — balde adv., beinahe in
- der heutigen Bedeutung «schleunig, eilfertig». — 3830 heize
- adv. — 3831 wringinde, wr hier wie gewöhnlich in der Mund-
- art erhalten, im hochd. ringen vereinfacht, vgl. 438.
- 3836 würbe prset. conj. von werben y sein Geschäft betrei-
- ben. — gewerliche adv., vorsichtig. — 3839 wirtsche/te, vgl.
- 1569. — 3840 erlichen sal, vgl. 3821.
- KONI& BOTHBS. 193
- von w6stir Babilönje.
- Rüther quam mit listen
- z6 Constanttnis tiske, 3845
- deme saz bt ein koninc heiz B&silistjam
- nnde was Ymelötis snn.
- bt deme saz Rötheres wib
- nnde qnelite ir lib.
- D6 sprach Gonstantin 3850
- «nn svic, tochter min,
- mir tronmite nachten von dir,
- des saltn wol gelonbin mir,
- w6 ein valke qnäme
- gevlogin von Röme 3855
- nnde vörte dich widir over mere.»
- D6 slonf Röthere
- nnder tisc nnde stne man,
- daz man ir nicheine war nenam.
- dö hörter al daz Constantin 3860
- redite mit den gestiche stn.
- Die heidenisken knninge
- yrowetin sich der menige
- nnde sprächin aqn^me Röthere,
- er wnrde irtrenkit in deme mere 3865
- 3852 nachten dat. plur. von naht adverbial, in der letzt-
- vergangenen Nacht, jetzt anächten». — 3854 valke, Lieblings-
- bild der volksmäßigen Epik und Lyrik für den entfernten
- Geliebten.
- 3857 ahuf praet. von alie/en stv. — 3859 war stf., in
- unserm «wahrnehmen» erstarrt, hier noch mit adj. verbanden,
- wie oben yroze w. n, — 3860 horter für horte er. — 3861 den
- geatiche sin, steht in der Hs. und so zu halten, den für dem^
- vgl. 15. — yestich stn., bisher nicht nachzuweisen, aber richtig
- gebildet, wäre ein ahd. gaatahi, die Menge der Gäste. Solche
- Bildungen mit ehe, ecA, ich sind besonders in den rheinischen
- Mundarten beliebt, in den fränkischen und andern sogar zu
- ständigen Pluralformen verwandt, so Kindle plur. Kindlich,
- also eigentlich kindilahi.
- XÖinO BOTHXB. 13
- 194 KÖNIG BOTHEB.
- odir bösliche virlorn,
- daz wäre Widolte zom.»
- dö sprach die knningfn
- aowl, gesentin onse trechtln
- ander üch s6 riehen, 3870
- her Worte etlichen
- daz her in sivin nachten
- yirsmerzen nine machte.»
- Röther saz näher
- üffe den vözschämel 3875
- unde nam ein guldin vingerin
- nnde gaf der koningin.
- dar stnnt geböchstavet ane
- des riehen koningis name.
- aisin die vronwe gelas, 3880
- daz Köther in deme sale was,
- dö lachite die göte
- unde sagetiz ir möter,
- daz in von Bare
- der knninc knmen wäre. 3885
- Daz lachin Constantin gesach,
- nu mugit ir hören wie her sprach,
- «wol dich, trüt tochter min,
- nu vrowit sich der vatir dln.»
- dö sprach die vrouwe örlich 3890
- «daz ich ie gezornte widir dich,
- 3866 bösliche adv., schmählich. — virlorn, hier trans. « ver-
- derbt». — '6SQd gesentin für gesendete in, — trechtin, Ygh 1416. —
- 3871 Worte prset. conj. für worhte wie vorte von vurhten, von umr-
- ken swv., thun. — 3873 machte -prsdU von «nac; neben der hier
- gewöhnlichen Form mohte ist auch die ältere mähte hier und da
- gebräuchlich und durch Reime gesichert.
- 3874 naher, comp, des Adv. nähe. — 3875 vdzschum^l stm.,
- Fußschemel, Fußbank für die Frauen. — 3876 vingerin stn.,
- ▼gl. 398. — 3877 gaf, das Obj. dazu ist vingerin. — 3878 geböch-
- stavet, mit Buchstaben eingelegt oder eingeschnitten. — 3880 a&in
- für alse in, d. h. den Namen, gelas, gelesen hatte. — 3881 daz,
- ahhängig von dem in gelas enthaltenen «ersehen, erkennen».
- 3890 erlich, vgl. 3821. — r
- KÖNIG BOTHEB. 195
- daz rüwit mich s^re.
- ich negetöz nimmir möre.»
- d6 sprach Ymelöt.
- «vrouwe, ir liegit äne not. 3895
- ich wene uns üwer lachen
- herzeleit icht mache
- unde wringinde die hende,
- swanne iz nimit ende.
- wir hötin unsich wale; 3900
- hie sint in deme sale
- der leidin spehäre
- des kuningis von Bare.
- swer mir des nine geloubit,
- deme gevich min houbit.» 3905
- Dö sprach Ymelötis sun,
- der koninc Bäsilistjum
- «ich sach ein göt vingerln,
- daz gaf dln tochtir, Constantin,
- der aldin kuninginne. 3910
- Rothere is hie inne
- der koninc von Röme,
- swie her here qutoe,
- des saltu wole gewis sin.»
- dö sprach der koninc Constantin 3915
- «ich heize zvelf mlnir man
- vor des salis ture stän,
- daz sie rechte irkinnen
- die wir haven hie inne.
- is Röther dar nnder, 3920
- den have wir schire vunden.
- wolder aber her vore gän,
- 3893 negetoz für ne getoezj to statt tun, tuon, wie ge, ste für
- gen, sten, 1. Person sing. — 3897 icht adv., irgendwie. —
- 3899 iz, d. h. die Sache, wodurch das Lachen veranlaßt wird,
- oder auch das Lachen selbst, nach dem so unzählige Mal in
- dieser Poesie variierten Thema: auf Freude (Lachen) folgt
- Leid. — 3902 leit adj., leidig, feindselig. — 3905 gevich für
- geve, gibe ich. — mm houbit, setze zu Pfände.
- 3913 swie, auf welche Weise auch, d. h. ich weiß nicht, wie. —
- 13*
- 196 KÖNIG BOTHEB.
- daz w6re ime §re getan,
- 6 wir den koninc riehen
- söchtin lasterliche 3925
- alse einin vluchtigin diep.
- iz nist oueh stnis rechtis niet,
- swä, man sin inne werde,
- daz her sich icht berge.»
- Röther der riche 3930
- beriet sich heimellche.
- d6 sprach der herzöge von Merän
- «wir salin hie vore g&n
- in 6re des himüiskin koningis
- unde alles sinis herjis, 3935
- daz her uns beide behöde
- durch sin öthmöde
- von der heidenschefte;
- die mit siner krefte
- M6ysen heiz gän 3940
- durch daz röte mere vreissam
- mit der israhölischen diet —
- d&r nelevete ein bam niet
- an des mores gründe.
- got der hat gebunden 3945
- beide ovil unde guot,
- svannez widir ime duot.
- iedoch si wir reckin
- 3923 daz were im ere getan , das wäre, wenn er es thäte, ehren-
- voll für ihn. — 3925 lästerliche adv., schimpflich, d. h. für
- ihn, wenn er gefunden wird.
- 3931 heimeliche adv. — 3935 herjis mit erhaltenem alter-
- thümlichen j für mhd. heres, hers. — 3936 uns beide. Der
- Dichter hat hier nicht etwa vergeßen, daß es drei (Rother,
- Berchter und Lupoid) sind, sondern Berchter denkt und spricht
- nur von seinem Herrn und sich: der Vater setzt als selbstver-
- ständlich voraus, daß wo er bleibt, auch der Sohn bleibe. —
- 3938 von, im Sinne von unserm «vor». — 3939 die für
- der, auf Gott bezogen. — 3943 nelevete für ne lebete. —
- ein barn, wie unser «Menschenkind», ebenso moterbarn, vgl.
- 762. — 3945 hat gebunden, hält gebunden. — 3946 ovel unde
- guot, böses, d. h. hose und gute. — 3948 st wir conj., falls
- wir sind. —
- KÖNIG BOTHSB. 197
- widir unsin trechtin
- beide lütir unde lieht, 3950
- her inl^zit nns under wegen niet
- in sante Giljes namen
- sd wil ich endeltche vore gdn»,
- sprach der herzöge von Merän.
- d6 hövin sich bit listen 3955
- die harren vonme tiske.
- Röthere dft vore gie:
- «ich bin sicherltche hie.
- mich scouwe wer so welle.»
- die riehen koninge alle 3960
- dröweden ime an den lip,
- daz galt etlicher sit.
- Dö sprach Ymelötis sun, '
- der koninc Bäsilistjum ,
- uich wil dich heizen, Röthere, 3965
- irtrenkin in deme mere.
- di^vöngist den vater min,
- daz gät dir an den lif din.
- da möst verloren werdin,
- swie du wilt irsterbin.» 3970
- 3950 lütir unde lieht alliterierende Formel, wie hier so viele.
- Ueht adj., rein. — 3951 inlezit, in procl. Negat.; lezit, mhd.
- lazet^ seltene Form des Praes. von lazen. — under wegen Idzen^
- bei Seite laßen, vernachlälSigen. — 3952 Giljes ^ vgl. oben
- 2934. — 3953 endeltche adv., vollständig, wirklich. — 3955 bit
- listen^ ohne Geräusch. — 3956 vonme für von deme, — 3957 gie^
- Nebenform von gienc, aas dem einfachen Stamme gd gebildet.
- 3967 vengist, eines der ältesten Beispiele des Eindringens
- der Personalflexion des Praes. in das starke Praeter., alle andern
- gleich alten oder etwas jüngeren gehören dem gleichen mand-
- artlichen Kreis wie dieses Gedicht an, also ist hier der locale
- Ausgang derselben zu suchen, worauf auch ihre durch-
- gehende Herrschaft im Mittelniederländischen weist. In der
- deutschen Literatur des Mittelalters haben ^ie neben den
- specifisch hochd. auf i später e nicht aufkommen können, aber
- seit dem 15. Jahrhundert sind sie im Nhd. herrschend gewor-
- den. — 3970 sicie du wilt irsterbin , er läßt ihm die Wahl der
- Todesart, die Rother denn auch antritt.
- 198 KÖNIG BOTHEB.
- «Introuwen, sprach Constantin,
- her sal ovele irstervet sin.»
- dö sprach der koninc riche
- harde wtscliche
- «wör mir nu der Ifp, 3975
- sone mochte ich doch genesen niet.
- sies du jenez geberge stän
- i vor deme walde lossam ?
- ; dar wil ich hangin.
- I nu gebüt dinen mannin 3980
- i daz sie der helfen dar zd.
- du salt mer selve den döt tön,
- iz ist in mime lande recht,
- sprach Röther der guode knecht,
- sowaz einen Torsten geschö, ' 3985
- daz iz der ander ane s#.
- hie ist ein michil menige,
- drlzic koninge,
- die kumin dar alle
- unde hänt mich in deme scalle, 3990
- daz ist dir öre getan.»
- dö gienc Ymelötis man
- 3972 ovele adv., mhd. übele, auf eine schmähliche Weise. —
- ersterben swv. (transitivisch zu ersterben intransitivisch) todt
- machen. — 3974 wiscliche^wisliche^ wie sclän—sldn. — 3975 leer
- mir nu der lip, wenn ich auch jetzt mit dem Leben davon käme,
- 80 könnte ich es doch nicht auf die Dauer erhalten (weil ich nicht
- leben möchte.) — 3980 gebüt für mhd. gebiut, imper. von ge-
- bieten stv. — 3983 uralter echt deutscher und zugleich echt
- menschlicher Rechtsgebrauch, daß der Richter bei der Execution
- des von ihm Verurtheilten zugegen ist, theilweise sogar einer der
- TJrtheilssprecher (Schöffen) die Execution vollziehen muß. —
- 3985 gesche für geschehe wie se für sehe. — 3989 kumin conj.,
- sollen kommen. — 3990 hdnt für hdhent. hdhen ist intransit. und
- transit., hange nur intransit. — scal^ vgl. 298, ebenso wie es von
- dem freudigen Getöse gebraucht wird, auch von dem Gepränge
- und Lärmen einer feierlichen Execution. — 3991 daz ist dir
- ere getan , vgl. 3923. — 3992 dö gienc Ymelötis man. Der
- Dienstmann Ymelot*s ist nicht genannt. Aus dem folgenden
- geht hervor, dal^ die vollkommen begründete Warnung desselben
- nicht beachtet wird, weshalb? ist nicht gesagt. Sobald man
- KÖNIG ROTHEK. 199
- «du hast dich wol gerochin.»
- wart durch list gesprochin.
- dar her sich bat hähen 3995
- -dar lach sin here nähen,
- lier zeichende rechte die stat,
- dar die riese Aspriän lac.
- Ymelöt heiz die koninge
- ■von wöster Babiloiye 4000
- Rothere vähen,
- her woldin selve hähen.
- «introuwen, sprach Constantin,
- des willich helfe wesen din,
- daz her uns icht inrinne. 4005
- jenir aide mit deme barde,
- die möwit die lüde harte
- mit herverten ovir lant.
- nu hä wir sie alle samt,
- sone vreiskin die ßom^re 4010
- lihte nimmir m^re
- war die koninc si kumin,
- oder wie her sin ende have genumin.»
- Dar nä den stundin
- Röthere wart gebundin. 4015
- 3999 an 3991 schliel^t, hat alles seinen guten natürlichen Zu-
- ■sammenhang. Wahrscheinlich standen diese an sich unver-
- werflichen Verse, die durchaus im Stile der altem Bestand-
- theile des Gedichts sind , an einer andern Stelle, weiter unten.
- Andernfalls müCSte man nach 3998 eine Lücke von einigen
- Versen annehmen, in denen Ymelot diese Botschaft seines
- Dienstmannes verächtlich oder ungläubig zurückweist und bei
- seinem Vorsatze bleibt. — 3993 du hast dich wole gerochin,
- jedenfalls ironisch zu Ymelot gesprochen.
- 4004 helfe swm., mhd. gehelfe wie seile neben geselle, Ge-
- hilfe. — 4005 icht wieder negativ gefärbt durch die negative
- Färbung des ganzen Satzes. — 4006 jenir aide mit deme barde,
- Berchter, vgl. 2470. — 4007 die für der. — mowit, mhd. müejet
- von müejen, müen swv. — 4009 hä wir für huhen wir. — 4010 vrew-
- Jsin s= mhd. vreischen stv., erfahren. — 4011 lihte adv., wahr-
- scheinlich, vgl. 3462.
- 4014 Dar nd den atundin, unmittelbar darauf. —
- 200 KÖNIG BOTHE&.
- daz dftten Ymelötis man.
- wie harte trüren began
- die jange koninginne
- unde Tirwandel6te die sinne
- Ton grözir herzeleide. 403O
- wöfin unde weinen
- höven die vrouwin
- mit vliezenden oagin.
- da dorfte nieman vrägan.
- dö klagete wif unde man 4025^
- alle Bötheres not;
- sint half der riche got
- Arnolde, daz her in benam
- deme koninge vreissam.
- 4019 verwandelote die sinne ^ d. h. verlor die Besinnung. —
- 4021 tDofin stY. und swv., mhd. wuofen und wilefenf wieder
- allit. Formel. — 4022 hovin = huoben , praet. von heben , er-
- heben. — 4024 vrdgan: man. Ueber dieß tieftonige a vgl.
- 519. — 4027 sint adv., dann, später = sit; beide Formen sint
- und 8t/ stehen hier im Reime.
- xn.
- Rother's Verurtheilung erzeugt in Konstantinopel unter den
- Bittem, denen er einst aus der Noth geholfen, als er selbst
- unter dem Namen Dietrich dort verweilte, groCSe Trauer, und
- in einem derselben, dem Grafen Arnold, den Entschluß, seinen
- Wohlthäter zu befreien. Er rüstet sich mit fünftausend Dienst-
- mannen und als nun Roth er mit Berchter und Lupoid zum Gal-
- gen geführt wird, begleitet von Ymelot selbst und seinem
- Sohne Basilistium, vielen heidnischen Königen und einem un-
- geheuren Heere von Valwen und andern Heiden, bricht Ar-
- nold plötzlich hervor, befreit Rother aus der unmittelbarsten
- Gefahr, tödtet viele Heiden und wird bald von den zurück-
- gebliebenen, in der Nähe lagernden Mannen Rothers: Asprian,
- Wolfrat, Erwin u. s. w. unterstützt, die unter den Heiden
- großen Mord anrichten. Am furchtbarsten wüthet der Riese
- Witold nicht bloß mit seiner Eisenstange, sondern auch mit
- dem Schwerte. Ymelot selbst wird die Flucht verstattet, sein
- Sohn dagegen erhängt. Nachdem die Heiden gänzlich zer-
- sprengt oder vertilgt sind, berathen sich die Christen, was sie
- mit Constantin und Konstantinopel thun sollen. Die Meinung
- dringt durch, man solle beider schonen.
- Botheris hähen 403O
- irschal so wttine märe
- z6 Constantinopole,
- der vil meren bürge,
- den könin wiganden
- 4030 hdhen Inf. als Subst. gebraucht. Solche Inf. sind
- an sich neutral, gleichviel ob das Verbum selbst transitive
- oder intransitive Bedeutung hat, und können nach Umständen
- activ oder passiv verwandt werden. Hier passiv « der Umstand,
- daß Rother gehängt werden sollte». — 4031 irschal, prset. von
- trschellen, erschallen. — wUine, vgl. 782. — märe adj., mhd.
- mce^re, viel genannt, viel beredet. —
- 202 KÖNIG BOTHEB.
- üz van manigin landen. 4035
- die liefin weinande
- eine sträze z6 tal.
- michil was der ir schal.
- sie sprächin «waldindigir got,
- war umbe häs du des virhengöt, 4040
- daz her bie gebunden stät,
- der unsich al generet hät?)^
- D6 hete gebüwit harte
- mit düsint marken
- die ime ßöthere gap — 4045
- ime dienten in der stat
- sivin hundrit lossam,
- die wärin mit handin sine man — -
- der heiz gräve Amolt.
- 4035 uz van = üz. — 4036 weinande, vgl. 519. — 4037 26 tal,
- von der höher gelegenen Stadt hinaus und hinab an die Stelle
- des Ufers, wo Rother seinen Hinrichtungsplatz bezeichnet
- hatte. — 4038 der ir schal, mit zwischengeschobenem, pos-
- sessivisch gebrauchtem Gen. plur. des Fron. 3. Person.
- schal, hier in sehr genauer Berührung der Bedeutung mit
- -der von erschellen 4031, gebraucht von den aufgeregten
- lärmenden Reden. — 4039 waldindiger got, vgl. 214. —
- 4040 des gen. von virhengöt abhängig, virhengon swv., ver-
- hängen. — 4042 unsich, vgl. 510. Diese vollere Form ist wie
- ■die seltener gebrauchte, so die entschieden nachdrucklichere oder
- -emphatischere. — al, die flexionslose Form des Adj. al, zu
- unsich gehörend. — generei, gerettet aus Armuth und Elend,
- vgl. 1291 fg.
- 4043 gebüwit harte, vgl. oben 1394 fg., wo Dietrich-Rother
- -diesem Arnold lOÖO Mark gibt und Berchter einen Hof in
- Konstantinopel, Asprian den Unterhalt für 30 Ritter, gebüwit
- harte ist hier ungefähr so viel wie unser «sich stattlich ein-
- richten, stattlich leben». — 4044 der Vers und der Sinn ist
- unvollständig , wahrscheinlich ist ein herre ausgefallen. —
- 4047 hundrit, mundartlich umgestellt für hundirt, hundert, wie
- westrit für westert u. s. w. ; 4052 ist die Form geschrieben hun-
- derit, was wohl hundirt sein wird. — 4048 mit handin, d. h.
- sie hatten sich durch die symbolische Form der Lehnshuldi-
- gung, das Falten der Hände in den Händen des Herrn, ihm
- als Mannen übergeben. —
- KÖNIO BOTHEB. 203
- her h^te silver unde golt, 4050
- des was der hellt müde.
- zvelf hundirt Schilde
- br&chter z6 deme schalle
- unde bat die harren alle,
- daz sie lösten mit ir handin 4055
- Eötheren üzen bandin.
- «nu stä,t her gevangin;
- unde wirt her hüde gehangin,
- sone virwinde wir in niet.
- in nemach ouch die römiske diet 4060
- nimmir möre virklagin.
- ir ne h6rit gesagin
- von sinen genözen seidin.
- wir sulin ime hüte geldin,
- daz der tugenthafter man 4065
- van deme armöte unsich nam.
- nu när, göten knechte,
- 4051 des von milte abhängig, faßt ailvei' unde golt zusam-
- men. — 4053 schal, das Getöse und Getümmel und die
- Menge selbst, von der dasselbe ausgeht. — 4056 uzen für
- üz den. — 4059 virwinden, stv., hier in anderm Sinne als
- oben 771 gebraucht, obgleich sich die Bedeutungen nahe be-
- rühren. Beide gehen aus von der Anschauung des stand-
- haften oder siegreichen Bekämpfens, hier von dem stand-
- haften Bekämpfen des Schmerzes über einen Verlust, also
- «verschmerzen», sehr nahe liegend dem virklagin 4061, vgl.
- 483. - — 4060 romiske diet, hier Volk im heutigen politi-
- schen Sinne, die Gesammtheit der Angehörigen eines Staates;
- romiske, d. h. alle Angehörigen des römischen, d. h. mittelalter-
- lich römischen Kelches, ohne Rücksicht auf ihre Nationalität,
- während 3942 c?ie<= Nation steht. — 4063 genöz ist hier überall
- «tm., also hier dat. plur., obgleich man eher an den Dat. sing,
- •denkt, «von solchen, die ihm gleich w^ären». — seidin, nicht
- bloß «selten» im eigentlichen Sinne ist gemeint, sondern mit
- einer der älteren Sprache gewöhnlichen rhetorischen Wendung,
- nirgends oder niemals. Der negative Gehalt von seiden ruft
- auch die Negationspartikel ne in 4062 hervor. — 4064 geldin,
- bezahlen, vergelten. — 4065 der tugenthafter man. Ueber die
- Bedeutung von tugenthaft vgl. 305, 1375; die starke Form
- des Adj. vgl. 214. — 4066 daz armote stn., vgl. 1243. —
- nam, genommen, befreit hat. — 4067 nu ndr für nu näher ^
- elliptischer Ausdruck als Interjection: auf! heran! —
- 204 KÖNIG BOTUEB.
- lät it an minen trechten
- unde heifit ime vromicliche.
- ir virdinet daz himilriche», 4070
- sprach Arndt, ein göt knecht:
- «jÄ vöre wir godis recht.
- swer hie hüte wirt irsclagin,
- des s^le sal gen&de havin.
- die heidine sol wir slAn. 4075
- dar denke sancte Johannes an,
- der heilige toufßre,
- daz Röthere w^re
- der aller türiste man,
- der ie konincrlche gewan.» 4080
- Dd scluffin die recken
- in stäline rocke.
- 4068 lät it, it für iz, ez, die Sache, das Unternehm es ; über-
- laßt es Gott, stellt es auf Gott. — an minen treckten {treckten
- für trechtin, hier das tieftonige i dem Reime zu Liebe gekürzt).
- mtn, wir erwarten unser, was oft genug steht, ebenso gut
- kann aber auch das formelhaft mit ir. verbundene mm, wie
- in min herre, orouwe u. s. w. stehen, wobei dann der Nach-
- dnick des Sinnes auf ir. allein fällt; es darf also nicht mit
- «meinen Herren», sondern «den Herren» übersetzt werden. —
- 4072 voren swv., so viel als betreiben, in Vollzug bringen. —
- 4073 irsclagin, vgl. 1582; 4075 mit einfachem « aldn. —
- 4075 die heidine; oben 480 steht heidinen adjectiv. decliniert,
- hier substant., die Bedeutung ist dieselbe, heidene zu schrei-
- ben, würde das Metrum stören. — 4076 u. 4077 in der
- vollständigen Hs. ziemlich verstört durch die ungehörige
- Einmischung des dem Schreiber so populären St. Ilgen.
- Ein neuerdings aufgefundenes hs. Fragment gibt an dieser
- Stelle die Anleitung zur Beßerung, welcher der Text folgt.
- Die Berufung auf den Täufer, der hier als besonderer Schutz-
- patron Rother's erscheint, erinnert an Paul. Diacon. 4, 48, wo
- eine Anekdote erzählt wird, welche die besondere Verehrung
- Botharis, d. h. Rother's gegen den Heiligen und umgekehrt
- dessen besondere Gunst gegen den König erläutern soll.
- 4081 scluffin prset. von sliefen. sc vor / wie 4073. —
- 4082 stdline rocke, die Brünnen, aus Stahl- oder Eisenringen
- zusammengesetzt, sonst auch yewant, tsengewant, wicgetoant
- oder getccBte und so hier roc. —
- KÖNIG BOTHEB. - 205
- sie wunnin ein h^rliche schare,
- vunf düsint wole gare.
- die woldin alle den Hb ^even, 408&
- sine löstra Rdthere daz leven.
- Sic huoven mit grözer menige
- drizic koninge
- von wöster Babilönje
- tzer Constantinopole. 4090
- d6 vörte der Ymelötis sun,
- der koninc Bäsilistjam,
- Hdtliere gevitugin
- unde wolden haven irhangin.
- michil was der ir bracht. 4095
- sie vördin in
- wol zßnzic dusint Valwin
- mit in z6 deme galgin,
- unde also manigin beiden.
- d6 was deme recken leide: 4ioo
- Arnolt der wigant,
- eine kefsin her an daz sper bant,
- 4083 wunnin y das einfache toinnen stv., für das gewöhnliche
- gewinnen. — 4084 wole gare, gare adj., gerüstet; wole gut ge-
- rüstet, vgl. 3412. — 4086 aine, negat. Bedingungssatz: falls,
- wenn sie nicht, — den wir wie alle ähnlichen lieber positiv
- ausdrücken.
- 4087 Sic, das alte k in der Mundart hier und da im In-
- und Auslaute, namentlich vor anlautender Gutturale und h er-
- halten. — 4088 drizic ist zwar eine im Mittelalter sehr heliehte
- Zahlenformel für eine größere Menge, aber es stimmt nicht
- mit 4166 und 4193, wo einmal sechs, dann sieben Könige er-
- wähnt werden, es ist also druen zu lesen. — 4095 der ir
- bracht, vgl. 4038. braht stm., Getöse, lärmender Aufzug. —
- 4097 zemic, vgl. 2600. — Valwin. Dieser echt deutsche Name
- des von den Byzantinern Kumanen, von den Slawen Polowci
- genannten und seiner grenzenlosen Bestialität wegen berüch-
- tigten finnischen Volkes , den Magyaren nächst verwandt, findet
- sich hier zuerst in einem deutschen Gedichte. Bei deutschen
- Historikern in lateinischer Sprache ist er schon längst be-
- kannt. — 4099 also manigen, ebenso viel. — 4100 leide adv.,
- vgl. 835. — 4102 kefae swf., lat. capsa, Behälter für ein heiltuom,
- Reliquie, von größerem oder geringerem Umfang. —
- 206 KÖKI0 SOTHEB.
- die her in deme töme nam.
- ^sie refen unsin trechtin an
- unde dravetin im üz der stat nä. 4105
- im was üffe daz velt gä ^
- mit vunf düsint mannin
- in sn^wizen brunnin.
- Alse Ymelöt daz gesach,
- nu mugid ir hören wie her sprach: 4iio
- «woch, geniz sint die reckin,
- die woldin uns irsreckin.
- an den gerechich minin zorn.
- sie havent ouch den Hb virlorn.»
- Die beiden begunden nähen 41 15
- dar man Eöthere solde haben.
- d6 riefin sie allenthalvin
- anu richtid üf den galgin!»
- daz irbarmöte die recken s^re;
- ir weinte michil m^re 4120
- dan ir 6 täte.
- dö was her in starker nöte.
- Arnolt, der köne man,
- rief die eilenden an
- «nu höret, göte knechte, 4125
- 4103 tom stm., vom lateinischen domus, Dom, Hauptkirche. —
- 4104 refen für mhd. Hefen, — 4105 u. 4106 nd: gu für nach:
- gdch. — in was gäch, sie eilten.
- 4111 woch, Ausruf des unwilligen Erstaunens. — geniz für
- genezy jenez, d. h. jene Masse, Leute. — 4112 irsreckin stv., sc
- in 8 vereinfacht, wie umgekehrt bei irsciayin sc für «, vgl.
- 1283. — 4113 gerechich für geriche ich. gerechen stv. = rächen;
- ge wird hier nicht zum Verbalstamme selbst zugesetzt, sondern ..»'
- bezeichnet das Tempus und zwar das Futur.
- 4115 nahen ddr^ dem Orte nahe, wo, dar also demonstr.
- und relat. zugleich. — 4120 ir von mere abhängig, ein größerer
- Theil. — 4121 täte conj. des Praet., hervorgerufen durch die
- bedingte Natur des durch dan eingeleiteten Vergleichungs-
- satzes.' — 4124 eilende^ hier nur in der alten einfachen Be-
- deutung «fremd», denn «arm» sind sie durch Rothers frühere
- Freigebigkeit schon lange nicht mehr. —
- KÖNia SOTHEfi. 207
- war umbe wir hüte vechteo.
- uns stn gebotin zvei lön —
- wl mugin iz deste gerner tön —
- r daz ist sichirliche
- - daz schöne himelrtche. 4i3(>
- ; swer hie ligit tot,
- ; des s^le wirt geledigöt
- / in daz wunnichliche levin.
- waz mochte dar bezzeris sin gegevin?
- daz ander ist also getan: 4135^
- generder den getrüwin man,
- er vörit uch in sin lant
- unde behalt unsich alle samt.))
- dö tröveten ime die ougin.
- mit rechtime gelouvin 4U(>
- bestandin sie die heidinschaft
- unde sclögin ir ein michele kraft.
- Daz heidine wicgeruste,
- daz was vile veste.
- sie truogin homin gewant. 4145^
- die kefsin man over bant
- 4127 Ion nom. plur. des starken Neutrums lön. — 4128 m für
- wir, mundartliche Form. — iz bezieht sich auf vechten, — deste
- far altes des diu, unser «desto». — gemer comp, des Adv.
- jetzt erloschen. — 4129 daz ist, das eine lön ist. — 4132 gele-
- digöt, erledigt von den Beschwerden des Leibes und geführt in
- das founnichliche levin der ewigen Seligkeit. — 4134 waz hezze-
- ris gehört zusammen. — sin gegevin, streift sehr nahe an
- unser «was könnte es BeCSeres geben». — 4135 daz ander seil.
- lön also, ganz ebenso getan, beschaffen. — 4136 generder für
- genert ir. genern, in der gewöhnlichen Bedeutung «retten, er-
- halten». — 4137 vorit uch. uch für mhd. iuch, hier wie an
- vielen andern Stellen, wo es enkl. steht, mit u, vgl. 496. —
- 4138 behalt für behaltet, behalten stv., erhalten, schützen,
- pflegen. — 4139 tröven, mhd. truoben swv., trüb werden. —
- 4142 sclögin, mhd. sluogen, — krafi, hier bloCS in der Bedeu-
- tung «Menge, ZahlengröCSe».
- 4143 wicgeruste stn., Kriegsrüstung. — heidine vom adj.
- heidin, en, vgl. 480. — 4145 hornin, hurnin adj., aus Hom, d. h.
- Leder verfertigter Panzer, sehr häufig als Rüstung der barba-
- rischen Ostvölker erwähnt. — 4146 kefsin, vgl. 4102. —
- 208 KÖNIG ROTHEB.
- vor den könin recken.
- sie höven sich gegin der dicke.
- daz heiltüm vor ze vorderöst.
- sie vuhten üf den godis tröst 4150
- mit s6 getAneme härme
- daz in vor deme arme
- nicht inmochte bestän,
- iz nemöste alliz nnder gän.
- Die heidenen unde die Valwin, 4155
- wichen von deme galgin
- durch die michelen ndt.
- dar lac manich helet d6t.
- Arnolt, der wigant,
- gaf daz zeichen üzer hant 4160
- unde zoach ein svert daz hiez Mal.
- iz inwas negein stä.1
- s6 hart noch so veste,
- iz ne moste bresten.
- des nämen von sinen henden 4165
- 4147 vor, vor den Augen, um ihren Muth zu erhohen. Das
- Heliquienkästchen , das Arnold an seinem Speer getragen , ivird
- jetzt an die Sturmfahne gebunden, wie 4160 deutlich zeigt. —
- 4148 dicke stf., wie oft von dem dichtesten Streithaufen ge-
- t)raucht. — 4149 heiltum stn., Reliquie. — ze vorderöst, die
- Sturmfahne muß immer voran sein. — 4150 vuhün plur. prset.
- von vehten, gewöhnlich wie schon häufig im Ahd. in eine
- andere Ablautreihe gestellt, sodaß der Plur. vdhien lautet. —
- 4151 karm stm., nicht sowohl unser «Harm» als «Grimm». —
- 4153 u. 4154 nicht tn (für ne) mochte bestdn, iz ne moste, wieder
- eine der negativ gefärbten bedingenden Satzfngungen , die virir
- einfacher in positiver Wendung ausdrucken.
- 4155 heidenen, vgl. 480. — 4160 zeichen, Fahne, vgl.
- 2850. — 4161 zouch für mhd. zoch, vgl. 3024. — 4161 wie der
- Graf Arnold selbst der echten Sagengrundlage des Gedichts,
- soweit wir sie übersehen, unbekannt ist, so auch sein Schwert
- MdL Im Kosengarten gehört es Wolfhart, dem Amelungen,
- würde also hier seinem Doppelgänger Wolfrdt von Tengelingen
- beßer zustehen als dem Grafen Arnold. — 4164 bresten stv.,
- unser «bersten» mit Umstellung des Anlautes. — 4165 des,
- 4arum, deshalb. —
- KÖNIG BOTHER. 209
- der koninge sesse ir ende.
- svaz her der andren ane quam,
- den tede her sicherliche sam,
- biz her in den hörren benam
- nnde Berchteren von Merän 4170
- xinde Luppoldin,
- den si dar hähen woldin.
- die hoch newillen uns missesagin,
- iz nemochte ire nieman achte havin.
- die dar wären schadehaft, 4175
- si jähen iz däde die godes kraft.
- Alse Rother gesach,
- dat Arnolt bi ime was,
- dö sprach die koninc riche
- harde vromeltche 4180
- «snitä, köne wigant,
- ml die bände von der hant!
- unde gebläs ich min hörn,
- ir wirt michil m^ verlorn
- 4166 aesse flectierte Form des Zahlwortes 6 neben der gewohn-
- lichen flexionslosen 868. — 4167 swaz der andren, alle an-
- dern, welche... — Ai&d den herren benam, Rothem befreite. —
- 4173 newillen conj. zu wil, falls die Bücher nichts Falsches
- verkünden {fni88e8agin). — 4174 ire gen. plur. zu er, auf die
- drei Gefangenen zu beziehen, deren niemand von den Heiden
- achte havin vermochte. — 4175 die d6r waren 8chadehaß, zu
- Schaden gekommen durch Arnold und seine Schar, d. h. die
- Heiden. — 4176 i?, d. h. diese überraschenden Thaten. —
- ddde für tcete, hätte gethan. Wie so oft wird auch hier den
- Heiden der Glaube in den Mund gelegt, daCS die Siege der
- Christen über sie durch ein wunderbares unmittelbares Ein-
- greifen Gottes erfolgt seien.
- 4181 8nitd imp. von 8nuien stv. mit angehängter Interj. d:
- «schneide doch». — 4182 mt für mir. — die bände für die
- mhd. gewöhnliche Form diu bant stn., wie ro88e nebea ro8 u.s. w.
- — 4183 unde geblä8 ich, nicht blas, sondern ^66/a8, indem das
- vorgesetzte ge die einmalige als abgeschloßen in der Zukunft
- betrachtete That (wie das latein. Fut. exact.) bezeichnet. —
- 4184 ir von me abhängig. — verlorn hier von dem transitiv.
- Verliesen, zu Grunde richten. —
- XÖHia BOTHXB. 14
- 210 KÖNIG BOTHER.
- dan ir noch st getan. 418^
- uns kumit der helet Asprtän.»
- d6 die recken daz vem&men,
- wie vrö si alle wälren!
- in was zö deme storme vile liep,
- si ne dächten an die vlucht niet. 4190
- Die k6nin wtgande
- die standin in deme sande,
- dannoch siven koninge
- mit achzich düsint menige.
- lüde dö ein hom scal 4195-
- over berch unde dal,
- daz bl^s Bötheres man,
- 4185 dan ir noch st yetdn. noch, bisjetzt. st getan, als unbe-
- stimmter Ausdruck das bestimmte st verlorn in sich enthaltend,,
- daher denn auch ir zugesetzt -wie dort. Der Conj. wie 4121. —
- 4189 stwrm, hier, wie so oft, ein militärischer Kunstausdruck^
- vgl. 479. — mir ist liep adject. unterschieden von dem adv.
- mir ist liebe, wie mir ist leit von mir ist leide: sie trugem
- Verlangen.
- 4192 sant, wie gewöhnlich Ufersand, Ufer, wo das
- Ganze sich ereignet. Wenn stundin richtig ist, so bezieht
- sich 4191 konin wtgande auf die Feinde, die 4193 als sieben
- Konige aufgeführt werden. Auffallend ist es , daß die Formel
- konin wtgande, die sonst immer nur von den Christen oder
- Rother*s Heere gebraucht wird, hier den Heiden gelten
- soll. Einfach ist zu helfen, wenn man do statt die liest
- und 4191 noch zu dem vorigen Satze zieht. — 4194 mit
- achzich dusint menige: hier braucht menige nicht als gen.
- von dem Zahlwort abhängig gefaCSt zu werden. Es ist der in-
- declinabele Zusatz des allgemeinen Größen- und Zahlenbegriffes
- zu dem specialisierten , wie es die heutige Sprache mit Pfand,.
- Maß, Fuß, Mann u. s. w. noch durchgehends thut, menige
- also = man und zwar im Gegensatz zu koninge, gewöhnliche
- Leute. — 4195 scal, praet. von scellen, scheuen stv., schallen.
- Es föllt immerhin auf, daß Luppold und nicht Rother, wie er
- oben willens ist, das Hom bläst. Man muß annehmen. Rother
- gibt seinem jüngeren Dienstmann dasselbe nnd befiehlt ihm zu
- blasen. Möglich, daß dieß eine eigenmächtige Verbeßening
- irgend eines Ueberarbeiters ist, der damit dem sonst müßi-
- gen und fast vergeßenen Luppold auch etwas zu thon geben
- wollte. — 4197 hles mundartlich für blies, —
- KÖNIG BOTHEB. 211
- Luppolt von Meylän.
- lüte rief Aspriän
- amin h^re ist weizgot bestän. 4200
- wol üf, helet WolMt,
- ich w^ne dtnen neven not bestät.
- nu wil ich Rötheres gedagin,
- inde wirt Luppolt irslagin,
- her mochte uns immer rouwin, 4205
- her ist gruntveste allir trouwin.»
- Widolt gähete balde
- üz deme walde.
- wie die halsperch klanc,
- dar her over die strüke spranc, , 4210
- unde der helet Aspriänl
- die zvelef riesen vreissam
- liefen rü unde siecht,
- dar volgete manich göt knecht
- deme Tengelingere, 4215
- her brächte ein here m^re
- öz deme walde lossam,
- daz wären Rötheres man.
- dar gächte manich wigant
- wal gewäfenet over laut. 4220
- der luden wart allinthalvin.
- sie lösten in von deme galgin
- 4200 bestdn part. prset. von bestdn, gewöhnlich bestanden, —
- 4203 Rötheres gedagin, von Rother soll gar keine Rede sein:
- sein Untergang ist ein so entsetzlicher Gedanke, dal^ ich gar
- nicht davon reden will. — 4204 inde Nebenform von undey
- als Einleitung eines Bedingungssatzes wie 3607.
- 4207 gdhen swv. von gdch, «eilig, hastig» abgeleitet,
- vgl. 2590. — 4210 struc, niederd. Form für hochd. Struck
- stm., Strauch. — 4213 loufen mit dem Acc. wie «einen Weg
- lanfen». — ru unde siecht (ru für rüch), formelhaft: unebenes
- und ebenes, nämlich Land, Feld. — 4216 mere für mhd. mcere
- adj., berühmt^ viel genannt, vgl. 1456. — 4219 gdchte für
- gdhte von gehen, gmhen, vgl. 2895, nicht von gdhen, in der
- Bedeutung aber gleich. — 4221 luden, ludern stm., Lärm, Ge-
- -tümmel, ein beliebtes episches Wort. —
- 14*
- 212 KÖNIG BOTHEE.
- unde hörten die erden biben.
- dar liefen dö mit nide
- zvöne riesen vreissam: 4225
- der eine was Aspriän,
- der ander was Widolt.
- verre lüchte ime daz golt
- von des scildis rande.
- Ymelöt irkande 4230
- Kötheres sinne.
- her wolde gerne intrinnen.
- dar wart die vlucht vile gröz.
- der wint von Aspriäne döz.
- Röther gienc ingegin im, 4235
- her sprach «köne helt, virnim,
- die dort vor Luppolde habin,
- den ne solin die riesin niwet scadin.
- mir haven die selve hörin
- geholfin grözer ^rin. 4240
- introuwen, ich was gevangin,
- mich wolden hän irhangin
- die vreisltche koninge
- von woster Babilönje.
- • wirt dar icht widir getan , ^ 4245
- daz läz ich also bestän.))
- lüde rief d6 Grimme
- ' «sine koment niemer hinne.»
- 4223 hiben swv., beben. Die Verlängerung des t, die schon
- ahd. in diesem Stamme gelegentlich erscheint, ist hier durch
- das Bedürfniss des zweisilbigen Reimes sicher. — 4224 üeber
- die Bedeutung von mt vgl. 706. — 4228 verre adv., hier «fem
- hin». — 4231 Rotheres sinne, Absicht. — 4234 der'wint^ eine
- leicht verständliche Metapher für das wüthende Ungestüm eines
- Riesen , der durch seine heftigen Bewegungen wie eine Winds-
- braut die Luft mit Getöse erfüllt. — doz prset. von diezen stv.,
- tosen. — 4237 habin, haben swv., hier intransit. wie unser
- «halten». — 4240 geholfen grozer erin, vgl. 47. — 4245 dar toidir
- bezieht sich auf das Unterfangen der heidnischen Könige, ihn zu
- hängen; wird deren Absicht vereitelt, werden sie dafür be-
- straft. — 4246 daz Idz ich also bestän, das lal^e ich gelten, so
- wie es ist, dagegen habe ich nichts, d. h. das soll mir lieb
- sein. — 4248 sine für st ne, die heidnischen Könige.
- f
- KÖNIG ROTHEB. 213
- Die riesen liefen alle in'daz wal.
- d^ wart des heres michel scal. 4250
- dar sclüch der helet Aspriän
- alliz daz her ane quam.
- Witolt nicht insprach,
- biz ime die Stange zebrach.
- dö zouch der grimmige man 4255
- ein wäfen daz was vreissam. - .
- d6 lägen üf den dödin > .. / - ''^
- die tüere marc verscrödin.
- von den wundin vloz daz blüt,
- da Wolfrät der helet gut 4260
- z6 deme volcwige quam
- nnde andere Rötheres man.
- die könin wigande
- die vromeden mit irn banden
- daz man imer möz sagen, 4265
- wände wir daz orkunde haben,
- von al den h^ren
- die nach vertriven w6ren.
- Sich beten die siven koninge
- besundret von der menige 4270
- unde vluwen vreisliche dan.
- 4249 daz wal stn., Wahlstatt. — 4253 insprach, in prokl.
- Negat. m, ne. — 4256 wd/en stn., speciell das Schwert. —
- 4258 tüere für mhd. Huwere, erweiterte Form von tiure. — marc
- stn., vgl. 868. — verscrödin part. prset. von verscroden stv.,
- verstümmeln, zerhauen. — 4261 volcmc stm., große Schlacht. —
- 4265 daz demonstr. und relat. zugleich. — 4266 orkunde
- stn., Zeugniss. — 4267 in der Hs. von den alden heren giht
- keinen Sinn. Tilgt man den und schreibt wie oben steht,
- so heißt es: wir wißen (haben orkunde) in unserer Quelle,
- daß die (4268), die bisher den Kampf gegen die Heiden
- geführt, nach beinahe vertriven von der Wahlstatt getrieben
- worden wären von al den heren ^ von der Menge der heid-
- nischen Könige und ihres Heeres, bis Wolfrat den Kampf
- entscheidet.
- 4170 besundret für besundert wie hundrei für hundert u. s. w.
- — 4271 vluwen für vluhen, plur. prset. von vliehen stv. —
- vreisliche adv., hat hier nicht die exacte Bedeutung «schreck-
- 214 KÖNia BOTHEB.
- Erwtn rande ir einin an
- -nnde sclöch den selven välant
- durch stn horntn gewant
- von der aslin biz an den sadel. ^275
- da räch der helet stnin vader.
- ir wurdin vunve irhangin.
- iz was in ovele irgangin.
- sich höf der nncristine val.
- die siechen lägen in den wal, 4280
- svä sigein w6 rief,
- Widolt in ane lief
- nnde trat eme in den munt,
- der newart nimör gesunt.
- sie möstin durch n6t klagin 4285
- nnde beiden dümes tagis,
- daz dar nieman genas. ^
- Ymelöt, des die reise was,
- den heiz man hine läzen
- varen stne sträzen, 4290
- daz her dar heime mochte sagin
- wer ime daz volc böte irsclagin.
- Dö wären der spilemanne
- wol hundret mit in gegangen,
- die heiz der helet Grimme 4295
- durch Ymelötis willen
- lieh», sondern die allgemeinere wie unser «erschrecklich», so
- viel als «über alles Maß, sehr stark». — 4273 vdlant, vgl.
- 890 u. s. w., ein Heide wird besonders passend so bezeichnet. —
- 4275 asUn für mhd. ahseln. — an den sadel, ein oft er-
- wähnter Zug aus den Kämpfen zwischen deutschen Kreuz-
- fahrern und Saracenen. — 4279 sich hof, es begann. — un-
- cristin stm., Heide. — 4280 den für dem, vgl. 15. — 4285 durch
- noty durch triftige Gründe gezwungen. — 4286 beiden swv., er-
- warten, warten auf... mit gen. — dumes tagis, vgl. 1799;
- das Recht, was den Heiden dann zutheil wird, ist die ewige
- Verdammniss. — 4288 reise stf., reisiger Zug, Kriegszug. des,
- der ihn unternommen, geführt hatte*.
- 4293 spilemanne, vgl. 1710; hier, wo gleich 100 auf ein-
- mal erwähnt werden, hat man sie sich als die Spielleate,
- Musiker, die den Heereszug Ymelot's begleiten, zu denken. —
- I
- KÖNia BOTHEB. 215
- l)it den zugeweichen staven
- vaste recken unde slahen.
- •dö yl6 ein spileman,
- die Widolden ouch hie vore intran, 4300
- Tor Gonstanttnen den riehen
- harde hasticliche.
- •dö vrägeten die vorsten alle
- Ton deme grözen scalle,
- •der da, ze velde wöre. 4305
- <(ich sage ü starke mSre,
- rsich hat irlediget der hafte:
- -sie ildent here mit heris krafte.
- sver ungeme hange,
- •der ne sitze niht z6 lange. 4310
- dar gevit der helet Widolt
- l)eide sptse unde solt
- heidenischen recken.
- ich wart dar nider gestrecket,
- ich wart bevilt unde bescom, 4315
- ich hßte nach den lif verlorn.
- ich wil iz ü wärliche segen,
- die türlichen bülslege
- gaf Widolt mit der stangin.
- -4297 zugeweich adj., biegsanl, elastisch. — 8ta/\ mhd. 9tap stm.,
- hier = Ruthe. — 4298 recken swv., ausdehnen; man braucht
- •es hier nicht mit siahen synonym in der Bedeutung ((treffen» zu
- •erklären, sondern mit den zugeweichen staven ist zunächst auf
- slahen zu beziehen, das r^ken^ auf den Boden hinstrecken, um
- ihnen die Schläge zu applicieren, geht vorher. Ebenso geht
- f>a8tey genau genommen, nur auf slahen ^ tüchtig schlagen. —
- 4299 vlö für vloch, prset. von vliehen. — 4300 vgl. 1710. —
- 4302 harde hasticliche^ dieselbe alliterierende Formel wie 837. —
- Jiastieliche adv. = haste-, hesteliche, — 4304 von auf vrdgen be-
- logen, «wegen». — 4315 bevillen swv., geisein, von vel, Haut. —
- hescomwonbeschernstw., scheren, eine schimpfliche Strafe, die
- mit der andern, Stockschläge, gewöhnlich verbunden ist,
- •daher die Rechtsformel «Strafe an Haut und Haar». —
- 4316 nach adv., beinahe. — 4317 segen swv., gilt hier neben
- sagen, vgl. 1675. — 4318 turlich^tiure, kostbar, köstlich,
- natürlich hier ironisch. — bulslac stm., ein Schlag, der Beulen
- gibt, vgl. 1769. —
- 216 kOhig bothbb.
- Bäsilistjum ist irhangin. 432(>
- iz ne gät dar niemanne an den y6z,
- man d6t ime gare des lives böz.
- der tievel nimet och mir den sin,
- daz ich s6 hovebäre bin
- nnde och s6 lange hie stän. 4325^
- na vräget ouch einin andren man.
- sver hüde wirt begriffin,
- der ist immir beswichin.»
- Die hüven sich ze vlnchtin.
- dö saz in leidin treehtin 4330
- Constanttn der riebe
- ime harde lasterliche.
- D6 die wtgande
- von römischen lande
- üz deme stürme giengin 4335
- Xnnde die ros geviengin,
- dö bete Wolfrätis zorn
- gemachit blutige spor,
- dtfe gßrwundin;
- 4321^ an den v6z, auch ironisch; die Strafe des Fußabhauens
- gilt im Mittelalter schon für eine der schwereren Leibesstrafen,
- aber damit ist es nicht genng. — 4322 man dot ime gare voll-
- ständig des libes boz, man hilft ihm von dem Leben überhaupt. —
- 4323 nimet och (für ouch), der Teufel verblendet mich. —
- 4324 daz ich so hovehdre bin^ weil oder daß ich so sehr Höfling
- bin, statt weiter vor diesen Unholden zu fliehen, hier am Hofe
- mich mit der Erzählung ihrer Thaten aufhalte. — 4328 beawickin
- part. praet. von besunchen stv., betrügerisch im Stiche laßen.
- 4329 Die bezieht sich entweder auf die ganze Umgebang
- Constantin's oder auf die Flüchtigen, die mit dem Spielmanne
- entronnen waren und nun ihre Flucht weiter fortsetzten. —
- 4330 trechte für getreckte stn., Betrachtung. — 4332 ime von
- lästerliche abhängig.
- 4336 die ros geviengin, die herrenlos herumlaufenden Rosse,
- nicht ihre eigenen, denn sie kämpfen zu Fuße. Dieß Fangen
- der Rosse geschieht am Schluße der mittelalterlichen Treffen
- and ist ein stehender Zug in ihrer Schilderung. — 4338 spor
- stn., Spur, hier plnr. wie blutige zeigt. — 4339 dxfe, mhd.
- tiefe, — gerwunde swf., Wunde durch den ger, Speer. —
- KÖNIG BOTHBB. 217
- manigen ungesandin 4340
- durch den heim verscrötin.
- menigin helt götin
- vromete der wigant
- mit siner ellenthafter hant
- ze leiden tagedingin. 4346
- er was von Tengelingin,
- der düresten diete,
- riche an overmöte
- mit wisdümis sinne.
- der liz ouch sime kunne 4350
- daz tö imer vorsten namen hat
- die wlle daz dise werelt stä-t
- Do ginc der herzöge von Merän
- vor den gräven Arnolde stän
- unde mit ime Wolfrät, 4355
- der alliz guot verdienet hat,
- unde Erwin, der sich ie vore nam,
- svä man vromicheide began
- vrö unde späde.
- her konde wol geraden 4360
- eime götin knechte
- daz ime sin dinc rechte
- beleif unz an sin alder.
- 4342 menigen, hier darf wohl aus dem minigen der Hs. die
- mit falschem Umlaut auch sonst vorkommende Form men.
- neben man. angesetzt werden im Wechsel mit dem eben vor-
- hergehenden manigen. — 4343 vromete, brachte. — 4344 ellenU
- hafter, die starke Form vgl. 214. ellenthaft adj., mit eingescho-
- benem t von eilen, körperliche Kraft zum Kämpfen. — 4345 ze
- leiden tagedingen. Der Kampf wird in einem besonders der da-
- maligen Anschauung sehr nahe liegenden Bilde mit einem
- Rechtshandel vor dem Volke verglichen. — 4347 diet, hier
- = künne, ((Geschlecht», nicht ((Volk». — 4350 liz, hinterließ,
- als durch sein Verdienst erworben. — 4351 dazto: diu db zu t
- geworden unter dem Einfluße des auslautenden z, daz für daz ez.
- 4356 alliz £uot verdienet, lobende Phrase, alliz guot, alles
- Gute, alle Ehre. — • 4357 »e, stets. — sich vüre nemen, aus-
- zeichnen. — 4362 sin dinc, seine Sache. — 4363 heleif praet.
- von belwen stv., mhd. heleip. —
- j218 kOniq bothbb.
- den mochte man wole behalden.
- nach den ginc ein w!s man 4365
- Lnppolt von Meylän,
- der häte in sime lande
- gewonit äne scande
- unde was durchnechte
- bit züchten an overbrechten. 4370
- her wiste wol ze rechte.
- «n heten göde knechte
- :gev6rt biz her svert nam.
- Eöther unde sine man
- l)odin Arnolde, 4375
- of her iz nemen wolde,
- sie w^rin ime ungesvichin
- z6 allen sinen sachin.
- dö leveter Äne sorge.
- daz h^ter irworven 4380
- in deme volcwige
- mit sinen könin live.
- von du wirt iz ime lichte göt,
- sver so icht vromellchis getöt.
- Sich beriet der helet Aspriän 4385
- wie iz Constantine mochte irgän.
- adär möz her, sprach Grimme,
- in der burch brinnen.
- HU neme wir die tochter sin,
- nä der wir gevaren sin, 4390
- unde tragen daz vür an.
- Widolt sal vor die dure stän.
- sver danne dar üz gät.
- 4364 behalten -sty., mit ehrenvoller Sorgfalt behandeln. —
- 4370 overbrechten inf. des schwachen Verbums überbrehten, über
- das Hau hinaus brehten, prahlen. — 4372 en fär in, ihn. —
- 4373 gevorii erzogen. — 4375 bodin plur. pr»t. von bieten
- stv., entbieten. — 4377 ungeswiehin part. prset. von swiehen^
- verladen, also «treu». — 4383 du instr. von daz, darum. — wirt
- ime lichte got, es gedeiht ihm unzweifelhaft zum Heil.
- 4391 mir, mhd. viw, — an tragen, hinein, in die Stadt,
- werfen. —
- KÖNIG BOTHEB. 219
- -wie wol uns d^ gerichit dat!
- virmissit sin der helet göt, 4395
- -wir läzenz immir äne not.»
- «entrouwin, sprach Aspriän,
- ir läzet die burc stän.
- sich havent dar gelä-zin nidere
- der zvelfboden sivene 4400
- unde die vile göde
- Constantinis möder,
- Helena, die daz crüze vant,
- dar got die werlt ane intbant,
- nach der üfferstende 4405
- löste mit siner hende.
- der Adamen valde,
- er nicht vermiden wolde
- daz ime der aide got verbot.
- -4394 de für der, geht auf Witold. — gerichit von rechen stv.,
- bestrafen, ge hier nur Bezeichnung des Fut. oder Fut. exact. —
- 4395 virmUsen swv., ygl. 2124, vergeßen, übersehen, d. h. läßt
- «r einen sver dan dar üz gut entkommen, dann wollen wir es
- ^uch gerne (dne not) geschehen laßen , ironische Wendung. —
- 4398 ir Idzei, das vorgesetzte Fron. pers. verstärkt den Begriff
- •des Imper.: «Ihr sollt.» — 4400 zvelfbode, der Apostel. —
- sivene, d. h. nach der freilich sehr schwankenden Tradition alle
- 4iußer Fetrus und Faulus, Johannes, Fhilippus und Jacobus minor.
- — 4402 Constantinis, nach der Geschichte ein anderer Constantin
- als der negative Held dieses Gedichts, Constantin der Große, hier
- aber mit diesem zusammengeworfen« — 4403 Helena, die heilige
- Mutter Constantin's, weist auch auf das Rheinland hin , . wo sie
- ■als Stifterin vieler Kirchen im Mittelalter sehr bekannt war.
- Ihre populärste That ist die hier erwähnte, die Auffindung des
- heiligen Kreuzes in Jerusalem. — 4404 intbant prset. von int-
- binden stv., lösen, erlösen. — 4405 üfferstende stf., Auferstehung;
- dieses seltene, aber ganz richtig gebildete Wort ist in ver-
- wandten Sprachdenkmälern hier und da anzutreffen, z. B. in
- Friedb. Christ E*. (bei Müllenh. und Seh. 77, 16) der unser üffer-
- stende, also stf. — 4407 der, d. h. der Teufel. — valde prset. von
- vellen, zu Falle bringen. — 4408 u. 4409 vermiden daz ime got;
- wir wenden es positiv «er übertrat dennoch das Verbot Gottes»
- und vergriff sich an Christus, .indem er seinen .Tod veranlaßte
- und dadurch es Gott ermöglichte, das Recht, welches der Teufel
- seit dem Sündenfall über alle Menschen besaß, durch den Er-
- lösungstod Christi fortan aufzuheben. —
- 220 KÖNIG BOTHEB.
- die unsich hat gebiledöt, 4410
- her h^tis allis gewalt.
- beide berc unde walt
- scüf her unde die lüfte
- mit sinin magenkreften.
- swer deme icht gedienit, 4415
- deme wirt wol gelönit,
- daz ime stne dinc wole st^nt
- unde ime nimmir m6 zeg^nt
- von ^win wan zen ^win.
- nu scönit des aldin h^rin», 4420
- sprach der riese Aspriän,
- ((daz dunkit mich g6t getan.»
- Witolt vorchte den heilant,
- des wart her over alle die laut
- gemeine sit den reckin. 4425
- her sprach «heiliger trehtin,
- waz woldis du mtnis armen man?
- nu ich die witze nine hän,
- 4410 die = der, — unsich hat gebilidot, biiidon swv., gestalten,
- schaffen, geht auf Gott. — 4411 hetis für kete es oder des
- alles. — 4414 magenkraft stf., 597 u. s. w. ein Lieblingswort
- des Gedichts. — 4417 daz in der Weise, daß... sodaß... —
- dinc^ wie oben für unser «Sache», vgl. 14. — 4419 von eunn
- wan zen ewin. ewe, vgl. 481, ist hier endlose Dauer, Ewig-
- keit, die Phrase ist Uebersetzung des lateinischen «in secnla
- seculorum». — wan, toante adverbiale prsep., bis. — 4420 des
- aldin heren Constantin's.
- 4424 des, absoluter gen. «davon, deshalb». — 4425 ge-
- meine adj., aufgenommen von, in freundlichem Verkehr mit. —
- sit, von da ab, später, d. h. er galt von da an, obgleich
- eigentlich ein Riese und nicht ein Recke, wegen seiner
- frommen Gesinnung bei den Recken etwas. — 4426 heiliger
- trechtin, 4068 trechten, hier mit ebenfalls verkürztem Vocal
- trechtin. — 4427 waz woldis du mtnis armen man^ von mir
- armen Mann, mtnis ist nicht gen. des Fron. pers. mit enkl. an-
- gefügtem des , sondern die nieder- und mitteld. Form des Gen.
- selbst, woraus unser nhd. «meiner». Der Sinn ist: waram
- hättest du beinähe mich eine so schwere Sünde begehen laßen
- in meiner Thorheit. — 4428 toitze stf., Besinnung, Einsicht,
- gewöhnlich und auch hier im Plur. gebraucht. —
- KÖNIG EOTHER. 221
- s6 der l!f [irsterbit,
- waz sal der sMe werdin? 4430
- owl daz ich ie geborin wart!
- mir riet der tüvel sine vart,
- "^daz ich arme töre
- die burc wolde zestören.
- gröz sint mtne sculde. 4435
- ich hßte dine hulde
- gerne, trechtin hßre,
- unde verebte vile söre,
- s6 du mich lieze gewerdin,
- da läzes mich irsterbin 4440
- also in minin sunden.
- nu ist daz af gründe
- gesetzit den unrechten,
- wie harde ich vorchte
- sanctum Michailen. 4445
- er ist tröst allir seien;
- vor deme der tüvel gelach
- (her tede ime einen michelen slach)
- in vüre und in glüde.
- von sime overmüde 4450
- is her verstozin
- von allen sinen genozin.»
- Die riesen allentsamt
- worfin die stangin üz der hant.
- durc den Ewigen got, 4455
- der in zelevene gebot
- liezen sie Constantinople stän:
- iz newäre anders nicht getan.
- ^430 werdin mit gen., aus der Seele werden. — 4432 vart
- stf., Fahrt, Verfahren, Geschäft. — 4439 so, wie. — lieze,
- 2. Pers. sing, praet. von Idzen ; unten 4473 steht heizen, was ebenso
- viel besagt. — gewerdin stv., ins Dasein kommen. — 4442 daz
- af gründe, vgl. 1978. — 4443 den unrechten, bösen. — 4450 von
- 8xme overmüde, durch seinen Hochmuth. — 4451 her, der Teufel.
- 4453 allentsamt adv., das verstärkte ent- ensamt. — 4458 an-
- ders ady., keine andere Macht würde sie zurückgehalten haben.
- 222 KÖNIG BOTHEB.
- Röther heiz vor sich gän
- Luppoldin den getrüwin man 4460
- unde Berchteren den rtchen,
- der riet ime wtsliche.
- her sprach, anu scöne, koninc h^re,
- godes nnde diner s^le,
- des hästu gröze Sre, 4465
- nnde heiz die burc läzin stän.
- wirt Constantinö icht getan,
- so si wir sculdich irkorn
- unde sin ßweliche verlorn.
- Constantinum den riehen 4470
- vorchtich vreisliche.
- nu sal her des geniezen.
- der uns gewerden hieze,
- got der gildit harde vil.
- swenne sich der mensche ovir wil, 4475
- so tut her unrechte,
- ja sprichit unse trechten,
- sver in bit trüwen meine,
- der si in ^win reine.
- nu sende, trüt hörre min. 4480
- nä deme wive din.»
- D6 sprach der koninc riche
- harde wiscliche
- asint mir der vater starp
- 4463 sconen swy. mit gen., Rücksicht nehmen auf, vgl.
- 1209. — 4469 eweliche adv., ewiglich. — 4471 vreisliche adv.,
- wie unser «schrecklich», auch hier nur steigernd, vgl. 4271.
- — 4472 des geniezen, Vortheil davon haben. — 4473 gewerdin
- wie 4439. — hieze kann kein Conjunctiv sein, sondern muß
- als die einzige in diesem Gedicht vorkommende verlängerte
- PraBteritalform aufgefaßt werden, wie solche einzeln schon viel
- älter in der deutschen Sprache erscheinen und in unserm
- « wurde, sähe» u. s. w. noch existieren. — 4474 gildit harde vily
- ist ein sehr strenger Richter. — 4475 sich over wily über sich,
- sein Maß, das ihm Gott gesetzt hat, hinaus will. — 4478 bit
- für mit — meinen swv., hier so viel als lieben. — 4479 in
- eioin, vgl. 4419.
- 4484 sint conj., seitdem. —
- KÖNIG BOTHEB. 223^
- und ich dir bevolen wart, 4485^ •
- so wärest du minir ^ren
- willich immir m^re. \
- du trüdis mich nacht unde tach,
- daz mir ze leide nicht gescach;
- du zugist mich alse din kint, 4490
- daz wären kristenltche dinc,
- unde l^rdis mich göde knechte
- haven nach im rechte.
- nu läze dich got der guode
- durch sin ötmuode 4495-
- geniezen aller trüwin.
- du Salt mich immir rüwin;
- is daz ich dich overleve,
- sone mochte mer nimmir leider weseij.»
- Des koningis geköse 4500
- was äne vals löse,
- sie höten sich der sunden.
- done dorste vor den scanden
- gereden nehein helet göter
- wan des ime was ze möte 4505
- wider iegelichen man.
- dö wären die vorsten lovesam
- unde leveten inme riche
- mit trouwin städicliche.
- 4486 werest du für mhd. wcere du, eine der schon bemerkten,
- nach Art der übrigen 2. Fers. sing, gebildeten Formen de»
- starken Fraet., desgleichen zugi$t,^T zuge, züge von ziehen^ unten
- 4490. — 4488 trudia prset. des schwachen Verb, trüden, mhd.
- triuten, lieb haben, Gutes erweisen. — 4497 erklärt sich durch
- das folgende: ich würde deinen Verlust nie verschmerzen
- können, wenn ich dich überleben sollte. — 4498 ia dazy ge-
- schieht es, daß. — overleve y mhd. überlebe. — 4499 leidir
- compar. des Adv. leide, traurig, schmerzlich.
- 4500 gekose stn., (freundliche) Rede. — 450 L dne vah lose
- tautologisch , denn los adj., bedeutet ungefähr so viel wie dne
- vals, — 4503 dorsten pr»t. von dar, tar, wagen, plur. auf
- nehein helit gbter, eine Mehrzahl, bezogen: keiner wagte sein»
- Meinung, seine wahre Gesinnung hinter falsche Rede zu ver-
- bergen. — 4505 wan, außer. — 4508 inme » in deme, —
- 4509 stddicltche adv., beständig.
- xin.
- CoDstantin sitzt unterdessen in todtlicher Angst in Kon-
- :8tantinopel , nicht getröstet durch die schonungslos bittem Vor-
- würfe der Königin. Endlich besinnt er sich auf den besten
- Rath : er heißt seine Tochter sammt ihren Frauen sich festlich
- ■schmücken und in ihrem Geleite zieht er Rother entgegen, der
- ihn trotz Witold's Toben freundlich empfängt, sein Weib aus
- seiner und der Königin Hand erhält, und nachdem er seine
- getreuen Helfer, namentlich den Grafen Arnold, reich belohnt
- hat, mit ihr und den Seinen nach Hause steuert, wo die junge
- Königin gleich an dem Tage der Landung Pipin, den nach-
- herigen Vater KarVs des Groüen, gebiert. Zu Hause stattet
- Rother seine Mannen, vor allen die Riesen, Lupoid, Erwin,
- Wolfrat mit Land und Leuten überreichlich aus, regiert in
- Glück und Herrlichkeit noch viele Jahre, bis Pipin das Schwert
- nehmen und sein Stellvertreter als deutscher König werden
- kann. Da mahnt ihn der alte Berchter, seiner Seele zu ge-
- -denken und der Welt zu entsagen, was er auch sammt der
- Königin thut.
- Constantin der riche 4510
- der vorchte ime vreisliche.
- her sprach z6 der koningln
- «owi trüt vrouwe min,
- daz ich ie den lif gewan!
- mich slÄnt Kötheres man. 4515
- wie grözer kintheit ic gew^lt,
- 4511 vorchte praet. von vurchten swv. — ime, sich. —
- vreisliche, vgl. 4271. — 4515 sldnt für slahent, erschlagen. —
- 4516 kintheit stf., der Zustand eines Kindes und das daraus
- stammende Betragen, kindische, gedankenlose Art. — ic
- für ich, niederd. wie sie für sich u. s. w. —r geweit, mund-
- artlich für gewielt von walten stv. mit gen. des Objects, unserm
- '((Verwalten» einigermaßen in Bedeutung gleich, noch mehr
- unserm ((ausüben»; ge zur Bezeichnung des abgeschloüenen
- Prseteritalbegriffs ((habe ich begangen». Daß hier ein Reim-
- vers fehlt, ist leicht zu ersehen, aber der Sinn ist nicht da-
- •durch gestört. —
- KÖXia BOTHSB. 225
- daz ich ime sin wif nam!
- dar gescach mir ovele an,
- iz was ouch alliz äne not.
- her hete mir wol gedienöt. 4520
- des woldich deme riehen
- hüde bösliche
- lonin mit deme galgin.
- iz begegenit allenthalvin
- dicke den man, 4525
- SYaz her dan hat getan.
- die grove het ich gegravin,
- ich möz dar selve in varin,
- so iz allir w^tlichest ist,
- mich innere der waldendiger Crist 4530
- unde die güde koningin.
- nu nim die scönen tochter min
- unde vöre sie deme helede
- üz der burc intgegene
- nnde bide in durch got den göden 4535
- gedenkin minir node,
- daz her mich läze genesen.
- ich wil immir m^ wesen
- 4518 ez geschiht mir ühele, nicht bloß in dem neutralen oder
- passiven Sinne des heutigen «es geschieht mir», sondern wie
- unser «es gelingt mir», wo die selbständige Thätigkeit und
- Verantwortlichkeit zugleich mit betont wird, vgl. 2880. —
- 4519 dne noty ohne triftige, zwingende Ursache. — 452.2 hude,
- mhd. hiute. — bösliche, wie es ein «6(bs6» macht, ein Feigling
- und Schwächling. — 4525 den für dem, vgl. 19. — 4526 srar
- her dah hat getan ist durch das folgende Sprichwort deutlich
- erklärt: was er verübt hat, das «begegnet», stoßt ihm selbst
- zu. — 4527 grove stf., mhd. gruobe. — het für hete, praet. von
- haben, hän. — 4528 dar in, da hinein, darein. — 4529 so iz,
- so = wie. — wetlichest ist , so aus dem verderbten wetichet dei
- Hs. hergestellt, wetlichest = mhd. wcetlichest; wwtlich adj., kleid
- sam, angemeßen, insofern auch wahrscheinlich, und in dieser
- Bedeutung hier. — 4530 innere, in procl. Negation im hypoth.
- Satze: wenn mich nicht — nere; nern = retten, vgl. 2888. —
- 4531 die £Üde koningin, die Himmelskönigin, Christi Mutter. —
- KÖNIG ROTHEB. 15
- 226 KÖKia BOTHEB.
- zö Constantinopole verhaft,
- daz man stt biz an den t6mis tach 4540
- daz her ze Constantinopole hat getan,
- do in Röther ntne liez irhän.»
- D6 sprach die koningtn
- «wes vortis du, Constantln?
- dir helfint die koninge 4545
- von wöster Babilönje,
- daz du Rötheren hähis.
- waz of du in noch gevähis?
- dinis overtrüwen scanden
- ich nemochtis dir ze vore nie gesagen; 4550
- du versmädes harde got
- 4539 verhaft adj., nicht ganz dasselbe wie unser «Terhaftet»,
- sondern nach dem Rechte des deutschen Mittelalters in freier
- Haft «interniert», wie wir im heutigen Jargon sagen. —
- 4540 — 42 jeder Vers für sich deutlich und ohne erkennbaren
- Fehler, im ganzen aber des Zusammenhangs entbehrend, sodaft
- nach 4540 wahrscheinlich ein Verspaar ausgefallen ist, etwa
- des Inhalts: ich will in Konstantinopel in freier Haft bleiben,
- daü man von mir bis in alle Ewigkeit {ßit biz an den tomis
- tach) sagen soll, «was er in Konstantinopel verübt hat, das
- hat er auch dort verbüßt». — 4542 irhdn für »V-, erhdhen stv.,
- erhängen.
- 4544 vortis für vorchtis, mhd. vurhtest, gen. wes als ur-
- sächlicher Gen. davon abhängig. — 4548 waz of, vgl. 511. —
- noch, noch jetzt oder später. — yevdhiSy in deine Gewalt be-
- kommst, höhnische Frage. — 4549 gibt die Hs. dinis over
- truwen scanden, woraus schwer etwas zu machen ist. Der Ver-
- beßerungsvorschlag overmudes für over truwen wird durch 4562
- unterstützt und jedenfalls kann hier kein anderes mit over ge-
- bildetes Wort gestanden haben als overmut. truwen ist dann wohl
- die bekannte als adverb. oder interj. hier oft gebrauchte Plural-
- form von iruwe, triuwe, triuwen = trann, vgl. 95. So wäre denk-
- bar, daß gestanden hätte dtn overmut is triiwen scade, scade
- adjectivisch gebraucht, scliädlich. — 4550 ich nemochtis ze vore nie
- gesftgen, ich war nicht im Stande es dir zuvor so zu sagen,
- daß du es geglaubt hättest; is gen., abhängig von der Negation
- nie. — 4551 ver»mdde8, praet. von persmdfien swv., verschmähen. —
- harde, bloßes Steigerungsadv., vgl. 009. —
- KÖNIG BOTHEB. 227
- der uns ze levene gebot,
- und volgedis deme vertrivenen,
- die legede dich dar nidere.
- umbe diesin wßr iz bezzir; 4555
- gener leget dich in daz wazzir
- dar du inde dine gadin
- nemugin geswimmin noch gewadin.
- von du macht du wol verstän,
- daz nechein dinc dien man 4560
- grozeren scaden düt
- dan der leide overmüt,
- dar von der tüvel gewan,
- daz ime nimmer zeran
- ochis noch achis 4565
- noch allis ungemachis,
- des hat her immer genüch,
- und giv^ris och dir, of du nä ime düst.»
- 4552 der uns ze levene gebot, wie der uns gewerden kiez u. s. w., Gott
- als Schöpfer und Herr, dem der Gehorsam des Menschen gehührt.
- — 4553 der veririvene^ der «Verstoßene» schlechtweg, ist der
- Teufel. — 4554 die für der. — dar nidere legen bildlich, ins
- Verderben stürzen. — 4555 diesin Gegensatz zu jenen, bezieht
- sich nicht auf das Subject des unmittelbar vorhergehenden
- Satzes, Teufel, sondern auf das den Gedanken des Sprechenden
- beherrschende «Gott», jener auf «Teufel». — wer iz bezzir^
- in Beziehung auf Gott, was Gott anbetrifft, stünde es
- beßer für dich. — 4556 in daz wazzir, das Bild des «Höllen-
- pfuhles» ist uns noch als eine Erinnerung an die Flüße und
- Gewäßer unserer altdeutschen Hölle geläufig, und auf solche
- Nachklänge bezieht sich auch diese Phrase. — 4557 gade swm.,
- Genoße, lat. par, vgl. 1103. — 4558 gewadin, wadin stv., mhd.
- nhd. waten. — 4559 du für diu, instr. Ton daz; von du, des-
- halb. — 4560 dien für diem, deme, dem. — 4563 gewan, davon
- getragen , verdient hat. — 4564 u. 4565 daz von gewan ab-
- hängig. — ez zerinnet einem eines d., es entschwindet einem
- etwas, achis und ochis zu Subst. erhobene Interject. ach und
- och von nahezu gleicher Bedeutung. — 4568 giveris wohl für
- givere is. girere, mhd. gevcere adj., gefährlich; aus dem vo-
- rigen Satzgliede ist das Subj. her, der Teufel, zu ergänzen.
- Eine andere Erklärung giveris = mhd. gevaerfst, du bringst
- dir Gefahr, scheint die Energie des Ausdrucks weniger zu
- wahren. — mi ime, nach seiner Anweisung.
- 15*
- 228 KÖNIG BOTHEB.
- Constantin saz in trehten
- wie her genesen mehte 4570
- von Rötheres gestin.
- dd dähte her des hestin,
- sine tohter heiz her vore gän
- in ire gewande lossam.
- dö zierede megede unde wif 4575
- mit vlize den iren lif.
- si trögin kurzeholde
- gelistet mit deme golde,
- nnd mit edelen gesteine
- gewiret vile kleine. 4580
- vor Constantinin den richin
- giengen gezogenlichin
- ahtich scöne vrowin
- mit goldinen krönin.
- Dö quämen die zeldere inde die ros 4585
- üffe den Pöderamus hof.
- da klappende daz gesteine
- 4569 in treckten, vgl. 4330. — 4570 hs. mohte in mehte zu
- ändern, liegt auf der Hand, da die Form mähte neben mohte
- im Reime öfters vorkommt; 4866 steht aber mochte oder machte
- ind. mit einem ähnlich w^ie 4330 ungenauen Reime. — 4b7b zierede,
- der Sing, veranlaßt durch die als ein abstract. Coli ectivbegriff ge-
- faßten Plur. megede unde wif. — 4577 kurzebolde, ein oft mit Pelz
- verbrämter, für den größten Staat gebrauchter Frauenüberwurf
- oder Mantel ; Gold und Perlen oder Edelsteine sind gewöhnlich
- darauf gestickt, wie auch hier. — 4578 geltstet prast. von
- listen swv., gesäumt, umsäumt, von liste, Saum. — 4580 ge-
- wiret, vgl. 397. — 4583 ahtich, hier die niederd. Form, unten
- 4602 die mehr hochd. ahzich für ahtzic, — vrowen ist hier im
- Reime auf krönin statt des sonst gewöhnlichen vrouwe mit er-
- haltenem Diphth. ou angesetzt, obgleich auch vrouwin : krönin
- nicht falsch wäre. — 4584 goldin, mundartlich für guldm, wie
- hornin für hurnm u. s. w.
- 4585 zeldere, vgl. 2878. — inde für unde. — ros synon.
- mit zeldere im Gegensatz zu marc, dem Streitroß, die für den
- friedlichen Verkehr bestimmten Reitthiere, also auch die.
- welche den Frauen dienen, ebenso gut aber auch den Männern. —
- 4587 klappenen swv. = klappen, mhd. klapfen, klappern. —
- S:ÖNIQ BOTHEB. 229
- mit den isperliu kleine
- an den vorebügin.
- mit samite grünin 4590
- wären die sadele bezogin,
- iz inhaven de böche gelogin.
- Bär säzin Constanttnis kint
- üf ein sidin gewint.
- der koninc reit äne sine man 4595
- under den vrouwen lossam.
- bt deme reit die koningln
- unde die lieve tohter sin.
- dar lüchte ein karbunkil —
- dar newart nimmir dunkil — 4600
- ovene üz der kröne,
- ahzich vrouwin sc6ne
- vörde der koninc Constantin
- mit der lievin tochter stn
- Röthere deme helede 4605
- üz der burc intgegene
- daz sie deme . . .
- Wie die zoume klungin,
- dö die vrouwin drungin,
- üz der burc inwiderstrit! 4610
- dar lüchte daz Rötheres wlp
- vor andren wiven over laut
- 4588 isperlin für ptrlinen dat. plur. von tsperltn^ soviel als upozzer'
- perltn 3069, durchsichtige Perlen. — 4589 vorehugin^ mhd.
- oür(e)hüege stn., Brastrieme. — 4590 grunin, mhd. grüenen;
- üher die schwache Form grunin vgl. 119.
- 4594 gewint stn., soviel als das gewöhnliche gewant, die
- kostbaren Decken der Rosse, Satteldecken sind gemeint. —
- 4599 lüchte praet. von lüchten swv., mhd. liuhten. — karbunkil^
- vgl. 1853. — 4607 fehlen V/2 Reimzeilen, die bis auf einige
- Buchstahenreste ausgetilgt sind.
- 4609 drungin, plur. prset. von dringen, sich drängen. —
- 4610 inwiderstrit adverb. Ausdruck, zusammengesetzt aus der
- Praep. in und widerstrit stm., Wettstreit. —
- 230 SÖNia BOTHEB.
- als ein bernender j&chant.
- daz irsach der gräve Erwin.
- her sprach z6 deme harren sin 4615
- «dar komit din leide svägir.
- du Salt in wol intfähin.
- gedenke der aldin züchte und ^rin
- wie hie bevoren die h^rin
- ir leit liezin durc got. 4620
- nu nemache der werlde necheinin spot
- an deme gödin knechte.
- daz komit dir rechte,
- nu der koninc Constantin
- rtdit üz intgegin di, 4625
- daz du ime läzis den Itf.
- her bringit dir daz scöniste wif.»
- «iz wöre vil wol, sprach -Aspriän,
- wurde ime ein bülslac geslän.»
- Dö sprach gezoginliche 4630
- Berchter der riche
- 46L3 a/ls relat., als wie. — bernen, mittel- und niederd. Form
- mit umgesetzten Anlaut für brinnen stv., gleichlautend mit ber-
- nen swv. für mhd. brennen. — 4616 svägir stm., Schw^äher
- (dessen Nebenform es ist) und Schwager, hier Schwäher. —
- 4619 hie bevoren, vgl. 500. — 4620 Idzen, hier wie so oft
- im prägnanten Sinne, wo man es dann elliptisch zu erklä-
- ren pflegt. Man ergänze ungerochen oder etwas Aehnliches.
- — durc got, um Gottes willen. — 4621 nu nemache
- der werlde necheinin spot an Conatanttne, thue nichts gegen Con-
- stantin, worüber du spot, schimpfliche Nachrede, Schande bei
- den Menschen (werti) haben müßtest, oder worüber die Leute
- Constantin verspotten könnten; die erste Erklärung paßt hier
- beßer. — 4622 gödir knecht; selbst der «aide herren Constan-
- tin, wie er anderwärts heißt, kann so bezeichnet werden, da
- der Ausdruck rein formelhaft geworden ist, vgl. 24. — 4623 daz
- komit dir rechte, steht dir wohl an. Gegentheil iz komit ovele,
- vgl. 4639. — 4625 üz, heraus. — dfi für dir; man könnte auch
- d%n setzen, denn ingegin dm ist sprachlich unanfechtbar,
- es bedarf aber nach dem Reimgebrauch des Gedichts dessen
- nicht. — 4628 ez ist wol, es paßt sich, gehört sich. —
- 4629 bülslac, vgl. 4318.
- KÖNia BOTHBB. 231
- aneinä, herre Aspri4n,
- hie sal die zucht vore gän,
- nu her undir den vrouwin ist komin.
- unde h^te her benomin 4635
- allin minin kindin den Itf,
- wir sulin ßren dise wlf
- an deme riehen koninge,
- iz qn^me nns anders ovele.
- alse der man genädhin gerit, 4640
- iz ist recht der in gewerit.»
- Röther der riche
- sprach gevocliche
- «nu när, wtgande
- von römischen lande! 4645
- intfät Constanttnin
- durch den wilün mtnin.»
- dö ginc der herzöge von Merän
- intgegin der vrouwen lossam.
- Luppolt und Erwin 4650
- intfiengen die koningin.
- Röther kuste s!n w!f,
- si was ime alse der lif.
- her kuste euch die aldin koningin
- und heiz si willekome sin. 4655
- Wolfrät der wigant
- nam Constantine b! der hant.
- dö in Widolt gesach,
- ovilliche her sprach,
- r
- 4632 neind, vgl. 1758, — 4633 vore gän, die Leitung,
- Herrschaft haben. — 4635 unde, wie oft als Einführung eines
- hypothetischen Nebensatzes. — 4637 derselbe Gedanke in 4634.
- — 4640 alse, so wie, wenn, falls. — 4641 der relat., wenn einer,
- 'ein ganz anderes, gleichfalls unbestimmtes Subject als der man. —
- einen gewern sc. eines d., einem etwas, hier Gnade, gewähren.
- 4643 gevocliche adv., vgl. 1765. — 4644 nu ndr, vgl.
- 4067. -— 4646 intfät für intfdhety hier ist intfdhen im Sinne
- des höfischen Ceremoniells , als ein technischer Ausdruck
- gebraucht. — 4659 ovilliche adv. = mhd. ühell., hier haßerfüllt,
- feindselig. — her sprach^ höchst wahrscheinlich verschrie-
- ben für sachj im neutralen Sinn, «aussehen», 'denn nicht
- 2S2 kOklg botheb.
- her lach inde beiz in die staagen, 4660
- daz die vuris flamme
- dar üz v6ren dicke.
- die vreisltchen blicke
- sach man an deme konin man.
- dar ne mochte n^man z6 gegän, 4665
- sine rededen ime vi! evene mide.
- her höf die meisten nnside,
- des her immir began
- ze wilichem hantwerke her quam.
- Wie rechte die koningin gesach 4670
- daz Widolt unsitich was!
- z6 Constantfnö deme riehen
- sprach si gezogenltche
- «du solt vor Röthere stän.
- dort steit Aspriänes man. 4675
- sin gemöte ist herte.
- waz of dich dinis gevertes
- noch hüte selve irvilit?
- nu warte wie jenez kint spilit,
- v Reden, sondern von dem Aussehen Witold's handelt es
- sich hier. — 4663 blicke, hier im jetzt allein üblichen Sinn,
- Blitz des Auges. — die, der Artikel weist darauf hin, daß sie
- wohlbekannt sind. — 4666 sine für si ne , auf neman, plur. Be-
- griff bezogen. — vil evene, sehr begütigend. — einem mite
- reden, einem zureden. — 4667 unsite stm:, also hier wie ge-
- wöhnlich Plur., grobes, ungeschlachtes Benehmen. — 4668 des
- von hegan abhängiger Gen. von daz, abstract den vorigen Begriff
- zusammenfaßend. — 4669 wilichem für swilichem, die interrog.
- Form für die correlative, wie öfters in altern und gleichzeitigen
- Denkmälern, später bekanntlich ganz allgemein, wilich für mhd.
- welich, welch. — hantwerc stn., Beschäftigung, hier wie überal>,
- wo das Thun der Riesen geschildert wird, mit humoristisch-
- ironischem Beischmack.
- 4671 unsitech, der Begriff von unsite adject. gefaßt. —
- 4676 gemöte stn., Stimmung. — 4677 geverte stn., das Verfah-
- ren. — 4678 ir(er)vilen swv., überlästig sein, bedenklich er-
- scheinen, soviel als das sonst gewöhnliche 6^t7/?. — 4ßld jenez
- kint, vgl. 4669. —
- KÖNIG BOTHEK. 23S
- daz ime die vüirflamme 4680
- scrickit üz der Stangen,
- wene durch des koninges ^re
- dune bescöwedis nimmer m^re
- weder lüte noch lant:
- -^ich slöge der selve välant. 4C85
- inbr^che her von der lannin,
- din leven w6re irgangin.»
- Die koningin ir tochter nam,
- eine vrouwen lossam.
- «Rother, h^rre min, 4C90
- diz ist die Schone din,
- die nim in dine gewalt
- svie du gebüdist, holet halt,
- got löne dir maniger ören
- unde allin disin h^ren, 4695
- die si zu mir hänt getan.
- Berchter von Merän,
- du bist ein üz irwelet helt,
- z6 allin trouwin irwelt,
- unde irkennis och unsin trechtin. . 4700
- dtn mödir müze sälich sin
- 4680 vüir für vür, mhd. viur; wie in unserm nhd. Feuer ist
- auch in dieser mundartlichen Form ein nachschlagender Vocal
- Tor dem auslautenden r entstanden, weshalb die Schreibung ui,
- die einen reinen Diphthong bezeichnet , falsch wäre, gerade so
- wie tüere und nicht tuere für mhd. tiure geschrieben werden
- muß. — 4681 scricken, vgl. 2166. — 4682 wene für wan,
- -wenn nicht , außer , nur sc, geschieht es : solche Aposiopesen
- ntich wan sind in der Sprache des 12. und 13. Jahrhunderts
- ungemein beliebt. — 4686 vdlanf, d. h. Witold. — 4686 in-
- breche praet. conj. von in-, ent'brechen stv., losbrechen. —
- 4687 irgariifin von irgan^ aus«, vergehen.
- 4691 echone swf., eheliche Gemahlin, beachtenswerth das
- oberdeutsche ch für mhd. und mittel- und niederd. k des An-
- lautes. — 4693 svme du gebudist, Höflichkeitsformel, «ganz nach
- deinem Gebote, Befehle, Ermeßen». — helet halt, vgl. 981. —
- 4694 /o/wn, mit gen. der Sache eren. — 4696 zii mir, an mir. —
- 4698 üz irwelet helt, z6 allin trouwin irwelt, immerhin . bedenk-
- liche aber nicht gerade unmögliche Wiederholung, gezelt, er-
- sehen, bestimmt, liegt sehr nahe. — 4701 sulich, unumf^elautete
- Form des mhd. Adj. scelec, glückselig, selig gepriesen. —
- 234 kOnig botheb.
- daz si dich ie getrüc.
- du bist biderve unde gut.
- din zucht is hüte woie sein,
- Sit der koninc Constanttn 4705
- mit deme live intgät,
- s6 YÜe her dir leides getan hat.»
- si sprach deme götin knechte
- wol mit grozeme rechte.
- im was ie allir haz leit, 4710
- des beherdint die buch die wärheit.
- D6 sprach der koninc Constantin
- («Rother, live h^rre min,
- heiz Arnolde here vore gän.
- ich wil deme tugenthaften man 4715
- durch sine dugint gevin
- daz her immir samfte mac levin,
- der dich nerin yrolde.»
- d6 krönete man in mit golde
- unde l^h ime ein lant dar. 4720
- dö yrart her koninc in Greciä.
- die vonf düsint h^ren
- die mit ime geriden yrären
- üz der burch lossam,
- die wurdin bit banden sine man. 4725
- do reit her vröliche
- in daz sin riebe
- 4704 sein adj., offenbar. — 4705 sitj hier causal, weil. —
- 4706 intgän, frei, unbeschädigt davon gehen, kommen. —
- 4708 sprechen mit dat., von einem sprechen.
- 4717 samfte adv., bequem. — 4719 kronete mit golde, d. h.
- setzte ihm eine goldene Krone auf. — 4720 leh praet. von Ithen,
- leihen, hier im staatsrechtlichen Sinne: ein Lehen ertheUen. —
- ein lant dar, daselbst; der Reim dar: Greciä befremdet hier nicht,
- vgl. 4737, so leicht er auch in da: Grecid zu ändern wäre. —
- 4721 unter Grecid denkt sich der von einigen gelehrten Erinne-
- rungen angeflogene Dichter jedenfalls etwas anderes als dctz
- kuninor. ze Kriechen oder zu Konstantinopel, das sogenannte
- griechische Kaiserreich. Arnold wird Unterkönig des Constan-
- tin, der König oder Kaiser von Konstantinopel bleibt. —
- 4725 bit Händen für mit handen; die Bedeutung s. 4048. —
- KÖNIG BOTHEB. 235
- inde levite mit grozin ^ren,
- die h^ter immir m^re
- biz an sinin tot. 4730
- sus wart ime gelönöt.
- gedächte des noch etlich juQC man,
- iz instnnde ime nicht ovele an,
- unde dienete vlizliche,
- ime 16nete etliche. 4735
- Die herren rümten iz dar.
- Arnolt vor in Greciä.
- die koningin ginc umbe
- unde kuste besunder
- alle Rötheres man. ' 4740
- si heiz sie gode bevolin varn.
- Wolfrät der wigant
- nam achzich düsint hi der hant
- und brächte si vil sciere
- z6 eime scönin kiele, 4745
- die vörde der koninc Röthere
- mit sinime wtve over mere.
- d6 heiz der riese Aspriän
- die lüde in den kiel gän.
- die heren vören alle samt 4750
- wider hein in ir laut,
- dö reit der h^rre Constantin
- und die riebe koningin
- z6 Constantinopole ,
- der mären bürge. 4755
- 4732 gedachte, unumgelautete Form des Praet. conj. von geden-
- ken. — 4733 instunde. in proci. Negation. — 4735 etliche =
- etlicher f bedenklich anch wegen dem etlich in 4732.
- 4736 rümten iz unbestimmtes Object, oft bei rumen zu-
- gesetzt, das Land, den Ort räumen. — 4739 besunder, der
- Reihe nach, jeden einzelnen. — 4741 gode bevolin, die noch
- jetzt übliche Abschiedsformel. — 4743 6t der hant, unter seine
- Obhut. — 4745 z6 eime, nicht als wenn er nur ein einziges
- Schilf gehabt hätte, sondern jede Schar von diesen 80000 zu
- ihrem Schiffe. — 4746 die bezieht sich auf achzich düsint. —
- 4749 lüde, mhd. Hute. —
- 236
- KÖNia BOTHEB.
- in nerou sin tohter niet;
- Eötheres öre was im liep.
- Die kiele begundin evene gän.
- Rothere unde sine man
- vören vröliche
- ingegin römischen rtche
- her wider ze Bare üf den sant.
- dar vromete man ros unde gewant
- und alliz dat in deme kiele was.
- die vrouwe Piptnis genas
- an deme selven tage,
- d6 si quämen z6 deme Stade.
- Luppolt der getrüwe man
- gienc vor Rötheren stän.
- her sprach «vrö weset, hörre,
- der lieven nümöre
- die ich iu wille sagin.
- iur wif hat einin sun gedragin.»
- der koninc vor lieve üf spranc
- «höre got, nu have danc,
- waz du genäden hast getan
- zu mir vil sundigin man.
- ich sie wal, de bit di bestät,
- dat ime nimmer zegät
- des öwigen rtches.
- du hilfis ime städecliche.»
- 4760
- 4765
- 4770
- 4775
- 4780
- 4756 ne Negationspart. — rou praet. von rüwen, riuwen stv.
- 4758 evene, vgl. 3639 in derselben Formel. — 4762 dar
- auf den sant, das Gestade; vromete, brachte. — 4770 vro
- weset, alterthdmlicbe Beglückwünschungsformel : heil Each! —
- 4771 der lieven nümere gen. plnr. — 4773 i« der Ha. scheint die
- tlexionslose Form des Nom. sing, neutr. des Possess. der 2. Pers.
- plur. sein zu sollen, doch ist eine solche Form bis jetzt nicht
- nachgewiesen, daher mag lieber iur — iuwer gelesen werden,
- nom. der durch ableitendes er erweiterten Form des Wortes. —
- 4778 sie für sihe. — de für der, demonstr. undrelat. zugleich. —
- bit dt = mit dir. — 4779 zet/ät des ewigen riches, vgl. 3051. —
- 4781 städecltche adv., stets.
- KÖNIG KOTHEB. 237
- Sic hüven capelläne
- dö sie d^ rede vernämen,
- unde touften daz kindelin,
- daz wart geheizen Pippin. 4785
- dö quam vil manich amme
- in die burc gegangen,
- unde zugen daz kint bit vorten.
- sint beslif it Berten,
- eine vrouwen vile gut, 4790
- die sit Karlen getrüc,
- von du ne sulit ir dit liet
- den andren gelichin niet,
- wandit s6 manich recht hat
- danne ime die wärheit instät. 4795
- Rother in deme hove saz:
- wie michil dat gedranc was
- vor deme koninge lossam!
- J6 hugede iegelich man
- wider heim in sin lant, 4800
- wände si in der herverde
- manige zit herde
- heten gewunnin.
- beide alden ande jungin
- 4782 Sic für sich. — 4783 de rede, Begebenheit, von der
- geredet wird. — 4788 das Subject zu zugen ist aus burc
- zu entnehmen, die Leute am Hofe. — bit vorten für vorch-
- ten, mit Furcht vor Verantwortung, Sorgfalt. Der Knabe
- ist bis zum siebenten Lebensjahre unter weiblicher Erziehung;
- da von kint hier die Rede ist, so ist dieser Theil der Erziehung
- zunächst gemeint. — 4789 beslif, mhd. heslief. — it, König
- Pipin hat auch in der Geschichte Berhta oder Berhtrada
- zur Gemahlin, diese ist die Mutter Karl's des Großen, die sif
- Karlen getrüc (= 4773 hat einin sun getragin), — 4792 von
- du, deshalb. — 4793 den andren nämlich Heden, den gewöhnlichen
- lügenhaften Gedichten. — geliehen swv., gleichstellen, verglei-
- chen. — 4794 wandit für wände it für iz, ez. — 4795 danne^
- dem. und relat. zugleich «von woher = wodurch». — wdrheit,
- Treue, Zuverläßigkeit. — instäii stv., entstehen, zu Stande kommen.
- 4797 dat gedranc stn., Gedränge. — 4799 hugen swv.,
- streben, verlangen. — 4803 gewinnen entspricht hier unserni
- «durchmachen». —
- 238
- KÖNIG ROTHBR.
- bädin in gevin urlof,
- si wolden rümen den hof.
- der koninc sich in zö vözin bot
- unde bat si durc got:
- «neinä, mäge nnde man,
- ir sult mit mir bestän.
- nu wart durch got scöne,
- biz ich iu gelöne.
- iz wäre die meiste scande
- die in sicheinen lande
- ie ^nich man gesach.»
- manich gut knecht d6 sprach
- «nein ir, h^rre, weiz got,
- ir havet uns wal gelönöt.»
- d6 sprac der riese Aspriän
- «wir sulin hie bestän.
- ich nekome nimmir hinne
- äne des koningis minne.»
- Röther der riebe
- lönede vromicliche.
- den güden knechten allen samt
- 16ch her die riehen Scotelant,
- unde deme helede Grimme,
- der büete dar inne
- bit michelen erin.
- 4805
- 4810
- 4815
- 4820
- 4825
- 4805 urlof stn., Urlaub. — 4807 sich einfun z6 vozin bieten, sich
- zu Fuße darbieten, d. h. werfen, im eigentlichen Sinne zu ver-
- stehen und nicht etwa als Hoflichkeitsphrase des damaligen
- feineren Gesellschaftstones zu betrachten. Die beglaubigte Ge-
- schichte lehrt, wie freigebig die größten Kaiser des Mittelalters
- mit Fußfällen vor geistlichen und weltlichen Herren waren,
- oft böi ebenso nichtigen Veranlaßungen, wie diese im Gedicht. —
- 4809 neindy vgl. zuletzt 4632. — 4811 wart für wnrtet. —
- scone adv., ganz wie unser «nun schon». — 4812 gelöne, ge
- wieder Fut. exact. bezeichnend. — 4815 enich für mhd. einec
- adj., irgend ein. — 4817 nein ir, vgl. 2115. — 4819 sprae
- mit erhaltenem niederd. k für eh. — 4822 äne minne, gegen
- den freundlichen Willen.
- 4826 lech praet. von Ithen. — die riehen Scotelant plur. —
- 4828 büen, soviel als wohnen, vgl. 22. —
- KÖNIG KOTHBR. 239
- Asprläne gaf her Rßmis 4830
- unde l^ch ime die marke,
- der li^te gedienet starke.
- den z^n riesen allen samt
- l^ch her die riehen Scotlant.
- Lotringin unde Bräbant, 4835
- Vriesen unde Hollant
- gaf her vier h^ren
- die mit ime wären
- üz ir lande gevarin,
- die heten herzogin namin. 4840
- her märten allin ir göt,
- sie hßten ime wol gedienöt.
- Röther saz bit voller hant
- unde decte widene die lant.
- her richede manigen. 4845
- Erwine gaf her Ispanjen.
- Sassen unde Turingen,
- Plisnin unde Svurven
- 4830 was in dem Reimwort auf eren stecken möge , wofür ich
- das in der Hs. stehende remis halte, weiß ich nicht. Wenn es auf
- eren wirklich reimen soll, so wüßte ich keinen Landes- oder
- Ortsnamen des Mittelalters, der paßte. Der Name muß übrigens
- nicht gerade in Schottland gesucht werden. Daß im Rolands-
- liede des Pf. Konrad, welches mindestens der letzte Bearbeiter
- des Rother sehr wohl gekannt haben kann, Remis, d. h. Rheims in
- der Champagne öfters vorkommt, mag vielleicht zur Erklä-
- rung herangezogen werden. — 4837 die vier Herren, denen
- das alte Herzogthum Lothringen, wie es vor seiner Theilung
- unter Otto I. bestand, geliehen wird, sind nicht einmal mit
- Namen genannt, zum Zeichen, daß wir hier auf ganz willkür-
- lichem, nicht durch epische Sagentradition befestigtem Boden,
- auf dem der bloßen Einfälle des letzten Bearbeiters stehen. —
- 4841 merten für merte in.
- 4844 decte pra;t. von decken swv., schützen. — wtdine
- adv., weithin, vgl. 621. — 4847 Sassen, niederd. vereinfachte
- Form für Sahsen. — Turingin mit auffallendem T offenbar
- nach dem gelehrten oder archaistischen in dem Namen erhal-
- tenen Th= D. — 4848 Pltsnin unde Svurven, Pleißiierland und
- die sorbische Mark, gewöhnlich unter dem freilich auch ander-
- wärts verwandten Nannn Osterland oder richtiger Thüringer
- Ostmark zusammengefaßt. —
- 240 KÖNIG BOTHEB.
- gaf her z^n gräven
- die mit Luppolde wären 4850
- over mere gevaren.
- her nam ir aliir güde wäre.
- die ime icht lieves heten getan,
- die ne verluren da niht an.
- dane was neh^n scaz mer liep, 4855
- er neböt och die rosse niet,
- mit der breidin erdin
- müsten gelönet werdiu. '
- Hie saget uns der tichtere
- von deme liede mßre, 48C0
- dat is den vromin ailin liep,
- 4852 güde wäre, vgl. 3859. — 4855 dane für dune. — nehen
- für nehein. — 4856 er, bezieht sich auf Rother. Der Sinn
- ist: Gold und Rosse (als die gewohnlichen Gaben eines milden
- Fürsten) waren da von niemand begehrt, und er gab sich auch
- gar nicht dazu her, seinen Mannen damit zu lohnen : mit Land
- und Leuten stattete er sie aus, was damals wie zu jeder an-
- dern Zeit als das Begehrungswürdigste galt, aber damals, Mitte
- des 1*2. Jahrb., wie leider unsere Geschichte zeigt, mit beson-
- derer Unverschämtheit von seiten der Vasallen erstrebt und
- mit besonderer Fahrläßigkeit von Seiten der Kaiser gewährt
- wurde. — 4858 müsten für müste in.
- 4859 der tichtere , so schreibe ich, obgleich in der Hs. hier
- deutlich /• steht und dieses r bei vielen, selbst bei Jakob Grimm
- Beifall gefunden hat. Ich kann mich aber nicht überzeugen,
- daß, w^enn auch der Ausdruck rime rikien, ein buoch in Hut-
- scher spräche rihten bekannt genug ist , der Mann, der so etwas
- thut, schlechtweg sich habe rihtcere heißen dürfen. Selbst das
- nochmalige Vorkommen desselben Ausdrucks unten in einem an-
- dern Hs. -Fragmente, falls dort wirklich r. steht, kann wohl
- seltsam dünken, mir aber nicht über die Einwendungen meines
- Sprachgefühls weghelfen. Hier in 49C0 ist übrigens gar nicht
- von einem r. in dem angeblichen Sinne eines Umarbeiters
- älterer roher Arbeit die Rede , sondern von dem altern Dichter
- selbst , der dem ganzen gegenwärtigen Publikum , den Ueber-
- arbeiter oder letzten Dichter mit eingeschloßen , gegenüber-
- gestellt wird. — 4860 von deme Hede mere, noch weiteres, was
- das Lied enthält; das liet wird hier, wie anderwärts , als eine
- selbständige , den Dichter treibende und beherrschende Macht
- — wie die höfische uventiare — gefaßt. —
- KÖNIG BOTHEB. 241
- die bösen die negelonvent is niet.
- sine hänt der vromecheide nicht getan
- and ingetrüwen der geinen man.
- Eöther saz in trechten 4865
- unde gaf alliz daz her mochte.
- d6 heiz her ime gewinnin
- den hörren von Tengelingin
- unde gaf ime Österrlche,
- her gaf ime wärliche 4870
- B^hein unde Pölän,
- daz her sich deste baz mochte begän.
- done gewas bt dem mer
- weder stt noch ^r
- nech^n s6 stadehafter man. 4875
- iz was ime allez underdän.
- her h^te des gödes michele macht
- nnde was der rechten vorsten slacht
- die alle s6 irstnrbin,
- dat sie nie bezigin newardin 4880
- valskis widir niheinin man.
- ir ende was g6t unde lovesam.
- Röther vol gedächte
- wer ime wole gedienit häte.
- Luppoldin den getrüwin man 4885
- her heiz vore sich gän
- unde machete den helt jongin
- kuninc z6 Karinngin
- unde gaf ime Berchteris gewalt,
- 4864 ingetrüwen, in prokl. Neg. — der von getruwen abhängig,
- trauen die zu. — geinen für necheinem,
- 4865. 4866 vgl. 4569. — 4872 sich begän, etwa wie unser
- «sich behaben, bethun». — 4873 done für da ne. — gewas
- praet. von gewesen stv., existieren. — Was man sich unter dem
- mere zu denken hat, möchte schwer zu sagen sein, denn weder
- Böhmen, noch das damalige Polen, noch Oesterreich reichen
- irgendwo an ein Meer. — . 4875 stadeha/ty vgl. 258. — 4880 6e-
- ^igin part. prset. von bezthen stv. mit gen., einen bezichtigen.
- 4888 JCarlungin, neben der gewöhnlichen Form Kerlingen
- 5039, das eigentliche Frankreich. —
- kOhio bothxb. 16
- 242 Köina botheb.
- Pulge unde Cßcilje lant 4890
- von du wart irae sin Wn breit,
- daz Berchter mit stme scilde bereit.
- manigin winter kaldin
- Til dicke deme aldin
- sin bart rinnen began: 4895
- er was ein unbedrozzin man.
- Die harren gertin alle samt
- geleidis üffe daz lant
- dd sprach Aspriän
- «wan ritit ir dar an? 490O
- swen dar ieman bestät,
- wie gewis er den mtnin schilt hat!»
- des antwerde dd Witolt
- «ich bin in allin holt;
- die Röther stn underdän, 4905
- der neläzich nimmir nicheinin man,
- swa ich von ime höre sagen,
- dar mich die vöze mögen getragen.»
- dö sprächen Aspriänis man,
- sine woldin dar heime nicht best&n, 4910
- bedorfter immir möre
- Röther der höre:
- ttswer ime ieht wolde dön,
- wir zebrächin in alse ein hön.»
- 4890 Pulge, Apulien. — Cicilje, Sicilien. — 4891 ien für lehen
- 8tD. — 4892 mit atme scilde bereit, bewaffnet, in voller Rüstnng
- durch und besonders an den Grenzen umreiten. Berchter behält
- neben seinem Sohne und Nachfolger noch die oberste Pflege
- und Schirmherrschaft der Lande, die beiden verliehen sind. —
- 4896 unbedrozzin part. prsst. von bedriezen, unverdroßen.
- 4898 geleite stn., bewaffnete Begleitung von Seiten des
- Königs. — 4900 wan, Fragepart., warum nicht? — 4901 ist
- das hs. swer in atoen zu verbeßern, obgleich auch swer zur Noth
- einen Sinn gibt; auf swen bezieht sich 4902 er, der ange«
- griffen wird {den ieman bestdi). — 4903 antwerde, mundartlich
- für antwurte von antuourten swv. — 4906 neldzick — ne Idze iehy
- verlaße ich. — 4911 bedorfter für bedor/te ir (gen. plur. von
- er), — 4914 zebrdchin, mhd. zebrcechen von zebrechen stv,, zer-
- reißen. — aUe ein hon, häufiges Bild, hergenommen von dem
- Huhn , ilas von dem Geier zerrißen wird. —
- KÖNIG BOTHEB. 243
- dd gezSme beide nit unde spot 49i5
- virbütit der waldindigir got,
- alsiz was wttin
- b! Rötheres gezitin.
- dö ne plac sin nieman,
- iz ne moste ime an den Itf gän. 4920
- von du wistin sie wole
- beide heime ande z6 hove,
- swer deme andrin icht gebiez,
- daz her dat war üez,
- iz neben^me ime der tot 4925
- oder Shafte not.
- Röther d6 kuste
- (wie wol in des gelnste!)
- manigin wärhaftin man.
- die res man satilin began 4930
- widir heim in ir lant.
- 4915 gezeme prset. conj. von gezemen, es wäre paüend. Daü hier
- der Sinn unvollständig und wahrscheinlich zwei Verse ausge-
- fallen, ist deutlich. Das Ganze muß des Inhalts gewesen
- sein: es wäre wohlanständig, wenn es noch so wäre, daß Haiä
- und Spott unter den Menschen beseitigt würde (da Gott sie
- verboten hat) wie es einst zu Rother's Zeiten war. —
- 4917 vjtHn adv. » durch das ganze Reich. — 4920 iz ne motte
- negativ. Verhältnißsatz : ohne daß es. — 4921 von du, des-
- halb, bei solcher strengen Handhabung der Gebote der Sitte. —
- 4924 Idzen, auch hier in prägpi. Bedeutung, wobei man sin
- ergänzen kann. — 4925 iz nebeneme^ hypoth. negat. Satz : wenn
- es ihm nicht iz; nämlich die Möglichkeit sein Versprechen zu er-
- füllen. — 4926 ehafte not, technischer Ausdruck, wie er noch
- jetzt im Rechte gebräuchlich.
- 4928 wie wol in des gelüste, vgl. 3651. — 4929 wärhaft,
- die Erklärung davon gibt 4924. — 4931 diesig Vers konnte
- zur Noth der dritte einer jener so häufig hier vorkommenden,
- ^w^o drei aufeinander folgende durchgereimt sind, sein, denn an
- der für dieses Gedicht unbedeutenden Ungenauigkeit lant: man
- brancht man keinen Anstoß zu nehmen. Will man dieß nicht
- gelten laßen, obgleich auch der Sinn völlig befriedigt, so muß
- man den Ausfall einer Zeile annehmen, was hier gegen den
- Schluß der von einer Hand geschriebenen Hs. nicht so sehr
- unwahrscheinlich ist, wie sich denn gegen Ende die Fehler
- merklich häufen. —
- 16*
- 244 KOsnG BOTHXB.
- d6 reit fiffe blankm marfae
- in liecfatime geserwe
- Ton Röthere deine riclien
- ein b^rre werliche. 4935
- der v6rte an den beinen
- mit edSime gesteine
- zvo hosin wol geziröt,
- mit golde gewiröt.
- er vörte an sfnem Schilde 4940
- ein tier same iz spilde
- tz deme golde ^rUch,
- eime capeldne gelfch.
- dar nmbe lägin steine
- groz nnde kleine, 4945
- die daz liecht bärin
- alsiz sterren wärin.
- ime stont nmbe des schildis rant
- manich g6t jächant;
- in deme satübogin sin 4950
- stnndin swanin gnldin.
- tf deme helme lac ein stein,
- 4932 ufe blankin marhey vgl. 15. — marke ^ mcarc^ march
- 0tii., vgl. 868. — 4933 geserwe stn., Röstang. — 4935 teer-
- liehe kann adj. und adv. sein, wehrhaft. — 4941 same adv.,
- als ob es. — spUn swv., sich gelenkig henundrehen. —
- 4943 eapelun stn., eins der vielen mythischen Thiere des Mittel-
- alters, sonst gabelun. Ob es als Lindwarm mit Sperberkopf
- gedacht wird, wie man glaubt, mag dahingestellt sein. —
- 4946 bärin plar. praet. von 6eni, tragen, verbreiten. — 4947 aisiz
- =alse iz, als wenn es. — sterre swm., Stern. — 4951 swane swm.,
- der Schwan, ein beliebtes Wappenthier, wie sein Vorkommen
- in so viel mythischen und wirklichen Wappen der spätem Zeit
- zeigt. — 4952 dieser Wnnderstein, der Alexander aus dem Para-
- diese, zugeworfen worden, spielt in der deutschen Phantasie, seit-
- dem er, wie es scheint, zuerst durch Lamprecht's Alexanderlied
- eingebürgert worden war, eine grolle Rolle. Uebrigens ist es
- doch fraglich, ob unser Dichter hier sich direct auf uns«r
- Alezanderlied bezieht, denn in diesem ist der Name des Steines
- nicht genannt, und ob der Dichter des Rother sich erlaubt
- habe, ihn zu erfinden, oder ob er überhaupt dazu befähigt war,
- ist zu bezweifeln. —
- KÖNIG ROTHKR. 245
- der umbe 'mitte nacht schein
- in allen den gebären
- alsez liecht tac wäre. 4955
- den brächte Alexander
- von vremidime lande
- dar nie nichein kristin man
- weder 6 noch sint hine quam.
- Der stein hiez Clangestiän, 4960
- den vdrte ein altgrtsir man,
- deme was die hart harte breit,
- ei wie vermezzenliche her reit!
- ime ginc daz marc in sprnngin
- baz dan eime jungin. 4965
- urlof her z6 deme koninge nam,
- iz was der herzöge von Merän,
- nach deme dar heime
- sin wif dicke weinte.
- der rtche got von himele 4970
- santin ir sit widere.
- DÖ der herzöge von Merän
- z6 deme koninge urlof genam,
- dö ritin sie alle dannen.
- die harren dö sungin. 4975
- die marc begundin springin.
- dar wart von den vrouwin
- michil schouwin.
- Rother wranc die hende
- unu bin ich eilende. 4980
- 4953 mitte adj., was in der Mitte ist. — 4954 in allen den
- gebären y vgl. 3183, hier natürlich nicht an «Gebärde, Beneh-
- men» zu denken, sondern so viel als «in der Weise, nach
- Art». — 4961 altgrieir adj., altersgrau. — 4962 die für der. —
- 4^io'6 vermezzenltche adv., stark, muthig. — 4971 santin für sante
- in. — widere adv., zurück.
- 4975 sungin plur. prset. von singen, ein Abschiedslied, ge-
- wöhnlich geistliches. — 4976 die marc begundin springin =s
- 4964 ime ging daz marc in sprungin, vgl. 2G42. — ^ 4979 wranc
- praßt, von wringen stv., ringen. — 4980 eilende, hier soviel
- als verlaßen, wenn auch zu Hause. —
- 246 kOkig botheb.
- noch sal die werlt gewis stn,
- möz ich haven den lif min,
- daz ich gerne mtn gnot,
- same der edele am tnot,
- wil teilin geliche 4985
- annin unde rtchen,
- swer iz an mich söchit
- unde is mit ^ren ger6chit,
- die wtle ich ein br6t h&n.»
- Widolt nnde Aspriän 4990
- unde andere Rötheres man
- vdrin in ere rtche
- unde begingin sich vromeliche
- mit grözin Srin, daz is war,
- zyei unde zy§nzic jär. 4995
- Under des gew6chs Pipptn
- daz her koninc mochte stn.
- Eöther der riche
- half ime vromichltche,
- alse noch manich man 5000
- sime sone grözir drin gan.
- Rdthere saz dar heime,
- ' (got irliet in aller leide)
- unde zdch Pippinin,
- den lieven sone sinin, 5005
- mit grözin drin, daz is war,
- vier unde zydnzic jÄr,
- bit der türltcher degen
- gerne swert wolde nemen.
- 4984 same coDJ., sowie. — edele am, Adeler; am stm. neben
- are, ar swm. — 4985 geliche adv., gleichmäßig. — 49B8 ge-
- rochen swy. mit gen., nach etwas streben, vgl. 986. — 4989 ein
- brot hän, bildlicher, sprichwortlicher Ausdruck; ein broty ein
- Stück Brot. — 4993 sich hegdn stv., sich zeigen, darstellen,
- handeln.
- 4996 gewochs von wachsen stv., war herangewachsen. -*
- 5001 gan prses. von gunnen, gönnen, einem eines d. g. —
- 5003 einen erldzen eines d., einen befreien, frei halten von . . ., vgl.
- 1751. —
- i
- kOnio botheb. 247
- dö wart ein lantspräche öoio
- gebodin hin zö Ache,
- dar vil manich yrome man
- mit stme hergesellen quam,
- gevazzit vromicliche,
- wttin üz deme riche. &015
- Me den hof qnämin Rötheres man
- dar Pippln dat swert nam.
- dar qnam die riese Aspri&n
- und Widolt der k6ne man
- und der helt Grimme, 5020
- der riesin ingesinde,
- der was grüweliche getan.
- d6 brächte der riese Aspriän
- siyin hnndrit manne
- mit iserinen Stangen. 5025
- Dö reit dnrch frenkisce lant
- Wolfrät der wigant
- mit scöneme ingesinde,
- der hörre von Tengelingen
- der vdrte wundirin köne man 5030
- drtzic düsint lossam
- üffe den hof z6 Ache
- z6 der lantspräche.
- von Ispaniä Erwin
- und Luppolt der meister stn, 5035
- die wären beide rlche
- 5010 lanttprdche stf., Becbtsftusdrack : Landtag, Reichstag. —
- zoAche, in der herkömmlichen Kronungsstadt der deutschen Könige,
- als Nachfolger Karl's des Großen, was hier rückwärts auf den
- Ahnen Karl's übertragen ist. — 5013 hergeseüe stm., der im glei-
- chen Heerschild befindliche, also soviel als ^ese//e, genozu. s.w. über-
- haupt. —I 5015 tDtÜnj hier weither, nicht weithin wi^ 621 u. s.w.
- -~- 5021 ingesinde stm., Mitdienstmann, aber 5028 ingeeinde stn.,
- Collectiybegriff «die ganze Dienstmannschaft». — 5022 grüw.e*
- /»cAeadv., schreckenerregend. — getan, beschaffen. — b02^hundfity
- ▼gl. 4047, hier der regelrechte Gen., manne davon abhängig.
- 5030 vmndirin kone man, ygl. 111. — 5032 hof, hier ss
- Hoftag, auf dem die lantspräche vor sich geht. -^
- 248 KÖNIG BOTHEB.
- Qnde YÖrin gezogenltche.
- durch Pippinis willin
- ' brächte von Kerlingin
- Lnppolt der getrüwe man 5040
- sechzic düsint lossam.
- hei wie lieve Röthere was,
- wände her sie alle gerne gesach!
- Dar z6 Ache wärin sie over nacht
- unz an den andrin tach. 5045
- alsiz des morgenis tagete,
- üffe deme rosse havete
- Pippin der helt g6t
- mit golde wole geztrot.
- die marh begnndin springin 5050
- ander den juiigelingin.
- d6 burd^rte manich man
- dar Pippin svert nam.
- Widolt unde Grimme
- lieün in deme ringe. 5055
- die riesin dö tunidin
- daz die erde bibite.
- z6 Ache was die herscaft
- dri tage unde dri nacht.
- dö höbin sich geliche 5060
- armen unde riebe,
- die bestandin alle samt
- 5042 wie lieve Rothere was, vgl. 2238.
- 5047 havete zu haben, in der speciellen Bedeatung a hal-
- ten». — 5052 burderte oben behurderte, woraus sieb nebenbei
- die Unmöglichkeit eines behurd, ergibt. — 5055 Wnc, hier der
- Ereilt, der sich um die Buhurdierenden schließt. — 5056 iunen
- swY., dunen gewöhnlich mit anlautendem d, hier doppelt auf-
- fallend t, da das Wort doch demselben Stamme wie unser
- «Donner» angehört, ein dumpfes Geräusch machen. — 5057 hier
- wird btbite und nicht btbiie anzusetzen sein, wie überhaupt,
- wo die Silbe bib yerlängert erscheint, es nur zweisilbige Wort-
- formen sind. — 5058 herscq/t, vgl. 3763. — 5061 vgl. 1724. —
- 5062 bestän^ Rechtsausdruck, etwas zugesichert erhalten, unserm
- «erstehen» von ferne verwandt.
- kOnig botheb. 24^
- von Rötheris sone daz lant,
- alse sin vater stürbe,
- daz Pippin keisir wnrde. 5065
- Die svertleite was getan,
- d6 zöch iegelich man
- hin zd sime lande,
- dar levetin sie äne schände.
- Köther der riebe 5070
- der levete vromiclicbe.
- Dd der koninc Pippin
- vor Kdthere deme vatir sin
- daz svert umbe gebant,
- dö reit her mit manigeme üf daz lant 5075
- unde richte nach rechte
- harren unde knechten,
- dö scheit sich zd Ache
- clie gröze lantspräche.
- Dö quam gestrichin over lant 5080
- ein sn^wizer wigant,
- daz bete dat alter getan,
- ime volgeten sine hereman,
- zvei düsint, daz ist war.
- ime was daz edile här 5085
- bi den drin ave geschorin.
- er was von gründe üf geborin
- zd deme aller trüwistin man
- den ie sichein kuninc gewan.
- er reit durch nümäre, 5090
- 5066 svertleite stf., vgl. 151 fg.
- 5074 daz svert umbe gebant, der Mittelpunkt der Schwert-
- leite, die dftmftls im Gegensatz zu dem schnörkelhaften Ceremo-
- niel des späten Mittelalters und des 15. u. 16. Jahrhunderts
- noch sehr einfach war.
- 5080 strichen sty., bloß «sich schnell bewegen», also quam
- gestricken, eilends, vgl. 2978. — 5083 hereman, ygl. 3500. —
- 50S6 ave, hd.o^e, Zeichen, daß er sich der Welt begeben
- hatte. — 5087 von gründe üf, unsere entsprechende Meta-
- ,pher ist « vom Wirbel bis zur Zehe». —
- 250 kOkio bothbs.
- waz dar zö Ache wäre.
- sin ros was zoumstrenge.
- iz ne stunt borlange
- unz in Röther gesach.
- nu mngit ir h6rin wÄ er sprach. 5095
- «wol mich, daz ich min Itf hän.
- dort kumit der helt von Merän.
- nu intfät in alle die hie sin.»
- «daz d6n ich» sprach d^ koningtn.
- die yrouwe lossam 5iOO
- käste den helt von Merän.
- wie küme Röthere irbeit
- bit Berchter üf den hof reit!
- selve intfinc her stn rosfert,
- des was der helt wole wert. 5105
- do intfiengin Bdtheres man
- swaz mit Berchtere quam.
- die götin knechte
- dätin al rechte,
- wan diz hßte der helt g6t 5110
- vil wole virdienöt,
- dd sine tage dochten
- unde so her ritin mochte.
- 5092 zoumstrenge adj., fest im Zaume (nicht «hartmäulig»). —
- 5093 borlange adv., sehr lange, vgl. 1388. — 5096 l^\ hier
- wie 1078 u. s. w. neatr. in abstr. Bedeutung «Leben», ohne
- dal^ deswegen in der lif die concrete Bedeutung allein herrschte.
- — 6098 intfai für intfdket int/dken, in der Bedeutung «feierlich
- empfangen», wie so oft. — 5102 kume ady., mit Mühe, Noth,
- hier aber fast unser indifferentes «kaum». — irbeit praet. des
- stT. irbiten, erwarten. — 5104 selve int/inc^ jemand das Roß
- oder gar den Stegreif beim Auf- oder Absteigen zu halten,
- war eine der größten symbolischen Ehrenbezeigungen des
- Mittelalters. — rosfert für rosphert, wunderliche Compos., mög-
- licherweise Schreibfehler, phert allein bedeutet immer das Reise-
- pferd, nicht das Streitroß; ros kann das eine und das andere
- bedeuten. — 5105 des, solcher Ehrenbezeigung. — 5112 dochten
- plur. von tottc, tauge, bin tüchtig. — tage, in der Weise ge-
- braucht wie in der Rechtsformel ze innen tagen komen, volle Lebens-
- kraft, Altersreife. -— 5113 so, als. — rttin, im conventioneilen
- Sinne : auf Heerfahrten reiten, solche unternehmen, kriegsfahig sein.
- KÖNIG BOTHEB. 251
- DÖ Beruhter virnam
- waz Pipptn h§te getan, 5115
- Eöthere deme riehen
- riet her wtsllche
- «nu volge mer, koninc göte,
- des mer is z6 m6te,
- unde helf der armin s^e 5120
- daz ist tagint aller §rin.
- du gräwist, hörre min,
- daz dinc nemac immir niht sin.
- iz stät den götin knechten
- in ir aldere rechte, 5125
- daz sie mit gdte vird^ntin
- so si von diser werlde endin.
- dtn dinc stunt gröze.
- der minir genöze
- qaämen sechsz^ne 5130
- üf ir alem^ne
- und klagetin, trüt hßrre min,
- deme liebin yatir din,
- der lac in sinin ende
- 5115 waz Pipin hete getan ^ d. h. daß er das Schwert ge-
- nommen und dadurch zum Nachfolger seines Vaters nicht bloß
- berufen, sondern förmlich eingesetzt sei. — 5119 des, ab-
- hängig von volgen mit gen. und mir ist zö mote, also demonstr. und
- relat. zugleich. — 5121 tugint aller eren, das beste von allen
- eren, — 5122 grdwen swv. zu grd, grau werden. — 5126 mit
- göte, mit guten Werken. — virdenen, mundartlich für ver-
- dienen, sich ein Verdienst erwerben. — 5127 endin swv., ein
- Ende machen. — von diser toerlde =. sterben. — 5128 dinc,
- wie so oft unbestimmte Bezeichnung für Leben, Geschick. —
- groze adv., soviel als grozliche 965 u. s.w. und unten 5165. —
- 5131 alemene. Daß dieses bedenkliche Wort nicht mit Almun
- zusammengebracht werden darf, wie es geschehen ist, steht
- fest, aber was sonst dahinter stecken mag, ist schwer zu
- rathen, vielleicht al oder aller mene = meine , nach dem Willen
- und der Gesinnung aller sc. Dienstmannen. — 5133 deme liehin
- vater din, so für min der Hs. — klagen mit dat., eine Klage
- bei jemand anbringen; der Gegenstand der Klage ist leicht zu
- errathen: die Verlaßenheit des Landes bei dem zu erwarten-
- den Tode des Kaisers {der lac in sinin ende) ; dieser setzt Berch-
- ter zum Erzieher des jungen Bother und Reichs verweser ein. —
- 252 KÖNIG BOTHEB.
- und bevalch dich mir bi der hende. 5135
- Sit hän ich dir bi gestän,
- daz dir nichein man
- argis nicht ne bot,
- her h^te uns beiden gedrot
- na nemach ich, trüt hörre min, 5140
- dir nechein vrome sin,
- dune volgis mineme räde,
- so bistu aller nöde
- irl&zin immir m^re
- nnde helfist och der sSle.» 5145
- Köther swigete dö.
- Berchter sprach ime aber zö
- «daz ist war, koninc edele,
- ich ne räde dir nicht ovele.
- nu koufe dir selve göte wort, 5150
- ja is der schaz alse ein hör
- leider unreine.
- Wime vindin sin nicht dar heime.
- sw^ vil der man gewinnit,
- wie schtre ime zerinnit! 5155
- daz ist uns alle tage schin.
- du volge deme räde min
- und helf der armin sMe
- 5135 bevalch dich mir bi der hende y durch das Symbol der
- feierlichen Uebergabe in die Hand des andern. — 5136 gestdn
- part. prset. zu stän. — 5138 argis von nicht abhängig. —
- bot^ entbot. — 5139 her hete uns beiden, d. h. mir und dir
- zugleich ; jeder von deinen Feinden war auch meiner. — 5142 dune
- für du ne, wenn du nicht. — 4143 so, dann. — 4144 irldzen einen
- ein68 d,, einen befreien von... — 5145 helfist, kann ind. und
- conj. sein, wird aber hier ind. zu nehmen sein.
- 5147 aber, von neuem. — 5150 gote wort, Fürsprache der
- Heiligen; kou/en, verdienen. — 5151 ein kor. hör stn.,
- Schmutz, Koth. ein, eine Schmutzmasse, Kothklumpen. —
- 5153 sm von nicht abhängig, sin seil, schaz, es bleibt uns
- nichts davon. — 5155 zerinnit, vgl. 4567. — 5156 schin adj.,
- vgl. 4704. —
- /l
- KÖNIG BOTHEE. 253
- die levet immir mere.
- nune läz dich nicht beträgin; ' 5160
- swer der gotis genädin
- rechte wirdet innin,
- der möz sie immir minnin.
- du w^re ie riche,
- din dinc stnnt grözliche. 5165
- waz heifit nu daz?
- getöt ein ander baz,
- er wil din overgenöz sin.
- nu volge mir, trftt h^rre min,
- und zßwer hin zö walde. 5170
- swer genesen wolde,
- der mochte dar gerne bröder sin.
- wir munichin uns, trüt h^rre min.
- ;wir sulin der armin s^le wegen.
- |diz ist ein unstäde leven.» 5175
- 5160 nune für nu ne. — beträgin swv., verdrießen; Idz dich
- nicht betrdgin, ungemein häufige Formel, die unserm posi-
- tiven «wohlan, frisch auf» entspricht. — 5162 wirdit, hier
- aUein die volle Form wirdit, sonst überall wirt. — 5167 getöt, ge
- wegen des conditional. Begriffs : gelingt es vielleicht einem . . .
- — baz tön, ganz allgemein «mehr leisten». — 5168 overgenoz
- stm., mehr als deinesgleichen, gebildet wie ungenöz, geringer als
- deinesgleichen, vgl. 982. — 5170 zewer für ziehe wir plur. conj.
- praet. von ziehen. — zö walde als «begebene Leute», entweder
- als Einsiedel oder um gemeinsam da sich zu nmunichen)), eine
- Zelle, woraus ein l^loster werden könnte, zu gründen. Die Les-
- art eines an dieser Steile erhaltenen andern Handschrift-
- fragmentes tzö Vuide überrascht, aber kann keinen Anspruch
- auf Authenticität machen, denn so gering auch die geschicht-
- liehen Kenntnisse des Dichters gedacht werden mögen. Rother
- zum Mönch in Fulda zu machen, hätte er doch wohl nicht
- gewagt. Mir scheint Vulde bloß um einen etwas richtigeren
- Beim hervorzubringen gesetzt. — 5172 broder, ganz allgemein
- Bruder einer geistlichen Genoßenschaft, paßt ebenso für den
- Bewohner einer Zelle, wie für den eines großen, eigentlichen
- Klosters; der eine wie der andere ist ein munich, ein von der
- Welt Geschiedener. — 5174 wegen swv., Weg, Hülfe bereiten. —
- 5175 diz ist ein unstdde leven, d. h. das was du jetzt führst,
- hat keine stcBfe, ]^eine wahre Sicherheit in sich. —
- 254 KÖNIG BOTHEB.
- do sprach der koninc gdte
- daz her dat gerne däte.
- Kdther bi der hant nam
- die vroawen also lossam
- unde sagete ir sin gemöte. 5180
- dö sprach die yrouwe göte
- «iz ist der bezziste rät,
- den Berchter getan hat.
- nu Yolge uns, koninc edele
- iz ne kumit nns nicht abele.» 5185
- dö sprach der —
- /
- also iz noch hüte st4t
- daz iz vil manige 6re hat.
- dö clüsete sich die koningln,
- got der gab ir den sin. 5190
- dö stnnden die römischen riche
- harte vredeliche,
- wente Pippin irstarf
- unde Karl daz riche irwarf.
- der levete sit scöne 5195
- unde richte wol de kröne.
- hl hat daz buch ende:
- nu valdet üwer hende
- unde biddet alle got,
- 5180 8in gemotBy seine Gesinnung. — 5185 iz ne kumit uns
- nicht ubele, Gegentheil von kumit rechte 4623. — Zwischen
- dem Torzeitigen Schlüge der Hs. H., herbeigeführt durch das
- Heransreißen des letzten Blattes und einem kleinen Bruch-
- stück eines andern hs. Fragments, das uns die SchluÜverse
- aber auch nur unvollständig gibt, mögen etwa 10 — 12 Verse
- ausgefallen sein, in welchen die Ausführung des frommen
- Entschlußes erzählt wird. So gewagt dieß auch scheinen
- möge, so äußere ich doch die Yermuthung, daß, wenn einst
- ein glücklicher Zufall diese Lücke ausfüllen läßt, der Name
- der Zelle oder des Klosters nicht genannt sein wird. Die
- Phrase also iz noch hüte etat darf nicht dagegen eingewendet
- werden. — 5189 clüsete, lebte als reclusa, in besonders strenger
- Observanz. — 5193 wente conj., bis, vgl. 1295. —
- KÖNIG BOTHBB. 255
- der nns z6 levene gebot, 5200
- daz her deme ticht^re gn^dich si
- und ouch üwer nicht ne —
- 5201 iichtere. Auch hier soll nach dem Abdrucke richtere stehen
- und würde es mit beßerem Rechte als oben 4B59, falls es über»
- haupt ein Wort richtere in der hier allein brauchbaren Be-
- deutung «Verbeßerer eines altem Gedichts» gibt.
- WOßTBEGISTEB.
- a angehängte InterjecHon 1758.
- abe, ave adv, und proep. 417.
- aber, aver conj. unde-aber 1803.
- abgrande, afgrunde sin, 1978.
- 2342. 4442.
- ach interj, subst gebraucht 4bßb,
- achsle «u/., vgl, asle, mhd. absei.
- acht 8//^. über acht 798.
- achten suw. 977.
- achtich Zahlwort^ vgl. achzich
- 4583.
- achzich Zahlwort^ mhd, ahtzic.
- achte 8tf, 924.
- adel stn,^ vornehme^ fürstliche
- Geburt >t Stand,
- afgrande vgl, abgrande.
- after jDrorp. mit dat. after wegen
- 1802. 3029.
- al adj.
- al adv, 573, conj. 681, ver-
- stärkend zugesetzt in al en
- conj. 2246. alwante 1295.
- allen halben 1837. allent-
- halven 2532. -in 4524.
- allentsamt adv. 4453. aller,
- allir 79. allez adv, 452. alle-
- zan adv. 3298.
- ald, alt adj. in der schwachen
- Form subst, gebraucht 3254.
- alder, alter stn.
- als, alse, also adv. und conj.
- alsas adv. 33. 116 u. s. w.
- altgrise adj. 4961.
- althere swm, 59, mhd. altberre.
- amme swf.
- an, ane prcep, und adv,
- ande, vgl. ende, inde, unde.
- ander aäj.
- anderis, anders adv, 335. 852
- ane prcep. und ado.
- antwarten , antwurden , ant-
- wurten ««w., mhd. antwür-
- ten 306. 497. 1023.
- antworte stf. oder neutr.^ mhd.
- antwurt oder antwurte 262.
- appelgrä adj.^ mhd. apfelgrä 867.
- arbeit stf. 1080.
- arc adj.
- arm adj. in schwacher Form
- substant. gebraucht .1724.
- arm stm.
- armboc, armbouc stm. 1824.
- 2144.
- arm 6t stf.^ mhd. armuot.
- armote stn., mhd. armüete.
- am stm. 4984.
- asle swf. 4275, vgl. achsle.
- ave vgl. abe.
- aver vgl. aber.
- balde adv. 3828.
- halt adj. 980.
- BANC — BIBDEN.
- 2Ö7
- hsLUC 8tm, 1645.
- bant stn, 4182.
- adv^ 2450.
- barn stn. 2220.
- Jbart stm,
- bat, baz adverb. compar, 1084.
- bäte vgl. bpde, böte.
- bedarf prceteritopr,
- bedecken svw. 2161.
- •bedenken stcv. zucht bed. 1143.
- bedriegen stv. 3076, mhd. be-
- triegen.
- bedriezen s^t?. 4896.
- 4>edwingen stv. 992, mÄc?. be-
- twingen.
- ibegän stv. 801. ein zeicben be-
- gän 2479. sich begän 4872.
- ^egeginen suw. 3040.
- •beginnen starkes und unregel-
- mässiges Verhum 643.
- begraven stv.^ mhd. begraben.
- begrifen stv, 1170, ergreifen.
- behaldan, bebalten stv. 948.
- sich behalden 3301.
- behengen swv.
- t>eherden, beherten swv., be-
- haupten 196. 2965.
- fcehoten swv. 1041, mhd. be«
- hüeten.
- behurdieren swv. 1351, vgl. bar-
- dieren, mhd. buhnrdieren.
- beide adject. Zahlwort; adv. 153.
- beiden, beiten swv. 836. 3742.
- bein stn. 3138.
- bekennen swv. 533.
- Ibekomen, bekumen stv. 2708.
- 3042.
- beliechen stv. 382.
- beliven stv. 469, vgl, b(e)liben.
- beltitche adv. 2266.
- belachten swv. 1104, mhd. be-
- liuhten.
- benemen stv. 4925.
- benken aurt;. 1604.
- beraten stv. 3755.
- bere sfm., zo berge 2554.
- bere 8trm. 1660.
- bergen stv.
- KÖKia BOTHISB.
- beriten stv, 4892.
- bermeliche a£^t7. 2419.
- bern stv. 4946.
- bernen stv. 4613, mAcf. brinnen.
- beroren swv. 1729.
- berwelf «^n. 1290.
- bescern stv. 431 5, mA(^. beschern,
- bescheinen svw. 1309.
- besclahen «ilv. 1582 , mhd. besl.
- bescouwen, bescowen swv. 335.
- besehen s^t;. 440.
- besenden swv. 2611.
- besitzen stv. 385.
- besläfen «ft?. 4789.
- best, beste adverb. superl.
- bestaden, bestaten swv. 1188.
- bestän starkes und unregel-
- massiges Verbum 1814; mit
- dat. 614, mit acc. 679. 1657.
- 2370. 2589. 5062. ez bestat
- mich tiure 3021.
- bestrichen stv.
- bes andren swv., absondern^ mhd,
- besandern.
- beswichen stv. 4328.
- bete stf., Bitte,
- betragen swv. 5160.
- bette wät stf. 2546, Bettzeug^
- Matrazen^ Polster^ Decken,
- bevähen, bevän starkes und un-
- regelmässiges Verbum 1094.
- bevel(h)en stv. 418. 744, 4741.
- be Villen swv. 4315.
- bevoren, bevorn adverb. 500.
- 4619.
- bewarn swv. 561.
- bezeichenen, -on swv. 1109.
- bezechenange stf. 3681, mhd,
- bezeichenange.
- beziehen stv.^ überziehen.
- bezihen stv. 4880.
- bezzir adject, compar.
- bezzist adj. superl.
- hi proepos. mit dat., an, bei, neben.
- biben, biben swv. 4223. 5057.
- bidden, biden, biten, bitten stv.
- biderve adf. 8, mhd. biderbe,
- bieden stv., mhd. bieten, ane b.
- 17
- 258
- BILBDKN — DAT
- mit doppeltem Acc. des per$,
- und sächl. Object. 935. ze
- YÜezen b. 4807. sich an die
- gewalt eines b. 951. einem
- ez unrehte b. 1008.
- bileden, -6n iwv, 4410.
- binden stv, 5074.
- bit, biz conj. und adv. 732.
- h\tprcßpos,mü dat, 2977, v^/.mit.
- blanc adj,
- blasen stv. 4183.
- blatTÜz stm. 1871, mhd, blat-
- vuoz.
- bliben stv, 351, vgl, beliTen.
- blic stm. 2645. 4663.
- blot stn., mhd, blnot.
- blozliche adv, 1401.
- böch, buch sin. 16. 413. 3479.
- 4173. 4711.
- bochstaven swv, 3878, mhd,
- buochstaben. ,
- bode, bote^wm. 88. 98, vgl, bäte,
- bodenbrot stn. 3518.
- bodescaf, bodescaft, bodescap
- stf.
- böge swm.
- bonit stn, 864.
- borlange adv, 1387. 5093.
- borsenfte adj, 2676.
- borte swm, 871.
- böse adj., mhd, boese.
- bösheit stf, 1445.
- bösliche adv. 1123. 4522.
- boten swv, 1300, v^/. bözen.
- bouc stm. 401.
- boz 5^m. 4322, mhd. bnoz.
- bozen ««;». 3169. 3194, 7nhd.
- büezen.
- bracht stm, 4095.
- brechen «t». üz der hant br.
- 1721.
- breit adj. 2645. 2983. 4857.
- 4891.
- bremen, -in stv. IS^O.
- brengen , bringen unregel'
- massiges Verbum.
- bresten stv. 4164.
- brinnen stv.
- bröder, bröther, bruder stm.^.
- mhd, bruoder.
- brot stn,, wiz brot 2550. ein«
- brot 4989.
- brunje, brunne swf. 686. 4108^
- mhd. brünne.
- brut stf,
- büen, büwen swv, 22. 4828..
- bukele swf. 3503.
- bnlgän, stm. 1625.
- balslac stm. 1769.
- burc, burch, barg stf. 68.
- bnrdSren, vgl. behurdieren..
- bnrge swm. 2364, Bürge,
- bargäre, bürgere stm. 829/
- capellän stm.
- capelün «^n. 4943, mhd, gabilün^
- chein €tdj. 3155.
- clnsen swv, 5189.
- cristin adj. 2204.
- crnce sin. 376, mhd. kriuze..
- cyclät stm. 1835.
- cyclätin adj. 1863.
- D 8. T.
- da, verkürzt durch Inclin. d»
- Localadv., vgl. dar.
- dac, dach, dag, stm., mhd. tac^
- dagen swv. 3267.
- dan, danne conj.
- dan, dane, danne Localado.y.
- von da.
- dan, danne Partikel der Ver-
- gleich, nach Compar.
- danc stm. äne d. 913. was in^-
- z6 d. 2640.
- dancnSme adj., mhd, dancnaeme^
- angenehm, erfreidich.
- danken swv.
- dar vgl. tar.
- dar, dare Localadv., dahin.
- dar, durch Irclin. dar, der^
- Localadv., vgl. da.
- darf pr(steritoprces.,pr. dorfte-
- dat, daz nom. sing, neutr. des:
- DECHEIN ELBLENDE.
- 259
- Fron. dem. und des bestimmt.
- Artikels, Als Conjunction ver-
- wandt: in Folyerungssätzen,
- in Absichtssätzen.
- dechein, dehein adj. 175.
- decken swv. 4844.
- degen swv. 1768.
- degen stm. 57.
- degenheit stf. 768.
- degenliche adj, und adv. aller
- degenliche 79.
- den conj.j vgl. dan, danne.
- de, de nom, sing, masc.f nom.
- acc. sing, femin.^ nom, acc,
- plur^ von der.
- denen swv*^ vgl. dienen. «
- denest stn., vgl. dienest,
- denken swv. 1986.
- der vgl. dar.
- der, Nebenform- die, de, de,
- nom. sing, masc. des Pron.
- dem, und des best, Artikels.
- des äbsol. gen. von daz 49.
- deste steigernde Part., bei Com-
- parat.^ desto.
- dicke stf. 2716.
- dicke adv. 649.
- die nom. acc. sing, fem., nom.
- masCj nom. acc.plur. von der.
- dienan, dienen, dienin, dienon
- iwv.^ vgl, denen,
- dienest stn.
- dief, dif adj.^ mhd, tief,
- diep stm,
- dieser, dise, diser masCf diese,
- dise fein., dit, diz neutr.^
- demonstr, pron,
- diet stm, 964. stf. 636 u. s. w,
- die yarunde d. 1883.
- diezen stv. 182.
- dihten swv, 3491.
- din pron. possess.
- dinc stn, 14. 5128.
- dinster adj. 1611.
- disc(h) stm.. Tisch, Tafel.
- dö conj.y durch Incl, verkürzt do.
- doch conj,
- dochter, dohter stf., mhd. tohter.
- dod adj., mhd. tot.
- dolen swv., dulden, erdulden,
- domestac vgl. tomestac.
- don unregelmässiges Verbum,
- vgl. ton, tnon.
- doner stm. 2742.
- doug prceteritop,, mhd. touc,
- ich tauge, prcet, dochte.
- doven swv,, mhd, toben,
- döz stm. 2987.
- drache swm. 224, mhd. trache.
- drate adv., schleunig,
- draven swv., traben.
- drehtin stm. 1416, vgl, trechtin.
- dri, drie Zahlwort.
- dringen stv., sich drängen,
- dritehalf adj. 3343.
- dröwe stf. 769.
- drowen, dron swv,, dräuen,
- drohen,
- du pron, der 2. pers,
- du nom, sing, fem, = die, de,
- mhd, diu.
- du Instr, zu daz, mhd, diu.
- dnnken swv, 23.
- dur, durc, durch prcep, mit
- acc, und adv, d. daz 707.
- dure sff, 3606, mhd. tür.
- durchnechte adj,, tadellos, volU
- kommen,
- düsint Zahlwort 401.
- e, er adv. und conj, 470.
- echone swf. 4691.
- edele adj,
- edelicheit stf. 1868.
- edlich, etlich, etelich, ettelibh
- adj,, vgl. ite-, ittelich.
- ehaffc adj. 4926.
- eia interj, 182.
- eilif Zahlwort.
- ein, en Zahlwort und unbest.
- Artikel, 851; in der schw.
- Form adj,, allein, ein-, en-
- ander 237. 3417.
- eine adv., allein.
- einic, enich adj,
- elelende stn, 2346.
- 17*
- 260
- ELLE — GENESEN.
- eile, ellea ztf. 657. 1663.
- €l(l)ende adj, 973. 2607. 4980.
- ellenthaft adj, 4344.
- elphant %im. 1608.
- ende vgL unde 1304.
- ende %tm. 141. 439.
- endelicLe adi). 3953.
- enden vwv, 5127.
- eninne adv, 1310.
- enouwe -ogL inouwe.
- ent - unlr^nnhare Vorselzpart^f
- vgl. int-, unt-.
- er nom, sing, masc. des pron.
- der 3. pers., fem, si, sie, siu,
- sü, neutr. ez, it, iz.
- er- untrennbare Vorsetzpart.,
- vgl, IT'.
- er vgL S.
- erande stn. 2912.
- erbe swm. 29.
- erbe, erve stn. 29.
- erde swf.
- ere stf. plur. 1534.
- erist adverb. superl. 63.
- erllch arf;. 751. 3821.
- ernist stm.
- ernistliche adv. 2210.
- ersterben stv,
- erscellen^ erschellen stv. 3269.
- ervelös adj., tnhd. erbelös.
- eryen swv., mhd. erben,
- erwinden stv. 2981.
- ettewanne Zeitpart.
- evene adv. 3639. 4666. 4758.
- ewe stf. 481. 4419.
- eweliche adv, 4469.
- F vgl. V.
- gä, gäch adj. ez ist mir g. 4106.
- gade, gate swm. 1103.
- gaben swv, 2590.
- gamerliche adv. 3711.
- gan pr€Bteritop., ich gönne.
- gän, gen starkes und unreyeU
- mässiges Verbum.
- ganc stm. 2093.
- gar, gare adj. und adv.
- gebäre, gebere stn., Gebärde
- 697. 1425. 3183. 4954.
- gebeine stn. 1609.
- gebeiten swv. 1059.
- geberge, gebirge stn. 3645.
- geberh stv.
- gebieten stv. 134. 215. 983.
- 2337.
- gebiledön swv. 374.
- gedagen swv. 2884.
- gedanc stm.
- gedenken swv.
- gedigene stn. 71. 774.
- gedranc stn.^ Gedränge 276.
- gedrenge stn. 1694 dasselbe.
- gegin, gegine prcepos. und adv,
- geginsidele stn. 1626.
- gehalten stv. sich geh. 2996.
- gehaven, gehän swv. 2907.
- 3063. 3249.
- geheizen stv.
- gShen swv, 2895.
- geherbergen swv.
- gein adj. = chein, dechein.
- geisle swf. 689.
- geköse stn. 4500.
- gelangen dt^^r.
- geläz stn. 1361.
- gelden, -in 8ft?., bezahlen, ver-
- gelten.
- geleide stn. 4898.
- gelich, geliche adj.
- geliche adv,
- geliehen swv. 4793.
- geloben, geloven swv. 1570.
- gelouben, gelouven swv.
- gelüsten swv, 3260. 4928.
- gemach stm. u. neutr, 1 166. 2924.
- gemeine adj. 4425.
- gemezzen stv. 3375.
- gemöt adj. 772, mhd. gemuot.
- gemöte stn. 1077. 3013, mhd.
- gemüete.
- genäde, genädhe stf. 937. 3084.
- genedich adj., mhd. genaedec.
- gener jDron. demonstr., vgl. jener.
- gener(e,i)n sw^. 707.
- genesen stv. 949.
- GENOC — GOT.
- 261
- genoc, genüoc adj. 969.
- genote adv. 2376.
- genoz 9im.
- genozen swv, sich einem gen.
- 1327.
- gerech adj. 2975.
- gereit adj. 3091.
- gereiten, -6n swv,
- gerete stn, 3128., mhd, gersete.
- gerichte 8tn, 735.
- gern swv, 315.
- gerne adv, 2190.'
- gerochen, gerüchen «tcü. 986.
- 4988, mhd. geruochen.
- gerüwon «irt?., mhd, geruowen,
- dauernd ruhig sein, ausruhen.
- gerwande swf. 4339.
- gescehen, geschehen, gesehen
- stv.
- gescheffen swv., zu Stande
- bringen.
- geschelle sin. 1655.
- geschot 2200, pari, prcet. zu
- schohen swv., mhd. schuohen,
- beschuhen,
- geschntze stn. 1796.
- gesehen stv., ersehen.
- geselle swm.
- geserwe stn. 4933.
- gesicht stf, 1750.
- gesidele stn, 1137.
- gesmide stn., Geschmeide, gesm.
- slän 795.
- gesöchen swv., mhd, gesaochen.
- gestaden swv. 465, mhd. ge-
- s taten,
- gesteioe stn. 1610.
- gesteinit 222, part. prcet. zu
- steinen swv.
- gesten swv. 3659.
- gesterne stn. 72, mhd. gestime.
- gestich stn, 3861.
- gestille stn. 2125.
- gestole stn. 1605, mhd. gestüele.
- gesunt adj.
- geswichen stv. 3420.
- gethihen stv. 36, mhd. gedihen.
- getreffen stv. 2492.
- getrue, getrüwe adj., mhd. ge-
- triuwe.
- getrüwen swv.
- gevahen stv.
- geverte stn. 844.
- gevöc stm. 1860, mhd. gevuoc.
- gevoge stf. 1932, mhd. gevuoge.
- gev6c(h)liche adv. 1765.
- gevolgich adj. 528.
- gevristen swv.
- gewalt stf. 951.
- ge walten stv. 1068.
- gewandeln swv. 1057.
- gewant stn.
- gewede, -te stn, 229. 1848, mhd.
- gewaete.
- geweldich adj, 3163.
- geweidigen swv. 1027..
- gewerden stv.
- geweren, gewern swv.
- gewerf stm. 822.
- gewerliche adv. 1163.
- gewesen stv. 4873.
- gewiere, gewire stn. 793.
- gewinnen stv, 56. 1344.
- gewint stn. 4594.
- gewis adj,
- gewone adj. 262. 1406.
- gewrechen stv. 37, mhd. ge-
- rechen.
- gezelt stn., Zelt 406. 2781.
- gezeme adj. 1723, mhd. ge-
- zsenie.
- gezemen stv. 28. 76.
- gezogenliche, gezugenl., zogen-
- liche adv. 107. 1282.
- gezouwe stn. 301.
- givere adj, 4568, wiAc?. gevsere.
- glüd stf., mhd. gluot.
- gnoC; gnoch adj, 352. vgL
- genoc.
- gnoz stm., vgl. genoz.
- gold, golt stn.
- goldin, guldin adj,
- goltrot adj.
- goltsmit stm.
- got stm.
- got, gut adj., mhd. gnot.
- 262
- GOT — HEBBYSBTEK.
- got stn.f mhd, guot.
- gote 8i/,, mhd. güete.
- gra adj. 2469.
- gräfscaft «//., mhd. gräveschaft.
- gras 8ln.
- gräve 9wm,
- graven stv.y mhd. graben.
- gräwen awv. 5122.
- grim adj,
- grove stf.j mhd, gruobe.
- groz adf., starke massiv,
- gröze adv, 5128.
- grozen suw.y mhd. grüezen.
- grozliche adv., sehr stark 965.
- 1354.
- grüne adj., mhd. grüene.
- grünt stm. 5087.
- gruntveste stf. 3658.
- gruweliche adv. 5022.
- gume 8wm, 753.
- gunsteliche adv. 3182.
- gurtel stm. 1371.
- haben, haven, han swv,, haben.
- /)rcp^hete,hete, bette, haben,
- haven , halten, prost, havete.
- haft adj.j gefangen 1194. 2416.
- krank 3137.
- haben, han starkes und unregel'
- massiges Verbum,
- halen stcv, 421, mhd. holn.
- half adj. 529, mhd. halp.
- hals stm.
- halsen stw. 3259.
- halsperge stf. 2684.
- halten stv.
- halz adj. 3150.
- hangen stv., vgl. bähen,
- hant stf. die bände vor sich
- nemen 2807. zo hant adv.
- 3202. mit banden 4048. 4725.
- bi der h. nemen 4743. bi der
- h. bevelben 5135.
- hantfeste adj. 2486.
- hantslac stm. 3232.
- hantslagen swv. 2883.
- ■hantwerc stn. 4669.
- här stn. 1088.
- härbant stn. 3094.
- bare Localadv., hierher 1265.
- vgl. her, here.
- harfe swf. 167.
- harfare s^.2526, mhd. harfaere.
- barm stm. 4151.
- hart, herde, herte adj.
- harte adv. 609.
- bastelicbe, basticlicbe adv»
- bat, haz stm.
- bei interjeet. 349.
- heia desgl. 247.
- beiden, heidih stm.
- beiden, -in adj. 480.
- beideni8c(h) adj. 3799.
- heidenscbaft «(^.
- heilant stm.
- heiltüm stn. 4149.
- beimelicbe adv., compar. heim-
- licher 1634.
- heimlich adj.
- hein, heim Localadverb., nach
- Hause, heime desgl., zu Hause.
- heiten stv., vgl. heizen.
- heiz adj,
- heize adv.
- heizen stv.
- helfe stf.
- helfe swm. 4004.
- helfelos adj.
- helfen, helpen stv. 112.
- belfere stm., mhd. helfaare.
- hei et, helid, helit,beUth,belt stm.
- helle stf.
- hellen stv. 2277.
- bemide stn. 1850.
- her sing. masc. des pron. der
- 3. pers., vgl, er.
- her, here Localadv., hierher.
- her, here, herre swm. 6.
- her, here adj., hehr, herrlich.
- herberge stf.
- herbergen swv.
- here stn. 3935.
- hereman stm. 3500.
- herescaf, herscaft stf. 3763.
- berevart, stf.
- here werten swü.
- HEBGESELUS — INNIBTHALP.
- 263
- liergeselle awm, 5013.
- lierlich adj\
- •herliche adv.
- !hermelin adj,, aus dem Fehse
- des härm, Hermelin,
- lierte vgL hart,
- "herz, heriz stm. 226. 2168,
- mhd* hirz.
- herze «ton.
- herzecliche adv,
- herzeleide stf, 3822.
- Iherzeleit stn,
- Iherzeruwe stf, 358, mhd, herze-
- riuwe.
- lierzoge swm.
- liesteliche adv. 837, vgl» hastel.
- lieven sttj.
- ihi, hie, hier, hir Localado.y
- hier 933.
- liigen «t&v., freieriy mhd, hijen,
- hien.
- liimel stm>
- •himelblie stm, 3543.
- himilisc adj,
- Ihin, hinne, hinnen, hinnin
- Loeaiadv,, ton' hier»
- liinnän desgL 2480.
- hinacht adv. 2787.
- hinde swf. 226.
- höcgezit, hoohgezit sin, und fem,
- 1538.
- ihoch adj,
- ^höden, hoten «cv., mhd, hueten
- 212.
- hof stm., Hof, Hofstätte^ Hof-
- tag,
- hol stn, 2554.
- holt, adj. 408. 1955.
- holz sin,
- hon stn,^ mhd, hnon 4914.
- honede stf, 2240.
- honen swv, 1779.
- hör stn, 5152.
- hornin, humin ad^, 4145.
- hose «u/. 1116.
- hot s. 1111, mhd, huot.
- liote «(/^. 759, mhd, huote.
- houbiten, hoabiton swv, 467.
- hoveb&re adj, 4324, mAef. hove-
- b»re.
- hoTeman stm, 1100.
- hovespräche stf, 646.
- hövet, hoYit stn, 337, m^.
- honbet.
- hovisheit stf, 3783.
- hdde, hüte a., mhd, hiute,
- heute.
- hngen «tov. 2848. 4799.
- hulde stf. 2045.
- hundert, hundret, -it Zahhoort,
- hungir stm,
- hüs stn.
- ich i^ron. der 1. |>er«., mt^ an-
- gehängter Negat, ine.
- icht, iht, it, iecht, iet subst.
- und adv, gebraucht,
- ie Zeitadverb,, je, irgendein-
- med, immer,
- iedoch conjunct.
- iegelich, igelich adj, 130.
- iergin adv,, irgend,
- ilen su>v.
- imbieten stv,, mhd, en-, ent-
- bieten.
- imer, immer adv, 175.
- in prasp, und adv,
- in, in adv., hinein,
- inbiz stn, 1306.
- inbrechen stv,, mhd. en-, ent-
- brechen.
- inde conj, 2928, vgl, unde.
- inebin prasp, mit aec, 1328.
- 2222, mhd, eneben, v^/. neren.
- inein adv, 944.
- ingegen, gegin prcsp. mit dat.
- und acc. 2648, adv.
- Ingesinde swm. 5021.
- ingesinde stn. 1159. 5028.
- inhaven su^v. 3266, mAcf. ent-
- haben.
- inkinnen atov., tnAc^. entkennen.
- inne, innin Localadv,
- inne(n)cliche adv, 2279.
- innirthalp adv, und prmp, mit
- dat. 2627.
- 264
- INOUWE — KLAFTBB.
- inouwe adv, 183. 1193.
- in-, intrinnen 8tv, 1726, mkd.
- entrinnen,
- instan unregelmässiges Verbum
- 419byfnhd. enstan.
- int-, mhd. en-, ent-,
- intbinden stv, 4404.
- intfahen, -fan stv. 4646.
- intfallen stv.
- intfurhten suw»
- intgegenwart adv. 3373.
- intsamt adv. 1874.
- intwichen stv.
- inville stn. 1862.
- inwech adv. 3274.
- inznsken prcep. mit dat. 2660.
- \T possess.pron. derZ.pers, 180.
- ir- mhd. er-,
- irbiten stv, 5102.
- irgän stv. 338. 1030. 4687.
- irgetzen swv. 1245.
- irhahen, irhän stv.
- irhengen swv, 2780.
- irbeven stv.
- irkennen, irkinnen swv, 3917.
- irkumen stv. 2767.
- irläzen stv. 1503. 1751. irläten
- 5003.
- irliden stv.
- irlouben swv.
- irrennen swv.
- irschellen stv. 642.
- irschrecken stv. swv. 1283.
- irschricken swv. 2263.
- irseben stv.
- .irstan stv.
- irsterben, irsterven stv. 30.
- , 3970.
- irsterven swv. 3972.
- irvallen stv.
- irviln swv. 4678.
- irweln swv.
- irwenden swv. 564.
- irwerben stv. 89.
- irwinden stv. 1496.
- irzagen swv.
- isirin aJ;'., eisern,
- isperlin stn. 4588.
- it vgl. icht.
- it, iz nom., acc. sing, neutr. des^
- Fron. 3. pers.
- itenüwe adj, 2135, mhd, ite—
- niawe.
- ite-, ittelich vgl. edlich.
- ja affirmationspart,
- jächant stm. 223.
- jagen swv.
- jämerliche adv.^ vgl. gamerl.
- jär stn. 430.
- jariä zusammenges. Interj. 2856^
- jehen stv.^ aussagen.
- jener pron. demonstr. vgl. gener-
- j6 conj, 1246.
- joch conj. 1198.
- junc adJ. z6 jungest, jnngestiiK
- adv. super l. 373.
- jungelinc stm.
- ' kaffare, kafifere stm. 247.
- kaffen swv. 658.
- kamer(e) stf. und swf.
- kameräre, -ere, kemerere stm^
- 418. 1738.
- kamerschaz- stm, 2894.
- kan prcBteritoprces.
- karbunkel stm. 1853.
- karc adj. 2889.
- kefse swf. 4102.
- keisir stm. 3106.
- kel stm.y vgl. kiel,
- kele w)f. 153.
- kemenäte stf. und swf. 101^
- keren swv. 779.
- kerkäre, ere stm. 343.
- ketene, ketine «u/., Kette.
- kiel, kil 8fm. 164, vgl. kel.
- kiesen sfi?., durch Prüfen er^
- fahren, erproben,
- kindelin stn., deminut. von
- kint stn, im plur., Dienstgefolg^
- von jugendl. Alter 4593.
- kintheit stf. 4516.
- kiselinc stm., Kiesel 3-111^
- klafter stf. 2171.
- KLAGEN LACHTEN.
- 265
- klagen suw. 5133.
- klappenen swv. 4587.
- kleine adj, u. adv., zierlich,/ein.
- klingen $tv,
- knabe swm. 655.
- knecht stm, 24.
- knie sin. 917.
- knöpf stm, 692.
- komen vgl. kumen.
- kone, küne adj,^ mhd. küene.
- koninc, kuninc stm, 2. mhd.
- künec»
- koningin, kun., kaning^nne stf.,
- mhd. künegin.
- konlinc 8t7n. 3414.
- • köpf stm. 1649.
- koufen swv. 5150.
- konfman, stm.
- kraft st/^ 1314.
- krame stf. 3118.
- krämgewant stn. 3078.
- kratzen stov. 1703. '
- kreftic adj. 2586. 3382.
- krump adj'.
- • küme adv.i mit Mühe^ Noth,
- kaum 5102.
- kamen stv.^ vgl. komen. ez k.
- wol 1225. CT! k. übele 4639.
- ez k. rehte 4623. nz k. 978.
- kundicheit stf. 1081.
- knninc vgl. konine.
- kunincliche adv.
- kuningin vgl. koningin.
- kunne stn.^ Geschlecht^ Familie.
- -kurzebolt 8^m. 4577.
- knssen swv.
- laben swv.
- lachen swv.
- lachter, stn. 1944.
- laden, ladhen stv.
- län stv.y vgl. läzen.
- lanc adj.^ lange adv.
- lanne suxf. 1047.
- lant stn,
- lantman stm. 3420.
- lantrecht stn. 3352. 3386.
- lantspräche stf. 5010.
- laster stn. 133.
- lasterliche adv.
- läzen 8^t7. 4620, vgl. \ka.
- •leben, leven siwv.
- leben, leven stn. 1168. stm* 680.
- ledigen, -6n swv. 4132.
- legen swv. nidere 1. 461. 4554.
- leic, leich stm. 172.
- leide stf. 3016.
- leide adv. 835. 2476.
- leiden swv.^ Leid anthun, be»
- ■ leidigen.
- leider comp. d. adv.
- leisten swv. 2446.
- leit, leith adj.^ leidig^ verleidet.
- leit stn.-
- leiten swv.
- len stn.^ mhd. lehen.
- leve, liebe, lieve adv. 2238.
- lewe swm.^ Lowe.
- licht adj.^ leicht^ gering,
- lichte adv. 1007. 1583.
- liecht, lieht, liet, licht stn. 1058.
- liecht adj. 1730.
- lief, liep adj.
- lieve stf. 1352.
- liegen stv.
- liet stn. 1503. 1826. 1907. 3490.
- 4792.
- lif, Hb stm. und stn. 37. 817.
- lifnare stf. 1335.
- lihen stv. 4720.
- list stf. 47.
- liste swf. 1112.
- listec, -ic adj.
- listecliche adv.
- listen swv. 4578.
- liat vgl. lut.
- loben; loven swv.
- lof, lop stn.
- lof(ve)sam 3457. lossam adj.
- 749.
- Ion stn.
- Ionen, lonon swv.
- los adj. 4501.
- louf stm. 3403.
- loufen stv. mit acc. 4213.
- lüchten swo., mhd. linhten.
- •266
- LUDE
- NAH.
- lüde, lüte adv.
- luden 8tm. 4221.
- luft stm. 356. 3534.
- lüt, liut 8tm. u. neutr. 268. 805.
- luter adj\
- lutzel, -il adj, 1665. adv. 700.
- 2970.
- mac pr€Bteritopr,, prceU mähte,
- mohte.
- mäc 8tm, 53. 370. 387. 945.
- machen 9wv.
- macht 8tf,
- magen 8tn, 416.
- mage(i)nkraft stf, 597.
- man stm. 26.
- man, men unbestimmtes pron,
- mane sw/, 870.
- mäne swm., Mond*
- manec, manic, menlc adj,
- manen swv.
- mantel stm,
- mantelin ^tn., detnin. des vor,
- marc stf. 1446.
- marc, marh«m. 867.4964.4976.
- marcgräve swm,
- märe adj.y vgl, mere.
- märe stn., vgl, mere.
- marteren, -on swv. 3469.
- megetin stn, 62. 89.
- meinen swv. 4478.
- meister stm, 367.
- meisterschaf(t) stf, 2275.
- melden swv. 2114.
- melm stm. 652.
- menege, menige, menigin(in?)
- stf, und sw/.
- mer, mere comp, zu vil.
- mere stn,
- mere ac(/., vgl, märe, mhd.
- msere 1456.
- mere stn., vgl, märe, m^.
- msere 830. 1480.
- meren 9wv, 4841.
- merken swv,
- merkere stm, 2003.
- mezses stn, 2517.
- miche(i)l adj, undado. 23. 2546.
- michilich ,
- mid, mit prmp, mit dat,, vgl.
- bit 1509. 1704. 1774. 3119.
- mide, mite adv,
- midin, in m. adv, 75.
- miede stf, 3081, mhd, miete*
- mieten swv, 1279.
- milde adj,
- mlle stf, 3644.
- min possess. pron,
- minne 8^. 769. 4822.
- minneliche adv,
- minnen swv. 2036.
- minner comp, zu lutzel.
- minnest super l, zu lutzel 2931.
- missebieten stv, 1017.
- missegrifen stv, 2074.
- missehelle st/, 2013.
- missesagen «lov. 4173.
- mis8evar(e) acfj,
- missevüren swo, 1213, mhd.
- missevüeren.
- mite, mitte acff,
- mitsAm zu8ammenges,pra!p. 399.
- mo st/, 3371, mhd. muo, müeje.
- moder, >ir stm», mhd, muoter.
- mögen, mdwen swv, 884. 2134.
- 3228, mhd. muen, müejen.
- mot stm,
- moterbarn stn, 762.
- moweliche cuiv, 81, mhd, müe-
- liehe,
- moz prceteritopr,f mhd, muoz.
- mugelich adi, 1253.
- mül stm, 865.
- munichen swv, 5173.
- nä, UAchprasp, u, adv,, fiiÄ.
- nä, nähe adv, 351, mhd, nähe.
- nacht stf.
- nachten adv, 3852.
- nähen, nähon, nächen2784 swv.
- nacket, nakit adj. 1362.
- name stm,
- namen swv, 721.
- när comp, v, nä, nähe 4067. 4644.
- KAZ — OWI.
- 267
- naz adj, 348.
- ne negottionsp,^ vgl. ni.
- ne vgl, nie.
- nechein, nehein adj, 82.
- negein dasselbe.
- neigen, -6n swv, 1886.
- nein verstärkte Verneinungs-
- partikel 2115. 4817.
- neinä 1758.
- neman vgl. nieman.
- nemen stv. üz nemen 1196.
- 2223. 2274. obeir n. 2413.
- sich vore n. 4357.
- nenden, nendon swv. 2593.
- nennen swv,
- ner(e)n swv,^ retten ^ erhalten
- 2888.
- neye swm, 3330.
- neven prcep. mit dat, 3564.
- ni negationspart., vgl. ne.
- nichein, nigein, nigen vgl»
- nechein.
- nide(i)r, nide(i)re adv,
- niderhalf adv. 3644.
- nidliche adv. 706.
- nie, ni negatives Zeitadv. ,
- vgl. ne.
- niecht, nieht, niet, niht, nit
- subst, Negation und als Par-
- tikel gebraucht.
- nieman, niman vgl. neman stm.
- niene, nine, nine zusammenges.
- Negationspartikel.
- nierge(i)n, nirgen negat. Local-
- adverb. 42.
- niet vgl. nieht.
- niezen stv.y gemessen.
- nigen stv.
- nimer, nimmer, nammer nega-
- tives Zeitadverb,
- nit vgl. niecht.
- nit stm. und neutr. 1019.
- niuwe(i)t, niwe(i)t, nüwet, vgl.
- niecht, niht.
- noch adv. nochdan 1921, mhd.
- dannoch.
- noch conjunct.
- nodic vgl. notic.
- not stf. durch n. 914. 930.
- ane n. 2799. 4519.
- note adv. 2472.
- notec, -ic adj.
- noten svov.y mhd. noeten.
- nöthaft adj.
- notlich adj. 957..
- notstadel stm. 3551.
- nu Zeitpartikel, relat. conj. 615.
- nümäre, -ere stn. 551, mhd.
- niumaere.
- nusche swf. 3094.
- nuskel stm. 398.
- ob, of conj. wat(z) ob 511.
- oben, oven adv.
- ober, over vgl. über, ober lüt
- 1054. over it 3155.
- obergnozsfm. 982,«nA(f. übergen.
- och conj. = ouch 857.
- och interject. substant. gebr.
- 4565.
- oder conjunct.
- ordinen, -ön swv, 3336.
- öre stcn.
- orkunde stn. 4266, mhd. Ur-
- kunde.
- orlof, urlob stm. n. 311. 2491,
- mhd. urlop.
- orslac stm, 1648.
- öster adv. 65.
- ostertac stm. 892.
- othmode adj., mhd. otmüete.
- othmode, otmote stf. 187, mhd.
- otmüete.
- ouch conj.
- ovel adj., mhd. übel.
- ovele adv.
- ovelliche adv.
- overbrechten swv. 4370.
- overgenoz vgl. obergnoz 5168.
- overglast stm. 3506, vgl. ubergl.
- overleven swv.
- overmöt stm, 1834.
- owe interj.
- owi desgl. 368.
- 268
- PALAS
- SCAL.
- palas 8tn. 1130.
- p.alme swm. 2329.
- pelle, pfellel stm. 230. 3070.
- 8v:m.(f) 3572.
- pellin adj.
- penninc, pfenninc stm.
- pfat stm, 3692.
- pflegen, plegen stv, 60. swv.
- 3363.
- pilegrim stm. 3695.
- pinkesten n. plur. t. 1546.
- porte swf. 1032, lat portus.
- 1297 lat. pörta.
- pnnt stn. 3133.
- qaeln swv* 433, quälen.
- rat 8f77i. 54. 581.
- ratgebe svom. 442.
- rechen stv.^ vgl. wrechen.
- recht adj,
- recht stn.
- rechte adv,
- recke swm. 501. 560.
- recken swv. 4298.
- rede «^., Rede, Gegenstand
- von dem geredet wird 97.
- reden «M?y.87. einem mite r. 4666.
- reise stf. 4288.
- rennen swv.
- riche «fn. 25. 385.
- riche, rike adj.
- riehen swv.y bereichern.
- richetöm stm. 978.
- Tic(h)lichen adv.
- richte stf. in richte 1777.
- richten swv. mit dat. der Pers.
- 1742. 3105. 5076. richton
- 2503.
- riden, riten stv.
- Herne swm.
- riese swm. 632.
- riesinisc adj. 638.
- rinc stm. 697. 727.
- ringe adj. und adv.
- rinnen stv. 4895.
- ritäre, riter stm. 131.
- ritärlich, riterlich adj, 1833.
- roc stm.
- rochen 'swv., mhd. raochen.
- rofen, roufen swv.
- röfen stv. (f) 3026, mkd. ruofen-
- roren swv, 3152, mkd. rüeren^
- ros stn,'
- rosfert stn, 5104.
- rossekleit stn, 404.
- rot adj.
- rote sw/., mhd, ruote, Ruthe^
- rouh stm.^ mhd. rouch.
- rü, ruh adj.^ mhd. rüch, rauh..
- rucken swv.
- ruf stm. 180, mhd, ruof.
- rümen, -6n swv., räumen, ver-
- lassen 1625. 4736. mit dat.
- 3061.
- runen swv. 1232.
- rü'v^en stv., mhd. riuwen,
- Schmerz empfinden.
- sadel, -il stm., mhd. satel.
- sadilschelle sw/. 231.
- sagen swv,
- sftl prceteriiopr., mhd. sol.
- sal stm.
- sale ac(/. 2443.
- sälich, selich adj., mhd, saelec.
- 2062.
- sam prcep. mit dat., mit.
- sam, same adv., ebenso,
- samene adv., zusammen.
- samenen, -6n swv, 135.
- samfte adv., comp, samfter.
- samit stm., Sammet.
- samt adv. und prcep.
- sän adv., sofort,
- sancte, sante adj., lat. sanctu?.
- sanft adj, 2558.
- sant stm, 833.
- satelboge swm. 4950.
- sc, sk vgl. seh.
- schade, scade swm. und adj.
- Schadehaft adj.
- schaffen stv. 1629.
- Schaft stm.
- scal, schal stm. 298.
- SGABLAGHIN — SPADE.
- 269
- scarlachln atn, 3070.
- schare stf, 242.
- scharehaft adv. 649.
- schaz, scat, scaz stm. 190.
- «cheiden stv. 5078.
- scheinen swv, 2281.
- schellen stv, 4195.
- schenke swm.
- Sehern stv, 5086.
- schieben, skieben stv. 806.
- schiere, schire, sciere adv.^
- volUtändigj so/orU
- schiezen stv. 2117.
- schif, seif 8tn.
- schiffen, sciffen 8wü.
- schilt, seilt itm, 4892. 4902.
- schimf, schimpf 8tm\, Scherz,
- schin, sein adj. 4704. 5166.
- schinen, seinen 8iv,
- schir adj.y lauter^ rein,
- sclän 8Ü), vgl. slahen.
- sclichen 8^., vgL slichen.
- sciiefen stv,^ vgl, sliefen.
- scho, schoch stm, mhd. schuoch.
- schone, scone ac(/., mhd. schoene.
- schone, scone adv, 4811.
- schonist super l, 752.
- schönen swv, 1209. 4463.
- schonwen, -6n suw,
- schoz stm,(f) schoze 8tf,(f)
- schricken, scricken svw. 2166.
- 4681.
- schroten, scroden stv, 1510.
- schulde stf.
- schurzelin stn. 2447.
- schütze swm, 1791.
- se stm. und fem, 65. 810.
- sechszene Zahlwort,
- segel stm,
- segen swv. 1675.
- segilrieme stm, 807.
- sehen, sien stv,
- selb, seif, selbe, selve adj,
- und adv,
- selden(e) adv. 1125. 4063.
- sele stf,
- selich vgl, salich.
- selide stf, 1898, mhd, selde. |
- seile swm. 1654.
- seilen swv. 2818.
- seltsene adj, 255.
- senden, -6n swv.
- sere adv. 34.
- seren swv. 574.
- ses ßect. sesse Zahlwort.
- setzen swv.
- siben, siven flect. sivene Zahlw,
- sichein pron. adj.
- sichirliche adv. 1571.
- sidin adj.f von Seide.
- Silber, silver stn.
- silverin adj.
- simile su/., Semmel.
- sin stm., Sinn, gesunder Men-
- schenverstand.
- sin possess. pron. 2822.
- sin de/ect. verb., mit haben
- flect. 1798.
- singen stv. 4975.
- sint, Sit adj. und conj. 169. 4705.
- sint stm.j Reise^ Fahrt.
- Site stm. 957.
- sitzen stv.
- slahen, slän stv., technischer
- Ausdruck 2137.
- slacht, slachte, slahte stf.,
- Art, Schlag, Geschlecht 778.
- siecht adj. 4213.
- slichen stv., leise gehen,
- sliefen stv., schliefen, schlupfen
- 2327.
- smal adj.
- smaracte swm., Smaragd.
- smecken svw. 1870.
- sneblanc adj.
- snel adj., körperlich gewandt.
- snelliche adv. 1014.
- snevar(e) adj. 1511.
- snewiz adj,
- suiden stv.
- so relat. und demonitr. Part.
- soeben, suchen svw. 2586, mhd,
- suochen.
- sowanne vgl. swanne.
- sower, -waz vgl. swer.
- spade adv., mhd. späte.
- 270
- SPEHABB — TAL.
- spehare atm.f Späher, Kund'
- schafter.
- sper 8tn,
- spil 8tn, 2118.
- spileman stm. 1710. 1888. 4293.
- spiln «wt7.
- spise 8tf,, Speise f Lebensunter-
- halt,
- spor stn.y Spur,
- spot stm.
- spoten swv.
- sprachen swv. 557, sich unter-
- reden.
- sprechen stv. mit dat. 4708.
- springen stv.
- sprunc stm. 2642. 4964.
- stad, stat stn. 165.
- Stade, State stf. 1102. 3072.
- st^dehaf^ statehaft adj. 258.
- städicliche adv., mhd. stsßtecl.
- staf, stap stm.
- stal stn, 376.
- stal stm., mhd. stahel.
- Stalin adj. 656.
- stallen swv. 1092.
- stan, sten unregelmässiges Verb.
- Stange swf. 639.
- starc adj. 551. 2602.
- Starke ado.
- stedic adj, 1255.
- stein stm,
- steinen SU7V., mit Steinen besetzen.
- sterre swm., Stern.
- stete adj., mhd. staete.
- stiften swü, 3807.
- stille adv,
- stol stm, 104, mhd. staol.
- stop stn. 2746.
- storm, Sturm stm., Sturm,
- Kriegssturm 479.
- stormgiere adj. 704.
- stozen stv. 201. 3109.
- sträze stf.
- streben, streven swv. 1047.
- strichen stv., sich eilends be-
- wegen 2978. 3473.
- strit stm. 3562.
- strodicke adv. 1707.
- striic, strnch stm., Strauche
- strüchen swv,, straucheln.
- stunde stf.
- sü nom. sing. fem. des Pron^
- 3. pers. 3223.
- solich, sulc adj., solch.
- sumilich adj. 2773.
- sunde stf.
- sunder prcep. mit acc, ohne^
- snnderlich adj.
- sündigen swv. sich s. 1966.
- sune, sone stm., Sohn.
- sunne st. und swf.
- sus demonstr. pari. 2903.
- suze adv., mhd, suoze.
- SV vgl. BW.
- swache adv. 1004.
- swagir stm. 4616.
- swane swm., Schwan 4951.
- swanger adj.
- swanne, swenne correl, Zeitp^
- s wannen correl, Ortspart., von
- wannen,
- swar correl, Ortspart., wohin,
- swär desgl., wo.
- swäre adv.
- swarz adj,
- sweben swv. 354.
- sweiz stm.
- swelich, swilich, swilch correL
- pron., welcher immer.
- swenden swv. 3738.
- swer correl. pron., n. swaz.
- swem stv. 144.
- swert stn, 151. 1098. 5074.
- s wertleite stf. 5066.
- swet stm. 898, mhd. sweiz.
- 6 wichen stv. 4377.
- swigen stv, und swv.
- swimmen stv.
- T s. D.
- tac, tach vgL dac.
- tagedinc stm, 4345.
- tagelich adj. aller tag. 1391.
- tagen swv.
- tal stn. 4037.
- TAB UNTBlfrwB.
- 271
- tar prafieritopr»^ ick wage, vgl.
- dar, prcet torste.
- teil, tel sin, 405.
- tihtere stm. 4859. 5201.
- tochter vgl. dochter.
- togentlich adj. 1375.
- tom 8tm. 4103.
- tomes, -is, tümis tac, Gerichts-
- tag, jüngster Tag 799.
- ton, tuon, tun unregelmässiges
- Verbum, vgl. don 1474. 2437.
- tore «tum. 1021.
- torecht adj.
- torliche adv.
- tonfere stm. 4077.
- tongen adv., heimlich.
- tragen stv. 4391.
- trecbte stn. 4330. 4569. 4865.
- trechten, trechtin sttn., vgl.
- drechtin.
- treten stv.
- trochtsäze, truhtseze, truzzate
- 2505. 1331. 1142.
- trost stm. 3287.
- trösten iwv. 1224. 1640.
- tronmen, -on swv. 2339.
- trouwe, triiwe stf. adv. 95.1451.
- troven stov. 4139, mhd. tmoben.
- trübe sff.y mhd. truebe.
- trdden stov. 4488, mhd. triuten.
- tnmkenheit stf.
- triiren, -on swv
- trurich adj.
- trnt adj.
- triitgeselle swm. 3086.
- trüwen swv. 931.
- tniwelichis adv.superl. 99. 121.
- tagent stf. 305. 5121.
- tnnen swv. 5056.
- tnr stf., vgL dnre, mhd. tür.
- türe, tüere adj., mhd, tiure 57.
- 1430.
- tärlich adj. 238.
- tarlin stn, 2333.
- tÜYil stm., mhd, tiavel, 7e\J^el.
- tweln «wv. 700.
- übel, uvel adj. 778, vgl. oveL
- ubele, uyele adv. 36.
- über, ubir prcep., vgl. over.
- uberal adv. 703.
- aberglast stm. 1867, vgl. overgL
- ubergnoz stm., vgl. overgenoz.
- nbergulde stf. 613.
- ubermöt stm., vgl, overmot.
- nbersite stm. 3736.
- überwerfen «fr. 2169.
- uf, uffe adv. und prcep.
- ufferstende st/. 4405.
- nmbe adv. und prcep. 1532.
- nmbehanc stm. 1128.
- unbedrozzen |)ar/. vonbedriezen
- 4896.
- nncristen, -in adj. und stm.
- und, nnde conj.^ vgl. ande,.
- ende, inde.
- nndankes adv. 2059.
- under prcep. und adv.
- nndersehen, sich stv. 1033.
- nndersmden stv. 3556.
- undertän pari, von undertnon
- als subst. gebraucht.
- nnderwinden, sich eines 1743.
- ungebere stn. 1043, mhd. un-
- gebsere.
- ungern ote stn. 1070, mhd. nn>.
- gemüete.
- nngeslahte, -siebte stn. 1377.
- nngevoge adj. 2173, mhd. an>
- gevüege.
- ungewär adj. 3344.
- nnkraft stf. 1195.
- nnknndic adj. 631.
- nnmaht etf. 3023.
- anmeine adj. 824.
- anminne stf. 3609.
- unrat stm. 1242.
- ans, nnser possess, adj. 604.
- nnside, -te stm, 4667.
- nnsitich adj.
- nnstade adj,, mhd. unstaete.
- unstadehaft adj.
- nnt-, an-, vgl. int-,
- antra we stf. 2777., mhd. un-
- trinwe.
- 272
- ÜNZ
- \'LtEZEN.
- anz, unze conj, und adv.^ so
- iangey ao weit bis,
- urloge stn, 3737.
- Urkunde stn , vgl, orkunde.
- urteil stn. 3082.
- Uwe, üwer pron. possess., mhd.
- iuwer.
- üz prcep. mit dat. und adv, üz
- van 229. 2858.
- üzer prcep, mit dat.
- V (F).
- vader, vater slm,
- vähen , van . sta/rkes und un-
- regelmässiges Verb, 1602.
- välant stm, 890. 1160. 3235.
- valden sto.^ mhd, valten.
- valehär adj. 1823.
- valke swm. 3854.
- Valien stv,
- vals(c) stm,, Falschheit,
- valscon swv. 2800.
- van, von prcep, 39. 2484.
- van, vane swm, 404.
- varn sto.*
- vart stf. 4432.
- varwe stf,
- vaste adv, 614. 1494.
- vazzen, -on swv, 157. 164. 1454.
- vechte »^.1713.
- vechten stv, 4150.
- vedirspil stn, 298. 1176.
- veilscen swv. 3122.
- vele adj. 1404, mhd, veile.
- V eilen swv, 4407,
- velschen swv. 3142.
- veitstein stn. 3139.
- venster stn. 2177.
- ver- vgl, vir-
- ver, vier Zahlwort.
- verchmäc stm. 2497.
- vere swm. 3100.
- verhaft adj. 4539.
- verre adv. von ferne , in der
- Ferne, weiterhin, z6 verre
- 2800.
- verzen Zahlw., mhd, vierzehen.
- veste adj,
- veste stf,
- viant stm, 1428, adject. 1674.
- vil, vile adj, und adv. 5.
- vingerin stn. 398. . ■
- vir-, verbern stv. 1222. 1632.
- vir-, verbieten stv.
- virdagen swv. 490.
- virdenen, virdinen, -dienen swv.
- 5126.
- virdrucken swv. 1855.
- virheln stv, 2254.
- virhengen, -6n swv.
- virhern svw., verheeren.
- virhol(e)ne adv. 2548. 3074.
- vorholne 1931.
- virklagen 483.
- virleschen stv, 1866.
- virlesen, bliesen stv, 123.
- virmezzen stv, 3434.
- virmezzenliche adv, 205. 412.
- 4963.
- virmissen swv, 2124.
- virqemen stv.
- virorlogen stüv. 1393.
- virräten stv.
- virreden swv, 3611.
- virscröden, -scroten stv.
- virsenden swv, 1521.
- virsinnen stv. 259.
- virsitzen stv. 647.
- virskeiden stv. 29.
- virsmähen swv,
- virsöchenswt?., mhd, versuochen.
- virstan stv, sich t, 1321.
- virstören, -6n swv, 2948.
- virstozen stv, 1466.
- virsümen, sich «utv. 1618.3089.
- virsvellen swv, 1212.
- virtriben, -triven stv, 991. 4553.
- virwandelen, -6n swv, 4019.
- vir winden stv, 770. 4059.
- virwostenen swv, 739, mhd. ver-
- wüesten.
- virzihen stv. 1275. 2390.
- vlamme stf.
- vliehen, vlien stv.
- vliezen stv. 2866.
- VLIZ WAN.
- 273
- vliz sim.
- V Uze liehe adiy.
- vlizen, sich stv. 1373.
- vlucht stf.
- voc 8tm.^ mkd. vuoc.
- voge stf., mhd. viioge.
- vol adj.
- vol adv.y v>oll8tandig , vollends
- 4883.
- volc stm. und neutr.
- volcdcgeu stm. bl.
- volcmagen stn. 754.
- volcwic stm. 4261.
- volgen, swv. 11G4.
- voilebringen unregelmässigcs
- Verhum.
- volleist stm. (f) stf. (?) 4359.
- vonf vgl. vunf.
- vonfzich vgl. vunfzich.
- vor, vore, vnr, viire prcep. mit
- dat. und acc. und adv., mhd.
- vor und vür.
- vorchten , vortcn , vnrchten
- swo. 34.
- vorderost, vordirst adv. stip.,
- vgl. vurdrist.
- vorebiige stn. 4589, mhd. vür-
- b liege,
- vören swv.y führen, vollführen
- 4072.
- vorholne vgl. virholue.
- vorreise stf. 2598.
- vorste swm., vgl. vnrste.
- vüt, vöz stm., mhd. vuoz.
- vüzschämel stm. 3875.
- vrägan, -en, -6n swv.
- vreis(c)lich adj. vreisliche,
- vresliche adv. 772. 4271.
- vreisken stv. 4010.
- vreis(s)am, vresam adj.,
- schreckenerregend.
- vremede adj.
- vri adj. 1432.
- vride stm.
- vrideliche, vredeliche, adv.
- vristen swv. 3033.
- vrö adj. 4770. vröliche(n) adv.
- vro adv., frühe, i/hhd. vruo.
- XÖKIO BOTHBB.
- vrom, vriim adj. 552.
- vromc, vnime swm,
- vromecheit,vrnmecheit stf. 115.
- vromeliche adv.
- vromen, vrumen swv. 2826.
- 3049. 3631.
- vromic, vrumic adj. 8.
- vromic(h)lich adj. 553.
- vromicliche adv.
- vrön adj. 1747.
- vrouwe, rrowe swf. 18.
- vrouwelich adj.
- vrouwen swv. 178.
- vrowede stf. 347.
- vrucht stf. 3655.
- vrunt stm. 443, mhd. vriunt.
- vrunts(c)haft stf. 1957.
- vüirflamme stf. 4680.
- vullen^ swv., füllen.
- vunf "flect. vnnve Zahlwort
- 490.
- vunfzich Zahlwort.
- vür stn. 3505, mhd. viur.
- vurderöst desgl. 2658.
- vurdrist adv. sup. 1802.
- vurreden stcv. 334, vgl. ver-,
- virreden.
- vurste swm., Fürst,
- vüst stf. 568.
- wä, war Ortspart, wof
- wachen swv.
- ■wachsen stv, 4996.
- wachtere stm.
- waden stv. 4558.
- wäfen stn. 422.
- wäfenen, -ön swv.
- wäfenroc stm.
- wäge stf. 3395.
- wagen stm.
- wal stn, 4249.
- wal, wale, wol, wole adv, 76.
- Waiden, walten stv.
- walde(i)ndic adj. 214.
- wallegare adj. 3411.
- wallere stm. 3668.
- walt stn.
- I wan adj., leer.
- 18
- 274
- wan(b) — wts.
- wan(e) negat Fragepart^warum
- nicht f 1194.
- wan, wante, wente conj.^ his^
- so lange als,
- wan, wene adv,y ausser y nur.
- wan stm. 3008.
- wände, wan Causalpart., weil,
- denn,
- wanne, WQ,rmenOrt8adv,,woherf
- war adj, 4.
- war(e) Ortsadv., wohin f
- wäre stf. 243. 3859. 4852.
- waren swv.
- wärhaft adj. 4929.
- wärheit stf. 613.
- wärliche, werliche adv.
- warnan, warnen swv. 3012.
- warne stf.
- warten swv. 1175.
- wät stf.
- wätziere adj. 3585.
- wazzer stn. 1259.
- wazzerperlin stn. 3069.
- we 1) für wer, 2) für wie.
- wec, wech 8^01. 2133. 3951.
- wechn\üde afl[/., »lÄrf. wecmüede.
- wegen swv. 2352.
- wehe adj. 406, mhd. wsehe.
- weien swv. 2746, mhd. wa?jen.
- weinec, -ic, wenic adj. 486.
- 3164.
- weinen, ön swv. 444.
- weiz prceteritopr. prcet. weste,
- wiste.
- wele stf. 2224, mhd, wal.
- wein swv.
- wenden swv,
- wene vgl. wan.
- wenen siw, 30. 1234, mhd.
- waenen.
- wente vgl. wan.
- wer pro», interr., n. wat, waz.
- werben, werven stv. 3669.
- werdeclich ac(;".
- werdecliche adv.
- werden stv, 953. 4430.
- werelt, werlt stf.
- wereltliche adv.
- werfen, werpen stv,
- werlicbe adv.
- werltman stm.
- werltwunne st/.
- wem swv., dauern 430.
- wer(e,i)n 8Wü,,wehren 706. 2865.
- 2956.
- werren stv. 612.
- wert stm. 1099.
- wertschaft vgl, Wirtschaft,
- wesen stv,
- wester adj, 1.
- westert, wesrlt ado., n. Westen.
- wetlich adj. 310. 4529.
- wette stn. 3004.
- wie, wich stm. 2699.
- wichen stv. 1685.
- wichgar(e) adj, 670.
- wic(b)geruste stn. 4143.
- wichgewant stn. 2632.
- wichgewete stn. 675.
- wicliche ac?u. 665.
- Wide, wite adv., mhd. wite.
- widen, -ene, -in. witen, -ene
- adv., mhd. witen, -ene.
- wider adv. und prcep.
- widere adv,
- widerstozen stv, 1664.
- widerstrit stm.
- wie pron. interr., vgl. wer, we.
- wie interrog, part., vgl. we.
- wieren, -on, wiron swv. 397.
- 1825.
- wigant stm. 677.
- wil, wille prceteritopr.
- wile stf.
- wilen adv. 1609.
- wilen, -6n swv. 2328.
- wilich pron. interr., welch.
- .wille swm. 768.
- willekume adj. 273.
- winden stv.
- winnen stv, 4083.
- wint stm, 4234.
- wirt stm.
- Wirtschaft s(^. 1569. 2561, vgl.
- wertschaft,
- wis, wise sf/., Art und Weise.
- WIS
- ZWABE.
- 275
- WIS, wise adj»
- wisen swv., weisen, erwehen.
- wisheit stf.
- wis(c)lich adv.
- wistüm stm, 1695.
- wit stf, 1574.
- "wit adj.
- "wite vgl. wide.
- witze stf. 4428.
- witzelos adj. 2518.
- wizen stv. 1995.
- woch interj.
- wofen, wuofen stv. 379. 4021.
- wol, wole, vgl. wal.
- wort stn. 5150.
- woste adj., mhd. wüeste.
- wrechen stv., mhd. rechen.
- wringen stv. 438, mhd. ringen.
- wriven stv. 1049, mhd. riben.
- wunder stn. 391. 801.
- wunder(e,i)n , wundrin 111.
- 2472.
- wunderlich adj. 282.
- wunderliche adv. 537.
- wunne stf.
- wunnencliche adv. 268.
- wunniclich adj.
- wurken swv. 3871.
- zabel stn. 153.
- zage swm. 1124. 2775.
- zagehaft adj.
- zale stf. 191.
- ze, zi, zo, zö, zu, zu prcep. und
- adv. 3.
- zebrechen s^v. 4914.
- zegän, zegen stv. 3051. 4779.
- zeichen stn, 2850.
- zeichen swv.
- zeigen swv.
- zeläzen stv. 2318.
- zelder stm. 2878.
- zeln swv. 1004.
- zeit sf«.
- zen Zahlwort, mhd. zehen.
- zenzich Zahlwort 2600. 4097.
- zerinnen stv. 4564. 5155.
- zestören swv., mhd. ze(r)stoeren.
- zescreien swv. 2745, mhd.
- ze(r)schraejen.
- zeswellen, -6n swv, 2451.
- zevören swv. 2864, mhd. ze(r)-
- vüeren.
- zi vgl, ze.
- ziehen, zien stv.
- ziere ac?;'.
- zieren, 6n swv.
- zirheit s/^'. 388.
- zo, zö vgl. ze,
- zobrechen s/i?. 1013, vgl. zebr.
- zorns^w. «. a^y. 764. 1680. 3867.
- zornen 1639, mhd. zürnen,
- zotragen stv. 2138.
- zoum stm.
- zoumstrenge adj. 5092.
- zouwen swv. 2026.
- zucht stf.
- zucken swv. 1091.
- zugeweich adj. 4297.
- zvelef, zvelf, zwelf Zahlwort.
- zvelfbode swm. 4400.
- zvene masc, zvä, zvo fem.,
- zvei neutr. Zahlwort.
- zvenzich, zweinzich Zahlwort.
- zv^vel stm. 3278.
- zwäre, zwären 4.
- MMENVERZEICHNISS.
- Ache^ Aachen, Ort derSchwert-
- leite Pippin's 5011 fg.
- Amelger van Tengelingen 742
- (2947 Emelger) , während
- Rother's Abwesenheit Ver-
- weser des römischen Reichs,
- daher koninc. Amelger 2961,
- Vater des Wolfrät v. T.
- Arnold gräve 1395 fg., vertrie-
- ben zu Konstantinopel, be-
- freit Rother 4043 f., wird
- von Constantin mit dem Kö-
- nigreich in Grecin beliehen
- 4721.
- Aspridn, ein Riese 632, als
- kuninc der Riesen bezeich-
- net 710 und öfter, Kämme-
- rer Dietrich -Rother's 1513.
- 1601 fg., mit Remis und der
- dazu gehörigen Mark be-
- liehen 4830.
- Bahilonje, d.wosteBab. 2565 fg.
- Kairo , Hauptstadt der Fati-
- midischen Khalifen.
- Bare, Bari in Apulien 3 fg.
- Bdsiliatjum, Sohn des Ymeldt
- 4092 fg.
- Behein, Böhmen 4871.
- Beierj der Baier 3584.
- beirische diet, das bairische
- Volk 3578.
- Berchter, Beffhere gräoe oder
- herzöge von Merdn 458. 473,
- Erzieher des Rother 5129 fg.,
- Besieger des Elveicin 3426,
- hat 12 Söhne 474, darunter
- Hel/rich 475, Lupoid und
- Erwin 488, geht mit Rother
- ins Kloster 5148 fg.
- Berncy Verona 2977.
- Berte, Gemahlin Pippin's, Mut-
- ter Karl's des Großen 4789.
- Bräbant, Brabant 4835.
- Ceciljelant, Sicilien 4890.
- Glaugestidn, Name des Steins,
- den Alexander aus dem Pa-
- radiese brachte und den
- Berchter besitzt 4960.
- Constantin, Constanttnus, König
- von Konstantin 68. 306 fg.,
- Sohn der Helena 4404.
- Gonstantinopel (200 Consttnopel)
- 67 fg., Residenz d.Constantin.
- Crist , Christus.
- DENGELINGEN — LÜPOLD.
- 277
- Dengelingen 740, vgl. Tengel.
- Dieterich, Versteckname für
- Rother (Formen: Diederich
- 2900, Thiederich 1031, rÄe(t>
- derich 820, Theterich 1035).
- Diezen, Dissen am Ammersee
- 2953.
- Ehe, die Elbe 476.
- Elvewin, herzöge von Rine, von
- Berchter erschlagen 3426.
- Emelger 2947, vgl. Amelyer.
- Erewin, grdve, Sohn Berchter's
- von Meran 164 fg. {Erwm
- 238 u. s. w.), Bote Rother's
- zu Constantin, gefangen, be-
- freit 2426; mit SpaniQp be-
- lehnt 4846.
- Frenkisce lant plnr., Ostfranken
- und die mittleren Rheinlande
- 5026.
- Friderich, herzöge an Constan-
- tin's Hofe 1618 fg.
- Gerdrüt von Nivelle, St. Ger-
- trut, Tochter Pipin's und
- Ita's 3486.
- Gilge, Sante Gilge 2934 ; Gilje
- 3952 St. Aegidius.
- Grecid, Griechenland, d. h.
- wahrscheinlich Peloponnes,
- 4721 als Lehen ertheilt an
- Arnolt.
- Grimme, Riese, mit Schottland
- belehnt 4827.
- Hademär von Diezen 2950 fg.,
- Feind und Aufrührer gegen
- Rother.
- Helena , Constantin's Mutter,
- Aufiinderin des heil. Kreuzes.
- Helfrich, Sohn Berchter's von
- Meran 475.
- Herlint, Dienerin der jungen
- Konigin, Tochter Constan-
- tin's 280. 1535. 1927 fg.
- Herrn an , marcgruve 86.
- Hollant, Landesname 4836.
- Irlant, Landesname 1607.
- hpanid, Landesname, Spanien
- 5034; Ispanjen 4846.
- hrahelische diet, das Volk Israel
- 3942.
- Jerusalem, Jerusalem.
- Johan. St, Jühan der ioufere,
- Johannes der Täufer 4076.
- Judas, Judas Iscarioth 3347.
- Karle, Karl der Große, Sohn
- Pippin's und Berten's, Enkel
- Rother's 3484. 4791.
- Ätir/un^in, Landesname, eigent-
- lich Patromynicum v. Karl,
- Frankreich 4888; Kerlingin
- 5039.
- Krieche {Kreche), Volksname,
- der Grieche, die Bezeich-
- nung der Unterthanen Con-
- stantin's 200 u. s. w.
- Kriechen, aus dem Volksnamen
- abgeleiteter Landesname,
- Griechenland, d. h. das ost-
- römische Reich.
- Lotringin, Landesname aus dem
- Volksnamen abgeleitet, Loth-
- ringen 4835.
- Lupoid, Luppolt, Liupolt, Sohn
- Berchter's von Meran, mit
- Meildn belehnt 3446, ver-
- trautester Dienstmann Ro-
- ther's 50. 63. 92. 106. 115.
- 165 u. s. w. , nach Konstan-
- tinopel gesandt, gefangen,
- befreit ; Pfleger der Konigin
- 2972 u. s. w. ; mit Pulge, Ce-
- ciljelant und Karlungin be-
- lehnt 4887 fg.
- 278
- MAL — TMELOT.
- Mal, das Schwert Arnold's4161.
- Meilän, Mailand 3446.
- Merän, Landesname, das heu-
- tige Dalmatien und seine
- Hinterländer 68 fg. Berchter
- gräve oder herzöge von Merän
- 458 fg.
- Michael. St M.y der Erzengel
- Michael 4445.
- Mooses y Moses 3940.
- Nivelle, Niyelle in Belgien 3487.
- Oifterriche, Markgrafschaft oder
- Herzogth. Oesterreich 4869.
- Pipm {Pippm, PipincMn 3483),
- Sohn und Nachfolger Ro-
- ther's, Vater Karl's des
- Großen.
- Plisnen, Landesname, Pleißner-
- land 4848.
- Puderamis hof, Poderamus hof,
- derHippodromos in Konstan-
- tinopel 893 fg. 2166. 4586.
- PoluTij Landesname, Polen 487 1.
- Pulge, Landesname, Apulien
- 4890.
- Jiemis, Lehen des Asprian 4830.
- Riflant, die Umgegend von
- Köln u. s. w. 3104.
- Hin, Flußname 3427.
- Rome, Rom 11 u. s. w.
- romisc rtche, das römisch-
- deutsche Kaiserreich im mit-
- telalterlichen Sinne.
- Sa88-en, Landesname aus dem
- Volifsnamen abgeleitet, Sach-
- sen 4847.
- Scotetand, Scotlant, plur., Lan-
- desname, Schottland und die
- umliegenden, im' Mittelalter
- meist selbständigen Inseln
- im Norden und Westen 4826.
- 4834.
- Simelm, Gemahlin des Ymelot,
- Mutter des Bäsilistjum,
- Svurveuy Landesname, die sor-
- bische Mark(Osterland) 4848.
- Tengelingen y Ortsname, wahr-
- scheinlich Dengling südöst-
- liclj von Kegensburg 740.
- 2959 u. s. w. Amelger und
- Wolfrät von Tengelingen.
- Turingen .f Landesname aus dem
- Volksnamen 4847,Thüringen.
- Ungerin, Landesname aus dem
- Yolksnamen 495.
- Valwe, Volksname, Polowzer,
- Cumane 4097.
- Vriesen^ Landesname aus dem
- Volksnamen, Friesland 4836.
- Widolt, Witolty Riese, As-
- prian's Bienstmann 773 U.S. w.
- Wolf rät von Tengelingen^ Sohn
- des Amelger 2958 u. s. w.,
- 4337 u. s. w.
- Ymelot, König von Babylon
- 2569 fg.
- Druck von F. A. Brockhaua in Leipzig.
- i
- • ♦ • .
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