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  • The Project Gutenberg EBook of Der Nibelunge liet, by Anonymous
  • This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
  • other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
  • whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
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  • Title: Der Nibelunge liet
  • Author: Anonymous
  • Editor: Karl Simrock
  • Release Date: May 5, 2015 [EBook #48888]
  • Language: German
  • Character set encoding: UTF-8
  • *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER NIBELUNGE LIET ***
  • Produced by Inka Knirsch, La Monte H.P. Yarroll, Reiner
  • Ruf, and the Online Distributed Proofreading Team at
  • http://www.pgdp.net
  • ###################################################################
  • Anmerkungen zur Transkription
  • Der vorliegende Text stellt den mittelhochdeutschen Teil des Buches
  • „Der Nibelunge liet“ dar, welches 1892 herausgegeben wurde. Die
  • neuhochdeutsche Übersetzung sowie die einleitenden und erklärenden
  • Anmerkungen des Herausgebers finden sich auf PG unter
  • der folgenden Adresse:
  • http://www.gutenberg.org/ebooks/14915
  • Die grau hinterlegten Zahlen und Symbole bezeichnen die jeweiligen
  • Strophen; Buchstaben (A., B., C. usw.) beziehen sich auf
  • unterschiedliche Fassungen. Rechtschreibung und Zeichensetzung wurden
  • ohne Änderungen übernommen; Unterschiedliche Schreibweisen wurden
  • beibehalten (z.B. und/unt, fürste/vürste, daß/daßs/daßß). Zäsuren
  • innerhalb der Verse wurden durch drei aufeinanderfolgende Leerzeichen
  • dargestellt.
  • In dieser Teilausgabe wurden Groß- und Kleinschreibung sowie die
  • Verwendung der Anführungszeichen harmonisiert. Folgende offensichtliche
  • orthographische Fehler wurden zusätzlich korrigiert (die Angaben in
  • Klammern bezeichnen die zugehörige Strophennummer bzw. die Position auf
  • der entsprechenden Seite):
  • S. 470 (A.1404): „in“ → „ich“
  • S. 506 (A.1521): „nnd“ → „und“
  • S. 512 (Überschrift): „Âventure“ → „Âventiure“
  • S. 518 (A.1549): „ors“ → „ros“
  • S. 538 (A.1609): „nnd“ → „und“
  • S. 540 (1617): „nnd“ → „und“
  • S. 702 (2088): „uud“ → „und“
  • S. 754 (Strophennummer): „2620“ → „2260“
  • S. 756 (Überschrift): „Àventiure“ → „Âventiure“
  • Gesperrte Passagen wurden von Tilden (~) umgeben. Am Anfang des Textes
  • wurde der Übersichtlichkeit halber ein Inhaltsverzeichnis eingefügt;
  • dessen Seitenzahlen beziehen sich auf die Buchausgabe.
  • ###################################################################
  • Der Nibelunge liet.
  • Vollständig
  • ~mit Benutzung aller Handschriften~
  • herausgegeben
  • von
  • ~Karl Simrock~.
  • ~Zweite, verbesserte Auflage~.
  • [Illustration]
  • Stuttgart 1892.
  • ~Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung~
  • Nachfolger.
  • Inhalt
  • Âventiure von den Nibelungen. 2
  • Âventiure von Sîvride. 8
  • Âventiure wie Sîvrit ze Wormße kom. 18
  • Âventiure wie Sîvrit mit den Sahsen streit. 48
  • Âventiure wie Sîvrit Kriemhilt êrste gesach. 86
  • Âventiure wie Gunther gên Isenlande nâch Prünhilt vuor. 104
  • Âventiure wie Gunther Prünhilde gewan. 126
  • Âventiure wie Sîvrit nâch den Nibelungen vuor. 154
  • Âventiure wie Sîvrit ze Wormeß gesant wart. 170
  • Âventiure wie Prünhilt ze Wormeß enphangen wart. 186
  • Âventiure wie Sîvrit ze lande mit sînem wîbe kom. 220
  • Âventiure wie Gunther Sîvriden zuo der hôhzît bat. 232
  • Âventiure wie si ze der hôhzît vuoren. 250
  • Âventiure wie die küneginne ein ander schulten. 262
  • Âventiure wie Sîvrit verrâten wart. 282
  • Âventiure wie Sîvrit erslagen wart. 296
  • Âventiure wie Sîvrit beklaget und begraben wart. 324
  • Âventiure wie Sigmunt wider ze lande vuor. 346
  • Âventiure wie der Nibelunge hort ze Wormeß kam. 356
  • Âventiure wie künic Etzel ze Burgunden nâch Kriemhilde sande. 372
  • Âventiure wie Kriemhilt gein den Hiunen vuor. 416
  • Âventiure wie si zen Hiunen wart enphangen. 430
  • Âventiure wie Kriemhilt ir leit gedâht ze rechen. 446
  • Âventiure wie Werbel unde Swemel die botschaft wurben. 458
  • Âventiure wie die künege zuo den Hiunen vuoren. 484
  • Âventiure wie Dankwart Gelphrâten sluoc. 512
  • Âventiure wie si ze Bechelâren kômen. 532
  • Âventiure wie Kriemhilt Hagene enphie. 554
  • Âventiure wie Hagene und Volkêr vor Kriemhilde sal sâßen. 574
  • Âventiure wie si der schiltwaht phlâgen. 594
  • Âventiure wie die hêrren ze kirchen giengen. 604
  • Âventiure wie Blœdel mit Dancwart an der herberge streit. 628
  • Âventiure wie Dancwart diu mære ze hove sînen hêrren brâhte. 638
  • Âventiure wie si die tôten abe wurfen. 656
  • Âventiure wie Îrinc erslagen wart. 664
  • Âventiure wie diu künegin den sal vereiten ließ. 680
  • Âventiure wie der marcgrâve Rüedegêr erslagen wart. 698
  • Âventiure wie hêrn Dietrîches man alle erslagen wurden. 728
  • Âventiure wie Gunther unde Hagene unde Kriemhilt wurden
  • erslagen. 756
  • Âventiure
  • von den Nibelungen.
  • Uns ist in alten mæren wunders vil geseit A.1
  • von helden lobebæren, von grôßer kuonheit,
  • von vreude und hôhgezîten, von weinen und von klagen,
  • von küener recken strîten muget ir nu wunder hœren sagen.
  • Es wuohs in Burgunden ein edel magedîn, A.2
  • daß in allen landen niht schœners mohte sîn;
  • Kriemhilt was si geheißen, si wart ein schœne wîp.
  • dar umbe muosen degene vil verliesèn den lîp.
  • Der minneclîchen meide triuten wol gezam; A.3
  • ir muoten küene recken; niemen was ir gram.
  • âne mâßen schœne sô was ir edel lîp.
  • der juncvrouwen tugende zierten anderiu wîp.
  • Ir phlâgen drî künege edel unde rîch, A.4
  • Gunther unde Gêrnôt, die recken lobelîch,
  • und Gîselhêr der junge, ein ûßerwelter degen.
  • diu vrouwe was ir swester, die vürsten hetens in ir phlegen.
  • Die hêrren wâren milte, von arte hôch geborn, A.5
  • mit krefte unmâßen küene, die recken ûß erkorn.
  • dâ zen Burgunden sô was ir lant genant;
  • si vrumten starkiu wunder sît in Etzelen lant.
  • Ze Wormße bî dem Rîne si wonden mit ir kraft; A.6
  • in diende von ir landen vil stolziu rîterschaft
  • mit lobelîchen êren unz an ir endes zît.
  • sît sturbens jâmerlîche von zweier edelen vrouwen nît.
  • Ein rîchiu küneginne vrou Uote ir muoter hieß: A.7
  • ir vater hieß Dancrât, der in diu erbe ließ
  • sît nâch sînem lebene, ein ellens rîcher man,
  • der ouch in sîner jugende grôßer êren vil gewan.
  • Die drî künege wâren, als ich gesaget hân, A.8
  • von vil hôhem ellen; in wâren undertân
  • ouch die besten recken, von den man hât gesaget,
  • stark und vil küene, in allen strîten unverzaget.
  • Daß was von Troneje Hagene und ouch der bruoder sîn, A.9
  • Dancwart der snelle, von Metzen Ortwîn,
  • die zwêne marcgrâven Gêre und Eckewart,
  • Volkêr von Alzeije, mit ganzen ellen wol bewart,
  • Rûmolt der kuchenmeister, ein tiuwerlîcher degen, A.10
  • Sindolt und Hûnolt: die hêrren muosen phlegen
  • des hoves und der êren, der drîer künege man;
  • si heten noch manegen recken, der ich genennen niht enkan.
  • Dancwart der was marschalc; dô was der neve sîn A.11
  • trúhs̀æße des küneges, von Metzen Ortwîn;
  • Sindolt der was schenke, ein wætlîcher degen;
  • Hûnolt was kamerære: si kunden hôher êren phlegen.
  • Von des hoves koste und von ir wîten kraft, A.12
  • von ir vil hôhen werdekeit und von ir rîterschaft,
  • der die hêrren phlâgen mit vreuden al ir leben,
  • des enkunde iu ze wâre niemen gar ein ende geben.
  • B. C. In ir hôhen êren troumde Kríemhildè, 13
  • wie si züge einen valken stárc schœn und wíldè, B. C.
  • den ir zwên arn erkrummen, daß si daß muose sehen.
  • ir enkunde in dirre werlde leider nimmer geschehen.
  • Den troum si dô sagete ir muoter Úotèn; 14
  • sine kunde in niht bescheiden baß der gúotèn:
  • ‚der valke, den du ziuhest, daß ist ein edel man:
  • in welle Got behüeten, du muost in schiere vloren hân.‘
  • ‚Waß saget ir mir von manne, vil liebiu muoter mîn? 15
  • âne recken minne sô wil ich immer sîn.
  • sus schœn ich wil belîben unz an mînen tôt,
  • daß ich von recken minne sol gewinnen nimmer nôt.‘
  • ‚Nu versprich eß niht ze sêre‘, sprach ir muoter dô, 16
  • ‚soltu immer herzenlîche zer werlde werden vrô,
  • daß geschiht von mannes minne: du wirst ein schœne wîp,
  • ob Got dir noch gevüeget eins rehte guoten rîters lîp‘.
  • ‚Die rede lât belîben, vil liebiu muoter mîn: A.17
  • eß ist an manegen wîben vil dicke worden schîn,
  • wie liebe mit leide zu jungest lônen kan:
  • ich sol si mîden beide, son kan mir nimmer missegân‘.
  • Kriemhilt in ir muote sich minne gar bewac. A.18
  • sît lebete diu vil guote vil manegen lieben tac,
  • daß si wesse niemen, den minnen wolde ir lîp.
  • sît wart si mit êren eins vil werden recken wîp.
  • Der was der selbe valke, den si in ir troume sach, A.19
  • den ir beschiet ir muoter. wie sêre si daß rach
  • an ir næhsten mâgen, die in sluogen sint!
  • durch sîn eines sterben starp vil maneger muoter kint.
  • Âventiure
  • von Sîvride.
  • Dô wuohs in Niderlanden eins rîchen küneges kint, 20
  • des vater hieß Sigemunt, sîn muoter Sigelint,
  • in einer bürge rîche, wîten wol bekant,
  • niden bî dem Rîne, diu was ze Santen genant.
  • Ich sage iu von dem degene, wie schœnè der wart. 21
  • sîn lîp vor allen schanden was vil wol bewart.
  • stark unde mære wart sît der küene man.
  • hei, waß er grôßer êren ze diser werlde gewan!
  • Sîvrit was geheißen der snelle degen guot. 22
  • er versuohte vil der recken (b) durch ellenthaften muot.
  • durch sînes lîbes sterke reit er in menegiu lant.
  • hei, waß er sneller degene sît zen Burgunden vant!
  • Ê daß der degen küene vol gewuohs ze man, C.
  • dô hete er solhiu wunder mit sîner hant getân,
  • dâ von man immer mêre mac singen unde sagen,
  • des wir in disen stunden müeßen vil von im gedagen.
  • In sînen besten zîten, bî sînen jungen tagen, A.23
  • man mohte michel wunder von Sîvride sagen,
  • waß êren an im wüehse und wie schœne was sîn lîp;
  • des heten in ze minne diu vil wætlîchen wîp.
  • Man zôch in mit dem vlîße, als im daß wol gezam: A.24
  • von sîn selbes muote waß tugende er an sich nam!
  • des wurden sît gezieret sînes vater lant,
  • daß man in ze allen dingen sô rehte hêrlîchen vant.
  • Er was nu sô gewahsen, daß er ze hove reit. A.25
  • die liute in gerne sâhen: manec vrouwe und manec meit
  • im wunschten, daß sîn wille in immer trüege dar.
  • holt wâren im genuoge: des wart der hêrre wol gewar.
  • Vil selten âne huote man rîten lie daß kint. A.26
  • in hieß mit kleidern zieren Sigmunt und Sigelint.
  • sîn phlâgen ouch die wîsen, den êre was bekant:
  • des mohte er wol gewinnen beidiu liute unde lant.
  • Nu was er in der sterke, daß er wol wâfen truoc: A.27
  • swes er dar zuo bedorfte, des lag an im genuoc.
  • dô begunde er sinnen werben schœniu wîp:
  • die trûten wol mit êren den sînen wætlîchen lîp.
  • Dô hieß sîn vater Sigemunt künden sînen man, A.28
  • er wolde hôhgezîte mit lieben vriunden hân.
  • diu mære man dô vuorte in ander künege lant.
  • den vremden und den kunden gab er ros unt gewant.
  • Swâ man vant deheinen, der rîter solde sîn A.29
  • von arte der sînen mâge, diu edelen kindelîn
  • ladet man zuo dem lande durch die hôhgezît:
  • mit dem jungen künege swert genâmen si sît.
  • Von der hôhzîte man wunder möhte sagen. A.30
  • Sigmunt unde Sigelint die mohten wol bejagen
  • mit guote michel êre: des teilte vil ir hant.
  • des sach man vil der vremden zuo in rîten in daß lant.
  • Vier hundert swertdegene die solten tragen kleit A.31
  • mit dem jungen künege; vil manec schœniu meit
  • von werke was unmüeßec, wan si im wâren holt.
  • vil der edelen steine die vrouwen leiten in daß golt,
  • Die si mit borten wolden wurken ûf ir wât A.32
  • den jungen stolzen recken; des enwas niht rât.
  • der wirt der hieß dô sidelen vil manegem küenen man
  • zeinen sunewenden, dâ Sîvrit rîters namen gewan.
  • Dô gie zeime münster vil manec rîcher kneht A.33
  • und vil der edelen rîter; die wîsen heten reht,
  • daß si den tumben dienden, als in was ê getân.
  • si heten kurzwîle und ouch vil maneger vreuden wân.
  • Gote man dô zen êren eine messe sanc. A.34
  • dô huop sich von den liuten vil michel gedranc,
  • dô si ze rîter wurden nâch rîterlîcher ê
  • mit alsô grôßen êren, daß wætlîch nimmer mêre ergê.
  • Si liefen, dâ si vunden gesatelt manec marc. A.35
  • in hove Sigmundes der buhurt wart sô starc,
  • daß man erdießen hôrte palas unde sal:
  • die hôch gemuoten degene heten vrœlîchen schal.
  • Von wîsen und von tumben man hôrte manegen stôß, A.36
  • daß der schefte brechen gein dem lufte dôß.
  • trunzûne sach man vliegen vür den palas dan.
  • dâ sâhen kurzwîle beide wîp und ouch die man.
  • Der wirt bat eß lâßen: dâ zôch man dan diu marc. A.37
  • man sach ouch dâ zebrochen vil manege buckel starc
  • und vil der edelen steine gevellet ûf daß gras
  • abe liehten schildes spangen; von hurte daß geschehen was.
  • Dô giengen swirtes geste, dâ man in sitzen riet. A.38
  • vil der edelen spîse si von ir müede schiet
  • und wîn der aller beste, des man in vil getruoc.
  • den vremden und den kunden bôt man êren dâ genuoc.
  • Swie vil si kurzwîle phlâgen al den tac, A.39
  • vil der varnden diete ruowe sich bewac:
  • si dienden nâch der gâbe, die man dâ rîche vant.
  • des wart mit lobe gezieret alleß Sigmundes lant.
  • Der hêrre hieß dô lîhen Sîvrit den jungen man A.40
  • lant unde bürge, als er hete ê getân.
  • sînen swertgenôßen den gap dô vil sîn hant:
  • dô liebete in diu reise, daß si kômen in daß lant.
  • Diu hôhgezît werte unz an den sibenden tac. A.41
  • Siglint diu rîche nâch alten siten phlac
  • durch ir sunes liebe teilen rôteß golt.
  • si kunde eß wol gedienen, daß im die liute wâren holt.
  • Vil lützel der varenden man dâ armen vant. A.42
  • ros unde kleider daß stoub in von der hant
  • sam si ze lebene hêten niht mêr wan einen tac.
  • ich wæn nie ingesinde grœßer milte gephlac.
  • Mit lobelîchen êren schiet sich diu hôhzît. A.43
  • von den rîchen hêrren hôrte man wol sît,
  • daß si den jungen wolden zeime hêrren hân:
  • des gerte niht Sîvrit, der vil wætlîche man.
  • Sît daß noch beide lebten, Sigmunt und Sigelint, A.44
  • niht wolde tragen krône ir beider liebeß kint;
  • doch wolde er wesen hêrre vür allen den gewalt,
  • des in den landen vorhte der degen küene unde balt.
  • In dorfte niemen schelten: sît dô er wâfen nam, C.
  • jâ geruowete vil selten der recke lobesam
  • suohte niuwan strîten; sîn ellenthaftiu hant
  • tet in zallen zîten in vremden rîchen wol bekant.
  • Âventiure
  • wie Sîvrit ze Wormße kom.
  • Den hêrren muoten selten deheiniu herzeleit. 45
  • er hôrte sagen mære, wie ein schœniu meit
  • wær in Burgunden, ze wunsche wolgetân,
  • von der er sît vil vreuden und ouch arbeit gewan.
  • Diu ir unmâßen schœne was vil wîten kunt, 46
  • und ir hôhgemüete zuo der selben stunt
  • an der juncvrouwen sô manec helt ervant:
  • eß ladete vil der geste in daß Guntheres lant.
  • Swaß man nâch ir minne der werbenden sach, 47
  • Kriemhilt in ir sinne ir selber nie verjach,
  • daß si deheinen wolde ze triutenne hân.
  • er was ir noch vil vremde, dem si wart sider undertân.
  • Dô dâhte ûf hôhe minne daß Siglinde kint. A.48
  • Eß was ir aller werben wider in ein wint.
  • er mohte wol verdienen schœner vrouwen lîp.
  • Sît wart diu edel Kriemhilt des küenen Sîvrides wîp.
  • Im rieten sîne mâge und ander sîne man, 49
  • sît er ûf stæte minne tragen wolde wân,
  • daß er dan eine wurbe, diu im möhte zemen.
  • Dô sprach der edel Sîvrit: ‚sô wil ich Kriemhilden nemen,
  • ‚Die edeln juncvrouwen von Burgunden lant, A.50
  • durch ir vil grôßen schœne; daß ist mir wol bekant,
  • nie keiser wart sô rîche, der wolde haben wîp,
  • im zæme wol ze minne der rîchen küneginne lîp.‘
  • Disiu selben mære gehôrte Sigmunt. 51
  • eß reiten sîne liute: dâ von wart im kunt
  • der wille sînes kindes was im harte leit,
  • daß er werben wolde die vil hêrlîchen meit.
  • Eß gevriesch ouch Sigelint, des edelen küneges wîp. 52
  • si hete grôße sorge umb ir kindes lîp,
  • wan si wol erkande Gunthern und sîne man.
  • den gewerp man dem degene sêre leiden began.
  • Dô sprach der küene Sîvrit: ‚vil lieber vater mîn, 53
  • ân edeler vrouwen minne wolde ich immer sîn,
  • ich enwurbe dar mîn herze vil grôße liebe hât.‘
  • swaß iemen reden kunde, des was deheiner slahte rât.
  • ‚Und wiltu niht erwinden,‘ sprach der künic dô, 54
  • ‚sô bin ich dînes willen wærlîchen vrô
  • und wil dirß helfen enden, so ich aller beste kan:
  • doch hât der künic Gunther vil manegen hôhverten man.
  • ‚Ob eß anders nieman wære wan Hagene der degen, 55
  • der kan mit übermüete wol hôhverte pflegen,
  • daß ich des sêre vürhte, eß müge uns werden leit,
  • ob wir werben wellen die vil hêrlîchen meit.‘
  • ‚Waß mag uns daß gewerren?‘ sprach dô Sîvrit, 56
  • ‚swaß ich vriuntlîche niht ab in erbit,
  • daß mac sus erwerben mit ellen dâ mîn hant.
  • ich trouwe an im ertwingen beidiu liute unde lant.‘
  • Dô sprach der vürste Sigemunt: ‚dîn rede ist mir leit. 57
  • wan wurden disiu mære ze Rîne geseit,
  • dune dörftest nimmer rîten in Guntheres lant.
  • Gunther unde Gêrnôt die sint mir lange bekant.
  • ‚Mit gewalte niemen erwerben mac die maget,‘ 58
  • sô sprach der künic Sigmunt, ‚daß ist mir wol gesaget;
  • wil aber du mit recken rîten in daß lant,
  • ob wir iht haben vriunde, die werdent schiere besant.‘
  • ‚Des enist mir niht ze muote,‘ sprach aber Sîvrit, 59
  • ‚daß mir süln ze Rîne recken volgen mit
  • durch deheine hervart, daß wære mir vil leit,
  • dâ mit ich solde ertwingen die vil hêrlîchen meit.
  • ‚Si mac wol sus erwerben dâ mîn eines hant. 60
  • ich wil selbe zwelfter in Guntheres lant.
  • dar sult ir mir helfen, vater Sigmunt.‘
  • dô gab man sînen degenen ze kleidern grâ unde bunt.
  • Do vernam ouch disiu mære sîn muoter Siglint. A.61
  • si begunde trûren umbe ir liebeß kint:
  • daß vorhte si verliesen von Guntheres man.
  • diu edel küneginne vil sêre weinen began.
  • Sîvrit der hêrre gie, dâ er si sach; A.62
  • wider sîne muoter er güetlîchen sprach:
  • ‚vrouwe, ir sult niht weinen durch den willen mîn:
  • jâ wil ich âne sorge vor allen wîganden sîn.
  • ‚Nu helfet mir der reise in Burgunden lant, A.63
  • daß ich und mîne recken haben sölch gewant,
  • daß also stolze degene mit êren mügen tragen.
  • des wil ich iu genâde mit triuwen wærlîchen sagen.‘
  • ‚Sît du niht wil erwinden,‘ sprach vrou Siglint, A.64
  • ‚sô hilfe ich dir der reise, mîn einigeß kint,
  • mit der besten wæte, die rîter ie getruoc,
  • dir und den dînen degenen: ir sult ir vüeren genuoc.‘
  • Dô neic der küneginne Sîvrit der junge man. A.65
  • Er sprach: ‚ich wil zer verte niemen mêre hân
  • niuwan zwelef recken: den sol man brüeven wât.
  • ich wil daß sehen gerne, wieß umbe Kriemhilde stât.‘
  • Dô sâßen schœne vrouwen naht unde tac, A.66
  • daß lützel ir deheiniu ruowe gephlac,
  • unze man geworhte die Sîvrides wât.
  • er wolde sîner reise haben deheiner slahte rât.
  • Sîn vater hieß im zieren sîn rîterlîch gewant, A.67
  • dâ mite er wolde rûmen daß Sigmundes lant.
  • die ir vil liehten brüneje die wurden ouch bereit
  • und ir veste helmen, ir schilde schœne unde breit.
  • Dô nâhte in ir reise ze den Burgunden dan. 68
  • umb si begunde sorgen wîb unde man,
  • ob si immer komen solden heim wider in ir lant.
  • die helde in hießen soumen beide wâfen und gewant.
  • Ir ros diu wâren schœne, ir gereite goldes rôt. A.69
  • lebt iemen übermüeter, des enwas niht nôt,
  • danne wære Sîvrit und die sîne man.
  • urloubes er dô gerte zuo den Burgunden dan.
  • In werte trûreclîche der künic und sîn wîp. A.70
  • er trôste minneclîche dô ir beider lîp.
  • er sprach: ‚ir sult niht weinen durch den willen mîn:
  • immer âne sorge sult ir mînes lîbes sîn.‘
  • Eß was leit den recken; eß weinte ouch manec meit. 71
  • ich wæne, in hete ir herze rehte daß geseit,
  • daß in sô vil der vriunde dâ von gelæge tôt.
  • von schulden si dô klageten: des gie in wærlîchen nôt.
  • An dem sibenden morgen ze Wormeß ûf den sant 72
  • riten die vil küenen; alleß ir gewant
  • was von rôtem golde, ir gereite wolgetân;
  • ir ros in giengen ebene, des küenen Sîvrides man.
  • Ir schilde wâren niuwe, lieht unde breit, 73
  • und vil schœne ir helmen, dô ze hove reit
  • Sîvrit der vil küene in Guntheres lant.
  • man gesach an helden nie sô hêrlîch gewant.
  • Diu ort der swerte giengen nider ûf die sporn: 74
  • eß vuorten scharphe gêren die rîter ûz erkorn.
  • Sîvrit der vuorte ir einen wol zweier spannen breit,
  • der ze sînen ecken vil harte vreislîchen sneit.
  • Die goltvarwen zoume vuortens an der hant, 75
  • sîdîniu vürbüege: sus kômens in daß lant.
  • daß volc si allenthalben kaphen an began:
  • dô liefen in enkegene vil der Guntheres man.
  • Die hôch gemuoten recken, rîter unde kneht, 76
  • die giengen zuo den hêrren, daß was michel reht,
  • und enphiegen die geste in ir hêrren lant;
  • si nâmen in die mœre mit den schilden von der hant.
  • Diu ros si wolten dannen ziehen an gemach: 77
  • Sîvrit der vil küene wie snelle er dô sprach:
  • ‚Lât uns noch die mœre eine wîle stân:
  • wir wellen schiere hinnen; des ich guoten willen hân.
  • ‚Man sol ouch unser schilde ninder von uns tragen; 78
  • wâ ich den künic vinde, kan mir daß iemen sagen,
  • Gunthern den rîchen ûß Burgunden lant?
  • dô sagete eß im einer, dem eß rehte was bekant.
  • ‚Welt ir den künic vinden, daß mac vil wol geschehen; 79
  • in jenem sale wîten hân ich in gesehen
  • bî den sînen helden: dâ sult ir hine gân:
  • dâ muget ir bî im vinden manegen hêrlîchen man.‘
  • Dô wâren ouch diu mære dem künege geseit, 80
  • ûf sînem hove wæren rîter vil gemeit:
  • die vuorten liehte brünne und hêrlîch gewant;
  • si derkande nieman in der Burgunden lant.
  • Den künic nam des wunder, von wannen kœmen dar 81
  • die hêrlîchen recken in wæte lieht gevar
  • und mit sô guoten schilden niuwe unde breit.
  • daß im daß nieman sagete, daß was Gunthere leit.
  • Des antwurte dem künege von Metzen Ortwîn; 82
  • starc unde küene mohte er vil wol sîn.
  • ‚sît wir ir niht erkennen, sô sult ir heißen gân
  • nâch mînem œheim Hagenen: den sult ir si sehen lân.
  • ‚Dem sint kunt diu rîche und elliu vremdiu lant. 83
  • sîn im die hêrren künde, daß tuot er uns bekant.‘
  • der künic bat in bringen und die sîne man:
  • man sach in hêrlîche mit recken hin ze hove gân.
  • Waß sîn der künic wolde, des vrâgte Hagene. 84
  • ‚eß sint in mîme hûse unkunde degene,
  • die niemen hie bekennet: ob ir si ê gesehen
  • habt in vremden landen, des sult ir, Hagene, mir verjehen.‘
  • ‚Daß tuon ich,‘ sprach Hagene: zeim venster er dô gie, 85
  • sîn ougen er dâ wenken zuo den gesten lie.
  • wol behagete im ir geverte und ouch ir gewant:
  • si wâren im vil vremde in der Burgunden lant.
  • Er sprach, von swannen kœmen die recken an den Rîn, 86
  • eß möhten selbe vürsten oder vürsten boten sîn.
  • ‚ir ros diu sint schœne, ir kleider harte guot;
  • swannen si joch rîten, si sint vil hôhe gemuot.‘
  • Alsô sprach dô Hagene: ‚als ich mich kan verstân, 87
  • swie ich Sîvriden noch nie gesehen hân,
  • sô wil ich wol gelouben, swie eß dar umbe stât,
  • daß eß sî der recke, der dort sô hêrlîchen gât.
  • ‚Er bringet niuwiu mære her in ditze lant. A.88
  • die küenen Niblunge sluoc des heldes hant,
  • Schilbunc und Niblungen, des rîchen küneges kint.
  • er vrumte starkiu wunder mit sîner grôßen krefte sint.
  • ‚Dô der helt aleine ân alle helfe reit, A.89
  • er vant vor einem berge, als mir ist geseit,
  • bî Niblunges horde vil manegen küenen man:
  • die wârn im ê vil vremde, unz er ir künde dâ gewan.
  • ‚Hort der Niblunges der was gar getragen A.90
  • ûß eime holn berge. nu hœret wunder sagen,
  • wie in wolden teilen der Niblunge man.
  • daß sach der degen Sîvrit: den helt es wundern began.
  • ‚Er kom zuozin sô nâhen, daß er die helde sach A.91
  • und ouch in die degene. ir einer drunder sprach:
  • ‚hie kumet der starke Sîvrit, der helt von Niderlant.‘
  • vil seltsæniu mære er an den Niblungen vant.
  • ‚Den recken wol enphiengen Schilbunc und Nibelunc. A.92
  • mit gemeinem râte die edelen vürsten junc
  • den schaz in bâten teilen den wætlîchen man
  • und gerten des mit vlîße, unz erß in loben dô began.
  • ‚Er sach sô vil gesteines, sô wir hœren sagen, A.93
  • hundert kanzwagene eß heten niht getragen;
  • noch mê des rôten goldes von Niblunge lant;
  • daß solt in alleß teilen des küenen Sîvrides hant.
  • ‚Dô gâben si im ze miete daß Niblunges swert. A.94
  • si wâren mit dem dienste vil übele gewert,
  • den in dâ leisten solde Sîvrit der helt guot:
  • ern kunde eß niht verenden: si wâren zornec gemuot.
  • ‚Den schaz er ungeteilet belîben muose lân. C.
  • do begunden mit ihm strîten der zweier künege man:
  • mit ir vater swerte, daß Balmunc was genant,
  • erstreit ab in der küene den hort und Nibelunge lant.
  • Si heten dâ ir vriunde zwelf küener man, A.95
  • daß starke risen wâren: waß kundeß si vervân?
  • die sluoc sît mit zorne diu Sîvrides hant,
  • und recken siben hundert twang er von Nibelunge lant
  • ‚Mit dem guoten swerte, daß hieß Balmunc. A.96
  • durch die starken vorhte vil manec recke junc,
  • die si ze dem swerte hêten und an den küenen man,
  • daß lant zuo den bürgen si im tâten undertân;
  • ‚Dar zuo die rîchen künege die sluog er beide tôt. A.97
  • er kom von Albrîche sît in grôße nôt.
  • der wânde sîne hêrren rechen dâ zehant,
  • unz er die grôßen sterke sît an Sîvride vant.
  • ‚Done kunde im niht gestrîten daß starke getwerc. A.98
  • alsam die leuwen wilde si liefen an den berc,
  • dâ er die tarnkappe sît Albrîche an gewan.
  • dô was des hordes hêrre Sîvrit der vreislîche man.
  • ‚Die dâ torsten vehten, die lâgen alle erslagen. A.99
  • den schaz den hieß er balde vüeren unde tragen,
  • dâ in dâ vor nâmen die Niblunges man.
  • Albrîch der vil starke dô die kameren gewan.
  • ‚Er muos im sweren eide, er diende im sô sîn kneht: A.100
  • aller hande dinge was er im gereht.‘
  • sô sprach von Tronje Hagene: ‚daß hât er getân;
  • alsô grôßer krefte nie mêr recke gewan.
  • Noch weiß ich an im mêre, daß mir ist bekant: A.101
  • einen lintrachen sluoc des heldes hant;
  • er badete in dem bluote: sîn hût wart hurnîn.
  • des snîdet in kein wâfen: daß ist dicke worden schîn.
  • ‚Wir suln den jungen hêrren enphâhen dester baß, 102
  • daß wir iht verdienen des snellen recken haß.
  • sîn lîp der ist sô küene, man sol in holden hân;
  • er hât mit sîner krefte sô manegiu wunder getân.‘
  • Dô sprach der künic rîche: ‚du maht wol haben wâr: B.
  • nu sich, wie degenlîche er stêt gein strîtes vâr,
  • er und die sînen degene, der vil küene man.
  • wir suln im engegene hin nider zuo dem recken gân.‘
  • ‚Daß mugt ir,‘ sprach dô Hagene, ‚wol mit êren tuon. B.
  • er ist von edelem künne, eins rîchen küneges sun.
  • er stêt in der gebære, mich dunket, wißße Krist,
  • eß ensîn niht kleiniu mære, dar umber her geriten ist.‘
  • Dô sprach der künec des landes: ‚nu sî uns willekomen. 103
  • er ist edel und küene: daß hân ich wol vernomen.
  • des sol ouch er genießen in Burgunden lant.‘
  • dô gie der hêrre Gunther, dâ er Sîvriden vant.
  • Der wirt und sîne recken enphiengen sô den gast, 104
  • daß in an ir zühten vil lützel iht gebrast.
  • des begunde in nîgen der wætlîche man.
  • man sach in zühteclîche mit den sînen recken stân.
  • ‚Mich wundert dirre mære,‘ sprach der wirt zehant, 105
  • ‚von wanne ir, edel Sîvrit, sît komen in ditze lant,
  • oder waß ir wellet werben ze Wormeß an den Rîn.‘
  • dô sprach der gast ze dem künege: ‚daß sol iuch unverdaget sîn.
  • ‚Mir wart gesaget mære in mînes vater lant, 106
  • daß hie bî iu wæren, daß hete ich gerne erkant,
  • die küenesten recken, des hân ich vil vernomen,
  • die ie künec gewünne: dar umbe bin ich her bekomen.
  • ‚Ouch hœre ich iu selben der degenheite jehen, 107
  • daß man künec deheinen küener hab gesehen.
  • des redent vil die liute über elliu disiu lant:
  • nune wil ich niht erwinden, unz eß mir werde bekant.
  • ‚Ich bin ouch ein recke und solde krône tragen. 108
  • ich wil daß gerne vüegen, daß si von mir sagen,
  • daß ich habe von rehte liute unde lant;
  • dar umbe sol mîn êre und ouch mîn houbet wesen phant.
  • ‚Nu ir sît sô küene, als mir ist geseit, 109
  • nune ruoche ich, ist eß ieman lieb oder leit:
  • ich wil an iu ertwingen, swaß ir muget hân,
  • lant unde bürge, daß sol mir werden undertân.‘
  • Den künic hete wunder und sîne man alsam A.110
  • umbe solhiu mære, als er hie vernam,
  • daß er des hete willen, er næme im sîniu lant.
  • daß hôrten sîne degene: dô wart in zürnen bekant.
  • ‚Wie hete ich daß verdienet,‘ sprach Gunther der degen, A.111
  • ‚des mîn vater lange mit êren hât gephlegen,
  • daß wir daß solden vliesen von iemannes kraft?
  • wir ließen übele schînen, daß wir ouch phlegen rîterschaft.‘
  • ‚Ich enwil es niht erwinden,‘ sprach der küene man. A.112
  • ‚eß enmüge von dînen ellen dîn lant den vride hân,
  • ich wil es alles walten; und ouch diu erbe mîn,
  • erwirbest dus mit sterke, diu suln dir undertænec sîn.
  • ‚Dîn erbe und ouch daß mîne suln gelîche ligen: A.113
  • sweder unser einer ame anderen mac gesigen,
  • dem soll eß alleß dienen, die liute und ouch diu lant.‘
  • daß widerredet Hagne dâ unde Gêrnôt zehant.
  • ‚Wir hân des niht gedingen,‘ sprach dô Gêrnôt, A.114
  • ‚daß wir iht lande ertwingen, daß iemen drumbe tôt
  • gelige vor heldes handen. wir haben rîchiu lant:
  • diu dienent uns ze rehte, ze niemen sint si baß bewant.‘
  • Mit grimmegem muote dâ stuonden vriunde sîn. A.115
  • dô was ouch dar under von Metzen Ortwîn:
  • der sprach: ‚disiu suone ist mir harte leit;
  • iu hât der starke Sîvrit unverdienet widerseit.
  • ‚Ob ir und iuwer bruoder hetet niht die wer, A.116
  • und ob er danne hête ein ganzeß küneges her,
  • ich trûte wol erstrîten, daß der küene man
  • dise starke übermüete von wâren schulden müese lân.‘
  • Daß zurnde harte sêre der helt von Niderlant: A.117
  • er sprach: ‚sich sol vermeßßen niht wider mich dîn hant:
  • ich bin ein künic rîche, sô bistu küneges man:
  • jan dorften mich dîn zweleve mit strîte nimmer bestân.‘
  • Nâch swerten rief dô sêre von Metzen Ortwîn: 118
  • er mohte Hagnen swestersun von Tronje vil wol sîn.
  • daß der sô lange dagete, daß was dem künege leit.
  • dô understuont eß Gêrnôt, ein rîter küene und gemeit.
  • Er sprach zuo Ortwîne: ‚lât iuwer zürnen stân. 119
  • uns hât der hêrre Sîvrit solhes niht getân.
  • wir mügenß noch wol scheiden mit zühten, dêst mîn rât,
  • und haben in ze vriunde; daß uns noch lobelîcher stât.‘
  • Dô sprach der starke Hagene: ‚uns mac wol wesen leit, 120
  • allen iuwern degenen, daß er ie gereit
  • durch strîten her ze Rîne. er soldeß haben lân:
  • im heten mîne hêrren solher leide niht getân.‘
  • Dô sprach aber Sîvrit, der kreftige man: 121
  • ‚müet iuch daß, hêr Hagene, daß ich gesprochen hân,
  • sô sol ich lâßen kiesen, daß die hende mîn
  • wellent vil gewaltec hie zen Burgunden sîn.‘
  • ‚Daß sol ich eine wenden,‘ sprach dô Gêrnôt. A.122
  • allen sînen degenen reden er verbôt
  • iht mit übermüete, des im wære leit.
  • dô gedâhte ouch Sîvrit an die vil hêrlîchen meit.
  • ‚Wie zæme uns mit iu strîten?‘ sprach aber Gêrnôt. 123
  • ‚swaß helde nu dar under müesen ligen tôt,
  • wir hetens lützel êren und ir vil kleinen vrun.‘
  • des antwurte im dô Sîvrit, des küneges Sigmundes sun:
  • ‚War umbe bîtet Hagene und ouch Ortwîn, 124
  • daß er niht gâhet strîten mit den vriunden sîn,
  • der er hie sô manegen ze den Burgunden hât?‘
  • si muosen rede vermîden: daß was Gêrnôtes rât.
  • ‚Ir sult uns wesen willekomen‘, sô sprach daß Uoten kint, A.125
  • ‚und iuwer hergesellen, die hie mit iu sint.
  • wir suln iu gerne dienen, ich und die mâge mîn.‘
  • dô hieß man den gesten schenken Guntheres wîn.
  • Dô sprach der wirt des landes: ‚alleß, daß wir hân, 126
  • geruochet irs nâch êren, daß sî iu undertân
  • und sî mit iu geteilet lîp unde guot!‘
  • dô wart der hêrre Sîvrit ein lützel sanfter gemuot.
  • Dô hieß man in behalten alleß ir gewant. 127
  • die besten herberge man suohte, die man vant,
  • Sîvrides knehten: man schuof in guot gemach.
  • den gast man sît vil gerne dâ zen Burgunden sach.
  • Man bôt im michel êre dâ nâch ze manegen tagen, A.128
  • tûsent stunden mêre, danne ich iu kan gesagen.
  • daß hete versolt sîn ellen, ir sult gelouben daß;
  • in sach vil lützel iemen, der im wære gehaß.
  • Sich vlißßen kurzwîle die künege und ouch ir man, 129
  • sô was er ie der beste, swes man dâ began:
  • des enkunde im volgen niemen, sô michel was sîn kraft,
  • sô si den stein wurfen oder schußßen den schaft.
  • Swâ si bî den vrouwen durch ir höfscheit A.130
  • kurzwîle phlâgen, die rîter vil gemeit,
  • dâ sach man ie vil gerne den helt von Niderlant.
  • er hete ûf hôhe minne sîne sinne gewant.
  • Ze hove die schœnen vrouwen vrâgèten mærè, C.
  • wer der stolze vremde recke wære?
  • ‚sîn lîp der ist sô schœne, vil rîch ist sîn gewant!‘
  • dô sprâchen ir genuoge; ‚eß ist der künec von Niderlant.‘
  • Swes man ie begunde, des was sîn lîp bereit. A.131
  • er truog in sîme sinne ein minneclîche meit
  • und ouch in ein diu vrouwe, die er noch nie gesach,
  • diu im in heimlîche vil dicke güetlîchen sprach.
  • Swenn ûfem hove wolden spilen dâ diu kint, A.132
  • rîter unde knehte, daß sach vil dicke sint
  • Kriemhilt durch diu venster, diu küneginne hêr;
  • deheiner kurzwîle bedorfte si in den zîten mêr.
  • Wester, daß si in sæhe, die er in herzen truoc, A.133
  • dâ het er kurzwîle immer von genuoc.
  • sæhen si sîn ougen, ich wil wol wißßen daß,
  • daß im in dirre werlde nimmer kunde werden baß.
  • Swenne er bî den helden ûf dem hove stuont, A.134
  • alsô noch die liute durch kurzewîle tuont,
  • sô stuont sô minneclîche daß Siglinde kint,
  • daß in von herzeliebe trûte manec vrouwe sint.
  • Er gedâht ouch manege zîte: ‚wie sol daß geschehen, A.135
  • daß ich die maget edele mit ougen müge sehen,
  • die ich von herze minne und lange hân getân?
  • diu ist mir noch vil vremede: des muoß ich trûrec gestân.‘
  • Sô ie die künege rîche riten in ir lant, A.136
  • sô muosen ouch die recken mit in al zehant.
  • dâ mite muoste ouch Sîvrit: daß was der vrouwen leit;
  • er leit ouch von ir minne dicke michel arbeit.
  • Sus wonde er bî den hêrren, daß ist alwâr, A.137
  • in Guntheres lande volleclîch ein jâr,
  • daß er die minneclîchen die zît nie gesach,
  • dâ von im sît vil liebe und ouch vil leide geschach.
  • Âventiure
  • wie Sîvrit mit den Sahsen streit.
  • Dô kômen vremdiu mære in Guntheres lant II.138
  • von boten, die in verre wurden dar gesant
  • von unkunden recken, die in truogen haß.
  • dô si die rede vernâmen, leit was in inneclîche daß.
  • Die wil ich iu nennen: eß was Liudgêr 139
  • ûßer Sahsen lande, ein rîcher vürste hêr,
  • und ouch von Tenemarke der künic Liudgast.
  • die brâhten in ir reise vil manegen hêrlîchen gast.
  • Ir boten komen wâren in Guntheres lant, 140
  • die sîne vîende heten dar gesant.
  • dô vrâgte man der mære die unkunden man.
  • man hieß die boten balde ze hove vür den künic gân.
  • Der künec si gruoßte schône, er sprach: ‚sît willekomen! 141
  • wer iuch her habe gesendet, desn hân ich niht vernomen:
  • daß sult ir lâßen hœren‘, sprach der künic guot.
  • Dô vorhten si vil sêre den grimmen Guntheres muot.
  • ‚Welt ir, künec, erlouben daß wir iu mære sagen, 142
  • diu wir iu dâ bringen, sone suln wir niht verdagen.
  • wir nennen iu die hêrren, die uns her hânt gesant:
  • Liudgast und Liudgêr, die welnt iuch suochen inß lant.
  • ‚Ir habet ir zorn verdienet: jâ hôrten wir wol daß, 143
  • daß iu die hêrren beide tragent grôßen haß.
  • si wellent herverten ze Wormeß an den Rîn;
  • in hilfet vil der degene: des sult ir gewarnet sîn.
  • ‚Inre zwelf wochen diu reise muoß geschehen; 144
  • habt ir iht guoter vriunde, daß lâßet balde sehen,
  • die iu vriden helfen die bürge und iuriu lant:
  • hie wirt von in verhouwen vil manec helme unde rant.
  • ‚Oder welt ir mit in dingen, so enbietet eß in dar; 145
  • sone rîtent iu sô nâhen niht die manegen schar
  • der iuwer starken vînde ûf herzenlîchiu leit,
  • dâ von verderben müeßen vil guote rîter gemeit.‘
  • ‚Nu bîtet eine wîle (ich kündiu mînen muot), 146
  • unz ich mich baß versinne,‘ sprach der künic guot.
  • ‚hân ich guoter iemen, die sol ich niht verdagen,
  • disiu starken mære sol ich mînen vriunden klagen.‘
  • Gunther dem rîchen leide wart genuoc; A.147
  • die rede er tougenlîchen in sîme herze truoc.
  • er hieß gewinnen Hagenen und ander sîne man
  • und bat ouch harte balde ze hove nâch Gêrnôten gân.
  • Dô kômen dar die besten, swaß man der dâ vant. A.148
  • er sprach: ‚man wil uns suochen her in unser lant
  • mit starken herverten; daß lât iu wesen leit.
  • eß ist gar âne schulde, daß si uns habent widerseit.‘
  • ‚Daß wer ot wir mit swerten,‘ sô sprach Gêrnôt. A.149
  • dâ sterbent wan die veigen: die lâßen ligen tôt.
  • dar umbe ich niht vergeßßen mac der êren mîn:
  • die unser vîende suln uns willekomen sîn.‘
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚daß endunket mich niht guot. A.150
  • Liudegast und Liudegêr die tragent übermuot.
  • wir mugen uns niht besenden in sô kurzen tagen,‘
  • sô sprach der küene recke: ‚ir sult eß Sîvride sagen.‘
  • Die boten herbergen hieß man in die stat. 151
  • swie vîent man in wære, vil schône ir phlegen bat
  • Gunther der rîche, daß was wol getân,
  • unz er ervant an vriunden, wer im dâ wolde gestân.
  • Dem künege in sînen sorgen was iedoch vil leit. 152
  • dô sach in trûrende ein rîter vil gemeit,
  • der niht wißßen kunde, waß im was geschehen:
  • dô bat er im der mære den künic Gunther verjehen.
  • ‚Mich nimt des michel wunder,‘ sprach dô Sîvrit, 153
  • ‚wie ir sô habet verkêret die vrœlîchen sit,
  • der ir mit uns nu lange habt alher gephlegen.‘
  • des antwurte ime dô Gunther, der vil zierlîche degen:
  • ‚Jane mac ich allen liuten die swære niht gesagen, 154
  • die ich muoß tougenlîche in mîme herzen tragen:
  • man sol stæten vriunden klagen herzenôt.‘
  • diu Sîvrides varwe wart dô bleich unde rôt.
  • Er sprach zuo dem künege: ‚ich hân iu niht verseit. 155
  • ich sol iu helfen wenden elliu iuriu leit.
  • welt ir vrîunt suochen, der sol ich einer sîn
  • und trûwe eß wol volbringen mit êren an daß ende mîn.‘
  • ‚Nu lône iu Got, hêr Sîvrit, diu rede mich dunket guot; 156
  • und ob mir nimmer helfe iur ellen getuot,
  • ich vreu mich doch der mære, daß ir mir sît sô holt.
  • lebe ich deheine wîle, eß wirt wol umb iuch versolt.
  • ‚Ich wil iuch hœren lâßen, war umbe ich trûric stân. 157
  • von boten mîner vînde ich daß vernomen hân,
  • daß si mich wellent suochen mit herverte hie;
  • daß getâten uns noch degene her zuo disen landen nie.‘
  • ‚Daß lât iuch ahten ringe,‘ sprach dô Sîvrit, 158
  • ‚senftet iur gemüete, tuot, des ich iuch bit:
  • lât mich iu erwerben êre unde vrumen,
  • ê daß iuwer vînde her ze disen landen kumen.
  • ‚Swenne iuwer starke vînde ze helfe möhten hân A.159
  • drîßec tûsent degene, sô woldich si bestân,
  • und het ich niht wan tûsent: des lât iuch an mich.‘
  • dô sprach der künic Gunther: ‚daß dienich immer umbe dich.‘
  • ‚Sô heißet mir gewinnen tûsent iuwer man, 160
  • sît daß ich der mînen bî mir niht enhân
  • niuwan zwelf recken: sô wer ich iuwer lant.
  • iu sol mit triuwen dienen immer Sîvrides hant.
  • ‚Des sol uns helfen Hagene und ouch Ortwîn, A.161
  • Dancwart und Sindolt, die lieben recken dîn.
  • ouch sol dâ mit rîten Volkêr der küene man:
  • der sol den vanen vüeren: baß ichs nieman engan.
  • ‚Und lât die boten rîten heim in ir hêrren lant; 162
  • daß si uns dâ sehen schiere, daß tuo man in bekant,
  • sô daß unser bürge müeßen vride hân.‘
  • dâ hieß der künec besenden beide mâge unde man.
  • Die boten Liudegêres ze hove giengen dô; 163
  • daß si ze lande solden, des wâren si vil vrô.
  • dô bôt in rîche gâbe Gunther der künic guot
  • und schuof in sîn geleite: des stuont in hôhe der muot.
  • ‚Nu saget,‘ sprach dô Gunther, ‚den starken vînden mîn, 164
  • si mugent mit ir reise wol dâ heime sîn;
  • weln aber si mich suochen her in mîniu lant,
  • mirn zerinne mîner vriunde, in wirt arbeit bekant.‘
  • Den boten rîche gâbe man dô vür truoc: 165
  • der het in ze gebene Gunther genuoc.
  • dine torsten niht versprechen die Liudgêres man.
  • urloub si dô nâmen und vuoren vrœlîche dan.
  • Dô die boten wâren ze Tenemarke komen, 166
  • und der künic Liudegast hete daß vernomen,
  • waß si ze Rîne redeten, als im daß wart geseit,
  • ir starkeß übermüeten was im wærlîche leit.
  • Si sagten, daß si hêten vil manegen küenen man: 167
  • ‚dar under sach man einen vor Gunthere stân,
  • der was geheißen Sîvrit, ein helt ûß Niderlant.‘
  • eß leidete Liudgaste, dô er daß mære bevant.
  • Dô die von Tenemarke ditze hôrten sagen, 168
  • dô îlten si der vriunde deste mê bejagen,
  • unz daß er Liudegast sîner küenen man
  • zweinzec tûsent degene ze sîner reise gewan.
  • Do besande ouch sich von Sahsen der künic Liudegêr, 169
  • unz si vierzec tûsent heten unde mêr,
  • mit den si wolden rîten in Burgunden lant.
  • dô hete ouch sich hie heime der künic Gunther besant
  • Mit den sînen mâgen und sîner bruoder man, A.170
  • die si wolden vüeren durch urliuge dan,
  • und ouch die Hagenen recken: des gie den helden nôt.
  • dar umbe muosen degene sider kiesen den tôt.
  • Si vlißßen sich der reise, dô si wolden dan. A.171
  • den vanen muose leiten Volkêr der küene man,
  • alsô si wolten rîten von Wormeß über Rîn.
  • Hagene von Troneje der muose scharmeister sîn.
  • Dâ mite reit ouch Sindolt und der küene Hûnolt, A.172
  • die wol gedienen kunden rîcher künege golt.
  • Dancwart, Hagnen bruoder, und ouch Ortwîn
  • die mohten wol mit êren in der herverte sîn.
  • ‚Her künic, sît hie heime,‘ sprach dô Sîvrit. 173
  • ‚sît daß mir iuwer recken wellent volgen mit,
  • belîbet bî den vrouwen und traget hôhen muot.
  • ich trou iu wol behüeten beide êre unde guot.
  • ‚Die iuch dâ wolden suochen ze Wormeß an den Rîn, 174
  • daß wil ich wol behüeten, daßs iu iht schade sîn.
  • wir sulen in gerîten sô nâhen in ir lant,
  • daß in ir übermüeten ze sorgen werde bewant.‘
  • Von Rîne si durch Hessen mit ir helden riten 175
  • gegen Sahsen lande: dâ wart sît gestriten.
  • mit roube und mit brande wuosten si daß lant,
  • daß eß den vürsten beiden wart mit arbeit bekant.
  • Si kômen ûf die marke: die knehte zogten dan. A.176
  • Sîvrit der vil starke vrâgen des began:
  • ‚wer sol des gesindes uns nu hüeten hie?‘
  • jâne wart den Sahsen geriten schedlîcher nie.
  • Si sprâchen: ‚lât die tumben hüeten ûf den wegen A.177
  • den küenen Dancwarten, der ist ein sneller degen.
  • wir vliesen deste minner von Liudgêres man;
  • lât in und Ortwînen hie die nâchhuote hân.‘
  • ‚Sô wil ich selbe rîten,‘ sprach Sîvrit der degen, 178
  • ‚unde wil der warte gein den vînden phlegen,
  • unz ich rehte ervinde, wâ die recken sint.‘
  • dô wart gewâfent schiere der schœnen Siglinden kint.
  • Daß volc bevalher Hagenen, dô er wolde dan, 179
  • unde Gêrnôte, dem vil küenen man.
  • dô reit er eine danne in der Sahsen lant,
  • dâ er diu rehten mære wol mit êren sît ervant.
  • Dô sach er her daß grôße, daß ûf dem velde lac, 180
  • daß wider sîner helfe mit ungevüege wac:
  • des was wol vierzec tûsent oder dannoch baß.
  • Sîvrit in hôhem muote sach vil vrœlîchen daß.
  • Dô hete sich ouch ein recke von den vînden dar 181
  • erhaben ûf die warte, der was ze vlîße gar:
  • den sach der hêrre Sîvrit und in der küene man;
  • ieweder dô des andern mit nîde hüeten began.
  • Ich sagiu, wer der wære, der hie der warte pflac; 182
  • ein liehter schilt von golde im vor der hende lac.
  • eß was der künic Liudegast: der huote sîner schar.
  • dirre gast vil edele sprancte hêrlîchen dar.
  • Nu het ouch in hêr Liudegast vîentlîche erkorn: 183
  • diu ros si nâmen beide zen sîten mit den sporn;
  • si neigten ûf die schilde die schefte mit ir kraft:
  • des wart der künic hêre mit grôßen sorgen behaft.
  • Diu ros nâch stichen truogen diu rîchen küneges kint 184
  • beide vür ein ander, sam si wæte ein wint;
  • mit zoumen wart gewendet vil rîterlîchen dan:
  • mit swerten eß versuohten die zwêne grimmege man.
  • Dô sluoc der hêrre Sîvrit, daß al daß velt erdôß. 185
  • dô stoup ûß dem helme, sam von brenden grôß,
  • die viuwerrôte vanken von des heldes hant.
  • dô streit vil mehteclîchen der küene vogt ûß Niderlant.
  • Ouch sluog im hêr Liudegast vil manegen grimmen slac; 186
  • ir ieweders ellen ûf schilden vaste lac.
  • dô heten dar gehüetet wol drîßec sîner man:
  • ê im der helfe kœme, den sic doch Sîvrit gewan
  • Mit drin starken wunden, die er dem künege sluoc A.187
  • durch eine wîße brünne, diu was guot genuoc.
  • daß swert an sînen ecken brâht ûß wunden bluot.
  • des gewan der künic Liudegast einen trûregen muot.
  • Er bat sich leben lâßen und bôt im sîniu lant 188
  • und sagte im, daß er wære Liudegast genant.
  • dô kômen sîne recken: die heten wol gesehen,
  • waß dâ von in beiden ûf der warte was geschehen.
  • Er wolt in vüeren dannen: dô wart er an gerant A.189
  • von drîßec sînen mannen: dô werte des heldes hant
  • sînen rîchen gîsel mit ungevüegen slegen.
  • sît tet schaden mêre der vil zierlîche degen.
  • Die drîßec er ze tôde werlîche sluoc. 190
  • er ließ ir leben einen: balde er reit genuoc
  • und sagte hin diu mære, waß hie was geschehen;
  • ouch mohte mans die wârheit an sîme rôten helmen sehen.
  • Den von Tenemarke was vil grimme leit, 191
  • ir hêrre was gevangen, dô in daß was geseit.
  • man sagte eß sînem bruoder: toben er began
  • von ungevüegem zorne, wan im was leide getân.
  • Liudegast der rîche was gevüeret dan A.192
  • von Sîvrides gewalte zuo Guntheres man.
  • er bevalch in Hagenen: der küene recke guot,
  • dô er vernam diu mære, dô wart er vrœlîch gemuot.
  • Man hieß den Burgunden ir vanen binden an. 193
  • ‚wol ûf,‘ sprach Sîvrit, ‚hie wirt noch mê getân,
  • ê sich der tac verende, sol ich haben den lîp:
  • daß gemüet in Sahsen lande vil manec wætlîcheß wîp.
  • ‚Ir helde von dem Rîne, ir sult mîn nemen war: 194
  • ich kan iuch wol geleiten in Liudgêres schar.
  • sô sehet ir helme houwen von guoter helde hant.
  • ê daß wir wider wenden, in wirdet sorge bekant.‘
  • Zen rossen gâhte Gêrnôt und die sîne man. A.195
  • den vanen zucte balde der küene spilman,
  • Volkêr der hêrre: dô reit er vor der schar.
  • dô was ouch daß gesinde ze strîte êrlîchen gar.
  • Si vuorten doch niht mêre niuwan tûsent man, 196
  • dar über zwelf recken. stieben dô began
  • diu molte von den strâßen: si riten über lant.
  • dô sach man von in schînen vil manegen hêrlîchen rant.
  • Dô wâren ouch die Sahsen mit ir scharn komen, A.197
  • mit swerten wole wahsen, daß hân ich sît vernomen.
  • diu swert diu sniten sêre den helden an der hant:
  • dô wolten si den gesten weren bürge unde lant.
  • Der hêrren scharmeister daß volc dô vuorten dan. 198
  • dô was ouch komen Sîvrit mit den zwelef man,
  • die er mit im brâhte ûßer Niderlant.
  • des tages wart in sturme vil manec bluotegiu hant.
  • Sindolt und Hûnolt und ouch Gêrnôt A.199
  • die vrumten in dem strîte vil manegen helt tôt,
  • ê si rehte ervunden, wie küene was ir lîp:
  • daß muose sît beweinen vil manec wætlîcheß wîp.
  • Volkêr und Hagene und ouch Ortwîn A.200
  • laschten in dem strîte vil maneges helmes schîn
  • mit vlißendem bluote, die sturmküene man.
  • dô wart von Dancwarten vil michel wunder getân.
  • Die von Tenemarke versuohten wol ir hant; 201
  • dô hôrte man von hurte erdießen manegen rant
  • und ouch von scharphen swerten, der man dâ vil gesluoc.
  • die strîtküenen Sahsen tâten schaden ouch genuoc.
  • Dô die von Burgunden drungen in den strît, 202
  • von in wart erhouwen vil manec wunde wît:
  • dô sach man über satele vließen daß bluot;
  • sus wurben nâch den êren die rîter küene unde guot.
  • Man hôrt dâ lût erhellen den helden an der hant 203
  • diu vil scharphen wâsen, dô die von Niderlant
  • drungen nâch ir hêrren in die herten schar;
  • si kômen degenlîche mit samt Sîvride dar.
  • Volgen der von Rîne niemen man im sach. 204
  • man mohte kiesen vließen den bluotegen bach
  • durch die liehten helme von Sîvrides hant,
  • end er Liudgêren vor sînen hergesellen vant.
  • Drî widerkêre het er nu genomen A.205
  • durch daß her anß ende. nu was ouch Hagene komen:
  • der half im wol ervollen in sturme sînen muot.
  • des muose dâ ersterben vor in vil manec rîter guot.
  • Dô der starke Liudegêr Sîvriden vant, 206
  • und daß er alse hôhe truoc an sîner hant
  • den guoten Balmungen und ir sô manegen sluoc,
  • dar umbe wart der küene vor leide zornec genuoc.
  • Dô wart michel dringen und grôßer swerte klanc, 207
  • dâ ir ingesinde zuo ein ander dranc.
  • do versuohten sich die recken beide deste baß.
  • die schar begunden wîchen; sich huob dâ grœßlîcher haß.
  • Dem vogte von den Sahsen was daß wol geseit, A.208
  • sîn bruoder was gevangen: daß was im harte leit;
  • niht wesser, daß eß tæte daß Siglinde kint.
  • man zêch es Gêrnôten: wol ervant er eß sint.
  • Die slege Liudgêres die wâren alsô starc, 209
  • daß Sîvride under satele strûhte daß marc;
  • doch sich daß ros erholte: der küene Sîvrit
  • der gewan in dem sturme einen vreislîchen sit.
  • Des half im Hagene und ouch Gêrnôt, A.210
  • Dancwart und Volkêr: des lac ir vil dâ tôt.
  • Sindolt und Hûnolt und Ortwîn der degen
  • die kunden in dem strîte zem tôde manegen nider legen.
  • In sturme ungescheiden wârn die vürsten hêr. A.211
  • dô sach man über helme vliegen manegen gêr
  • durch die liehten schilde von der helde hant;
  • man sach dâ var nâch bluote vil manegen hêrlîchen rant.
  • In dem starken sturme erbeißte manec man A.212
  • nider von den rossen. ein ander liefens an
  • Sîvrit der küene und ouch Liudgêr;
  • man sach dâ schefte vliegen und vil manegen scharphen gêr.
  • Dô vlouc daß schiltgespenge von Sîvrides hant. A.213
  • den sic gedâhte erwerben der helt von Niderlant
  • an den küenen Sahsen; die dolten ungemach.
  • hei, waß dâ liehter ringe der küene Dancwart zebrach!
  • Dô het der hêrre Liudegêr ûf eime schilte erkant 214
  • gemâlet eine krône vor Sîvrides hant:
  • wol wesser, daß eß wære der kreftige man.
  • der helt zuo sînen vriunden lûte ruofen began:
  • ‚Geloubet iuch des strîtes, alle mîne man. 215
  • sun den Sigmundes ich hie gesehen hân,
  • Sîvriden den starken hân ich hie bekant.
  • in hât der übel tiuvel ze den Sahsen gesant.‘
  • Die vanen hieß er lâßen in dem sturme nider. 216
  • vrides er dô gerte; des werte man in sider;
  • doch muos er werden gîsel in Guntheres lant:
  • daß hete an im ertwungen diu küene Sîvrides hant.
  • Mit gemeinem râte sô ließen si den strît. 217
  • dürkel vil der helme und der schilte wît
  • si leiten von den handen: swaß sô man der vant,
  • die truogen bluotes varwe von der Burgunden hant.
  • Si viengen, swen si wolden: des heten si gewalt. A.218
  • Gêrnôt und Hagene, die recken vil balt,
  • die wunden hießen bâren: si vuorten mit in dan
  • gevangen zuo dem Rîne fünf hundert wætlîcher man.
  • Die siglôsen recken ze Tenemarken riten. 219
  • done heten ouch die Sahsen sô hôhe niht gestriten,
  • daß man in lobes jæhe: daß was den helden leit.
  • dô wurden ouch die veigen von vriunden sêre gekleit.
  • Si hießen ir gewæfen soumen an den Rîn. 220
  • eß hete wol geworben mit den helden sîn
  • Sîvrit der starke der hete eß guot getân,
  • des im jehen muosen alle Guntheres man.
  • Gegen Wormeß sande der hêrre Gêrnôt: A.221
  • heim ze sînem lande den vriunden er enbôt,
  • wie gelungen wære im und sînen man:
  • eß heten die vil küenen wol nâch êren getân.
  • Die garzûne liefen, von den wart eß geseit. 222
  • dâ vreuten sich von liebe, die ê heten leit,
  • dirre lieben mære, diu in dâ wâren komen.
  • dâ wart von edelen vrouwen michel vrâgen vernomen,
  • Wie gelungen wære des rîchen küneges man. A.223
  • man hieß der boten einen vür Kriemhilde gân.
  • daß geschach vil tougen, jan torstes überlût:
  • wan si hete dar under ein vil liebeß herzen trût.
  • Dô si den boten komende zir kemenâte sach, 224
  • Kriemhilt diu schœne vil güetlîchen sprach:
  • ‚nu sag an liebiu mære: jâ gib ich dir mîn golt;
  • tuostuß âne triegen, ich wil dir immer wesen holt.
  • ‚Wie schiet ûß dem strîte mîn bruoder Gêrnôt A.225
  • und ander mîne vriunde? ist uns iht maneger tôt?
  • oder wer tet daß beste? daß soltu mir sagen.‘
  • dô sprach der bote biderbe: ‚wir heten ninder einen zagen.
  • ‚Ze vorderst in dem strîte reit niemen alsô wol, 226
  • vil edeliu küneginne, sît ich iuß sagen sol,
  • sô der gast vil edele ûßer Niderlant:
  • dâ worhte michel wunder des küenen Sîvrides hant.
  • ‚Swaß die recken alle in strîte hân getân, A.227
  • Dancwart und Hagene und ander sküneges man,
  • swaß iemen streit nâch êren, daß was gar ein wint
  • wan aleine Sîvrit, des künic Sigmundes kint.
  • ‚Si vrumten in dem sturme der helde vil derslagen: A.228
  • doch möhte iu ditze wunder niemen vol gesagen,
  • was dâ worhte Sîvrit, swenne er ze strîte reit.
  • den vrouwen an ir mâgen tet er diu grœßlîchen leit.
  • ‚Ouch muoste dâ belîben vil maneger vrouwen trût. 229
  • sîne slege man hôrte ûf helmen alsô lût,
  • daß si von wunden brâhten daß vließende bluot:
  • er ist an allen tugenden ein rîter küene unde guot.
  • ‚Dô hêt ouch vil begangen von Metzen Ortwîn: A.230
  • swaß er ir mohte erlangen mit dem swerte sîn,
  • die muosen wunt belîben oder meistec tôt.
  • dâ tet iuwer bruoder die aller grœßisten nôt,
  • ‚Diu immer in den stürmen kunde sîn geschehen: A.231
  • man muoß der wârheite dem ûß derwelten jehen.
  • die stolzen Burgunden habent sô gevarn,
  • daß si vor allen schanden ir êre kunden bewarn.
  • ‚Man sach dâ von ir handen vil manegen satel blôß, A.232
  • dâ von liehten swerten daß velt sô lûte erdôß.
  • die recken von dem Rîne die habent sô geriten,
  • daß eß ir vîenden wære beßßer vermiten.
  • ‚Die küenen Tronejære die vrumten grôßiu leit, A.233
  • dô mit volkes kreften daß her ze samne reit.
  • dâ vrumte manegen tôten des küenen Hagnen hant,
  • des vil ze sagene wære her in Burgunden lant.
  • ‚Sindolt und Hûnolt, die Gêrnôtes man, A.234
  • und Rûmolt der küene die hânt sô vil getân,
  • daß eß Liudgêre mag immer wesen leit,
  • daß er den mînen hêrren het ze Rîne widerseit.
  • ‚Strît den aller hœhsten, der inder dâ geschach 235
  • ze jungest und zem êrsten, den iemen dâ gesach,
  • den tet vil degenlîchen diu Sîvrides hant.
  • er bringet rîche gîsele her in Guntheres lant.
  • ‚Die twanc mit sînen ellen der wætlîche man; 236
  • des ouch der künic Liudegast muoß den schaden hân
  • und ouch von Sahsen landen sîn bruoder Liudgêr.
  • nu hœret mîniu mære, edel küneginne hêr.
  • ‚Si hât gevangen beide diu Sîvrides hant. 237
  • nie sô manegen gîsel man brâhte in ditze lant,
  • sô von sînen schulden nu kumt an den Rîn.‘
  • ir enkunden disiu mære nimmer lieber gesîn.
  • ‚Man bringet der gesunden fünf hundert oder baß A.238
  • und der verchwunden, wißßet, vrouwe, daß,
  • wol ahzec rôte bâre her in unser lant,
  • die meistec hat verhouwen des küenen Sîvrides hant.
  • ‚Die durch übermüete widerseiten an den Rîn, A.239
  • die müeßen nu gevangen die Guntheres sîn.
  • die bringet man mit vreuden her in ditze lant.‘
  • do erblüete ir liehte varwe, dô si diu mære rehte ervant.
  • Ir schœneß antlütze daß wart rôsenrôt, A.240
  • dô mit lîbe was gescheiden ûß sô grôßer nôt
  • Sîvrit der junge, der wætlîche man.
  • si vreute ouch sich ir vriunde: daß was von schulden getân.
  • Dô sprach diu minneclîche: ‚du hâst mir wol geseit. 241
  • du solt hân dar umbe ze miete rîchiu kleit,
  • und zehen marc von golde die heiß ich dir tragen.‘
  • des mac man solhiu mære rîchen vrouwen gerne sagen.
  • Man gab im sîne miete, daß golt und ouch diu kleit. 242
  • dô gie an diu venster vil manec schœniu meit:
  • si warten ûf die strâße: rîten man dô vant
  • vil der hôch gemuoten in der Burgunden lant.
  • Dâ kômen die gesunden, die wunden tâten sam; 243
  • si mohten grüeßen hœren von vriunden âne scham.
  • der wirt gên sînen gesten vil vrœlîchen reit:
  • mit vreuden was verendet sîn vil grœßlîcheß leit.
  • Do enphie er wol die sîne, die vremden tet er sam, 244
  • wan dem rîchen künege anders niht enzam
  • wan danken güetlîche den, die im wâren komen,
  • daß si den sic nâch êren in sturme hêten genomen.
  • Gunther bat im mære von sînen vriunden sagen, 245
  • wer im an der reise ze tôde wær erslagen:
  • dô het er vlorn niemen niuwan sehzec man.
  • verklagen man die muose, sô sît vil helde sint getân.
  • Die gesunden brâhten zerhouwen manegen rant 246
  • und helme vil verschrôten in Guntheres lant.
  • daß volk erbeißte nidere vür des küneges sal;
  • ze liebem antphange man hôrte vrœlîchen schal.
  • Dô hieß man herbergen die recken in die stat. 247
  • der künic sîner geste vil schône phlegen bat;
  • er hieß der wunden hüeten und schaffen guot gemach.
  • wol man sîne tugende an sînen vîenden sach.
  • Er sprach zuo Liudegêre: ‚nu sît mir willekomen! 248
  • ich hân von iuwern schulden schaden vil genomen:
  • der wirt mir nu gebüeßet, ob ich gelücke hân.
  • Got lône mînen vriunden: si hânt mir liebe getân.‘
  • ‚Ir muget in gerne danken,‘ sprach dô Liudgêr, 249
  • alsô hôher gîsel gewan nie künic mêr.
  • umbe schœne huote wir bieten michel guot,
  • daß ir genædeclîche an mir und mînen vriunden tuot.‘
  • ‚Ich wil iuch beide lâßen,‘ sprach er, ‚ledec gên; 250
  • daß mîne vîende hie bî mir bestên,
  • des wil ich haben bürgen, daß si mîniu lant
  • iht rûmen âne hulde.‘ des sichert dô ir beider hant.
  • Man brâhte si ze ruowe und schuof in ir gemach. A.251
  • den wunden man gebettet vil güetlîchen sach;
  • man schancte den gesunden met und guoten wîn:
  • dô kunde daß gesinde nimmer vrœlîcher sîn.
  • Ir zerhouwen schilde man behalten truoc. A.252
  • vil bluoteger setele, der was dâ genuoc:
  • die hieß man verbergen, daß weinten niht diu wîp.
  • dâ kom vil hermüede maneges guoten rîters lîp.
  • Der künec phlac sîner geste vil grœßlîche wol. A.253
  • der vremden und der kunden diu lant wâren vol.
  • er bat der sêre wunden vil güetlîchen phlegen.
  • dô was ir übermüeten vil harte ringe gelegen.
  • Die erzenîe kunden, den bôt man rîchen solt, A.254
  • silber âne wâge, dar zuo daß liehte golt,
  • daß si die helde nerten nâch des strîtes nôt;
  • dar zuo der künec den gesten gâbe grœßlîchen bôt.
  • Die wider heim ze hûse heten reise muot, A.255
  • die bat man noch belîben, sô man vriunden tuot.
  • der künic gie ze râte, wie er lônde sînen man:
  • si heten sînen willen nâch grôßen êren getân.
  • Dô sprach der hêrre Gêrnôt: ‚man sol si rîten lân: A.256
  • über sehs wochen sî in daß kunt getân,
  • daß si kumen widere zeiner hôhgezît;
  • so ist maneger geheilet, der nu vil sêre wunder lît.‘
  • Dô gerte ouch urloubes Sîvrit von Niderlant. 257
  • dô der künic Gunther den willen sîn ervant,
  • er bat in minneclîchen noch bî im bestân.
  • niuwan durch sîn swester, sône wæreß niht getân.
  • Dar zuo was er ze rîche, daß er iht næme solt; 258
  • er heteß wol verdienet. der künic was im holt;
  • sam wâren sîne mâgen, die heten daß gesehen,
  • waß von sînen handen in dem strîte was geschehen.
  • Durch der schœnen willen gedâhte er noch bestân, 259
  • ob er si sehen möhte. sît wart eß getân:
  • wol nâch sînem willen wart im diu maget bekant.
  • sît reit er vrœlîche heim in sînes vater lant.
  • Der wirt hieß zallen zîten rîterschefte phlegen: A.260
  • daß tet vil willeclîchen dô manec junger degen.
  • die wîle hieß er sidelen vor Wormeß an den sant
  • den, die im komen solden in der Burgunden lant.
  • In den selben zîten, dô si nu solden komen, A.261
  • dô hete diu schœne Kriemhilt diu mære wol vernomen,
  • er wolde hôhgezîte durch liebe vriunde hân.
  • dô wart vil michel vlîßen von schœnen vrouwen getân
  • Mit wæte und mit gebende, daß si dâ solten tragen. A.262
  • Uote diu vil rîche diu mære hôrte sagen
  • von den stolzen recken, die dâ solden komen:
  • dô wart ûß der valde vil rîcher kleider genomen.
  • Durch ir kinde liebe hieß si bereiten kleit; A.263
  • dâ mite wart gezieret vil vroun und manec meit
  • und vil der jungen recken ûß Burgunden lant.
  • si hieß ouch vil der vremden brüeven hêrlîch gewant.
  • Âventiure
  • wie Sîvrit Kriemhilt êrste gesach.
  • Man sach si tegelîchen nu rîten an den Rîn, III.264
  • die zer hôhgezîte gerne wolden sîn.
  • die durch der künege liebe kômen in daß lant,
  • den bôt man sumelîchen beidiu ros und gewant.
  • In was ir gesidele allen wol bereit, 265
  • den hôhsten und den besten, als uns daß ist geseit,
  • zwein und drîßec vürsten, dâ zer hôhgezît:
  • dâ zierten sich engegene alle vrouwen wider strît.
  • Eß was dâ vil unmüeßec Gîselher daß kint. 266
  • die geste mit den kunden vil güetlîchen sint
  • die enphieng er und Gêrnôt und ouch ir beider man:
  • jâ gruoßten si die degene, als eß nâch êren was getân.
  • Vil goltrôter setele si vuorten in daß lant, 267
  • zierlîche schilde und êrlîch gewant
  • brâhten si ze Rîne zuo der hôhgezît.
  • manegen ungesunden sach man vrœlîchen sît.
  • Die in den betten lâgen und heten wunden nôt, 268
  • die muosen des vergeßßen, wie herte was der tôt.
  • die siechen ungesunden muosen si verklagen:
  • si vreuten sich der mære gên der hôhgezîte tagen,
  • Wie si leben wolden dâ ze der wirtschaft. A.269
  • wünne âne mâße, mit vreuden überkraft
  • heten al die liute, swaß man ir dâ vant:
  • des huop sich michel wünne über al daß Guntheres lant.
  • An einem phingestmorgen sach man vür gân 270
  • gekleidet wünneclîche vil manegen küenen man,
  • fünf tûsent oder mêre, dâ zer hôhgezît.
  • sich huob diu kurzewîle an manegen enden wider strît.
  • Der wirt der hete die sinne, im was daß wol erkant, 271
  • wie rehte herzenlîche der helt von Niderlant
  • sîne swester trûte, die er noch nie gesach,
  • der man sô grôßer schœne vor allen juncvrouwen jach.
  • Er sprach: ‚nu râtet alle, mâge und mîne man, C.
  • wie wir die hôhgezîte sô lobelîche hân,
  • daß man uns drumbe iht schelte her nâch dirre zît;
  • ein ieslîch lop vil stæte ze jungest an den werken lît.‘
  • Dô sprach zuo dem künege der degen Ortwîn: 272
  • ‚welt ir mit vollen êren ze der hôhzîte sîn,
  • sô sult ir lâßen schouwen diu wünneclîchen kint,
  • die mit sô grôßen êren hie zen Burgunden sint.
  • ‚Waß wære mannes wünne, wes vreute sich sîn lîp, 273
  • eß entæten schœne meide und hêrlîchiu wîp?
  • lâßet iuwer swester vür iuwer geste gân!‘
  • der rât was ze liebe manegem helde getân.
  • ‚Des wil ich gerne volgen,‘ sprach der künic dô. 274
  • alle, dieß ervunden, wârens harte vrô.
  • ernbôt eß vroun Uoten und ir tohter wolgetân,
  • daß si mit ir megeden hin ze hove solde gân.
  • Dô wart ûß den schrînen gesuochet guot gewant, 275
  • swaß man in der valde der guoten wæte vant,
  • die bouge mit den borten; des was in vil bereit.
  • sich zierte minneclîche vil manec wætlîchiu meit.
  • Vil manec recke tumber des tages hete muot, 276
  • daß er an ze sehene den vrouwen wære guot,
  • daß er dâ vür niht næme eins rîchen küneges lant.
  • si sâhen die vil gerne, die si heten nie bekant.
  • Dô hieß der künic rîche mit sîner swester gân, 277
  • die ir dienen solden, hundert sîner man,
  • ir und sîner muoter: die truogen swert enhant.
  • daß was daß hofgesinde in der Burgunden lant.
  • Uoten die vil rîchen sach man mit ir komen. 278
  • diu hete schœner vrouwen geselleclîch genomen
  • hundert oder mêre: die truogen rîchiu kleit.
  • ouch gie dâ nâch ir tohter vil manec wætlîchiu meit.
  • Von einer kemenâten sach man si alle gân: 279
  • dô wart vil michel dringen von helden dar getân,
  • die des gedinge hêten, ob kunde daß geschehen,
  • daß si die maget edele solden vrœlîche sehen.
  • Nu gie diu minneclîche, alsô der morgen rôt 280
  • tuot ûß trüeben wolken. dô schiet von maneger nôt,
  • der si da truoc in herzen und lange hete getân.
  • er sach die minneclîchen nu vil hêrlîchen stân.
  • Jâ lûhte ir von ir wæte vil manec edel stein: 281
  • ir rôsenrôtiu varwe vil minneclîchen schein.
  • ob ieman wünschen solde, der kunde niht gejehen,
  • daß er ze dirre werlde hete iht schœners gesehen.
  • Sam der liehte mâne vor den sternen stât, 282
  • des schîn sô lûterlîche ab den wolken gât,
  • dem stuont si nu gelîche vor andern vrouwen guot.
  • des wart dâ wol gehœhet den zieren helden der muot.
  • Die rîchen kamerære sach man vor ir gân. 283
  • die hôch gemuoten degene wolden des niht lân,
  • sin drungen, dâ si sâhen die minneclîchen meit.
  • Sîvride dem hêrren wart beide lieb unde leit.
  • Er dâhte in sînem muote: ‚wie kunde daß ergân, 284
  • daß ich dich minnen solde? daß ist ein tumber wân;
  • sol aber ich dich vremden, sô wære ich samfter tôt.‘
  • er wart von gedanken dicke bleich unde rôt.
  • Dô stuont sô minneclîche daß Siglinde kint, 285
  • sam er entworfen wære an ein permint
  • von guotes meisters listen, sô man im verjach,
  • daß man helt neheinen nie sô schœnen gesach.
  • Die mit der vrouwen giengen, die hießen von den wegen 286
  • wîchen allenthalben: daß leiste manec degen.
  • diu hôch tragenden herzen vreuten manegen lîp;
  • man sach in grôßen zühten vil manec hêrlîcheß wîp.
  • Dô sprach von Burgunden der hêrre Gêrnôt: 287
  • ‚der iu sînen dienest sô güetlîchen bôt,
  • Gunther, lieber bruoder, dem sult ir tuon alsam
  • vor allen disen recken: des râts ich nimmer mich gescham.
  • ‚Ir heißet Sîvriden zuo mîner swester kumen, 288
  • daß in diu maget grüeße; des habe wir immer vrumen:
  • diu nie gegruoßte recken, diu sol in grüeßen phlegen;
  • dâ mite wir hân gewunnen den vil zierlîchen degen.‘
  • Dô giengen swirtes mâgen, dâ man den helt vant. 289
  • si sprâchen zuo dem recken ûßer Niderlant:
  • ‚iu hât der künec erloubet, ir sult ze hove gân,
  • sîn swester sol iuch grüeßen: daß ist iu zêren getân.‘
  • Der hêrre in sînem muote was des vil gemeit. 290
  • dô truoc er in dem herzen lieb âne leit,
  • daß er sehen solde der schœnen Uoten kint.
  • mit minneclîchen tugenden si gruoßte Sîvriden sint.
  • Dô si den hôch gemuoten vor ir stênde sach, 291
  • do erzunde sich ir varwe; diu schœne meit sprach:
  • ‚sît willekomen, er Sîvrit, ein edel rîter guot.‘
  • dô wart im von dem gruoße wol gehœhet der muot.
  • Er neig ir minneclîchen, genâde er ir bôt. 292
  • si twanc gên ein ander der seneden minne nôt;
  • mit lieben ougen blicken ein ander sâhen an
  • der hêrre und ouch diu vrouwe: daß wart vil tougen getân.
  • Wart dâ vriuntlîche getriutet (ir vil) wîßiu hant 293
  • von herzen lieber minne, daß ist mir niht bekant.
  • doch wil ich niht gelouben, daß eß wurde lân:
  • zwei minne gerndiu herze heten anders missetân.
  • Bî der sumerzîte und gên des meijen tagen 294
  • dorft er niht mêre in sîme herze tragen
  • sô vil hôher vreude, sô er dâ gewan,
  • dô im diu gie an hende, die er ze trûte gerte hân.
  • Dô dâhte manec recke: ‚hei, wær mir sam geschehen, 295
  • daß ich ir gienge nebene, als ich in hân gesehen,
  • oder bî ze ligene! daß ließe ich âne haß!‘
  • eß gediende noch nie recke nâch einer küneginne baß.
  • Von swelher künege lande die geste kômen dar, 296
  • die nâmen al gelîche niuwan ir zweier war.
  • ir wart erloubet küssen den wætlîchen man:
  • im wart ze dirre werlde nie sô liebe getân.
  • Der künec von Tenemarke sprach dô sâ zestunt: 297
  • ‚des vil hôhen gruoßes lît vil maneger wunt,
  • des ich dâ wol enphinde, von Sîvrides hant:
  • Got lâße in nimmer mêre ze Tenemarke in daß lant!‘
  • Man hieß dô allenthalben wîchen von den wegen 298
  • der schœnen Kriemhilde; manegen küenen degen
  • sach man zühteclîche ze kirche mit ir gân.
  • sît wart von ir gescheiden der vil wætlîche man.
  • Dô gie si zuo dem münster, ir volgete manec wîp. 299
  • dâ was ouch wol gezieret der küneginne lîp,
  • daß dô hôher wünsche maneger wart verlorn.
  • si was ze ougen weide manegem recken erkorn.
  • Vil kûme erbeite Sîvrit, daß man dâ gesanc. 300
  • er mohte sînen sælden immer sagen danc,
  • daß im diu was sô wæge, die er in herzen truoc:
  • ouch was er der schœnen holt von schulden genuoc.
  • Dô si kom ûz dem münster, als er hete ê getân, 301
  • man sach in vriuntlîche zuo Kriemhilde gân.
  • alrêst begunde im danken diu minneclîche meit,
  • daß er vor den recken sô rehte wîclîchen streit.
  • ‚Nu lôn iu Got, er Sîvrit,‘ sprach daß schœne kint, 302
  • ‚daß ir daß habt verdienet, daß iu die recken sint
  • sô holt in guoten triuwen, sô ich si hœre jehen.‘
  • do begunde er minneclîche an vroun Kriemhilde sehen.
  • ‚Ich sol in immer dienen‘, sprach Sîvrit der degen, 303
  • ‚und enwil mîn houbet nimmer ê gelegen,
  • ich enwerbe nâch ir willen, sol ich mîn leben hân.
  • daß muoß iu sîn ze dienste, mîn vrou Kriemhilt, getân.‘
  • Inre tage zwelven, der tage al ieslîch, 304
  • sach man bî dem degene die maget lobelîch,
  • sô si ze hove solde vor ir vriunden gân.
  • der dienst wart dem recken durch grôße liebe getân.
  • Vreude unde wünne und michelen schal 305
  • sach man tegelîche vor Guntheres sal,
  • dar ûße und ouch dar inne von manegem küenen man.
  • Ortwîn und Hagene vil grôßer wunder began.
  • Swes iemen phlegen solde, des wâren si bereit 306
  • mit volleclîcher mâße, die helde vil gemeit.
  • des wurden von den gesten die recken wol bekant;
  • dâ von sô was gezieret alleß Guntheres lant.
  • Die ê dâ wunde lâgen, die sach man vüre gân: 307
  • si wolden kurzewîle mit dem gesinde hân,
  • schirmen mit den schilden und schießen manegen schaft.
  • des hulfen in genuoge; si heten michele kraft.
  • In der hôhzîte der wirt hieß ir phlegen 308
  • mit der besten spîse. er hete sich bewegen
  • aller slahte schande, die ie künec gewan.
  • man sach in vriuntlîche zuo den sînen gesten gân.
  • Er sprach: ‚ir guoten recken, ê daß ir scheidet hin, 309
  • sô nemet ir mîne gâbe: alsô stêt mîn sin,
  • daß ichß immer diene; versmâhe iu niht mîn guot:
  • daß wil ich mit iu teilen: des hân ich willigen muot.‘
  • Die von Tenemarken sprâchen sâ zehant: 310
  • ‚ê daß wir wider rîten heim in unser lant,
  • wir gern stæter suone: des ist uns recken nôt:
  • wir hân von iuwern degenen manegen lieben vriunt tôt.‘
  • Liudegast geheilet sîner wunden was: 311
  • der vogt von den Sahsen nâch strîte wol genas.
  • etelîche tôten si ließen dâ ze lant.
  • dô gie der künic Gunther, dâ er Sîvriden vant.
  • Er sprach zuo dem recken: ‚nu rât, wie ich tuo. 312
  • unser geste wellent rîten morgen vruo
  • und gerent stæter suone an mich und mîne man:
  • nu râtâ, degen küene, waß dich des dünke guot getân.
  • ‚Waß mir die hêrren bieten, daß wil ich dir sagen: 313
  • swaß vünf hundert mære goldes mügen tragen,
  • daß gebent si mir gerne, wil ich si ledic lân.‘
  • dô sprach Sîvrit: ‚daß wær übele getân.
  • ‚Ir sult si ledeclîchen hinnen lâßen varn: 314
  • und daß die recken edele vürbaß bewarn
  • vîentlîcheß rîten her in iuwer lant,
  • des lât iu sicherheit geben beider hêrren hant.‘
  • ‚Des râtes wil ich volgen.‘ dâ mite si giengen dan. 315
  • den sînen widerwinnen wart daß kunt getân,
  • ir goldes gerte niemen, daß si dâ büten ê.
  • dâ heime ir lieben vriunden was nâch den hermüeden wê.
  • Manegen schilt vollen man dar schatzes truoc; 316
  • er teilt es âne wâge den vriunden genuoc,
  • bî vünf hundert marken und eteslîchen baß.
  • Gêrnôt der vil küene der riet Gunthere daß.
  • Urloup si dô nâmen, alsô si wolden dan. 317
  • dô sach man die geste vür Kriemhilde gân
  • und ouch, dâ vrou Uote diu küneginne saß.
  • eß enwart nie degenen mêre geurloubet baß.
  • Herberge wurden lære, dô si dannen riten. 318
  • doch bestuont dâ heime mit hêrlîchen siten
  • der künic mit den sînen und manec edel man:
  • die sach man tegelîche vür vroun Kriemhilde gân.
  • Urloup nemen wolde ouch Sîvrit ein helt guot: 319
  • er wânde niht erwerben, des er hete muot.
  • der künic sagen hôrte, daß er wolde dan:
  • Gîselher der junge in von der reise gewan.
  • ‚War woldet ir nu rîten, edel Sîvrit? 320
  • belîbet bî den recken, tuot, des ich iuch bit,
  • bî Gunther dem künege und bî sînen man.
  • hie sint vil schœne vrouwen, die man iuch sol sehen lân.‘
  • Dô sprach der starke Sîvrit: ‚sô lât diu ros stân. 321
  • ich wolde hinne rîten; des wil ich abe gân;
  • und traget hin die schilde. jâ wolde ich in mîn lant:
  • des hât mich her Gîselher mit grôßen triuwen erwant.‘
  • Sus beleip der küene durch vriunde liebe dâ. 322
  • jâ wær er in den landen niender anderswâ
  • gewesen alse sanfte: dâ von daß geschach,
  • daß er nu tegelîche die schœnen Kriemhilde sach.
  • Durch ir unmâßen schœne der hêrre dâ beleip. A.323
  • mit maneger kurzwîle man nu die zît vertreip;
  • wan daß in twanc ir minne: diu gab im dicke nôt;
  • dar umbe sît der küene lac vil jæmerlîchen tôt.
  • Âventiure
  • wie Gunther gên Isenlande nâch Prünhilt vuor.
  • Iteniuwiu mære sich huoben über Rîn: A.324
  • man seite, daß dâ wære manec magedîn.
  • der dâhte im eine werben des künic Gunthers muot.
  • daß dûhte sîne recken und die hêrren alle guot.
  • Eß was ein küneginne geseßßen über sê, IV.325
  • ir gelîche was deheiniu mê.
  • si was unmâßen schœne, vil michel was ir kraft;
  • si schôß mit snellen degenen umbe minne den schaft.
  • Den stein warf si verre, dar nâch si wîten spranc. 326
  • swer ir minne gerte, der muose âne wank
  • driu spil an gewinnen der vrouwen wol geborn:
  • gebrast im an eime, er het daß houbet verlorn.
  • Des het diu juncvrouwe unmâßen vil getân, A.327
  • do gevriesch eß bî dem Rîne ein rîter wol getân.
  • der wande sîne sinne an daß schœne wîp;
  • des muosen vil helde sît verliesen den lîp.
  • Dô si eines tages sâßen, der künec und sîne man, C.
  • manegen ende si eß mâßen beidiu wider unde dan,
  • welhe ir hêrre möhte zeinem wîbe nemen,
  • diu im ze vrouwen töhte und ouch dem lande möhte zemen.
  • Dô sprach der vogt von Rîne: ‚ich wil an den sê 328
  • hin zuo Prünhilde, swie eß mir ergê.
  • ich wil umbe ir minne wâgen den lîp:
  • den wil ich verliesen, sine werde mîn wîp.‘
  • ‚Daß wil ich widerrâten,‘ sprach dô Sîvrit. A.329
  • ‚jâ hât diu küneginne sô vreislîchen sit,
  • swer ir minne wirbet, daß eß im hôhe stât.
  • des muget ir der reise haben wærlîchen rât.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚nie geborn wart ein wîp C.
  • sô stark und ouch sô küene, ine wolde wol ir lîp
  • in strîte betwingen mit mîn selbes hant.‘
  • ‚swîget,‘ sprach dô Sîvrit, ‚iu ist ir ellen unbekant.
  • ‚Und wæren iuwer viere, dine kunden niht genesen C.
  • von ir vil grimmen zorne: ir lât den willen wesen,
  • daß rât ich iu mit triuwen; welt ir niht ligen tôt,
  • sone lât iuch nâch ir minne niht ze sêre wesen nôt.‘
  • ‚Nu sî swie stark si welle, ine lâße der reise niht C.
  • hin ze Prünhilde, swaß halt mir geschiht.
  • durch ir unmâßen schœne muoß eß gewâget sîn:
  • waß, ob mir Got gevüeget, daß si mir volget an den Rîn?‘
  • ‚Sô wil ich iu daß râten,‘ sprach dô Hagene, A.330
  • ‚ir bitet Sîvride mit iu ze tragene
  • die vil starken sorge: daß ist nu mîn rât,
  • sît im daß ist sô kündec, wieß umbe Prünhilde stât.‘
  • Er sprach: ‚wiltu mir helfen, vil edel Sîvrit, 331
  • die minneclîchen werben? tuo, des ich dich bit.
  • und wirt mir ze trûte daß hêrlîche wîp,
  • ich wil durch dînen willen wâgen êre unde lîp.‘
  • Des antwurte Sîvrit, Sigmundes sun: 332
  • ‚gîstu mir dîn swester, sô wil ich eß tuon,
  • die schœnen Kriemhilde, ein küneginne hêr:
  • sô gere ich niht lônes nâch mînen arbeiten mêr.‘
  • ‚Daß lobe ich,‘ sprach Gunther, ‚Sîvrit, an dîne hant. 333
  • und kumet diu schœne Prünhilt her in ditze lant,
  • sô wil ich dir ze wîbe mîne swester geben:
  • sô mahtu mit ir immer vrœlîchen leben.‘
  • Des swuoren si dô eide, die recken vil hêr. 334
  • des wart ir arbeite verre dester mêr,
  • ê si die wolgetânen brâhten an den Rîn:
  • des muosen die küenen sît in grôßen nœten sîn.
  • Von wilden getwergen hân ich gehœret sagen, C.
  • si sîn in holen bergen und (daß si) ze scherme tragen
  • eineß, heißet tarnkappen, von wunderlîcher art:
  • swerß hât an sîme lîbe, der sol vil gar wol sîn bewart
  • Vor slegen und vor stichen; in müge ouch niemen sehen, C.
  • swenne er sî dar inne; beide hœren unde spehen
  • mag er nâch sînem willen, daß in doch niemen siht;
  • er sî ouch verre sterker, als uns diu âventiure giht.
  • Sîvrit muose vüeren die kappen mit im dan, 335
  • die der helt küene mit sorge gewan
  • ab eime getwerge, daß hieß Albrîch.
  • sich garten zuo der verte die recken küene unde rîch.
  • Alsô der starke Sîvrit die tarnkappen truoc, A.336
  • sô hete er dar inne krefte genuoc,
  • zwelf manne sterke, als uns ist geseit.
  • er gewan mit grôßen listen die vil hêrlîchen meit.
  • Ouch was diu tarnhût alsô getân, A.337
  • daß dar inne worhte ein ieslîcher man,
  • swaß er selbe wolde, daß in niemen sach.
  • dâ mit gewan er Prünhilt; dâ von im leide geschach.
  • ‚Du solt mir sagen, Sîvrit, ê unser vart ergê, A.338
  • wie wir mit vollen êren komen an den sê?
  • suln wir rîter vüeren in Prünhilde lant?
  • drîßec tûsent degene, die werdent schiere besant.‘
  • ‚Swie vil wir volkes vüeren,‘ sprach aber Sîvrit, B.
  • ‚eß phligt diu küneginne sô vreislîcher sit,
  • die müesen doch ersterben von ir übermuot.
  • ich wil iuch baß bewîsen, degen küene unde guot.
  • ‚Wir suln in recken wîse varn ze tal den Rîn. B.
  • die wil ich iu nennen, die daß sulen sîn:
  • zuo uns zwein noch zwêne unde niemen mê;
  • so erwerben wir die vrouwen, swie eß uns dar nâch ergê.
  • ‚Der gesellen bin ich einer, der ander soltu wesen, A.339
  • der drite daß sî Hagene: wir suln wol genesen;
  • der vierte daß sî Dancwart, der vil küene man.
  • uns geturren ander tûsent mit strîte nimmer bestân.‘
  • ‚Diu mære wesse ich gerne,‘ sprach der künic dô, A.340
  • ‚ê wir hinnen vüeren, des wære ich harte vrô,
  • waß wir kleider solden vor Prünhilde tragen,
  • diu uns dâ wol zæmen: Sîvrit, daß soltu mir sagen.‘
  • ‚Wât die aller beste, die man ie bevant, A.341
  • treit man zallen zîten in Prünhilde lant:
  • des suln wir rîche kleider vor der vrouwen tragen,
  • daß wirs iht haben schande, sô man diu mære hœre sagen.‘
  • Dô sprach der degen guoter: ‚sô wil ich selbe gân B.
  • ze mîner lieben muoter, ob ich erwerben kan,
  • daß uns ir schœnen meide helfen brüeven kleit,
  • diu wir tragen mit êren vür die hêrlîchen meit.‘
  • Dô sprach von Troneje Hagene mit hêrlîchen siten: B.
  • ‚zwiu welt ir iuwer muoter sölher dienste biten?
  • lât iuwer swester hœren, wes ir habet muot:
  • si ist sô kunstrîche, daß diu kleider werdent guot.‘
  • Do enbôt er sîner swester, daß er se wolde sehen A.342
  • und ouch der degen Sîvrit. ê daß was geschehen,
  • dô hete sich diu schœne ze lobe wol gekleit.
  • daß die hêrren kômen, daß was ir mæßlîchen leit.
  • Nu was ouch ir gesinde geziert, als im gezam. A.343
  • die vürsten kômen beide: dô si daß vernam,
  • dô stuont si von dem sedele: mit zühten si dô gie,
  • dâ si den gast vil edele und ouch ir bruoder enphie.
  • ‚Sî willekomen, mîn bruoder und der geselle sîn. A.344
  • diu mære ich weste gerne,‘ sprach daß meidîn,
  • ‚waß ir hêrren woldet, sît ir ze hove gât.
  • lât ir mich hœren, wieß iu edelen recken stât.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚vrouwe, ich wilß iu sagen. A.345
  • wir müeßen michel sorge bî hôhme muote tragen;
  • wir wellen hübschen rîten verre in vremdiu lant:
  • wir solden zuo der reise haben zierlîch gewant.‘
  • ‚Nu sitzet, lieber bruoder,‘ sprach daß küneges kint. A.346
  • ‚lât mich rehte hœren, wer die vrouwen sint,
  • der ir gert ze minne in ander künege lant.‘
  • die ûßerwelten beide nam diu vrouwe bî der hant.
  • Si gie mit den degenen, dâ si ê dâ saß A.347
  • ûf matraze rîche, ich wil wißßen daß,
  • geworht mit guoten bilden, mit golde wol erhaben.
  • si mohten bî der vrouwen guote kurzwîle haben.
  • Vriuntlîche blicke und güetlîchen sehen, A.348
  • daß mohte von in beiden harte vil geschehen.
  • er truoc si in dem herzen, si was im sô der lîp.
  • er erwarp mit starkem dienste, daß si sider wart sîn wîp.
  • Dô sprach der künic rîche: ‚vil liebiu swester mîn, B.
  • âne dîne helfe kunde eß niht gesîn.
  • wir wellen kurzwîlen in Prünhilde lant:
  • da bedorften wir ze tragene vor vrouwen hêrlîch gewant.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚vil lieber bruoder mîn, B.
  • swaß der mînen helfe dar an kan gesîn,
  • des bringe ich iuch wol innen, daß ich iu bin bereit.
  • versagt iu ander iemen, daß wære Kriemhilde leit.
  • ‚Ir sult mich, rîter edele, niht sorgende biten, B.
  • ir sult mir gebieten mit hêrlîchen siten:
  • swaß iu von mir gevalle, des bin ich iu bereit
  • und tuon eß willeclîche,‘ sprach diu wünneclîchiu meit.
  • ‚Wir wellen, liebiu swester, tragen guot gewant. B.
  • daß sol helfen brüeven iuwer wîßiu hant;
  • des vlîßen sich iur megede, daß eß uns rehte stât,
  • wande wir der verte hân deheiner slahte rât.‘
  • Dô sprach diu juncvrouwe: ‚nu merket, waß ich sage. A.349
  • wir hân selbe sîden; nu schaffet, daß man trage
  • gestein uns ûf den schilden, sô würken wir diu kleit,
  • daß ir si tragt mit êren vür die hêrlîchen meit.‘
  • ‚Wer sint die gesellen,‘ sprach diu künegîn, A.350
  • ‚die mit iu gekleidet ze hove sulen sîn?‘
  • er sprach: ‚ich selbe vierde. zwêne mîne man,
  • Dancwart und Hagene, ze hove sulen mit mir gân.
  • ‚Nu merket, liebiu swester, rehte, waß wir sagen: A.351
  • daß wir vier gesellen ze vier tagen tragen
  • ie drîer hande kleider und alsô guot gewant,
  • daß wir âne schande rûmen Prünhilde lant!‘
  • Daß lobte si den recken; die hêrren schieden dan. A.352
  • dô hieß ir juncvrouwen drîßec meide gân
  • ûß ir kemenâten Kriemhilt diu künegîn,
  • die zuo solhem werke heten grœßlîchen sin.
  • Die Arâbischen sîden wîß alsô der snê A.353
  • unde von Zazamanc der grüenen sô der klê,
  • dar în si leiten steine: des wurden guotiu kleit;
  • selbe sneit si Kriemhilt, diu vil hêrlîche meit.
  • Von vremder vische hiuten bezoc wolgetân, A.354
  • ze sehene vremd den liuten, swaß man der gewan,
  • die dacten si mit sîden; golt dar în getragen:
  • man mohte michel wunder von der liehten wæte sagen.
  • Von Marroch dem lande und ouch von Libîân A.355
  • die aller besten sîden, die ie mêr gewan
  • deheines küneges künne, der heten si genuoc.
  • wol lie daß schînen Kriemhilt, daß si in holden willen truoc.
  • Sît sis zer hovereise heten sô gegert, 356
  • hermîne vedere dûhten si unwert;
  • phelle dar ûfe lâgen swarz alsam ein kol,
  • daß noch snellen degenen stüende in hôhzîten wol.
  • Ûß Arâbischem golde vil gesteines schein; A.357
  • der vrouwen unmuoße was niht ze klein.
  • inre siben wochen bereiten si diu cleit;
  • dô was ouch gewæfen den guoten recken bereit.
  • Dô si bereit wâren, dô was in ûf dem Rîn A.358
  • gemachet vlîßeclîchen ein starkeß schiflîn,
  • daß si tragen solde nider an den sê.
  • den edelen juncvrouwen was von arbeiten wê.
  • Dô sagte man den recken, in wæren nu bereit, B.
  • diu si dâ vüeren solden, ir zierlîchen kleit.
  • alsô si dâ gerten, daß was nu getân:
  • done wolden si niht langer bî dem Rîne bestân.
  • Nâch den hergesellen wart bote sâ gesant, A.359
  • ob si wolden schouwen niuweß ir gewant,
  • ob eß den helden wære ze kurz oder ze lanc.
  • eß was in rehter mâße: des seiten si den vrouwen danc.
  • Vür alle die si kômen, die muosen in des jehen, B.
  • daß si zer werlde hêten beßßers niht gesehen.
  • des möhten si se gerne dâ ze hove tragen:
  • von beßßerr recken wæte kunde niemen niht gesagen.
  • Vil michel danken wart dâ niht verdeit. A.360
  • dô gerten urloubes die recken vil gemeit;
  • in rîterlîchen zühten die hêrren tâten daß.
  • des wurden liehtiu ougen von weinen trüebe unde naß.
  • Si sprach: ‚vil lieber bruoder, ir möhtet noch bestân A.361
  • und wurbet ander vrouwen: daß hieße ich wol getân;
  • und dâ iu niht enstünde en wâge sô der lîp.
  • ir muget hie nâhen vinden ein als hôch geboren wîp.‘
  • Ich wæne, in sagt daß herze, daß in dâ von geschach. A.362
  • si weinten al gelîche, swaß ieman gesprach.
  • ir golt in vor den brüsten wart vor trähen sal:
  • die vielen in genôte von den ougen ze tal.
  • Si sprach: ‚hêrre Sîvrit, lât iu bevolhen sîn A.363
  • ûf triuwe und ûf genâde den lieben bruoder mîn,
  • daß im iht werre in Prünhilde lant.‘
  • daß lobte ir der küene mit guotem willen an die hant.
  • Dô sprach der degen rîche: ‚ob mir mîn lîp bestât, A.364
  • sô sult ir aller sorge, vrouwe, haben rât:
  • ich bringen iu gesunden her wider an den Rîn.
  • daß habt ûf mîme lîbe.‘ im neic daß schœne magedîn.
  • Ir goltvarwen schilde man truoc in ûf den sant 365
  • und brâht in zuo dem schiffe alleß ir gewant.
  • ir ros hieß man in ziehen: si wolden varn dan.
  • dô wart von schœnen vrouwen vil michel weinen getân.
  • Dô stuonden in diu venster diu minneclîchen kint. 366
  • ir schif mit dem segele ruorte ein hôher wint.
  • die stolzen hergesellen sâßen ûf den Rîn;
  • dô sprach der künic Gunther: ‚wer sol nu schifmeister sîn?‘
  • ‚Daß wil ich,‘ sprach Sîvrit: ‚ich kan iuch ûf der vluot A.367
  • hinnen wol gevüeren, daß wißßet, helde guot;
  • die rehten waßßerstrâße sint mir wol bekant.‘
  • mit vreuden si dô schieden ûß der Burgunden lant.
  • Sîvrit dô balde ein schalten gewan, 368
  • von stade er schieben vaste began.
  • Gunther der küene ein ruoder selbe nam.
  • dô huoben sich von lande die snellen rîter lobesam.
  • Si vuorten rîche spîse, dar zuo guoten wîn, 369
  • den besten, den man kunde vinden umben Rîn.
  • ir ros stuonden ebene, si heten guot gemach.
  • ir schif gienc ouch ebene: lützel leides in geschach.
  • Ir (vil) starken segelseil wurden in gestraht: A.370
  • si vuoren zweinzec mîle, end eß wurde naht,
  • mit eime guoten winde nider gein dem sê;
  • ir starkes arbeiten tet sît schœnen vrouwen wê.
  • An dem zwelften morgen, sô wir hœren sagen, 371
  • heten si die winde verre dan getragen
  • gegen Isensteine in Prünhilde lant;
  • daß was niemen mêre wane Sîvride bekant.
  • Dô der künic Gunther sô vil der bürge sach A.372
  • und ouch der wîten marke, wie balde er dô sprach:
  • ‚saget mir, vriunt, hêr Sîvrit, ist iu daß bekant?
  • wes sint dise bürge und ouch daß hêrlîche lant?
  • ‚Ine hân bî mînen zîten, ine wolde lüge jehen, C.
  • sô wol erbouwen bürge mêre nie gesehen
  • in deheinem einlande, als ir hie vor uns stât:
  • er mac wol wesen rîche, der si hie gebouwen hât.‘
  • Des antwurte Sîvrit: ‚eß ist mir wol bekant: A.373
  • eß ist Prünhilde, bürge unde lant
  • und Isenstein diu veste, als ir mich hœret jehen.
  • dâ muget ir noch hiute vil schœner vrouwen gesehen.
  • ‚Ich wil iu helden râten, ir habet einen muot, A.374
  • ir jehet al gelîche: jâ dunket eß mich guot.
  • swenne wir noch hiute vür Prünhilde gân,
  • sô müeßen wir mit sorgen vor der küneginne stân.
  • ‚Sô wir die minneclîchen bî ir gesinde sehen, A.375
  • sô sult ir helde mære wan einer rede jehen:
  • Gunther sî mîn hêrre unde ich sîn man;
  • des er hât gedingen, daß wirt alleß getân.‘
  • Des wâren si bereite, des er si loben hieß: A.376
  • durch ir übermüete deheiner eß niht ließ.
  • si jâhen, swes er wolde; dâ von in wol geschach,
  • dô der künic Gunther die schönen Prünhilde sach.
  • ‚Jane lobe ichß niht sô verre durch die liebe dîn, B.
  • sô durch dîne swester, daß schœne magedîn.
  • diu ist mir sam mîn sêle und sô mîn selbes lîp;
  • ich wil daß gerne dienen, daß si werde mîn wîp.‘
  • Âventiure
  • wie Gunther Prünhilde gewan.
  • In der selben zîte dô was ir schif gegân A.377
  • der burc alsô nâhen: dô sach der künic stân
  • oben in den venstern manec schœne meit.
  • daß er si niht erkande, daß was im wærlîche leit.
  • Er vrâgte Sîvriden, den gesellen sîn: A.378
  • ‚ist iu iht daß künde umb disiu magedîn,
  • die dort nider schouwent gên uns ûf die vluot?
  • swie ir hêrre geheiße, si sint vil hôhe gemuot.‘
  • Dô sprach der küene Sîvrit: ‚nu sult ir tougen spehen A.379
  • under den juncvrouwen und sult mir danne jehen,
  • welhe ir nemen woldet, hetet irs gewalt.‘
  • ‚daß tuon ich,‘ sprach Gunther, ein rîter küene unde balt.
  • ‚Sô sihe ich ir eine in jenem venster stân A.380
  • in snêwîßer wæte: diu ist sô wol getân:
  • die welent mîniu ougen durch ir schœnen lîp:
  • ob ich gewalt des hête, si müese werden mîn wîp.‘
  • ‚Dir hât erwelt vil rehte dîner ougen schîn: A.381
  • eß ist diu edel Prünhilt, daß schœne magedîn,
  • nâch der dîn herze ringet, dîn sin und ouch dîn muot.‘
  • elliu ir gebærde dûhte Gunthere guot.
  • Dô hieß diu küneginne ûz den venstern gân A.382
  • ir minneclîchen meide; sine solden dâ niht stân
  • den vremden an ze sehene: des wâren si bereit.
  • waß dô die vrouwen tâten, daß ist uns sider ouch geseit.
  • Gên den unkunden strichen si ir lîp, A.383
  • des ie site hêten wætlîchiu wîp.
  • an diu engen venster kômen si gegân,
  • dâ si die helde sâhen: daß was durch schouwen getân.
  • Ir wâren niuwan viere, die kômen in daß lant. B.
  • Sîvrit der küene ein ros zôch ûf den sant.
  • daß sâhen durch diu venster diu wætlîchen wîp:
  • des dûhte sich getiuret des künic Guntheres lîp.
  • Er habte im dâ bî zoume daß zierlîche marc, B.
  • guot unde schœne, michel unde starc,
  • unz der künic Gunther in den satel gesaß.
  • alsô diente im Sîvrit, des er doch sider gar vergaß.
  • Dô zôch er ouch daß sîne von dem schiffe dan: B.
  • er het solhen dienest vil selten ê getân,
  • daß er bî stegereife gestüende helde mêr.
  • daß sâhen durch diu venster die vrouwen schœn unde hêr.
  • Rehte in einer mâße den helden vil gemeit A.384
  • von snêblanker varwe ir ros und ouch ir kleit
  • wâren vil gelîche, ir schilde wol getân:
  • die lûhten von den handen den vil wætlîchen man.
  • Ir setele wol gesteinet, ir vürbüege smal: A.385
  • si riten hêrlîche vür Prünhilde sal;
  • dar an sô hiengen schellen von liehtem golde rôt.
  • si kômen zuo dem lande, als eß ir ellen in gebôt,
  • Mit spern niuwe sliffen, mit swerten wol getân, B.
  • diu ûf die sporen giengen den wætlîchen man.
  • diu vuorten die vil küenen scharph unde breit.
  • daß sach alleß Prünhilt, diu vil hêrlîche meit.
  • Mit in kom dô Dancwart und ouch Hagene: A.386
  • wir hœren sagen mære, wie die degene
  • von rabenswarzer varwe truogen rîchiu kleit.
  • ir schilde wâren niuwe, michel, guot unde breit.
  • Von Indîâ dem lande sach man si steine tragen, 387
  • die kôs man an ir wæte vil hêrlîchen wagen.
  • si ließen âne huote daß schiffel bî der vluot:
  • sus riten zuo der bürge die helde küene unde guot.
  • Sehs und ahzec türne si sâhen drinne stân, 388
  • drî palas wîte und einen sal wol getân
  • von edelem marmelsteine grüene alsam ein gras,
  • dar inne diu küneginne mit ir ingesinde was.
  • Diu burc was entsloßßen, vil wîte ûf getân. 389
  • dô liefen in enkegene die Prünhilde man
  • und enphiengen die geste in ir vrouwen lant.
  • ir ros man hieß behalden und ir schilde vor der hant.
  • Dô sprach ein kamerære: ‚gebet uns diu swert A.390
  • und die liehten brünne.‘ ‚des sît ir ungewert,‘
  • sprach von Troneje Hagene, ‚wir wellens selbe tragen.‘
  • dô begunde Sîvrit im den hovesite sagen.
  • ‚In dirre burc phliget man, daß wil ich iu sagen, A.391
  • daß neheine geste sulen wâfen tragen:
  • lât si tragen hinnen, daß ist wol getân.‘
  • des volgte ungerne Hagne Guntheres man.
  • Man hieß den gesten schenken und schaffen guot gemach. A.392
  • manegen snellen recken man ze hove sach
  • in vürstlîcher wæte allenthalben gân;
  • doch wart michel schouwen an die küenen getân.
  • Dô wart vroun Prünhilde gesaget mit mæren, B.
  • daß unkunde recken dâ komen wæren
  • in hêrlîcher wæte gevloßßen ûf der vluot.
  • dâ von begonde vrâgen diu maget schœne unde guot:
  • ‚Ir sult mich lâßen hœren,‘ sprach diu künegîn, A.393
  • ‚wer die unkunden recken mügen sîn,
  • die ich sô hêrlîche dort sihe stân,
  • und durch wes liebe die helde her gevarn hân.‘
  • Dô sprach ein ir gesinde: ‚vrouwe, ich mac wol jehen, A.394
  • daß ich ir deheinen mêre habe gesehen,
  • wan Sîvride gelîche einer drunder stât:
  • den sult ir wol enphâhen: daß ist mit triuwen mîn rât.‘
  • Der ander der gesellen der ist sô lobelîch: B.
  • ‚ob er gewalt des hæte, wol wær er künic rîch
  • ob wîten vürsten landen und mohte er diu hân.
  • man siht in bî den andern sô rehte hêrlîche stân.
  • ‚Der drite der gesellen der ist sô gremlîch B.
  • und doch mit schœnem lîbe, küneginne rîch,
  • von swinden sînen blicken, der er sô vil getuot.
  • er ist in sînen sinnen ich wæne grimme gemuot.
  • ‚Der jungeste dar under der ist sô lobelîch: B.
  • magtlîcher zühte sihe ich den degen rîch
  • mit guotem gelæße sô minneclîche stân.
  • wir möhtenß alle vürhten, hete im hie iemen iht getân.
  • ‚Swie blîde er phlege der zühte und swie schœne sî sîn lîp, B.
  • er möhte wol erweinen vil wætlîchiu wîp,
  • swenne er begonde zürnen. sîn lîp ist sô gestalt,
  • er ist in allen tugenden ein degen küene unde balt.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚Nu brinc mir mîn gewant: A.395
  • und ist der starke Sîvrit komen in mîn lant
  • durch willen mîner minne, eß gât im an den lîp.
  • ich vürhte in niht sô sêre, daß ich werde sîn wîp.‘
  • Prünhilt diu schœne wart schiere wol gekleit. A.396
  • dô gie mit ir dannen manegiu schœniu meit,
  • wol hundert oder mêre; gezieret was ir lîp.
  • die geste wolden schouwen diu vil wætlîchen wîp.
  • Dâ mite giengen degene ûß Isenlant, A.397
  • Prünhilde recken: die truogen swert enhant,
  • vünf hundert oder mêre. daß was den gesten leit:
  • dô stuonden von dem sedele die küenen helde gemeit.
  • Dô diu küneginne Sîvriden sach, 398
  • zuo deme gaste si zühteclîchen sprach:
  • ‚sît willekomen, hêr Sîvrit, her in ditze lant!
  • waß meinet iuwer reise? daß hete ich gerne bekant.‘
  • ‚Vil michel genâde, vrou Prünhilt, A.399
  • daß ir mich ruochet grüeßen, vürsten tohter milt,
  • vor disem edelen recken, der hie vor mir stât:
  • wan der ist mîn hêrre; der êren hete ich gerne rât.
  • ‚Er ist künec ze Rîne: waß sol ich sagen mêr? A.400
  • durch dîne liebe sîn wir gevarn her.
  • er wil dich gerne minnen, swaß im dâ von geschiht.
  • bedenke dichs bezîte: er enlât dich sîn niht.
  • ‚Er ist geheißen Gunther, ein künec rîch unde hêr. 401
  • erwurb er dîne minne, sone gerte er niht mêr.
  • durch dich mit im ich her gevarn hân;
  • wærer niht mîn hêrre, ich heteß nimmer getân.‘
  • Si sprach: ‚ist er dîn hêrre unde du sîn man, 402
  • wil er mîn geteiltiu spil alsô bestân,
  • behabe er die meisterschaft, sô wird ich sîn wîp:
  • gewinne aber ich ir eineß, eß gêt iu allen an den lîp.‘
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚vrouwe, lât uns sehen A.403
  • iuwer spil geteiltiu. end iu müeste jehen
  • Gunther mîn hêrre, dâ mües eß herte sîn.
  • er trouwet wol erwerben ein alse schœne magedîn.‘
  • ‚Den stein sol er werfen und springen dar nâch, 404
  • den gêr mit mir schießen. lât iu niht sîn ze gâch.
  • ir muget hie wol verliesen die êre und ouch den lîp:
  • des sult ir iuch bedenken,‘ sprach daß minneclîche wîp.
  • Sîvrit der snelle zuo dem künege trat, 405
  • allen sînen willen er in reden bat
  • gên der küneginne: er solde ân angest sîn:
  • ‚ich sol dich wol behüeten vor ir mit den listen mîn.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚küneginne hêr, 406
  • nu teilt, swaß ir gebietet. und wæres dannoch mêr,
  • ich bestüende eß alleß durch iuwern schœnen lîp.
  • mîn houbet ich verliuse, ir enwerdet mîn wîp.‘
  • Dô diu küneginne sîne rede vernam, 407
  • der spile bat si gâhen, als ir daß gezam.
  • si hieß ir ze strîte bringen ir gewant,
  • ein brünne von golde und einen guoten schildes rant.
  • Ein wâfenhemde sîdîn leite an diu meit, A.408
  • daß in deheime strîte wâfen nie versneit,
  • von phelle ûßer Libîâ; eß was wol getân:
  • von borten lieht gewürhte sach man schînen dar an.
  • Die zît wart den recken in gelfe vil gedreut. A.409
  • Dancwart und Hagene wâren ungevreut.
  • wie eß dem künege ergienge, des sorget in der muot.
  • si dâhten: ‚unser reise ist uns gesten niht ze guot.‘
  • Die wîle was ouch Sîvrit, der listige man, 410
  • end eß iemen wesse, zuo dem schiffe gegân,
  • dâ er die tarnkappe verborgen ligen vant.
  • dar în slouf er schiere: dô was er niemen bekant.
  • Er îlte hin widere: dô vant er recken vil, 411
  • dâ diu küneginne teilte ir hôhiu spil.
  • dâ gie er tougenlîchen, daß in dâ niemen sach
  • aller, die dâ wâren, vone listen daß geschach.
  • Der rinc was bezeiget, dô soldeß spil geschehen A.412
  • vor manegem küenen recken, die daß solden sehen.
  • wol siben hundert sach man wâfen tragen:
  • swer daß spil gewünne, daß si die wârheit solden sagen.
  • Dô was ouch komen Prünhilt: gewâfent man die vant, A.413
  • sam ob si wolde strîten umbe elliu küneges lant.
  • jâ truoc si ob den sîden manegen goldes zein,
  • dar under minneclîchen ir vil liehtiu varwe schein.
  • Dô kom ir gesinde und truogen dar zehant A.414
  • von alrôtem golde einen schildes rant
  • mit stahelherten spangen, michel unde breit,
  • dar under spilen wolde diu vil minneclîche meit.
  • Der meide schiltveßßel ein edel borte was, A.415
  • dar ûfe lâgen steine grüene alsam ein gras:
  • der lûhte maneger leije mit schîne widerß golt.
  • er müeste wesen küene, dem diu vrouwe wurde holt.
  • Der schilt was under buckeln, als uns daß ist geseit, A.416
  • drîer spannen dicke, den tragen solt diu meit:
  • von stâle und ouch von golde rîch er was genuoc,
  • den ir kamerære selp vierde kûme getruoc.
  • Alsô der starke Hagene den schilt dar tragen sach, A.417
  • in grôßem unmuote der helt von Troneje sprach:
  • ‚wâ nu, künic Gunther, wie vliese wir den lîp?
  • der ir dâ gert ze minnen, diu ist des tiuveles wîp.‘
  • Vernemt noch von ihr wæte: der hæte si genuoc. B.
  • von Azagouc der sîden einen wâfenroc si truoc,
  • edel unde rîche, ab des varwe schein
  • von der küneginne vil manec hêrlîcher stein.
  • Dô truoc man der vrouwen swære unde grôß 418
  • einen vil scharfen gêr, dens zallen zîten schôß,
  • stark und ungevüege, michel unde breit,
  • der ze sînen ecken vile vreislîchen sneit.
  • Von des gêres swære hœret wunder sagen. A.419
  • vierdehalp messe was dar zuo geslagen.
  • den truogen kûme drîe Prünhilde man.
  • Gunther der edele dar umbe sorge gewan.
  • Er dâhte in sînem muote: ‚waß sol ditze wesen? B.
  • der tiuvel ûß der helle (wie) kunde er dâ vor genesen?
  • wære ich ze Burgunden mit dem lebene mîn,
  • si müeste hie vil lange vrî vor mîner minne sîn.‘
  • Im was in sînen sorgen, daß wißßet, leit genuoc. C.
  • alleß sîn gewæfen man im einen truoc.
  • dâ wart der künic rîche wol gewâfent in.
  • vor leide hete Hagene vil nâch verwandelt den sin.
  • Dô sprach Hagnen bruoder, der küene Dankwart: A.420
  • ‚mich riuwet inneclîchen disiu hovevart.
  • nu hießen wir ie recken! wie vliese wir den lîp!
  • suln uns in disem lande nu verderben diu wîp?
  • ‚Mich müet harte sêre, daß ich kom in daß lant. A.421
  • hete mîn bruoder Hagene sîn wâfen an der hant
  • und ouch ich daß mîne, sô möhten samfte gân
  • mit ir übermüete alle Prünhilde man.
  • Daß wißßet sicherlîchen, si soldenß wol bewarn. B.
  • und hete ich tûsent eide zeinem vride geswarn,
  • ê daß ich sterben sæhe den lieben hêrren mîn,
  • jâ müesen lîp verliesen daß vil schœne magedîn.‘
  • ‚Wir solden ungevangen wol rûmen ditze lant,‘ A.422
  • sprach sîn bruoder Hagene, ‚hete wir daß gewant,
  • des wir ze nôt bedurfen, und diu swert vil guot,
  • sô wurde wol gesenftet der schœnen vrouwen übermuot.‘
  • Wol hôrt diu maget edele, waß der degen sprach. A.423
  • mit smielendem munde si über ahsel sach:
  • ‚nu er dunket sich sô küene, sô traget in ir gewant,
  • ir vil scharfen wâfen gebet den helden an die hant.
  • ‚Mir ist alse mære, daß si gewâfent sîn, C.
  • als ob si blôße stüenden,‘ sô sprach diu künegîn.
  • ‚ich envürhte niemens sterke, den ich noch habe bekant:
  • ich getrouwe wol gedingen in strîte vor sîn eines hant.‘
  • Dô si diu swert gewunnen, sô diu meit gebôt, A.424
  • der vil küene Dancwart wart von vreuden rôt:
  • ‚nu spilen, swes si wellen,‘ sprach der küene man.
  • ‚Gunther ist unbetwungen, sît wir unser wâfen hân.‘
  • Prünhilde sterke grœßlîchen schein. 425
  • man truog ir zuo dem ringe einen swæren stein,
  • grôß und ungevüege, michel unde wel:
  • in truogen kûme zweleve der küenen helde unde snel.
  • Den warf si zallen zîten, sô si den gêr verschôß. A.426
  • der Burgunden sorge was vil harte grôß.
  • ‚wâfen!‘ sprach Hagene, ‚waß hât der künec ze trût!
  • jâ sol si in der helle sîn des übelen tiuvels brût.‘
  • An ir vil wîße arme si die ermel want, 427
  • si begunde vaßßen den schilt an der hant,
  • den gêr si hôhe zucte: dô gie eß an den strît.
  • die ellenden geste vorhten Prünhilde nît.
  • Unde wære im Sîvrit niht dâ ze helfe komen, 428
  • sô hete si Gunther sînen lîp benomen.
  • er gie dar tougenlîche und ruort im sîne hant.
  • Gunther sîne liste harte sorclîch ervant.
  • ‚Waß hât mich gerüeret?‘ dâht der küene man. B.
  • dô sach er allenthalben: er vant dâ niemen stân.
  • er sprach: ‚ich pinß, Sîvrit, der liebe vriunt dîn.
  • vor der küneginne soltu gar âne angest sîn.‘
  • (Er sprach): ‚gip mir von handen den schilt lâ mich tragen, 429
  • unde merke rehte, waß du mich hœrest sagen.
  • nu habe du die gebærde, diu werk wil ich begân.‘
  • dô er in bekande, eß was im liebe getân.
  • ‚Nu hil du mîne liste, daß ist uns beiden guot: B.
  • sone mac diu küneginne ir starke übermuot
  • an dir iht verenden, des si doch willen hât:
  • nu sihtu, wie diu vrouwe vor dir unsorclîchen stât.‘
  • Dô schôß vil krefteclîchen diu hêrlîche meit 430
  • ûf einen schilt niuwen, michel unde breit;
  • den truoc an sîner hende daß Siglinde kint.
  • daß viur spranc von stahele, sam eß wâte der wint.
  • Des starken gêres snîde al durch den schilt gebrach, 431
  • daß man daß viuwer lougen ûß den ringen sach.
  • des schußßes beide strûchten die kreftige man:
  • wan diu tarnkappe, si wæren tôt dâ bestân.
  • Sîvride dem küenen von munde brast daß bluot. 432
  • vil balde spranc er widere: dô nam der helt guot
  • den gêr, den si geschoßßen im hete durch den rant:
  • den schôß ir dô hin widere des starken Sîvrides hant.
  • Er dâhte: ‚ich wil niht schießen daß schœne magedîn.‘ B.
  • er kêrte des gêres snîde hindern rücke sîn;
  • mit der gêrstangen er shôß ûf ir gewant,
  • daß eß erklanc vil lûte von sîner ellenthaften hant.
  • Daß fiuwer stoub ûß ringen, als ob eß tribe der wint. 433
  • den gêr schôß mit ellen daß Sigmundes kint:
  • sine mohte mit ir kreften des schußßes niht gestân;
  • eß enhete der künic Gunther in triuwen nimmer getân.
  • Prünhilt diu schœne balde ûf spranc: 434
  • ‚edel rîter Gunther, des schußßes habe danc.‘
  • si wânde, daß erß hête mit sîner kraft getân;
  • nein, si hete gevellet ein verre kreftiger man.
  • Dô gie si hin balde, zornec was ir muot: 435
  • den stein huop vil hôhe diu edel maget guot.
  • si swanc in krefteclîche verre von der hant:
  • dô spranc si nâch dem wurfe, daß lûte erklang ir gewant.
  • Der stein was gevallen zwelf klâfter dan: 436
  • den wurf brach mit sprunge diu maget wol getân.
  • dar gie der snelle Sîvrit, dâ der stein gelac:
  • Gunther in wegete, der helende werfennes phlac.
  • Sîvrit was küene, kreftec unde lanc: 437
  • den stein warf er verrer, dar zuo er wîter spranc.
  • von sînen schœnen listen het er kraft genuoc,
  • daß er mit dem sprunge den künic Gunthere truoc.
  • Der sprunc was ergangen, der stein was gelegen: B.
  • dô sach man ander niemen wan Gunther den degen.
  • Prünhilt diu schœne wart in zorne rôt;
  • Sîvrit hete geverret des künic Guntheres tôt.
  • Zuo ir ingesinde ein teil si lûte sprach, 438
  • dô si ze ende des ringes den helt gesunden sach:
  • ‚balde komet her nâher, mâge und mîne man:
  • ir sult dem künic Gunther alle werden undertân.‘
  • Dô leiten die vil küenen diu wâfen von der hant, 439
  • si buten sich ze vüeßen von Burgunden lant
  • Gunther dem rîchen, vil manec küener man:
  • si wânden, er hête mit sîner kraft diu spil getân.
  • Er gruoßtes minneclîche: jâ was er tugende rîch. 440
  • dô nam in bî der hende diu maget lobelîch:
  • si erloubte im, daß er solde haben dâ gewalt.
  • des vreute sich dô Hagene, der degen küene unde balt.
  • Si bat den rîter edele mit ir dannen gân A.441
  • in den palas wîten: dâ was vil manec man.
  • durch vorhte manß dem degene deste baß erbôt.
  • von Sîvrides ellen si wâren komen ûßer nôt.
  • Sîvrit der snelle, wîse er was genuoc, 442
  • sîne tarnkappen er ze behalten truoc.
  • dô gie er hin widere, dâ manec vrouwe saß;
  • er sprach zuo dem künege und tet vil kündeclîche daß:
  • ‚Wes pîtet ir, mîn hêrre, wan beginnet ir der spil, B.
  • der iu diu küneginne teilet alsô vil?
  • und lât uns balde schouwen, wie diu sîn getân.‘
  • sam ers niht enweste, gebârt der listige man.
  • Dô sprach diu küneginne: ‚wie ist daß geschehen, B.
  • daß ir habt, hêr Sîvrit, der spil niht gesehen,
  • diu hie hât errungen diu Guntheres hant?‘
  • des antwurte ir Hagene ûßer Burgunden lant:
  • Er sprach: ‚dâ het ir, vrouwe, betrüebet uns den muot: B.
  • dô was bî dem scheffe Sîvrit der helt guot,
  • dô der vogt von Rîne diu spil iu an gewan:
  • des ist eß im unkündec,‘ sprach der Guntheres man.
  • ‚Sô wol mich dirre mære,‘ sprach Sîvrit der degen, 443
  • ‚daß iuwer hôchverten alsô ist gelegen,
  • ‚daß iemen lebet, der iuwer meister müge sîn.
  • nu sult ir, maget edele, uns hinnen volgen an den Rîn.‘
  • Dô sprach diu wol getâne: ‚des mac niht ergân. A.444
  • eß müeßen ê bevinden mâge und mîne man.
  • jane mag ich alsô lîhte gerûmen niht mîn lant:
  • die mîne hôhsten vriunde müeßen werden ê besant.‘
  • Dô hieß si boten rîten allenthalben dan: A.445
  • si besande ir vriunde, mâg unde man.
  • die bat si ze Isensteine komen unerwant,
  • und hieß in geben allen rîch und hêrlîch gewant.
  • Si riten tegelîche spâte unde vruo A.446
  • Prünhilde bürge scharhafte zuo.
  • ‚jarîâ,‘ sprach Hagene, ‚waß habe wir getân!
  • wir erbeiten hie übele der schœnen Prünhilde man.
  • ‚Sô si nu mit ir krefte koment in daß lant, A.447
  • der küneginne wille ist uns unbekant:
  • waß, ob si alsô zürnet, daß wir sîn verlorn?
  • sô ist diu maget edel uns ze grôßen sorgen geborn.‘
  • Dô sprach der starke Sîvrit: ‚daß sol ich understên. A.448
  • des ir dâ habet sorge, des lâße ich niht ergên.
  • ich sol iu helfe bringen her in ditze lant
  • von ûß erwelten recken, die sint iu noch unbekant.
  • ‚Ir sult nâch mir niht vrâgen: ich wil hinnen varn. A.449
  • Got müeße iuwer êre die zît wol bewarn.
  • ich kume schiere widere und bringiu tûsent man
  • der aller besten degene, der iemen künde gewan.‘
  • ‚Sone sît et niht ze lange,‘ sprach der künic dô. A.450
  • ‚wir sîn iuwer helfe billîchen vrô‘.
  • er sprach: ‚ich kume widere in vil kurzen tagen.
  • daß ir mich habet gesendet, sult ir der küneginne sagen.‘
  • Âventiure
  • wie Sîvrit nâch den Nibelungen vuor.
  • ‚Dannen gie dô Sîvrit zer porten ûf den sant A.451
  • in sîner tarnkappen, dâ er ein schiffel vant.
  • dar an sô stuont vil tougen daß Sigmundes kint:
  • er vuorte eß balde dannen, als ob eß wæte der wint.
  • Den schifmeister niemen sach; daß schiffel sêre vlôß A.452
  • von Sîvrides kreften: die wâren alsô grôß.
  • si wânden, daß eß vuorte ein sunder starker wint:
  • nein, eß vuorte Sîvrit, der schœnen Siglinde kint.
  • Bî des tages zîte und bî der einen naht A.453
  • kom er zeime lande mit michelre maht,
  • hundert langer raste und dannoch lîhte baß;
  • daß hieß Niblunge, dâ er den grôßen hort besaß.
  • Der helt vuor aleine ûf einen wert breit: A.454
  • daß schif gebant vil balde der rîter vil gemeit.
  • er gie zuo eime berge, dar ûfe ein burc stuont,
  • und suohte herberge, sô die wegemüede tuont.
  • Dô kom er vür die porten: versloßßen im diu stuont: A.455
  • jâ huoten si ir êre, sô noch die liute tuont.
  • anß tor begunde bôßen der unkunde man:
  • daß was wol behüetet; dô vant er innerthalben stân
  • Einen ungevüegen, der der burc phlac, A.456
  • bî dem zallen zîten sîn gewæfen lac.
  • der sprach: ‚wer ist der bôßet sô vaste an daß tor?‘
  • dô wandelte sîne stimme der küene Sîvrit dâ vor
  • Und sprach: ‚ich bin ein recke: nu sliuß ûf daß tor. A.457
  • ich erzürne eteslîchen noch hiute dâ vor,
  • der gerne samphte læge und hete sîn gemach.‘
  • daß muote den portenære, dô daß Sîvrit gesprach.
  • Nu hete der rise küene sîn wæfen an getân, A.458
  • sîn helmen ûf sîn houbet: der vil starke man
  • den schilt vil balde zucte, daß tor er ûf swief:
  • wie rehte gremlîchen er dô an Sîvriden lief!
  • Wie er getorste wecken sô manegen küenen man? A.459
  • dô wurden slege swinde von sîner hant getân.
  • dô begunde im schirmen der hêrlîche gast;
  • doch schuof der portenære, daß sîn gespenge zebrast
  • Von einer îsenstangen: des gie dem helde nôt. A.460
  • ein teil begunde vürhten der helt den grimmen tôt,
  • dô der portenære sô krefteclîchen sluoc.
  • dar umbe was im wæge sîn hêrre Sîvrit genuoc.
  • Si striten alsô sêre, daß al diu burc erschal: A.461
  • dô hôrte man daß dießen in Niblunge sal.
  • er twanc den portenære, daß er in sît gebant;
  • diu mære wurden künde in al der Niblunge lant.
  • Dô hôrte daß strîten verre durch den berc A.462
  • Albrîch der küene, ein wildeß getwerc.
  • Er wâfent sich balde und lief, dâ er dâ vant
  • disen gast vil edele, dâ er den risen vaste gebant.
  • Albrîch was küene, dar zuo stark genuoc. A.463
  • helm unde ringe er an dem lîbe truoc
  • und eine geisel swære von golde an sîner hant.
  • dô lief er harte swinde, dâ er Sîvriden vant.
  • Siben knöphe swære hiengen vor dar an, A.464
  • dâ mit er umb die hende den schilt dem küenen man
  • sluoc sô bitterlîchen, daß im des vil zebrast.
  • des lîbes kom in sorge dô der wætlîche gast.
  • Den scherm er von der hende gar zebrochen swanc: A.465
  • dô stieß er in die scheide ein wâfen, daß was lanc.
  • sînen kamerære wold er niht slahen tôt:
  • er schônde sîner liute, als im tugent daß gebôt.
  • Mit starken sînen handen lief er Albrîchen an A.466
  • und vie bî dem barte den altgrîsen man:
  • er zogte in ungevuoge, daß er vil lûte erschrê.
  • zuht des jungen heldes diu tet Albrîche wê.
  • Lûte rief der küene: ‚nu lâßet mich genesen. A.467
  • und möhte ich iemens eigen ân einen recken wesen
  • (dem swuor ich des eide, ich wær im undertân),
  • ich diente iu, ê ich sturbe,‘ sprach der listige man.
  • Er bant ouch Albrîchen sam den risen ê: A.468
  • die Sîvrides krefte tâten im vil wê.
  • daß twerc begunde vrâgen: ‚wie sît ir genant?‘
  • er sprach: ‚ich heiße Sîvrit: ich wânde, ich wære iu wol bekant.‘
  • ‚Sô wol mich dirre mære,‘ sprach Albrîch daß getwerc. A.469
  • ‚nu hân ich wol ervunden diu hêrlîchen werc,
  • daß ir von wâren schulden muget landes hêrre wesen,
  • ich tuon, swaß ir gebietet, daß ir lât mich genesen.‘
  • Dô sprach der hêrre Sîvrit: ‚ir sult vil balde gân A.470
  • und bringet mir der besten recken, die wir hân,
  • tûsent Niblunge, daß mich die hie gesehen:
  • sô wil ich iu leides lâßen hie niht geschehen.‘
  • Dem risen und Albrîche lôste er dô diu bant. A.471
  • dô lief Albrîch balde, dâ er die recken vant:
  • sorgende wacter der Niblunge man.
  • er sprach: ‚wol ûf, ir helde, ir sult ze Sîvride gân.
  • Si sprungen von den betten und wâren vil bereit. A.472
  • tûsent rîter snelle die wurden wol gekleit.
  • si giengen, dâ si vunden Sîvriden stân.
  • dô wart ein schœne grüeßen, ein teil mit werken getân.
  • Vil kerzen was enzündet, man schancte im lûtertranc. A.473
  • daß si kômen schiere, er seit ins allen danc.
  • er sprach: ‚ir sult hinnen mit samt mir über vluot.‘
  • des vant er vil bereite die helde küene unde guot.
  • Wol drîßec tûsent recken wâren schiere komen: A.474
  • ûß den wurden tûsent der besten dô genomen.
  • den brâhte man ir helme und ander ir gewant,
  • wan er si vüeren wolde in daß Prünhilde lant.
  • Er sprach: ‚ir guoten rîter, daß wil ich iu sagen, A.475
  • ir sult vil rîchiu kleider dâ ze hove tragen,
  • wan uns dâ sehen müeßen vil minneclîchiu wîp.
  • dar umbe solt ir zieren mit guoter wæte den lîp.‘
  • Nu sprichet lîhte ein tumber: ‚eß mac wol lüge wesen: C.
  • wie möhte sô vil rîter bî ein ander sîn genesen?
  • wâ nâmen si die spîse, wâ nâmen si gewant?
  • sine kundenß niht verenden, und ob in dienten drîßec lant.‘
  • Sîvrit was sô rîche, als ir wol habt gehôrt. C.
  • im diente daß künecrîche und Nibelunge hort:
  • des gaber sînen degenen vil volleclîch genuoc,
  • wan sîn wart doch niht minre, swie vil man von dem schatze truoc.
  • An einem morgen vrüeje huoben si sich dan: A.476
  • waß sneller geverten Sîvrit dô gewan!
  • si vuorten ros diu guoten und hêrlîch gewant:
  • si kômen weigerlîchen in daß Prünhilde lant.
  • Dô stuonden in den zinnen diu minneclîchen kint. A.477
  • dô sprach diu küneginne: ‚weiß iemen, wer die sint,
  • die ich dort sihe vließen sô verre ûf dem sê?
  • si vüerent segel rîche, diu sint noch wîßer danne snê.‘
  • Dô sprach der vogt von Rîne: ‚eß sint mîne man; A.478
  • die hete ich an der verte hie nâhen bî verlân.
  • die hân ich besendet: die sint nu, vrouwe, komen.‘
  • der hêrlîchen geste wart mit zühten war genomen.
  • Dô sach man Sîvriden vor ime schiffe stân A.479
  • in hêrlîcher wæte und ander manegen man.
  • dô sprach diu küneginne: ‚her künec, ir sult mir sagen,
  • sol ich die geste grüeßen oder sol ich grüeßen si verdagen?‘
  • Er sprach: ‚ir sult enkegen in vür daß palas gên, A.480
  • ob ir si sehet gerne, daß si daß wol verstên.‘
  • dô tete diu küneginne, als ir der künic riet;
  • Sîvriden mit dem gruoße si von den anderen schiet.
  • Man schuof in herberge und behielt in ir gewant. A.481
  • dô was sô vil geste komen in daß lant,
  • daß si sich allenthalben drungen mit ir scharn.
  • dâ wolden die vil küenen heim zen Burgunden varn.
  • Dô sprach diu küneginne: ‚ich wolde im wesen holt, A.482
  • der geteilen kunde mîn silber und mîn golt
  • mîn und des küneges gesten, des ich sô vil hân.‘
  • dô antwurte Dankwart, des küenen Gîselhêres man:
  • ‚Vil edel küneginne, lât mich der slüßßel phlegen. A.483
  • ich trûweß sô geteilen,‘ sprach der küene degen,
  • ‚swaß ich erwerbe schande, die lât mîn eines sîn.‘
  • daß er milte wære, daß tete er grœßlîchen schîn.
  • Dô sich Hagenen bruoder der slüßßele underwant, A.484
  • sô manege rîche gâbe bôt des heldes hant:
  • der einer mark gerte, dem wart sô vil gegeben,
  • daß die armen alle muosen vrœlîchen leben.
  • Wol bî hundert phunden gab er âne zal. A.485
  • genuoge in rîcher wæte giengen vor den sal,
  • die nie dâ vor getruogen sô hêrlîchiu cleit.
  • daß gevriesch diu künegîn: eß was ir swære unde leit.
  • Dô sprach diu küneginne: ‚hêr künic, ich het des rât, A.486
  • daß iuwer kamerære mir wil mîner wât
  • lâßen niht belîben: er swendet gar mîn golt.
  • derß noch understüende, dem wolde ich immer wesen holt.‘
  • ‚Er gît sô rîche gâbe, jâ wænet des der degen, B.
  • ich habe gesant nâch tôde: ich wils noch lenger phlegen.
  • ouch trûwe ichß wol verswenden, daß mir mîn vater lie.‘
  • sô milten kamerære gewan noch küneginne nie.
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚vrouwe, iu sî geseit, A.487
  • eß hât der künic von Rîne golt unde kleit
  • alsô vil ze gebene, daß wir des haben rât,
  • daß wir von hinnen vüeren iht der Prünhilde wât.‘
  • ‚Nein, durch mîne liebe,‘ sprach diu künegîn, A.488
  • ‚nu lât mir ervüllen zweinzec leitschrîn
  • von golde und ouch sîden, daß geben sol mîn hant,
  • sô wir über komen heim in der Burgunden lant.‘
  • Mit edelem gesteine ladet man ir diu schrîn. A.489
  • ir selber kamerære dâ mite muosen sîn:
  • sine wolde es niht getrouwen dem Gîselhêres man.
  • Gunther und Hagene dar umbe lachen began.
  • Dô sprach diu küneginne: ‚wem lâße ich mîniu lant? A.490
  • diu sol ê hie bestiften mîn und iuwer hant.‘
  • dô sprach der künic edele: ‚nu heißet her gân,
  • der iu dar zuo gevalle, den sul wir voget wesen lân.‘
  • Ein ir hôhsten mâge diu vrouwe bî ir sach, A.491
  • er was ir muoter bruoder, zuo dem diu maget sprach:
  • ‚nu lât iu sîn bevolhen mîn bürge und ouch daß lant,
  • unze daß hie rihte des künic Guntheres hant.‘
  • Dô welt si ir gesindes zweinzec hundert man, C.
  • die mit ir ze Rîne solden varn dan,
  • zuo jenen tûsent recken ûß Nibelunge lant.
  • si rihten sich zer verte: man sach si rîten ûf den sant.
  • Si vuorte mit ir dannen sehs und ahzec wîp, A.492
  • dar zuo hundert meide: vil schœne was der lîp.
  • sin sûmten sich niht langer, si wolden gâhen dan.
  • die si dâ heime ließen, hei, waß der weinen began!
  • In tugentlîchen zühten diu vrouwe rûmte ir lant: A.493
  • si kuste ir næhsten vriunde, die si bî ir vant.
  • mit guotem urloube si kômen ûf den sê;
  • zuo ir vater lande kom diu vrouwe nimmer mê.
  • Man hôrte ûf ir verte maneger hande spil; A.494
  • aller kurzwîle der hêten si vil.
  • ouch kom in zuo ir reise ein rehter waßßerwint.
  • si vuoren von dem lande: daß beweinde maneger muoter kint.
  • Doch wolde si den hêrren niht minnen ûf der vart: A.495
  • eß wart ir kurzwîle unz in ir hûs gespart
  • ze Wormeß zuo der bürge an eine hôhzît,
  • dar si vil vreuden rîche kômen mit ir helden sît.
  • Âventiure
  • wie Sîvrit ze Wormeß gesant wart.
  • Dô si gevarn wâren volle niun tage, 496
  • dô sprach von Troneje Hagene: ‚nu hœret, waß ich sage.
  • wir sûmen uns mit den mæren ze Wormeß an den Rîn:
  • iuwer boten solden nu ze Burgunden sîn.‘
  • Dô sprach künic Gunther: ‚ir habet wâr geseit. 497
  • uns wære ze der verte niemen sô bereit
  • als ir, vriunt Hagene: nu rîtet in mîn lant.
  • unser hovereise tuot in nieman baß bekant.‘
  • ‚Nu wißßet, lieber hêrre, ich bin niht bote guot: B.
  • lât mich phlegen der kamere, belîben ûf der vluot.
  • jâ wil ich bî den vrouwen behüeten ir gewant,
  • unz wir si bringen in der Burgunde lant.‘
  • ‚Nu bitet Sîvriden vüern die botschaft: 498
  • der kan si wol gewerben mit ellenhafter kraft.
  • verseit er iu die reise, ir sult mit guoten siten
  • durch iuwer swester liebe der verte in vriuntlîchen biten.‘
  • Er sande nâch dem recken: der kom, dô man in vant. 499
  • er sprach: ‚sît wir nâhen heim in mîniu lant,
  • sô solde ich boten senden der lieben swester mîn
  • und ouch mîner muoter, daß wir nâhen an den Rîn.
  • ‚Des ger ich an iu, Sîvrit, daß ir die reise tuot, B.
  • daß ich eß immer diene,‘ sprach der degen guot.
  • dô widerredetß Sîvrit, der vil küene man,
  • unz daß in künic Gunther sêre vlêgen began.
  • Er sprach: ‚ir sult rîten durch den willen mîn 500
  • und ouch durch Kriemhilde, daß schœne magedîn,
  • daß eß mit mir verdiene diu hêrlîche meit.‘
  • dô daß erhôrte Sîvrit, dô was der recke vil bereit.
  • ‚Enbietet, swaß ir wellet: des wirt niht verdaget. 501
  • ich wil eß werben gerne durch die schœne maget.
  • zwiu solde ich die verzîhen, die ich in herzen hân?
  • durch si, swaß ir gebietet, daß ist alleß getân.‘
  • ‚Sô saget Uoten, der rîchen künegîn, 502
  • daß wir an dirre verte hôhes muotes sîn.
  • lât wißßen mîne bruoder, wie wir geworben hân;
  • ir sult ouch unser vriunde disiu mære hœren lân.
  • ‚Mîne schœne swester sult ir niht verdagen, 503
  • ir sult ir Prünhilde und mînen dienest sagen
  • und ouch dem gesinde und allen mînen man.
  • dar nâch ie ranc mîn herze, wol ich daß verendet hân.
  • ‚Und saget Ortwîne, dem lieben neven mîn, 504
  • daß er heiße rihten sidel an dem Rîn,
  • und ander mîne mâge die sol man wißßen lân,
  • ich wil mit Prünhilde grôße hôhgezîte hân.
  • ‚Und saget mîner swester, sô si habe vernomen, 505
  • daß ich mit mînen gesten sî ze lande komen,
  • daß si wol enphâhe die triutinne mîn:
  • daß wil ich immer diende umbe Kriemhilde sîn.‘
  • Sîvrit der hêrre balde urloup nam 506
  • vrouwen Prünhilde, als im daß wol gezam,
  • und zallem ir gesinde: dô reit er an den Rîn.
  • eß enkunde in dirre werlde ein bote beßßer niht gesîn.
  • Mit vier und zweinzec recken ze Wormeß er dô reit; 507
  • des küneges kom er âne: dô daß wart geseit,
  • alleß daß gedigene muote jâmers nôt:
  • si vorhten, daß ir hêrre dort belîben wære tôt.
  • Si erbeißten von den rossen, hôhe stuont ir muot; 508
  • schiere kom in Gîselhêr, der junge künic guot,
  • und Gêrnôt sîn bruoder: wie balde er dô sprach,
  • dô er den künic Gunther niht bî Sîvride sach:
  • Sît willekomen, hêr Sîvrit; ir sult mich wißßen lân, 509
  • war ir mînen bruoder, den künic, habet getân?
  • Prünhilde sterke in wæn uns habe benomen:
  • ‚sô wære ir hôhiu minne uns ze grôßen schaden komen.‘
  • Die angest lât belîben: iu und den mâgen sîn 510
  • enbiutet sînen dienest der hergeselle mîn.
  • den lie ich wol gesunden: er hât mich iu gesant,
  • daß ich sîn bote wære mit mæren her in iuwer lant.
  • ‚Ir sult daß ahten schiere, swie sô daß geschehe, 511
  • daß ich die küneginne und iuwer swester sehe.
  • die sol ich lâßen hœren, waß iu enboten hât
  • Gunther und Prünhilt: ir dinc in beiden hôhe stât.‘
  • Dô sprach der junge Gîselher: ‚dâ sult ir zuo ir gân; 512
  • dâ habet ir mîner swester liebe an getân.
  • si treit michel sorge umbe den bruoder mîn:
  • diu meit sihet iuch gerne: des wil ich iuwer bürge sîn.‘
  • Dô sprach der hêrre Sîvrit: ‚swâ ich ir dienen kan, 513
  • daß sol willeclîchen mit triuwen sîn getân.
  • wer seit nu den vrouwen, daß ich wil dar gân?‘
  • des wart dô bote Gîselher, der vil wætlîche man.
  • Gîselher der junge zuo sîner muoter sprach 514
  • und ouch zuo sîner swester, dâ er si beide sach:
  • uns ist komen Sîvrit, der helt ûß Niderlant:
  • in hât mîn bruoder Gunther her ze Rîne gesant.
  • ‚Er bringet uns diu mære, wieß umbe den künic stê; 515
  • nu sult ir im erlouben, daß er ze hove gê:
  • er seit diu rehten mære her von Isenlant.‘
  • noch was den edelen vrouwen michel sorgen bekant.
  • Si sprungen nâch ir wæte und leiten sich an. 516
  • si bâten Sîvriden hin ze hove gân:
  • daß tete er willeclîchen, wande er si gerne sach.
  • Kriemhilt diu edele zuo im vil güetlîchen sprach:
  • ‚Sît willekomen, hêr Sîvrit, rîter lobelîch. 517
  • wâ ist mîn bruoder Gunther, der edel künic rîch?
  • von Prünhilde sterke den wæn wir hân verlorn.
  • ouwê mir armer meide, daß ich zer werlde ie wart geborn.‘
  • Dô sprach der rîter küene: ‚gebet mir boten brôt: 518
  • ir vil schœnen vrouwen weinet âne nôt.
  • ich lie in wol gesunden: daß tuon ich iu bekant:
  • er hât mich iu beiden mitten mæren her gesant.
  • ‚Mit vriuntlîcher liebe, vil edel künegîn, 519
  • enbiutet iu ir dienest er und diu wine sîn.
  • nu lât iuwer weinen: si wellent schiere komen.‘
  • si hete in manegen zîten sô lieber mære niht vernomen.
  • Mit snêwîßen gêren ir ougen wol getân B.
  • wischte si nâch trehenen. danken si began
  • dem boten dirre mære, diu ir dâ wâren komen.
  • dô was ir michel trûren unde weinen benomen.
  • Si bat den boten sitzen: des was er vil bereit. 520
  • dô sprach diu minneclîche: ‚mir wære niht ze leit,
  • ob ich ze boten miete iu solte geben mîn golt:
  • dar zuo sît ir ze rîche: ich wil iu sust wesen holt.‘
  • ‚Ob ich nu eine hête,‘ sprach er, ‚drîßec lant, 521
  • so enphienge ich doch gerne gâbe ûß iuwer hant.‘
  • dô sprach diu tugentrîche: ‚sô sol eß sîn getân.‘
  • si hieß ir kamerære nâch der boten miete gân.
  • Vier und zweinzec bouge mit gesteine guot 522
  • gap si im ze miete. sô stuont des heldes muot,
  • er woldeß niht behalten, er gab eß sâ zehant
  • ir vil schœnen meiden, die er ze kemenâten vant.
  • ‚Ir muoter bôt ir dienest im güetlîchen an. 523
  • ‚ich sol iu sagen mêre,‘ sprach der küene man,
  • ‚wes iuch der künic bittet, so er kumet an den Rîn:
  • ob ir daß, vrouwe, leistet, er welle iuch immer wæge sîn.
  • ‚Sîne rîche geste, hôrte ich in gern, 524
  • daß ir die wol enphâhet, und sult in des gewern,
  • daß ir gên im rîtet vür Wormeß ûf den sant.
  • des sît ir von dem künege mit guoten triuwen gemant.‘
  • Dô sprach diu minneclîche: ‚des bin ich bereit. 525
  • swaß ich im kan dienen, daß ist im unverseit:
  • mit vriuntlîchen triuwen sô sol eß sîn getân.‘
  • dô mêrte sich ir varwe, die si vor liebe gewan.
  • Eß enwart nie bote enphangen deheines vürsten baß: 526
  • getorste si in hân küsset, daß hete si âne haß;
  • anders minneclîchen er von der vrouwen schiet.
  • dô tâten die Burgunden, als in Sîvrit geriet.
  • Sindolt und Hûnolt und Rûmolt der degen B.
  • vil grôßer unmuoße muosen si dô phlegen,
  • rihten daß gesidele vor Wormeß ûf den sant;
  • des küneges schaffære man mit arbeiten vant.
  • Ortwîn und Gêre dine wolden daß niht lân, B.
  • si sanden nâch den vriunden allenthalben dan
  • und kunten in die hôhgezît, diu dâ solde sîn.
  • dâ zierten sich engegene diu vil schœnen magedîn.
  • Der palas und die wende was alleß über al 527
  • gezieret gên den gesten: der Guntheres sal
  • wart vil wol bezimbert durch manegen vremden man.
  • disiu starke hôhgezît huop sich vil vrœlîchen an.
  • Dô riten allenthalben die wege durch daß lant 528
  • der drîer künege mâge hete man besant,
  • daß si den solden warten, die in dâ solden komen.
  • dô wart ûß der valde rîcher wæte vil genomen.
  • Dô seite man diu mære, daß man rîten sach 529
  • Prünhilde vriunde: dô huop sich ungemach
  • von des volkes krefte in Burgunden lant.
  • hei, waß man küener degene dâ ze beiden sîten vant!
  • Dô sprach diu schœne Kriemhilt: ‚ir, mîne magedîn, B.
  • die an dem antphange mit mir wellen sîn,
  • die suochen ûß den kisten diu aller besten kleit:
  • sô wirt uns von den gesten lob und êre geseit.‘
  • Dô kômen ouch die recken und hießen tragen dar 530
  • hêrlîche setele von rôtem golde gar,
  • die die vrouwen solden rîten ze Wormeß an den Rîn.
  • beßßer phertgereite kunde nimmer gesîn.
  • Hei, waß dâ liehtes goldes von den mœren schein! 531
  • in lûhte von den zoumen vil manec edel stein;
  • die guldînen schæmele ob liehtem phelle guot
  • die brâhte man den vrouwen: si wâren vrœlîch gemuot.
  • Ûf dem hove wâren diu vrouwen phert bereit C.
  • den edelen juncvrouwen, als ich iu hân geseit.
  • diu smalen vürbüege sach man die mœre tragen
  • von den besten sîden, dâ von iu iemen kunde sagen.
  • Sehs und ahzec vrouwen sach man vür gân, 532
  • die gebende truogen. zuo Kriemhilde dan
  • kômen die vil schône und truogen rîchiu kleit;
  • dar kom ouch wol gezieret vil manec wætlîchiu meit,
  • Funfzec unde viere von Burgunde lant: B.
  • eß wâren ouch die besten, die man iender vant.
  • die sach man valevahse under liehten porten gân.
  • des ê der künic gerte, daß wart mit vlîße getân.
  • Si truogen rîche phelle, die besten, die man vant, 533
  • vor den vremden recken, sô manec guot gewant,
  • daß ir schœnen varwe ze rehte wol gezam.
  • er wære in swachem muote, der ir deheiner wære gram.
  • Von zobel und von harme vil kleider man dâ vant. 534
  • dâ wart vil wol gezieret manec arm unde hant
  • mit pougen ob den sîden, die si solden tragen.
  • iu enkunde ditze vlîßen ze ende niemen gesagen.
  • Vil manegen gürtel spæhe, rîch unde lanc, 535
  • über liehtiu kleider manec hant dô swanc
  • ûf edel röcke ferrans von phelle ûß Arabîn,
  • daß si in al der werlde niht beßßer kunden gesîn.
  • Eß wart in vürgespenge manec schœniu meit 536
  • genæt vil minneclîche. eß möhte ir wesen leit,
  • der ir liehtiu varwe niht lûhte gên der wât.
  • sô schœnes ingesindes nu niht küneges künne hât.
  • Dô die minneclîchen nu truogen ir gewant, 537
  • die si dâ vüeren solden, die kômen dar zehant,
  • der hôch gemuoten recken ein vil michel kraft;
  • man truoc ouch dar mit schilden manegen eschînen schaft.
  • Âventiure
  • wie Prünhilt ze Wormeß enphangen wart.
  • Anderthalp des Rînes sach man mit manegen scharn 538
  • den künec mit sînen gesten zuo dem stade varn.
  • man sach ouch dâ bî zoume leiten manec meit.
  • die si enphâhen solden, die wâren alle bereit.
  • Dô die von Isenlande zen schiffen kômen dan A.539
  • und ouch von Niblunge Sîvrides man,
  • si gâhten zuo dem lande, unmüeßec was ir hant,
  • dâ man des küneges vriunde anderthalp des stades vant.
  • Nu hœrt ouch disiu mære von der künegîn, 540
  • Uoten der vil rîchen, wie si diu meidîn
  • gevrumte von der bürge, dar si dâ selbe reit.
  • da gewan ein ander künde vil manec rîter unde meit.
  • Der marcgrâve Gêre Kriemhilt zoumte dan B.
  • niuwan vür daß bürgetor: Sîvrit der küene man
  • der muoste ir vürbaß dienen; si was ein schœne kint.
  • des wart im wol gelônet von der juncvrouwen sint.
  • Ortwîn der küene bî vroun Uoten reit B.
  • und vil geselleclîchen manec rîter unde meit.
  • ze solhem antphange, des mac man wol verjehen,
  • wart nie sô vil der vrouwen bî ein ander gesehen.
  • Vil manegen buhurt rîchen sach man dâ getriben A.541
  • von helden lobelîchen (niht wol wær eß beliben)
  • vor Kriemhilt der schœnen zuo den schiffen dan.
  • dô huob man von den mœren manege vrouwen wol getân.
  • Der künec was komen übere und manec werder gast. 542
  • hei, waß starker schefte vor den vrouwen brast.
  • man hôrt dâ hurtlîchen von schilden manegen stôß.
  • hei, waß rîcher buckeln vor gedrange lûte erdôß!
  • Die vil minneclîchen stuonden an der habe; 543
  • Gunther mit sînen gesten gie von schiffen abe:
  • er vuorte Prünhilde selbe an sîner hant.
  • dâ lûhte wider ein ander vil liehte steine und gewant.
  • Mit vil grôßen zühten vrou Kriemhilt dô gie, 544
  • dâ si vroun Prünhilde und ir gesinde enphie.
  • man sach dâ schapel rücken mit wîßen henden dan,
  • dâ si sich kusten beide: daß wart durch liebe getân.
  • Dô sprach gezogenlîchen Kriemhilt daß meidîn: 545
  • ‚ir sult zuo disen landen uns willekomen sîn
  • mir und mîner muoter und allen, die wir hân
  • der getriuwen vriunde.‘ dô wart dâ nîgen getân.
  • Die vrouwen sich beviengen mit armen dicke hie. 546
  • sô minneclîch enphâhen gehôrte man noch nie,
  • sô die vrouwen beide der briute tâten kunt,
  • vrou Uote und ir tohter: si kusten dicke ir süeßen munt.
  • Dô Prünhilde vrouwen volkômen ûf den sant, 547
  • dâ wart minneclîchen genomen bî der hant
  • von wætlîchen recken manec wîp wol getân.
  • man sach die edelen meide vor vrou Prünhilde stân.
  • Ê daß ir gruoß ergienge, daß was ein lengiu stunt. 548
  • jâ wart dâ geküsset manec rôter munt.
  • noch stuonden bî ein ander die künege tohtre rîch:
  • daß liebet an ze sehene manegen recken lobelîch.
  • Dô spehten mit den ougen, die ê hôrten jehen, 549
  • daß si alsô schœnes heten niht gesehen
  • sô die vrouwen beide: des sach man âne lüge.
  • man kôs an ir lîbe dâ deheiner slahte trüge.
  • Die vrouwen spehen kunden und minneclîchen lîp, 550
  • die lobten durch ir schœne daß Guntheres wîp;
  • doch sprâchen dâ die wîsen, die hetenß baß besehen,
  • man möhte Kriemhilde für vroun Prünhilde jehen.
  • Wider ein ander giengen maget unde wîp; 551
  • man sach dâ wol gezieret vil manegen schœnen lîp.
  • dâ stuonden sîden hütten und manec rîch gezelt:
  • der was dâ gar ervüllet vor Wormeß alleß daß velt.
  • Von des küneges mâgen wart dringen niht verlân. B.
  • man hieß die küneginne beide dannen gân
  • und mit in al die vrouwen, dâ man schate vant;
  • dar brâhten si die degene ûßer Burgunden lant.
  • Nu wâren ouch die geste ze rossen alle komen; 552
  • vil manec rîchiu tjoste durch schilde wart genomen.
  • daß velt begunde stouben, sam ob al daß lant
  • mit louge wære enbrunnen. dâ wurden helde wol bekant.
  • Des dâ die recken phlâgen, daß sach vil manec meit. A.553
  • mich dunket, daß er Sîvrit mit sînen degen reit
  • vil manege widerkêre vür die hütten dan.
  • er vuort der Nibelunge tûsent wætlîcher man.
  • Dô kom von Troneje Hagene, als im der wirt geriet: 554
  • den buhurt minneclîchen dô der helt geschiet,
  • daßs ungestoubet ließen diu vil schœnen kint.
  • des wart dô von den gesten gevolget güetlîchen sint.
  • Dô sprach der hêrre Gêrnôt: ‚diu ros lâßet stân, B.
  • unz eß beginne kuolen, sô sul wir ane vân
  • dienen schœnen wîben vür den palas wît;
  • so der künic welle rîten, daß ir vil bereite sît.‘
  • Der buhurt was zergangen über al daß velt. 555
  • dô giengen kurzwîlen under manec hôch gezelt
  • die rîter zuo den vrouwen ûf hôher vreuden wân.
  • da vertriben si die stunde, unz man rîten wolde dan.
  • Vor âbende nâhen, dô diu sunne nider gie 556
  • und eß begunde kuolen, niht lenger man daß lie,
  • sich huoben gên der bürge manec man unde wîp.
  • mit ougen wart getriutet vil maneger schœnen vrouwen lîp.
  • Dô wart von guoten knehten vil kleider ab geriten 557
  • vor den hôch gemuoten nâch des landes siten
  • biß vür den palas, da der künic nider stuont.
  • dâ wart gedienet vrouwen, sô helde hôch gemuote tuont.
  • Dô wurden ouch gescheiden die rîchen künegin. 558
  • vrou Uote und ir tohter die giengen beide hin
  • mit ir ingesinde in ein vil wîteß gadem.
  • dô hôrte man allenthalben ze vreuden grœßlîchen kradem.
  • Gerihtet was gesidele: der künic wolde gân 559
  • ze tische mit den gesten. dô sach man bî im stân
  • die schœnen Prünhilde. krône si dô truoc
  • in des küneges lande: jâ was si rîche genuoc.
  • Vil manec hêr gesidele mit guoten taveln breit B.
  • vol spîse wart gesetzet, als uns daß ist geseit.
  • des si dâ haben solden, wie wênec des gebrast!
  • dô sach man bî dem künege gar manegen hêrlîchen gast.
  • Des wirtes kamerære von golde in pecken rôt 560
  • daß waßßer vür truogen. des wære lützel nôt,
  • ob iu daß iemen seite, daß man diende baß
  • ze vürsten hôhgezîte: ich wolde niht gelouben daß.
  • Ê daß der vogt von Rîne waßßer dô genam, 561
  • dô tet der hêrre Sîvrit, als im daß gezam,
  • er mande in sîner triuwe, wes er im verjach,
  • ê daß er Prünhilde dâ heime in Isenlande sach.
  • Er sprach: ‚ir sult gedenken, wes mir swuor iuwer hant, 562
  • swenne daß vrou Prünhilt kœme in ditze lant,
  • ir gæbt mir iuwer swester: war sint die eide komen?
  • ich hân an iuwer reise vil michel arbeit genomen.‘
  • Dô sprach der künec zem gaste: ‚ir habt mich rehte ermant. 563
  • jane sol niht meineide werden des mîn hant:
  • ich wilß iu helfen vüegen, sô ich beste kan.‘
  • dô hieß man Kriemhilde ze hove vür den künic gân.
  • Mit ir vil schœnen meiden si kom vür den sal. A.564
  • dô spranc von einer stiegen Gîselher ze tal:
  • ‚Nu heißet wider wenden disiu magedîn:
  • niuwan mîn swester eine sol hie bî dem künege sîn.‘
  • Dô brâht man Kriemhilde, dâ man den künic vant: A.565
  • dô stuonden rîter edele von maneger vürsten lant.
  • in dem sal enmitten man hieß si stille stân;
  • ouch was Prünhilt nu zuo tische gegân.
  • Sine wesse niht der mære, waß man dô wolde tuon. C.
  • dô sprach zuo sînen mâgen der Dankrâtes sun:
  • ‚helft mir, daß mîn swester Sîvriden neme ze man.‘
  • si sprachen al gelîche: ‚si mag in wol mit êren hân.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚swester vil gemeit, 566
  • durch dîn selber tugende lœse mînen eit.
  • ich swuor dich eime recken, und wirdet er dîn man,
  • sô hâstu mînen willen mit grôßen triuwen getân.‘
  • Dô sprach diu maget edele: ‚lieber bruoder mîn, 567
  • irn sult mich niht vlêgen: jâ wil ich immer sîn,
  • swie ir mir gebietet: daß sol sîn getân.
  • ich wil in loben gerne, den ir mir, hêrre, gebt ze man.‘
  • Von liebe und ouch von vreuden wart Sîvrides varwe rôt. 568
  • ze dienste sich der recke vroun Kriemhilde bôt.
  • man hieß si zuo ein ander an dem ringe stân:
  • man vrâgt si, ob si wolde den vil wætlîchen man.
  • In meitlîchen zühten si schamte sich ein teil; 569
  • doch sô was gelücke und Sîvrides heil,
  • daß si in niht versprechen wolde dâ zehant;
  • ouch lobte si ze wîbe der edel künec von Niderlant.
  • Dô er si gelobete und ouch in diu meit, 570
  • güetlîchen umbevâhen was dâ vil bereit
  • von Sîvrides armen daß minneclîche kint.
  • vor helden wart geküsset diu edel küneginne sint.
  • Sich teilte daß gesinde, alsô daß geschach; A.571
  • an daß gegensidele man Sîvriden sach
  • sitzen mit Kriemhilde. im diende manec man.
  • man sach die Niblunge mit Sîvrit an den sedel gân.
  • Der künic was geseßßen und Prünhilt diu meit. V.572
  • dô sach si Kriemhilde (ir wart nie sô leit)
  • bî Sîvride sitzen: weinen si began,
  • ir vielen heiße trähene über liehtiu wange dan.
  • Dô sprach der wirt des landes: ‚waß ist iu, vrouwe mîn, 573
  • daß ir sô lâßet truoben liehter ougen schîn?
  • ir sult iuch vreuwen balde: iu ist undertân
  • mîn lant und rîche bürge unde manec wætlîch man.‘
  • ‚Ich mac wol weinen balde,‘ sprach diu schœne meit. 574
  • ‚umbe dîne swester ist mir von herzen leit.
  • die sihe ich sitzen nâhen dem eigen holden dîn:
  • daß muoß ich immer weinen, sol si sô verderbet sîn.
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚ir sult des stille dagen, 575
  • ich wil iu zandern zîten disiu mære sagen,
  • war umbe ich mîne swester Sîvride hân gegeben.
  • jâ mac si mit dem recken immer vrœlîche leben.‘
  • Si sprach: ‚mich riuwet immer ir schœne und ouch ir zuht. A.576
  • wessich, war ich mehte, ich hete gerne vluht,
  • daß ich iu nimmer wolde geligen nâhen bî,
  • irn saget mir, wâ von Kriemhilt wine Sîvrides sî.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚ich tuonß iu wol bekant. A.577
  • er hât als ich wol bürge unde wîtiu lant.
  • daß wißßet sicherlîchen, er ist ein künic rîch:
  • des gan ich im ze minnen die schœnen magt lobelîch.‘
  • Swaß ir der künic seite, doch hete si trüeben muot. A.578
  • dô gâhte von den tischen manec rîter guot:
  • ir buhurt wart sô herte, daß al diu burc erdôß.
  • den wirt bî sînen gesten harte sêre verdrôß.
  • Er dâhte: ‚ich læge sanfter der schœnen vrouwen bî.‘ A.579
  • dô was er des gedingen niht gar in herzen vrî,
  • im müese von ir minne liebe vil geschehen.
  • er begunde vriuntlîchen an vrou Prünhilde sehen.
  • Rîterschaft die geste bat man abe lân: A.580
  • der künec mit sîme wîbe ze bette wolde gân.
  • vor des sales stiegen gesamden sich dô sît
  • Kriemhilt und Prünhilt; noch was eß ân ir beider nît.
  • Dô kom ir ingesinde: die sûmten sich des niht, 581
  • ir rîche kamerære die brâhten in diu lieht.
  • sich teilten dô die recken, der zweier künege man.
  • dô sach man vil degene dan mit Sîvride gân.
  • Die hêrren kômen beide, dâ si solden ligen. 582
  • dô dâhte ir iewedere mit minnen an gesigen
  • den wætlîchen vrouwen, daß senftet in den muot.
  • Sîvrides kurzwîle diu wart grœßlîchen guot.
  • Dô der hêrre Sîvrit bî Kriemhilde lac B.
  • und er sô minneclîche der juncvrouwen phlac
  • mit sîner edelen minne, si wart im sô sîn lîp:
  • er næme vür si eine niht tûsent anderiu wîp.
  • Ich sage iu niht mêre, wie er der vrouwen phlac. 583
  • nu hœret disiu mære, wie Gunther gelac
  • bî vrouwen Prünhilde: der zierlîche degen
  • hæte dicke sanfter bî anderen wîben gelegen.
  • Daß volc was im entwichen, vrouwen unde man: B.
  • dô wart diu kemenâte balde zuo getân.
  • er wânde, er solde triuten ir minneclîchen lîp:
  • jâ was eß noch unnâhen, ê si wurde sîn wîp.
  • In sabenwîßen hemede si an daß bette gie. 584
  • dô dâhte der rîter edele: ‚nu hân ichß alleß hie,
  • des ich ie dâ gerte in allen mînen tagen.‘
  • si muos im durch ir schœne von grôßen schulden behagen.
  • Diu lieht begunde bergen des edelen küneges hant. 585
  • dô gie der degen küene, dâ er die vrouwen vant.
  • er leite sich ir nâhen: sîn vreude diu was grôß,
  • die vil minneclîchen der helt mit armen umbeslôß.
  • Minneclîche triuten des kunder vil begân, B.
  • ob in diu edele vrouwe hete lâßen daß getân:
  • dô zurnde si sô sêre, daß in gemuote daß:
  • er wânde vinden vreude, dô vant er vîntlîchen haß.
  • Si sprach: ‚rîter edele, ir sult eß lâßen stân. A.586
  • des ir dâ habet gedingen, jane mages niht ergân.
  • ich wil noch meit belîben, ir sult wol merken daß,
  • unz ich diu mære ervinde.‘ des wart ir Gunther gehaß.
  • Dô rang er nâch ir minne und zervuorte ir diu kleit. 587
  • dô greif nâch eime gürtel diu hêrlîche meit,
  • eime starken borten, dens umbe ir sîten truoc:
  • dô tet si dem künege grôßer leide genuoc.
  • Die vüeße und ouch die hende si im zesamne bant, 588
  • si truog in zeime nagele und hieng in an die want.
  • dô er si slâfes irte, minne si im verbôt.
  • jâ hete er von ir krefte nâch gewunnen den tôt.
  • Dô begunde vlêgen, der meister solde sîn. 589
  • ‚nu lœset mîn gebende, vil edel künegîn:
  • ine trouwiu, schœne vrouwe, nimmer an gesigen
  • und sol ouch harte selten iu sô nâhen bî geligen.‘
  • Sine ruohte, wie im wære, want si vil sanfte lac. B.
  • dort muoste er alleß hangen die naht unz an den tac,
  • unz der liehte morgen durch diu venster schein.
  • ob er ie kraft gewünne, diu was an sîme lîbe klein.
  • ‚Nu saget mir, er Gunther, ist iu daß iht leit, A.590
  • ob iuch gebunden vindent,‘ sprach diu schœne meit,
  • ‚iuwer kamerære von einer vrouwen hant?‘
  • dô sprach der rîter edele: ‚daß wurde iu übele bewant.
  • ‚Ouch hete ichs wênec êre,‘ sprach der edel man: A.591
  • ‚durch iuwer tugende lât mich nu zuoziu gân.
  • sît iu mîne minne sint sô starke leit,
  • ich sol mit mînen handen selten rüeren iuwer kleit.‘
  • Dô lôste si in balde, ûf si in verlie. 592
  • wider an daß bette er zuo der vrouwen gie.
  • er leite sich sô verre, daß er ir schœne wât
  • dar nâch selten ruorte: ouch wolde si des haben rât.
  • Dô kom ouch ir gesinde: die brâhten niuwe kleit: 593
  • der was in an dem morgen harte vil bereit.
  • swie wol man dâ gebârte, trûrec was genuoc
  • der edel wirt des landes, swie er des tages krône truoc.
  • Nâch siten, der si phlâgen und man durch reht begie, 594
  • Gunther unde Prünhilt niht langer daß verlie:
  • si giengen zuo dem münster, dâ man die messe sanc.
  • dar kom ouch er Sîvrit: dô huop sich michel gedranc.
  • Nâch küneclîchen êren was in dar bereit, 595
  • swaß si haben solden, ir krône und ouch ir kleit.
  • dô wurden si gewîhet. dô daß was getân,
  • dô sach man under krône elliu vieriu schône stân.
  • Vil degen swert dâ nâmen, sehs hundert oder baß, 596
  • den künigen ze êren, ir sult wißßen daß.
  • sich huop michel vreude in Burgunden lant:
  • man hôrte schefte bresten an der swertdegen hant.
  • Dô sâßen in den venstern diu schœnen magedîn. 597
  • si sâhen vor in liuhten maneges schildes schîn.
  • dô hete sich gesundert der künec von sînen man:
  • swes iemen dâ begunde, man sach in trûrende gân.
  • Im unde Sîvride ungelîche stuont der muot; 598
  • wol wiste, waß im würre, der edel rîter guot.
  • er gie zuo dem künege, vrâgen er began:
  • ‚wie ist iu hînt gelungen? daß sult ir mich wißßen lân.‘
  • Dô sprach der wirt zem gaste: ‚laster unde schaden 599
  • hân ich an mîner vrouwen ze hûse heim geladen.
  • dô ich se wânde minnen, vil sêre si mich bant:
  • si truoc mich zeime nagele und hienc mich hôch an die want.
  • ‚Dâ hieng ich angestlîchen die naht unz an den tac, 600
  • ê si mich enbunde: wie sanfte si dô lac!
  • daß sol dir vriuntlîchen tougen sîn gekleit.‘
  • dô sprach der starke Sîvrit: ‚daß ist mir wærlîchen leit.
  • ‚Des bringe ich iuch wol innen, lât irß âne nît. 601
  • ich schaffe, daß si hînaht sô nâhen bî iu lît,
  • daß si iuch ir minne gesûmet nimmer mêr.‘
  • der rede was dô Gunther nâch sînen arbeiten hêr.
  • ‚Nu schouwe mîne hende, wie die geswollen sint: C.
  • die twanc si mir sô sêre, als ob ich wære ein kint,
  • daß mir bluot zen nagelen allenthalben dranc.
  • ich hete ze mîme lebene harte kleinen gedanc.‘
  • Dô sprach der hêrre Sîvrit: ‚du maht wol genesen, B.
  • ich wæne, uns ungelîche hînaht sî gewesen.
  • mir ist dîn swester Kriemhilt lieber danne der lîp.
  • eß muoß diu vrouwe Prünhilt noch hînte werden dîn wîp.‘
  • Er sprach: ‚ich kume noch hînte zer kemenâten dîn 602
  • alsô tougenlîche in der tarnkappe mîn,
  • daß sich mîner liste niemen mac verstên.
  • sô lâ die kamerære zuo den herbergen gên.
  • ‚Sô lesche ich den kinden diu lieht an der hant: 603
  • bî disem wortzeichen sol dir sîn bekant,
  • daß ich bî dir sî nâhen. jâ twing ich dir dîn wîp,
  • daß du si hînte minnest, oder ich verliuse den lîp.‘
  • ‚Ane daß du iht triutest,‘ sprach der künic dô, 604
  • ‚mîne lieben vrouwen; anders bin ichs vrô:
  • sô tuo ir, swaß du wellest; und næmestu ir den lîp,
  • daß solde ich wol verkiesen: si ist ein angestlîcheß wîp.‘
  • ‚Daß nim ich,‘ sprach Sîvrit, ‚ûf die triuwe mîn, A.605
  • daß ich ir niht enminne: diu liebe swester dîn
  • ist mir vor in allen, die ich noch ie gesach.‘
  • vil wol geloubetß Gunther, swaß dô Sîvrit gesprach.
  • Dâ was von kurzewîle vreude unde nôt. A.606
  • buhurt unde schallen man alleß verbôt.
  • dô die vrouwen solden gegen dem sale gân,
  • dô hießen kamerære die liute von den wegen stân.
  • Von rossen und von liuten gerûmet wart der hof. A.607
  • der vrouwen ieslîche vuorte ein bischof,
  • dô si vor den künegen ze tische solden gân.
  • in volgte an daß gesidele vil manec wætlîcher man.
  • Der künic in guotem wâne dô vroelîchen saß: B.
  • daß im gelobte Sîvrit, wol dâhte er ane daß.
  • der eine tac in dûhte wol drîßec tage lanc:
  • an Prünhilde minne stuont im aller sîn gedanc.
  • Der künic erbeite kûme, daß man von tische gie. 608
  • die schœnen Prünhilde man dô komen lie
  • und ouch Kriemhilde, beide an ir gemach:
  • hei, waß man küener degene vor den küneginnen sach!
  • Sîvrit der hêrre vil minneclîchen saß 609
  • bî sîme schœnen wîbe mit vreuden âne haß.
  • si trûte sîne hende mit ir vil wîßen hant,
  • unz er ir vor den ougen sine wesse wenne verswant.
  • Dô si mit im spilte und si sîn niht ensach, 610
  • zuo sîme ingesinde diu küneginne sprach:
  • ‚mich hât des michel wunder: war ist der künic komen?
  • wer hât die sînen hende ûß den mînen genomen?‘
  • Die rede si lie belîben. dô was er hin gegân, 611
  • dâ er die kamerære vant mit liehten stân:
  • diu begunde er leschen den kinden an der hant:
  • daß eß wære Sîvrit, daß was dô Gunther bekant.
  • Wol wesser, waß er wolde: dô hieß er dannen gân 612
  • meide unde vrouwen. dô daß was getân,
  • der edel künic dô selbe vil wol beslôß die tür:
  • starker rigele zwêne warf er balde dervür.
  • Diu lieht verbarg er schiere under die bettewât. 613
  • eines spils begunde, des enwas niht rât,
  • Sîvrit der starke und ouch diu schœne meit:
  • daß was dem künege Gunther beide lieb unde leît.
  • Sîvrit sich dô leite der küneginne bî. A.614
  • si sprach: ‚nu lâtß, er Gunther, als liep iu daß sî,
  • daß ir iht arbeite lîdet alsam ê,
  • oder iu geschihet hie von mînen handen wider wê.‘
  • Dô hal er sîne stimme, daß er niht ensprach. A.615
  • Gunther wol hôrte, swie er si niht ensach,
  • daß dâ heimlîche von in niht geschach;
  • si heten an dem bette harte kleinen gemach.
  • Er gebârte, sam eß wære Gunther der künic rîch; 616
  • er umbeslôß mit armen die maget lobelîch.
  • si warf in ûß dem bette dâ bî ûf eine banc,
  • daß sîn houbet lûte an eime schamel im erklanc.
  • Wider ûf mit kreften spranc der küene man: 617
  • er woldeß baß versuochen: dô er des began,
  • daß er si wolde twingen, dar umbe wart im wê.
  • solich wer an vrouwen ich wæne nimmer ergê.
  • Dô er niht wolde erwinden, diu maget ûf spranc: A.618
  • ‚iu zimet niht zefüeren mîn hemde sô blanc.
  • ir sît ungevüege: daß sol iu werden leit.
  • des bringe ich iuch wol innen,‘ sprach diu wætlîche meit.
  • Si beslôß mit armen den tiuwerlîchen degen 619
  • und wold in gebunden alsam den künic legen,
  • daß si an dem bette hete guot gemach.
  • daß er ir wât zervuorte, diu vrouwe eß grœßlîchen rach.
  • Waß half dô sîn sterke und ouch sîn kraft? 620
  • wan si im erzeigte ir lîbes meisterschaft.
  • si truoc in mit gewalte, daß muos et alsô sîn,
  • und dructe in ungevuoge bî dem bette an einen schrîn.
  • ‚Ouwê,‘ gedâht der recke, ‚sol ich nu mînen lîp 621
  • von einer meit verliesen, sô mugen elliu wîp
  • dar nâch immer mêre tragen gelphen muot
  • gegen ir manne, diu sus eß nimmer getuot.‘
  • Der künic eß wol hôrte; er angstete umbe den man. 622
  • Sîvrit sich schamte, zürnen er began.
  • mit ungevüeger krefte satzter ir sich wider;
  • versuochende angestlîchen an vroun Prünhilde sider.
  • Swie vaste si ûf im læge, sîn zorn in dô twanc C.
  • und ouch sîn starkeß ellen, daß er âne ir danc
  • sich wider ûf gerihte; sîn angest diu was grôß.
  • si tâten in dem gademe her und dar vil manegen stôß.
  • Ouch was der künic Gunther niht âne angest gar: C.
  • er muose dicke wenken vor in her und dar.
  • si rungen alsô starke, daß eß grôß wunder was,
  • daß ir ieslîcheß vor dem andern ie genas.
  • Den künic muote sêre beidenthalp diu nôt; C.
  • doch vorhte er michels mêre den Sîvrides tôt.
  • wand si het dem degene den lîp nâch benomen:
  • wan daß er niht getorste, er wær ze helfe im gerne komen.
  • Jâ werte harte lange under in der strît; C.
  • doch brâhte er die vrouwen wider an daß bette sît:
  • swie vaste si sich werte, ir wer wart (ze iungest) kranc.
  • der künec in sînen sorgen hete manegen gedanc.
  • In dûhte harte lange, unz er si betwanc. A.623
  • si druhte sîne hende, daß ûß den nagelen spranc
  • daß bluot von ir krefte: daß was dem helde leit.
  • dâ brâhte er an ein lougen die vil hêrlîchen meit
  • Ir ungevüeges willen, des si ê dâ jach. A.624
  • der künic eß alleß hôrte, swie er niht ensprach.
  • er dructes an daß bette, daß si es vil lûte erschrê;
  • ir tâten sîne krefte harte grœßlîchen wê.
  • Dô greif si zuo der sîten, dâ si den porten vant, 625
  • und wolde in hân gebunden: dô werteß sô sîn hant,
  • daß ir diu lit erkrachten, dar zuo al der lîp.
  • des wart der kriec gescheiden: dô wart si Guntheres wîp.
  • Si sprach: ‚künic edele, du solt mich leben lân: 626
  • eß wirt wol versüenet, swaß ich dir hân getân.
  • ich were mich nimmer mêre der edelen minne dîn:
  • ich hân wol ervunden, daß du kanst vrouwen meister sîn.‘
  • Sîvrit der stuont dannen, ligen lie er die meit, 627
  • sam ober von im ziehen wolde sîniu kleit.
  • er zôch ir ab der hende ein guldîn vingerlîn,
  • daß es dâ nie wart innen diu vil edel künegîn.
  • Dar zuo nam er ir gürtel: daß was ein borte guot. 628
  • ich enweiß, ob er daß tæte durch sînen hôhen muot.
  • er gab in sînem wîbe: daß wart im sider leit.
  • dô lâgen bî ein ander der künic und diu schœne meit.
  • Er phlac ir minneclîchen, als im daß gezam: B.
  • dâ muose si verkiesen ir zorn und ouch ir sham.
  • von sîner heimlîche si wart ein lützel bleich.
  • Hei, waß ir von der minne ir vil grôßen krefte entweich!
  • Done was ouch si niht sterker danne ein ander wîp. 629
  • er trûte minneclîchen ir vil schœnen lîp;
  • ob siß versuochte mêre, waß kunde eß si vervân?
  • daß het ir alleß Gunther mit sînen minnen getân.
  • Wie rehte minneclîche er bî der vrouwen lac A.630
  • mit vriuntlîcher liebe biß an den liehten tac!
  • nu was der hêrre Sîvrit wider ûß gegân,
  • dâ er wart wol enphangen von einer vrouwen wol getân.
  • Er understuont ir vrâge, der si hete gedâht; A.631
  • er hal si sît vil lange, daß er ir hete brâht.
  • diz kleinœt er dâ heime ir doch ze jungest gap:
  • daß vrumte vil der degene mit samt im selben in daß grap.
  • Der wirt wart an dem morgen verre baß gemuot, A.632
  • danner vore wære: des wart diu vreude guot
  • in allen den landen von manegem edelen man.
  • die er ze hûse ladete, den wart vil dienste getân.
  • Diu hôhzît diu werte den vierzehenden tac, A.633
  • daß in al der wîle der schal nie gelac
  • von aller hande vreuden, der iemen solde phlegen.
  • dâ wart des küneges koste vil harte hôhe gewegen.
  • Des edelen wirtes mâge, als eß der künic gebôt, A.634
  • gâben durch sîn êre kleider und golt rôt,
  • ros und dar zuo silber manegem vremden man.
  • die gâbe nemen wolden, die schieden vrœlîchen dan.
  • Ouch der hêrre Sîvrit ûßer Niderlant A.635
  • mit tûsent sînen mannen, alleß daß gewant,
  • daß si ze Rîne brâhten, daß wart gar hin gegeben,
  • schœniu ros mit setelen: si kunden hêrlîchen leben.
  • Ê man die rîchen gâbe alle dâ verswanc, A.636
  • die wider ze lande wolden, die dûhte des ze lanc.
  • eß enwart nie gesindes mêre baß gephlegen.
  • sô endete sich diu hôhgezît: eß schiet von dannen manec degen.
  • Âventiure
  • wie Sîvrit ze lande mit sînem wîbe kom.
  • Dô die geste wâren alle dan gevarn, A.637
  • dô sprach zuo sîm gesinde Sigmundes barn:
  • ‚wir suln ouch uns bereiten heim in unser lant.‘
  • liep was eß sînem wîbe, dô eß diu mære rehte ervant.
  • Si sprach zuozir manne: ‚wenne sul wir varn? B.
  • daß ich sô harte gâhe, daß heiße ich wol bewarn:
  • mir suln ê mîne bruoder teilen mit diu lant.‘
  • leit was eß Sîvride, dô erß an Kriemhilt ervant.
  • Die vürsten zuozim giengen und sprâchen alle drî: A.638
  • ‚nu wißßet daß, hêr Sîvrit, daß iu immer sî
  • mit triuwen unser dienest bereit unz in den tôt.‘
  • dô neiger den hêrren, dô man imß sô wol erbôt.
  • ‚Wir suln ouch mit iu teilen,‘ sprach Gîselher daß kint, A.639
  • ‚lant unde bürge, die unser eigen sint:
  • swaß der wîten rîche uns ist undertân,
  • der sult ir teil vil guoten mit samt Kriemhilde hân.‘
  • Sun der Sigmundes zuo den vürsten sprach, A.640
  • dô er den guoten willen an den hêrren sach:
  • ‚Got lâße iu iuwer erbe immer sælec sîn
  • und ouch die liute drinne; ja getuot diu liebe wine mîn
  • ‚Des teiles wol ze râte, den ir ir woldet geben: B.
  • dâ si sol tragen krône, und sul wir daß geleben,
  • si muoß werden rîcher, dan iemen lebender sî.
  • swaß ir sus gebietet, des bin ich iu dienstlîchen bî.‘
  • Dô sprach diu vrouwe Kriemhilt: ‚habet ir der erbe rât, A.641
  • umb Burgunden degene eß niht sô lîhte stât,
  • si müge ein künic gerne vüeren in sîn lant:
  • jâ sol si mit mir teilen mîner lieben bruoder hant.‘
  • Dô sprach der hêrre Gêrnôt: ‚nim dir, swen du wil. A.642
  • die gerne mit dir rîten, der vindestu hie vil.
  • ûß drîßec hundert recken nim dir tûsent man:
  • die sîn dîn heimgesinde.‘ Kriemhilt senden began
  • Nâch Hagenen von Troneje und nâch Ortwîn, A.643
  • ob die und ir mâge Kriemhilde wolden sîn.
  • do gewan dar umbe Hagene ein zornlîcheß leben:
  • er sprach: ‚jâ mag uns Gunther zer werlde niemen gegeben.
  • ‚Ander ingesinde lât iu volgen mite, A.644
  • wan ir wol bekennet der Tronejære site:
  • wir müeßen bî den künegen hie ze hove bestân.
  • wir suln in langer dienen, den wir her gevolget hân.‘
  • Daß ließen si belîben und bereiten sich dan. A.645
  • ir edel ingesinde vrou Kriemhilt zir gewan,
  • zwô und drîßec meide und fünf hundert man;
  • Eckewart der grâve volgete Kriemhilde dan.
  • Urloup si dô nâmen, rîter unde kneht, A.646
  • meide unde vrouwen: daß was vil michel reht.
  • gescheiden küssende wurden si zehant:
  • si rûmten vrœlîchen des künic Guntheres lant.
  • Do beleiten si ir mâge verre ûf den wegen. A.647
  • man hieß in allenthalben ir nahtselde legen,
  • swâ sis gerne nâmen, durch der künege lant.
  • boten wurden balde Sigemunde dan gesant,
  • Daß er wißßen solde und ouch vrou Sigelint, A.648
  • daß sîn sun komen wolde und vrou Uoten kint,
  • Kriemhilt diu vil schœne, von Wormeß über Rîn.
  • done kunden in diu mære nimmer lieber gesîn.
  • ‚Wol mich,‘ sprach dô Sigemunt, ‚daß ich gelebet hân, A.649
  • daß diu schœne Kriemhilt sol hie gekrônet gân:
  • des müeßen wol getiuret sîn diu erbe mîn.
  • mîn sun Sîvrit sol hie selbe künic sîn.‘
  • Dô gap diu vrouwe Sigelint manegen samît rôt, A.650
  • silber und golt swære was ir botenbrôt.
  • si vreute sich der mære, diu si dô vernam.
  • alleß ir gesinde mit vlîße kleiden sich began.
  • Man seite, wer dâ kœme mit Sîvride in daß lant. A.651
  • dô hieß si gesidele rihten sâ zehant,
  • dar zuo er under krône vor vriunden solde gân.
  • dô riten in engegene des künic Sigmundes man.
  • Ist iemen baß enphangen, dêst mir unbekant, A.652
  • danne die helde in Sigmundes lant.
  • Siglint diu schœne Kriemhilde gegen reit
  • mit maneger schœnen vrouwen unde rîtern gemeit
  • In einer tageweide, dâ man die geste sach. A.653
  • die kunden und die vremden liten ungemach,
  • unze si kômen zeiner bürge wît,
  • diu was geheißen Santen, dâ si krône truogen sît.
  • Mit lachendem munde Siglint und Sigmunt A.654
  • kusten Kriemhilde durch liebe manege stunt
  • und ouch Sîvriden: in was ir leit benomen.
  • alleß ir gesinde was in grôße willekomen.
  • Dô brâhte man die geste vür Sigmundes sal. A.655
  • die schœnen juncvrouwen huop man dâ ze tal
  • nider von den mœren. dâ was manec man,
  • der den schœnen wîben mit vlîße dienen began.
  • Swie grôß ir hôhzîte bî Rîne was bekant, B.
  • noch gap man hie den helden vil beßßer gewant,
  • denne si ie getrüegen noch bî allen ir tagen.
  • man mohte michel wunder von ir rîcheite sagen.
  • Dôs in ir grôßen êren sâßen und heten genuoc, A.656
  • waß goltvarwer gêren ir ingesinde truoc,
  • borten und edel gesteine verwieret wol dar în!
  • sus phlac vlîßeclîchen ir diu edel künegîn.
  • Dô sprach vor sînen vriunden der hêrre Sigmunt: A.657
  • ‚allen mînen vriunden sol daß wesen kunt,
  • daß Sîvrit mîne krône hinnen vür sol tragen.‘
  • diu mære hôrten gerne die von Niderlanden sagen.
  • Er bevalch im sîne krône, gerihte unde lant: A.658
  • sît was er ir hêrre. die er ze rehte vant
  • und dar er rihten solde, daß wart alsô getân,
  • daß man sêre vorhte der schœnen Kriemhilde man.
  • In disen hôhen êren lebter, daß ist wâr, A.659
  • und rihte ouch under krône unz in daß zehende jâr,
  • daß diu schœne vrouwe einen sun gewan:
  • daß was des küneges mâgen nâch ir willen wol ergân.
  • Den îlte man dô toufen und gab im einen namen, A.660
  • Gunther, nâch sînem œheim; des dorfte er sich niht schamen.
  • geriet er nâch den mâgen, er wurde ein küene man.
  • dô zôch man in mit vlîße: daß was von schulden getân.
  • In den selben zîten starp vrou Sigelint: A.661
  • dô nam den gwalt mit alle der edelen Uoten kint,
  • der sô rîcher vrouwen ob landen wol gezam.
  • daß klageten genuoge, dô si der tôt von in genam.
  • Nu hete ouch dort bî Rîne, sô wir hœren sagen, A.662
  • bî Gunther dem rîchen einen sun getragen
  • Prünhilt diu schœne in Burgunden lant.
  • durch des heldes liebe wart er Sîvrit genant.
  • Wie rehte vlîßeclîche man sîn hüeten hieß! B.
  • Gunther der edele im magezogen ließ,
  • dieß kunden lêren tugende, gewüehseß zeinem man.
  • hei, waß im ungelücke sît der vriunde an gewan!
  • Mære zallen zîten wart sô vil geseit, VI.663
  • wie rehte lobelîchen die recken vil gemeit
  • lebten zallen stunden in Sigmundes lant.
  • alsam tet ouch Gunther mit sînen mâgen ûß erkant.
  • Daß lant ze Niblunge Sîvride diende hie, 664
  • rîcher sîner mâge wart deheiner nie,
  • und Schilbunges recken und ir beider guot.
  • des truoc der vil küene deste hôher den muot.
  • Hort den aller meisten, den ie helt gewan, 665
  • âne dies ê phlâgen, hete der küene man,
  • den er vor eime berge mit sîner hende erstreit,
  • dar umbe er sluoc ze tôde manegen rîter gemeit.
  • Er hete den wunsch der êren, und wær des niht geschehen, 666
  • sô müese man von schulden dem edelen recken jehen,
  • daß er wær der beste, der ie ûf ors gesaß.
  • man vorhte sîne sterke und tet vil billîchen daß.
  • Âventiure
  • wie Gunther Sîvriden zuo der hôhzît bat.
  • Dô dâhte ouch alle zîte daß Guntheres wîp: 667
  • ‚wie treit et alsô hôhe vrou Kriemhilt den lîp?
  • nu ist doch unser eigen Sîvrit ir man:
  • er hât uns nu lange lützel dienste getân.‘
  • Daß truoc si in ir herzen und wart ouch wol verdeit; 668
  • daß si ir vremde wâren, daß was der vrouwen leit.
  • daß si niht zinses hête von des vürsten lant,
  • wâ von daß wære, daß hete si gerne bekant.
  • Si versuochte eß an dem künege, ob daß möhte geschehen, 669
  • daß si Kriemhilde solde noch gesehen.
  • si reite eß heimlîche, des si dâ hete muot.
  • dô dûhte den hêrren diu rede mæßlîchen guot.
  • ‚Wie möhten wir si bringen,‘ sprach der künic rîch, 670
  • ‚her zuo disem lande? daß wær unmügelîch.
  • si sitzent uns ze verre: ich getarses niht gebiten.‘
  • des antwurt im Prünhilt in vil hôhverten siten:
  • ‚Swie hôhe rîche wære deheines küneges man, 671
  • swaß im gebüte sîn hêrre, daß solde er doch niht lân.‘
  • des ersmielte Gunther, dô si daß gesprach:
  • ern jachs im niht ze dienste, swie dicke er Sîvriden sach.
  • Si sprach: ‚lieber hêrre, durch den willen mîn, 672
  • hilf mir, daß Sîvrit und diu swester dîn
  • komen zuo dem lande, daß wir si hie gesehen:
  • sone kunde mir ze wâre nimmer lieber geschehen.
  • ‚Dîner swester zühte, ir wol gezogen muot, 673
  • sô ich dar an gedenke, wie sanfte mir daß tuot;
  • wie wir ensament sâßen, dô ich wart dîn wîp!
  • si mac mit êren minnen des küenen Sîvrides lîp.‘
  • Si gertes alsô lange, unz der künic sprach: 674
  • ‚nu wißßet, daß ich geste sô gerne nie gesach.
  • ir muget mich sanfte vlêgen: ich wil die boten mîn
  • nâch in beiden senden, daß si her komen an den Rîn.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚sô sult ir mir sagen, A.675
  • wenne ir si welt besenden, oder in welhen tagen
  • unser liebe vriunde suln komen in daß lant.
  • die ir dar welt senden, die lât mir werden bekant.‘
  • ‚Daß tuon ich,‘ sprach der fürste: ‚drîßec mîner man 676
  • wil ich dar lân rîten.‘ die hieß er vür sich gân:
  • bî den enbôt er mære in Sîvrides lant.
  • ze liebe gab in Prünhilt vil harte hêrlîch gewant.
  • Dô sprach der künec: ‚ir recken sult von mir sagen, 677
  • daß ich dar enbiete, des sult ir niht verdagen,
  • dem starken Sîvride und der swester mîn,
  • daß in darf zer werlde niemen holder gesîn.
  • ‚Und bitet, daß si beidiu uns komen an den Rîn: 678
  • daß welle ich und mîn vrouwe immer diende sîn.
  • vor disen sunewenden sol er und sîne man
  • sehen hie vil manegen, der in grôßer êren gan.
  • ‚Dem künic Sigmunde saget den dienst mîn, 679
  • daß ich und mîne vriunde im immer wæge sîn,
  • und saget ouch mîner swester, daß si niht lâße daß,
  • sine rîte zuo ir vriunden: ir zaeme nie hôhzîte baß.‘
  • Prünhilt und Uote und swaß man vrouwen vant, 680
  • die enbuten ir dienest in Sîvrides lant
  • den minneclîchen vrouwen und manegem küenen man.
  • mit des küneges râte die boten huoben sich dan.
  • Si vuoren reislîche; ir phert und ir gewant 681
  • daß was in komen allen: dô rûmten si daß lant.
  • in zogte wol ir verte, dar si dâ wolden varn.
  • der künic mit geleite bat die boten wol bewarn.
  • Inre tagen zwelven si kômen in daß lant, 682
  • ze Niblunges bürge: dar wâren si gesant.
  • ze Norweg in der marke vunden si den degen.
  • ros und liute wâren müede von den langen wegen.
  • Sîvride und Kriemhilde wart beiden dô geseit, 683
  • daß rîter komen wæren, die trüegen solhiu kleit,
  • sam man zen Burgunden dâ der site phlac.
  • si spranc von eime bette dâ si ruowende lac.
  • Dô bat si zeime venster eine maget gân. 684
  • diu sach den küenen Gêren an dem hove stân,
  • in und die gesellen, die wâren dar gesant.
  • gegen ir herzeleide wie liebiu mære si bevant!
  • Si sprach zuo dem künege: ‚seht ir, wâ si stênt, 685
  • die mit dem starken Gêren ûf dem hove gênt,
  • die uns mîn bruoder Gunther sendet nider Rîn.‘
  • dô sprach der starke Sîvrit: ‚der sol uns willekomen sîn.‘
  • Alleß daß gesinde lief, dâ man si sach. 686
  • ir ieslîch besunder vil güetlîche sprach
  • daß beste, daß si kunden, zuo den boten dô.
  • Sigmunt der hêrre was ir künfte harte vrô.
  • Dô wart geherberget Gêre und sîne man; 687
  • diu ros man hieß behalten. die boten giengen dan,
  • dâ hêr Sîvrit bî Kriemhilde saß.
  • si sâhen in vil gerne, daß sult ir wißßen, âne haß.
  • Der wirt mit sînem wîbe stuont ûf sâ zehant. 688
  • wol wart enphangen Gêre ûß Burgunden lant
  • und sîne hergesellen, Guntheres man,
  • Gêren den vil rîchen bat man an den sedel gân.
  • ‚Erloubet uns die botschaft, ê wir sitzen gên, 689
  • uns wegemüede geste lât uns die wîle sten.
  • wir suln iu sagen mære, waß iu enboten hât
  • Gunther und Prünhilt, der dinc vil zierlîche stât,
  • ‚Unde waß vrou Uote, iur muoter, her enbôt, A.690
  • Gîselher der junge und ouch er Gêrnôt
  • und iuwer besten mâge habent uns her gesant:
  • die enbietent iu ir dienest ûßer Burgunden lant.‘
  • ‚Nu lôn in Got,‘ sprach Sîvrit, ‚ich getrûwe in wol A.691
  • triuwen unde guotes, alsô man vriunden sol.
  • sam tuot ouch ir swester; man sol uns mêre sagen,
  • ob unser lieben vriunde daheim iht hôhes muotes tragen.
  • ‚Sît wir von in schieden, hât man in iht getân A.692
  • mînen kone mâgen? daß lâßet mich verstân.
  • daß wil ich in mit triuwen immer helfen tragen,
  • unz daß ir vîende mînen dienst müeßen klagen.‘
  • Dô sprach der marcgrâve Gêre, ein rîter guot: 693
  • ‚si sint in allen tugenden mit vreuden wol gemuot.
  • si ladent iuch ze Rîne zeiner hôhgezît.
  • si sæhen iuch vil gerne, daß ir des âne zwîvel sît.
  • ‚Si bitent mîne vrouwen, si sül mit iu dar komen. 694
  • swenne der winder ein ende habe genomen,
  • vor disen sunewenden wolden si iuch sehen.‘
  • dô sprach der starke Sîvrit: ‚daß kunde müelîch geschehen.‘
  • Dô sprach aber Gêre von Burgunden lant: A.695
  • ‚iuwer muoter Uote diu hât iuch gemant,
  • Gêrnôt unde Gîselher, ir sült in niht versagen.
  • daß ir in sît sô verre, daß hœre ich tegelîche klagen.
  • Prünhilt mîn vrouwe und ir magedîn 696
  • vreuwent sich der mære: ob daß mehte sîn,
  • daß si iuch noch sæhen, daß gæbe in hôhen muot.‘
  • dô dûhten disiu mære die schœnen Kriemhilde guot.
  • Gêre was ir sippe: der wirt in sitzen hieß; 697
  • den gesten hieß er schenken: niht langer man daß ließ.
  • dô kom ouch dar Sigmunt, dâ er die boten sach:
  • der hêrre vriuntlîche zuo den Burgunden sprach:
  • ‚Sît willekomen, ir recken, Guntheres man. 698
  • sît daß Kriemhilde ze wîbe gewan
  • mîn sun Sîvrit, man solde iuch dicker sehen
  • hie in disem lande, wolt ir uns vriuntschefte jehen.‘
  • Si sprâchen, swenne er wolde, si solden gerne komen. 699
  • in wart michel müede mit vreuden benomen.
  • die boten bat man sitzen, spîse man in truoc:
  • der hieß dô geben Sîvrit den lieben gesten genuoc.
  • Si muosen dâ belîben bevollen niun tage. 700
  • des heten endelîchen die snellen rîter klage,
  • daß si niht wider rîten solden in ir lant.
  • dô hete der künic Sîvrit nâch sînen vriunden gesant.
  • Er vrâgte, waß si rieten: er sold an den Rîn. 701
  • ‚eß hât nâch mir gesendet Gunther der vriunt mîn,
  • er und sîne mâge, durch eine hôhzît:
  • nu kœm ich im vil gerne, wan daß sîn lant ze verre lît.
  • ‚Si bitent Kriemhilde, daß si mit mir var. 702
  • nu râtet, lieben vriunde, wie sol si komen dar?
  • sold ich herverten durch si in drîßec lant,
  • dâ müese in dienen gerne hin diu Sîvrides hant.‘
  • Dô sprâchen sîne recken: ‚habet ir der reise muot 703
  • hin zer hôhzîte, wir râten, waß ir tuot:
  • ir sult mit tûsent recken rîten an den Rîn:
  • sô muget ir wol mit êren dâ zen Burgunden sîn.‘
  • Dô sprach von Niderlanden der hêrre Sigmunt: 704
  • ‚welt ir zer hôhzîte, wan tuot ir mir daß kunt?
  • obeß iu niht versmâhet, sô rîte ich mit iu dar.
  • ich vüere hundert degene, dâ mite mêre ich iuwer schar.‘
  • ‚Welt ir mit uns rîten, lieber vater mîn,‘ 705
  • sprach der küene Sîvrit, ‚vil vrô sol ich des sîn.
  • inre tagen zwelfen sô rûme ich mîniu lant.‘
  • alle, die es gerten, den gap man ros und ouch gewant.
  • Dô der künic edele der reise hete muot, 706
  • dô hieß man wider rîten die snellen degne guot.
  • sînen konemâgen enbôt er an den Rîn,
  • er wolde harte gerne bî ir hôhgezîte sîn.
  • Sîvrit und Kriemhilt, sô wir hœren sagen, 707
  • sô vil den boten gâben, daß eß niht mohten tragen
  • ir mœre heim ze lande: er was ein rîcher man.
  • ir starken soumære treip man vrœlîchen dan.
  • Ir volk kleidete Sîvrit und ouch Sigemunt. 708
  • Eckewart der grâve der hieß an der stunt
  • vrouwen kleider suochen, diu besten, die man vant
  • oder inder kunde erwerben über Sîvrides lant.
  • Die setel zuo den schilden bereiten man began. 709
  • rîtern und vrouwen, die mit im solden dan,
  • den gap man, swaß si wolden, daß in niht gebrast.
  • er brâhte sînen vriunden manegen hêrlîchen gast.
  • Die boten zogten sêre ze lande ûf den wegen. 710
  • dô kom zen Burgunden Gêre der degen.
  • er wart vil wol enphangen: do erbeißten si ze tal
  • von rossen und von mœren vür den Guntheres sal.
  • Die tumben zuo den wîsen giengen, sô man tuot, 711
  • vrâgen umbe mære. sô sprach der rîter guot:
  • ‚swenne ich si sage dem künege, dâ hœrt ir si zehant.‘
  • er gie mit den gesellen, dâ er Guntheren vant.
  • Der künic von liebe von dem sedel spranc. 712
  • daß si sô snelle kômen, des seite in dô danc
  • Prünhilt diu schœne. Gunther zen boten sprach:
  • ‚wie gehabet sich Sîvrit, von dem mir liebe vil geschach?‘
  • Dô sprach der küene Gêre: ‚dâ wart er vreuden rôt, 713
  • er und iuwer swester. nie vriunden baß enbôt
  • sô getriuwe mære deheiner slahte man,
  • als iu der hêrre Sîvrit und ouch sîn vater hât getân.‘
  • Dô sprach zem marcgrâven des rîchen küneges wîp: 714
  • ‚nu sagt mir, kumt uns Kriemhilt? hât noch ir schœner lîp
  • behalten iht der zühte, der si kunde phlegen?‘
  • er sprach: ‚si koment beide und mit in maneger küene degen.‘
  • Uote bat dô drâte die boten vür sich gên. 715
  • man moht an ir vrâge harte wol verstên,
  • daß si hôrte gerne: ‚was Kriemhilt noch gesunt?‘
  • er seite, wier si vunde und daß si kœme in kurzer stunt.
  • Eß wart von in diu gâbe ze hove niht verdeit, 716
  • die in gap er Sîvrit: golt und ouch diu kleit
  • brâhte man ze sehene der drîer künege man.
  • ir vil grôßer milte wart dâ danken getân.
  • ‚Er mac,‘ sprach dô Hagene, ‚von im sanfte geben: 717
  • ern kundeß niht verswenden, sold er immer leben.
  • hort der Niblunge besloßßen hât sîn hant;
  • hei, sold er immer komen in Burgunden lant!‘
  • Alleß daß gedigene vreute sich dar zuo, 718
  • daß si komen solden. spâte unde vruo
  • wâren vil unmüeßec der drîer künege man.
  • manec hêr gesidele man dô rihten began.
  • Hûnolt der küene und Sindolt der degen A.719
  • heten vil unmuoße. die zît muosen phlegen
  • truhsæßen unde schenken, ze rihten manege banc.
  • des half in ouch Ortwîn; des seite in Gunthere danc.
  • Rûmolt der kuchenmeister, wie wol er rihte sît A.720
  • sîne undertâne! manegen keßßel wît,
  • haven unde phannen: hei, waß man der dâ vant!
  • do bereite man den spîse, die dâ kômen in daß lant.
  • Der vrouwen arbeiten was ouch niht kleine, C.
  • dô si bereiten ir kleider. die edelen steine
  • mit glanze verre glesten, verwieret in daß golt,
  • dô si si ane leiten, daß in die liute wurden holt.
  • Âventiure
  • wie si ze der hôhzît vuoren.
  • Alle ir unmuoße lâßen wir nu sîn 721
  • und sagen, wie vrou Kriemhilt und ir magedîn
  • hin gên Rîne vuoren von Niblunge lant.
  • nie getruogen mœre sô manec hêrlîch gewant.
  • Vil der soumschrîne man schihte zuo den wegen. 722
  • dô reit mit sînen vriunden Sîvrit der degen
  • und diu küneginne, dar si heten vreuden wân;
  • sît wart eß in allen ze grôßem leide getân.
  • Dâ heime si dô ließen Sîvrides kindelîn 723
  • und sun den Kriemhilde; daß muos et alsô sîn.
  • von ir hovereise wuohs vil michel sêr:
  • sînen vater und sîn muoter gesach daß kindel nimmer mêr.
  • Dô reit ouch mit in dannen der hêrre Sigmunt. 724
  • solde er rehte wißßen, wie eß nâch der stunt
  • zer hôhzît ergienge, er het ir niht gesehen:
  • im kunde an lieben vriunden leider nimmer geschehen.
  • Boten man vür sande, die mære seiten dar. 725
  • dô reit ouch in enkegene mit wünneclîcher schar
  • vil der Uoten vriunde und der Guntheres man.
  • der wirt gên sînen gesten sich sêre vlîßen began.
  • Er gie zuo Prünhilde, dâ er si sitzen vant. 726
  • ‚wie enphieng iuch mîn swester, do ir kômet in daß lant?
  • sam sult ir enphâhen Sîvrides wîp.‘
  • ‚daß tuon ich,‘ sprach si, ‚gerne: von schulden holt ist ir mîn lîp.‘
  • Dô sprach der künic rîche: ‚si koment uns morgen vruo. A.727
  • welt ir si enphâhen, dâ grîfet balde zuo,
  • daß wir ir niht bîten in der burc hie.
  • mir sint in allen zîten lieber geste komen nie.‘
  • Ir meide und ir vrouwen hieß si sâ zehant 728
  • suochen guotiu kleider, diu besten, diu man vant,
  • diu ir ingesinde vor gesten solde tragen.
  • daß tâten si doch gerne: daß mac man lîhte gesagen.
  • Ouch îlten in dô dienen die Guntheres man. A.729
  • alle sîne recken der wirt zuo im gewan.
  • dô reit diu küneginne hêrlîchen dan.
  • dâ wart vil michel grüeßen die lieben geste getân.
  • Mit wie getânen êren man die geste enphie! 730
  • si dûhte, daß vrou Kriemhilt vroun Prünhilde nie
  • sô rehte wol enphienge in Burgunden lant.
  • die eß ie gesâhen, den wart vil hôher muot bekant.
  • Nu was ouch komen Sîvrit mit den sînen man. 731
  • man sach die helde wenden wider unde dan
  • des veldes allenthalben mit ungevüegen scharn.
  • dringen unde stouben kunde niemen dâ bewarn.
  • Dô der wirt des landes Sîvriden sach 732
  • und ouch Sigmunden, wie güetlîch er sprach!
  • ‚nu sît mir grôße willekomen und al den vriunden mîn;
  • iuwer hovereise sul wir hôhes muotes sîn.‘
  • ‚Nu lône iu got,‘ sprach Sigmunt, der êre gernde man. 733
  • ‚sît daß iuch Sîvrit ze vriunde gewan,
  • dô rieten mîne sinne, daß ich iuch wolde sehen.‘
  • dô sprach der künic Gunther: ‚nu ist mir liebe dran geschehen.‘
  • Sîvrit wart enphangen, als im daß wol gezam, A.734
  • mit vil grôßen êren; niemen was im gram.
  • des half mit grôßen zühten Gîselher und Gêrnôt.
  • nie lieben gesten manß sô güetlîch erbôt.
  • Nu nâheten ze ein ander der zweier künege wîp. 735
  • dâ wart vil setel lære, maneger vrouwen lîp
  • wart von helde handen erhaben ûf daß gras.
  • die vrouwen gerne dienden, waß der dâ unmüeßec was!
  • Dô giengen zuo ein ander diu minneclîchen wîp. 736
  • des was in grôßen vreuden maneges rîters lîp,
  • daß ir beider grüeßen sô minneclîch ergie.
  • dô sach man vil der recken, der dienen vrouwen dâ niht lie.
  • Daß hêrlîch gesinde vie sich bî der hant; 737
  • in zühten grôße nîgen des man vil dâ vant
  • und küssen minneclîchen von vrouwen wol getân.
  • daß was liep ze sehene Gunthers und Sîvrides man.
  • Si biten dâ niht langer, si riten zuo der stat. 738
  • der wirt sînen gesten wol erzeigen bat,
  • daß man si gerne sæhe in Burgunden lant.
  • manegen puneiß rîchen man vor den juncvrouwen vant.
  • Ûßer Troneje Hagene und ouch Ortwîn, A.739
  • daß si gewaltec wæren, daß tâten si wol schîn.
  • swaß si gebieten wolden, des torste man niht lân.
  • von in wart michel dienest den lieben gesten getân.
  • Vil schilde hôrt man hellen dâ ze dem bürge tor 740
  • von stichen und von stôßen. lange habete dâ vor
  • der wirt mit sînen gesten, ê si kômen drin.
  • jâ gie in diu stunde mit grôßer kurzwîle hin.
  • Vür den palas wîten mit vreuden si dô riten. 741
  • manegen phelle spæhe, guot und wol gesniten,
  • sach man über setele den vrouwen wol getân
  • allenthalben hangen. dô kômen Guntheres man:
  • Die hießen si dô vüeren balde an ir gemach. 742
  • under wîlen blicken man Prünhilde sach
  • an vrouwen Kriemhilde, diu schœne was genuoc.
  • ir varwe gên dem golde den glanz vil hêrlîchen truoc.
  • Allenthalben schallen ze Wormeß in der stat A.743
  • hôrte manß gesinde. Gunther dô bat
  • Dancwarten sînen marschalc, daß er ir solde phlegen.
  • do begunde er daß gesinde harte güetlîchen legen.
  • Dar ûße und ouch dar inne spîsen man si lie. 744
  • jâ wart vremder geste baß gephlegen nie.
  • alles, des si gerten, des was man in bereit.
  • der künic was sô rîche, daß niemen dâ niht wart verseit.
  • Man diende in vriuntlîche und ân allen haß. 745
  • der wirt dâ ze tische mit sînen gesten saß.
  • dô muose sitzen Sîvrît, als er ê hete getân.
  • dô gie mit im ze tische vil manec wætlîcher man.
  • Zwelf hundert recken an dem ringe sîn 746
  • dâ ze tische sâßen. Prünhilt diu künegîn
  • gedâht, daß eigen holde niht rîcher kunde wesen.
  • si was im noch sô wæge, daß si in gerne lie genesen.
  • An jenem âbende, dâ der künic saß, 747
  • vil der rîchen kleider wart von wîne naß,
  • dâ die schenken solden zuo den tischen gân:
  • dâ wart vil voller dienest mit grôßem vlîße getân.
  • Sô man ze hôhgezîten lange hât gephlegen, 748
  • vrouwen unde meide hieß man schône legen.
  • swannen si dar kômen, der wirt in willen truoc;
  • in güetlîchen êren man gap in allen genuoc.
  • Dô diu naht het ende und der tac erschein, 749
  • ûß den soumschrînen manec edel stein
  • erlûhte in guoter wæte, die ruorte vrouwen hant.
  • dô wart ervür gesuochet manec hêrlîch gewant.
  • Ê eß vol ertagete, dô kômen vür den sal 750
  • vil rîter unde knehte: dô huop sich aber schal
  • vor einer vruomesse, die man dem künege sanc.
  • dâ riten junge helde, daß ins der künic seite danc.
  • Manec pusûne lûte vil krefteclîch erdôß. 751
  • von trumben und von vloiten der schal wart sô grôß,
  • daß Wormeß diu vil wîte dar nâch lûte erschal.
  • die hôch gemuoten helde ze rossen kômen über al.
  • Dô huop sich in dem lande harte hôch ein spil 752
  • von manegem guoten recken: der sach man dâ vil,
  • den ir tumbiu herze gâben hôhen muot;
  • dô sach man under schilde manegen zieren rîter guot.
  • In diu venster sâßen diu hêrlîchen wîp 753
  • und vil der schœnen meide; gezieret was ir lîp.
  • si sâhen kurzewîle von manegem küenen man.
  • der wirt mit sînen vriunden selbe rîten dâ began.
  • Sus vertriben si die wîle: diu dûhte si niht lanc. 754
  • man hôrte dâ zem tuome maneger glocken klanc:
  • dô kômen in die mœre: die vrouwen riten dan;
  • den edelen küneginnen volgete manec küene man.
  • Si stuonden vor dem münster nider ûf daß gras. 755
  • Prünhilt ir gesten dannoch wæge was.
  • si giengen under krône in daß münster wît.
  • diu liebe wart gescheiden: daß vrumte grœßlîcher nît.
  • Dô si gehôrten messe, si vuoren wider dan 756
  • mit vil manegen êren. man sach si sider gân
  • ze tische vrœlîche. ir vreude nie gelac
  • dâ zer hôhgezîte unz an den einliften tac.
  • Do gedâht diu küneginne: ‚ine mac niht langer dagen. C.
  • swie ich daß gevüege, Kriemhilt muoß mir sagen,
  • war umbe uns alsô lange den zins verseßßen hât
  • ir man, derst unser eigen: der vrâge hân ich keinen rât.‘
  • Sus warte si der wîle, als eß der tiuvel riet: C.
  • die vreude und ouch die hôhgezît mit leide si dô schiet.
  • daß ir lac amme herzen, ze liehte eß muose komen.
  • des wart in manegen landen von ir jâmers vil vernomen.
  • Âventiure
  • wie die küneginne ein ander schulten.
  • Vor einer vesperzîte huop sich grôß ungemach, 757
  • daß von manegem recken ûf dem hove geschach:
  • si phlâgen rîterschefte durch kurzwîle wân.
  • dô liefen dar durch schouwen manec wîp unde man.
  • Ze samne dô gesâßen die küneginne rîch: 758
  • si gedâhten zweier recken, die wâren lobelîch.
  • dô sprach diu schœne Kriemhilt: ‚ich hân einen man,
  • daß elliu disiu rîche zuo sînen handen solden stân.‘
  • Dô sprach diu vrouwe Prünhilt: ‚wie kunde daß gesîn? 759
  • ob ander nieman lebete wan dîn unde sîn,
  • sô möhten im diu rîche wol wesen undertân:
  • die wîle daß lebet Gunther, sô kundeß nimmer ergân.‘
  • Dô sprach aber Kriemhilt: ‚sihestu, wie er stât, 760
  • wie rehte hêrlîche er vor den recken gât,
  • sam der liehte mâne vor den sternen tuot!
  • des muoß ich von schulden tragen vrœlîchen muot.‘
  • Dô sprach diu vrouwe Prünhilt: ‚swie wætlîch sî dîn man, 761
  • swie biderbe und swie schœne, sô soltu vor im lân
  • Gunther den recken, den edelen bruoder dîn:
  • der muoß vor allen künegen, daß wißße, wærlîche sîn.‘
  • Dô sprach aber Kriemhilt: ‚sô tiuwer ist mîn man, 762
  • daß ich in âne schulde niht gelobet hân.
  • an vil manegen dingen ist sîn êre grôß.
  • geloubestu daß, Prünhilt, er ist wol Gunthers genôß.‘
  • ‚Jane soltu mirß, Kriemhilt, ze arge niht verstân, 763
  • wan ich ouch âne schulde niht die rede hân getân:
  • ich hôrtes jehen beide, dô ichs êrste sach,
  • und dâ des küneges wille an mîme lîbe geschach,
  • ‚Und dâ er mîne minne sô rîterlîch gewan, 764
  • dô jach Sîvrit, er wære sküneges man:
  • des hân ich in vür eigen, sît ich ins hôrte jehen.‘
  • dô sprach diu schœne Kriemhilt: ‚sô wær mir übele geschehen.
  • ‚Wie heten sô geworben die edelen bruoder mîn, 765
  • daß ich eigenmannes wine solde sîn?
  • des wil ich dich, Prünhilt, vil vriuntlîchen biten,
  • daß du die rede lâßest durch mich mit güetlîchen siten.‘
  • ‚Ich mag ir niht gelâßen,‘ sprach des küneges wîp: 766
  • ‚zwiu sold ich verkiesen sô maneges rîters lîp,
  • der uns mit dem degene dienstlîch ist undertân?‘
  • Kriemhilt diu vil schœne daß sêre zürnen began.
  • ‚Du muost in verkiesen, daß er dir immer bî 767
  • wone deheiner dienste. erst tiurer, danne sî
  • Gunther mîn bruoder, der vil edel man.
  • du solt mich des erlâßen, daß ich von dir vernomen hân.
  • ‚Und nimt mich immer wunder, sît er dîn eigen ist 768
  • und du über uns beidiu sô gewaltec bist,
  • daß er dir sô lange den zins verseßßen hât.
  • dîner übermüete solde ich von rehte haben rât.‘
  • ‚Du ziuhest dich ze hôhe,‘ sprach dô des küneges wîp. 769
  • ‚nu wil ich sehen gerne, ob man dînen lîp
  • habe ze solhen êren, sô man den mînen tuot.‘
  • die vrouwen wurden beide vil sêre zornec gemuot.
  • Dô sprach diu vrouwe Kriemhilt: ‚daß muoß et nu geschehen: 770
  • sît du mînes mannes vür eigen hâst gejehen,
  • sô müeßen hiute kiesen der beider künege man,
  • ob ich vor küneges wîbe ze kirche türre gegân.
  • ‚Du muost daß hiute schouwen, daß ich bin edelvrî, A.771
  • und daß mîn man ist tiuwerer, danne der dîn sî.
  • dâ mite wil ich selbe niht bescholden sîn.
  • du solt noch hiute kiesen, wie diu eigen diu dîn
  • ‚Ze hove gê vor recken in Burgunden lant. A.772
  • ich wil wesen tiuwerer, danne ieman habe bekant
  • deheine küneginne, diu krôn her ie getruoc.‘
  • dô huop sich undern vrouwen grôßes nîdes genuoc.
  • Dô sprach aber Prünhilt: ‚wiltu niht eigen sîn, 773
  • sô muostu dich scheiden mit den vrouwen dîn
  • von mînem ingesinde, dâ wir ze münster gân.‘
  • des antwurte Kriemhilt: ‚triuwen, daß sol sîn getân.‘
  • ‚Nu kleidet iuch, mîn meide,‘ sprach Sîvrides wîp. 774
  • ‚eß muoß âne schande belîben hie mîn lîp.
  • ir sult daß lâßen schouwen, habt ir iht rîche wât.
  • si mac sîn gerne lougen, des si hie verjehen hât.‘
  • Man mohte in lîhte râten, si suochten rîchiu kleit. 775
  • dâ wart vil wol gezieret manec vrouwe unde meit.
  • dô gie mit ir gesinde des edelen wirtes wîp;
  • ze wunsche wart gekleidet der schœnen Kriemhilde lîp
  • Mit drin und vierzec meiden: die brâhtes an den Rîn; A.776
  • die truogen liehte phelle, geworht in Arâbîn.
  • sus kômen zuo dem münster die meide wol getân.
  • ir warten vor dem hûse alle Sîvrides man.
  • Die liute nam des wunder, wâ von daß geschach, 777
  • daß man die küneginne alsô gescheiden sach,
  • daß si bî ein ander niht giengen alsam ê.
  • dâ von wart manegem degene sît vil sorclîchen wê.
  • Nu stuont vor dem münster Guntheres wîp. 778
  • dô hete kurzwîle vil maneges rîters lîp
  • mit den schœnen vrouwen, der si dâ nâmen war.
  • dô kom diu edel Kriemhilt mit maneger hêrlîchen schar.
  • Swaß kleider ie getruogen edeler rîter kint, 779
  • wider ir gesinde daß was gar ein wint.
  • si was sô rîch des guotes, daß drîßec küneges wîp
  • eß möhten niht erziugen, daß eine erziuget ir lîp.
  • Ob ieman wünschen solde, der kunde niht gesagen, 780
  • daß man sô rîcher kleider gesæhe ie mê getragen,
  • sô dâ ze stunde truogen ir meide wol getân.
  • wan Prünhilde ze leide, eß hete Kriemhilt verlân.
  • Ze samene si dô kômen vor dem münster wît. 781
  • eß tet diu hûsvrouwe durch einen grôßen nît,
  • si hieß vil übellîche Kriemhilde stân:
  • ‚jâ sol vor küneges wîbe nimmer eigen diu gegân.‘
  • Dô sprach diu schœne Kriemhilt, zornec was ir muot: 782
  • ‚kundestu noch swîgen, daß wær dir lîhte guot.
  • duo hâst geschendet dînen schœnen lîp.
  • wie mohte mannes kebse immer werden küneges wîp?‘
  • ‚Wen hâstu hie verkebeset?‘ sprach des küneges wîp. 783
  • ‚daß tuon ich dich,‘ sprach Kriemhilt: ‚dînen schœnen lîp
  • minnete êrste Sîvrit, mîn vil lieber man.
  • jâ was eß niht mîn bruoder, der dînen meituom gewan.
  • ‚War kômen dîne sinne? eß was ein arger list, 784
  • daß du in ließe minnen, sît er dîn eigen ist.
  • ich hœre dich,‘ sprach Kriemhilt, ‚âne schulde klagen.‘
  • ‚triuwen,‘ sprach dô Prünhilt, ‚daß wil ich Gunthere sagen.‘
  • ‚Waß mac mir daß gewerren? dîn übermuot dich hât betrogen: 785
  • du hâst mich ze dienste mit rede dich an gezogen.
  • daß wißße an rehten triuwen, eß ist mir immer leit:
  • getriuwer heinlîche sol ich dir wesen unbereit.‘
  • Prünhilt dô weinde: Kriemhilt niht lenger lie, 786
  • vor des küneges wîbe inß münster si dô gie
  • mit ir ingesinde. dâ huop sich grôßer haß:
  • des wurden liehtiu ougen starke trüebe unde naß.
  • Swie vil man Gote diende oder ieman dâ sanc, 787
  • des dûhte Prünhilde diu wîle gar ze lanc,
  • wand ir was vil trüebe der lîp und ouch der muot.
  • des muoste sît enkelten manec helt küene unde guot.
  • Prünhilt mit ir vrouwen gie vür daß münster stân. 788
  • si dâhte: ‚mich muoß Kriemhilt mêre hœren lân,
  • des mich sô lûte zîhet daß wortræße wîp.
  • hât er sichs gerüemet, eß gêt im wærlîch an den lîp.‘
  • Nu kom diu edel Kriemhilt mit manegem küenen man. 789
  • dô sprach diu vrouwe Prünhilt: ‚ir sult noch stille stân.
  • ir jâhet mîn ze kebesen: daß sult ir lâßen sehen:
  • mir ist von iuwern sprüchen, daß wißßet, leide geschehen.‘
  • Dô sprach diu schœne Kriemhilt: ‚ir möht mich lâßen gân. 790
  • ich erziugeß mit dem golde, deich an der hende hân:
  • daß brâhte mir Sîvrit, dô er bî iu lac.‘
  • nie gelebte Prünhilt deheinen leideren tac.
  • Si sprach: diz golt vil edele daß wart mir verstoln 791
  • und ist mich harte lange übele verholn:
  • ich kum es an ein ende, wer mirß hât genomen.‘
  • die vrouwen wâren beide in grôß ungemüete komen.
  • Dô sprach aber Kriemhilt: ‚ine wils niht wesen diep. 792
  • du möhtest gedaget hân, wær dir êre liep.
  • ich erziugeß mit dem gürtel, den ich umbe hân,
  • daß ich niht enliuge: jâ wart Sîvrit dîn man.‘
  • Von Ninnivê der sîden si den borten truoc 793
  • mit edelem gesteine; jâ was er guot genuoc.
  • dô den gesach Prünhilt, weinen si began:
  • daß muoste vreischen Gunther, dar zuo alle sîne man.
  • Dô sprach diu küneginne: ‚heißet here gân 794
  • den vürsten von Rîne: ich wil in hœren lân,
  • wie mich hât gehœnet sîner swester lîp.
  • si seit hie offenlîche, ich sî Sîvrides wîp.‘
  • Der künic kom mit recken: weinen er dô sach 795
  • sîne triutinne: güetlîch er dô sprach:
  • ‚saget mir, liebiu vrouwe, wer hât iu iht getân?‘
  • si sprach zuo dem künege: ‚ich muoß unvrœlîchen stân.
  • ‚Von allen mînen êren mich diu swester dîn 796
  • gerne wolde scheiden: dir sol geklaget sîn,
  • si giht, mich habe gekebeset Sîvrit ir man.‘
  • dô sprach der künic Gunther: ‚sô hetes übele getân.‘
  • ‚Si treit hie mînen gürtel, den ich hân verlorn, 797
  • und mîn golt daß rôte. daß ich ie wart geborn,
  • daß riuwet mich vil sêre. dun entredest, künic, mich
  • der vil grôßen schanden, ich minne nie mêre dich.‘
  • Dô sprach künic Gunther: ‚er sol her vüre gân: 798
  • hât er sichs gerüemet, daß sol er hœren lân,
  • oder sîn muoß lougenen der helt ûß Niderlant.‘
  • dô wart der küene Sîvrit harte balde dar besant.
  • Dô der hêrre Sîvrit die ungemuoten sach, 799
  • ern weste niht der mære, balde er dô sprach:
  • ‚waß weinent dise vrouwen? daß hete ich gerne erkant,
  • oder von welhen schulden ich dâ her sî besant.‘
  • Dô sprach künic Gunther: mir ist harte leit. 800
  • mir hât mîn vrouwe Prünhilt ein mære hie geseit:
  • du hâst dich gerüemet, du wærst ir êrster man.
  • sô seit dîn wîp Kriemhilt: hâstu, degen, daß getân?
  • ‚Nein ich,‘ sprach dô Sîvrit. ‚und hât si daß geseit, 801
  • end ich erwinde, daß muoß ir werden leit,
  • und wil dirß gerihten vor allen dînen man
  • mit mînen hôhen eiden, daß ich irß niht gesaget hân.‘
  • Dô sprach der künec von Rîne: ‚daß soltu lâßen sehen: A.802
  • den eit, den du biutest, mac der hie geschehen,
  • aller valschen dinge wil ich dich ledec lân.‘
  • man sach zuo dem ringe dô die von Burgunden stân.
  • Sîvrit der vil küene zem eide bôt die hant. A.803
  • dô sprach der künic rîche: ‚mir ist sô wol bekant
  • iuwer grôß unschulde: ich wil iuch ledec lân,
  • des iuch mîn swester zîhet, daß ir des niht habet getân.‘
  • Dô sprach aber Sîvrit: ‚und genießet des ir lîp, 804
  • daß si hât ertrüebet dîn vil schœne wîp,
  • daß ist mir sicherlîchen âne mâße leit.‘
  • dô sâhen zuo ein ander die küenen rîter gemeit.
  • ‚Man sol sô vrouwen ziehen,‘ sprach Sîvrit der degen, 805
  • ‚daß si üppege sprüche lâßen under wegen.
  • verbiut eß dînem wîbe, der mînen tuon ich sam.
  • solher übermüete ich mich wærlîchen scham.‘
  • Mit rede wart gescheiden manec schœne wîp. VII.806
  • dô trûrte alsô sêre Prünhilde ir lîp,
  • daß eß erbarmen muose die Guntheres man.
  • dô kom von Troneje Hagene zuo sîner vrouwen gegân.
  • Er vrâgte, waß ir wære: weinende er si vant. A.807
  • dô seite si im diu mære. er lobte ir sâ zehant,
  • daß eß erarnen müese Kriemhilde man,
  • oder er wolde nimmer dar umbe vrœlîch gestân.
  • Zuo der rede kômen Ortwîn und Gêrnôt, 808
  • dâ die helde rieten den Sîvrides tôt.
  • dar zuo kom ouch Gîselher, der schœnen Uoten kint;
  • dô er ir rede gehôrte, er sprach getriulîchen sint:
  • ‚Ouwê, ir guoten knehte, war umbe tuot ir daß? 809
  • jane gediende Sîvrit nie alsolhen haß,
  • daß er dar umbe solde verliesen sînen lîp:
  • jâ ist des harte lîhte, dar umbe zürnent diu wîp.‘
  • ‚Suln wir gouche ziehen?‘ sprach aber Hagene: 810
  • ‚des habent lützel êre sô guote degene.
  • daß er sich hât gerüemet der lieben vrouwen mîn,
  • dar umbe wil ich sterben, eß engê im an daß leben sîn.‘
  • Dô sprach der künic selbe: ‚ern hât uns niht getân A.811
  • niuwan guot und êre: man sol in leben lân.
  • waß touc, ob ich dem recken wære nu gehaß?
  • er was ie getriuwe und tet vil willeclîchen daß.‘
  • Dô sprach ûßer Metzen der degen Ortwîn: 812
  • ‚jane kan in niht gehelfen diu grôße sterke sîn.
  • erloubet mirß mîn hêrre, ich tuon im alleß leit.‘
  • dô heten im die helde âne schulde widerseit.
  • Sîn gevolgte niemen, niuwan daß Hagene 813
  • riet in allen zîten Gunther dem degene,
  • ob Sîvrit niht enlebte, sô wurde im undertân
  • vil der künege lande. der helt des trûren began.
  • Dô ließen siß belîben: spiln man dô sach. A.814
  • hei, waß man starker schefte vor dem münster brach
  • vor Sîvrides wîbe al zuo dem sale dan!
  • dô wâren in unmuote genuoge Guntheres man.
  • Der künic sprach: ‚lât belîben den mortlîchen zorn. 815
  • er ist uns ze sælden unt ze êren geborn;
  • ouch ist sô stark grimme der wundernküene man,
  • wurde er sîn innen, sô torst in nieman bestân.‘
  • ‚Nein er,‘ sprach dô Hagene. ‚lât iu eß wol behagen: 816
  • ich trouwe eß heinlîche alsô an getragen,
  • daß Prünhilde weinen sol im werden leit.
  • jâ sol im von Hagenen immer wesen widerseit.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚wie möhte daß ergân?‘ 817
  • des antwurte Hagene: ‚ich wil iuchß hœren lân:
  • heißen boten rîten zuo uns in daß lant
  • widersagen offenlîche, die hie niemen sîn bekant.
  • Sô jehet ir vor den gesten, daß ir und iuwer man 818
  • wellent herverten. alsô daß ist getân,
  • sô lobet er iu dar dienen: des vliuset er den lîp,
  • ervare ich uns diu mære an des küenen recken wîp.‘
  • Der künic übel volgte Hagnen sînem man. 819
  • die starken untriuwe begunden tragen an,
  • ê ieman daß ervunde, die rîter ûß erkorn.
  • von zweier vrouwen bâgen wart vil manec helt verlorn.
  • Âventiure
  • wie Sîvrit verrâten wart.
  • An dem vierden morgen zwên und drîßec man 820
  • sach man ze hove rîten. daß wart dô kunt getân
  • Gunther dem rîchen, im wære widerseit.
  • von lüge wuohs den vrouwen grôßer jâmer unde leit.
  • Urloup si gewunnen, daß si vür solden gân, 821
  • und jâhen, daß siß wæren Liudgêres man,
  • den ê dâ hete betwungen Sîvrides hant
  • und in ze gîsel bræhte in daß Guntheres lant.
  • Die boten er dô gruoßte und hieß si sitzen gân. 822
  • einer sprach dar under: hêrre, lât uns stân,
  • unz wir gesagen mære, diu iu enboten sint.
  • jâ habet ir ze vînde, daß wißßet, maneger muoter kint.
  • ‚Iu widerseit Liudegast unde Liudgêr, 823
  • den ir dâ wîlen tâtet gremlîchiu sêr:
  • die wellent zuo iu rîten mit her in ditze lant.‘
  • der künic begunde zürnen, als ob eß wære im unbekant.
  • Man hieß die meinræten zen herbergen varn. 824
  • wie möhte sich Sîvrit dâ vor dô bewarn,
  • er oder ander ieman, daß si dô truogen an?
  • daß wart sît in selben ze grôßem leide getân.
  • Der künic mit sînen vriunden rûnende gie. 825
  • Hagne von Troneje in nie geruowen lie.
  • noch heten eß gescheiden genuoge sküneges man;
  • dône wolde et Hagene nie des râtes abe gân.
  • Eines tages si Sîvrit rûnende vant. 826
  • dô begunde vrâgen der helt von Niderlant:
  • ‚wie gât sô trûreclîchen der künic und sîne man?‘
  • daß hilfe ich immer rechen, hât in iemen iht getân.‘
  • Dô sprach künic Gunther: ‚mir ist von schulden leit: 827
  • Liudgast und Liudegêr habent mir widerseit:
  • si wellen offenlîche rîten in mîn lant.‘
  • dô sprach der degen küene: ‚daß sol Sîvrides hant
  • ‚Nâch allen iuwern êren mit vlîße understân; 828
  • ich tuon noch den degenen, als ich hân ê getân.
  • ich lege in wüeste ir bürge und ouch ir lant,
  • ê daß ich erwinde: des sî mîn houbet iuwer phant.
  • ‚Ir und iuwer recken sult hie heime bestân 829
  • und lât mich zuo in rîten mit den, die ich hân.
  • daß ich iu gerne diene, daß lâße ich iuch sehen:
  • von mir sol iuwern vînden, daß wißßet, leide geschehen.‘
  • ‚Sô wol mich dirre mære,‘ sprach der künic dô, 830
  • als ob er ernslîche der helfe wære vrô.
  • in valsche neig im tiefe der ungetriuwe man.
  • dô sprach der hêrre Sîvrit: ‚ir sult kleine sorge hân.‘
  • Dô schikten si die reise mit den knehten dan: 831
  • Sîvride und den sînen ze sehene eß was getân.
  • dô hieß er sich bereiten die von Niderlant:
  • Sîvrides recken suohten strîtlîch gewant.
  • Dô sprach der starke Sîvrit: ‚mîn vater Sigmunt, 832
  • ir sult hie belîben: wir komen in kurzer stunt,
  • gît uns Got gelücke, her wider an den Rîn.
  • ir sult bî dem künege hie vil vrœlîchen sîn.‘
  • Diu zeichen si ane bunden, alsô si wolden dan. 833
  • dô wâren dâ genuoge Guntheres man,
  • dine wessen niht der mære, wâ von eß was geschehen.
  • man mohte grôß gesinde dô bî Sîvride sehen.
  • Ir helme und ouch ir brünne si bunden ûf diu marc; 834
  • dô wolde von dem lande vil manec recke starc.
  • dô gie von Troneje Hagene, da er Kriemhilde vant,
  • und bat im geben urloup: si wolden rûmen daß lant.
  • ‚Wol mich,‘ sprach Kriemhilt, deich ie den man gewan, 835
  • der mînen lieben vriunden sô wol tar vor stân,
  • alse mîn hêr Sîvrit tuot den vriunden mîn:
  • des wil ich hôhes muotes,‘ sprach diu küneginne, ‚sîn.‘
  • ‚Lieber vriunt, er Hagene, gedenket an daß, 836
  • daß ich iu gerne diene und noch nie wart gehaß.
  • des lâßet mich genießen an mînem lieben man:
  • er sol des niht enkelten, hân ich Prünhilt iht getân.
  • ‚Des hât mich sît gerouwen,‘ sprach daß edel wîp, A.837
  • ‚ouch hât er sô zerblouwen dar umbe mînen lîp:
  • daß ichß ie gereite, daß beswârte ir den muot,
  • daß hât vil wol errochen der degen küene unde guot.‘
  • ‚Ir werdet wol versüenet,‘ sprach er, ‚nâch disen tagen. 838
  • Kriemhilt, liebiu vrouwe, jâ sult ir mir sagen,
  • wie ich iu müge dienen an Sîvride iuwerm man.
  • daß tuon ich gerne, vrouwe: baß ichs nieman engan.‘
  • ‚Ich wære ân alle sorge,‘ sprach dô daß edel wîp, 839
  • ‚daß im ieman næme in sturme sînen lîp,
  • ob er niht wolde volgen sîner übermuot:
  • sô wær immer sicher der degen küene unde guot.‘
  • ‚Vrouwe,‘ sprach dô Hagene, ‚und habet ir des wân, 840
  • daß man in müge versnîden, ir sult mich wißßen lân,
  • mit wie getânen listen sol ichß understên?
  • ich wil im ze huote immer rîten unde gên.‘
  • Si sprach: ‚du bist mîn mâc, sô bin ich der dîn. 841
  • ich bevilhe dir ûf triuwe den lieben wine mîn,
  • daß du wol behüetest mir den lieben man.‘
  • si seit im kundiu mære, diu beßßer wæren verlân.
  • Si sprach: ‚mîn man ist küene, dar zuo stark genuoc. 842
  • dô er den lintdrachen an dem berge sluoc,
  • jâ badet sich in dem bluote der recke vil gemeit,
  • dâ von in sît in stürmen dehein wâfen nie versneit.
  • ‚Jedoch bin ich in sorgen, swenne er in strîte stât 843
  • und vil der gêrschüßße von helde handen gât,
  • daß ich dâ verliese den mînen lieben man.
  • hei, waß ich grôßer sorge dicke umb Sîvriden hân!
  • ‚Ich melde eß ûf genâde, vil lieber vriunt, dir, 844
  • daß du dîne triuwe behaltest ane mir,
  • dâ man dâ mac verhouwen den mînen lieben man.
  • daß lâße ich dich hœren: dêst ûf genâde getân.
  • ‚Dô von des trachen wunden vlôß daß heiße bluot 845
  • und dar inne badete sich der rîter guot,
  • dô viel im zwischen herten ein linden blat vil breit.
  • dâ mac man in versnîden: des hân ich sorge unde leit.‘
  • Dô sprach von Tronje Hagene: ‚ûf daß sîn gewant 846
  • næt ein kleineß zeichen. dâ bî ist mir bekant,
  • wâ ich in müge behüeten, sô wir in stürmen stân.‘
  • si wânde den helt vristen; eß was ûf sînen tôt getân.
  • Si sprach: ‚mit kleinen sîden næ ich ûf sîn gewant 847
  • ein tougenlîcheß criuze. dâ sol, helt, dîn hant
  • mînen man behüeten, so eß an die herte gât,
  • und er in starken stürmen vor sînen vîenden stât.‘
  • ‚Daß tuon ich,‘ sprach dô Hagene, ‚vil liebiu vrouwe mîn.‘ 848
  • dô wând ouch diu vrouwe, eß sold im vrume sîn:
  • dô was dâ mite verrâten der Kriemhilde man.
  • urloup nam dô Hagene: dô gie er vrœlîchen dan.
  • Daß er revarn hête, bat im sîn hêrre sagen. C.849
  • ‚mugt ir die reise wenden, sô suln wir rîten jagen.
  • ich hân nu gar diu mære, wie ich in gewinnen sol.
  • muget ir daß gevüegen?‘ ‚daß tuon ich,‘ sprach der künic, ‚wol‘.
  • Des küneges ingesinde was alleß wol gemuot. 850
  • ich wæne, nimmer recke deheiner mêr getuot
  • sô grôße meinræte, sô dâ von im ergie,
  • dô sich an sîne triuwe diu schœne künegîn verlie.
  • Des anderen morgens mit tûsent sîner man 851
  • reit der hêrre Sîvrit vil vrœlîchen dan.
  • er wânde, er solde rechen sîner vriunde leit.
  • Hagene im reit sô nâhen, daß er geschouwet diu kleit.
  • Als er gesach daß bilde, dô schikte er tougen dan, 852
  • die seiten andriu mære, zwêne sîner man:
  • mit vride solde belîben daß Guntheres lant,
  • und si hete Liudegêr zuo dem künige gesant.
  • Wie ungerne Sîvrit dô hin wider reit, 852
  • er enhete ê gerochen sîner vriunde leit!
  • wan in der reise erwanden vil kûme Gunthers man.
  • er reit zuo dem künege: der wirt im danken began.
  • ‚Nu lône iu Got des willen, vriunt, hêr Sîvrit, 853
  • daß ir sô willeclîchen tuot, des ich iuch bit:
  • daß wil ich immer dienen, als ich von rehte sol.
  • vür alle mîne vriunde sô getrouwe ich iu wol.
  • ‚Nu wir der herverte ledec worden sîn, 854
  • sô wil ich jagen rîten bern unde swîn
  • hin zuo dem Oten walde, als ich vil dicke hân.‘
  • daß hete gerâten Hagene, der vil ungetriuwe man.
  • ‚Allen mînen gesten sol man daß nu sagen, 855
  • ich welle vruo rîten: die wellen mit mir jagen,
  • daß sich die bereiten; die wellen hie bestân,
  • hübschen mit den vrouwen: daß sî liep mir getân.‘
  • Dô sprach der starke Sîvrit mit hêrlîchem site: 856
  • ‚swenne ir jagen rîtet, sô wil ich gerne mite.
  • sô sult ir mir lîhen einen suochman
  • und etelîchen bracken: sô wil ich mit iu in den tan.‘
  • ‚Welt ir niht wan einen?‘ sprach der künic zehant. 857
  • ‚ich lîhe iu, welt ir, viere, den wol ist bekant
  • der walt und ouch die stîge, swâ diu tier gânt,
  • die iuch niht urwîse wider heim rîten lânt.‘
  • Dô reit zuo sînem wîbe der rîter vil gemeit. 858
  • schiere hete Hagene dem künige geseit,
  • wie er gewinnen wolde den tiuwerlîchen degen.
  • sus grôßer untriuwe solde nimmer man gephlegen.
  • Dô die vil ungetriuwen ûf geleiten sînen tot, C.
  • si wistenß al gemeine; Gîselher und Gêrnôt
  • wolden niht jagen rîten. ineweiß, durch welhen nît
  • daß si in niht enwarenden; iedoch erarneten siß sît.
  • Âventiure
  • wie Sîvrit erslagen wart.
  • Gunther und Hagene die recken vil balt VIII.859
  • lobeten mit untriuwen ein pirsen in den walt.
  • mit ir scharphen gêren si wolden jagen swîn,
  • beren unde wisende: waß kunde küeners gesîn?
  • Dâ mite reit ouch Sîvrit in êrlîchem site. A.860
  • maneger hande spîse die vuorte man in mite.
  • zuo eime kalten brunnen verlôs er sît den lîp.
  • daß hete gerâten Prünhilt, künic Guntheres wîp.
  • Dô gie der degen küene, da er Kriemhilde vant. A.861
  • dô was nû ûf gesoumet sîn edel pirsgewant
  • und ouch der gesellen: si wolden über Rîn.
  • do endorfte Kriemhilde nimmer leider gesîn.
  • Sîne triutinne kust er an den munt: A.862
  • ‚Got lâße mich dich, vrouwe, gesehen noch gesunt
  • und mich ouch dîniu ougen. mit holden mâgen dîn
  • soltu kurzwîlen: ine mac heime niht gesîn.‘
  • Dô dâhtes an diu mære, si entorste ir niht sagen, A.863
  • diu si Hagenen seite: dô begunde klagen
  • diu edel küneginne, daß si ie gewan den lîp.
  • dô weinde âne mâße daß vil wunderschœne wîp.
  • Si sprach zuo dem recken: ‚lât iuwer jagen sîn. A.864
  • mir troumde hînt leide, wie iuch zwei wildiu swîn
  • jageten über heide: dâ wurden bluomen rôt.
  • daß ich sô sêre weine, des gêt mir armen wîbe nôt.
  • ‚Jâ vürhte ich harte sêre etelîchen rât, A.865
  • ob man der deheinen missedienet hât,
  • die uns gevüegen kunnen vîentlîchen haß.
  • belîbet, lieber hêrre, mit triuwen râte ich iu daß.‘
  • ‚Mîn liebiu triutinne, ich kume in kurzen tagen. A.866
  • ine weiß hie niht der liute, die mir iht haßßes tragen.
  • alle dîne mâge sint mir gemeine holt;
  • ouch hân ich an den degenen hie niht anders versolt.‘
  • ‚Neinâ, hêrre Sîvrit, jâ vürhtich dînen val. A.867
  • mir troumde hînt leide, wie obe dir ze tal
  • vielen zwêne berge: ine sach dich nimmer mê.
  • wiltu von mir scheiden, daß tuot mir inneclîchen wê.‘
  • Er umbevie mit armen daß tugentrîche wîp, A.868
  • mit minneclîchem küssen er trûte ir schœnen lîp.
  • mit urloube er dannen schiet in kurzer stunt.
  • sine gesach in leider dar nâch nimmer mêr gesunt.
  • Dô riten si von dannen in einen tiefen walt A.869
  • durch kurzewîle willen; vil manec rîter balt
  • riten mit dem wirte; man vuorte ouch mit in dan
  • vil der edelen spîse, die die helden solden hân.
  • Geladen vil der rosse kom vor in über Rîn, A.870
  • diu den jeitgesellen truogen brôt unt wîn,
  • vleisch mit den vischen und ander manegen rât,
  • den ein künic sô rîche harte billîchen hât.
  • Si hießen herbergen vür den grüenen walt 871
  • gêns wildes abeloufe die stolzen jegere balt,
  • dâ si dâ jagen solden, ûf einen wert vil breit.
  • dô was ouch komen Sîvrit: daß wart dem künige geseit.
  • Von den jeitgesellen wurden dô bestân 872
  • die warte an allen ende. dô sprach der küene man,
  • Sîvrit der vil starke: ‚wer sol uns in den walt
  • wîsen nâch dem wilde, ir degne küene unde balt?‘
  • ‚Welle wir uns scheiden,‘ sprach dô Hagene, 873
  • ‚ê daß wir beginnen hie ze jagene:
  • dâ bî mugen bekennen ich und der hêrre mîn,
  • wer die besten jegere an diser waltreise sîn.
  • ‚Liute unde hunde suln wir teilen gar: 874
  • sô kêre ieslîcher, dar er gerne var.
  • der danne jage beste, der sol des haben danc.‘
  • dô was der jeger bîten bî ein ander niht lanc.
  • Dô sprach der hêrre Sîvrit: ‚ich hân der hunde rât 875
  • wan einen bracken, der sô genoßßen hât,
  • daß er die verte erkenne der tiere durch den tan.
  • wir komen wol ze jeide,‘ sprach der Kriemhilde man.
  • Dô nam ein alter jegere einen spürhunt: 876
  • er brâhte den hêrren in einer kurzen stunt,
  • dâ si vil tiere vunden: swaß der von leger stuont,
  • diu erjeiten die gesellen, sô noch guote jeger tuont.
  • Swaß ir der bracke ersprancte, diu sluoc mit sîner hant A.877
  • Sîvrit der küene, der helt von Niderlant.
  • sîn ros lief sô sêre, daß ir im niht entran.
  • den lop er vor in allen an dem gejeide gewan.
  • Er was an allen dingen biderbe genuoc. A.878
  • sîn tier daß êrste, daß er ze tôde sluoc,
  • was ein starkeß halpswuol, mit der sîner hant;
  • dar nâch er vil schiere einen grimmen leuwen vant.
  • Der bracke den ersprancte: er schôß in mit dem bogen. A.879
  • eine scharfe strâle hete er dar in gezogen:
  • der leuw lief nâch dem schußße wan drîer sprünge lanc.
  • sîne jeitgesellen die seiten Sîvride danc.
  • Dar nâch sluoc er schiere einen wisent und einen elch, A.880
  • starker ûre viere und einen grimmen schelch.
  • sîn ros truoc in sô balde, daß im niht entran.
  • hirße oder hinde kunde im wênec enkân.
  • Einen eber grôßen vant der spürhunt. 881
  • als er begunde vliehen, dô kom an der stunt
  • des gejeides meister bestuont in ûf der slâ.
  • daß swîn zorneclîchen lief an den küenen degen sâ.
  • Dô sluoc in mit dem swerte Kriemhilde man: 882
  • eß hete ein ander jegere sô sanfte niht getân.
  • dô ern hete ervellet, man vie den spürhunt.
  • dô wart sîn rîch gejeide allen Burgunden kunt.
  • Dô sprâchen sîne jegere: ‚mag eß mit vuoge wesen, B.
  • sô lât uns, hêr Sîvrit, der tier ein teil genesen:
  • ir tuot uns hiute lære den berc und ouch den walt.‘
  • des begonde smielen der degen küene unde balt.
  • Si hôrten allenthalben ludem unde dôß. 883
  • von liuten und von hunden der schal was sô grôß,
  • daß in dâ von antwurte der berc und ouch der tan.
  • vier und zweinzec ruore die jeger hêten verlân.
  • Dô muosen vil der tiere verliesen dâ daß leben. 884
  • dô wânden si vüegen, daß man solde geben
  • in den prîs des jeides: des kunde niht geschehen,
  • dô der starke Sîvrit wart zer viurstat gesehen.
  • Daß jeit was ergangen unde doch niht gar. 885
  • die zer viurstat wolden, die brâhten mit in dar
  • vil maneger hande hiute und wildes genuoc.
  • hei, waß des ze kuchen des küneges ingesinde truoc!
  • Dô hieß der künic künden den jegern wol geborn, 886
  • daß er enbîßen wolde. dô wart lûte ein horn
  • zeiner stunt geblâsen: dâ mite wart erkant,
  • daß man den vürsten edele dâ zen herbergen vant.
  • Dô sprach ein Sîvrides jegere: ‚hêrre, ich hân vernomen B.
  • von eines hornes dußße, daß wir nu suln komen
  • zuo den herbergen: antwurten ich des wil.‘
  • dô wart nâch den gesellen gevrâget blâsende vil.
  • Dô sprach der hêrre Sîvrit: ‚nu rûme wir den tan!‘ 887
  • sîn ros truoc in ebene: si îlten mit im dan.
  • si ersprancten mit ir schalle ein tier gremelich,
  • einen bern wilden. dô sprach der degen hinder sich:
  • ‚Ich wil uns hergesellen kurzwîle wern. 888
  • ir solt den bracken lâßen: ich sihe einen bern;
  • der sol mit uns hinnen zen herbergen varn.
  • ern vliehe danne sêre, ern kan sichs nimmer bewarn.‘
  • Der bracke wart verlâßen, der ber spranc von dan. 889
  • dô wolde in errîten Kriemhilde man.
  • er kom in ein gevelle: done kunde eß niht wesen;
  • daß starke tier dô wânde vor den jegeren genesen.
  • Dô spranc von sîme rosse der stolze rîter guot, 890
  • er begunde nâch loufen. daß tier was unbehuot,
  • eß enkunde im niht entrinnen: dô vie erß sâ zehant;
  • ân alle wunden der helt eß schiere gebant.
  • Krazen noch gebîßen kunde eß niht den man. 891
  • er band eß zuo dem satele: ûf saß der snelle sân,
  • er brâhte eß an die viuwerstat durch sînen hôhen muot
  • zeiner kurzwîle, der degen küene unde guot.
  • Wie rehte hêrlîche er ze herbergen reit! A.892
  • sîn gêr was vil michel, starc unde breit;
  • im hie ein zier wâfen nider ûf den sporn.
  • von rôteme golde der hêrre vuorte ein schœne horn.
  • Von beßßerm pirsgewæte hôrte ich nie gesagen. A.893
  • einen roc swarz phellîn sach man in tragen
  • und einen huot von zobele, der rîche was genuoc.
  • hei, waß er borten an sîme kochære truoc!
  • Von eineme pantel dar über was gezogen A.894
  • ein hût durch die süeße. ouch vuorter einen bogen,
  • den man mit antwerke muose ziehen dan,
  • der in spannen wolde, ern heteß selbe getân.
  • Von einer ludmes hiute was alleß sîn gewant; A.895
  • von houbet unz anß ende gestreut man drûfe vant.
  • ûß der liehten riuhe vil manec goldes zein
  • ze beiden sînen sîten dem küenen jegermeister schein.
  • Ouch vuorte er Balmungen, ein ziere wâfen breit: A.896
  • daß was alsô scherphe, daß eß nie vermeit,
  • swâ manß sluoc ûf helme: sîn ecke wâren guot.
  • der hêrlîche jegere was vil hôhe gemuot.
  • Sît ich iu diu mære gar bescheiden sol, A.897
  • im was sîn edel kocher guoter strâle vol,
  • von guldînen tüllen, diu sahs wol hende breit.
  • eß muoste balde ersterben, swaß er dâ mit versneit.
  • Dô reit der rîter edele vil weidenlîche dan. A.898
  • in sâhen zuo in komende Guntheres man:
  • si liefen im enkegene und enphiengen im daß marc:
  • dô vuorte er bî dem satele den beren grôß unde starc.
  • Als er gestuont von rosse, dô lôste er im diu bant 899
  • von vuoße und ouch von munde. do erlûte sâ zehant
  • vil lûte daß gehünde, swaß es den bern sach.
  • daß tier ze walde wolde: die liute hetens ungemach.
  • Der ber von dem schalle durch die kuche geriet: 900
  • hei, waß er kuchenknehte von dem viuwer schiet!
  • vil keßßele wart gerüeret, zervüeret manec brant;
  • hei, waß man guoter spîse in dem aschen ligen vant!
  • Dô sprungen von dem sedele die hêrren und ir man. 901
  • der ber begunde zürnen; der künic hieß dô lân
  • alleß daß gehünde, daß an seilen lac;
  • und wære eß wol verendet, si heten vrœlîchen tac.
  • Mit bogen und mit spießen, niht langer man daß lie, 902
  • dar liefen dô die snellen, dâ der bere gie.
  • dô was sô vil der hunde, daß dâ nieman schôß.
  • von des liutes schalle daß gebirge alleß erdôß.
  • Der ber begunde vliehen vor den hunden dan: 903
  • im kunde niht gevolgen wan Kriemhilde man.
  • er erlief in mit dem swerte, ze tôde er in dô sluoc.
  • hin zuo dem viure man den beren wider truoc.
  • Dô sprâchen, die daß sâhen, er wære ein kreftec man. 904
  • die stolzen jeitgesellen hieß man ze tische gân.
  • ûf einen schœnen anger saß ir dâ genuoc.
  • hei, waß man rîterspîse dô den stolzen jegern truoc!
  • Die schenken kômen seine, die tragen solden wîn; A.905
  • eß enkunde baß gedienet nimmer helden sîn.
  • heten si dar under niht sô valschen muot,
  • sô wæren wol die recken vor allen schanden behuot.
  • Done hete niht der sinne der küene veige man, C.
  • daß er ir untriuwe kunde sich verstân.
  • er was in ganzen tugenden alles valsches blôß;
  • sîns tôdes muose engelten sît, der sîn nie niht genôß.
  • Dô sprach der hêrre Sîvrit: ‚wunder mich des hât, 906
  • sît man uns von kuchen gît sô manegen rât,
  • war umbe uns die schenken dar zuo niht bringen wîn:
  • man phlege baß der jegere, ich wil niht jeitgeselle sîn.
  • ‚Ich hete wol verdienet, daß man mîn næme war.‘ A.907
  • der künic von dem tische sprach in valsche dar:
  • ‚man sol iu gerne büeßen, swes wir gebresten hân.
  • eß ist von Hagnen schulde: der wil uns erdürsten lân.‘
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚lieber hêrre mîn, A.908
  • ich wânde, daß pirsen solde hiute sîn
  • dâ zem Spehtsharte: den wîn den sande ich dar.
  • sîn wir hiut ungetrunken, wie wol ich mêre daß bewar.‘
  • Dô sprach der hêrre Sîvrit: ‚ir lîp der habe undanc. 909
  • man sold mir siben soume met und lûtertranc
  • haben her gevüeret. dô des niht mohte sîn,
  • dô sold man uns gesidelet haben nâher an den Rîn.‘
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚ir edelen rîter balt, 910
  • ich weiß hie vil nâhen einen brunnen kalt:
  • daß ir niht enzürnet: dâ sul wir hine gân.‘
  • der rât wart manegem degene ze grôßen sorgen getân.
  • Sîvriden den recken twanc des durstes nôt; A.911
  • den tisch er deste zîter ruken dan gebôt:
  • er wolde vür die berge zuo dem brunnen gân.
  • dô was der rât mit meine von den degenen getân.
  • Diu tier hieß man ûf wägenen und vüeren in daß lant, A.912
  • diu dâ hete verhouwen Sîvrides hant.
  • man jach im grôßer êren, swer eß ie gesach.
  • Hagne sîne triuwe sêre an Sîvride brach.
  • Dô si wolden dannen zuo der linden breit, 913
  • dô sprach von Troneje Hagene: ‚mir ist des vil geseit,
  • daß niht gevolgen kunde dem Kriemhilde man,
  • swenne er welle gâhen; hei! wolde er uns daß sehen lân!‘
  • Dô sprach von Niderlande der küene Sîvrit: 914
  • ‚daß muget ir wol versuochen, welt ir mir volgen mit
  • ze wette zuo dem brunnen. sô daß ist getân,
  • dem sol man jehen danne, den man siht ze vorderst stân.‘
  • ‚Nu welle wirß versuochen,‘ sprach Hagne der degen. 915
  • dô sprach der starke Sîvrit: ‚sô wil ich mich legen
  • vür iuwer vüeße nider an daß gras.‘
  • dô er daß gehôrte, wie liep daß Gunthere was!
  • Dô sprach der degen küene: ‚ich wil iu mêre sagen: 916
  • alleß mîn gewæte wil ich mit mir tragen,
  • den gêr zuo dem schilde und mîn pirsgewant.‘
  • den kocher zuo dem swerte vil schier er umbe gebant.
  • Dô zugen si diu kleider von dem lîbe dan: 917
  • in zwein wîßen hemden sach man si beide stân.
  • sam zwei wildiu pantel si liefen durch den klê;
  • doch sach man bî dem brunnen den küenen Sîvriden ê.
  • Den prîs an allen dingen truoc er vor manegem man. 918
  • daß swert lôste er schiere, den kocher leit er dan,
  • den starken gêr er leinde an der linden ast:
  • bî des brunnen vlußße stuont der hêrlîche gast.
  • Die Sîvrides tugende wâren harte grôß. 919
  • den schilt er leite nidere, dâ der brunne vlôß:
  • swie harte sô in durste, der helt doch niht entranc,
  • ê der künec getrunke: des seit er im vil bœsen danc.
  • Der brunne was küele, lûter unde guot. 920
  • Gunther sich dô neigete nider zuo der vluot.
  • als er hete getrunken, dô rihte er sich von dan:
  • alsam het ouch gerne der küene Sîvrit getân.
  • Do engalt er sîner zühte. den bogen und daß swert 921
  • daß truoc alleß Hagene von im danwert
  • und spranc dâ hin widere, da er den gêre vant.
  • er sach nâch einem bilde an des küenen gewant.
  • Dô der hêrre Sîvrit ob dem brunnen tranc, 922
  • er schôß in durch daß kriuze, daß von der wunden spranc
  • daß bluot von dem herzen vaste an Hagnen wât.
  • solher missewende ein helt nu nimmer begât.
  • Den gêr im gên dem herzen stecken er dô lie. A.923
  • alsô grimmeclîche ze flühte Hagne nie
  • gelief in der werlde vor deheinem man.
  • dô sich der starke Sîvrit der grôßen wunden versan,
  • Der hêrre tobelîchen von dem brunnen spranc; 924
  • im ragete von den herten ein gêrstange lanc.
  • der vürste wânde vinden bogen oder swert:
  • sô müese wesen Hagene nâch sîme dienste gewert.
  • Dô der sêre wunde des swertes niht envant, 925
  • done het et er niht mêre wan des schildes rant:
  • er zuct in von dem brunnen, dô lief er Hagnen an:
  • done kunde im niht entrinnen des künic Guntheres man.
  • Swie wunt er was zem tôde, sô krefteclîch er sluoc, 926
  • daß ûßer dem schilde dræte genuoc
  • des edelen gesteines; der schilt vil gar zerbrast.
  • sich hete gerne errochen der vil hêrlîche gast.
  • Hagene muose strûchen vor sîner hant ze tal; 927
  • von des slages krefte der wert vil lûte erhal.
  • het er sîn swert enhende, sô wær eß Hagenen tôt.
  • sêre zurnde der wunde, des twanc in êhaftiu nôt.
  • Erblichen was sîn varwe: ern mohte niht gestên. 928
  • sînes lîbes sterke muoste gar zergên,
  • wande er des tôdes zeichen in liehter varwe truoc.
  • sît wart er beweinet von schœnen vrouwen genuoc.
  • Dô viel in die bluomen der Kriemhilde man. 929
  • daß bluot von sîner wunden sach man vaste gân.
  • dô begunder schelten, des twanc in grôßiu nôt,
  • die ûf in gerâten heten ungetriuwe den tôt.
  • Dô sprach der verchwunde: ‚jâ ir bœsen zagen, 930
  • waß helfent mîniu dienest, sît ir mich habet erslagen?
  • ich was iu ie getriuwe: des ich enkolten hân.
  • ir habt an iuwern vriunden leider übele getân.
  • ‚Die sint dâ von bescholden, swaß ir wirt geborn A.931
  • her nâch disen zîten. ir habt iuwern zorn
  • gerochen al ze sêre an dem lîbe mîn.
  • mit laster gescheiden sult ir von guoten recken sîn.‘
  • Die rîter liefen alle, dâ er erslagen lac. 932
  • eß was ir genuogen ein vreudelôser tac.
  • die iht triuwe hêten, von den wart er gekleit:
  • daß het ouch wol gedienet umb alle liute der helt gemeit.
  • Der künec von Burgunden klagte ouch sînen tôt. 933
  • dô sprach der verchwunde: ‚daß ist âne nôt,
  • daß der nâch schaden weinet, der in dâ hât getân:
  • der dienet michel schelten: eß wære beßßer verlân.‘
  • Dô sprach der grimme Hagene: ‚jane weiß ich, waß ir kleit. 934
  • eß hat nu alleß ende an uns, sorge unde leit.
  • wir vinden ir nu wênec, die getürren uns bestân;
  • wol mich, deich sîner hêrschaft hân ze râte getân.‘
  • ‚Ir muget iuch lîhte rüemen,‘ sprach dô Sîvrit. 935
  • ‚het ich an iu erkunnet den mortlîchen sit,
  • ich hete wol behalten vor iu mînen lîp.
  • mich riuwet niht sô sêre sô vrou Kriemhilt mîn wîp.
  • ‚Nu müeße Got erbarmen, deich ie gewan den sun, 936
  • dem man itewîßen sol daß her nâch tuon,
  • daß sîne mâge ieman mortlîch hânt erslagen.
  • möhte ichß verenden, daß solde ich pillîche klagen.
  • ‚Zer werlde wart nie mêre grœßer mort begân,‘ C.
  • sprach er zuo dem künege, ‚denne an mir ist getân.
  • ich behielt iu lîp und êre in angestlîcher nôt;
  • ich hâns engolten sêre, daß ichß iu ie sô wol erbôt.‘
  • Dô sprach jæmerlîche der verchwunde man: 937
  • ‚welt ir, künic edele, triuwen iht began
  • in der werlde an iemen, lât iu bevolhen sîn
  • ûf iuwer genâde die lieben triutinne mîn.
  • ‚Lât si des genießen, daß si iuwer swester sî: 938
  • durch aller vürsten tugende wont ir mit triuwen bî.
  • mir müeßen warten lange mîn vater und mîne man:
  • eß enwart nie vrouwen leider an liebem vriunde getân.‘
  • Er ramph sich bitterlîche, als im diu nôt gebôt, C.
  • und sprach dô jæmerlîche: ‚der mortlîche tôt
  • mag iuch wol geriuwen her nâch disen tagen:
  • geloubt an rehten triuwen, daß ir iuch selben habt erslagen.‘
  • Die bluomen allenthalben von bluote wâren naß. 939
  • dô ranger mit dem tôde, unlange tet er daß,
  • wan des tôdes wâfen ie ze sêre sneit.
  • dô mohte reden niht mêre der recke küene unde gemeit.
  • Dô die hêrren sâhen, daß der helt was tôt, 940
  • si leiten in ûf einen schilt, der was von golde rôt,
  • und wurden des ze râte, wie daß solde ergân,
  • daß man eß verhæle, daß eß Hagne hete getân.
  • Dô sprâchen ir genuoge: ‚uns ist übel geschehen. 941
  • ir sult eß heln alle und sult gelîche jehen:
  • da er jagen rite aleine, Kriemhilde man,
  • in slüegen schâchære, dâ er vüere durch den tan.‘
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚ich bring in in daß lant. 942
  • mir ist vil unmære, wirt eß ir bekant,
  • diu sô hât betrüebet den Prünhilde muot.
  • eß ahtet mich vil ringe, swaß si nu weinen getuot.‘
  • Von dem selben brunnen, dâ Sîvrit wart erslagen, C.
  • sult ir die rehten wârheit von mir hœren sagen:
  • vor dem Otenwalde ein dorf lît, Otenheim:
  • dâ vliußet noch der brunne, des ist zwîvel dehein.
  • Âventiure
  • wie Sîvrit beklaget und begraben wart.
  • Dô biten si der nahte und vuoren über Rîn: 943
  • von helden kunde nimmer wirs gejaget sîn.
  • ein tier, daß si dâ sluogen, daß weinden edeliu wîp:
  • jâ muosen sîn enkelten vil guoter wîgande lîp.
  • Von grôßer übermüete muget ir hœren sagen IX.944
  • und eislîcher râche. eß hieß Hagne tragen
  • Sîvriden alsô tôten von Niblunge lant
  • vür eine kemenâten, dâ man Kriemhilde vant.
  • Er hieß in tougenlîche legen an die tür, 945
  • daß si in dâ vinden solde, sô si gienge dervür
  • hin ze mettîne, ê daß eß wurde tac,
  • der diu vrouwe Kriemhilt vil selten eine verlac.
  • Man lûte dâ zem münster nâch gewoneheit: 946
  • Kriemhilt diu vil schœne wacte manege meit.
  • ein lieht bat si ir bringen und ouch ir gewant;
  • dô kom ein kamerære, dâ er Sîvriden vant.
  • Er sach in bluotes rôten, sîn wât was elliu naß. 947
  • daß eß sîn hêrre wære, niht enwesser daß.
  • hin ze der kemenâten daß lieht er truoc enhant,
  • bî dem vil leide mære vrouwe Kriemhilt ervant.
  • Dô si mit ir vrouwen ze kirche wolde gân, 948
  • dô sprach der kamerære: ‚vrouwe, ir sult stille stân:
  • eß lît vor dem gademe ein rîter tôt erslagen.‘
  • ‚Ouwê,‘ sprach vrou Kriemhilt, ‚waß wiltu solher mære sagen?‘
  • Ê si rehte ervunde, daß eß wære ir man, A.949
  • an die Hagenen vrâge denken si began,
  • wie er solde in vristen: êrst dô wart ir leit.
  • von ir was allen vreuden mit sîme tôde widerseit.
  • Si seic zuo der erden, daß si niht ensprach: A.950
  • die schœnen vreudelôsen ligen man dô sach.
  • Kriemhilde jâmer wart unmâßen grôß.
  • dô schrei si nâch unkreften, daß al diu kemenâte erdôß.
  • Dô sprach daß gesinde: ‚waß, obeß ist ein gast?‘ 951
  • daß bluot ir ûß dem munde vor herzen jâmer brast.
  • A. (si sprach): ‚nein, eß ist Sîvrit, mîn vil lieber man:
  • eß hât gerâten Prünhilt, daß eß Hagne hât getân.‘
  • Diu vrouwe bat sich wîsen, dâ si den helt vant. 952
  • si huop sîn schœne houbet mit ir vil wîßen hant. A.
  • swie rôt er was von bluote, si hete in schiere erkant.
  • dô lac vil jæmerlîche der helt von Nibelunge lant.
  • Dô rief trûreclîchen diu küneginne milt: 953
  • ‚wê mir dises leides: nu ist dir doch dîn schilt
  • mit swerten niht verhouwen: du lîst ermorderôt.
  • wesse ich, wer eß het getân, ich riete im immer sînen tôt.‘
  • Alleß ir gesinde klagete unde schrê 954
  • mit ir lieben vrouwen, wande in was vil wê
  • umb ir edelen hêrren, der dâ was verlorn.
  • gerochen hete Hagene vil übele Prünhilde zorn.
  • Dô sprach diu jâmerhafte: ‚ir sult hine gân 955
  • und wecket harte balde die Sîvrides man.
  • ir sult ouch Sigmunde mînen jâmer sagen,
  • ob er mir helfen welle den küenen Sîvriden klagen.‘
  • Dô lief ein bote balde, dâ er ligen vant 956
  • Sîvrides helde von Niblunge lant.
  • mit den vil leiden mæren ir vreude er in benam;
  • si woldenß niht gelouben, ê man daß weinen vernam.
  • Der bote kom ouch schiere, dâ der künic lac. A.957
  • Sigmunt der hêrre des slâfes niene phlac:
  • ich wæn, sîn herze im seite, daß im was geschehen,
  • daz er sînen lieben sun nimmer solde mêr gesehen.
  • ‚Wachet, hêrre Sigmunt! mich bat nâch iu gân 958
  • Kriemhilt mîn vrouwe: der ist ein leit getân,
  • daß ir vor allen leiden an ir herze gât:
  • daß sult ir klagen helfen, wan eß sêre iuch bestât.‘
  • Ûf rihte sich dô Sigemunt, er sprach: ‚waß sint diu leit 959
  • der schœnen Kriemhilde, sô du hâst geseit?‘
  • der bote sprach mit weinen: ‚si muoß von schulden klagen:
  • jâ ist von Niderlanden der küene Sîvrit erslagen.‘
  • Dô sprach der künic Sigemunt: ‚lât daß schimpfen sîn 960
  • und alsô bœsiu mære von dem sune mîn,
  • daß ir saget ieman, daß er sî erslagen,
  • wan ich enkunde in nimmer unz an mîn ende verklagen.‘
  • ‚Und welt irß niht gelouben, daß ir mich hœret sagen, 961
  • sô vernemet selbe Kriemhilde klagen
  • und alleß ir gesinde den Sîvrides tôt.‘
  • vil sêre schrac dô Sigmunt: des gie im wærlîchen nôt.
  • Mit hundert sîner manne er von dem bette spranc. 962
  • si zucten zuo den handen diu scharphen wâfen lanc:
  • si liefen zuo dem wuofe jâmerlîchen dan.
  • dô kômen tûsent recken, des küenen Sîvrides man.
  • Dô si sô jâmerlîche die vrouwen hôrten klagen, A.963
  • dô wânden sumelîche, si solden kleider tragen.
  • jane mohten si der sinne vor leide niht gehaben:
  • in was michel swære in ir herze begraben.
  • Dô kom der künic Sigemunt, da er Kriemhilde vant. 964
  • er sprach: ‚ouwê der reise her in ditze lant.
  • wer hât mich mînes kindes und iuch des iuwern man
  • bî alsô guoten vriunden sus mortlîch âne getân?‘
  • ‚Solde ich den bekennen,‘ sprach daß vil edel wîp, 965
  • ‚holt wurde im nimmer mîn herze noch mîn lîp:
  • ich riete im alse leides, daß al die vriunde sîn
  • mit jâmer müesen weinen, daß wißßet, von den schulden mîn.‘
  • Sigemunt mit armen den vürsten umbeslôß. 966
  • dô wart von sînen vriunden der jâmer alsô grôß,
  • daß von dem starken wuofe palas unde sal
  • und diu stat ze Wormße von ir weinen erschal.
  • Done kunde nieman trœsten Sîvrides wîp. 967
  • man zôch ûß den kleidern sînen schœnen lîp
  • und wuosch im sîne wunde, man leite in ûf den rê.
  • dô was sînen liuten von starkem jâmer vil wê.
  • Eß sprâchen sîne recken ûß Niblunge lant: 968
  • ‚in sol immer rechen mit willen unser hant.
  • er ist in disem hûse, der eß hât getân.‘
  • dô ilten sich wâfenen alle Sîvrides man.
  • Die ûß erwelten degene mit schilden kômen dar, 969
  • einlif hundert recken: die hete an sîner schar
  • Sigmunt der rîche. sînes sunes tôt
  • wolde er gerne rechen, als im sîn triuwe daß gebôt.
  • Sine wessen, wen si solden mit strîte dô bestân, 970
  • si entæten Guntheren und ouch sîne man,
  • mit den der hêrre Sîvrit an daß gejeide reit.
  • Kriemhilt sach si gewâfent; daß was ir grœßlîche leit.
  • Swie michel wær ir jâmer und wie starc ir nôt, 971
  • doch vorhte si sô harte der Niblunge tôt
  • von ir bruoder mannen, daß si eß understuont.
  • si warnt si güetlîche, sô vriunde liebe vriunde tuont.
  • Dô sprach diu jâmers rîche: ‚mîn hêr Sigmunt, 972
  • wes welt ir beginnen? iu ist niht rehte kunt.
  • jâ hât künic Gunther sô manegen küenen man:
  • ir welt iuch alle vliesen, welt ir die recken bestân.‘
  • Mit ûf erburten schilden was in ze strîte nôt. 973
  • diu edel küneginne si bat und ouch gebôt,
  • daß eß mîden solden die recken vil gemeit.
  • daß wolden si niht lâßen, daß was ir wærlîche leit.
  • Si sprach: ‚mîn hêr Sigmunt, ir sult eß lâßen stân, 974
  • unz eß sich baß vüege: sô wil ich mînen man
  • immer mit iu rechen. der mir in hât benomen,
  • wird ich des bewîset, eß muoß im schedlîchen komen.
  • ‚Eß ist der übermüeten hie bî Rîne vil, 975
  • dâ von ich iu des strîtes râten niht enwil.
  • si habent wider einen ie wol drîßec man;
  • Got lâß in gelingen, als si umb uns gedienet hân.
  • ‚Ir sult hie belîben und dolt mit mir diu leit, 976
  • unz eß tagen beginne, ir helde vil gemeit:
  • sô helfet mir beserken mînen lieben man.‘
  • dô sprâchen die degene: ‚vrouwe liep, daß sî getân.‘
  • Iu enkunde nieman daß wunder volsagen 977
  • von rîtern und von vrouwen, wie man die hôrte klagen,
  • sô daß man des wuofes wart in der stat gewar.
  • die edelen burgære kômen gâhende dar.
  • Si klagten mit den gesten, wan in was harte leit. 978
  • Sîvrides schulde in wâren niht geseit,
  • durch waß der edel recke verlôs dâ sînen lîp.
  • dô weinden mit den vrouwen der guoten burgære wîp.
  • Smide hieß man gâhen wurken einen sarc 979
  • von silber und von golde, michel unde starc,
  • und hieß in vaste spengen mit stahel, der was guot.
  • dô was al den liuten harte trûrec der muot.
  • Diu naht was ergangen: man seite, eß wolde tagen. 980
  • dô hieß diu edel vrouwe zuo dem münster tragen
  • den vil edelen tôten, ir vil lieben man.
  • swaß er dâ vriunde hête, die sach man weinende gân.
  • Dô si in zem münster brâhten, wie vil dâ glocken klanc! A.981
  • man hôrte allenthalben maneges phaphen sanc.
  • dô kom der künic Gunther dar mit sînen man
  • und ouch der grimme Hagene; daß wære beßßer verlân.
  • Er sprach: ‚liebiu swester, wê der leide dîn. A.982
  • daß wir niht mohten âne sô grôßes schaden sîn.
  • wir müeßen klagen immer Sîvrides lîp.‘
  • ‚daß tuot ir âne schulde,‘ sprach daß jâmerhafte wîp.
  • ‚Wær iu dar umbe leide, sone wær es niht geschehen. A.983
  • ir hetet mîn vergeßßen, des mag ich wol jehen,
  • dâ ich dâ wart gescheiden von mîme lieben man.
  • daß wolde Got von himele, wær eß mir selber getân.‘
  • Si buten vaste ir lougenen; Kriemhilt begunde jehen: A.984
  • ‚swelher sî unschuldec, der lâße daß besehen.
  • der sol zuo der bâre vor den liuten gân:
  • dâ mac man die wârheit harte schiere bî verstân.‘
  • Daß ist ein michel wunder: dicke eß noch geschiht, A.985
  • swâ man den mortmeilen bî dem tôten siht,
  • sô bluotent im die wunden; sam ouch dâ geschach;
  • dâ von man die schulde dâ ze Hagenen gesach.
  • Die wunden vlußßen sêre, alsam si tâten ê. A.986
  • die ê dâ sêre klageten, des wart nu michel mê.
  • dô sprach künic Gunther: ‚ich wilß iuch wißßen lân.
  • in sluogen schâchære: Hagene hât es niht getân.‘
  • ‚Mir sint die schâchære,‘ sprach si, ‚vil wol bekant. A.987
  • nu lâße eß Got errechen noch sîner vriunde hant.
  • Gunther und Hagene, jâ habet irß getân.‘
  • die Sîvrides degene hêten dô zuo strîte wân.
  • Dô sprach aber Kriemhilt: ‚nu dolt mit mir die nôt.‘ A.988
  • dô kômen dise beide, dâ si in vunden tôt,
  • Gêrnôt ir bruoder und Gîselher daß kint.
  • mit triuwen si in klageten; ir ougen wurden naßßes blint.
  • Si weinden inneclîche Kriemhilde man. A.989
  • man wolde messe singen: zuo dem münster dan
  • giengen allenthalben man unde wîp.
  • die sîn doch lîhte enbâren, die weinden Sîvrides lîp.
  • Gêrnôt unde Gîselher sprâchen: ‚swester mîn, A.990
  • nu trœste dich nâch tôde, als eß iedoch muoß sîn.
  • wir wellen dichs ergetzen, die wîle wir leben.‘
  • dône kunde ir nieman trôst neheinen gegeben.
  • Sîn sarc was bereitet wol umbe mitten tac; A.991
  • man huob in von der bâre, dâ er ûfe lac.
  • in wolde noch diu vrouwe lâßen niht begraben:
  • des muosen al die liute michel arbeite haben.
  • In einen rîchen phelle man den tôten want. A.992
  • ich wæne, man dâ ieman âne weinen vant.
  • dô klagte herzenlîche Uote, ein edel wîp,
  • und al ir ingesinde Sîvrides wætlîchen lîp.
  • Dô man gehôrte, daß man zem münster sanc 993
  • und in besarket hête, dâ huop sich grôß gedranc:
  • durch willen sîner sêle waß man ophers truoc!
  • er hete bî den vînden doch guoter vriunde genuoc.
  • Kriemhilt diu arme zir kameræren sprach: 994
  • ‚ir sult durch mîne liebe lîden ungemach:
  • die im guotes günnen und mir wesen holt,
  • durch Sîvrides sêle sol man in teilen sîn golt.‘
  • Dehein kint was sô kleine, daß witze mohte haben, 995
  • eß muose gên zem opher, ê er wurde begraben.
  • wol hundert messe man des tages sanc.
  • von Sîvrides vriunden wart dô grôßer gedranc.
  • Dô man het gesungen, daß volc sich huop von dan. 996
  • dô sprach vrou Kriemhilt: ‚irn sult niht eine lân
  • hînte mich bewachen den ûß erwelten degen.
  • eß ist an sîme lîbe al mîn vreude gelegen.
  • ‚Drî tac und drî nahte wil ich in lâßen stân, A.997
  • unz ich mich geniete mîns vil lieben man.
  • waß, ob Got gebiutet, daß mich ouch nimt der tôt?
  • sô wære wol verendet mîn armer Kriemhilde nôt.‘
  • Ze herbergen giengen die liute von der stat. 998
  • phaffen unde müniche si belîben bat
  • und alleß sîn gesinde, daß des heldes phlac.
  • si heten naht vil arge und vil müelîchen tac.
  • Ân eßßen und ân trinken beleib dâ manec man. A.999
  • die eß nemen wolden, den wart daß kunt getân,
  • man gæbes in den vollen: daß schuof er Sigmunt.
  • dô was den Niblungen vil michel arbeite kunt.
  • Die drîe tagezîte, sô wir hœren sagen, B.
  • die dâ kunden singen, daß si muosen tragen
  • vil der arbeite: waß man in ophers truoc!
  • die dâ arme wâren, die wurden rîche genuoc.
  • Swaß man vant der armen, die es niht mohten hân, 1000
  • die hieß man doch zem opher mit dem golde gân
  • ûß sîn selbes kamere: dô er niht solde leben,
  • umbe sîne sêle wart manec tûsent marc gegeben.
  • Urbor ûf der erden teiltes in diu lant, 1001
  • swâ sô man klôster und guote liute vant.
  • silber gap man unde wât den armen dâ genuoc.
  • si tet dem wol gelîche, daß sim holden willen truoc.
  • An dem dritten morgen ze rehter messezît 1002
  • sô was bî dem münster der kirchhof alsô wît
  • von den lantliuten weinennes alsô vol:
  • si dienden im nâch tôde, als man lieben vriunden sol.
  • In den tagen vieren, man hât gesaget daß, A.1003
  • ze drîßec tûsent marken oder dannoch baß
  • wart durch sîne sêle den armen dâ gegeben.
  • dô was gelegen ringe sîn grôßiu schœne und ouch sîn leben.
  • Dô Gote wart gedienet und man vol gesanc, 1004
  • mit ungevüegem leide vil des volkes ranc.
  • man hieß in ûß dem münster zuo dem grabe tragen.
  • man vant dâ niht anders wan ein weinen unde klagen.
  • Lûte schrîende daß liut gie mit im dan: 1005
  • vrô enwas dô niemen weder wîp noch man.
  • ê man in begrüebe, man sanc unde las:
  • hei, waß guoter phaffen bî sîner bevilde was!
  • Ê ze dem grâbe kœme Sîvrides wîp, 1006
  • dô ranc mit solhem jâmer ir getriuwer lîp,
  • daß man si mit dem brunnen dicke dâ begôß.
  • eß was ir ungemüete vil harte unmæßlîchen grôß.
  • Eß was michel wunder, daß si ie genas. 1007
  • mit klage ir helfende dâ manec vrouwe was.
  • dô sprach diu küneginne: ‚ir Sîvrides man,
  • ir sult durch iuwer triuwe an mir genâde begân.
  • ‚Lât mir nâch mîme leide ein kleine liep geschehen, 1008
  • daß ich sîn schœne houbet noch eins müeße sehen.‘
  • dô bat sis alsô lange mit jâmers sinnen starc,
  • daß man zebrechen muose den vil hêrlîchen sarc.
  • Dô brâhte man die vrouwen, dâ si in ligen vant. 1009
  • si huop sîn schœneß houbet mit ir vil wîßen hant
  • und kuste in alsô tôten, den edelen rîter guot:
  • ir vil liehten ougen von leide weinden dô bluot.
  • Ein jæmerlîcheß scheiden wart dô dâ getân. 1010
  • dô truoc man si von dannen: sine kunde niht gegân.
  • dô vant man sinnelôse daß hêrlîche wîp.
  • von leide möht ersterben ir vil wünneclîcher lîp.
  • Dô man den edelen hêrren hete nu begraben, 1011
  • leit âne mâße sach man die alle haben,
  • die mit im komen wâren von Niblunge lant.
  • vil selten vrœlîchen man dô Sigmunden vant.
  • Dô was etelîcher, der drîer tage lanc 1012
  • vor dem grôßen leide niht aß noch entranc.
  • dô mohten si dem lîbe sô geswîchen niht:
  • si nerten sich nâch sorgen, sô noch genuogen geschiht.
  • Kriemhilt unversunnen in unkreften lac C.
  • den tac und den âbent unz an den andern tac.
  • swaß iemen sprechen kunde, daß was ir gar unkunt.
  • in den selben nœten lag ouch der künic Sigemunt.
  • Vil kûme wart der hêrre wider ze sinnen brâht. C.
  • von dem starken leide kranc was gar sîn maht:
  • daß enwas niht wunder. dô sprâchen sîne man:
  • ‚hêrre, ir sult ze lande: wir mugen niht langer hie bestân.‘
  • Âventiure
  • wie Sigmunt wider ze lande vuor.
  • Der sweher Kriemhilde gie, dâ er si vant. X.1013
  • er sprach ze der küneginne: ‚wir suln in unser lant.
  • wir wæne unmære geste bî dem Rîne sîn.
  • Kriemhilt, vil liebiu vrouwe, nu vart ir zuo dem lande mîn.
  • ‚Sît daß uns untriuwe âne hât getân A.1014
  • hie in disen landen des iuwern edelen man:
  • des sult ir niht enkelten: ich tuon iu triuwen schîn
  • durch iuwers mannes liebe unde des edelen kindes sîn.
  • ‚Ir sult ouch haben, vrouwe, allen den gewalt, 1015
  • den iu tet ê Sîvrit kunt, der degen balt.
  • daß lant und ouch diu krône sî iu undertân.
  • iu suln gerne dienen alle Sîvrides man.‘
  • Dô seite man den knehten, si solden rîten dan: 1016
  • dô wart michel gâhen nâch rossen getân.
  • bî ir starken vînden was in daß leben leit.
  • vrouwen unde meiden hieß man suochen diu kleit.
  • Dô der künic Sigemunt wolde sîn geriten, 1017
  • dô begunde ir muoter Kriemhilde biten,
  • daß si bî ir mâgen solde dâ bestân.
  • dô sprach diu vreuden arme: ‚daß kunde müelîch ergân.
  • ‚Wie möht ich den immer mit ougen an gesehen, 1018
  • von dem mir armen wîbe sô leide ist geschehen?‘
  • dô sprach der junge Gîselher: ‚liebiu swester mîn,
  • du solt durch dîne triuwe hie bî dîner muoter sîn.
  • ‚Die dir hânt beswæret und betrüebet dînen muot, 1019
  • der bedarftu niht ze dienste, du zere mîn eines guot.‘
  • si sprach zuo dem recken: ‚jane mag es niht geschehen.
  • von leide müese ich sterben, swenne ich Hagene solde sehen.‘
  • ‚Des tuon ich dir ze râte, vil liebiu swester mîn. 1020
  • du solt bî dînem bruoder Gîselhere sîn.
  • jâ wil ich dich ergetzen dînes mannes tôt.‘
  • dô sprach diu Gotes arme: ‚des wære Kriemhilde nôt.‘
  • Dô eß ir der junge sô güetlîch erbôt, A.1021
  • dô begunde ouch vlêgen Uote und Gêrnôt
  • und ir getriuwe mâge, si bâtens dâ bestân,
  • si hete lützel künnes under Sîvrides man.
  • ‚Si sint iu alle vremede,‘ sô sprach Gêrnôt. A.1022
  • ‚niemen lebt sô starker, ern müeße ligen tôt.
  • daß bedenket, liebiu swester, und trœstet iuwern muot,
  • belîbet bî den vriunden; eß wirt iu wærlîchen guot.‘
  • Si lobete Gîselhere, si wolde dâ bestân. 1023
  • diu ros gezogen wâren Sigmundes man,
  • als si wolden rîten ze Niblunge lant;
  • dô was ouch ûf gesoumet al der recken gewant.
  • Dô gie hêr Sigemunt vür Kriemhilde stân: 1024
  • er sprach zuo der vrouwen: ‚Sîvrides man
  • wartent bî den rossen, nu suln wir rîten hin,
  • wan ich vil ungerne hie bî den Burgunden bin.‘
  • Dô sprach vrou Kriemhilt: ‚mir râtent vriunde mîn, 1025
  • swaß der ist getriuwe, ich sul hie bî in sîn:
  • ich habe niemen mâge in Niblunge lant.‘
  • leit was eß Sigmunde, dô erß an Kriemhilde vant.
  • Dô sprach künic Sigemunt: ‚lât iuß nieman sagen: 1026
  • vor allen mînen mâgen sult ir krône tragen
  • vil gewalteclîchen, als ir habt ê getân:
  • irn sult des niht enkelten, daß wir den helt verlorn hân.
  • ‚Und vart mit uns widere durch iuwer kindelîn; 1027
  • daß ensult ir niht verweiset, vrouwe, lâßen sîn,
  • swenn iuwer sun gewahset, der trœstet iu den muot.
  • die wîle sol iu dienen manec küene degen guot.‘
  • Si sprach: ‚mîn hêr Sigemunt, jane mag ich rîten niht. 1028
  • ich muoß hie belîben, swaß halt mir geschiht,
  • bî mînen mâgen, die mir helfen klagen.‘
  • do begunden disiu mære den guoten recken missehagen.
  • Si sprâchen al gelîche: ‚sô möhten wir wol jehen, 1029
  • daß uns êrste wære leide geschehen,
  • woldet ir belîben bî unsern vînden hie:
  • so geriten hovereise noch helde sorclîcher nie.‘
  • ‚Ir sult âne sorge Got bevolhen varn: 1030
  • man gît iu guot geleite, ich heiß iuch wol bewarn
  • zuo iuwerme lande; mîn liebeß kindelîn
  • daß sol ûf genâde iu recken wol bevolhen sîn.‘
  • Dô si wol vernâmen, daß si niht wolde dan, A.1031
  • dô weinden al gelîche Sigmundes man.
  • wie rehte jæmerlîche schiet dô Sigmunt
  • von vrouwen Kriemhilde! dô was im ungemüete kunt.
  • ‚Sô wê der hôhzîte,‘ sprach der künic hêr. 1032
  • ‚eß geschiht von kurzwîle vürbaß nimmer mêr
  • künege noch sînen mâgen, daß uns ist geschehen.
  • man sol uns nimmer mêre hie zen Burgunden sehen.‘
  • Dô sprâchen offenlîche Sîvrides man: 1033
  • ‚eß möhte noch diu reise in ditz lant ergân,
  • sô wir den noch vunden, der uns den hêrren sluoc.
  • si hânt von sînen mâgen starker vînde genuoc.‘
  • Er kuste Kriemhilde: jæmerlîch er sprach, 1034
  • dô si belîben wolde und er daß rehte ersach:
  • ‚nu rîten vreuden âne heim in unser lant!
  • alle mîne sorge sint mir êrste nu bekant.‘
  • Si riten ân geleite von Wormeß über Rîn: 1035
  • si mohten wol des muotes sicherlîchen sîn,
  • ob si in vîentschefte wurden an gerant,
  • daß sich weren wolde der küenen Niblunge hant.
  • Sine gerten urloubes dâ ze keinem man. A.1036
  • dô sach man Gêrnôten und Gîselheren gân
  • zuo im minneclîchen: in was sîn schade leit:
  • des brâhten in wol inne die helde küene unt gemeit.
  • Dô sprach gezogenlîche der fürste Gêrnôt: A.1037
  • ‚Got weiß wol von himele, an Sîvrides tôt
  • gewan ich nie schulde: ich hôrte ouch nie gesagen,
  • wer im hie vîent wære: ich soll in billîche klagen.‘
  • Dô gab im guot geleite Gîselher daß kint. A.1038
  • er brâhte sorgen âne, die noch bî leide sint,
  • den künec bî sînen recken heim ze Niderlant.
  • wie lützel man der mâge dar inne vrœlîche vant!
  • Wie si nu gevüeren, des kan ich niht gesagen. 1039
  • man hôrte zallen zîten hie Kriemhilde klagen,
  • daß ir niemen trôste daß herze noch den muot,
  • eß entæte Gîselher: der was getriuwe unde guot.
  • Prünhilt diu schœne mit übermüete saß. A.1040
  • swaß geweinde Kriemhilt, ummære was ir daß.
  • sine wart ir guoter triuwen nimmer mê bereit;
  • sît tet ouch ir vrou Kriemhilt diu vil herzenlîchen leit.
  • Âventiure
  • wie der Nibelunge hort ze Wormeß kam.
  • Dô diu edel Kriemhilt alsô verwitwet wart A.1041
  • bî ir inme lande der grâve Eckewart
  • beleip mit sînen mannen: sîn triuwe im daß gebôt.
  • er diende sîner vrouwen mit willen unz an sînen tôt.
  • Ze Wormeß bî dem münster ein gezimber man ir slôß, A.1042
  • wît und vil michel, rîch unde grôß,
  • dâ si mit ir gesinde sît âne vreude saß.
  • si was ze kirchen gerne und tet vil willeclîchen daß.
  • Dô man begruob ir vriedel, wie selten si daß lie! 1043
  • mit trûrigem muote si alle zît dar gie
  • und bat Got den rîchen sîner sêle phlegen.
  • vil dicke wart beweinet mit grôßen triuwen der degen.
  • Uote und ir gesinde trôstens alle stunt; A.1044
  • dô was ir daß herze sô grœßlîchen wunt,
  • eß kunde niht vervâhen, swaß man ir trôstes bôt.
  • si het nâch ir vriunde die aller grœßisten nôt,
  • Die nâch liebem manne ie mê wîp gewan. A.1045
  • man moht ir michel tugende kiesen wol dar an.
  • si klagete unz an ir ende, die wîle werte ir lîp.
  • sît rach sich wol mit ellen in grôßen triuwen daß wîp.
  • Sus saß si nâch ir leide, daß ist alwâr, 1046
  • nâch ir mannes tôde unz in daß vierde jâr,
  • daß si ze Gunthere nie kein wort gesprach,
  • und ouch ir vîent Hagenen in der zîte nie gesach.
  • Dô sprach von Tronje Hagene: ‚muget ir daß tragen an, A.1047
  • daß ir iuwer swester ze vriunt möhtet hân?
  • sô kœm zuo disem lande der Niblunge golt:
  • des möht ir vil gewinnen, wurde uns diu küneginne holt.‘
  • ‚Daß suln wir versuochen,‘ sprach der künic sân. A.1048
  • ‚ich wil eß mîne bruoder hin zir werben lân,
  • daß si mir daß vüegen, daß si daß gerne sehe.‘
  • ‚ine trouwes niht,‘ sprach Hagene, ‚daß eß immer geschehe.‘
  • Dô hieß er Ortwînen hin ze hove gân A.1049
  • und den marcgrâven Gêren. dô daß was getân,
  • man brâhte ouch Gêrnôte und Gîselher daß kint.
  • si versuohtens vriuntlîchen an vrouwen Kriemhilde sint.
  • Dô sprach von Burgunden der küene Gêrnôt: A.1050
  • ‚vrouwe, ir klaget ze lange den Sîvrides tôt.
  • iu wil der künic rihten, daß ern niht hât erslagen.
  • man hœrt iuch zallen zîten sô rehte grœßlîchen klagen.‘
  • Si sprach: ‚des zîht in nieman: in sluoc Hagnen hant, A.1051
  • wâ man in verhouwen solde, do er daß an mir ervant.
  • wie moht ich des getrouwen, daß er im trüege haß?
  • ich hete wol behüetet,‘ sprach diu küneginne, ‚daß,
  • ‚Daß ich vermeldet hête sînen schœnen lîp. A.1052
  • sô ließe ich nu mîn weinen, ich vil armeß wîp.
  • holt wird ich in nimmer, die eß dâ hânt getân.‘
  • do begunde vlêgen Gîselher, der vil wætlîche man.
  • Si sprach: ‚ich muoß in grüeßen, irn welts mich niht erlân: C.
  • des habt ir grôße sünde. der künec hât mir getân
  • sô vil der herzen swære gar âne mîne scholt:
  • mîn munt im giht der suone, im wirt daß herze nimmer holt.‘
  • ‚Dar nâch wirt eß beßßer,‘ sprâchen ir vriunde dô. C.
  • ‚waß, ob er ir an verdienet, daß si noch wirdet vrô.‘
  • ‚er mac si wol ergetzen,‘ sprach Gêrnôt der helt.
  • dô sprach diu jâmers rîche: ‚seht, nu tuon ich, swaß ir welt.
  • ‚Ich wil den künic grüeßen.‘ dô si im des verjach, A.1053
  • mit sînen besten vriunden man in vor ir sach.
  • dô getorste Hagene vür si niht gegân:
  • wol weste er sîne schulde: er hete ir leide getân.
  • Dô si verkiesen wolde ûf Gunther den haß, A.1054
  • ob er si küssen solde, eß zæme im deste baß.
  • wær ir von sîme râte leide niht getân,
  • sô möhte er vrevellîche dicke sîn zuo ir gegân.
  • Eß enwart nie suone mit sô vil trehen mê 1055
  • gevüeget under vriunden. ir tet ir schade vil wê;
  • si verkôs ûf si alle wan ûf den einen man:
  • in hete erslagen niemen, het eß Hagene niht getân.
  • Dar nâch vil unlange dô truogen si daß an, 1056
  • daß diu vrouwe Kriemhilt den grôßen hort gewan
  • von Niblunges lande und vuorte in an den Rîn:
  • eß was ir morgengâbe, er solde ir billîchen sîn.
  • Dar nâch vuor dô Gîselher und ouch Gêrnôt. A.1057
  • ahtzec hundert mannen Kriemhilt dô gebôt,
  • daß si in holen solden, dâ er verborgen lac,
  • dâ sîn der degen Alberîch mit sînen besten vriunden phlac.
  • Dô man die von Rîne nâch dem schatze komen sach, 1058
  • Albrîch der vil küene zuo sînen vriunden sprach:
  • ‚wir turren ir des hortes vor gehaben niht,
  • sît sîn ze morgengâbe diu edel küneginne giht.
  • ‚Doch enwurdeß nimmer,‘ sprach Alberîch, ‚getân, 1059
  • niuwan daß wir übele dâ verlorn hân
  • mit samet Sîvride die guoten tarnhût:
  • wan die truoc alle zîte der schœnen Kriemhilde trût.
  • ‚Nu ist eß Sîvride leider übel komen, 1060
  • daß uns die tarnkappen der helt hete benomen
  • und daß im muose dienen alleß ditze lant.‘
  • dô gie der kamerære, dâ er die slüßßele vant.
  • Eß stuonden vor dem berge Kriemhilde man 1061
  • und ouch ein teil ir mâge: den schaz sie truogen dan
  • zuo dem sêwe an diu schiffelîn.
  • den vuorte man ûf ünden unz ze berge an den Rîn.
  • Ir muget von dem horte wunder hœren sagen: A.1062
  • swaß zwelf kanzwegene meist mohten tragen
  • in vier tagen und nahten von dem berge dan;
  • ouch muos ir ieslîcher des tages drîstunde gân.
  • Eß was ouch niht anders wan gestein unde golt. A.1063
  • und ob man al die welte hête versolt,
  • sîn wære minner niht einer marke wert.
  • jâne hetes Hagene âne schulde niht gegert.
  • Der wunsch lac dar under, von golde ein rüetelîn. A.1064
  • der daß hete erkunnet, der möhte meister sîn
  • wol in al der werlde über ieslîchen man.
  • der Albrîches mâge kom vil mit Gêrnôte dan.
  • Dô sich der hêrre Gêrnôt und Gîselher daß kint C.
  • des hortes underwunden, do underwunden si sich sint
  • des landes und der burge und maneges recken balt:
  • die muosen im sît dienen bêdiu durch vorhte und ouch gewalt.
  • Dô si den hort behielten in Guntheres lant, 1065
  • und sich diu küneginne des alles underwant,
  • kamere unde türne die wurden vol getragen;
  • man gehôrte nie daß wunder von guote mêre gesagen.
  • Unde wær sîn tûsent stunt noch alse vil gewesen, 1066
  • unde solde Sîvrit gesunder sîn genesen,
  • bî im wære Kriemhilt hemdeblôß bestân.
  • getriuwer wîbes künne ein helt nie mêre gewan.
  • Dô si den hort nu hête, dô brâhtes in daß lant, A.1067
  • vil unkunder recken; jâ gap der vrouwen hant,
  • daß man sô grôßer milte mêre nie gesach.
  • si phlac vil grôßer tugende; des man der küneginne jach.
  • Den armen und den rîchen begunde si nu geben, 1068
  • daß dô reite Hagene, obe si solde leben
  • noch deheine wîle, daß si sô manegen man
  • in ir dienst gewünne, daß eß in leide müeste ergân.
  • Dô sprach künic Gunther: ‚ir ist lîp unde guot: 1069
  • zwiu sol ich daß wenden, daß si dâ mite tuot?
  • ja erwarb ich daß vil kûme, daß si mir wart holt;
  • nu enruochen, war si teile ir steine unde ir rôteß golt.‘
  • Hagene sprach zem künege: ‚eß sold ein vrumer man 1070
  • deheineme wîbe niht des hortes lân.
  • si bringet eß mit gâbe noch unz ûf den tac,
  • deiß vil wol geriuwen die küenen Burgunden mac.‘
  • Dô sprach künic Gunther: ‚ich swuor ir einen eit, 1071
  • daß ich ir getæte nimmer mêre leit,
  • und wils vürbaß hüeten: si ist diu swester mîn.‘
  • dô sprach aber Hagene: ‚lât mich den schuldigen sîn.‘
  • Ir sumelîcher eide wâren unbehuot. 1072
  • dô nâmen si der witewen daß kreftige guot.
  • Hagene sich der slüßßele aller underwant.
  • daß zurnde ir bruoder Gêrnôt, dô er daß rehte bevant.
  • Dô sprach der hêrre Gîselher: ‚Hagene hât getân 1073
  • vil leides mîner swester; ich soldeß understân:
  • wær er niht mîn mâc, eß gienge im an den lîp.
  • iteniuweß weinen tete dô Sîvrides wîp.
  • Dô sprach der hêrre Gêrnôt: ‚ê wir immer sîn A.1074
  • gemüet mit dem golde, wir soldenß in den Rîn
  • alleß heißen senken, deiß wurde nieman.‘
  • si gie vil klegelîche vür Gîselher ir bruoder stân.
  • Si sprach: ‚lieber bruoder, du solt gedenken mîn, 1075
  • lîbes unde guotes soltu mîn voget sîn.‘
  • dô sprach er zuo der vrouwen: ‚daß sol sîn getân,
  • als wir komen widere: wir haben rîtennes wân.‘
  • Der künec und sîne mâgen die rûmten daß lant, 1076
  • die aller besten drunder, die man iender vant;
  • niuwan eine Hagene beleip durch den haß,
  • den er truoc Kriemhilde, und tet vil schedelîchen daß.
  • Ê der rîche künic wider wære komen, 1077
  • die wîle hete Hagene den schatz vil gar genomen:
  • er sancte in dâ ze Lôche allen in den Rîn.
  • er wânde, er sold in nießen: des enkunde dô niht gesîn.
  • Ê daß von Troneje Hagene den schatz alsô verbarc, 1078
  • dô heten siß gevestent mit eiden alsô starc,
  • daß er verholen wære, unz ir einer möhte leben:
  • so enkunden sis in selben noch ander niemen gegeben.
  • Die vürsten kômen widere, mit in vil manec man. 1079
  • Kriemhilt ir schaden grôßen klagen dô began
  • mit vrouwen und mit meiden; in was harte leit.
  • do gebârten die degene, sam si im hêten widerseit.
  • Dô sprâchen si gemeine: ‚er hât übele getân.‘ 1080
  • er entweich der vürsten zorne alsô lange dan,
  • unz er gewan ir hulde: si ließen in genesen;
  • doch enkunde im Kriemhilt nimmer vînder sîn gewesen.
  • Mit iteniuwen leiden beswæret was ir muot 1081
  • umb ir mannes ende und dô si ir daß guot
  • Alsô gar benâmen. dô gestuont ir klage
  • des lîbes nimmer mêre unz an ir jungisten tage.
  • Nâch Sîvrides tôde, daß ist al wâr, A.1082
  • si wonde in manegem sêre driuzehen jâr,
  • daß si des recken tôdes vergeßßen kunde niht.
  • si was im ie getriuwe; des ir diu meiste menege giht.
  • Ein rîche vürsten abtei stifte vrou Uote C.
  • nâch Dankrâtes tôde von ir guote
  • mit starken rîchen urborn, als eß noch hiute hât,
  • daß klôster dâ ze Lôrse, des dinc vil hôhe an êren stât.
  • Dar zuo gab ouch Kriemhilt sît ein michel teil C.
  • durch Sîvrides sêle und umb aller sêlen heil,
  • golt und edel steine, mit williger hant;
  • getriuwer wîp deheine ist uns selten ê bekant.
  • Sît daß diu vrouwe Kriemhilt ûf Gunther verkôs C.
  • und doch von sînen schulden den grôßen hort verlôs,
  • dô wart ir herzenleide tûsent stunde mêr:
  • dô wære gerne dannen diu vrouwe edel unde hêr.
  • Dô was der vrouwen Uoten ein sedelhof bereit C.
  • ze Lôrse bî ir klôster mit grôßer rîcheit:
  • dar zôch sich diu witewe von ir kinden sît,
  • dâ noch diu vrouwe hêre begraben in eime sarke lît.
  • Dô sprach diu küneginne: ‚vil liebiu tohter mîn, C.
  • sît du hie niht maht belîben, sô soltu bî mir sîn
  • ze Lôrse in mîme hûse und solt dîn weinen lân.‘
  • Des antwurt ir Kriemhilt: ‚wem ließe ich danne mînen man?‘
  • ‚Den lâß et hie belîben,‘ sprach vrou Uote. C.
  • ‚nune welle Got von himele,‘ sprach ab diu guote.
  • ‚mîn vil liebiu muoter, daß sol ich wol bewarn,
  • wand er muoß von hinnen mit mir wærlîche varn.‘
  • Dô schuof diu jâmers rîche, daß er wart ûf erhaben; C.
  • sîn edeleß gebeine wart anderstunt begraben
  • ze Lôrse bî dem münster vil werdeclîchen sît,
  • dâ der helt vil küene in einem langen sarke lît.
  • In den selben zîten, dâ Kriemhilt solde C.
  • varn mit ir muoter, dar si doch wolde,
  • dô muoste si belîben, als eß solde sîn.
  • daß unterstuonden mære, vil verre komen über Rîn.
  • Âventiure
  • wie künic Etzel ze Burgunden nâch Kriemhilde sande.
  • Daß was in enen zîten, dô vrou Helche erstarp XI.1083
  • und der künic Etzel umb ander vrouwen warp,
  • dô rieten sîne vriunde in Burgunden lant
  • zuo einer stolzen witwen, diu was vrou Kriemhilt genant.
  • Sît daß erstorben wære der schœnen Helchen lîp, A.1084
  • si sprâchen: ‚welt ir immer gewinnen edel wîp,
  • die hôhsten und die besten, die künic ie gewan,
  • sô nemt die selben vrouwen; der starke Sîvrit was ir man.‘
  • Dô sprach der künic rîche: ‚wie möhte daß ergân, A.1085
  • sît ich bin heiden und des toufes niht enhân?
  • sô ist diu vrouwe kristen: des enlobt siß niht.
  • eß müese sîn ein wunder, ob eß immer geschiht.‘
  • Dô sprâchen die snellen: ‚waß, ob siß lîhte tuot A.1086
  • durch iuwern namen hôhen und iuwer michel guot.
  • sô sol manß doch versuochen an daß vil edel wîp.
  • ir mugt vil gerne minnen ir vil wünneclîchen lîp.‘
  • Dô sprach der künic edele: ‚wem ist nu bekant 1087
  • under iu bî Rîne die liute und ouch daß lant?‘
  • dô sprach von Bechlâren der guote Rüedegêr:
  • ‚ich hân erkant von kinde die vil edele künege hêr.
  • ‚Gunther unde Gêrnôt, die edelen rîter guot: A.1088
  • der dritte heißet Gîselher, ir ieslîcher tuot,
  • swaß er bester êren und tugende mac begân:
  • ouch habent ir alte mâge noch daß selbe her getân.‘
  • Dô sprach aber Etzel: ‚vriunt, du solt mir sagen, 1089
  • ob si in mîme lande krône solde tragen.
  • und ist ir lîp sô schœne, sô mir ist geseit,
  • mînen besten vriunden sol eß nimmer werden leit.‘
  • ‚Si gelîchet sich mit schœne wol der vrouwen mîn, 1090
  • Helchen der vil rîchen. jane kunde niht gesîn
  • in diser werlde schœner deheines küneges wîp:
  • den si lopt ze vriunde, der mac wol trœsten sînen lîp!‘
  • Er sprach: ‚Sô wirb eß, Rüedegêr, als liep ich dir sî. 1091
  • und sol ich Kriemhilde geligen immer bî,
  • des wil ich dir lônen, sô ich beste kan,
  • und hâst ouch mînen willen mit grôßen triuwen getân.
  • ‚Ûßer mîner kamere sô heiß ich dir geben, 1092
  • daß du und dîne gesellen vrœlîchen mügen leben,
  • von rossen und von kleidern alleß, daß du wil;
  • des heiße ich iu bereiten zuo der boteschefte vil.‘
  • Des antwurte Rüedegêr, der markgrâve rîch: 1093
  • ‚gerte ich dînes guotes, daß wære unlobelîch.
  • ich wil dîn bote gerne wesen an den Rîn
  • mit mîn selbes guote, daß ich hân von den henden dîn.‘
  • Dô sprach der künic rîche: ‚nu wenne welt ir varn A.1094
  • nâch der minneclîchen? Got sol iuch bewarn
  • der reise an allen êren und ouch die vrouwen mîn.
  • des helfe mir gelücke, daß si uns genædec müeße sîn.‘
  • Dô sprach aber Rüedegêr: ‚ê wir rûmen daß lant, A.1095
  • wir müeßen ê bereiten wâfen und gewant,
  • Alsô daß wirs êre vor vürsten mügen hân:
  • ich wil ze Rîne vüeren vünf hundert wætlîcher man.
  • Swâ man ze Burgunden mich und die mîne sehe, A.1096
  • daß ir ieslîcher danne wol des jehe,
  • daß nie künec deheiner alsô manegen man
  • sô verre baß gesande, dan du ze Rîne habst getân.
  • ‚Und ob duß, künic edele, dar umbe niht wil lân, A.1097
  • si was dem besten manne, Sîvride undertân,
  • dem Sigmundes kinde; den hâstu hie gesehen:
  • man mohte im grôßer êren wol mit wârheite jehen.‘
  • Dô sprach künic Etzel: ‚was si des recken wîp, A.1098
  • sô was wol alsô tiuwer des edelen vürsten lîp,
  • daß ich niht versmæhen die küneginne sol.
  • durch ir vil grôße schœne sô gevellet si mir wol.‘
  • Dô sprach der marcgrâve: ‚sô wil ich iu daß sagen, A.1099
  • daß wir uns heben hinnen in vier und zweinzec tagen.
  • ich enbiuteß Gotelinde, der lieben vrouwen mîn,
  • daß ich nâch Kriemhilde selbe bote welle sîn.‘
  • Hin ze Bechelâren dô sande Rüedegêr 1100
  • boten sînem wîbe, der marcgrâvinne hêr.
  • er enbôt ir, daß er solde dem künege werben wîp.
  • si gedâhte vriuntlîche an der guoten Helchen lîp.
  • Dô diu marcgrâvinne die botschaft vernam, 1101
  • ein teil was eß ir leide, weinens si gezam,
  • ob si gewinnen solde vrouwen alsô ê.
  • sô si dâhte an Helchen, daß tet ir inneclîchen wê.
  • Rüedegêr von Ungern in siben tagen reit: A.1102
  • des was künic Etzel vrô und ouch gemeit.
  • dâ ze der stat ze Wiene bereite man im die wât.
  • dâ mohte er niht langer sîner reise haben rât.
  • Dâ ze Bechlâren warte im Gotelint, 1103
  • und diu junge marcgrâvîn, Rüedegêres kint,
  • sach ir vater gerne und die sîne man:
  • dô wart ein liebeß bîten von schœnen vrouwen getân.
  • Ê der edel Rüedegêr ze Bechlâren reit 1104
  • ûß der stat ze Wiene, dô wâren im diu kleit
  • rehte volleclîchen ûf den soumen komen.
  • si vuoren in der mâße, daß in wart wênic iht genomen.
  • Dô si ze Bechlâren kômen in die stat, 1105
  • die sînen reisegesellen herbergen bat
  • der wirt vil minneclîche und schuof in guot gemach.
  • A. Gotlint diu rîche den wirt si gerne komen sach.
  • Als tet sîn liebiu tohter, diu junge marcgrâvîn: 1106
  • derne kunde nimmer sîn komen lieber sîn.
  • die helde ûß Hiunen lande wie gerne si si sach! A.
  • mit lachendem muote diu edle juncvrouwe sprach:
  • ‚Sî uns grôße willekomen mîn vater und sîne man.‘ 1107
  • dô wart ein schœne danken mit vlîße dâ getân
  • der jungen marcgrâvinne von manegem rîter guot.
  • wol weste Gotlint des hêrren Rüedegêres muot.
  • Dô si des nahtes bî Rüedegêre lac, 1108
  • wie güetlîche vrâgen diu marcgrâvinne phlac,
  • war in gesendet hête der künec von Hiunen lant?
  • er sprach: ‚mîn vrou Gotelint, ich tuonß iu gerne bekant.
  • ‚Dâ sol ich mîme hêrren werben ein wîp, 1109
  • sît diu ist derstorben der schönen Helchen lîp.
  • ich wil nâch Kriemhilde rîten an den Rîn:
  • diu sol hie zen Hiunen vrouwe vil gewaltec sîn.‘
  • ‚Daß wolde Got,‘ sprach Gotelint, ‚möhte daß geschehen! 1110
  • sît wir ir sô maneger êren hœren jehen.
  • si ergezt uns mîner vrouwen lîhte in alten tagen:
  • wir möhten si zen Hiunen gerne lâßen krône tragen.‘
  • Dô sprach der marcgrâve: ‚triutinne mîn, A.1111
  • die mit mir suln rîten hinnen an den Rîn,
  • den sult ir minneclîche bieten iuwer guot:
  • sô helde varnt rîche, sô sint si hôhe gemuot.‘
  • Si sprach: ‚eß ist neheiner, derß gerne von mir nimt, A.1112
  • ich engebe ieslîchem, daß im wol gezimt,
  • ê ir hinnen scheidet und ouch iuwer man.‘
  • dô sprach der marcgrâve: ‚daß ist mir liebe getân.‘
  • Hei, waß man rîcher phelle von ir kameren truoc! A.1113
  • der wart den edelen recken ze teile dô genuoc,
  • ervüllet vlîßeclîchen von halse unz ûf die sporn.
  • die im dar ab gevielen, die het im Rüedegêr erkorn.
  • An dem siebenden morgen von Bechlâren reit 1114
  • der wirt mit sînen degenen: wâfen unde kleit
  • vuorten si den vollen durch der Beire lant.
  • si wurden ûf der strâße durch rouben selten an gerant.
  • Inre tagen zwelfen si riten an den Rîn. 1115
  • done kunden disiu mære niht verholen sîn.
  • A. man seite eß dem künege und den sînen man,
  • dâ kœmen vremde geste. der wirt dô vrâgen began,
  • Ob ieman si bekande, daß manß im solde sagen. 1116
  • man sach ir soumære harte swære tragen: A.
  • daß si vil rîche wâren, daß wart dâ wol bekant.
  • man schuof in herberge in der wîten stat zehant.
  • Dô die vil unkunden wâren in bekomen, 1117
  • dô wart ir geverte vaste war genomen.
  • si wundert, wannen vüeren die recken an den Rîn.
  • der wirt Hagenen vrâgte, wer die hêrren möhten sîn?
  • Dô sprach der helt von Troneje: ‚ich hân ir niht gesehen, A.1118
  • als wir si nu geschouwen, ich kan iu wol verjehen,
  • von swannen si rîten her in ditze lant.
  • si suln sîn vil vremde, ine habe si schiere bekant.‘
  • Den gesten herberge wâren nu genomen. A.1119
  • in vil rîchiu kleider was der bote komen
  • und sîne hergesellen: ze hove si dô riten.
  • si vuorten guotiu kleider, vil harte spæhe gesniten.
  • Dô sprach der snelle Hagene: ‚als ich mich kan verstân, 1120
  • wand ich den hêrren lange niht gesehen hân,
  • si varnt wol dem gelîche, sam eß si Rüedegêr,
  • von Hiunischen landen der degen küene unde hêr.‘
  • ‚Wie sol ich daß gelouben,‘ sprach der künec zehant, 1121
  • ‚daß der von Bechelâren kœme in ditze lant?‘
  • als der künic Gunther die rede volsprach,
  • Hagene der küene den guoten Rüedegêren sach.
  • Er und sîne vriunde si liefen alle dan. 1122
  • dô sach man von den rossen fünf hundert rîter stân.
  • dô wurden wol enphangen die von Hiunen lant.
  • boten nie getruogen alsô hêrlîch gewant.
  • Dô sprach harte lûte von Tronje Hagene: 1123
  • ‚nu sîn Gote willekomen dise degene,
  • der vogt von Bechelâren und alle sîne man.‘
  • der antphanc wart mit êren den snellen Hiunen getân.
  • Des küneges næhsten mâge dringen dar man sach. A.1124
  • Ortwîn von Metze zuo Rüedegêre sprach:
  • ‚wir haben in aller wîle mêre nie gesehen
  • geste hie sô gerne: des wil ich wærlîche jehen.‘
  • Des gruoßes si dô dankten den recken über al. 1125
  • mit den hergesinden si giengen in den sal,
  • dâ si den künic vunden bî manegem küenen man.
  • der hêrre stuont von sedele: daß was durch grôße zuht getân.
  • Wie rehte vriuntlîche er zuo den boten gie! A.1126
  • Gunther unde Gêrnôt vil vlîßeclîch enphie
  • den gast mit sînen mannen, als im wol gezam.
  • den guoten Rüedegêre er bî der hende genam.
  • Er brâhte in zuo dem sedele, dâ er selbe saß: 1127
  • den gesten hieß er schenken, vil gerne tet man daß,
  • mete den vil guoten und den besten wîn,
  • den man kunde vinden in dem lande al umben Rîn.
  • Gîselher und Gêre die wâren beide komen, A.1128
  • Dancwart und Volkêr, die heten schiere vernomen
  • von den werden gesten: si wâren vrô gemuot,
  • si enphiengen vor dem künege die rîter edele unde guot.
  • Dô sprach zuo sîme hêrren von Troneje Hagene: A.1129
  • ‚eß solden immer dienen dise degene,
  • daß uns der marcgrâve zuo liebe hât getân:
  • des solte lôn enphâhen der schœnen Gotelinde man.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚ine kan daß niht verdagen: 1130
  • wie sich gehaben beide, daß sult ir mir sagen,
  • Etzel unde Helche ûß der Hiunen lant.‘
  • dô sprach der marcgrâve: ‚ich tuonß iu gerne bekant.‘
  • Dô stuont er von dem sedele mit allen sînen man. 1131
  • er sprach zuo dem künege: ‚lât mich urloup hân
  • ze sagene solhiu mære, dar umbe ich bin gesant
  • von dem künic Etzele her zuo der Burgunden lant.‘
  • Er sprach: ‚swaß man uns mære bî iu enboten hât, 1132
  • diu erloube ich iu ze sagene âne vriunde rât.
  • ir sult si lâßen hœren mich und mîne man,
  • wan ich iu aller êren hie ze werbenne gan.‘
  • Dô sprach der bote biderbe: ‚iu enbiutet an den Rîn 1133
  • getriuwelîchen dienest der grôße voget mîn,
  • dar zuo allen vriunden, die ir muget hân;
  • ouch ist disiu botschaft mit grôßen triuwen getân.
  • ‚Iu bat der künic edele klagen sîne nôt: 1134
  • sîn volc ist âne vreude, mîn vrouwe diu ist tôt,
  • Helche diu vil rîche, mînes hêrren wîp:
  • an der ist nu verweiset vil maneger juncvrouwen lîp,
  • ‚Kint der edelen vürsten, diu si gezogen hât, A.1135
  • dâ von eß inme lande vil jæmerlîchen stât:
  • diu enhânt nu leider niemen, der ir mit triuwen phlege.
  • des wæn ouch sich vil seine des küneges sorge gelege.‘
  • ‚Nu lône im Got,‘ sprach Gunther, ‚daß er den dienst sîn A.1136
  • sô willeclîch enbiutet mir und den vriunden mîn.
  • den sînen gruoß ich gerne hie vernomen hân;
  • daß suln gerne dienen beide mâge und mîne man.‘
  • Dô sprach von Burgunden der hêrre Gêrnôt: A.1137
  • ‚die welt mac immer riuwen der schœnen Helchen tôt
  • durch ir vil manec tugende, der si kunde phlegen.‘
  • der rede gestuont im Hagene, dar zuo manec ander degen.
  • Dô sprach aber Rüedegêr, der edel bote hêr: 1138
  • ‚sît ir mir, künec, erloubet, ich sol iu sagen mêr,
  • waß iu mîn lieber hêrre her enboten hât,
  • sît im sîn dinc nâch Helchen sô rehte kumberlîchen stât.
  • ‚Man sagete mînem hêrren, Kriemhilt sî âne man, 1139
  • hêr Sîvrit ist erstorben. und ist daß sô getân,
  • welt ir ir des gunnen, sô sol si krône tragen
  • vor Etzelen recken: daß hieß ir mîn hêrre sagen.‘
  • Dô sprach der künic rîche, wol gezogen was sîn muot: 1140
  • ‚si hœret mînen willen, ob si eß gerne tuot.
  • daß wil ich iu künden in disen drîen tagen:
  • ê ich eß an ir vunde, zwiu solde ich Etzeln versagen?‘
  • Die wîle man den gesten hieß schaffen guot gemach. A.1141
  • in wart dâ sô gedienet, daß Rüedegêr des jach,
  • daß er dâ hete vriunde under Gunthers man.
  • Hagene im diende gerne: er hete im ê alsam getân.
  • Alsus beleip dô Rüedegêr unz an den driten tac. 1142
  • der künec nâch râte sande, wie wîslîch er phlac,
  • vrâgen sîne vriunde, ob si dûhte guot getân,
  • daß Kriemhilt nemen solde den künic Etzelen ze man.
  • Si rietenß al gemeine niuwan Hagene, 1143
  • der sprach zuo Gunther, dem küenen degene:
  • ‚habt ir rehte sinne, sô wirt eß wol behuot,
  • und ob sis volgen wolte, daß irß doch nimmer getuot.‘
  • ‚War umbe,‘ sprach dô Gunther, ‚solt ichs volgen niht? 1144
  • swaß der küneginne liebes noch geschiht,
  • des sol ich ir wol gunnen: si ist diu swester mîn.
  • wir soldenß selbe werben, ob eß ir êre möhte sîn.‘
  • Dô sprach aber Hagene: ‚nu lât die rede stân. 1145
  • het ir Etzelen künde, als ich sîn künde hân,
  • sol si in danne minnen, als ich iu hœre jehen,
  • sô ist iu alrêste von schulden sorgen geschehen.‘
  • ‚War umbe?‘ sprach dô Gunther, ‚ich kan bewarn daß, 1146
  • daß ich im kom sô nâhe, daß ich deheinen haß
  • von im dulden müese, und wurde si sîn wîp.‘
  • dô sprach aber Hagene: ‚daß gerætet nimmer mîn lîp.‘
  • Man hieß nâch Gêrnôte und Gîselhere gân, A.1147
  • ob die hêrren beide dûhte guot getân,
  • daß Kriemhilt nemen solde den rîchen künic hêr.
  • noch widerreiteß Hagene unde ouch ander niemen mêr.
  • Dô sprach von Burgunden Gîselher der degen: 1148
  • ‚nu muget ir, vriunt Hagene, noch der triuwen phlegen:
  • ergetzet si der leide, und ir ir habet getân.
  • an swiu ir wol gelunge, daß solt ir ungevêhet lân.‘
  • ‚Jâ habet ir mîner swester getân sô menegiu leit,‘ A.1149
  • sô sprach aber Gîselher, der recke vil gemeit,
  • ‚daß si des hete schulde, daß si iu wære gram.
  • nie man deheiner vrouwen vreude mêre benam.‘
  • ‚Daß ich daß wol bekenne, daß tuon ich iu kunt. A.1150
  • und sol si nemen Etzele, und gelebt si an die stunt,
  • si getuot uns vil leide, swie siß getraget an.
  • jâ wirt ir dâ dienende vil manec wætlîcher man.‘
  • Des antwurte Hagenen der küene Gêrnôt: A.1151
  • ‚eß mac alsô belîben unz an ir beider tôt,
  • daß wir komen nimmer in Etzelen lant.
  • wir suln ir sîn getriuwe: deist uns zen êren gewant.‘
  • Dô sprach aber Hagene: ‚mir mac daß nieman gesagen; A.1152
  • und sol diu edel Kriemhilt Helchen krône tragen,
  • si getuot uns leide, swie si gevüege daß.
  • ir sult eß lân belîben: daß zimt iu recken michel baß.‘
  • Mit zorne sprach dô Gîselher, der schœnen Uote sun: 1153
  • ‚wir suln doch niht alle meinlîchen tuon.
  • swaß liebes ir geschæhe, vrô solden wir des sîn.
  • swaß ir geredet, Hagene, ich diene ir durch die triuwe mîn.‘
  • Dô daß gehôrte Hagene, dô wart er ungemuot. 1154
  • Gêrnôt und Gîselher, die stolzen rîter guot,
  • und Gunther der rîche ze jungist reiten daß,
  • ob eß lobete Kriemhilt, si woltenß lâßen âne haß.
  • Dô sprach der vürste Gêre: ‚ich wilß der vrouwen sagen, 1155
  • daß si ir den künic Etzel lâße wol behagen.
  • dem ist sô manec recke mit vorhten undertân:
  • er mac si noch ergetzen, swaß si leides ie gewan.
  • Dô gie der snelle recke, da er Kriemhilde sach. 1156
  • si enphie in güetlîche: wie balde er dô sprach:
  • ‚ir muget mich gerne grüeßen und geben botenbrôt.
  • iuch wil gelücke scheiden ûß aller iuwerre nôt.
  • ‚Eß hât durch iuwer minne, vrouwe, her gesant 1157
  • ein der aller beste, der ie küneges lant
  • gewan mit vollen êren oder krône solde tragen:
  • eß werbent rîter edele: daß hieß iu iuwer bruoder sagen.‘
  • Dô sprach diu jâmers rîche: ‚iu sol verbieten Got 1158
  • und allen mînen vriunden, daß si deheinen spot
  • an mir armer üeben: waß sold ich einem man,
  • der ie herzeliebe von guotem wîbe gewan?‘
  • Si widerreit eß sêre. dô kômen aber sint A.1159
  • Gêrnôt ir bruoder und Gîselher daß kint.
  • si bâten minneclîche trœsten si den muot:
  • ob si den künec genæme, daß wær ir wærlîchen guot.
  • Ueberwinden kunde nieman dô daß edele wîp, 1160
  • daß si minnen wolde deheines mannes lîp.
  • dô bâten si die degene: ‚nu lâßet doch geschehen,
  • ob ir anders niht entuot, daß ir den boten ruochet sehen.‘
  • ‚Daß wil ich niht versprechen,‘ sô sprach daß edele wîp, 1161
  • ‚ich ensehe gerne den Rüedegêres lîp
  • durch sîne manege tugende; wær er her niht gesant,
  • swerß ander boten wære, dem wær ich immer unbekant.‘
  • Si sprach: ‚ir sulten morgen heißen her gân 1162
  • zuo mîner kemenâten: ich wil in hœren lân,
  • wes ich mich habe berâten, wil ich im denne sagen.‘
  • ir wart eriteniuwet daß ir vil grœßlîcheß klagen.
  • Dô gert ouch niht anders der edele Rüedegêr, 1163
  • wan daß er gesæhe die küneginne hêr:
  • er weste sich sô wîsen, ob eß immer kunde ergân,
  • daß si sich den recken überreden müese lân.
  • Des anderen morgens vrüeje, dô man die messe sanc, 1164
  • die edelen boten kâmen. dô wart dâ grôß gedranc.
  • die mit Rüedegêre ze hove solden gân,
  • der sach man dâ gekleidet vil manegen hêrlîchen man.
  • Kriemhilt diu vil arme, diu trûrec gemuot, 1165
  • si warte Rüedegêre, dem edelen boten guot.
  • der vant si in der wæte, die si alle tage truoc;
  • dâ bî het ir gesinde rîcher kleider genuoc.
  • Si gie im engegene zuo der türe stân 1166
  • und enphienc vil güetlîche den Etzelen man.
  • niuwan selbe zwelfter er dar in zuo ir gie.
  • man bot im grôßen dienest: ir kômen hôher boten nie.
  • Man hieß den hêrren sitzen unt die sîne man. 1167
  • die zwêne marcgrâven sach man vor ir stân,
  • Eckewart und Gêre, die edelen rîter guot.
  • durch die hûsvrouwen si sâhen nieman wol gemuot.
  • Si sâhen vor ir sitzen vil manec schœne wîp. A.1168
  • dô phlac niuwan jâmers der Kriemhilde lîp.
  • ir wât was vor den brüsten von heißen trehen naß.
  • daß sach der marcgrâve; der helt niht langer dô dâ saß.
  • Er sprach in grôßen zühten: ‚vil edel küneges kint, 1169
  • mir und den geverten, die mit mir komen sint,
  • sult ir, vrouwe, erlouben, daß wir vor iu stân
  • und iu sagen diu mære, war nâch wir her geriten hân.‘
  • ‚Nu sî iu erloubet,‘ sprach diu künegin, 1170
  • ‚swaß ir reden wellet. alsô stât mîn sin,
  • daß ich eß gerne hœre: ir sît ein bote guot.‘
  • die andern dô wol hôrten ir ungewilligen muot.
  • Dô sprach von Bechelâren der vürste Rüedegêr: 1171
  • ‚mit triuwen grôße liebe Etzel ein künic hêr
  • hât iu enboten, vrouwe, her in ditze lant.
  • er hât nâch iuwer minne vil guote recken gesant.
  • ‚Er enbiut iu minneclîche lieb âne leit. 1172
  • stæter vriuntschefte sî er iu bereit,
  • als er ê tet vroun Helchen, diu im ze herzen lac:
  • ir sult nu tragen krône, der mîn vrouwe wîlen phlac.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚marcgrâve Rüedegêr, 1173
  • wær ieman, der bekande mînen scharphen sêr,
  • der riete mir niht triuten noch deheinen man:
  • wan ich vlôs ein der besten, den ie vrouwe mêr gewan.‘
  • ‚Waß mac ergetzen leides,‘ sprach der vil küene man, 1174
  • ‚wan vriuntlîche liebe? swer die kan begân,
  • und der dan einen kiuset, der im ze herze kumt,
  • vür herzenlîche swære niht sô grœßlîche vrumt.
  • ‚Und geruochet ir ze minnen den edelen hêrren mîn, 1175
  • zwelf rîcher krône sult ir gewaltec sîn.
  • dar zuo gît iu mîn hêrre wol drîßec vürsten lant,
  • diu elliu hât betwungen sîn vil ellenthaftiu hant.
  • ‚Ir sult ouch werden vrouwe über manegen werden man, 1176
  • die mîner vrouwen Helchen wâren undertân,
  • und vil der schœnen megede, der si hete gewalt,
  • von hôher vürsten künne,‘ sprach der küene degen balt.
  • ‚Dar zuo gît iu mîn hêrre, heißet er iu sagen 1177
  • ob ir geruochet krône bî dem künege tragen,
  • gewalt den aller hœhisten, den Helche ie gewan:
  • den sult ir gwalteclîchen haben vor Etzelen man.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚wie möhte mînen lîp 1178
  • immer des gelüsten, deich wurde heldes wîp?
  • mir hât der tôt an eineme sô rehte leit getân,
  • des ich unz an mîn ende muoß unvrœlîche stân.‘
  • Dô sprâchen ab die Hiunen: ‚küneginne rîch, 1179
  • iur leben wirt bî Etzele sô rehte lobelîch,
  • daß iuch immer wünnet, ist, daß eß ergât,
  • wan der künic rîche vil manegen zieren degen hât.
  • ‚Helchen juncvrouwen und iuriu magedîn, 1180
  • solten die bî ein ander ein gesinde sîn,
  • dâ bî möhten recken werden wol gemuot.
  • lât eß iu, vrouwe, râten: eß wirt iu wærlîchen guot.‘
  • Si sprach in ir zühten: ‚nu lât die rede stân 1181
  • unz morgen vrüeje: sô sult ir her gân:
  • sô wil ich iu antworten, des ir dâ habet muot.‘
  • des muosen dô gevolgen die recken küene unde guot.
  • Dô si zen herbergen alle kômen dan, A.1182
  • dô hieß diu edele vrouwe nâch Gîselhere gân
  • und ouch nâch ir muoter: den bêden sagt si daß,
  • daß si gezæme weinens unde niht anders baß.
  • Dô sprach ir bruoder Gîselher: ‚swester, mirst geseit 1183
  • und wilß ouch wol gelouben, daß elliu dîniu leit
  • der künic Etzel wende; und nimes dun zeinem man,
  • swaß ander ieman râte, sô dunket eß mich guot getân.‘
  • ‚Er mac dich wol ergetzen,‘ sprach aber Gîselher. 1184
  • ‚vome Roten zuo dem Rîne, von der Elbe unz an daß mer,
  • sô ist künec deheiner sô gewaltec niht.
  • du maht dich vreuwen balde, sô er dîn ze konen giht.‘
  • Si sprach: ‚lieber bruoder, zwiu râtestu mir daß? 1185
  • klagen unde weinen mir immer zæme baß.
  • wie sold ich vor recken dâ ze hove gân?
  • wart mîn lîp ie schœne, des bin ich âne getân.‘
  • Dô sprach diu vrouwe Uote ir lieben tohter zuo: 1186
  • ‚swaß dîne bruoder râten, liebeß kint, daß tuo.
  • volge dînen vriunden: sô mac dir wol geschehen.
  • ich hân dich doch sô lange mit grôßem jâmer gesehen.‘
  • Dô bat si Got den rîchen vüegen ir den rât: 1187
  • ob si ze geben hête golt, silber unde wât
  • sam ê bî ir manne, dô er noch was gesunt,
  • si gelebte doch niht mêre sît sô vrœlîche stunt.
  • Si gedâhte in ir sinne: ‚und sol ich mînen lîp 1188
  • geben eime heidenen? ich bin ein kristen wîp:
  • des müese ich zer werlte immer schande hân;
  • gît er mir elliu rîche, eß ist immer ungetân.‘
  • Dâ mit siß lie belîben. die naht unz an den tac 1189
  • diu vrouwe an ir bette mit vil gedanken lac.
  • diu ir vil liehten ougen getruckenten nie,
  • unz si aber den morgen hin ze mettîne gie.
  • Ze rehter messezîte die künege wâren komen. 1190
  • si heten aber ir swester under hende genomen:
  • jâ rietens ir ze minnen den künec ûß Hiunen lant.
  • die vrouwen ir deheiner ein lützel vrœlîcher vant.
  • Dô hieß man dar gewinnen die Etzelen man, 1191
  • die nu mit urloube gerne wæren dan,
  • geworben oder gescheiden, A.swie eß dô möhte sîn.
  • ze hove kom dô Rüedegêr: die helde reiten wider in,
  • Daß man rehte ervüere des edelen vürsten muot, 1192
  • und tæten daß bî zîte: daß diuhtes alle guot;
  • ir wege wæren verre A.wider in ir lant.
  • man brâhte Rüedegêren, dâ man Kriemhilde vant.
  • Vil minneclîchen bitten der recke dô began 1193
  • die edelen küneginne, si solde in hœren lân,
  • waß si enbieten wolde in Etzelen lant.
  • er wæn an ir niht anders niuwan lougen envant,
  • Daß si nimmer minnen wolde mêr deheinen man. A.1194
  • dô sprach der marcgrâve: ‚daß wære missetân.
  • zwiu woldet ir verderben alsô schœnen lîp?
  • ir muget noch mit êren werden guotes mannes wîp.‘
  • Niht half, daß si gebâten, unz daß Rüedegêr 1195
  • gesprach heinlîche die küneginne hêr,
  • er wolde si ergetzen, swaß ir ie geschach.
  • ein teil begunde ir senften dô ir grôßer ungemach.
  • Er sprach zer küneginne: ‚lât iuwer weinen sîn. 1196
  • ob ir zen Hiunen hêtet nieman danne mîn,
  • getriuwer mîner mâge und ouch der mînen man,
  • er mües es sêre engelten, und het iu ieman iht getân.‘
  • Dâ von wart dô geringet wol der vrouwen muot. 1197
  • si sprach: ‚sô swert mir eide, swaß mir iemen tuot,
  • daß ir sît der næhste, der büeße mîniu leit.‘
  • dô sprach der marcgrâve: ‚des bin ich, vrouwe, vil bereit.‘
  • Mit allen sînen mannen swuor ir dô Rüedegêr 1198
  • mit triuwen immer dienen, und daß die recken hêr
  • ir nimmer niht versageten in Etzelen lant,
  • des si êre haben solte: des sichert ir Rüedegêres hant.
  • Do gedâhte diu getriuwe: ‚sît ich vriunde kan 1199
  • alsô vil gewinnen, sô sol ich reden lân
  • die liute, swaß si wellen, ich jâmerhafteß wîp:
  • waß, ob noch wirt errochen mîns vil lieben mannes lîp?‘
  • Si gedâhte: ‚sît daß Etzel der recken hât sô vil, 1200
  • sol ich den gebieten, sô tuon ich, swaß ich wil.
  • er ist ouch wol sô rîche, daß ich ze gebene hân;
  • mich hât der leidege Hagen mînes guotes âne getân.‘
  • Si sprach ze Rüedegêre: ‚het ich daß vernomen, 1201
  • daß er niht wære ein heiden, sô wolde ich gerne komen,
  • swar er hete willen, und næme in zeinem man.‘
  • dô sprach der marcgrâve: ‚die rede solt ir, vrouwe, lân.
  • ‚Ern ist niht gar ein heiden, des sult ir sicher sîn, C.
  • jâ was vil wol bekêret der liebe hêrre mîn,
  • wan daß er sich widere vernoijieret hât.
  • welt ir in, vrouwe, minnen, sô mac sîn noch werden rât.
  • ‚Er hât sô vil der recken in kristenlîcher ê, 1202
  • aß iu bî dem künege nimmer wirdet wê.
  • ir muget ouch lîhte erwerben, daß der vürste guot
  • wider ze Gote wendet beide sêle unde muot.‘
  • Dô sprâchen aber ir bruoder: ‚nu lobetß, swester mîn, 1203
  • iuwer ungemüete daß sult ir lâßen sîn.‘
  • si bâtens alsô lange, unz doch ir trûrec lîp
  • lobete vor den helden, si wurde Etzelen wîp.
  • Si sprach: ‚ich wil iu volgen, ich armiu künegîn! 1204
  • daß ich var zen Hiunen, sô daß nu mac gesîn,
  • swenne ich hân die vriunde, die mich vüeren in sîn lant.‘
  • des bôt dô vor den helden diu schœne Kriemhielt die hant.
  • Dô sprach der marcgrâve: ‚habet ir zwêne man, 1205
  • dar zuo hân ich ir mêre: eß wirdet wol getân,
  • daß wir iuch nâch êren bringen über Rîn.
  • ine lâße iuch nu niht langer hie zen Burgunden sîn.
  • ‚Ich hân fünf hundert manne und ouch der mâge mîn: 1206
  • die suln iu hie dienen und ouch dâ heime sîn,
  • swie ir in gebietet; ich tuon iu selbe alsam,
  • swenn ir mich mant der mære, daß ich michs nimmer gescham.
  • ‚Nu heißet iu bereiten iuwer phertkleit, 1207
  • die Rüedegêres ræte iu nimmer werdent leit,
  • und saget eß iuwern mageden, die ir dâ vüeren welt:
  • jâ kumet uns ûf der strâße vil maneger ûß erwelter helt.‘
  • Si heten noch gesmîde, daß man dâ vor reit 1208
  • bî Sîvrides zîten, daß si vil manege meit
  • mit êren mohte vüeren, sô si wolde dan.
  • hei, waß man guoter setele den schœnen vrouwen gewan!
  • Ob si ie getrüegen deheiniu rîchiu kleit, 1209
  • der wart zuo zir verte vil manegeß nu bereit,
  • wan in von dem künege sô vil gesaget wart;
  • si slußßen ûf die kisten, die ê stuonden wol bespart.
  • Si wâren vil unmüeßec wol vünftehalben tac, A.1210
  • si suochten ûß der valden, des vil dar inne lac.
  • Kriemhilt ir kameren ensließen began,
  • si wolde machen rîche al die Rüedegêres man.
  • Si hete noch des goldes von Niblunge lant: A.1211
  • si wânde, eß zen Hiunen teilen solde ir hant.
  • eß enkunden hundert miule dannen niht getragen.
  • diu mære hôrte Hagene dô von Kriemhilde sagen.
  • Er sprach: ‚Sît mir vrou Kriemhilt nimmer wirdet holt, A.1212
  • sô muoß ouch hie belîben daß Sîvrides golt.
  • zwiu solde ich mînen vînden lân sô michel guot?
  • ich weiß vil wol, waß Kriemhilt mit disme schatze getuot.
  • ‚Ob si in bræhte hinnen, ich wil gelouben daß, 1213
  • er wurde doch zerteilet niuwan ûf mînen haß.
  • sin habent ouch niht der rosse, diu in solden tragen:
  • in wil behalten Hagene, daß sol man Kriemhilde sagen.‘
  • Dô si gehôrt diu mære, daß was ir grimme leit. 1214
  • eß wart ouch den künegen allen drin geseit:
  • si woldenß gerne wenden. dô des niht geschach,
  • Rüedegêr der edele harte vrœlîchen sprach:
  • ‚Rîchiu küneginne, zwiu klaget ir daß golt? 1215
  • iu ist der künic Etzel sô grœßlîchen holt:
  • gesehent iuch sîniu ougen, er gît iu alsô vil,
  • daß irß verswendet nimmer; des ich iuch, vrouwe, weren wil.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚vil edel Rüedegêr, 1216
  • eß gewan nie küneges tohter rîcheite mêr,
  • danne der mich Hagene âne hât getân.‘
  • dô kom ir bruoder Gêrnôt hin zer kameren gegân.
  • Mit gewalt des küngs en slüßßel stieß er an die tür. 1217
  • golt daß Kriemhilde reichte man dervür,
  • ze drîßec tûsent marken oder dannoch baß.
  • er hieß eß nemen die geste: liep was Gunthere daß.
  • Dô sprach von Bechlâren der Gotelinde man: 1218
  • ‚ob eß mîn vrouwe Kriemhilt alleß möhte hân,
  • swaß sîn ie wart gevüeret von Niblunge lant,
  • sîn solde lützel rüeren mîn oder der küneginne hant.
  • Nu heißet eß behalten, wand ich sîn niht enwil. 1219
  • jâ vuort ich von lande des mînen alsô vil,
  • daß wirs ûf der strâßen haben guoten rât
  • und unser koste hinnen harte hêrlîche stât.‘
  • Dâ vor in allen wîlen gefüllet zwelf schrîn 1220
  • des aller besten goldes, daß iender mohte sîn,
  • heten die ir magede: daß vuorten si von dan
  • und gezierde vil der vrouwen, daß si zer verte solten hân.
  • Gewalt des grimmen Hagene dûhte si ze starc. A.1221
  • si het des ophergoldes wol noch tûsent marc:
  • si teilteß sîner sêle, ir vil lieben man.
  • daß dûhte Rüedegêren mit grôßen triuwen getân.
  • Dô sprach diu klagende künegin: ‚wâ nu vriunde mîn, 1222
  • die durch mîne liebe welnt ellende sîn?
  • die suln mit mir rîten in der Hiunen lant:
  • die nemen schatz mînen und koufen ros und gewant.
  • Des antwurte ir schiere der marcgrâve Eckewart: 1223
  • ‚sît daß ich aller êrste iuwer gesinde wart,
  • sô hân ich iuch mit triuwen gedienet,‘ sprach der degen,
  • ‚und wil unz an mîn ende des selben immer bî iu phlegen.
  • ‚Ich wil ouch mit mir vüeren vünf hundert mîner man, 1224
  • der ich iu ze dienste mit rehten triuwen gan.
  • wir sîn vil ungescheiden, eß entuo der tôt.‘
  • der rede neic im Kriemhilt, daß irß der helt sô wol erbôt.
  • Dô zôch man dar die mœre: si wolden varn dan. 1225
  • dâ wart vil michel weinen von vriunden getân.
  • A. Uote diu vil rîche und manec schœne meit
  • die zeigten, daß in wære nâch vrouwen Kriemhilde leit.
  • Hundert rîcher megede vuort si mit ir dan: A.1226
  • die wurden sô gekleidet, als in daß wol gezam. A.
  • dô vielen in die trehene von liehten ougen nider;
  • si gelebten vil der vreuden ouch bî Etzelen sider.
  • Dô kom der hêrre Gîselher und ouch Gêrnôt A.1227
  • mit ir ingesinde, als in ir zuht gebôt.
  • dô wolden si beleiten ir lieben swester dan:
  • dô vuorten si ir recken wol tûsent wætlîcher man.
  • Dô kom der snelle Gêre und ouch Ortwîn: A.1228
  • Rûmolt der kuchenmeister dâ mite muose sîn.
  • si schuofen die nahtselde C. der vrouwen ûf den wegen;
  • Volkêr was ir marschalc, der solde ir herberge phlegen.
  • Nâch küssen michel weinen wart dâ vil vernomen, C.
  • ê daß si von der bürge ze velde wæren komen.
  • ûß riten unde giengen, die sis nie gebat. C.
  • dô reit der künic Gunther wan ein lützel vür die stat.
  • Ê si von Rîne vuoren, si heten vür gesant A.1229
  • ir boten harte snelle in der Hiunen lant,
  • die dem künege sageten, daß im Rüedegêr
  • ze wîbe hete erworben die edelen küneginne hêr.
  • Die boten strichen sêre: in was der reise nôt C.
  • durch die grôßen êre und durch rîchiu botenbrôt.
  • dô si ze lande wâren mit den mæren komen,
  • dô het der künic Etzel nie sô liebes niht vernomen.
  • Durch disiu lieben mære hieß der künic geben C.
  • den boten solhe gâbe, daß si wol mohten leben
  • mit vreuden immer mêre dar nâch unz an ir tôt:
  • mit liebe was verschwunden des küneges kumber unde nôt.
  • Âventiure
  • wie Kriemhilt gein den Hiunen vuor.
  • Die boten lâßen rîten: wir suln iu tuon bekant, A.1230
  • wie diu küneginne gevuor durch diu lant
  • oder wâ von ir schieden Gîselher und Gêrnôt.
  • sie heten ir gedienet, als in ir triuwe daß gebôt.
  • Unz an die Tuonouwe ze Vergen si dô riten. A.1231
  • si begunden urloubes die küneginne biten,
  • wan si wider wolden rîten an den Rîn.
  • done mohteß âne weinen von guoten vriunden niht gesîn.
  • Gîselher der snelle sprach zer swester sîn: 1232
  • ‚swenne daß du, vrouwe, bedürfen welles mîn,
  • ob dir iht gewerre, daß tuo mir bekant:
  • sô rîte ich dir ze dieneste in daß Etzelen lant.‘
  • Die ir mâge wâren, kustes an den munt. A.1233
  • vil minneclîchen scheiden sach man an der stunt
  • die snellen Burgunden von Rüedegêres man.
  • dô vuort diu küneginne vil manege meit wol getân,
  • Hundert und viere: die truogen rîchiu kleit A.1234
  • von gemâlt rîchen phellen. vil der schilte breit
  • vuort man bî der vrouwen nâhen ûf den wegen.
  • dô nam ouch urloup Volkêr, der vil zierlîche degen.
  • Dô si über Tuonouwe kômen in Beier lant, A.1235
  • dô sagte man diu mære, dâ wæren vür gerant
  • vil unkunder geste. dâ noch ein klôster stât
  • und dâ daß In mit vlußße in die Tuonouwe gât,
  • In der stat ze Paßßouwe saß ein bischof. A.1236
  • herberge wurden lære und ouch des vürsten hof:
  • si îlten gein den gesten ûf in Beier lant,
  • dâ der bischof Pilgerîn die schœnen Kriemhilde vant.
  • Den recken von dem lande was dô niht ze leit, A.1237
  • dô si ir volgen sâhen sô manege schœne meit.
  • dâ trûte man mit ougen der edelen rîter kint.
  • guote herberge gab man den gesten allen sint.
  • Dâ ze Pledelinge schuof man in gemach. C.
  • daß volc man allenthalben zuozin rîten sach.
  • man gap in willeclîche, des si bedorften dâ:
  • si nâmenß wol mit êren; als tet man sider anderswâ.
  • Der bischof mit der niftel ze Paßßouwe reit. A.1238
  • dô daß den burgæren von der stat wart geseit,
  • daß dô kœme Kriemhilt, des vürsten swester kint:
  • diu wart wol enphangen von den koufliuten sint.
  • Daß si belîben solden, der bischof het des wân. A.1239
  • dô sprach der hêrre Eckewart: ‚daß ist ungetân.
  • wir müeßen varn nidere in Rüedegêres lant:
  • uns wartent vil der degene: eß ist in allen wol bekant.‘
  • Diu mære nu wol wesse diu schœne Gotelint: A.1240
  • si bereite sich mit vlîße und ir vil edel kint.
  • ir het enboten Rüedegêr, daß in daß dûhte guot,
  • daß si der küneginne dâ mit trôste den muot,
  • Daß si ir rite engegene und alle sîne man A.1241
  • ûf zuo der Ense. dô daß wart getân,
  • dô sach man allenthalben die wege unmüeßec stên:
  • si begunden gegen den gesten beide rîten unde gên.
  • Nu was diu küneginne ze Everdingen komen. 1242
  • gnuoge ûß Beier lande solden hân genomen
  • den roub ûf der strâßen nâch ir gewoneheit:
  • sô heten si den gesten dâ getân vil lîhte leit.
  • Daß hete wol understanden der edel Rüedegêr: 1243
  • er vuorte tûsent rîter unde dannoch mêr.
  • dô was ouch komen Gotelint, Rüedegêres wîp:
  • mit ir kom hêrlîche vil maneges küenen recken lîp.
  • Dô si über die Trûne kômen bî Ense ûf daß velt, 1244
  • dô sach man ûf gespannen hütten und gezelt,
  • dâ die geste solden die nahtselde hân.
  • diu kost diu was den recken dâ von Rüedegêr getân.
  • Gotelint diu schœne die herberge lie 1245
  • hinder ir belîben. ûf den wegen gie
  • mit klingenden zoumen manec pfert wol getân.
  • der antphanc wart vil schœne: liep was eß Rüedegêr getân.
  • Die in ze beiden sîten kômen ûf den wegen, 1246
  • die riten lobelîche: der was vil manec degen.
  • si phlâgen rîterschefte: daß sach vil manec meit.
  • eß was den schœnen vrouwen der rîter dienest niht leit.
  • Dô zuo den gesten kômen die Rüedegêres man, 1247
  • vil der trunzûne sach man ze berge gân
  • von der recken hende mit rîterlîchen siten.
  • dô wart wol ze prîse vor den vrouwen geriten.
  • Daß ließen si belîben. dô gruoßte manec man 1248
  • vil güetlîche ein ander. dô vuorten si von dan
  • die schœnen Gotelinde, dâ si Kriemhilt sach.
  • die vrouwen dienen kunden, die heten kleinen gemach.
  • Der vogt von Bechelâren ze sîme wîbe reit. 1249
  • der edelen marcgrâvinne was daß niht ze leit,
  • daß er sô wol gesunder von Rîne was komen.
  • ir was ein teil ir swære mit grôßen vreuden benomen.
  • Dô sin hete enphangen, er ließ si ûf daß gras 1250
  • erbeißen mit den vrouwen, swaß ir dâ mit ir was.
  • dâ wart vil unmüeßec manec edel man:
  • den vrouwen wart dô dienest mit grôßem vlîße getân.
  • Dô sach diu vrouwe Kriemhilt die markgrâvinne stên 1251
  • mit dem ir gesinde: si lie niht nâher gên:
  • daß phert mit dem zoume zucken si began
  • und bat sich snelleclîchen von dem satele heben dan.
  • Den bischof sach man wîsen sîner swester kint, A.1252
  • in und Eckewarten, zuo Gotelinde sint.
  • dâ wart vil michel wîchen an der selben stunt.
  • dô kuste diu ellende an der marcgrâvinne munt.
  • Dô sprach vil minneclîchen daß Rüedegêres wîp: 1253
  • ‚nu wol mich, liebe vrouwe, deich iuwern schœnen lîp
  • hân in disme lande mit ougen mîn gesehen:
  • mir enkunde an disen zîten nimmer lieber geschehen.‘
  • ‚Nu lôn iu Got,‘ sprach Kriemhilt, ‚vil edele Gotelint. 1254
  • sol ich gesunt belîben mit Botlunges kint,
  • eß mac iu komen ze liebe, daß ir mich habt gesehen.‘
  • in beiden was unkunde, daß sider muose geschehen.
  • Mit zühten zuo ein ander gie vil manec meit. 1255
  • dô wâren in die recken mit dienste vil bereit.
  • si sâßen nâch dem gruoße nider ûf den klê.
  • si gewannen maneger künde, die in vil vremde wâren ê.
  • Man hieß den vrouwen schenken. eß was wol mitter tac; 1256
  • daß edel ingesinde dâ niht lenger lac.
  • si riten, dâ si vunden manege hütten breit:
  • dâ was den edelen gesten vil michel dienest bereit.
  • Die naht si heten ruowe unz an den morgen vruo. 1257
  • die von Bechelâren bereiten sich dar zuo,
  • wie si behalten solden vil manegen werden gast.
  • wol hete gehandelt Rüedegêr, daß in dâ wênec iht gebrast.
  • Diu venster an den mûren sach man offen stân; 1258
  • diu burc ze Bechelâren diu was ûf getân.
  • dô riten dar in die geste, die man vil gerne sach.
  • den hieß der wirt vil edele schaffen guoten gemach.
  • Diu Rüedegêres tohter mit ir gesinde gie, 1259
  • dâ si die küneginne vil minneclîch enphie.
  • dâ was ouch ir muoter, des marcgrâven wîp;
  • mit liebe wart gegrüeßet vil maneger juncvrouwen lîp.
  • Si viengen sich behanden unde giengen dan 1260
  • in einen palas wîten: der was vil wol getân,
  • dâ diu Tuonouwe under hine vlôß.
  • si sâßen gên dem lufte und heten kurzwîle grôß.
  • Wes si dâ mêre phlâgen, desn kan ich niht gesagen. A.1261
  • daß in sô übel zogete, daß hôrte man dô klagen
  • die Kriemhilde recken: wand eß was in leit.
  • hei, waß dô guoter recken mit in von Bechlâren reit!
  • Vil minneclîchen dienest Rüedegêr in bôt. 1262
  • dô gap diu küneginne zwelf armbouge rôt
  • der Gotlinde tohter und alsô guot gewant,
  • daß si niht beßßers brâhte in daß Etzelen lant.
  • Swie ir genomen wære der Niblunge golt, 1263
  • alle, die si gesâhen, die mahte si ir holt
  • noch mit dem kleinen guote, daß si dâ mohte hân.
  • des wirtes ingesinde dem wart grôßiu gâbe getân.
  • Dâ wider bôt dô êre diu vrouwe Gotlint 1264
  • den gesten von dem Rîne sô güetlîche sint,
  • daß man der vremden harte wênec vant,
  • sine trüegen ir gesteine oder ir hêrlîch gewant.
  • Dô si enbißßen wâren und daß si solden dan, 1265
  • von der hûsvrouwen wart geboten an
  • getriuwelîcher dienest daß Etzelen wîp.
  • dô wart ouch vil getriutet der schœnen juncvrouwen lîp.
  • Si sprach zer küneginne: ‚swenne iuch nu dunket guot, 1266
  • ich weiß wol, daß eß gerne mîn lieber vater tuot,
  • daß er mich zuo ziu sendet in der Hiunen lant.‘
  • daßs ir getriuwe wære, wie wol daß Kriemhilt ervant!
  • Diu ros bereitet wâren vür Bechlâren komen: 1267
  • dô het diu edel künegin urloup nu genomen
  • von Rüedegêres wîbe und der tohter sîn;
  • dô schiet ouch sich mit gruoße vil manec schœne magedîn.
  • Ein ander si vil selten gesâhen nâch den tagen. 1268
  • ûßer Medelicke ûf handen wart getragen
  • manec goltvaß rîche, dar inne brâht man wîn
  • den gesten zuo der strâße: si muosen willekomen sîn.
  • Ein wirt was dâ geseßßen, Astolt genant: 1269
  • der wîsete si die strâße in daß Ôsterlant
  • gegen Mûtâren die Tuonouwe nider.
  • dâ wart vil wol gedienet der rîchen küneginne sider.
  • Der bischof vriuntlîche von sîner nifteln schiet. A.1270
  • daß si sich wol gehabete, wie vaste er ir daß riet,
  • und daß si ir êre koufte, als Helche het getân.
  • hei, waß si grôßer êren sît dâ zen Hiunen gewan!
  • Zuo der Treisem brâhte man die geste dan. 1271
  • ir phlâgen vlîßeclîchen die Rüedegêres man,
  • unz daß die Hiunen riten über lant!
  • dô wart der küneginne vil michel êre bekant.
  • Bî der Treisem hête der künec ûß Hiunen lant A.1272
  • eine burc wîte, diu was wol bekant,
  • geheißen Treisenmûre: vrou Helke saß dâ ê
  • und phlac sô grôßer tugende, daß wætlîch nimmer mêr ergê,
  • Eßen tæte danne Kriemhilt, diu alsô kunde geben. A.1273
  • si mohte nâch ir leide daß liep wol geleben,
  • daß ir ouch jâhen êre die Etzelen man,
  • der si sît grôßen vollen bî den helden gewan.
  • Etzelen hêrschaft was wîten erkant, XII.1274
  • daß man ze allen zîten in sîme hove vant
  • die küenesten recken, von den ie wart vernomen
  • under kristen unde heiden: die wâren mit im alle komen.
  • Bî im was alle zîte, daß wætlîch mêr ergê, 1275
  • kristenlîcher orden und ouch der heiden ê.
  • in swie getânem lebene sich ieslîcher truoc,
  • daß schuof des küneges milte, daß man in allen gap genuoc.
  • Âventiure
  • wie si zen Hiunen wart enphangen.
  • Si was ze Treisenmûre unz an den vierden tac. 1276
  • diu molte ûf der strâße die wîle nie gelac,
  • si enstübe, sam eß brünne, allenthalben dan.
  • dâ riten durch Ôsterrîche des künic Etzelen man.
  • Dô was ouch dem künege vil rehte nu geseit, 1277
  • des im von gedanken swunden sîniu leit,
  • wie hêrlîchen Kriemhilt kœme durch diu lant.
  • der künec begunde gâhen, dâ er die minneclîchen vant.
  • Von vil maneger sprâche sach man ûf den wegen 1278
  • vor Etzelen rîten manegen küenen degen,
  • von kristen und von heiden manege wîte schar.
  • dâ si die vrouwen vunden, si kômen hêrlîchen dar.
  • Von Riußen und von Kriechen reit dâ manec man; 1279
  • den Pœlân unde Vlâchen sach man swinde gân
  • ros diu vil guoten si mit kreften riten.
  • swaß si site hêten, der wart vil wênec vermiten.
  • Von dem lant ze Kiewen reit dâ manec degen 1280
  • und die wilden Pesnære; dâ wart vil gephlegen
  • mit dem bogen schießen zuo vogelen, dâ si vlugen;
  • die phîle si sêre mit kraft unz an die wende zugen.
  • Ein stat bî Tuonouwe lît in Ôsterlant, A.1281
  • diu ist geheißen Tulnâ: dâ wart ir bekant
  • vil manec site vremde, den si ê nie gesach.
  • si enphiengen dâ genuoge, den sît vil leit von ir geschach.
  • Vor Etzelen dem künege ein ingesinde reit, 1282
  • vrô und vil rîche, hübsch und gemeit,
  • wol vier und zweinzec vürsten rîch unde hêr.
  • daß si ir vrouwen sâhen, dâ von engerten si niht mêr.
  • Der herzoge Râmunc ûßer Vlâchen lant 1283
  • mit siben hundert mannen kom er vür si gerant.
  • sam vliegende vogele sach man si alle varn.
  • dô kom der vürste Gibeke mit vil hêrlîchen scharn.
  • Hornboge der snelle wol mit tûsent man 1284
  • kêrte von dem künege gein sîner vrouwen dan.
  • vil lûte wart geschallet nâch des landes siten.
  • von der Hiunen mâgen wart ouch dâ sêre geriten.
  • Dô kom von Tenemarke der küene Hâwart 1285
  • und Irinc der vil snelle, vor valsche wol bewart,
  • Irnvrit von Dürengen, ein wætlîcher man:
  • si enphiengen Kriemhilde, daß sis êre muose hân,
  • Mit zwelf hundert mannen: die vuortens in ir schar. A.1286
  • dô kom der hêrre Blœdel mit drin tûsent dar,
  • der Etzelen bruoder ûßer Hiunen lant:
  • der kom vil hêrlîche, dâ er die küneginne vant.
  • Dô kom der künic Etzel und ouch hêr Dietrîch 1287
  • mit allen sînen degenen. dâ was vil lobelîch
  • manec rîter edele, biderbe unde guot.
  • des wart vroun Kriemhilde ein teil gehœhet ir muot.
  • Dô sprach zer küneginne der hêrre Rüedegêr: A.1288
  • ‚vrouwe, iu wil enphâhen hie der künic hêr.
  • swen ich iuch heiße küssen, daß sol sîn getân:
  • jane mugt ir niht gelîche grüeßen al die Etzeln man.‘
  • Dô huop man von dem mœre die küneginne hêr. 1289
  • Etzel der vil rîche enbeite dô niht mêr,
  • er stuont von sîme rosse mit manegem küenen man.
  • man sach in vrœlîche gegen Kriemhilde gân.
  • Zwêne vürsten rîche, als uns daß ist geseit, 1290
  • bî der vrouwen giengen und habten ir diu kleit,
  • dô ir der künic Etzele hin engegen gie,
  • dâ si den vürsten edele mit küssen güetlîch enphie.
  • Ûf ructes ir gebende: ir varwe wol getân A.1291
  • diu lûhte ir ûß dem golde. dâ was vil manec man,
  • si jâhen, daß vrou Helche niht schœner kunde gesîn.
  • dâ bî sô stuont vil nâhen des küneges bruoder Blœdelîn.
  • Den hieß si küssen Rüedegêr, der marcgrâve rîch, A.1292
  • und den künic Gibeken. dô stuont ouch Dieterîch;
  • der recken kuste zwelfe daß Etzelen wîp.
  • do enphie si sus mit gruoße vil manges rîtæres lîp.
  • Al die wîle und Etzel bî Kriemhilde stuont, 1293
  • dô tâten die tumben, als noch die liute tuont:
  • vil manegen puneiß rîchen sach man dâ geriten;
  • daß tâten kristen helde und ouch die heiden nâch ir siten.
  • Wie rehte rîterlîchen die Dietrîches man A.1294
  • die schefte ließen vliegen mit trunzûnen dan
  • hôch über schilde von guoter rîter hant!
  • vor den tiuschen gesten wart dürkel maneges schiltes rant.
  • Dâ wart von schefte brechen vil michel dôß vernomen. 1295
  • dô wâren von dem lande die recken alle komen
  • und ouch des küneges geste, vil manec edel man:
  • dô gie der künic rîche mit der küneginne dan.
  • Si sâhen bî in stênde ein hêrlîch gezelt. 1296
  • von hütten was ervüllet alumbe daß velt,
  • dâ si solden ruowen nâch ir arebeit.
  • von helden wart gewîset dar under manec schœniu meit
  • Mit der küneginne, dâ si sît gesaß A.1297
  • ûf rîche stuolgewæte; der marcgrâve daß
  • hete wol geschaffet, daß man eß vant vil guot.
  • dô stuont dem künege Etzelen harte hôhe der muot.
  • Waß si zesamne redeten, daß ist mir unbekant; A.1298
  • in der sînen zeswen lac ir wîßiu hant.
  • si gesâßen minneclîche, dâ Rüedegêr der degen
  • den künec niht wolde lâßen Kriemhilde heimlîche phlegen.
  • Dô hieß man lân belîben den buhurt über al; 1299
  • mit êren wart verendet dâ der grôße schal.
  • dô giengen zuo den hütten die Etzelen man;
  • man gab in herberge vil wîten allenthalben dan.
  • Den abent zuo der nahte si heten guot gemach, 1300
  • unz man den liehten morgen aber schînen sach.
  • dô was zuo den rossen komen manec man:
  • hei, waß man kurzewîle dem künege zêren began!
  • Der künec eß nâch den êren die Hiunen schaffen bat. 1301
  • dô riten si von Tulne ze Wiene zuo der stat.
  • dâ vunden si gezieret vil maneger vrouwen lîp:
  • si enphiengen wol mit êren des künic Etzelen wîp.
  • Mit harte grôßem vollen sô wart in bereit, 1302
  • swaß si haben solden. vil manec helt gemeit
  • sich vreute gên dem schalle. herbergen man began.
  • des küneges hôhgezîte huop sich vil vrœlîchen an.
  • Sine mohten niht alle geherbergen in der stat. A.1303
  • die niht geste wâren, Rüedegêr die bat,
  • daß si herberge næmen in daß lant.
  • ich wæn, man alle zîte den künec bî Kriemhilde vant.
  • Dietrîch der hêrre und ander manec degen A.1304
  • die heten sich der ruowe mit arbeit bewegen,
  • durch daß si den gesten trôsten wol den muot.
  • Rüedgêr und sîne vriunde heten kurzwîle guot.
  • Diu hôhzît was gevallen an einen phingestac, 1305
  • dâ der künic Etzel bî Kriemhilde lac
  • in der stat ze Wiene. si wæn sô manegen man
  • bî ir êrsten manne nie ze dienste gewan.
  • Si kunte sich mit gâbe dem, der si nie gesach. 1306
  • vil maneger dar under zuo den gesten sprach:
  • ‚wir wânden, daß vrou Kriemhilt guotes niht möhte hân:
  • nu ist hie mit ir gâbe vil manec wunder getân.‘
  • Diu hôhzît diu werte sibenzehen tage. 1307
  • ich wæn, man von deheinem künege mêre sage,
  • des hôhzît grœßer wære: daß ist uns gar verdeit.
  • alle, die dâ wâren, truogen iteniuwe kleit.
  • Si wæn in Niderlande dâ vor nie gesaß 1308
  • mit sô manegem recken: dâ bî geloube ich daß,
  • was Sîvrit rîch des guotes, daß er doch nie gewan
  • sô manegen recken edele, sô si sach vor Etzeln stân.
  • Ouch gap nie künec neheiner zuo sîn selbes hôhgezît 1309
  • sô manegen rîchen mantel tief unde wît,
  • noch sô guoter kleider, der si vil mohten hân,
  • die Kriemhilde willen wurden alle vertân.
  • Ir vriunde und ouch ir geste heten einen muot, 1310
  • daß si dâ niht ensparten deheiner slahte guot.
  • swes ieman an si gerte, des wâren si bereit.
  • des gestuont dô vil der degene von milte blôß und âne kleit.
  • Wie si ze Rîne sæße, gedâhte si ane daß, 1311
  • bî ir edelem manne, ir ougen wurden naß.
  • si hetes vaste hæle, daß eß ieman kunde sehen.
  • ir was nâch manegem leide sô vil der êren geschehen.
  • Swaß ieman tet mit milte, daß was gar ein wint A.1312
  • unz an Dietrîche: swaß Botlunges kint
  • im gegeben hête, daß was nu gar verswant.
  • ouch begie dâ michel wunder des milten Rüedegêres hant.
  • Ûßer Ungerlande der vürste Blœdelîn A.1313
  • der hieß dâ lære machen vil manec leitschrîn
  • von silber und von golde dâ wart hin gegeben.
  • man sach des küneges helde sô rehte vrœlîche leben.
  • Werbel unde Swemelîn, des küneges spilman, A.1314
  • ich wæn, ir ieglîcher zer hôhzît gewan
  • wol ze tûsent marke oder dannoch baß,
  • dâ diu schœne Kriemhilt bî Etzele under krône saß.
  • An dem ahtzehenden morgen von Wiene si dô riten. 1315
  • dô wart in rîterscheften schilde vil versniten
  • von speren, die dâ vuorten die recken an der hant.
  • sus kom der künic Etzel mit vreuden in der Hiunen lant.
  • Ze Heimburg der alten si wâren über naht. 1316
  • done kunde niemen wißßen wol des volkes aht,
  • mit wie getâner krefte si riten über lant.
  • hei, waß man schœner vrouwen in sîme heimuote vant.
  • Ze Misenburc der rîchen dâ schiften si sich an. 1317
  • daß waßßer wart verdecket von ros und ouch von man,
  • alsam eß erde wære, swaß man sîn vließen sach.
  • die wegemüeden vrouwen die heten semfte und ouch gemach.
  • Ze samne was gefloßßen manec schef vil guot, 1318
  • daß in niht enschadete die ünde noch diu vluot;
  • dar über was gespannen manec guot gezelt,
  • sam ob si noch hêten beide lant unde velt.
  • Dô kômen disiu mære ze Etzelenburc von dan, 1319
  • dô vreuten sich dar inne wîp unde man.
  • Etzelen ingesinde, des ê vrou Helche phlac,
  • gelebte bî Kriemhilde sît manegen vrœlîchen tac.
  • Dô stuont dâ wartende vil manec edel meit, 1320
  • Die nâch Helchen tôde heten manegiu leit.
  • siben künege tohter Kriemhilt noch dâ vant:
  • von den was gezieret wol alleß Etzelen lant.
  • Diu juncvrouwe Herrât noch des gesindes phlac, 1321
  • diu Helchen swester tohter, an der vil tugende lac,
  • diu gemahele Dietrîches, eins edelen küneges kint,
  • diu tohter Nentwînes: diu hete vil der êren sint.
  • Gegen der geste kümfte vreute sich ir muot; 1322
  • ouch was dar zuo bereitet vil kreftigeß guot.
  • wer kunde iu daß bescheiden, wie sît der künec gesaß?
  • si gelebten dâ zen Hiunen nie mit küneginne baß.
  • Do der künec mit sîme wîbe von dem stade reit, A.1323
  • wer ieglîche vuorte, daß wart dô wol geseit
  • der edelen Kriemhilde: si gruoßtes deste baß.
  • hei, wie gewalteclîchen si sît an Helchen stat gesaß!
  • Getriulîches dienstes wart ir vil bekant. A.1324
  • dô teilte diu küneginne golt und ouch gewant,
  • silber und gesteine: swaß si des über Rîn
  • mit ir zen Hiunen brâhte, daß muose gar zergeben sîn.
  • Ouch wurden ir mit dienste sider undertân 1325
  • al des küneges mâge und alle sîne man,
  • daß diu vrouwe Helche nie so gewalteclîch gebôt,
  • sô si ir muosen dienen unz an den Kriemhilde tôt.
  • Dô stuont mit solhen êren der hof und ouch daß lant, 1326
  • daß man dâ zallen zîten die kurzwîle vant,
  • swar nâch ieglîchem daß herze truoc den muot,
  • durch des küneges liebe und der küneginne guot.
  • Âventiure
  • wie Kriemhilt ir leit gedâht ze rechen.
  • In alsô hôhen êren, daß ist alwâr, A.1327
  • wontens mit ein ander unz an daß sibende jâr.
  • die zît diu küneginne eins suns was genesen:
  • des kunde der künic Etzel nimmer vrœlîcher wesen.
  • Sine wolde niht erwinden, sine wurbe sint, A.1328
  • daß getoufet wurde daß Etzelen kint
  • nâch kristenlîchem rehte: Ortliep wart eß genant.
  • des wart vil michel vreude über al deß Etzelen lant.
  • Swaß ie guoter tugende an vroun Helchen lac, XIII.1329
  • der vleiß sich vrou Kriemhilt dar nâch vil manegen tac.
  • A. die site si lêrte Herrât, diu ellende meit.
  • diu hete tougenlîche nâch Helchen grœßlîchiu leit.
  • Den vremden und den kunden was si vil wol bekant; A.1330
  • die jâhen, daß nie vrouwe besæße küneges lant
  • beßßer unde milter: daß heten si vür wâr.
  • daß lop si truoc zen Hiunen unz an daß driuzehende jâr.
  • Nu het si wol erkunnet, daß ir niemen widerstuont, A.1331
  • alsô noch vürsten wîbe küneges recken tuont,
  • und daß si alle zîte zwelf künege vor ir sach.
  • si gedâht ouch maneger leide, der ir dâ heime geschach.
  • Si dâhte ouch maneger êren von Niblunge lant, A.1332
  • der si was gewaltec und die ir Hagenen hant
  • mit Sîvrides tôde hete gar benomen,
  • und ob im daß ouch immer noch ze leide möhte komen.
  • ‚Daß geschæhe, ob ich in bringen möhte in ditze lant.‘ A.1333
  • ir troumde, daß ir gienge vil dicke an der hant
  • Gîselher ir bruoder: si kusten zaller stunt
  • vil ofte in semftem slâfe. sît wart in arbeite kunt.
  • Ich wæn, der übel vâlant Kriemhilde daß geriet, A.1334
  • daß si mit vriuntschefte von Gunthere schiet,
  • den si durch suone kuste in Burgunden lant.
  • do begunde ir aber salwen von heißen trehen ir gewant.
  • Eß lac ir an dem herzen spât unde vruo, A.1335
  • wie man si âne schulde bræhte dar zuo,
  • daß si muose minnen einen heidenischen man:
  • die nôt die hete ir Hagene unde Gunther getân.
  • Daß si daß rechen möhte, des wunschtes alle tage. A.1336
  • si gedâht: ‚ich bin sô rîche unt hân sô grôße habe,
  • daß ich mînen vînden gevüege noch ein leit:
  • des wær et ich von Troneje Hagnen gerne bereit.
  • ‚Nâch den getriuwen jâmert dicke eß herze mîn: A.1337
  • die mir dâ leide tâten, möhte ich bî den sîn,
  • sô wurde wol errochen mînes vriundes lîp.
  • des ich kûme erbeite,‘ sprach daß jâmerhafte wîp.
  • Ze liebe si dô hêten alle sküneges man, A.1338
  • die Kriemhilde recken: daß was vil wol getân. A.
  • der kameren phlac Eckewart, dâ von er vriunt gewan.
  • Kriemhilde willen kunde nieman understân.
  • Si dâhte zallen zîten: ‚ich will den künic biten,‘ 1339
  • daß er ir des gunde mit güetlîchen siten,
  • daß man ir vriunde bræhte in der Hiunen lant.
  • den argen willen niemen an der küneginne vant.
  • Dô si eines nahtes bî dem künege lac, A.1340
  • mit armen umbevangen het er si, als er phlac
  • die edelen vrouwen triuten, si was im sô sîn lîp:
  • dô gedâhte ir vînde daß vil hêrlîche wîp.
  • Si sprach zuo dem künege: ‚vil lieber hêrre mîn, 1341
  • ich wolde iuch biten gerne, möhteß mit hulden sîn,
  • daß ir mich sehen ließet, ob ich daß het versolt,
  • daß ir den mînen vriunden wæret inneclîchen holt.‘
  • Dô sprach der künic rîche, getriuwe was sîn muot: A.1342
  • ‚ich bringe iuch des wol innen, swâ liep unde guot
  • den helden widervüere, des müese ich vreude hân,
  • wand ich von wîbes minne nie beßßer vriunde gewan.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚iu ist daß wol geseit, 1343
  • ich hân vil hôhe mâge: dar umbe ist mir sô leit,
  • daß mich die sô selten ruochent hie gesehen:
  • ich hœre, mîn die liute niuwan vür ellende jehen.‘
  • Dô sprach der künic Etzel: ‚vil liebiu vrouwe mîn, A.1344
  • diuht eß si niht ze verre, sô lüede ich über Rîn,
  • swelhe ir dâ gerne sæhet, her in mîniu lant.‘
  • des vreute sich diu vrouwe, dô si den willen sîn ervant.
  • (Si sprach:) ‚welt ir mir triuwe leisten, hêrre mîn, 1345
  • sô sult ir boten senden ze Wormeß über Rîn.
  • so enbiute ich mînen vriunden, des ich dâ habe muot:
  • sô kumt uns her ze lande vil manec edel rîter guot.‘
  • Er sprach: ‚swenne ir gebietet, sô lâß et eß geschehen. A.1346
  • irn kundet iuwer vriunde sô gerne niht gesehen,
  • als ich si gesæhe, der edelen Uoten kint.
  • mich müet daß harte sêre, daß si uns sô lange vremde sint.
  • ‚Ob eß dir wol gevalle, vil liebiu vrouwe mîn, 1347
  • wolde ich ze boten senden nâch den vriunden dîn
  • die mînen videlære in Burgunden lant.‘
  • die guoten videlære hieß er bringen sâ zehant.
  • Si îlten harte balde, dâ der künic saß 1348
  • bî der küneginne. er saget in beiden daß,
  • si solden boten werden in Burgunden lant.
  • dô hieß er in bereiten harte hêrlîch gewant.
  • Vier und zweinzec recken bereite man dô kleit. A.1349
  • ouch wart in von dem künege diu botschaft geseit,
  • wie si dar laden solden Gunther und sîne man.
  • Kriemhilt diu vrouwe si sunder sprechen began.
  • Dô sprach der künic rîche: ‚ich sag iu, wie ir tuot: 1350
  • ich enbiute mînen vriunden lieb und alleß guot,
  • daß si geruochen rîten her in mîniu lant.
  • ich hân sô lieber geste harte wênec noch bekant.
  • ‚Und ob si mînes willen wellen iht begân, 1351
  • die Kriemhilde mâge, daß si des niht enlân,
  • sine komen mir ze liebe zuo mîner hôhgezît,
  • wan vil der mînen wünne an mînen konemâgen lît.‘
  • Dô sprach der videlære, der stolze Swemelîn: 1352
  • ‚wenne sol iuwer hôhzît in disen landen sîn?
  • daß wir iuwern vriunden daß künnen dort gesagen.‘
  • dô sprach der künic Etzel: ‚zen næhsten sunwenden tagen.‘
  • ‚Wir tuon, swaß ir gebietet,‘ sprach dô Werbelîn. 1353
  • in ir kemenâten bat diu künegîn
  • bringen tougenlîchen die boten si gesprach;
  • dâ von vil manegem degene sît wênec liebes geschach.
  • Si sprach zen boten beiden: ‚nu dienet michel guot, 1354
  • daß ir mînen willen vil güetlîchen tuot,
  • und sagt, swaß ich enbiete heim in unser lant:
  • ich mache iuch guotes rîche und gib iu hêrlîch gewant.
  • ‚Swaß ir der mîner vriunde immer muget gesehen 1355
  • ze Wormeß bî dem Rîne, den sult ir niht verjehen,
  • daß ir noch ie gesæhet betrüebet mînen muot;
  • und saget mînen dienest den helden küene unde guot.
  • ‚Bitet, daß si leisten, swaß in der künec enbôt, 1356
  • und mich dâ mite scheiden von aller mîner nôt.
  • die Hiunen wellent wænen, deich âne vriunde sî.
  • ob ich ein rîter hieße, ich kœme in etwenne bî.
  • ‚Und saget ouch Gêrnôte, dem edelen bruoder mîn, 1357
  • daß im zer werlde niemen holder müge sîn.
  • bitet, daß er mir bringe her in ditze lant
  • unser besten vriunde, deiß uns zen êren sî gewant.
  • ‚Sô saget ouch Gîselhere, daß er gedenke dran, A.1358
  • daß ich von sînen schulden nie leides niht gewan:
  • des sæhen in vil gerne hie diu ougen mîn
  • des wolde ich immer mêre hinz im dienende sîn.
  • ‚Saget ouch mîner muoter die êre, die ich hân, A.1359
  • und ob von Troneje Hagene welle dort bestân,
  • wer si danne wîsen solde durch diu lant:
  • dem sint die wege von kinde her zen Hiunen wol bekant.‘
  • Die boten niene wessen, wâ von daß was getân, A.1360
  • daß si von Troneje Hagenen niht ensolden lân
  • belîben bî dem Rîne. eß wart in sider leit:
  • mit im was manegem degene zem grimmen tôde widerseit.
  • Brieve unde botschaft was in nu gegeben. 1361
  • si vuoren guotes rîche und mohten schône leben.
  • urloup gap in Etzel und ouch sîn schœne wîp;
  • in was von guoter wæte vil wol gezieret der lîp.
  • Âventiure
  • wie Werbel unde Swemel die botschaft wurben.
  • Dô Etzel sîne boten zuo dem Rîne sande, A.1362
  • dô vlugen disiu mære von lande ze lande:
  • mit boten harte snellen er bat und ouch gebôt
  • zuo sîner hôhgezîte; des holte maneger dâ den tôt.
  • Die boten dannen vuoren ûßer Hiunen lant A.1363
  • zuo den Burgunden: dar wâren si gesant
  • nâch drin edelen künegen und ouch nâch ir man:
  • si solten komen Etzelen; des man dô gâhen began.
  • Hin ze Bechlâren kômen si geriten: 1364
  • dâ diende man in gerne, daßn wart dâ niht vermiten.
  • Rüedgêr sînen dienest enbôt und Gotelint
  • bî in hin ze Rîne und ouch des marcgrâven kint.
  • Sine ließens âne gâbe von in niht scheiden dan, A.1365
  • daß deste baß gevüeren die Etzelen man.
  • Uoten und ir kinden enbôt dô Rüedegêr,
  • sine heten in sô wægen deheinen marcgrâven mêr.
  • Si enbuten ouch Prünhilde dienest unde guot, A.1366
  • stætelîche triuwe und willigen muot.
  • dô si die rede vernâmen, die boten wolden varn:
  • si bat diu marcgrâvinne Got von himele bewarn.
  • Ê daß die boten kœmen vol durch Beier lant, A.1367
  • Werbel der vil snelle den guoten bischof vant.
  • waß der dô sînen vriunden hin ze Rîne enbôt,
  • daß ist mir niht gewißßen: niuwan sîn golt alsô rôt
  • Gab er den boten ze minnen. rîten er si lie. A.1368
  • dô sprach der bischof Pilgerîn: ‚und solde ichs sehen hie,
  • mir wære wol ze muote, die swester süne mîn:
  • ich mac leider selten zuozin komen an den Rîn.‘
  • Welhe wege si vüeren ze Rîne durch diu lant, 1369
  • des kan ich niht bescheiden. ir silber und gewant
  • des ennam in nieman: man vorhte ir hêrren zorn:
  • jâ was vil gewaltec der edele künic wol geborn.
  • Inre tagen zwelfen kômens an den Rîn, 1370
  • ze Wormeß zuo dem lande, Werbel und Swemelîn.
  • A. dô sagte man diu mære den künegen und ir man,
  • dâ kœmen boten vremede: Gunther dô vrâgen began.
  • Dô sprach der vogt von Rîne: ‚wer tuot uns daß bekant, A.1371
  • von wannen dise vremeden riten in daß lant?‘
  • daß enwesse nieman, unze daß si sach
  • Hagene von Troneje dô ze Gunthere sprach:
  • ‚Uns koment niuwe mære, des wil ich iu verjehen: A.1372
  • die Etzelen videlære die hân ich hie gesehen;
  • si hât iuwer swester gesendet an den Rîn:
  • si suln uns durch ir hêrren grôße willekomen sîn.‘
  • Si riten al bereite vür den palas dan: A.1373
  • eß gevuoren hêrlîcher nie vürsten spileman. A.
  • des küneges ingesinde enphie si sâ zehant:
  • man gab in herberge und hieß behalten ir gewant.
  • Ir reiskleider wâren rîch und sô wolgetân, A.1374
  • jâ mohten si mit êren vür den künic gân;
  • sine wolden ir niht mêre dâ ze hove tragen.
  • ob ir ieman geruohte, die boten hießen daß sagen.
  • In der selben mâße man ouch liute vant, A.1375
  • die eß vil gerne nâmen: den wart eß gesant.
  • dô leiten an die geste verre rîcher wât,
  • als eß boten küneges ze tragene hêrlîche stât.
  • Dô gie mit urloube, dâ der künic saß, A.1376
  • daß Etzelen gesinde: gerne sach man daß.
  • Hagene von dem sedele gein den boten spranc
  • und enphie si minneclîche: des sagten im die knappen danc.
  • Durch diu kunden mære vrâgen er began, A.1377
  • wie sich Etzele gehabete und die sîne man.
  • dô sprach der videlære: ‚daß lant gestuont nie baß,
  • noch sô vrô die liute: nu wißßet endelîche daß.‘
  • Er brâhtes zuo dem wirte; der palas der was vol: 1378
  • do enphie man die geste, sô man boten sol
  • güetlîchen grüeßen in ander künege lant.
  • Werbel vil der recken dâ bî Gunthere vant.
  • Der künec gezogenlîche grüeßen si began: 1379
  • ‚sît willekomen beide, ir Etzelen spileman,
  • und iuwer hergesellen. wes hât iuch her gesant
  • Etzele der rîche zuo der Burgunden lant?‘
  • Si nigen dô dem künege. dô sprach Werbelîn: 1380
  • ‚iu enbiutet sînen dienest der liebe hêrre mîn
  • und Kriemhilt iuwer swester her in ditze lant:
  • si habent uns iu recken ûf guote triuwe her gesant.‘
  • Dô sprach der vürste rîche: ‚der mære bin ich vrô. A.1381
  • wie gehabt sich Etzele,‘ vrâgte der degen dô,
  • ‚und Kriemhilt mîn swester ûßer Hiunen lant?‘
  • dô sprach der videlære: ‚diu mære tuon ich iu bekant.
  • ‚Sich gehabten künege, ir sult wol wißßen daß, A.1382
  • in deheinem lande vrœlîcher noch baß,
  • und alleß daß gedigene, die mâge und ouch ir man,
  • si vreuten sich der verte, dô wir schieden von dan.‘
  • ‚Genâde sîner dienste, die er mir enboten hât, A.1383
  • unde mîner swester, sît eß alsô stât,
  • daß si lebent mit vreuden, der künec und sîne man,
  • wande ich doch der mære gevrâget sorgende hân.‘
  • Die zwêne jungen künege die wâren ouch nu komen: A.1384
  • si heten disiu mære alrêste dô vernomen.
  • durch sîner swester liebe die boten gerne sach
  • Gîselher der junge zuo zin dô minneclîchen sprach:
  • ‚Ir boten sult uns grôße willekomen sîn; 1385
  • ob ir dicker woldet her rîten an den Rîn,
  • ir vündet hie die vriunde, die ir gerne möhtet sehen.
  • iu solte hie ze lande vil wênec leides geschehen.‘
  • ‚Wir triuwen iu aller êren,‘ sprach dô Swemlîn; 1386
  • ‚ine kunde iu niht bediuten mit den sinnen mîn,
  • wie rehte minneclîche iu Etzel enboten hât
  • und iuwer edele swester, der dinc in hôhen êren stât.
  • ‚Genâde unde triuwen mant iuch des küneges wîp, 1387
  • und daß ir ie was wæge iur herze und iuwer lîp.
  • und ze vordrest dem künege sî wir her gesant,
  • daß ir geruochet rîten zuo zin in Etzelen lant.
  • ‚Eß sol ouch mit iu rîten der hêrre Gêrnôt. A.1388
  • Etzel der rîche iu allen daß enbôt,
  • ob ir iuch iuwer swester niht sehen woldet lân,
  • sô wolde er gerne wißßen, waß er iu hête getân,
  • ‚Daß ir in alsô vremdet und ouch sîniu lant. A.1389
  • ob iu diu küneginne wær nie mêr bekant,
  • sô möhte er doch verdienen, daß ir in geruochet sehen:
  • swenne daß ergienge, sô wær im liebe geschehen.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚über dise siben naht 1390
  • sô künde ich iu diu mære, wes ich mich hân bedâht
  • mit den mînen vriunden: die wîle sult ir gân
  • in iuwer herberge und sult vil guote ruowe hân.‘
  • Dô sprach aber Werbelîn: ‚und möhte daß geschehen, A.1391
  • daß wir mîne vrouwen kunden ê gesehen,
  • Uoten die vil rîchen, ê wir schüefen uns gemach?‘
  • Gîselher der edele vil harte zühteclîchen sprach:
  • ‚Daß ensol iu niemen wenden; und welt ir vür si gân, A.1392
  • ir habet mîner muoter willen gar getân;
  • wan si siht iuch gerne durch die swester mîn,
  • vroun Kriemhilde: ir sult ir willekomen sîn.‘
  • Gîselher si brâhte, dâ er die vrouwen vant. A.1393
  • die boten sach si gerne ûß der Hiunen lant:
  • si gruoßtes minneclîche durch tugenthaften muot.
  • dô sagten ir diu mære die boten hövisch unde guot.
  • ‚Mîn vrou iu her enbiutet,‘ sô sprach Swemelîn, A.1394
  • ‚ir dienst in grôßen triuwen, und möhte daß gesîn,
  • daß si iuch dicke sæhe, ir sult gelouben daß,
  • sô wær ir in der werlte mit deheinen vreuden baß.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚des mac nu niht gesîn. A.1395
  • swie gerne ich dicke sæhe die lieben tohter mîn,
  • so ist leider mir ze verre des edelen küneges wîp.
  • nu sî immer sælec ir und Etzelen lîp.
  • ‚Ir sult mich lâßen wißßen, ê irß gerûmet hie, A.1396
  • swenne ir wider wendet: ine gesach sô gerne nie
  • boten in langen zîten, danne ich iuch hân gesehen.‘
  • die knappen ir dô lobeten, daß si daß ließen geschehen.
  • Zen herbergen vuoren die von Hiunen lant. 1397
  • dô hete der künic rîche nâch vriunden sîn gesant.
  • Gunther der edele vrâgte sîne man,
  • wie in diu rede geviele? vil maneger sprechen dô began,
  • Daß er wol möhte rîten in Etzelen lant. 1398
  • daß rieten im die besten, die er dar under vant,
  • niuwan Hagen eine: dem was eß grimme leit.
  • er sprach zem künege tougen: ‚ir habt iu selben widerseit.
  • ‚Nu ist iu doch gewißßen, waß wir haben getân: 1399
  • wir mugen immer sorge zuo Kriemhilde hân,
  • wan ich sluoc ze tode ir man mit mîner hant:
  • wie getorsten wir gerîten in daß Etzelen lant?‘
  • Dô sprach der künic rîche: ‚mîn swester lie den zorn. 1400
  • mit kusse minneclîche si hât ûf uns verkorn,
  • daß wir ir ie getâten, ê daß si hinnen reit,
  • eß ensî et, Hagene, iu eime von ir widerseit.‘
  • ‚Nu lât iuch niht betriegen,‘ sprach Hagene, ‚swes si jehen, 1401
  • die boten von den Hiunen. welt ir Kriemhilde sehen,
  • ir mugt wol dâ verliesen die êre und ouch den lîp:
  • eß ist vil lancræche des küneges Etzelen wîp.‘
  • Dô sprach zuo dem râte der vürste Gêrnôt: 1402
  • ‚sît ir von schulden vürhtet dâ den tôt
  • in Hiunischen rîchen; solt wirß dar umbe lân,
  • wirn sæhen unser swester, daß wær vil übele getân.‘
  • Dô sprach der hêrre Gîselher zuo dem degene: A.1403
  • ‚sît ir iuch schuldec wißßet, vriunt Hagene,
  • sô sult ir hie belîben und iuch vil wol bewarn
  • und lâßet die getürstigen mit uns zuo den Hiunen varn.‘
  • Dô begunde zürnen von Tronje der degen: A.1404
  • ‚ich wil niht, daß ir vüeret iemen ûf den wegen,
  • der getürre rîten mit iu ze hove baß.
  • sît ir niht welt erwinden, ich sol iu wol erzeigen daß.‘
  • Dô sprach der kuchenmeister Rûmolt der degen: 1405
  • ‚der vremden und der kunden mugt ir wol heißen phlegen
  • nâch iuwer selbes willen, wand ir habt vollen rât.
  • ich wæne niht, daß Hagene iuch noch vergîselet hât.
  • ‚Welt ir niht volgen Hagenen, iu rætet Rûmolt, 1406
  • wand ich iu bin mit triuwen dienstlîchen holt,
  • daß ir hie sult belîben durch den willen mîn,
  • und lât den künic Etzelen dort bî Kriemhilde sîn.
  • ‚Wie kund iu in der werlte immer samfter wesen? 1407
  • ir muget vor iuwern vînden hie heime wol genesen.
  • ir sult mit guoten kleidern zieren wol den lîp,
  • trinket wîn, den besten, und minnet wætlîchiu wîp.
  • ‚Dar zuo gît man iu spîse, die besten, die ie hât A.1408
  • in der werlte künec deheiner. iur lant vil schône stât:
  • ir mugt iuch Etzelen hôhgezît mit êren wol bewegen
  • und mugt mit iuwern vriunden vil guoter kurzwîle phlegen.
  • ‚Ob ir niht anders hêtet, daß ir möht geleben, C.
  • ich wolde iu einer spîse den vollen immer geben,
  • sniten in öl gebrouwen. deist Rûmoldes rât,
  • sît eß sô angestlîchen, ir hêrren, dâ zen Hiunen stât.
  • ‚Ich weiß, daß mîn vrou Kriemhilt iu nimmer wirdet holt; C.
  • ouch habt ir unde Hagene zir anders niht versolt.
  • des sult ir belîben, eß mac iu werden leit:
  • ir kumet es an ein ende, daß ich iu niht hân misseseit.
  • ‚Des rât ich iu belîben. rîch sint iuwer lant: 1409
  • man mac iu baß erlœsen hie heime diu phant
  • danne dâ zen Hiunen: wer weiß, wie eß dâ stât?
  • ir sult belîben, hêrren: daß ist der Rûmoldes rât.
  • ‚Wir wellen niht belîben,‘ sprach dô Gêrnôt. 1410
  • ‚sît daß uns mîn swester sô vriuntlîche enbôt
  • und Etzele der rîche, zwiu solde wir daß lân?
  • der dar niht gerne welle, der mac hie heime bestân.‘
  • ‚Entriuwen,‘ sprach dô Rûmolt, ‚ich solß der eine sîn, C.
  • der durch Etzelen hôhgezît kumt nimmer über Rîn.
  • zwiu solde ich daß wâgen, daß ich wæger hân?
  • die wîle ich mag immer, wil ich mich selbe leben lân.‘
  • ‚Des selben wil ich volgen,‘ sprach Ortwîn der degen: C.
  • ‚ich wil des geschäftes hie heime mit iu phlegen.‘
  • dô sprâchen ir genuoge, si woldenß ouch bewarn:
  • ‚Got lâße iuch, liebe hêrren, dâ zen Hiunen wol gevarn.‘
  • Der künec begunde zürnen, dô er daß gesach, C.
  • daß si dâ heime wolden schaffen ir gemach:
  • ‚dar umbe wirß niht lâßen, wir müeßen an die vart:
  • eß waldet guoter sinne, der sich alle zît bewart.‘
  • Des antwurte Hagene: ‚lât iuch unbilden niht 1411
  • mîne rede dar umbe; swie halt iu geschiht,
  • ich rât iu an den triuwen, welt ir iuch wol bewarn,
  • sô sult ir zuo den Hiunen vile werlîchen varn.
  • ‚Sît ir niht welt erwinden, so besendet iuwer man, A.1412
  • die besten, die ir vindet oder inder muget hân,
  • sô wel ich ûß in allen tûsent rîter guot:
  • sone mag iu niht gewerren der argen Kriemhilde muot.‘
  • ‚Des wil ich gerne volgen,‘ sprach der künec zehant. 1413
  • dô hieß er boten rîten wîte in sîn lant:
  • dô brâhte man der helde driu tûsent oder mêr.
  • sin wânden niht erwerben alsô gremlîchiu sêr.
  • Si riten vrœlîche in Guntheres lant. A.1414
  • man hieß in geben allen ros und ouch gewant,
  • die dâ varen solden zuo den Hiunen dan.
  • der künec mit guotem willen der vil manegen gewan.
  • Dô hieß von Tronje Hagene Dancwart den bruoder sîn 1415
  • ir beider recken ahzec vüeren an den Rîn.
  • die kômen rîterlîche: harnas und gewant
  • vuorten die vil snellen in daß Guntheres lant.
  • Dô kom der küene Volkêr, ein edel spilman, 1416
  • zuo der hovereise mit drîßec sîner man:
  • die heten sölch gewæte, eß möhte ein künic tragen.
  • daß er zen Hiunen wolde, daß ließ er Gunthere sagen.
  • Wer der Volkêr wære, daß wilch iuch wißßen lân. 1417
  • er was ein edel hêrre: im was ouch undertân
  • vil der guoten recken in Burgunden lant.
  • durch daß er videlen kunde, was er spilman genant.
  • Hagne welte tûsent: die het er wol bekant; A.1418
  • waß in starken stürmen hete gevrumet ir hant,
  • oder swaß si ie begiengen, des het er vil gesehen:
  • in kunde ouch anders nieman niuwan vrümekeite jehen.
  • Die boten Kriemhilde vil sêre dâ verdrôß: 1419
  • wan ir vorht zir hêrren diu was harte grôß:
  • si gerten tegelîche urloubes von dan.
  • des engunde in niht Hagene: daß was durch liste getân.
  • Er sprach zuo sîme hêrren: ‚wir suln daß wol bewarn, 1420
  • daß wir si lâßen rîten, ê daß wir selbe varn
  • dar nâch in siben nahten in Etzelen lant.
  • treit uns iemen argen muot, daß wirt uns dester baß erkant.
  • ‚Sone mac ouch sich vrou Kriemhilt bereiten niht dar zuo, 1421
  • daß uns durch ir ræte ieman schaden tuo.
  • hât aber si den willen, eß mag ir leide ergân:
  • wir vüern mit uns zen Hiunen sô manegen ûß erwelten man.‘
  • Schilde unde setele und alleß ir gewant, 1422
  • daß si vüeren wolden in Etzelen lant,
  • daß was nu gar bereitet vil manegem küenen man.
  • die boten Kriemhilde hieß man vür Guntheren gân.
  • Dô die boten kômen, dô sprach Gêrnôt: 1423
  • ‚der künic wil des volgen, daß uns Etzel her enbôt.
  • wir wellen komen gerne zuo sîner hôhgezît
  • und sehen unser swester; daß ir des âne zwîvel sît.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚kunnet ir uns gesagen, 1424
  • wenne sî diu hôhgezît, oder in welhen tagen
  • wir dar komen solden?‘ dô sprach Swemelîn:
  • ‚zen næhsten sunewenden sol si vil wærlîchen sîn.‘
  • Der künic in erloubte, des was noch niht geschehen, A.1425
  • ob si wolden gerne vroun Prünhilde sehen,
  • daß si vür si solten mit sînem willen gân.
  • daß understuont dô Volkêr: daß was ir liebe getân.
  • ‚Jane ist mîn vrouwe Prünhilt nu niht sô wol gemuot, A.1426
  • daß ir si muget schouwen,‘ sprach der rîter guot.
  • bîtet unz morgen: sô lât man si iuch sehen.‘
  • dô si wânden schouwen, dône kundes niht geschehen.
  • Dô ließ der vürste rîche, er was den boten holt, 1427
  • durch sîn selbes tugende tragen dar sîn golt
  • ûf den breiten schilten: des mohter vil gehân.
  • ouch wart in rîchiu gâbe von sînen vriunden getân.
  • Gîselher und Gêrnôt, Gêre und Ortwîn, A.1428
  • daß si ouch milte wâren, daß tâten si wol schîn.
  • alsô rîche gâbe si die boten buten an,
  • daß sis vor ir hêrren niht getorsten enphân.
  • Dô sprach zuo dem künege der bote Werbelîn: A.1429
  • ‚her künec, lât iuwer gâbe hie ze lande sîn.
  • wir mugen ir doch niht vüeren, mîn hêrre eß uns verbôt,
  • daß wir iht gâbe næmen: ouch ist es harte lützel nôt.‘
  • Dô wart der vogt von Rîne dâ von vil ungemuot, A.1430
  • daß si versprechen wolden sô rîches küneges guot:
  • dô muosen si enphâhen sîn golt und sîn gewant,
  • daß si mit in vuorten sît in Etzelen lant.
  • Si wolden sehen Uoten, ê daß si schieden dan. A.1431
  • Gîselher der junge brâht die spileman
  • vür sîne muoter Uoten; diu vrouwe enbôt dô dan,
  • swaß si êren hête, daß wære ir liebe getân.
  • Dô hieß diu küneginne ir borten und ir golt A.1432
  • geben durch Kriemhilde, wan der was si holt,
  • und durch den künic Etzelen den selben spilman.
  • si mohtenß gerne enphâhen: eß was mit triuwen getân.
  • Urloup genomen hêten die boten nu von dan 1433
  • von mannen und von wîben; mit vreuden si dô dan
  • vuoren unz in Swâben: dar hieß si Gêrnôt
  • beleiten sîne helde, daß eß in niemen missebôt.
  • Dô sich die von in schieden, die ir dâ solden phlegen, 1434
  • diu Etzelen hêrschaft si vridete ûf den wegen:
  • des ennam in nieman ros noch ir gewant.
  • si begunden vaste gâhen wider in der Hiunen lant.
  • Swâ si vriunde westen, daß tâten si den kunt, A.1435
  • daß die von Burgunden in vil kurzer stunt
  • kœmen her von Rîne in der Hiunen lant.
  • dem Bischof Piligrîne wart ouch daß mære bekant.
  • Dô si vür Bechlâren die strâße nider riten, 1436
  • man seit eß Rüedegêre, desn wart niht vermiten,
  • und vroun Gotelinde, des marcgrâven wîp.
  • daß si si sehen solden, des wart vil vrœlîch ir lîp.
  • Gâhen mit den mœren sach man die spilman. 1437
  • Etzelen si vunden in sîner stat ze Gran.
  • dienst über dienste, der man im vil enbôt,
  • seiten si dem künege: vor liebe wart er vreuden rôt.
  • Dô diu küneginne diu mære rehte ervant, 1438
  • daß ir bruoder solden komen in daß lant,
  • dô was ir wol ze muote. si lônde den spilman
  • mit vil grôßer gâbe: daß was ir êre getân.
  • Si sprach: ‚nu saget beide, Werbel und Swemlîn, A.1439
  • welhe mîne vriunde zer hôhzît wellen sîn,
  • der besten, die wir ladeten her in ditze lant.
  • nu saget, waß redet Hagene, dô er diu mære bevant?‘
  • ‚Er kom zuo der sprâche an einem morgen vruo: A.1440
  • lützel guoter sprüche redet er der zuo,
  • dô si die reise lobeten her in Hiunen lant:
  • daß was dem grimmen Hagene gar zem tôde genant.
  • ‚Eß kument iuwer bruoder die künege alle drî A.1441
  • in hêrlîchem muote. swer mêr dar mite sî,
  • der mære ich endelîchen wißßen niene kan.
  • eß lobte mit in rîten Volkêr der küene spilman.‘
  • ‚Des enbær ich harte lîhte,‘ sprach des küneges wîp, 1442
  • ‚daß ich immer hie gesæhe den Volkêres lîp:
  • Hagnen bin ich wæge, der ist ein helt guot:
  • daß wirn hie sehen müeßen, des stât mir hôhe der muot.‘
  • Dô gie diu küneginne, dâ si den künic sach. 1443
  • wie rehte minneclîche vrou Kriemhilt dô sprach:
  • ‚wie gevallent iu diu mære, vil lieber hêrre mîn?
  • des ie mîn wille gerte, daß sol nu gar verendet sîn.‘
  • ‚Dîn wille derst mîn vreude,‘ sprach der künic dô. 1444
  • ‚ine wart mîn selbes mâge nie sô rehte vrô,
  • ob si immer komen solden her in mîniu lant.
  • durch liebe dîner vriunde sô ist mîn sorge verswant.‘
  • Des küneges amptliute die hießen über al 1445
  • mit gesidelen rihten palas unde sal
  • gên den lieben gesten, die in dâ solden komen.
  • sît wart von in dem künege vil michel wünne benomen.
  • Âventiure
  • wie die künege zuo den Hiunen vuoren.
  • Nu lâßen daß belîben, wie si gebâren hie. A.1446
  • hôch gemuoter recken die gevuoren nie
  • sô rehte hêrlîchen in deheines küneges lant.
  • si heten, swaß si wolden, beide wâfen und gewant.
  • Der vogt von dem Rîne kleidete sîne man XIV.1447
  • sehzec unde tûsent, als ich vernomen hân,
  • und niun tûsent knehte gên der hôhzît.
  • die si dâ heime ließen, die beweinden eß sît.
  • Dô truoc man daß gereite ze Wormeß über den hof. 1448
  • dô sprach dâ von Spîre ein alter bischof
  • zuo der schœnen Uoten: ‚unser vriunde wellent varn
  • gên der hôhzîte: Got müeße si dâ bewarn.‘
  • Dô sprach zuozir kinden diu edele Uote: 1449
  • ‚ir soldet hie belîben, helde guote.
  • mir ist getroumet hînte von engestlîcher nôt,
  • wie alleß daß gevügele in disme lande wære tôt.‘
  • ‚Swer sich an troume wendet,‘ sprach dô Hagene, 1450
  • ‚der enweiß der rehten mære niht ze sagene,
  • wenne eß im zen êren volleclîchen stê.
  • ich wil, daß mîn hêrre ze hove nâch urloube gê.
  • ‚Wir suln vil gerne rîten in Etzelen lant: 1451
  • dâ mac wol dienen künege guoter helde hant,
  • dâ wir dâ schouwen müeßen Kriemhilde hôhzît.‘
  • Hagne riet die reise; iedoch gerouw eß in sît.
  • Er heteß widerrâten, wan daß Gêrnôt 1452
  • mit ungevüege im alsô missebôt.
  • er mant in Sîvrides, vroun Kriemhilde man:
  • er sprach: ‚dâ von wil Hagene die grôßen hovereise lân.‘
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚durch vorhte ich niht entuo. 1453
  • swenne ir gebietet, helde, sô sult ir grîfen zuo:
  • jâ rîte ich mit iu gerne in Etzelen lant.‘
  • sît wart von im verhouwen manec helm unde rant.
  • Diu schif bereitet wâren den künegen und ir man; A.1454
  • swaß si kleider hêten, diu truoc man dar an.
  • si wâren vil unmüeßec vor âbendes zît;
  • si huoben sich von hûse vil harte vrœlîche sît.
  • Gezelt unde hütten spien man an daß gras A.1455
  • anderhalp des Rînes, dâ daß gesæße was.
  • den künec bat noch belîben sîn vil schœneß wîp:
  • si trûte noch des nahtes den sînen wætlîchen lîp.
  • Pusûnen, vloitieren houp sich des morgens vruo, 1456
  • daß si varn solden: dô griffen si dô zuo.
  • swer liep hete an arme, der trûte vriundes lîp;
  • des schiet sît vil mit leide des küneges Etzelen wîp.
  • Diu kint der schœnen Uoten die heten einen man 1457
  • küenen und getriuwen: dô si dô wolten dan,
  • dô sagete er dem künege tougen sînen muot.
  • er sprach: ‚des muoß ich trûren, daß ir die hovereise tuot.‘
  • Er was geheißen Rûmolt und was ein helt zer hant. 1458
  • er sprach: ‚wem welt ir lâßen liute und ouch diu lant?
  • daß nieman kan erwenden iu recken iuwern muot!
  • Kriemhilde mære nie gedûhten mich guot.‘
  • ‚Daß lant sî dir bevolhen und ouch mîn kindelîn; 1459
  • und diene wol den vrouwen: daß ist der wille mîn.
  • swen du sehest weinen, dem trœste sînen lîp;
  • jâ tuot uns nimmer leide des künîc Etzelen wîp!‘
  • Ê daß si schieden dannen, der künec ze râte gie C.
  • mit sînen hôhsten mannen: unberihtet er niht lie
  • lant unde bürge: die der solden phlegen,
  • den ließ er ze huote vil manegen ûß erwelten degen.
  • Diu ros bereitet wâren den künegen und ir man. 1460
  • mit minneclîchem kusse schiet vil maneger dan,
  • dem in hôhem muote lebete dô der lîp.
  • daß muose sît beweinen vil manec wætlîcheß wîp.
  • Wuofen unde weinen des hôrte man genuoc. C.
  • ir kint diu küneginne zem künec ûf armen truoc:
  • ‚wie welt ir nu verweisen unser beider lîp!
  • ir sult durch uns belîben,‘ sô sprach daß jâmerhafte wîp.
  • ‚Ir sult niht, vrouwe, weinen durch den willen mîn, C.
  • ir sult in hôhem muote hie heime ân angest sîn:
  • wir kumen schiere widere mit vreuden wol gesunt.‘
  • si schieden minneclîchen von ir vriunden sâ ze stunt.
  • Dô man die snellen recken sach zen rossen gân, 1461
  • dô kôs man vil der vrouwen trûreclîchen stân.
  • daß ir vil langeß scheiden seite in wol der muot:
  • ûf grôßen schaden ze komene, daß herze niene samphte tuot.
  • Die snellen Burgunden sich ûß huoben, 1462
  • dô wart in dem lande ein michel uoben:
  • beidenthalp der berge weinde wîp und man.
  • swie dort ir volc tæte, si vuoren vrœlîche dan.
  • Die Niblunges helde kômen mit in dan A.1463
  • in tûsent halspergen; die heime heten lân
  • manege schœne vrouwen, gesâhens nimmer mê;
  • Sîvrides wunde tâten Kriemhilde wê.
  • In den selben zîten was noch der gloube kranc; C.
  • doch vrumtens einen kapelân, der in messe sanc:
  • der kom gesunder widere, swie er vil kûm entran;
  • die andern muosen alle dâ zen Hiunen bestân.
  • Dô schicten si ir reise gên dem Möune dan, 1464
  • ûf durch Ôstervranken, die Guntheres man.
  • dar leitete si Hagene, dem was eß wol bekant.
  • ir marschalc was Dankwart, der helt von Burgunden lant.
  • Dô si von Ôstervranken gên Swalevelde riten, 1465
  • dô mohte man si kiesen an hêrlîchen siten,
  • die vürsten und ir mâge, die helde lobesam.
  • an dem zwelften morgen der künec zer Tuonouwe kam.
  • Dô reit von Tronje Hagene zaller vorderôst: 1466
  • er was den Niblungen ein helflîcher trôst.
  • do erbeißte der degen küene nider ûf den sant:
  • sîn ros er harte balde zuo eime boume gebant.
  • Daß waßßer was engoßßen, diu schif verborgen: 1467
  • eß ergie den Niblungen zuo grôßen sorgen,
  • wie si kœmen übere: der wâc was in ze breit.
  • do erbeißte zuo der erden vil manec rîter gemeit.
  • ‚Leide,‘ sprach dô Hagene, ‚mac dir hie wol geschehen, A.1468
  • vogt von dem Rîne; nu mahtu selbe sehen,
  • daß waßßer ist engoßßen, vil starc ist im sîn vluot:
  • jâ wæn wir hie verliesen noch hiute manegen recken guot.‘
  • ‚Waß wîßet ir mir, Hagene?‘ sprach der künic hêr, A.1469
  • ‚durch iuwer selbes tugende untrœstet uns niht mêr.
  • den vurt sult ir uns suochen hin über an daß lant,
  • daß wir von hinnen bringen beide ros und ouch gewant.‘
  • ‚Ja enist mir,‘ sprach Hagene, ‚mîn leben niht sô leit, A.1470
  • daß ich mich welle ertrenken in disen ünden breit:
  • ê sol von mînen handen ersterben manec man
  • in Etzelen landen, des ich vil guoten willen hân.
  • ‚Belîbet bî dem waßßer, ir stolzen rîter guot. 1471
  • ich wil die vergen suochen selbe bî der vluot,
  • die uns bringen übere in Gelphrâtes lant.‘
  • dô nam der starke Hagene sînen guoten schildes rant.
  • Er was wol gewâfent. den schilt er dannen truoc, 1472
  • den helm ûf gebunden; lieht was er genuoc.
  • dô truoc er ob der brünne ein wâfen alsô breit,
  • daß ze beiden ecken vil harte vreislîchen sneit.
  • Dô suohte er nâch den vergen wider unde dan. 1473
  • er hôrte waßßer gießen: losen er began.
  • in einem schœnen brunnen tâten daß wîsiu wîp:
  • diu wolden sich dâ küelen unde badeten ir lîp.
  • Hagene wart ir innen, er sleich in tougen nâch. 1474
  • dô si daß versunnen, dô was in dannen gâch.
  • daß si im entrunnen, des wâren si vil hêr.
  • er nam in ir gewæte: der helt enschadete in niht mêr.
  • Dô sprach daß eine merwîp, Hadburc was si genant: 1475
  • ‚edel rîter Hagene, wir tuon iu hie bekant,
  • swenne ir uns widere gebet unser wât,
  • wie iu zuo den Hiunen iuwer hovereise ergât.‘
  • Si swebten sam die vogele vor im ûf der vluot. 1476
  • des dûhten in ir sinne starc unde guot:
  • swaß si im sagen wolden, er geloubte in dester baß.
  • daß er dô hinze in gerte, wol beschieden si im daß.
  • Si sprach: ‚ir mugt wol rîten in Etzelen lant. 1477
  • des setze ich iu ze bürgen mîn triuwe hie zehant,
  • daß helde nie gevuoren in deheiniu rîche baß
  • nâch alsô grôßen êren; nu geloubet wærlîchen daß.‘
  • Der rede was dô Hagene in sîme herzen hêr: 1478
  • dô gab er in ir kleider und sûmte sich niht mêr.
  • dô si an geleiten ir wunderlîch gewant,
  • dô sageten sim rehte die reise in Etzelen lant.
  • Dô sprach daß ander merwîp, diu hieß Siglint: 1479
  • ‚ich wil dich warnen, Hagene, Aldrîânes kint.
  • durch der wæte liebe hât mîn muome dir gelogen:
  • und kumestu zen Hiunen, sô bistu sêre betrogen.
  • ‚Jâ soltu kêren widere, daß ist an der zît: 1480
  • wan ir helde küene alsô geladet sît,
  • daß ir sterben müeßet in Etzelen lant:
  • swelhe dar gerîtent, die hânt den tôt an der hant.‘
  • Dô sprach aber Hagene: ‚ir trieget âne nôt. A.1481
  • wie möhte eß sich gevüegen, daß wir alle tôt
  • solden dâ belîben durch iemannes haß?‘
  • si begunden im diu mære sagen kuntlîcher baß.
  • Dô sprach aber diu eine: ‚eß muoß alsô wesen, A.1482
  • daß dâ iuwer einer niht enkan genesen
  • niuwan des küneges kapelân: daß ist uns wol bekant:
  • der kumt gesunder widere in daß Guntheres lant.‘
  • Dô sprach in grimmem muote der küene Hagene: 1483
  • ‚daß wære mînen hêrren müelîch ze sagene,
  • daß wir zen Hiunen solden verliesen alle en lîp.
  • nu zeig uns überß waßßer, aller wîseste wîp.‘
  • Si sprach: ‚Sît du der verte niht wellest haben rât, 1484
  • wâ oben bî dem waßßer ein herberge stât,
  • dar inne ist ein verge und niender anderswâ.‘
  • der mære, der er vrâgte, der geloubete er sich dâ.
  • Dem ungemuoten recken sprach diu eine nâch: 1485
  • ‚nu bîtet noch, er Hagene: jâ ist iu gar ze gâch.
  • vernemet noch baß diu mære, (A. wie ir kumet über sant.
  • dirre marke hêrre der ist Else genannt.
  • ‚Sîn bruoder derst geheißen der degen Gelphrât, A.1486
  • ein hêrre in Beier lande: vil müelîch eß iu stât,
  • welt ir durch sîne marke A). ir sult iuch wol bewarn
  • und sult ouch mit dem vergen vil bescheidenlîchen varn.
  • ‚Der ist sô grimmes muotes, er lât iuch niht genesen, 1487
  • irn welt mit guoten sinnen bî dem helde wesen.
  • welt ir, daß er iuch vüere, sô gebet ir im den solt.
  • er hüetet dises landes und ist Gelphrâte holt.
  • ‚Und kume er niht bezîte, sô rüefet über vluot 1488
  • und jehet, ir heißet Amelrîch. der was ein helt guot,
  • der durch vîentschefte rûmte ditze lant.
  • sô kumet iu der verge, swenne im der name wirt erkant.‘
  • Der übermüete Hagene den vrouwen dô neic 1489
  • des râtes und der lêre; der helt vil stille sweic.
  • dô gie er bî dem waßßer hôher an den sant,
  • dâ er anderthalben eine herberge vant.
  • Er begunde ruofen vaste über vluot: A.1490
  • ‚nu hol mich hie, verge,‘ sprach der degen guot,
  • ‚sô gib ich dir ze miete von golde ein bouc vil rôt;
  • jâ ist mir dirre verte, daß wißßest, wærlîche nôt.‘
  • Der verge was sô rîche, daß im niht dienen zam: A.1491
  • dâ von er lôn vil selten von ieman dâ genam;
  • ouch wâren sîne knehte vil hôhe gemuot.
  • noch stuont alleß Hagene eine dishalp der vluot.
  • Dô ruofte er mit der krefte, daß al der wâc erdôß 1492
  • von des heldes sterke: diu was michel unde grôß:
  • ‚nu hol mich Amelrîchen: ich bin der Elsen man,
  • der durch starke vîntschaft von disen landen entran.‘
  • Vil hôch anme swerte en bouc er im dô bôt, 1493
  • lieht unde schœne was er von golde rôt,
  • daß man in über fuorte in Gelphrâtes lant.
  • der übermüete verge nam selbe deß ruoder an die hant.
  • Ouch was der selbe schifman niulîch gesît. 1494
  • diu gir nâch grôßem guote vil bœseß ende gît.
  • dô wolt er verdienen daß Hagnen golt vil rôt:
  • des leit er von dem degene den swertgrimmegen tôt.
  • Der verge zôch genôte hin über an den sant. A.1495
  • den er dâ nennen hôrte, do er des niht envant,
  • dô zurnde er ernslîchen; dô er Hagenen sach,
  • vil harte grimmeclîchen zuo dem helde er dô sprach:
  • ‚Ir muget wol sîn geheißen bî namen Amelrîch; 1496
  • des ich mich hie verwæne, dem sît ir ungelîch.
  • von vater und von muoter was er der bruoder mîn:
  • nu ir mich betrogen hât, ir müeßet dishalben sîn.‘
  • ‚Nein, durch Got den rîchen,‘ sprach dô Hagene. 1497
  • ‚ich bin ein vremder recke und sorge ûf degene.
  • nu nemet vriuntlîche hin mînen solt,
  • daß ir mich über vüeret: ich bin iu wærlîchen holt.‘
  • Dô sprach aber der verge: ‚desn mac niht gesîn. A.1498
  • eß habent vîende die lieben hêrren mîn.
  • dar umbe ich niemen vremden vüer in ditze lant:
  • sô liep dir sî ze lebene, sô trit balde ûß an den sant.‘
  • ‚Nune tuot des niht,‘ sprach Hagene. ‚trûrec ist mîn muot. A.1499
  • nemt von mir ze minnen ditze golt vil guot
  • und vüert uns über tûsent ros und alsô manegen man.‘
  • dô sprach der grimme verge, ‚daß wirdet nimmer getân.‘
  • Er huop ein starkeß ruoder, michel unde breit, 1500
  • er sluog eß ûf Hagenen, des wart er ungemeit,
  • daß er in dem schiffe strûhte an sîniu knie.
  • sô rehte grimmer verge kom dem Tronjære nie.
  • Dô wolde er baß erzürnen den übermüeten gast: A.1501
  • er sluoc im eine schalten, daß diu gar zebrast,
  • Hagnen über houbet; er was ein starker man:
  • dâ von der Elsen verge grôßen schaden dâ gewan.
  • Mit grimmigem muote greif Hagene zehant 1502
  • vil balde zeiner scheide, dâ er ein wâfen vant:
  • er sluoc im ab daß houbet und warf eß an den grunt.
  • diu mære wurden schiere den stolzen Burgunden kunt.
  • In den selben stunden, dô er den schifman sluoc, 1503
  • daß schif vlôß enouwe: daß was im leit genuoc.
  • ê erß gerihte widere, müeden er began:
  • dô zôch vil krefteclîche des künic Guntheres man.
  • Mit zügen harte swinden kêrte eß der gast, 1504
  • unz im daß starke ruoder an sîner hant zebrast.
  • er wolde zuo den recken ûß an einen sant.
  • dô was dâ heinß mêre: hei, wie schiere erß gebant
  • Mit eime schiltveßßel! daß was ein borte smal. A.1505
  • gegen eime walde kêrte er hin ze tal.
  • dô vant er sînen hêrren an dem stade stân:
  • dô gie im hin enkegene manec wætlîcher man.
  • Mit gruoße in wol enphiengen die edelen rîter guot. 1506
  • dô sâhens in dem schiffe riechen daß bluot
  • von einer starken wunden, die er dem vergen sluoc:
  • dâ von sô muose Hagene hœren vrâgen genuoc.
  • Dô der künic Gunther daß heiße bluot ersach A.1507
  • sweben in dem schiffe, balde er dô sprach:
  • ‚wan saget ir mir, Hagene, war ist der verge komen?
  • iuwer starkeß ellen wæn im den namen hât benomen.‘
  • Dô sprach er lougenlîche: ‚dâ ich daß schif vant 1508
  • bî einer wilden wîden, dâ lôste eß mîne hant.
  • ich hân deheinen vergen hiute hie gesehen;
  • eß ist ouch niemen leide von mînen schulden geschehen.‘
  • Dô sprach von Burgunden der hêrre Gêrnôt: 1509
  • ‚hiute muoß ich sorgen ûf lieber vriunde tôt,
  • sît wir der schifliute bereite niene hân.
  • wie wir komen übere, des muoß ich trûrende stân.‘
  • Lûte rief dô Hagene: ‚leit nider ûf daß gras, 1510
  • ir knehte, daß gereite: ich gedenke, daß ich was
  • der aller beste verge, den man bî Rîne vant:
  • jâ trouwe ich iuch wol bringen über in Gelphrâtes lant.‘
  • Daß si deste balder kœmen über vluot, 1511
  • diu ros si an sluogen: der swimmen daß wart guot,
  • wan diu starke ünde deheinß in dâ benam.
  • etlîcheß ouwete, als im diu müede gezam.
  • Dô truogen si ze schiffe ir golt und ouch ir wât, 1512
  • sît si der verte niht mohten haben rât.
  • Hagene der was meister: des vuorte er ûf den sant
  • vil manegen zieren recken in daß unkunde lant.
  • Zem êrsten brâht er übere tûsent rîter hêr, 1513
  • dar zuo sîne recken. dannoch was ir mêr:
  • niun tûsent knehte vuorte er an daß lant.
  • des tages was unmüeßec des küenen Tronjæres hant.
  • Daß schif was ungevüege, starc und wît genuoc: C.
  • fünf hundert unde mêre eß wol ze mâle truoc
  • ir gesindes mit ir spîse und gewæfen über vluot.
  • an riemen muose ziehen des tages manec rîter guot.
  • Dô er si wol gesunde brâhte über vluot, A.1514
  • do gedâhte vremder mære der snelle degen guot,
  • diu im ê seiten diu wilden merwîp:
  • des hete des küneges kapelân nâch verloren sînen lîp.
  • Bî dem kapelsoume er den phaffen vant; A.1515
  • ob dem heilictuome er leinde an sîner hant.
  • des mohte er niht genießen: dâ in Hagne sach,
  • der Gotes arme priester muose lîden ungemach.
  • Er swanc in ûß dem schiffe, dar zuo was im gâch. A.1516
  • dô riefen ir genuoge: ‚nu vâhâ, hêrre, vâch.‘
  • Gîselher der junge zürnen erß began:
  • ern wolde eß doch niht lâßen, er enhete im leide getân.
  • Dô sprach von Burgunden der starke Gêrnôt: A.1517
  • ‚waß hilfet iuch nu, Hagene, des kapelânes tôt?
  • tæte eß ander ieman, eß solde im wesen leit.
  • umbe welhe schulde habet ir dem priester widerseit?‘
  • Der phaffe swam genôte: er wolde sîn genesen, A.1518
  • sô im ieman hülfe: des mohte dô niht wesen,
  • wan der starke Hagene, vil zornec was sîn muot,
  • er stieß in zuo dem grunde; daß endûhte nieman guot.
  • Dô der arme phaffe der helfe niht ensach, A.1519
  • dô kêrte er wider übere: des leit er ungemach.
  • swie er niht swimmen kunde, im half diu Gotes hant,
  • daß er kom gesunder hin wider ûß an daß lant.
  • Dô stuont der arme priester und schutte sîne wât. A.1520
  • dâ bî sach wol Hagene, daß sîn niht wære rât,
  • daß im vür mære sagten diu wilden merwîp.
  • er dâhte: ‚dise degene die müeßen vliesen den lîp.‘
  • Dô si daß schif entluoden und gar getruogen dan, A.1521
  • swaß dar ûfe hêten der drîer künege man,
  • Hagne eß sluoc ze stucken und warf eß an die vluot.
  • des hete michel wunder die recken küene unde guot.
  • ‚Zwiu tuot ir daß, bruoder?‘ sô sprach Dancwart: 1522
  • ‚wie suln wir komen übere, sô wir die widervart
  • rîten von den Hiunen ze lande an den Rîn?‘
  • sît dô sagte im Hagene, daß des kunde niht gesîn.
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚ich tuonß ûf den wân, A.1523
  • ob wir an diser reise deheinen zagen hân,
  • der uns entrinnen welle durch zegelîche nôt,
  • der muoß an disem wâge lîden schemlîchen tôt.‘
  • Si vuorten mit in einen ûß Burgunden lant, A.1524
  • zuo sînen handen einen helt: der was Volkêr genant:
  • der redete spæhelîche allen sînen muot:
  • swaß ie begie Hagene, daß dûhte den videlære guot.
  • Dô des küneges kapelân daß schef zerhouwen sach, C.
  • hin wider überß waßßer er ze Hagene sprach:
  • ‚ir morder âne triuwe, waß hete ich iu getân,
  • daß ir mich âne schulde hie ertrenket woldet hân?‘
  • Des antwurte im Hagene: ‚nu lât die rede wesen. C.
  • mir ist leit ûf mîne triuwe, daß ir sît genesen
  • hie von mînen handen, daß wißßet sunder spot.‘
  • dô sprach der arme kapelân: ‚des wil ich immer loben Got.
  • ‚Ich vürht iuch nu vil kleine, des sult ir sicher sîn. C.
  • nu vart ir zuo den Hiunen, sô wil ich an den Rîn.
  • Got enlâß iuch nimmer ze Rîne wider komen,
  • des wünsch ich iu vil sêre: ir het mir nâch den lîp benomen.‘
  • Dô sprach der künic Gunther ze sînem kapelân: C.
  • ‚eß wirt iu wol gebüeßet, swaß iu hât getân
  • Hagene in sînem zorne, und kum ich an den Rîn
  • wider mit mîme lebene, des sult ir âne angest sîn.
  • ‚Vart wider heim ze lande, wan eß muoß nu sîn. C.
  • ich enbiute mînen dienest der lieben vrouwen mîn
  • und andern mînen mâgen, als ich von rehte sol:
  • ir sagt in liebiu mære, daß wir noch alle varn wol.
  • Ir ros bereitet wâren, ir soumer wol geladen. A.1525
  • si heten an der verte noch deheinen schaden
  • genomen, der si muote, wan sküneges kapelân:
  • der muose ûf sînen vüeßen hin wider zuo dem Rîne gân.
  • Âventiure
  • wie Dankwart Gelphrâten sluoc.
  • Dô si nu wâren alle komen ûf den sant, A.1526
  • der künec begunde vrâgen: ‚wer sol uns durch diu lant
  • die rehten wege wîsen, daß wir niht irre varn?‘
  • dô sprach der küene Volkêr: ‚daß sol ich eine bewarn.‘
  • ‚Nu enthalt iuch,‘ sprach Hagene, ‚rîter unde kneht. 1527
  • man sol vriunden volgen: jâ dunket eß mich reht.
  • vil ungevüegiu mære diu tuon ich iu bekant:
  • wirn komen nimmer mêre wider in Burgunden lant.
  • ‚Daß sagten mir zwei merwîp hiute morgen vruo, A.1528
  • daß wir niht kœmen widere. nu râte ich, waß man tuo:
  • daß ir iuch wâfent, helde. ir sult iuch wol bewarn,
  • wir haben hie starke vînde, daß wir gewerlîchen varn.
  • ‚Ich wânde an lüge vinden diu wîsen merwîp: A.1529
  • si jâhen, daß gesunder unser deheines lîp
  • nimmêr ze lande kœme niuwan der kapelân;
  • dar umbe ich in sô gerne wolde hiute ertrenket hân.‘
  • Dô vlugen disiu mære von schare baß ze schar. 1530
  • des wurden snelle helde vor leide missevar,
  • dô si begunden sorgen ûf den herten tôt
  • an dirre hovereise, des gie in wærlîchen nôt.
  • Dâ ze Mœringen si wâren über komen, A.1531
  • dâ dem Elsen vergen der lîp was benomen.
  • dô sprach aber Hagene: ‚sît daß ich vînde hân
  • verdienet ûf der strâße, wir werden schierlîch bestân.
  • ‚Ich sluoc den selben vergen hiute morgen vruo; A.1532
  • si wißßen wol diu mære. nu grîfet balde zuo,
  • sô Gelphrât und Else hiute hie bestê
  • unser ingesinde, daß eß in schedelîch ergê.
  • ‚Ich erkenne si sô küene, eß wirdet niht verlân. A.1533
  • diu ros sult ir lâßen dester samfter gân,
  • daß des iemen wæne, wir vliehen ûf den wegen.‘
  • ‚des râtes wil ich volgen,‘ sô sprach Gîselher der degen.
  • ‚Wer sol nu daß gesinde wîsen über lant?‘ A.1534
  • si sprâchen: ‚daß sol Volkêr, dem ist hie wolbekant
  • stîge unde strâße, dem küenen spilman.‘
  • ê daß mans vollen gerte, man sach wol gewâfent stân
  • Den snellen videlære. den helm er ûf gebant; A.1535
  • in hêrlîcher varwe was sîn wîcgewant:
  • er bant ouch zeinem schafte ein zeichen, daß was rôt.
  • sît kom er mit den künegen in eine vreislîche nôt.
  • Dô was tôt des vergen Gelphrâte komen A.1536
  • mit gewissen mæren; dô hete eß ouch vernomen
  • Else der vil starke: eß was in beiden leit.
  • si sanden nâch ir helden: die wâren schiere bereit.
  • In vil kurzen zîten, ich wil iuch hœren lân, A.1537
  • sach man zuo zin rîten, den schaden was getân,
  • in starken urliugen vil ungevüegiu her:
  • der kômen Gelphrâten wol siben hundert oder mêr.
  • Dô si ir grimmen vînden begunden rîten nâch, A.1538
  • jâ leiten si ir hêrren. den was ein teil ze gâch
  • nâch den küenen gesten: si wolden anden zorn:
  • des wart der hêrren vriunde sider mêre verlorn.
  • Dô het von Tronje Hagene wol gevüeget daß A.1539
  • (wie möhte sîner mâge ein helt gehüeten baß?),
  • er phlac der nâchhuote mit den sînen man
  • und Dancwart sîn bruoder: daß was vil wîslîch getân.
  • In was des tages zerrunnen: desn heten si niht mêr. A.1540
  • er vorhte an sînen vriunden leit unde sêr.
  • si riten under schilden durch der Beier lant.
  • dar nâch in kurzer wîle die helde wurden an gerant.
  • Beidenthalp der strâße und hinden vaste nâch A.1541
  • si hôrten hüeve klaffen; dem liute was sô gâch.
  • dô sprach der küene Dancwart: ‚man wil uns hie bestân:
  • nu binden ûf die helme: daß ist rætlîch getân.‘
  • Si hielten ab ir verte, als eß muose sîn. A.1542
  • si sâhen in der vinster der liehten schilde schîn.
  • dône wolde Hagene niht langer si verdagen:
  • ‚wer jagt uns ûf der strâße?‘ daß muos im Gelphrât dô sagen.
  • Dô sprach der marcgrâve ûßer Beier lant: A.1543
  • ‚wir suochen unser vînde und haben her nâch gerant.
  • ich enweiß niht, wer mir hiute mînen vergen sluoc.
  • der was ein helt zen handen: des ist mir leide genuoc.‘
  • Dô sprach von Tronje Hagene: ‚was der verge dîn? A.1544
  • der wolde uns niht vüeren; des ist diu schulde mîn:
  • dô sluoc ich den recken; deiswâr, des gie mir nôt:
  • ich het von sînen handen nâch den grimmegen tôt.
  • ‚Ich bôt im ze miete golt und ouch gewant, A.1545
  • daß er uns über vuorte, helt, in dîn lant.
  • daß zurnder sô sêre, daß er mich dô sluoc
  • mit einer starken schalten: des wart ich grimme genuoc.
  • ‚Dô kom ich zuo dem swerte und wert im sînen zorn A.1546
  • mit einer starken wunden: des wart der helt verlorn.
  • daß bringe ich iu ze suone, swie iuch dunket guot.‘
  • dô gie eß an ein strîten: si wâren herte gemuot.
  • ‚Ich wesse wol,‘ sprach Gelphrât, ‚dô hie vür gereit A.1547
  • Gunther und sîn gesinde, daß uns geschæhe leit
  • von Hagenen übermüete. nu sol er niht genesen:
  • vür des vergen ende muoß der helt hie bürge wesen.‘
  • Si neicten über schilte ze stichen nu diu sper, A.1548
  • Gelphrât und Hagene: in was ze ein ander ger.
  • Else unde Dancwart vil hêrlîchen riten;
  • si versuohten, wer si wâren: dâ wart vil grimme gestriten.
  • Wie möhten sich versuochen immer helde baß? A.1549
  • von einer starken tioste hinderß ros gesaß
  • Hagne der küene von Gelphrâtes hant.
  • im brast daß vürbüege: des wart im vallen bekant.
  • Von ir ingesinde der krach der schefte schal. A.1550
  • do erholte ouch sich dort Hagene, dâ er was ze tal
  • komen von dem stiche nider ûf daß gras.
  • er wæne unsamphtes muotes wider Gelphrâten was.
  • Wer in diu ros behielte, daß ist mir unbekant. A.1551
  • si wâren zuo der erden komen ûf den sant,
  • Hagne unde Gelphrât, ein ander liefens an.
  • des hulfen ir gesellen, daß in wart strîten kunt getân.
  • Swie bitterlîchen Hagene zuo Gelphrâte spranc, A.1552
  • der edele marcgrâve des schiltes hin im swanc
  • wol gegen einer ellen, daßß viur drâte dan.
  • des was vil nâch erstorben des künic Guntheres man.
  • Do begunde er Dancwarten vil vaste ruofen an: A.1553
  • ‚hilfâ, lieber bruoder. jâ hât mich bestân
  • ein helt zuo sînen handen: der enlât mich niht genesen.‘
  • dô sprach der küene Dancwart: ‚des sol ich scheidære wesen.‘
  • Der helt dô spranc dar nâher und sluoc im einen slac, A.1554
  • dâ von der hêrre Gelphrât vor im tôt gelac.
  • Else wolde gerne rechen dô den man:
  • er und sîn gesinde si schieden schedelîchen dan.
  • Im was erslagen der bruoder, selbe wart er wunt. A.1555
  • wol ahzec sîner degene beliben dâ zestunt
  • mit dem grimmen tôde: der hêrre muose dan
  • vlühteclîchen wenden von den Guntheres man.
  • Dô die von Beier lande wichen ûß dem wege, A.1556
  • dô hôrt man nâch hellen die vreislîchen slege:
  • dô jagten die von Troneje ir vîenden nâch;
  • die es niht enkelten wânden, den was allen ze gâch.
  • Dô sprach an ir vlühte Dancwart der degen: A.1557
  • ‚wir suln wider wenden balde ûf disen wegen,
  • und lâße wir si rîten: si sint von bluote naß.
  • gâhen wir zen vriunden: in triuwen rât ich iu daß.‘
  • Dô si hin wider kômen, da der schade was geschehen, A.1558
  • dô sprach von Tronje Hagene: ‚helde, ir sult besehen,
  • wes uns hie gebreste oder wen wir hân verlorn
  • hie in disme strîte durch den Gelphrâtes zorn.‘
  • Si heten vlorn viere; die muosen si verklagen, A.1559
  • si wâren wol vergolten; dâ wider was erslagen
  • der von Beier lande hundert oder baß.
  • des wâren den von Troneje ir schilde trüebe und bluotes naß.
  • Ein teil schein ûß wolken des liehten mânen brehen. A.1560
  • dô sprach aber Hagene: ‚niemen sol verjehen
  • den mînen lieben hêrren, waß wir hie haben getân:
  • lât si unz morgen âne sorge bestân.‘
  • Dô si nu nâch in kômen, die dort striten ê, A.1561
  • dô tete dem ingesinde diu müede harte wê.
  • ‚wie lange sul wir rîten?‘ des vrâget manec man.
  • dô sprach der küene Dancwart: ‚wir mugen niht herbergen hân.
  • ‚Ir müeßet alle rîten, unz eß werde tac.‘ A.1562
  • Volkêr der snelle, der des gesindes phlac,
  • bat den marschalc vrâgen: ‚wâ sul wir hînte sîn,
  • da gerasten unser mære und ouch die lieben hêrren mîn?‘
  • Dô sprach der küene Dancwart: ‚ich enkans iu niht gesagen: A.1563
  • wir mugen niht geruowen, endß beginne tagen;
  • swâ wirß danne vinden, dâ legen uns an ein gras.‘
  • dô si diu mære hôrten, wie leit in sümelîchen was!
  • Si beliben unvermeldet des heißen bluotes rôt, A.1564
  • unz daß diu sunne ir liehteß schînen bôt
  • dem morgen über berge, daß eß der künec gesach,
  • daß si gestriten hêten; der helt vil zorneclîchen sprach:
  • ‚Wie nu, vriunt Hagene? iu wæne versmâhet daß, A.1565
  • daß ich iu bî wære, dâ iu die ringe naß
  • sus wurden von dem bluote. wer hât iu daß getân?‘
  • er sprach: ‚daß tet Else: der hete uns nehten bestân.
  • ‚Durch sînen vergen wir wurden an gerant. A.1566
  • dô sluoc Gelphrâten mînes bruoder hant.
  • sît entran uns Else: des twanc in michel nôt:
  • in hundert und uns viere beliben dâ in strîte tôt.‘
  • Wir kunnen niht bescheiden, wâ si sich leiten nider. A.1567
  • al die lantliute die gevrieschen sider,
  • daß ze hove vüeren der edelen Uoten kint.
  • si wurden wol enphangen dâ ze Paßßouwe sint.
  • Der edelen künege œheim, der bischof Pilgrîn, A.1568
  • dem wart vil wol ze muote, dô die neven sîn
  • mit alsô vil recken kômen in daß lant.
  • daß er in willec wære, daß wart in schiere bekant.
  • Si wurden wol enphangen von vriunden ûf den wegen. A.1569
  • dâ ze Paßßouwe man kunder niht gephlegen;
  • si muosen über waßßer, dâ si vunden velt:
  • dâ sluogen ûf die knehte hütten unde rîch gezelt.
  • Si muosen dâ belîben allen einen tac A.1570
  • und ouch die naht mit vollen. wie schône man ir phlac!
  • dar nâch si muosen rîten in Rüedegêres lant:
  • dem kâmen ouch diu mære, daß was im liebe bekant.
  • Dô die wegemüeden ruowe genâmen 1571
  • unde si dem lande nu nâher quâmen,
  • dô vundens ûf der marke slâfende einen man,
  • dem von Tronje Hagene ein starkeß wâfen an gewan.
  • Jâ was geheißen Eckewart der selbe rîter guot. A.1572
  • er gewan dar umbe vil trûrigen muot,
  • daß er verlôs daß wâfen von der helde vart.
  • die Rüedegêres marke vundens übele bewart.
  • ‚Ouwê mir dirre schande,‘ sprach dô Eckewart. 1573
  • ‚jâ riuwet mich vil sêre der Burgunden vart.
  • sît ich verlôs Sîvriden, sît was mîn vreude ergân;
  • ouwê, hêrre Rüedegêr, wie hân ich wider dich getân.‘
  • Wol hôrte Hagene des edelen recken nôt: 1574
  • er gab im wider sîn wâfen und sehs bouge rôt.
  • ‚die habe dir, helt, ze minnen, daß du mîn vriunt sîst;
  • du bist ein degen küene, wie eine du hie gelîst.‘
  • ‚Got lône iu iuwer bouge,‘ sprach dô Eckewart; 1575
  • ‚doch riuwet mich vil sêre zen Hiunen iuwer vart.
  • ir sluoget Sîvriden; man ist iu hie gehaß:
  • daß ir iuch wol hüetet, in triuwen rât ich iu daß.‘
  • ‚Nu müeße uns Got behüeten,‘ sprach dô Hagene. 1576
  • ‚jan hânt niht mêre sorge dise degene,
  • wan umb die herberge, die künege und ir man,
  • wâ wir in disme lande noch hînte nahtselde hân.
  • ‚Diu ros sint uns vermüedet ûf den verren wegen 1577
  • und spîse zerunnen,‘ sprach Hagene der degen:
  • ‚wir vindenß ninder veile: uns wære wirtes nôt,
  • der uns hînte gæbe durch sîne milte daß brôt.‘
  • Dô sprach aber Eckewart: ‚ich zeige iu einen wirt, 1578
  • daß ir zuo hûse selten baß komen birt,
  • in deheime lande, als iu hie mac geschehen,
  • ob ir snelle degene wellet Rüedegêren sehen.
  • ‚Der sitzet bî der strâße und ist der beste wirt, 1579
  • der ie kom ze hûse. sîn herze tugende birt
  • alsam der liehte meie daß gras mit bluomen tuot.
  • sô er sol helden dienen, sô ist er vrœlîch gemuot.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚welt ir mîn bote sîn, 1580
  • ob uns welle behalten durch den willen mîn
  • mîn lieber vriunt Rüedegêr, mîn mâge und unser man?
  • daß wil ich immer dienen, sô ich aller beste kan.‘
  • ‚Der bote bin ich gerne,‘ sprach dô Eckewart. 1581
  • mit vil guotem willen houb er sich an die vart
  • und seite Rüedegêre, als er hete vernomen.
  • im was in langen zîten niht sô lieber mære komen.
  • Man sach ze Bechlâren îlen einen degen. XVa.1582
  • selbe erkant in Rüedegêr; er sprach: ‚ûf disen wegen
  • dort her gâhet Eckewart, ein Kriemhilde man.‘
  • er wânde, daß die vînde im heten leide getân.
  • Dô gie er vür die porte, dâ er den boten vant. 1583
  • daß swert er abe gurte und leite eß von der hant.
  • er sprach zuo dem degene: ‚waß habt ir vernomen,
  • daß ir alsô gâhet? hât uns ieman iht genomen?‘
  • ‚Uns hat geschadet niemen,‘ sprach Eckewart zehant; 1584
  • ‚mich habent drî künege her zuoziu gesant:
  • Gunther von Burgunden, Gîselher und Gêrnôt:
  • der recken ieslîcher iu sînen dienest her enbôt.
  • ‚Daß selbe hât ouch Hagene, dar zuo Volkêr 1585
  • mit triuwen vlîßeclîchen; noch sage ich iu mêr,
  • daß iu des küneges marschalc Dancwart daß enbôt,
  • daß den guoten knehten wær iuwer herberge nôt.‘
  • Mit lachendem munde sprach dô Rüedegêr: 1586
  • ‚nu wol mich dirre mære, daß die künege hêr
  • geruochent mîner dienste; der wirt in niht verseit.
  • koment si mir ze hûse, des bin ich vrœlîch gemeit.‘
  • ‚Dancwart der marschalc hieß iuch wißßen lân, 1587
  • wen ir ze hûse mit in soldet hân:
  • sehzec sneller recken und tûsent rîter guot
  • und niun tûsent knehte.‘ dô wart er vrœlîch gemuot.
  • ‚Nu wol mich dirre geste,‘ sprach dô Rüedegêr, 1588
  • ‚daß mir koment ze hûse dise recken hêr,
  • den ich noch vil selten iht gedienet hân.
  • nu rîtet in enkegene, beide mâge unde man.‘
  • Dô îlten zuo den rossen rîter unde kneht: 1589
  • swaß in gebôt ir hêrre, daß dûhtes alle reht.
  • dô ließens in der dienste zogen deste baß.
  • eß wesse niht vrou Gotelint, diu in ir kemenâten saß.
  • Âventiure
  • wie si ze Bechelâren kômen.
  • Dô gie der marcgrâve, dâ er die vrouwen vant, 1590
  • sîn wîp und sîne tohter, und seite in zehant
  • diu lieben mære, diu er hete vernomen,
  • daß in ir vrouwen bruoder dar ze hûse solden komen.
  • ‚Vil liebe triutinne,‘ sprach dô Rüedegêr, 1591
  • ‚ir sult vil wol enphâhen die edelen künege hêr,
  • sô si mit ir gesinde her ze hove gân.
  • ir sult ouch schône grüeßen Hagenen Guntheres man.
  • ‚Mit in kumt ouch einer, der heißet Dancwart; 1592
  • der ander heißet Volkêr, an zühten wol bewart.
  • die sehse sult ir küssen und diu tohter mîn
  • und sult ouch bî den recken in zühten güetlîchen sîn.‘
  • Daß lobten dô die vrouwen und wâren sîn bereit: 1593
  • si suohten ûß den kisten diu hêrlîchen kleit,
  • dar inne si begegene den recken wolden gân.
  • dâ wart vil michel vlîßen von schœnen wîben getân.
  • Gevelschet vrouwen varwe vil lützel man dâ vant. 1594
  • si truogen ûf ir houbten von golde liehtiu bant,
  • daß wâren schapel rîche, daß in ir schœne hâr
  • zervuorten niht die winde; si wâren hübsch unde clâr.
  • In solhen unmuoßen sul wir die vrouwen lân. 1595
  • hie wart vil michel gâhen über velt getân
  • von Rüedegêres vriunden, dâ man die vürsten vant.
  • si wurden wol enphangen in des marcgrâven lant.
  • Dô si der marcgrâve zuo im komen sach, 1596
  • ze sînen lieben gesten vrœlîch er dô sprach:
  • ‚sît willekomen, ir hêrren und al iuwer man.
  • hie in mîme lande vil gerne ich iuch gesehen hân.‘
  • Dô nigen im die recken mit triuwen âne haß. 1597
  • daß er in willec wære, wol erzeigte er daß.
  • besunder gruoßter Hagenen: den het er ê bekant;
  • sam tet er Volkêren ûßer Burgunden lant.
  • Er enphie ouch Dancwarten. dô sprach der küene degen: 1598
  • ‚sît ir uns welt beruochen, wer sol danne phlegen
  • unseres ingesindes von Wormeß über Rîn?‘
  • dô sprach der marcgrâve: ‚die angest sult ir lâßen sîn.
  • ‚Eß wirdet wol behalten, swaß ir in daß lant B.
  • habt mit iu gevüeret, ros, silber und gewant,
  • dem shaffe ich solhe huote, daß sîn niht wirt verlorn,
  • daß iu ze schaden bringe gegen einem halben sporn.
  • ‚Spannet ûf, ir knehte, die hütten an daß velt; 1599
  • swaß ir hie verlieset, des wil ich wesen gelt:
  • ziehet ab die zoume, diu ros lâßet gân.‘
  • daß het in wirt deheiner dâ vor vil selten getân.
  • Des vreuten sich die geste. dô daß geschaffet was, 1600
  • die hêrren riten dannen. sich leiten in daß gras
  • über al die knehte: si heten guot gemach.
  • ich wæn, in an der verte nie sô samfte geschach.
  • Diu edel marcgrâvinne vür die burc was gegân 1601
  • mit ir schœnen tohter. dô sach man bî ir stân
  • minneclîche vrouwen und manec schœne meit:
  • die truogen vil der bouge unde hêrlîchiu kleit.
  • Daß edele gesteine lûhte verre dan 1602
  • ûß ir vil rîchen wæte: si wâren wol getân.
  • dô kômen ouch die geste und erbeißten sâ zehant.
  • hei, waß man grôßer zühte an den von Burgunden vant!
  • Sehs und drîßec meide und ander manec wîp, 1603
  • den was wol ze wunsche geschaffen der lîp:
  • die giengen in enkegene mit manegem küenen man.
  • dô wart schône grüeßen von edelen wîben getân.
  • Diu marcgrâvinne kuste die künege alle drî: 1604
  • alsam tet ir tohter. dô stuont Hagene bî.
  • ir vater hieß in küssen: dô blicte si in an:
  • er dûhte si sô vorhtlîch, daß siß vil gerne hete lân.
  • Doch muoste si dâ leisten, daß ir der wirt gebôt. 1605
  • gemischet wart ir varwe, bleich unde rôt.
  • si kuste ouch Dancwarten, dar nâch den spilman:
  • durch sînes lîbes ellen wart im daß grüeßen getân.
  • Diu junge marcgrâvinne nam bî der hant 1606
  • Gîselher den jungen von Burgunden lant:
  • alsam tet ir muoter Gunther den küenen man.
  • si giengen mit den helden vil harte vrœlîchen dan.
  • Der wirt gie bî Gêrnôte in einen wîten sal. 1607
  • rîter unde vrouwen gesâßen dâ ze tal.
  • dô hieß man balde schenken den gesten guoten wîn.
  • jâ endorften nimmer helde baß gehandelt sîn.
  • Mit lieben ougen blicken wart gesehen an 1608
  • Rüedegêres tohter: diu was sô wol getân.
  • jâ trûtes in den sinnen vil manec rîter guot;
  • daß kunde ouch si verdienen: si was vil hôhe gemuot.
  • Si gedâhten, swes si wolden; des enmoht ab niht geschehen. A.1609
  • hin und her widere wart dâ vil gesehen
  • an meide und an vrouwen: der saß dâ genuoc.
  • der edele videlære dem wirte holden willen truoc.
  • Nâch gewonheite sô schieden si sich dâ: 1610
  • rîter unde vrouwen die giengen anderswâ.
  • dô rihte man die tische in dem sale wît;
  • den unkunden gesten man diende willeclîche sît.
  • Durch der geste liebe hin ze tische gie 1611
  • diu edele marcgrâvinne; ir tohter si dô lie
  • belîben bî den kinden, dâ si von rehte saß.
  • die geste ir niht ensâhen: si muote wærlîchen daß.
  • Dô si getrunken hêten und geßßen über al, 1612
  • dô wîsete man die schœnen wider in den sal.
  • gemelîcher sprüche wart dâ niht verdeit:
  • der reite vil dô Volkêr, ein degen küene und gemeit.
  • Dô sprach offenlîchen der selbe spilman: 1613
  • ‚vil rîcher marcgrâve, Got hât an iu getân
  • vil genædeclîchen, wan er iu hât gegeben
  • ein wîp sô rehte schœne, dar zuo ein wünneclîcheß leben.
  • ‚Ob ich ein vürste wære,‘ sprach der spilman, 1614
  • ‚und solde tragen krône, ze wîbe wolde ich hân
  • iuwer schœne tohter: des wünschete mir der muot.
  • diu ist minneclîch ze sehene, dar zuo edel unde guot.‘
  • Dô sprach der marcgrâve: ‚wie möhte daß gesîn, B.
  • daß immer künic gerte der lieben tohter mîn?
  • wir sîn hie ellende beide, ich und mîn wîp,
  • und haben niht ze gebene: waß hilfet danne ir schœner lîp?‘
  • Des antwurte Gêrnôt, der wol gezogene man: A.1615
  • ‚und solde ich triutinne nâch mîme willen hân,
  • sô wolde ich solhen wîbes immer werden vrô.‘
  • des antwurte Hagene harte zühteclîchen dô:
  • ‚Nu sol mîn hêrre Gîselher nemen doch ein wîp: 1616
  • eß ist sô hôher mâge der marcgrâvinne lîp,
  • daß wir ir gerne dienden, ich und sîne man,
  • und soldes under krône dâ zen Burgunden gân.‘
  • Diu rede Rüedegêren dûhte harte guot 1617
  • und ouch Gotelinde: jâ vreute si in den muot.
  • sît truogen an die helede, daß si ze wîbe nam
  • Gîselher der edele, als eß künege wol gezam.
  • Swaß sich sol gevüegen, wer mac daß understên? A.1618
  • man bat die juncvrouwen hin ze hove gên:
  • dô swuor man im ze gebene daß wünneclîche wîp:
  • dâ lobte ouch er ze minnen ir vil minneclîchen lîp.
  • Man beschiet der juncvrouwen bürge unde lant. A.1619
  • des sichert dâ mit eiden des edelen küneges hant
  • und der hêrre Gêrnôt, daß wurde daß getân.
  • dô sprach der marcgrâve: ‚sît ich der bürge niht enhân,
  • ‚Sô sol ich iu mit triuwen immer wesen holt. A.1620
  • ich gibe zuo mîner tohter silber unde golt,
  • sô hundert soumære meist mügen tragen,
  • daß eß iu helden nâch êren müge wol behagen.‘
  • Dô hieß man si beide stên an einen rinc 1621
  • nâch gewonheite. vil manec jungelinc
  • in vrœlîchem muote ir zegagene stuont:
  • si gedâhten in ir sinnen, sô noch die tumben gerne tuont.
  • Dô man begunde vrâgen die minneclîchen meit, 1622
  • ob si den recken wolde, ein teil was eß ir leit;
  • doch dâhte si ze nemene den wætlîchen man.
  • si schamte sich der vrâge, sô manec meit hât getân.
  • Ir riet ir vater Rüedegêr, daß si spræche jâ 1623
  • und daß si in gerne næme: vil schiere dô was dâ
  • mit sînen wîßen handen, der si umbeslôß,
  • Gîselher der junge; swie lützel si sîn doch genôß.
  • Dô sprach der marcgrâve: ‚ir edelen künege rîch, 1624
  • als ir nu wider rîtet, daß ist gewonlîch,
  • heim zuo ziuren landen, sô gib ich iu mîn kint,
  • daß ir si mit iu vüeret,‘ daß gelobten si sint.
  • Swaß man dâ schalles hôrte, den muosen si doch lân. 1625
  • man hieß die juncvrouwen ze kemenâten gân
  • und ouch die geste slâfen mit ruowe an den tac.
  • do bereite man die spîse; der wirt ir güetlîche phlac.
  • Dô si enbißßen wâren, si wolden dannen varn 1626
  • gên der Hiunen lande, ‚daß hieß ich wol bewarn,‘
  • sprach der wirt edele, ‚ir sult noch hie bestân,
  • wan ich sô lieber geste selten iht gewunnen hân.‘
  • Des antwurte Dancwart: ‚des mac niht gesîn: 1627
  • wâ næmet ir die spîse, daß brôt und ouch den wîn,
  • daß ir sô manegen recken noch hînte müeßet hân?‘
  • dô daß der wirt erhôrte, er sprach: ‚ir sult die rede lân.
  • ‚Mîne vil lieben hêrren, ir sult mir niht versagen; 1628
  • jâ gib ich iu die spîse ze vierzehen tagen
  • mit allem dem gesinde, daß mit iu her ist komen.
  • mir hât der künic Etzel noch vil wênic iht genomen.‘
  • Swie sêre si sich werten, si muosen dâ bestân 1629
  • unz an den vierden morgen. dô wart dâ getân
  • von des wirtes milte, daß verre wart geseit:
  • er gap sînen gesten beidiu ros unde kleit.
  • Eß kunde langer niht gewern, si muosen dannen varn. 1630
  • Rüedegêr der kunde wênic iht gesparn
  • von sîner milte: swes iemen gerte nemen,
  • daß verseiter niemen: eß muose in allen wol gezemen.
  • Ir edel ingesinde brâhte vür daß tor 1631
  • gesatelt vil der mœre. dô kom zuo in dâ vor
  • vil vremder recken: die truogen schilt enhant,
  • wan si wolten rîten in daß Etzelen lant.
  • Der wirt dô sîne gâbe bôt über al, 1632
  • ê die edelen geste kœmen vür den sal.
  • er kunde miltlîche mit grôßen êren leben:
  • sîne tohter schœne het er Gîselher gegeben.
  • Dô gab er Gêrnôte ein wâfen guot genuoc, 1633
  • daß er sît in stürmen vil hêrlîchen truoc.
  • der gâbe im wol gunde des marcgrâven wîp;
  • dâ von der guote Rüedegêr sît muose vliesen den lîp.
  • Dô gab er Guntheren, dem helde lobelîch, A.1634
  • daß wol truoc mit êren der edel künic rîch,
  • swie er selten gâbe enphienge, ein wâfenlîch gewant.
  • dar nâch neic Gunther des edelen Rüedegêres hant.
  • Gotelint bôt Hagenen, als ir wol gezam, A.1635
  • ir minneclîche gâbe, sît si der künic nam,
  • daß er âne ir stiure zuo der hôhgezît
  • von ir niht varn solde: doch widerreite er eß sît.
  • ‚Alles, des ich ie gesach,‘ sprach dô Hagene, 1636
  • ‚so engerte ich hinnen mêre niht zuo tragene
  • niuwan jenes schildes dort an der want:
  • den wolde ich gerne vüeren in Etzelen lant.‘
  • Dô diu marcgrâvinne Hagenen rede vernam, 1637
  • eß mande si ir leide: weinens si gezam.
  • dô dâhte si vil tiure an Nuodunges tôt,
  • den hete erslagen Witege: dâ von het si jâmers nôt.
  • Si sprach zuo dem degene: ‚den schilt wil ich iu geben. 1638
  • daß wolde Got von himele, daß er noch solde leben,
  • der in dâ truoc enhende! der lac in sturme tôt.
  • den muoß ich immer weinen: des gât mir armen wîbe nôt.‘
  • Diu edel marcgrâvinne von dem sedele gie, 1639
  • mit ir vil wîßen handen si den schilt gevie:
  • diu vrouwe truoc in Hagenen; er nam in an die hant.
  • diu gâbe was mit êren an den recken gewant.
  • Ein hulft von liehtem phelle ob sîner varwe lac. 1640
  • beßßern schilt deheinen belûhte nie der tac.
  • von edelem gesteine, der sîn hete begert
  • ze koufen, an der koste was er wol tûsent marke wert.
  • Den schilt hieß dô Hagene von im tragen dan. A.1641
  • dô begunde Dancwart hin ze hove gân.
  • dem gab vil rîchiu kleider des marcgrâven kint,
  • diu er dâ zen Hiunen truoc vil vrœlîchen sint.
  • Alleß, daß der gâbe von in wart genomen, 1642
  • in ir deheines hende wær ir niht bekomen
  • wan durch des wirtes liebe, derß in sô schône bôt.
  • sît wurden si im sô vîent, daß si in slahen muosen tôt.
  • Volkêr der vil snelle mit sîner videlen dan 1643
  • gie gezogenlîchen vür Gotelinde stân.
  • er videlte süeße dœne und sanc ir sîniu liet:
  • dâ mit nam er urloup, dô er von Bechlâren schiet.
  • Ir hieß diu marcgrâvinne eine lade tragen, 1644
  • von vriuntlîcher gâbe muget ir hœren sagen:
  • dar ûß nam si zwelf bouge und spien ims an die hant:
  • ‚die sult ir hinnen vüeren in daß Etzelen lant
  • ‚Und sult durch mînen willen si ze hove tragen: 1645
  • swenne ir wider wendet, daß man mir müge sagen,
  • wie ir mir habet gedienet dâ ze der hôhzît.‘
  • des diu vrouwe gerte, vil wol leistete er daß sît.
  • Dô sprach der wirt zen gesten: ‚ir sult dest samfter varn: 1646
  • ich wil iuch selbe leiten und heißen wol bewarn,
  • daß iu ûf der straße niemen müge schaden.‘
  • dô wurden sîne soume harte schiere geladen.
  • Der wirt wart wol bereitet mit vünf hundert man, 1647
  • mit rossen und mit kleidern: die vuorte er mit im dan
  • vil harte vrœlîchen zuo der hôhgezît;
  • der einer mit dem lîbe kom nie ze Bechlâren sît.
  • Mit kusse minneclîchen der wirt dô dannen schiet: 1648
  • alsô tet ouch Gîselher, als im diu liebe riet.
  • mit umbesloßßen armen si trûten schœniu wîp;
  • daß muose sît beweinen vil maneger juncvrouwen lîp.
  • Dô wurden allenthalben diu venster ûf getân. 1649
  • der wirt mit sînen mannen ze rossen wolde gân.
  • ich wæn, ir herze in seite diu krefteclîchen leit:
  • dâ weinde manec vrouwe und manec wætlîchiu meit.
  • Nâch ir lieben vriunden genuoge heten sêr, 1650
  • die si ze Bechelâren gesâhen nimmer mêr.
  • doch riten si mit vreuden nider über sant
  • ze tal bî Tuonouwe in daß Hiunische lant.
  • Dô sprach zen Burgunden der rîter vil gemeit, 1651
  • Rüedegêr der edele: ‚jâ suln niht verdeit
  • wesen unser mære, daß wir zen Hiunen komen.
  • im hât der künic Etzel nie so liebes niht vernomen.‘
  • Ze tal durch Ôsterrîche vil manec bote reit: 1652
  • den liuten allenthalben wart daß wol geseit,
  • daß die helde kœmen von Wormeß über Rîn.
  • des küneges ingesinde kunde eß niht lieber gesîn.
  • Die boten vür strichen mit den mæren, XVIa.1653
  • daß die Niblungen zuo den Hiunen wæren:
  • ‚du solt si wol enphâhen, Kriemhilt, vrouwe mîn:
  • dir koment nâch grôßen êren die vil lieben bruoder dîn.‘
  • Dô diu küneginne vernam diu mære, C.1654
  • ir begunde entwîchen ein teil ir swære:
  • von ir vater lande kom ir vil manec man,
  • dâ von der künic Etzel vil manegen jâmer sît gewan.
  • ‚Nu wol mich mîner vreuden,‘ sô sprach Kriemhilt. 1655
  • ‚hie bringent mîne mâge vil manegen niuwen schilt
  • und halsperge wîße: swer nemen welle golt,
  • der denke mîner leide: ich wil im immer wesen holt.‘
  • Si gedâhte tougenlîche: ‚noch möhte es werden rât. C.
  • der mich an mînen vreuden alsô gephendet hât,
  • mag ich daß gevüegen, eß sol im leide ergân
  • ze dirre hôhgezîte, des ich vil guoten willen hân.
  • ‚Ich solß alsô schaffen, daß mîn râche ergê C.
  • in dirre hôhgezîte, swieß dar nâch gestê,
  • an sînem argen lîbe, der mir hât genomen
  • vil der mînen wünne: des sol ich nu ze gelte komen.‘
  • Âventiure
  • wie Kriemhilt Hagene enphie.
  • Dô die Burgunden kômen ûf daß velt, b.
  • ûf sluoc man drî künegen sô hêrlîch gezelt.
  • si stießen ûf ir vanen, die wârn von golde rôt.
  • dô wessen niht die hêrren, daß in sô nâhent was der tôt.
  • Dô gienc diu vrouwe Kriemhilt an ein zinnen stân, b.
  • dô sach si ûf dem velde rîten manegen man.
  • des vreut sich tougenlîchen daß wunderschœne wîp:
  • ‚alrêrst sô wirt gerochen des küenen Sîvrides lîp,
  • ‚Der mir sô mortlîchen ze tôde wart erslagen; b.
  • unz an mîn ende kan ich in nimmer mê verklagen.
  • ouwê der grôßen êre, die ich verloren hân;
  • eß gelac an vrouwen arme nie sô tugenthafter man.
  • ‚Sîn vil grôße tugende macht mir herzeleit: b.
  • swenne ich dar an gedenke, als er von mir reit
  • mit sô gar gesundem lîp, sô mêrt sich mîn klage:
  • mir darf niemen wîßen, swaß ich grôßes leides trage.
  • ‚Got het mir in zeinem man ûß aller welt erkorn. b.
  • wær tûsent manne tugende an einem man geborn,
  • dannoch was ir mêre, die Sîvrit eine truoc.‘
  • diu vrouwe klagt vil sêre, zuo dem herzen si sich sluoc.
  • Schier wurden dem Bernære diu mære kunt getân. b.
  • dô sach man in vil drâte über den hof gân,
  • mit im Hilpranden nâch rîterlîchen siten:
  • ‚vil edeliu küneginne, daß sult ir lâßen vermiten,
  • ‚Daß man iuch siht weinen zuo dirre hôhgezît. b.
  • und habt her besendet ûß vremden landen wît
  • vil manegen werden recken und manegen biderben man:
  • daß man iuch siht weinen, daß stêt iu vil übel an.‘
  • ‚Ich mane dich dîner triuwe,‘ sprach si, ‚hêr Hildebrant, b.
  • ob du ie gâbe enphienge von mîner gebenden hant,
  • sô rich mich an Hagene: jâ gib ich dir mîn golt
  • und bin mit guoten triuwen unz an mîn ende dir holt.‘
  • Dô sprach der Bernære: ‚ir sît ein übel wîp, b.
  • daß ir iuwern mâgen râtent an den lîp
  • und habt sô manegen boten ze Rîne nâch in gesant:
  • sô sint si iu komen ze hûse mit vil werlîcher hant.
  • ‚Neinâ, hêrre Hildebrant, sô liep ich iu sî, b.
  • nu enphâch mir von dem Rîne die künege alle drî
  • und heiß si ligen ze velde, unz sô eß werde tac,
  • sô warne ich si mit triuwe des aller besten, sô ich mac.‘
  • Hart gezogenlîchen reit meister Hildebrant, b.
  • dâ er die drî künege von dem Rîne vant:
  • er enbeißt vil rîterlîchen und lie sich ûf diu knie,
  • daß er die drî künege von dem Rîne dâ enphie;
  • ‚Bis willekomen hêr Gunther, künic von dem Rîn: b.
  • sam sî hêr Gêrnôt, der liebe bruoder dîn,
  • und Gîselher der junge und Hagen ein starker man
  • und manec sneller recke, der ich aller niht genennen kan.
  • ‚Iu enpiut der Bernære, der liebe hêrre mîn, b.
  • vriuntschaft und hulde und ganzen dienest sîn
  • und heißt iuch ligen ze velde, unz eß werde tac:
  • sô warnt er iuch mit triuwen des aller besten, sô er mac.
  • ‚Got müeße iuch behüeten vor aller slahte nôt: b.
  • vor vierthalbem jâre was iu bereit der tôt.
  • eß hat iur swester Kriemhilt gesworn vil manegen eit,
  • daß si an iu wil rechen ir vil grôßiu herzeleit.
  • ‚Er enpiut iu, daß ir mîdet, als lieb iu sî daß leben, b.
  • daß niuwe hûs bî der Tuonouwe ist iu herberge geben:
  • daß sult ir mir gelouben, und kœme iur dar ein her,
  • ir müestent al ersterben und kœm iur keiner ze wer.
  • ‚Dâ ligent in drî rôre, diu sint innân hol, b.
  • diu sint geworht schône mit swebel und mit kol:
  • diu sol man anzünden, sô die dische sint bereit.
  • dâ vor solt ir iuch hüeten, ir stolzen helde vil gemeint.‘
  • Des erschrac der künic sêre, diu rede was im leit. b.
  • ‚nu lôn dir Got, Hildebrant, daß du uns hâst geseit,
  • daß du hâst gewarnet uns ellende man:
  • ich sich, wir hie zen Hiunen lützel triuwe vunden hân.‘
  • Des erlachten die jungen und hielten eß vür spot. b.
  • dô sprâchen die wîsen: ‚dâ vor behüete uns Got.
  • wir sîn durch grôße triuwe geriten in daß lant;
  • si hât vil manegen boten hin nâch uns ze Rîne gesant.‘
  • Nu sprach gezogenlîche der hêrre Gêrnôt: b.
  • ‚uns hât mîn swester Kriemhilt geladen in den tôt.
  • wir sîn durch grôße triuwe geriten zuo der stat,
  • wan uns mîn schœne swester von dem Rîn ze hûse bat.‘
  • Dô sprach der videlære, der küene Volkêr: b.
  • ‚ich bin von dem Rîne durch gâbe geriten her.
  • des wil ich mich verßîhen,‘ sô sprach der spilman;
  • ‚ich videle mit dem swerte daß allerbeste, daß ich kan.
  • ‚Ich erzeige in mîne dœne, si müeßen ûf hôher stân: b.
  • und welnt si niht erwinden, eß mac in sô ergân,
  • ich slahe in eteslîchem einen swinden gîgenslac,
  • und hât er liebe mâge, daß er eß wol klagen mac.‘
  • Dô Hildebrant der alte wolte dannen gân, b.
  • Gîselher der junge bat in stille stân:
  • er gab im einen mantel, den er im zêren truoc:
  • vür drîßec marc goldes hete er phandes genuoc.
  • Dô zim genam den mantel meister Hildebrant, b.
  • er reit gezogenlîchen, da er den von Berne vant:
  • ‚seht den rîchen mantel, den ich an mir hân,
  • den gap mir Gîselher der junge, dâ ich von im wolde gân.‘
  • Dô die Burgunden kômen in daß lant, XVb.1656
  • do gevriesch eß von Berne der alte Hildebrant.
  • er seite eß sîme hêrren; eß was im harte leit:
  • er bat in wol enphâhen die rîter küene und gemeit.
  • Wolfhart der snelle hieß bringen diu marc. 1657
  • dô reit mit Dietrîche vil manec degen starc,
  • dâ er si grüeßen wolde, zuo in an daß velt.
  • dâ hetens ûf gebunden vil manec hêrlîch gezelt.
  • Dô si von Tronje Hagene verrist rîten sach, 1658
  • zuo den sînen hêrren gezogenlîch er sprach:
  • ‚nu sult ir snelle recken von dem sedele stân
  • und gêt in hin enkegene, die iuch hie wellent enphân.
  • ‚Dort kumt ein hergesinde, daß ist mir wol bekant. 1659
  • eß sint vil snelle degene von Amelunge lant.
  • si vüeret der von Berne: si sint vil hôch gemuot.
  • nu lât iu niht versmâhen, swaß man iu dienest getuot.‘
  • Dô stuonden von den rossen, daß was michel reht, 1660
  • neben Dietrîche manc rîter unde kneht.
  • si giengen zuo den gesten, dâ man die helde vant:
  • si gruoßten minneclîche die von Burgunden lant.
  • Dô si der hêrre Dietrîch gên im komen sach, 1661
  • lieb unde leide im dar an geschach.
  • er weste wol diu mære, ir reise was im leit;
  • er wânde, eß weste Rüedegêr, daß erß in hête geseit.
  • ‚Sît willekomen, ir hêrren, Gunther und Gîselher, 1662
  • Gêrnôt unde Hagene; sam sî hêr Volkêr
  • und Dancwart der snelle. ist iu daß niht bekant?
  • Kriemhilt noch sêre weinet den helt von Niblunge lant.‘
  • ‚Si mac vil lange weinen,‘ sprach dô Hagene: 1663
  • ‚er lît vor manegem jâre ze tôde erslagene.
  • den künic von den Hiunen sol si nu holden haben:
  • Sîvrit kumt niht widere, er ist nu lange begraben.‘
  • ‚Die Sîvrides wunden lâßen wir nu stên: 1664
  • sol leben mîn vrou Kriemhilt, sô mac schade ergên.‘
  • sô redete von Berne der hêrre Dietrich.
  • ‚trôst der Niblunge, dâ vor behüete du dich.‘
  • ‚Wie sol ich mich behüeten?‘ sprach der künic hêr. 1665
  • ‚Etzel uns boten sande, waß sold ich vrâgen mêr?
  • daß wir zuo im solden rîten in daß lant:
  • ouch hât uns manec mære mîn swester Kriemhilt gesant.‘
  • ‚Sô wil ich iu gerâten,‘ sprach aber Hagene, 1666
  • ‚bitet iu diu mære baß ze sagene
  • den hêrren Dietrîchen und sîne helde guot,
  • daß si iuch lâßen wißßen der vrouwen Kriemhilde muot.‘
  • Dô giengen sunder sprâchen die drî künege rîch, 1667
  • Gunther unde Gêrnôt und ouch hêr Dietrîch.
  • ‚nu sag uns, von Berne vil edel rîter guot,
  • wie dir sî gewißßen umb der küneginne muot.‘
  • Dô sprach der vogt von Berne: ‚waß sol ich iu sagen? 1668
  • wan daß ich alle morgen weinen hœr unt klagen
  • mit jæmerlîchen sinnen daß Etzelen wîp
  • dem rîchen Got von himele des starken Sîvrides lîp.‘
  • ‚Eß ist et unerwendet,‘ sprach der küene man, 1669
  • Volkêr der videlære, ‚daß wir vernomen hân.
  • wir suln ze hove rîten und suln daß besehen,
  • waß uns snellen degenen müge zen Hiunen geschehen.‘
  • Die küenen Burgunden hin ze hove riten: XVIb.1670
  • si kômen hêrlîchen nâch ir landes siten.
  • dô wundert dâ zen Hiunen vil manegen küenen man
  • umb Hagnen von Troneje, wie der wære getân.
  • Durch daß man seite mære, des was im genuoc, 1671
  • daß er von Niderlanden Sîvriden sluoc,
  • sterkest aller recken, vroun Kriemhilde man:
  • des wart michel vrâgen ze hove nâch Hagenen getân.
  • Der helt was wol gewahsen, daß ist alwâr, 1672
  • grôß was er zen brüsten, gemischet was sîn hâr
  • mit einer grîsen varwe, diu bein wârn im lanc,
  • eislîch sîn gesiune, er hete hêrlîchen ganc.
  • Dô hieß man herbergen die Burgunden man. 1673
  • Gunthers gesinde wart gesundert dan.
  • daß riet diu küneginne, diu im vil haßßes truoc:
  • dâ von man sît die knehte an der herberge sluoc.
  • Dancwart, Hagenen bruoder, der was marschalch; 1674
  • der künec im sîn gesinde vlîßeclîch bevalch,
  • daß er ir volleclîche mit spîse solde phlegen.
  • daß tet dô willeclîche mit triuwe der vil küene degen.
  • Kriemhilt diu schœne mit ir gesinde gie, XVIIa.1675
  • dâ si die Niblunge mit valschem muote enphie.
  • si kuste Gîselheren und nam in bî der hant.
  • daß sach von Tronje Hagene: den helm er vester gebant.
  • ‚Nâch sus getânem gruoße,‘ sô sprach Hagene, 1676
  • ‚mugen sich verdenken snelle degene;
  • man grüeßet sunderlîchen die künege und ir man:
  • wir haben niht guoter reise zuo dirre hôhzît getân.‘
  • Si sprach: ‚nu sît willekomen, swem iuch gerne siht: 1677
  • durch iuwer selbes vriuntschaft grüeße ich iuch niht.
  • saget, waß ir mir bringet von Wormeß über Rîn,
  • dar umbe ir mir sô grôße soldet willekomen sîn?‘
  • ‚Waß sint disiu mære,‘ sprach dô Hagene, 1678
  • ‚daß iu gâbe solden bringen degene?
  • ich wære wol sô rîche, het ich mich baß verdâht,
  • daß ich iu mîne gâbe her zen Hiunen hete brâht.‘
  • ‚Nu sult ir mich der mære mêre wißßen lân, 1679
  • hort der Niblunge, war habt ir den getân?
  • der was doch mîn eigen: daß ist iu wol bekant:
  • den soldet ir mir bringen in daß Etzelen lant.‘
  • ‚Entriuwen, mîn vrou Kriemhilt, des ist manec tac, 1680
  • daß ich der Niblunge hortes nie gephlac.
  • den hießen mîne hêrren senken in den Rîn:
  • dâ muoß er wærlîche unz an daß jungiste sîn.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚ich hâns ouch wol gedâht. A.1681
  • ir habt mirs noch vil kleine her ze lande brâht,
  • swie er mîn eigen wære und ich sîn wîlent phlac;
  • nach im und sîme hêrren hân ich manegen leiden tac.‘
  • ‚Ich bringe iu den tiuvel,‘ sprach aber Hagene, 1682
  • ‚ich hân an mîme schilde sô vil ze tragene
  • und an mîner brünne: mîn helme der ist lieht,
  • daß swert an mîner hende: des enbringe ich iu niht.‘
  • ‚Jane rede ichß niht dar umbe, deich mêre goldes welle gern. C.
  • ich hâns sô vil ze gebene, deich iuwer gâbe mac enbern.
  • ein mort und zwêne roube die mir sint genomen,
  • des möhte ich vil arme noch ze liebem gelte komen.‘
  • Dô sprach diu küneginne zen recken über al: 1683
  • ‚man sol deheiniu wâfen tragen in den sal;
  • ir helde, ir sult mirs ûf geben: ich wils behalten lân.‘
  • ‚entriuwen,‘ sprach dô Hagene, ‚daß wirdet nimmer getân.
  • ‚Jane ger ich niht der êren, vürsten tohter milt, 1684
  • daß ir zen herbergen traget mînen schilt
  • und ander mîn gewæfen. ir sît ein künegîn.
  • daß enlêrte mich mîn vater niht: ich wil selbe kamerære sîn.‘
  • ‚Ouwê mîner leide,‘ sprach vrou Kriemhilt: 1685
  • ‚war umbe wil mîn bruoder und Hagne sînen schilt
  • niht lâßen behalten? si sint gewarnôt.
  • und wesse ich, wer daß tæte, ich riete im immer sînen tôt.‘
  • Des antwurte ir mit zorne der hêrre Dietrîch: 1686
  • ‚ich binß, der hât gewarnet die edelen vürsten rîch
  • und Hagnen den küenen, den Burgunden man.
  • nu zuo, vâlandinne, du solt michs niht genießen lân.‘
  • Des schamte sich vil sêre daß Etzelen wîp: 1687
  • si vorhte bitterlîchen Dietrîches lîp.
  • si gie von im balde, daß si niht ensprach,
  • wan daß si swinde blicke an ir vîende sach.
  • Bî henden sich dô viengen zwêne degene: XVIc.1688
  • daß eine was hêr Dietrîch, daß ander Hagene.
  • dô sprach gezogenlîchen der recke vil gemeit:
  • ‚iur komen ze den Hiunen ist mir wærlîchen leit,
  • ‚Durch daß diu küneginne alsô gesprochen hât.‘ A.1689
  • dô sprach von Troneje Hagen: ‚des wirt wol alles rât.‘
  • sus reiten mit ein ander die zwêne küene man.
  • daß sach der künic Etzel; dar umbe er vrâgen began:
  • ‚Diu mære ich weste gerne,‘ sprach der künic rîch, 1690
  • ‚wer jener recke wære, den dort hêr Dietrîch
  • sô vriuntlîch enphâhet. er treit vil hôhen muot:
  • swer sîn vater wære, er mac wol sîn ein recke guot.‘
  • Des antwurte dem künege ein Kriemhilde man: 1691
  • ‚er ist geborn von Troneje, sîn vater hieß Aldrîân.
  • swie blîde er hie gebâre, er ist ein grimmec man:
  • ich lâß iuch daß beschouwen, daß ich gelogen niene hân.‘
  • ‚Wie sol ich daß erkennen, daß er sô grimmec ist?‘ 1692
  • dannoch er niht weste sô manegen argen list,
  • den sît diu küneginne an ir mâgen begie,
  • daß si ir nie deheinen von den Hiunen komen lie.
  • ‚Wol erkande ich Hagenen: wan er was mîn man. 1693
  • lop und michel êre er hie bî mir gewan.
  • ich machte in ze rîter und gab im mîn golt.
  • durch daß er getriuwe was, des muose ich im wesen holt.
  • ‚Dâ von ich wol erkenne alleß Hagnen sint. 1694
  • eß wâren mîne gîsel zwei wætlîchiu kint,
  • er und von Spâne Walther: die wuohsen hie ze man.
  • Hagne sand ich wider heim; Walther mit Hiltegunde entran.‘
  • Er gedâhte lieber mære, diu wâren ê geschehen. 1695
  • sînen vriunt von Troneje hete er reht ersehen,
  • der im in sîner jugende vil starkiu dienest bôt;
  • sît vrumt er im in alter vil manegen lieben vriunt tôt.
  • Âventiure
  • wie Hagene und Volkêr vor Kriemhilde sal sâßen.
  • Dô schieden sich die zwêne recken lobelîch, 1696
  • Hagene von Troneje und ouch hêr Dietrîch.
  • dô blikte über ahsel der Guntheres man
  • nâch eime hergesellen, den er vil schiere gewan.
  • Dô sach er Volkêren bî Gîselhere stên, 1697
  • den spæhen videlære: er bat in mit im gên,
  • wan er vil wol erkande sînen grimmen muot.
  • er was an allen tugenden ein rîter küene unde guot.
  • Noch ließen si die hêrren ûf dem hove stân. 1698
  • niuwan si zwêne aleine sach man dannen gân
  • über den hof vil verre vür einen palas wît.
  • die ûß erwelten degene vorhten niemannes nît.
  • Si gesâßen vor dem hûse gein eime sal, 1699
  • der was Kriemhilde, ûf eine banc ze tal.
  • dô lûhte in vor dem lîbe ir hêrlîch gewant.
  • genuoge, die daß sâhen, hetens gerne bekant.
  • Alsam tier diu wilden gekaphet wurden an 1700
  • die übermüeten helde von den Hiunen man.
  • si ersach durch ein venster daß Etzelen wîp:
  • des wart aber betrüebet der schœnen Kriemhilde lîp.
  • Eß mande si ir leide, weinen si began. 1701
  • des hete michel wunder die Etzelen man,
  • waß ir sô rehte swære verrihtet hete ir muot.
  • si sprach: ‚daß hât Hagene, ir helde küene unde guot.
  • Si sprâchen zuo der vrouwen: ‚wie ist daß geschehen? 1702
  • wan wir iuch niulîche haben vrô gesehen.
  • nie niemen wart sô küene, derß iu hât getân,
  • heißet irß uns rechen, eß sol im an sîn leben gân.‘
  • ‚Daß wolde ich immer dienen, swer ræche mîniu leit: 1703
  • alles, deß er gerte, des wær ich im bereit.
  • ich biut mich iu ze vüeßen,‘ sprach des küneges wîp:
  • ‚rechet mich an Hagenen, daß er verliese den lîp.‘
  • Dô garten sich vil balde sehzec küener man: 1704
  • durch Kriemhilde willen si wolden hin gân
  • und wolden slahen Hagenen, den vil küenen man,
  • und ouch den videlære. daß wart mit râte getân.
  • Dô diu küneginne ir schar sô kleine sach, A.1705
  • in einem grimmen muote si ze den helden sprach:
  • ‚des ir dâ habet gedinge, des sult ir abe gân:
  • ja endurfet ir sô ringe Hagenen nimmer bestân.
  • ‚Swie stark und swie küene von Troneje Hagne sî, A.1706
  • noch ist verre sterker, der im dâ sitzet bî,
  • Volkêr der videlære: der ist ein übel man.
  • ja ensult ir die helde niht sô lîhte bestân.‘
  • Dô si daß gehôrten, dô garte sich ir mêr, A.1707
  • vier hundert recken. diu küneginne hêr
  • was des vil genœte, daß si in tæte leit.
  • dâ von wart sît den degenen michel sorge bereit.
  • Dô si wol gewâfent ir gesinde sach, 1708
  • zuo den snellen recken diu küneginne sprach:
  • ‚nu bîtet eine wîle: jâ sult ir stille stân.
  • ich wil under krône ze mînen vîenden gân.
  • ‚Und hœret itewîße, waß mir hât getân 1709
  • Hagene von Troneje, Guntheres man:
  • ich weiß in sô gemuoten, daß er mir lougent niht;
  • sô ist ouch mir unmære, swaß im dar umbe geschiht.‘
  • Dô sach der videlære, ein küene spilman, 1710
  • die edelen küneginne ab einer stiegen gân
  • nider abeme hûse. dô er daß ersach,
  • Volkêr der küene zuo sîme hergesellen sprach:
  • ‚Nu schouwet, vriunt Hagene, wâ si dort here gât, 1711
  • diu uns âne triuwe inß lant geladet hât.
  • in gesach mit küneges wîbe nie sô manegen man,
  • die swert enhende trüegen, alsô strîtlîchen gân.
  • ‚Wißßet ir, vriunt Hagene, ob si iu sîn gehaß? 1712
  • sô wil ich iu daß râten, ir hüetet deste baß
  • des lîbes und der êren; jâ dunket eß mich guot.
  • als ich mich versinne, si sint vil zornec gemuot,
  • ‚Und sint ouch sumelîche zen brusten alsô wît, 1713
  • swer sîn selbes hüeten wil, der tuo daß enzît.
  • ich wæn, si under sîden die vesten prünne tragen.
  • waß si dâ mite meinen, daß enhœr ich niemen sagen.‘
  • Dô sprach in zornes muote Hagne der küene man: 1714
  • ‚ich weiß wol, daß eß alleß ist ûf mich getân,
  • daß si diu liehten wâfen tragent an der hant;
  • vor den möht ich gerîten noch in der Burgunden lant.
  • ‚Nu saget mir, vriunt Volkêr, welt ir mir gestân, 1715
  • ob mit mir wellent strîten Kriemhilde man?
  • daß lâßet ir mich hœren, als liep als ich iu sî.
  • ich won iu immer mêre mit triuwen dienstlîchen bî.‘
  • ‚Ich hilfe iu sicherlîchen,‘ sô sprach der spilman. 1716
  • ‚ob ich uns hie engegene sæhe den künic gân
  • mit allen sînen recken, die wîle ich leben muoß,
  • so entwîche ich iu durch vorhte ûß helfe nimmer einen vuoß.‘
  • ‚Nu lôn iu Got von himele, vil edel Volkêr. 1717
  • ob si mit mir strîten, wes bedarf ich danne mêr?
  • sît ir mir helfen wellet, als ich hân vernomen,
  • sô suln dise recken vil gewerlîchen komen.‘
  • ‚Nu stê wir von dem sedele,‘ sprach der spilman: 1718
  • ‚si ist ein küneginne: und lât si vür gân.
  • bieten ir die êre: si ist ein edel wîp.
  • dâ mite ist ouch getiuwert unser ietweders lîp.‘
  • ‚Nein, durch mîne liebe,‘ sprach dô Hagene. 1719
  • ‚sô wolden sich versinnen dise degene,
  • daß ichß durch vorhte tæte, und solde ich hin gên.
  • ine wil durch ir deheinen nimmer von dem sedel stên.
  • ‚Jâ zimet eß uns beiden zwâre lâßen baß. 1720
  • zwiu sold ich den êren, der mir ist gehaß?
  • daß getuon ich nimmer, die wîl ich hân den lîp:
  • jane ruoche ich, waß mich nîdet des künic Etzelen wîp.‘
  • Der übermüete Hagene leit über sîniu bein 1721
  • ein vil liehteß wâfen, ûß des knophe schein
  • ein vil liehter jaspis grüener denne ein gras.
  • wol erkande eß Kriemhilt, daß eß Sîvrides was.
  • Dô si daß swert erkande, dô gie ir trûrens nôt. 1722
  • daß gehilz was guldîn, diu scheide ein borte rôt,
  • eß mande si ir leide: weinen si began;
  • ich wæne, eß hete dar umbe der küene Hagne getân.
  • Volkêr der snelle zôch nâher ûf der banc 1723
  • einen videlbogen starken, michel unde lanc,
  • gelîch eime swerte, scharph unde breit.
  • dô sâßen unervorhten die zwêne recken gemeit.
  • Nu dûhten sich sô hêre die zwêne küene man, 1724
  • daß si niht enwolden von dem sedel stân
  • durch niemannes vorhte. des gieng in an den vuoß
  • diu edele küneginne und bôt in vîntlîchen gruoß.
  • Si sprach: ‚nu saget, hêr Hagene, wer hât nâch iu gesant, 1725
  • daß ir getorstet rîten her in ditze lant,
  • und ir daß wol erkandet, waß ir mir habet getân?
  • hetet ir guote sinne, ir soldetß billîchen lân.‘
  • ‚Nâch mir ensande niemen,‘ sprach dô Hagene. 1726
  • ‚man ladete her ze lande drîe degene,
  • die heißent mîne hêrren: sô bin ich ir man;
  • deheiner hovereise bin ich hinder in gestân.‘
  • Si sprach: ‚nu saget mir mêre, zwiu tâtet ir daß, 1727
  • daß ir daß habt verdienet, daß ich iu bin gehaß?
  • ir sluoget Sîvriden, mînen lieben man,
  • des ich unz an mîn ende immer mêr ze weinne hân.‘
  • Er sprach: ‚waß sol des mêre? der rede ist nu genuoc. 1728
  • ich binß et aber Hagene, der Sîvriden sluoc,
  • den helt ze sînen handen: wie sêre er des enkalt,
  • daß diu vrouwe Kriemhilt die schœnen Prünhilde schalt!
  • ‚Eß ist et âne lougen, küneginne rîch, 1729
  • ich hân des alles schulde, des schaden schedelîch.
  • nu reche eß, swer sô welle, eß sî wîp oder man.
  • ich enwolde iu danne liegen, ich hân iu leides vil getân.‘
  • Si sprach: ‚daß hœret, recken, wâ er mir lougent niht 1730
  • aller mîner leide. swaß im dâ von geschiht,
  • daß ist mir vil unmære, ir Etzelen man.‘
  • die übermüeten degene sâhen alle ein ander an.
  • Swer den strît dâ hüebe, sô wære dâ geschehen, 1731
  • daß man den zwein gesellen der êren müeße jehen,
  • wan siß in stürmen hêten vil dicke wol getân.
  • des sich jene vermâßen, durch vorhte muosen si daß lân.
  • Dô sprach ein der recken: ‚wes seht ir mich an? 1732
  • daß ich ê dâ lobete, des wil ich abe gân,
  • durch niemannes gâbe verliesen mînen lîp.
  • jâ wil uns verleiten des künic Etzelen wîp.‘
  • Dô sprach dâ bî ein ander: ‚des selben hân ich muot. 1733
  • der mir gæbe türne von rôtem golde guot,
  • disen videlære wolde ich niht bestân
  • durch sîne swinde blicke, die ich an im gesehen hân.
  • ‚Ouch erkenne ich Hagenen von sînen jungen tagen: 1734
  • des mac man von dem recken lîhte mir gesagen.
  • in zwein und zweinzec stürmen hân ich in gesehen,
  • dâ vil maneger vrouwen ist herzeleit von im geschehen.
  • ‚Er und der von Spâne trâten manegen stîc, 1735
  • dô si hie bî Etzel vâhten manegen wîc
  • ze êren dem künege: des ist vil geschehen:
  • dar umbe sol man Hagenen der êren billîchen jehen.
  • ‚Dannoch was der recke sîner jâre ein kint, 1736
  • daß dô die tumben wâren, wie grîse die nu sint.
  • nu ist er komen ze witzen und ist ein grimmec man;
  • ouch treit er Balmungen, daß er übele gewan.‘
  • Dâ mite was gescheiden, daß niemen dâ enstreit. 1737
  • dô wart der küneginne vil herzenlîchen leit.
  • die helden kêrten dannen; jâ vorhten si den tôt
  • von dem videlære: des gie in sicherlîchen nôt.
  • Wie dicke man durch vorhte manegiu dinc verlât, 1738
  • swâ sô vriunt bî vriunde güetlîchen stât!
  • und hât er guote sinne, daß er sîn niht entuot,
  • schade vil maneges mannes wirt von sinnen wol behuot.
  • Dô sprach der küene Volkêr: ‚wir hân daß wol ersehen, 1739
  • daß wir hie vinden vînde, als wir ê hôrten jehen.
  • wir suln zuo den künegen hin ze hove gân,
  • so entar unser hêrren mit strîte niemen bestân.‘
  • ‚Nu wil ich iu volgen,‘ sprach dô Hagene. 1740
  • si giengen, dâ si vunden vil der degene
  • in grôßem antphange noch an dem hove stân.
  • Volkêr der küene vil lûte sprechen began.
  • Er sprach zuo sînen hêrren: ‚wie lange welt ir stên, 1741
  • daß ir iuch lâßet dringen? ir sult ze hove gên
  • und hœret an dem künege, wie der sî gemuot.‘
  • dô sach man sich gesellen die helde küene unde guot.
  • Der vürste von Berne der nam an die hant 1742
  • Gunthern den vil rîchen von Burgunden lant;
  • Irnvrit nam Gêrnôten, den vil küenen man;
  • dô sach man Gîselheren ze hove mit sînem sweher gân.
  • Swie iemen sich gesellete und ouch ze hove gie, 1743
  • Volkêr und Hagene geschieden sich nie
  • niuwan in eime sturme unz an ir endes zît.
  • daß muosen edele vrouwen beweinen grœßlîchen sît.
  • Dô sach man mit den künegen hin ze hove gân 1744
  • ir edelen ingesindes tûsent küener man,
  • dar über sehzec recken: die wâren mit in komen,
  • die hete in sîme lande der küene Hagene genomen.
  • Hâwart und Îrinc, zwêne ûß erwelte man, A.1745
  • sach man geselleclîchen bî den künegen gân.
  • Dancwart und Wolfhart, ein tiuwerlîcher degen,
  • die sach man grôßer tugende vor den anderen phlegen.
  • Dô der vogt von Rîne in den palas gie, 1746
  • Etzel der rîche daß langer niht enlie,
  • er spranc von sîme sedele, als er in komen sach.
  • ein gruoß sô rehte schœne von künege nie mêr geschach.
  • ‚Sît willekomen, hêr Gunther und ouch hêr Gêrnôt 1747
  • und iuwer bruoder Gîselher, mîn dienst ich iu enbôt
  • mit triuwen willeclîchen ze Wormeß über Rîn,
  • und alleß daß gedigene daß sol mir willekomen sîn.
  • ‚Nu sît uns grôße willekomen, ir zwêne degene, 1748
  • Volkêr der vil küene und ouch Hagene,
  • mir und mîner vrouwen her in ditze lant:
  • si hât iu boten manegen hin ze Rîne gesant.‘
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚des hân ich vil vernomen. 1749
  • wær ich durch mîne hêrren zen Hiunen niht enkomen,
  • sô wær ich iu zen êren geriten in daß lant.‘
  • dô nam der wirt edele die lieben geste bî der hant.
  • Er brâhte si zem sedele, dâ er ê selbe saß. 1750
  • dô schancte man den gesten, mit vlîße tet man daß,
  • in wîten goldes schâlen met, môraß unde wîn
  • und bat die ellenden grôße willekomen sîn.
  • Dô sprach der künic Etzele: ‚daß wil ich iu verjehen, 1751
  • mir enkunde in dirre werlde lieber niht geschehen
  • danne an iu helden, daß ir mir sît bekomen.
  • des ist der küneginne vil michel trûren benomen.
  • ‚Mich nimt des immer wunder, waß ich iu habe getân, 1752
  • sô manegen gast vil edele, den ich gewunnen hân,
  • daß ir nie geruohtet komen in mîniu lant.
  • daß ich iuch nu gesehen hân, deist mir ze vreuden gewant.‘
  • Des antwurte Rüedegêr, ein rîter hôch gemuot: 1753
  • ‚ir mugt si sehen gerne, ir triuwe diu ist guot,
  • der mîner vrouwen mâge sô schône kunnen phlegen.
  • si bringent iu ze hûse manegen wætlîchen degen.‘
  • An sunewenden âbent die hêrren wâren komen 1754
  • in Etzeln hof des rîchen. vil selten ist vernomen
  • von alsô hôhem gruoße, als er die helde enphie.
  • dar nâch er zuo den tischen mit in vil vrœlîche gie.
  • Ein wirt bî sînen gesten schôner nie gesaß. 1755
  • man gab in volleclîchen trinken unde maß:
  • alles, des si gerten, des was man in bereit.
  • man hete von den helden vil michel wunder geseit.
  • Etzel der rîche het an bou geleit C.
  • sînen vlîß kostenlîche mit grôßer arebeit:
  • palas unde türne, kemenâten âne zal
  • in einer wîten bürge und einen hêrlîchen sal.
  • Den het er heißen bouwen lanc, hôch und wît, C.
  • durch daß sô vil der recken in suohte zaller zît,
  • ân ander sîn gesinde zwelf rîche künege hêr
  • und vil der werden degene het er zallen zîten mêr,
  • Denne künic ie gewünne, als ich vernomen hân. C.
  • er lebte in hôher wünne von mâgen unde man.
  • schallen unde dringen het der vürste guot
  • von manegem snellen degene: des stuont im hôhe der muot.
  • Âventiure
  • wie si der schiltwaht phlâgen.
  • Der tac hete nu ende und nâhet in diu naht. 1756
  • die wegemüeden recken ir sorge an vaht,
  • wanne si solden ruowen und an ir bette gân.
  • daß bereite Hagene: eß wart in schiere kunt getân.
  • Gunther sprach ze dem wirte: ‚Got lâße iuch wol geleben; 1757
  • wir wellen varn slâfen: ir sult uns urloup geben.
  • swenne ir daß gebietet, sô kome wir morgen vruo.‘
  • er schiet von sînen gesten harte vrœlîchen duo.
  • Dringen allenthalben die geste man dô sach. 1758
  • Volkêr der küene zuo den Hiunen sprach:
  • ‚wie geturret ir den recken vür die vüeße gân?
  • und welt ir iuchs niht mâßen, sô wirt iu leide getân.
  • ‚Sô slah ich eteslîchem sô swæren gîgen slac, 1759
  • hât er getriuwen iemen, daß erß beweinen mac.
  • wan wîchet ir uns recken? jâ dunket eß mich guot.
  • eß heißent alleß degene und sint gelîche niht gemuot.‘
  • Dô der videlære sô zorneclîchen sprach, 1760
  • Hagene der küene über ahsel sach.
  • er sprach: ‚iu râtet rehte der küene spilman.
  • ir Kriemhilde helde sult ze herberge gân.
  • ‚Des ir dâ habt gedingen, ich wæne, eß ieman tuo. 1761
  • welt ir iht beginnen, sô kumet uns morgen vruo
  • und lât uns wegemüeden hînte haben gemach:
  • jâ wæn eß von helden mit solhem willen ie geschach.‘
  • Dô brâhte man die geste in einen wîten sal, 1762
  • den vunden si berihtet den recken über al
  • mit vil rîchen betten lanc unde breit.
  • in riet diu küneginne diu aller grœßisten leit.
  • Manegen kolter spæhe von Arraß man dâ sach 1763
  • von vil liehten phellen und manec bette dach
  • von Arâbischen sîden, sô si beste kunden sîn;
  • dar ûfe lâgen lîsten, die gaben hêrlîchen schîn.
  • Declachen hermîn vil manegiu man dâ sach 1764
  • und von swarzem zobele, dar under si ir gemach
  • des nahtes schaffen solden unz an den liehten tac.
  • ein künec mit sîme gesinde nie sô hêrlîch gelac.
  • ‚Ouwê der nahtselde,‘ sprach Gîselher daß kint, 1765
  • ‚und ouwê mîner vriunde, die mit uns komen sint.
  • swie eß uns mîn swester sô güetlîch erbôt,
  • ich vürhte, wir müeßen alle von ir schulden ligen tôt.‘
  • ‚Nu lât iuwer sorgen,‘ sprach Hagene der degen. 1766
  • ‚ich wil der schiltwache noch hînte selbe phlegen.
  • ich trouwe iuch wol behüeten, unz uns kumet der tac.
  • des sît gar ân angest: sô genese, swer der mac.‘
  • Dô nigen si im alle und seiten im des danc. 1767
  • si giengen zuo den betten. diu wîle was niht lanc,
  • daß sich geleit hêten die wætlîchen man.
  • Hagene der küene der helt sich wâfen began.
  • Dô sprach der videlære, Volkêr der degen: 1768
  • ‚versmâhetß iu niht, Hagene, sô wold ich mit iu phlegen
  • hînt der schiltwache unz morgen vruo.‘
  • der helt vil minneclîchen dancte Volkêre duo.
  • ‚Nu lône iu Got von himele, vil lieber Volkêr. 1769
  • zallen mînen sorgen sone gerte ich niemen mêr
  • niuwan iuch aleine, swâ ich hete nôt.
  • ich sol eß wol verdienen, mich enwendes der tôt.‘
  • Dô garten si sich bêde in liehteß ir gewant. 1770
  • dô nam ir ietwedere den schilt an sîne hant
  • und giengen ûß dem hûse vür die tür stân.
  • dô phlâgen si der geste: daß was mit triuwen getân.
  • Volkêr der snelle zuo des sales want 1771
  • sînen schilt den guoten leint er von der hant.
  • dô gie er hin widere, sîn gîgen er genam:
  • dô diende er sînen vriunden, als eß dem helde gezam.
  • Under die tür des hûses saß er ûf den stein. 1772
  • küener videlære wart noch nie dehein.
  • dô im der seiten dœnen sô süeßlîch erklanc,
  • die stolzen ellenden die seitens Volkêre danc.
  • Dô klungen sîne seiten, daß al daß hûs erdôß: 1773
  • sîn ellen zuo der vuoge diu wâren beidiu grôß.
  • süeßer unde senfter gîgen er began:
  • do enswebete er an den betten vil manegen sorgenden man.
  • Dô si entslâfen wâren und er daß ervant, 1774
  • dô nam der degen widere den schilt an die hant
  • und gie ûß dem gademe vür die türe stân
  • und huote sîner vriunde vor den Kriemhilde man.
  • Des nahtes wol enmitten, ine weiß, eß ê geschach, 1775
  • Volkêr der vil küene schînen helmen sach
  • verre ûß einer vinster: die Kriemhilde man
  • wolden an den gesten schaden gerne hân getân.
  • Ê Kriemhilt dise recken hete dan gesant, C.
  • si sprach: ‚ob irs sô vindet, durch Got sô sît gemant,
  • daß ir dâ slahet niemen wan den einen man,
  • den ungetriuwen Hagenen; die andern sult ir leben lân.‘
  • Dô sprach der videlære: ‚vriunt, her Hagene, 1776
  • uns zimt disiu sorge ensamt ze tragene.
  • ich sihe gewâfent liute vor dem hûse stên:
  • als ich mich versinne, ich wæne, si wellent uns bestên.‘
  • ‚Nu swîget,‘ sprach dô Hagene, ‚lât si her nâher baß. 1777
  • ê si unser werden innen, sô wirt hie helmevaß
  • verrucket mit den swerten von unser zweier hant:
  • si werdent Kriemhilde hin wider übele gesant.‘
  • Ein der Hiunen recken vil schiere daß gesach, 1778
  • diu tür was behüetet: wie balde er dô sprach:
  • ‚des wir dâ heten willen, jane mag es niht ergân:
  • ich sihe den videlære an der schiltwache stân.
  • ‚Der treit ûf sîme houbte einen helmen glanz, 1779
  • lûter unde herte, starc unde ganz.
  • ouch lohent im die ringe, sam daß viuwer tuot.
  • bî im stêt ouch Hagene: des sint die geste wol behuot.‘
  • Zehant si kêrten widere. dô Volkêr daß ersach, 1780
  • wider sînen gesellen er zorneclîchen sprach:
  • ‚nu lât mich zuo den recken von dem hûse gân:
  • ich wil vrâgen mære der vrouwen Kriemhilde man.‘
  • ‚Nein, durch mîne liebe,‘ sprach dô Hagene, 1781
  • ‚komt ir von dem hûse, die snellen degene
  • bringent iuch mit swerten lîhte in solhe nôt,
  • daß ich iu müese helfen, wærß aller mîner mâge tôt.
  • ‚Sô wir danne beide kœmen in den strît, 1782
  • ir zwêne oder viere in einer kurzen zît
  • sprungen zuo dem hûse und tæten uns diu leit
  • an den slâfenden, diu nimmer wurden verkleit.‘
  • Dô sprach aber Volkêr: ‚sô lât daß geschehen, 1783
  • daß wir si bringen innen, daß wir si hân gesehen;
  • daß des iht mugen lougenen Kriemhilde man,
  • daß si ungetriulîche vil gerne hêten getân.‘
  • Zehant dô rief in Volkêr hin entgegene: 1784
  • ‚wes gêt ir sus gewâfenet, snelle degene?
  • welt ir schâchen rîten, Kriemhilde man?
  • dar sult ir mich ze helfe und mînen hergesellen hân.‘
  • Des antwurte im niemen. zornec was sîn muot: 1785
  • ‚phî, ir zagen bœse,‘ sprach der helt guot,
  • ‚wolt ir slâfende uns ermordert hân?
  • daß ist sô guoten helden noch vil selten her getân.‘
  • Dô wart der küneginne vil rehte daß geseit, 1786
  • daß ir boten niht enwurben: von schulden was ir leit.
  • dô vuogte si eß anders: vil grimme was ir muot.
  • des muosen sît verderben helde küene unde guot.
  • Âventiure
  • wie die hêrren ze kirchen giengen.
  • ‚Mir kuolent sô die ringe,‘ sô sprach Volkêr: 1787
  • ‚jâ wæn diu naht welle uns niht wern mêr.
  • ich kiuseß an dem lufte, eß ist vil schiere tac.‘
  • dô wacten si der manegen, der noch slâfende lac.
  • Dô schein der liehte morgen den gesten in den sal. A.1788
  • Hagne begunde vrâgen die Recken über al,
  • ob si zuo dem münster ze messe wolden gân?
  • nâch siten kristenlîchen man vil liuten began.
  • Si sungen ungelîche, daß dâ vil wol schein, A.1789
  • kristen unde heiden zugen niht enein.
  • dô wolden zuo der kirchen Guntheres man:
  • si wâren von den betten al gelîche gestân.
  • Dô næten sich die recken in alsô guot gewant, 1790
  • daß nie helde mêre in deheines küneges lant
  • ie beßßer kleider brâhten. daß was Hagnen leit:
  • er sprach: ‚jâ sult ir helde hie tragen anderiu kleit.
  • ‚Jâ sint iu doch genuogen diu mære wol bekant. 1791
  • nu traget vür die rôsen diu wâfen an der hant,
  • vür schapel wol gesteinet die liehten helme guot,
  • sît wir wol erkennen der argen Kriemhilde muot.
  • ‚Wir müeßen hiute strîten, daß wil ich iu sagen. 1792
  • ir sult vür sîden hemde halsperge tragen
  • und vür die rîchen mentel guote schilde wît:
  • ob ieman mit iu zürne, daß ir vil werlîchen sît.
  • ‚Mîne vil lieben hêrren, dar zuo mâge unt man, A.1793
  • ir sult vil willeclîchen zuo der kirchen gân
  • und klaget Got dem rîchen sorge und iuwer nôt
  • und wißßet sicherlîchen, daß uns nâhet der tôt.
  • ‚Irn sult ouch niht vergeßßen, swaß ir habt getân, A.1794
  • und sult vil vlîßeclîche dâ gein Gote stân.
  • ir sult sîn gewarnet, recken alsô hêr:
  • eß enwelle Got von himele, ir vernemet messe nimmer mêr.‘
  • Sus giengen zuo dem münster die vürsten und ir man. 1795
  • ûf dem vrônen vrîthove dâ hieß si stille stân
  • Hagene der küene, daß si sich schieden niht.
  • er sprach: ‚jâ weiß noch niemen, waß von den Hiunen geschiht.
  • ‚Leget, mîne vriunde, die schilde vür den vuoß A.1796
  • und geltet, ob iu iemen biete valschen gruoß,
  • mit tiefen verchwunden: daß ist der Hagnen rât,
  • daß ir sô werdet vunden, sam eß iu lobelîchen stât.‘
  • Volkêr unde Hagene die zwêne giengen stân 1797
  • vür daß wîte münster: daß wart durch daß getân,
  • daß si daß wolden vüegen, daß des küneges wîp
  • mit in müese dringen; jâ was vil grimmec ir lîp.
  • Dô kom der wirt des landes und ouch sîn schœne wîp; 1798
  • mit rîchem gewande gezieret was ir lîp
  • und der vil snellen recken, die man sach mit ir varn.
  • dô kôs man hôhe stouben von der küneginne scharn.
  • Dô der künic rîche alsus gewâfent sach 1799
  • die künege und ir gesinde, wie balde er dô sprach:
  • ‚wie sihe ich vriunde mîne under helmen gân?
  • mir ist leit ûf mîne triuwe, und hât in iemen iht getân.
  • ‚Ich solß in gerne büeßen, swie si dunket guot. 1800
  • hât iemen in beswæret daß herze und ouch den muot,
  • des bringe ich si wol innen, daß eß mir ist vil leit:
  • swaß si mir gebietent, des bin ich alles in bereit.‘
  • Des antwurte Hagene: ‚uns hât niemen niht getân. 1801
  • eß ist site mîner hêrren, daß si gewâfent gân
  • zallen hôhgezîten ze vollen drin tagen.
  • waß man uns hie tæte, wir soldenß Etzelen klagen.‘
  • Vil wol gehôrte Kriemhilt, waß Hagne gesprach. 1802
  • wie rehte vîentlîche si im under dougen sach!
  • sine wolde doch niht melden den site von ir lant,
  • swie lange si den hête ze den Burgunden erkant.
  • Swie grimme und swie starke si in vîent wære, 1803
  • het iemen geseit Etzelen diu rehten mære,
  • er het wol understanden, daß doch sît geschach:
  • durch ir vil starken übermuot ir deheiner ims verjach.
  • Dô gie diu küneginne mit grôßer menege dan. 1804
  • done wolden dise zwêne iedoch niht hôher stân
  • zweier hande breite: daß was den Hiunen leit.
  • jâ muose si sich dringen mit den helden vil gemeit.
  • Etzeln kamerære die endûhte daß niht guot: 1805
  • jâ heten si den recken erzürnet dô den muot,
  • wan daß si entorsten vor dem künege hêr.
  • dâ was vil michel dringen und doch niht anderes mêr.
  • Dô man dô Gote gediende und daß si wolden dan, 1806
  • vil balde kom ze rossen manec Hiunen man.
  • dô was bî Kriemhilde vil manec schœniu meit;
  • wol siben tûsent degene bî der küneginne reit.
  • Kriemhilt mit ir vrouwen in diu venster gesaß 1807
  • zuo Etzeln dem rîchen: liep was im daß.
  • si wolden schouwen rîten helde vil gemeit.
  • hei, waß vremder recken vor in ûf dem hove reit!
  • Dô was ouch der marschalc mit den rossen komen: A.1808
  • Dancwart der vil küene hete ze im genomen
  • sîns hêrren ingesinde von Burgunden lant.
  • diu ros man wol gesatelet den küenen Niblungen vant.
  • Dô ze rosse kômen die künege und ir man, 1809
  • Volkêr der küene râten daß began,
  • si solden buhurdieren nâch ir landes siten.
  • des wart von den helden sît vil hêrlîch geriten.
  • Der helt het in gerâten, des si doch niht verdrôß; 1810
  • der buhurt unt daß schallen wurden beide grôß.
  • ûf den hof vil wîten kom vil manec man.
  • Etzel unde Kriemhilt daß selbe schouwen began.
  • Ûf den buhurt kômen sehs hundert degene, 1811
  • Dietrîches recken, den gesten zegegene.
  • si wolden kurzwîle mit den Burgunden hân:
  • het er ins gegunnen, si hetenß gerne getân.
  • Hei, waß guoter recken in dâ nâch reit! 1812
  • dem hêrren Dietrîche wart daß geseit.
  • mit Guntheres mannen daß spil er in verbôt.
  • er vorhte sîner manne: des gie im sicherlîchen nôt.
  • Dô die von Berne gescheiden wâren dan, 1813
  • dô kômen von Bechlâren Rüedegêres man
  • fünf hundert under schilden vür den sal geriten.
  • liep wære dem marcgrâven, daß siß hêten vermiten.
  • Er kom zuo zin vil balde gedrungen durch die schar 1814
  • und seite sînen mannen, si wæren des gewar,
  • daß in unmuote wæren Guntheres man:
  • ob si den buhurt ließen, eß wær im liebe getân.
  • Dô von in geschieden die helde vil gemeit, 1815
  • dô kômen die von Dürengen, als uns daß ist geseit,
  • und der von Tenemarken wol tûsent küener man.
  • von stichen sach man vliegen vil der trunzûne dan.
  • Irnvrit unde Hâwart in den buhurt riten; A.1816
  • ir heten die von Rîne vil stolzlîch erbiten.
  • si buten manege tjoste den von Dürengen lant:
  • des wart von stichen dürkel manec hêrlîcher rant.
  • Dô kom der hêrre Blœdelîn mit drin tûsent dar. 1817
  • Etzel unde Kriemhilt nâmen sîn wol war,
  • wan vor in beiden diu rîterschaft geschach.
  • diu künegin eß gerne durch leit der Burgunde sach.
  • Si gedâht in ir muote, als eß was nâch geschehen: C.
  • ‚geschæhe iemen leide, sô möhte ich mich versehen,
  • daß eß erhaben würde: an den vînden mîn
  • wurde ich wol errochen, des wolde ich gar ân angest sîn.‘
  • Schrûtân unde Gibeke ûf den buhurt riten, 1818
  • Râmunc und Hornboge, nâch Hiunischen siten.
  • si hielten gein den helden von Burgunden lant.
  • die schefte dræten hôhe über des küneges sales want.
  • Swes dâ iemen phlæge, sô was eß niuwan schal. B.
  • man hôrte von schilde stœßen palas unde sal
  • harte lût erdießen von Guntheres man.
  • den lop daß sîn gesinde mit grôßen êren gewan.
  • Dô was ir kurzwîle sô michel unde grôß, 1819
  • daß durch die covertiure der blanke sweiß dô vlôß
  • von den guoten rossen, diu die helde riten.
  • si versuochtenß an den Hiunen mit vil hôhverten siten.
  • Dô sprach der küene Volkêr, ein edel spilman: 1820
  • ‚ich wæne, uns dise recken türren niht bestân.
  • ich hôrte ie sagen mære, si wæren uns gehaß:
  • nu enkunde eß sich gevüegen zwâre niender in baß.‘
  • ‚Zen herbergen vüeren,‘ sprach der künic hêr, 1821
  • ‚sol man uns die mœre und rîten danne mêr
  • hin gein âbende, sô es wirdet zît.
  • waß, ob diu küneginne den lop den Burgunden gît?‘
  • Dô sâhens einen rîten sô weigerlîchen hie, 1822
  • daß eß al der Hiunen getet neheiner nie.
  • jâ moht er in den venstern wol haben herzen trût:
  • er vuor sô wol gekleidet sam eins vil werden rîters brût.
  • Dô sprach aber Volkêr: ‚wie möht ich daß verlân? 1823
  • jener trût der vrouwen muoß ein gepiuße hân.
  • eß kan nieman gescheiden, eß gât im an den lîp:
  • ja enruoch ich, ob eß zürnet des künic Etzelen wîp.‘
  • ‚Nein, durch mîne liebe,‘ sprach der künic sân. A.1824
  • ‚eß wîßent uns die liute, ob wir si bestân.
  • lât eß heben die Hiunen: daß vüeget sich noch baß.‘
  • dannoch der künic Etzel bî der küneginne saß.
  • ‚Ich wil den buhurt mêren,‘ sprach dô Hagene. A.1825
  • ‚lât die vrouwen schouwen und die degene,
  • wie wir künnen rîten: daß ist guot getân;
  • man gît doch lop deheinen des künic Guntheres man.‘
  • Volkêr der vil snelle den buhurt wider reit. 1826
  • daß wart sît maneger vrouwen grœßlîchen leit.
  • er stach dem rîchen Hiunen daß sper durch den lîp:
  • daß sach man sît beweinen beide meit unde wîp.
  • Dô rukte hurteclîche Hagne nâch im dan: A.1827
  • mit sehzec sîner degene rîten er began
  • nâch dem videlære, dâ daß spil geschach.
  • Etzel unde Kriemhilt eß bescheidenlîchen sach.
  • Done wolden die drî künege den küenen spilman A.1828
  • bî den vîenden niht âne huote lân.
  • dâ wart von tûsent helden vil kunstlîch geriten.
  • si tâten, daß si wolden in vil hôhverten siten.
  • Dô der rîche Hiune ze tôde was erslagen, 1829
  • man hôrte sîne mâge rüefen unde klagen.
  • dô vrâgte al daß gesinde: ‚wer hât eß getân?‘
  • ‚daß hât der videlære, Volkêr der küene spilman.‘
  • Nâch swerten unde schilden riefen dâ zehant A.1830
  • des marcgrâven mâge von der Hiunen lant:
  • si wolden Volkêren ze tôde erslagen hân.
  • der wirt ûß eime venster vil harte gâhen began.
  • Dô huop sich von den Hiunen allenthalben schal. 1831
  • die künege und ir gesinde erbeißten vür den sal.
  • diu ros ze rucke stießen die Burgunden man.
  • dô kom künic Etzel: der hêrre eß scheiden began.
  • Ein des Hiunen mâge, den er bî im vant, A.1832
  • ein vil scharfeß wâfen brach erm ûß der hant:
  • dô sluog ers alle widere, wan im was vil zorn.
  • ‚wie hete ich mînen dienest an disen helden verlorn!
  • ‚Ob ir nu disen spileman hêt dar umbe erslagen, 1833
  • ich hieß iuch alle hâhen, daß wil ich iu sagen.
  • ich sach vil wol sîn rîten, dô er den Hiunen stach,
  • daß eß âne sînen willen von eime strûche geschach.
  • ‚Ir müeßet mîne geste vride lâßen hân.‘ A.1834
  • dô wart er ir geleite. diu ros zôch man dan
  • zuo den herbergen. si heten manegen kneht,
  • die in mit vlîße wâren ze allem dienste gereht.
  • Der wirt mit sînen vriunden in den palas gie: 1835
  • zorn er mêr deheinen dâ niht werden lie.
  • dô rihte man die tische, daß waßßer man in truoc.
  • dô heten die von Rîne der starken vînde genuoc.
  • Swie leit eß Etzeln wære, gewâfent manege schar C.
  • sach man nâch vürsten dringen und wol ze vlîße gar,
  • dâ si zen tischen giengen, durch der geste haß.
  • ir mâc si wolden rechen, ob sich gevüegen kunde daß.
  • ‚Sît ir gewâfent gerner eßßet danne blôß,‘ C.
  • sprach der wirt des landes, ‚diu unzuht ist ze grôß;
  • swer aber mînen gesten hie tuot deheiniu leit,
  • eß gêt im an sîn houbet: daß sî iu Hiunen geseit.‘
  • Ê die hêrren gesæßen, des wart harte lanc. 1836
  • diu Kriemhilde sorge si ze sêre twanc.
  • (si sprach:) ‚vürste von Berne, ich suoche dînen rât,
  • helfe und genâde: mîn dinc mir angestlîche stât.‘
  • Des antwurte ir Hildebrant, ein recke lobelîch: 1837
  • ‚swer sleht die Nibelunge, der tuot eß âne mich,
  • durch deheines schatzes liebe; eß mac im werden leit.
  • si sint noch unbetwungen die snellen rîter gemeit.‘
  • ‚Ich wolt et niuwan Hagenen, der mir hât leit getân, C.
  • er morte Sîvriden, den mînen lieben man.
  • der in ûß den andern schiede, dem wær mîn golt bereit.
  • engult es anders iemen, daß wær mir inneclîchen leit.‘
  • Dô sprach aber Hildebrant: ‚wie kunde daß geschehen, C.
  • daß man in bî in slüege? ich ließe iuch daß gesehen:
  • ob man den helt bestüende, sich hüebe lîhte ein nôt,
  • daß arme unde rîche dar umbe müesen ligen tôt.‘
  • Dô sprach in sînen zühten dar zuo hêr Dietrîch: 1838
  • ‚die rede lât belîben, küneginne rîch;
  • mir habent iuwer mâge der leide niht getân,
  • daß ich die degne küene mit strîte welle bestân.
  • ‚Diu bete iuch lützel êret, vil edel vürsten wîp, 1839
  • daß ir iuwern mâgen râtet an den lîp.
  • si kômen ûf genâde her in ditze lant;
  • Sîvrit ist unerrochen vone Dietrîches hant.‘
  • Dô si der untriuwe an dem Berner niene vant, 1840
  • dô lobete si alsô balde in Blœdelînes hant
  • eine wîte marke, die Nuodunc ê besaß;
  • sît dô sluog in Dancwart, daß er der gâbe gar vergaß.
  • Si sprach: ‚du solt mir helfen, hêrre Blœdelîn. 1841
  • jâ sint in disem hûse die vîende mîn,
  • die Sîvriden sluogen, den mînen lieben man:
  • swer mir daß hilfet rechen, dem bin ich immer undertân.‘
  • Des antwurte ir Blœdel, dâ er bî ir saß: 1842
  • ‚jane getar ich dînen mâgen gerâten keinen haß,
  • wan si mîn bruoder bî im gerne siht:
  • ob ich si bestüende, der künec vertrüege mir sîn niht.‘
  • ‚Neinâ, hêrre Blœdel, ich bin dir immer holt: 1843
  • jâ gib ich dir ze miete silber unde golt
  • und eine schœne vrouwen, daß Nuodunges wîp:
  • sô maht du gerne triuten ir vil minneclîchen lîp.
  • ‚Daß lant zuo den bürgen wil ich dir alleß geben, 1844
  • sô mahtu, rîter edele, mit vreuden immer leben,
  • gewinnestu die marke, dâ Nuodunc inne saß.
  • swaß ich dir lobe hiute, mit triuwen leiste ich dir daß.‘
  • Dô der hêrre Blœdel die miete vernam, 1845
  • und daß im durch ir schœne diu vrouwe wol gezam,
  • mit strîte wânde er dienen daß minneclîche wîp.
  • dar umbe muose der recke dô verliesen den lîp.
  • Er sprach zer küneginne: ‚gêt wider in den sal. A.1846
  • ê es iemen werde inne, sô heb ich einen schal.
  • eß muoß erarnen Hagene, daß er iu hât getân:
  • ich antwurte iu gebunden des künic Guntheres man.‘
  • ‚Nu wâfent iuch,‘ sprach Blœdel, ‚alle, die ich hân. 1847
  • wir suln den vîenden in die herberge gân.
  • des wil mich niht erlâßen daß Etzelen wîp:
  • dar umbe suln wir helde alle wâgen den lîp.‘
  • Dô diu küneginne Blœdelînen lie 1848
  • in des strîtes willen, ze tische si dô gie
  • mit Etzeln dem künege und ouch mit sînen man.
  • si hete swinde ræte an die geste getân.
  • Wie si ze tische giengen, daß wil ich iu sagen: C.
  • man sach dâ künege rîche krône vor ir tragen.
  • vil manegen hôhen vürsten und manegen werden degen
  • die sach man grôßer zühte vor der küneginne phlegen.
  • Der künic schuof den gesten den sedel überal, C.
  • den hôhsten und den besten zuozim in den sal.
  • den kristen und den heiden ir spîse er underschiet;
  • man gap genuoc in beiden, als eß der wîse künec beriet.
  • Ir ander ingesinde zen herbergen âßen: C.
  • den wâren truhsæßen ze dieneste lâßen,
  • die muosen ir spîse wol ze vlîße phlegen.
  • ir wirtschaft und ir vreude wart sît mit jâmer widerwegen.
  • Dô der strît niht anders kunde sîn erhaben, 1849
  • Kriemhilt leit daß alte in ir herzen was begraben,
  • dô hieß sie tragen ze tische den Etzelen sun.
  • wie kund ein wîp durch râche immer vreislîcher tuon?
  • Dô giengen an der stunde vier Etzelen man: 1850
  • si truogen Ortlieben, den jungen künic, dan
  • zuo der vürsten tische, dâ ouch Hagene saß.
  • des muoseß kint ersterben durch sînen mortlîchen haß.
  • Dô der künic rîche sînen sun ersach, 1851
  • zuo sînen konemâgen er güetlîchen sprach:
  • ‚nu sehet, vriunde mîne, daß ist mîn einec sun
  • und ouch iurer swester: daß mac iu allen wesen vrun.
  • ‚Gevâht er nâch dem künne, er wirt ein küene man, 1852
  • rîch und vil edele, starc und wol getân.
  • lebe ich deheine wîle, ich gib im zwelf lant:
  • sô mag iu wol gedienen des jungen Ortliebes hant.
  • ‚Dar umbe bite ich gerne iuch, lieben vriunde mîn, 1853
  • swenne ir ze lande widere rîtet an den Rîn,
  • sô sult ir mit iu vüeren iuwer swester sun
  • und sult ouch an dem kinde vil genædeclîchen tuon.
  • ‚Und ziehet in zen êren, unz er werde man: 1854
  • hât iu in den landen iemen iht getân,
  • daß hilfet er iu rechen, gewahset im sîn lîp.‘
  • die rede hôrte ouch Kriemhilt, des künic Etzelen wîp.
  • ‚Im solden wol getrouwen dise degene, 1855
  • gewüehse er ze manne,‘ sô sprach Hagene:
  • ‚doch ist der künic junge sô veiclîch getân:
  • man sol mich sehen selten ze hove nâch Ortliebe gân.‘
  • Der künec an Hagnen blicte: diu rede was im leit. 1856
  • swie niht dar umbe redete der vürste gemeit,
  • eß truobte im daß herze und swârte im den muot.
  • dô was Hagenen wille niht ze kurzwîle guot.
  • Eß tet den vürsten allen mit dem künege wê, 1857
  • daß Hagne von dem kinde hete gesprochen ê.
  • daß siß vertragen solden, daß was in ungemach;
  • sin wessen niht der mære, waß von dem recken sît geschach.
  • Genuoge, die eß hôrten und im doch wâren gram, C.
  • in hêten gern bestanden; ouch hete der künec alsam,
  • torster von sînen êren, sô wær ers komen in nôt.
  • sît tet im Hagene mêre, er sluogn vor sînen ougen tôt.
  • Âventiure
  • wie Blœdel mit Dancwart an der herberge streit.
  • Blœdelînes recken die wâren alle gar. XVIII.1858
  • mit tûsent halspergen huoben si sich dar,
  • dâ Dancwart mit den knehten ob den tischen saß.
  • dâ huop sich under helden der aller grœßiste haß.
  • Alsô der hêrre Blœdel vür die tische gie, 1859
  • Dancwart der marschalc in vlîßeclîch enphie.
  • ‚willekomen her ze hûse, mîn hêr Blœdelîn:
  • jâ wundert mich der mære: waß sol disiu rede sîn?‘
  • ‚Jane darftu mich niht grüeßen,‘ sô sprach Blœdelîn, 1860
  • ‚wan ditze komen mîneß muoß dîn ende sîn
  • durch Hagenen dînen bruoder, der Sîvriden sluoc.
  • des enkiltestu zen Hiunen und ander degene genuoc.‘
  • ‚Neinâ, hêrre Blœdel,‘ sprach dô Dancwart. 1861
  • ‚sô möht uns balde riuwen disiu hovevart.
  • ich was ein wênic kindel, dô Sîvrit vlôs den lîp:
  • ine weiß niht, waß mir wîßet des künic Etzelen wîp.‘
  • ‚Ja enweiß ich dir der mære niht mê ze sagene; 1862
  • eß tâten dîne mâge Gunther und Hagene.
  • nu wert iuch vil ellenden: ir kunnet niht genesen,
  • ir müeßet mit dem tôde phant daß Kriemhilde wesen.‘
  • ‚So enwelt ir niht erwinden?‘ sprach dô Dancwart. 1863
  • ‚sô riuwet mich mîn vlêgen, daß wære baß gespart!‘
  • der snelle degen küene von dem tische spranc,
  • er zôch ein scharpheß wâfen, daß was michel unde lanc.
  • Dô sluoc er Blœdelîne einen swinden swertes slac, 1864
  • daß im daß houbt mit helme vor den vüeßen lac.
  • ‚daß sî dîn morgengâbe,‘ sprach Dancwart der degen,
  • ‚zuo Nuodunges briute, die du mit minne woldest phlegen.
  • ‚Man mac si morgen mehelen einem andern man: 1865
  • wil er die brûtmiete, dem wirt alsam getân.‘
  • ein vil getriuwer Hiune hete im daß geseit,
  • daß in diu küneginne riet sô grœßlîchiu leit.
  • Dô sâhen Blœdelînes man, ir hêrre lac erslagen; 1866
  • done wolden si den gesten niht langer daß vertragen.
  • mit ûferbürten swerten si sprungen vür diu kint
  • in grimmem muote: daß gerou vil manegen sint.
  • Lûte rief dô Dancwart al die knappen an: 1867
  • ‚ir seht wol, edel knehte, wie eß umb uns wil gân.
  • nu wert iuch ellenden, als iuch des twinget nôt,
  • daß ir vrumeclîche âne schanden liget tôt.‘
  • Die niht swert enhêten, die reihten vür die banc: 1868
  • si huoben von den vüeßen vil manegen schamel lanc.
  • der Burgunden knehte wolden niht vertragen:
  • dâ wart von swæren stüelen durch helme biulen vil geslagen.
  • Wie grimme sich dô werten diu ellenden kint! 1869
  • si triben ûß dem hûse die gewâfenden sint:
  • doch beleip ir tôt dar inne fünf hundert oder baß.
  • dô was daß ingesinde von bluote rôt unde naß.
  • Disiu starken mære wurden dan geseit 1870
  • Etzelen recken: eß was in grimme leit,
  • daß erslagen wære Blœdel und sîne man;
  • daß hete Hagenen bruoder mit den knehten getân.
  • Ê eß der künec ervünde, die Hiunen durch ir haß, 1871
  • der garten sich zwei tûsent oder dannoch baß.
  • si giengen zuo den knehten, daß muos et alsô wesen,
  • und ließen des gesindes ninder einen genesen.
  • Die ungetriuwen brâhten vürß hûs ein michel her. 1872
  • die ellenden knehte stuonden wol ze wer.
  • waß half ir baldeß ellen? si muosen ligen tôt;
  • dar nâch in kurzen stunden sich huop ein vreislîcher nôt.
  • Hie mugt ir hœren wunder bî ungevüege sagen: 1873
  • niun tûsent knehte die lâgen tôt erslagen,
  • dar über rîter zwelfe der Dancwartes man.
  • man sach in alterseine noch bî den vîenden stân.
  • Der schal was geswiftet, der dôß was gelegen. 1874
  • dô blicte über ahsel Dancwart der degen:
  • er sprach: ‚ouwê der vriunde, die ich verloren hân.
  • nu muoß ich leider eine bî mînen vîenden stân.‘
  • Diu swert genôte vielen ûf sîn eines lîp: 1875
  • daß muose sît beweinen vil maneges heldes wîp.
  • den schilt den ructe er hôher, den veßßel nider baß:
  • dô vrumte er vil der ringe von bluote vließende naß.
  • ‚Sô wê mir dirre leide,‘ sprach Aldrîânes kint. 1876
  • ‚nu wîchet, Hiunen recken, ir lât mich an den wint,
  • daß der luft erküele mich sturmmüeden man.‘
  • do begunder ân ir willen in strîte gegen der türe gân.
  • Alsô der strîtemüede ûß dem hûse spranc, 1877
  • waß iteniuwer swerte ûf sîme helme erklanc!
  • die niht gesehen hêten, waß wunders tet sîn hant,
  • die sprungen hin enkegene dem von Burgunden lant.
  • ‚Nu wolde Got,‘ sprach Dancwart, ‚möht ich den boten hân, 1878
  • der mînen bruoder Hagenen kunde wißßen lân,
  • daß ich vor disen recken stên in sölher nôt!
  • er hulfe mir von hinnen oder er gelæge bî mir tôt.‘
  • Dô sprâchen Hiunen recken: ‚der bote muostu sîn, 1879
  • sô wir dich tragen tôten vür den bruoder dîn.
  • sô sihet im êrste leide der Guntheres man.
  • du hâst dem künege Etzel sô grôßen schaden hie getân.‘
  • Er sprach: ‚nu lât daß dröuwen und wîchet hôher baß: 1880
  • ja getuon ich eteslîchem noch die ringe naß.
  • ich wil diu mære selbe hin ze hove tragen
  • und wil ouch mînen hêrren mînen grôßen kumber klagen.‘
  • Er leidete sich sô sêre den Etzelen man, 1881
  • daß si in mit den swerten torsten niht bestân:
  • dô schußßen si der gêre sô vil in sînen rant,
  • daß er in durch die swære muose lâßen von der hant.
  • Dô wândens in betwingen, dô er niht schildes truoc. 1882
  • hei, waß er tiefer wunden durch die helme sluoc!
  • des muose vor im strûchen manec küener man,
  • dar umbe lop vil grôßen der küene Dancwart gewan.
  • Ze beiden sînen sîten sprungen si im zuo. 1883
  • jâ kom ir eteslîcher in den strît ze vruo.
  • dô gie er vor den vînden, alsam ein eberswîn
  • ze walde tuot vor hunden: wie möht er küener gesîn?
  • Sîn vart diu wart erniuwet von heißem bluote naß. 1884
  • wie kund ein einec recke gestrîten immer baß
  • mit sînen vîenden, danne er het getân?
  • man sach Hagenen bruoder ze hove hêrlîchen gân.
  • Truhsæßen unde schenken die hôrten swerte klanc: 1885
  • vil maneger dô daß trinken von der hende swanc
  • und etelîche spîse, die man ze hove truoc.
  • dô kom im vor der stiegen der starken vînde genuoc.
  • ‚Wie nu, ir truhsæßen?‘ sprach der müede degen, 1886
  • ‚jâ soldet ir der geste vil güetlîchen phlegen
  • und soldet den hêrren guote spîse tragen
  • und ließet mich diu mære mînen lieben hêrren sagen.‘
  • Swelher durch sîn ellen im vür die stiegen spranc, 1887
  • der sluog er etelîchem sô swæren swertes swanc,
  • daß si durch die vorhte ûf hôher muosen stân.
  • eß het sîn starkeß ellen vil michel wunder getân.
  • Âventiure
  • wie Dancwart diu mære ze hove sînen hêrren brâhte.
  • Alsô der küene Dancwart under die tür getrat, 1888
  • daß Etzeln gesinde er hôher wîchen bat.
  • mit bluote was berunnen alleß sîn gewant;
  • ein vil scharfeß wâfen truog er blôß an sîner hant.
  • Eß was reht in der wîle, do er kom vür die tür, C.
  • daß man Ortlieben truoc wider unde vür
  • von tische zuo tischen den vürsten wol geborn:
  • von disen starken mæren wart daß kindelîn verlorn.
  • Vil lûte rief dô Dancwart einem degene: 1889
  • ‚ir sitzet alze lange, bruoder Hagene.
  • iu und Got von himele klage ich unser nôt:
  • rîter unde knehte sint an den herbergen tôt.‘
  • Er rief im hin enkegene: ‚wer hât daß getân?‘ 1890
  • ‚daß hât der hêrre Blœdel unde sîne man.
  • ouch hât ers sêre enkolten, daß wil ich iu sagen:
  • ich hân mit mînen handen im sîn houbet ab geslagen.‘
  • ‚Daß ist ein schade kleine,‘ sprach dô Hagene, 1891
  • ‚swâ man solhiu mære saget von degene,
  • ob er von recken henden verliuset sînen lîp:
  • in suln deste ringer klagen wætlîchiu wîp.
  • ‚Nu saget mir, lieber bruoder, wie sît ir sô rôt? A.1892
  • ich wæne, ir von wunden lîdet grôße nôt.
  • ist er inder inme lande, der eß iu hât getân,
  • in erner der übel tiuvel, eß muoß im an sîn leben gân.‘
  • ‚Ir sehet mich wol gesunden: mîn wât ist bluotes naß. A.1893
  • von ander manne wunden ist mir geschehen daß,
  • der ich alsô manegen hiute hân erslagen,
  • ob ich des swern solde, ine kundeß nimmer gesagen.‘
  • Er sprach: ‚bruoder Dancwart, sô hüetet uns der tür, 1894
  • lât der Hiunen einen komen niht dervür.
  • ich wil reden mit den recken, als uns des twinget nôt:
  • unser ingesinde lît von in unverdienet tôt.‘
  • ‚Sol ich sîn kamerære,‘ sprach der küene man, 1895
  • ‚alsô rîchen künegen ich wol gedienen kan:
  • sô phlige ich der stiegen nâch den êren mîn.‘
  • den Kriemhilde degenen kunde leider niht gesîn.
  • ‚Mich nimt des michel wunder,‘ sprach aber Hagene, 1896
  • ‚waß nu hie inne rûnen die Hiunen degene.
  • si wæn des lîhte enbæren, der an der tür dâ stât
  • und diu hovemære geseit den Burgunden hât.
  • ‚Ich hân vernomen lange von Kriemhilde sagen, 1897
  • daß si ir herzeleide wolde niht vertragen.
  • nu trinken wir die minne und gelten sküneges wîn:
  • der junge voit der Hiunen der muoß der aller êrste sîn.‘
  • Dô sluoc daß kint Ortlieben Hagne der helt guot, 1898
  • daß im gein der hende anme swerte vlôß das bluot
  • und der küneginne eß houbet sprang in die schôß.
  • dô huop sich under degenen ein mort vil grimme unde grôß.
  • Er sluog deme meizogen einen swinden swertes slac 1899
  • mit beiden sînen henden, der des kindes phlac,
  • daß im daß houbet schiere vor tische nider lac.
  • eß was ein jæmerlîcheß lôn, daß er dem meizogen wac.
  • Er sach vor Etzeln tische einen spilman: 1900
  • Hagne in sîme zorne gâhen dar began.
  • er sluoc im ûf der gîgen abe die zeswen hant:
  • ‚daß habe dir der botschefte in der Burgunden lant.‘
  • ‚Sô wê mir mîner hende,‘ sprach Werbel sân. 1901
  • ‚hêr Hagene von Troneje, waß hân ich iu getân?
  • ich kom ûf grôße triuwe in iuwer hêrren lant.
  • wie klenk ich nu die dœne, sît ich verlorn hân die hant?‘
  • Hagne ahte ringe, gevidelter nimmer mêr. A.1902
  • dô vrumt er inme hûse diu verchgrimmen sêr
  • an den Etzeln recken, der er sô vil ersluoc.
  • dô brâhte er in dem gademe ze tôde recken genuoc.
  • Volkêr der vil snelle von dem tische spranc: 1903
  • ein videlboge im lûte an sîner hant erklanc.
  • dô videlte ungevuoge Gunthers spilman.
  • hei, waß er im ze vînde der küenen Hiunen gewan!
  • Ouch sprungen von den tischen die drîe künege hêr. 1904
  • si woldenß gerne scheiden, ê schade geschæhe mêr.
  • sine mohtenß mit ir sinnen dô niht understân,
  • dô Volkêr unde Hagene sô sêre wüeten began.
  • Dô sach der voit von Rîne ungescheiden den strît: 1905
  • dô sluoc der vürste selbe manege wunden wît
  • durch die liehten ringe den vîenden sîn.
  • eß was ein helt zen handen, daß wart dâ grœßlîche schîn.
  • Dô kom ouch zuo dem strîte der starke Gêrnôt: 1906
  • jâ vrumte er der Hiunen vil manegen helt tôt
  • mit eime scharfen swerte, daß im gap Rüedegêr.
  • den Etzelen recken tet er diu gremlîchen sêr.
  • Der junge sun vroun Uoten zuo dem strîte spranc: 1907
  • sîn wâfen hêrlîchen durch die helme ranc
  • den Etzelen recken ûßer Hiunen lant;
  • dâ tet vil michel wunder des küenen Gîselheres hant.
  • Swie vrum si alle wâren, die künege und ouch ir man, 1908
  • doch sach man vor in allen Volkêren stân
  • gein den vîenden; eß was ein helt guot:
  • er vrumte mit wunden manegen vallen in daß bluot.
  • Ouch werten sich vil sêre die Etzelen man. 1909
  • dô sach man die geste houwende gân
  • mit den vil liehten swerten durch des küneges sal.
  • man hôrte allenthalben von wuofe grœßlîchen schal.
  • Dô wolden die dar ûße zir vriunden sîn dar in: 1910
  • die nâmen an den türen vil kleinen gewin.
  • dô wæren die dar inne vil gerne vür den sal:
  • Dancwart ließ ir deheinen die stiegen ûf noch ze tal.
  • Des huop sich vor den türen vil starker gedranc 1911
  • und ouch von den swerten grôßer helmklanc.
  • des kom der küene Dancwart in eine grôße nôt:
  • daß besorgete sîn bruoder, als im sîn triuwe gebôt.
  • Vil lûte rief dô Hagene Volkêren an: 1912
  • ‚seht ir dort, geselle, mînen bruoder stân
  • vor Hiunischen recken under starken slegen?
  • vriunt, nert mir den bruoder: wir verliesen den degen.‘
  • ‚Daß tuon ich sicherlîchen,‘ sprach der spilman. 1913
  • er begunde videlunde durch den palas gân:
  • ein herteß swert im ofte an sîner hant erklanc.
  • die recken von Rîne im seiten grœßlîchen danc.
  • Volkêr der küene zuo Dancwarte sprach: 1914
  • ‚ir habt erliten hiute vil grôßen ungemach.
  • mich bat iuwer bruoder durch helfe zuo iu gân.
  • welt ir nu sîn dar ûße, sô wil ich innerthalben stân.‘
  • Dancwart der snelle stuont ûßerhalb der tür: 1915
  • dô werte er in ir stiegen, swaß ir kom der vür.
  • des hôrt man wâfen hellen den helden an der hant.
  • sam tet ouch innerthalben Volkêr von Burgunden lant.
  • Der küene videlære rief über menege: 1916
  • ‚daß hûs ist wol besloßßen, vriunt her Hagene,
  • jâ ist alsô verschrenket diu Etzelen tür
  • von zweier helde handen: dâ gênt wol tûsent rigel vür.‘
  • Dô von Troneje Hagene die tür sach sô behuot, A.1917
  • den schilt warf dô ze rucke der mære helt guot:
  • dô êrst begund er rechen sîner vriunde leit.
  • sîns zornes muose engelten vil manec rîter gemeit.
  • Dô der voit von Berne daß wunder rehte ersach, A.1918
  • daß Hagene der starke sô manegen helm brach,
  • der künec von Amelunge spranc ûf eine banc.
  • er sprach: ‚hie schenket Hagene daß aller wirseste tranc.‘
  • Der wirt het grôße sorge, sîn wîp diu het alsam: A.1919
  • waß man im lieber vriunde vor sînen ougen nam!
  • wan er vor sînen vînden vil kûme dâ genas.
  • er saß vil angestlîche: waß half im, daß er künic was?
  • Kriemhilt diu rîche rief Dietrîchen an: A.1920
  • ‚hilf mir, rîter edele, mit dem lîbe dan,
  • durch aller vürsten tugende ûß Amelunge lant:
  • wan erreicht mich Hagene, ich hân den tôt an der hant.‘
  • ‚Wie sol ich iu gehelfen,‘ sprach hêr Dieterîch, A.1921
  • ‚edel küneginne? nu sorge ich umbe mich.
  • eß sint sô sêr erzürnet Guntheres man,
  • daß ich an disen zîten gevriden nieman enkan.‘
  • ‚Neinâ, hêrre Dietrîch, vil edel rîter guot, A.1922
  • lâßâ hiute schînen dînen tugentlîchen muot,
  • daß du mir helfest hinnen, oder ich belîbe tôt.
  • nu hilf mir und dem künege ûß dirre angeslîcher nôt.‘
  • ‚Daß wil ich versuochen, ob ich iu helfen kan, A.1923
  • wand ich in langen zîten niht gesehen hân
  • sô bitterlîch erzürnet manegen rîter guot.
  • jâ sich ich durch die helme von swerten springen daß bluot.‘
  • Mit kraft begunde rüefen der rîter ûß erkorn, A.1924
  • daß sîn stimme erhlûte sam ein wisntes horn,
  • und daß diu burc vil wîte von sîner kraft erdôß.
  • diu sterke Dietrîches was unmæßlîchen grôß.
  • Dô gehôrte rüefen Gunther disen man A.1925
  • in dem vil herten sturme: hlosen er began.
  • er sprach: ‚Dietrîches stimme ist in mîn ôre komen.
  • ich wæne, im unser degene haben etwen benomen.
  • ‚Ich sich in ûf dem tische winken mit der hant. A.1926
  • vriunt unde mâge von Burgunden lant,
  • habet ûf des strîtes, lât hœren unde sehen,
  • waß hie Dietrîche von uns ze schaden sî geschehen.‘
  • Dô der künic Gunther bat und ouch gebôt, A.1927
  • si habten ûf mit swerten in des strîtes nôt.
  • daß was gewalt vil grôßer, daß dâ niemen sluoc.
  • er vrâgte den von Berne der mære schiere genuoc.
  • Er sprach: ‚vil edel Dietrîch: waß ist iu hie getân A.1928
  • vone mînen vriunden? willen ich des hân,
  • buoße und suone der bin ich iu bereit.
  • swaß iu iemen tæte, daß wær mir inneclîchen leit.‘
  • Dô sprach der hêrre Dietrîch: ‚mir ist niht getân. A.1929
  • lât mich ûß dem hûse mit iurme vride gân
  • von disem herten strîte mit dem gesinde mîn.
  • daß wil ich umbe iuch degene immer dienende sîn.‘
  • ‚Waß vlêhet ir sô sêre?‘ sprach hêr Wolfhart, A.1930
  • ‚jane hât der videlære die tür nie sô verspart,
  • wir entsließen si sô wîte, daß wir dar vür gân.‘
  • ‚nu swîc,‘ sprach hêr Dietrîch, ‚du hast den tievel getân.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚erlouben ich iu wil: A.1931
  • vüert ûß dem hûse wênec oder vil
  • âne mîne vînde: die suln hie bestân.
  • si hânt mir zen Hiunen sô rehte leide getân.‘
  • Dô er daß erhôrte, under arm er beslôß A.1932
  • die edelen küneginne; ir sorge was vil grôß:
  • dô vuorte er anderthalben Etzeln mit im dan.
  • ouch gie mit Dietrîche sechs hundert wætlîcher man.
  • Dô sprach der marcgrâve, der edel Rüedegêr: A.1933
  • ‚sol aber ûß dem hûse iemen komen mêr,
  • die iu doch gerne dienent, daß lât uns vernemen:
  • sô sol vride stæte guoten vriunden gezemen.‘
  • Des antwurte Gîselher sîme sweher zehant: A.1934
  • ‚vride unde suone sî iu von uns bekant,
  • sît ir sît triuwen stæte, ir und iuwer man.
  • ir sult unangestlîchen mit iuren vriunden hinnen gân.‘
  • Dô der hêrre Rüedegêr gerûmte den sal, 1935
  • vünf hundert oder mêre im volgten über al.
  • daß was von den hêrren durch triuwe getân,
  • von den der künic Gunther grôßen schaden sît gewan.
  • Dô sach ein Hiunen recke Etzelen gân A.1936
  • bî Dietrîche nâhen: genoßßen wolde ers hân.
  • dem gap der videlære einen sölhen slac,
  • daß im daß houbet schiere vor Etzeln vüeßen gelac.
  • Dô der wirt des landes kom vür daß hûs gegân, A.1937
  • dô kêrt er sich hin widere und sach Volkêren an.
  • ‚ouwê mir dirre geste: ditz ist ein grimmiu nôt,
  • daß alle mîne recken vor in sulen ligen tôt!‘
  • ‚Ach wê der hôhzîte!‘ sprach der künic hêr. 1938
  • ‚dâ vihtet einer inne, der heißet Volkêr,
  • alsam ein eber wilde und ist ein spilman.
  • ich dankes mîme heile, daß ich dem tievel entran.
  • ‚Sîn leiche lûtent übele, sîn züge sint rôt. A.1939
  • jâ vellent sîne dœne manegen helt tôt.
  • ine weiß niht, waß uns wîße der selbe spilman,
  • wan ich gast nie einen sô rehte leiden gewan.‘
  • Zir herbergen giengen die recken alsô hêr, C.
  • der hêrre von Berne und ouch Rüedegêr.
  • sine wolden mit dem strîte niht ze schaffen hân
  • und gebuten ouch ir degenen, daß sis mit vride solden lân.
  • Und heten si getrouwet alsolher swære, C.
  • daß in diu von in beiden sô künftec wære,
  • sine wæren von dem hûse niht sô sanfte komen,
  • si heten eine stroufe an den vil küenen ê genomen.
  • Si heten, die si wolden, lâßen vür den sal: A.1940
  • dô huob sich innerhalben grœßlîcher schal.
  • die geste sêre râchen, daß in ê geschach.
  • Volkêr der vil küene, hei, waß er helme zebrach!
  • Sich kêrte gein dem schalle Gunther der künic hêr: A.1941
  • ‚hœrt ir die dœne, Hagene, die dort Volkêr
  • videlt mit den Hiunen, swer zuo den türen gât?
  • eß ist ein rôter anstrich, den er zem videlbogen hât.‘
  • ‚Mich riuwet âne mâße,‘ sô sprach Hagene, A.1942
  • ‚daß ich mich hân gescheiden von dem degene.
  • ich was sîn geselle und ouch er der mîn:
  • kome wir immer wider heim, daß sul wir noch mit triuwen sîn.
  • ‚Nu schouwe, künic hêre, Volkêr ist dir holt: A.1943
  • er dient willeclîchen dîn silber und dîn golt!
  • sîn videlboge snîdet durch den herten stâl,
  • er brichet ûß den helmen diu liehte schînenden mâl.
  • ‚In gesach nie videlære sô hêrlîche stân, A.1944
  • alsô der degen Volkêr hiute hât getân.
  • sîne leiche hellent durch helm und durch rant:
  • jâ sol er rîten guotiu ros und tragen hêrlîch gewant.‘
  • Swaß der Hiunen mâge in dem sale was gewesen, A.1945
  • der enwas nu deheiner dar inne mê genesen.
  • des was der schal geswiftet, daß niemen mit in streit:
  • diu swert von handen leiten die küenen recken gemeit.
  • Âventiure
  • wie si die tôten abe wurfen.
  • Die hêrren nâch ir müede gesâßen dô ze tal. A.1946
  • Volkêr unde Hagene die giengen vür den sal.
  • sich leinden über schilde die übermüeten man:
  • dô wart dâ rede spæhe von in beiden vil getân.
  • Dô sprach von Burgunden Gîselher der degen: A.1947
  • ‚jane muget ir, lieben vriunde, noch ruowe niht gephlegen:
  • ir sult die tôten liute ûß dem hûse tragen:
  • wir werden noch bestanden, ich wilß iu wærlîchen sagen.
  • ‚Si suln uns under vüeßen hie niht langer ligen. A.1948
  • ê daß uns die Hiunen mit sturme an gesigen,
  • wir houwen noch die wunden, diu mir vil sanfte tuot.
  • des hân ich,‘ sprach dô Gîselher, ‚einen stætigen muot.‘
  • ‚Sô wol mich solhes hêrren,‘ sprach dô Hagene. 1949
  • ‚der rât enzæme nieman wan eime degene,
  • den uns mîn junger hêrre hiute hât getân.
  • des mugt ihr Burgunden alle vrœlîche stân.‘
  • Dô volgten si dem râte und truogen vür die tür A.1950
  • siben tûsent tôten wurfen si dervür.
  • vor des sâles stiegen vielen si ze tal.
  • dô huop sich von ir mâgen ein vil klagelîcher schal.
  • Eß was ir etlîcher sô mæßlîchen wunt, A.1951
  • der sîn sanfter phlæge, er wurde noch gesunt,
  • der von dem hôhen valle muose ligen tôt.
  • daß klagten al ir vriunde: des gie in wærlîchen nôt.
  • Dô sprach der videlære Volkêr, ein helt gemeit: A.1952
  • ‚nu kiuse ich des die wârheit, als mir ist geseit:
  • die Hiunen sint bœse, si klagent sam diu wîp:
  • si solden wan beruochen der vil sêre wunden lîp.‘
  • Dô wând ein marcgrâve, er reiteß durch guot: A.1953
  • er sach einen sînen mâc gevallen in daß bluot.
  • er beslôß in mit den armen und wolde in tragen dan.
  • den schôß ob im ze tôde der vil küene spilman.
  • Dô die anderen daß sâhen, diu vluht huop sich von dan: A.1954
  • si begunden alle vluochen dem selben spilman.
  • einen gêr er ûf zucte vil scharf unde hart,
  • der von eime Hiunen zuo im dar ûf geschoßßen wart.
  • Den schôß er krefteclîchen durch die burc dan A.1955
  • über daß volk verre. den Etzelen man
  • gab er herberge hôher von dem sal.
  • sîn vil starkeß ellen die liute vorhten über al.
  • Dô stuonden vor dem hûse Etzel und sîne man. A.1956
  • Volkêr unde Hagene reden dô began
  • mit der Hiunen künege allen ir muot.
  • des kômen sît in sorge die helden küene unde guot.
  • ‚Eß zæme,‘ sô sprach Hagene, ‚vil wol volkes trôst, XIX.1957
  • daß die hêrren væhten ze aller vorderôst,
  • alsô der mînen hêrren hie ieslîcher tuot:
  • die houwen durch die helme, daß nâch den swerten vliußet bluot.‘
  • Etzel was der küene, er vaßte sînen schilt. 1958
  • ‚nu vart gewerlîche,‘ sprach vrou Kriemhilt,
  • ‚und bietet ir den recken daß golt über rant.
  • wan erreicht iuch Hagene, ir habt den tôt an der hant.‘
  • Der künic was sô küene, er wolde erwinden niht, 1959
  • daß von sô rîchen vürsten selden nu geschiht.
  • man muos in bî dem veßßel ziehen wider dan.
  • Hagene der grimme in aber hœnen began:
  • ‚Eß was ein nâhiu sippe,‘ sprach Hagene der degen, 1960
  • ‚die Sîvrit unde Etzele ze samne hânt gephlegen:
  • er minnete Kriemhilden, ê si gesæhe dich:
  • künic vil bœse, war umbe râtest ane mich?‘
  • Dise rede hôrte des edelen küneges wîp. 1961
  • des wart in ungemüete Kriemhilde lîp.
  • daß er si torste schelden vor Etzelen man.
  • dar umbe si aber râten an die geste began.
  • Si sprach: ‚der von Troneje Hagenen flüege 1962
  • unde mir sîn houbet her vür mich trüege,
  • dem vult ich rôtes goldes den Etzelen rant;
  • dar zuo gæb ich im ze miete vil guote bürge unde lant.‘
  • ‚Nu enweiß ich, wes si bîtent,‘ sprach der spilman. 1963
  • ‚ine gesach nie helde mê sô zagelîchen stân,
  • dâ man hôrte bieten alsô hôhen solt.
  • jâ ensold in Etzel dar umbe nimmer werden holt.
  • ‚Die hie sô lasterlîchen eßßent des küneges brôt A.1964
  • und im nu geswîchent in der grœßisten nôt,
  • der sihe ich hie manegen vil zagelîchen stân,
  • und wellent doch sîn küene: si müeßens immer schande hân.‘
  • Etzele der vil rîche hete jâmer unde nôt: C.
  • er klagte bitterlîche mâge unde manne tôt.
  • dâ stuont von manegen landen vil recken gemeit:
  • die weinten mit dem künege sîniu kreftegen leit.
  • Des begunde spotten der küene Volkêr: C.
  • ‚ich sihe hie sêre weinen vil manegen recken hêr.
  • si gestênt ir hêrren übele in sîner starken nôt.
  • jâ eßßent si mit schanden nu vil lange hie sîn brôt.‘
  • Do gedâhten in die besten: ‚er hât uns wâr geseit.‘ C.
  • doch enwas eß dâ niemen sô herzenlîche leit
  • als ouch Îringe, dem helde ûß Tenelant,
  • daß man in kurzen zîten mit der wârheit wol bevant.
  • Âventiure
  • wie Îrinc erslagen wart.
  • Dô rief von Tenemarke der marcgrâve Îrinc: 1965
  • ‚ich hân ûf êre lâßen nu lange mîniu dinc
  • und hân in volkes stürmen des besten vil getân:
  • bringet mir mîn gewæfen: jâ wil ich Hagene bestân.‘
  • ‚Daß wil ich widerrâten,‘ sprach dô Hagene. 1966
  • ‚so gewinnent iuwer mâge mêr ze klagene.
  • gespringent iuwer zwêne oder drî in den sal,
  • die send ich ungesunde die stiegen widere ze tal.‘
  • ‚Dar umbe ichß niht enlâße,‘ sprach aber Îrinc. 1967
  • ‚ich hân ouch ê versuochet sam sorclîchiu dinc.
  • jâ wil ich mit dem swerte eine dich bestân,
  • ob du mit strîte hêtest mêr danne iemen getân.‘
  • Dô wart gewâfent balde der degen Îrinc 1968
  • unde Irnvrit von Dürengen, ein küener jungelinc,
  • und Hâwart der starke wol mit tûsent man:
  • swes Îrinc begunde, si woldens alle im gestân.
  • Dô sach der videlære ein vil grôße schar, 1969
  • die mit Îringe gewâfent kômen dar.
  • si truogen ûf gebunden manegen helm guot.
  • dô wart der küene Volkêr ein teil vil zornec gemuot.
  • ‚Sehet ir, vriunt Hagene, dort Îringen gân, 1970
  • der iuch mit dem swerte lobete eine bestân?
  • wie zimet helde liegen? ich wil unprîsen daß.
  • eß gênt mit im gewâfent tûsent recken oder baß.‘
  • ‚Nu heißet mich niht liegen,‘ sprach Hâwartes man. A.1971
  • ‚ich wil gerne leisten, daß ich gelobet hân.
  • durch deheine vorhte wil ichs abe gân:
  • swie griulîch nu sî Hagene, ich wil in eine bestân.‘
  • Ze vüeßen bôt sich Îrinc mâgen unde man, 1972
  • daß si in eine ließen den recken bestân.
  • daß tâten si ungerne, wan in was wol bekant
  • der übermüete Hagene ûßer Burgunden lant.
  • Doch bat er si sô lange, daß eß sît geschach. A.1973
  • dô daß ingesinde den sînen willen sach,
  • daß er warp nâch êren, dô ließens in gân.
  • des wart von in beiden ein grimmeß strîten getân.
  • Îrinc von Tenemarken hôhe truoc den gêr, 1974
  • sich tacte mit dem schilde der tiuwer degen hêr:
  • dô lief er ûf zuo Hagenen vaste vür den sal:
  • dô huop sich von den degenen ein vil grœßlîcher schal.
  • Dô schußßen si die gêre mit krefte von der hant 1975
  • durch die vesten schilte ûf liehteß ir gewant,
  • daß die gêrstangen vil hôhe dræten dan.
  • dô griffen zuo den swerten die zwêne grimküene man.
  • Des küenen Hagenen ellen was unmâßen grôß; 1976
  • doch sluoc ûf in Îrinc, daß al daß hûs erdôß.
  • palas unde türne hullen nâch ir slegen.
  • done kunde niht verenden sînes willen der degen.
  • Îrinc lie Hagenen unverwundet stân: 1977
  • zuo dem videlære gâhen er began.
  • er wânde in mugen twingen mit sînen grimmen slegen.
  • daß kunde wol beschermen der vil zierlîche degen.
  • Dô sluoc der videlære, daß über des schildes rant 1978
  • dræte daß gespenge von Volkêres hant.
  • den lie er dô belîben: er was ein übel man:
  • dô lief er Guntheren, den Burgunden künic, an.
  • Dô was ir ietwedere ze strîte starc genuoc. 1979
  • swaß Gunther und Îrinc ûf ein ander sluoc,
  • daß brâhte niht von wunden vließendeß bluot.
  • daß behuote ir gewæfen: daß was starc unde guot.
  • Gunthern er lie belîben und lief Gêrnôten an. 1980
  • daß viuwer ûß den ringen houwen erm began.
  • dô hete von Burgunden der künic Gêrnôt
  • den küenen Îringen erslagen næhlîchen tôt.
  • Dô spranc er von dem vürsten; snel er was genuoc. 1981
  • der Burgunden viere der helt vil balde sluoc,
  • des edelen ingesindes von Wormeß über Rîn.
  • dô enkunde Gîselher nimmer zorner gesîn.
  • ‚Got weiß, hêr Îrinc,‘ sprach Gîselher daß kint, 1982
  • ‚ir müeßet mir die gelten, die veige vor iu sint
  • gelegen an den stunden.‘ dô lief er in an.
  • er sluoc den Tenelender, daß er strûchen began.
  • Er schôß vor sînen handen nider in daß bluot, 1983
  • daß si alle wânden, daß der helt guot
  • ze strîte nimmer mêre geslüege keinen slac.
  • Îrinc doch âne wunden hie vor Gîselhere lac.
  • Von des helmes dôße und von des swertes klanc 1984
  • wâren sîne witze worden harte kranc,
  • daß sich der degen küene des lebens niht versan.
  • daß hete mit sînen kreften der küene Gîselher getân.
  • Dô im begund entwîchen von houpte der dôß, 1985
  • den er ê dâ dolte von dem slage grôß,
  • er dâhte: ‚ich bin noch lebendec und ouch ninder wunt:
  • nu ist mir alêrste daß ellen Gîselheres kunt.‘
  • Er hôrte beidenthalben die vîende stân. 1986
  • wessen si diu mære, im wære mê getân.
  • ouch het er Gîselheren dâ bî im vernomen:
  • er dâhte, wie er solde von den vîenden komen.
  • Wie rehte tobelîchen er ûß dem bluote spranc. 1987
  • sîner snelheite er mahte sagen danc.
  • dô lief er ûß dem hûse, dâ er Hagenen vant,
  • und sluoc im slege swinde mit sîner ellenthafter hant.
  • Dô gedâhte Hagene: ‚du muost des tôdes wesen. 1988
  • dich envride der tievel, dune kanst niht genesen.‘
  • doch wundet Îrinc Hagenen durch den helmehuot.
  • daß tet der helt mit Wasken; daß was ein wâfen vil guot.
  • Dô der hêrre Hagene der wunden enphant, 1989
  • dô erwagte im ungevuoge daß swert an sîner hant.
  • al dâ muoste im entwîchen der Hâwartes man;
  • abe von der stiegen im Hagne volgen began.
  • Îrinc über houbet den schilt vil balde swanc. 1990
  • und wær diu selbe stiege drîer stiegen lanc,
  • die wîle lie in Hagene nie slahen einen slac.
  • hei, waß rôter vanken ob sîme helme gelac!
  • Wider zuo den sînen kom Îrinc wol gesunt. 1991
  • dô wurden disiu mære Kriemhilde kunt,
  • waß er von Tronje Hagenen in strîte het getân;
  • des im diu küneginne vil hôhe danken began.
  • ‚Nu lône dir Got, Îrinc, vil mære helt guot, 1992
  • du hâst mir wol getrœstet daß herze und ouch den muot:
  • nu sihe ich rôt von bluote Hagnen sîn gewant.‘
  • Kriemhilt nam im selbe den schilt vor liebe von der hant.
  • ‚Ir muget im mâßen danken,‘ sô sprach Hagene, 1993
  • ‚jâ ist noch harte kleine dâ von ze sagene:
  • und wolde erß noch versuochen, sô wær er küen ein man.
  • diu wunde vrumt iu kleine, die ich von im gewunnen hân.
  • ‚Daß ir von mîner wunden die ringe sehet rôt, 1994
  • daß hât mich erreißet ûf maneges mannes tôt.
  • ich bin alrêrste erzürnet ûf in und manegen man.
  • mir hât der degen Îrinc noch vil kleine getân.‘
  • Dô stuont gein dem winde Îrinc von Tenelant. 1995
  • er kuolte sich in ringen, den helm er abe gebant.
  • dô sprâchen al die liute, sîn ellen wære guot:
  • des hete der marcgrâve einen rîch hôhen muot.
  • Aber sprach dô Îrinc: ‚mîne vriunt, wißßet daß, 1996
  • daß ir mich wâfent schiere, ich wilß versuochen baß,
  • ob ich müge betwingen den übermüeten man.‘
  • sîn schilt was verhouwen, einen beßßern er gewan.
  • Vil schiere wart der recke dô gewâfent baß. 1997
  • einen gêr vil starken nam er durch den haß,
  • dâ mite er aber wolde Hagnen dort bestân.
  • eß wær im vrum und êre, ob erß hete nu verlân.
  • Sîn mohte niht erbîten Hagene der degen. 1998
  • er lief im hin entgegene mit schüßßen unde slegen
  • die stiegen an ein ende: sîn zürnen daß was grôß.
  • Îrinc sîner sterke dô vil wênic genôß.
  • Si sluogen durch die schilde, daß eß lougen began 1999
  • von viuwerrôten winden. der Hâwartes man
  • wart von Hagenen swerte krefteclîche wunt
  • durch schilt unde helmen; des er wart nimmer mê gesunt.
  • Dô der degen Îrinc der wunden enphant, 2000
  • den schilt er baß dô ructe über diu helmbant.
  • der schade in dûhte der volle, den er dâ gewan;
  • sît tet im aber mêre des künic Guntheres man.
  • Hagene vor sînen vüeßen einen gêr ligen vant: 2001
  • er schôß ûf Îringen, den helt von Tenelant.
  • daß im von houbte diu stange ragte dan.
  • im hete der übermüete den grimmen ende getân.
  • Îrinc muoste entwîchen zuo den von Tenelant. 2002
  • ê man dô dem degene den helm ab gebant,
  • man brach den gêr von houbte: dô nâhte im der tôt.
  • daß weinden sîne mâge: des gie si wærlîche nôt.
  • Dô kom diu küneginne über in gegân: 2003
  • den starken Îringen klagen si began.
  • si weinde sîne wunden; eß was ir grimme leit.
  • dô sprach vor sînen mâgen der küene recke gemeit:
  • ‚Lât die klage belîben, vil hêrlîcheß wîp. 2004
  • waß hilfet iuwer weinen? jâ muoß ich mînen lîp
  • verliesen von den wunden, die ich enphangen hân.
  • der tôt wil mich niht langer iu und Etzelen lân.‘
  • Er sprach zuo den von Dürengen und den von Tenelant: 2005
  • ‚die gâbe sol enphâhen iuwer deheines hant
  • von der küneginne, ir liehteß golt vil rôt:
  • und bestêt ir Hagenen, ir müeßet kiesen den tôt.‘
  • Sîn varwe was erblichen, des tôdes zeichen truoc 2006
  • Irinc der vil küene: daß was in leit genuoc.
  • genesen niht enmohte der Hâwartes man:
  • dô muos eß an ein strîten von den von Tenemarke gân.
  • Irnvrit und Hâwart sprungen vür daß gadem 2007
  • mit tûsent helden. vil ungevüegen kradem
  • hôrt man allenthalben, kreftec unde grôß.
  • hei, waß man scharfer gêre zuo den Burgunden schôß!
  • Irnvrit der küene lief an den spilman, 2008
  • des er schaden grôßen von sîner hant gewan.
  • der edel videlære den lantgrâven sluoc
  • durch einem helm vesten: jâ was er grimme genuoc.
  • Dô sluoc der hêrre Irnvrit den küenen spilman, 2009
  • daß im muosen bresten diu ringes gespan
  • und daß sich beschutte diu brünne viuwerrôt.
  • doch viel der lantgrâve vor dem videlære tôt.
  • Hâwart unde Hagene zesamene wâren komen. 2010
  • er möhte wunder kiesen, ders hete war genomen.
  • diu swert genôte vielen den helden an der hant:
  • Hâwart muoste sterben von dem von Burgunden lant.
  • Die Tenen und die Dürenge ir hêrren sâhen tôt. 2011
  • dô huop sich vor dem hûse ein vreislîcher nôt,
  • ê si die tür gewunnen mit ellenthafter hant.
  • des wart dâ verhouwen manec helm unde rant.
  • ‚Wîchet,‘ sprach dô Volkêr, ‚und lât si her in gân: 2012
  • eß ist sus unverendet, des si dâ habent wân.
  • si müeßen drinne sterben in vil kurzer zît:
  • si arnent mit dem tôde, daß in diu küneginne gît.‘
  • Dô die übermüeten kômen in den sal, 2013
  • vil manegem wart daß houbet geneiget sô ze tal,
  • daß er muost ersterben vor ir swinden slegen.
  • wol streit der küene Gêrnôt; sam tet ouch Gîselher der degen.
  • Tûsent unde viere kômen in daß hûs: 2014
  • von swerten sach man blicken vil manegen swinden sûs.
  • sît wurden doch die recken alle drinne erslagen:
  • man möhte michel wunder von den Burgunden sagen.
  • Dar nâch wart ein stille, dô der schal verdôß. 2015
  • daß bluot allenthalben durch diu löcher vlôß
  • und dâ zen rigelsteinen von den tôten man.
  • daß heten die von Rîne mit starkem ellen getân.
  • Dô sâßen aber râwen die von Burgunden lant; 2016
  • diu wâfen mit den schilden si leiten von der hant.
  • dô stuont noch vor dem hûse der küene spilman:
  • er warte, ob iemen wolde noch zuo in mit strîte gân.
  • Der künic klagte sêre: sam tet ouch sîn wîp; 2017
  • meide unde vrouwen quelten dâ den lîp.
  • ich wæne des, daß hête der tôt ûf si gesworn:
  • des wart noch vil der recken von den gesten dâ verlorn.
  • Âventiure
  • wie diu künegin den sal vereiten ließ.
  • ‚Nu bindet ab die helme,‘ sprach Hagne der degen, 2018
  • ‚ich und mîn geselle suln iuwer phlegen.
  • und wellent eß versuochen noch die Etzeln man,
  • sô warn ich mîne hêrren, sô ich aller schierest kan.
  • Do entwâfende daß houbet manec rîter guot. 2019
  • si sâßen ûf die wunden, die vor in in daß bluot
  • wâren zuo dem tôde von ir handen komen.
  • dô wart der edelen geste vil bœse goume genomen.
  • Noch vor dem âbende schuof der künic daß 2020
  • und ouch diu küneginne, daß eß versuohten baß
  • die Hiunischen recken. der sach man vor in stân
  • noch wol zweinzec tûsent: die muosen dâ ze strîte gân.
  • Sich huop ein sturm herte zuo den gesten sân. A.2021
  • Dancwart, Hagenen bruoder, der vil snelle man,
  • spranc von sînen hêrren zen vînden vür die tür.
  • man wând, er wær erstorben; er kom gesunt wol dervür.
  • Der herte strît werte, unz in diu naht benam. 2022
  • dô werten sich die geste, sô guoten helden zam,
  • der Etzelen manne den sumerlangen tac.
  • hei, waß guoter degene vor in veige gelac!
  • Zeinen sunewenden der grôße mort geschach, XX.2023
  • daß diu vrouwe Kriemhilt ir herzeleit errach
  • an ir næhsten mâgen und an vil manegem man,
  • dâ von der künic Etzel vreude nimmer mê gewan.
  • Sine het der grôßen slahte alsô niht gedâht. C.
  • si hete eß in ihr ahte vil gerne dar zuo brâht,
  • daß niuwan Hagene aleine den lîp dâ hete lân.
  • do geschuof der übel tiuvel, deiß übers alle muose ergân.
  • In was des tags zerrunnen, dô gie in sorge nôt. 2024
  • si dâhten, daß in beßßer wær ein kurzer tôt
  • danne lange dâ ze quelne ûf ungevüegiu leit.
  • eines vrides dô gerten die stolzen rîter gemeit.
  • Sie bâten, daß man bræhte den künic zuo in dar. 2025
  • die bluotvarwen helde und ouch harnaschvar
  • trâten ûß dem hûse und die drî künege hêr.
  • si enwessen wem ze klagene ir vil grœßlîchiu sêr.
  • Etzel unde Kriemhilt kômen beidiu dar; 2026
  • daß lant was ir eigen: des mêrte sich ir schar.
  • er sprach zuo den gesten: ‚nu sagt, waß welt ir mîn?
  • ir wænt vride gewinnen: daß kunde müelîch gesîn
  • ‚Ûf schaden alsô grôßen, als ir mir habt getân. 2027
  • ir sult es niht genießen, sol ich mîn leben hân:
  • mîn kint, daß ir mir sluoget, und vil der mâge mîn,
  • vride unde suone sol iu vil gar versaget sîn.‘
  • Sus antwurte Gunther: ‚des twang uns grôßiu nôt. 2028
  • alleß mîn gesinde lac vor dînen helden tôt
  • an der herberge: wie hete ich daß versolt?
  • ich kom zuo dir ûf triuwe, ich wând, daß du mir wærest holt.‘
  • Dô sprach von Burgunden Gîselher daß kint: 2029
  • ‚ir Etzelen helde, die noch lebende sint,
  • waß wîßet ir mir recken? waß het ich iu getân?
  • wan ich vriuntlîche in ditze lant geriten hân.‘
  • Si sprâchen: ‚dîner güete ist al diu burc vol 2030
  • mit jâmer zuo dem lande. jâ gunde wir dir wol,
  • daß du nie komen wærest von Wormeß über Rîn.
  • daß lant hât ir verweiset, du und ouch die bruoder dîn.‘
  • Dô sprach in zornes muote Gunther der degen: 2031
  • ‚welt ir ditz starke haßßen zeiner suone legen
  • mit uns ellenden, deist beidenthalben guot;
  • eß ist gar âne schulde, swaß uns Etzel getuot.‘
  • Dô sprach der wirt zen gesten: ‚mîn und iuwer leit 2032
  • diu sint ungelîche: diu michel arebeit
  • des schaden zuo den schanden, die ich hie hân genomen,
  • des sol iur deheiner mit dem lîbe hinnen komen.‘
  • Dô sprach zuo dem künege der starke Gêrnôt: 2033
  • ‚sô sol iu Got gebieten, daß ir vriuntlîchen tuot:
  • wîchet von dem hûse und lât uns zuo ziu gân,
  • sît wir zuo dem lebene haben alsô kleinen wân.
  • ‚Swaß uns geschehen künne, daß lât dâ kurz ergân: 2034
  • ir habt sô vil gesunder, und türrens uns bestân,
  • daß si uns sturmmüede lâßent niht genesen:
  • wie lange sul wir recken in disen arbeiten wesen?‘
  • Die Etzelen recken die hetenß nâch getân, 2035
  • daß si si wolden lâßen vür den palas gân.
  • daß gehôrte Kriemhilt, eß was ir grimme leit.
  • des wart den ellenden vride gâhes widerseit.
  • ‚Neinâ, Hiunen recken, des ir dâ habet muot, 2036
  • ich râte an rehten triuwen, daß ir des niht entuot,
  • daß ir die mortræßen lâßet für den sal;
  • sô müeßen iuwer mâge lîden tœtlîchen val.
  • ‚Ob ir nu nieman lebte wan diu Uoten kint, 2037
  • die mînen edelen bruoder, und kœmens an den wint,
  • erkuolent in die ringe, sô sît ir alle vlorn.
  • eßn wurden küener degene nie zer werlde geborn.‘
  • Dô sprach der junge Gîselher: ‚vil schœniu swester mîn, 2038
  • des getrout ich vil übele, daß du mich über Rîn
  • ladetes her ze lande in dise grôße nôt:
  • wie hân ich an den Hiunen hie verdienet den tôt?
  • ‚Ich was dir ie getriuwe, nie tet ich dir leit: 2039
  • ûf solhen gedingen her ze hove ich reit,
  • daß du mir holt wærest, vil liebiu swester mîn.
  • bedenke an uns genâde: eß mac niht anders gesîn.‘
  • ‚Ich enmag iu niht genâden: ungenâde ich hân. 2040
  • mir hât von Troneje Hagene sô grôßiu leit getân
  • dâ heime, und hie ze lande sluog er mir mîn kint:
  • des müeßen sêre entgelten, die mit iu her komen sint.
  • ‚Welt ab ir mir Hagenen ze gîsel einen geben, 2041
  • sone wil ich niht versprechen, ichn welle iuch lâßen leben.
  • wan ir sît mîne bruoder und einer muoter kint:
  • sô rede ichß zeiner suone mit den helden, die hie sint.‘
  • ‚Nune welle Got von himele,‘ sprach dô Gêrnôt. 2042
  • ‚ob unser tûsent wæren, wir lægen alle tôt
  • der sippe dîner mâge, ê wir den einen man
  • gæben hie ze gîsel: eß wirt nimmer getân.‘
  • ‚Wir müesen doch ersterben,‘ sprach dô Gîselher. 2043
  • ‚uns enscheidet nieman von rîterlîcher wer.
  • swer gerne mit uns vehte, wir sîn et aber hie:
  • wan ich deheinen mînen vriunt an den triuwen nie verlie.‘
  • Dô sprach der küene Dancwart, im zæme niht ze dagene: 2044
  • ‚jâ enstêt niht eine noch mîn bruoder Hagene.
  • die hie den vride versprechent, eß mac in werden leit;
  • des bringe wir iuch inne: daß sî iu wærlîch geseit.‘
  • Dô sprach diu küneginne: ‚ir helde vil gemeit, 2045
  • nu gêt der stiege nâher und rechet unser leit.
  • daß wil ich immer dienen, als ich von rehte sol:
  • der Hagenen übermüete der gelône ich im wol.
  • ‚Lât einen ûß dem gademe niht komen über al: 2046
  • sô heiß ich vieren enden zünden an den sal.
  • sô werdent wol errochen elliu mîniu leit.‘
  • die Etzelen recken die wurden schiere bereit.
  • Die noch hie ûßen stuonden, die tribens in den sal 2047
  • mit slegen und mit schüßßen: des wart grôß der schal.
  • sich wolden nie gescheiden die vürsten und ir man:
  • sine kunden von ir triuwe an ein ander niht gelân.
  • Den sal hieß dô zünden daß Etzelen wîp. 2048
  • dô qualte man mit viure den helden dâ den lîp.
  • daß hûs von einem winde vil balde al erbran:
  • ich wæne, volk enheineß grœßer angest ie gewan.
  • Genuoge riefen drinne: ‚ouwê dirre nôt! 2049
  • wir mehten michel gerner sîn in sturme tôt.
  • eß meht Got derbarmen: wie sî wir alle vlorn!
  • nu richet ungevuoge an uns diu küneginne ir zorn.‘
  • Ir einer sprach dar inne: ‚wir müeßen ligen tôt 2050
  • vor rouch und ouch vor viure: deist ein grimmiu nôt!
  • mir tuot vor starker hitze der durst sô rehte wê,
  • daß wæn mîn leben schiere in disen sorgen zergê.‘
  • Dô sprach von Tronje Hagene: ‚ir edelen rîter guot, 2051
  • swen twinge dürstennes nôt, der trinke hie daß bluot.
  • daß ist an solher hitze beßßer denne wîn;
  • eßn mac et niht beßßer an disen zîten gesîn.‘
  • Dô gie der recken einer, da er einen tôten vant: 2052
  • er kniet im zuo der wunden, den helm er abe gebant.
  • dô begunde er trinken daß vließende bluot.
  • swie ungewon ers wære, eß dûhte in grœßlîchen guot.
  • ‚Nu lôn iu Got, hêr Hagene,‘ sprach der müede man, 2053
  • ‚daß ich von iuwer lêre sô wol getrunken hân.
  • mir ist noch vil selten geschenket beßßer wîn.
  • lebe ich deheine wîle, ich sol iu immer wæge sîn.‘
  • Do die andern daß gehôrten, daß eß in dûhte guot, 2054
  • dô wart ir michels mêre, die trunken ouch daß bluot.
  • dâ von begunde kreften der guoten recken lîp:
  • des engalt an lieben vriunden vil manec wætlîcheß wîp.
  • Daß viur viel genôte ûf si in den sal; 2055
  • dô leiten siß mit schilden von in hin ze tal.
  • der rouch und ouch diu hitze in tâten beidiu wê.
  • ich wæn, sô grôßer jâmer an helden nimmer ergê.
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚stêt zuo des sales want; 2056
  • lât niht die brende vallen ûf iuwer helmbant,
  • tret si mit den vüeßen tiefer in daß bluot.
  • eß ist ein übel hôhgezît, die uns diu küneginne tuot.‘
  • In sus getânem leide in doch der naht zeran. 2057
  • noch stuont vor dem hûse der küene spilman
  • und Hagene sîn geselle geleint über rant:
  • si warten schaden mêre von den ûß Etzelen lant.
  • Den gesten half daß sêre, daß der sal gewelbet was: C.
  • dâ von ir deste mêre in der nôt genas,
  • wan daß si zen venstern von viure liten nôt.
  • dô nerten sich die degene, als in ir ellen daß gebôt.
  • Dô sprach der videlære: ‚nu gê wir in den sal: 2058
  • sô wænent des die Hiunen, daß wir sîn über al
  • tôt von dirre quâle, diu an uns ist getân:
  • si sehent uns noch begegene in strîte ir eteslîchen gân.‘
  • Dô sprach von Burgunden Gîselher daß kint: 2059
  • ‚ich wæne, eß tagen welle: sich hebet ein küeler wint.
  • nu lâß uns Got von himele noch lieber zît geleben.
  • uns hât mîn swester Kriemhilt ein arge hôhgezît gegeben.‘
  • Dô sprach aber einer: ‚ich kiuse nu den tac. 2060
  • sît daß eß uns nu beßßer wesen niene mac,
  • sô wâfent ir iuch, recken, ze strîte, deist uns nôt,
  • wir komen doch nimmer hinnen, daß wir mit êren ligen tôt.‘
  • Der künec wolde wænen, die geste wæren tôt 2061
  • von ir arbeite und von des viurs nôt:
  • dô lebte ir noch dar inne sehs hundert küener man,
  • daß nie künec deheiner beßßer degene gewan.
  • Der ellenden huote hete wol ersehen, 2062
  • daß noch die geste lebten, swie vil in was geschehen
  • ze schaden und ze leide, den hêrren und ir man.
  • man sach si in dem gademe noch vil wol gesunde gân.
  • Man sagte Kriemhilde, ir wære vil genesen. 2063
  • dô sprach diu küneginne: ‚daß möhte nimmer wesen,
  • daß ir deheiner lebte von des viurs nôt:
  • ich wil des baß getrouwen, daß si alle ligen tôt.‘
  • Noch genæsen gerne die vürsten und ir man, 2064
  • ob noch iemen wolde genâde an in begân.
  • des enkunden si niht vinden an den von Hiunen lant:
  • dô râchen si ir sterben mit vil williger hant.
  • Des tages wider morgen grüeßen man in bôt 2065
  • mit hertem urliuge: des kômen helde in nôt.
  • dô wart zuo in geschoßßen vil manec starker gêr:
  • noch vunden si dar inne ze wer die recken alsô hêr.
  • Dem Etzeln gesinde erweget was der muot, 2066
  • daß si wolden dienen daß Kriemhilde guot;
  • dar zuo si wolden leisten, daß in der künec gebôt:
  • dâ muose maneger schiere von in kiesen den tôt.
  • Von geheiße und ouch von gâbe man möhte wunder sagen. 2067
  • si hieß golt daß rôte dar mit schilden tragen:
  • si gab eß, swer sîn ruohte und eß wolde enphân.
  • jane wart nie grœßer solden mêr ûf vînde getân.
  • Ein michel kraft der recken dar zuo gewâfent gie. 2068
  • dô sprach der videlære: ‚wir sîn et aber hie:
  • ine gesach ûf vehten nie helde gerner komen,
  • wan die daß golt des küneges uns ze vâre hânt genomen.‘
  • Dô riefen ir genuoge: ‚nâher, helde, baß. 2069
  • daß wir dâ suln verenden, nu tuon bizîte daß.
  • hie belîbet niemen, wan der doch sterben sol.‘
  • dô sach man schier ir schilde stecken gêrschüßße vol.
  • Waß sol ich sagen mêre? wol zwelf hundert man 2070
  • die versuochten eß vil sêre wider unde dan.
  • dô kuolten mit den wunden die geste wol ir muot.
  • eßn mohte nieman scheiden: des sach man vließen daß bluot
  • Von verchtiefen wunden: der wart dâ vil geslagen. A.2071
  • ieslîchen nâch den vriunden hôrte man dô klagen.
  • die biderben sturben alle dem rîchen künege hêr:
  • des heten holde mâge nâch in grœßlîchiu sêr.
  • Âventiure
  • wie der marcgrâve Rüedegêr erslagen wart.
  • Eß heten die ellende wider morgen guot getân. 2072
  • wine der Gotlinde kom ze hove gegân,
  • dô sach er beidenthalben diu groeßlîchen sêr:
  • daß weinte inneclîche der vil getriuwe Rüedegêr.
  • ‚Sô wê mich,‘ sprach der recke, ‚daß ich den lîp gewan; 2073
  • daß disen grôßen jâmer kan niemen understân.
  • swie gerne ichß vriden wolde, der künec entuot es niht,
  • wand er der sînen leide ie mêr und mêre gesiht.‘
  • Dô sande an Dietrîche der guote Rüedegêr, 2074
  • ob siß noch kunden wenden an dem künege hêr?
  • do enbôt im der von Berne: ‚wer möht eß understân?
  • eß enwil der künec Etzel scheiden nieman enlân.‘
  • Dô sach ein Hiunen recke Rüedegêren stân 2075
  • mit weinunden ougen, und hetes vil getân.
  • der sprach zer küneginne: ‚nu seht ir, wie er stât,
  • der doch gewalt den meisten hie bî Etzelen hât
  • ‚Und dem eß alleß dienet, liut unde lant. 2076
  • wie ist sô vil der bürge an Rüedegêr gewant,
  • der er von dem künege vil manege haben mac!
  • er sluoc in disem sturme noch nie loblîchen slac.
  • ‚Mich dunket, er enruoche, wie eß hier umbe gât, 2077
  • sît et er den vollen nâch sînem willen hât.
  • man giht im, er sî küener, danne ieman müge sîn:
  • daß ist in disen sorgen worden bœslîchen schîn.‘
  • Mit trûregem muote der vil getriuwe man, 2078
  • den er daß reden hôrte, der helt der blicte in an.
  • er gedâht: ‚du solt eß arnen: du gihst, ich sî verzagt:
  • du hâst diu dînen mære ze hove ze lûte gesagt.‘
  • Die vûst begunder twingen: dô lief er in an 2079
  • und sluoc sô krefteclîche den Hiunischen man,
  • daß er im vor den vüeßen lac vil schiere tôt.
  • dô was aver gemêret des künic Etzelen nôt.
  • ‚Hin, du zage mære,‘ sprach dô Rüedegêr, 2080
  • ‚ich hân doch genuoge leit unde sêr.
  • daß ich hie niht envihte, zwiu wîßest du mir daß?
  • jâ wær ich den gesten von grôßen schulden gehaß,
  • ‚Und alleß, daß ich mehte, daß hete ich in getân, 2081
  • niuwan daß ich die recken her gevüeret hân.
  • ich was ir geleite in mînes hêrren lant:
  • des ensol mit in niht strîten mîn vil ellendes hant.‘
  • Dô sprach zem marcgrâven Etzel der künic hêr: 2082
  • ‚wie habt ir uns geholfen, vil edel Rüedegêr!
  • wan wir sô vil der veigen hie ze lande hân,
  • wir bedurfen ir niht mêre: ir habt vil übele getân.‘
  • Dô sprach der rîter edele: ‚ja beswârt er mir den muot A.2083
  • und hât mir geitewîßet êre unde guot,
  • des ich von dînen handen sô vil hân genomen:
  • daß ist dem lügenære ein teil ze unstaten komen.‘
  • Dô kom diu küneginne und heteß ouch gesehen, 2084
  • daß von des heldes zorne dem Hiune was geschehen.
  • si klagte eß ungevuoge: ir ougen wurden naß.
  • si sprach zuo Rüedegêre: ‚wie habe wir verdienet daß,
  • ‚Daß ir mir und dem künege mêret unser leit? 2085
  • nu habt ir, edel Rüedegêr, uns alleß her geseit,
  • ir woldet durch uns wâgen die êre und daß leben.
  • ich hôrt iu vil der recken den prîs vil grœßlîchen geben.
  • ‚Ich mane iuch der genâden, und ir mir hânt gesworn, 2086
  • do ir mir zuo Etzeln rietet, rîter ûßerkorn,
  • daß ir mir woldet dienen an unser eines tôt.
  • des wart mir armen wîbe nie sô grœßlîchen nôt.‘
  • ‚Daß ist âne lougen, ich swuor iu, edel wîp, 2087
  • daß ich durch iuch wâgte die êre und ouch den lîp;
  • daß ich die sêle vliese, desn hân ich niht gesworn.
  • zuo dirre hôhgezîte brâht ich die vürsten wol geborn.‘
  • Si sprach: ‚gedenke, Rüedegêr, der grôßen triuwe dîn, 2088
  • der stæte und ouch der eide, daß du den schaden mîn
  • immer woldest rechen und elliu mîniu leit.‘
  • dô sprach der marcgrâve: ‚ich hân iu selten iht verseit.‘
  • Etzel der rîche vlêgen ouch began: 2089
  • dô buten si sich beidiu ze vüeßen vür den man.
  • den guoten marcgrâven unmuotes man dô sach:
  • der vil getriuwe recke harte jæmerlîchen sprach:
  • ‚Ouwê mich Gotes armen, daß ich ditz gelebet hân. 2090
  • aller mîner êren der muoß ich abe stân,
  • triuwen unde zühte, die Got an mir gebôt.
  • ouwê, Got von himele, daß michs niht wendet der tôt!
  • ‚Swelheß ich nu lâße und daß ander begân, 2091
  • sô hân ich bœslîche und vil übele getân:
  • lâß aber ich si beide, mich schendet elliu diet.
  • nu ruoche mich bewîsen, der mir ze lebene geriet.‘
  • Dô bâten si genôte, der künec und ouch sîn wîp. 2092
  • des muosen sider recken vliesen den lîp
  • von Rüedegêres hende, dâ ouch der helt erstarp.
  • ir mugt daß hie wol hœren, daß er vil jæmerlîchen warp.
  • Er weste schaden gewinnen und ungevüegiu leit. 2093
  • er hête dem künege vil gerne verseit
  • und ouch der küneginne: vil sêre vorhte er daß,
  • ob er ir einen slüege, diu werlt trüege im drumbe haß.
  • Dô sprach zuo dem künege der vil küene man: 2094
  • ‚hêr künec, nu nemt hin widere, swaß ich von iu hân,
  • daß lant mit den bürgen: der sol mir niht bestên.
  • ich wil ûf mînen vüeßen in daß ellende gên.
  • ‚Alles guotes âne sô rûme ich iu diu lant, C.
  • mîn wîp und mîne tohter nim ich an mîne hant,
  • ê daß ich âne triuwe belîben müese tôt.
  • ich hete genomen übele iuwer golt alsô rôt.‘
  • Dô sprach der künic Etzel: ‚wer hulfe danne mir? 2095
  • daß lant zuo den liuten daß gibich alleß dir,
  • daß du mich rechest, Rüedegêr, an den vînden mîn.
  • du solt ein künec gewaltic bî neben Etzelen sîn.‘
  • Dô sprach aber Rüedegêr: ‚wie sol ichß ane vân? 2096
  • heim ze mînem hûse ich si geladen hân,
  • trinken unde spîse ich in güetlîchen bôt
  • und gab in mîne gâbe: sol ich si dar zuo slahen tôt?
  • ‚Die liute wænent lîhte, daß ich sî verzagt: 2097
  • deheinen mînen dienest hân ich in versagt;
  • solde ich nu mit in strîten, daß wære missetân.
  • sô rouwe mich diu vriuntschaft, die ich mit in geworben hân.
  • ‚Gîselher dem degene gab ich die tohter mîn: 2098
  • sine kunde in dirre werlde niht baß verwendet sîn
  • ûf zuht und ouch ûf êre, ûf triuwe und ûf guot.
  • ine gesach nie künic jungen sô rehte tugentlîch gemuot.‘
  • Dô sprach aber Kriemhilt: ‚vil edel Rüedegêr: 2099
  • ‚nu lâ dich erbarmen unser beider sêr,
  • mîn und ouch des küneges; gedenke wol dar an,
  • daß nie wirt deheiner sô leide geste mêr gewan.‘
  • Dô sprach der marcgrâve wider daß edel wîp: 2100
  • ‚eß muoß hiute gelten der Rüedegêres lîp,
  • swaß ir und ouch mîn hêrre mir liebes habt getân:
  • dar umbe muoß ich sterben; daß enmac niht langer gestân.
  • ‚Ich weiß wol, daß noch hiute mîn bürge und mîniu lant 2101
  • iu müeßen ledec werden von ir eteslîches hant.
  • ich bevilhe iu ûf genâde mîn wîp und mîn kint
  • und die vil ellenden, die ze Bechelâren sint.‘
  • ‚Nu lôn dir Got, Rüedegêr,‘ sprach der künic dô. 2102
  • er und diu küneginne si wurden beidiu vrô.
  • ‚uns suln dîne liute vil wol bevolhen wesen:
  • ouch trouwe ich mînem heile, daß du maht selbe wol genesen.‘
  • Dô ließ er an die wâge sêle unde lîp. 2103
  • dô begunde weinen daß Etzelen wîp.
  • er sprach: ‚ich muoß iu leisten, als ich gelobt hân.
  • ouwê der mînen vriunde, die ich vil ungerne bestân.‘
  • Man sach in von dem künege vil trûreclîchen gân. 2104
  • dô vant er sîne recken vil nâhen bî im stân:
  • er sprach: ‚ir sult iuch wâfenen, alle mîne man:
  • die küenen Burgunden muoß ich leider bestân.‘
  • Si hießen balde springen, dâ man ir wâfen vant. 2105
  • eß der helm wære od des schildes rant,
  • von ir ingesinde wart eß in dar getragen.
  • sît hôrten leidiu mære die stolzen ellende sagen.
  • Gewâfent wart dô Rüedegêr mit fünf hundert man, 2106
  • dar über zwelf recken sach man mit im gân.
  • die wolden prîs erwerben in des sturmes nôt:
  • si enwessen niht der mære, daß in sô nâhent der tôt.
  • Dô sach man Rüedegêre under helme gân. 2107
  • eß truogen swert diu scharphen des marcgrâven man,
  • dar zuo vor ir handen die liehte schilde breit.
  • daß sach der videlære: eß was im grœßlîchen leit.
  • Dô sach der junge Gîselher sînen sweher gên 2108
  • mit ûf gebundem helme. wie moht er dô verstên,
  • waß er dâ mite meinte niuwan alleß guot?
  • des wart der künic edele sô rehte vrœlîch gemuot.
  • ‚Nu wol mich solher vriunde!‘ sprach Gîselher der degen, 2109
  • ‚die wir hân gewunnen nu ûf disen wegen.
  • wir suln mînes wîbes vil wol genießen hie:
  • mir ist liep ûf mîne triuwe, daß ie der hîrât ergie.‘
  • ‚Ine weiß, wes ir iuch trœstet,‘ sprach der spilman. 2110
  • ‚wâ sâht ir ie durch suone sô manegen helt gân
  • mit ûf gebunden helmen, die trüegen swert enhant?
  • an uns wil dienen Rüedegêr sîne bürge und sîniu lant.‘
  • Bedaß der videlære die rede vol sprach, 2111
  • Rüdegêr den edelen man vor dem hûse sach.
  • sînen schilt den guoten satzt er vür den vuoß:
  • dô muos er sînen vriunden versagen dienst unde gruoß.
  • Der edel marcgrâve rief dô in den sal: 2112
  • ‚ir küene Nibelunge, nu wert iuch über al.
  • ir soldet mîn genießen, ir enkeltet mîn.
  • ê dô wâr wir vriunde, der triuwe wil ich ledec sîn.‘
  • Do erschrahten dirre mære die nôthaften man: 2113
  • in was der trôst enphallen, den si dâ wânden hân,
  • dô mit in wolde strîten, dem si dâ wâren holt.
  • si heten doch von vînden vil michel arbeit gedolt.
  • ‚Nune welle Got von himele,‘ sprach Gunther der degen, 2114
  • ‚daß ir iuch genâden sült an uns bewegen
  • und der vil grôßen triuwe, der wir doch heten muot:
  • ich wil iu des getrouwen, daß ir eß nimmer getuot.‘
  • ‚Jane mac ichs niht gelâßen,‘ sprach der küene man: 2115
  • ‚ich muoß mit iu strîten, wan ichß gelobt hân.
  • nu wert iuch, küene degene, sô liep iu sî der lîp.
  • mich enwoldes niht erlâßen des künic Etzelen wîp.‘
  • ‚Ir widersagt uns nu ze spâte,‘ sprach der künic hêr. 2116
  • ‚nu müeß iu Got vergelten, vil edel Rüedegêr,
  • triuwe unde minne, die ir uns habt getân,
  • ob ir eß an dem ende woldet güetlîcher lân.
  • ‚Wir soltenß immer dienen, daß ir uns habt gegeben, 2117
  • ich und mîne mâge, ob ir uns ließet leben,
  • der hêrlîchen gâbe, dô ir uns brâhtet her
  • in Etzeln lant mit triuwen; des gedenket, edel Rüedegêr.‘
  • ‚Wie wol ich iu des gunde,‘ sprach Rüedegêr der degen, 2118
  • ‚daß ich iu mîne gâbe mit vollen solde wegen
  • alsô willeclîche, als ich des hete wân.
  • sone wurde mir dar umbe nimmer schelten getân.‘
  • ‚Erwindet, edel Rüedegêr,‘ sprach dô Gêrnôt, 2119
  • ‚wan eß wirt deheiner gesten nie erbôt
  • sô rehte minneclîchen, als ir uns habt getân.
  • des sult ir wol genießen, ob wir bî lebene bestân.‘
  • ‚Daß wolde Got,‘ sprach Rüedegêr, ‚vil edel Gêrnôt, 2120
  • daß ir ze Rîne wæret und ich wære tôt
  • mit etlîchen êren, sît ich iuch sol bestân!
  • eß wart an ellenden von vriunden noch nie wirs getân.‘
  • ‚Nu lône iu Got, hêr Rüedegêr,‘ sprach dô Gêrnôt, 2121
  • ‚der vil rîchen gâbe. mich riuwet iuwer tôt,
  • sol an iu verderben sô tugentlîcher muot.
  • hie trag ich iuwer wâfen, daß ir mir gâbet, helt guot.
  • ‚Daß ist mir nie geswichen in aller dirre nôt: 2122
  • under sînen ecken lît manec rîter tôt.
  • eß ist lûter unde stæte, hêrlîch unde guot.
  • ich wæne, sô rîcher gâbe ein recke nimmer mê getuot.
  • ‚Und welt ir niht erwinden, irn welt uns bestân, 2123
  • slaht ir mir iht der vriunde, die ich hinne hân,
  • mit iuwer selbes swerte nim ich iu den lîp!
  • sô riuwet ir mich, Rüedegêr, und iuwer hêrlîcheß wîp.‘
  • ‚Daß wolde Got, hêr Gêrnôt, und meht eß ergân, 2124
  • daß aller iuwer wille wære hie getân
  • und daß genesen wære iuwer vriunde lîp!
  • jâ sold iu wol getrûwen beidiu mîn tohter und mîn wîp.‘
  • Dô sprach von Burgunden der schœnen Uoten kint: 2125
  • ‚wie tuot ir sô, hêr Rüedegêr? die mit mir komen sint,
  • si sint iu alle wæge: ir grîfet übel zuo:
  • die iuwer schœne tohter welt ir verwitwen ze vruo.
  • ‚Swenne ir und iuwer recken mit strîte mich bestât, 2126
  • wie reht unvriuntlîche ir daß schînen lât,
  • daß ich iu wol getrûwe vür alle ander man,
  • dâ von ich ze wîbe iuwer tohter mir gewan.‘
  • ‚Gedenket iuwer triuwen, vil edel künic hêr, 2127
  • gesende iuch Got von hinne,‘ sô sprach Rüedegêr,
  • ‚lât die juncvrouwen niht enkelten mîn:
  • durch iuwer selbes tugende sô ruochet ir genædec sîn.‘
  • ‚Daß tæt ich billîche,‘ sprach Gîselher daß kint: 2128
  • ‚die hôhen mîne mâge, die noch hier inne sint,
  • suln die von iu sterben, sô muoß gescheiden sîn
  • diu vil stæte vriuntschaft zuo dir und der tohter dîn.‘
  • ‚Nu müeß uns Got genâden,‘ sprach der küene man. 2129
  • dô huoben si die schilde, alsô si wolden dan
  • strîten zuo den gesten in Kriemhilde sal.
  • dô rief vil lûte Hagene von der stiege hin ze tal:
  • ‚Belîbet eine wîle, vil edel Rüedegêr.‘ 2130
  • alsô sprach dô Hagene: ‚wir wolden reden mêr,
  • ich und mîne hêrren, als uns des twinget nôt.
  • waß mac gehelfen Etzeln unser ellender tôt?
  • ‚Ich stên in grôßen sorgen,‘ sprach aber Hagene, 2131
  • ‚den schilt, den mir vrou Gotelint gap zuo tragene,
  • den habent mir die Hiunen zerhouwen von der hant.
  • ich vuort in vriuntlîche in daß Etzelen lant.
  • ‚Daß des Got von himele ruochen wolde, 2132
  • daß ich schilt sô guoten noch tragen solde,
  • sô den du hâst vor hende, vil edel Rüedegêr!
  • so bedorfte ich in dem sturme deheiner halsperge mêr.‘
  • ‚Vil gerne wær ich dir guot mit mînem schilde, 2133
  • getörst ich dirn gebieten vor Kriemhilde.
  • doch nim du in hin, Hagene, und trag in an der hant.
  • hei, soldest du in vüeren in der Burgunden lant!‘
  • Do er im sô willeclîchen den schilt ze gebene bôt, 2134
  • dô wart genuoger ougen von heißen trehen rôt.
  • eß was diu leste gâbe, die sider immer mêr
  • bôt deheinem degene von Bechlâren Rüedegêr.
  • Swie grimme Hagne wære und wie herte gemuot, 2135
  • ja erbarmet in diu gâbe, die der helt guot
  • bî sînen lesten zîten sô nâhen het getân.
  • vil manec rîter edele mit im trûren began.
  • ‚Nu lôn iu Got von himele, vil edel Rüedegêr. 2136
  • eß wirt iur gelîche deheiner nimmer mêr,
  • der ellenden recken sô hêrlîchen gebe.
  • sô sol daß Got gebieten, daß iuwer tugende immer lebe.‘
  • ‚Sô wê mich dirre mære,‘ sô sprach ab Hagene. 2137
  • ‚wir heten ander swære sô vil ze tragene:
  • suln wir mit vriunden strîten, daß sî Got gekleit.‘
  • dô sprach der marcgrâve: daß ist mir inneclîche leit.‘
  • ‚Nu lôn ich iu der gâbe, vil edel Rüedegêr. 2138
  • swie halt gein iu gebâren dise recken hêr,
  • daß nimmer iuch gerüeret mit strîte hie mîn hant,
  • ob ir si alle slüeget die von Burgunden lant.‘
  • Des neig im mit zühten der guote Rüedegêr. 2139
  • si weinten allenthalben: daß disiu herzen sêr
  • niemen scheiden kunde, daß was ein michel nôt.
  • vater aller tugende lac an Rüedegêre tôt.
  • Dô sprach von dem hûse Volkêr der spileman: 2140
  • ‚sît mîn geselle Hagene den vride hât getân,
  • den sult ir alsô stæte hân von mîner hant.
  • daß habt ir wol verdienet, dô wir kômen in daß lant.
  • ‚Vil edel marcgrâve, ir sult mîn bote sîn. 2141
  • dise rôte bouge gab mir diu marcgrâvîn,
  • daß ich si tragen solde hie zer hôhgezît:
  • die mugt ihr selbe schouwen, daß ir des mîn geziuge sît.‘
  • ‚Daß wolde Got von himele,‘ sprach dô Rüedegêr, 2142
  • ‚daß iu diu marcgrâvinne noch solde geben mêr.
  • diu mære sage ich gerne der triutinne mîn,
  • gesihe ich si gesunder: des sult ir âne zwîvel sîn.‘
  • Als er im daß gelobete, den schilt huop Rüedegêr: 2143
  • des muotes er ertobete: do enbeit er dâ niht mêr.
  • dô lief er zuo den gesten, einem degen gelîch,
  • manegen slac vil swinden sluoc der marcgrâve rîch.
  • Die zwêne stuonden hôher, Volkêr und Hagene, 2144
  • wan eß im ê gelobten die zwêne degene.
  • noch vant er als küenen bî den türen stân,
  • daß Rüedegêr des strîtes mit grôßen sorgen began.
  • Durch mortræßen willen sô ließen in dar in 2145
  • Gunther und Gêrnôt: si heten helde sin.
  • dô stuont hôher Gîselher: zwâre eß was im leit.
  • er versach sich noch des lebenes: dâ von er Rüedegêre meit.
  • Dô sprungen zuo den vînden des marcgrâven man. 2146
  • man sach si nâch ir hêrren vil degenlîche gân.
  • diu snîdunde wâfen si truogen an der hant:
  • des brast dâ vil der helme und manec hêrlîcher rant.
  • Dô sluogen die vil müeden vil manegen swinden slac 2147
  • den von Bechelâren, der eben und tiefe wac,
  • durch die vesten ringe vast unz ûf daß verch.
  • si tâten in dem sturme diu vil hêrlîchen werch.
  • Daß edel ingesinde was nu komen in. 2148
  • Volkêr und Hagene die sprungen balde hin.
  • sine gâben vride niemen wan dem einen man.
  • von ir beider hende daß bluot durch helme nider ran.
  • Wie rehte gremlîche vil swerte drinne erklanc! 2149
  • vil der schiltspange ûß von slegen spranc:
  • des reis ir schiltsteine nider in daß bluot:
  • si vâhten alsô grimme, daß manß nimmer mê getuot.
  • Der vogt von Bechelâren gie wider unde dan, 2150
  • alsô der mit ellen in sturme werben kan.
  • dem tet des tages Rüedegêr harte wol gelîch,
  • daß er ein recke wære vil küene unde lobelîch.
  • Hie stuonden dise recken, Gunther und Gêrnôt, A.2151
  • si sluogen in dem strîte vil manegen helt tôt.
  • Gîselher und Dancwart die zwêne eß ringe wac:
  • des vrumten si vil manegen hinz ûf den jungisten tac.
  • Vil wol zeigte Rüedegêr, daß er was starc genuoc, 2152
  • küene und wol gewâfent: hei, waß er helde sluoc!
  • daß sach ein Burgunde: dô twang in zornes nôt.
  • dâ von begunde nâhen des guoten Rüedegêres tôt.
  • Gêrnôt der starke den helt ruofte er an. 2153
  • er sprach zem marcgrâven: ‚ir welt mir mîner man
  • niht genesen lâßen, vil edel Rüedegêr.
  • daß müet mich âne mâße: ichn kans niht an gesehen mêr.
  • ‚Nu mag iu iuwer gâbe wol ze schaden komen, 2154
  • sît ir mîner vriunde mir habt sô vil genomen.
  • nu wendet iuch her umbe, vil edel küene man:
  • iur gâbe wirt verdienet, sô ichß aller hoehste kan.‘
  • Ê daß der marcgrâve zuo im vol kœme dar, 2155
  • des muosen liehte ringe werden missevar.
  • dô sprungen zuo ein ander die êre gernde man.
  • ir ietweder schermen vür starke wunden began.
  • Ir swert sô scharph wâren, eß enkunde in niht gewegen. 2156
  • dô sluoc Gêrnôten Rüedegêr der degen
  • durch helmen vlinsherten, daß nider vlôß daß bluot:
  • daß vergalt im schiere der rîter küene unde guot.
  • Die Rüedegêres gâbe an hende er hôhe erwac: 2157
  • swie wunt er wær zem tôde, er sluog im einen slac
  • durch den schilt vil guoten unz ûf diu helmgespan:
  • dâ von muose ersterben dô der Gotlinden man.
  • Jane wart nie wirs gelônet sô rîcher gâbe mêr. 2158
  • dô vielen beide erslagene, Gêrnôt und Rüedegêr,
  • gelîch in dem sturme von ir beider hant.
  • alrêst erzurnde Hagene, dô er den grôßen schaden bevant.
  • Dô sprach der helt von Troneje: ‚eß ist uns übel komen. 2159
  • wir haben an in beiden sô grôßen schaden genomen,
  • den wir nimmer überwinden, ir liut und ouch ir lant.
  • die Rüedegêres helde sint unser ellenden phant.‘
  • Dane wolde ir deheiner dem andern niht vertragen: C.
  • vil maneger âne wunden dar nider wart geslagen,
  • der wol genesen wære: ob im wart solch gedranc,
  • swie gesunt er anders wære, dêr in dem bluote doch ertranc.
  • ‚Ouwê mich mînes bruoder, der tôt ist hie gevrumt. 2160
  • waß mir der leiden mære ze allen zîten kumt!
  • ouch muoß mich immer riuwen mîn sweher Rüedegêr:
  • der schade ist beidenthalben und diu grœßlîchen sêr.‘
  • Dô der junge Gîselher sach sînen bruoder tôt, 2161
  • die dô dar inne wâren, die muosen lîden nôt.
  • der tôt der suohte sêre, dâ sîn gesinde was.
  • der von Bechelâren dô langer einer niht genas.
  • Gunther unde Gîselher und ouch Hagene, A.2162
  • Dancwart unde Volkêr, die guoten degene,
  • die giengen, dâ si vunden ligen die zwêne man:
  • dô wart dâ von den helden mit jâmer weinen begân.
  • ‚Der tôt uns sêre roubet,‘ sprach Gîselher daß kint. 2163
  • ‚nu lâßet iuwer weinen, und gê wir an den wint,
  • daß uns die ringe erkuolent, uns strîtmüeden man.
  • jâ wæn Got uns langer hie ze lebene niht engan.‘
  • Den sitzen, den sich leinen sach man dâ manegen degen. 2164
  • si wâren aber müeßec. dâ wâren tôt gelegen
  • die Rüedegêres helde: vergangen was der dôß.
  • sô lange wert diu stille, daß sîn Etzeln erdrôß.
  • ‚Ouwê mir dirre swære,‘ sprach des küneges wîp, 2165
  • ‚si sprechent al ze lange. unser vînde lîp
  • mac nu wol vrî belîben vor Rüedegêres hant:
  • er wil si wider bringen in der Burgunde lant.
  • ‚Waß hilfet, künic Etzel, daß wir geteilet hân 2166
  • mit im, swaß er wolde? der helt hât missetân.
  • der uns dâ solde rechen, der wil der suone phlegen.
  • des antwurte ir dô Volkêr, der vil zierlîche degen:
  • ‚Der rede enist sô niht leider, vil edel küneges wîp. 2167
  • getörste ich heißen liegen alsus edelen lîp,
  • sô het ir tievellîchen an Rüedegêr gelogen.
  • er und die sîne degene sint an der suone gar betrogen.
  • ‚Er tet sô willeclîche, daß im der künec gebôt, 2168
  • daß er und sîn gesinde ist hie gelegen tôt.
  • nu seht al umbe, Kriemhilt, wem ir gebieten welt:
  • iu hât unz an den ende gedienet Rüedegêr der helt.
  • ‚Welt ir es niht gelouben, man solß iuch sehen lân.‘ 2169
  • durch ir herzen sêre sô wart duo daß getân:
  • man truoc den helt verhouwen, dâ in der künic sach.
  • den Etzelen degenen sô rehte leide nie geschach.
  • Dô si den marcgrâven tôten sâhen tragen, 2170
  • eß enkunde ein schrîber gebrieven noch gesagen
  • die manegen ungebærde von wîbe und ouch von man,
  • diu sich von herzen jâmer aldâ zeigen began.
  • Der Etzelen jâmer der wart alsô grôß, 2171
  • als eines leuwen stimme der rîche künec erdôß
  • mit herzeleidem wuofe: alsam tet ouch sîn wîp.
  • si klagten ungevuoge des guoten Rüedegêres lîp.
  • Âventiure
  • wie hêrn Dietrîches man alle erslagen wurden.
  • Dô hôrt man allenthalben jâmer alsô grôß, 2172
  • daß palas unde türne von dem wuof erdôß.
  • dô hôrte eß ouch von Berne ein Dietrîches man:
  • durch disiu starken mære wie balde er gâhen began!
  • Dô sprach er zuo dem vürsten: ‚hœrt, mîn hêr Dietrîch. 2173
  • swaß ich noch her gelebet hân, sô rehte unmügelîch
  • gehôrte ich klage nie mêre, als ich nu hân vernomen.
  • ich wæne, der künic selbe ist zuo der hôhgezîte komen.
  • ‚Wie mehtens anders alle haben solhe nôt? 2174
  • der künic oder Kriemhilt, ir eineß daß ist tôt
  • von den küenen gesten durch ir nît gelegen.
  • eß weinet ungevuoge vil manec ûßerwelter degen.‘
  • Dô sprach der vogt von Berne: ‚mîne vil liebe man, 2175
  • nu gâhet niht sô sêre. swaß hie hânt getân
  • die ellenden recken, des gât in michel nôt:
  • und lât si des genießen, daß ich in mînen vride enbôt.‘
  • Dô sprach der küene Wolfhart: ‚ich wil dar gân 2176
  • und wil der mære vrâgen, waß si haben getân,
  • und wilß iu sagen denne, vil lieber hêrre mîn,
  • als ich eß dort ervinde, waß diu rede müge sîn.‘
  • Dô sprach der hêrre Dieterîch: ‚swa man zornes sich versiht, 2177
  • ob ungevüegiu vrâge danne dâ geschiht,
  • daß betrüebet recken lîhte ir muot.
  • ich enwil niht, Wolfhart, daß ir die vrâge getuot.‘
  • Dô bat er Helfrîche balde dar gân, 2178
  • und hieß daß ervinden an Etzelen man
  • oder an den gesten, waß wære dâ geschehen.
  • done het er nie von liuten sô grôßen jâmer gesehen.
  • Der bote begunde vrâgen; ‚waß ist hie getân?‘ 2179
  • dô sprach dar under einer: ‚dâ ist vil gar zergân,
  • swaß wir vreuden hêten in der Hiunen lant:
  • hie ligt erslagen Rüedegêr von der Burgunden hant.
  • ‚Die mit im dar in kômen, derst einer niht genesen.‘ 2180
  • do enkunde Helfrîche nimmer leider wesen.
  • jâ sagte er sîniu mære sô rehte ungerne nie.
  • der bote dô hin widere vil sêre weinende gie.
  • ‚Waß habt ir uns ervunden?‘ sprach dô Dietrîch: 2181
  • ‚wie weinet ir sô sêre, degen Helferîch?‘
  • dô sprach der edel recke: ‚ich mac wol balde klagen:
  • den guoten Rüedegêre hânt die Burgunde erslagen.‘
  • Dô sprach der helt von Berne: ‚desn sol niht wellen Got. 2182
  • daß wær ein starkiu râche und ouch des tievels spot.
  • wâ mit hete Rüedegêr an in daß versolt?
  • jâ ist mir daß wol künde, er ist den ellenden holt.‘
  • Des antwurte Wolfhart: ‚und heten siß getân, 2183
  • sô solt eß in allen an daß leben gân.
  • ob wir inß vertrüegen, des wær wir geschant.
  • jâ hât uns vil gedienet des guoten Rüedegêres hant.‘
  • Der vogt der Amelunge hieß eß ervarn baß. 2184
  • vil harte senelîche er in ein venster saß:
  • dô bat er Hilprande zuo den gesten gân,
  • daß er an in ervüere, waß dâ wære getân.
  • Der sturmküene recke, meister Hilprant, 2185
  • weder schilt noch wâfen truoger an der hant:
  • er wolde in sînen zühten zuo den gesten gân;
  • von sîner swester kinde wart im ein strâfen getân.
  • Dô sprach der grimme Wolfhart: ‚welt ir dar blôßer gân, 2186
  • sô mag eß ân ein schelten nimmer wol gestân:
  • sô müeßt ir lesterlîche tuon die widervart;
  • komt ir dar gewâfent, daß eteslîcher wol bewart.‘
  • Dô garte sich der wîse durch des tumben rât. 2187
  • ê eß ervunde Hildebrant, dô wâren in ir wât
  • alle Dietrîches recken und truogen swert enhant.
  • dem helde was eß leide: vil gerne het erß erwant.
  • Er vrâgte, war si wolden. ‚wir wellen mit iu dar. 2188
  • waß, ob von Tronje Hagene deste wirs getar
  • gein iu mit spotte sprechen, des er wol kan gephlegen?‘
  • dô er die rede gehôrte, dô gestuont ins der degen.
  • Dô sach der küene Volkêr wol gewâfent gân 2189
  • die recken von Berne, die Dietrîches man,
  • begürtet mit den swerten; si truogen schilt enhant:
  • er sagteß sînen hêrren ûßer Burgunde lant.
  • Dô sprach der videlære: ‚ich sihe dort here gân 2190
  • sô rehte vîentlîche die Dietrîches man,
  • gewâfent under helme: si wellent uns bestân.
  • ich wæne, eß an daß übele uns ellenden welle gân.‘
  • In den selben zîten kom ouch Hildebrant. 2191
  • dô satzter vür die vüeße sînes schiltes rant.
  • er begunde vrâgen die Guntheres man:
  • ‚ouwê, ir guote helde, waß hete iu Rüedegêr getân?
  • ‚Mich hât mîn hêrre Dieterîch her zuo iu gesant: 2192
  • ob erslagen hête iuwer deheines hant
  • den edelen marcgrâven, als uns daß ist geseit?
  • wir enkunden überwinden niht diu grœßlîchen leit.‘
  • Dô sprach von Troneje Hagene: ‚daß mær ist ungelogen, 2193
  • wie wol ich iu des gunde, het iuch der bote betrogen,
  • durch Rüedegêres liebe, daß lebte noch sîn lip,
  • den immer mugen weinen beidiu man unde wîp.‘
  • Dô si daß rehte erhôrten, daß er wære tôt, 2194
  • dô klagten in die recken: ir triuwe in daß gebôt.
  • den Dietrîches mannen sach man trehne gân
  • über bart und über kinne: in was vil leide getân.
  • Der herzoge ûßer Berne Sigestap dô sprach: 2195
  • ‚nu hât gar ein ende genomen der gemach,
  • den uns hie vuogte Rüedegêr nâch unsern leiden tagen:
  • vreude ellender diete lît von iu helden hie erslagen.‘
  • Dô sprach von Amelunge der degen Wolfwîn: 2196
  • ‚und ob ich hiute sæhe tôt den vater mîn,
  • mir enwurde nimmer leider denn umbe sînen lîp.
  • ouwê, wer sol nu trœsten des guoten marcgrâven wîp?‘
  • Dô sprach in zornes muote der degen Wolfhart: 2197
  • ‚wer wîset nu die recken sô manege hervart,
  • alsô der marcgrâve vil dicke hât getân?
  • ouwê, vil edel Rüedegêr, daß wir dich sus verloren hân!‘
  • Wolfbrant und Helferîch und ouch Helmnôt 2198
  • mit allen ir vriunden weinden sînen tôt.
  • vor siuften mohte vrâgen niht mêre Hildebrant:
  • er sprach: ‚nu tuot, ir degene, dar nâch mîn hêrre hât gesant.
  • ‚Gebt uns Rüedegêren sô tôten ûß dem sal, 2199
  • an dem gar mit jâmer lît unser vreuden val,
  • und lât uns an im dienen, daß er ie hât getan
  • an uns vil grôßer triuwe und an manegem vremden man.
  • ‚Wir sîn ouch ellende als Rüedegêr der degen. 2200
  • wes lâßet ir uns bîten? lât in uns after wegen
  • tragen, daß wir nâch tôde lônen noch dem man;
  • wir hetenß vil billîche bî sînem lebene getân.‘
  • Dô sprach der künic Gunther: ‚nie dienest wart sô guot, 2201
  • sô den ein vriunt vriunde nâch dem tôde tuot.
  • daß heiße ich stæte triuwe, swer die kan begân.
  • ir lônet im von schulden: er hât iu liebe getân.‘
  • ‚Wie lange sul wir vlêgen?‘ sprach Wolfhart der degen. 2202
  • ‚sît unser trôst der beste von iu ist tôt gelegen,
  • und wir sîn leider mêre megen niht gehaben,
  • lât uns in tragen hinnen, dâ wir den recken begraben.‘
  • Des antwurte im Volkêr: ‚niemen iu in gît. 2203
  • nu nemt in in dem hûse, dâ der degen lît
  • mit starken verchwunden gevallen in daß bluot:
  • so ist eß ein voller dienest, den ir hie Rüedegêre tuot.‘
  • Dô sprach der küene Wolfhart: ‚Got weiß wol, hêr spilman, 2204
  • irn durft uns nicht reißen: ir habt uns übele getân.
  • törst ich vor mînem hêrren, sô kœmet irs in nôt.
  • des müeße wirß lâßen, wan er uns strîten hie verbôt.‘
  • Dô sprach der videlære: ‚der vorht ist al ze vil, 2205
  • swaß man im verbiutet, derß alleß lâßen wil:
  • daß kan ich niht geheißen rehten heldes muot.‘
  • diu rede dûhte Hagenen von sînem hergesellen guot.
  • ‚Welt ir den spot niht lâßen,‘ sprach aber Wolfhart, 2206
  • ‚ich entrihte iu lîht die seiten, swenne ir die widervart
  • rîtet gegen Rîne, daß irß wol muget gesagen.
  • iuwer übermüeten mag ich mit êren niht vertragen.‘
  • Dô sprach der videlære; ‚swenn ir die seiten mîn 2207
  • verirret guoter dœne, der iuwer helmschîn
  • muoß vil trüebe werden von der mînen hant,
  • swie halt ich gerîte in der Burgunde lant.‘
  • Dô wolt er zuo im springen, wan daß in niht enlie 2208
  • Hildebrant sîn œheim in vaste zim gevie.
  • ‚ich wæn, du woldest wüeten durch dînen tumben zorn;
  • mînes hêrren hulde wir heten immer mêr verlorn.‘
  • ‚Lât ab den leuwen, meister, er ist sô grimme gemuot; 2209
  • kumt abe er mir ze handen,‘ sprach Volkêr der degen guot,
  • ‚het er die werlt alle mit sîner hant erslagen,
  • ich slahe in, daß erß widerspel nimmer mêre darf gesagen.‘
  • Des wart vil sêre erzürnet der Bernære muot, 2210
  • den schilt gezucte Wolfhart, ein sneller helt guot:
  • alsam ein leuwe wilde lief er vor in dan.
  • im wart ein gæheß volgen von sînen vriunden getân.
  • Swie wîter sprünge er phlæge vür des sales want, 2211
  • doch ergâhte in vor der stiege der alte Hildebrant:
  • er wolde in vor im lâßen niht komen in den strît.
  • si vunden, daß si suohten, an den ellenden sît.
  • Dô spranc zuo Hagene meister Hilprant: 2212
  • diu swert man hôrt erklingen an ir beider hant.
  • si wâren sêre erzürnet, vil wol erkôs manß sint:
  • von ir zweier wâfen gie der viurrôte wint.
  • Die wurden dô gescheiden in des strîtes nôt: 2213
  • daß tâten die von Berne, als in ir kraft gebôt.
  • zehant dô meister Hildebrant want von Hagene dan,
  • dô lief der starke Wolfhart den küenen Volkêren an.
  • Er sluoc den videlære ûf den helmehuot, 2214
  • daß des swertes ecke unz ûf die spange wuot.
  • daß vergalt mit ellen der küene spilman:
  • dô sluog er Wolfharten, daß er stieben began.
  • Des viurs ûß den ringen hiuwen si genuoc: 2215
  • haß ir ieslîcher dem anderen truoc.
  • die schiet dô von Berne der degen Wolfwîn.
  • ob eß ein helt niht wære, daß kunde nimmer gesîn.
  • Gunther der vil küene mit williger hant 2216
  • enphie die helde mære von Amelunge lant.
  • Gîselher der hêrre diu liehten helmvaß
  • der vrumte er dâ vil manegeß von bluote rôt unde naß.
  • Dancwart, Hagenen bruoder, was ein grimmec man: A.2217
  • swaß er dâ vor hête in strîte getân
  • den Etzelen recken, daß was gar ein wint:
  • alrêst vaht tobelîche des küenen Aldrîânes kint.
  • Ritschart unde Gêrbart, Helfrîch und Wîchart 2218
  • die heten in manegen stürmen selten sich gespart:
  • des brâhten si wol inne die Guntheres man.
  • dô sach man Wolfprande in sturme hêrlîchen gân.
  • Dô vaht, alsam er wuote, der alte Hildebrant. 2219
  • vil der guoten recken vor Wolfhartes hant
  • mit tôde muose vallen von swerten in daß bluot:
  • sus râchen Rüedegêren die recken küene unde guot.
  • Dô vaht der hêrre Sigestap, als im sîn ellen riet. 2220
  • hei, waß er in dem sturme der herten helme schriet
  • den sînen vîenden, Dietrîches swester sun.
  • er kunde in dem sturme nimmer beßßers niht getuon.
  • Volkêr der starke, dô er daß ersach, 2221
  • daß Sigestap der küene den bluotegen bach
  • hiu ûß herten ringen, daß was dem helde zorn:
  • er spranc im hin engegene. dô hete Sigstap verlorn
  • Von dem videlære vil schiere daß leben: 2222
  • er begunde im sîner künste al solhen teil dâ geben,
  • daß er von sînem swerte muose ligen tôt.
  • daß rach der alte Hildebrant, als im sîn ellen daß gebôt.
  • ‚Ouwê liebes hêrren,‘ sprach meister Hildebrant, 2223
  • ‚der hie lît erstorben vor Volkêres hant.
  • nune sol der videlære lenger niht genesen.‘
  • Hildebrant der küene wie kunder grimmer sîn gewesen.
  • Dô sluog er Volkêren, daß im diu helmbant 2224
  • stuben allenthalben zuo des sales want
  • von helm und ouch von schilte dem küenen spilman;
  • dâ von der starke Volkêr dô den ende dâ gewan.
  • Dô drungen zuo dem strîte die Dietrîches man. 2225
  • si sluogen, daß die ringe vil verre dræten dan
  • und daß man ort der swerte vil hôhe vliegen sach.
  • si holten ûß den helmen den heiße vließenden bach.
  • Dô sach von Troneje Hagene Volkêren tôt: 2226
  • daß was zer hôhgezîte sîn aller meistiu nôt,
  • die er dâ hete gewunnen an mâge und ouch an man.
  • ouwê, wie harte Hagene den helt dô rechen began!
  • ‚Nu ensol sîn niht genießen der alte Hildebrant: 2227
  • mîn helfe lît erslagene von des heldes hant,
  • der beste hergeselle, den ich ie gewan.‘
  • den schilt den ructer hôher: dô gie er houwende dan.
  • Helfrîch der starke Dancwarten sluoc. A.2228
  • Gunther unde Gîselher den was eß leit genuoc,
  • dô si in sâhen vallen in der starken nôt.
  • er het mit sînen handen wol vergolten sînen tôt.
  • Swie vil von manegen landen gesamnet wære dar, C.
  • vil vürsten krefteclîche gegen ir kleinen schar,
  • wæren die kristen liute wider si niht gewesen,
  • si wæren mit ir ellen vor allen heiden wol genesen.
  • Die wîle gie ouch Wolfhart beidiu wider unde dan, 2229
  • alleß houwende die Guntheres man.
  • er was die driten kêre nu komen durch daß wal:
  • dâ viel von sînen handen vil manec recke ze tal.
  • Dô rief der starke Gîselher Wolfharten an: 2230
  • ‚ouwê, daß ich sô grimmen vîent ie gewan!
  • edel rîter küene, nu wendet gegen mîn.
  • ich wil eß helfen enden, eß enmac niht lenger gesîn.‘
  • Ze Gîselhere kêrte Wolfhart in den strît. 2231
  • dô sluoc ir ietwedere vil manege wunden wît.
  • sô rehte krefteclîche er zuo dem künege dranc,
  • daß imß bluot undern vüeßen al überß houbet gespranc.
  • Mit swinden slegen grimme der schœnen Uoten kint 2232
  • enphie Wolfharten den küenen recken sint.
  • swie stark der degen wære, er kunde niht genesen.
  • eßn dorfte künec sô junger nimmer küener sîn gewesen.
  • Dô sluoger Wolfharten durch eine brünne guot, 2233
  • daß im von der wunde nider schôß daß bluot:
  • er wunte zuo dem tôde den Dietrîches man.
  • eßn hete âne einen recken zwâre niemen getân.
  • Alsô der küene Wolfhart der wunden enphant, 2234
  • den schilt ließ er vallen: hôher an der hant
  • huob er ein starkeß wâfen, daß was scharf genuoc:
  • durch helm und durch ringe der helt dô Gîselheren sluoc.
  • Si heten bêde ein ander den grimmen tôt getân. 2235
  • do enlebte ouch nu niht mêre der Dietrîches man.
  • Hildebrant der alte Wolfharten vallen sach:
  • im wæn vor sînem tôde sô rehte leide nie geschach.
  • Dô wâren gar erstorben die Guntheres man 2236
  • und ouch die Dietrîches. Hilprant was gegân,
  • dâ Wolfhart was gevallen nider in daß bluot.
  • er umbeslôß mit armen den recken küene unde guot.
  • Er wolde in ûß dem hûse mit im tragen dan; 2237
  • er was ein teil ze swære: er muose in ligen lân.
  • dâ blicte ûß dem bluote der rêwunde man:
  • er sach wol, daß im gerne sîn neve het geholfen dan.
  • Dô sprach der tôtwunde: ‚vil lieber œheim mîn, 2238
  • irn mugt an disen zîten mir niht vrum gesîn.
  • nu hüetet iuch vor Hagene: jâ dunket eß mich guot:
  • er treit in sînem herzen einen grimmigen muot.
  • ‚Und ob mich mîne mâge nâch tôde wellen klagen, 2239
  • den næhsten und den besten den sult ir von mir sagen,
  • daß si nâch mir iht weinen, daß sî âne nôt:
  • von eines küneges handen lig ich hie hêrlîchen tôt.
  • ‚Ich hân ouch hier inne sô vergolten mînen lîp, 2240
  • daß eß wol mugen beweinen der guoten rîter wîp.
  • ob iuch des iemen vrâge, sô mugt ir balde sagen:
  • vor mîn eines handen lît wol hundert erslagen.‘
  • Dô gedâht ouch Hagene an den spilman, 2241
  • dem der alte Hildebrant sîn leben an gewan:
  • dô sprach er zuo dem degene: ‚ir geltet mîniu leit.
  • ir habt uns hinne erbunnen vil maneges recken gemeit.‘
  • Er sluog ûf Hildebrande, daß man wol vernam 2242
  • Palmunge dießen, den Sîvride nam
  • Hagene der vil küene, dâ er den helt sluoc.
  • dô werte sich der alte: er was ouch küene genuoc.
  • Der Wolfhartes œheim sluog ein wâfen breit 2243
  • ûf Hagenen von Troneje, daß ouch vil sêre sneit.
  • done kunder niht verwunden den Guntheres man.
  • dô sluog aber in Hagene durch eine brünne wol getân.
  • Alsô meister Hildebrant der wunden reht enphant, 2244
  • dô vorhte er schaden mêre von der Hagenen hant.
  • den schilt warf über rucke der Dietrîches man:
  • mit der starken wunden der helt dô Hagenen entran.
  • Dâ was nu nieman lebender al der degene, 2245
  • niuwan die zwêne aleine, Gunther und Hagene.
  • mit bluote gie berunnen der alte Hildebrant:
  • er brâhte leidiu mære, dâ er Dietrîchen vant.
  • Dô sach er trûreclîchen sitzen hie den man: 2246
  • der leide michels mêre der vürste dô gewan.
  • er sach ouch Hilprande in sîner brünne rôt:
  • dô vrâgter in der mære, als im diu sorge gebôt.
  • ‚Nu sagt mir, meister Hildebrant, wie sît ir sô naß 2247
  • von dem verchbluote? oder wer tet iu daß?
  • ich wæne, ir mit den gesten zem hûse habt gestriten:
  • ich verbôt eß iu sô sêre: dô het irß billîch vermiten.‘
  • Dô sagte er sînem hêrren: ‚eß tet Hagene: 2248
  • der sluoc mir dise wunden in dem gademe,
  • dô ich von dem recken wolde wenden dan.
  • mit mînem lebene dem tiuvel kûme ich entran.‘
  • Dô sprach der Bernære: ‚vil reht ist iu geschehen, 2249
  • dô ir mich vriuntschefte den recken hôrtet jehen,
  • daß ir den vride dâ brâchent, den ich in hete gegeben:
  • het ichs niht immer schande, ir soldet vliesen daß leben.‘
  • ‚Nu erzürnet niht sô sêre, mîn hêr Dietrîch: 2250
  • an mir und mînen vriunden der schade ist alze rîch.
  • wir wolden Rüedegêren hân getragen dan:
  • des enwolden uns niht gunnen des künic Guntheres man.‘
  • ‚Sô wê mir dirre leide! ist Rüedegêr doch tôt? 2251
  • daß muoß mir sîn ein jâmer vor aller mîner nôt.
  • Gotelint diu edele ist mîner basen kint:
  • ach wê der armen weisen, die dâ ze Bechlâren sint!‘
  • Riuwen unde leides mant in dô sîn tôt. 2252
  • er begunde weinen: des gie dem helde nôt.
  • ‚ouwê getriuwer helfe, die ich verlorn hân:
  • jane überwinde ich nimmer mê des künic Etzelen man.
  • ‚Megt ir mir, meister Hildebrant, diu rehten mære sagen, 2253
  • wer der recke wære, der in dâ hât erslagen?‘
  • er sprach: ‚daß tet mit kreften der starke Gêrnôt:
  • von Rüedegêres handen ist ouch der helt gelegen tôt.‘
  • Er sprach zuo Hildebrande: ‚nu sagt mînen man, 2254
  • daß si sich balde wâfenen, wan ich wil dar gân,
  • und heißet mir gewinnen mîn liehteß wîcgewant:
  • ich wil selbe vrâgen die helde ûß Burgunde lant.‘
  • Dô sprach meister Hildeprant: ‚wer sol zuo iu gên? 2255
  • swaß ir habt der lebenden, die seht ir bî iu stên:
  • daß bin ich alters eine: die andern die sint tôt.‘
  • do erschricte er dirre mære: des gie im wærlîchen nôt,
  • Wan er leit sô grôßeß zer werlde nie gewan. 2256
  • er sprach: ‚und sint erstorben alle mîne man,
  • sô hât mîn Got vergeßßen, ich armer Dietrîch!
  • ich was ein künec gewaltec, vile hêr unde rîch.‘
  • ‚Wie kunde eß sich gevüegen,‘ sprach aber hêr Dietrîch, 2257
  • ‚daß si alle sint erstorben, die helde lobelîch,
  • von den strîtmüeden, die doch heten nôt?
  • wan durch mîn ungelücke, in wær noch vremde der tôt!
  • ‚Sît daß es mîn unsælde niht langer wolde entwesen, 2258
  • sô sagt mir, ist der geste noch iemen dâ genesen?‘
  • dô sprach meister Hildebrant: ‚daß weiß Got, nieman mêr
  • niuwan Hagene aleine und Gunther der künic hêr.‘
  • ‚Ouwê, lieber Wolfhart, sol ich dich hân verlorn, 2259
  • sô mac mich balde riuwen, daß ich ie wart geborn;
  • Sigstab unde Wolfwîn und ouch Wolfbrant:
  • wer sol mir denne helfen in der Amelunge lant?
  • ‚Helfrîch der vil küene, und ist mir der erslagen, 2260
  • Gêrbart unde Wîchart, wie solde ich die verklagen?
  • daß ist an mînen vreuden mir der leste tac.
  • ouwê, daß vor leide nieman wol sterben mac.‘
  • Âventiure
  • wie Gunther unde Hagene unde Kriemhilt wurden erslagen.
  • Dô nam der hêrre Dietrîch selbe sîn gewant; 2261
  • im half, daß er sich wâfente, der alte Hildebrant.
  • dô klagte alsô sêre der kreftige man,
  • daß daß hûs erdießen von sîner stimme began.
  • Do gewan er aber widere rehten heldes muot. 2262
  • in grimme wart gewâfenet dô der degen guot.
  • einen schilt vil vesten den nam er an die hant:
  • si giengen balde danne, er unde meister Hildebrant.
  • Dô sprach von Tronje Hagene: ‚ich sihe dort her gân 2263
  • den hêrren Dietrîche: der wil uns bestân
  • nâch sînem starken leide, daß im ist hie geschehen.
  • man sol daß hiute kiesen, wem man des besten müge jehen.
  • ‚Jane dunket sich von Berne der hêrre Dietrîch 2264
  • nie sô stark des lîbes und sô gremlîch,
  • und wil erß an uns rechen, daß im ist getân,‘
  • alsô redete Hagene, ‚ich getar in harte wol bestân.‘
  • Dise rede hôrte Dietrîch und Hildebrant. 2265
  • er kom, dâ er die recken beide stênde vant
  • ûßen vor dem hûse geleinet an den sal.
  • sînen schilt den guoten satzt hêr Dietrîch ze tal.
  • In leitlîchen sorgen sprach hêr Dietrîch: 2266
  • ‚wie habt ir sô geworben, Gunther, künic rîch,
  • wider mich ellenden? waß het ich iu getân?
  • alles mînes trôstes des bin ich eine bestân.
  • ‚Iuch endûhte niht der volle an der grôßen nôt, 2267
  • dô ir uns Rüedegêre den helet sluoget tôt:
  • nu habt ir mir erbunnen aller mîner man.
  • jane het ich iu helden solher leide niht getân.
  • ‚Gedenket an iuch selben und an iuwer leit, 2268
  • tôt der iuwer vriunde und ouch diu arbeit,
  • ob eß iu guoten recken beswârt iht den muot.
  • ouwê, wie rehte unsanfte mir tôt der Rüedegêres tuot!
  • ‚Eß geschach ze dirre werlde nie manne leider mêr. 2269
  • ir gedâhtet übele an mîn und iuwer sêr.
  • swaß ich vreuden hête, diu liget von iu erslagen:
  • ja enkan ich nimmer mêre die mîne mâge verklagen.‘
  • ‚Jane sî wir niht sô schuldec,‘ sprach dô Hagene. 2270
  • ‚eß giengen ze dem hûse die iuwer degene
  • gewâfent wol ze vlîße mit einer schar sô breit.
  • mich dunket, daß diu mære iu niht rehte sint geseit.‘
  • ‚Waß sol ich mêr gelouben? mir sagt Hildebrant: 2271
  • dô mîne recken gerten von Amelunge lant,
  • daß ir in Rüedegêre gæbet ûß dem sal,
  • dô bütet ir niuwan spotten den mînen recken her ze tal.‘
  • Dô sprach der vogt von Rîne: ‚si jâhen, wolden tragen 2272
  • Rüedegêr von hinne: den hieß ich in versagen
  • Etzeln ze leide und niht den dînen man,
  • unz daß dô Wolfhart dar umbe schelten began.‘
  • Dô sprach der helt von Berne: ‚eß muose et alsô sîn. 2273
  • Gunther, künic edele, durch die zühte dîn
  • ergetze mich der leide, die mir sint getân,
  • und süene eß, rîter küene, sô wil ich gar die schulde lân.
  • ‚Ergip dich mir ze gîsel, du und dîn man: 2274
  • sô wil ich iuch behüeten, so ich aller beste kan,
  • daß dir hie zen Hiunen niemen niht entuot.
  • du solt an mir niht vinden niuwan triuwe und alleß guot.‘
  • ‚Daß enwelle Got von himele,‘ sprach dô Hagene, 2275
  • ‚daß sich dir ergæben zwêne degene,
  • die du sô werlîche noch sihest gewâfent stân.
  • daß hieße ein michel schande und wær ouch übele getân.‘
  • ‚Irn sult eß niht versprechen,‘ sprach aber Dietrich. 2276
  • ‚Gunther unde Hagene, jâ habt ir beide mich
  • sô sêre beswæret, daß herze und ouch den muot,
  • und welt ir michs ergetzen, daß irß vil billîchen tuot.
  • ‚Ich gibs iu mîne triuwe und sicherlîche hant, 2277
  • daß ich mit iu wider heim rîte in iuwer lant.
  • ich geleite iuch nâch den êren oder ich gelige tôt
  • und wil durch iuch vergeßßen der mînen grœßlîchen nôt.‘
  • ‚Nu enmuotet sîn niht mêre,‘ sprach aber Hagene. 2278
  • ‚von uns enzimt daß mære niht wol ze sagene,
  • daß sich iu ergæben zwên alsô küene man.
  • nu siht man bî iu niemen wan eine Hildebrande stân.‘
  • Des antwurte Hildebrant: ‚iuch möhte wol gezemen 2279
  • den vride mînes hêrren ob ir den ruochtet nemen:
  • eß kumt noch an die stunde vil lîhte in kurzer zît,
  • daß ir in gerne næmet und in iu danne niemen gît.‘
  • ‚Jâ næme ich ê die suone,‘ sprach ab Hagene, 2280
  • ‚ê ich sô lesterlîche von eime degene
  • vlühe, meister Hildebrant, als ir hie habt getân:
  • ich wânde ûf mîne triuwe, ir kundet baß gein vînden stân.‘
  • Dô sprach meister Hildebrant: ‚zwiu verwîßet ir mir daß? 2281
  • nu wer was, der ûfme schilde vor dem Wasgensteine saß,
  • dô im von Spâne Walther sô vil der mâge sluoc?
  • ouch habt ir noch ze zeigen an iu selben genuoc.‘
  • Dô sprach der hêrre Dieterîch: ‚daß enzimt niht helde lîp, 2282
  • daß si suln schelden sam diu alten wîp.
  • ich verbiute iu, meister Hildebrant, daß ir iht sprechet mêr.
  • mich ellenden recken twinget grœßlîchiu sêr.
  • ‚Lât hœren, vriunt Hagene,‘ sprach dô Dietrîch, 2283
  • ‚waß ir ê redetet, ir recken lobelîch,
  • dô ir mich gewâfent zuo iu sâhet gân?
  • ir jâhet, daß ir eine mit strîte woldet mich bestân.‘
  • ‚Jane lougent iu des niemen,‘ sprach Hagene der degen, 2284
  • ‚ich enwelleß hie versuochen mit den starken slegen,
  • eß ensî, daß mir zebreste daß Niblunges swert.
  • mir ist zorn, daß unser beider hie ze gîsel ist gegert.‘
  • Dô Dietrîch gehôrte den grimmen Hagnen muot, 2285
  • den schilt vil balde zucte der snelle degen guot.
  • wie balde gein im Hagene von der stiegen spranc!
  • Niblunges swert daß guote vil lûte ûf Dietrîch erklanc.
  • Dô wesse wol hêr Dieterîch, daß der küene man 2286
  • vil grimmes muotes wære: schirmen im began
  • der hêrre von Berne vor angestlîchen slegen.
  • vil wol erkander Hagenen: er was ein ûßerwelter degen.
  • Ouch vorht er Balmunge, ein wâfen starc genuoc. 2287
  • under wîlen Dietrîch mit listen wider sluoc,
  • unz daß er Hagenen mit strîte doch betwanc.
  • er sluog im eine wunden, diu was tief unde lanc.
  • Do gedâht der hêrre Dieterîch: ‚du bist in nôt erwigen; 2288
  • ich hâns lützel êre, soltu nu tôt geligen.
  • ich wil eß sus versuochen, ob ich entwingen kan
  • dich mir zeinem gîsel.‘ daß wart mit sorgen getân.
  • Den schilt ließ er vallen: sîn sterke diu was grôß; 2289
  • Hagnen von Troneje mit armen er beslôß.
  • des wart dô betwungen von im der küene man.
  • Gunther der edele dar umbe trûren began.
  • Hagene bant dô Dieterîch und vuorte in, dâ er vant 2290
  • die edelen küneginne, und gab ir bî der hant
  • den küenisten recken, der ie swert getruoc.
  • nâch ir vil starkem leide dô wart si vrœlîch genuoc.
  • Vor liebe neic dem degene daß Etzelen wîp: 2291
  • ‚immer sî dir sælec dîn herze und ouch dîn lîp.
  • du hâst mich wol ergetzet aller mîner nôt:
  • daß sol ich immer dienen, mich ensûme der tôt.‘
  • Dô sprach der hêrre Dieterîch: ‚ir sult in lân genesen, 2292
  • vil edeliu küneginne. eß mac vil wol noch wesen,
  • daß iuch sîn dienst ergetzet, daß er iu hât getân:
  • er sol des niht enkelten, daß irn gebunden sehet stân.‘
  • Dô hieß si vüeren Hagenen an sînen ungemach, 2293
  • dâ er lac besloßßen und dâ in niemen sach.
  • Gunther der künic edele rüefen dô began.
  • ‚war kom der helt von Berne? der hât mir leide getân.‘
  • Dô gie im hin engegene der hêrre Dietrîch. 2294
  • Guntheres ellen daß was vil lobelîch;
  • do enbeit ouch er niht mere, er lief her vür den sal.
  • von ir beiden swerten huob sich ein grœßlîcher schal.
  • Swie vil der hêrre Dieterîch lange was gelobt, 2295
  • Gunther was sô sêre erzürnet und ertobt:
  • wan er nâch starkem leide dô sîn vîent was.
  • man sagt eß noch ze wunder, daß dô hêr Dietrîch genas.
  • Ir ellen und ir sterke beide wâren grôß. 2296
  • palas und türne von ir slegen dôß,
  • dô si mit swerten hiuwen ûf die helme guot.
  • eß hete der künic Gunther einen hêrlîchen muot.
  • Sît twanc in der von Berne, als Hagnen ê geschach. 2297
  • daß bluot man durch die ringe dem helde vließen sach
  • von einem starken swerte, daß truoc hêr Dietrîch.
  • doch het gewert hêr Gunther nâch müede loblîchen sich.
  • Der hêrre wart gebunden von Dietrîches hant, 2298
  • swie künege niene solden lîden solhiu bant.
  • er dâht, ob er si ließe, den künec und sînen man,
  • alle, die si vünden, die müesen tôt vor in bestân.
  • Dietrîch von Berne der nam in bî der hant: 2299
  • dô vuorte er in gebunden, da er Kriemhilde vant.
  • dô was mit sîme leide ir sorge ein teil benomen.
  • si sprach: ‚künic Gunther, sît mir grôße willekomen.‘
  • Er sprach: ‚ich sold iu nîgen, vil edel swester mîn, 2300
  • ob iuwer grüeßen mehte genædeclîcher sîn.
  • ich weiß iuch, küneginne, sô zornec gemuot,
  • daß ir mich und Hagenen vil swacheß grüeßen getuot.‘
  • Dô sprach der helt von Berne: ‚vil edel küneges wîp, 2301
  • eß enwart nie gîsel mêre sô guoter rîter lîp,
  • als ich iu, vrouwe hêre, an in gegeben hân.
  • nu solt ir die ellenden mîn vil wol genießen lân.‘
  • Si jach, si tæte eß gerne. dô gie hêr Dietrîch 2302
  • mit weinenden ougen von den helden lobelîch.
  • sît rach sich grimmeclîche daß Etzelen wîp:
  • den ûß erwelten degenen nam si beiden den lîp.
  • Si lie si ligen sunder durch ir ungemach, 2303
  • daß ir sît dewedere den andern nie gesach.
  • unz si ir bruder houbet hin vür Hagenen truoc.
  • der Kriemhilde râche wart an in beiden genuoc.
  • Dô gie diu küneginne, dâ si Hagnen sach; 2304
  • wie rehte vîntlîche si zuo dem recken sprach:
  • ‚welt ir mir geben widere, daß ir mir habt genomen,
  • sô megt ir noch wol lebende heim zuo den Burgunden komen.‘
  • Dô sprach der grimme Hagene: ‚diu rede ist gar verlorn, 2305
  • vil edeliu küneginne. jâ hân ich des gesworn,
  • daß ich den hort iht zeige: die wîle daß si leben,
  • deheiner mîner hêrren, so enwirt er nieman gegeben.‘
  • ‚Ich bringeß an ein ende,‘ sô sprach daß edel wîp. 2306
  • dô hieß si ir bruoder nemen dâ den lîp.
  • man sluoc im ab daß houbet: bî hâre si eß truoc
  • vür den helt von Troneje: dô wart im leide genuoc.
  • Alsô der ungemuote sîns hêrren houbet sach, 2307
  • widre Kriemhilde dô der recke sprach:
  • ‚du hâst eß zeinem ende nâch dîme willen brâht,
  • und ist ouch rehte ergangen, als ich mir hête gedâht.
  • ‚Nu ist von Burgunde der edel künic tôt, 2308
  • Gîselher der junge und ouch Gêrnôt.
  • den schatz weiß nu nieman wan Got unde mîn:
  • der sol dich vâlentinne immer gar verholn sîn.‘
  • Si sprach: ‚sô habt ir übele geltes mich gewert; 2309
  • sô wil ich doch behalten daß Sîvrides swert.
  • daß truoc mîn holder vriedel, dô ich in jungist sach,
  • an dem mir herzen leide vor allem leide geschach.‘
  • Si zôch eß von der scheide: daß kunder niht erwern. 2310
  • dô dâhte si den recken des lebenes behern.
  • si huob eß mit ir handen, daß houbet si im abe sluoc.
  • daß sach der künic Etzele: dô was im leide genuoc.
  • ‚Wâfen,‘ sprach der vürste, ‚wie ist nu tôt gelegen 2311
  • von eines wîbes handen der aller beste degen,
  • der ie kom ze sturme oder ie schilt getruoc!
  • swie vîent ich im wære, eß ist mir leide genuoc.‘
  • Dô sprach meister Hildebrant: ‚ja geniußet si es niht, 2312
  • daß si in slahen torste; swaß halt mir geschiht,
  • swie er mich selben brâhte in angestlîche nôt,
  • iedoch sô wil ich rechen des küenen Tronjæres tôt.‘
  • Hildebrand mit zorne ze Kriemhilde spranc: 2313
  • er sluoc der küneginne eines swertes swanc.
  • jâ tet ir diu sorge von dem degene wê;
  • waß maht si gehelfen, daß si vil grœßlîchen schrê?
  • Dô was gelegen über al dâ der veigen lîp: 2314
  • ze stucken lac gehouwen dô daß edel wîp.
  • Etzel unde Dietrîch weinen dô began:
  • si klageten jæmerlîche beide mâge unde man.
  • Diu vil mîchel êre was dâ gelegen tôt: 2315
  • die liute heten alle jâmer unde nôt.
  • mit leide was verendet des küneges hôhgezît,
  • als ie diu liebe leide an dem ende gerne gît.
  • Ine kan iu niht bescheiden, waß sider dâ geschach, 2316
  • C. wan kristen unde heiden weinen man dâ sach,
  • wîb unde knehte und manege schœne meit:
  • die heten nâch ir vriunden diu allergrœßisten leit.
  • Ine sage iu nu niht mêre von der grôßen nôt; C.
  • die dâ erslagen wâren, die lâßen ligen tot --
  • wie ir dinc aneviengen sît der Hiunen diet,
  • hie hât daß mære ein ende: daß ist ~der Nibelunge liet~.
  • * * * * *
  • Statt der letzten fünf Strophen hat b folgende sechs, die beiden
  • letzten übereinstimmend mit A.
  • Hilprant mit zorne ze Kriemhilden spranc.
  • er sluoc der küneginne einen swæren swertes swanc,
  • enmitten dâ der borte ir den lîp het umbegeben.
  • dô muose diu küneginne verliesen dâ ir werdeß leben.
  • Daß swert daß sneit sô drâte, daß si sîn niht enphant,
  • daß si het gerüeret unsanft; si sprach zehant:
  • ‚dîn wâfen ist verplawen: du solteß von dir legen;
  • eß zimt niht wol ze tragene eim als zierlîchen degen.‘
  • Dô zôch er von dem vinger einen rinc rôt guldîn;
  • er warf in ir vor die vüeße: ‚hebt ir daß vingerlîn
  • ûf von der erden, sô habt ir wâr, edel wîp.‘
  • si neic sich nâch dem golde: dô viel entzwei ir werder lîp.
  • Nu ist ouch gelegen Kriemhilt, ouwê der nôt:
  • wie rehte gar unmüeßec was dâ der tôt!
  • Dietrîch und Etzel sêre weinen dô began:
  • si klagten inneclîche beide wîp unde man.
  • Diu vil michel êre was dâ gelegen tôt.
  • die liute heten alle jâmer unde nôt.
  • mit leide was verendet des küneges hôchzît,
  • als ie diu liebe leide ze aller jungiste gît.
  • Ich enkan iu niht bescheiden, waß sider dâ geschach,
  • wan rîter unde knehte weinen man dâ sach,
  • dar zuo die edeln knehte, ir lieben vriunde tôt.
  • hie hât daß mær ein ende: ditze ist ~der Nibelunge nôt~.
  • End of the Project Gutenberg EBook of Der Nibelunge liet, by Anonymous
  • *** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER NIBELUNGE LIET ***
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