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- Full text of "Ulrich's von Liechtenstein Frauendienst"
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- ^ÄiUB.^'^"'
- DEUTSCHE DICHTUNGEN
- DES
- MITTELALTERS.
- MIT WORT- UND SACHERKLÄRUNGEN.
- HERAUSGEGEBEN
- VON
- KARIi BARTSCH.
- SECHSTEE BAND.
- ULRICH'S VON LIECHTENSTEIN PRAUENDIENST.
- ERSTER THEIL.
- LEIPZIG :
- F. A. BROCKHAÜS.
- 1888.
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- Y05 UEeHTE>STEIS
- FRACENDIENST.
- HERAUSGEGEBEN
- VON
- BEIHHOLB BECHSTBIH.
- ERSTER THEIL.
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- LEIPZIG :
- F. A. BROCKHAÜS.
- 1888.
- 838
- L 705 K-
- B88
- v.l
- EINLEITUNG.
- Mag trotz reicher dichterischer Schönheiten ülrich's .
- "von Liechtenstein Frauendienst auch gegen die glänzen-
- den Schöpfungen Hartmann's von Aue, Wolfram's von
- Eschenbach und Gottfried's von Straßburg in den Schatten
- treten, so bleibt ihm doch nach übereinstimniendem Ur-
- theil der unbestreitbare Vorzug, die merkwürdigste und
- lehrreichste Erzählung unseres Mittelalters zu sein.
- Ulrich ist geraume Zeit eher als Lyriker bekannt
- geworden denn als Epiker und Didaktiker. Bereits im
- Jahre 1759 erschienen die in der Pariser Handschrift
- enthaltenen Lieder Ulrich's im zweiten Bande von Bod-
- mer's und Breitinger's Minnesingern. Aus dieser großen
- Sammlung wählte Ludwig Tieck zwölf Stücke aus für
- seine a Minnelieder » (1803). Er gibt auch von ihnen
- eine kurze Charakteristik, er bezeichnet sie als die
- muthigsten und lustigsten. Aber das erste eigentlich
- literarisch -ästhetische ürtheil über Ulrich's Liederkunst
- stammt aus dem Jahre 1812; es rührt von demselben
- Gelehrten her, welcher auch über Walther von der Vogel-
- weide jene treffenden Worte gesprochen, deren Ludwig
- Uhland in der Vorrede zu seiner berühmten Walther-
- Monographie gedenkt und die denselben zur Abfaßung
- seiner Schrift angeregt haben mögen: von Friedrich
- Bouterwek^ Dieses Urtheil ist überaus günstig, Bouter-
- wek weist Ulrich einen der ersten Plätze unter den deut-
- schen Liederdichtem zu.
- In demselben Jahre 1812 kam Ludwig Tieck's Be-
- ^ Im 9. Bande von Bouterwek's Geschichte der Poesie und
- Beredsamkeit S. 117 fg.
- VI EINLEITUNG.
- arbeitung des Frauendienstes. Sie gab ein schwaches
- Abbild des Gedichtes und konnte für die literarische Er-
- kenntniß nur ein Nothbehelf sein. Dennoch haben ein-
- zelne die Bedeutung dieser ersten dichterischen Selbst-
- biographie erkannt, wie namentlich Koberstein^ und
- Uhland^, wenn es ihnen auch nicht möglich war, über
- den poetischen Werth oder ünwerth der erzählenden
- Theile ein Urtheil zu fällen. Vielseitig wurde der "Wunsch
- geäußert, es möchte ein Abdruck des Frauendienstes ver-
- anstaltet werden, aber erst im Jahre 1841 erschien Lach-
- mann's Ausgabe.
- Schon vor dieser Veröffentlichung hatte von der Hagen
- das Original in seiner großen Sammlung der Minnesinger
- benutzt und zwar für die Liedertexte und Lesarten so-
- wie für die im letzten Theile folgende Abhandlung über
- Ulrich von Liechtenstein.
- Lachmann^s Ausgabe enthielt auch Ulrich's Frauen-
- buch, welches kurz vorher auch von Bergmann heraus-
- gegeben war.
- Ohne Zweifel haben die ersten Bemühungen der
- Schweizer und Ludwig Tieck's dazu beigetragen, Ulrich
- und seine Dichtungen bekannt zu machen, aber eigent-
- lich erst seit Lachmann's Ausgabe ist er der wißen-
- schaftlichen Forschung wie auch der populären Literatur-
- geschichte gewonnen worden. Hätte Jacob Grimm eine
- solche Ausgabe vor sich gehabt, dann würde er den
- Frauendienst auch für seine Grammatik mehr ausgebeutet
- haben. Nur im vierten Theile der Grammatik, in der
- Syntax vom Jahre 1837, ist ab und zu diese Dichtung
- herangezogen. ^
- ^ In seinem Gruiiariß zur Geschichte der deutschen National-
- Litteratur vom Jahre 1827, §. 48 und §. 55, Anmerkung.
- * In seiner Abhandlung über den Minnesang, verwerthet
- in seinen Vorlesungen, die er zu Anfang der dreißiger Jahre an
- der Tübinger Universität gehalten hat, und die erst längere Zeit
- nach seinem Tode veröffentlicht sind im 5. Bande von «Uhland's
- Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage» (Stuttgart
- 1870) S. 210 fg.
- ^ Grimm Benutzte den Frauendienst in der ihm von Dr. Emil
- Braun verehrten Abschrift (s. Lachmann's Ausgabe S. 681). Er
- citiert nach den Blattzahlen der Handschrift.
- EINLEITUNG. VII
- Zwar wird man nicht behaupten wollen, daß sich
- um Ulrich seit 1841 eine eigentlich reiche Literatur
- gruppiere, aber kaum ein anderer Dichter zweiten Ranges
- ist so häufig wie er ein besonderer oder bevorzugter
- Oegenstand der Forschung und der literarischen Dar-
- stellung gewesen. ^ Sodann ist er auch außerhalb der
- eigentlichen Ulrich -Literatur in verschiedener Hinsicht,
- in sprachlicher^, metrischer^, biographischer* untersucht
- oder ausgebeutet worden. Die Literaturgeschichten gehen
- mehr oder weniger auf den Inhalt des Frauendienstes ein,
- aber auch besondere und ausführlichere Nacherzählungen
- haben wir erhalten. ^ Und so ist Ulrich eine allbekannte
- Persönlichkeit geworden, der freilich in der Schätzung
- der weiteren Kreise eine Art von Curiosität anhaftet.
- Durch eines aber mußte der Frauendienst besonders
- wichtig und anziehend werden: er diente als Hauptquelle
- für culturhistorische Studien und Darstellungen. ^
- ^ Die Literaturangaben, die sich gegenseitig ergänzen, in
- den bibliographisch -literarhistorischen Werken von Eoberstein,
- W. Wackernagel und Goedeke; in den Anmerkungen zu ver-
- schiedenen darstellenden Literaturgeschichten; in E. Bartschens
- Deutschen Liederdichtern, Einleitung; in C. H. Herrmann's
- Bibliotheca germanica.
- * Namentlich in Karl Weinhold's bairischer Grammatik.
- ® In Kummer's Herrand -Ausgabe und in Wackernell's Aus-
- gabe des Hugo von Montfort; auf ülrich's Lyrik nehmen ver-
- schiedene metrische Abhandlungen von K. Bartsch Bedacht,
- neuerdings auch die Schrift von R. Weißenfels über den dakty-
- lischen Rhythmus bei den Minnesängern (Halle 1886).
- * s. unten. .
- * Im 1. und 2. Bande von Gustav Freytag's Bildern aus
- der deutschen Vergangenheit und in Otto Lyon's Schrift «Minne-
- nnd Meistersang» (Leipzig 1883).
- * Besonders in Karl Weinhold's schönem Buche über die
- deutschen Frauen in dem Mittelalter, in Alwin Schultzens Werke
- über das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger, in San Marte's
- Waffenkunde des älteren deutschen Mittelalters, in Niedner's
- Turnier, in Weißens Kostümkunde, in J. Falke's Deutsche Trachten-
- und Modenwelt. — In den von Ralf von Rettberg (zuletzt schrieb
- er sich Retberg) hinterlaßenen heraldischen Studien, deren Ver-
- öffentlichung zu erwarten steht, ist der Frauendienst sehr fleißig
- benutzt. Dagegen finde ich in der Geschichte der Heraldik von
- Gustav A. Seyler (inj. Siebmacher's Wappenbuch, bis jetzt 4 Hefte,
- Vrn EINLEITUNG.
- Nach der Veröffentlichung des Frauendienstes ist
- Ulrich — das ist nicht zu leugnen — von der einstigen
- Höhe, die ihm als Liederdichter eingeräumt wurde, etwas
- herabgestiegen. Die erzählenden Theile und selbst auch
- die sogenannten Büchlein kommen nach allgemeinem Ur-
- theil den Liedern nicht gleich; aber auch im Kreise der
- Lieder selbst wollen wir nicht mehr das uneingeschränkte
- Lob gelten laßen, wie es dereinst Bouterwek und Uhland
- ihnen gespendet haben. Dennoch müßen wir dem Dichter
- zugestehen, daß er in künstlerischer Beziehung über viele
- seiner Genoßen weit hervorragt und daß er sogar in
- einzelnen seiner Liederschöpfungen das classische Ideal
- erreicht hat.
- Als Zeitgedicht schließt sich der Frauendienst an
- eine Reihe realistisch gehaltener Dichtungen an, die dem
- bairisch-österreichischen Stamm erwachsen sind, wie den
- didaktischen Dichtungen Heinrichs von Melk^, den po-
- litischen Sprüchen Walther's von der Vogelweide , dem
- wälschen Gast Thomasin's von Circlaria, den Liedern Neid-
- hard's von Reuenthal, Wernher's Erzählung vom Meier Helm-
- brecht, den Büchlein des sogenannten Seifried Helbling.
- Inmitten der altdeutschen Zeitgedichte nimmt aber
- der Frauendienst deshalb eine ganz eigenartige und her-
- vorragende Stelle ein, weil er die erste Selbstbiographie
- ist, die wir besitzen. Während die provenzalischen Lieder-
- sammlungen, worauf Uhländ gleich Eingangs seiner schönen
- Darstellung hinweist, häufig über die Lebensschicksale der
- Sänger berichten, fehlen solche Lebensabriße gänzlich in
- den deutschen H-andschriften, und wir müßen, abgesehen
- von einzelnen wenigen urkundlichen Nachrichten, das Bio-
- graphische nur aus zerstreuten Stellen ihrer Gedichte
- dürftig zusammenlesen. «Was wir aber bei mehreren ent-
- behren, das ist uns bei Einem — eben unserem Ulrich
- von Liechtenstein — um so reichlicher gegeben.»
- Nürnberg 1885 — 1887), die ich erst nach Abschluß dieses ersten
- Theiles kennen lernte, auf Ulrich verhältnißmäßig selten Bedacht
- genommen.
- ^ Der neuen Hypothese von W. Wilmanns , nach welcher
- Heinrich von Melk erst dem 14. Jahrhundert angehören soll,
- kann ich nicht beistimmen.
- EINLEITUNG. IX
- Ulrich's Erzählung macht einen so treuherzigen Ein-
- druck, daß wir in seine "Wahrheitsliebe keinen Zweifel
- setzen können, und um so weniger, als er auch Dinge
- berichtet, die für ihn keineswegs schmeichelhaft sind.
- Dennoch fehlt es nicht an Stellen, die uns bedenklich
- machen, ob der Dichter sich nicht geirrt, ob er nicht
- renommistisch tibertrieben, ob er, wenn wir uns eines
- vulgären Ausdrucks bedienen dürfen, nicht Jagdgeschich-
- ten zum Besten gegeben habe. Daß in einer Selbstbio-
- graphie unbewußte Irrthümer, auf Vergeßlichkeit beruhende
- Verwechselungen vorkommen können, wißen wir zur Ge-
- nüge, aber auch die Uebertreibungen und phantastischen
- Ausschmückungen werden wir natürlich und verzeihlich
- finden, wenn wir bedenken, daß solche sogar in ob-
- jectiv gehaltenen historischen Werken nicht selten an-
- zutreffen sind. Dichtung und Wahrheit nannte Goethe
- seine berühmte Selbstbiographie mit gutem Bedacht, wie
- könnte die Dichtung in einem Memoirenwerke der Vorzeit
- fehlen, welches ein von Poesie erfülltes Leben schildern
- sollte? Ulrich suchte als echter Realist die Phantastik
- der romantischen Ritterdichtung in die Wirklichkeit zu
- übertragen, da darf es uns nicht Wunder nehmen, daß er
- einzelne Züge und Motive aus den Erlebnissen der ge-
- feierten Helden in sein eigenes Leben hineinspielen ließ.
- Und wenn er nicht alles, was er erzählt, auch wirklich
- erfahren und vollbracht hat, so ergänzte er es nach seiner
- Phantasie, als sei es doch so geschehen. Ulrich gehört
- nach meiner Auffaßung zu den zwiefach gestimmten Na-
- turen, die an das glauben, was sie sich einreden.^
- Es konnte nicht fehlen, daß die Literarhistoriker
- auch über die Persönlichkeit und den Charakter Ulrich's
- sich äußerten. Da begegnen wir gar manchen ungünstigen
- und meisternden Urtheileh, die zum Theil einer sittlich
- ^ Unzutreffend scheint mir Wilhelm Grimm's XJrtheil in
- seiner Abhandlung über Freidank (1850) S. 35: «Ulrich's Frauen-
- dienst ist ein von aller Phantasie entblößtes Gedicht.» Ferner:
- ulch will nicht reden von dem oft widerwärtigen, oft abge-
- schmackten Inhalt, sondern denke hier nur an die trockene,
- chronikenartige Frzählung, die es nirgend auch nur zu einem
- geringen Grad \on Lebendigkeit bringt.»
- X EINLEITUNG.
- ernsten, zum Theil einer spießbürgerlichen Anschauungs-
- weise entsproßen sind. Das Beste, Zutreffendste und Ge-
- rechteste, was bis jetzt über Ulrich und seine Dichtungen
- gesagt worden, verdanken wir dem ersten Kenner der
- Minnepoesie, verdanken wir Ludwig Uhland. Auf seine
- ebenso wißenschaftliche wie anmuthende Darstellung seien
- alle verwiesen, die sich literarhistorisch belehren wollen.
- "Wir haben in dieser Einleitung nur die Leetüre vorzu-
- bereiten und über unsere Ausgabe das Nöthigste zu sagen.
- Es ist eigentlich zu verwundern, daß vom Frauen-
- dienste, in welchem so viele vornehme Persönlichkeilen
- genannt und meist auch gepriesen werden, sich nur eine
- einzige Handschrift erhalten hat. Auch Jacob Pütericb
- von ßeicherzhausen war im Besitze einer Handschrift,
- wie er uns in seinem Ehrenbriefe erzählt. ^ Es ist diese
- aber wahrscheinlich nicht die in München vorhandene,
- wie einst Schmeller annahm, denn die Münchener stammt
- aus dem Benedictinerkloster Asbach und gelangte von
- da mit einer Anzahl lateinischer Codices in den Besits
- der bairischen Herzoge. Eine dritte hat vielleicht den.
- Schreiber der Pariser Handschrift vorgelegen, der aus
- ihr die eingestreuten Lieder für seine Liedersammlung
- entnahm, falls er sich nicht, was weniger wahrscheinlich
- ist, eines älteren Liederbuchs als Vorlage bediente. Auch
- vom Frauenbuche' besitzen wir nur eine einzige Ueber-
- lieferung in der bekannten Ambraser Sammelhandschrift
- des Heldenbuchs. Daß sich die Lieder einer gi*ößereii
- Gunst erfreuten als das ganze Werk des Frauendienste::
- oder als die erzählenden Theile desselben, dürfen wir
- daraus schließen, daß auch in der Heidelberger Hand-
- schrift einige Strophen Ulrich's Aufnahme gefunden haben.
- Von literarischen Zeugnissen über Ulrich besitzen
- wir außer jenem in Püterich's Ehrenbriefe zunächst nu
- eines: in einem Schwanke Herrand's von Wildonie. D:
- ^ Es heißt da in dem Ehrenbriefe (herausg. von Th. voi«
- Karajan, Haupt's Zeitschr. 6, 1848. S. 31 fg.), Strophe 110
- Vnnd von dem Liechtenstein Virich ein Ritter zier Von Im ei •
- Puech 80 Bain gedichtet hat, das hab Ich auch*bei mir.
- EINLEITUNG. XI
- berichtet der Dichter, daß er den Stoff zu seiner Er-
- zählung vom getäuschten Ehemann von Herrn Ulrich von
- Liechtenstein erhalten habe.^
- Mehr als bloße literarische Zeugnisse sind die zahl-
- reichen Stellen in Ottackei*'s österreichischer Reimchronik
- (geschrieben 1290 — 1318), in denen Ulrich's als histori-
- scher, politisch thätiger Persönlichkeit gedacht wird. Sie
- dienen mit den urkundlichen Nachrichten zur Vervoll-
- ständigung seines Lebensbildes, das er uns in seinem
- Frauendienst entworfen hat.
- Daß Ulrich, wenn auch kein Epigone ihn als Dichter
- nennt und preist, doch für die dichterischen Bestrebungen
- seiner Tage ein offenes Auge hatte, lehren uns mehrere
- Stellen seiner Erzählung. Abgesehen von dem Berichte,
- daß ihn sein vornehmer Herr und Mentor, der Mark-
- graf Heinrich von Oesterreich ^ , auch in der Dichtkunst
- untervries, nennt er uns Gottfried von Totzenbach und
- Zacheus von Himmelberg als bekannte Liederdichter. Die
- höfische Epik muß sich Ulrich ganz zu eigen gemacht
- haben, denn er lebt in ihr, er geht in ihr völlig auf.
- Die phantastischen und märchenhaften Gestalten der alten
- fremden Sagen will er körperlich Wiederaufleben laßen,
- und so entsteht die Maskerade der Königin Venus und
- des Königs Artus mit seiner Tafelrunde. Aber auch in
- die sonstige Erzählung trägt er, wie bemerkt, Motive
- aus den bekannten Sagenkreisen und vermischt sie mit
- den eigenen Erlebnissen. Seine innige Vertrautheit mit
- den Meistern der Dichtkunst auf epischem wie auf lyri-
- schem Gebiete offenbart er aber durch die zahlreichen
- Anklänge, die in seiner Erzählung wie in seinen Liedern
- hervortönen, bald stärker in wörtlichen Entlehnungen,
- bald leiser in stilistischer Nachahmung. Aber nicht in
- eines einzelnen Meisters Schule ist er gegangen; jene
- Anklänge verrathen uns, daß er sich mit den besten
- vertraut gemacht und ihre Aussprüche treu im Gedächt-
- ^ s. Erzählungen und Schwanke herausg. von H. Lambel
- IV, 17 und Die poetischen Erzählungen von Herrand von Wil-
- donie herausgegeben von K. F. Kummer II, 17.
- * oder von Isterrich, Istrien? s. zu 29, 6 fg.
- XII EINLEITUNG.
- nisse bewahrt hat. Einmal, bei Abfaßung seines zweiten
- Tageliedes, fühlt er sich auch gedrungen, gegen seine
- « Meister » zu polemisieren. Dadurch bekundet er seinen
- selbstbewußten Dichterstolz.
- Ulrich erzählt uns treuherzig, ohne jegliche Prah-
- lerei, daß manche seiner Lieder beifällig aufgenommen,
- gesungen, zum Teil zum Tanz gesungen worden seien.
- Da mag er bei solcher Popularität wohl auch auf jüngere
- Kunstgenoßen eingewirkt haben. In der That finden sich
- bei einer Keihe von jüngeren Dichtern der österreichi-
- schen Lande, insbesondere bei dem genannten Herrand
- von Wildoüie, manigfache Anklänge an Ulrich \ wie auch
- der jüngere Steinmar auf Ulrich Bezug genommen zu
- haben scheint. ^ Auch zwischen Ulrich und dem Spruch-
- dichter Reinniar von Zweter ist eine gegenseitige Be-
- einflußung wahrzunehmen.^
- Außer dem Frauendienste und dem Frauenbuche
- besitzen wir kein Zeugniß von Ulrich's Dichterthätigkeit.
- Die Annahme Wilhelm Wackernagel's *, Ulrich möchte
- vielleicht auch die Schlacht an der Leitha besungen
- haben, stützt sich auf eine Conjectur und ist daher nicht
- sicher begründet.
- Bei den meisten Dichtwerken unseres Mittelalters
- kann die Entstehungszeit nur im Allgemeinen und an-
- nähernd berechnet werden. Dagegen sind wir in der
- glücklichen Lage, Ulrich's beide Dichtungen, bestimmt
- datieren zu können. Der Frauendienst ist 1255, das
- Frauenbuch 1257 vollendet worden.^ Die Lieder und
- die Büchlein, die in die Erzählung des Frauendienstes
- aufgenommen sind, können auch mehr oder weniger ge-
- nau zeitlich bestimmt werden. Für die Geschieht^ der
- Lyrik ist dies ein nicht zu unterschätzender Gewinn.
- ^ nachgewiesen von Kummer in der S. VII Anmerk. 4 ge-
- nannten Schrift.
- 2 s. zu 1813, 7.
- ^ Das Werk von Gustav. Roethe «Die Gedichte Reinmars
- von Zweter» (Leipzig 1887) kam leider zu spät, um noch für
- die Anmerkungen berücksichtigt und benutzt werden zu können.
- * 8. zu 1663, 7.
- * s. zu 1845, 2.
- EINLEITUNO. YTTT
- Der Frauendienst fallt schon in die Periode des
- Niedergangs der mittelhochdeutschen Poesie. Das gibt
- uns auch die Sprache und die Form der Dichtung kund.
- Ulrich macht von seinem heimischen, bairisch - öster-
- reichischen Dialecte einen weit ausgedehnten Gebrauch,
- indem er vor allem die Apocope der £ndsilben im Reime
- sehr häufig durchführt; aber diese Kürzungen der auf -e
- ausgehenden Wörter und Formen sind andererseits im
- innem Verse auch nicht angewandt, um der Metrik zu
- genügen. Somit gewahren wir ein Nebeneinander von
- Schriftdialect und allgemeiner Schriftsprache. Gerade
- die Dichtung der Baiem und Oesterreicher gibt uns den
- vollwichtigen Beweis von der Existenz einer Schrift-
- sprache oder genauer einer Dichtersprache, weil in ihr
- Formen zur Geltung kommen und kommen mflßen, welche
- in der Sprache des Lebens gewiß auch 4ämals schon
- nicht mehr vorhanden waren. Die Lieder und die Büch-
- lein, in denen auch klingende Reime verwendet werden
- und unter ihnen auch zahlreiche, wenn nicht die meisten,
- auf €, sind im Gegensatz zum erzählenden Theile, der
- nur stumpfe Reime aufweist, nahezu dialectlos. Nur
- äußerst selten begegnet jene in den Erzählungsstrophen
- so häutige Apocope. Wenn in den Liedern innerhalb
- des Verses ein auslautendes e geopfert wird, so ist dies
- nicht ein Zeichen des Dialects, sondern geschieht, wie bei
- allen, auch den besten Dichtem, aus metrischen Gründen.
- Steht die Sprache der Erzählungsstrophen im Ein-
- klänge mit der Entstehungszeit des Gedichtes, so zeigt
- auch der Versbau bereits ein von der früheren Uebung
- abweichendes Princip, welches aber eng mit der Wahl
- der Strophen zusammenhängt. Hätte Ulrich für seine
- Erzählung die kurzen Reimpaare gewählt, so würde er
- gewiß auch im älteren Stile gedichtet haben. Mit der
- Strophe, die dpch eine lyrische Form ist, erstrebte er
- die in der Lyrik schon längst durchgeführte Regelmäßig-
- keit in Abwechselung von Hebung und Senkung. Aber
- die Regelmäßigkeit dehnte er nicht auch auf die rhyth-
- mische Gestaltung aus. Zwar herrscht bei ihm wie vor-
- her bei Gottfried von Straßburg und nachher bei Konrad
- von Würzburg der jambische Rhythmus vor, aber er legte
- XIV EINLEITUNG.
- sich nicht den Zwang auf, den die jüixgere Lyrik und
- auch seine eigene zum Gesetz erhob. Er ist darin alter-
- thümlicher und dem epischen Gebrauche zugeneigt, daß
- er principiell freien Khythmus walten läßt und unter die
- vorwiegend jambischen auch trochäisch angelegte Verse
- mitunter einstreut. Ulrich's Gewandtheit ist außerordent-
- lich. Die Verse sind meist von tadelloser Glätte und
- Correctheit, aber manchmal gerathen auch Regelmäßig-
- keit, Rhythmus und logische Betonung in Widerstreit,
- und dann kommen auch Versbildungen zum Vorschein,
- die uns durchaus nicht anmuthen können. ^ Die Regel-
- mäßigkeit in Abwechselung von Hebung und Senkung
- erleidet auch manche Ausnahmen; hie und da fehlt in
- alterthümlicher Weise die' Senkung, auch der zweisilbige
- Auftact, der nach lyrischem Princip verpönt ist, begeg-
- net zuweilen, und drittens muß auch zweisilbige Senkung,
- wenigstens in der Schrift, öfters angenommen werden.
- Die Frauendienststrophe nimmt in der mittelhoch-
- deutschen Poesie eine eigenartige Stellung ein. Strophen
- werden in der Epik zunächst nur bei volksthümlichen
- Stoffen angewandt, aber sie fehlen auch nicht ganz der
- Kunstepik. Daß Ulrich seine Strophe mit lauter stumpfen
- Reimen nach dem Vorbild der Nibelungenstrophe geschaffen
- habe ^, ist wohl denkbar, allein damit erklären wir noch
- nicht ihre Wahl und ihre Gestaltung, die doch auch
- wieder von der der Nibelungenstrophe bedeutend ab-
- weicht. Nach meinem Dafürhalten hat Ulrich eine Ab-
- wechselung mit den Liedern und mehr noch mit den
- Büchlein gesucht, die 4pdi bereits da waren, ehe er seine
- Memoiren schrieb. Wären die Büchlein nicht vorhanden
- gewesen, oder hätte er sie nicht mit aufnehmen wollen,
- dann hätte er sich wohl zweifellos der naheliegenden
- und naturgemäßen Form der kurzen Reimpaare bedient.
- Nun hatten aber die Büchlein bereits diese epische Form,
- darum blieb ihm nichts anderes übrig als eine Strophe.^
- ^ Dies wird Schönbach zu seinem Urtheil (AUg. Deutsche
- Biographie 18, 622) veranlaßt haben, die Verse in den Er-
- zählungsstrophen «steif und holperig» zu nennen.
- 2 s. Scherer, Deutsche Studien 1, 56 (338).
- ^ Auch in der Handschrift sind die Strophen kenntlich ge*
- EINLEITUNG. XV
- Biese Strophe mußte aber auch wieder von den Liedern
- abweichen, und so schuf er eine, die sich der Form der
- kurzen Reimpaare möglichst anschloß. ß(S entschied
- sich für die alte achtzeilige Strophe Otfried's, wenn ihm
- natürlich auch ein Zusammenhang gaTf nicht bewußt war.
- In einem Gegensatz sowohl zu der Weise der Lieder als
- auch zu der der Büchlein steht die ausschließliche An-
- wendung der stumpfen Reime, die dem Oesterreicher §l8ö,
- wie angedeutet, vorbildlich in den Nibelungen gegeben
- waren, die ihn aber auch zugleich in den Stand setzten,
- nach Herzenslust reimen zu können. Denn sein Dialect
- bot ihm außer den von Natur aus sstumpfen Wörtern und
- Formen alle übrigen auf e ausgehenden auch; (lenh wenn
- sie nicht stumpf waren, so machte er sie einfach stumpf.
- Zu den Büchlein, die im älteren epischen Stile abgefaßt
- sind\ steht nun femer die Erzählungsstrophe mit den
- von uns berührten modernen Erscheinungen im Gegensatz.
- Für den Epiker ist die Strophe immer ein gewisses
- Hinderniß. Ulrich weiß sich in den von ihm selbst ge-
- zogenen Schranken frei und behaglich zu bewegen, aber
- öfters überspringt und bricht er sie auch, als habe er
- kurze Reimpaare vor sich. ^
- In den Liedern oifenbart sich Ulrich als ein Form-
- talent ersten Ranges. Nur im Anfang hat er noch mit
- der Form zu ringen, namentlich macht ihm die Rege-
- lung des Rhythmus zu schaifen; später quellen ihm Verse
- und Reime sprudelnd hervor. Er dichtet in den ver-
- schiedenartigsten und reichsten Tönen, und nur gegen
- das Ende hin werden die Strophen im Allgemeinen ein-
- facher und weniger künstlerisch. Er wiederholt sich nicht,
- er bringt immer neue Versmaße, und zwar sind sie mit
- Ausnahme eines einzigen Liedes (VII), das er auf Wunsch
- nach einer fremden Weise dichtet, alle höchst wahr-
- scheinlich seine eigene Erfindung. Zwar hat man heraus-
- gebracht, daß ein Ton (XXVI) mit einem Liede Rubin's
- macht: sie beginnen immer mit rothem Initial. Nur manchmal
- hat sich der Schreiber in der Stropheneintheilung versehen.
- ^ s. die Vorbemerkung zum ersten Büchlein.
- * s. zu 2, 6 fg.
- XVI EINLEITUNG.
- tibereinstimmt, aber das mag Zufall sein. Wenn Ulrich
- sich einer schon vorhandenen Form bedienen wollte,
- dann hätte sie künstlicher sein müßen als eben diese,
- auch hatte der gewandte Ulrich nicht nöthig, bei einem
- Epigonen ein Anlehen zu machen. Geradezu seltsam ist
- es, daß wir in einem Liede (XXX), einer Tanz weise,
- den Ton des ein^n Kreuzliedes Walter's von der Vogel-
- weide wiederfinden. Sonst werden umgekehrt weltliche
- Weisen zu geistlichen benutzt. Ich glaube nicht, daß hier
- von Seite Ulrich's eine directe Entlehnung stattgefunden hat.
- Ulrich nennt uns selbst die Zahl seiner Töne und
- Weisen (1846, 1). Die Zahl 58 bekommen wir aber nur
- dann heraus, wenn wir den Leich, der nur in der Frauen-
- diensthandschrift überliefert ist, hinzurechnen und drei
- Lieder, die in dieser Handschrift ganz oder theilweise
- fehlen — es sind die beiden letzten und Lied XXXVII —
- aus der Pariser Handschrift ergänzen. Mir scheint aber
- doch die Annahme bedenklich, einen Leich einfach als
- Ton zu bezeichnen. Jedenfalls aber gehört das nach einer
- schon vorliegenden Melodie verfaßte Lied nicht unter
- Ulrich's freie Schöpfungen.- Somit wird wenigstens ein
- Lied jener großen Lücke des Frauendienstes zuzutheilen
- sein, durch die wir den Anfang der Artusfahrt entbehren.
- Von nicht geringem Werthe für die Erkenntniß der
- mittelhochdeutschen Lyrik sind die Benennungen der ein-
- zelnen Stücke wie sincwise oder sanctotse, tanzwtse,
- langiu wtse, tagewise, üzreise, rege. Gegen das Ende
- hin werden sie unterlaßen, auch ist in der Handschrift
- die Zählung manchmal ungenau oder unzutreffend.
- Auf die Strophenzahl der Lieder verdient ebenfalls
- aufmerksam gemacht zu werden. Weitaus die meisten
- Lieder haben nämlich fünf oder sieben Strophen. Ver-
- schwindend wenige weisen vier öder sechs Strophen auf.
- Nur dreimal begegnen Lieder mit drei Strophen. Ob
- wohl die Zahlen fünf und sieben auf Zufall beruhen?
- Ob nicht die Zahl abhängig ist von der Composition, zu-
- mal wenn es sich um Tanz weisen handelt?
- Größeres Gewicht ist aber zu legen auf ein bishei*
- noch allzuwenig beachtetes Moment : auf den Rhythmus
- der Lieder. Die Geschichte des Rhythmus in der Lyrik
- EINLEITUNG. XVU
- ist noch nicht geschrieben, dennoch vermögen wir schon
- jetzt die Hauptentwickelungsphasen zu ei^kennen, und ge-
- rade in den datierbaren, nach der Zeitfolge geordneten
- Liedern Ulrich's spiegelt sich so sicher und so lehrreich
- wie sonst nirgends die Geschichte des Rhythmus ab, wo-
- bei freilich die wenigen im daktylischen Rhythmus ver-
- faßten Gedichte zunächst nicht in Betracht kommen.
- Aber auch der daktylische Rhythmus erscheint bei Ulrich
- zuerst nur in Verbindung mit andern Rhythmen, ehe er
- einheitlich auftritt. ^
- Wie in der Epik so ist auch in der Lyrik der
- Rhythmus anfänglich durchaus frei.. Die zweite Station
- bezeichnet der verschiedenartige, bald jambische, bald
- trochäische Rhythmus in gesetzmäßiger, in den einzelnen
- Strophen durchgeführter Abwechselung. Auf der dritten
- Station haben wir den durchaus einheitlichen Rhythmus.
- Daß zwischen den einzelnen Stationen auch Uebergänge
- stattfinden, daß zunächst zwischen der ersten und zweiten
- die Dichter erst durch Uebung zu der geregelten Ab-
- wechselung gelangen und nicht sofort die alte Freiheit
- abstreifen können, das ist a priori anzunehmen und zeigt
- sich in der Praxis darin, daß die Ueberlieferungen sich
- nicht leicht tiberall den Gesetzen eines bestimmt beab-
- sichtigten Rhythmus fügen wollen. Der Uebergang von
- der zweiten zur dritten Station vollzieht sich einfacher.
- Hier widerstreben die Ueberlieferungen nicht, oder wenn
- sie zu widerstreben scheinen, findet sich die Heilung
- leichter. Die Dichter schränken die Abwechselung nach
- und nach immer mehr ein, zuletzt bis auf eine einzelne
- Zeile, bis schließlich ein und derselbe Rhythmus durch-
- geftihrt ist. Während in der epischen Spruchform schon
- seit Gottfried von Straßburg der jambische Rhythmus
- bevorzugt wird, bis er schließlich zu voller Herrschaft
- gelangt, tiberwiegt in der Lyrik mit der Zeit umgekehrt
- der trochäische.
- Daß die Dichter, wenn sie auch schon in der dritten
- ^ Das wird auch in der genannten Monographie von
- Richard Weißenfels nachgewiesen, deren Ausführungen im Ein-
- zelnen ich aber nicht immer beistimmen kann.
- XTltBICB yON LlBOHTXlTBTBIN. I. h
- XVin EINLEITUNO.
- Art gedichtet hatten, auch hie und da zur alterthtim-
- licheren Weise der geregelten Abwechselung zurückkehr-
- ten, darf uns nicht Wunder nehmen. Im Ganzen aber
- muß als literarhistorisches Ergebniß festgehalten werden,
- daß die Einheitlichkeit des Rhythmus es verbietet, ein
- Lied in die Frühzeit des Minnesangs zu setzen, wo-
- gegen bis jetzt vielfach gefehlt worden ist.
- Die Dichter selbst mögen das letzte Ziel, den ein-
- heitlichen Rhythmus, auch als die höchste Vollendung
- angesehen haben, wir aber müßen in der geregelt ab-
- wechselnden Rhythmik den formalen Höhepunkt der
- mittelhochdeutschen Lyrik erkennen, wie ihn die Neu-
- zeit nie wieder erreicht hat. ^ Der einheitliche Rhythmus
- ist für die Technik ohne Zweifel eine Erleichterung, da-
- für konnten dann im Vers- und Strophenbau andere
- Schwierigkeiten gesucht werden.
- Als Ulrich im Anfang der zwanziger Jahre des
- 13. Jahrhunderts sich in der Liederdichtung versuchte,
- war jene erste Station der Ungebundenheit schon lange
- überwunden, war die Abwechselung schon anerkanntes
- Kunstprincip, ja auch der einheitliche Rhythmus war
- schon mehrfach von bedeutenden Meistern angewendet
- worden. XJlrich's erste Dichtungen laßen deutlich die
- künstlerische Absicht der Abwechselung erscheinen, aber
- es gelingt ihm noch nicht völlig, die Theorie praktisch
- auszuführen. Aber innerhalb Jahresfrist hat er sich so
- vervollkommnet, daß er bereits ein Lied in einheitlichem
- trochäischen Rhythmus dichten kann, das classische: In
- dem walde süeze dcene singent Meine vogelin. Die folgen-
- den Lieder sind wieder gemischt, dazwischen hinein kom-
- men, abgesehen von einigen daktylischen, auch einzelne
- trochäische und jambische vor. Dann vom XX. Liede
- an wird das Verhältniß anders. Die einheitlichen und
- zwar die trochäischen überwiegen weitaus bis zum Scbluße,
- und nur vereinzelt werden rhythmisch gemischte Lieder,
- darunter die absichtlich alterthümlicher gehaltenen zwei
- ^ Die Versuche der Dichter des 17. Jahrhunderts, abwech-
- selnden Rhythmus eintreten zu laßen und durchzufuhren, sind
- nur vereinzelt und haben der Eintönigkeit keinen Einhalt gethan.
- EINLEITtJNG. XIX
- Tageweisen, eingestreut, und da sieht man deutlich, wie
- dem verwöhnten Dichter diese Rückkehr manchmal schwer,
- selbst unmöglich wird. ^
- Auch nach ihrem Inhalte sind die Lieder innerhalb
- des Frauendienstes von Bedeutung. Sie lagen dem Dich-
- ter vor, als er seine Erzählung verfaßte, sie bildeten im
- Verein mit den Büchlein gleichsam den Grund, auf
- dem sich das Memoirenwerk aufbaute. Da lag es
- nahe, daß Ulrich aus diesen früheren Bestandtheilen
- gar manches in seine Erzählungsstrophen herübernahm.
- Besonders wo es sich um Gefühle und Anschauungen
- handelte, mußten sich Entlehnungen einstellen, aber auch
- in die eigentliche Erzählung flocht der Dichter Stellen
- ein, die uns später in den Liedern und Büchlein be-
- gegnen oder die uns umgekehrt in ihnen vorher schon
- begegnet sind. Namentlich gegen das Ende hin mehren
- sich solche Wiederholungen.
- Schließlich dürfen wir in der Betrachtung der im
- Frauendienst vereinten Gattungen der Litteratur der
- Prosastücke nicht vergeßen. Sie sind wichtige Zeugnisse
- vom Gebrauch der prosaischen Rede zu einer Zeit, die
- für die betreffenden Zwecke entweder deutsche Poesie
- oder lateinische Prosa bereit hatte. ^
- Bietet uns der Gesammtinhalt des Frauendienstes die
- Selbstbiographie Ulrich's, so ist sie doch trotz ihres Um-
- fanges und ihrer Genauigkeit keine vollständige. Denn
- ihr Verfaßer begann und vollendete sie keineswegs in
- hohem Greisenalter, . und wie wir wißen, hat er sich
- noch geraume Zeit des Lebens erfreut. Auch ist sie
- stofflich beschränkt. Ulrich erzählt uns ja nur sein Liebe-
- leben und seine Ritterthaten, soweit sie mit seinem
- Frauendienst zusammenhängen. Nur bei Gelegenheit
- spricht er von seinen Privatverhältnissen. Vielleicht hätte
- er auch seine Gefangenschaft auf seiner eigenen Burg,
- der Frauenburg, nicht so weitläufig erzählt, wenn seine
- unfreiwillige Muße ihn nicht veranlaßt hätte, ein Lied
- 1 8. die Bemerkungen zu Lied XXVII. XXXVI.
- * 8. die Vorbemerkung za A und B,
- XX EINLEITUNG.
- ZU dichten. Ebenso werden politische Angelegenheiten
- und Vorkommnisse so gut wie gar nicht und nur neben-
- bei erwähnt.
- Es wäre wohl denkbar, daß wir uns für die Bio-
- graphie Ulrich's mit seinem Frauendienst begnügen
- müßten. Glücklicherweise haben wir aber auch noch
- andere Nachrichten über ihn, und diese zeigen uns eine
- ganz andere Persönlichkeit, als die meisten sich ihn
- nach seiner eigenen Schilderung vorzustellen geneigt
- sind. Daß er sich bei seinen Standesgenoßen einer
- großen Achtung erfreute, daß er auch in naher Beziehung
- zu den fürstlichen Hennen der österreichischen Lande
- stand, das lesen wir wohl aus dem Frauendienst heraus,
- aber wir wißen, wie bereits angedeutet, aus Ottacker's
- Chronik und aus zahlreichen Urkunden, die neuerdings
- vollständig in Kegestenform zusammengestellt sind ^, daß
- er ein äußerst thatkräftiger, politisch einflußreicher Mann
- gewesen ist. Diesen historischen Zeugnissen können wir
- hier nicht allesammt und im Einzelnen nachgehen; nur
- das Wichtigste soll hervorgehoben werden.
- Ulrich ist ein Ahnherr des jetzt noch blühenden
- fürstlichen Hauses Liechtenstein.^ Er führt seinen Na-
- men von dem Schloße Liechtenstein bei Judenburg in
- der Obersteiermark. Er entstammte der sogenannten
- Murauer Linie seines Geschlechtes, das damals noch zu
- den Ministerialen gehörte. Sein Vater, den er nur ein-
- mal im Frauendienste ohne Namen erwähnt (35, 6),
- ist Dietmar IIL Ulrich begegnet zuerst 1227 in einer
- Urkunde als Zeuge zugleich mit seinem Bruder Dietmar.
- Bereits 1241 wird er als dapifer Stirie, als Truchseß
- der Steiermark, bezeichnet. Im Namen Herzogs Fried-
- rich des Streitbaren ,von Oesterreich fungiert er 1245
- ^ von Schonbach in der Zöitschr. für deutsches Alterthum
- 26, 1882, 320 fg.
- 2 Liechtenstein ist im Anschluß an die Ueberlieferung und
- an die Etymologie des Namens die rechte und gültige Schreibung.
- Tieck und Lachmann schrieben: Lichtenstein, wie man auch
- vielfach in literarhistorischen Werken findet. Dies im Anchluß
- an die neue Schreibung und Aussprache der Wörter Licht und
- licht.
- EINLEITUNG. XXI
- als Landesrichter. Später erscheint er sogar als Marschall
- der Steiermark. An den Kämpfen des Adels mit den
- Landesherren betheiligt er sich lebhaft, auch in die Kämpfe
- der Steiermark und Böhmens gegen Ungarn ist er verwickelt.
- Einmal hat er auch für seine Parteinahme zu büßen gehabt.
- Seine Gemahlin, die er im Frauendienste viermal
- ohne Namen erwähnt (s. Namenverzeichniß) , ist Bertha
- von Weitzenstein, Tochter Alrams von W. Von ihr be-
- saß er zwei Söhne und zwei Töchter. Auch dieser Kinder
- gedenkt er mehrmals im Frauendienste, ohne sie zu nennen.
- Die Söhne sind Ulrich und Otto; eine Tochter Bertha
- ist mit Herrand IL von Wildonie vermählt worden. Der
- Name der zweiten Tochter, die Wülfing von Treuenstein
- verlobt wird, ist nicht bekannt. Dagegen wißen wir, daß
- seine Enkelin Leukardis Nonne zu Admont war. Sein
- Sohn Ulrich heirathete Kunigunde, Tochter des Salz-
- burger Ministerialen Konrad von Groldecke. Seine
- Schwester war an Heinrich von Waßerberg verheirathet,
- der auch im Frauendienst eine Rolle spielt.
- Ulrich's Geburtsjahr ist urkundlich nicht bezeugt, da- ,'
- g:egen schließen wir aus einer Stiftung seines Sohnes Otto f i^-i,
- vom Jahre 1277, daß er 1275 oder 1276 verstorben ist.
- Ein sehr interessanter Fund ist im Jahre 1871 im
- Pfarrhofe von St. Jacob am Frauenberge unweit der Liech-
- tensteinischen Burg, der Frauenburg, gemacht worden: ein
- Grabstein mit der achtzeiligen Inschrift: HIG. | LGIT.
- VLRI I Ch.DI I ses. hO | VSGS. RGh | TTGR. GR. |
- BG. ^ Dieser Stein war ehemals ein römischer Grabstein;
- von der einstigen Inschrift zeigen sich noch die Spuren.
- Unterhalb der Schrift findet sich ein Wappenschild mit zwei
- nach links geneigten Querbalken, darüber ein Kreuz. Der
- Fundort, der Name Ulrich, das Wappen, das mit dem
- sonst bekannten, auch im Frauendienst (996,4) von Ulrich
- selbst beschriebenen tibereinstimmt, legen es nahe, in
- diesem Grabstein den unseres Ulrich zu vermuthen; Dem
- würde nicht entgegenstehen, daß auf dem Steine von
- einem rechten Erben die Rede ist. Mit Recht macht
- L. von Beckh-Widmannstetter, dem wir die erste Publication
- ^ Von diesem Grabstein findet sich ein Gipsabguß in der
- XXn EINLEITUNG.
- und Deutung des Grabsteins verdanken, geltend, daß
- rehter erbe im Mittelalter den thatsächlichen Besitzer
- bezeichne. Der Ausdruck würde also dem modernen
- « Erbherr » entsprechen. Dagegen will Schönbach in dem
- genannten Ulrich den gleichnamigen Sohn des Dichters
- erblicken, weil rehter erbe ebenso gut auch den zum
- Besitze gesetzlich Berechtigten bedeuten könne. Auch
- das hat seine Richtigkeit; rehter erbe würde also dem
- Erbherrn entsprechen im Sinne von Erbgraf, Erbprinz.
- Jene Bezeichnung kann somit weder für noch gegen
- den alten Ulrich entscheiden.
- Wenn der Stein echt ist^, woran ich nicht zweifle,
- so hätten wir in ihm das erste Zeugniß einer deutschen
- Inschrift. Auffallend ist, daß vor dem Namen die
- Bezeichnung her (Herr) fehlt. Der Steinmetz hätte zu
- diesen drei Buchstaben immer noch Platz gehabt. Nun
- ist ferner auffallend, worauf Schönbach nicht weiter
- zu sprechen kommt, daß Ulrich senior öfters in seinen
- letzten Lebensjahren mit seinem Sohne Otto zugleich
- als Zeuge erscheint, nicht auch mit seinem Sohne
- Ulrich. In einer Urkunde des alten Ulrich begegnen
- wir nur seinem Sohne Otto als Zeugen. Besonders merk-
- würdig ist aber, daß in einer Urkunde Herrand's von
- Wildonie vom Jahre 1260, in der Ulrich ausdrücklich
- als Schwiegervater des Ausstellers genannt wird, Güter
- von Ulrich's Sohne Otto als Pfand dienen. Das scheint
- doch zu beweisen, daß Ulrich junior damals nicht mehr
- am Leben war. Also ihm wird der Grabstein errichtet
- sein. Und nun wird sich auch die deutsche Inschrift
- erklären. Ulrich, der deutsche Dichter, der eigenartige
- Charakter, fügt sich nicht dem herrschenden Gebrauche,
- er widmet dem erstgeborenen Sohne, dem Erben seines
- Sammlung von Grabdenkmälern im Kreuzgang des germani-
- schen Museums zu Nürnberg. — Eine Abbildung nach der ersten
- nicht allgemein zugänglichen Publication jetzt auch in Gustav
- Könnecke*8 Bilderatlas zur Geschichte der deutschen National-
- litteratur (Marburg 1887) S. 43. (Auf dieser Abbildung sind die
- Puncte nach hie und leit nicht recht sichtbar.)
- 1 Alwin Schultz (Hof. Leben 2, 411) erscheint dieser merk-
- würdige Grabstein «noch immer nicht ganz unverdächtig.»
- EINLEITUNG. XXIII
- Geschlechtes, eine Inschrift nicht in lateinischer, sondern
- in deutscher Sprache. Darum fehlt auch das her vor
- dem Namen, denn ein Herr, ein Herr des Geschlechtes,
- war Ulrich junior noch nicht, so lange der Vater lebte.
- Vielleicht war er selbst noch nicht Ritter, wenn er sich
- auch verheirathet hatte. Des jungen Ulrich Vermählung
- fällt in's Jahr 1250, nachher begegnet er nicht weiter
- in Urkunden. Er wird also in jungen Jahren gestorben
- sein. Dagegen spricht nicht, daß es Idt^ nicht lit, houseSy
- nicht küses in der Inschrift heißt, denn ei und ou hatten
- sich damals (nach 1250) schon durchgesetzt, wenn auch
- die Schriftsprache in der Dichtung an den alten i und ü
- noch festhielt.
- Daß die Inschrift auf einen andern jüngeren Ulrich,
- den Sohn Otto's, gehe, ist nicht wohl denkbar. Da würde
- wahrscheinlich nicht geschrieben sein houses und rehtter,
- sondern haitses und rechter.
- Dem Sohne des Hauses gebührte, wenn ihm auch
- der Titel her vorenthalten war, das Geschlechtswappen,
- das Zeichen der Ritterbürtigkeit, auf dem Gedenksteine
- unter allen Umständen.
- Das Liechtensteinische Wappen kennen wir auch
- aus den Siegeln unseres Ulrich: aus seinem PrivatsiegeU,
- seinem Rosensiegel sowie aus dem andern, welches er als
- Marschall der Steiermark führte.^ Dagegen ist das ihm
- zugetheilte Wappen auf seinem Bilde in der Pariser Hand-
- schrift, einer Art allegorischer Illustration, anders geartet.*
- Der Schild ist hier nicht schräg-, sondern quergetheilt, oben
- roth, unten golden, das untere Feld hat zwei blaue Sparren.
- Auf dem Bilde erscheint der Dichter auf verdecktem
- Rosse in voller Rüstung, ein Schwert in der Hand, durch
- Wogen sprengend, in denen Seeungeheuer mit einander
- * s. zu 1001, 4.
- * s. Sphragistische Aphorismen von Friedrich Karl Fnrst
- zu Hohenlohe -Waidenburg (Heilbronn 1882), Tafel 9: Das
- eckige Siegel hat einen springenden heraldischen Panther, das
- Wappenthier der Steiermark, rechts unten das Liechtensteinische
- Wappenschild; die Inschrift S.(igillum) Vlrici d. Liechtenst : (ein)
- Stvr,(ie, = Sti/rie, SHrie) Mar8cha.(lcv8).
- ' Abbildung in Eonneck e's Bilderatlas , S. 43.
- XXIV EINLEITUNG.
- kämpfen. Das Helmzimier zeigt eine gekrönte Frau mit
- Pfeil und Flammen in den Händen. Es liegt nahe, hierin
- eine Andeutung auf die von Venedig aus begonnene Venus-
- fahrt zu finden. Auch geht man wohl nicht fehl, wenn
- man in dem Helmschmuck das Bild der Königin Venus
- erkennt. ^ Diese zu den Liedern gegebene Abbildung
- scheint doch darauf zu deuten, daß dem Schreiber eine
- Handschrift des ganzen Frauendienstes, nicht blos ein
- Liederbuch vorgelegen habe.
- Treten die historischen Zeugnisse über ülrich's Leben
- ergänzend zu den Berichten der Selbstbiographie, so bietet
- uns diese allein den Anhalt zur Bestimmung seines Ge-
- burtsjahrs. Eine sicher datierbare Begebenheit, die uns
- nicht allein hierzu in den Stand setzt, sondern die uns
- überhaupt die Chronologie der Erzählung ermöglicht, ist
- die gleich zu Anfang erwähnte Vermählung der Tochter
- des Herzogs Leopold von Oesterreich mit einem Herzog
- von Sachsen, bei welcher Gelegenheit Ulrich Kitter wurde.
- Dies Ereigniß vom Jahre 1222 in Verbindung mit einigen
- vorhergehenden, das eigene Leben betreffenden Zeitangaben
- führt uns auf das Jahr 1198 als das Geburtsjahr Ülrich's.^
- Nur noch zwei sichere historische Daten bringt uns
- ülrich's Frauendienst: die Schlacht an der Leitha im
- Jahre 1246, in der Herzog Friedrich der Streitbare den
- Tod fand (1659 fg.), und die Entsendung des Grafen
- Meinhart von Görz als Statthalter in die Steiermark
- Seitens des Kaisers (1729, 7). Dagegen ist die Er-
- zählung von einer Fehde zwischen Markgraf Heinrich
- von Istrien und Herzog Bernhard von Kärnten und von
- der zwischen ihnen zu Friesach gestifteten Versöhnung
- durch Herzog Leopold von Oesterreich bis jetzt noch
- nicht historisch erwiesen. Sollte Ulrich diese Geschichte
- rein erfunden haben? Die Erzählung vom Friesacher
- Turnier, welches bei Gelegenheit dieser Ftirstenzusammen-
- kunft stattfand, ist so frisch und lebendig und macht
- einen so wahrheitsgetreuen Eindruck, daß sie unmöglich
- 1 Von der Hagen deutete Mlnnes. 4, 394 diese Figur als
- Amor.
- * s. zu 40, 1.
- EINLEITUNG. XXV
- als ein reines Phantasiegebilde angesehen werden kann.
- Es ist aber wohl denkbar, daß sich der Dichter nach
- Verlauf von 30 Jahren in den Motiven jener glänzenden
- Zasammenkunft geirrt, daß er einen andern ähnlichen
- Vorgang mit einem Friesacher Turnier, das möglicher-
- weise auch zu anderer* Zeit abgehalten wurde, in Zu-
- sammenhang gebracht hat.
- Auch eine Einzelheit in der Erzählung vom Frie-
- sacher Turnier hat zu Zweifeln an der geschichtlichen
- Treue des dargestellten Ereignisses Anlaß gegeben. Ulrich
- gedenkt auch eines zum Turnier erschienenen Dienst-
- m^innen Hertnid von Wildonie (192, 5). Nun ist aber
- dieser Hertnid zur Zeit, als nach XJlrich's Erzählung das
- Turnier stattgefunden haben muß, nämlich im Jahre 1224,
- bereits verstorben, wie K. F. Kummer nachgeiYiesen hat^
- Zur Auflösung dieses Widerspruches bieten sich nach
- Kummer zwei Wege: «entweder hat Liechtenstein einen
- andern Hertnid von Wildonie gekannt, oder sein Bericht
- vom Turniere zu Friesach kann nicht Anspruch erheben,
- als historische Quelle zu gelten.» Letzteres ist zuzugeben,
- wenn man «historische Quelle» in strengem Sinne faßt.
- Denn das ist, wie wir schon angedeutet haben, ein Me-
- moirenwerk niemals. Was den ersteren Punkt anlangt,
- so hat Ulrich möglicherweise auch einen andern Wildonier
- gemeint und sich in dessen Vornamen geirrt, oder er
- kann, da der Name Hertnid öfterö in den österreichischen
- Adelsgeschlechtem begegnet, einen andern Herrn dieses
- Namens mit dem Wildonier verwechselt haben. ^
- ^ s. die Schrift «Das Ministerialengeschlecht von Wildonie»
- (Wien 1879, ans dem Archiv für österr. Geschichte 59. Band,
- 1. Hälfte, S. 177), S. 32 fg. ^
- ^ Kummer modificiert übrigens sein strenges Urtheil über
- Ulrich später wieder. Er sagt in seiner genannten Ausgabe der
- poetischen Erzählungen Herrand's von Wildonie Einl. S. 25,
- Anmerkung : « Es darf . . . nicht verschwiegen werden , daß die
- historische Glaubwürdigkeit Ulrich's von Liechtenstein in Bezug
- auf einzelne Namen in Verbindung mit bestimmten Thatsachen
- seines Lebens manchen Zweifeln unterliegt; mein Ministerialen-
- geschlecht hat einige Belege für diese Behauptung geliefert.
- Aber in den Hauptsachen läßt sich ihm keine Unrichtigkeit
- nachweisen, und wenn er in seiner Phantastik auch mit Personen
- XXVI EINLEITUNG.
- Auch die Erzählung von seiner Gefangenschaft ist
- bezweifelt worden. Diese Gefangenschaft fällt nach Lach-
- mann's höchst wahrscheinlicher Berechnung in die Jahre
- 1248 — 49 (1696, 1 fg. — 1729, 1 fg.). Durch den ge-
- nannten Grafen Meinhart wird er daraus befreit. Nun
- hat Schönbach ^ dagegen gelten* gemacht, daß in die-
- selbe Zeit eine Anzahl Urkunden gehören, die Ulrich's
- Namen als Zeugen tragen. Dieser Einwand gründet sich
- auf eine früher allgemeine, nach den epochemachenden
- Untersuchungen Gustav's von Buchwald nicht mehr halt-
- bare und bereits veraltete Anschauung, nach welcher die
- Zeugen auch wirklich gegenwärtig gedacht werden, wäh-
- rend sie gemeinhin nicht Zeugen in modernem Sinne
- des Wortes sind, sondern nur testes, die etwas zu testieren,
- zu beglaubigen, sich für den Aussteller und für sein
- Vorhaben und seine Verpflichtung zu verbürgen haben.
- Dazu bedurfte es nicht des persönlichen Erscheinens.
- Wenn es in der Urkunde nicht ausdrücklich bemerkt ist,
- daß die Betreffenden wirklich praesentes waren, kann
- mit den Namen nur noch' in beschränkter Weise historisch
- und chronologisch operiert werden. ^ Solange Ulrich in
- jenen Urkunden nicht als wirklich gegenwärtiger Zeuge
- erwiesen wird, ist sein Name unter den Zeugen allein
- kein Beleg gegen seine Gefangenschaft. Die erste von
- Schönbach angezogene Urkunde vom 3. März 1247 setzt
- allerdings die persönliche Betheiligung Ulrich's an einem
- Gelöbnisse voraus, allein diese Urkunde gehört in die
- Zeit vor der Gefangenschaft. Somit ist vorderhand an
- der Wahrheit von Ulrich's Berichte festzuhalten.^
- und Orten frei schaltet, so können wir ihm doch nicht nach-
- weisen, daß er Personen frei erfindet; seine Freiheit besteht nur
- in der unbekümmerten Anordnung von Persönlichkeiten und
- Namen.»
- 1 a. a. O. S. 309 fg.
- 2 Und Hunderte von solchen Beweisen und Ergebnissen
- müßen revidiert, beziehungsweise gestrichen werden.
- ^ Hier sei auch der unannehmbaren Hypothese August
- Silberstein's gedacht (Denksäulen im Gebiete der Cultur und
- Literatur, Wien 1879, S. 150 fg.), die dahin geht, daß zwei
- Partien, «die beim nächtlichen Abenteuer, und die spätere beim
- EINLEITUNG. XXVH
- lieber die geringfügigsten Dinge äußert sich Ulrich
- oft ebenso ausftlhrlich wie über die großen und wichtigen.
- Aber eines hat er seinen Lesern geflißentlich verschwiegen :
- die Namen seiner beiden geliebten Herrinnen. Das war,
- wie wir aus zahlreichen Literaturstellen, namentlich aus
- Ijrrischen erfahren, ganz im Geiste der höfischen Sitte,
- die es als einen Verstoß ansah, wenn ein Mann die Er-
- korene seines Herzens nennen wollte. Den Zeitgenoßen
- und nächsten Nachkommen Ulrich's werden wohl jene
- beiden vielgefeierten Damen nicht ganz unbekannt ge-
- blieben sein, aber was für die ersten Leser ein sogenanntes
- öffentliches Geheimniß war, ist für uns ein wirkliches ge-
- worden: wir sind bis jetzt wenigstens noch völlig im Un-
- klaren, und alle Vermuthungen haben kein feststehendes
- Ergebniß erzielt. Darin mußten alle Forscher einig sein,
- daß die erste Geliebte, die allein überhaupt das Interesse
- gefangen nahm, von hoher fürstlicher Geburt gewesen ist.
- Hier können unmöglich alle vorgebrachten Meinungen
- erwogen werden, es mag genügen, wenn wir sie nur ein-
- fach aufzählen.
- Hormayr vermuthete (in seinem Taschenbuch von
- 1822) Agnes von Meran, die dritte Gemahlin Friedrich's
- des Streitbaren. Dieser Vermuthung, die nach einer An-
- gabe Ludwig Uhland's M. von CoUin (in den Wiener
- Jahrbüchern) widerlegt hat, setzt auch von der Hagen
- (Minnesinger 4, 325) Bedenken entgegen, ohne selbst sich
- zu entscheiden. Bergmann sucht (in der Einleitung zum
- Frauenbuch) wahrscheinlich zu machen, daß Ulrich's vroutve
- Beatrix, des Pfalzgrafen Otto IL von Burgund Tochter,
- Kaiser Friedrich's I. Enkelin gewesen sei; sie wurde 1208
- mit Otto L, Herzog von Meran aus dem Hause Andechs
- vermählt. Kummer stimmt (in der Einleitung zur Herrand-
- Ausgabe) diesem Nachweise zu. Schönbach endlich ver-
- Glücke, das U. von seiner Frauen genießt», gefälscht seien.
- Die Behauptung, einem spätem Fälscher sei es «nicht unschwer»
- (soll heißen schwer) gewesen, «in der leicht gefügigen Strophe
- nachzudichten», ist nur ein Auskunftsmittel, das der Wißen-
- schaft nicht genügen kann. Die Interpolationen zu erweisen,
- könnte nur auf Grund der Sprache, der Metrik und des Stils
- geschehen.
- XXVni EINLEITUNG.
- muthet (in seinem Aufsatze in der Zeitschr. und in der
- Allg. D. Biographie) eine Pfannbergische Gräfin, «die etwa
- auf einem Schloße in Niederösterreich (denn außerhalb
- Steiermarks müßte es doch gelegen sein, mit dem nieder-
- österreichischen Adel war der Verkehr am intimsten)
- gewöhnlich lebte. ^
- Ein Irrthum, der sich fast bei allen findet, die sich
- mit dieser Frage beschäftigt haben, scheint es mir zu
- sein, die unbekannte Herrin in der Nähe von Bozen zu
- suchen.^ In der betreffenden Stelle des Frauendienstes
- wird uns von einer Verehrerin Ulrich's berichtet, die ihm
- vier Büchlein sendet, ihn auffordert, auf eine fremde Weise
- ein Lied zu dichten, und ihm zur Belohnung ein Hund-»
- lein zum Geschenk macht. Hätte Ulrich gewußt oder
- selbst nur vermuthet, daß ihm diese Gunstbezeugungen
- von seiner Geliebten kämen, so würde er seiner Freude
- viel lebhafteren Ausdruck gegeben haben. Auch wäre
- das nach jener Weise verfaßte Lied (VH) gewiß viel
- individueller ausgefallen. Auch Uhland hat in der un-
- bekannten Geberin Ulrich's Geliebte gesehen, denn er
- sagt (Schriften 5, 243): «auch jene Geschenke von un-
- benannter Hand rühren von ihr her.» Nach dieser An-
- nahme müßten auch die Gaben von ihr stammen, die
- Ulrich auf seiner Venusfahrt in Villach und in Neustadt,
- beidemal mit poetischer Zuschrift (d. e) erhält. Warum
- aber sträubte er sich so sehr, sie anzunehmen, warum
- will er nur von der Geliebten beschenkt sein (Str. 743),
- warum erblickt er in der Annahme eine Untreue (742,8)?
- Sollte er sich nur verstellt haben, weil er schließlich die
- Gaben doch behält und weil ihm diese Aufmerksamkeiten
- geschmeichelt haben? Warum ist er denn in Bozen weniger
- spröde? Ich vermuthe, daß ihm die Gaben alle, da und
- dort, von einer Verehrerin zukommen, die seine Gunst
- erwerben will, und daß diese schließlich auch die zw^eite
- vrouwe geworden ist. Er zeigt sich aber wohl deshalb
- vor der Dienerschaft so ungehalten über die ihm erwiesene
- Ehre, weil er das erstemal so unvorsichtig gewesen ist,
- mit erhaltenen Geschenken zu prahlen und sie als Tur-
- 1 s. zu 358, 3.
- EINLEITUNG. XXIX
- nierpreis zu bestimmen, ja sogar außer dem erhaltenen
- Hündlein noch Kleinodien aus eigenen Mitteln hinzuzu-
- fügen und vorzugeben, er handele im Auftrage einer Dame.
- Das mußte doch der Geliebten zu Ohren kommen. Und
- darum hatte diese ganz recht, wenn sie ihm als Grund
- ihrer Unerbittlichkeit, nachdem sie ihn zuerst mit seiner
- Jugend, mit seinem übelstehenden Mund, mit seiner Zag-
- haftigkeit, mit seinem verkrüppelten Finger, mit seiner
- Unebenbürtigkeit gequält, ihm auch seine Untreue vor-
- wirft (1019, 5. 1021, 1 fg.). Sie mag auch von seinem
- Auftreten in Feldsberg (Str. 934 fg.) vernommen haben
- und mit ihrer Beschuldigung zunächst darauf hindeuten.
- Aber sie spricht doch nicht von einem Falle allein, aus-
- drücklich wird er «mangerlei» Untreue geziehen.
- Welche «Unthat» die erste Geliebte an Ulrich be-
- ging, daß er sie aufgab und sich einer andern zuwandte,
- hat er zartfühlend verschwiegen. Wahrscheinlich ist
- sie seiner Zudringlichkeit in leidenschaftlichem Zorne
- (1364. 1365) begegnet, hat ihn vielleicht vor Zeugen ab-
- gewiesen, so daß er es seiner Ehre schuldig war, aus
- ihrem Dienste zu scheiden.
- Das Lob, das Ulrich der zweiten Herrin spendet,
- ist sehr allgemein. Nach der Schilderung ihres Aeußeren
- scheint sie eine Brünette gewesen zu sein (1619,4. 1620,3);
- sodann deuten mehrere Stellen darauf hin, daß sie hei-
- teren Temperaments war (z. B. 1733, 1). Von Adel ist
- sie gewesen, denn Ulrich nennt sie vrouwe von gehurt,
- gibt ihr das Epitheton wert^ selbst höchgeborn, aber wenn
- sie höher als er selbst gestanden hätte, so würde Ulrich
- sicher nicht unterlaßen haben, dies mit stolzer Genug-
- thuung hervorzuheben, oder mindestens anzudeuten, weil
- er sich ihrer Gunst erfreute. Die eine Stelle, in der er
- mit Beziehung auf sie von dem Glück des Mannes spricht,
- der sich des freundlichen Blickes eines hochgeborenen
- Weibes erfreut (1777, 5), ist doch zu allgemein gehalten,
- als daß sie als eine sichere Hinweisung gelten könnte,
- zumal sich Ulrich selbst zu den Hochgebornen rechnet.^
- * s. zu 991, 1 fg.
- XXX EINLEITUNG.
- Dasselbe gilt dann auch von andern ebenfalls allgemeinen
- Aussprüchen (z. B. 1795, 1).
- Die zweite vrouwe verhält sich durchaus passiv, sie
- wird von Ulrich nur angesungen und gepriesen. Des-
- halb kann es nicht Wunder nehmen, daß man sich weiter
- nicht um sie bekümmert hat. Aber wenn sie auch viel
- geringeres Interesse erwecken kann als ihre hohe Vor-
- gängerin, so dürfen wir nicht vergeßen, daß sie es ge-
- wesen ist, die Ulrich von Liechtenstein den Auftrag er-
- theilte, seinen Frauendienst zu verfaßen (Str. 1848).
- Also ihrer Anregung verdanken wir dieses merkwürdigste
- und lehrreichste Gedicht des deutschen Mittelalters. Auch
- das Frauenbuch, das keine unbedeutende Stelle in der
- didaktischen Poesie einnimmt, hat Ulrich für sie gedichtet.
- Diese Ausgabe enthält den zweiten Abdruck von
- Ulrich's von Liechtenstein Frauendienst. Karl Lachmann
- veröffentlichte, wie bemerkt, das Gedicht zuerst zugleich
- mit dem Frauenbuch im Jahre 1841. Docen hatte früher
- eine Ausgabe geplant, führte sie aber nicht aus. Lach-
- mann's Ausgabe gründete sich auf eine von Emil Braun
- gefertigte zierliche Abschrift^ sowie auf eine nach dieser
- genommene, nicht minder zierliche Abschrift Wilhelm
- Wackernagers. Lachmann bietet außer dem Texte die Les-
- arten nebst Vorbericht und ein Verzeichniß der Namen. Im
- Texte ist auf die Seitenzahlen sowohl der Münchener Hand-
- schrift als auch der Tieck'schen Bearbeitung hingewiesen,
- bei den Liedern überdies auf die Stellen der Bodmer'schen
- Ausgabe der Minnesinger. Ein bedeutendes Verdienst er-
- warb sich Lachmann durch Beifügung der chronologischen
- Bestimmungen am Rande und in den Columnenüber-
- schriften. Lachmann's Berechnung der Daten hat sich
- bei Nachprüfung glänzend bewährt. Eine wichtige und
- willkommene Zugabe steuerte Theodor von Karajan bei:
- seine historischen und topographischen Anmerkungen,
- wenn auch «ohne besondere Vorbereitung hingeworfen
- un4 nur einen Anfang der historischen Erläuterung gebend»,
- 8. Lachmann's Ausgabe S. 681.
- EINLEITUNG. XXXI
- sind auch heute noch von hohem Werthe trotz einzehier
- Berichtigungen, die sich den Specialforschern ergeben
- haben.
- In keiner seiner Ausgaben hat sich Lachmann so
- genau an die handschriftliche Ueberlieferung gehalten wie
- in dieser Frauendienst -Ausgabe. Auch in den Liedern,
- für die ihm noch eine zweite, beziehungsweise eine dritte
- Ueberlieferung zu Gebote stand, und die er demgemäß
- kritisch behandeln konnte, ist die Schreibweise des Mtin-
- chener Codex bevorzugt. Gegen die Handschrift mußte
- Lachmann zunächst den Yocalismus regeln, denn der
- bairisch-österreichische Schreiber hat neben altem t und
- n bereits ei und om, selbst au. Im Consonantismus war
- namentlich für ch das gemeindeutsche Je einzuführen. Um
- der Metrik zu ihrem Rechte zu verhelfen, nahm Lach-
- mann zum Theil stillschweigend, ohne weitere Angabe
- in den Lesarten mancherlei Aenderungen vor, insbeson-.
- dere galt es unnöthige oder störende e zu tilgen, fehlende e
- zu ergänzen. Auch Berichtigungen des Textes durch Um-
- stellungen, Ergänzungen und andere kritische Maßnahmen
- danken wir seinem Scharfsinne. Daß er nicht immer
- streng cousequent verfuhr, hat er in seinem Vorberichte
- angedeutet: «vielleicht ist auch hie und da ein fehler
- stehen geblieben oder ein mahl verändert, was ein ander
- mahl geduldet ist » ; « daß ich die Schreibweise nur
- erträglich, nicht gleichmäßig und gut, zu machen gesucht
- habe, wird ein kundiger leser bald selbst bemerken.»
- In dieser Sammlung deutscher Dichtungen des Mittel-
- alters konnte Ulrich's Frauendienst nicht fehlen. Ich
- übernahm die Arbeit nicht, wie es bei der vorhergehenden
- Ausgabe von Heinrich's Tristan der Fall war, aus literari-
- schem und sprachlichem Interesse, sondern zunächst wegen
- ihrer anreizenden Wichtigkeit für die Alterthumskunde.
- Gerade weil Lachmann's Ausgabe keine Erklärungen der
- Realien darbot, war für eine Wiederholung des Textes
- noch eine Aufgabe übrig gelaßen, wie es andererseits
- nicht undankbar schien, den in gelehrten Werken schon
- vielfach verwertheten culturhistorischen Stoff des Frauen-
- dienstes durch die Anmerkungen weiteren Kreisen zu
- vermitteln. Daß auch für die Lieder, besonders hin-
- XXXn EINLEITUNG.
- sichtlich ilirer strophischen und rhythmischen Gestaltung
- noch gar mancherlei zu thun sei, ergah sich mir sofort
- nach Beginn der Arbeit.
- Lachmann's Anschluß an die Handschrift war mir bei
- der Textherstellung a priori Vorbild. Aber ich erkannte
- bald bei der Collation des Codex, die ich in den Sommer-
- ferien des Jahres 1880 zu München vornahm, daß Lach-
- mann doch mehr normalisiert hatte, als ich nach seiner
- Angabe in den Lesarten vermuthen konnte. Auch ergab
- sich eine überraschende Menge von Inconsequenzen. Eine
- noch größere Schonung der Ueberlieferung schien mir
- darum geboten, weil die einzige Handschrift noch dem
- 13. Jahrhundert angehört, weil sie trotz manigfacher Fehler
- und Willkürlichkeiten, von denen keiner unserer altdeut-
- schen Codices frei ist, sich als eine der besten Hand-
- schriften erweist, die wir überhaupt besitzen, und weil
- endlich der Schreiber demselben Dialectgebiet entstammt
- wie der Dichter. Wenn Lachmann das bairisch- öster-
- reichische a vor r = (wie dartj urbarn), das ai = ei
- bewahrte, wo es vereinzelt vorkam, so mußten auch au
- für ou, eu für iu in ihr Recht eingesetzt werden. Das-
- selbe gilt von y, von der Doppelconsonanz nach langem
- Vöcal. Bewahrt ist von mir auch das Endungs -e in
- offener oder in geschloßener Silbe, wenn es in zweisilbiger
- Senkung steht, sowie das auslautende Endungs- e, wenn
- es ein Wort in der Senkung beschließt. Statt es mit
- Lachmann zu tilgen, habe ich es wie vorher in meinem
- Heinrich von Freiberg mit Punkt versehen. Umgekehrt
- sind wie dort alle c- Laute, welche der Schreiber gegen
- die Metrik nach seinem Dialecte wegfallen ließ, mit Lach-
- mann ergänzt und durch cursiven Druck ausgezeichnet
- worden, wie überhaupt auch alle andern Zuthaten zu der
- handschriftlichen Ueberlieferung in solcher Weise kenntlich
- gemacht sind. Oefters ist von der Ergänzung des e ab-
- gesehen, wenn der Vers nach dem silbenzählenden Princip
- auch ohne diese Ergänzung zu lesen war. Umgekehrt hat
- auch die Ergänzung stattgefunden, wo sie Lachmann nicht
- nöthig schien, namentlich in zusammengesetzten Wörtern.
- Manche der Verbeßerungen Lachmann's lagen nahe, bei
- andern ist seines Vorgangs dankbar zu gedenken.
- EINLEITUNG. XXXIIl
- Zwei Fälle sind besonders zu erwähnen, wo das
- eigene Princip verlaßen und Lachmann's Herstellung vor-
- gezogen wurde: gegen und äaz ist in der Senkung sind
- nicht gegen und daz ist geschrieben worden, sondern gein
- und dest, weil diese Contractionen auch ab und zu in
- der Handschrift begegnen. Oefters aber ist gegen Lach-
- mann daz ist beibehalten, wenn der Vers eine andere
- Kürzung ermöglichte.
- Neben dem Punkt als einem metrischen Zeichen
- ist der Accent nur höchst selten angewandt worden.
- Auch hier habe ich zwischen si und s^, du und du, nu
- und nü unterschieden wie in meinen vorhergehenden Aus-
- gaben. In der Handschrift findet sich si, wogegen Ul-
- rich's Sprache in der Regel sie aufweist. ^ Ich habe
- mich nicht entschließen können, in den Erzählungs-
- strophen und in den Büchlein sie gegen si einzuführen,
- zumal er als Nebenform auch s% gebraucht. ^ Auch darin
- bin ich Lachmann gefolgt, daß ich iw, ow nicht in iuw,
- ouw verwandelt habe.
- Schwierig ist die Entscheidung, wie sich der Heraus-
- geber bei dem sonstigen Grundsatz äußerster Schonung
- in der Schreibung des handschriftlichen ch zu verhalten
- habe, wo es gemeindeutschem h entspricht und nicht
- allein entspricht, sondern wo es in Oberdeutschland ein
- conventionelles Schriftbild für k ist. Ich habe mich im
- Allgemeinen an Lachmann angeschloßen trotz des Reimes
- gesmach (= gesmac): gebrach 1782, 7 (568, 13) und habe
- k gesetzt. Auch sonst ist ch im Inlaut vor kurzem Vocal
- in ch, im Auslaut in c verwandelt worden, ebenso letz-
- teres vor Consonauten. Nur in den Femininum auf -ic-heit
- ist der Vorsicht wegen cheit und nicht keit gesetzt wor-
- den, weil dieses nur höchst vereinzelt vorkommt.
- Wegen des engen Anschlußes meines Textes an die
- Handschrift, der auch in der wechselnden Schreibung
- berechtigter Nebenformen wie wünne und wunne, fünfzic
- und funfzic principiell gefolgt werden mußte, wäre mir
- bei der Correctur die Handschrift sehr erwünscht ge-
- ^ s. Bartsch, Liederdichter, Anmerkungen XXXIII, 15.
- * s. zu XIV, 5.
- UlBICH ton LlBCHTBKBTEIir. I. p
- XXXIV EINLEITUNG.
- wesen. Sie wurde mir aber verweigert, wie sie einst
- auch Lachmaim verweigert worden ist; dafür konnte ich
- drei getreue Abschriften des Frauendienstes benutzen, die
- mir höchst willkommen waren. Alle drei sind von der Hand
- des genannten Dr. Emil Braun. Zwei dieser Abschriften
- erhielt ich durch Herrn Hofbibliothekar Dr. Baumann
- aus der fürstl. Fürstenbergischen Bibliothek zu Donau-
- eschingen, die dritte aus Jacob Grimm's Nachlaße stam-
- mende durch Herrn Bibliotheksdirector Dr. Valentin Rose
- aus der königl. Bibliothek zu Berlin zu längerer Benutzung
- zugesandt, wofür ich den genannten Herren auch hier
- meinen Dank auszusprechen mich gedrungen fühle.*
- Ist für die erzählenden Theile, die Büchlein, die
- eingestreuten Prosastücke und poetischen Briefe der mög-
- lichste Anschluß an die einzige Handschrift erstrebt wor-
- den, so mußte für die Lieder ein anderer Grundsatz auf-
- gestellt werden. Hier war die kritische Normalisierung
- nothwendig. Denn die Lieder liegen in mehreren Ueber-
- lieferungen vor, in den Liedern tritt Ulrich's Dialect zu-
- rück, im Gesänge schwindet überhaupt mundartliche Aus-
- sprache. Darum wäre ein Festhalten an der zufälligen
- Niederschrift der Hauptquelle, soweit sie das Dialectische
- der jüngeren Zeit berührt, von Uebel gewesen.
- Lachmann's Ausgabe wird nach den zufälligen Seiten-
- und Zeilenzahlen citiert. Darum mußte neben der neu
- einzuführenden natürlichen Zählung auch diese erste Aus-
- gabe berücksichtigt werden. Die Hinweise auf die Blatt-
- zahlen der Handschrift, auf Bodmer's Minnesinger und
- auf Tieck sind aber weggeblieben, und von den chrono-
- logischen Bestimmungen ist in den Columnenüberschriften
- nur bisweilen Gebrauch gemacht. Wer sich näher mit
- Ulrich beschäftigen will, kann schon der Lesarten wegen
- Lachmann's Ausgabe nicht entrathen.
- In den Anmerkungen habe ich im Allgemeinen das
- Verfahren der Heinrich -Ausgabe beobachtet. Metrisches
- mußte aber in ausgedehnterem Maße, als es dort nöthig
- ^ Näheres über diese Abschriften in den kritischen An-
- merkungen zu Ulrich's Frauendienst, die ich in der Germania
- in nicht ferner Zeit geben werde.
- EINLEITUNG. XXXV
- war, Berücksichtigung finden. Dem aufmerksamen Leser
- wird es nicht entgehen, daß ich den Realien eine be-
- sondere Sorgfalt zugewendet habe. Für diesen Theil der
- Erklärung hat mir zunächst das mittelhochdeutsche Wör-
- terbuch, dann aber auch Lexer's mhd. Handwörterbuch,
- welches viele neue Belege aus Ulrich bringt, treffliche
- Dienste geleistet. Aber besondere Hinweise auf diese
- lexicalischen Hülfsmittel schienen nicht nöthig, nur in
- seltenen und schwierigen Fällen ist es geschehen. Da-
- gegen habe ich im Interesse der Leser, die solchen Studien
- nachgehen wollen, auch auf culturhistorische Werke ver-
- wiesen, namentlich auf das höfische Leben von Alwin
- Schultz. Für das Turnierwesen bot besonders die kleine
- Schrift von Niedner «Das deutschie Turnier im XH. und
- Xni. Jahrhundert» (Berlin 1881) schätzbare Fingerzeige.
- Da auf diesem Gebiete der Realien auch Abbildungen sehr
- wichtig sind, schien mir das genannte Buch von Schultz
- besonders deshalb zu Hinweisungen geeignet, weil es all-
- gemein zugänglich und weil es stofflich umfaßend und
- zeitlich beschränkt ist. Von andern Bildwerken, die mir
- zu Gebote standen, habe ich wegen ihrer Seltenheit im
- Allgemeinen abgesehen und nur ausnahmsweise auf das
- eine oder andere verwiesen.
- Auf Karajan's Anmerkungen mußte ich selbstver-
- ständlich durchgehends Bedacht nehmen. Nachträge habe
- ich nur im Anfang, beim Friesacher Turnier, gegeben, wie
- sie mir in Haupt's Handexemplar vorlagen. Es konnte bei
- dem literarischen Zwecke dieser Ausgabe meine Verpflich-
- tung durchaus nicht sein, alle die im Gedichte auftretenden
- Persönlichkeiten geschichtlich und urkundlich zu verfolgen.
- Sollte einmal der Frauendienst in einer Sammlung öster-
- reichischer Geschichtsquellen veröffentlicht werden — und
- dies wäre doch denkbar, ja selbst erwünscht, — dann hätte
- der Herausgeber die Aufgabe, gerade über diese special-
- historischen Elemente mit besonderem Fleiße zu belehren.
- Im Uebrigen mußte ich nach allen und verschiedenen
- Richtungen hin das Buch von Knorr über Ulrich von
- Liechtenstein^ die einzige Monographie, die unserm Dich-
- ter bis jetzt gewidmet wurde, theils der Begründung, theils
- der Ergänzung wegen heranziehen.
- c *
- XXXVI EINLEITUNG.
- Die Autoren, die sonst noch in den Anmerkungen
- genannt sind, weil sie sich um die Ulrich-Forschung be-
- müht haben, brauchen hier nicht im Voraus namhaft ge-
- macht zu werden.
- Bei der ausgedehnten Berücksichtigung, die Ulrich's
- Frauendienst in den lexicalischen Werken gefunden hat,
- soll das Wörterbu^ch vorzugsweise und im Wesentlichen
- ein Verzeichniß zu den Anmerkungen sein. Ein aus-
- führlicheres Specialwörterbuch, selbst in der Beschränkung,
- wie ich sie mir beim Heinrich von Freiberg auferlegen
- mußte, hätte bei diesem über noch einmal so starken
- Dichtwerke den zu Gebote stehenden Raum weit über-
- schritten. Andererseits mußte aber auch für die Leser,
- welche nicht aus philologischem, .sondern aus cultur-
- historischem Interesse mein Buch begehren und zur Hand
- nehmen, ausreichend gesorgt werden. Und so ist das
- Wörterbuch doch ziemlich umfangreich ausgefallen. Das
- IJamenverzeichniß ist im Anschluß an das der Lach-
- mann'schen Ausgabe genau gearbeitet, ja noch genauer
- insofern, als auch die Vornamen mit eingereiht worden sind,
- die auch öfters in den Anmerkungen besprochen werden.
- Capiteleintheilungen mit besonderen Ueberschriften
- und mit kurzen Inhaltsangaben habe ich diesmal nicht
- vorgenommen. Es hätte das den Text, in dessen Original
- ohnehin so viele Ueberschriften stehen, geradezu zer-
- rißen. Zur Orientierung habe ich aber Columnenüber-
- schriften gesetzt, die dann auch in den Inhaltsübersichten
- zu den beiden Theilen wiederholt werden.
- Leider war der Herausgeber dieser Sammlung durch
- eine längere und schwere Erkrankung verhindert, meiner
- Arbeit seine Fürsorge angedeihen zu laßen, dagegen habe
- ich meinem Freunde Fedor Bech aufs neue für seine
- treue Beihülfe innigst zu danken.
- Nachdem es mir vergönnt war, das anmuthigste
- Dichtwerk unseres Mittelalters herauszugeben, gereicht
- es mir zur Freude und Befriedigung, daß ich auch dem
- wichtigsten Zeitgedichte aus den Tagen des Minnesangs
- meine Bemühung habe widmen dürfen.
- Rostock, im October 1887.
- Reinhold Beckstein.
- Inhalt des ersten Theils.
- Seite
- Einleitung t
- FROWEN DIENST.
- Strophe 1 — 67 j(Eingang. Kindheit. Jugend. Erster Dienst.
- Stille Minne. Zweiter Dienst. Ritterlehre. Ritter 1212.
- Erste Ritterschaft. Geständnis.) 1
- I. DaZ ist bin TANZWiSB, DIU ERSTE 23
- Strophe 68 — 110 (Botschaften. Mundoperation.) .... 24
- n. DaZ ist diu ander TANZWiSB 35
- Strophe 111—114 (Botschaft.) - 37
- (A) Brief (der Niftel. Prosa.) 38
- Aventiure, wie der herre uolrich mit siner vrowbn
- WART ÄEBT REDEHAFT 38
- Strophe 115 — 161 (Erste Begegnung. Kümmemil^. Er-
- klärung. Abweisung. Ritterschaft. Dichtung.)
- HlB HEBT SICH DAZ £b8TE BÜBCHiJn .-^f^. ^'t 50
- Strophe 162—165 (Botschaft) 64
- III. Ein lanoiü wisE, und ist diu dritte 65
- Strophe 166—171 (Antwort) 66
- (a) Poetisches Antwortschreiben (der Herrin.) 68
- Strophe 172—176 (Antwort.) 69
- Aventiure von dem turnay ze frisach 70
- Strophe 177—315 (Turnier zu Friesach 1224.)
- rV. Ein TANZwisE, und ist diu vierde wise 111
- Strophe 316—320 (Botschaft der Niftel.) 113
- (b) Poetischer Brief (der Niftel an die Herrin.) 114
- Strophe 321—323 (Botschaft der Niftel. Turnier zu Leib-
- . nitz.) ■ 115
- (c) Poetische Antwort (der Herrin an die Niftel.) .... 116
- Strophe 324—333 (Unterhandlungen.) 116
- V. Ein TANzwisE, und ist diu fünfte wfsB 119
- Strophe 334—339 (Ritterfahrten. Triest. Brixen.). ... 120
- XXXVIII INHALT.
- ^ Seite
- AyENTIÜBE, wie der herbe UOLRIcH SINEN FINGER VERLOS 121
- Strophe 340—351 (Verlust des Fingers.)
- VI. Ein TANZwisE, und ist diu sehste wfsE 125
- Strophe 352—359 (Heilung. Vier Büchlein als Gabe.). . 126
- VII. Ein siNCwisE, und ist diu sibende wise 129
- Strophe 360 — 403 (Hündlein als Gabe. Vereiteltes Turnier
- zu Friesach. Neue HojQTnung.) 130
- VIII. Daz ist ein tanzwIse, und ist diu ahte wise . 141
- Strophe 404—417 (Neue Hoffnung. Romfahrt.) 143
- IX. Ein sincwise, und ist diu neunte wise 147
- Strophe 418—426 (Ritterschaft in Steierland. , Neue Bot-
- schaft.) 14&
- X. Ein TANZWISE, und ist diu zehende wise 150
- Strophe 427—436 (Zweifel der Herrin.) 15^
- AVENTIURE, WIE DER HERBE UOLBIcH SINEN VINOEB ABE
- SLUOC UND SANT IN sInEB FBOWEN ........ 155
- Strophe 437 — 449 (Der abgeschlagene Finger.)
- Daz ist ein büechlIn, daz andeb .^?3 v- 159
- Strophe 450 — 469 (Der abgeschlagene Finger. Entschlul^
- zur Venusfahrt.) 172
- Aventiube, wie deb hebre uolbIch küneginne wise
- FÜOB DUBCH diu LANT MIT BITTEBSCHEFTE 177
- Strophe 470-479 (Venusfahrt 1227: Venedig.)
- (B) Einladungsbrief. 181
- Strophe 480—604 (Venusfahrt 1227: Mestre. Treviso. Piave.
- Sacile. Odorico. Gemona. Chiusa. Thörl. Villach.) . 183
- (d) Poetischer Brief (der Unbekannten) 217
- Strophe 605—746 (Venusfahrt 1227: Feldkirchen. St. Veit.
- Friesach. Scheifling. Judenburg. Knittelfeld. Leoben.
- Kapfenberg. Kindberg. Mürzzuschlag. Gloggnit;!. Neun-
- kirchen. Neustadt. [Kehrbach].) 217
- (e) Poetischer Brief (der Unbekannten) 253
- Strophe 747—776 (Venusfahrt 1227 : In Oesterreich [Piesting].
- Traiskirchen. Nach Wien. [Möllersdorf.J) 254
- (/; Walther's Lied (^.^«^-«J^'.' t<.* "/t '^ . . • 'J. ... 262
- Strophe 777— 985 (Venusfahrt 1227: Nach W^ien [Möllers-
- dorf.] Wien. Kornneuburg. Mistelbach. Feldsberg.
- Thaya. Böhmen. Ende der Venusfahrt. Zurück nach
- Wien. Das Gefolge bleibt zurück. Das Gefolge zurück
- nach Oesterreich. Preis der Venusfahrt.) 262
- ULßlCH'S VON LIECHTENSTEIN
- FßAUENDIENST.
- ERSTER THEIL.
- FROWEN DIENST.
- 1 Den guoten wiben si genigen (1,1)
- von mir, swie si mich doch verzigen
- nach dienest ofte ir lones hänt.
- her, waz si tugent doch begänt!
- der werlde heil gar an in stät. (5)
- ich wsen, got niht so guotes hat
- als ein guot wip. daz ist also:
- des stät ir lop von schulden ho.
- 1,1 Den guoten wiben: wip gebraucht der Dichter hier und
- im Folgenden zur Bezeichnung des weiblichen Geschlechtes, aber
- nicht im Gegensatz zu vrouwej sondern synonym mit vromoe^
- wie namentlich aus den Strophen 8, 9 und 10 sowie aus der
- Schlußstrophe des ganzen Gedichtes hervorgeht. Er wechselt
- zwischen beiden Wörtern, um eintöniger Wiederholung vorzu-
- beugen und um der metrischen Technik willen. Besonders häufig
- ist bei wtp das Epitheton guot^ welches, etwa unserm: edel ent-
- sprechend, wie dieses den Doppelbegriff des Adels und des Edel-
- sinns in sich schließt. — 3 nach praep., wohl nicht zeitlich nach
- («nach meinem Dienen», Tieck), sondern: im Verhältniß zu
- [vgl. nach Verdienst, nach Würdigkeit, nach Alter]. — 4 solche
- rhetorische Wendungen in den Erzählungsstrophen ungemein
- selten, auch die Fragen sind .«"elten; vgl. 2, 5. 860, 2. — her =
- kerre, Ausruf; Docen vermuthete dafür die Interjection hei, ach !
- — 7 daz ist also: eine der öfters wiederkehrenden, zur Aus-
- füllung des Verses und Reimes dienenden Wendungen; s. z. B.
- 860, 5. 981, 3. 1044, 8. 1213, 7. nu st also 138, 8. vgl. zu 12,1.
- 16, 1. 62, 5. — S hö adv. = hohe, hoch von U. als gefüges Reim-
- wort sehr häufig angewandt, namentlich in Wendungen wie hier
- bei 8tdn z. B. 156, 8. 1. Büchl. 9h 170, 8; kamen ho 175, 7;
- mich hebt unho 225, 5 (diese Wendung sehr oft); sttgen ho 304, 4;
- mich freut ho IV, 13 u. s. w. Dieses ho vorzugsweise dem mitteld.
- Ulbich voh Liechtenstein. I. 2
- EINGANG.
- 2 Man muoz mirs jehen, wan ez ist war,
- daz wibes güete niemen gar (lO)
- voUoben an ein ende mac.
- ir lop sich breitet als der tac.
- wä endet sich der sunnen schin?
- swer mir daz üf die triwe sin
- kan gesagen, dem muoz ich jelien, (15)
- daz er vil verre hab gesehen.
- 3 Ir schin durchliuhtet elliu lant:
- da von ist mir vil unbekant
- ir schines sprunc, ir schines ort.
- sich endent sanfter elliu wort, (20)
- und swindent lihter elliu jär, (2,1)
- e daz der wibe güete gar
- und ouch ir hohe werdekeit
- mit Worten werde gar volseit.
- 4 Wie sol man des vol ze ende komen, (5)
- des ende nimmer wirt vernomen
- und daz für yfkr niht endes hat?
- also diu werlt nu gar zergät,
- Dialect eigen und systematisch angemeßen, begegnet doch auch
- bei den Oberdeutschen, s. Weinhold A. Gr. §. 236 B. Gr. §. 15i).
- Möglich, daß für diese die Form ho nur eine literarische war,
- da sie eigentlich nur im Reime vorkommt. Nach Paul Mbd. Gr. ^,
- §. 7*2 beruhen diese Formen mit abgefallenem h (ch) wahrschein-
- lich nur auf Anlehnung an solche, in d^nen es im Inlaut zwischen
- Vocalen stehen würde.
- 2, 1 fg. Der Gedanke kehrt wieder im Anfang des ersten
- Liedes; auch 4, 1 fg., 6,1 fg. stimmen dazu. — 4 solche Ver-
- gleiche aus der Natur hat Knorr gesammelt S. 19. — 6 fg. das
- Enjambement, von Knorr nicht berücksichtigt, ist von U. außer-
- ordentlich häufig angewandt worden; schon vorher 1, 1 — 2.
- 6—7, ferner z. B. 6, 3. 44, 5. 44, 6. 45, 2. 66, 1. 71, 2. 81, 1.
- 82, 7. 90, 3. 104, 5. 268, 7. (s. die Bemerk.), in Str. 1373 drei-
- mal hintereinander; wichtig besonders zwischen zwei Strophen,
- was zugleich Strophenbrechung in sich schließt, z. B. 109 — 10.
- 348 — 49. 421 — 22. 444 — 45. (Hier sei zugleich hingewiesen auf
- die ebenfalls nicht seltene Stropbenbrechung ohne Enjambement,
- z. B. 49^—98. 607. 610. 615. 623. 629. 668. 676. 678.) Auch
- in den Liedern Enjambement, z. B. II, 13. 24; zwischen Auf-
- gesang und Abgesang VII, 12. 20. 28.
- 4, 3 fg. die Reimbrechung, ebenfalls bei Knorr unerwähnt
- gelaßen, von V. nicht minder häufig angewandt; in den Er-
- EINGANG. Ö
- daiinocli ist der wibe bris
- ze himel und in paradls; (lO)
- da von min sin und min gedanc
- in lop ze sprechen ist ze kranc.
- 5 Wip sint rein^, wip sint guot,
- wip sint schoene und wol gemuot,
- wip sint guot für senediu leit, (15)
- wip die füegent werdecheit,
- wip die machent werden man.
- wol im, der daz verdienen kan,
- daz si im bietent vriundes gruozl
- dem wirt vil maniger sorgen puoz. (20)
- 6 Wip sint hoher sselden rieh,
- den engein nie niht so gelich
- wart alsam ir schoener lip.
- ein tugentriche reine wip,
- diu sich vor wandel hat behuot, (25)
- diu hat für war w^ol engeis muot:
- ir lip hat ouch wol engeis schin:
- daz nim ich üf die triwe min.
- 7 Nach disem lob so heb ich an
- ein msere, als ich beste kan. (3o)
- in gotes namen ich ez hebe
- und wünsche des, daz er iu gebe
- gein mir s6 ztihtoichen muot, (3,1)
- daz ez iuch alle dunke guot.
- so wirt min arbeit niht verlorn.
- ich hab daz liegen dran versworn.
- zählnngsstropben weniger als in den Büchlein, wo sie mit zum
- Stil gehört. — 3 endes gen. abh. von nihtf kein Ende.
- 5, 5 machent werden man, machen den Mann werth (unflect.) ;
- solche Wendungen mit flectierten attributiven Adjectiven ohne
- Artikel nur noch im Plural gebräuchlich.
- 7, 2 als ich beste kan, so gut ich kann, beliebte mhd. Wen-
- dung, von U. auch öfters zur Ausfüllung des Verses gebraucht;
- vgl. 11, 3. — 4 des schwerlich Object zu wünschen, welches
- neben dem Acc. auch den Gen. bei sich hat, weil das Object
- schon im Nebensatz mit daz ausgedrückt liegt; des vielleicht
- eher adv., deshalb: mit Beziehung auf seine Berufung auf Gott,
- in dessen Namen er sein Werk beginnt. — 8 xier Dichter will
- also nur Wahres berichten.
- 1 *
- KINDHEIT.
- m
- 8 Do ich ein cleinez kindel was, (ö)
- (16 hört ich ofte, daz man las,
- und hört ouch die wisen sagen,
- daz niemen wol bi sinen tagen
- erwerben möhte werdecheit,
- wan der ze dienest wser bereit (lO)
- guoten wiben sunder wanc:
- die heten höhen habedanc.
- 9 Die wisen hört ich sprechen so,
- daz niemen wsere rehte frö
- noch in der werlte wolgemuot, (15)
- wan der ein reine vrowen guot,
- diu wol von lügenden hiez ein wip,
- hete liep als sin selbes lip:
- daz heten alle die getan,
- die gern ere wolden hän. (20)
- 10 Dö ich daz hört, ich was ein kint
- und tump, als noch die jungen sint,
- so tump, daz ich die gerten reit;
- und gedäht doch in der tumpheit:
- „sit daz diu reinen süezen wip (25)
- so höhe tiurent mannes lip,
- 8, 1 kindel: der Dicliter gebraucht mit Vorliebe diese
- apocopierten Diminutiva (die fränkischen und alemannischen
- Formen auf -a, -e [kindla, kindW] sind für die höhere Litera-
- tur seltener benutzt worden); ferner z. B. hiiechel 444, 7. heftel
- 731, 8. röckel 473, 2; dahin gehört auch vingerl 367, 2. — 2 daz
- ist fraglich, entweder relat. : was, oder conj.: daß. Lachmann
- scheint das erstere anzunehmen, weil er vor daz kein Komma
- setzt; die Wendung wäre dann nur eine Umschreibung für den
- Infinitiv iesen. Dieses iesen bezieht sich auf die literarische
- Unterhaltung, auf den Vortrag von Gedichten.
- 9, 5 hie:: conj. = hieze. heizen hat hier nicht den Begriff:
- heißen, genannt werden, sondern den des Verbum substantivum
- mit dem leisen Nebenbegriff: gelten ; die wegen ihrer Vorzüge
- als ein Weib, als eine Vertreterin ihres Geschlechts gelten würde.
- 10, 5 die Jungen pl. entweder von junc adj. subst. oder von
- junge swm., der Junge, Knabe, Jüngling. — 3 gerte swf., Gerte,
- Ruthe, Stecken; die Stelle angeführt von Zingerle, d. d. Kinder-
- spiel im Mittelalter S. 23, auch von Schultz, höfisches Leben
- S. 118; in beiden Werken werden die Gerten (und Stäbe) als
- Steckenpferde bezeichnet. Das mag sein, wenn die Vorstellung
- KINDHEIT. 5
- SO wil ich dienen immer me
- den vrowen, swie so ez mir erge.
- 11 Lip, guot, muot und dar zuo daz leben
- wil ich den vrowen allez geben » (30)
- und dienen, als ich beste kan.
- und wird ich immer ze einem man,
- min dienst muoz an in geligen, (4,1)
- da mit verderben oder gesigen:
- ich wil in immer dienend stn."
- sus riet mir daz herze mtn.
- 12 In den gedanken, daz ist war, (5)
- wuohs ich unz in daz zwelfte jär.
- ich gedähte her, ich gedähte hin
- nach mines jungen herzen sin.
- mit vräge fuor ich durch diu laut:
- swä iemen werde vrowen vant, (lO)
- nicht damit verbunden wird, die wir heute vom Steckenpferd,
- einem in einen Stecken auslaufenden Pferdekopf hegen. Aus
- dem Mittelalter habe ich keine Abbildung eines solchen Stecken-
- pferdes ausfindig machen können; sie erscheinen erst in der
- Renaissancezeit; so in den bekannten Sandzeichnungen Durer's
- auf Blatt 21. Andere Abbildungen führt Zingerle an.
- 11, 5. 6 geligen: gesigen: den erweiterten Reim verschiedener
- Gattung braucht U. mit Vorliebe; nur wenige sind von Grimm,
- Gesch. d. Reims S. 86 (606) verzeichnet. — muoz geligen y ge-
- sigen (hier wäre auch das einfache sigen möglich) : bei den Ver-
- ben 2. Anomalie steht auch bei U. das Compositum mit ge-
- überaus häufig, aber keineswegs immer. Es scheint bei ihm
- dieses ge- mehr technische als syntactische Bedeutung zu haben ;
- vgl. zu 79, 2. 113, 6. — 7 dienend{e) stn: solche Umschreibungen
- des Verbums durch das Verbum substantivum mit dem Parti-
- cipium praesentis (s. Gr. 4, 6) hat U. recht häufig angewandt;
- ferner dienende stn z. B. 356, 5. 2. Büchl., 380. 646, 8. 813, 2.
- dankent Bin 413, 7. sagende stn 978, 4. vallent «m 427, 8. volgende
- 8in 942, 1. 975, 2. werhent sin 372, 6 u. a. m.
- 12, 1 daz ist war: auch dies eine der versausfüllenden
- öfters angebrachten Phrasen ; femer daz was ouch war, du hast
- war, ir habt daz war, s. z. B. 198, 3. 314, 7. 137, 3. 184, 1. 152, 1 ;
- vgl. zu 1, 7. 16, 1. 62, 5. — 2 hier die erste Zeitbestimmung.
- Mit zwölf Jahren pflegten die jungen Adligen als Pagen in den
- Hofdienst zu treten. Vor Vollendung des zwölften Jahres sieht
- sich IT., wie die folgenden Strophen lehren, nach einem Dienst
- bei einer vornehmen Dame, einer Fürstin (von hoher art 15, 2)
- 6 JUGEND. ERSTER DIENST.
- der Site, der lip, der inuot, der tugent
- erfuor ich gar in miner jugent.
- 13 Swer lop von guoten wiben sprach,
- dem sleich ich allez smidend nach.
- 4
- ir lop daz tet mir also wol, (15)
- daz ich da von wart vreuden vol.
- mir tet vil manic wiser munt
- ir lop und ouch ir ere kunt:
- sie lobten jene, sie lobten die,
- sie lobten dort, sie lobten hie. (20)
- 14 Ir aller lobes vernam ich vil:
- von einer ich doch sagen wil.
- der lop was in die hoehe komen:
- ir lop sich beten an genomen
- die besten gar über elliu lant. (25)
- swem rehte wart ir tugent bekant,
- und künde der iht tugende spehen,
- der muost ir hoher tugende jehen.
- 15 Si was zer besten üz erkorn,
- si was von hoher art geborn, (30)
- si was schoene, si was guot,
- si was reiniclich gemuot,
- si was kiusche, senfte gar, (5,1)
- si was minneclich gevar:
- von ir vil tugende wart vernomen:
- si was an tugenden gar volcomen.
- um; in deren Dienst wird er aufgenommen und verbleibt da
- 4: — 5 Jahre (16, 3), war demnach, als er den Dienst verließ, im
- 17. Jahre; vgl. zu 40, 1 fg. — 7 der vor den vier Subst. ist
- gen. plur. demonstr., deren.
- 13, 4 dieser Vers wird öfters wiederholt, z. B. 776, 4, wie
- denn solche Wiederholungen recht häufig sind, auf die alle-
- sammt unmöglich aufmerksam gemacht werden kann. — 7 sie
- plural nach dem Sinne bez. auf manic wiser munt, — j^ne^ die,
- nicht jeniu, diu (wip), weil im Mhd. nach toip das natürliche
- Geschlecht, das Femininum steht; Gr. 4, 268; vgl. z.B. I, 10.
- 100, 7 fg. 175, 5 fg.
- 15, 7 fraglich, ob hier wie vorher 14, 7. 8 tugende sing, oder
- plural; hier wohl plural wegen an tugenden 15, 8.
- ERSTER DIEXST. T
- 16 Man lobt si hohe, daz was reht. (5)
- ich was der selben vrowen kneht
- vil nach unz in daz fünfte jär.
- daz ich iu sage, daz ist Avär.
- min ougen künden nie ersehen
- an ir unwipheit noch erspeben: (lo)
- si was ouch ze allen ziten guot,
- in wibes zühten wol gemuot.
- 17 D6 sprach min herze wider mich:
- «guot vriunt, geselle, wil du dich
- für eigen einer vrowen geben (15)
- und ir ze dienest immer leben,
- daz sol disiu vrowe sin:
- daz rät ich üf die triwe min.
- diu ist gar alles wandeis vri:
- der sül wir sin mit triwen bi.» (20)
- 18 «Ich volge dir, herze, swes du wil.
- doch ist uns beiden gar ze vil,
- daz wir ir dienen umb den solt,
- den man von guoten wiben holt.
- ja ist diu guote vrowe min (25)
- vil hoher denn wir beidiu sin,
- si ist ze hohe gar uns geborn:
- des mac der dienst werden vlorn.»
- 19 «Swic, lip, und hoere, ich wil dir sagen:
- ez wart nie wip bi iemens tagen (30)
- so hoch, so rieh noch also wert,
- ist daz ein edel ritter gert
- 16, 1 daz was reht: auch diese versfüllende Wendung öfters
- z. B. 188, 4. 193, 4; vgl. zu 1, 7. 12, 1. 62, 5.-3 zweite Zeit-
- bestimmung, s. zu 12, 2.
- 17, 1 solche Zwiegespräche zwischen Herz und Leib oder
- der eigenen Person ziehen sich durch das ganze Gedicht.
- 18, 6 fg. hier noch deutlicher als in 15, 2 ausgesprochen,
- daß die vrowe, die Herrin, die Geliebte, von hoher, nämlich
- fürstlicher Geburt war. Der Dichter nennt sie nie und durfte
- sie nicht nennen, selbst Andeutungen vermeidet er. lieber die
- verschiedeneu Vermuthungen, wer diese unbekannte Heldin des
- Frauendienstes wohl gewesen sein möchte, s. die Einleitung.
- 19, 3 fg. auf «(5, also sollte daz folgen; grammatisch correct
- müßte V. 8 statt des Hauptsatzes der Nebensatz stehen daz im
- ERSTER DIENST. STILLE MINNE.
- ir ze dienen sine zit, (6,i)
- 80 daz er herze, lip, guot git
- in ir dienest, als er sol:
- im müge an ir gelingen wol.»
- 20 «Herze, ich swer dir einen eit (5)
- üf alle minc saelicheit,
- daz si mir ist für elliu wip
- und lieber danne min selbes lip.
- üf den minneclichen wän,
- den ich gein ir vil guoten hän, (lO)
- so wil ich hiut und immer m^
- ir dienen, swie so ez mir ergo.»
- 21 D6 sich bewäc herze ünde lip
- ze werben umb daz werde wip,
- d6 gie ich für die guoten stän (15)
- und sach si minneclichen an.
- ich gedäht: «wol mich, sol si daz sin,
- diu werde süeze vrowe min,
- bi der ich immer mer muoz wesen,
- bi ir verderben oder genesen.» (20)
- enmüge u. s. w. ; der Conditional-Zwischensat/. V. 4 mit ist daz,
- von dem wieder ein Consecutivsatz abhängt (6. 7), wird aber
- zum directen Vordei:ßatz gemacht, und dann wird in freier Con-
- struction fortgefahren. Solche Constmctionen , die namentlich
- bei Hartmann von Aue sehr häufig sind, hat auch U. mehrfach
- aufzuweisen; vgl. z. B. 38, 4. 2. Bücbl. 81 fg.; ja der dictierende
- Dichter fällt auch einmal völlig aus der Construction ; s. zu 636, 2 fg.
- 20, 6 ir vil guoten ; es könnte auch mhd. wie heute heißen
- der vil guoten ^ aber das Personalpronomen auch der dritten
- Person wie das der ersten und zweiten verbindet sich mit folg.
- Substantiv im Mhd., jetzt wird dafür das Demonstrativ gesetzt,
- das dann wie ein Artikel erscheint; vgl. Gr. 4, 349. 565, wo
- aber die neue Weise nicht weiter entwickelt wird; vgl. ferner
- z. B. IV, 17. X, 49. 67. 1. Büchl. 44. 45. 79.
- 21, 2 ungesnchte hübsche Alliteration ; in der Schrift von
- Zingerle, Alliteration bei mhd. Dichtern, in der auf ü. Rücksicht
- genommen ist, S. 61 nachzutragen. Schon aus diesen Zusammen-
- stellungen, die aber lange nicht alle Fälle berücksichtigen, ist er-
- sichtlich, daß U. die Alliteration mit Vorliebe angebracht hat. Sie
- ist bei ihm z. Th. volksthümlich, z. Th. rein künstlerisch. In letz-
- terer Hinsicht scheint Gottfried's Einfluß wirksam gewesen zu sein.
- — 8 Reminiscenz an Gottfried's Tristan 66. Knorr hat Gottfried's
- EBSTEB DIENST. STILLE MINNE. 9
- 22 Ich gedäht: c«waz sol ich dienen ir,
- daz sich rehte füege mir^
- für vil manic edel kint,
- die bi ir hie in dienest sint?
- der dienet ir Itht einez baz: (25)
- s6 wirt min vrowe mir gehaz.
- nu enweiz ich, waz ich anders tiio:
- ich dien ir spät, ich dien ir fruo.
- 23 Tr mac wol einez dienen me:
- ich waen, dem doch sin herze iht ste (30)
- gein ir, alsam daz mine stät,
- und wsen si ouch iht s6 liebe hat,
- als ich si in mlnem herzen hän. (7,1)
- des einen wil ich in vor gän
- und allen leuten miniu jär.
- daz weiz ich endellchen war.»
- 24 Einez ofte mir geschach. (5)
- swenne ich iht schoener pluomen brach
- des sumers, so daz solde sin,
- die truog ich sä der vrowen min.
- nam si die in ir wtze hant,
- so wart mir freuden vil bekant: (lO)
- Einwirkung ganz übersehen. Auf Gottfried sind besonders aller-
- lei französierende Wendungen und Spielereien zurückzuführen;
- vgl. 2. B. 38, 1 fg. 70, 7 fg. 1. Büchl. 375 fg. 295, 5. 315, 5. V, 21.
- 22 fg. 2. Büchl. 81. 161 fg. (s. d. Bern.). 506, 3 fg. (s. d. Bern.) ;
- besonders charakteristisch Str. 1744, auch Str. 1746. 1747.
- 22, 2 daz eher conj. als relat. — füegen refl. ohne ez. — 3 kint
- Singular, nach dem Sinn wegen manic mit dem Plur. fortgefahren.
- — 4 grammatisch correct sollte diu stehen, zumal im folg. Verse
- auch einest, nicht nach dem Sinn einer gesagt ist; dennoch war
- nicht zu ändern. — 8 lose Construction, die besser herauskommt,
- wenn nach V. 7 Doppelpunkt als mit L. Komma gesetzt wird.
- 23» 4 zu waen ist aus dem vorherg. dem zu erganzen : daz
- oder ez, — liehe acc. flect. (caram) statt des gewöhnl. unflect.
- liep; vgl. Gr. 4, 626.
- 24, 5 icize nach der Hs. ; wizen mit L. zu schreiben zumal
- für U.'s Zeit nicht nöthig; vgl. Gr. 4, 540. — Eine wize Hand
- galt für schön; vgl. Schultz, h5f. L. 1, 166; bei U. öfters wiz
- als schmückendes Beiwort zu hanf z. B. 25, 4. 1. Büchl. 186.
- 165, 1. 320, 1. 784, 4. 830, 6; auch linde inze h. 534, 5 (s. die
- Bemerk.).
- 10 ERSTER DIENST. STILLE' MINNE.
- ich gedaht: «da du si griffest an,
- da hän ich in alsam getan.»
- 25 Min vreude was vil ofte gröz,
- swenne ich kom, da man wazer goz
- der herzenlieben vrowen min (i5)
- üf ir vil wizen hendelin.
- daz wazer, da mit si sich twuoc,
- verholn ich daz von danne truoc:
- vor liebe ich ez gar üz tranc.
- da von so wart min trüren cranc. (20)
- 26 Kintlich ich ir diente vil,
- daz ich nu hie verswigen wil.
- swaz so ein kint gedienen mac,
- daz dient ich ir unz üf den tac,
- daz mich min vater von ir nam. (25)
- da wart mir senlich trüren zajn:
- mir wart der minne kraft bekant
- in minem herzen sä zehant.
- 25, "A fg. es ist von dem Waßer die Rede, welches vor oder
- nach der Tafel genomen, auf die Hände der Speisenden gegoßen
- wurde, worauf diese sich an einem Tuche abtrockneten; vgl.
- Schultz, hof. L. 1, 326, zu Heinrich von Freiberg 607. Aus
- unserer Stelle geht hervor, daß die Schüßel, welche das über
- die Hände gegoßene Waßer auffing, nicht auch andern Tisch-
- gästen diente, sondern der Fürstin allein. Wenn twahen hier
- mit «waschen» wiedergegeben wird, wie Schultz a. a. O. (das
- Waßer, in dem sie sich die Hände gewaschen) und auch Lyon
- (Waschwaßer) sich, ausdrücken, so kommt leicht ein grober und
- falscher Zug hinein; man denkt dann unwillkürlich an ein mit
- Schmutzwaßer gefülltes Waschbecken; zarter und richtiger bei
- Tieck : so nahm ich das Waßer, das sie angerührt hatte, twahen
- ist auch «netzen» und dient zu edlen Bildern; auch heißt es
- nicht vom Waßer: du in, sondern damit; die Reinigung wurde
- mehr durch das Tuch als durch das Waßer bewirkt. — 8 cranc :
- im Wolfram'schen Stile, vgl. Kinzel, Charakt. d. Wolfr. Stils
- S. 3. Bötticher, Eigenth. d. Spr. W.'s S. 70. Starck, Darstellungs-
- mittel d. W. 'sehen Humors S. 20. Bei Knorr S. 43 nur einige
- Entlehnungen nachgewiesen. Wolframisch sind u. a. auch die
- Wendungen mit zam 26, 6, mit pfliht 2. Büchl. 48, 6, mit ze laz
- 2. Büchl. 23 und pns bejagen öfters.
- 26, 1 kintlich adv., nicht: kindlich, sondern terminologisch:
- als kiiitj Page. — 2 daz relat.
- STILLE MINNE. ZWEITER DIENST. 11
- 27 Min lip der schiet von danne sa:
- daz herze min beleib aldä, (3o)
- daz wolde mit mir danne niht.
- daz was ein wunderlich geschiht,
- daz man den lip von danne treip (8,0
- und daz min herze aldä beleip:
- daz was bi ir naht unde tac,
- daz ez vil selten ruowe pflac.
- 28 Swä so min lip reit oder gie, (5)
- min herze daz kom von ir nie:
- ez wsere tac, ez waere naht,
- min liebe hete gein ir die mäht,
- daz ich si ze allen ziten sach.
- von herzenliebe daz geschach. (lo)
- swie verre ich was, ir liehter schin
- schein nahtes in daz herze niin.
- ,29 Ich wil da von niht sprechen me:
- mir was von gedanken w^.
- in disen dingen daz ergie, (15)
- daz man mich einem herren lie:
- der was vil hoher tugende rich.^
- der hiez der margräve Heinrich:
- 28, 2 daz ergänzt nach Lachmann, wie überhaupt alle Er-
- «^änzimgen äusgelaßener Wörter anf L. zurückgehen, wenn nichts
- weiter darüber bemerkt ist.
- 29, 6 ig. der margrdve Heinrich von (Esterrick nach der Hs. ;
- bis die Streitfrage entschieden ist, ob die Ueberlieferung Recht
- hat oder L. mit seiner Aenderuiig Ysterr'ich, scheint es gerathen,
- die erstere vorderhand unangetastet zu laßen. Karajan, erst ge-
- geneigt, «Oesterreich der Hs. zu dulden und das Ganze auf
- Markgraf Heinrich von Oesterreich-Mödling zu beziehen», stimmt
- Lachmann zu und bringt auch S. 665 Urkunden über Heinrich
- von Ystrien bei, doch haben seine Auseinandersetzungen etwas
- Gezwungenes. Falke sieht in dem Genannten den Markgrafen
- Heinrich von Oesterreich (f 1223), Bruder Herzog Leopold's V.,
- «welcher auf Schloß Mödling Hof hielt und dort der Gäste,
- namentlich der Sänger und Dichter viele um sich sah.» In
- einer Anmerkung (S. 63) erklärt er sich ausdrücklich gegen
- Lachmann's Conjectur, weil Heinrich von Istrien, « auf welchem
- die Mitschuld an dem Morde König Philipp's lastete, gerade
- damals, als Ulrich hätte bei ihm sein müßen, unstet und flüchtig
- war, sich für die erste Zeit in Ungarn aufhielt und sodann 1217
- \
- \
- 12 ZWEITER DIENST.
- von (Esterrich was er genant,
- von stnen tugenden w!t erkant. (-20)
- 30 Er was der vroweu dienestman,
- mit rehten triuwen undertän:
- er was in holt, er sprach in wol,
- also ein icslich ritter sol.
- er was miltc, er was guot, (25)
- er was küene, hoch gemuot,
- mit tumpen tump, mit wtsen wis:
- da von s6 het er lobes pris.
- 31 Er het umb ^re ungemach,
- sin munt nie boesez wort gesprach, (30)
- er was blide, er was palt,
- sin zuht diu was manicvalt,
- nach Palästina zog, von wo er wahrscheinlich zurückkehrte, als
- Ulrich's Vater starb» (Verweis auf Meiller, Regg. 258. Anm. 391).
- Knorr geht auf die Frage nicht ein. Scherer, der auch frühere
- Aeußerungen Uhland's und v. d. Hagen's heranzieht, erklärt sich
- in seiner Besprechung des Knorr'schen Buches (Anzeiger 1,
- 248 fg.) für Lachmann's Conjectur. Sein Hauptgrund die Er-
- wägung, daß Heinrich von Modling in den Urkunden nie Mark-
- graf genannt wird; wenn er überhaupt einen Titel erhält, so
- heißt er dux de Medlico, de Mediich. Scherer sucht auch die
- andern Beweisgründe Falke's zu widerlegen. Schönbach in
- seinem Aufsatze «Zu Ulrich von Lichtenstein» (Zeitschrift 26,
- 307 fg.) gedenkt des Markgrafen Heinrich mit keiner Silbe und
- in seinem Artikel in der Allgemeinen Deutscnen Biographie
- (18, 620 fg.) entscheidet er sich nicht bestimmt, indem er zu
- dem Namen des Markgrafen Heinrich von Istrien, an dessen
- Hofe Ulrich erzogen wurde, «oder Oesterreich» in Klammer
- hinzusetzt mit Verweis auf Bd. IX (lies XI), S. 526, wo v. Oefele
- in seinem Artikel «Heinrich, Markgraf von Istrien» Lachmann's
- Conjectur als richtig voraussetzt. Ebenso Kummer in der Einl.
- zu der Ausgabe der poetischen Erzählungen des Herrand von
- Wildonie (Wien 1880), S. 25.
- 30, 1 vrowen plur. der vrowen dienestmanj der Dienstmann
- der Damen, soviel wie vrowenritter ; ebenso z. B. 354, 5.
- 1550, 5. s. zu 158, 7. — 2 zu ergänzen nach dem Sinn t», ihnen:
- vgl. 32. 8.
- 31, 2 gesprach: hier hat ge- die Perfect- Function des
- Pflegens, des Gewohntseins; ferner z. B. 1. Büchl. 261; s. zu
- 79, 2. —
- ZWEITER DIENST. 13
- er was staete, er was getriu, (9,1)
- den vriunden. sieht, niht itcniu,
- er minnet got von herzen gar;
- BUS lebt der fürste siniu jär.
- 32 Der selbe werde herre min (5)
- sagt mir daz üf die triwe sin:
- swer werdecUche wolde leben,
- der solde sich für eigen geben
- einer reinen vrowen guot;
- da von s6 würd er höchgemuot. (10)
- er sprach: «ez wart nie werder man, i^^^
- er waere den vrowen undertän. »
- 33 Er sagt mir in mtner jugent
- vor vil der stnen süezen tugent:
- er l^rt mich sprechen wider diu wip, (15)
- üf örsen riten minen lip,
- an prieven tihten süeziu wort. ^
- er jach, ez wser der tugend hört,
- «ez tiuret junges mannes lip,
- der suoze sprichet wider diu wip. (20)
- 6 die Bedeutung, die iteniuwe hier haben muß, = launisch,
- wankelmüthig, ist weder im mhd. Wh. nocli im mhd. Handwb.
- hervorgehoben; vgl. ez schuqf ir untriuwe: si ist gerne iteniuwe»
- ir stceten vrinnt die alten der kan sie niht behalten undn behaltet
- auch niht die jungen, mit disen Wandelungen lebet ie vrou Minne
- Ulr. Tristan 503, 22 fg. ; ebenso auch das einfache niuwe : s. Bech,
- Germania 29, 12. 13.
- 32, 7 werder nicht conipar., sondern stark flectierf, wie noch
- im Plural: nie ein Mann werth.
- 33, 2 vor schwerlich richtig, wohl von zu lesen. — 4 mhien
- lip z= mich. Diese Umschreibung bei U. noch überaus oft, nament-
- lich in der Formel: sm selbes lip, er selbst 9, 6. ferner min l.
- = ich 74, 1. 76, 3. 89, 7. 100, 5 u. s. w. din l. = du 107, 4.
- iwer l. = iV 538, 6. iwern l. = iuch 148, 7. des L = der 195, 8.
- ritters L = ritter 11 ^ 7. 184, 7. der hochgemuoten l. = die hoch-
- getnuoten 642, 4. Es gehört dies mit zu seinem Stil und ist
- wichtig für die Technik, die stumpfe Reime brauchte. — 7 lip^
- hier etwas anders, nicht geradezu = jungen man, sondern: das
- Leben, das Wesen, wie in 10, 6. — 5 an prieven : hier steht brief
- wie Trist. 8143 terminologisch, wohl in der Bedeutung, die tonst
- bei U. büechel hat, abgesehen von der Form. Von diesen beiden
- Dichtungen ist uns leider nichts erhalten.
- 14 RITTERLEHRE.
- 34 Süeziu wort mit werken war
- sin^ guot gein werden wiben gar.
- du solt für war geläuben mir,
- daz nimmer kan gelingen dir
- an guoten wiben, wil du in (25)
- liegen, schmeichen: d^st ein sin,
- der dir gein wiben selten frumt
- und dir für war ze schaden kumt.»
- S 35 Swaz er mir sagt, und het ich daz
- ^ervoUet mit den wercken baz, (30)
- Ijch waire werder, denne ich pin.
- bi im gie miner järe hin
- vieriu mit senecllcher not. (10,1)
- indes lac min vater tot:
- dö muost ich hetm, als maniger tuot,
- dem sine vordem läzent guot.
- '36 Mir gab urloup der herre min (5)
- also, daz al diu tugende sin
- an mir vil volleclichen schein.
- dö reit ich gegen Liehtenstein
- hin heim sä in daz Stirelant,
- da ich vil turnirens vant * (lO)
- von knehten. daz was dö der sit:
- si lernten riterschaft da mit.
- 37 Dö ich da turniren vant,
- des underwant ich mich zehant
- durch die vil lieben vrowen min. (16)
- ich gedäht: «wil ich ir ze dienste sin,
- daz muoz mit riterschaft geschehen:
- man muoz mich under helme sehen
- jir ze dienest mine tage.
- got geb, daz ich ir gunst bejage! (20)
- 38 Und sol mir immer pris geschehen,
- des muoz ich ir ze prise jehen:
- 35,4 gie singiilar statf^des nothigen Plurals; vgl. Gr. 4,
- 197 , wo außer dieser Stelle noch eine aus U. angeführt ist,
- nämlich 42, 2; vgl. zu 482, 1. zu 790, 6 und s. ferner 1528, 1.
- — 5 dritte Zeitbestimmung: U. war also (s. zu 12,2) beim Ver-
- laßen des zweiten Dienstes im 21. Jahre. — 6 s. Einleitung.
- 38, 1 fg. Die ganze Strophe findet sich nochmals im
- KITTER 1222. 15
- wan er wirt durch si bejaget.
- ouch bin ich des vil unverzaget,
- swaz vrowen gnade si genant, (25)
- ez müg an ir min dientiu hant
- bi minen jugentlichen tagen
- noch vil sseliclich bejagen. »
- ,39" Do fuor ich turniren knehtes wis,
- durch lernen und durch knehtes pris, (30)
- allenthalben reht driu jär.
- dö wart ich ritter, daz ist war.
- ze Wiene ze einer höchzit, (11,1)
- daz ich da vor noch immer sit
- so schoene hochzit nie gesach.
- da was von dringen ungemacli.
- 40 Der fürst Liupolt üz a^stericli (5)
- gap da sin tohter minneclich
- von Sahsen einem fürsten wert:
- der het ir ze einer konen begert.
- diu höhzit wart so schoene da,
- daz ich sit niender anderswä (lO)
- so schoene höchzit hab gesehen:
- des muoz ich von der wärheit jchen.
- 1. Büchl. 375 — 382 fast wörtlich .wieder. — 4 nach unverzaget
- freie Construction : Nebensatz vorausgenommen, dann ohne daz
- fortgefahren. — 5 solche den Vers füllende Wendungen für
- bestimmte Substantive (hier für vrowen gnade) bei Knorr nicht
- als solche zusammengestellt; sie sind bei U. ziemlich häufig;
- derselbe Ausdruck (Reinmarisch) noch im 1. Büchl. 379. daz
- in der sunne vert (Wolframisch) 1. Büchl. 130; s. ferner 1. Büchl.
- 363. 399,8. 618,6 (s. die Bemerk.); daz sie heizent klagende
- not XIX, 5; s. ferner 1372,3. 1375, 5.
- 39, 3 vierte Zeitbestimmung: drei Jahre verbrachte U. in
- Knappendienst und Ritterlehre; Ritter wurde er also nach den
- vorausgegangenen Angaben im 24. Jahre.
- 40, 1 fg. Der hier nicht mit Namen genannte Herzog von
- Sachsen ist Herzog Albert, nicht Herzog Bernhard; vgl. Knorr
- S. 64. Auch V. Zeißberg, Allg. D. Biogr. 18, 389 nennt Albert.
- Das Jahr der Vermählung ist bestimmt 1222 (nicht 1223). Daraus
- ergibt sich, da U. nach den verschiedenen Angaben (s. zu 12, 2.
- 16, 3. 35, 5 und 39, 3) damals im 24. Jahre gestanden hat, daß
- er im Jahre 1198 geboren ist. — 3 mhd. Wortstellung = einem f.
- von S,; y^\, 1046, 2. — 7 hah conj., abh. von da:.
- 16 ERSTE RITTERSCHAFT.
- 41 Da gap der edel fürste wert
- wol drithalphundert knappen swert:
- daz was ftirstenlich getan. (15)
- gräven, vrien, dienestman,
- wol tüsent rittern oder mer,
- den gab der edel fürste her
- Silber, golt, ros unde kleit
- durch sine höhe werdecheit. (20)
- 42 Fünf tüsent ritter oder baz
- des werden ftirsten brot da az.
- da was puhurt, tanzes vil ^
- und ander vil manjc ritters spil.
- da was diu herzoginne rieh (25)
- und ir tohter minneclich
- und ander vil manic vrowe guot:
- die gäben uns da höhen muot.
- 43 Da was ouch miner freuden schin,
- diu reine, süeze vrowe min. (30)
- die tugentrichen ich da, sach,
- doch so, daz ich nie wort gesprach
- wider si ze der höchzit: (12,1)
- des was ich trüric lange sit.
- die merker liezen ez niht gescheÄen:
- ich meid ez durch ir kranckez spehen.
- 44 Dö si mich under schilde sach, (5)
- diu reine, guote, süeze sprach
- wider einen minen vriund also:
- «döswär ich pin des harte vrö,
- daz her Uolrich ist ritter hie
- warden. dö man mir den He (lO)
- ze knehte, dö was er vil klein.
- ich meine den von Liehtenstein. »
- 41, 2 swert geben, das Ritterschwert und damit die Ritter-
- würde geben. Diese Ceremonie geschah meist bei Gelegenheit
- hoher Feste; s. Schultz, höf. L. 1, 144 fg.
- 42, 5 diu herzoginne, die Gemahlin Leopold's des Glor-
- reichen, ist Theodora, eine griechische Prinzessin, Nichte der
- Gemahlin König Philipp's. — 6 unter der tochter wird doch
- U. keine andere als die 40, 2 genannte Braut (Agnes) verstan-
- den haben.
- ERSTE ItlTTERSCHAFT. 17
- 45 Do min vriuut daz sagte mir,
- claz min ritterschaft was ir
- liep, des freut min herze sich, (15)
- und gedäht also: «waz ob si dich
- mit willen wil ze ritter hän ? »
- der selbe tumbe höher wän
- der was süeze, der was guot
- und machte mich vil höchgemuot. (20)
- 46 Diu höchzit nam ende dö.
- von danne schiet vil maniger vrö
- allenthalben in diu laut,
- turniren huob man alzehant
- durch die vrowen dort unde hie: (25)
- der versaz ich einen nie,
- ich wolde da ze in allen sin
- durch die vil lieben vrowen min.
- 47 Mir wart daz turniren kunt
- des einen sumers wol zwelf stunt. (30)
- man sach mich ouch tiustirens wern
- vil manigen ritter mit den spern,
- des lip het ganzes mannes kraft (13,1)
- und ouch wol konde ritterschaft,
- daz mir den sumer nie misselanc.
- des sagt ich miner vrowen danc.
- 48 Der sumer mit vreuden ende nam: (5)
- sa der kalte winder quam.
- dö muost ich minnesiecher man
- durch not daz turniren län:
- wan ich vant sin leider niht.
- des het mit mir vil trürens pflilit. (lO)
- 45 , 6 hoher nach der Hs. , Aenderung Lachmann's hohe
- nicht geboten. Die starke Flexion des Adj. nach bestimmtem
- Artikel an sich ist vielfach belegt, vgl. Gr. 4, 417. 487. 540;
- selten allerdings ist der vorliegende Fall, aber doch nicht ohne
- Beispiel ; s. Gr. 4, 542 y.
- 47, 5 des relat.
- 48, 6 die Wendung phliht, phlichte haben mit einem, beliebt
- bei U. und wohl auf Wolfram's Einfluß zurückzuführen, Ge-
- meinschaft haben, einen in Beschlag nehmen, beherrschen.
- Ulbich vos Liechtbkstein. I. 2
- 18 EaSTE RITTERSCHAFT.
- senlich trüren was mir bi:
- des wart min herze selten vri.
- 49 Min trüren und min senedez clagen
- muost min lip verholne tragen:
- des was ich ofte vil ungemuot. (15)
- min vrowe was also behuot,
- daz ich ir nie ze keiner stunt
- mohte gemachen rehte kunt,
- daz si mir was für elliu wlp
- und lieber dann min selbes lip. (20)
- 50 Mich lie si leider niemen sehen:
- da von so künde des niht geschehen,
- daz ich ir sagt den willen min.
- da, von so muos ich trüric sin
- reht als ein minne unsselic man. (25)
- ich enmoht ouch niht die boten hän,
- die daz rehte sagten ir,
- daz si so herzenliep wöer mir.
- 51 Ich wil iu kürzelichen sagen
- und die wärheit niht verdagen. (30)
- si west sin niht als umb ein här,
- daz ich ir diente miniu jar.
- des muost ich durch not trürens pflegen, (14,l)
- mich oft in sorgen nider legen,
- in hohen sorgen frno üf sten,
- in sorgen sitzen unde gen.
- 52 Ich leit von sorgen ungemach; (5)
- nu hoeret, waz mir d6 geschach:
- ich kom üf ein burc geriten.
- der wirt mich da nach vriundes siten
- nach sinen eren wol enpfie:
- sin wip, min niftel, ouch des niht lie, (10)
- 50, 1 si acc, niemen noni., stillschweigend verstanden : keiner
- der Hüter. — minne unsoeliCj obwohl in zwei Worten geschrieben,
- ist doch wie eine eigentliche Zusammensetzung anfzufaßen, das
- Gegenthell von minnescelic, durch Liebe beglückt.
- 51, 1 kijrzelichen adv. scheint hier die Bedeutung :. bündig,
- genau zu haben; sonst immer von der Zeit: kürzlich, bald.
- 52, 6 wer Ulrich's Niftel, Verwandte, war, wißen wir nicht.
- — niht lie: die ältere Sprache würde im Folgenden verlangen:
- GESTÄNDNI8S. * 19
- si sprach: «vil lieber neve min,
- du solt willekoriien stn!»
- 53 Min niftel nam 7tüch bi der hant
- und wiste mich von dan zehant
- sitzen, da uns niemen sach. (15)
- nu beeret, wie diu guote sprach:
- «mir ist vil liebe dran geschehen,
- neve, daz ich dich hän gesehen.
- nu sag an, wie gehabestu dich?
- und bistu vr6, des vreu ich mich.» (20)
- 54 Si smielte und sprach: «ich lache din.
- ez sol von dir verswigen sin:
- ich wil dir vrowen rede sagen.
- ich was bi vil kürzlichen tagen
- gevarcn zuo der vrowen min. (25)
- si und ich gedähten din.
- si vrä-gte, waz du wserest mir:
- daz du mir pist, daz sagt ich ir. '^
- 55 Sie sprach: «mir ist von im gesagot
- (30)
- er spreche von uns vrowen wol,
- also von rehte ein ritter sol.
- von im ist mir nach m^r geseit, (15,0
- daz er ze dienste si bereit
- einer vrow^en sunderlich.
- ob er daz tuot, d^st ritterlich.»
- 56 Ich sprach: «ich hän ez ouch vernomen, (5)
- er hab ein vrowen im genomen:
- si ensprceche (nhd. unterließ nicht zu mit Inf.); U. fährt nach
- solchen negativen Wendungen meist in directer Rede fort, oder
- wenn in abhängiger, immer ohne Negation en-; ferner z. B.
- 58, 2. 66, 1. 72, 6. 456, 3. 480, 6. 507, 6. 532, C.
- 54, 3 vrowen rede, die Aeußerung einer Dame; vrowe im
- Folgenden wieder anders: Herrin, Fürstin, und in 55, 3 noch-
- mals anders: Frauen wie im Nhd. — 7 bezieht sich auf das
- Yerwandtschaftsverhältniß. — 8 daz, nhd. was.
- 55, 7 sunderlwh kaum adv., sondern nachgesetztes flexions-
- loses Adjectiv: einer auserwählten Dame; im Folgenden 56, 2
- ist vrowe in gleichem Sinne als Herzensdame, Gebieterin, der
- der Minnedienst geweiht wird, genommen.
- 20. • GESTÄNDNISS.
- (Uli si im liep also der lip
- und lieber vil denne elliu wip.
- und wer diu si, des weiz ich niht;
- wan daz er ze allen ziten gilit, (10)
- si si schoene , si si guot,
- si si reiniclich gemuot. »
- 57 Alzehant dö pat si mich
- vil vliziclichen , daz ich dich
- bsete, daz du nantest mir (15)
- die vrowen din. daz lobt ich ir;
- und daz ich ir denne saget,
- wer sie wsere, und niht verdag^t.
- daz soltü tuon, neve min:
- sag mir ir namen, der vrowen din.» (20)
- 58 «Dir ist min vro'we ungenant
- und von mir immer unbekant
- und sicherlichen ungeseit,
- du wellest mir sweren einen eit,
- daz si von dir verswigen si. (25)
- du solt mir loben ouch da bi,
- daz din stieze redenter munt
- mache minen dienest kunt. »
- 59 cdch wil gein ir niht sin din bot:
- ich swer aber dir des wol bi got (30)
- üf alle mine saelicheit,
- daz si von mir ist ungeseit.
- ich bin dir vil wol schuldic des: (I67O
- du solt vil rehte merken wes:
- swä ich dir iht gedienen kan,
- daz wirt vil willeclich getan.»
- 60 aNu nenne ich dir die vrowen min (5)
- vil verre üf die genäde din.
- 57, 6 verdaget coordiniert mit saget, sagete; wer si wcere
- ist wohl auf beide Verba zu beziehen.
- 58, 2 unbekant nicht participiales Adj., sondern wirkliches
- Part, (wie die beiden andern ungenant und ungeseit) von be-
- kennen: nicht bekannt, unverrathen. — 4 gemeint ist: enwellest;
- vgl. zu 52, 6. — 7 süeze, hier = suoze adv., von L. nicht ge-
- ändert; vgl. zu 80,6. 1331,2. — redenter — redender; so öfters
- t für d; z. B. 80, 6. 1. Büchl. 380. 1806, 3. friunte 3. Büchl. 5.
- GESTÄNDNISS. * 21
- du bist bi ir niulich gewesen,
- mit der min freude muoz genesen
- und diu für war min herze h(it.
- diu dich mich des vrägen bat, (lO)
- wer min liebiu vrowe si,
- si ist ez selbe, diu falsches vri. »
- 61 «Der red ich niht gelouben wil:
- friunt, dir waer sin gar ze vil.
- si ist ze höhe dir geborn. (15)
- wirt si sin inne, ez ist ir zorn:
- din dienst nimmer da vervät.
- da von ist daz vil wol min rät,
- und volge mir: daz ist dir guot:
- nim von ir dienst dinen muot. » (20)
- 62 aEz kom ze frum, ez kom ze schaden,
- ich bin gein ir so überladen
- mit lieb und ouch mit seneder not,
- daz ich für war muoz ligen tot
- in ir dienest sunder wanc. (25)
- ez ist min muot und min gedanc,
- daz ich ir immer dienen wil •
- mit triwen an min endes zil.
- 63 Ob du mir gegen ir niht enfrumest
- und mir niht ze staten kumest, (30)
- so muoz min vreud ein ende hä-n
- und ouch min leben schier zergän.
- wil du mich vor dem töde norn, (17,1)
- so soltu ir von mir des swern,
- daz si mir gar äne argen list
- diu liebest in minem herzen ist.»
- 60, 8 vrt apocopierte Form = vne; diu falsches vri häufig
- z. B. 133, 1.
- 61, 5 vervät 3. pers. praet. ind. (= verväht, vercuhet), für
- U/s Dialect lediglich literarische Form. — 8 nennen swv., in
- älterer Sprache weit häufiger: lenke dein Herz ab von ihrem
- Dienst.
- 62, 1 vgl. die umgekehrte Wendung 332 ,5. — 5 sunder
- wanc, wörtl. : ohne Wanken, dann: zweifellos; ferner z. B. noch
- 78, 7. 152, 7. 333, 3; andere ähnliche Wendungen sind z. B.
- 22 GESTÄNDNISS.
- 64 «Neve, waz sol ich sprechen nie? (5)
- got gebe, daz ez dir wol erge,
- so daz ez si dunke guot!
- ich sage ir allen dinen muot:
- des wil ich si verswigen niht.
- in kurzen ziten daz geschiht, (lO)
- daz ich endeliche sage
- gein ir din seneliche clage. »
- 65 «Ich nige dir, vrowe, unz üf den fuoz.
- von reht ich immer danken muoz
- des, daz din vil getriwer munt (lö)
- wil machen mtner vrowen kunt,
- daz ich ir eigen ritter bin,
- so daz min herze, lip unde sin
- ir immer m^r ist undertän,
- die wile ich lip und leben hän. (20)
- 66 Guot niuwe liet ich von ir hän
- gesungen, des soltü niht län,
- du bringest si ze Oven ir:
- und sage schier her wider mir,
- ob si ir gevallen wol. (25)
- ich lob si immer, als ich sol
- und als ich si ie ze loben pflac.
- ir gtiete voUoben niemen mac.
- 67 Niftel, got gesegen dich!»
- «vil lieber mä,c, sam tuo er dich!» (30)
- «nu lä mich dir enpfolhen sin.»
- «ja, daz hab üf die triwe min.»
- «ich wil mit dinen hulden varn.» (18?
- «guot vriunt, nu müez dich got bewarn!»
- sunder not une strit 149, 6. lin argen list 63, 7. an allen spot
- 92, 2. sunder kranc 3. Büchl. 23.
- 65, 1 Dankesformel. — 5 eigen ritter zwei getrennte Worter
- nach der Hs.; vielleicht ist eigenritter, leibeigener, durchaus er-
- gebener Ritter, als Znsammensetzung gemeint wie eigenherre,
- eigenschalc, eigenkneht, eigenman n. a.
- 66, 1 niuice mit L. in niuwiu zu ändern, ist nicht geboten.
- — 5 gevallen conj.
- I. LIED. 23
- sus ich von miner niftel schiet
- und sande hin bi ir diu liet:
- L
- DaZ ist ein TANZWiSE, DIU lÄRSTE.
- W ibes gtiete niemen mac (5)
- -voUoben an ein ende gar.
- ' Min herz bittet nu mangen tac:
- - sie machet mich gar sorgen bar,
- d ^ Swenn ich sie sihe gekleidet stän
- und also schoene vor mir gän (lo)
- V. alsam ein engel wol getan.
- Ein wip mich des betwungen hä,t,
- daz ich ir immer dienen muoz,
- 10 Der lip vil wol ze wünsche stät:
- ir röter munt gibt reinen gruoz. (15)
- Ich hän den wünsch an ir gesehen,
- daz man ir muoz des besten jehen:
- odr ich enkan niht vrouwen spehen.
- 15 Diner reine troest ich mich
- noch baz, den» ich gedienet hän. (20)
- 67, 8 diu liet hier deutlich : die Strophen, das Lied ; vorher
- 6€, 1 nicht so bestimmt; vgl. zu 1084, 2.
- I Ueberschrift tanzwUe s. zu 1359, 1. Die Herstellung des
- Liedes macht Schwierigkeiten. L. nahm Cäsurreim an in der
- 1. und 3. Zeile jeder Strophe, die beide im Gegensatz zu den
- andern jambischen trochaisch angelegt sind, mit Ausnahme der
- 2. Strophe, die auch diese Zeilen in der hsl. Ueberlieferung
- jambisch zeigt. Die Cäsurreime laßen sich aber nicht durch-
- führen. Somit ist vorderhand nur correspondierender Binnen-
- reim anzunehmen. Verbeßerungsvorschläge im Einzelnen können,
- weil zu weit führend, hier nicht gegeben werden. — 6 schcene
- nach der Hs., richtig und poetischer als das von L. gesetzte
- Adverbium schone. — 10 der, relat., nicht grammatisch correct
- des; wtp hat immer nach dem Sinn das Femininum nach sich;
- vgl. Gr. 4, 268. — 15 fg. In dieser 3. Strophe geht der Dichter
- in die 2. Person über; ebenso V, 4. Strophe; VI, 3. Strophe
- XL. öfters. — 16 gedienet part. von dienen oder von gedienen:
- verdienen; zu beachten, daß kein Object steht (nicht ichz); es
- steckt in denn. —
- 24 I. LIKD. BOTSCHAFTEN.
- Du bist eine, der wil ich
- mit triuwen wesen undertäii.
- Des tages, swenn ich dich sehen sol,
- 20 so wai't nie manne mer so wol,
- und ist min herze freuden vol. (25)
- H^hen muot ich von dir hän:
- des weiz ich niemen mere danc.
- Du bist guot an argen wän:
- 25 ich dien dir immer äne wanc.
- Nu sprich, daz ez din wille si: (19,0
- son wird ich nimmer mere vri
- und wone dir mit dienste bi.
- 68 Sus schied ich hohes muotes dau
- und gedäht also: «sit daz ich hän (5)
- nach minem willen ir gesant
- einen boten, der bekant
- ir tuot al den willen min,
- so wil ich hohes muotes sin
- und wil min trüren gar üf geben (10)
- und wil in hohem muote leben.»
- 69 Min wesen was von dann unlanc:
- hin wider stuont gar min gedanc.
- fünf Wochen reit ich vrowen sehen. ^ '■' ^
- in der zit was daz geschehen, (15)
- daz min niftel hin und her
- was gevarn nach miner ger
- zuo mtner vrowen und von dan :
- daz wart zehant mir kunt getan.
- 70 Des freut ich mich und reit zehant (20)
- hin, da ich min niftel vant.
- diu guot enpfie mich also wol,
- als vriunt den vriunt enphähen sol.
- si sprach: «ich hän dir getan,
- daz ich vil pillich hete län , (25)
- 17 Wortstellung wil ich durch das Vers- und Reimbedürfniß statt
- ich wil.
- 70, 2 mbd. Redewendung: da,.. vant zur Bezeichnung des
- Ortes oder Zieles; bei U. sehr häufig.
- BOTSCHAFTEN. 25
- und daz dich doch vil kleine frumt
- und lützel dir ze frumen kumt.
- 71 Nu sitze nider her zuo mir:
- so sag ich endelichen dir
- gar, waz din vrowe wider mich (30)
- hat geredet und waz ouch ich
- wider si geredet hän. (20,1)
- ich hän ir für war kunt getan,
- daz si dir ist für elliu wip
- und lieber dann din selbes lip.
- 72 Ich sagt ir von dir dannoch nie, (5)
- dir waere nach ir hulden wo,
- so daz du lip, guot unde leben
- ir betest üf genäde ergeben;
- si waere diner freuden trost:
- din herze nimmer würd erlost (lO)
- von senelicher minne bant,
- dir würd ir wiplich güete ei'kant.
- 73 Ich sprach: «frowe, geloubet daz,
- nie mannes herze ein wip besaz
- so rehte gar gewalticlich. (15)
- und sold er haben elliu rieh,
- die gseb er, vrowe, umb iur^n gruoz.
- Sit ich die wärheit sprechen muoz,
- des swuor er mir vil manigen eit
- üf s^lle sine ss&licheit.» (20)
- 74 £ daz min lip von danne schiet,
- ich las ir diniu niuwen liet.
- do sprach diu reine, wol gemuot:
- «diu liet diu sint ze wäre guot.
- 71, 5 wider mit acc. auch bei U. im Ganzen seltener als
- mit dat.
- 73, 2 herze acc, wip nom.
- 74,2 die Niftel ist also des Lesens kundig, während es
- U. nicht ist; s. zu 169, 1. — 3 wol gemuot, hier nach Hs. in
- 2 Worten, schwerlich adv., sondern adj. = gemuote (vgl. der wol
- gemuot, guot 252, 1. diu wol gem. 360, 5. der hochgem, 510, 1),
- darum Komma vorher, welches L. nicht zu setzen pflegt bei
- asyndettschen Adjectiven.
- 26 BOTSCHAFTEN.
- ich wil aber mich ir niht au nemeii: (25)
- sin dienst mac mir niht gezemen.
- du solt der rede gar gedag^n
- und mir von im niht mere sagen.
- 75 Wan wirt din neve ein biderb man,
- daz ist ein dinc, des ich im gan. (30)
- des hän ich von den dingen reht:
- er ist gewesen ß min kneht.
- da von gan ich im ßren wol, (21,i)
- deswär, als ich von rehte sol:
- er sol aber solhe rede verbem,
- der ich in nimmer wil gewern.
- 76 Ist daz er sölher tumpheit gert, (5)
- des ist er immer ungewert,
- daz min lip nem den dienest sin.
- daz gienge mir üf die ere min,
- ouch waers im weizgot gar ze vil.
- durch zuht ich nimer sprechen wil: (lO)
- ich habs ouch von im guoten rät:
- diu rede mich beswseret hat.»
- 77 Dö sprach ich: «vrowe, enzürnet niht!
- alsölher dinge vil geschiht,
- daz ein junc man so höhe gert, (15)
- des er ist immer ungewert.
- si werbent höhe durch höhen muot.
- si jehent, ez st gar ze eren guot,
- daz hoch gemuotes ritters lip
- diene unde werbe umb werdiu wip. (20)
- 78 Ir Sit im gar ze höhe geborn.
- nu waz dar umb? er hat erkom
- iuch ze frowen sine zit.
- ir Sit, an der sin wunne lit,
- ir Sit, an der sin sselde stM, (25)
- ir Sit, diu sinen dienest hat
- immer mör gar sunder wanc:
- daz ist sin muot und sin gedanc.»
- 76, 8 rede braucht hier nicht direct auf die Rede der Niftel
- zu gehen, wie in 70, 1, sondern ist wohl allgemein: die Sache.
- BOTSCHAFTEN. 27
- 79 «Nu swic: der rede sol sin genuoc!
- nie man s6 hohez lop getruoc, (30)
- und nsem min lip den dienest sin,
- er müest es wol getiuret sin;
- des ich nie willen noch gewan. (22,1}
- ja enwart noch nie so biderb man,
- der wol verdienen möhte mich:
- da von sol ers gelouben sich.
- 80 Nu läze aber in sin gar volkomen (5)
- (des ich von im niht hän vernomen)
- an aller hande werdecheit:
- iedoch so müest wol wesen leit
- einem wibe ze aller stunt
- sin ungefüege stenter munt. (10)
- ob ichz mit urloub sprechen sol,
- der stät im übel, daz weistu wol.»
- 81 Si wolt von dir mit mir niht mer
- reden, nu ist daz wol min ger
- gein dir und ouch min vriundes rät^ (15)
- Sit daz ir muot s6 hohe stät,
- daz du si läzest dienstes vri,
- als liep so dir din ere si.
- du solt ir dienest gar üf geben
- und anders hohes muotes leben.» (20)
- 82 «Niftel, des volg ich dir niht,
- daz ich der werden zuoversiht,
- die ich gein miner frowen hän,
- durch iemens rät welle ab gestän.
- des rätes soltu mir niht geben. (25)
- ich wil ze dienst ir immer leben:
- von ir so kan mich nimmer not
- vertriben wan der grimme tot.»
- 79, 2 getruoc: hier bewirkt ge- Perfectbedeutung ; feraer
- z. B. 113, 8 (s. die Bemerk.). 114, 7. 2. Büchl. 343. 462, 4. 527, 7.
- 908, 8 (s. die Bemerk.); vgl. zu 11, 5. 31, 2. 113, 6.
- 80, 6 ungefüege (Hs. -gefäge, nicht -ge/uege wie L. in den
- Lesarten angibt) als Adverbialform aus Gründen beibehalten
- und nicht mit L. theoretisch in ungefuoge geändert: vgl. zu 58, 7.
- 28 BOTSCHAFTEN.
- 83 «S6 wil ich niht wesen bot.»
- «nein, liebiu niftel mtn, durch got, (30)
- du solt an mir noch niht verzagen.
- nu hoere mich, ich wil dir sagen:
- ich wil in vil kürzlicher stunt (23,1)
- mir heizen sniden minen munt,
- swie halt ez mir stil ergen,
- Sit er si dunket übel sten. "
- 84 Du solt für war gelouben daz, (5)
- ir muoz min munt gevallen baz
- oder wirs wol tüsentvalt.
- Sit er so übel ist gestalt,
- daz in min vrowe ungern siht,
- so läz ich des benamen niht, (lO)
- ich snid ez drab, swaz missestät:
- in kurzen ziten daz ergät. »
- 85 «Mit rehten triuwen so rät ich,
- daz du so iht verderbest dich.
- leb, als dich got hab heizen leben, (15)
- und hab, daz er dir- hab gegeben,
- von im vil willeclich für guot.
- ob du daz tuost, dest rehter muöt.
- wil du dich anders, dann er wil,
- des muotes ist dir al ze vil.» (2o
- 86 «Niftel, daz dich got gesegen!
- wiz , ich hän mich sin gar bewegen,
- swie mir gelinget oder geschiht,
- des wil ich dich verswigen niht:
- ich enbiut ez endelichen dir (25)
- und bite dich, daz du ez ir
- enbietest durch die triwe din,
- der herzenlieben frowen min.»
- 83, 1 A.Mi So ruht der Nachdruck: mit einer solchen Nach-
- richt; L. ergänzt unnöthig nach wil ein doch.
- 85, 2 man erwartet im Nhd. niht; es steht aber iht, weil
- raten vorhergeht (wie nach wcenen, trüwen, wcetlich, vermuthlich),
- in dem eine Negation verborgen Sein kann in der Bedeutung
- des Abrathens; vgl. Paul, mhd. Gr.*, §. 372. — 8 dann bist du
- übermüthig.
- MUNDOPERATION. 29
- 87 «Daz lob ich dir üf minen eit:
- und wiz, neve, ez ist mir leit, (3o)
- daz du sin niht wil abe gestän. »
- sus reit ich von der guoten dan
- ze Graez sä in daz Stirelant, (24, i)
- da ich vil guote meister vant.
- dem besten tet ich alzestunt
- gar allen minen willen kunt.
- 88 Er sprach: «ez ist nu gar oiiwilit: (5)
- ich snid iuch vor dem maien niht.
- kumt ir mir in dem maien her,
- bi minen triwen ich iuch wer:
- ich mach iu iwern munt also,
- daz ir sin sit von schulden vrö. (lO)
- der dinge ich gar ein meister bin:
- ich hän dar zuo vil ganzen sin.»
- 89 Do reit ich aber frowen sehen. ' ^^
- den winder gar daz was geschehen,
- biz daz der süeze sumer quam (15)
- und daz der winder ende nam.
- dö hört ich singen vogelin:
- ich gedäht: «sin mac zit sin,
- daz min lip sol ze Graeze varn.
- got müeze mich aldä bewarn !» (20)
- 90 Sä, reit ich hin in^gotes pflege,
- mir wdderfuor üf minem wege,
- seht, miner vrowen kneht, den ich
- erkande wol: er bekand ouch mich.
- er fragte, wä ich wolde hin, (25)
- und war ze den ziten waer min sin.
- 87,5 in Hs. immer Grmzy Groeze und so überhaupt in der
- altem Zeit die vorwiegende literarische Namenform ; erst neuer-
- dings ist Graz bevorzugt, welches der Etymologie und zugleich
- der österreichischen Mundart entspricht; in Windischgrätz der
- Umlaut erbalten; vgl. die Schrift von Adalbert Jeitteles «Graz
- oder Graz?» (Graz 1872).
- 89, 6 geddht sonst immer im zweisilbigen Auftact; vielleicht
- ich geddhte: sin mac zit gesin.
- 30 MÜNDOPEKATIOK.
- «geselle, daz wil ich dir sagen,
- vremdiu msere niht verdagen.
- 91 Nu wize, ich pin vil wol gesunt
- und wil mich machen gerne wunt. (30)
- man sol ze Graeze sniden mich.»
- der knappe guot der segent sich
- und sprach: «nu herre, sagt mir wä. » (25, i)
- ich sprach: «geselle min, sich, da.
- . der lefs, der ich driö hän,
- der wil ich einen sniden dan.»
- ^2 «Und ist ez war, s6 helf iu got! (5)
- so sprich ich wol äne allen spot,
- ez ist ein wunderlich geschiht.
- sin weiz, ich wsen, min frowe niht:
- der wil ich ez sagen durch wunder gröz.
- got weiz wol, ir sit sinne bloz, (lO)
- daz ir iuch wäget sunder not:
- ir müget da von geligen tot.»
- 93 «Nu sag ez, swem du wil, für war:
- ich bin sin in dem willen gar:
- ez muoz üf dirre vart geschehen.» (15)
- «entriwen s6 wil ich ez sehen,
- mag ez in iuren hulden sin;
- und wil ouch sagen der vrowen min,
- daz ir mich weit da bi iu hän
- ze ^schowen, wie iu wirt getan.» (20)
- 94^ D6 reit ich hin, und reit ouch er,
- hin ze Grsez: dar stuont min ger;
- da ich sä minen meister vant.
- der underwant sich min zehant.
- eins mäntagen morgens harte fruo (25)
- greif er mit sinem sniden zuo.
- 90, 7 geselle j Freund, in vertraulicher duzender Anrede
- von Seite eines höher Stehenden; der kneht tituliert U. nach
- Gebühr mit herre und ihrzt ihn.
- 91, 4 segent = segente und so noch überaus oft die Apo-
- cope im schw^achen Präteritum, die nicht verführen darf, histo-
- risches Präsens anzunehmen. Nur ab und zu kann im Folgenden
- auf die volle Form hingewiesen werden.
- 94, 5 zu beachten zweierlei in muntagen; daneben begegnet
- MÜNDOPEBATION. 31
- er wolt mich binden, ich wolte niht.
- er sprach: «da von iu schad geschiht.
- 95 Und rüert ir iuch als umb ein här,
- ir nemt sin schaden, daz ist war.» (3o)
- ich sprach: «dax wirt von mir vermiten.
- ich pin da her zuo iu geriten
- vil willeclichen durch m!n not: (26,1)
- und sold ich von iu ligen tot,
- däswär man siht mich wenken niht,
- swie^we so mir von iu geschiht.«
- (96^ Min vorhte was ze wäre kranc. (5)
- ich^saz vor im üf einer banc;
- er nam ein scharsach in die haut
- und sneit den munt mir alzehant.
- hin ob den cenden er durchsneit,
- daz ich vil senftecltchen leit. (lo)
- daz sniden also gar ergie,
- daz ich da von gewancte nie.
- 97 Er het mich meisterlich gesniten:
- daz het ouch ich manltch erliten.
- der munt mir alzehant geswal (15)
- grözer vil denn ein sleipal.
- mcentages 255, 1, also Umlaut und die gewöhnliche starke Flexion;
- die schwache -tagen in der Zus^Rnmensetzung wird nirgends in
- den Wörterbüchern besonders hervorgehoben, wenn auch Citate
- beigebracht werden, dagegen zählt Weinhold in der mhd. Gr. ^
- §. 290 Tiele einzelne Zusammensetzungen auf, in denen die
- schwache Form erscheint, darunter aber keine Benennung eines
- Wochentags. Bei U. ferner vritagen (ohne Artikel), des sun-
- fagen,
- 96, 5 durchsneit: das Verbum mit untrennbarer Partikel
- erfordert eigentlich einen Accusativ ; man könnte stillschweigend
- le/s oder munt ergänzen. Beßer würde aber Umstellung sein :
- durch er sneit, — 6 daz rel., was ; L. setzt vorher Semicolon und
- faßt demnach daz demonstrativ. — 8 gewancte praet. von ge-
- wanken oder von gewenken mit Rückumlaut; bei U. vom letz-
- tem, da vorher 95, 7 wenken steht.
- 97, 4 grozer nach Hs. (grcezer L.) adv. zu geswal. — slei-
- pal wird in den Wörterbüchern erklärt als slegepal, slegebal,
- Schlageball ; im mhd. Wb. allerdings mit Fragezeichen. Wenn
- U. auch mitunter seltsame Vergleiche bringt (vgl. die teigen
- Birnen 300, 4), so ist dieser mit dem Schlageball, der im Ball-
- 32 MUNDOPERATION.
- der wunden tet er dö ihr reht.
- daz sach dö gar miner vrowen kneht.
- er sprach zuo mir: «mügt ir genesen,
- so pin ich gerne hie gewesen. (20)
- 98 Dö ich nähste von iu reit,
- und daz ich miner vrowen seit,
- daz man iuch wolde sijiden hie,
- daz wolt si mir gelouben nie.
- si sprach also: «er tuot sin niht: (25)
- min munt für wärheit dir des giht.
- ez deuht mich tumplich gar getan,
- wold er sich also sniden län. »
- 99 Nu hab ich ez allez reht gesehen,
- waz an iu Wunders ist geschehen: (30)
- nu wil ich hinne von iu varn.
- der riche got müez iuch bewarn
- und mache iuch kürzlich wol gesunt! (27,1)
- ich wil tuon miner vrowen kunt,
- daz man den munt iu hat gesniten,
- und ir daz manlich habt erliten. »
- 100 «Du solt von mir der vrowen din (5)
- niht sagen wan den dienest min:
- ichn getar niht mer enbieten ir.
- wan swem du wil, dem sag von mir,
- swaz hie erliten hat min lip,
- daz si geschehen durch ein wip, (10)
- diu sprach, mir stüend min munt niht wol;
- di\ von ich disen smerzen dol.
- 101 Der diene ich also miniu jär
- (daz sag von mir wol offenpär),
- swaz so ir an mir missehaget, (15)
- dem ist von mir gar widersaget.
- spiel geschlagen wird, nicht allein weither geholt, sondern nicht
- einmal gan7. zutreffend, weil nur die Gestalt und Größe des
- angeschwollenen Mundes verglichen würde, nicht das An-
- schwellen selbst. Ich vermuthe eine Bildung mit at, Aal.
- Sollte der Blutegel gemeint sein? Oder liegt ein slavisches
- Wort vor?
- 98, 2 daz rel.
- MUNDOPERATION. 33
- geviel ir niht min zeswiu hant,
- ich slüeg si ab bi got zehant.
- ich wil da von niht sprechen vil:
- ich wil doch niht, wan daz si wil.» (20)
- 102 Sus reit der knappe von mir dan.
- hie lag ich als ein wunde man
- wol sehstÄalp wochen oder m^.
- mir was wol, mir was we:
- we da von, min lip was wunt: (25)
- so was min herze wol gesunt.
- der minne twingen twanc mich s6,
- daz mir was w^, und was doch frö.
- ij03j Ich was ^t vrö, swaz mir geschach.
- von hunger grözen ungemach (30)
- und ouch von durste den leid ich.
- ich künde pringen niht in mich,
- zend unde munt mir täten we. (28,1)
- ein salbe noch grüener denn der kl^
- streich man mir in minen munt:
- diu stanc alsam ein fAler hunt.
- 104 Do mich des libes not betwanc, (5)
- daz ich az oder daz ich tranc,
- diu salbe gar dann in mich gie,
- da von min lip den smac gevie.
- 102, 4 ausnahmsweise fehlende Senkung zwischen zwei
- Wörtern; ähnlich Mute liep, morgen leit; vgl. Knorr S. 64. —
- 7 twingen = twanc stm.; auch ü. liebt den für die Technik so
- wichtigen substantivischen Infinitiv in concreter Bedeutung; vgl.
- ferner z. B. küssen p= kus 1. ßüchl. 193. 934,4, vrotcenkiissen
- 539, 4 (s. die Bemerk.), danken — danc 643, 1. 775, 2. losen
- =» losheit AZQ^l. sterben = tot 450,4. geben 746, 8 (s. die Bemerk.).
- — 8 und was doch fro: Pronominalellipse.
- 103, 6 Schultz spricht hof. L. 1, 158. 2, 256 über die Salben
- als Curmittel, aber nur im Allgemeinen ; die von U.'s Arzt an-
- gewandte grüne Salbe ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht die
- grüne Majoransalbe, auch nicht unguentum Aegyptiacum ^ son-
- dern die noch heute, freilich mehr als Hausmittel gebräuchliche
- grüne Pappelsalbe, unguentum populeum. Diese ist nicht stinkend,
- der Gestank wird wohl von dem alten ranzigen Schmalz ge-
- kommen sein.
- UL.BICH VON LiECHTEKSTEIK. I. ^
- 34 GENESUNG.
- daz trinken, ezen widerstuont
- mir: s6 tet ich, als die tuont, (lO)
- die vor siechtum ouch ezent nilit:
- des wart min Itp vil gar enwiht.
- 105 Ich hän iu nü genuoc geseit,
- wie ich durch mine frowen sneit
- minen munt: nu sült ir me (15)
- hoeren, wie ez fürbaz erge.
- ze Gra?z ich also lange was,
- unz daz min lip vil wol genas:
- d6 rait ich danne sä zehant
- mit freuden, da ich min niftel vant. (20)
- 106 D6 mich diu aller verrest sach,
- nu sült ir hoeren, wie si sprach:
- «den munt dir niemen mere sol
- verwizen: er stät dir nu wol.
- sich hat din dinc gefüeget so, (25)
- daz ich sin pin von herzen frö;
- ouch ist mir endelich geseit
- gar dines libes arebeit.
- 107 Ouch ist daz von mir niht beliben,
- ich hab ez allez an geschriben, (30)
- und wil ez senden an die stat,
- da din lip ie gnaden bat.
- ich mein die lieben frowen din: (29, i)
- der wil ich üf die triwe min
- und ouch üf mine saelde jehcn,
- daz ez gar von ir ist geschehen,
- 108 Von einem werte, daz si sprach, (5)
- diu guote, do ich si nähste sach,
- daz ir din munt ge viele -niht.
- min brief sol ouch verswigen niht
- din manicfalden ar6?beit
- und ouch diu wernde staetecheit, (lo)
- di du mit triwen gegen ir hast,
- und ouch ir nimmer ab gestäst.»
- 107, 2 abhängiger Satz; habe conj.: daß ich es habe.
- 8 von ir, durch sie, auf ihre Veranlaßung.
- n. LIED. 35
- 100 öNiftel min, nu Ion dir got,
- vil süeze wip, getriwer bot!
- du tuost mir als rehte wol, (15)
- daz ich ez von rehte dienen sol.
- du hast mir so wol getan,
- daz ich sin niht verdienen kan.
- gein mir din herze ie triwe riet,
- ich hab et aber niwiu liet (20)
- 110 Gesungen: diu soM von mir
- durch minen willen senden ir.
- dö ich ze Grseze siech lac,
- die wile ich si ze rihten pflac.
- ir lop mir ofte sanfte tuot, (25)
- ir lop mir gibt vil höhen muot,
- ir lop mich ofte machet vrö.
- nu hoere diu liet! diu sprechent so:»
- IL
- DAZ IST DIU ANDER TANZWlSE.
- lehn weiz, waz ich singe (30, i)
- von der naht: diu gibt mir freude niht.
- Min hohgedinge
- der ligt an dem tage: wan er ist lieht.
- Ouch ist sin schin (5)
- der vrouwen min
- vil gelich. dez müez er saelic sin!
- 110, 3 Aenderung siech gelac liegt nahe: metrisch und
- functionell (gelegen habe) ; s. zu 79, 2. — 4 L. änderte unnöthig
- rihten in tihten; rihten, einrichten, fertig machen, wird auch von
- der dichterischen Thätigkeit gesagt ; es ist hier um so treffender,
- als es vorher heißt gesungen, es sich also auch um die Er-
- findung der Melodie handelt,
- II Die Herstellung hat mit Ausnahme der 1. Zeile keine
- Schwierigkeiten. Gemischter Rhythmus: Vers 1, 3, 5, G jam
- bisch, 2, 4, 7 trochäisch. — 1 Für das hsl. ichne weiz {ich en-
- weiz) waz ich schreibt L. neiz waz ich: das geht nicht; neiz
- steht nie so im Anfang von Sätzen, vgl. Bartsch, Germ. 6, 206,
- und zu Konrad's Trojanerkrieg 8952. Bartsch will lesen ichn
- 3*
- 36 II. LIED.
- Er mac von schulden
- loben die naht, der saeliclichen lit.
- 10 So muoz ich dulden (lo)
- senediu leit: da von trag ich ir nit;
- Und lobe den tac,
- swenn ich sie mac
- sehen, diu mir wol heilet sorgen slac.
- 15 Den tac ich ere, (15)
- dö ich die vil guoten erste sach.
- Sit immer m^re
- gab diu naht mir leit und ungemach.
- Sie ist mir gram
- 20 und ich ir sam. (20)
- wol dir tac, vil sajlic si din nam!
- So mich besezzen
- nahtes habent die sorge alsam die schar,
- Des wirt vergezzen
- 25 sä, so mir der tac erschinet klär. (25)
- So kumet ein wän,
- daz ich Stil gän,
- die vil schoenen tougen sehen an.
- Vil gerne ich wolde (31,1)
- 30 loben die naht, ergieng ez immer so,
- Daz ich ir solde
- nähen ligen, diu mich nu tuot unvro.
- Wer wser ich dan, (5)
- ich sselic man!
- 35 we, daz mirs diu guote niht engan!
- weiz wa' ich, aber weich wie deich = da:: ich ist nur theoretische
- Form. So bleibt vorderhand nichts übrig als waz ich = icazch
- zu schreiben, um zwei Hebungen und jambischen Rhythmus
- herauszubekommen oder, worauf Bech mit Verweis auf Herb.
- Troj. 9765 aufmerksam macht, ich zu streichen und Pronominal-
- ellipse anzunehmen — 11 ir dat. = der naht, darum hege ich
- Haß gegen sie. — 23 alsam die schar: im mhd. Wb. II*, 152, 8
- hinter die ein Fragezeichen. Die Stelle ist allerdings nicht ohne
- Weiteres klar. Steht die schar sing. = ein schar oder die schar
- plur. = schar plur. ohne Artikel, wie eine Schaar, wie Schaaren,
- sc haaren weise, in Menge? (so faßt es auch Tieck: mit großer
- Schaar) oder ist die schar ein Ausdruck für der helle schar oder
- etwas ähnliches, die schar etwa = Gespenster?
- BOTSCHAFT. 37
- 111 «Liet unde brief send ich ir dar
- und wil ir endelichen gar
- anbieten, swes du hast verjehen, (lO)
- und daz ich dich hän gesehen.
- ich wil ouch ir daz machen kunt,
- daz dir als rehte stät der munt
- für war als einem andern man:
- da wil ich ir niht liegen an. (15)
- 112 Den brief, den si her wider mir
- sendet, friunt, den wil ich dir
- senden, ob er dir ist guot. »
- «ja, liebiu niftel wol gemuot.
- dinbot mich vindet bi der Muor. » (20)
- mit sölher rede ich von ir fuor
- vrö unde hohes muotes hein,
- den rehten wec gein Liehtenstein.
- 113 Sä dö ich von danne quam,
- liet unde brief min niftel nam (25)
- und sand diu willeclich zehant
- hin, da man mtn vrowen vant.
- der bot unlange bi ir was:
- wan sä do si den brief gelas
- und ouch diu liet, dö schreip si wider, (30)
- seht, einen brief, der gefreut mich sider.
- 114 Dö der brief koin der nifteln min, (32,i)
- zehant dö muost ein bot üf sin:
- bi dem so sande si in mir.
- des neig ich willeclichen ir.
- 111, 1 Liet plur. von Ulrich, brief, der Niftel eigener Brief,
- Begleitschreiben, Die Bedeutung von brief ist hier deutlich die
- beute geltende, und so noch überaus oft in der Literatur. Watten-
- bach's Bemerkung (Schriftwesen S. 124) «der moderne Sprach-
- gebrauch (im Gegensatz zu der weiteren Bedeutung = Urkunde)
- ist von neuem Ursprung» verstehe ich nicht.
- 112, 5 im Heime immer die apocopierte Form Muor (ifuor),
- im innern Vers Muore 520, 5. 669, 3. — 7 zu der Form hein
- = heim vgl. Weinhold, bair. Gr. §. 169 und Knorr S. 128.
- 113, 6 gelas: hier wie sehr oft hat ge- die Function des
- Plusquamperfects ; ferner z. B. 162, 1. 171, 5. 345, 4. 360, 2. 5.
- 598, 5. 611, 1; vgl. zu 11, 5. 79, 2. — 8 gefreut (L. unnöthig
- freut) = gefreute: Perfectbedeutung.
- .•]8 BOTSCHAFT. BRIEF.
- der brief, der tet min herze vrö, (5)
- min muot der stuont von schulden hö.
- so gern ich ^ nie brief gesach.
- nu stilt ir hoeren, wie er sprach:
- (A) Min huld und ouch den dienest
- min enbiut ich dir vil willeclichen und (lo)
- tuon dir kunt, daz ich mich hebe von dem
- nähsten mäntage von dem hüse, da ich
- alzan üf bin, und var hinze dem hüse, als
- du wol weist, und bin über naht in dem
- market, der bt dir lit. Nu bit ich dich, (15)
- da^ du des iht last, du komest dar zuo
- mir: so wil ich dir alles des antwürten,
- des du mir enboten hast, wil ouch din
- neve dar komen, den sihe ich gern: durch
- sinen munt, wie im der ste, und durch (20)
- anders niht.
- •
- AVENTIUR WIE DER HERRE ÜOLrIcH MIT SINER VROWEN
- WART ifiRST REDEHAFT.
- 115 Do mir der brief gelesen wart,
- ich huob mich zuo ir an di vart.
- mir was vil liebe dran geschehen,
- daz ich die guoten solde sehen.
- A Der Anfang dieses in seiner Art seltenen Stückes, dieses
- ersten Prosabriefes in deutscher Sprache, klingt rhythmisch, als
- sollte das Mitgetheilte ein Gedicht werden. — n/ihsten bairisch-
- österreich. = mehsten. — äw«, hier in der selten erhaltenen
- Bedeutung von : Schloß, Burg. — des nach antworten Attraction ;
- man erwartet sonst daz bei enbieten.
- üeberschrift : der Uolrich der Hs. kann nicht richtig sein,
- wiewohl es noch öfters so vorkommt, denn der Artikel vor
- Eigennamen ist in alter Zeit nicht gebräuchlich ; vgl. Gr. 4, 405.
- Daß der demonstrativ stehe = diser, ist kaum anzunehmen, es
- muß also entweder der für her verschrieben oder herre ausge-
- laßen sein, oder der Schreiber folgt dem Gebrauche seiner jüngeren
- Zeit. Ich entschied mich für Ergänzung, nicht für Aenderung.
- (In 922, 2 schreibt der Schreiber auch Der für hei', vorher 920, 1
- richtig.)
- 115, 3 liehe nicht subst., gen. abh. von vil, viel der Freude,
- EBSTB BEGEGNUNG. 39
- ich reit zuo ir vil hochgemuot: (25)
- du Avas si leider so behuot,
- daz ich si den äbent nie gesach,
- dar an vil leide mir geschach.
- 116 Mtn lip entslief des nahtes nie. (33,i)
- des morgens, dö diu sunne üf gie,
- dö stuont ich üf und gie zehant
- hin, da ich ir gesinde vant,
- ritter und vil manigen kneht. (5)
- die gruozt ich wol: daz was min reht.
- ir danken daz was zühterich
- und ir gebaerde minneclich.
- 117 Dar nach vil schiere was unlanc,
- ir caplän eine messe sanc, (lo)
- da. mir vil liebe von geschach,
- wan ich dö mine vrowen sach.
- mit grözen vorhten ich dar gie,
- dö mich diu tugentrich enpfie.
- dö si mich sach, diu guot mir neic; (l5)
- den gruoz mit worten si versweic.
- JL18 Diu messe gar ze kurz mir was.
- swaz man da sanc oder las,
- des vernam ich alles niht:
- mir tet so wol diu angesiht (20)
- an daz vil reine süeze wip,
- daz lützel hörte da min lip,
- swaz man da. sanc oder swaz man sprach:
- ich was ßt wan der si an sach.
- 119 Diu messe kurzlich endet sich. (25)
- alzehant dö hiez man mich
- viel Freude, sondern adv. ; vgl. im Folgenden vil leide (nicht
- ril leides). Daneben auch liep geschehen; z. B. 124, 3: hier
- Schwanken zwischen Adj. und Subst.
- 116, 1 entslafen stv. red. jetzt ausschließlich in der ver-
- engten Bedeutung des sanften Sterbens, früher allgemein: ein-
- schlafen.*
- 118, 2 wenig guter Vers: entweder fehlende Senkung (seine
- oder) oder gezwungene Betonung (swaz man da) ; vielleicht nach
- V. 7 zu ändern stcaz man da sanc odr swaz man las.
- 40 ERSTE BEGEGNUNG.
- und ander man gar alle üz gen:
- man lie uns da niht langer sten.
- min vrowe enbeiz und reit zehant:
- ich gie hin, da ich mine niftel vant. (30)
- diu lachet und sach mich güetlich an:
- si sprach: «du bist ein sselic man.
- 120 Min vrowe hat erloubet dir, (34,1)
- daz du hiut selbe solt mit ir
- reden, swaz dich dunket guot.
- si ist gein dir niht ungemuot.
- du solt zuo ir hiut üf dem wege (5)
- riten, so ez sich fliegen mege,
- und rede mit ir, swaz du wil,
- und mach ez iedoch niht ze vil.»
- 121 Des was ich vrö und vil gemeit:
- zehant ich nach der werden reit. (10)
- dö ich si vor mir riten sach,
- daz herze min üz freuden sprach:
- «nu dar! nu soltu reden mit ir
- allez, daz gevalle dir.
- si rltet vor dir sunder huot: (15)
- rede mit ir, swaz dich dunke guot.»
- 122 Sä rait ich paltlich zuo ir dar.
- do si min bi ir wart gewar,
- si kert sich von mir umbe hin;
- da von so zaghaft wart min sin, (20)
- daz mir erstumbet an der stunt
- diu zunge min und ouch der munt,
- und mir daz houbet nider seic:
- min lip reht als ein st umbe sweic.
- 123 Ein ander riter zuo ir reit; (25)
- do habt ich üf und was verzeit,
- in vorhten reit ich hinten nach.
- daz herze min 6t aber sprach:
- «ja, du vil gar verzagter lip,
- und fürhtestü ein so guot wip? (30)
- 122, 8 als ein stumbe steigen öfters wiederkehrender Ver-
- gleich in der mhd. Lyrik; s. Q. u. F. 4, 19.
- ERSTE BEGEGNUNG. 41
- si het dir weizgot niht getan,
- we, daz din munt niht reden kan!
- 124 Lip, nu hoere, waz icb sage! (35, i)
- wil du mit worten sin ein zage,
- so kan dir nimmer liep geschehen:
- des wil ich üf min saelde jehen,
- und scheidestü also von ir, (5)
- daz si nimmer mere dir
- Wirt holt bi allen dtnen tagen:
- si muoz dich hän für einen zagen.»
- 125 Min herze vil gestrafte mich:
- da von ermannet 6t aber ich (lo)
- x/' und rait zuo ir. dö daz geschach,
- diu reine, süeze mich an sach.
- von ir ansehen min lip erschrac,
- daz ich et aber swigens pflac:
- der Minnen kraft mir alzehant (15)
- den minen munt zesamen bant.
- 126 Ir sült für war gelauben daz,
- daz ich niht weste, wä ich saz.
- «lip», sprach aber daz herze min,
- «daz du unsailic müezest sin! (20)
- du bist zwäre ein boese man,
- ^ dö si dich sach so güetlich an,
- daz du spraeche gegen ir niht:
- des muostu immer sin enwiht. »
- 127 «Sich, herze min, got weiz ez wol, (25)
- swenne ich gein ir iht sprechen sol,
- ich weiz niht, wä von ez geschiht,
- daz ich ein wort mac sprechen niht.
- mir wirt versperret so der munt,
- daz ich zewäre sä an der stunt (30)
- ein wort her für niht pringen kan.
- des pin ich ein unsselic man. »
- 128 «Lip, du solt gelouben mir, (36,1)
- du schaffest gröz unsaelde dir.
- ich wil dirs üf min triwe jehen:
- mir und dir muoz vil we geschehen
- und nimmer wol deheine stunt, (5)
- und tuot ir niht din boeser munt
- V,
- 42 ERSTE BEGEGNUNG.
- mit Worten kunt den willen min:
- ez muoz din und min ende sin.
- 129 Nu sich, du vil boeser lip,
- vor dir dort ritet daz werde wip, (lo)
- vil gar eine, unbehuot:
- wie bistu also ungemuot,
- daz du niht ritest zuo ir dar?
- und sag ir dinen willen gar.
- nu dar! ez ist für war min rät. (15)
- dir wirt sin liht nimmere stat. »
- 130 Ich rait et aber zuo ir dar.
- von vorhten was ich ungevar:
- min angest was ze sprechen groz.
- daz herze min mir mangen stöz . (20)
- mit Sprüngen stiez an mine brüst:
- ze reden was gar sin gdust.
- ez sprach: «nu sprich, nu sprich, nu sprich,
- sit daz nu niemen irret dich ! »
- 131 Ich tet für war wol zehenstunt (25)
- gein ir ze sprechen üf den munt:
- dö was diu zunge mir gelegen,
- si wolde deheines wertes pflegen.
- ich wil da von niht sprechen me :
- ich schiet öt aber von ir als e, ^ (30)
- daz ich gein ir nie wort gesprach.
- des tages mir fünfstunt daz geschach.
- 132 Diu tageweid ein ende nam. (37,i)
- diu reine, süeze, guote quam,
- da si des nahtes solde sin.
- des was unvrö daz herze min.
- die vrowen hiez man do abe heben. (5)
- ich bat mir daz hebisen geben:
- 129, 4 ungemuot adj., vonU. öfters in der gewöhnl. Bedeutung :
- verdrießlich, widerwärtig gebraucht, hier vielleicht nach Bech
- mit Verweis auf Flore 7183 = muthlos, zaghaft (selten, in den
- mhd. Wbb. nicht angeführt).
- 132, 6 hebisen stn. nur an unserer Stelle in der Bedeutung
- eines Instrumentes nachgewiesen, mit dem die Damen vom Pferde
- herabgehoben wurden. Im mhd. Wb. keine materielle Erklärung
- versucht. Lexer im - mhd. Handwb. 1,1200: «Bügel, in den
- KÜMMEBNISS. 43
- ich huob die vrowen abe vil gar.
- ^ir was vil maugia drunder clär.
- 133 i^och habt si dort, diu va/sches vri,
- üf ir pferde. ir stuonden bi (lO)
- ritter unde knappen vil:
- mit den het si ir Schimpfes spil.
- daz hebtsen ich dar truoc.
- si sprach: «ir sit niht starc genuoc:
- ir mügt mich abe geheben niht; (15)
- ir sit kranc, dar zuo enwiht. »
- 134 Des Schimpfes wart gelachet da.
- do trat si üf daz hebisen sä.
- dö si her von dem satel sleif,
- bi minem här si mich begreif, (20)
- verholne, daz ez niemen sach.
- diu guot mir einen loc üz prach.
- «daz habet iu, des ir sit verzagt!
- mir ist niht war von iu gesagt.«
- 135 Diu guote zuo ir vrowen gie: (25)
- min lip der stuont altrüric hie.
- ich gedäht: «we, wie ist mir geschehen!
- ich muoz des wol von schulden jehen,
- daz nie man also boeser wart.
- wie hän ich mich gein ir bewart! (30)
- si wirt mir nimmer mere holt:
- des hat si reht, ich hän ez versolt.»
- man die Frauen treten laßt, um ihnen vom Pferde zu helfen. »
- (Danach auch die Erklärung bei Lyon) Schultz, höf. L. 1, 303
- vermuthet eine Art eiserner Schaufel, die nur ein starker Mann
- regieren konnte; auf diese trete die Dame und laße sich sanft
- auf den Boden hinabgleiten, indem sie sich dabei auf ihren
- Cayalier stütze. Das Instrument muß nach 134, 2 eine Platte als
- Tritt gehabt haben, zugleich aber einen Griff, eine Handhabe für
- den hülfreichen Ritter, es wird also weniger einer Schaufel als
- einer Kelle ähnlich gewesen sein. Abbildungen fehlen leider.
- 134, 4 fg. literarischer Beweis von der langen Haartracht
- der Männer in damaliger Zeit; loc stm. (Locke stf.) V, G deutet
- zudem auf die Lockenmode, doch kann loc auch im Allgemeinen
- einen Haarbüschel bezeichnen.
- 135, 5 6ff«erstarke Flexion des Positivs; 6«8e hier wie 1070, 1 fg.
- ^Qm biderben entgegengesetzt: untüchtig, unnütz; ebenso hosheit
- 141, 8, Untüchtigkeit. — 6 zu toie hinzugedacht: übel, elend.
- 4
- I
- 44 kCmmerxiss.
- 136 In den j^edanken so stuond ich. (38,1)
- ein ritter der hiez balde mich
- varn: man sold die vrowen län
- an ir gemach, do reit ich dan
- ze herbergen in die stat. (5)
- got ich vil vliziclicheii pat,
- daz er mir schiere naem daz leben,
- und swaz er liet mir ie gegeben.
- 137 Abwege ich in ein kamer fuor:
- den leuten ich vil tiure swuor, (lO)
- ich waere siech, daz was ouch war.
- der lip mich allenthalben swar:
- herze min het michel not,
- ez was vil nach vor leide tot.
- ich want mich her, ich want mich hin, (l5)
- ich het verwandelt nach den sin.
- 138 Ich sprach: «ouwe, ouwe, ouwe!
- we, we mir hiut und immer me!
- ouwe, daz ich ie wart geborn!
- wie hän ich vreud und ere verlorn! (20)
- wie hat unsa'ldo mir vergeben!
- und sold ich tüsent jär nu leben,
- ich würde nimmer mere vrö.
- daz ist min reht: nuo si also!
- 139 Min lip ist wol unsaelden wert: (25)
- der pin ich volleclich gewert.
- ich muoz nu immer haben leit:
- daz leit min lip von schulden treit.
- swaz leides immer mir geschiht,
- des hän ich für übel niht, (30)
- wan ichz vil wol verdienet hän:
- ich sol von reht unsaide hän.
- 140 Owe, we und immer we! (39,l)
- zwiu sol ich armer immer me.
- 137, 1 Abwega (nach Hs. in einem Wort; L. Abwege) ad-
- verbial = ab wege, von dem Wege; vgl. abseit. S. Abweg
- 1). Wb. 1, 449.
- 138, 5 unscelde hier halb personificiert, im Folgenden nicht.
- — 8 nuo nach Hs. (nu): diese Nebenform in der Regel sonst nur
- im Reim gebräuchlich.
- KÜMMERNIS S. 45
- Sit daz ich pin so gar enwiht,
- daz ich getorste sprechen niht
- wider miner vreuden hört (5)
- mines willen doch ein wort?
- des müez min munt unsselic sin
- immer und diu zunge mini
- ^ 141 Mir wsere liep, und waer ich tot,
- sit daz ich in senelicher not (lo)
- nu immer mer beliben muoz.
- mir wirdet nimmer sorgen puoz:
- ich muoz in sorgen immer sin,
- sit daz ich hän die vrowen min,
- die ich ze freuden het erkorn, (15)
- von miner bosheit so verlorn.»
- 142 Waz weit ir, daz ich mere sage?
- ich was die naht in maniger clage,
- unz daz mir kom der ander tac.
- iczuo ich saz, iezuo ich lac, (20)
- i^zuo ich stuont, iezuo ich gie,
- ich want mich dort, ich want mich hie,
- die hende min ich ofte want.
- miner mäge mich einer also vant.
- 143 Der gie des morgens vruo zuo mir: (25)
- er sprach zuo mir: «waz wirret dir?»
- ich jach: «mir ist an dem herzen we,
- und wirt des ie me unde me:
- ich waene, ez welle mir presten abe;
- da von ich hän dise ungehabe. (•>(^)
- ich mac gesitzen noch gesten:
- mir tuot öt niht so wol so gen.»
- 144 Er sprach: «ez ist ein arzet hie.» (4/,i)
- «den princ mir!» zehant er gie
- hin nach dem meister in die stat.
- ein pferd ich mir gewinnen pat
- und einen kneht, der mit mir reit. (5)
- zehant ich langer da niht peit,
- ich ran alsam ein tobender man
- hin, da ich die guoten hete län.
- 144, 7 ran hat L. in ranty rannte geändert; ran praet. von
- 46 BEKIiÄßüNG.
- 145 D6 ich dar quam, geloubet daz,
- min vrowe dort üffe ir pferde saz (lo)
- imd reit die sträze gegen mir her
- nach mines seneden herzen ger.
- nach vrowen siten si her reit
- in einer capen wol gecleit.
- dö si mich sach, mir wart genigen: (15)
- von mir wart ouch niht mer geswigen.
- 146 Ich sprach: «gnäde, vrowe min:
- ir sült durch got genaedic sin
- mir unde durch die werdicheit,
- der got an iuch hat vil geleit. (20)
- gnäde, vrowe gnäderich:
- genädet mir gensedicHch !
- ir Sit, an der min freude lit,
- gar miner freuden höchgezit.
- 147 Ir sült gelouben mir für war, (25)
- ich hän iu elliu miniu jär
- gedienet, sit der süezen stunt,
- daz ir alr^st mir wurdet kunt.
- ich bin iu dienstes undertän
- mit triwen, als ich peste kan: (30)
- min dienst ist an iüch geleit
- mit lütterlicher stseticheit.
- rinnen ist aber ganz richtig, denn rinnen wird auch von der
- freiwilligen Bewegung gebraucht (s. mhd. Wb. II, 716, 8) und steht
- synonym mit laufen.
- 145, 5 fg. die Frauenart bezieht sich wohl nicht auf den
- Sitz beim Reiten, sondern auf die cape (vgl. auch 528, 8);
- dies ist ein mantelartiges, mit Kapuze versehenes Kleid, das aber
- auch von Männern getragen wurde. Aus unserer Stelle würde
- dann hervorgehen, daß dies Kleidungsstück, trotz der allgemeinen
- Uebereinstimmung in der Form, in der Tracht der Frauen doch
- anders geartet war als in der der Männer; vgl. Stellen' in den
- Wörterbüchern und bei Schultz, höf. L. 1, 202, 226. Im Frauen-
- dienst begegnet die kappe ziemlich häufig.
- 147, 7 iüch mit L. nach der Hs. (iüch); diese öfters (z. B.
- 584, 6) wiederkehrende Schreibung würde der von mir ange-
- nommenen Aussprache von iu = iü entsprechen; vgl. Aussprache
- des Mhd. (Halle 1858) S. 32 fg. und Germ. 5 (1860), 403; daß
- die Oesterreicher zum Theil schon zu U.'s Zeiten von der all-
- EBKLÄBÜNG. 47
- 148 Vrowe ob al den fi-emlen min, (41,1)
- uu lät mich iuren ritter sin,
- so daz ir dienest erloubet mir.
- durch iwer tugent so sült ir
- gedenken, daz ich nie gewan (5)
- noch immer m^r gewinnen kan
- so liebez niht so iwern lip,
- vil reine, süeze, sselic wip.
- 149 Bedenket mich durch iwer tugent,
- durch iwer hoch gelobte jugent, (10)
- durch iwer höhe saelicheit,
- bedenket mine staeticheit,
- lät mich geniezen, daz ir sit
- diu liebestiu mir gar äne strit.
- tuot mir, swie iwer genäde si: (15)
- iu ist min dienst immer bi.
- 150 Ich wil durch iuch, vil werdcz wip,
- gerne wägen minen lip:
- mit ritterlicher arcbeit
- min dienst wirt an iuch geleit. (20)
- swä mit ein ritter dienen sol,
- da mit kan ich iu dienen wol.
- ich sol, ich muoz , ich gern wil
- iu dienen an min endes zil.»
- 151 «Swiget! ir sit gar ze kint (-25)
- und gegen so höhen dingen blint.
- ir sült die rede läzen sin,
- als lieb iu sin die hulde min, '
- und ritet von mir palde hin!
- iu ist noch gar ze tump der sin; (3o)
- iu mac diu rede ze schaden komen:
- si kan iu nimmer niht gefrumen.»
- gemeinen Aussprache abgewichen waren , beweist die vielfach
- vorkommende Schreibart eu {— eü).
- 148, 7 wäre niht die einzige Negation im Satze und nicht
- blos Verstärkung, dann würde L.'s Aenderung iiebes eher ge-
- rechtfertigt sein; liebez acc. steht in Congruenz mit dem Acc.
- iwern lip,
- 151 kint hier adj., kindisch, jung. (Wie Adj. zu Substan-
- tiven, so können Subst. adjectivisch werden; s. Gr. 4, 256.)
- / '-
- 48 ERKLÄRUNG. ABWEISUNG.
- 152 «Vil liebiu vrowe, ir habt daz war: (42,l)
- ich bin ze tump noch dar zuo gar,
- daz ich mit iu so niht enkan
- gereden, als ich willen hän.
- anders pin ich wol so wis, (5)
- daz ich behalt wol riters pris
- iu ze dienest sunder wanc:
- dar zuo so bin ich niht ze kranc. »
- 153^' «Vart von mir, daz ist min rät,
- ob iwer lip iht sinne hat, (lO)
- lät mit mir iwer rünen sin:
- Ir wizet wol, man hüetet min.
- hat lernen iwer rede vernomen
- mit mir, daz mac ze schaden komen.
- ir sült mich mit gemache län: (15)
- deswärjr sit ein müelich man.»
- 154 Diu guote sä hin umbe sach,
- zuo einem ritter si dö sprach:
- «ir sult zuo mir ouch riten her.
- sol bi mir niemen riten mer (20)
- niwan ein riter, daz ist niht guot.
- seht, daz irz immer mer getuot.
- ez stät iu allen übel an,
- sol mit mir riten wan ein man. »
- 155 Ich sprach: «si hat iu reht geseit: (25)
- ez ist zewär ein unhübscheit.
- ich weiz daz wol, ez missestät,
- daz irs selbander riten lät.
- nu heizet m^r ritter riten her,
- Sit dazs an iuch min vrowe ger. » (30)
- mer danne sehse ir sä dar riten,
- der sus, der so, nach ritters siten.
- 156 Min rede muost mit ir ein ende hän: (43,l)
- ich nam urloup und reit von dan.
- ich was von herzen hoch gemuot:
- mich düht min geling« wsere guot,
- daz ich het miner vreuden schin (5)
- geseit ein teil den willen min.
- des was ich innecltche vrö:
- min muot gestuont e nie so hö.
- ■\
- BITTERSCHAFT. DICHTUNG. 49
- 157 Do sucht ich ritterschaft zehant:
- swä man die in dem lande vant, (lo)
- da muost man mich zewäre sehen
- und euch für einen ritter spehen.
- des sumers mir so wol geschach,
- daz ich ze rehter tyoste stach
- einen werden ritter nider: (15)
- des dancte mir min vrowe sider.
- 158 Ich sagt iu miner sselden m^r,
- wan daz ich fürhte, der unde der
- so spreche, ich rüeme mich ze vil;
- da von ichs vil verswlgen wil. (20)
- ich was 6t hohes muotes rieh:
- den sumer fuor ich ritterlich,
- reht als ein frowen ritter sol:
- des muost mir gelingen wol.
- 159 Der winder was 6t aber komen, (25)
- der sumer het ouch end genomen.
- do muost man läzen ritterschaft:
- dö tiht ich liet und ein botschaft
- und sant ez sä der nifteln min,
- diu immer sselic müeze sin. (3o)
- diu sand si beidiu balde dar,
- da ich hin diente miniu jär.
- ^160 Der bot wart balde dar gesant. (44, i)
- er was der guoten wol bekant:
- 158, 1 fg. sagt conj. praet., fürhte conj. praes., nhd. wenn
- ich nicht fürchtete. — 7 frowen ritter, vielfach auch zusammen
- in einem Wort frowenritter, ist ein bestimmter Terminus für die ~'
- Ritter, die im Dienste einer Dame stehen und sich äußerlich
- durch reiche und elegante Tracht auszeichnen. Oefters trugen
- sie die erhaltenen Gunstgeschenke wie Kranze, Schleier, Aermel,
- Bänder, Ringe äußerlich zur Schau, auf dem Helm, am Speer
- oder am Schild. Im Frauendienst werden uns verschiedene
- Frauenritter vorgeführt, wie der Domvogt von Regensbarg
- (852, 8), Wolfger von Gors (227, 3), Otte von Spengenberg (559, 4),
- Kadolt Weise (1588, 8); vgl. auch zu 30, 1.
- 159, 1 fg. im Winter ist die Zeit der Muße, in der ge-
- dichtet wird; aber U. dichtet auch zur Sommerszeit; vgl. Knorr
- S. 15. — 4 botschaft steht hier und so noch zweimal 443, 3.
- 1330, 3 terminologisch, den Ausdruck büechlin «specialisierend»;
- 8. Knorr S. 28 Anmerk.
- Ulrich yo^ LixcHTSirfTnx. I. A.
- 50 ERSTES BÜCHLEIN.
- si hiez in willekomen sin.
- «gnade» sprach er, «vrowe min!
- ich hän ein btiechelin iu bräht: (5)
- daz sült ir lesen gegen der naht:
- da stet an ein vil guot gepet.
- vil tugentlichiu vrowe, set!»
- -161 Daz püechel sä diu süeze nam,
- als ez ir tagenden wol gezam. (lo)
- si wände, da stüend an ein gepet:
- diu reine, guote ez M tet,
- si schouwet ez hie, si schouwet ez dort:
- da stuonden an vil süeziu wort,
- dort unde hie siez gar gesach. (15)
- nu hoeret, wie daz püechel sprach!
- ■ 9 ■
- HIE HEBT SICH DAZ :fiKSTE BtTECHLIN.
- Dins gelükes walde got,
- vil kleinez puoch, getreuwer bot,
- 160, 8 sei pl. zur Interj. se, ecce, sieh da! {set würde, wenn
- = seht, mitteld. und für U. nur literarische Form sein.)
- 161 püechel stn. hier neben büechelin, büechlin. Diese Be-
- zeichnung, die uns im Frauendienst an vielen Stellen überliefert
- ist, hat bekanntlich die Wahl des Terminus für den mittelalter-
- lichen Liebesbrief in poetischer Form veranlaßt. Der Ausdruck
- an sich besagt, daß diese Erzeugnisse nicht in Briefform, son-
- dern in Buchform und zwar kleinen Formats geschrieben und
- übersandt wurden; im Einzelnen belehrt uns U. genauer beim
- zweiten Büchlein ; s. Str. 444 fg.
- ( 1. Büchlein^^ Die Form der Büchlein ist durchgehends die
- der kurzen Keimpaare. Ueber die Büchlein U.'s hat in metrischer
- Hinsicht gehandelt Knorr S. 49 fg., aber nicht weiter eingehend,
- sodann genauer W. Scherer in der Hecension des Knorr'sohen
- Buches im Anzeiger 1 (1876), S. 252 fg., und dem fügte M. Rö-
- diger einiges in der Zeitschr. 22 (1878), 380 hinzu. Einzeln-
- heiten sollen an den betreffenden Stellen erwähnt werden. Im
- Allgemeinen ist Scherer's Betrachtung auf den Nachweis ge-
- richtet, daß in den Büchlein die Metrik des 12. Jahrhunderts
- vorliege. Dies zugegeben, hätten wir in den Büchlein im Gegen-
- satz zu den modernen Formen der epischen und lyrischen
- Strophen eine Alterthümlichkeit vor uns. Eins aber ist auch
- in den Büchlein echt modern, was Scherer nicht hervorhebt,
- nämlich die sehr häufige Anwendung der Reimbrechung.
- 2 im Einklang mit der Benennung botschaft wird den Buch-
- ERSTES BÜCHLEIN. 51
- daz du sseliclich gevarst
- unde din zuht wol bewarst (20)
- 5 mit rede, als man ze hove sol!
- und kanstu da- gepären wol,
- des hän ich frum, du ere
- : äne zwivel immer mere./5
- ze als sseliclicher arcbeit (25)
- 10 mäht du gerne sin bereit.
- wol dinen spehenden ougen,
- der heimlich und der tougen,
- die man dich lät ze hove sehen! (45,1)
- und kanstu vrowen rehte spehen,
- 15 so ist si, der ich dich hän gesant,
- der immer dienen muoz min hant,
- diu rein, diu süeze, diu guot genant (5)
- und zer besten üz erkant,
- die ich erkenne über elliu laut:
- 20 des sl vor got min saelde pfant.
- Owe wan gestörsfestü von mir
- genendiclichen künden ir ' (10)
- gruoz und al den dienest min!
- möht ez wol mit fuogen sin,
- 25 und waer sin niht ein tail ze vil
- und* über miner mäze zil ,
- so soldes du ez der guoten sagen, (i5)
- wie nähen ich si hän getragen
- lein die Rolle eines Boten ziigetheilt, und solchergestalt wird es
- personificlert. — 5 hier am Schlußo der Zeile erster Fall der
- Reimbrechung im Büchlein. — 11 die Hs. liest: wol dienen gern
- den spehen ougen, L. ändert : wol diu gern spehenden ougen (L. faßt
- dtn jedenfalls = dinen), Rödiger denkt, wefl U. gernde liebt,
- zunächst an gernden spehenden y doch wird gern wohl aus der
- vorigen Zeile eingedrungen sein, darum beßer zu streichen; die
- Verkürzung dm dann nicht mehr nothig, also wol dinen spehenden
- ougen, womit ich übereinstimme. — 12 wol aas der vorher-
- gehenden Zeile zu ergänzen, der heimlich = heimliche dat.,
- der tougen, tougene stf., Geheimniß: Heil der Heimlichkeit, Freude
- über die H.! vgl. unten V. 162 fg. — 15 fg. die Absätze in
- den Büchlein enden in der Regel mit Drei^/reim, stumpf oder
- klingend, in freiem Wechsel. Hier sogar C Reime, 3 gleichge-
- artete Reimpaare.
- 4*
- 52 pmSTES BÜCHLEIN.
- im lange in minem muote
- 30 (got gebe mirz ze guote!);
- und wie gar ich für elliu wip
- daz herze min und al den lip, (20)
- den muot, die sinne und al min leben
- ir ze l^hene hän gegeben;
- 35 ' ^nd wie gern ich ir hulden,
- geruochet siz verdulden,
- guot, lip und ere (25)
- ze dienest immer k^re,
- diu min herz alrerst entsloz
- 40 und dar in alr^rste schöz
- die gedanke der minne
- und sere senede sinne. (30)
- daz tet si aleine,
- si süeze, si reine,
- 45 si höhe, si werde, (46,1)
- diu werdest üf der erde
- von rehter wibes werdicheit.
- daz nim ich wol üf minen eit,
- daz si gar äne argen list (5)
- 50 mit manegen werden tugenden ist
- werder, denne ich gesprechen mtige
- und mir von ir ze sprechen tüge.
- ouch mahtu wol der guoten sagen
- und nimmer dar an verzagen, (lO)
- 55 daz ich üf ir genäde gar
- hoch in freuden vliegend var,
- Sit der sseliclichen stunt,
- daz ich ir tet ein lützel kunt
- (doch minner denne ich solde (15)
- 60 und danne min wille wolde)
- mins gernden willen, den ich trage
- gein ir genäden mange tage;
- 40 schüz: mit versteckter Anspielung auf Amors Pfeil. —
- 44. 45 s. zu 20, 6. — Scherer (Anz. 1, 252) macht aufmerksam,
- daü im 2. Büchlein 35 ein ähnlich gebauter Vers der hohen, der
- werden vorkomme. —
- ERSTES BÜCHLEIN. 53
- und daz ich üf ir genäden gewin
- ir ritter immer gerne bin. (20)
- €5 daz mac ir güet erlouben wol,
- • deswär, als si von rehte sol.
- Sit ich von kinde her ir kneht
- bin gewesen, so hat si reht,
- daz si mich läze ir ritter sin. (25)
- 70 ich tuon ir den dienest schin,
- des sich ir prts niht darf geschamen.
- ez muoz in ir vil werden namen
- immer mere sin getan,
- swaz dienstes ich gedienen kan. (30)
- 75 dar zuo dien ir min niwer sanc.
- dunk aber ich si dar zuo kranc
- von minen tumben jungen tagen, (47,4)
- daz ich die bürde niht müg getragen,
- als si vil guote mir verjach
- 80 nähest, dö ich si jungest sach,
- durch mlnen willen ir doch sage, (5)
- swie tumb ich doch si (Jer tage,
- ich si doch wol so sinne gris,
- daz ich behalt wol ritters pris,
- 85 ob sis ze dienst geruochen wil.
- bot, ichn getar dir niht s6 vil (lO)
- enpfelhen, als ich wolde,
- ob ich mit hulden solde,
- w^an reht als ich getrüwe dir.
- 90 und j)ringestu liebiu maere mir,
- so stät für war min freude ho, • - (15)
- und pin ouch immer m^re vro.
- lieber bot, nu wirbe also!
- «Swaz ir gebiet, daz si getan.
- 95 ktlnd ich, als ich willen hä,n,
- 93 wirbe zweisilbige Form des Imperativs eines starken Ver-
- bums; vgl. Weinhold mhd. Gr. ^ §. 371: hier metrisch gleich-
- gültig wegen der Elision. Zum Verse selbst vgl. Q. u. F. 4, 118.
- 94 gebiet = gebietet, dem Verse entsprechend; solche Syn-
- kope in Hs. noch öfters ; nur ab und zu kann darauf aufmerk-
- sam gemacht werden; vgl. zu 1. Büchl. 276. 289.
- 54 ■ ERSTES BÜCHLEIN.
- iwer botschaft erwerben, (-^o)
- ich enliez si niht verderben.
- möht ich si wol volenden,
- mich möht sin niht erwenden
- 100 weiz got kein unmuoze min.
- nu lät in iwern hnlden sin, (25)
- daz ich iu min angest sage,
- die ich gein disen dingen trage.
- ich weiz wol, wie ez ze hove stät,
- 105 da frow Melde spehent gät
- und nimet 6t aller dinge war. ^30)
- da würd ich ze spote gar:
- wan ich bin unhovebaere.
- ditz ist min meistiu swaere. (48,1)
- 110 s6 rehte reines wibes hant,
- die ir mir ofte vor habt genant,
- wie getorst ich die gereichen an?
- und waere ich als ir ein man (5)
- (des ich leider niht enpin),
- 115 und het ich tüsent manne sin,
- ich müest die vart besorgen wol.
- niemen mir daz wizen sol.
- wan zürnet si die botcschaft, (lo)
- si hat den gewalt und ouch di kraft
- 120 (so wol erkenne ich vrowen zorn),
- daz ich daz leben hän verlorn.
- si gepiutet über mich zehant
- in ir zorn, daz ich verbrant (15)
- werde üf einem roste.
- 125 wer kumt mir da ze tröste?
- 105 frou Melde, die Personification von melde stf., Verrath, An-
- geberei, Fama, in der mhd. Poesie nicht gerade häufig. Von
- den Classikern hat sie nur Hartmann, und dieser nur im Erec ;
- bei ü. nur an dieser Stelle. — 107 wurd im Einklang mit den
- vorhergehenden Conjunctiven praet. in V. 95 fg., Aenderung L.'s
- wird nicht nothig und weniger angemeßen. — 113 Hiatus vor
- ich wird im Mhd. meist, aber nicht immer vermieden, Aenderung
- L.'s und wcer ich nicht nothig, weil Ü. auch sonst sich diesen
- Hiatus gestattet z. B. im Frauenbuch 659, 25 ; an unserer Stelle
- um so weniger bedenklich, als ich nicht blos metrisch, sondern
- auch logisch betont ist. —
- ERSTES BÜCHLEIN. 55
- oder mir geschiht ze liden
- von ir ein solhez sniden,
- daz nimmer geheilet. (20)
- baz dann gevierteilet,
- 130 klein als daz in der sunne vert,
- ist mir vil liht aldä beschert.
- sol aber ez mir so wol ergän
- (des ich niht gedingen hän), (25)
- daz st sich zornes mäze
- 135 und mich ze rede läze,
- als ich ir min rede gesage,
- sä von dem selben tage
- muoz ich die vinster büwen. (30)
- ich mac des wol getrüwen,
- 140 ez heize lade, ez heize schrin,
- daz ich da muoz verslozen sin (49,1)
- als in dem karksere.
- von susgetäner swaere
- mag ich wol verderben:
- 145 und daz ich solde werben, (5)
- daz ist da von verdarben gar^»
- Nein, so ich immer wol gevar:
- din angest ist gar äne alle not.
- wer solde ouch gern in den tot
- 150 sinen lieben boten senden? (10)
- min houbt wold ich verpfenden,
- het ich wider si missetän
- (des ich willen nie gewan),
- 126 mir geschiht ze mit Inf., mir begegnet, ich muß. — 127 sniden
- stn. subst. inf. , Schneiden, Zerstückelung. — 128 daz relat. —
- 129 haz, hier: mehr. — 130 diese Umschreibung für den Sonnen-
- staub (wohl Reminiscenz an Wolfram's Parz. IV, 578) schließt
- sich an die vorhergehende Zeile an; vielleicht steht klein als
- für als klein als: so klein wie. — 138 die Hs. schreibt viel-
- fach für u (ü) : ouy ovo ; hier kein Grund, die Correctur zu unter-
- laßen, wenn auch bouwen und trouwen als berechtigte Neben-
- formen gelten.
- 147 so ich immer wol gevar y Betheuernngsformel : vgl. so
- ich immer fro geste 174, 4. —
- 56 ERSTES BÜCHLEIN.
- daz si ir zuht iht braeclie,
- 155 daz si dir iht arges spraeche. (15)
- du solt mir gelouben daz:
- cz wirt dir erboten baz,
- danne ob du wserst des keisers kint:
- so rehte groz ir tugent sint.
- 160 waz solt dir groezer ere, (20)
- waz woldestu saelden mere
- danne die heinlich, als dir
- wirt erscheinet von ir?
- ' und sold ich dir glich^ nähen sin
- 165 der lieben, werden vrowen min, (25)
- da für naem ich niht den gräl,
- den der küene, werde Parcifäl
- mit ritterlicher arcbeit
- also kumberlich erstreit.
- 170 ich naem die selben wird aldä (3o)
- für ein küncriche anderswä,
- und het für war ir minne solt
- lieber denn al der beiden golt; (50,i)
- [ daz aber du verswigen solt. ,
- 175 Owe kundestü verdagen,
- ich solde dir noch ein tougen sagen
- umb ein wünschen, daz ich hän (5)
- nü vil mange zit getan
- mit herzen und mit munde
- 180 von getriwes herzen gründe.
- !
- 158 es ist gesucht, in dem bildlichen Ausdrack de& keisers kint
- eine Beziehung auf eine bestimmte historische Persönlichkeit
- anzunehmen. — 166 grul stm., hier im Bilde: das Höchste und
- Vollkommenste der Welt, ferner dasselbe Bild in gleicher Aus-
- führung 398, 3 fg. Hier steht nur den der werde Parcifal,
- darum wird an unserer Stelle im Büchl. V. 167 küene Zusatz
- sein, der den Vers belastet und hier zweisilbigen Auftact nöthig
- macht. — 174 ebenfalls nach Reinmar, Q. u. F. 4, 118.
- 176 fg. ein tougen kann zwar = eine tougene stf. sein, wie
- in V. 12, eher aber ein tougen stn., Geheimniß; wegen des folg.
- ein wünschen subst. inf., Wunsch, läßt sich auch an das Verbum
- tougen, tougenen swv., verheimlichen, denken; ein tougen im
- »Sinne = Heimlichkeit.
- ERSTES BÜCHLEIN. 57
- des kund ich mich niht mäzen
- noch deheine zit verläzen, (lo)
- Sit ich ze boten gedähte din:
- ich wünschet, daz ichz du solde sin.
- 185 zehant als du kumst aldar,
- und dich ir wize hande clär
- beginnent ze wenden (i5)
- vor gtiete in mangen enden,
- und an dich kert dicke
- 190 ir tougen spilnde plicke
- und an dich gewendet ir röten munt,
- f sä an der selben stunt (20)
- Yiolt ich dar ab ein küssen stein.
- daz solt aber du mit triwen heln.
- 195 sold ich ez mit heile pringen dan,
- wer waer ich danne, ich sselic man!
- ijch waer 6t freuden riebe, (25)
- den engein vil geliche
- äne zwivel immer me.
- 200 ow^ des und immer we,
- daz ich die vart beliben sol:
- daz t'uot mir anders denne wol. (30)
- doch strichent äne lougen dar
- min herz und all min sinne gar
- 205 und redent mines willen vil, (r)l,l)
- doch niender über rehtez zil,
- wan als ir eren wol gezimt.
- min herz im fürbaz niht nimt
- deheinen wünsch durch minne rät, (5)
- 210 wan als ir ^ren rehte stät.
- hat aber mich min tumber gedanc
- an stein oder an deheinen kranc
- 184 ichz: im Nhd. wird das der Verdeutlichung wegen hinzu-
- gefügte neutrale Pronomen ez wieder weggelaßen : daß ich du s. s. ;
- vgl. Gr. 4, 222. — 185 also würde den Vers glatter machen. —
- 1 86 hande alterthümlicher, dem österr. Dialect angemeßener Plural
- (vgl. nhd. zu Händen, vorhanden). — 189 Pronominal ellipse:
- 81 ans tV 186 zu ergänzen. — 190 tougen kann hier nur adv. zu
- »pilende sein. — 201 die vart beliben^ die Fahrt über , während
- dieser Reise (abs. acc.) zurückbleiben; vgl. 980,4. —
- 58 ERSTES BÜCHLEIN.
- verleitet gegen der vrowen min,
- [ bot, daz sol verswigen sin (lo)
- 215 und niht ze maere werden bräht,
- wan ich sin weiz got nie gedäht.
- mir waer der gedanke alze vil:
- nimmer ich so tumben wil
- noch min fuoge gekrenken, (15)
- 220 mit wünschen noch mit denken
- mich nimmer vergäben
- in ir heinlich ze nähen
- äne urloup vrävellich.
- t(Herre, ist si so tugentrich, (20)
- 225 als ir mir ofte habt geseit,
- so bin ich des vil unverzeit,
- ich versuoche, swie so ez mir erge,
- wie ez umbe ir genäde st^,
- und wil di vart niht langer sparn. (25)
- 230 got müez iwer gelücke an mir bewarn!
- wünscht mir heils und glückes nä!
- vind ich niht groz genäde da,
- so kan ich nein, so kan ich ja.
- Gnade, vrowe gnädenrich: (3o)
- 235 gnadet mir genädiclich!
- gnäde bi gewalte wol gezimt.
- ob iwer gnäde güetlich vemimt, (52,1)
- swaz ich iwern gnaden sagen sol,
- so ist iwer güete gnaden vol.
- 222 heinlich stf., hier concret: das vertraute Gemach, Boudoir;
- ebenso 165, 5.
- 231 nd für U. literarische Form = nach ad 7. zu wünschen
- mit gen. und dat. (nhd. mit acc. und dat.), nachwünschen, auf
- die Reise wünschen. — 233 Reminiscenz an Walther; s. Q. u. F.
- 4, 119; vgl. die ähnliche Wendung 387, 8.
- 235 genädiclich nach Hs. (statt gemeinmhd. gencßdicltck,
- was aber Hs. auch bietet), dem Dialect U.*s entsprechend und
- sich dem Wortspiel in Gottfriedischer Manier gut anfügend. — .
- 237 güetlich statt gencediclich der Hs. Yerbeßerung von L. nach
- V. 239. Die Aenderung war um so unbedenklicher, als güetlich
- adv. ein Lieblings wort U.'s ist, z. B. 119, 7. 126, 6.
- ERSTES BÜCHLEIN. 59
- 240 mich hat üf genäde her gesant,
- der gnaden gert von iwer hant, (5)
- und enbiut iu, h^riu vrowe min,
- gruoz und al den dienest sin
- üf iwer gnäde vil verre,
- 245 iwer eigen man, min herre,
- und giht iu, frowe, für elliu wip, (lo)
- daz ir ze reht über sinen lip
- vrowe und gebieterinne sit.
- da. wider hat sin herze strit
- 250 und wil des nimmer ab gestän,
- ez si iu gern undertän (15)
- mit der reinen eigenschaft,
- die man da heizet triwen kraft.
- der jtrit ist ungescheiden
- 255 immer zwischen in beiden,
- dem herzen und dem übe, (2o)
- daz nie deheinem wibe
- so gerne noch s6 schöne
- nach minneclichem löne
- 260 ein herze und ein lip
- , gedient als er iu, saelic wip. (25)
- ich hän den muot an im erkant,
- der mich ze boten hat gesant,
- und erkenne in des hercen wol,
- 265 swä mit ein ritter immer sol
- sin meinclichez meinen (30)
- lütterliche erscheinen
- so rehte reinem wibe,
- ir herzen und ir libe: (53,1)
- 270 des hat er willen unde muot
- 260 der Vers hat nur drei Hebungen; herz9 und Hiatus. —
- 262 den demonstr. , diese, solche Gesinnung. — 264 erkennen
- mit scc. und gen. (der aber wohl nicht direct abhängig ist,
- sondern mehr selbständig steht), von einem eine üeberzeugung
- gewinnen hinsichtlich einer Sache; des ebenfalls demonstrativ,
- worauf daz folgen sollte. Es folgt aber in Hartmannischem
- Stile freie Construction ; zunächst ein Nebensatz, daz wird ver-
- geben und das Ganze durch das Pronomen des in Y. 270 in
- directem Satze aufgenommen ; vgl. zu 38, 4. — 268. 69 in H*.
- 60 ERSTES BÜCHLEIN.
- iu ze leisten, frowe guot.
- ouch liän ich des sin Sicherheit,
- die hoehsten wirde und sselicheit, (5)
- der er von al der werlte gert,
- 275 daz er der wser da mit gewert,
- ob ir geruochen wolt
- daz er iu dienen solt.
- der genäden waer doch niht ze vil (lo)
- (mit hulden ich daz sprechen wil):
- •280 ez entrüempt iuch, vrowe reine,
- lützel unde deine,
- und minnert iwer gnaden hört
- minner vil denne umb ein ort. (15)
- nu lät in einen beiden sin, =/. 2. C^<=iji., ./. 23^
- 285 den getrivven lieben herren min:
- najmt ir sines getriwen willen war,
- den er äne valsch so rehte gar
- iu ze dienest hat gewant, (20)
- het ir den ze rehte erkant^
- 290 er deuht iwch wol genäden wert
- in der mäze, als er ie gert,
- und belibe doch iwer werder nam
- äne schaden und äne schäm. (25)
- ! waz schadet der bluomenrichen beide
- in umgekehrter Ordnung. Dies Sehreibversehen ist vielleicht
- mit einem weiteren verbunden gewesen: die Verse folgten beßer
- gleich nach 265 und nach ihnen V. 267. 66. — 276 fg. nur drei
- Hebungen, wolt = looltet (Synkope), solt = solte (Apokope).
- Die Verse machen den Eindruck, als seien sie Schreiberzusatz.
- — 285 keineswegs irregulär, wie Scherer annimmt; zweisilbiger
- Auftact leicht und unbedenklich, ebenso vorher 180, nachher
- oll. — 286 ebenfalls zweisilbiger Auftact, allerdings etwas
- schwer, darum ncemt statt ncBmet der Hs. zu schreiben. Viel-
- leicht ist getriwen aus dem vorhergehenden Verse unnöthig wieder-
- holt, dann zu lesen ncemet ir eines willen war, — 288 es steht
- beßer an iuch, denn wenden mit dat. und acc. heißt: etwas von
- einem abw^enden, hier'aber das Gegenteil: hinwenden, zuwenden.
- — 289 Asyndeton; tmc/wäre deutlicher. — 289 het = hetet; diese
- volle Form auch metrisch möglich. — 294 L. ändert, um drei
- Hebungen herauszubekommen, bluomenrichen inblüemegen ; blüemic,
- blumig, ist aber kein mhd. Wort, es gibt nur blüemm, bluomeht.
- ERSTES BÜCHLEIN. 61
- 295 / an ir ougen weide
- und an ir liebten glänze,
- ob man ze einem kränze
- ein teil ir bluomen bricbet? (30)
- oueh wsen icb niemen wiser spricbet,
- 300 daz ez schade müge sin,
- 2. SW81 einem fiwer ein fiwerlin (54, i)
- wan durch leubten wirt genomen:
- ez schadet niht und mac gefromen.
- 3 nu erschinet im, reiniu vrowe guot,
- 305 als ouch diu sunne den mänen tuot: (5)
- den entzündet s! alsam ein lieht,
- f^nd schadet doch ir schine niht. /
- Sit ez in s6 höhe frumet
- und ez iu niht ze schaden kumet,
- 310 ob ir iuch underwindet sin, (lo)
- des getriwen lieben herren min,
- und sol daz iwer genMe sin,
- so ist iwer gnäde wol der schin,
- den er für war wol heizen mac
- 315 freuden schin und saelden tac. (15)
- nu lät mich, sselic vrowe guot,
- durch iwern reinen, stiezen muot
- minem herren pringen hin
- von iwern gnaden den gewin,
- 320 daz ich gein siner frage sä (2o)
- Neben letztere Bildung, die allgemach seltener wurde, trat im
- 18. Jahrhundert als Neubildung blumig, die jetzt die herrschende
- ist. Die mhd. Wbb. haben mit Recht von L.'s ungegründeter
- Aenderung kefine Notiz genommen. Vielleicht schrieb ü. bluomen-
- heide, gebildet wie pluomenvelt 1420, 2. Sonst ist Annahme von
- vier und drei Hebungen in den beiden Heimzeilen ohne Schwierig-
- keit. — 298 fg. dies ist hier der Fall, nur umgekehrt. L. hat
- hier, um auch im ersten Verse vier Hebungen zu erhalten, gegen
- die Hs. abe vor brichet ergänzt; bluomen brechen, nicht ahe
- brechen ist aber die typische Wendung. — 299 wiser gen. pl.,
- abhängig von niemen. — 305 den nach Hs. bei tuon, dem Er-
- satzverbum ; der Acc. ist nicht auf erschinet zu beziehen , wes-
- halb L. dem ändert, sondern auf entzündet 306; in erschtnet
- steckt ein Theil transitiver Bedeutung. —
- t^
- 62 ERSTES BÜCHLEIN.
- mit freudeu müeze sprechen: ccjä!
- gnäde ist endelichen da!»
- Gnade, frowe, ob ich hän
- gein iwern gnaden iht missetän,
- 325 daz ich iu bi fremder hant (25)
- und äne urloup hän gesant
- minen muot und min botschaft.
- daz geb6t mir der liebe craft
- und diu triwe, die ich trage
- 330 gein iwern hulden mange tage. (3o)
- hat min bot unreht gepeten,
- ich wil in nimmer des vertreten,
- er enlide puoze darumbe (55,l)
- ' als von rehte ein tumbe.
- 335 hat er sölhes iht gegert,
- des ich iuch niht duncke wert,
- beidiu ze nider oder ze kranc, (5)
- hat er äne minen danc
- gemuotet, saelic vrowe min,
- 340 daz ir mich lät ze dienste iu sin,
- getorst er ie so hohe gepiten
- ein wip mit also reinen siten, (lo)
- sprseche ich, frowe, «daz ist mir leit»,
- dran begienge ich groze unstseticheit.
- 345 wan sold ich ez bi dem eide sagen
- und die wärheit niht verdagen,
- so seit ich, daz mir wsere (15)
- lip unde guot unm^re,
- het er halt die bet vermiten:
- 350 wan ich wil ir selbe piten
- immer, al die wil ich lebe.
- ich erwerbe an iu die selben gebe: (2o)
- ez ist min immer werndiu ger.
- sol ich mit Schilde und mit sper
- 322 Keminiscenz an Reinmar, s. Q. u. F. 4, 117.
- 342 fg. ähnlich bei Reinmar, s. Q. n. F. 4, 118. — 347, fg.
- ähnlich bei Reinmar, s. Q. u. F. 4, 118. — 350 ir = bet, gen.
- bei biten, um etwas bitten. —
- ERSTES BÜCHLEIN. 63
- 355 immer riters pris bejagen,
- wirt immer fiwer üz heim geslagen
- und verhowen Schildes rant (25)
- mit swertes swanc von miner hant,
- wirt immer so von mir gestriten,
- 360 daz der boinder wirt geriten
- mit rehter hurt aldar gezilt,
- wirt sölhes iht von mir gespilt, (30)
- daz ritterschaft geheizen mac:
- so geleb ich nimmer lieben tac,
- 365 ob daz anders iht geschehe, (56, i)
- wan daz ich des prises jehe,
- vrowe, iwern hulden,
- und wil ouch gerne dulden
- durch iwers prises ere (5)
- 370 die wäge immer mere,
- swä man nach prise ringet.
- swie mir dar an gelinget,
- ich erwerbe wird oder schäm,
- des si getiwert iwer nam. (lO)
- 375 sol mir immer pris geschehen,
- des muoz ich iu ze prise jehen:
- wan er wirt durch iuch bejagt.
- ouch bin ich des vil unverzagt,
- swaz frowen gnäde si genant, (15)
- 380 ez müg an iu min dientiu hant
- bi minen jugentlichen tagen
- vil sselicliche noch bejagen.
- ez ligt an iu aleine
- der tröst, den ich da meine, (20)
- 385 und aller miner freuden bejac,
- dar zuo min österlicher tac.
- daz weiz er wol, dem niemen nilit geliegen mac.
- 375 fg. vgl. zu 38, 1 fg. — 386. 87 ebenfalls Reinmar'sche Re-
- miniscenz, s. Q. u. F. 4, 117. Metrisch wichtig ist, daß der
- letzte aus R. entlehnte Vers mit sechs Hebungen zum Schluß-
- vers des ganzen Büchleins dienen konnte. Solche Erweiterungen
- der Schlußverse in den Dichtungen des 12. Jhds. häufig, fast
- die Regel. Im 2. Büchlein keine Erweiterung, wohl aber im
- dritten und hierauch eine Variation im Versmaß, s. die Bemerkung.
- 64 BOTSCHAFT.
- 162 Do si gelas daz büechelin,
- diu tugeutriche frowe min, (25)
- si sprach ze dem boten alzehant:
- «sag an, wer Mt dich her gesant?
- daz soltu mir vil rehte sagen
- und die wärheit niht verdagen.
- durch wen bistü geriten her?» (3o)
- «durch raine frowen», so sprach er.
- 163 «Sit dich din frowe zuo mir hat (57,1)
- gesant, weistü, waz hie an stät?
- daz sag mir üf die triwe din!»
- «vil hochgelobtiu frowe min,
- ez ist mir weizgot unbekant: (5)
- des si vor got min saelde pfant!
- min frowe mir anders niht kunt tet,
- si jach, da stüend an ein gepet.
- 164 «Si hat ouch iu bi mir gesant
- einen brief, daz unbekant (lO)
- ist mir gar, swaz dar an stät,
- wan daz si mich in iu geben bat.
- nu nemt in, vrowe, von mir hin
- und wizet daz, swie junc ich bin,
- ich kan ein botschaft werben wol (15)
- und ouch verswigen, swaz ich sol.»
- 165 Den brief enpfie ir wiziu hant:
- si sprach ze dem boten sä. zehant:
- «friunt, du solt beliben hie!»
- diu wol gemuote danne gie (20)
- in ir heimlich, da si las,
- swaz an dem brief geschriben was.
- 163, 2 fg. die Dame will wißen, ob der Bote in das Ge-
- heimnis eingeweiht ist oder ob er lesen kann. Er kann es
- nicht, sonst hätte ihm die Niftel nicht das Märchen von dem
- Gebet im Büchlein aufgebunden. Er gibt sich den Anschein,
- als sei er discret und nicht neugierig gewesen.
- 164, 2 daz kann verschieden gefaßt werden: entweder =
- indem, oder = so daß, mit der stillschweigenden Voraussetzung
- eines «verschloßenen» Briefes. Das Büchlein ist offen.
- III. LIED. 65
- den brief diu süeze, wol getan
- las: da stuonden diu liet an:
- III.
- EIN LANGIU wiSE, UND IST DIU DRITTE.
- V^rouwe, liebiu vrouwe min, (25)
- an dinem dienst ich niht verzage.
- Swie du wilt, s6 wil ich sin:
- da bi s6 merke, waz ich sage. (58,1)
- 5 Frouwe, ich weiz wol, ob mir dinen friundes gruoz
- niht verdienent mine jungen besten tage,
- daz ich in sorgen alten muoz.
- Min herz gibt mir wisen rät, (5)
- swie tumb ez von den jären si,
- 165, 7 wol getan = wol getane; vgl. zu 74, 3. — 8 das
- Lied bildete den Inhalt d Briefes, üeber die Form ist uns
- nichts gesagt. Das Schriftstück kann in Briefform, einseitig
- geschrieben, gefaltet und durch Siegel geschloßen gewesen sein,
- möglicherweise aber auch gerollt in einer verschlo^enen Kapsel
- sich befunden haben. Diesen Brief resp. das Lied erhält U.'s
- Herrin, das Büchlein sendet sie zurück, wie im Folgenden er-
- zählt wird.
- III Noch ein Lied, das 15. wird als «lange Weise» be-
- bezeichnet; letzteres mit beßerem Rechte, denn es hat in der
- Strophe 12 Zeilen ; dieses dritte (dies kann nur und ist diu dritte
- sc. w%8e besagen, nicht die dritte langiu wise; vgl. die folgenden
- Ueberschriften) zählt nur 7 Zeilen. Scherer meint (Deutsche
- Studien I, 48 [330]), es könne der Ausdruck außer auf die
- gröü^ere Anzahl der Zeilen auch auf die vielen Füße der ein-
- zelnen Zeilen gehen. Das würde hier insofern zutreffen, als die
- 5. und 6. Zeile sechs Hebungen haben. — Der Khythmus ist ge-
- mischt; doch müßen öfters Aendernugen gegen die Ue|;er-
- licferungen vorgenommen werden, um diese Mischung zu er-
- zielen. Einige ergeben sich leicht und sind auch versucht worden.
- Andere sind gewagter und können nur als Vorschläge in die
- Anmerkungen kommen. — Zeile 1, 3 trochäisch: vier Hebungen,
- Z. 2, 4, 7 jambisch: vier Hebungen, Z. 5, 6 trochäisch: sechs
- Hebungen. Reime alle stumpf.
- 3 vgl. Q. u. F. 4,. 119. — 5 ob Conj. des Zwischensatzes,
- conditional: wenn. — 6 verdienen swv., hier: erlangen, er-
- werben.
- Ul>BICH von LiICHTEH STEIN. I. 5
- 66 in, LIED-.
- 10 Daz ich ir, diu lügende hat,
- si mit stsetem dienste bi.
- Sit ez mir so stseten rät mit triuwen git,
- des doch mir der lip, der muot noch nie wart vri, (lO)
- des volge ich im gar äne strit.
- 15 Do ich erste sin gewau,
- dö riet mir daz herze min,
- Ob ich immer würde ein man,
- so solte ich ir ze dienste sin. (15)
- Nu ist mir komen diu zit, daz ich ir dienen sol:
- 20 nü helf mir got, daz ich ir tuo den dienest schin,
- da von ich leides mich erhol.
- Sie ist über minen Itp
- frouwe und al des herzen min, (20)
- Sie vil wunderwerdez wip:
- 25 nu wes sold ich ie gerner sin?
- Wolde sie den dienest min und minen sanc,
- \vä würd immer mir so gröz genäden schin?
- wä fünde ich s6 reht hohen danc? (25)
- Wä möht mir so höhe komen
- 30 min dienst und al min arebeit?
- Wan die ich mir hän genomen,
- diu hat schoen unde werdekeit.
- Höher muot, du twingest mir den lip ze hoch, (30)
- und ist dir daz herze min dar zuo bereit,
- 35 wanz ie die nidern minne flöch.
- 11 vielleicht mit dem stceten; Bech : st ie m. st. — 13 was
- ich mit meinem ganzen Wesen (der Itp, der muot) noch nie ver-
- loren, was ich von je beseßen habe, nämlich den Vorsatz^ ihr
- zu dienen. Die nächste Strophe führt den Gedanken aus.
- 16 vielleicht da riet mir e oder ie oder sä daz herze mhi;
- am besten würde ie paßen. — 20 daz ich könnte leicht in deich
- f^eändert werden, beßer scheint mir nü wegzufallen.
- 23 vielleicht min frouwe; Bech schlägt Umstellung vor:
- Frouwe über m. l. ist sie und al d. h. m. — 25 nun, wem sollte,
- wollte ich jemals lieber angehören? {ie für das hsl. ir in C;
- L. folgt Hs. M., welche das Wort nicht hat, wodurch der jam-
- bische Rhythmus zerstört wird).
- 34 ist dir mhd. Wortstellung: nhd. dir ist; ebenso in V. 40.
- — 35 der Gegensatz zwischen hoher und niederer Minne findet
- sich schon in der älteren Lyrik, namentlich bei Walther; vgl.
- Knorr S. 45.
- III. LIED. ANTWORT. 67
- Nideriu minne, an freuden tot (59,1)
- ist er, dem sie an gesigt.
- Gibt diu höhe senede not,
- doch wol im, der der selben pfligt!
- 40 Sie glt sorge, und ist diu sorge freuden rieh. (5)
- frou, daz dich diu sorge min so ringe wigt,
- da von so sorge ich staeticlich.
- 166 Nu merket rehte, waz ich sage,
- der böte was da zw^ne tage:
- do sand nach im diu frowe min. (lO)
- si sprach: «nim hin daz püechelin
- und fiier ez diner frowen wider,
- ich hän ez gelesen ofte sider.
- ein guot gepete zwar dran stät:
- waz dann? ich wils doch haben rät.» (15)
- 167 Der bot der nam daz btiechelin
- und fuort ez wider der frowen sin.
- diu tet ez üf: do vant si me
- dar an geschriben wol denn ß:
- (16 sand si mirz alzehant. (20)
- do ich dar an geschriben vant
- mer, des wart min herze vrö,
- und gedähtc wider mich also:
- 168 «Waz ob si lihte hat hie an
- mir enboten, da von ich hän (25)
- immer m^re höhen muot?
- ich weiz vil wol, daz si ist guot.
- ob si mir hat it friundes gruoz
- her enboteii, da von ich muoz
- immer mere mit freuden leben (äo)
- und al min trüren gar üf geben.»
- 169 Min schriber bi mir niht enwas, (60,1)
- der mir min heinlich brieve las
- 37 beßer: ist er, dem sie hat an gesigt, — 40 diu , wenn
- auch in der Senkung, demonstr.
- 166, 8 rät haben mit gen. der Sache, anf etwas verzichten :
- ich will nichts damit zu thun haben.
- 169, 1 fg. sehr charakteristische, oft citierte Stelle, aus der
- 5*
- 68 ANTWOET.
- und ouch min heimlich ofte schreip;
- da von daz büechelin beleip
- ungelesen zehen tage. (5)
- bi minen triwen ich iu sage,
- daz al die zit daz büechelin
- mir nie kom üz dem buosem min.
- 170 Swann ich des nahtes släffens pflac,
- daz büechlin nähen bi mir lac. (lo)
- ich het ez liep üf sölhen wän:
- ich wand des, da stüende an
- von miner frowen eteswaz,
- da, von mir seneden würde baz.
- üf den gedingen was ich vro: (15)
- 5 r^ , : I min muot der stuont mir höhe höh.
- 171 In der zit min schriber quam,
- den ich in eine heinlich nam:
- ez muoste vil verholnc sin.
- ich bat in lesen daz büchelin. (2o)
- dö er ez gelas, do stuont dar an,
- daz ich iu wol gesagen kan:
- ez stuont ze jungest geschriben hie,
- nu hoeret reht, ich sag iu wie:
- ((^) Ez sprichet manic man, (25)
- des in sin herze niht geleren kan,
- hervorgeht, daß U. des Lesens und Schreibens unkundig war. —
- 2. 3 heinlich, heimlich verschiedene Worte und Bedeutungen:
- 1) heinltch = heinltche adj. zu briefe, 2) heimlich = heimliche stf.,
- Heimlichkeit, Privatangelegenheit.
- 170, 4 unschöner Hiatus vor der letzten Hebung: bei U.
- noch öfters ,. aber nicht häufig ; s. Knorr >S. 69. — 8 hohe adv.
- ho adv.^ geschmacklose Zusammenstellung und Steigerung, ho
- ist nicht Wiederholung zur Verstärkung des Ausdrucks, sondern
- hohe steht wie s(Ve, harte. Laßberg vermuthete: do.
- 171, 7 ~e jungest, zuletzt, am Ende, wohl auf dem leer-
- gelaßenen Haume des letzten Blattes.
- (a) Dieses Stückchen macht den Eindruck vollkommenster
- 'Echtheit wegen der Unregelmäßigkeit der Verse, die man aber
- mit Wackemagel LGesch. ^, 134,32 deshalb noch nicht miß-
- rathen zu nennen braucht, wegen des unreinen Heimes dinge:
- sinne, wegen der schalkhaften Wiederholung der letzten Zeilen
- ANTWORT. 69
- wan als er von fremdem dinge
- gert ze gewinnen sinne.
- 5 swer muotet, des er niht ensol,
- der hat im selb versaget wol. (30)
- swer muotet, des er niht ewsol,
- der hä-t im selb versaget wol. (61,1)
- swer muotet, des er niht ensol,
- 10 der hat im selb versaget wol.
- 172 D6 mir gelesen wart hier an,
- als ich iu gesaget hän, (5)
- daz tet mir we und niender wol.
- min herze daz wart trürens vol:
- min lip mich allenthalben swar.
- ich sprach: «nu dar! nu dar! nu dar!
- swie mir diu reine, süeze tuot, (lo)
- daz muoz von reht mir dünken guot.
- 173 Swaz si gesprecheu kan gein mir,
- daz sol ich allez danken ir,
- Sit daz ich mich ir hän gegeben,
- so sol ich nach ir willen leben. (l5)
- si tuo mir übel oder wol,
- min lip ir immer dienen sol
- mit triwen biz an minen tot;
- da von mich pringet nimmer not.
- 174 Ich wil öt alle mine tage (20)
- so mit freuden, so mit clage
- ir einer unde niemen me,
- so ich immer frö gestö.
- und wegen einer gewissen Unbehülflichkeit des Ausdrucks; da-
- hin rechne ich: wan als, sondern wenn, und die Wendung sinne
- gewinnen, die sonst ungewöhnlich ist; gemeint kann nur sein:
- Entschlüße fallen. — 3 von fremdem dinge dem herzen , dem
- eigenen inneren Antrieb in V. 2 gegenübergestellt : durch unsere
- Veranlagung. — 5. 6 machen den Eindruck eines Sprichworts.
- — 6 im selb refl. : sich selbst : der hat sich selbst um den Er-
- folg gebracht.
- 174, 2 dieser Vers auch 389, 8 und im Frauenbuch 657, 8 (L) ;
- er ist formelhaft und braucht nicht als directe Entlehnung eines
- Reinmar 'sehen Ausspruches angesehen zu werden; s. Q. u. F.
- 4, 117 fg. — 4 Betheuerungsformel ; vgl. 1, Büchl. 147.
- 70 TURNEBE ZU FRIESACH 1224.
- vercinseu elliu miniu jär.
- swar ich kßr unde swar ich var, (25)
- so wil ich wan ir einer leben:
- sus hän ich ir den lip gegeben.
- 175 Sme kind ich von den jären si,
- mir sint i^doch die witze bt,
- daz ich mich des vil wol verstän, (3o)
- daz nimmer wirt noch werden kan
- in der werlt dehein ander wip, (62,1)
- von der min herze, von der min lip
- müge komen immer als6 h6
- oder werden immer als6 vrö.
- 176 D& von s6 wil ich dienen ir (5)
- mit triwen, daz geloube mir.
- verendet sich der winder lanc,
- ez ist min muot und min gedanc,
- daz ich ir dien aber eteswaz,
- da von ich ir gevalle baz. (lo)
- ich wil den lip und ouch daz guot
- durch si wägen, daz ist min muot.»
- AVENTIURE VON DEM TURNAY ZE FRISACH.
- 177 Nu was ez gegen der vasten komen:
- ein niwez msere was vernomen.
- ez wolt der margräve Heinrich, (15)
- der höchgelobt von Ysterich,
- einen fürsten griffen an,
- den ich iu wol genennen kam
- von Kärnden hiez der höchgemuot,
- der het ouch friunt, leut unde guot. (20)
- 178 D6 daz msere so verre quam,
- daz ez der fürst Liupolt vernam
- (ich meine den von (Esterrich),
- der unterstuont ez willeclich.
- 177, 1 vaste swf. (sonst auch stf.), Fastenzeit (nhd. meist
- pl. die Fasten). — 3 fg. s. Einleitung.
- TURNIEK ZU FRIES ACH 1224. 71
- er sprach also: «ich state sin niht: (25)
- da würde vil liute von enwiht.
- ich wil ez süenen, ob ich mac,
- vil kürzlich machen einen tac. »
- 179 Von im ein bot sä wart gesant, (63,i)
- da man die fürsten bßde vant.
- die gruozt er wol nach Mundes siten
- und hiez si innecliche biten,
- daz siz in liezen under in (5)
- tuon nach Mundes siten hin.
- dwederre im daz niht verseit:
- si wams im b^denthalp bereit.
- 180 Dar nach nu hoeret, wiez geschach:
- ein tac wart sä hin ze Frisach (lo)
- gemachet nach der fürsten clage,
- reht an sand Philippen tage,
- s6 der maye alrörst in gät
- und daz der walt geloubet stät
- und euch diu beide hat an geleit (l5)
- ir wunneclichez sumercleit.
- 178, 6 grammatisch correct sing, wurde zu nom. viL —
- Hute gen. abh. von viL
- 179, 3 er = der fürste, — 4 für innecliche schlägt L. vor :
- niinnecdche. — 5 «t2r « sie ez; ez, das in Rede stehende, den
- Streit. — 6 hin tuon hat zahlreiche Bedeutungen im Mhd., hier
- soviel wie: beilegen, ähnlich 2. Büchl. 56; in XXXIII, 26 =
- wegnehmen. — 7 verseit = verseite: also Apocope im ersten
- Reimworte mit langer Stammsilbe, was viel häufiger ist, als
- Knorr (S. 49) beobachtet hat (nur 4 Fälle) ; ferner 44, 7. 74, 2
- (8. die Bemerk.). 112, 5 (s. die Bemerk.). 121, 7. 179, 7. 201, 5.
- 320, 5 (8. d. Bemerk.) X. 67. 2. Büchl. 234 (s; die Bemerk.).
- 466, 5. 510, 1 u. 8. w.
- 180, 4 fg. der 1. Mai ; wir wüßten dies nicht sicher, wenn
- nicht der Zusatz stünde: so der maye alrerat (zuerst) i?i gut
- (beginnt), denn Philippen-Tage gibt es mehrere und verschiedene.
- Der 1. Mai gebort übrigens Philippus nicht allein, sondern zu-
- gleich Jacobus. — 6 diese Bemerkung würde schwerlich heute
- ein norddeutscher Dichter machen, aber auch in Siiddeutschland
- ist am 1. Mai nur selten einmal der Wald schon völlig belaubt.
- Da darf nicht außer Acht gelaßen werden, daß der 1. Mai da-
- mals nach der Jahreszeit spätei*, nach neuem Stil auf den 8. fiel.
- 72 TURNIER ZU FRIESACH 1224.
- 181 Do ich des tages wart gewar,
- ich wart siw fro von herzen gar.
- ich kom sä zuo dem bnioder min^
- der ouch kan wol ein ritter sin. (20)
- ich sprach: «Dietmar von Liehtenstein ,
- wir süln werden des enein,
- daz wir da brüeven ritterschaft :
- dar kumt von herren groziu craft.»
- 182 Er sprach: «du hast geraten wol: (25)
- ich volg dir gern, als ich sol.
- wir suln uns b^de des bewegen,
- mit rittern in ein föreis legen;
- und al die wile der tac da were,
- swer an uns ritterschefte gere, (3o)
- daz er der werd 'von uns gewert,
- swie er wil unde swie er gert.
- 183 Wir süln ez enbieten in diu laut. (64,1)
- wirt ez den rittern reht bekant,
- ir kümt vil maniger zuo uns dar,
- der liht die wile füer anderswar.
- ez ist reht in des mayen zit, (5)
- so i^slich ritter sich verlit
- ungern, ist er wol gemuot:
- da von ist ez ze gebieten guot.»
- 181, 5 Dietmar (IV. von Offenberg 1224—1265) wird von
- U. sehr oft erwähnt; er wird als tapfer gerühmt 289, 4. 1071, fg,
- als ge\yandt in der Tjost 914, 5 fg. U. ^ibt ihm als Konig
- Artus den Namen Guwdn (s. Namenverzeichniß).
- 182, 4 unter fureis stn. (Nebenformen fureiz, foreist, fores,
- forest, unser Fm^st^ wahrscheinlich auz dem franz. forest, foret)
- haben wir uns wohl einen Anger zu denken, der sich zu Ritter-
- spielen eignet. Die beiden Liechtenstein schlugen da zehn
- Hütten und ein Zelt auf (201, 5 fg.), die später (244, 1 fg.) ab-
- j^ebrochen werden. Von diesem in ein föreis legen und da auf
- Gegner warten (vgl. 552, 1) entwickelt sich eine/om« genannte
- besondere Gattung der Tjost, gewissermaßen ein Tjost-Ensemble ;
- daraus bildet sich dann das Verbum foresten. Vgl. Niedner,
- Turnier (s. zu 242, 5) S. 40. 86, und v. d. Hagen 4, 331, wo
- die bezeichnende Stelle aus Eccards thür. Landgrafengeschichte
- über den Ritter Waldmann von Setinstete (Sättelstädt).
- TUBNIER ZU FRIESACH 1224. 73
- 184 «Bruoder», sprach ich, «du hast war.
- nu sent du hin, so seilt ich dar!» (lo)
- die boten fuoren alzehant
- allenthalben in diu lant.
- dar kom vil manic ritter guot
- durch ere gernden rittersmuot;
- dar kom ouch maniges ritters lip (15)
- durch anders niht wan durch diu wip.
- 185 Diu zit was komen und ouch der tac,
- an dem der fürsten spräche lac.
- der herren boten riten dö zuo
- dort unde hie, spät unde vruo. (20)
- und nämen herberge in -der stat.
- des forsten Liupoldßs marschalc bat,
- des riehen da von (Esterrich,
- daz man da wsere gezogenllch.
- 186 6reherberget in die stat (25)
- Avart ieslich fürst, reht als er bat.
- gräven, frlen, dienestman,
- die ich iu wol genennen kan,
- beidiu arme unde rieh
- geherberget wurden ritterlich: (30)
- dise hie, jene dort,
- die in die mitte, jen an daz ort.
- 187 Si sint geherberget wol. (65,1)
- von reht ich iu nu sagen sol,
- wer herren zuo dem tage quam,
- und wem man herberg da nam.
- dar kom der fürst üz (Esterrich (5)
- und ouch der margräve Heinrich
- von Ysterich der wolgemuot:
- der het vor schänden sich behuot.
- 186, ^ frien schwacher Plural, nicht fne; das Wort wird
- als selbständiges Substantiv frie angesehen, welchem nach seinem
- Charakter mit auslautendem e schwache Flexion zukommt [als
- Subst. erhalten in: Freiin]. Die Freien, die Freiherren, im
- Bange unter den Grafen stehend, sind ihnen rechtlich gleich,
- wenn sie auch als Lehnsträger zu einem Höheren in ein Dienst-
- verhältnis treten.
- 74 TÜBNIER ZU FRIESACH 1224.
- 188 Dar koni der fürste von Kärnden lant:
- der was her Bernhart genant. (lO)
- dar kom der inargräve Diepolt
- von Voheburc; dem was man holt
- durch sine tugent: daz was reht.
- dar kom von Tyrol gräve Albreht,
- dar kom von Gorze gräve Meinhart, (15)
- der guot vor ^ren nie verspart.
- 189 Dar kom von Liubenoue ein degen,
- der künde gräven §re pflegen.
- von Heunenburc der milte man,
- der het ez vil ungeme län, (20)
- er waer mit rittern ouch dar komen.
- von im nie- bösheit wart vernomen.
- dar kom, der milte nie gewan,
- von Ortenburg gräve Herman.
- 190 Dar kom zewäre ouch gräve Uolrich (25)
- von Pfannenberc vil ritterlich.
- dar kom ouch der von Slüzelberc:
- der tet da ritterlichiu werc.
- von Tüfers Hüc der wolgemuot,
- der kom dar und tet ez da guot. (3o)
- von Schowenberc die brüeder sach
- man da liden ungemach.
- 191 Von Regenspurc des tuomes vogt (66,1)
- da ritterliche zwar in zogt:
- 188, 8 verspart könnte praes. sein, es ist aber auch praet.
- = verspürte von versparen swv., sparen, schonen; sonst könnte
- man auch an versparte praet. von versperren swv., verschließen,
- denken.
- 189 von Liubenoue, -owe, immer ohne Vornamen; s. K. 665;
- statt «Gurkerkreise» lies «Gräzerkreiseo. Haupt. — 3 von Heunen-
- burc (auch Hunenburc in Hs.), immer ohne Vornamen ; s. K. 666.
- — 8 s. K. 666.
- 190, 1. 2 gräve Uolrich von Pfannenberc Meiller 312**. —
- von Slüzelberc erscheint nur noch einmal, aber auch da ohne
- Vornamen; s. K. 666. — von Tufers Hüc (auch Tofers in Hs.)
- s. K. 666; in 270, 1 her Hüc von Tüfers, nicht gräve. — 7 die
- Brüder von Schowenberc nur hier; s. K. 666.
- 191, 1 Dieser Domvogt von Hegensburg, Otte (so ist statt
- Dite der Hs. zu lesen) von Lengenbach, gewöhnlich der von Z/.,
- auch der vogt von L. genannt oder wie hier und 754, 1 als des tuomes
- TUKNIEK ZU FRIESACH 1224. 75
- her Otte hiez er von liengenbach.
- dar kom her Liutolt von Pettach.
- dar kom von Sounecke her Cuonrät; (5)
- von Owersperc, der ritters tat
- dk tet. dar nach s6 kom ouch dar
- von Potensteine her Dietmar.
- 192 Fürsten, gräven, frien gar
- hän ich genant, swaz ir kom dar: (lo)
- nu nenn ich iu die dienestman.
- an einem muten heb ich an:
- der hiez her Hertnit von Ort,
- er dient mit milte süeziu wort.
- dar kom von Wildonie her Hertnit; (15)
- der warb umb ^re ouch alle zit.
- 193 Dar kom ouch der von Stubenberc:
- der het vor 6ren niender berc.
- dar kom von Muorekke her Reinpreht
- mit rittern vil: daz was sin reht. (20)
- vogt von Regensbure bezeichnet, spielt im Gedichte eine große
- Rolle; er bietet sich Ulrich, der Königin Venus, später (813, 1 fg.)
- als Marschall an; s. K. 674; ferner Meiller 333". — 5 die Hs.
- schreibt von achSnen hecke, L. danach Schoeneck, der Mann heißt
- aber nach 217, 1 von Sounecke; s. K. 668; ferner Archiv 19, 103;
- wahrscheinlich ist es derselbe, dem unter der Rubrik Von Suan-
- egge die Pariser Liederhandschrift drei Lieder zuschreibt. —
- 6 von Owersperc nur hier; s. K. 667. — 8 von Potensteine her
- Dietmar nur hier; Meiller 322**.
- 192, 4 an heben mit praep. an c. dat., nhd. von, mit einem
- anheben. — 5 her Hertnit von Ort erscheint noch einmal, aber
- ohne Vornamen: von Orte; bei K. nicht nachgewiesen; s. Pez
- 3, 3, 753 u. 6. Meiller 5, 336*. Archiv 22, 359. — 7 der Vers
- überladen, wenn nicht ausnahmsweise schwerer zweisilbiger Auf-
- tact angenommen wird; L. änderte Wildonie in Wildon und
- strich Acr, was aber nicht fehlen kann. Der Name Wildonie
- kommt sonst im Frauendienst nicht vor. Ueber die verschiedenen
- Namensformen, unter denen aber die heutige gekürzte Wildon
- nicht begegnet, in der Schrift von Kummer S. 1, Anmerkung.
- Der an unserer Stelle genannte Hertnit von W, gab Kummer
- Anlaß zum Bezweifeln der ganzen Geschichte vom Friesacher
- Turnier (s. unsere Einleitung).
- 193| 1 der von Stubenberc (Wölfing, Wulfinc) Meiller 133 u. ö.
- — 3 von Muorekke her Reinpreht s. K. 667; ferner Meiller 336^.
- 76 TURNIER ZU FRIESACH 1224.
- dar kom ouch her Ruodolf von Ras,
- der frl vor allen schänden was:
- er was milte, küene, guot,
- getriu, vil ritterlich gemuot.
- 194 Dar kom von Küngesperc ein hell: (25)
- so man die besten gar üz weit,
- der muoz er immer einer sin:
- daz wart da volleclichen schin.
- dar kom von Kranperc her Herman:
- der het des besten vil getan. (30)
- von Puten her Offe und zwen Heinrich,
- die dri dar körnen vil lobelich.
- 195 Von Truhsen Heinrich und her Kol, (67,i)
- die körnen böde dar vil wol.
- von Grseze hern Otten man da sach.
- sin bruoder da vil sper zebrach:
- her Ortolf so was er genant, (5)
- sin ritterschaft was wol erkant.
- dar kom von Wolkenstein ein degen,
- des lip kond ritterschefte wol pflegen.
- 196 Von Stir her Gundacker kom dar,
- und ouch sin bruoder her Dietmar. (lo)
- dar kom von Tanne her Eckehart:
- der het vor schänden sich bewart.
- Pez 3, 3, 726 u. o. Todtenb. v. S. Lambrecht 1, 31. — 5 Ruo-
- dolf von Ras (Rase) s. K. 667. Meiller 129 u. o. Todtenb. v.
- S. Lambr. 1, 122.
- 194 von Küngesperc, immer ohne Vornamen, s. K. 667
- Otto de K. nachgewiesen; ferner Meiller 324**. Pez 3, 3, 725 u. o.
- — 5 von Kranperc her Herman (ßranchsperc 249, 5) Meiller 324.
- Archiv 22, 355. — 7 von Puten her Offe und zwen Heinrich
- (714, 1 von Puten her Offe und her Heinrich) Meiller 323^.
- 195, 1 von Truhsen Heinrich und her Kol erscheinen nur
- hier; s. K. 667; ferner Meiller 427^ Pez 3, 3, 714 u. ö. —
- 5 (von Grceze) her Ortolf Meiller 155. Archiv 22, 354. — 7 von
- Wolkenstein (Ottacker) s. K. 677; ferner Meiller 342*».
- 196, 1 von Stir (Stire) her Gundacker und her Dietmar
- K. 667; ferner G. Pez 3, 3, 769. Meiller 340. — der Name
- Gundacker scheint specifisch österreichisch zu sein; in früherer
- Zeit, obwohl selten vorkommend, landschaftlich weiterverbreitet;
- s. Forstemann, Personennamen (1856) S. 562 unter Gundachar.
- — 3 von Tanne her Eckehart nur hier; Pez 3, 3, 715 u. ö. —
- TURNIER ZU FRIBSACH 1224. 77
- her Gundaker von Starkenperc
- tetunder heim da ritterswerc.
- von Nuzperc her Albreht dar quam (15)
- vil ritterlich, als ez im zam.
- 197 Von Küenringe her Hadmär
- präht m^r dann drizic ritter dar.
- dar kom von Gors her Wölfelin:
- der kund wol vrowenritter sin. (20)
- von Schoenkirchen man da hiez
- einen Otten, der daz niht liez,
- er verstseche da gröziu sper.
- dar kom von Antschowe her Rüedg^r.
- 198 Von Stouz her üolrich wart enein, (25)
- er unde der von Ottenstein,
- daz si dar koemen, daz ist war.
- von Schoenenberc hom her Hadmär.
- da was ouch der karge man
- von Hakenberc, der wunder kan. (30)
- von Kiowe hern Heinrich man sach
- under helmc ze Frisach.
- 5 her Gundaker von Starkenperc nur hier; Meiller 340. — 7 von
- Nuzperc her Albreht nur hier; Meiller 156, 14.
- 197, 1 Betonung nicht sicher; hier gibt sich Von Küenringe
- her Hadmur leicht ; in 823, 6 steht von Kuenringen min her Had-
- mur; vgl. 822,5. 1188,4. Die Betonung dreisilbiger Wörter
- auf 1. (langer) Stammsilbe und 3. (kurzer oder langer) Endungs-
- silbe bei U., was Knorr nicht im Zusammenhange beobachtet
- hat; er bringt S. 55 fg. nur einige Fälle unter die Kategorie
- der schwebenden Betonung. — 3 Wölfelin Kosename für Wolf-
- ker; von Gors (Gorse) her Wolfker, Wolfger erscheint später
- (752, 7) als der kamercere UJs in seiner Rolle als Königin Venus ;
- s. K. 675. — 5 Schoenkirchen y in 954, 5 Schoßnenkirchen. —
- 8 von Antschou her Rttedg^r s. K. 668; ferner Meiller 193, 83 u. ö.
- 198, 1 von Stouz her Uolrich s. K. 668; femer Meiller 339**;
- vgl. zu 217, 7.-2 der von Ottenstein {Otte v, 0. 887, 3) s. K-
- 668; ferner Meiller 336**. — 4 von SchtBnenöerc her Hadmar
- nur hier; Meiller 338 *». — 5. 6 die Bedeutung von karc (im
- Mbd. auch schlau, listig) ist die heutige, das beweist die Aus-
- ladung über diesen Hakenberc in Str. 888, der hier mit dem
- Vornamen Heinrich erscheint. S. K. 668; ferner Meiller 331*.
- — 7 von Kiowe her Heinrich, s. K. 670; ferner Meiller 324 (?).
- 78 TURKIER Zu FRIESACH 1224.
- 199 Nu Mn ich iu die gar genant, (68,i)
- die da für wären üz bekant,
- daz si gesellen solden hän.
- noch kom dar manic biderman
- durch sin eregernden muot: (5)
- dar kom ouch maniger durch daz guot,
- daz er trüwet gewinnen da
- mit eren baz dann anderswä.
- 200 Nu nenne ich iu die ritter gar,
- waz ir kom under schilde dar. (lo)
- der hochgemuoten überal
- was reht sehshundert an der zal.
- da körnen geistlich fürsten hin
- m^r danne zehen, üf den sin,
- si wolden daz urliuge fürder tuon (15)
- und machen ze einer stseten suon.
- 201 Herren unde ritter komen
- sint nü gar, als ir habt vernomen,
- mit hohem muote in die stat.
- alzehant ich slahen bat (20)
- für die stat verre üf daz velt
- wol zehen hütte und ein gezelt.
- da stiez man für hin unde her
- vier panir und fünfhundert sper.
- 202 Da lägen bi durch ritters muot (25)
- sehs unde drizic ritter guot.
- die heten alle sich bewegen,
- daz si durch frowen wolden pflegen
- ritterschaft nach ritters siten.
- von eteslichem küm wart erbiten, (3o)
- daz er vant sölhen ungemach,
- da sin haut sper durch lop zebrach.
- 199, 4 könnte heißen, daß sie nicht allein, sondern mit Ge-
- folge zum Turnier kamen , aber es soll hier offenbar ein Lob
- ausgesprochen werden. Deshalb ist L.'s geistreiche Conjectur
- daz 81 eilen solden hdn {eilen stn. , Muth, Tapferkeit, bei ü.
- 1014, 7) sehr annehmbar, aber doch nicht in den Text zu setzen;
- denn es kann auch heißen: die so tapfer waren, daß sie als
- Anführer auftreten konnten.
- TÜRNIEB ZU FEIESACH 1224. 79
- 203 Ir sült für war gelouben mir, (69,1)
- die naht wir lägen in der gir:
- wir gerten als diu vederspil.
- für war ich iu daz sagen wil:
- swer nn^er uns ritterschefte gert, (5)
- der wart des voUeclich gewert
- des morgens, do diu sunne üf gie:
- si zogten zuo uns dort unde hie.
- 204 Si zogten zuo jiö3 ritterlich
- mit maniger lichten toiir rieh. (10)
- gezimirt manger zuo uns reit:
- so gar diu heid ir sumerkleit
- hat an, s6n ist si niht so lieht,
- swie lieht man doch ir bluomen siht
- gewahsen durch daz grüene gras, (15)
- als da gezimirt maniger was.
- 205 Die gröier liefen hie unde da:
- si schriten: «wä nu, wä nu, wä
- ein ritter, der tyostyrens ger?
- der sol komen: herä, her! (20)
- hie stapfte vil manic ritter guot
- under helme hoch gemuot:
- die wellent ere, guot unde lip
- hie wägen durch di reinen wip!»
- 206 Dö wir si sähen zogen her, (25)
- unser wille und unser ger
- was zuo den örsen willeclich:
- wir säzen üf ouch muotes rieh.
- sich huob sä vil manic schoen puneiz.
- icsHch ritter sich da vleiz, (30)
- wie er den andern da sta&che nider.
- daz widerfuor ouch manigem sider.
- 207 Wol vierzic ringe oder me (70,1)
- da wurden, dar üffe manigem we
- wart von ritterlicher tat.
- wan ritterschaft unmuoze hat:
- 203, 3 wir waren begierig wie die Jagdfalken; dasselbe
- Bild mit vederspil stn. 957, 1. -^ 6 für des schlägt L. der vor
- mit Beziehung auf das vorhergehende ritterschefte; des bezieht
- sich aber im Allgemeinen auf das vorher Gesagte, speciell auf ^er».
- 80 TURNIER ZU FRIBSACH 1224.
- swel ritter ritterscheft wil pflegen, (5)
- der muoz sich muoze gar bewegen,
- ritterschaft git werdecheit
- mit maniger gi'özen arcbeit.
- 208 Diu ritterschaft wert al den tac.
- vil maniger da tyostirens pflac, (lo)
- der sin da vor e nie began:
- sich hetes ouch maniger abe getan,
- der ez da tet vil ritterlich.
- man sach da manigen muotes rtch:
- durch diu reinen, süezen wtp (15)
- da maniger zimiret sinen Üp.
- 209 Da wart nach ritterlichen siten
- des tages manic bein enzwei geriten.
- vil maniger s6 des hurtes pflac,
- daz er selb ander da nider gelac (20)
- üf der erden sinne lös.
- vil maniger so daz orse verlos,
- daz man in da von verre stach:
- der leit von spotten ungemach.
- 210 Den tac diu ritterschaft s6 wert, (25)
- daz ez der man vant, swie er gert.
- die stächen hie durch höhen muot,
- die andern dort wan umb daz guot:
- da tyostirt manges ritters lip
- durch anders niht wan durch diu wip: (30)
- so stächen die durch lernen da,
- Jen durch pris dort anderswä.
- 211 Diu ritterschaft wert al den tac. (71,1)
- vil drumzen üff der erde gelac.
- da wären ritter ouch gelegen,
- die nü gemaches muosten pflegen:
- da leid ouch maniger ungemach, (5)
- der die naht niht gerne sach.
- der tac was hin, diu naht was komen
- vil manigem müeden da ze fromen.
- 209, 7 da und von gehören zusammen: vom Rosse vet^e
- stach kurze, dem Zeugma ähnliche Wendung; stach, dal^ er
- weit herab fiel.
- TURnIeR zu FRIES ach 1224. 81
- 212 Si zogten in die stat zehant,
- da guoten gemach ieslicher vant. (lo)
- dö muosten rümen wir daz velt,
- wir fuoren sä in daz gezelt:
- da funde wir ouch guot gemach.
- von wären schulden man dö sprach,
- daz ez des tages het guot getan (15)
- vil manic minnengemder man.
- 213 Des tages ich mit miner haut
- für war vol drizic sper verswant
- vil ritterlichen unde wol.
- mtn lip der was gedanke vol: (20)
- ich gedähte, waz ich tsete da, '
- daz niemen hete ^ anderswä
- getan, und daz wsere ritterlich.
- da von was ich gedanke rieh.
- 214 Ich gedäht: «ich wil gar morgen fruo (25)
- mit stechen griffen aber zuo
- und wil mich danne fürder stein
- und wil daz vor den leuten heln,
- verholn üf jenen perc dort komen:
- daz mac an 6ren mir gefromen: (30)
- gezimirt ritterlichen wol
- mit minem schilt daz wesen sol.
- 215 Ich sol gezimirt grtiener sin, ' (72,i)
- ich selbe zwelft der knehte min:
- der sol icslicher füeren her
- in stner haut mit mir ein sper,
- und daz daz grüener varbe si. (5)
- 215, 1 grüener starke Flexion. Schoiibach njacht Zeitschr.
- 26, 314 Anmerk. darauf aufmerksam, daß U. sich als «König
- Mai» (w egen der Wahl der grünen Ausrüstung) verkleidet habe.
- Wenn er das aber beabsichtigte, dann hätte er sicher noch ein
- Emblem, etwa eine Krone, oder Blätterschmuck dazu genommen.
- Die Farbe kann auch symbolisch den hoffnungsreichen Frauen-
- ritter kennzeichnen. — 2 der knehte gen. plur. «auch bei dem
- mit Ordinalien verknüpften selbe findet sich der Gen. pl. ein.»
- Gr. 4, 745. — 5 varbe statt varwe; das ist bairisch-osterreichisch,
- s. Weinhold, bair. Gr. §, 125; mhd. Gr. 2, §. 160; ebenso
- maienvarbiu 234, 6 und so noch oft b für w. —
- Ulrich von Liechtskstein. I. A
- 82 TURNIEK ZU FEIESACH 1224.
- ez sol ouch grüene sin da bi
- ir cleit und ouch der pferde dach.»
- ich schuof, daz ez also geschach.
- 21 G Des andern morgens fro und vruo
- die hüchgemuoten zogten zuo. (lo)
- dö was ouch ich vil fruo bereit
- von minem Schilde in wäppencleit.
- die wären gar nach meistersiten
- von minem schilde wol gesniten.
- gezimirt was min heim wol. (15)
- daz herze min was freuden vol.
- 217 Von Souneke her Kuonrät -
- von mir alrßrst bestanden wart,
- dar nach her Liutolt von Petach
- mit mir vil ritterlichen stach (20)
- von Ktingesperc der biderb man
- mich rand ritterlichen an.
- dar nach von Steunze her Uolrich
- mit mir ouch stach vil ritterlich.
- G sol deutlich in Hs., L. las sul und corrigierte suln.
- 216, 1 fro und vruo zwar seltsam, aber doch denkbar; die
- Correctur L.'s fruo und vrwo, Verstärkung durch Wiederholung
- (sehr früh) nicht nöthig. — 5 bereit wegen des folg. Acc. in
- nappencleit part. = bereitet, gekleidet. — 4 von mtnem schi/de,
- GenetivbegrifF: meines Wappens; das W^appen kann auch unter
- Umständen auf dem Sanier ausschließlich enthalten sein. —
- wappencleit und der folg. Plural (die statt diu) deutet darauf,
- daß nicht blos der Waffenrock gemeint ist, der auf dem Leib
- getragen wird; es ist auch die Pferdedecke darunter verstanden ;
- vgl. 219, 1. — 6 von minem schilde, hier: von meinem Schilde
- ab, nach m. Seh., wie nach auch in 231, 5 steht; der Schild ist
- das Vorbild. — unter gesniten ist nicht der äußere Schnitt ver-
- standen, der Ausdruck ist allgemeiner: durch Schneiderkunst
- verfertigt. Es bezieht sich auf die nach dem Wappenbilde aus-
- geschnittenen und auf Rock und Pferdedecke aufgenähten
- Figuren. Zahlreiche Abbildungen von solcher Harmonie zwischen
- Schild (W^appen) und Bekleidung bei Schultz, höf. L , z.B. Bd. II.
- S. 43. 49. 54. 56. 57 und die folgenden. — 7 heim ivol, s. Knorr S. ßO.
- 217, 1. 2 unreiner Reim von seltener Art, s. Knorr 28. 51.
- — 7 vorher 198,1 von Stouz; andere Formen neben Steunze
- sind Stentz 887, 1. Steutz 1072, 5.
- TUBNIEß ZU FKIESACH 1224. 83
- 218 Uf disen vieren ich verstach (25)
- driuzehen sper. dö daz geschach,
- dö slöz ich mich in min gezelt,
- verholne rümet ich daz velt.
- ich rant hin üf den berc zehant,
- da ich vil schön bereite vant (30)
- miniu grüeniu wäppencleit:
- diu wurden schier an mich geleit.
- 219 Min wäppenroc, min decke was (73,1)
- von samit grüen als ein gras,
- min schilt, min heim was grüen gar
- und miniu zwelf sper grüen gevar,
- min knehte grüen, ir pferd alsam: (5)
- ein grüenez sper ich selbe nam
- mit hohem muot in mine haut:
- ich reit, da, ich tyostiren vant.
- 220 D6 ich den perc reit hin zetal,
- die gröier riefen überal: (lO)
- «wä nü ein ritter, wä nu, wä?»
- des was unnöt: wan ich vant da
- wol hundert ritter oder m^,
- die täten alle ein ander we
- mit ritterlicher arcbeit. (15)
- mit grözem schalle ich zuo in reit.
- 221 Daz niemc» da erkande mich, f
- des freut min tumbez herze sich.
- ez kom gein mir der bruoder min:
- der sprach: «ich sol der ^rste sin, (20)
- 220, 2 groier von L. mit Recht ergänzt. Die groier (diese
- Form nach 205, 1), grogircere 243, 7 (kroicBre, kroijiercBre, kn-
- irer u. a. m.) sind die Ausrufer (von krUn, franz. crier), die
- Herolde, welche das Turnier ansagen, den Beginn desselben
- mit Ausrufen begleiten, die Kämpfer durch Zurufe anfeuern,
- Waffen und Kosse zum Ersatz bereit halten und überhaupt sich
- beim Turnier oder in der Schlacht dienstbar erweisen mußten ;
- 8. Schultz, hof. L. II, 105, wo auch noch andere Pflichten und
- Befugnisse der Ausrufer erwähnt werden.
- 221, 1 wir haben uns U. in geschloßenem , das Gesicht
- verbergendem Helm zu denken. Geschloßene Helme kommen
- erst Ende des 12. Jhds. auf. Viele Abbildungen bei Schultz,
- hof. L. II, 54 fg.
- 84 TURNIER ZU FRIESACH 1224.
- den ir bestät hie, ritter guot.
- ez ist min ger, daz ir daz tuot. »
- ich swaic und wände von in dan,
- da mich bestuont ein biderb man.
- 222 Der was von Tüfers Hüc genant: (25)
- er fuort ein sper in siner hant.
- er und daz sper was. wunnecllch
- gezimirt, er was muotes rieh.
- diu tyost wart ritterlich geriten
- und vaeln bedenthalp vermiten. (3o)
- er traf mich an daz coUir min,
- und ich in an den heim sin,
- 223 Die sprtzeln harte höhe flugen. (74,1)
- diu leute zuo durch schouwen zugen.
- er und ich wol zehen sper
- verstächen, indes kom dart her
- von Ktienringe her Hadmär: (5)
- des zimir was von golde gar,
- er was ein edel ritter guot.
- ich k^rt gein im durch hohen muot.
- 224 D6 ich in sach so vaste komen,
- min orse mit sparn wart genomen. (lo)
- 222, 6 vcelen swv., fehlen, verfehlen, als ritterlicher Ter-
- minus: am Ziele bei der Tjost vorbeistechen; hier stn. snbst.
- inf., als Verbum mit gen. öfters bei U., z. B. 702, 5. 858, 7. —
- 7 collir (colUery auch gollier) stn., die Halsbedeckung [vgl. die
- Zwillingswörter Koller (Lehnwort) und Collier (Fremdwort)].
- Das collir f entsprechend dem deutschen halshercy in der Be-
- deutung aber nicht durchaus mit ihm übereinstimmend (s. zu
- 14:01, 1), ist ein besonderes Stück der Rüstung, aus dem später
- der Halskragen hervorging ; es bedeckt als feste, von Zeug oder
- Leder gesteppte Binde den Hals und wird entweder unter dem
- Panzerhemd oder darüber getragen; in älterer Zeit wohl vor-
- zugsweise unter dem Panzerhemd, da wir es auf den Bildern
- nicht angedeutet finden. Daß das collir aus Ringen bestanden
- habe, wie San Harte «Zur WafFenkunde des d. Mittelalters»
- (Quedlinburg u. Leipzig lb67) S. 58 angibt, ist aus deutschen
- Quellen noch nicht sicher belegt; vgl. zu 859, 4.
- 223, 6 zimir (zimier) stn., Hehnschmuck (vgl. 216, 7; 230, 7;
- IC 05, 2), hier wird nur der StofT, nicht die Form erwähnt;
- vgl. zu 853, 3 fg.; 997, 5 fg.
- TURNIER ZU FRIESACH 1224. 85
- mit willen wir zesamen triben:
- diu sper ouch da niht ganz beliben,
- ze stucken si vil deine stuben.
- die Schilde sich vil gar zecluben:
- von dem hurte daz ergie; (15)
- an ander ruorten sich diu knie.
- 225 Diu tyost äne schaden niht geschach.
- sin haut mich in den arm stach:
- ich wart von im ein lüzel wunt.
- daz wart im noch da niemen kunt: (20)
- mich huop diu wunde vil unho.
- wir ruoften bedenthalp also:
- «sperä, herre, sperä sperl
- diu sint enzwei: andriu her!»
- 226 Diu gab man uns vil palde dar. (io)
- bi mtner höfscheit, daz ist war,
- uns was zesamen beden ger.
- in kurzer zit wir siben sper
- zebrächen: der verstach er driu,
- und ich mit miner hant vieriu, (3o)
- daz ich gevaelt nie tyostc da.
- dö band er ab den heim sä.
- 227 D6 kom gein mich ein degen her, (75,1)
- von Gors der stieze her Wolfger,
- den man ofte vrowen dienen sach;
- üf dem ich zwei sper verstach,
- und er üf mir zwei ritterlich. (5)
- er was vil höher tugende rieh.
- 225, 4 die ältere Sprache begnügt sich mit einem noch ;
- noch und niemen doppelte Negation, die sich nicht aufhebt. —
- 7 das enklitische Interjections-a, meist bei Imperativen, tritt
- selten an Substantive; bei U. noch öfters sperd; ferner krachd
- 533, 5. stozd (?) 644, 8. (Zingerle, Germ. 7, 264.)
- 226, 3 zesamen mit Verbalellipse: zu kommen oder zu strei-
- ten. — 6 zu beachten die Betonung: hdnt vierm.
- 227, 1 gein mich acc, ungewöhnlich, aber Aenderung mit
- L. in mir nicht geboten. — 2 wegen des folg. Verses könnte
- iueze adj. falschlich in heutiger Bedeutung: süß, süßlich ge-
- nommen werden ; süeze, auch von Männern, auch von Gott und
- Christus gesagt, ist: angenehm, freundlich, lieb.
- 86 TURNIER ZU FRIESACH 1324.
- im wären die besten alle holt.
- dar nach bestuont mich her Liupolt:
- 228 Der was von Lengenburc genant
- und bi der Sonne wol erkant. (lo)
- dem stach ich ab den heim sin.
- da päten sä die knappen min
- die ritter alle stille haben.
- man sach mich ab dem veld draben.
- daz Volk dö allez nach mir reit: (15)
- daz was mir herzenlichen leit.
- 229 Do kom der margräve Heinrich,
- der höchgelobt von Ysterrich:
- er sprach: «lät disen ritter varn
- von iu, daz in got mtieze bewarn, (20)
- swar er s6 welle in daz lant.
- er wil uns wesen unbekant:
- Sit ez des beides wille si,
- s6 lät in nächrttens frt.»
- 230 D6 der fürste daz gesprach, (25)
- ich rait hin, da mich niemen sach.
- min lip vil pald entwäppent sich
- von grüenem wäppen; dar nach ich
- gezimirt anders wider kam.
- den schilt min ich ze halse nam: (3o)
- gezimirt was min heim guot,
- als ich in fuort durch höhen muot.
- 231 Daz velt was allez ritter vol. (76,i)
- ez tet da maniger also wol,
- 230,5 zimierenswy. ist im Allgemeinen: ritterlich schmücken,
- im Besondem : den Helm mit dem Zimier (325, 5) versehen , in
- der Mitte liegt die wohl hier geltende Bedeutung: sich und
- unter Umständen auch das Roß mit dem bestimmten zukommen-
- den oder gewählten Waffenschmuck ausrasten. Deutlich in
- 23], 5, daß der Schild, das Wappen das Maßgebende des
- Schmuckes ist; vgl. 834, 6. — 6 den schilt ze halse nemen (sel-
- tener hähen), ritterlicher Terminus : die Schilde wurden mit einem
- Riemen um den Hals getragen, so daß der Riemen über die
- rechte Schulter zu liegen kam. Die zu 216, 6 genannten Bilder
- meist auch hierzu instructiv; besonders deutlich S. 73.
- TURNIER ZU FRIESACH 1224. 87
- daz ich ez harte gerne sach.
- des äbents ich sehs sper verstach,
- gezimirt nach dem schilde min. (5)
- dö endet sich des tages schin:
- daz ritterspil nam uns diu naht
- mit ir vil vinsterlicher mäht.
- 232 Daz velt wart allez ritter bar.
- si zogten her, si zogten dar, (lo)
- da ieslicher vant gemach.
- vil manigem man do wol da sprach,
- der ez des tages het versolt,
- mit hertter ritterschaft erholt:
- des ^re wart von rehte breit, (15)
- von schulden hoch sin werdicheit.
- 233 Ob ich si nante sunderlich,
- die ez da täten ritterlich,
- so wurd daz msere gar ze lanc. f.\
- vil maniger da nä,ch eren ranc (20)
- also, daz er vil ir gewan.
- da was vil manic biderb man:
- durch zuht ich gib des schuldic mich,
- ez tet da, maniger baz denn ich.
- 234 ledoch dö ez vol umbe gie, (25)
- ez fragten jene dise unde die:
- «waiz iemen, wer der ritter was,
- der hiute grüen alsam ein gras
- zuo uns her ab dem perg reit?
- sin maienvarbiu wäppencleit (3o)
- diu wären d^swär wunneclich:
- er mac wol sin des muotes rieh.»
- 235 Des frägens wart zcwäre vil, (77,i)
- da von ich nim^r sprechen wil.
- sä an dem dritten morgen fruo
- die biderben griffen aber zuo
- mit ritterlicher arcbeit: (5)
- si würben umbe werdicheit.
- 233, 5 Umstellung ir vil von L. vorgenommen; allerdings
- beßer, aber nicht nöthig. — 8 diese Bescheidenheit U.'s spricht
- für seine Wahrheitsliebe.
- 88 TUBNIER ZU FRIESACH 1224.
- als noch der ere gernde tuot.
- da was vil manic ritter guot.
- 236 Bi miner wärheit ich iu sage:
- diu ritterschaft wert zehen tage, (lo)
- daz niemen anders niht da pflac.
- vil manger nider da gelac:
- mit orse mit alle daz geschach.
- den andern dort man da nider stach
- von dem orse verre hin. (15)
- man vant da llust und oueh gewin.
- 237 Der fürst Liupolt üz (Esterrich
- der sprach: «mich müet daz endeclich,
- sul wir niht anders schaffen hie
- wan stechen, ich kom drumh her nie. (20)
- einen tac ich her gemachet hän
- und wolt den haz gern understän,
- den der von Kärndcn staeteclich
- hat wider margräve Heinrich.»
- 238 Von Agley der patriarc (25)
- sprach: «diu kost ist hie ze starc.»
- von Babenperc der bischof sprach:
- «deswär ez ist mir uugemach,
- Stil wir also umb sus hie sin.
- mich bat her komen der bruoder min: (30)
- ich meine den margräven wert
- von Ysterrich, der min her gert»
- 239 Von Salzpurc der guotes rieh, (78,1)
- von Brihsen der bischof Heinrich,
- 236) 2 diu demonstr., diese Ritterschaft, die am dritten
- Morgen, also am 8. Mai begonnen, währte 10 Tage, also bis
- 12. Mai inclusive; faßt man diu als bloßen Artikel, dann dauert
- die Ritterschaft, die vom 1. Mai anhob, nur bis zum 10. Mai,
- wie L. gerechnet hat. Dieser 10. Mai ist 1224 ein Freitag.
- 237, 8 margräve steht rein titular ohne Flexion, sonst müßte
- es margrdven heißen.
- 238, 1 Von Agley der patriarc {h. patriarc unnothig); s. K.
- 669. — 3 von Bahenherc der bischof: es ist Bischof Ekbert;
- s. Scherer, Anzeiger 1, 250.
- 239, 1 von Salzpurc: Eberhard H; s. K. 669. — 2 ro«
- Brihsen der bischof Heinrich; s. K. 660. —
- TURNIER ZU FRIESACH 1224. 89
- von Pazzawe bischof Rüedegdr,
- von Frtsinge ein fürste her,
- die viere wären ungemuot (5)
- da von, daz si da muosten guot
- zern umb unser üppicheit:
- daz was in wol von schulden leit.
- 240 Swaz bischöf was da in der stat,
- der icslicher vil tiure pat (lo)
- den ftirsten da, von (Esterrich,
- daz er ez schüeffe endelich,
- dar urabe er wsere komen dar.
- si jähen: «ez ist ein tumpheit gar,
- daz wir umb sus nu ligen hie: (l5)
- sin mac verdriezen dise unde die.
- 241 D6 sprach der fürst üz (Esterrich:
- «ir sült mir raten endelich
- und sprechet, wie ich dar umb tuo.
- ich kan si pringen niht dar zuo, (20)
- di ich da bi doch haben sol.
- in tuot diu ritterschaft s6 wol,
- daz ich si ab dem velde her
- niht bringen kan, swie ich sin ger.»
- 242 Dö sprach der fürste sä zehant (25)
- (ich meine den von Kärndenlant) :
- «ich wil hie raten einen rät:
- ich weiz wol, da mit ez hat
- ein ende: wir süln turniren hie.
- min lip in zehen jären nie (3o)
- 3 von Pazzawe bischof Rüedeger: im Verzeichniß der Namen
- setzt L. in Klammem hinzn: «1224: sollte heißen Gebehart».
- Die Benennung Rüedeger beruht wohl anf einem Gedäclitniß-
- fehler U.'s. — 4 von Frtsinge: Bischof Geroldus; s. K. G69.
- 242, 5 turniren (so in Hs., nicht -4eren) swv., wesentlich von
- tjostiren verschieden. Das Turnier (der turnet/, turnay, franz.
- tournoi von tomare) ist eine Ritterattaque theils zur Üebung
- (36, 5), theils zur Lust (andere Motive Strophe 210). Es unter-
- schied sich von der tjoste, dem Einzelkampfe mit der Lanze,
- dadurch, daß in ihm Schaar gegen Schaar anstürmte. Insofern
- ist es gleich dem buhurt, ist aber von diesem wieder dadurch
- verschieden, daß mit (stumpfen) Waffen, namentlich mit der
- 1)0 TÜHNIER ZU FRIESACH 1224.
- durch schimpf com in dehein wäpencleit:
- daz wirt hie an von mir geleit.»
- 243 Dem ftirsten wart gevolget dö: (79,1)
- des rätes wart vil maniger fro:
- daz tyostiren man do läzen bat. (5)
- do hiez man künden in der stat,
- ez was der grogiraere sage,
- der turney >vürd an dem mäntage.
- 244 Dö nam ich abe hütte und gezelt:
- mit freuden rümte wir daz velt, (10)
- mit hohem muot wir zogten dö
- hin in die stat und wären frö,
- daz der turney solde sin.
- sä mit pfelle paldektn,
- zobel, härmin, zendäl: (15)
- des sneit man da vil äne zal.
- 245 Silber, golt, vil wol geleit
- üf zendäl, da manger sneit.
- swer des alles niht mohte hän,
- den sach man sniden pukerän. (20)
- Lanze, losgegangen wurde, während es beim Buhurt auf den
- Anprall, namentlich mit den Schilden, ankam; es ist also ge-
- wissermaßen eine Verbindung von tjoste und buhurt. Ueber das
- Turnier handelt die in der Einleitung genannte Schrift von
- Felix Niedner, in der U.*s Dichtung als eine Hauptquelle heran-
- gezogen wird, in genauester Weise. S. auch Schultz, höf. L. 2,
- S. 90 fg.
- 244, 6 — 8 pfelle stm. , feiner Seidenstoff (von pallium). —
- paldekiUf haldekin stm., ebenfalls ein kostbarer Seidenstoff (von
- Bagdad), meist ein Brokatgewebe (daraus: Baldachin, Thron-
- himmel). — mit konnte heißen: zugleich mit, sowohl als auch;
- aus dem Anfang der folg. Strophe scheint aber hervorzuheben,
- daß pfelle als der Grundstoff galt, der mit dem noch kost-
- bareren paldekm und mit edlen Pelzen {zobel, härmin, Herme-
- lin) und zendäl, einem leichteren glänzenden Seidenstoff, aus-
- geputzt wurde. — aniden sty., hier zur Bedeutung erweitert:
- für den Anzug verwenden (s. folg. Strophe).
- 245, 4 pukerän, buckerdn (franz. boucaran) stm. wird ver-
- schieden erklärt; mhd. Wb. I, 276: aus Ziegenhaaren gewebtes,
- bald mehr, bald minder kostbares Zeug; mhd. Hdwb. I, 377:
- TURNIER ZU FRIESACH 1224. 91
- sich zimirt diser, jener s6.
- den turnay liiez man teilen do:
- da wurden ritter zuo gewegen,
- die guoter witze muosten pflegen.
- 246 Der turnay wart vil lobelich (25)
- getaylet. der von (Esterrich
- het da zwir fünfzic ritter guot:
- die wären ritterlich gemuot.
- zuo dem geviel der 6re holt:
- daz was der margräve Diepolt. (30)
- der het dar wan zwelf ritter bräht:
- die hetew üf gewin gedäht.
- steifes aus Ziegen- oder Bockshaaren gewebtes Zeug; Weinhold,
- Die deutschen Frauen in dem Mittelalter S. 419: «... Buckeram,
- ans Ziegen- oder Bockhaaren gewebt, woher sein Name kommen
- soll» und S. 430 wird er ausdrücklich als Wollenstoff bezeichnet.
- In der 2. Auflage (1^82) 2, 241: «der Bnckdran der höfischen
- Zeit wird als Gewebe aus Bock- und Geißhaaren erklärt ; frei-
- lich auch als Zeug aus Bokhara» (mit Verweis auf eine Er-
- klärung von Fr. Michel). Schultz, höf. L. 2, 268 verweist eben-
- falls auf Michel und erklärt : «ein Baumwollenstoff aus Bukhara,
- kann aber unmöglich so dünn wie Musselin gewesen sein, da
- man sonst schwerlich Hosen oder gar Zelte daraus gefertigt
- hätte.» Aus unserer Stelle geht die Beschaffenheit des Stoffes
- nicht hervor, sondern nur sein geringerer Werth im Vergleich
- zu den vorher genannten Kostbarkeiten. — 6 den turnay teileiiy
- ferner 1568, 5, auch en^wei, in zwei Theile, teilen (254, 2. 365, 4.
- 1572, 5 fg.), ritterlicher Terminus: zwei Parteien, und zwar an
- Zahl und Kräften gleiche Parteien, bilden. Die folgende genaue /
- Schilderung ist eme der Hauptstellen für dieses Verfahren. ,
- Schultz 2, S. 114 rechnet nach und gelangt zu dem Resultat,
- daß auf Seite des Oesterreichers 397, auf der des Markgrafen
- von Istrien nur 300 Mann standen. Schultz aber hat sich ver-
- rechnet (zwir fünfzig 246, 3 = 100, nicht 200; zweinzic unde
- drt 247, 6 = 23, nicht 20); es sind, wie Niedner S. 82 richtig '
- angibt, auf beiden Seiten genau 300 Ritter. Nicht alle genann-
- ten Freien sind beim Turnier mit Rittern betheiligt; einzelne
- alte Herren mögen fern geblieben sein, andere sich als Gesellen
- einem Fürsten angeschloßen haben. Letzteres erhellt aus der im
- Folgenden erwähnten Betheiligung, auf die im Einzelnen hin-
- gewiesen werden soll.
- 246, 5 holt adj. subst. = holde, — 6 der margruve Diepolt
- (von Voheburc)', s. K. 669; er starb 1226.
- 92 TURNIER ZU FRIESACH 1224.
- 247 In dem tayl was gräve Albreht (80, i)
- von Tyrol, des lop ie was sieht.
- cz het der edel gräve h^r
- da vierzic ritter und niht mer.
- von Tüfers Hüc der schänden fri (5)
- het zweinzic ritter unde dri,
- die wol nach ßren würben da:
- daz täten si ofte ouch anderswä.
- 248 Ich sag iu reht, als ich ez sach:
- ez het der vogt von Lengenbach (lo)
- da zw6n und zweinzic ritter guot:
- die wären ritterlich gemuot,
- der tuomvogt was guotes rieh:
- des zimirt er vil köstelich
- sich unde sin gesellen gar. (i5)
- die wären alle lieht gevar.
- 249 Von Muoreck den riehen man
- sach man da vierzic ritter hän. •
- von Küenringe her Hadmär
- het einen und drizic an der schar. (20)
- von Cranchsperc den herren Herman
- sach man da zweinzic ritter hän.
- von Gorse der milte Wolfger
- het da zwelf ritter und niht mer.
- 250 Die ritter hän ich ze einer sit (25)
- gar genant, als höfsch ir sit,
- durch iwer zuht so hoeret mich
- die andern nennen: daz tuen ich.
- daz eine was von Ysterrich
- der wol bekant marcräve Heinrich (30)
- (der het vor schänden sich behuot)
- het da gar sehzic ritter guot.
- 251 Da het der fürste üz Kämdenlant (81,0
- reht fünfzic ritter wol bekant.
- dar nach so hoeret, wie da si
- von Gorze der gar schänden fri,
- der im untugent nie gedäht: (5)
- 251, 5 denken, gedenken swv. mit refl. dat. (im) und gen.
- der Sache (untugent), auf etwas seine Gedanken richten.
- TUKNIEK ZU FRIESACH 1224. 93
- der het dar fünf und fünfzic präht.
- von Hiunenburc den muten man
- sach man da zwen und drizic hän.
- 252 Yon Liubenouwe der wolgemuot
- het fünf und zweinzic ritter guot (10)
- von Bairen und von Franken bräht. '
- dem biderben dem was des gedäht,
- daz imz des tages tet niemen vor.
- sin lop was in der £ren tor
- von sinen höhen tugenden komen: (15)
- man liez in dal mit den vromen.
- 253 Von Ortenburc gräve Herman
- der wolt ir da niht mere hän
- wan zwir vier ritter lobelich.
- von Orte der vil tugentrich (20)
- der het sehs uude drizic da:
- er het ir oft mer anderswä.
- von Stubenberc der werd Wölfinc
- bräht vier und drizic an den rinc.
- 254 Nu hän ich iu den turnay (25)
- mit roten rehte gar enzvvei
- geteilet, als ez doch ergie.
- nü sült ir gern beeren, wie
- die biderben zogten üf daz velt.
- da vant vil manger ritters gelt, (oo)
- dd vant ouch manger ritters schaden:
- der beider wurden si geladen.
- 255 Des msentages, dö der tac üf gie, (82, i)
- man diente got dort unde hie.
- dö man die messe gar gesanc.
- 252, 6 Kre hier personificiert , darum schwache Flexion
- Eren statt fcVe; sein Ruhm war durch seine Vorzüge in das
- Haus der Frau Ehre gelangt; seine Tüchtigkeit hatte ihn be-
- rühmt gemacht. — 8 Bech vermuthet: man liez in in (ihn hinein,
- in der Ehre Thor) da etc.
- 254, 2 mit roten rehte, in der richtigen Weise der Rotten,
- der einzelnen Schaaren.
- 255, 1 fg' an den Montagen pflegten die Turniere zu be-
- ginnen, und vor dem Beginn mußten die Theilnehmer die Messe
- hören; s. weitere Belege Schultz, höf. L. 2, S. 114, Niedner
- Turnier S. 81.
- 04 TUBXIER ZV FRIESACH 1224.
- von knehten huob sich gröz gedranc
- in den gazen über al. (5)
- von pusünen wart michel schal,
- holer floiten, hornesdöz,
- sum&erslahen was da gröz.
- 256 Die grögirsere wären frö,
- si riefen dort und hie also: (lo)
- «nu zogt üz, ritter jedel guot,
- nu zogt üz und sit hochgemuot,
- nu zogt in hohem muote dar:
- des nement der vrowen boten war.
- nu zogt mit freuden üf daz velt! (15)
- da lit der minnengernden gelt.»
- 257 Mit schalle wir zogten üz der stat.
- ie?slich rotmaister tiwer bat
- die sinen vil vaste üf sich sehen.
- er sprach: «uns mac wol pris geschehen, (20)
- welle wir hiut bi einander sin.
- daz habt ir üf die triwe min.
- lät ir iuch underdringen niht:
- da von iu benamen wol geschult.»
- 255, 7 holer floiten (nach Hs. in zwei Worten, nicht hokr,
- flutten (wie L. schreibt; dagegen 664, 5 holer fluyten) ; es könnte
- auch holerfloiten (so 1560, 2) geschrieben sein wie hornesdoz
- (L. hornes d.). Ich faße floiten in Congruenz mit slahen als inf.
- snbst. (vgl. holrebldser 485, 1): das Flöten, Pfeifen, Blasen.
- holer, holre (holder, holnder, holunder) stm. , Hollunder; auch
- übertragen ein Blasinstrument aus Holunder, also auch eine Flöte ;
- holerfloiten, Flötenblasen. (Wäre hornes doz in zwei Worten ge-
- schrieben, dann könnte doz auch Subst. zu holerfloiten gen. pl..
- sein: Schall von Holunderflöten). — 8 sumberslahen (L. sumersL)
- nach Hs. ; sonst geschrieben sumber) stn. subst. inf.. Trommel-
- schlagen, sumber stm. (485, 2), Pauke, Handtrommel (Etymologie
- unsicher). Die Trommeln waren nach den Bildern zu schließen
- (s. z. B. Schultz, höf. L. 1, S. 437) dem Tambourin ähnlich,
- wurden um den Hals getragen und lagen höher auf der Brust
- als später, wo sie auf den linken Unterleib kamen oder über
- das Handgelenk des linken Armes.
- 257, 2 rotmeister stm., Anführer der einzelnen Rotten; im
- Folgenden werden einzelne aufgezählt, die schon vorher als An-
- kömmlinge mit der bestimmten Anzahl von Rittern genannt
- waren, wie der von Stubenberc , Hadmar von Kuentinge.
- TURNIER ZU FRIESACH 1224. 95
- 258 Nu wären üf daz velt bekomen (25)
- in hohem muote gar die fromen.
- des was daz velt vil wunneclich
- von maniger liehten panir rieh.
- man sach oueh da manic liehtez sper,
- gevärbet nach der ritter ger. (30)
- gezimirt da manic heim guot
- vil schone was durch höhen muot.
- 259 Der helmc blic, der schilde schin (83,1)
- da manigem in diu ougen sin
- s6 lühte, daz er küm gesach:
- von lichter varbe daz geschach.
- ir zimir und ir wäpencleit (5)
- mit lichte da mit der sunne streit.
- daz velt was lichter varbe rieh
- und ir zimirde wünnecltch.
- 260 Diu malte vaste gie entwer,
- sus unde s6, hin unde her: (lo)
- 2oS,4i panir, meist banir(banier, baniere) stf., Banner, Panier,
- die am Speer unterhalb der Spitze befestigte Fahne mit dem
- Wappen des Trägers oder des Herrn, dann der Speer mit der
- Fahne. Die Formen wechseln. Im 12. und 13. Jhd. ist das
- "Wappen am oberen Theile angebracht (gemalt, gestickt oder
- aufgenäht), der untere manchmal bis auf den Handgriff und noch
- weiter reichende Theil ist ein- oder zweimal ausgeschlitzt. Ab-
- bildungen bei Schultz, höf. L. 2, S. 23. 26. 43. 50. 54. 57. 64.
- 71, 74. Daneben kommen aber auch nicht geschlitzte Fahnen
- vor, die aber z. Th. schon in das ausgehende 13. und in das
- 14. Jhd. weisen: S. 30. 49. 75. 88. 89. Später fällt dann der
- Wimpel ganz weg, das Fahnenzeug wird kleiner, beinahe quadrat-
- förmig und wird vom Wappen ganz ausgefüllt. Lehrreich sind
- hierin die . Bilder des Codex Balduini Trevirensis. Vgl. zu
- 569, 1. 958, 5.
- 259, 8 zimirde stf. in der Bedeutung = zimir. U. wendet
- das Wort selten an; im Reim für ihn so gut wie unbrauchbar.
- 260, 1 malte stf., im Ganzen seltener ritterlicher Terminus
- (bei U. nur noch einmal 1590, 5, s. d.), franz. meslee; (\ie Er-
- klärung der Wörterb. : hitziges Gefecht nicht bestimmt genug.
- Beßer mit Niedner S. 13:' das Gedränge. Nach unserer Stelle
- auch: das vor dem Beginn des Kampfes stattfindende Hin- und
- Herwogen der Schaaren. Nach Niedner S. 44 ist 7nalie in der
- Bedeutung dem buhvrt gleich.
- 96 TURNIER ZU FRIESACH 1224.
- die biderben Uten ungemach.
- dort über velt man stapfen sach
- den von Stubenberc dort her:
- die sine fuorten alle sper,
- swaz ir was an einer schar. (l5)
- gein den s6 k^rt her Hadmär
- 261 Von Küenringe der höchgemuot:
- der was ein edel ritter guot.
- hurtä, wie erz des tages ruort,
- dö er sach, daz man gegen im fuort (20)
- durch tyostiren s6 manic sper!
- daz was vil gar sins herzen ger.
- er sprach ze den sfnen alzehant:
- «nempt alle sper ouch in die hant!
- 262 Wir suln den turnei mit den spern (25)
- hie heben schon, sit si sin gern.
- habt iuch zesamen: daz ist iu guot!
- si sint vil ritterlich gemuot,
- die uns da wellent hie bestän.
- ir sult für war daz üf mir hän, (3o)
- von rehter wärheit ich ez weiz:
- hie wirt ein ritterlich puneiz.
- 261, 3 rueren swv., Terminus der Reitkunst: das Roß an-
- treiben und lenken, ansprengen ; es könnte auch ohne Obj. heißen :
- wie er ruort (= ruorte); ez steht nicht als Ersatz für ros, son-
- dern ist allgemeines Object (vgl. es treiben, es machen). —
- 5 durch tyostiren: auch die tyoste, der Angriff mit dem Speer ge-
- hört zum turnei; vgl. 262, 1 fg.
- 262, 2 gern 3. pers. pl. conj. praes. von gern swv. mit gen.
- (stn) ^ begehren. — 3 für nu beßer mit L. iu. — 6 /// einem
- haben, hdn, einem Glauben schenken; U. hat diese Wendung
- öfters ; daneben üf tnuwen, auch nf die triuwe han, — 8 puneiz,
- huneiz stm. (franz. pugneis), das Subst. zu punieren swv. (265, 4)^
- das Ansprengen auf den Gegner, der Choc. Es wird im scharfen
- Trab gradlinig ausgeführt, auch in Galopp, schließlich auch im
- Carriere: in der Tjost wie im Turnier. S. Niedner S. 44, 6K
- U. legt Gewicht auf den langen Puneiz z. B. 521, 3. 639, 4.
- 922, 1* je länger und ungehinderter der Anlauf, desto kräftiger
- die Wucht des Stoßes; vgl. auch die Klage über einen zu kurzen
- Puneiz 861, 7; vgl. zu 263, 6. (Der andere von Wolfram be-
- vorzugte Ausdruck poinder von U. in der Erzählung nicht ge-
- braucht, nur im 1. Büchl. 360.)
- TURNIER ZU FRIESACH 1224. 97
- 263 Nu drucket iuch zesamen gar! (84,i)
- seht ir, wie ritterlich diu schar
- gein uns dort stapfet mit den spern?
- si wellent uns tyostirens wern.
- des hab ir manllch herze danc! (5)
- nu machet den puneiz niht lanc
- und seht, daz wir si vast an komen:
- daz mag in geschaden und uns gefromen. »
- 264 Die sine mant ouch her Wülfinc.
- er sprach: «hie wirt ein hertez dinc: (lo)
- uns wil mit spern her Hadmär
- bestän. nu stapfet gegen im dar!
- daz ich da wil, daz wil ouch er:
- wir füeren b^denthalben sper.
- ez mag ein puneiz hie geschehen, (15)
- daz in got selbe möhte sehen.»
- 265 Sie stapften zuo einander sä.
- dö st zesamen komen nä
- vil küme rosseloufes wit,
- do was ouch wol punirens zit. (20)
- manic ors wart mit sparn genomen.
- man sach si üf einander komen:
- vil hurticliche daz geschach.
- man und orsse man vallen sach.
- 266 Der spere krachen was da groz; (25)
- mit Schilden manic grözer stoz
- 263, 3 stapfen swv. , im Allgemeinen : fest auftreten und
- schreiten, im Besondern: in ruhigem Tempo schreiten, Schritt
- reiten. — 6 der Puneiz soll nicht lange gemacht werden, Had-
- mär will die Gegner nahe herankommen laßen — kaum Rosse-
- laufs weit 365, 3 — und dann erst den Choc ausführen. Ge-
- lang er, dann war der Kuhm um so größer.
- 264, 8 die gleiche Wendung in Gottfried's Tristan 6869.
- 265, 2 »a = nähe, für U. nur literarische Form. — 4 s. zu
- 262, 8. — 7 hurticliche, hurteclichen adv. {hurticlich adj. 27 J, 5)
- zu hurt 8tm. (681, 8 ; 894, 2) das kunstgerechte Zusamment'ennen
- mit den Rossen, berührt sich mit der Bedeutung von puneiz.
- Adj. und Adv. können öfters mit: hurtig gegeben werden, öfters
- ist das Wort aber mehr terminologisch (das Verbum hurten s. zu
- 276, 2).
- XJiiBiCH voH Liechtenstein. I. 7
- 98 TÜBNIEB ZU FBIESACH 1224.
- wart gestozen dort unde hie,
- da von geswellen muosten knie.
- peule, wunden da gewan
- von spern vil manic biderb man. (30)
- mit ringen tätens wß ir liden:
- der wart vil manigez da verriden.
- 267 Si drungen her, si drungen hin; (85,1)
- M umbek^ren stuont ir sin,
- da manger heim vil abe brach.
- den andern dort man zeumen sach,
- umb den von rittem was gedranc. (5)
- manic swert üf heim erclanc.
- vil Schilde man da, bresten sach:
- von grozen stoezen daz geschach.
- 268 Durch not so weich mit siner schar
- von Küenringe her Hadmär. (lo)
- dem kom ze helf vil ritterlich
- von Muorßke der guotes rieh.
- der kom ze driviers in geriten
- mit kunst nach ritterlichen siten:
- den von Stubenberc er rait (15)
- umb ein teil: daz was dem lait.
- 266, 7 mit ringen, mit den Panzerringen, mit den Rüstungen
- (weil sie schwer und hart waren); ringen kann aber auch inf.
- sein (vgl. mit vollen 272, 7), und dieses würde in der Bedeutung
- annähernd von dringen stehen: vgl. zu 276, 5. — 8 verriden
- part. von verriden stv., verdrehen, verrenken.
- 267, 2 umbekeren swv., ^umwenden, Kehrt machen ; vielleicht
- hat das Wort mehr terminologischen Sinn, als es auf den ersten
- Blick erscheint ; vgl. kere nemen, mit dem Roß eine kunstgerechte
- Wendung machen, z. B. G. Trist. 6851; vgl. auch zu 1065, 4. —
- 4 zeumen (zöumen) swv., ritterlicher Terminus: das Roß des
- Gegners beim Zaum faßen, mit ihm wenden und es wegzuziehen
- suchen, den Reiter somit zum Gefangenen machen; vgl. 298, 5
- und zu 311, 3 fg. 771, 1. — 6 die Schwerter wurden erst dann
- gebraucht, wenn die Speere verstochen waren.
- 268, 4 ze drivierSf triviers adv. (franz. ä travet^s), riten, ritter-
- licher Terminus: von der Seite (und zwar von der rechten) auf
- den Gegner einreiten; es geschah im Einzel- wie im Schaaren-
- kämpfe; vgl. die entsprechenden deutschen Ausdrücke zu 895, 5 fg.
- — 7 fg. nach rait Enjambement; umh adv. zu rait.
- TURNIEB ZU FRIESACH 1224. 99
- 269 D6 daz geschach, der biderb man
- von Orte het ez ungern län,
- er wser ze helfe im da komen.
- sin orsse mit sparn wart genomen: (20)
- so hurtecliche kom er dar,
- daz er durchrait die dri schar.
- sin hurt so ritterlich geschach,
- daz man da ritter vallen sach.
- 270 Her Hüc von Tüfers dö began (25)
- sprengen unde her Herman
- von Kranperc ritterliche dar:
- die heten b^de wan ein schar.
- ir puneiz also schoen ergie,
- daz beide dise unde die (30)
- wichen an der selben zit
- vil nach ackerbreites wit.
- 271 Von Liubenowe der gräve sä (86,1)
- an rande ritterliche da
- vil vaste den von Lengenbach:
- mit hurte er im die schar durchbrach.
- von siner hurteclichen vart (5)
- sin orsse aldä verbüeget wart.
- des kom der werde gräve nider,
- dö er brach durch die schar her wider.
- 270, 4 hier scheint sich U. zu widersprechen, denn Hüc
- von Tufers ist 247, 5 fg. als Führer von 23 und Herman von
- Kranperc 249, 5 fg. als Führer von 20 Rittern genannt. Ob es
- eine Berichtigung von Seite des Dichters sein soll, um auf beiden
- Seiten 8 Führer zu erhalten, scheint mir fraglich. Die beiden
- mögen in der That sich vereinigt haben, um ihre Schaar gegen
- die (Heinrich's) von Orte, der 36 Ritter hatte, gegenseitig zu
- ergänzen. — 5 schcßn (Hs. sMn) adj. läßt sich bei ergie recht-
- fertigen, wenn auch schön adv., wie L. corrigiert, das regel-
- mäßige wäre. — 8 ackerbreites, seltsame Analogieform statt
- ackerbreite gen. vielleicht nach Maßbestimmungen von Mascu-
- linen wie vingjrs, imozes, Sprunges, loufes (vgl. 265, 3), halmes.
- In den Wbb. nur angeführt, in Gr. IV nicht erwähnt; s. zu
- 699, 5. Vielleicht auch, worauf Bech aufmerksam macht,
- -breites adv. gen. wie langes.
- 7*
- 100 TUBNIER ZU FRIESACH 1224.
- 272 Von Tozenpach min her Sifrit
- und ouch sin veter her Gotfrit, (lO)
- des gräven ros si drahten dan.
- si wären zw^n s6 piderbe man,
- daz si vil balde komen wider
- hin, da der gräve was komen nider
- mit Valien üf den grüenen cle: (15)
- dem biderben was von tretten we.
- 273 Des gräven ritterschaft zehant
- mit hurte kömen in gerant.
- den reit mit künst vor ritterlich
- des tages von Vigän her Heinrich. (2o)
- den tuomvoget mit siner schar
- riten si ab ir herren gar;
- si hülfen üf dem biderben man:
- ez wart ob im vil guot getan.
- 274 Von Hiunenburc der gräve wert, (25)
- des herze ie hohes lobes gert,
- und ouch der gräve Herman
- die vinde kömen alsus an,
- daz al daz velt da von erdöz.
- so hurticlich was ir stöz, (30)
- daz man da horte krachä krach,
- dö ir schar in den hüffen brach.
- 272, 1 s. K. 675. — 2 U. sagt später (886, 8) von Gottfried
- von Totzenbach, er habe zu Ehren der Frauen gute Lieder ge-
- sungen, die uns aber leider nicht erhalten sind. Wie Gottfried
- hier mit seinem Vetter sich für seinen Herrn Otte von Lengen-
- bach dienstbar zeigt, so hat er später als Gesandter bei Ulrich,
- der Königin Venus, zu fungieren; s. zu 753, 2. — 3 drahten
- der Hs. möchte ich nicht mit L., der allerdings hier dem Fehler
- der Abschrift folgte, der naheliegenden Correctur brühten opfern.
- drahten ist drahten = dräten praet. von droijen swv. trans.,
- drehen, hier wohl: drehend wenden.
- 273, 2 kamen plur. statt sing, nach dem Sinn; dann fort-
- gefahren den, nicht der; vgl. 1432, 6 fg. 1586, 2. 1597, 7 u. s.w.
- — 4 von Vigän her Heinrich s. K. 669. — 6 riten, kurzer Aus-
- druck: sie trennten reitend, befreiten oder schnitten ab von
- ihrem Herrn, dem Grafen von Libenau, den Domvogt von Lengen-
- bach (vgl. einen heraushauen) ; s. 286, 5. 1066, 5.
- TUBNIER ZU FRIESACH 1224. 101
- 275 Der gräve von Tyrol alzehant (87,1)
- an rande den von Kärndenlant.
- in was zesamen beden gäch:
- ietweder des andern schar durchbrach
- mit hurte harte ritterlich. (5)
- si wären beide muotes rieh
- und manliches herzen hoch gemuot:
- des wart ir beider puneiz guot.
- 276 Nach in beiden kom ir schar
- so hurticlich gehurtet dar, (lo)
- daz al daz velt da von erclanc.
- nianic biderber da nach eren ranc.
- da. wart gerungen und geslagen,
- slac mit slage niht vertragen.
- von hurten üf die hehsen saz (15)
- vil manic orsse, gelaubet daz.
- 277 Der turney was zewäre guot.
- nianic ritter drinne hoch gemuot
- mit hurte durch den .hüffen brach.
- vil grözer sper man da verstach, (2o)
- da von di ritter muosten ligen,
- di sich gemaches da verzigen.
- swelhen ritter man da vallen sach,
- der leit von tretten ungemach.
- 278 Noch hielt der rlche fürst Liupolt, (25)
- bi im der margräve Diepolt.
- gein dem so hielt von Ysterrich
- der hoch gelobt marcräve Heinrich,
- bi dem von Gorze schänden bar.
- si körten bede mit ir schar (30)
- gegen dem von (Esterrich
- in hohem muote ritterlich.
- 276, 2 hurten swv., das Verbum zu hurt, stoßend losrennen.
- — 5 gerungen hat L. in gedrungen geändert und so auch ringen
- in dringen 282, 4. 5 u. o., weil er wohl bei ringen an den «Ring-
- kampf» dachte, an das Bingen mit den Händen, was doch von
- Rittern, so lange sie mit Schild und Lanze bewehrt sind, nicht
- ausgeübt wurde, ringen ist aber auch allgemein: kämpfen, und
- muß speciell auch der Bedeutung von dringen stv. , drängen,
- nahe gekommen sein.
- 102 TÜBNIER ZU FRIESACH 1224.
- 279 Der turney waich d6 vil wserlich (88,1)
- vil nach üf den von Österrich.
- daz was dem riehen fürsten zorn.
- er nam daz orsse sä mit den sporn:
- er und die sinen den turney (5)
- mit hurte riten gar enzwei,
- die viende hin, die freunde her.
- man hört da krachen vil manic sper.
- 280 Hurtä hurtä, wie ritterlich
- dö punirte der von Ysterrlch (10)
- und ouch von Gorze gräve Meinhart!
- ir beder hurticlich invart
- so hurticliche wart getriben,
- daz da w^nic schilde ganz beliben.
- manic orsse ouch da verpüeget wart (15)
- und ysenhosen vil gezart.
- 281 Nu sint die herren mit ir schar *
- schön in den turnei komen gar,
- beidenthalbe, dort unde hie.
- hurtä hurtä, wie ez dö gie! (20)
- der turnei faste stuont enstet.
- manic ritter ez dk wol tet:
- durch diu reinen, süezen wip
- da manger urbart wol den l!p.
- 282 Dk wart gestözen vil manic stöz, (25)
- der tampf was von den orssen gröz,
- und wart des ie m^r unde m^.
- mit ringen st in täten we:
- ir ringen daz was hurteclich.
- da wart vil maniger muotes rieh: (3o)
- die sach man brechm durch die schar
- mit grözen hurten her unde dar.
- 280, 8 ysenhosen gen. plur. abh von vil, isenhöse swf., das
- Beinkleid (sammt der Fußbekleidung) von Eisen; damals noch
- eng anliegend, von Eisenringen geflochten. Zahlreiche Ab-
- bildungen bei Schultz, höf. L. 2, S. 23 — 89.
- 282, 4. 5 möglich, daß hier Spielerei gesucht ist: mit ringen,
- mit den Büstungen (wie 266, 7), ir ringen, ihr Ringen; vgl.
- zu 21, 8.
- TXJBNIER ZU FRIESACH 1224. 103
- 283 Der gräve von Gorze ritterlich (89,1)
- kom vaste an den von Osterrich:
- er nam den fürsten in den zoum.
- daz orsse truoc einen riehen soum.
- da der vil riche ftlrst üffe saz-, (5)
- der ouch sin selbes niht vergaz:
- im den heim er sä, da nam,
- dem gräven; daz im wol gezam.
- 284 Des fürsten Liupoldes ritterschaft
- im kom ze helfe mit grözer kraft. (10)
- der pflac der margräve Diepolt:
- der was dem riehen fürsten holt.
- der gräve von Gorz wart genomen,
- daz er niht trüte dannen komen:
- doch werte sich der höchgemuot (15)
- alsam ein edel ritter guot.
- 285 Do also s^re bekumbert wart
- von Gorze der werde gräve Mdnhart,
- daz er niht trüte komen dan,
- do daz ersach der biderbe man, (20)
- der höchgemuot Ruodolf von Ras,
- der bi dem werden gräven was
- da und ofte ouch anderswä,
- den biderben sach man sprengen sä
- 286 Mit funfzic ritern lobelich. (25)
- der einer hiez von Lüenze Heinrich:
- 283, 4 wohl nur des Reimes wegen eingesetzter Vers, nach
- Wolfram's Wilhelm 373, 10 copiert. soum stm., Last (an souniy
- Saum, etwa der Pferdedecke, ist nicht zu denken).
- 285, 5 Ruodolf von Ras vorher unter den Dienstmannen ge-
- nannt 193, 5, aber nicht unter denen, die Ritter mitgebracht
- haben, erscheint hier selbst als Ritter unter dem Grafen von
- Gorz, der 55 Ritter hatte (251, 6). Die Zahl 50 in 286, 1 ist
- wohl nur eine runde Summe. Bei andern in gleichem Verhält-
- niß, die sich gleichfalls auszeichneten, wie der von Slüzelberc,
- der von KüngesperCy von Groeze Ortolf, ist der Führer nicht
- direct angegeben.
- 286, 2 von Lüenze Heinrich , später in der Venusfahrt von
- Lüenz her H. 586, 5, führt unter den Tafelrundern den Namen
- Parcifdl; s. zu 1553, 1.
- 104 TURNIER ZU FRIESACH 1224.
- der was für war ein biderbe man.
- ir heiTen hülfen st von dan,
- mit burt sin riten üz der hant
- dem rieben fürsten alzehant. (30)
- da wart von swerten michel clanc
- und oueb von burten gröz gedranc.
- 287 Do der von Rase so ritterlicb (90,i)
- da maebte ledic den gräven rieh,
- dö wolt der hoch gelobte man
- gar äne gewin nibt scheiden dan:
- mit hurte reit er her unde dar; (5)
- üz des rieben fürsten schar
- vienc er harte ritterlich
- von Triwanswinkel den hern Heinrich.
- 288 Der biderbe margräve Diepolt
- des tages mit arbeit ere holt. (lO)
- er reit vor dem von (Esterrieb
- des tages, deswär, wol ritterlicb
- vast zuo den vinden schöne dan,
- als der sin ritterschaft wol kam
- er werbt des tages wol ritterswerc. (15)
- als tet ouch der von Slttzelperc.
- 289 Von Liehtenstein her Dietmar
- mit hurte brach vaste durch di schar,
- er was gezimirt wunneclich,
- der hoch gelobt was muotes rieb. (20)
- des tages er mit siner hant
- wol fünf und zweincic sper verswant
- in dem turneie hie unde dort:
- da mit so dient er lobendiu wort.
- 290 Der biderbe beim vil abe brach. (25)
- hurtä, wie man in riten sach,
- sus unde s6, bin unde her!
- nach prlse stuont gar al sin ger.
- ir sült für war gelauben daz,
- ez tet des tages niemen baz (30)
- 287, 8 von Triwanswinkel (jetzt: Triebeswinkel) her Hein-
- rick s. K. 669; ferner MeiUer 317 ^ 327*.
- TÜBNIEB ZU FKIESACH 1224. 105
- mit ritterlicher arcbeit:
- den turnei offte er gar durchreit.
- 291 Von Küngesperc der biderhe man (91,1)
- vil ritterlich her unde dan
- mit dem swerte houwent reit.
- er het von rehte werdecheit,
- wan man in drumbe werben sach. (5)
- des tages er vil sper verstach:
- mit siner eilenthaften hant
- vienc er fünf ritter wolbekant.
- 292 Von Gorse der höchgemuote Wolfger
- des tages verstach wol zweinzic sper. (lo)
- er was in zühten höchgemuot:
- des tages er niht umbe guot
- warp, er warp umbe werdecheit
- mit ritterlicher arcbeit.
- sin herze daz was tugende vol: (15)
- er tet ez da und ofte wol.
- 293 Von Grsetz her Ortolf warp also
- des tages, daz sin ^re hö
- steic: er was ein ritter guot,
- in ritters zühten höchgemuot. (20)
- im tet des tages niemen vor.
- sin ere stuont von rehte enpor:
- sin 11p warp ie umb höhen pris,
- er was getriu, küen unde wls.
- 294 Von Mürbere der vil werde Uolrich (25)
- des tages da warp wol ritterlich.
- daz het er ofte ouch ö getan:
- er was für war ein biderbe man.
- sin ritterschaft was wol bekant:
- ez was der besten von Stirlan^ (30)
- immer einer, daz ist also:
- des stuont sin lop von schulden hö.
- 292, 8 für da vermuthet Bech do; doch vgl. 308, 1.
- 294, 1 von Mürbere Uolrich s. K. 670 (nur über den Namen
- Mürbere) \ ferner Meiller 335^. Unter den Dienstmannen nicht
- genannt, also nnr Kitter. Das gilt nnn aach von vielen nach-
- her Erwähnten.
- 106 TÜBNIER ZU FRIESACH 1224,
- 295 Her Otacker von Wolkenstein (92,i)
- gezimirt als ein engel schein.
- daz was des biderben mannes site:
- da liebt er sich vrowen mite.
- sin ritterschaft was ritterlich: (5)
- der hochgelebt was muotes rieh:
- sin lip warp ie umb werdecheit
- mit ritterlicher arebeit.
- 296 Der höchgelobte biderbe man
- mit hurte die viende sus kom an. (lO)
- reht als der smirel tuot den stam,
- sach man in durch den hüffen varn
- mit hurt reht als ein windsprüt.
- er was von reht der vrowen trüt:
- vil tiure manz in dienen sach, (15)
- sin munt ie wol von vrowen sprach.
- 297 Der werde Otte von dem Wasen
- was vri vor aller schänden mäsen.
- er was guot ritter mit dem sper,
- nach hohem prise stuont sin ger: (20)
- swä mit ein ritter werdecheit
- erwirbet, des was er bereit.
- er tet ez des tages also wol,
- daz mans von reht im danken sol.
- 298 Von Kiowe der starke Heinrich (25)
- brach durch den hüffen ritterlich:
- 295, 4 beßer mit L. den vor vrowerif aber nicht unbedingt
- nothig.
- 296, 3 smirel der Hs. nicht blos metrisch (s. Knorr S. 59)
- sondern auch sprachlich mit Recht zweisilbig, wenn auch das
- häufigere Deminutiv smirlin, nicht smireltn heißt; vgl. franz.
- emerillon (lat. merula), mitteil, smerillus; später smerle, Schmer l,
- faleo ceaalon, — 1 ez allgemeines Object mit Bezug auf das
- Vorhergehende: die Gunst der Frauen; schwerlich geht ez auf
- trüt, welches auch stn. ist. — 7 dienen swv. , hier : verdienen ;
- geht aber ez auf trüt, dann = dienen, und in dat. pl.
- 297, 1. 2. L. Wasen: masen. mase swf., Fleck, Schmutz-
- fleck, hat aber langes a, darum nur der Keim Wasn: mdsn
- möglich (a und d auch bei guten Dichtern) ; vgl. den Reim varn :
- warn 311, 3. — Otte von dem IVasen Meiller 102, 80.
- TÜBNIEB ZU FBIESACH 1224. 107
- mit hurte er an den gräven quam
- von Tyrol, den er vaste nam
- in den zoum mit grözer kraft:
- von aller siner ritterschaft (30)
- wolt er in gevangen füeren dan.
- des werte sich der biderbe man.
- 299 Herr Otte von Heizen an der stat (93,1)
- mit grozen bürgen des erbat
- den herren Heinrich von Kiowe sä,
- daz er den gräven liez aldä.
- den heim sin er im abe prach. (5)
- do im daz houbet äne dach
- wart, do muost der starke mm
- durch not den gräven da verlän.
- 300 Von Osterwitz der schenke Herman
- mit hurte reit her unde dan. (lo)
- die helme von im nider riren,
- rehte als gar teige piren.
- sin swert üf helme ofte erclanc:
- mangen ritterlichen swanc
- swanc sin ellenhaftiu haut: (15)
- der biderbe sper da vil verswant.
- 301 Von Eychelberc min her Keinher
- vast gegen den vlenden hielt ze wer.
- sin ritterschaft was manlich gar:
- reht als ein valke durch die schar * (20)
- prach er mit hurte gar al den tac.
- von sinei;^-stoezen nider lac
- 299, 1 Otte von Heizen (nach Hs.); Earajaii S. 670 glaubt,
- daß hinter ihm Otto von Missowe stecke. Missowe aber mit L.
- in den Text zu setzen, ist mindestens gewagt, wenn auch später
- Otte von Missowe erscheint.
- 300, 1 Von Osterwitze der schenke Herman Meiller 59, 18.
- Archiv 22, 360; s. zu 594, 4. — 4 nur Reimnoth hat den ge-
- schmacklosen Vergleich veranlaßt. Andere Bilder aus der Natur
- s. Knorr S. 86 fg.
- 301, 1 Von Eychelberc Reinhei' s. K. 670. In 625, 7 schreibt
- die Hs. Eichelsperc, was L. belaßen hat. — U. setzt öfters statt
- des einfachen Äer auch der Glätte des Verses zu Liebe min her
- = monsieur.
- 108 TUBNIER ZU FRIES ACH 1224.
- für war da manic ritter guot.
- sus warp umb ere der hochgemüot.
- 302 Her Kuon v6u Fridberc da gewan (25)
- vier orsse reht als ein biderb man.
- dem beide was nach guote we:
- da von gewan er sin ouch me
- denne einer, der dar nach niht ranc.
- nach guote stuont ie sin gedanc: (30)
- swä erz mit eren mohte hän,
- da sach man inz ungern län.
- 303 Von Buches her Otte und her Dietrich, (94,1)
- die beide täten dem gelich,
- daz si niht prises beten muot:
- man sach si werben da umb guot.
- si enruohten, wer vil sper verstach: (5)
- umb guot mau si da werben sach
- noch mer danne umb diu werden wip.
- sus was gemuot ir beider lip.
- 304 Und nant ich iu di ritter gar
- besunder in ieslicher schar, (lo)
- die ez des tages täten so,
- da von ir lop muost stigen ho,
- so würde daz msere gar ze lanc.
- vil maniger so nach eren ranc,
- daz er durch sinen höhen muot (15)
- des tagee da wägt lip unde guot.
- 305 Ir sült für war gelauben daz:
- ir wären hundert unde baz,
- di ez des tages da sunderlich
- täten, und doch niht gelich. (20)
- der tet ez wol, so tet ez der
- noch verre baz. sus gienc entwer
- der turnei, her und vaste wider.
- da lac vil manic ritter nider.
- 306 Da was von dringen ungemach. (25)
- wol tüsent sper man da verstach.
- 303, 1 Von Buches (L. Buhs nach 649 , 1 Buhae) Otte und
- Dietrich s. K. 670; ferner Fontes dipl. 29, 165. 170. Pez thes.
- 3, 3, 745 (de Piichs),
- TURNIER ZU FRIESACH 1224. 109
- da wart gevangen vil manic man.
- als ich si in der ahte Mn,
- wol anderhalp hundert ritter guot
- ir orsse da vlurn durch hohen muot. (30)
- man vant da flust und ouch gewin.
- sus gie der tac mit arbeit hin.
- 307 Manic müeder heim abe bant: (95,1)
- turnirende man den andern vant
- noch reht, als dö ers erste began.
- ouch dühte da mangen biderben man
- der tac ze kurz und der turnei. (5)
- sus stuont ir wille reht entzwei.
- die wolden turniren me:
- so was den hie vor müede we.
- 308 Waz ich des tages tet selbe da
- und ^ und ofte sit anderswä, (lo)
- des wil ich vil durch zuht verdagen.
- wan einez daz wil ich iu sagen;
- min munt von wärheit iu des gibt:
- ich was da der beste niht, \
- ich was ouch niht der boeste gar: > (15)
- diu beidiu diu sint von mir war.
- 309 Der turnei wert gar al den tac,
- daz niemen anders niht da pflac,
- swic mans began doch harte fruo.
- dö seige ouch nü der äbent zuo. (2o)
- die helme man dö gar ab bant: •
- wir zögten alle säzehant,
- der sus, der so, hin in die stat.
- da was bereit manic schoenez pat.
- 310 Die ritter padeten bi der naht. (25)
- vor müede manger het unmaht:
- 307, 7 turnieren sonst kaum vorkommende Betonung in
- einem einfachen Worte; darum vielleicht die turniren ivolden me,
- 308, 6 fg. das Wortspiel mit beste und bceste (der schlech-
- teste) öfters in der mhd. Dichtung; z. B. bei Walther 147, 7 fg,
- Pf.). Freidank 89, 2 fg.
- 309^4 das unorganische e im Praet. seige (s. Weinliold,
- mhd. Gr. ^, §. 374) hier nicht durch die Metrik geboten und
- durch Elision überflüßig; vgl. zu 701, 2.
- 110 TURNIER ZU FRIESACH 1224.
- man pant den dort, man salbet den hie,
- dem dort die arme, dem hie diu knie.
- vor släffe was da maniger tot:
- der ander von gedanken not (30)
- leit, er gedäht so: «wie hän ich
- Mut hie gevarn! des wundert mich.»
- 311 Die naht da manger sanfte lac. (96,1)
- mit freuden kom der ander tac.
- dö m^iosten da hin ze den Juden varn
- si alle, di da gevangen warn.
- man sach si setzen alzehant (5)
- vil maniger hande kostlichez pfant.
- die da gewunnen heten guot,
- die wären vrö und hoch gemuot.
- 312 Der fürst Liupolt von (Esterrich
- sant sä nach dem von Ysterrtch (lo)
- und ouch nach dem von Kerndenlant:
- er suont si beide aldä zehant.
- die fürsten er ze süenen pflac
- mit spräche unz an den dritten tac.
- dö riten danne die fürsten rieh (15)
- mit in von dan gar männiclich.
- 313 Ich schiet ouch hohes muotes dan;
- reht als ein minnegemder man
- reit ich sä zuo der niftel min.
- diu hiez mich willekomen sin. (20)
- ich sprach: «nu müez dir lönen got,
- vil stieziu niftel, lieber bot!
- du bist gar miner sselden rät:
- an diner helfe min vreude stät. »
- 314 ((Neve, swaz ich dir gedienen kan, (25)
- daz wirt vil willeclich getan.
- 311, 3 fg. die Gefangenen mußten ihre Rosse einlösen. Die
- Pfänder werden wohl in Edelsteinen und kostbaren Kleidungs-
- stücken bestanden haben. Weitere Belege von der Beihülfe der
- Juden im mhd. Wb. 1,774, einige Stellen femer bei Lexer
- 1, U85; s. auch Schultz, höf. L. 1, 278 fg.
- 312, 1 fg. von diesem Zwist und dieser Sühne melden die
- historischen Quellen nichts (s. Einleitung). — 5 pflegen stv., hier
- in der Bedeutung: besorgen, sich bemühen.
- IV. LIED. 111
- ich wil aber durch den willen din
- dii^er vrowen den boten min
- senden und enbieten daz,
- daz ez ze Frisach niemen baz (30)
- hat getan danne du. dest war:
- daz weiz ich endeliche gar.»
- 315 «Niftel, s6 tuost du mir wol: (97,1)
- ich danke dirs immer, als ich sol.
- SO send ouch disiu liet da hin.
- vil gar äne angest ich des bin,
- si dünken die vil guoten guot. (5)
- si ist so reiniclich gemuot,
- • daz si ir lobes ist immer fro.
- diu liet sprechent von ir s6:
- IV.
- EIN TANZWiSE, UND IST DIU VIERDE wlSE.
- In dem walde süeze doene
- singent kleiniu vogelin. (lo)
- An der beide bluomen schcene
- blüejent gegen des meien schin.
- 5 Also bltiet ra!n hoher muot
- mit gedanken gegen ir güete,
- diu mir riebet min gemtiete, (15)
- sam der troum den armen tuot.
- 315, 5 dünken conj. — 8 diu demonstr. , darum auch be-
- tont; ebenso 359, 8.
- IV Durchaus trochäisch; Herstellung ohne Schwierigkeit.
- Dem Rhythmus zu Liebe unlogische Betonung in Y. 20; ge-
- kürzte Form 14. 20 ; synkopierte Form 37 ; leichte Ergänzung 28.
- Ohne Zweifel das schönste Lied U.'s, die erste Strophe wahr-
- haft classisch. Componiert von Mendelssohn (Opus Nr. 19), aber
- nur die erste Strophe. Der Text etwas von Tieck's Uebersetzung
- abweichend. — 4 gegen praep. mit dat., in diesem Liede vier-
- mal in verschiedenen Schattierungen der Bedeutung : gegen, auf,
- zu; entgegen; gegenüber. — 8 den armen, wohl nicht dat. pl.
- abh. von tnon, obgleich U. tuon manchmal so gebraucht, son-
- dern acc. sing, als Casus des Ersatzverbums für das vorhergehende
- riehen, —
- 112 IV. LIED.
- Ez ist ein vil hoch gedinge,
- 10 den ich gegen ir tagenden trage,
- Daz mir noch an ir gelinge,
- daz ich saelde an ir bejage. (-^o)
- Des gedingen bin ich vr6.
- got geb, daz ichz wol verende,
- 15 daz sie mir den wän iht wende,
- der mich freut so rehte hö.
- Sie vil süeze, valsches äne,' (25)
- vri vor allem wandel gar,
- Läze mich in liebem wäne,
- 20 die wil ez niht baz envar:
- Daz diu vreude lange wer, (98,1)
- daz ich weinens iht erwache,
- daz ich gegen dem tröste lache,
- des ich von ir hulden ger.
- 25 Wünschen unde wol gedenken (5)
- d^st diu meiste vreude min.
- des sol mir ir tröst niht wenken,
- sie geltze mich ir sin
- Mit den beiden nähen bi,
- 30 so daz sie mit willen gunne (lO)
- mir von ir so werder wunne,
- daz sie saelic immer st.
- Sselic meie, du aleine
- troestest al die weide gar.
- 15 iht = niht; ebenso 22. — 20 var conj., gehen kann. —
- 22 weinens gen. von weinen stn. subst. Inf. abh. von erwachen
- (Aenderung L.'s weinent nicht geboten und weniger poetisch);
- bei erwachen steht auch sldfeSy troumes; vgl. Gr. 4, 672. —
- 27 wenken swv. mit dat. der Pers., gen. der Sache (des), einem
- in einer Sache wanken, weichen ; niht w., sicher sein ; vgl. 2. Büchl.
- 26 fg. — 28 Idze in beiden Hss., Ergänzung nöthig wegen des
- Verses und des Rhythmus, aber L.'s enldze gibt einen weniger
- guten Sinn ; es muß positiv heißen : wenn sie, unter der Voraus-
- setzung daß sie mich mit den beiden, mit wünschen unde wol
- gedenken, mit Hoffnung und freundlicher Erinnerung, meiner
- größten Freude, nahen hi sin, vereint bleiben läßt. — 31 von ir,
- Genetivbegriff = ir, von ihr ausgehend. — 32 scßlic adj., selig,
- nicht allein das eigene innere Glück bezeichnend, sondern
- auch Glück bringend, beglückend (diese Bedeutung jetzt nicht
- BOTSCHAFT DER NIFTEL. 113
- 35 Dü und al diu werlt gemeine . (15)
- vreut mich min dann umb ein här.
- Wie möht ir mir vreude geben
- äne die vil lieben, guoten?.
- von der sol ich tröstes muoten;
- 40 wan ir tröstes muoz ich leben. (20)
- 316 Diu liet ze Frisach sint für komen:
- si hat manic ritter da vernomen,
- der in des jach, si wsern guot.
- ccdiü wise ist niuwe und höchgemuot,
- V diu wort sint süeze und dar zuo war. » (25)
- «neve, gip her: ich sende si dar
- mit guotem willen endelich
- der vrowen din : diu ist tugende rieh. »
- 317 «Niftel, durch die güete din,
- swaz dir enbiutet diu vrowe mtn, (30)
- daz tuo mir kurzlichen kunt!»
- sus schiet ich von ir an der stunt
- und fuor mit freuden säzehant (99, i)
- allenthalben in diu lant
- tumiren aber nach ritters site.
- da dient ich miner vrowen mite.
- 318 Do ich von miner niftel quam, (5)
- liet unde brief diu guote nam
- und sande si palde an der stat
- hin miner vrowen, als ich pat.
- mehr von Personen, nur von der Zeit und von Zuständen gesagt). —
- 34 weide = werlde plural von werlt in Singularbedeutung, falls
- nicht werlde als Nebenform (s. zu Gr. Tristan 10868) auf anderer
- Bildung beruht : ahd. weraltt, — 37 moht = möhtet, — 40 wan
- kann = wände, denn, sein, aber auch «s niwan, nur; so fal^t es
- Lyon, Tieck geht dem Worte aus dem Wege.
- 316,4 niuwe: daß U. die Neuheit, die Originalität der
- Weise, der Melodie eigens erwähnt, muß zweifellos so gedeutet
- werden, daß neue Gedichte auch auf alte Melodien gefertigt
- wurden; vgl. zu 358, 7. — 5 war: nicht blos gemacht, sondern
- auch innerlich empfunden. Auch dies naive, mit einem Eigen-
- lob verbundene Selbstbekenntniß von Bedeutung für die Be-
- urtheilung des literarischen Charakters der Lyrik.
- UliBICa VOX LiBCHTBKSTEIK. I. g
- 114 BOTSCHAFT DBB NIFTKIi.
- döst den boten ^rste sach,
- diu h6chgelobte, reine sprach: (lO)
- «du solt mir willekomen sin!
- sage, wie lebt diu vrowe din?»
- 319 Der bot sprach: «si gehabt sich wol.
- si enbiutet iu, yrowe, als si sol,
- ir dienst her in ditze lant (15)
- und hat iu disen brief gesant.
- den lest und l&t mich wider varn
- schire, daz iuch got müeze bewarn.
- mich bat min vrowe ir schire komen.»
- der brief von ir d& wart genomen. (20)
- 320 Den brief nam ir wiziu haut,
- und gie von danne säzehant
- in ir heinltch, da, si las,
- swaz an dem brief geschriben was.
- swaz ir des brieves schrift d& saget, (25)
- daz wart von ir vil wol verdaget.
- si las in gar, dö daz geschach.
- nu müget ir hoeren, wie er sprach:
- (b) Ich enbiut iu, vrowe, minen gruoz
- und dienst, als ich von rehte muoz (30)
- mtner lieben vrouwen. (100,1)
- ir sült mir wol getrouwen,
- 5 daz ich iu diene mine tage.
- nu merket, vrowe, waz ich iu sage.
- ze Frisach ist ein ritterschaft (5)
- gewesen mit vil grözer craft:
- 320, 5 saget wohl kanm praes., sondern = sagete,
- h Dieser poetische Brief der Niftel ähnelt im Stil sehr
- den erzählenden Strophen U.'s, wird also wohl mit dessen Bei-
- hülfe zu Stande gebracht worden sein. Andere Ansicht hegt
- Scherer (Zeitschr. 17, 575), dem ich im Uebrigen beistimme.
- In der Form nnr die Abweichnng von diesen Strophen, daß die
- 3. und 4. Zeile klingenden Aasgang hat bei 3 Hebungen. Be-
- rn erkenswerth ferner das Fehlen der letzten Senkung in V. 22. 24.
- In letzterem vielleicht Schreibfehler, und Umstelhing gerathen:
- des sol p/ant mm scelde sin; vgl. 1082, 5. —
- BOTSCHAFT DEK NIFTEL. TÜBNIEK ZU LEIBNITZ. 115
- Da hat daz beste gar getan
- 10 iwer getriwer dienestman,
- min neve von Liehtensteine.
- ir getät was gegen im deine. (lO)
- ja hat durch iuch, vrowe, er
- verstochen m^r danne hundert sper.
- 15 er het den bris ze bMer slt:
- daz ist war, als lieb ir mir sit.
- Er hat iu da gedienet s6, (15)
- daz ich sin bin worden vr6,
- er dient iu mit triuwen,
- 20 er kan den dienst niuwen
- gein iu mit ritterlicher tat:
- sin herze iuch immer lieg hat, (20)
- vil herzenliebiu vrowe min.
- des sol min saelde pfant sin.
- 321 Dö si den brief gelas alda,
- diu guote schreip hin wider sä
- einen brief. dö daz geschach, (25)
- diu reine wider den boten sprach:
- «sage dlner vrowen den dienest min
- und füere ir hin daz brievelln
- und sage ir von mir oifenbär,
- si habe enboten mir niht war.» (30)
- 322 Dö der brief miner niftel guot (101,1)
- kom, diu reine, wolgemuot
- sande mir in alzehant.
- ir bot mich da, ze Lcibenz vant,
- dätz einem turney, der wart guot. (5)
- driu hundert ritter höchgemuot
- 9 dieses Lob stimmt nicht mit der bescheidenen Aeußerung U.'s
- in 308, 6 fg.; er wird aber nichts gegen diese Empfehlung ge-
- habt haben.
- 322, 4 Leihenz: für diese Form statt des hsl. Libem spricht
- K. S. 670; «es ist das heutige Leibnitz, Markt in Unter-Steyer,
- % Stande von Seckau:» Tieck las Eib^nz, was ▼. d. Ha^en
- wiederholt, der aKobenz, Flecken an der Mnr, zwischen Kntttel^
- felde und Leoben» vermuthet.
- 8
- *
- 116 Al^TWORT.
- die wären dar durch ^re kumen:
- man nam da schaden unde framen.
- 323 Den boten ich vil wol enpiie,
- mit im ich in ein heiiüich gie: (lo)
- da gab er mir daz brievelln.
- des danct ich sä der niftel min.
- ich wände, da stüend an etswaz,
- da von mir seneden würde baz:
- d6 stuont dran, daz mir vreude brach. (15)
- nu sult ir hoeren, wie daz sprach:
- (c) Du lobest mir vaste den neven din:
- daz mac wol von der sippe sin.
- mir lobent sin aber di vremden niht:
- da von ist din lop gar enwiht. (20)
- und wil du mim ze höhe loben,
- ich zihe dich, du wellest toben.
- 324 Do mir der brief dö wart gelesen,
- mir konde nimmer leider wesen.
- ich schämt mich der boteschaft, (25)
- ich gedäht: «ich muoz mit ritterschaft
- gein ir ze hohem lobe komen,
- oder mir wirt kürzlich benomen
- lip, guot, sinne und daz leben
- und swaz mir got ie hat gegeben.»
- 325 D6 fuor ich witen in diu lant. (102,i)
- swä iemen ritterschaft dö vant,
- ez wsere ze schimpfe oder ernstlich,
- da sach man mich ouch endeltch.
- ich zert den lip und ouch daz guot (5)
- vil willecllch; sus stuont min muot:
- c Diese Strophe macht wieder den Eindruck der Echtheit,
- und doch legt das Wort enwiht, ein Lieblingswort U.'s, den Ge-
- danken nahe, daß der Dichter bei der Einschaltang in den
- Franendienst wenigstens an dieser Stelle mitgewirkt habe, . Viel-
- leicht stand ein niht.
- üNTEKHAlf DLUNGEN. 117
- durch die vil lieben vrowen min
- muost ich gezimirt offte sin.
- 326 Sus fuor ich al den sumer gar
- in den landen her unde dar (lO)
- AÜ ritterlichen unde wol,
- also von reht ein ritter sol,
- der höher minne ze lone gert.
- der sol sich gerne machen wert:
- wil er nach höher minne streben, (15)
- so sol er werdeclichen leben.
- 327 Nu was ouch komen der winder kalt,
- verdorben was der grüene walt,
- geswigen wären vogelin.
- dö reit ich zuo der niftel min (20)
- und cleit ir mine seneden leit.
- si sprach: «dir si von mir geseit:
- du bist verirret des boten min
- mer vil gar zuo der frowen din.
- 328 Si hat verboten mir für war, (25)
- daz ich in nim^re sende dar.
- si fürhtet des, man merk ez ir:
- da von hat siz verboten mir.
- ouch wser der tumpheit mir ze vil,
- Sit daz sis von mir niht enwil, (30)
- ob ich in dar sante äne ir danc:
- so waern alle min sinne kranc.»
- 329 Ich sprach: «vil liebiu niftel miü, (103,1)
- so muoz ouch ich verdorben stn
- und immer mer an vreuden tot.
- owe der clagelichen nötl
- 325, 8 muost nach Hs.; L. ändert, indem er den Satz von
- muot (danach Komma) abhängig sein läßt, in müest, was un-
- nothig nnd weniger poetisch ist; vgl. 327, 7 du bist, nicht du
- 8%8t. — gezimirt, hier in allgemeiner Bedeutung: zum Turnier
- gerastet und geschmückt.
- 327, 7. 8 verirret weeen mit gen. , einer Sache oder einer
- Person verlustig gehen. — zuo der frowen im Anschluß an böte,
- in welchem Worte der Gedanke der Sendung enthalten ist. Du
- darfst fortan (mer) meinen Boten nicht zu deiner Herrin senden.
- 118 XJWTEBHANDLUNGBN.
- wie ist min böte mir benomen? ' (5)
- ist ez von mtnen schulden komeu?
- ob ichz mit bösbeit hkn versolt,
- icb würde mir selben nimmer bolt.D
- 330 «Neve, du solt gelouben daz,
- dir ist din vrowe niht gebaz. (lo)
- si bätz umb anders niht getan,
- wan daz sicbs iemen mtig verstau.
- si btietet din und ouch ir:
- daz soltu wol gelaüben mir.
- min bot reit alze ofte dar: (15)
- si het des angest, man naemes war.
- 331 Oucb ist si mir ze verre gar:
- min böte unsanfte dan unde dar
- nu ritet man bat sin niht für guot:
- si ist so s^re alzan behuot, (20)
- daz man si niemen sehen lät.
- neve, da von so ist daz min rät:
- kiuse einen andern boten dir
- ■ •
- gein ir: des soltu volgen mir.»
- 332 «Niftel, Sit din böte niht (25)
- mac wol dar komen, swie ez geschiht,
- ich muoz ein andern boten hän.
- daz kan niemen understän:
- ez kom ze schaden, ez kom ze fromen,
- min dienst ist ir unbenomen. (30)
- des hat daz herze mtn gedäht:
- daz Wirt in zwlvel nimmer bräht.
- 333 Niftel, swaz du guotes mir (104, i)
- hast getan, des danc ich dir
- mit triuwen immer sunder wanc.
- daz ist für war min gedanc. »
- sus nam ich urloup und reit dan. 5)
- 329, 8 würde praet. conj. berechtigt, Aenderung L.'s wir de
- praes. unnöthig.
- 330, 4 daz iemen = lat. ne quis.
- 331, 1 ze verre adv., zu fern, zu weit entfernt (vom Anfent-
- haltsort). -— 2 unsanfte adv., hier: beschwerlich (wegen der
- weiten Entfernung). — 3 sin geht auf den boten: man nimmt
- ihn nicht gut auf (von Seite der Umgfebung).
- V. LIED. 119
- zehant ich tihten dö began,
- als mir mtn senedez herze riet,
- von miner vrowen niuwe liet.
- V.
- EIN TANZWiSB, UND IST DIU FÜNFTE wlSE.
- Sumer ist nu gar zergän,
- gesweiget sint diu vogelUn. (lo)
- Des muoz ich vil trüric stän
- und in dem herzen jämric sin.
- 5 Winder und ein ander leit
- diu gebent mir dicke senden muot:
- sie habent mir beidiu leider widerseit, (15)
- Sumers sol man sin gemeit:
- so mac ein man der vrouwen sin
- 10 Wol mit dienste sin bereit,
- vil saelic si sfn lichter schin!
- Winder, ich pin dir gehaz, (20)
- da bl der sumerwunne holt:
- so mac man werden vrouwen dienen baz.
- 15 Zwiu sol mir des winders zit
- und ouch dar zuo sin langiu naht?
- An der al min freude lit, (25)
- diu hat des leider niht gedäht,
- Daz sich ende so min strit
- 20 als einem, dem s6 wol geschiht,
- der nähen bi bi liebe lieblich lit.
- Sit man leit nach liebe hat, (105,i)
- s6 sol ouch liep nach leide ergäih
- Min Itp noch in leide stät:
- 25 des ist mir endelös min wän.
- V Gemischter Rhythmus. 1., 3., 5. Zeile trochäisch, die
- andern jambisch. Veberlieferung gut und fast einheitlich. —
- 5 vgl. Walther*8 Uns hat der winter kalt und ander not vil ge-
- tan ze leide L. 114, 30. Pf. 73, 8. — 23 vielleicht Reminiscenz
- an Reinmar; s. Q. u. F. 4, 118. — 25 endelvs adj., hier: un-
- endlich, unwandelbar. —
- 120 V. LIED. BITTERFAHRTEN.
- Vrouwe, wende so min leit, (5)
- daz mir nach leide iiep geschehe.
- min herze ht den freaden jämer treit.
- Vrouwe, liebiu vrouwe mtn,
- 30 war umbe bistu mir gehaz?
- Ich was ie der dienest din. (lo)
- daz weiz got wol und niemen baz,
- Daz ich von dir mlnen muot
- noch nie gewande slt der zit,
- 35 daz ich verstuont beid übel unde güot.
- 334 Den winder reit ich alzehant (15^
- vrowen sehen hin in daz lant,
- da diu vil reine, süeze was.
- noch staeter denne ein adamas
- was daz herze min gein ir.
- ich gedäht vil innecliche mir, (20)
- wa ich nseme einen boten dar,
- der ir saget minen willen gar.
- 335 Des künde 6t leider niht geschehen:
- ich mohte den boten nie erspehen,
- ervinden nie über al daz laut, (25)
- den ich zuo ir möht hän gesant.
- des muost daz senede herze min
- durch not von schulden trüric sin.
- ich was vil nach an vreuden tot
- von der vil senelicher not. (30)
- 336 Min freude was gelegen nider. (106,1)
- nu kom der sumer aber wider
- mit siner schoene, als er ie pflac:
- er bräht vil manigen schoenen tac.
- ol Keminiscenz an Keinmar: ich waj ie der dienest (Diener)
- dm, s. Q. u. F. 4, 118. Deshalb gegen die ältere Hs. des
- Frauendienstes, die hier dienste schreibt, im 2. Büchlein 20 aber,
- anch dienest bietet, die Lesart der Pariser vorzuziehen. VieU
- leicht aber steckt auch für Reinmar in dienste (gen. pl.) das echte.
- £s ist der alterthümliche Genitiv bei wesen; s. 6r. 4, 653.
- . 335,4 im Nhd, Verba umzustellen: den ich zu. ihr hätte
- senden können. ■ , i
- TBIEST. BKIXEN. 121
- ich gedäht: «ich wil der vrowen min (5)
- 6t aber hiure diende sin.
- ich diene ir vil lihte etswaz,
- da von ich ir gevalle baz.»
- 337 Ich wart vil kurzlich wol bereit
- mit orssen und mit wäppencleit (lo)
- und fuor mit freuden alzehant
- gein Kernden unde gen Kreinlant
- und danne gegen Ysteiiich.
- do het von Gorz der ^renrich
- in Tryest ein ritterschaft geleit (i5)
- durch sin vil höhe werdecheit.
- ' 338 Diu ritterschaft wart ritterlich,
- da wart manic ritter ^ren rtch,
- der da mit arbeit daz versolt,
- daz im die vrowen wurden holt. (20)
- der gräve Meinhart ez da wol tet
- und e und sit an maniger stet,
- ez wurden wol fünf hundert sper
- aldä. verstochen oder mer.
- 339 D6 funfzehen sper ich da verstach (25)
- vil ritterlich, dö daz geschach,
- d6 tet man mir sä an der stunt
- ze Brihsen einen tumei kunt:
- da fuor ich ritterlichen hin.
- ze dienste stuont gar al min sin (30)
- der herzenlieben vrowen min:
- der wold ich da ze dienste sin.
- AVENTIURE WIE DIER HERRE UOLRIch sInEN FINGER VEBLÖS.
- 340 D6 ich ze Prihsen kom geriten, (107,i)
- die ritter mich nach ritters siten
- 337, 7 Tryest, jetzt Triest gesprochen nach italienischem
- Vorgang, muß nach diesem Verse zu- schließen zu U.*s Zeit ein-
- silbig gesprochen worden sein mit Betonung auf y (i), mit dem
- e einen Diphthongen bildet wie das mhd. ie, wenn nicht zwei-
- silbige Senkung anzunehmen ist: TryHt ^n. Weinhold, bair.
- Gr. §. 52, sagt: Triest wird einsilbig gesprochen (Trist), bringt
- aber keinen Reimbeweis bei. Bech weist aus Beheiin's Buch von
- den Wienern. 356, 23 den Heim mit genist naclu
- 122 VERLUST DES PIN GERS.
- enpfiengen ritterlichen wol,
- als6 man geste enpfähen soL
- an ir gruoze mir niht gebrast: (5)
- ich was in ein vil lieber gast:
- si buten mirz wol sust nnde so.
- des dancte ich in und was sin vro.
- 341 Der turnei wart geteilet zuo.
- wir zogten üz des morgens fruo. (lo)
- '^/ ; '/w*.i ein velt diu Merre ist genant:
- dk zogt wir üf gar säjsehant
- der turnei huop sich und wart guot:
- wol hundert ritter wolgemuot
- mit manger hande arebeit (15)
- des tages erwürben da werdicheit.
- 342 Do sich der turnei gar zerlie,
- nu hoeret, wie ez dö ergie:
- von Potzen her Uolschalch mich bat
- . durch mine vrowen an der stat (20)
- mit im verstechen da, ein sper.
- daz was gar mines herzen ger.
- den heim min ich sä üf baut:
- als tet ouch er säzehant.
- 343 Mit zwein starken spereu sä (25)
- wir üf einander ranten da.
- ein schoen tyost aldä geschach.
- der höchgelobt Uolschalch mir stach
- einen vinger üz der hant. (108,0
- dö ich der wunden da enpfant,
- dö baut ich abe den heim min:
- ich muost daz stechen läzen sin.
- 344 Dar nach so merket, waz ich sage. (5)
- die ritter wären da in clage
- alle gar umb den schaden mtn.
- ich sprach: c sült ir läzen sin.
- ez hebt mich selben vil unhö.
- ich sagiu, wä von ichs bin frö: (lo)
- 341, 1 hier statt des gewohnlich gebrauchten einfachen
- teilen (s. zu 246, 6) zuo teilen ohne Veränderung der Bedeutung.
- VERLUST DES FINGERS. 123
- ez ist mir durch ein wip geschehen :
- diu mnoz sin mir für dienest jehen,»
- 345 Do zogt wir wider in die stat,
- einen meister ich mir gewinnen hat
- der kom vil kurzlichen dar. (15)
- do er gesach die wunden gar
- heidiu dort unde hie
- (d er ving^r an einer äder hie).
- er sprach: «er wirt iu rehte wol,
- oh man iu tuot reht, als man sol. » (20)
- 346 Des tröstes wart min herze vro,
- und sprach wider den meister s6:
- * «trieget ir mich niht und slt getriu,
- so gib ich willeclichen iu
- also krefteclichez guot, (25)
- des ir sit immer wol gemuot.
- machet ir den vinger mir gesunt,
- ich gibiu, weit ir, tftsent pfunt.»
- 347 Er underwant sich min zehant,
- den vinger er zehant mir baut. (}^o)
- in den banden ich dö lac
- reht unz an den sehsten tac.
- dö er die wunden wolde sehen (109,i)
- und ir varwe begunde spehen,
- dö was si swarz und ungevar.
- des erschrac ich und der meister gar.
- 348 Dö sprach ich: «wie, meister min? (5)
- ich mac vil wol versümet sin
- mit iwer meisterschefte gar.
- diu wunde ist also missevar. »
- er sweic, daz er nie wort gesprach;
- 345, 2 gewinnen bat, schaffen, bringen ließ. — 6 oder stf.,
- früher weitere Bedeutung, auch : Muskel, Sehne. — 7 wol adv.,
- hier sich adject. Bedeutung nähernd (daraus unser adj. wohl ~
- gesund); rehte w., ganz gut, ganz heil. — 8 für «u setzte L. un-
- nothig mit Bezug auf den Finger im.,
- 346, 2 Verbalellipse : ieh zu ergänzen. — 3 getriu adj.
- hier: zuverläßig, Wort haltend.
- 124 VERLUST BBS FINGERS,
- wan daz er jsemerliche sach. (lo)
- bi mir er vast in sorgen säz.
- ich sprach: «nu vart den gotes haz
- 349 Alsam ein boeswiht von mir hin!
- ir Sit ein man gar ä,ne sin,
- daz ir deheinen biderben man (15)
- iuch geturret genemen an
- mit erzenie, und kunnet des niht.
- min munt von wärheit iu des gibt,
- liez ichz durch got niht, 4az ist war,
- so hiez ich iuch besntden gar.» (20)
- 350 Min herze daz was nngemuot.
- ich hörte sagen, ein meister guot
- wa3r ze Potzen: dar reit ich.
- man trost des endelichen mich,
- und koem ich kurzelichen dar, (25)
- er machte mir den vinger gar
- mit siner meisterschaft gesunt.
- ich reit zuo im sä, an der stunt.
- 351 Do ich dar üf dem wege reit,
- von gedanken mir min leit (30)
- swant ein teil, ich gfdäht also:
- «ich mac wol immer wesen yro.
- daz ich der werden dienen sol, (110, 1)
- daz tuot mir innecliche wol. »
- min herze singen mir dö riet
- von miner vrowen disiu liet:
- 348, 6 sehen stv., hier intransitiv : aussehen (oder blicken ?) :
- vgl. Gr. 4, 55. — 8 vart den gotes haz, Verwünschungsformel;
- ähnlich der sunne haz hin vam 1310, 6.
- 349, 8 besntden stv.: es liegt am nächsten an das Beschneiden
- der Vorhaut zu denken, aber das wäre keine Rache, eher das
- Beschneiden des Haares, etwa das Eahlscheeren , weil das als
- etwas Schimpfliches galt; vielleicht ist besntden: entmannen, wie
- Lexer vernauthet, oder geht auf das Abschneiden der Ohren oder.
- der Nase, besntden als Terminus einer Strafe fehlt in Grimm's
- Hechtsalterthümern: Bech vermuthet besmtden, das wäre: ein-
- s<^hmieden, in Ketten legen, etwa: in den Bock spannen. Die
- Conjectur um so zutreffender, als ü. besmiden wirklich gebraucht
- (mit dem Zusatz in einen bot/en) 1726, 1.
- TL LIKD. 125
- VI.
- EIN TANZWiSB, UND IST DIU SEHSTE wiSE.
- t
- TV^Ö daz mir diu guote (5)
- verret so ir minne!
- des bin ich in dem muote
- vil ofte unfrö.
- 5 Soi mir niht gelingen
- an ir, der ich singe, (i(>>
- s6 muoz min herze ringen
- mit trüren so,
- Daz ich nimmer mere
- l;0 ze freuden gesinne.
- sie häts lützel ßre, (15)
- stät min herze unho.
- Schoene bi der güete
- stät vil wol den wiben:
- 15 so stät ouch höchgemüete
- den mannen wol. (20)
- Hochgemüete wolde
- gerne vil beliben
- bi mir, het ich sie holde,
- 20 von der ich dol
- VI Gemischter Rhythmus, doch fügt sich die Ueberlieferung
- nicht durchaas dem System. (Weißenfels stellt das Lied auch
- zu denen, die gemischt daktylisch sind, was ich nicht verstehe).
- Abgesang durchaus trochäisch, ebenso die beiden ersten Zeilen
- der Stollen, Zeile 3 und 4 jambisch. — 6 der ich singe (nacii
- beiden Hss.), für die ich dichte, singe bildet nur Assonanz zu
- minne 2 und gesinne 10; deshalb änderte v. d. Hagen (HMS. 2,
- 34**) die ich minne und L. dar ich sinne. Eine Assonanz findet
- sich auch in der 2. Strophe: miden 22 auf wiben und beliben,
- die weder von v. d. H. noch von L. angetastet wurde. Darum
- wjrd auch die erste berechtigt sein. — 10 ze freuden gesinne^
- auf Freuden bedacht bin, hoffe. Der Vers fügt sich nicht, ab-
- gesehen von der fehlenden Senkung ze freuden^ in das Schema ;
- L. schlägt vor: hdn. ze freuden sinne. — 17 wolde, Hülfsverbum
- für Futurbegriff: würde. — 18 vil gerne Hss. {gern M); L. schrieb
- ergänzend: vil gern ie beliben; vil kann auch hinter das zu ve>
- stärkende Wort treten, darum habe ich umgestellt. — 19 gibt
- 1 5^6 VI. LIEB. • HEILUNO.
- Herzenliche swajre. (25)
- da von muoz ich miden
- vreuden, der mir wsere
- sus min herze vol.
- So JA man ich vii sere, (lll»i)
- vrouwe, dlne g^ete,
- daz du mich durch din ^re
- hedenkest baz.
- La mich gnäde vinden, (5)
- 30 daz dich got behüete.
- an dir s6 müez mir swinden
- der minne haz. '
- Diu ist mir gevjere;
- da von min gemüete (lo)
- ist vil vreuden laere.
- :>»; guot wlp, wende daz!
- 352 Nu was ouch ich ze B6tzen komen.
- do daz der meister het vernomen,
- er kom zuo mir sä an der stat (i5)
- nach mlnem willen, als ich bat.
- er schoute mir die wunden min;
- er sprach: air sült äne angest sin.
- ich mach iuch in vil kurzer stunt
- an iwerm vinger wol gesunt. » (20)
- 353 Er underwant sich min zehant:
- die wunden min er schöne baut, .
- vil meisterlichen unde wol,
- als von reht ein meister sol.
- dö ich gelac d4 siben tage, (25)
- (nu mercket reht, waz ich in sage)
- keinen rechten Sinn wegen des Conj. het, helde flectierte Form
- statt hoU, lieb. (Vielleicht het sie mich holde = holden.) —
- 23 vreuden (Hss. vil vreuden, was nicht paßt) gen. abh. Ton
- miden Str., sonst der Acc. — 25 manen swv., mahnen, selten
- mit acc; der Sache ; man erwartet ja man ich dich vil aere dtner
- güete,' was rhythmisch nicht angehen wnrde. — 33 diu, sc. die
- ItaOende Minne, ist mir gevare, feindlich gesinnt.
- HEILUNG. VIEK BÜCKLEIN ALS GABE. 127
- ein vrowe sande ir boten mir.
- des muoz ich immer danken ir.
- 354 Sie hiez ir boten mir daz sagen,
- sie wolde von herzen immer clagen (30)
- niine sendelichiu leit:
- ir wsere daz von mir geseit,
- ich waere der vrowen dienestman, (112,1)
- mit triuwen dienstes undertän:
- da von solt ifslich werdez wip
- mit triwen clagen minen lip.
- 355 Der böte sprach: «herre, diu vrowe min (ö)
- hat iu gesant vier büecheUn,
- daz ir die wile da kürzet mite.
- si gibt, ez si guot ritters site,
- die gern beeren bi ir tagen
- singen, lesen unde sagen, (lo)
- waz hie vor die biderben man
- durch werde vrowen habent getan.»
- 356 Ich sprach: «ich nige ir üf den fuoz.
- von reht ichz immer dienen muoz,
- daz si ir zuht hat gegen mir (15)
- also getan, des danke ich ir
- und wilz ouch immer diende sin.
- daz sag von mir der vrowen din,
- ich dien ez unz an minen tot,
- daz si mir ie s6 wol enböt. » (20)
- 357 Sus reit er hin, und ich lac hie.
- nu beeret, wie ez dö ergie:
- des andern tages kom er wider,
- dö het ich mich geleget nider:
- 354, 6 dienstes gen. bei undertdn : mit , im Dienste unter-
- tUänig, ergeben.
- 355, 2 diese vier Büchlein sind nicht Liebesbriefe, sondern,
- wie aus dem Folgenden hervorgeht, erotische Erzählungen zur
- Lectäre. Weil die Zahl genannt ist, haben wir wohl vier ein-
- zelne kleine Codices anzunehmen. — 5 die plnr. nach dem
- Sinne trotz des Sing, ritters. — hoßren conj.: hören mögen, wes-
- halb, worauf L. aufmerksam macht, auch in V. 8 genauer haben
- stehen sollte. — 6 formelhafte Wendung.
- 128 HKLLUNÜ.
- durch ruowe ich an dem bette lac. (-25)
- daz was reht umb mitten tac,
- dö der böte zuo mir gie,
- : den ich mit Worten wol enpiie.
- 358 Er sprach: «des mäeze in Ionen got.
- ich bin öt aber zuo iu bot. (3o)
- eu hat min vrowe her gesant
- bi mir ein wlse, diu nnbekant
- ist in teutschen landen gar (113,i)
- (daz sült gelouben ir fftr war):
- da sult ir teutsch singen in:
- des bitet st, der bot ich bin.»
- 359 Die wlse ich lernte an der stat (5)
- und sanc drin reht, als st mich bat
- mit triuwen vrowen werdecheit,
- den ich ze dienst ie was bereit
- und ouch mit triuwen dienen wil
- vil gern unz an min endes zil. (lo)
- ir lop mich ofte machet vrö.
- nu hoeret: diu liet sprechent so:
- 358, 3. 4 min vrowe: das sagt der Bote jener nicht ge-
- nannten Frau, einer stillen Verehrerin U.*s, die ihm die vier
- Büchlein sendet. Schonbach scheint seltsamer Weise Zeitschr.
- 26, 315 in ihr U.*8 Geliebte zu erblicken, wie yor ihm v. d. Hagen,
- Minnesinger 4, 325; denn er sagt, ans 112, 23 (= 357, 3) gehe
- hervor, daß die Herrin sich elniAal nahe bei Bozen aufhielt,
- jedoch nicht, daß sie auch dort wohnte. Aehnlich urtheilt
- Kummer, Herrand von Wildonie, S. 25 Anmerk. 3, auch Uhland
- (s. Einleitung). Richtig unterscheidet dagegen Knorr S. 16
- zwischen jener «fremden Dame» und der Geliebten. — 4 daß
- die unbekannte Melodie eine welsche, italienische gewesen ist,
- liegt nahe; Knorr a. a. O. bezeichnet sie ohne Vorbehalt als
- eine welsche. — T da mit in zu verbinden. Hier ein weiterer
- Beweis von der Unterlegung eines Textes unter schon vorhan-
- dene Melodien; vgl. zu 316, 4.
- VII. LIED NACH FREMDKK WEISK. 129
- VII.
- EIN SINCWiSE, UND IST DIU SIBENDE WISK,
- W^ war umbe sul wir sorgen?
- vreude ist guot.
- Von den wiben sol man borgen ' (i5)
- höhen mnot.
- (5 Woi im, der in kan gewinnen
- von in! derst ein ssßlic man.
- freude sol man durch sie minnen:
- wan da ilt vil ^ren an. (20)
- Wir süin tanzen, singen, lachen
- 10 durch diu wip.
- 1)4 mit mac ein man gemachen,
- daz stn Itp
- Wirdet wert, ob er mit triuwen (20)
- dienet guoter wibe gruoz.
- 15 swen sin dienest wii geriuwen,
- dem wirt selten kumbers buoz.
- Mit dem wazzer man daz fiuwer (114,i)
- leschet gar:
- Vinster ist der sunnen tiuwer,
- 20 beidiu w&r
- Sint diu msere: ir hoeret mere! (0)
- habet für war üf mlnen Itp:
- VI Durchaus trochäisch, üeberlieferung gut. In V. 32"
- ergänzt L. vrowe und schreibt hilfat C= vrou, so hit/stu), um
- dem Rhythmus zu genügen. Gegen die schwebende Betonung
- in der zweiten Hebung : ao hilf est du, welche die Melodie nicht
- grell hervortreten läßt und mildert, wird nichts einzuwenden
- sein, — Das Lied ist nach E. Schmidt (Q. u. F. 4, 117) eine
- gegnerische Parodie des Keinmar'schen Man sol sorgen, sorge ist
- guot (MF 198, 25). — 13 wirdet, für U. seltene volle Form;
- sonst in der Regel wirt. — 17. 18 nur die erweiterten Formen
- fiuwer (= fivr) und tiuwer (= tiur, tiure) geben klingenden Reim.
- — 19 der Sonne fehlt (ist tiuwer) die Finsternis (oinster stf.)
- mit dem erweiterten Gedanken : die Sonne vernichtet die Finster-
- ni(^. — 20 diese beiden Dinge, die vorherg. Ausspruche, sind
- wahr, stehen fest. — 21 ir haret ist wohl als Imperativ mit
- dem Personalpronomen aufzufaßen = hceret! (vgl. 464, 1 du sage;
- 1
- UliBICB VON LiXGHTEKBTBIir. I. 9
- 130 YII. LIED. HÜNDLEIN ALS GABE.
- rehten man von herzen s§re
- scheidet nieman wan diu wip.
- 25 Ouw6 ouw^, frouwe Minne,
- mir ist w^. (lo)
- Nu grif her, wie sere ich brinne.
- kalter sne
- Müeste von der hitze brinnen,
- 30 diu mir an dem herzen iit.
- kanstu, Minne, triuwe minnen, (15)
- so hilföstu mir enzit.
- 360 Der bot niht langer da beleip.
- zehant d6 man diu liet geschreip,
- d6 beleip er niht langer da:
- er fuort si slner vrowen sä. (20)
- dö sis gelas, diu wol gemuot,
- si sprach also: «diu liet sint guot.
- nu füer im hin ditz hundelin:
- daz sol sin miet von mir sin.»
- 361 Daz hundelin gap mir der bot. (25)
- ich sag für war eu daz bl got
- daz geloubet irt 1424,4), doch kann auch der Opt. praes. ge-
- dacht sem (vgl. Gr. 4, 204); in der nächsten Zeile dann der
- Imper. ohne Pron. ; vgl. zu XIV, 33. — 31 minnen swv., hier
- nicht : lieben, sondern : eingedenk sein, weiterhin : belohnen die
- triuwe, die unwandelbare Liebe, die ich an den Tag gelegt habe.
- 360, 4 fg. der Bote brachte das Lied seiner Herrin, nicht
- der Geliebten U.'s, wie Schonbach wieder irrthümlich anzu-
- nehmen scheint (Zeitschr. 26, 317), und diese fremde Dame
- schenkt aus Erkenntlichkeit dem Dichter ein Hündlein. — 7 das
- Diminutiv deutet darauf, daß nicht ein Jagdhnnd, sondern ein
- Schooßhündchen gemeint sei, wie sie beliebt waren bei Frauen
- und Männern und als Geschenke gegeben wurden ; weitere Nach-
- weise bei Weinhold, d. d. Frauen S. 84. 1 *, 108 fg., Schultz,
- höf. L. 1, 347. U.'s Bericht kann der Wahrheit entsprechen ;
- doch könnte auch ein Motiv ans der Tristansage, die Erzählung
- vom Hündlein Petitcriu (Abschnitt XXV) hineinspielen, welches
- Herzog Gilan von einer Fee znm Geschenk erhielt und dann
- an Tristan gab, der es seinerseits wieder seiner Geliebten Isolt
- zum Geschenk machte. Daß Tristan ein Hündlein von Isolt
- erhalten habe, wie v. d. Hagen 4, 335 zu unserer Stelle anmerkt,
- beruht auf Irrthum.
- VEREITELTES TÜBNIER ZU FRIESACH. 131
- und gihe niht, wan als ich dö jach,
- ich nie schoenem hunt gesach.
- des hundes von mir wart genigen
- und grözez danken niht verewigen: (30)
- die gähe ich willecltch enpfie.
- nu hoeret, wie ez dar nach ergie:
- 362 Ein bot mir kom von heime dar: (115,1)
- der saget mir endelich fftr war,
- bi sinen triuwen er mir jach,
- ein tumey wurde ze Vrisach
- von dem tage an dem zwelften tage. (5)
- des kom min herze in gröze clage,
- daz ich da bt niht solde stn.
- do sprach zehant der meister min: '.
- 363 «Herre, ir sült mir des verjehen:
- ir wolt den tumei gern sehen.» (lo)
- «ja, zcwäre, meister min:
- ich S8ßhe in gern, möht ez sin.»
- as6 vart dar, slt irz gern tuot.»
- «nu waz ob ez mir niht ist guot?»
- «nein, ich trüwe iuch wol bewarn: (15)
- wan ich wil selbe mit iu varn.»
- 364 Der rede wart min herze vrö.
- an der stat bereit ich d6
- mich unde reit von danne zehant
- ze Vrisach in daz Kärndenlant. (20)
- dö ich dar kom, die freunde min
- mich hiezen wiilekomen sin.
- €u sl von wdrrheit daz geseit:
- min vinger wart da vii gekleit.
- 365 Wol drithalp hundert ritter guot (25)
- dar wären komen durch höhen muot.
- e ich dar koeme, der tumey
- was geteilet gar enzwei.
- mir was vil herzenllchen leit,
- daz ich niht mohte wäpenkleit (30)
- 365, 3 käme cönj. praet., abhängig von e. — 6 fg. Um^
- Schreibung för: da(^ ich mich am Tamier nicht betheiligen konnte.
- 132 VEKEITELTES TUBNIER ZU FRIESACH.
- geftieren durch die vrowen min.
- da von sach man mich trüric sin.
- 366 Ich gedäht: «slt daz ich ritter hie (116,i)
- niht mac gesln, ja herre, wie
- möht ich den turnei understän?
- hie ist s6 manic biderbe man,
- daz vil guottät hie geschiht: (5)
- sol ich der einer wesen niht,
- der ez wol üf dem veld hie tuot,
- s6 bin ich immer ungemuot. »
- 367 Ich nam daz schoene hundelin,
- gürtel, vingerl, heftelin, (lo)
- daz wol gein drizic marken wac.
- nu beeret-, wes ich da mit pflac.
- ich bat die ritter alle komen
- zesamen. von mir da wart vernomen,
- ich swuor in teure da bi got, (15)
- ich waßre dar einer vrowen bot.
- 368 Ich sprach: «ir sült des danken ir:
- si hat gesant iu her bl mir
- ditze? cleinöt, als ich sage.
- s welch ritter hie den bris bejage, (20)
- dem sol ich von der werden geben,
- er mac wol hohes muotes leben,
- dem solher pris hie widervert,
- ^ daz im daz cleinot ist beschert.»
- 369 Die ritter wären alle vrö. (25)
- vil manger im gedäht also:
- «mir muoz daz cleinot sin beschert,
- daz mir daz niemen hie erwert.
- 367,3 marke, marc stf., Mark, halbes Pfund : nach unserm
- Gelde nicht ganz genau zu bestimmen, etwa 40 Mark. — 7 diese
- Bethenerung ist eine starke Unwahrheit; U. hat keineswegs
- einen Auftrag erhalten, aber er erfindet ihn, um den Ehrgeiz
- der Ritter und ihre Gewinnsucht anznstacheln und so. das Tur-
- nier zu hindern. Diese Lüge rächte sich nachher; s. zu 1028, 5.
- 368, 3 unter cleinot stn. hier und im B'olgenden ist coUectiv
- das Hündlein, gviiel, inngerl, Ringe, und heftelin, Spangen, ver-
- standen: diese Kostbarkeiten.
- 369, 2 iw refl. bei denken: hai sich.
- VEREITELTES TUBXIER ZU FBIESACH. 133'
- ich wil den l!p und ouch daz guot
- dar umbe wägen, daz ist min muot. (30)
- ja muoz ich tot alhie geligen
- oder an dem prise hie gesigen. »
- 370 Umb ^re wart da grözer nit: (117,i)
- si trabten alle wider strit
- umbe pris da harte ritterlich,
- der sus der so, doch ungelich.
- der nam sich raer gesellen an, (5)
- so wolde der m6re orsse hän:
- kipper mer, geselle min;
- sus nngellche stuont ir sin.
- 371 Die piderben trabten da den pris
- ze werben harte mangen wls; (lo)
- da von der turnei gar zergie:
- si künden in gesamenen nie,
- als er da vor geteilet wart.
- der teil sich b^denthalben zart,
- zefüeret wären al die schar: (15)
- da von zergie der turnei gar.
- • 372 Den turnei wand ich da durch nit
- und schiet von danne sä an der z!t
- hin heim, von danne sä zehaut
- in daz vil reine, süeze lant, (20)
- dar inne was diu vrowe min.
- ich wolde da aber werbent sin
- umb einen boten, den ich ir
- sand 6t aber: daz was min gir.
- 370, 5 — 7 geselle, der rittermäßige Gefolgsmann und Mit-
- kämpfer, kipper 8tm., der nicht rittermäßige Kämpfer, Knappe
- oder Knecht (s. Niedncr, Turnier, S. 28. 31. 68 fg.). Vers 7 steht
- in freier Construction (geselle statt gesellen) in nächster Be-
- ziehung zu V. 6: der mehr Pferde haben wollte, dem kam es
- auf die Maße an; an Stelle von Rittern, die er nicht haben
- konnte, wollte er Kipper aufs Pferd setzen, gegen die sich die
- Anhänger des feinen l^irniers sträubten.
- 371,2 ze werben nach Hs. , L. zerwerben, um einen Inf.
- nach trakten zu erhalten und das gewöhnlichere Wort bei pru,
- — 3 U. erreicht seinen Zweck. Wäre nur um Ehre ohne Preis
- gestritten worden, dann hätten sich die Ritter eher geeinigt,
- und das schon getheilte Turnier wäre zu Stande gekommen.
- 134 NEUE HOFFNUNG.
- 373 Ich traht umb eineü boten vil. (25)
- für war ich iu daz sagen wil:
- ich moht sin leider niht gehaben.
- des was diu vreude min begraben.
- ich moht ir nie gemachen kunt,
- daz ich durch sl was warden wunt. (30)
- Sit ich die wärheit sprechen sol,
- daz tet mir we und niender wol.
- 374 Mir muost w^ von gedanken sin: (118,1)
- ouch tet mir w^ der vinger ra!n,
- daz man mir zwir des tages bant
- also, daz plüeten muost min haut.
- di not ich zwir leit in dem tage: (5)
- doch tet mir wirs diu senede clage,
- daz ich niht boten mohte hän.
- des was min vreude gar zergän.
- 375 Ich het mich boten gar bewegen:
- des was min höher muot gelegen, (lo)
- ich leit von sorgen ungemach.
- nu hoeret, waz mir do geschach:
- in dem lande was ein kneht:
- des zuht was groz, sin triwe sieht.
- er was min vriunt, zuo mir er reit, (15)
- den vinger min er s^re cleit.
- 376 Er sprach also: «got weiz ez wol,
- sit ich di wärheit sprechen sol,
- mir ist umb iwern smerzen leit.
- des si pfant al min saelicheit. (-20)
- sold ez an minem willen sin,
- ich het ez an dem übe min
- 374, 4 plüeten (bluoten 1043, 1) swv. , seltene nmgelautete
- Form, etymologisch nicht gerechtfertigt; vielleicht pikten ver-
- schrieben für pluten.
- 375, 5 kneht stm., auch hier: Edelknecht, Knappe; vgU
- 392, 8. 393, 1. — 7 mm vriunt: wohl ein jüngerer Verwandter?
- Derselbe tituliert U. ebenfalls friunt 378, 1, ihrzt ihn aber, weil
- U. schon Ritter ist.
- 376, 6 ich würde es statt eurer an mir haben , ich würde
- es auf mich nehmen.
- NEUE HOFFNUNG/ 135
- für iuch: daz sult gelouben ir
- bi minen rehten triwen mir.»
- 377 Ich sprach: «Munt, ich getrüwe dir wol, (25)
- deswär, als ich von rehte sol.
- du bist mir ie gewesen holt.
- min herze mangen jämer dolt
- von gedanken um ein wlp,
- der ie gedienet hat min 11p: (30)
- der kan ich niht gemachen kunt,
- daz ich durch st bin warden wunt. »
- 378 «Herre friunt, ich wil iu sagen: (119,1)
- ich hän in disen zehen tagen
- iwer trütschaft gesehen.
- getörst ich des vor iu gejehen,
- ich hän si lange wol bekant, (5)
- swie ir mirs doch niht habt genant.
- ich erkenne si wol, geloubet daz,
- und weiz wol, st ist iu niht gehaz.»
- 379 «Nu welle got,» sprach ich zehant,
- «daz daz iemen st bekant, (lo)
- wer si st, diu vrowe mtn.
- ich wil des gar äne angest sin,
- daz du iht wizest, wer si st.
- sage an, wer ist si, der du bt
- bist gewesen in kurzen tagen? (15)
- daz soltu mir vil rehte sagen. «
- 380 Dö nand er mir st zehant
- er sprach: «mir ist daz wol bekant,
- daz an ir iwer freude Itt:
- si ist iwers herzen meienztt.» (20)
- zehant dö er daz wort gesprach,
- ein minnewunder mir geschach:
- 377, 1 U. sagt imr friunt y anders der Knappe; der darf
- herre nicht vergessen; vgl. 382, 1. 383, 1.
- 378, 1 L. setzt Blomxna zwischen Herre und friunt; mit
- Unrecht, denn beide Wörter gehören zusammen, herre friunt
- (sonst kommt auch vor friunt herre z. B. G. Trist. 1555), Herr
- Vetter. — 3 iwer trütschaft, geniale Verbeßerung von L. statt
- des hsl. Eine hotschaft y eure Liebschaft = eure Geliebte.
- 379, 1 man erwartet enwelle; vgl. 1122, 7.
- 136 NEUE HOFFNUNG.
- daz houbet min mir nider seic,
- min herze seuft, min munt der sweic.
- 381 Er sprach: «\^1e nü? vfie tuot ir s6? (25)
- wie Sit ir warden als unfrö?
- euch hat ir nam gemachet t6t.
- ist iu daz leit, d^st gar ä.ne not,
- daz ichs erkenne: daz ist iu guot.
- ich trage iw also holden muot (:^o)
- und hän ouch wol so guoten sin ,
- daz ich iu guot wol gegen ir bin.»
- 382 Ich sprach: «geselle, du solt mir sagen, (120,1)
- di rehten wärheit niht verdagen:
- wer hart dir miner vrowen namen
- kunt getan? ich wil michs schämen,
- ist ez von minen schulden komen, (5)
- daz du ir namen hast vernomen:
- so sol diu werde vrowe min
- von reht mir immer vremde sin.»
- 383 «Nein, herre, ir sit unschuldic gar.
- sin ist vil nach wol drithalp j4r, (lO)
- daz mich min vrowe het gesant
- zuo ir: da wart ez mir bekant.
- abe miner niftel ichz erfuor
- einer, der ich tiure swuor,
- daz ez von mir wser gar verdaget (15)
- und allen leuten ungesaget.»
- 384 ((Sage an, so dich diu vrowe din
- sendet zuo der vrowen min,
- und laßt man dich die werden sehen,
- des soltu mir vil rehte jehen. (20)
- du solt ouch mich verswigen niht,
- mäht du mit ir gereden iht
- 380, 8 seuft (Rsrsäft) = se«/i?e praet. = stufte vou stuften,
- seuften swv. , seufzen, sonst in der Hegel stifte; jene UmlantSr
- form, ähnlich wie diuhte neben dem regelmäßigen dühte, in der
- Gramm, nnd bei Weinhold, mhd. Gr., nicht angemerkt.
- SSI-, ^ guot ädj. , hier: hülfreich. — gegen ir, ihr gegen-
- über, bei ihr.
- 383,6 emer, allein. , .
- 384, 1. 2 vrowe din, vrowe min in verschiedener Bedeutung.
- NtBUE HOFFNÜNa*- 137
- verholne? ob man dir des gan,
- so wird ich noch ein sselic man. »
- 385 «Ir sült für war gelouben mir: (25)
- man gan ze reden mir mit ir
- verholn reht allez, daz ich wil,
- es sl lützel oder vil.
- daz hoeret si mir zühteclich,
- diu reine, süeze, tugentricb. (30)
- ich pin ir willekomen gar,
- als mich min vrowe sendet dar.»
- 386 Ich sprach: awol mich, daz du ie (121, i)
- mir wsere holt; und daz ich nie
- dich niht verzech, des bin ich frö,
- Sit daz dtn dinc stät gegen ir so.
- daz du mit ir redest, swaz du wil, (5)
- daz ist gar mines herzen spil.
- so soltu, lieber vriuiit min,
- min böte zuo der vrowen sin.»
- 387 «Ich bin iwer bot mit tri wen dar
- und sage ir endelichen gar (lo)
- allez, daz ir enbietet ir:
- daz sült ir wol gelouben mir:
- daz sag ich ir in kurzer zlt.
- und swaz antwürte si mir git,
- daz sag ich iu her wider sä, (15)
- si spreche nein, si spreche ja.»
- 388 «Vriunt, iiu müeze dir lönen got '
- des, daz du wesen wilt min bot.
- nu sage der lieben vrowen min
- füi- war daz üf die triwe din, (20)
- daz s! mir ist für elliu wtp
- und lieber danne min selbes lip
- 885, 5 hceren swv. mit dat. der Person, acc. der Sache,
- einem in einer Sache zuhören; im (ranzen seltene -Wendung. —
- 8 als = also, soy wenn.
- 386, 2. 3 nie und niht, doppelte Negation, die sich nicht
- aufhebt — verzihen stv. mit acc., einen verschmähen, sich vöiv
- einem lossagen; negative Wendung für: daß ich dir immer zu-
- geneigt gewesen bin. Hier gibt sich U. als der Vornehmere
- kund; holt in V. 2 nicht: huldreich, sondern: ergeben.
- 387,8 vgl. zu 1. Büchl. 233.
- 138 NEUE HOFFNUNG.
- und lieber danne iht dinges si.
- min staete ist gegen ir wandeis fri.
- 389 Du solt der tngendertchen sagen, (25)
- ich habe bt vil kurzen tagen
- durch si gar einen vinger vloni.
- der was ze dienste ir geborn:
- der ist von einer tyost da hin.
- ich wil beidiu vlust und gewin (30)
- durch si liden mine tage,
- so mit freuden so mit klage.
- 390 Nu bit die lieben vrowen min, (122,i)
- daz s! mich läze ir ritt er stn;
- und bit si durch ir werdecheit,
- der got hat vil an si geleit,
- daz si mir bt dir eteswaz (5)
- enbiet, da von mir werde baz
- und minem herzen, danne im si.
- des bite die guoten wandeis vri.
- 391 Nu bringe ir disiu liet von mir
- und gibe si zühteclichen ir (lO)
- und sage irüf min triuwe daz,
- daz ich ir nie tac vergaz.
- in minem stseten herzen lit
- st gevangen alle zit.
- got geb, daz ez mir wol erg^: (15)
- dar üz s6 kumt si nimmer m^. »
- 392 D6 nam er urlaup sä zehant
- und reit hin, da er di guoten vant.
- d6 er dar kom, diu vrowe min
- diu bat in willekomen sin. (20)
- si sprach: «vriunt, du solt mir sagen,
- die rehten wärheit niht verdagen.
- 389,4 ^ebßrnr part. adj., hier: bestimmt, geweiht; ebenso
- 394, 7; scheint Beminiscenz an Reinmar: dock han ich mir ein
- liep er kam, dem ich ze dienste . . . muoz sin gehorn MsF 159, 27
- (von Schmidt Q. u. F. 4 nicht angemerkt).
- 391, 5 — 8 der Gedanke ist entlehnt dem 8. Liede, ins-
- besondere der 1. und 4. Strophe; s. Behaghel, Germ. 21, 435.
- 392, 4 bat: hier deutlich die Wandlung des ursprünglichen
- Begriffs in: heißen, laßen.
- NEUE HOFFNUNG. 139
- wie sich diu vrowe din gehabe,
- daz sage mir, wol gezogen knabß.i>
- 393 Der knappe sprach vil zühteclich: (25)
- «vrowe schoene, lügende rieh,
- Sit ich iu sol der wä»rheit jehen,
- so hän ich ir nu niht gesehen.
- mich hat ein ritter her gesant,
- des kumber mir wol ist bekant: (3o)
- der enbiut iu, reine vrowe guot,
- mit triuwen dienesthaften muot.
- 394 Er hiez in sinen kumber sagen (123,1)
- und M genäde s^re clagen.
- er ist in vil kurzer stunt
- in iwerm dienest warden wunt.
- im ist ein vinger üz der haut (5)
- gestochen, daz si iu bekant.
- der was ze dienest iu geborn:
- den hat er ritterlichen vlom.
- 395 Er hat vil tiure mir gesworn,
- er habe ze vrowen iuch erkorn (lo)
- mit rehter stseticheit alsö^
- daz er kan nimmer werden vrö,
- ir weit im denne genaedie sin,
- vil tugentrlchiu vrowe min.
- er hat iuch liep für elliu wip (15)
- und lieber danne sin selbes llp. »
- 396 aSage an, wer hä^ erloubet dir
- alsolhe rede ze reden mit mir?
- des hän ich weizgot niht für guot:
- wer ist, der so tumpllch ist gemuot, (20)
- der dich hat her zuo mir gesant?
- des namen mache mir bekant
- und wizze, ez ist mir gar unwert,
- daz du der dinge an mich hast gegert. »
- 397 «t Vrowe, ich nenne iu slnen namen, (25)
- des er sich nimmer darf geschamen.
- er ist genant von Liehtenstein
- her Uolrlch. sin valsch ist dein
- gegen iu, daz weiz ich für war.
- er dienet iu mit triuwen gar: (30)
- 140 NEUE HOFFNUNG.
- s6 liebes er nie niht gewan
- als iuch, guot vrowe wol getan.
- 398 Und sold er, liebiu vrowe min, (124,1)
- verholn aleine bi iu stn,
- da für so naeme er niht den gräl,
- den der werde Parciphäl
- mit ritterlicher arebeit (5)
- also kummerlich erstreit,
- sin paradise, sin himelricli
- ist iwer lip der minneclich. »
- '.399 «Nu sage im von mir, höfscher knabe,
- daz er der rede kom gegen mir abe: (10)
- wan ich hän ir niht für guot.
- er sol dar wenden stnen muot,
- daz im ze mäzen si gsBtalt.
- min lip sol als6 werden alt,
- daz mir daz nimmer wirt bekant, (15)
- daz heimlich minne ist genant.
- 400 Ich hän im selbe daz gesaget,
- daz er mir dar zuo niht behaget,
- des sin tumplip an mich gert:
- des dunket er mich gar unwert. (20)
- er müet sich selben gar umb niht.
- diu tumpheit nimmer mir geschiht,
- daz ich s6 neme den dienest sin,
- da von sich krenk diu 6re min.»
- 401 aNein, vrowe min, durch iwer tugent, (25)
- durch iwer höchgelobte jugent,
- durch iwern reinen, stlezen muot,
- Sit im gensedic unde guot.
- lät in geniezen, daz ir sit
- gar sines herzen meienzit. (30)
- ir Sit, sselic vrowe hör,
- sin §ren gebe, sin sselden wer.
- 398, 3 fg. vgl. l. Büchl. 165 fg. — 4 Parciphal nach Hs.,
- sonst Parcifal; s. Namenverzeichnis.
- 400, 3 tumpltp nach der Hs. in einem Worte, L. trennt:
- tmnp Itp. Warum sollte nicht wirkliche Znsammenset^^ung mög-
- lich sein? [vgl. Dummbart, Dummkopf.]
- VIII, LIED. 141
- 402 Tr Sit gar siner freudeii trost. (125,1)
- weit ir, er ist trürens gar erlöst:
- ir swendet im wol senede clage.
- bi minen triuwen ich iu sage,
- daz mir nie ritter wart bekant (5)
- bi miner zit über elliu lant,
- dem ie so liebe wttrd ein wip,
- als im ist iwer werder lip.
- 403 Er hat iu, vrowe, liet bi mir
- ouch her gesant, diu gerne ir (lo)
- hoeren sült: wan si sint guot,
- si machent iuch vroelich gemuot.
- diu wort sint guot, diu wise niu.
- er bat si, vrowe, mich singen iu,
- do ich nu nähest von im scbiet. (15)
- nu hoeret mich! ich kan diu liet:»
- VIII.
- DAZ IST BIN TANZWiSE, UND IST DIU AHTE wlSE.
- Wol mich, ez ist ergangen,
- als ich lange hän gegert:
- J4 hän ich sie gevangen,
- von der ich sol werden wert. (20)
- T) Sit daz ichs in panden hän,
- so ist min bester wän,
- sie sül guot an mir begän.
- Sie sol mir vreude und ere,
- da, bi wernde saelde geben! (25)
- 402, ^ so liebe, schwache Flexion des präd. Adj. ungewöhn-
- lich; man erwartet /tep oder liehez; s. Gr. 4, 493.
- 403, 2 der Hiatos gerne ir hier und 426, 6 nur in der
- HersteHang; er ist za vermeiden, weim für gesant gesetzt wird
- gesendet. — 5 fg. wichtiges Zeugniß, daß die Lieder von dem
- Boten auswendig gelernt und vorgesungen worden; vgl. Wacker-
- nigel, LGesch. 1 *, 305.
- VIII Gemischter Bhythmos, vorwiegend trochäiscli, nur
- Zeile 1 und 3 jambisch. Ueberlieferung gut, nur an zwei SteUen,
- V. 25 und 35, ist Streichung eines Wortes vorzunehmen. —
- 4 von der ich gewürdigt, erhört werden will. — 7 siil conj.
- praes., hier Auxiliar des Futurums: sie werde. — 8 «0/ hier:
- 142 vm. LIED.
- 10 Odr ich muoz immer mere
- sunder tröst in sorgen leben. (126,1)
- Aller min'er vreuden pfant
- nnde sorgen bant,
- daz st^t allez in ir hant.
- 15 Swie deine sies enpfinde, (5)
- sie muoz mir gebunden sin.
- Bant, da mit ich sie binde,
- daz sint al die sinne min,
- Herze und aller min gedanc,
- 20 triuwe an allen kranc, (lo)
- rehtiu stsete an allen wanc.
- In min vil sendez herze
- mitten hän ich sie geleit:
- Da ligt ouch al min smerze,
- 25 da ligt ouch min klagende leit. (15)
- Den zwein, swie leit ez mir si,
- muoz sie ligen bi,
- sien getuo mich beider vii.
- Ja läze ich sie wol dingen
- :^o schöne, als ein gevangen soL (20)
- Mac sie mir helfe bringen
- unde tröst für senede dol,
- Habe ir silber unde golt,
- si mir anders holt:
- 35 ich wil wan ir minnen solt. (25)
- soll, ich wünsche, daß sie... — 15 wie wenig sie davon, von
- ihrer Gefangenschaft, empfinden mag. — 22 fg. hier erst klärt
- der Dichter den Hörer des Liedes völlig auf über das gewählte
- Bild von der Gefangenschaft; dem Leser des Franendienstes
- hat er es schon vorher Str. 391 verrathen. -- 25 klagende
- leit, schmerzendes Leid (klagen auch «= Sehmerz empfinden);
- andere Auffaßung in der Gr. 4, 65: danach Transitivum in pas-
- sivischer Bedeutung angenommen : ^klagende, was geklagt wird,
- zu klagen ist», daneben aber noch eine andere Deutung ange-
- merkt: «doch ließe sich klagende überall auch intransitiv aus-
- legen durch: wobei geklagt wird.» — 29 dingen swv., unter-
- handeln, Bedingungen stellen (der Befreiung wegen). — 30 ge-
- vangen part. subst, Gefangener (auch für das Femininum). —
- 80/ , hier: schuldig ist. — 33 fg. dann mag sie Silber und Gold
- (als Losegeld) für sich behalten, wenn sie mir nur sonst hold ist. —
- 35 mht vor wan der Hs. nach L.'s Vorschlag gestrichen, wan
- VIII. LIED. NEUE HOFFNUNG. 143
- Diu minnecliche guote
- und diu werde h6chgemuot ,
- Waz hilf et al ir huote?
- sie ist vor mir vil unbebuot.
- 40 Wie kan sie behüeten daz, (30)
- der ich nie vergaz,
- ich gedenke ir baz und baz?
- Ir wiplich güete machet (127,1)
- in gedanken mich vil frö.
- 45 Min munt von vreuden lachet,
- swenne ich mir gedenke s6,
- Daz nie wip wart m^r s6 guot (5)
- noch s6 wolgemuot:
- der gedanc mir sanfte tuot.
- 404 Do si diu Het gebort aldä,
- diu reine, süeze diu sprach sä:
- «diu liet sint dßswär minneclich. (lO)
- waz danne?» sprach diu tugentrich:
- «ich nime mich ir zwar niht an.
- diu liet und swaz er immer kan
- gedienen, daz hebt mich unho.
- daz sag im von mir rehte so. (15)
- 405 Du solt in von mir biten des
- (nu merke ez rehte: ich sag dir wes).,
- daz er mich läze gewerbes vri,
- als liep im al sin ^re si.
- und wil er sichs gelouben niht, (20)
- ich füege, daz im da von geschiht,
- daz ers hat schänden immer me:
- i sd het erz baz verläzen L
- reicht aus für: nur; vielleicht: ichn wil wan. — 38. 39 unbe-
- huot part. adj. = unbehüetet^ unbewacht, nicht sicher, im Spiel
- mit kuote stf., nicht : die Hut, die Bewachung im Gefängniß U.'s.,
- sondern: ihre eigene Vorsicht, Zurückhaltung. — 40 behüeten
- 8WV., wieder in anderer Bedeutung: verhüten, verhindern. —
- 41 der gen. relat..auf sie bezüglich. — 42 gedenke conj., ab-
- hängig von behüeten'. daß ich gedenke; correcter wäre: ichn ge-
- denke.
- 405, 7 für schänden der Hs. setzt L. wohl nach 409, 7
- 144 NEUE HOFFNUNG.
- 406 Sage im, er si ein tumber man,
- daz er mir diejie üf solhen wän, (20)
- des einem künge wser ze ^il.
- von wärheit ich daz sprechen wil:
- { ez wart nie man s6 hoch geborn,
- mir waBre diu rede von im zorn.
- mich mnoz für war des wunder hän, (80)
- daz ers ie mnot gein mir gewan.»
- 407 «Ich sage im dae^ vrowe guot, (128,i)
- doch weiz ich wol, er ist so gemuot,
- daz er, vil liebiu vrowe min,
- gein iu niht \kt den dienest sin.
- üz iwerm dienst in nimmer n6t (r>)
- vertriben mac, niwser der tot.
- ern kumt üz iwerm dienste niht,
- daz weiz ich wol, swaz im geschiht.»
- 408 Sus nam er urloup und reit dan,
- hin da er mich hetß län. (10)
- ^ d6 ich den gefüegen boten sach,
- nu sült ir hoeren, wie ich sprach:
- «wis willekomen mir unde got,
- du vil höfscher gefüeger bot.
- nu sage mir üf die triwe din, (15)
- wie sich gehabe diu vrowe min.»
- 409 «Si gehabt ^sich wol, ir lip ist vrö.
- si hat enboten iu als6,
- daz ir si lät gar dienstes vri,
- als liep iu Itp und ere si. (20)
- und ist, daz ir des niht entuot,
- so ist für war daz gar ir muot,
- daz si iu füege alsölhen schaden,
- daz ir mit leide wert geladen.
- schaden f falls er nicht dem Fehler der Abschrift folgte; schänden
- p1. gen. partitims paßt aber anch ganz gat.
- 407, 6 niwcer (Hs. niwer) verlangt der Vers, niwcere, niwet,
- niuwer, mitteld. nuwer, daraus unser: nur (wortl. wenn nicht
- wäre; dann adverbiaj: ausgenommen).
- 409, 8 wert der Hs. = werdet dem Verse entsprechend.
- NEUE HOFFNUNG. 145
- £
- 410 Si gibt, und tuot ir iuchs niht abe, (25)
- daz si des nimmer üf gehabe,
- si fliege iu drumbe berzenleit.
- si hat für war mir daz geseit,
- daz ez ir si von iu unwert,
- daz ir an si der dinge gert, (;)o)
- der an si gert noch nie kein man.
- daz dunket si gar missetän.»
- 411 «Nu wizze, friunt, swie si mir tuot, (129,1)
- ez ist min wille und ouch min muot,
- daz ich ir immer dienen wil
- mit triuwen an min endes zil.
- si tuo mir übel, si tuo mir wol, (5)
- si ist, der idi da. dienen sol
- mit triuwen, al die wile ich lebe.
- si muoz sin miner vreuden gebe.
- 412 Waz danne ob si mir widersagt?
- dar umbe bin ich unverzagt. (lo)
- ob si mir hiute ist gehaz,
- so wil ich gerne dienen baz,
- daz si mir fürbaz werde holt.
- ob ich ir zorn hän nü versolt,
- so dien ich ir üf sölhen wän, (15)
- daz si mich hulde läze hän.
- 413 Solde ich durch vremden gruoz verzagen,
- solt mich ein wörtelin verjagen
- von minem hochgedingen hin,
- so het ich niht guoten sin (io)
- und het ouch niht manlichen muot.
- swaz mir diu reine, stieze tuot,
- 410, 2 bei tif gehaben swv. im Sinne von: aufhalten, Ein-
- halt thun, hindern, müßte wohl der Acc. stehen; des entweder
- absolut =;= hierin, damit, oder gen. abh. von der in nimmer
- steckenden Negation. Darum beßer die andere Bedeutung mit
- Bech anzusetzen (die 1. im mhd. Wb.): aufhören, ablaßen, ruhen
- [vgl. niederdeutsch aufhalten = aufhören]. — 3 Conjunctivsatz
- abh. von tif gehabe, — 5 tmwert aöj., unwürdig, hier: unlieb, — ^^
- 7 gert = gerte.
- 413, 1 fg. vgl. 2. Büchl. 86 fg. — 1 vremde adj., hier: un-
- vertraut, unfreundlich, kalt.
- Ulbich von Liechtbnstbin. I. IQ
- 146 EOMFAHBT.
- des sol ich allez danken! sin
- der herzenlieben vrowen min.
- 414 Friunt, uu soltu raten mir, (25)
- wan ich vil wol getrüwe dir.
- stt daz der sanier ist da hin,
- so ist daz min nmot und onch min sin:
- ich wil ze R6me in kurzen tagen
- varen. nü soltü mir sagen, (30)
- ob dir min vart iht wol behage:
- durch minen willen mir daz sage!»
- 415 «Herre, die vart iu niemen sol (130,i)
- leiden: si behagt mir wol.
- ich weiz für war, si ist iu guot.
- ez ist ein ritterlicher muot,
- daz man dem diene eteswaz, (5)
- von dem man hat gar allez daz,
- guot, s^le und dar zuo den lip,
- liebe friunt, kint unde wlp. »
- 416 (c Friunt, sit ez dir wol behaget,
- wis selbe des ouch unverzaget, (lo)
- du varst da hin zehant mit mir.)>
- ftdaz tuon ich gern, herre, und weit ir. »
- «ja, ich gib dir dar genuoc. »
- sus fuor mit mir der knappe cluoc.
- ze Rome was ich sehzic tage (15)
- und huop mich danne, als ich iu sage.
- 417 Nach Ostern ich von danne schiet
- und sang 6t aber niuwe liet
- von miner vrowen, als ich ie
- ze singen pflac, und lie daz nie, (20)
- ich lobt ir höhe werdicheitr
- die hä.n ich ie gemachet breit.
- ich bin ir eren immer vro.
- nu beert diu liet! diu sprechent s6:
- 416, 3 nach U.'s Dialect könnte zwar varst auch ind. sein,
- doch verlangt der Nebensatz den Conj.
- 417, 1 Ostern 1226 fiel auf den 19. April.
- IX. LIED. 147
- IX.
- EIN SINCWiSE, UND IST DIU NEUNTE wiSE.
- I^u schouwet, wie des meien zit (25)
- gezieret hat den grüenen walt,
- und schouwet, wie diu heide breit
- mit wunneclichen bluomen stät.
- 5 Die vogel singent widerstrit: (131,1)
- ir freude ist worden manicvalt.
- vil gar verswunden ist ir leit:
- der meie sie getroestet hat.
- Der meie troestet al daz lebet (5)
- 10 wan mich vil minnesiechen man.
- daz herze min ist minnewunt:
- des muoz ich sunder freude sin.
- Ist daz mtn lip iht freuden hebet,
- daz herze siht mich weinent an (lo)
- 15 und gibt, ez si vil ungesunt:
- so muoz ich län die vreude min.
- Ein höhe minne gemder man
- mit staetem muote, daz bin ich.
- min hohe minne gernde gir (li)
- 20 daz herze min unsanfte treit.
- Vrouwe reine, gar valsches an,
- wjbes kröne, bedenke dich
- gensedicliche noch an mir
- durch din vil höhe werdekeit. (20)
- 25 Sie jehent, ich solde üf gotes wege
- din lop niht singen, vrouwe min.
- Sit ez in an mir missehaget,
- IX Durchaus jambischer Rhythmus. Ausschließlich stumpfe
- Reime in Verschrankung. Charakteristisch für dieses Lied, daß
- es nur zweitheilig ist, daß ein Abgesang fehlt. Ueber lieferung
- gut, bis auf zwei Zeilen (21. 22), die sich dem Rhythmus nicht
- fügen. — 13 iht freuden, etwas von Freuden, Freudiges. — heben
- 8tv., erheben oder beginnen (oder Vermischung mit haben?). —
- 19 ffir acc. — 20 daz herze m?n nom. — 21 vielleicht vil reine
- vrouf — 22 vielleicht du wthes kröne oder der wtbe krönet —
- 25 auf der -Gott geweihten Fahrt, auf der man sich des welt-
- lichen Sinnes entschlagen sollte.
- 10*
- 148 RITTERSCHAFT IN STEIEBLAND. NEUE BOTSCHAFT.
- SO wil ich sprechen min gehet.
- Din ere hah got in slner pflege: (25)
- »0 s6 müez din lip enpfolhen sin
- Marien der vil heren maget,
- diu nie an lernen missetet.
- 418 Diu liet ich üf dem wege sanc
- von miner vrowen äne danc. (3o)
- daz kom da von: der hote'min
- was ze verte; des moht niht sin,
- daz ichs iht sande ir hi im. (132,i)
- in disen ziten kom ich hin
- mit freuden in daz Stirelant,
- da ich vil turnirens vant.
- 419 Des sumers ich ze Stirclant (5)
- den heim ofte ze houbet bant.
- durch di lieben vrowen min
- sach man mich bi den vinden sin.
- ich was ze dienst ir vil bereit:
- mit lüterlicher stseticheit (lo)
- dient ich ir, als ein ritter sol,
- der wil, daz man im lone wol.
- 420 Der sumer was mit freuden hin.
- dö bat ich vlizicüchen in
- (ich meine den boten min), daz er (15)
- die guoten gestehe: daz was min ger.
- er sprach: «ich rite vil gern dar
- und sage ir iwern mllen gar
- und iwer senelichen leit:
- diu werdent ir von mir geseit.» (2o)
- 421 Do enpfalh ich im mit worten sä
- min botschaft vil palde da
- und sande ir aber miniw liet.
- mit freuden er sä von mir schiet.
- 418, 2 dne danc, hier: ohne Zweck, ohne Erfolg. — 5. 6 im
- (Hs. in): hin unreiner Reim; vgl. Knorr S. 51, wo dieser Reim
- nicht verzeichnet ist; vielleicht für 6i zu setzen: durch.
- 420, 4 gesehen stv. , hier : besuchen , aufsuchen«
- 421,3 L. : vielleicht uniuwiu /tef»; vgl. 426, 5.
- NEUE BOTSCHAFT. 149
- do er kom zuo der vrowen min, (25)
- diu hiez in willekomen sin.
- «gnäde», sprach er, «vrowe guot.
- wold got, wsert ir iht baz gemuot,
- . 422 Dann^ d6 ich iuch nsehste sach!»
- diu tugende riche, süeze sprach: (30)
- «sag an, waz tet ich leides dir?
- daz soltu rehte sagen mir.
- ich bin dir doch ie holt gewesen: (133,1)
- du mäht vor mir vil wol genesen,
- swä. dir niht liep von mir geschiht,
- da tuon ich dir ouch leides niht.»
- 423 «Vrowe, des müez iu Ionen got. (5)
- ich bin öt aber zuo iu bot.
- mich hä,t da her zuo iu gesant,
- der gnaden gert von iwer haut,
- und enbiut iu, here vrowe min,
- gruoz und al den dienest sin, (lo)
- triwe, minne, und swaz ein man
- enbieten und gedienen kan.
- 424 Des ist er allez iu bereit
- mit ritterlicher staeticheit.
- vil reiniu vrowe tugentrich, (15)
- er dienet iu so ritterlich,
- des er wol danc sold von iu hän.
- er hat durch iuch diu dinc getan ,
- ob ichz mit hulden sprechen sol,
- des ir im soldet lönen wol. (20)
- 425 Ich weiz wol, daz nie wip gewan
- s6 rehte stseten dienestman:
- wan er geruowen nimmer mac
- beidiu die naht und ouch den tac
- von senellcher arcbeit, (25)
- die er von iwern schulden treit.
- ob ir im niht gensedic sit,
- sin lip hat ende in kurzer zit.
- 423, 5 entbiut = entblutet dem Verse angemeßen.
- 424, 8 für des schlägt L. vor: der.
- 150 X. LIED.
- 426 Ich sage iu, vrowe, daz er Mt
- durch iuch manic ritterliche tat (30)
- getan nu in vil kurzer zlt.
- ir Sit, an der sin vreude lit.
- er hat iu niuwe liet hl mir (134,1)
- da her gesant, diu gerne ir
- hoeren müget: si tuont iuch frö.
- diu liet diu sprechent von iu so:
- X.
- EIN TANZWiSE, UND IST DIU ZEHENDE WISE.
- Wie känstu, Minne, (5)
- mit sorgen die sinne,
- den müot hetöuben mit s^ncder klage!
- In vr^uden wäne
- 5 bin ich vreuden &ne
- von dir gar k\ mine besten tage. (lo)
- An 6me stät
- riet mir din rät
- dienen vil schöne
- 10 mit stsetekeit,
- da mir ze 16ne (15)
- geschiht niwan 16it.
- ((Waz klagest du, tumber,
- s6 saelegen kumber,
- 15 den ich durch guot dir geraten hän,
- Daz du der guoten, (2o)
- der reine gemuoten,
- waer^st mit triuwen vil undertän?
- Tuot dir den tot
- 20 so süeziu not.
- 426, 6 vgl. zu 403, 2.
- X Gemischter Rhythmus : jambisch und dactylisch. Ueber-
- lieferung im Ganzen gut, Aenderungen beider Ueberlieferungen
- zu Gunsten des Rhythmus zwar öfters nöthig (3. 27. 34. 52. 56.
- G3. 66. 69), doch sind diese Aenderungen fast alle nur ortho-
- graphischer Natur. — Das Lied ist ein sogenannter Wechsel,
- ein Zwiegespräch zwischen dem Dichter und der Minne. —
- 11 Ja abh. von stat. —
- X. LIED. 151
- SO senftiu swaere, (25)
- so lieplich twanc:
- we! zwivelsere,
- s6 bistu vil kranc!»
- 25 Wil siez bedenken, (135,i)
- s6 muoz mich wol krenken
- sorg äne tröst, die ich lide von ir.
- Ja solde ir hulde
- min leit mit gedulde (5)
- 30 bedenken und onch ir güete an mir.
- Sit sie min llp
- für elliu wip
- meinet besunder
- von herzen gar: (lO)
- 3.3 wo! durch welch wunder
- nimt sie des niht war?
- «Dun darft niht sorgen,
- daz ir vor verborgen
- d!n stsetiu triuwe die lenge noch si. (15)
- 4() AI dlniu tougen
- diu slnt äne lougen
- ir ougen, ir ören al sprechende bi.
- Wirt sie für war
- an dir gewar, (20)
- 45 daz dich niht krenket
- ein valscher kranc,
- vil wol bedenket
- dich ir habedanc.))
- 23 zwioelcere stm. , nicht: Zweifler, sondern: Verzweifelnder,
- Kleinmüthiger. — 24 kranc adj., schwach, wankelmüthig. —
- 26 krenken swv., nicht unser heutiges kranken^ beleidigen, son-
- dern im Bedeutungsspiel mit dem vorherg. kranc und im Ein-
- klang mit leit in V. 29: bekümmern. (Wiederholung desselben
- (redankens: wankelmüthig machen schwerlich anzunehmen.) —
- 40 — 43 dein ganzes Geheimniß ist ihren Augen, ihren Ohren
- sprechend, d. h. sich verrathend, vertraut. Die Lesart der jüngeren
- Pariser Hs. spehende, der L. folgte, ist wohl wegen otigen ge-
- setzt: es könnte nur so heißen, wenn spehende passivisch ge-
- nommen wird: sichtbarlich. — 45 krenken^ hier: erniedrigen. —
- 46 kranc stm., Makel, Fehl; es geht wohl auf die Untreue. —
- 152 X. lilED.
- Mac sie vil reine (20)
- 50 besunder daz eine
- mir üz bescheiden, waz ir wille st?
- Well ich daz brechen
- odr immer versprechen
- mit ungedulde, so läze mich vri. (:50)
- 55 Nu troeste mich,
- Minn, unde sprich,
- wie ich nach swaere (136,i)
- tröst an ir bejage,
- und ir bewaere
- 60 min triuwe: daz sage!
- «Mit stsetem muote, (5)
- mit übe, mit guote,
- mit reiner fuoge, an all arge site
- Soltü verschulden
- 65 die gunst von ir hulden,
- daz sie dir herz unde 11p teile mite.» (10)
- Sie reine, guot,
- swie sie mir tuot,
- sost k\ min ^re
- 70 min lip, min leben
- ir immer m^re (15)
- für eigen gegeben.
- 427 Zehant d6 si diu liet vernam,
- si sprach: «ich bin im immer gram,
- der disiu liet gesungen hat,
- Sit er der rede mich niht erlät, (20)
- er werbe mir umbe die ^re min.
- da von wil ich im immer sin
- vint. er ist ein tumber man,
- daz ers ie muot gein mir gewan.
- 49 sie, nhd. die; ebenso 67. — 51 th bescheiden stv. mit acc.
- und dat., verst. bescheiden , .entgültig entscheiden, erklären. —
- 52 brechen, hier: hindern. — 53 versprechen, verreden, ver-
- weigern. — 54 Idze mit Pronominalellipse, sie zn ergänzen. —
- 57 nach swoere, nicht: nach dem Leid, sondern: im Leid.
- 427, 4 Reminiscenz an Reinmar; s. Q. u. F. 4, 118.
- ZWEIFEL DEB HERRIN. 153
- 428 Nu enböt ich im b! dir doch daz, (25)
- daz ich im immer wsere gehaz,
- koeme er der rede niht gegen mir abc:
- und hästü im, höfscher knabe,
- des niht geseit, dßst missetän.
- swaz s6 er mir enbieten kan, (30)
- diu botschaft ist gar enwiht;
- wan ichs für guot hän von im niht.»
- 429 ftVil hoch gelobtiu vrowe guot, (137,i)
- ich sagt im allen iwern muot.
- dö sprach der unverzagte man:
- jSwaz sie gein mir gesprochen kan,
- dar umbe läze ichz allez niht: (5)
- ich dien ir, swaz s6 mir geschiht,
- mit triwen unz an mtnen tot.'
- die rede er iu bl mir enböt.»
- 430 «Ir künnet bMe lösens vil.
- einez ich dir doch sagen wil. (lo)
- du sagest mir (daz ist mir zorn),
- daz er het einen vinger vlorn
- in mlnem dienest: des ist niht.
- min munt von wärheit des gibt:
- er hat in noch, ist mir geseit. (lä)
- da von ist mir din mengen leit. »
- 431 «Frowe, er hat inj daz ist war:
- er ist aber im erkrumbet gar,
- daz er im harte deine frumet
- und im ze staten lützel kumet: (20)
- er mac gerecken in niht vil.
- einez ich iuch niht enhil:
- 428, 3 desgleichen.
- 430, 1 derselbe Vers 1102, 5; auch sonst gebraucht U. den
- siibst. Inf. losen XXXIX, 23. XLV, 11 in der Bedeutung: : freund-
- lich thun, schmeicheln, Schmeichelei. — 3 du sogest der Hs.
- viel lebendiger als das von L. gesetzte correctere sagtest. —
- 6 L. ergänzt nach wurheit den Dat. dir: nicht unumgänglich
- Ruthig. — 8 mengen swv. subst. inf. : Müller entscheidet sich
- mhd. Wb. II ^, 137** für die Bedeutung von «dein Zwischen-
- tragen» mit Hinweis auf menger und mengerie.
- 154 ZWEIFEL DER HERRIN.
- ez habet da mit vil wol noch er
- in iwerm dienest gröziu sper. »
- 432 (cich gan im sines vingers wol, (25)
- wan daz man mir niht liegen soL
- er hat in noch: des hästu mir
- ein teil gelogen, daz wize ich dir:
- des wil ich reden mit dir niht mör.
- nu var hin reht, als du füere her, (80)
- und tuo dich gegen mir botschaft abe
- durch minen willen, höfscher knabe.»
- 433 Sus schiet min bot öt aber von ir (138,1)
- und kom in kurzen ziten mir.
- dö ich in sach, ich sprach zehant:
- «vil lieber bot, tuo mir bekant
- unde sage mir endelich, (5)
- waz mir diu süeze, tugenderich
- bi dir enbiet und ist ez guot,
- so bin ich immer hochgemuot. »
- 434 «Si hä,t iu bi mir niht enboten
- und hat sere mir verboten, (lo)
- daz ich ir sage von iu niht me.
- si gibt, ez tuo ir immer we
- und mtieze ir sin von schulden zorn,
- daz ich ir saget, ir het verlorn
- 431, 7 e^ habet (Hs. er habet) Correctur von Benecke, von
- L. nicht im Text verwerthet, nur in den Anmerk. , dann steht
- aber er doppelt. Der hergestellte Vers leidet aber an höchst
- «gezwungener Wortstellung. Vielleicht liegt der Fehler nicht im
- ersten, sondern im zweiten er, wofür mer zu setzen wäre (Bin-
- dung von e und e bei U. nicht selten; s. Knorr S. 50.51; ferner
- mor: her 432, 5).
- 432, 2 fg. der Vorwurf der Lüge gründet sich auf die An-
- wendung des doppelsinnigen Wortes verlorn; darum V. 4 ein
- teil gelogen.
- 433, " enbiet = enbiete conj., nicht = entbietet: dann müßte
- es cnbint heißen.
- 434, 1 fg. unkünstlerischer rührender Reim, wie sie sich
- neben erlaubten und künstlerischen nicht selten im Frauendienst
- vorfinden und %'on W. Grimm, /ur Gesch. des Reims an ver-
- schiedenen Stellen verzeichnet sind, daselbst S. 28 (548) nach-
- zutragen (Reimgattuiigen bei Knorr nicht berücksichtigt). —
- 6 het = Jietet.
- DER ABGESCHLAGENE FINGER. 155
- ewern vinger durch si gar. (i5)
- si gibt, ich habe gesaget unwär.
- 435 Ir habt in noch, daz sl ir kunt:
- ir würdet niwan ein Ititzel wunt;
- und ich hab ir von iu gelogen,
- mit lösen Worten gar betrogen. (20)
- dar umbe so ist si mir gehaz
- und gibt doch, sl günne iu des baz,
- daz ir in habt, danne ob er verlorn
- wsere: ir ist diu lüge zorn. »
- 436 Ich gedäht: «wil mir min vrowe sin (-20)
- gehaz wan durch den vinger min,
- daz ich den hän, des wirt wol rät,
- Sit er doch krump ein lützel stät.
- ich slahe in abe und sende in ir:
- so muoz si doch gelouben mir, (3o)
- daz er ist vlorn, s6 si in siht. ,
- er muoz da hin: des läze ich niht.
- AVENTIÜRB WriB DER HERRE UOLRICH SINEN VINGER ABE
- SLUOC UND SANT IN SINER FROWEN.
- 437 Do gie ich von dem boten dan, (139,1)
- da ich vant einen biderben man:
- der was von Hasendorf genant
- her Uolrich, der wol bekant
- was von s!ner frümecheit: ('))
- er was ze dienste mir bereit.
- den bat ich durch die triuwe sin,
- daz er abe slüege den vinger min.
- 438 Do sprach er: «neinä, herre, nein!
- so waeren iwere sinne dein, (k»)
- und wsere ein gröziu missetät.
- vergäbt iuch niht: daz ist min rät.
- 435, 2 tcurdet in der Function des Plusquamperfects : wäret
- geworden. — 4 los adj., nicht: leichtfertig, wohl auch nicht:
- verschlagen, sondern im Einklang mit losen 430, 1: schmeich-
- lerisch. — betrogen part. adj. , trügerisch.
- 437, 3 fg. Uolrk'h von Hasendorf s. K. S. 670.
- 156 DER ABGESCHLAGENE FINGE».
- ir sült iuch sus verderben niht.
- min munt von wärheit in des gibt:
- ob ir ez tuot, d6st misset&n. (15)
- da von s6 sült irz gern län. »
- 439 Ich sprach: «zwar ich läze sin niht,
- swaz schaden mir da, von geschiht;
- nnd man iuch des, ob ich in ie
- noch würde liep, daz sült ir hie (20)
- erzeigen s6, daz ir slaht abe
- den vinger min, sit ich in habe
- angerne. ez ist friundes muot,
- swes ich iuch bite, daz ir daz tuot.»
- 440 «Ich tuon daz und rehte, swaz ir weit. (25)
- ich hän ze friunt iuch mir erweit
- und bin iu dienstes undertän
- und wil des nimmer abe gestän.»
- d6 nam ich sä daz mezer sin (140,i)
- und satz^ ez üf den vinger min
- und sprach: anu slach dar, biderb man!»
- er sluoc: der vinger der spranc dan.
- 441 Diu wunde diu bluot kr ef ticlich. (5)
- dar kom min böte züMe rieh,
- der vil verholnc zuo mir gie.
- er sprach: «wie nü? waz tuot ir hie?
- habt ir den vinger abe geslagen,
- s6 muoz ich daz von herzen klagen, (10)
- daz iuch min ouge ie gesach
- und ich ie wort gein iu gesprach. »
- 442 «Friunt, nu lä din zürnen sin
- und füer ir hin den vinger min
- und sage ir von mir daz für war, (lo)
- daz ich ir diene miniu jär
- mit rehten triwen sunder wanc.
- und wil si mirs niht wizen danc,
- daz ich si vor allen vrowen hän
- ze liebe erkorn, dest missetän. » (20)
- 441, 2 dar adv. muß hier wie 452, 7 mit der Bedentang:
- dahin die weitere verknüpfen : gerade, in dem Augenblicke, dazu.
- DER ABGESCHLAGENE FINGER. 157
- 443 «Mir ist leit, daz ir ez habt getan.
- Sit daz aber ez nu ist ergän,
- so sült ir rihten ein botschaft,
- diu mit süezen worten kraft
- habe, und sult si senden ir (25)
- und onch den vinger hin bi mir.
- ich füer si willeclichen dar.
- got gebe, daz ich iu wol gevar! »
- 444 «Ich volge dirs gern, sit ich ez kan. »
- zehant ich tihten do began (30)
- ein vil geftiege büechelin.
- bi dem sant ich den vinger min
- hin, da diu reine, süeze was. (141, i)
- in einen samit als ein gras
- want man daz büechel an der stat.
- ein goltsmit ich mir würken bat
- 445 Zwei britelin von gold aldä: (5)
- dar in baut man daz büechel sL
- 443, 3 auch hier habe ich an rihten der Hs. festgehalteu
- [vgl. Botschaft ausrichten] und trotz 159, 4 nicht mit L. das
- auch sonst nahe liegende tihten gesetzt. — hotschaft hier wieder
- titalar und terminologisch; vgl. zu 159,4. — 8 iu dat. com-
- modi, für euch.
- 444, 6 die grüne Farbe der Einbanddecke nicht bedeutungs-
- los; grün ist auch schon damals die Farbe der Hoffnung. —
- 7 winden stv., hier: einwinden, umhüllen; oder sollte want nach
- österreichischer Schreibart für bant stehen? dagegen spricht bant
- gleich im Folgenden 445, 2. — 8 ein = einn = einen mit Ver-
- meidung des zweisilbigen Auftacts.
- 445, 1 briteltn stn. : über das schwierige und räthselh^te
- Wort ist im mhd. Wb. 1, 259, wo es zu bridel, hritel, Zügel ge-
- stellt wird, Folgendes gesagt: uBretlein von Golde, wie Tieck
- S. 70 übersetzt hat, können diese britelin schwerlich sein. Ich
- j^laube es waren goldene gegliederte Bänder, dergleichen von
- den Frauen über den Handgelenken getragen wurden. Die
- britelin zu schließen, diente eine sperre, die in Gestalt zweier
- Händchen gegliedert war.» Ganz deutlich ist diese Erklärung
- nicht. Lexer im mhd. Hdwb. 1, 355 vermuthet in dem Worte
- doch breteltn. Mir scheint das unwahrscheinlich, da im älteren
- bairisch - osterr. Dialecte t statt e gerade vor t seltener vorzu-
- kommen pflegt (mehr vor r; s. Weinhold, bair. Gr. §. 18; britt-'
- lein, Schmeller ^ I, 373 nicht maßgebend). Gemeint können nur
- die Metallplatten, hier Goldplatten, in der Mitte des Büchleins
- 158 DER ABGESCHLAGEXE FINGEK.
- (laz diu sperre solde stn,
- daz was also zwei hendelln
- gemachet harte lobelich:
- den vinger dar in meisterlich (lo)
- machte wir. sä an der stat
- der bot mich urloubes bat.
- 446 Ich sprach: anu müez dtner saelde pflegen
- got dort und ouch under wegen!»
- mit solher rede er von mir reit: (15)
- ich was hie und het senediu leit
- dö er hin zuo der guoten quam,
- daz büechlin er verholnc nam:
- mit grözen sorgen er hin gie,
- da in diu tugentrich enpfie. (20)
- 447 Si sprach: «ich wil grüezen dich,
- sme du doch hast beswaeret mich.
- sage an: sagestü iht niwes mir,
- daz wil ich wol erlouben dir.»
- «ja, vrowe», sprach der bot zehant. (25)
- « iu hat bi mir da her gesant
- sein, welche die sperre stf., die Klammer, die Schließe zusammeii-
- lialten, die auf der einen Seite befestigt ist, auf der andern mit
- einem Haken in ein faxendes. Schloß eingreift. Denkt man sich
- diese Goldplatten reich ornamentiert und von größerem Umfange,
- so ähneln sie im Verein mit dem verbindenden Kiemen oder
- Metallstück einem Pferdegebiß, und daher könnte die Be-
- zeichnung britelin kommen. Hat diese Auffaßung, welche für
- Grimm's (Gr. 2, 985) Ansicht vom Unterschiede zwischen bridel,
- Zügel, und brittel, Gebiß, sprechen würde, Bestand, dann ist
- baut nicht «band» in unserem Sinne, sondern: zwängte. Ein-
- gebunden wurde ja das Büchlein in grünem Sammt. — 3 was
- die Schließe solde sin, sein sollte, vorstellte ; an Stelle der Schließe ;
- die Schließe war in der Form u. s. w. — 6 dar in: wie das
- bewerkstelligt wurde, ist nicht deutlich gesagt. Ich vermuthe,
- der Finger (vielleicht war's der kleine und die Gliedmaßen
- waren früher schlanker als heute, auch wird der Finger schon
- etwas eingetrocknet gewesen sein) wurde unter der Schließe
- zwischen dieser und den Blättern festgehalten. Das Büchlein
- muß demnach so dick gewesen sein, daß der Finger Platz hatte.
- Das setzt bei dem geringen Umfang der Dichtung ein sehr
- kleines Brevierformat voraus und nur wenige Zeilen auf der
- fortlaufend geschriebenen Seite.
- ZWEITES BÜCHLEIN. 159
- min herre ein cleinez büecheltn:
- daz bringet iu den vinger sin.»
- 448 Der böte daz büechelin gab ir.
- ir sült für war gelauben mir, (:K))
- dö si den vinger reht ersach,
- die reine, guote, süeze sprach:
- «owe, ditz ist ein groz geschiht! (142,1)
- ich ensolt der tumpheit trüwen niht,
- daz immer ein versunnen man
- im selben bete daz getan.»
- 449 Daz büechel tet si üf zehant, (5)
- dar an si wol geschriben vant,
- daz ich ir wolde dienen gar
- mit triuwen elliu mtniu jär,
- und daz min herze, 11p unde leben
- ir gar ze dienste waer gegeben. (lo)
- daz büechel ir für war des jach.
- nu sült ir beeren, wie ez sprach:
- DAZ IST EIN BÜECHLIN, DAZ ANDER.
- Owe Minne, wä ist din rät?
- wie rehte nähen ez mir gät,
- daz du mir so lange vrist (i.^)
- vremde und also verre bist
- 5 mit troestUcher lere
- und doch mit herzen sere
- mir also rehte nähen llst
- und mir niht wan kumber gist! (20)
- des mac sich wol din güete schämen.
- 10 du krenkest dlnen süezen namen,
- Das zweite Büchlein hat wie das erste Dreireim in den Ab-
- sätzen, im Anfang mit klingendem Ausgang bei drei Hebungen,
- dann mit stumpfem Ausgang bei vier Hebungen. An einer
- Stelle V. 180 fg. finden sich nur drei Hebungen bei stumpfem
- Ausgang, dagegen auch einmal V. 361 fg. vier Hebungen bei
- Uingendem Ausgang. (Andere Einzelnheiten an der betr. Stelle
- »n erwähnen.) — Der Dichter setzt die Weise des letzten Liedes
- fort: er bietet uns auch im zweiten Büchlein ein _Zwicgespräch
- zwischen ihm und der Minne.
- 160 ZWEITES BÜCHLEIN.
- Sit daz da Minne bist genant
- und doch gegen mir hast gewant
- s6 gar unminnecliche site: (25)
- da krenkest du din ^re mite.
- 15 du ^rest mangen valschen mau,
- der dir niht gedanken kan,
- und übersihst an 6ren die, (I43,i)
- die von dir gewaneten nie.
- daz ist an mir wol warden schin.
- •20 ich was ie der dienest dln
- und wil halt, swie ez mir erg^, (5)
- an dir beliben immer m^:
- nu bistu lönes gein mir ze laz.
- du möhtest einen beiden baz
- 25 besorgen und bedenken.
- wie lange wil du wenken (lO)
- dlner troestlichen helfe an mir?
- nu het ich doch enpfolhen dir
- vil verre üf die genäde din
- 30 " den deinen gefüegen boten min,
- den ich ze boten über laut (15)
- _der werden, reinen het gesant,
- der minnecltchen, guoten,
- der werden, höchgemuoten,
- :55 der höhen, der werden,
- der werdesten üf erden. (20)
- ich mein die werden vrowen min,
- der ritter ich sol immer sin
- und immer m^r vil undertän,
- 40 die wile ich lip und leben hän.
- dem selben armen boten min (25)
- soldestü geleit gewesen sin
- und in ze hofe haben bräht:
- und des er selbe was unverdäht,
- 11 im Gegensatz zu unminnecliche site: trotz deines Namens
- Minne. — 20 vgl. zu V, 31. — 27 vielleicht an überflüßig;
- vgl. IV, 27. — 30 Hindeutung auf das als Boten gesandte erste
- Büchlein. — 38 der relat. — 43 ho/e für das regelm. hove; früh-
- zeitiger Anfang der modernen etymologischen Schreibart, aber
- begründet in der Aussprache; s. Weinhold, bair. Gr. §. 132.
- ZWEITBS BÜCHLEIN. 161
- 45 des solde in durch dln ^re
- bewtset haben dln l^re. (30)
- d6 lieze du in under wegen:
- da von ist da nider gelegen
- diu botschaft und min 6re. (144,1)
- 50 ' versmaehet alze s^re
- und verfuort in manigen spot
- I wart diu potschaft und der bot.
- waz aber er verendet habe (5)
- mtner langen ungehabe
- 55 und miner hercen swsere, i ^^^r j ^(. v.'H~is ) ^■^^'<'
- tuot hin! daz ist ein msere, >
- des ich wol sanft enbaere.
- "Waz aber im dort geschaehe (lo)
- leides unde smsehe,
- 60 daz künde ich ervinden hie
- mit deheiner vräge nie;
- wan daz ich leit und ungemach
- wol an slnen geberden sach, (15)
- und daz ich in slt nimmer m^
- 65 mit deheiner slahte vl^,
- mit süezer bet, mit scherpfer drö
- erbiten weder sus noch s6
- noch ertwingen künde, (20)
- daz er noch ze einer stunde
- m
- 70 ze hove waere wider komen
- und daz het aldä vernomen,
- wie man min da gedaehte,
- ob mich min vrowe ze aehte (25)
- 51 verfuort part. von verfüeren erklärt Lexer mhd. Hdwb. 3, 291
- mit: versetzt. In ver- steckt aber wohl der Begriff des üblen
- Führers : verführt, irre geführt, leider gebracht in manigen spoty
- zu großer Schmach. — 53 er = der bot, — 54. 55 abh. von waz.
- — 56 tuot hiUf Zwischenruf wie Interjection: weg damit!
- 59 smcBhe gen. von smcehe (ahd. smäht) stf., Schmach, Ver-
- achtung (nicht gen. vom einsilbigen, etwa zur t-Classe gehören-
- den smdch; dieses erst aus smdhi durch Apocope des auslautenden
- Endvocals entstanden; der Natur nach bairisch-österr. Form). —
- 63 geberden nach Hs. ; gebcerden, wie L. schreibt, unnothig (beides
- verschiedene Bildungen). — 67 erbiten Ergänzung L.*s. nachTieck. —
- Ul VOH LxXCHTBirSTSnT. I. 21
- 162 ZWEITES BÜCHLEIN.
- oder ze banne hete bräJit,
- 75 oder wes ir waere gein mir gedäht.
- ' d6 bräht er mir ein maere,
- des ein zwivelsere
- , villihte möhte erschrocken sin, (30)
- ein rede, diu mir die sinne min
- 80 het verirret und al den muot:
- wan daz ir güete ist als6 goot, (145,1)
- swaz si gein mir gesprechen kan,
- da sol ich ninmier niht an
- verdenken nocÄ versinnen,
- 85 wan genäden unde minnen. (5)
- sold ich durch vremden gruoz verzagen,
- sold mich ein wortelin verjagen
- von mtnem höchgedingen Mn,
- sone het ich herze noch sin.
- 90 sold ich als6 kßren (10)
- von mtnen besten eren,
- die ich ze der werlt haben sol,
- wie künde mir danne gelingen wol?
- wie sold ich armer denne leben?
- 95 ( wolt ir mir solhen rät geben, (15)
- herzen meisterinne?
- , ich mein iucÄ, vrow Minne.
- des getrüwe ich iwern gnaden niht,
- daz ir der werden zuoversiht,
- 100 die ich gein mtner vrowen h&n (20)
- mich immer heizet abe gestän.
- 81 wart daz, hier nicht das beschränkende w. d., wonach auch
- vorher nicht Semieolon, sondern nur Komma zu stehen hatte,
- sondern wan = jedoch, daz = weil. — also, hier verstärkend:
- so sehr. — 83 du an bei t^erdenken, weil auch beim einfachen
- denken die Praep. oder das Adv. an steht; sonst bei verdenken
- der Acc. — 84 verdenken swv. an. wird im mhd. Hdwb. 3, 92
- der Bedeutung : bedenken, erwägen zugetheilt; mir scheint hier
- die zweite: übelnehmen, verargen, (etwa: mäkeln) zu gelten. —
- versinnen, wohl im Spiel des Synonyms durch verdenken ver-
- anlaßt, wird hier die Bedeutung haben: in falscher, übler Weise
- sinnen, ersinnen (etwa: deuteln). — 86—88 Wiederholung von
- 413, 1—3. —
- ZWEITES BÜCHLEIN. 163
- wan des volg ich iwerre I6re
- noch iwerm rate niht m^re
- danne einem sere tobenden man,
- 105 der rät und sinne nie gewan, (25)
- [ und bit mir also helfen got,
- ' daz mir mtn selbes bot
- in mtnem seneden gedingen
- ie getorste bringen
- 110 von miner vrowen msere (30)
- so gar untroestebsere,
- er het ez s6 tiwwer
- erarnet in dem fiwwer, (146,1)
- i daz er wsere al gar verbrant ;
- 115 wan daz er jnlner vrowen hant
- vil niuwens het gerüeret:
- er wsere also zerfüeret, (5)
- reht als diu leuber tuot der wint \ iU
- immer, s6 si ervalbet sint.
- 120 und daz er s6 wol vor mir genas,
- s6 näben im der tot was,
- des danke wan der vrowen min. (lo)
- hie mit sol st ge^ret stn.
- ob ez min vint waere,
- 125 der mir herzen swaere
- taet äne alle schulde,
- dem wold ich durch ir hulde (15)
- erbieten dienst und ere,
- geruochtc sis, diu höre.
- 130 nu geruochet si aber, diu reine,
- leider alze kleine
- triwe unde dienste von mir. (20)
- s^lic^inne, daz clag ich dir
- 106 Eidesformel: so wahr mir Gott helfe, ich schwöre, davon
- abhängig V. 112. — 107 dazj hier: wenn, wofern. — 108 für
- bedingen setzt L. ringen, wohl um drei Hebungen zu erhalten.
- Bindung von vier und drei Hebungen bei klingendem Ausgang
- aber noch öfter, vgl. zu 149 fg. 220 fg. — 115 wan daz, hier:
- wenn nicht. — 122 «fan^e mit Pronominalellipse: er zu. ergänzen
- (oder danke verschrieben für dank erf).
- 11*
- > •
- 164 ZWEITES BÜCHLEIN-
- und pit dich, vrowe h^re,
- 135 rätes und l^re:
- der bedarf ich beider s6re.
- «Und künde ich, als din kumber stät, (25)
- vriundes l^re und vriundes rät
- üf ein s6 vriez leben
- 140 nach mtnem willen wol gegeben,
- so helfe mir got, den gaebe ich dir,
- und woldestüs getrüwen mir. (30)
- ich enweiz niht rätes alse guot
- als triwe unde staeter muot
- 145 , gein werdes wSbes hulden. (147,1)
- da mit mac man verschulden
- ir vreundes gruoz, ir herzen gunst.
- bezzer Ißre und bezzer kunst,
- bezzer rät und bezzer sinne (5)
- 150 zerwerben werde minne,
- diu was ie vil unvernomen.
- wie sol man baz ze heile kernen,
- danne daz man werden wiben st
- mit triuwen staetes dienstes bi (10)
- 155 und alles des vil unverzaget,
- da mit man ir gunst bejaget?
- daz ist 6t diu werde ritterschaft,
- da mit man mit der tugende kraft
- allen schänden widerste. (15)
- 160 ich enweiz niht so guotes m^:
- daz selbe daz was ie mtn rät.
- s!t den rät dln herze hat.
- 139 für ein ganz freies Dasein, zum Zwecke völliger Be-
- freiung, im Gegensatz zu kumber stm., Last, Noth. — 149. 50
- wieder Bindung von vier und drei Hebungen, wenn nicht in
- V. 149 zweisilbiger Auftact angenommen wird. Scherer schlägt
- Anzeiger 1, 252 für V. 150, um auch hier vier Hebungen zu
- erzielen, die Schreibung zerwerbenne vor. — 151 diu nur auf
- bezzer lere oder auch zugleich auf bezzer kunst. bezogen; gram-
- matisch correct müßte es heißen diu (nom. pl. neutr. wegen des
- verschiedenen Geschlechtes) wären» — 155 zu ergänzen aus
- V. 153 «r. — unverzaget mit gen. nicht bloß: in einer Sache
- omuthig, sondern activer: zu etwas entschloßen. — 161 — 66 Spiel
- ZWEITES BÜCHLEIX. 165
- SO kum des rätes nimmer abe:
- ' und als ich dir geraten habe, (20)
- 165 s6 habe in staetem muote
- den rät in staeter huote,
- daz du dem besten wibe,
- I ir herzen und ir Itbe,
- dlne zit und dlne jär (25)
- 170 4 lebest sunder wenken gar.
- wirt si, diu reine guote,
- diu retnecltch gemuote,
- stsetes muotes an dir gewar,
- kanstuz also bringen dar, (do)
- 175 s6 kan si, diu hßre,
- vreude, sailde und 4re (148,1)
- dir füegen immer mßre.
- Nu clagest aber du den boten diu,
- ez süi im misseboten sin
- 180 mit smaehen also s^re, (5)
- daz er slt immer m§re
- ze keinen zlten sider
- getörste komen wider.
- daz soldes du wol ze mäzen clagen:
- 185 umbe einen gar verzagten zagen (10)
- lä dir niht wesen swaere.
- ich sage dir wol ein maere,
- daz des selben boten sint
- bruoder unde bruoder kint
- 190 wol drlzic in dem lande, (l5)
- daz man äne angest sande ""
- ir ieslichen über tüsent laut.
- m
- du hast in doch in diner haut.
- mit rät (Rath, Entschluß), raten und hat (besitzt), habe (auxi-
- liar und halte fest).
- 178. 79 Doppelreim in Verbindung mit einem ruhrenden;
- in W. Grimm, Zur Gesch. d. A., S. 77 (597) nachzutragen. —
- 180 mit smcBhen: entweder dat. von daz smcehen subst. inf.: mit
- Beschimpfung, wie im Iwein 3208 oder dat. pl. von smcehe stf.:
- mit Beschimpfungen ; der Plural sonst in den mhd. Wbb. nicht
- sicher nachgewiesen, aber vgl.Luther's in achmachen 2. Corr. 12. 10.
- — 190 sande conj. praet. —
- 166
- ZWEITES BÜCHLEIN.
- 195
- 200
- 205
- 210
- 215
- 220
- )
- 225
- und mager ez selbe hoeren wol,
- ob ichz von im sprechen sol,
- der dir ze boten rehte taue;
- wan er nie wort gelauc
- noch gelinget umb ein här,
- und sold er leben tüsent jär.
- den selben soltu senden dar
- und sage im dinen willen gar,
- unde doch niht anders m^,
- wan also din wille ste:
- ich meine in dem herzen din.
- da bi lä dir verboten sin
- liegen unde sm eichen,
- des pflegent die muotes weichen:
- da mit soltü niht werben,
- da muost für war verderben,
- wil du der guoten liegen
- und st mit Worten triegen.»
- Triegen? war umb sprichestu daz?
- du weist ez wol und niemen baz,
- wie si min herze meinet
- und nach ir hulden weinet,
- also nach tröste kleiniu kint^
- die dürftic unde weisen sint.
- swer die troestet, der tuot wol.
- nu bin ich ouch mit seneder dol
- und mit kumberlicher swaere
- weiz got vil weisenbaere,
- und ist öt niemen, der mir sl
- mit tröste in miner swaere bi.
- vil lihte waere ez etswer,
- wan daz ich des tröstes ger
- (20)
- (25)
- (30)
- (149,1)
- (Ö)
- (10)
- (15)
- 206 fg. fast dieselben Veirse im Frauenbuch 633,31. fg.
- 214 fg. vgl. Burdacb, Relnmar d. A. und Walther S. 26. —
- 220. 21 : vier und drei Hebungen, wenn nicht in 220 zweisilbiger
- Auftact. — 224 wtere ez: könnte es sein. — Wen mag wohl
- U. unter dem eteswer, jemand, der ihn vil lihte, wahrscheinlich
- trösten könnte, verstanden haben? Der folgende Satz läßt es
- nicht zu, unter eteswer die geliebte Herrin zu denken. Eben
- ZWEITES BÜCHLEIN. 167
- von niemen in der werlde me,
- s6 ich nimmer fr 6 gest§, (20)
- wan von ir einer güete.
- si eine mac min gemüete
- 230 troesten und untroesten so,
- daz ich bin immer m^re fr6
- oder immer m^re an vreuden tot. (25)
- erkande aber s! die senden not
- und di senedebseren leit,
- 235 die von ir min herze treit,
- so rebte guot erkenne ich sie,
- daz si mich doch eteswie (30)
- troeste in mtner swaere.
- und ob ich ein^eiden waere, ^<. .^^u.i , i/. ^'^9
- 240 sie müeste mich geniezen län, (150,i)
- daz ich si üz al der werlde hän
- und üz allen wtben üz erweit
- und ir hän so gar verselt
- daz herze min und al den lip. (5)
- 245 si reine, süeze, sselic wip,
- si vrowe ob al den freuden min,
- si lieze mich ir weisen sin
- und tröste mich an weisen stat.
- die wile aber mich gelückes rat (lo)
- diese begehrt er allein zum Trost. Auch läßt es vil lihte nicht
- zu; lihte, vielleicht, müßte es dann heißen. Sollte jene unbe-
- kannte Verehrerin gemeint sein? — 234. 35 di (= die) corri-
- giert L. in diu, laßt aber die 235 stehen; das müßte erst recht
- (/iw heißen, weil es sich auf not fem. und leit neutr. beziehen
- würde. Die hsl. üeberlieferung deutet vielleicht darauf hin, daß
- leit nicht plur. ist von leit stn., sondern = leide acc. sing, von
- leide stf., Leid, Trauer, wenigstens wird es der Schreiber so
- verstanden haben ; sonst ist es ihm ja auch begegnet, die für diu
- zu schreiben; s. 216, 5. 406, 4. — 236 guot adj., nicht adv. —
- erkennen swv., hier: anerkennen, Vertrauen hegen. — 247 der
- Dichter setzt das Bild fort; hier weise soviel wie: Schützling.
- — 248 weise hier wieder in der ursprüngl. Bedeutung: anstatt
- eines, gleich einem VerWcisten, Hülfsbedürftigen. — 249 fg. das
- Glücksrad spielt in der Dichtung des Mittelalters eine große
- Rolle: s. W. Wackernagel's Aufsatz «Das Glücksrad und das
- Glück» in Haupt's Zeitschr. 6 (1848), 134 fg., auch in den Klei-
- neren Schriften 1 ( 1872), 241 , 1 fg. Hier bleibt der Dichter
- 168 ZWEITES BÜCHLEIN.
- 250 von hohem muote zücket
- und mich mit sorgen drücket,
- so saget mir min selbes löz, l ,^ oz
- ez st mtn sender kumber gröz j
- weisen kumbers hüsgenöz. ^ (15)
- 255 Also raubt ir minne mich.
- ie dar under so sorge ich,
- wie ich ir bewaere
- daz rehte wäre msere,
- daz ich ir äne argen sin (2o)
- 260 s6 rehte gar einvaltic bin,
- daz wenken unde liegen,
- smeichen unde triegen,
- und swaz den muot von stsete nimt
- und gegen vrowen niht enzimt, (25)
- 265 daz ich daz nie gein ir gewan.
- ich bin ir staeter dienestman.
- des sende ich ir ein staetez pfant:
- ich sende ir üz miner haut
- miner vinger einen; (30)
- 270 und möht ich ir bescheinen
- min innecllchez meinen baz,
- s6 helfe mir got, ich tsete daz. (151, i)
- der ist in ir dienste verzert:
- mir ist der wille vil unerwert,
- noch halbwegs in einem lebendigen Bilde (zücket satirisch ; das-
- selbe Wort auch in Beinmar's von Zweter Spruch) in Erinnerung
- an die bildlichen Darstellungen, doch ist bereits die Abstraction
- wirksam (mit sorgen drucket) ; gelückes rat ist schon beinahe =
- Glück, Geschick, 16z, — 253 groz adj. attrib. unflectiert neben
- sender flect, — 254 weisen subst. abh. von kumbers: der Noth
- eines Verwaisten. — husgenoz stm. öfters zu Bildern verwendet,
- wenn auch nicht so häufig wie das allgemeinere genoz: durch-
- aus ähnlich oder gleich.
- 255 rauhen swv., hier: berauben. — ir faßt Tieck als An-
- rede: ihr, Minne; der Dichter duzt aber in dieser Partie die
- Mintie (vorher 95 — 103 ihrzt er sie ausnahmsweise), ir minne,
- ihre Minne, d. h. meine Minne zu ihr (der Herrin). — 259. 60 tV
- gehört zu einvaltic adj., arglos, ehrlich : ihr gegenüber. — 261 das
- nicht Artikel zu wenken, sondern Conjunction, in V. 265 wieder-
- holt und aufgenommen. — 263 nemen stv., hier: wegnehmen,
- abziehen. —
- ZWEITES BÜCHLEIN. 169
- 275 ich welle ir weizgot, sol ich leben,
- noch michel m^re zinses geben: (o)
- . ich meine guot, herze unde lip.
- si reine, süeze, sffilic wtp,
- si vrowe ob al den freuden min,
- 280 si müeze mir gensedic sin!
- den vinger, den ich ir hän gesant (lo)
- üz miner dienden zeswen hant,
- der was ze dienste ir geborn:
- nu ist er in ir dienste verlorn.
- 285 des mag er sl wol riuwen:
- wan er hat ir mit triuwen (15)
- gedient unz an stn ende.
- ich hän in üz miner hende
- ir omb anders niht gesant,
- 290 wan daz er miner triuwen pfant
- gegen ir immer m§re si, (20)
- s6 daz ich alles valsches yrt
- gegen ir si, die wile ich lebe,
- und daz ich ir diu jä.r min gebe
- 295 ze dienste immer snnder wanc. ^ t, , ,
- daz ist min muot und mtn gedanc (25)
- mit triuwen immer sunder kranc. -
- ' Vil werdiu Minne, nu bit ich dich
- ' durch dine tugent, daz du mich
- 300 dir lägest wol enpfolhen sin
- gein der vil lieben vrowen min. (30)
- f nu var mit minem boten dar
- ' und hilf im, daz er sich bewar
- mit fuoge, mit rede, als er sol. (152,1)
- 305 du mäht mir da gehelfen wol.
- 281 den vinger lebendige Attraction veranlaßt durch relat. den,
- welches L. streicht, um der zweisilbigen Senkung zu entgehen
- (nach hant setzt L. dann Punct); correcter wäre der vinger, was
- ein selbst schreibender Dichter wohl gewählt haben würde. —
- 283 Wiederholung von 394, 7. — 287 fg. wieder drei und vier
- Hebungen, wenn nicht g^esen wird han in uz.
- 298 ich dich: schwerlich beabsichtigter Doppelreim wie
- W. Grimm, Zur Gesch. des Reims 70 (570) annimmt; wohl ein
- znßlliger Zusammenklang.
- 170 ZWEITES BÜCHLEIN.
- als s! vernem den boten min,
- so sol da sk dln helfe sin
- und sol üf sliezen mir daz tor, (5)
- da ich bin lange gewesen vor
- 310 und kan ouch nimmer komen drin,
- mir helfe drin dln güetlich sin,
- ich meine ir herze: daz ist verspart
- und vor mir manicvalt bewart: (lO)
- da. soltu durch micH komen für
- 315 und sliuz üf dir und mir die tür.
- und hilfestü mir, vrowe, dar in,
- din eigen ich da immer bin.
- in dem himelrtche (15)
- waere ich gewisliche
- 320 so gern niht: daz ist also.
- min muot müest stigen immer hö,
- solde ich dar inne gesinde sin,
- in dem herzen der vrowen min. (2o)
- so W8er ich alles des gewert,
- 325 des mir der muot ze freuden gert.
- ich wser sselic, ich wser rieh:
- so lebt niht mannes mir gelich.
- ja wil ich üf die triuwe min (25)
- ir immer drumbe diende sin,
- 330 daz si mich in ir herzen grünt
- hüse. mir ist für war daz kunt,
- daz nie herze so reinez wart
- noch vor wandel baz bewart (3o)
- danne ir herze wandeis fri.
- 335 ir ist so höhe tugende bi,
- daz ich ir hulden immer ger. (153,i)
- nu hilf mir, Minne, daz si mich wer
- ir hulden durch den willen din
- und ouch durch den dienest min:
- 340 der sol ir immer stsete sin. ^ (5)
- ccGuot ritter, friunt, geloube daz,
- kund ich dir wol gehelfen baz.
- 328 L. schrieb gegen die Hs. wohl in Rücksicht anf V. 347
- uf die triuwe din. —
- r
- c- , . ' »
- ZWEITES BÜCHLEIN. 171
- danne ich gehalf noch ritter ie,
- der sich mit dienste an mich lie,
- 345 daz tset ich dir mit triwen gar. (lO)
- Sit du mir dienst dtniu jär,
- so wil ich üf die triuwe mtn
- hin yam mit dem boten d!n
- ze diner vrowen wandeis fri
- 350 und wil ir nähiBn wesen bt, (15)
- da din bot wirbet die botschaft.
- s6 wil ich sä mit miner kraft
- : sliezen üf ir herzen tor.
- du solt niht lange stn hie vor:
- 355 wir süln da. gesinde sin (20)
- in dem herzen der vrowen dtn.
- da vinde wir gesindes vil,
- des ich ein teil dir nennen wil:
- zuht unde wtplich güete,
- 360 schäm unde guot gemtiete, (25)
- senfte sit, wiplich geläze,
- an allen dingen rehtiu mäze,
- werdicheit und ere,
- höher tugende lere,
- 365 süeze grüeze, gtietlichiu wort, (30)
- lieplich blicke, freuden hört.
- ich waere an guoten witzen blint,
- wolde ich die tugende, die da, sint, (154,1)
- . alle nennen sunderltch:
- 370 so wser ich niht wohl sinne rieh.
- niht m^r ich da von sprechen sol:
- ir herze ist allez tugende vol. (5)
- dar inne sul wir gesinde sin,
- ich unde du, geselle min.
- 375 des kan si niht geweigern mir:
- I ich helf uns drin, dir unde mir.»
- 366 freuden hört Dicht Apposition zu lieplich blicke oder auch
- zu allen vorher genannten Vorzügen, sondern coordiniert : ein
- Schatz der Freuden, Frohsinn in Fülle. — 375 fg. unkünst-
- lerischer, aher erlaubter rührender Reim; s. W. Grimm, Zur
- Gesch. des Keims 7 (527).
- 172 ZWEITES BÜCHLEIN.
- Viel stieze Minne, nu 16n dir got, (lO)
- daz du' wil selbe sin min bot
- hin zuo der lieben vrowen min!
- 380 daz wil ich immer diende sin.
- f mit maniger hande ritterspil
- sol ich iu beiden dienen vil, (15)
- j dir hnde miner vrouwen.
- man sol mich offte schouwen
- 385 in iuwerm dienest harnaschvar,
- und sol daz sin mit triuwen gar.
- swaz s6 ich minne gemder man (20)
- mit libe, mit guote gedienen kan,
- der dienst wir^ an iuch geleit
- 390 mit lüterlicher staeticheit.
- ich bin ze dienste iu gebom 1
- und hän ze freuden iuch erkorn: (25)
- des hat diu stsete min gesworn. j
- ^ 450 Dö st gelas daz büechelin,
- d6 sprach si sä: «geselle min,
- waz sol ich gegqn dir sprechen m^?
- mir tuot des vingers sterben we; (30)
- doch durch dlns herren liebe niht: (155,1)
- wan daz din munt gein mir des gibt,
- er hab in von den schulden min
- verlorn, des muoz ich trüric sin.»
- 451 «Frowe, ich sagiu, wie ez ergie: (5)
- dö ich nu nsehste von iu hie
- schiet und ich im sagte daz,
- daz ir dar umbe mir gehaz
- wseret, daz ich, vrowe min,
- iu saget, er het den vinger sin (lO)
- von iwern schulden gar verlorn:
- daz liegen wsere iu an mich zorn.
- 452 D6 erz vernam, er gie von mir.
- vrowe, daz sült gelauben ir.
- 451, 2 fg. freie Constniction ; der Nachsatz zu do ich, etwa:
- • da erzählte ich weiter» wird verschwiegen und es wird in
- directer Rede mit zusammenfaßendem Demonstrativ daz (liegen)
- fortgefahren. — 5 daz^ hier in der Function: weil.
- DER ABGESCHLAGENE FINGER. 173
- daz er sä an derselben stat (15)
- einen ritter des erpat,
- der im den vinger üz der hant
- sluoc. d6 kom ouch ich zehant
- dar, da ich im bluoten sach
- die hant. vil leide mir geschach.» (20)
- 453 c(Nu rite hin wider und sage im daz,
- er möhte den vrowen verre baz
- gedienen, ob er in hete noch,
- den vinger sin; und sage im doch,
- daz ich in welle hie behabön, (25)
- in miner lade also begraben,
- daz ich in sehe wol alle tage.
- üf min wärheit im daz sage:
- 454 Du sage im von mir, höfscher knabe,
- daz ich den vinger hie behabe, (30)
- des tuo ich niht üf solhen muot,
- daz im sin dienst immer guot
- gegen mir werd als umb ein här. (156,i)
- ob er mir diente tüsent jär,
- der dienst wsere gar verlorn:
- des hat diu stsete min geswom. »
- 455 Mit solher rede er zuo mir quam. (5)
- d6 ich die botschaft vemam,
- ich het vil höher freuden hört
- da von, daz si den vinger dort
- het behabet, des was ich frö
- und sprach sä ^ider den boten s6: (10)
- «ich muoz von herzen fro des sin,
- daz st dort hä,t den vinger min.
- 452, 7 vgl. 441, 2.
- 453,6 lade stf. (sonst auch swf.) wird im 1. Büchl. 140
- dem schrin entgegengesetzt. Die Lade ist ein ruhendes Behält-
- niü mit einem Deckel, der beim Oeffnen gehoben wird (wie
- noch die Lade des Gesindes). Sie dienten auch zum Sitzen.
- £ine Abbildung s. Schultz, höf. L. 1, 82. — Schönbach, Zeitschr.
- 26, 317, bezweifelt diese Nachricht von der Aufbewahrung des
- Fingers in der Lade. Sie scheint mir ebenso glaublich, wie
- die, da(^ sich U. den doch unbrauchbar gewordenen Finger ab-
- hacken liei^.
- 454, 8 Wiederholung des letzten Verses des zweiten Büchleins.
- 174 ENTSCHLUSS ZUB VENÜSFAHBT.
- 456 Ich weiz wol, swenne si in siht,
- so erlset si des ir gtiete niht,
- si müeze an mich gedenken sä. (15)
- da von ist mir liep, daz si in da
- hat behabet, daz taot mir wol.
- ich diene ir immer, als ich sol.
- an ir gar al min freude lit:
- si ist mines herzen meienzit. (-20)
- 457 Bote, nu soltu raten mir
- durch dlne triuwe, waz ich ir
- diene, daz si dnnke guot.
- ich bin also gein ir gemuot,
- daz ich ir immer dienen wil. (25)
- ich dient ir gern, und kund ich vil.
- ich weiz für war wol, s! ist so guot,
- daz si mir noch genäde tuot.
- 458 Got hat mich in ir dienest bräht.
- ich sage dir, wes ich hän gedäht. (30)
- ich wil in einer vrowen wis
- durch si werben umbe pris.
- der süeze got müeze mich bewarn! (157,1)
- ich wil mit ritterschefte vam
- hin ze Beheim von dem mer.
- gein mir kumt ritter wol ein her.
- 459 Ich wil mich von dem lande stein, (5)
- min vart vor allen liuten heln
- (daz sol bl disem winder sin),
- und varn als ein bilgerin,
- der durch got hinze Röme vert
- (den willen niemen mir erwert), (lO)
- ze Venedige verholne sin
- reht unz an des meien schtn.
- 459, 5 die Pilgerfahrten nach Rom (neben dem heiligen
- Land nnd San Jago de Compostella) waren zu Ulrich's Zeit
- unter der vornehmen Männerwelt sehr im Schwange. Viele,
- die nach dem Orient reisten, nahmen auch den Weg über Kom.
- — 7 L. streicht mit Recht nach Venedige die Worte wil tcÄ,
- die nicht gut in den Vers paßen , es müßte denn gelesen werden
- ze Venedige wil ich verhölne sin. Die heutige Betonung und-
- Aussprache Venedig, der italienischen gemäß, wird nach diesem
- EKTSCHLUSS ZUB VENUSFAHBT. 175
- 460 Und wil mich da bereiten wol,
- reht als ein küneginne sol.
- vil wünnecUchiu vrowencleit (15)
- die werden! da. an mich geleit.
- na merke reht, waz ich dir sage:
- ich wil mich nach sande Georien tage
- an dem andern morgen heben
- (got müeze mir gelücke geben!) (20)
- 461 Von dem mer ze Meisters her.
- swelch ritter mit mir danne ein sper
- verstichet durch die vrowen sin,
- dem wil ich geben ein vingerltn
- von golde: daz sol wesen guot. (25)
- daz gib ich im üf solhen muot,
- daz er ez gebe, diu im st
- diu naehste sinem herzen bt. »
- 462 «Herre, ich rä.te iu, als ich sol.
- mügt ir die vart verenden wol (30)
- an libe, an guote, so wizet daz,
- daz ritters Itp gefuor nie baz.
- ez wirt ein ritterllchiu vart, (158, 1)
- ob iwer fuoge daz bewart,
- daz iuch erkennet under wegen
- niemen: des sült ir wol pflegen.»
- 463 Bot, ich wil die vart s6 varn, (ö)
- daz ich daz trüwe wol bewarn,
- Verse wie nach 472, 1 kanm anch die frühere gewesen sein,
- wenn nicht zweisilbiger Auftact angenommen wird. Ob Venedige
- aber allgemein galt, mnü noch untersncht werden.
- 460, 4 hier wieder einmal die für diu^ vielleicht hatte der
- Schreiber roc im Sinne. — 6 das ist in den österreichischen
- Landen der 24. April (vgl. Knorr S. 6) : der folgende Tag, der
- 25., fallt also doch auch noch in den winder (459, 3), nämlich
- vor dem meien, mit dem der sumer anhebt (vgl. Str. 88. 89);
- der Ausdruck reht unz an des meien schm ist also nur allgemein
- zu nehmen; genauer würde es stimmen, wenn statt Georien
- stünde Gregorien, denn das ist der 29. April ; der Tag der Ab-
- reise also der 30. April. — 8 nach dieser Zeile in Hs. die Ueber-
- schrift, die L. mit Recht nach Str. 469 gesetzt hat.
- 461, 1 MeisterSy deutsche Benennung für Mestre, den kleinen
- Vorort von Venedig.
- 176 ENTSCHLÜSS ZUR VENÜSFAHRT.
- daz iemen wizze, wer ich bin.
- dar an k^re ich gar minen sin.
- ez sol mtn hoch gemuoter lip
- gekleidet sin reht als ein wip. (10)
- min vart diu muoz also geschehen,
- daz mich sol nimmer man gesehen.
- 464 Ich wil verbinden mich s6 gar,
- daz ich die vart also bewar,
- daz nimmer minen bl6zen lip (15)
- beschowet weder man noch wip.
- mtn antlütz und die hende min
- sol allez gar verborgen sin,
- daz iemen wize, wer ich st.
- der wille ist mtnem herzen bt. (2o)
- 465 Bot, durch alle triuwe dtn,
- nu var 6t aber ze der vrowen mtn
- und sage ir, wie ich welle varn.
- bit st ir güete an mir bewarn
- also, daz st mit willen mir (25)
- erlaube, daz ich den dienest ir
- diene, als ich doch willen hän.
- ob st daz tuot, d^st wol getan.»
- 466 Der bot sä zuo der vrowen fuor,
- der er des üf sin saelde swuor, (3o)
- daz ich ir diente mtniu jär
- mit triuwen sunder wenken gar.
- min vart er ir vil rehte saget: (159,1)
- er sprach: avrowe, ob iu behaget
- sin ritterlicher dienest niht,
- daz ist unbilde, ob daz geschiht.»
- 467 St sprach: «böte, du solt im sagen, (5)
- von mir die botschaft niht verdagen.
- und ist, daz er die vart getuot,
- als du mir sagest, si ist im guot:
- im wirt dar umbe ein sölher solt,
- daz im di biderben werdent holt. (lo)
- ob ez im gegen mir niht enfrumt,
- an lobe ez im ze staten kumt.»
- 463, 8 man, hier allgemein: ein Mensch.
- ENTSCHLUSS ZUR VENUSFAHRT. 177
- 468 Der bot mit freuden von ir fuor
- zuo mir; er vant mich bi der Muor
- ze Liehtensteine:^ da was ich. (15)
- dö ich in sach, des vreut ich mich.
- ich sprach: «vil wol gezogner knabe,
- sage mir, ob sich wol gehabe
- diu herzenliebiu vrowe mtn:
- so wil ich hohes muotes sin.» (20)
- 469 Er sprach: «si ist schoen und dar zuo fro.
- si hat enboten iu also
- umb iwer vart, ob ir di tuot,
- si si iu endeltchen guot.
- ob s! iu niht ze staten kumt (25)
- gein ir, an ^ren si iuch gefrumt.
- si troestet iuch des endellch,
- daz ir da von wert §ren rieh.»
- AVENTIUKE, WIE DER HERRE UOLRiCH KÜNEGINNE W^iSE
- FUOR DURCH DIU LANT MIT RITTERSCHBFTE.
- 470 Dö ich die botschaft vernam, (160,1)
- min lip was frö, daz herze sam,
- daz ir min vart geviele wol:
- des wart ich aller freuden vol.
- alzehant bereit ich dö (5)
- mich unde was von herzen vrö,
- daz min geverte si dühte guot:
- da von was ich vil höchgemuot.
- 471 Min Itp bereitet palde wart
- üf die vil ritterlichen vart. (lo)
- ich huob mich als ein bilgerin
- sä von dem lande: daz muost sin.
- durch heln ich taschen unde stap
- sä nam (ein priester mir daz gap),
- 469, 1 schasne adj., hier nicht: schön in unserem Sinne,
- wohl auch nicht: heil, gesund, sondern: freundlich, hold, gnädig
- [erhalten in: schöner Gruß, schon Dank]. — 6 iuch (nach L.;
- Hs. doch) acc. bei gefrumen swv., frommen, nutzen ; vorher 467, 7
- der Dativ, der überhaupt häufiger ist. — 8 wert = werdet, dem
- Verse angemeßen.
- 471, 5 durch heln, um verborgen zu bleiben (in der Pilger-
- Ulricr voh Libchtbwbtbin. I. 12
- 178 VBNÜSFAHRT 1227. VENEDIG.
- als ich ze Röme wolde varn. (15)
- ich bat mich s^re got bewarn.
- 472 Ze Venedige ich vil palde quam,
- ein herberge min lip da, nam
- vil verre von den leuten hin.
- daz tet ich wan üf sölhen sin, (20)
- daz niemen mich erkande da:
- daz behuot ich da und anderswä.
- den winder allen ich dst lac.
- nu hoeret, wes min lip da pflac!
- 473 Ich hiez mir sniden vrowen cleit: (25)
- zwelf röckel wurden mir bereit
- und drizic vrowen ermel guot
- an kleiniu hemde, daz was mtn muot.
- dar ZUG ich wüleclich gewan (161,1)
- zw^n schoene zöpfe wol getan,
- die ich mit perlin wol bewant,
- der ich da wunder veile vant.
- tracht). — die taache swf., der Reisesack gehörte wie der 8tap
- stm. zu dieser Tracht (vgl. 3. Büchl. 322 und s. Schultz, hof. L.
- 1, 405), aber unkenntlich machten sie den Träger schwerlich.
- 473, 2 U. braucht eine reiche Garderobe, zumal die Farbe
- der Kleider weiß ist, um immer reinlich zu erscheinen. — rocket
- stn. dim. zu roc: das Diminutiv wohl nur gewählt, um die Frauen-
- tracht im Gegensatze zum roc der Männer zu unterscheiden,
- wenn auch der Wappenrock ebenfalls als röckelin bezeichnet
- wird. — 3. 4 hier deutlich zu sehen wie aus 527, 1, daß die Aermel
- nicht zum Rocke, sondern zum Hemde gehörten und an diese
- extra befestigt wurden (vgl. Schultz, hof.L. 1, 190,6). — kleiniu h.,
- hier: feine H. Der Aermel brauchte er mehr als der Röcke,
- weil sie durch den Gebrauch mehr mitgenommen wurden; für
- die Fahrt sind 29 Tage bestimmt, für jeden Tag also ein frischer
- Aermel. Die Röcke läßt er auch waschen; vgl. 577, 1 fg. —
- 6 wenn auch die Männer mitunter zöpfe trugen, so wählt doch
- U. diese Tracht, um als Frau zu erscheinen (vgl. Schultz, höf. L.
- 1, 214). Abbildungen bei Schultz mehr von getheiltem und ab-
- gesträhntem, als von geflochtenem Haar. Genaueres über die
- Frauenzöpfe bei Weinhold, D. Fr. 2 \ 320 fg. ü. hat die Zöpfe,
- die sehr lang waren, nicht frei, sondern in einem Netz getragen
- (s. 511, 5 fg.). — 7 perlin dat. pl. (ebenso 511, 7) von perltn stn.,
- kleine Perle, für perlinen ist typische Form; vgl. Weinhold,
- mhd. Gr. 2, §. 454.
- VENEDIG. 179
- 474 Man sneit mir sä an der zit (5)
- dri wize capen von samit.
- die setel wären silberwlz,
- dar an der meister grözen vliz
- mit siner meisterschefte leit.
- von wizzem tuoche man drüber sneit (lO)
- lanc unde wit vil meisterlich.
- die zeume wären kosterich.
- 475 Zwelf knappen sneit man sä zehant
- von wizem tuoche guot gewant.
- man machet mir ouch wol hundert sper (15)
- von Silber wiz nach miner ger.
- ich da von wil niht sprechen me.
- ez was ouch wiz alsam ein snö,
- swaz al die mine fuorten an :
- daz was gar wiz alsam ein swan. (2o)
- 476 Min heim was wiz, min schilt alsam.
- fünf wize samlt ich dö nam,
- dar üz man mir dri decke sneit
- üf mtniu orsse ze wäppencleit.
- min wäppenroc der muoste sin (25)
- 474, 1 fg. wenn U. sich und die Seinen in weiße Farben
- kleidet, so ist dies vielleicht auch symbolisch; «Weiß war die
- Farbe, in welcher die fürstliche Gewalt erschien» (Wackernagel,
- Farben- und Blumenspr. des Mittelalters. Kl. Sehr. 193). Weiß
- ziemte also einer Königin. Weiß war aber auch die Farbe der
- Priesterschaft, so könnte damit die Göttin zugleich bezeichnet
- werden. Auch galt Weiß als Farbe der Hoffnung, angemeßen
- einem Frauenritter. — 5 leit = leite. — 6. 7 das Subst. decke
- ist verschwiegen, nachdem der Dichter von wtzem tuoche statt
- wtzez tuoch gesagt hat; das ist aber nur die Satteldecke, die
- Schabracke, nicht die große Staats.decke , das wdpencleit der
- Rosse (476, 4).
- 476, 2 somit pl. = samite, Sammtstoffe, Sammtstücke. Wenn
- aus drei Stücken Sammt fünf so große Decken geschnitten wur-
- den, so muß das einzelne abgepaßte Stück eine bestimmte, nicht
- unbeträchtliche Größe gehabt haben. — 3 drei Decken wohl
- zum Wechseln; wie vieler Streitrosse sich U. bediente, geht
- daraus noch nicht hervor; doch könnte wohl die Zahl der drei
- Decken auf drei Rosse schließen laßen , was 483, 4 bestätigen
- würde. — 5 der wäpenroc, über der Rüstung getragen, ist vorne
- mit dem Wappen geschmückt, das mit dem auf dem Schilde,
- 12*
- 180 VEXUSFAHRT 1227.
- ein wol gevaldeii röckelin
- von kleinem wizen tuoche guot:
- daz fuort ich an durch höhen muot,
- 477 Man bräht mir miniu ros zehant
- vil gar verholne durch diu laut: (3ü)
- des muosten ouch die knehte min
- von vremden landen alle sin.
- di vlizen willeclichen sich (162,1)
- min vart ze hekn: des bat ich.
- min nam vil wol verswigen wart
- von in für war gar al die vart.
- 478 Ich und die mine wol bereit (5)
- waren: des was ich gemeit.
- dö sant ich einen brief zehant
- bt einem boten in diu laut,
- da ich durch wolde varn.
- ich bat den boten daz bewarn, (lo)
- daz er da iemen nande mich.
- er sprach: «zewäre, daz tuon ich.»
- 479 Sä an den brief geschriben wart
- vil meisterlich gar al min vart,
- al die herberge min, (l5)
- swä ich des nahtes wolde sin.
- an den brief manz allez schreip.
- nach dem boten ich beleip
- voUeclich wol drizic tage.
- nu hoeret mich! den brief ich sage:
- dem Banier und der großen Pferdedecke übereinstimmte; er ist
- meist ärmellos, weit und faltig und reicht mindestens bis zum
- Knie, manchmal bis zur Erde. (Abbildungen bei Schultz, hof. L. 2,
- S. 21. 23. 30. 41. 43. 44. 49. 54. 55. 56 u. s. w.) Im mhd.
- Wb. II, 788*, 41 wird der als wiz gevalden röckelm bezeichnete
- n-dpenroc als hemede gedeutet. Das ist weder hinsichtlich der
- Form noch hinsichtlich des Stoffes als richtig anzunehmen.
- 478, 5 vielleicht da ich wolde durch gevarn.
- 479, 7 der Bote geht also ab etwa am 25. März, Maria
- Verkündigung, wie Lachmann anmerkt, falls die Lesart Georten
- richtig ist.
- EINLADUNGSBBIEF. 1 «^ 1
- (B) Diu werde küneginue Venus, got-
- tiniie über die mimie, Enbiutet al den
- rittern, die ze Langparten und zo Friül
- und ze Kernden und ze Stir und ze (tiSter-
- rich und ze Beheim gesezzen sint, ir liulde (-2:))
- und ir gruoz und tuot in kunt, daz si durch
- ir liebe zuo in varn wil, und wil si h'ren
- mit wiegetänen dingen si werder vrowen
- minne verdienen oder erwerben suln. Si
- tuot in kunt, daz si sich hebet des na^isten (:U))
- tages nach sande Georjen tage üz dem nier
- ze Meisters, und wil varn unz hin ze Be-
- heim mit sögetänen dingen. S welch ritter (163,0
- gegen ir kumt und ein sper wider si enzwei
- gestichet, dem gibt si ze miet ein guldin
- vingerlin: daz sol er senden dem wibe, diu
- im diu liebest ist. Daz vingerlin hat di (5)
- kraft, swelher \TOwen man ez sendet, diu
- muoz immer deste schoener sin und muoz
- in sunder valsch minnen, den der irz hat
- gesant. Stiebet min vrowe Venus deheiueu
- ritter nider, der sol envier enden in die
- werlt nigen einem wibe ze eren. Stiebet (lo)
- aber si dehein ritter nider, der sol elliu
- (B) Dieser Brief vom Jahre 1227 ist bis jetzt das älteste
- Beispiel einer JJrkunde in deutscher Sprache (die älteste wirk-
- liche Urkunde, der Schiedspruch zwischen den Grafen Albrecht IV.
- und Kudolf III. von Habsburg ist vom Jahr 1239). Die folgen-
- den Namen sollen, soweit es nöthig erscheint, später an den
- betreffenden Stellen der Erzählung besprochen werden. — Daz
- vingerlin (der Ring) hat die kraft: ohne Zweifel wegen eines
- Edelsteins, den es trägt. Alexander Kaufmann bemerkt zu
- dieser Stelle in Pick's Monatsschrift für die GescJiichte West-
- deutschlands 6. Jahrg. 1880, S. 162: «die Ringe, um welche
- Ulrich von Liechtenstein bei seinem abenteuerlichen Zuge als
- Frau Venus Speere verstechen ließ, sollen die Kraft beseßen
- haben, die Schönheit der Frauen zu mehren — es konnten also
- Tiirkisringe gewe&en sein. » Daß den Tiirkisringen solche Kraft
- zugeschrieben wurde, finde ich weder in Volmar's Steinbuch
- noch in den andern von Schade Altd. Wb. 2 ^, l4oG angeführten
- Stellen.
- 182 VENUSFAHBT 1227. EINLADUNGSBRIEF.
- diu örsse haben, diu si mit ir füeret. Si
- vert des Ersten tages ze Tervis, des an-
- dern tages an den Plät, des dritten tages
- ze Schetscbin, des vierden tages ze sande
- Uobrich, des fünften tages ze Clemün, des (15)
- sehsten tages zer Clüse, des sibenden tages
- ze dem Tor, des ahten tages ze Villach.
- Bä. lit si den neunten tac stille. Des zehen-
- den tages ze Veitkirchen, des einleften
- tages ze sante Vite, des zwelften tages ze (20)
- Vrisach, des drizehenden tages ze Scheuf-
- lich, des vierzehenden tages ze Judenburc,
- des fünfzehenden tages ze Knütelvelde,
- des sehzehenden tages ze Liuben, des si-
- benzehenden tages ze Kapfenberc, des ah-
- zehenden tages ze Murzuslage, des niun- (25)
- zehenden tages ze Grlokenz. An dem
- zweinzigestem tage ist si da über tac, an
- dem ein und zweinzigestem tage ist si ze
- Niünkirchen; an dem zwein und zwein-
- zigestem tage ist si ze der Niwenstat; an
- dem dri und zweinzigestem tage ist si ze (30)
- Dreskirchen; an dem vier und zwein-e'/gesten
- tage ist si ze Wiene; an dem fünf und
- zweinzigestem tage ist si da über tac; an (164,i)
- dem sehs und zweinzigestem tage ist si ze
- Niuwenburc; an dem siben und zwein-
- zigestem tage ist si ze Mistelbach; an
- dem aht und zweinzigestem tage ist si ze
- Velsperc; an dem neun und zweinzigestem (5)
- tage ist si enhalp der Tye ze Beheim: da
- hat ir vart ein ende. Si wil üf der vart
- ir antlütze noch ir hende nieraen läzen
- sehen, si wil ouch wider niemen ein wort
- sprechen. Si geblutet, von dem tage und
- ir vart ein ende hat, an dem ahten tage (10)
- einen tumei ze Niuwenburc: swelch ritter
- ir vart vernimet und gegen ir niht en-
- kumt, den tuot si in der minne aehte und
- in aller guoten wibe aehte. Si hat ir her-
- MESTBE. 183
- berge dar umbe alle an geschriben, daz
- ein iesltch ritter wize, wä oder wenne er (15)
- gegen si komen sül, da ez sich im aller
- beste fliege, ^^s zeiieh)
- 480 Swä der brief kom in diu lant
- und mine vart da tet bekant,
- des wären alle die ritter vrö.
- wan teutschiu lant di stuonden s6, (2o)
- daz niemen was da Sren rieh,
- er mtleste varcn ritterlich
- und wesen durch vrowen höchgemuot.
- des was dö site und wser noch guot.
- 481 Die ritter gar bereiten sich. (25)
- dö het ouch ich bereitet mich.
- ich huop mich nach sende Greorjen tage
- des neehsten tages, als ich iu sage,
- eines morgens harte fruo.
- diu leute söre zogten zuo: (30)
- umb mich wart ein vil gröz gedranc.
- üf ritterschaft stuont min gedanc.
- 482 Min marschalc und min koch für reit (165,1)
- selbe fünfte: von dem wart mir bereit
- vil guot ritterlich gemach.
- nach dem man sä dö füeren sach
- ein banir wiz alsam ein swan: (5)
- bi der so riten zw^ne man,
- der busünen lüt erschal.
- ze Meisters wart vil grözer schal.
- 480, 8 und wcer noch guot: ein Bekenntniß, daß es zur
- Zeit, als U. seinen Frauendienst dichtete, nicht mehr so war als
- damals (do).
- 481, 1 bereiten = bereitten praet.
- 482,1 marschalc stm., hier: der Beisem arschall, der Quar-
- tiermacher;, vgl. Schultz, höf. L. 1, 160. 489. — reit sing., wo
- wir den Plural erwarten, denn Marschall und Koch sind nicht
- ein und dieselbe Person ; vgl. zu 35, 4. — 2 geht auf den Mar-
- schall: mit ihm vier Berittene : der Koch, der Banierträger und
- dessen zwei Begleiter, welche nach V. 7 Posaunisten sind.
- 184 VEXUSFAHRT 1227.
- 483 Man zöch dar min soumer dri.
- den liefen drt garzünc bi: (lo)
- den was ouch lowffen wol geslaht.
- man zöch dar nach driu örse bedaht,
- der iegliches ein knappe pflac.
- üf ir einem ie ein satel lac:
- der was starc unde silberwiz: (i5)
- dar an lac guotes meisters vliz.
- 484 Man fuort ouch bi dem rosse hie
- minen wizen schilt, daz ich nie
- so wol gemachten hab gesehen:
- des muoz ich von der wärheit jehen. (20)
- da bi fuort man den heim min:
- der moht ouch lichter niht gesin.
- er was gekroenet meisterlich:
- diu kröne diu was kosterich.
- 485 Dar nach ein holrebläser sluoc (25)
- einen sumber meisterlich geuuoc.
- 483, 2 hier deutlich zwischen garzün stm. und knappe (5)
- swm. unterschieden. Der garzun sonst auch = Knappe, Page,
- bedient hier das Lastpferd, den soumer stm., und zwar läuft er
- (das ist die Kegel), dagegen hat das vornehmere ors, das Streit-
- roß , ein Knappe zu pflegen, garzun zu U.'s Zeit also eine ge-
- ringere Charge, etwa dem Groom entsprechend. — 4 es sind
- also drei Rosse, deren sichU. im Turnier bedient (vgl. zu 476,3);
- auf der Reise hat er aber kein or% geritten. — hedaht: es ist
- kaum anzunehmen, daß die Streitrosse auf der Reise gleich mit
- den großen Staats- und Wappendecken bekleidet waren; daj*
- Wort wird nur auf den Sattel nebst Satteldecke gehen.
- 484, 2 Senkung fehlt zwischen schilt und daz (nicht zwischen
- ich und nie) , vielleicht daz ich noch nie. — 7. 8 Kronen als
- Helmzierden begegnen äußerst selten (ein Beispiel s. Schultz,
- höf. L. 2, 130); hier ist die Krone sinnbildlich, sie zeigt die
- Königin an. — kosterich adj., hier einfach: kostbar, prächtig
- wie 504, 6; an koste, Quast, Büschel wie in 506, 1 ist wohl
- nicht zu denken.
- 485, 1. 2. zu 255, 8 ist hier ergänzend nachzutragen, daß,
- wenn der sumber nicht von einem allein mit zwei Händen ge-
- schlagen wurde, sondern wie hier von einem Flötenbläser, es
- mit der rechten Hand geschah ; mit der linken wurde das Blas-
- instrument gehalten und dirigiert (s. Reißmanii , ilhistr. Gesch.
- der Musik S. 78. 153).
- MESTRE. • 185
- dar nach vier knelite schone riten
- vil wol gecleit nach knehte siten:
- der ieslicher fuorte her
- in siner hant driu groziu sper, (30)
- gehunden zuo einander wol.
- die knehte wären zühte vol.
- 486 Dar nach zwo magde wolgetän (166,1)
- riten; swaz die fuorten an,
- daz was von wizer varhe gar;
- si wären seihe wol gevar.
- dar nach zwene fideler guot (5)
- riten, die mich hoch gemuot
- machten: wan si fidelten hö
- ein reisenot: diu tet mich vrö.
- 487 Dar nach ich seihe kom geriten,
- in einer kappen wol gesniten: (lo)
- diu was von wtzem samit gar.
- einen huot ich fuorte, der was clär,
- wtz mit perlin wol hestreut.
- min minne gernde herze freut
- sich, daz ich der vrowen min (15)
- mit ritterschaft solde dienende sin.
- 488 Zwen zöpfe hrün, gröz unde lanc
- ich fuorte, daz ir lenge swanc
- vil vaste über den gürtel min:
- die muosten ouch mit berlin sin ("20}
- bewunden meisterliche wol.
- min herze was hohes muotes vol.
- ein röckdin daz fuort ich an,
- daz vrowe bezzerz nie gewan.
- 489 Ich fuort ein hemde, daz was plane, (25)
- ze mäzzen als daz röckel lanc.
- 486, 5 die Fiedel, jetzt und schon geraume Zeit als Vio-
- line bei uns nur Zimmerinstmment, im Mittelalter auch im Freien
- neben den Blasinstrumenten auf dem Marsche und beim Turnier
- gebraucht, fideler , fidelcere öfters im Frauendienst (die fßgi'j
- Geige, anders gestaltet als die Fiedel, begegnet nicht). — 8 reise-
- note stf., Melodie für die Reise, entsprechend unserm : Marsch ;
- wird natürlich auch geblasen, s. 99G, 7 fg.
- 489, 2 das Hemd , auch bei den Frauen jetzt kürzer als
- 186 VENÜSFAHBT 1227.
- dar an zw^ne vrowenermel guot.
- ich was vil ritterlich gemuot.
- hantschuohe von siden wol geworht
- ich fuort. min lip was unervorht. (30)
- sus huob ich mich da von dem mer:
- bt mir was leute wol ein her.
- 490 Sie wären dar durch schowen komen. (167,1)
- dö hiez ich vrägen des di fromen,
- ob ieme^ wsere ritter da.
- si sprächen: «liebiu vrowe, ja:
- ir ist hie tüsent oder baz, (5)
- die vil ungeme mident daz,
- daz si mit iu niht stechent hie;
- wan daz der potestät st niht lie.
- 491 Der von Tervis der ist s6 gemuot,
- er gibt, er mtiez im geben guot, (lO)
- fünf tüsent pfunt und dannoch mer,
- swer mit iu versteche ein sper.
- er hat vil leide uns dran getan.
- er ist ein so zorniger man,
- daz er üf freude ahtet niht: (15)
- vil selten man in lachen siht.»
- 492 Sus zöget ich sä von Meisters dan
- (in vrowen wis und was ein man)
- vil hohes muotes hinz Tervis.
- dar was ein gräve durch höhen pris (20)
- mit funfzic ritern schöne komen.
- der Rock, reichte früher bis auf die Füße. — 5 seidene Hand-
- schuhe (hier jedenfalls weiÜseidene zur sonstigen Kleidang
- paßend) werden sonst nicht erwähnt. U. mußte sie tragen, um
- die Hände zu verbergen (464, 5), an denen man sonst den Mann
- erkannt haben würde.
- 490, 8 potestät stm. aus italien. podesta, Gewalthaber,
- Stadthauptmann (nicht Landesfürst, wie Lyon übersetzt); auch
- in Böhmen gebräuchlich, vgl. Heinrich 's Tristan 3284. 3302.
- Es ist charakteristisch, daß U. den Namen des unfreundlichen
- Mannes verschweigt. Dieser wird mit • herre angeredet 494, 6,
- ist also von Adel.
- 491, 3 Tervis (: pris) steht der alten Form Tarvisium
- (Taurisium) näher als das heutige italien. Treviso mit Metathesis
- des /•; zu ülrich's Zeit jedenfalls noch Terviso,
- TREVISO. 187
- des wart da vil wol war genomen;
- vil lieplich er enpfangen wart:
- ez was von Gorze gräve Mdnhart.
- 493 Zehant also er dar bequam, (25)
- und daz der biderbe daz vemam,
- daz man mich da niht stechen lie^
- d6 sprach er: «wie ist daz komen, wie?»
- man sagt, ez hab der potestät
- verboten, «daz ist ein missetät», (30)
- sprach der ^re gemde man,
- «und sul wir hie niht freude hän.
- 494 D^swär ez wirt versuochet paz!» (168,1)
- zehant er üf sin pferde saz
- und reit vil palde säzehant,
- mit rittern vil hin, da er vant
- den potestät, und sprach also: (5)
- «herre, ir sült uns läzen vr6
- hie mit iwern hulden sin.
- des bit ich durch den dienest min.»
- 495 Er sprach: «ich were iu freuden niht:
- swelch freude uns äne schaden geschiht, (lo)
- der gan ich iu zewäre woL
- wan einez ich iu sagen sol:
- ich wil des niht enheinc wis,
- daz ieman ie hie ze Tervts
- kom in deheiniu wäppenkleit: (15)
- daz si iu gar von mir verseit.
- 496 Der geste ist komen her ze vil;
- da von ichs nicht gestaten wil,
- daz iemen harnasch hie leg an.
- d^swär ich wsere ein tumber man, (2o)
- wolde ich der tumpheit hie gestaten.
- ez koeme uns lihte ze grözen unstaten;
- 493, 8 vielleicht ist dieser Vers als Vordersatz zum folgen-
- den zu nehmen:
- 494, 2 pferde nach Hs. dem Vers entsprechend. L. corri-
- gierte hier pfert, was nahe lag; vielleicht pferde plnr. mit un-
- organischem e (vgl. Weinhold, mhd. Gr. *, §. 454) mit Ver-
- schweigung des Gedankens: mit seinem Gefolge*, sonst begegnet
- pferde nochmals für den Singular 810, 2.
- 188 VENUSFAHRT 1227.
- da von sin iezuo niht geschiht.
- daz habet von mir für unzuht niht.»
- 497 Sus schiet er von dem potestAt (25)
- und reit mit zorne in di stat,
- da er vil schoener vrowen vant.
- den allen klaget er alzehant:
- er sprach: «ir schoenen vrowen guot,
- durch iwern reinen, süezen muot (30)
- lät iu daz allen sin geklaget:
- mir hat der potestät versaget,
- 498 Daz er uns niht läze stechen hie. (169,i)
- daz geschach doch für war nie
- deheinem ritter hie ze Tervis.
- er giht, er welle dehein wls
- sin uns hie niht gestaten: (5)
- er fürhtet, ez kom der stat ze unstaten.
- der leute ist komen her ze vil;
- dar umb ers niht gestaten wil.»
- 499 Die vrowen sprächen alzehant:
- « er sol des werden wol erwant. (lO)
- wir süln in biten komen her.
- wir wsenen niht, daz er entwer
- uns vrowen, swes wir in gepiten.
- wir süln in biten mit süezen siten:
- er verzihet nimmer gar (15)
- so mange vrowen wol gevar. »
- 500 Ein ritter kom nach im geriten
- vil snelleclich mit höfschen siten.
- sk in der zit dö kom ouch ich.
- man sach vil ritterlichen mich (20)
- mit schalle zogen durch di stat.
- vil müeziclich ich riten bat:
- ich zogte in hohem muote dar.
- mich gruozt manic vrowe wol gevar.
- 501 Des wart gehohet mtn gedanc. (25)
- umb mich d^swär was gröz gedranc.
- 498, 5 Senkung fehlt: hie niht. L. setzte für hie das zwei-
- silbige iezuo.
- TREVISO. 189
- . do kom ich in die herberge min ,
- da. ich des nahtes solde sin.
- indes kom der potestät
- hin zuo den vrowen, als man bat. (3o)
- da gruozt in sä an der stunt
- vil manic rosenvarber munt.
- 502 Des neie er in wol zühtecllch. (170,i)
- die vrowen schoene minneclich
- sprächen: «ir sült uns gewern,
- des wir gemeine gar an iuch gern.
- ir sült die küneginne ir spil (5)
- hie läzen haben reht, swie si wil,
- daz wir ir ritterschaft hie sehen.
- daz sült ir \ka durch uns gescheÄ^n.»
- 503 Er sprach: «ungern ich iuch entwer.
- ich wil dem gräven hie zwei sper (lo)
- erlauben wan durch iwer bet. »
- da trat hin für sä an der stet
- von Eppenstein her Liutfrit:
- er bat mit zühteclichem sit,
- daz man ein sper erloubet im da. (15)
- die vrowen sprächen: «herre, ja.»
- \ 504 «Des wil ich iuch verzihen niht.
- für namens sin niht mör geschiht.»
- der gräve schiet mit vreuden dan:
- zehant er wäppen sich began. (2o)
- gezimirt wart er ritterlich:
- sin wäppencleit was kosterich.
- ich sag iu, als ich beste kan,
- wie da gezimirt wart der man:
- 505 Stn heim gar lieht von golde was (25)
- und herte alsam ein adamas.
- dar umbe von vedern was ein kränz.
- 501, 3 herberge vierfache Betonung: herberg, herberge, her-
- herge, herberge.
- 503, 5 von Eppenstein her Liutfrit, s. K. S. 67.1 ; in der
- Artusfahrt führt er den Namen Kaloeriant 1416, 5.
- 505, 1. 2 der Helm war nach dieser Beschreibung nicht
- von Leder, sondern von Metall und vergoldet. — 3 fg. hier die
- erste genauere Beschreibung eines Zimiers; eine ganz ähnliche
- 190 VENÜSFAHBT 1327.
- der kränz gemachet was vil ganz:
- die vedern warn geslizen abe;
- dar an gehangen richiu habe: (30)
- von Silber bleter harte viL
- gebunden was an i^slich kil
- 506 Von pfäbesvedern ein koste guot. (171,1)
- sus fuort den heim der höchgemuot,
- den höher koste nie bevilt.
- ich sagiu, wie er fuort den schilt.
- gehalbirt nach dem swerte zetal. (5)
- daz ober teil daz was gemäl
- reht als ein lieht saphire plä:
- dar üf so was geslagen da
- 507 Von golde ein leu gekroenet wol:
- des kröne was edeler steine vol. (lo)
- Str. 1534. — 4 ganz adj., hier wohl: völlig, dicht. — 6 Ver-
- balellipse: zu ergänzen was. ' — habe stf., hier: Fülle, nämlich
- Blätter von Silber, wenn nicht zu lesen ist von silber bleiern
- (vgl. 1534, 3), alsdann nach habe keine Interpunction. — 8 ein
- der Hs. vor ieslich, von L. beibehalten, gibt keinen Sinn; es
- muß natürlich wie in 998, 2. 1534, 6 an heißen; an jeden Kiel,
- Federkiel (Jcil stn., sonst stm.) war gebunden.
- 506, 1 pfdbes- statt pfäben, pfävoen, in 808, 6 pfäns-^ da-
- gegen in 530, 7 die regelmäßige Form phdben. — koste (caste
- 998, 2) swmf., bei U. unbestimmt, Quaste, Büschel (sonst auch
- queste, in jüngerer Zeit quast). — 3 koste stf., hier im Spiel
- mit dem andern koste, Aufwand, Pracht [Kosten nhd. plnrale
- tan tum]. — 5 halbiren wie halben 800, 7 ist gleich dem heutigen
- Wort mit fremder Endung: in zwei Hälften theilen, allgemeiner
- Natur ; Schultz, höf. L. 2, 78 dagegen nimmt es speciell für das
- franz. partir: in der Länge theilen im Gegensatz zur Quer-
- theiliing. Die Besonderheit wird wenigstens bei U. dnrch zetal,
- abwärts, nach unten {nach dem swerte ist verstärkender Zusatz),
- ausgedruckt. Ralf von Rettberg (Privatmittheilung) faßte zetal
- geh. ebenfalls als: längs, senkrecht getheilt. Unsere Stelle be-
- sagt aber das Gegentheil, denn im Folgenden ist von einem
- oberen und niederen Teil des Schildes, nicht von rechts und
- links die Rede; vgl. auch zu 996, 5. — 8 geslagen, Terminus
- für die Befestigung der Metallstücke auf dem Schilde, wogegen
- die Befestigung der Pelz- oder Tuchstücke wie gleich im Folgen-
- den 507, 5 mit gesniten bezeichnet wird; vgl. 854, 5 fg.
- 507, 1 Hs. leo wie öfters; jedenfalls jüngere Schreibart,
- darum nicht zu bewahren. — 2 daß solche kostbare, mit Edel-
- TBEVISO. 191
- daz nider teil gab sölhen schin:
- von kelen röt, w!z von hermelin,
- ze aht stucken meisterlich gesniten.
- der meister het ouch niht vermiten,
- er het mit porten hie unde da (15)
- wol üz genomen röt, wiz, golt, plä.
- 508 Sin wäpenroc, sin decke was
- von samit grüen alsam ein gras,
- gehowen üf einander wol.
- diu beide wären schilde vol (20)
- gestreut, als er den schilt dö truoc.
- siniu sper ouch gröz genuoc
- warn und grüen alsam ein cl^.
- dem biderben was nach 6ren wß.
- 509 Ein gürtel und ein hefteltn (25)
- er fuort: diu gäben liebten schin.
- sin halsperc und sin hosen guot
- die lühten reht als ysen tuot,
- daz wol ze vlize ist geworht.
- der höchgemuot im kleine vorht. (30)
- er fuort zw^ne sporn nach golde var.
- sus was bereitet der schänden bar.
- steinen geschmückte Schilde in der Tjost oder im Turnier wirk-
- lich gebraucht wurden, kann man bezweifeln. Dazu wurden
- wohl besondere einfachere Schilde gebraucht; die feinen dienten
- nur zur Parade, die dann mit den andern vertauscht wurden.
- Außerdem wurden die Schilde durch einen üeberzug geschützt.
- — y'von kelen röt: roth von Kehlen, Halsstücken; kel stf. wird
- dann auch im Einklang mit dem franz. gueules, roth, von gula,
- Kehle, an sich die Bezeichnung der rothen Farbe in der Heraldik;
- der Ausdruck schwerlich vom Fuchse genommen, sondern wohl
- von den weichen Halsstücken weißer Thiere, die man schön
- roth zu färben verstand; vgl. 804, 3. — 7. 8 bezieht sich jeden-
- falls auf die Einfaßung des Schildes. Die festgenagelten Borten
- wiederholen die Farben des Schildes. — üz nemen, schwerlich :
- auswählen; eher: auszeichnen, kenntlich machen. Vielleicht ist
- der Ausdruck mehr terminologisch.
- 508, 3 houwen stv. red., synonym mit srnden, zuschneiden,
- darch Schneiderkunst herstellen; vgl. zu 654, 8. 846,4. — uf
- einander drückt die Uebereinstimmung aus. — 4 schilde gen.,
- Wappenschilde. — 5 als, so wie, gestaltet wie.
- 509, 1 Ein = einn, einen; gürtel bei U. masc, s. z. B.
- 512, 6. 603, 2. 731, 7.
- 192 VENUSFAHRT 1227.
- 510 Ez saz der milte, höchgemuot (172,i)
- üf ein ros snel unde guot:
- daz fuor in sprangen durch die stat.
- bi im man sere wichen bat
- si raoften alle: «wichä, wich!» (5)
- sus kom der vreche, muotes rieh
- vil ritterlichen her gevarn.
- die vrowen in bäten got bewarn.
- 511 Nu was ouch ich vil wol bereit
- in miniu wizen wäpencleit. (10)
- gekroenet was der heim min:
- diu kröne gap vil liebten schin.
- die Zöpfe min die wären lanc:
- ir lenge unz üf den satel swanc.
- ein netze von berlin was ir dach, (15)
- dar durch man si doch plecken sach.
- 512 Ich fuort ein röckel, daz was wiz,
- dar an mit valden grözer vltz
- von vrowen henden was geleit.
- min güitel drier vinger breit (20)
- was mit golde wol beslagen:
- der muost den liuten wol behagen.
- von golde ein kostlich hefteltn
- fuort ich vor an dem buosem min.
- 513 Ich reit ein ros starc, snel genuoc, (25)
- daz mich gewalticlichen truoc.
- daz was verdaht wlz von samit:
- diu decke was lanc unde wit,
- gesniten meisterliche gar.
- min schilt was wiz nach silber var, (30)
- min sper was wiz, der harnisch min
- künde ouch liehter niht gesin.
- 514 Sus kom ich durch die stat geriten (173,1)
- in vrowen kleit nach riters siten.
- in allen den gazzen was gedranc.
- min ros vil kleiner Sprünge spranc.
- von Tervls der potestät (5)
- 511, 1 bereit = part. bereitet wegen der folg. Praep. in mit
- acc; ebenso 216, 3. 547, 3.
- TREVISO. 193
- mit vlize gebot, mit zühten bat,
- daz man uns da rümte einen rinc:
- daz was gar ein verloren dinc.
- 515 Für war ich iu daz sagen wil:
- der leute was komen dar s6 vil, (lo)
- daz man uns dö d^hein wts
- in al der stat da ze Tervis
- niht mohte gemachen einen rüm.
- wir kömen zuo einander küm.
- üf einer brücke daz geschach, (15)
- daz ich den höchgemuoten sach.
- 516 Diu brücke da über ein wazzer gie,
- dar abe die leute dort unde hie
- der potestät al gemeine treip,
- daz ir vil lützel da beleip. (20)
- dar üffe muost wir justirens pflegen.
- mit manger schoenen vrowen segen
- wurd wir gesegent an der stunt:
- daz tet manc rosenroter munt.
- 517 Dö ich in sach so schöne komen, (25)
- min orsse mit sporn wart genomen:
- als tet ouch er daz sine sä.
- wir kömen gegen einander da,.
- reht als wir zesamen vlugen.
- unser ougen uns niht trugen: (3o)
- unser beider tyost geriet,
- reht da sich schilt und heim schiet.
- 518 Von den spercn wart da krach: (174,1)
- diu drumzun man üf vliegen sach.
- die schilt einander ruorten da.
- hald andriu sper gab man uns sä:
- da mit wart ritterlich geriten (5)
- 514, 8 wiederholt in 618, 8.
- 516, 5 ausnahmsweise hier justiren, sonst immer tyostiren.
- 517,3 tet: auch hier Ersatzverbum , wie wenn statt der
- passivischen Construction vorher stünde: er nam, darum auch
- der Acc. daz sine, — 7 geraten stv., gelangen, trejffen. — 8 das
- ist an dem unteren Theil des Helmes und am oberen Theil des
- Schildes, an dem die Speere brachen.
- Ulrich von Libchtbitstbin. I. 13
- 194 VBNUSPAHBT 1227.
- und vaelen beidenthalp vermiten.
- ich und der gräve muotes rieh
- verstreben sehs sper ritterlich.
- 519 Der tugentriche gräve bant
- den heim dö abe. ich . . . sant (lo)
- im ein guldin vingerlin:
- daz solt er geben der vrowen stn,
- diu im was liep für elliu wip.
- da bt solt ir vil werder lip
- erkennen sinen stseten muot. (15)
- daz vingerlin was da, zuo guot.
- 520 Von Eppenstein her Leutfrit
- gein mir dö kom n&ch riters sit,
- gezimirt d^swär ritterlich.
- der starke man was guotes rieh (20)
- und bi der Muore wol bekant.
- er fuort ein sper in siner haut:
- daz was gröz, geverbet röt,
- als im sin hoher muot gebot.
- 521 Ich gedäht: «ditz ist ein starke man, (25)
- und der sin ritterschaft wol kan.»
- dö machet ich den buneiz lanc.
- sin sper im alze nider sanc:
- min ros er durch den hals dö stach.
- min sper üf siner prüst ich brach. (3o)
- min ros spranc hoch in ungehabe:
- da muost ich palde sitzen abe.
- 522 Nu was euch nuo der tac zergän: (175,1)
- diu ritterschaft muost ende hän.
- in mine herbergc fuor ich.
- die ritter heten alle mich
- d^swär vil gern dö gesehen: (5)
- des cwmoht da niht geschehen,
- wan ich mich üf der vart nie
- deheinen man gesehen lie.
- 523 Ez wart von mir üf al der vart
- mit guotem willen wol bewart, (10)
- 519, 2. 3 Hs. ich sant im, L. änderte : ich gap zehant im.
- Sonst steht auch öfters sant z. B. 715, 5. 951, 2.
- TBEVISO. 195
- daz iemen mohte erkennen mich.
- des huote vil vliziclichen ich.
- ich wolt s6 komen durch diu lant,
- daz iemen würde da bekant,
- von wanne ich wsere oder wer: (i5)
- daz was gar mines herzen ger.
- 524 Des andern morgens, dö der tac
- vil lieht erschein (dannoch ich lac
- an minem bette, wizzet daz),
- zwei hundert vrowen oder baz (20)
- für min herberge wäm komen
- und heten gerne daz vernomen,
- wenne ich ze kirchen wolde gän.
- manic man ouch vrägen des began.
- 525 Ein min kneht die vrowen sach: (25)
- zuo mir mit zühten er d6 sprach:
- üf, vil liebiu vrowe min:
- ich mein iuch, edeliu künegln!
- ich enweiz, ob ir ez habt vernomen:
- die vrowen die sint alle komen (30)
- üz der stat zuo iu dk her.
- ir liget ze lange», s6 sprach er.
- 526 D6 von mir rehte wart vernomen (176,1)
- zuo mir s6 maniger vrowen komen,
- d6 legt ich sä, an mtnen lip
- kleider, die ein werdez wtp
- wol mit ^ren het getragen. (5)
- waz daz wsere, lät michz iu sagen:
- ich legt an ein hemde blanc,
- kleine, ze rehter m&ze lanc.
- 527 Da muosten an zwen ermel sin:
- daz nim ich üf die triwe min, (10)
- daz ich nie bezer hän gesehen:
- des muoz ich von der wärheit jehen.
- dar nach leit ich ein röckel an:
- 526) 2 komen subst. inf., die Ankunft, davon abh. der Gen.
- 80 maniger vrowen, zugleich in komen noch Yerbalkraft, die die
- Präp. zuo nach sich zieht.
- 13*
- 196 VBNÜSFAHRT 1227.
- daz was deine, wiz als ein swan,
- daz vrowe bezzerz nie getnioc. (15)
- daz maoste sin doch gnot genuoc.
- 528 Von einem wizen samtt an
- ich leit ein cappen, daz nie man
- samtt gesach so kosterich;
- dar in von golde wunneclich (20)
- was geworht manic schoene tier.
- ir sült für w&r gelauben mir:
- diu kappe was meisterlich gesniten,
- den vollen lanc, nach vrowen siten.
- 529 Diu hübe min ouch muoste sin (25)
- vil guot, dar an die zöpfe min
- gemachet d^swar wären wol.
- von reht ich iu noch sagen sol
- ein teil von minen zöpfen m^.
- mit perlin wiz alsam ein sn§ (30)
- hiez ich si bewinden sä
- vil minneclichen hie unde da.
- 530 Mit einer risen (diu was guot) (177,1)
- verbaut ich mich: ez was min muot
- 527, 6 deine ist nicht adv. zu wtz, sondern adj.; vgl. 473, 4.
- 528,5 in den weißen StoflF waren mit Goldfaden Thier-
- gestalten eingewebt; aus dieser Stelle würde schon allein her-
- vorgehen, daß der aamit des 13. Jahrh. nicht unserm Sammt
- (velours) entsprechen kann, samit war ein dem Rips ähnliches
- Seidengewebe. Der Wappenrock und die Pferdedecke werden
- jene Muster wohl nicht enthalten haben; es hätte die Wirkung
- des Wappens beeinträchtigt. Nur der samtt der kappe wäre
- somit ein eigentliches Brocatgewebe. Vgl. Schultz, höf. L. 1,
- 259 fg.
- 529, 1 fg. an die hübe waren die Zopfe befestigt, nicht an
- das eigene Haar. Die Haube mußte also aufbehalten werden,
- wenn der Hut oder der Helm aufgesetzt wurde. Näheres über
- die Haube erfahren wir nicht. Die Möglichkeit scheint mir
- nicht ausgeschloßen, daß hübe hier eine Perücke bezeichnet. —
- 8 minneclichen adv. der Hs. beibehalten, weil das Wort schon
- die abstracte Bedeutung: lieblich, hübsch gewonnen hat; L. än-
- dert in wunneclichen, was allerdings das Ursprüngliche sein kann.
- 530, 1 rise swf. ist Schleier, doch darf man sich nicht ein
- so dünnes und durchsichtiges Florgewebe denken, wie sie unsere
- heutigen Schleierstoffe (Gaze, Tüll, Mull) aufweisen, sondern
- TBEVI80. 197
- daz an mir lernen solde sehen
- iht anders wan der ougen breben.
- sus wart gekleidet mir der Itp
- in vrowen kleit. reht als ein wip
- ich satzt üf einen phäbenbuot:
- der was von höber koste guot.
- 531 Zwßne bantschuobe an den benden mtn
- • *
- ich truoc: die muosten ouch guot sin. (lo)
- vil hohes muotes ich do gie,
- da mich manic röter munt enpfie.
- ir gruoz was gegen mir alsus:
- «got wilkömen, küneginne Venus!»
- sus gruozten mich die vrowen gar: (i5)
- ir was vil mangiu drunder clär.
- 532 Dö ich der vrowen gruoz enpfie,
- von Gorze der gräve daz niht lie,
- er hüebe da ein buhurt sä.
- ez wart wol ritterliche da, (2o)
- vor uns vrowen da geriten
- mit kunst nach ritterlichen siten.
- der buhurt vaste gie entwer,
- sus unde so, hin unde her.
- ein dichteres, etwa wie Battist oder auch noch stärker. Auch
- ist rise nicht blos wie meist unsere Schleier ein frei und lose
- getragenes Stück, sondern diente wie jedes andere Zeug zur
- Bekleidung und Verhüllung, wie eben ans unserer Stelle her-
- vorgeht und dann auch aus der folgenden Erzählung Str. 537.
- Aber deshalb ist nicht, wie Weinhold, D. Fr. 2 *, 329 annimmt,
- schlechthin a Wangen- und Einnbinde» als die alleinige Be-
- deutung von rise anzusetzen. — 7 phdbenhuot stm. , Hut mit
- Pfauenfedern belegt, von Männern und Frauen getrag^; über
- der hübe bildet er die gewöhnliche Kopfbedeckung U.'s und
- wird in der Tjost mit dem Helm vertauscht.
- 532, 3 buhurt stm., gleich dem Turnier (s. zu 242, 5) ein
- Schaarenkampf zu Pferde, in dem es besonders auf das Auf-
- einanderstoßen der Schilde ankommt. Nicht ganz im Einklang
- steht damit, daß 533, 5 auch das Krachen der schefte^ der
- Schäfte, der Speere, erwähnt wird. Dieser buhurt ist also schon
- eine Art Turnier, was auch 532, 7 erkennen läßt; vgl. Niedner,
- Turnier 13. 36. Andere Buhurt-Schilderungen im Frauendienst
- 644, 7 fg. 823, 2 fg.
- 198 VENUSFAHBT 1227.
- 533 Ir sült für war gelauben daz: (25)
- fünf hundert ritter oder baz
- da üf den buhurt wären komen.
- da, wart von Schilden stöz vernomen
- und von scheften krachä crach.
- die ritter man unmtiezic sach: (3o)
- durch diu vil reinen süezen wip
- do manger urbart wol den lip.
- 534 Dö bat ich sä. den buhurt län: (178,i)
- daz wart vil schier durch mich getan.
- sä. ich dö ze kirchen gie.
- ein grsevinne mir die capen vie:
- mit ir vil linder wtzer haut (5)
- habet st mir vor üf min gewant.
- sus wtste s! ze kirchen mich:
- in hohem muot den dienst nam ich.
- 535 £ ich ze kirchen was bekomen,
- min kamersere het genomen (lo)
- einen tebich wunnecHch
- und einen bolster kosterich:
- ob einem gevalden stuol daz lac;
- dar über ich mich ze neigen pflac.
- 533, 8 urhart = urharte österreichische Form, die L. hier
- belaßen, in 281, 8 unnothig in urhort corrigiert hat (im mhd. Wb*
- 1, 152**, 6 wird urhart irrthümlich als Druckfehler vermuthet).
- urhorn, urharen 1576, 8, urhern 1013, 8 swv., als urhor stf., Steuer
- ei;itrichten , dann, namentlich in der Wendung den lip urhorn
- (das Leben, sich): opfern. Andere Fälle von österr. a für o
- s. Knorr S. 51.
- 534, 5 linder wtzer stark flect. : mit Recht, da ir gen. und
- nicht flectiertes Possessivum ist. Der Vers zeigt, wenn es nicht
- poetische Formel ist (vgl. zu 24, 5), daß die Gräfin keine Hand-
- schuhe getragen hat. — 6 «/ gehört zu hahet: sie hielt auf,
- empor. — 8 vor adv. : vor, vorne : damit ü. mit dem ungewohn-
- ten langen Mantel nicht strauchele und damit das kostbare weiße
- Gewand nicht beschmutzt werde. Man kann vermuthen, daß
- es Stufen hinauf zu schreiten, galt.
- 535, 5 gevalden stüolf wörtlich: ein zusammengefalteter
- Stuhl, d. h. ein Stuhl zum Zusammenfalten, zum Klappen, sonst
- gewöhnlich valtstuol (woraus fauteuit). Dieser Stuhl diente ü.
- zum Betpult. Auf das holster wird er gekniet haben.
- TBEVISO. 199
- ich bat got miner ^ren pflegen (15)
- durch sine gtiete üf minen wegen.
- 536 £in pfaffe ein schoene messe sanc.
- umb mich von vrowen was gedranc:
- do ich ze dem opfer wolde gän,
- die leute pat man üf Äoher stän. (20)
- min Opfer ich so bilde an vie:
- dö ich her von dem opfer gie,
- daz man daz paeze sä dar truoc,
- gelachet wart des da genuoc.
- 537 Daz psece ab einem baoch ich nam, (25)
- verbunden gar; daz doch niht zam.
- der grsßvinne bot ichz da.
- diu hoch geborne diu sprach sä:
- «ir sult di rlsen fürder nemen*.
- s6 mac daz paece mir gezemen.» (3o)
- zehant do si daz wort gespräch,
- die rlsen ich von dem munde prach.
- 538 Diu schoene lachen des began: (179,1)
- si sprach: «wie nü? ir sit ein man:
- daz hän ich kürzlich wol gesehen.
- 536, 3 o-pfer stn., Opferspende bei der Messe. — 4 w/ hoher
- 8tdn (Hs. uf aher stan; L. üf her stän), sich weiter weg stellen,
- zurückweichen. — 5 bltde adj. ist nicht: dreist (Tieck), auch
- nicht: blöde (Falke), sondern: fröhlich und zugleich: artig,
- sittsam (ü. ahmt das Wesen der Frauen nach und erregt da-
- durch Heiterkeit). — 7 pcece (Hs. meist pece) stn. hat doppelte
- Bedeutung: 1) der Friedenskuß bei der Messe, den sich Per-
- sonen desselben Geschlechts gaben mit dem Gruß pax tecum;
- 2) die Kußtafel mit dem Bilde des Erlösers oder eines Kreuzes,
- die herumgereicht wurde. Ein mit Hinweis auf Ersch und
- Gruber's Encyclopädie Sect. III, Th. 14, S. 343 genauer Artikel
- über pcece im mhd. Wb. II *, 457.
- 537, 1 das Buch ist wohl ein Evangelienbuch. — 2 daz
- doch niht zam, was unerlaubt war, weil unter der Umhüllung^
- in der Weiberverkleidung, ein Mann steckte. — 4 hoch geborne
- vielleicht im Einklang mit 540, 1 allgemein zu faßen ; möglicher-
- weise aber auch Andeutung, daß die Gräfin fürstlichen Banges
- war; denn einfache Grafen sind bis in die Reformationszeit nur
- wol geborn; doch vgl. zu 991, 1. — 8 brechen %U.y hier: reißen.
- 538, 3 kürzlich adv. , auch von der kürzesten Zeit gesagt :
- so eben, eben jetzt.
- 200 VENUSFAHBT 1227.
- waz danne? der kus sol doch geschehen.
- ich wil durch elliu guoten wlp (5)
- iuch küssen, stt daz iwer Itp
- hat vrowen cleit an sich geleit:
- des sol mtn kus iu sin hereit. »
- 539 D6 st daz paeze von mir enpfie,
- und daz der süeze kus ergie, (lo)
- da von wart ich vil höchgemuot;
- wan vrowenküssen sanfte tuot.
- daz ist für war den allen kunt,
- die ie gekusten vrowen munt,
- daz nie niht also süezes wart (15)
- so vrowenkus von höher art.
- 540 Ein hoch gehören reine wip,
- diu röten munt hat, schoenen lip,
- swä diu küsset einen man,
- der vrowenkus erkennen kan, (2o)
- der ist des immer möre vrö.
- ^umb vrowenküssen stät ez so,
- daz ez tuot noch baz denne wol
- und machet ein herze freuden vol.
- 541 Nu was diu messe gesungen gar. (25)
- ich und manic vrowe wol gevar
- giengen von der kirchen sä.
- vil gröz gedranc hie unde da
- was in den gazzen über al.
- von busünen grözen schal (30)
- hört man vor uns vrowen dö.
- man was uns an ze sehen vrö.
- 542 Für mtne herberge ich dö quam, (180,i)
- da ich urloup vil schöne nam
- von maniger vrowen minnecltch.
- ich schiet von in vil muotes rieh.
- 539, 4 vrowenküssen hier und 540, 6 in Hs. in einem Worte,
- L. hat getrennt, wohl nach der Abschrift; an letzter Stelle ist
- küssen offenbar subst. inf., hier könnte reiner Inf. gemeint sein :
- es thut wohl, Frauen zu küssen. Nach Hs. und der zweiten
- Stelle ist aber auch hier vrowenküssen = vrowenkus (in Hs.
- 539, 8 zusammen, 540, 4 getrennt, L. beidemal getrennt); vgl.
- 1. Büchl., 193 und zu 102, 7.
- PIAVE. 201
- si pä.ten mtn got alle pflegen: (5)
- üz reinem herzen gie ir segeu.
- glücke ich stt da von gewan:
- got vroweii niht verzthen kan.
- 543 Den potestät da- von der stat
- manic höchgemuoter ritter bat, (lo)
- daz er mich lieze dk stechen m^r.
- «ich tuon sin niht», also sprach er.
- «swer mit ir mßr tyostiren wil,
- es sl lützel oder vil,
- der zog mit ir unz an den Plät. (15)
- daz erloub ich», sprach der potestät.
- 544 Alzehant ich dö enbeiz;
- dar nach ich mich mit willen vleiz,
- daz ich rite schöne durch die stat.
- die mine ich des alle bat. , (20)
- ich het an schoene vrowenkleit.
- in hohem muote ich dö üz reit;
- dö zöget ich vil schöne dan:
- mit mir reit dan manic werder man.
- 545 Ich zogte mit vreuden an den Plät. (25)
- an einer harte schoenen stat
- sach ich halten einen man,
- den ich vil wol genennen kan:
- er hiez von Mürekke her Reinpreht.
- er was genaemen wtben reht: (30)
- den allen er ze dienen pflac;
- da von er selten eine lac.
- 546 Sus was gemuot der rtche man. (181,1)
- er fuort von guoten siden an
- 543, 7 K. erklärt den Pldt nicht. Ein Platz oder ein Fluß
- in der allernächsten Nähe von Terms kann nicht gemeint sein,
- denn in U.'s Einladnngsbrief ist schon als Ziel der zweiten Reise-
- route der Pldt genannt. Vielleicht ist der Ort gemeint, wo die
- Straße von Treviso nach Sacile über den Fluß Plavus (Piave)
- fuhrt und der vom Fluße den Namen hat. Vielleicht Ponte di
- Piave ?
- 544, 1 ich enbeizy stieg ab, d. h. vom orsey vom Streitroß,
- auf das sich U. bereits, um noch weiter zu stechen (543, 3),
- gesetzt hatte. — 3 der Ritt durch die Stadt geschieht auf an-
- derem Pferde.
- 202 VENUSPAHKT 1227.
- ein hemde wiz alsam ein sn^.
- niht anders harnasches fuort er me
- wan einen heim, schilt unde sper. (5)
- sus kom er gestapfet her.
- sin orsse sach man verdecket s!n
- mit samtt und mit paltektn«
- 547 Alzehant bereit ich mich:
- die wile muost er enhalten sich. (lo)
- ich wart vil kürzlich wol bereit
- in miniu wizen wäpencleit.
- den heim min ich dö üf bant,
- ich nam ein sper in mlne hant:
- daz was wlz, ze mäzen gröz. (15)
- ich was gar ungemüetes pl6z.
- 548 Er kom g61eisiret her.
- ez was von golde lieht sin sper:
- daz sluog er under den arm sin.
- d6 satzt ich üf min diech daz min. (20)
- sin sper er durch den schilt min stach,
- daz ez diu tyost vil deine brach:
- daz mlne wart da geneiget nie.'
- diu tyost sus beidenthalp ergie.
- 549 Diu tyost was ritterlich ergän. (25)
- d6 gab ich dem vil riehen man
- ein vingerlln, daz was golt:
- 546, 5 Lachmann: beßer eine.
- 547, 2 enhalten — enthalten stv. refl., an sich halten, warten.
- — 5 den heim uf bindenf nicht setzen, ist der gewöhnliche Ter-
- minus, daneben anch ze hoiibet binden 568, 2 ; absetzen, herunter-
- thun ist abe binden wie schon vorher 519, 1; femer z. B. 555, 1.
- 548, 1 leisieren swv. Fremdwort, auch leischieren, vom franz.
- laissier, laisser, lat. laxare, Terminus der Reitkunst: das Rol^
- mit verhängtem Zügel laufen laßen ; im Frauendienst selten. —
- 3 daz sper under dep, arm slahen, die gewöhnliche Bezeichnung
- für das Einlegen der Lanze; «einlegen» erst in jüngerer Zeit
- mit der Einführung der anders geformten Turnierschilde, in
- deren Ausschnitt die Lanze eingelegt wurde, aufgekommen. —
- 4 U. setzte seinen Speer auf sein diech stn., seinen Schenkel,
- um es empor zu halten, nicht gegen den Gegner zu neigen
- (V. 7) ; denn er mußte diesen schonen, da er keinen Brustharnisch
- führte (546,4 fg.). — Q ez acc. = sper; derselbe Vers 607, 4.
- 549, 3 vielleicht von golt.
- PIAVE. SAGILE. 203
- daz het er ritterlich geholt;
- des man in höhe danken sach.
- her Herman von Plintenpach (3o)
- d6 mich bestuont, und Walhe drt:
- den was ouch höchgemüete bt.
- 550 Von den wart ritterlich geriten (182,1)
- und vselen endeclich vermiten.
- der iegelichem gab ich dö
- ein vingerlin: ir muot stuont ho.
- vier sper ich selbe d& verstach. (5)
- alzehant d6 daz geschach,
- d6 zogt ich schone hinze Schetzin,
- da ich des nahtes wolde sin.
- 551 Da wart ich enpfangen wol.
- die line da wären vrowen vol, (lo)
- die alle wol enpfiengen mich;
- da von vil hoch gemuot wart ich.
- di naht ich dk gemaches pflac.
- sä d6 mir kom der ander tac,
- vil wol ich dö gewäpent wart (15)
- und huob mich aber üf mine vart.
- 552 Vor einem vöreis wunneclich
- het mir der gräve tugendrich
- von Gorz gewartet, und manic man,
- der ich niht gar genennen kan. (20)
- zwelf ich ir under helme sach. '
- zuo den minen ich d6 sprach:
- «ich sihe hie ritter tyoste gern:
- der sül wir schone si gewern. »
- 553 Üf min ros ich palde saz, (25)
- des Schildes ich da niht vergaz,
- 550, 7 in Hs. nicht Scherzin, sondern Scheczin = Schetzm
- = Schetschin, das ist: Sacile; s. K. S. 671.
- 551, 2 line stf. , der in den südlichen Ländern noch heute
- übliche, außer der Hauswand angebrachte Vorbau: Gallerie,
- Veranda oder Balcon ; im Frauendienst recht häufig, sonst selten
- erwähnt; s. zu 1133, 2.
- 552, 1 voreis = foreia, wie der Schreiber sonst nach all-
- gemeinem Brauche schreibt. Hier der zweite Fall von föreaten ;
- vgl. zu 182, 4.
- 204 VBNU8FAHRT 1227.
- den heim mtn ich sä M bant,
- ich nam ein sper in mine hant.
- si gähten vaste gegen mir her.
- der gräve ein wol geverbetez sper (30)
- verstach mir üf den heim min:
- daz min brast an dem halse stn.
- 554 Üf mir da wurden siben sper (183,1)
- verstochen wol nach ritters ger
- und d^swär wol ritterlich.
- man sach mich da vil muotes rieh:
- eiulef sper mit miner hant (5)
- da wurden ritterlich verswant.
- fünf riter da vermisten min:
- den gab euch ich niht vingerlln.
- 555 Den heim min ich d6 abe bant.
- d6 huob sich üf dem velde zehant (lo)
- vil manic tyost hie unde da.
- der gräve von Gorze der stach sä
- einem ritter abe den heim sin:
- diu tyost kund schoener niht gesln,
- wan er vil küme da gesaz. (15)
- von rehter wärheit wizzet daz.
- 556 Wol hundert ritter oder me
- da täten an einander we
- mit ritterlicher arebeit.
- durch wlp und durch ir werdecheit (20)
- tet ez da manger also wol,
- also man vrowen dienen sol.
- der tet ez sus, der tet ez s6,
- der wart trüric, der wart vr6.
- 557 Dö muost ouch ich nu zogen dan: (25)
- di ritterschaft'sach man sich zerlän.
- si zogten mit mir ritterlich
- des tages reht unz hinz sant Uolrlch:
- 555, 1 er = der ritter. — gesitzen stv., hier: sitzen bleiben
- (im Sattel).
- 556, 2 an praep. mit acc, nhd. an (adv.) ihun mit acc. der
- Sache, dat. der Person.
- 557, 4 sant üolrich, s. K. 671: «S. Odorico unmittelbar am
- Tagliamento in gleicher wagrechter Linie mit Udine.»
- ODOBICO. 205
- d4 wolt ich haben gemach di naht.
- des andern tages, dö mit mäht (3o)
- des tages schin di naht vertreip,
- niht langer ich aldä beleip.
- 558 Ich wäpent snelleclichen mich, (184,i)
- dar nach vil schire s6 zogt ich
- üf daz velt mit wizen spern:
- ich wolde si tyostirens wem,
- die dar durch vrowen wären komen. (5)
- von einem het ich da vernomen,
- der het dar vrowenklenät präht:
- dem was tyostirens wol gedäht
- 559 Von Speogenberc her Otte er hiez.
- der höchgemuot daz niht enliez, (lo)
- er zöget nach mir gezimirt wol,
- reht als ein vrowenritter sol.
- sin zimir gap vil lichten schin:
- ein rtsen nrnhe den heim stn
- er da fuorte, diu was guot. (15)
- sus zöget nach mir der höchgemuot.
- 560 Uns was zesamen beiden ger.
- wir fuorten zwei vil starkiu sper:
- do machte wir den buneiz lanc.
- ze vellen mich was sin gedanc: (20)
- ich däht ouch: «ich sol disen man
- s6 treffen, ob er sitzen kan,
- daz ers bedarf wol endelich,
- wil er niht werden schänden rieh.»
- 561 Gein mir vil vaste s6 treip er: (25)
- von Sprüngen gesenket wart sin sper.
- 558, 7 vrowenklendt stn. nach Hs. in einem Worte , Frauen-
- kleinod : bezieht sich anf die rtse, die, ein Geschenk seiner Dame,
- der Franenritter Otte von Spengenberg am Helme trug.
- 559, 2 Von Spengenberc her Otte s. K. S. 671. — 6 in 853, 8
- ivird auch eine rtae als Helmschmnck erwähnt, doch dient sie
- da mit znr Befestigung des Federbnsches ; dagegen ist sie hier
- der alleinige Schmuck und ist ein Symbol der Frauengunst;
- vgl. zu 569, I.
- 560, 5 hier vereinzelt ddht statt gedäht; femer 632, 8. 897, 3.
- (Die Abschriften nur an letzter Stelle daht,)
- 206 VENU8FAHET 1227.
- min orsse ein teil ich warf von im
- (den man ze vellen was min sin),
- vil balde ich wider üf in treip:
- an sinem halse min tyost beleip; (3o)
- da von der hoch gemnote man
- vil nach ein vallen het getan.
- 562 Ir stilt gelauben mir, daz er (185,1)
- üf mir verstach ein grözez sper.
- von unser beider speres krach
- die drumzon man üf vliegen sach.
- im entwischte zoum und stegereif: (5)
- den satelbogen er begreif;
- da bi er sich berihte wider:
- er wsere gevallen anders nider.
- 563 Mit im selbe sehsten ich da stach,
- daz nie dehein vselen da geschach. (lo)
- den gab ich allen vingerltn
- und bant abe sä den heim min.
- zehant gein Clemün s6 zogt ich.
- da het ein ritter schone sich
- gein mir geleit her an daz velt (15)
- in ein vil wunneclich gezelt.
- 564 Her Mathie er was genant,
- üf öre het er den muot gewant:
- er was d^swär vil tugende rtch.
- er het ein maget minnecUch (20)
- 561, 3. 4 unreiner Reim; bei Knorr S. 28. 51 nachzutragen.
- 562, 5 itegereif stm. , Steigbügel ; im Frauendienst nicht
- specialisiert. — 6 satelboge swm.: hier ist der vordere Sattel-
- bogen gemeint. Im Mittelalter waren die Sättel so, wie sie uns
- heute noch im Orient begegnen ; sie gaben durch die Rundungen
- vom und hinten dem Reiter festen Halt; eine lehrreiche Ab-
- bildung eines gesattelten Pferdes ohne Reiter s. Schultz, höf. L.
- 1, 396; femer Reiter zu Rosse 1, 376 und 2, 21, 23 u. s. w.
- 563, 5 Clemün, «das heutige Gemona» (früher Glemona) ;
- s. K. S. 672.
- 564, 1 L. fahrt den Herrn Mathie (Betonung Mathie und
- Mathie) im Namenverzeichnis unter Clemün an^ von Cl. M.,
- wohl veranlaßt durch Earajan's Vermuthung, ein urkundlich
- nachgewiesener Marthiussius de Giemono möchte vielleicht dieser
- Mathie sein.
- GEMONA. 207
- gein mir gesant: diu fuort dart her
- in ir hant gegen mir ein sper.
- ein vil schoene pferd si reit
- und was d^sw4r wol gekleit.
- 565 D6 mich diu reine, guote sach, (25)
- diu schoene üz rotem munde sprach:
- agot wilkömen, kttneginne Y^nus!
- iu hat her Mathie ht mir sus
- enboten, daz ir, vrowe, sit
- im willekomen äne strlt. (30)
- von hertzen er iuch gerne siht:
- des liuge ich iu von im niht.
- 566 Er hat gesant iu bl mir her, (186,1)
- vil liebiu vrowe, ditze sper.
- gein iu sin böte ich, vrowe, des bin,
- daz irz verstechen sült üf in.
- des hiez er mich mit schcenen siten (5)
- iuch vil ztlhtecllchen biten.
- nu nemt ez, liebiu vrowe min,
- als liep iu alle vrowen sin.»
- 567 Daz sper ich willecUchen nam
- und dancte der botschaft, als daz zam, (lO)
- und hiez der minnecltchen meit
- sagen, ich wsere sin bereit
- allez willecUchen ir,
- swaz s! gesaget hete mir.
- diu maget mir danken des began (15)
- und reit in hohem muote dan.
- 568 Dö wäpent ich mich alzehant:
- den heim ich ze houbet pant,
- ich nam den schilt und ouch ein sper.
- d6 kom ouch er gestapfet her. (20)
- üf einem anger daz geschach,
- daz ich den ^re gernden sach.
- er was gezimirt als ein man,
- der vrowen gruoz verdienen kan.
- 569 An sinem sper ein rtsen guot (25)
- er fuort und was vil hoch gemuot.
- 569, 1 fg. hier ist 7. 8 deutlich ausgesprochen, daß daz
- 208 VENÜSFAHBT 1227.
- und fuort ouch üf dem heim sin
- ein schapel: daz gap liebten schtn.
- von golde und ouch von perlin liebt
- was ez gemachet: ich liug iu niht. (3o)
- diu im daz kleined het gegeben,
- er moht ze dienst ir gerne leben.
- 570 Nu war ouch wir zesamen da (187,1)
- d^sw4r komen also nä,
- daz zitlich was der buneiz.
- unser ietweder sich dö vleiz,
- daz er koem schöne dar geriten, (5)
- und vaelen würde da, vermiten.
- mit sporn wir zesamen triben:
- diu sper ouch da, niht ganz beliben.
- 571 Ein schoene tyost aldä geschach.
- den heim ich im von dem houbet stach: (lo)
- diu rtse vor an dem spere sin
- beleip mir in dem schilde min.
- sin tyost vil wite luken bort
- oben, da des Schildes ort
- mir dacte daz winster ahselpein. (15)
- sin tyost da voUeclichen schein.
- 572 Sin heim im schir wart üf gehaben,
- ich sach gezimirt gegen mir haben
- dannoch sehs ritter und niht m^r:
- der ieslicher fuort ein sper (20)
- ze mäzen gröz in siner hant.
- kleined von einer' Dame gegeben ist. Zunächst wird darunter
- das schapel, der Kranz von Goldblättem und Perlen, als Zimier
- zu verstehen sein, aber auch die rise wird von ihr herrühren.
- Hier schmückt der Bitter damit nicht den Helm wie Otte von
- Spengenberg (559, 6), sondern den Speer ; die rise macht somit
- den Speer zur baniere. Schultz, hof. L. 2, 24 vermuthet, daß
- das Wort «Wimpel», das heute noch ein kleines schmales Fähn-
- lein bezeichnet, von dem Schleiertuch (wimpel, afr. guimpe)^
- welches so oft die Fahne des Bitters ersetzte, seinen Namen
- erhalten habe.
- 572, 1 fg. üf gehaben: haben (halten), rührender Reim
- künstlerischer Art, deshalb v. Laßberg*s Vorschlag für haben
- zu setzen traben nicht annehmbar.
- GEMONA. 209
- di wurden von mir an gerant.
- ir deheines vermisset ich da:
- ir träffen mich wan viere sä.
- 573 Die zw^n aldä vermisten min: (25)
- die sach man da von trüric sin.
- der wirt seihe fünfte da, wol holt
- diu vingerl min, der minne solt:
- diu gab ich in üz mtner haut.
- den heim min ich sä, abe hant: (30)
- in min herherge ich dö reit,
- do ich vant guot gemach bereit.
- 574 D6 ich des äbendes het gemach, (188,1)
- die ritter man dö komen sach
- mit einem buhurt wunnecUch.
- da wart geriten riterlich
- vor der herherge min. (5)
- der buhurt künde niht gesln
- schoener, danne er was aldä.
- do saz ich in einem venster sä
- 575 Und sach der riter arebeit.
- ich het mich wunnecUch gecleit (lo)
- also von reht ein ktlnegln.
- ez sähen gern diu ougen min
- der ritter ritterliche tat.
- swelch ritter höchgemüete hat,
- den sol man höher minne wem, (15)
- ob er ir kan mit zühten gern.
- 576 Des buhurts was ouch nü genuoc.
- üz miner herherge man dö truoc
- den rittern guotes wines vil.
- nach arbeit manic man trinken wil. (20)
- ich hiez in schenken über al,
- in köpfe, in napfe, in silberschal.
- 576, 6 es' steht der Singular, wo wir den Plural setzen
- würden. Drei Arten der Trinkgefäße, alle von verschiedener
- Form : der koff (aus lat. cuppa) ist ein Becher mit Deckel [das
- Wort in annähernder Bedeutung erhalten in Tassenkopf, Ober-
- tasse]- der napf, ein Trinkgefäß ohne Deckel, aber mit Fuß,
- eine Art Pokal, die schale, schal stswf. (daneben auch schal stm.)
- UliSICH VON LlXCHTBlTBTBIN. I. 24
- 210 VENÜSPAHRT 1227.
- si alle man mir da ntgen sach;
- da, mit si fuoren an ir gemach.
- 577 Do het der kamercere min (25)
- ze wesche gegeben vier röckelin.
- ein edeliu vrowe des wart gewar:
- alzehant d6 sande dar
- ein röckel daz vil schoene wip.
- si gebot der weschen an den lip, (so)
- daz siz pürge ander diu röckel min.
- da was an ein guot heftelin.
- 578 Ein brief, ein gürtel, ein tschapel (189,1)
- was drin gewunden, tugend snel
- was diu frowe, diu ez tet
- däswär vil gar äne mlne bet.
- min kamersere ez s6 enpfie, (5)
- daz er sin wart dk inne nie:
- ez wart gar äne di wizen sin
- verborgen in diu röckel min.
- 579 Seht, also fuort er ez von dan;
- da von er zorn sit gewan. (10)
- diu naht was hin, der tac was komen.
- ein messe wart von mir vernomen
- verholn. dar nach wart ich bereit
- vil wol in miniu wäpencleit,
- so wol, daz ich ß nie war^ baz. (15)
- ich wolte 6t aber fürbaz.
- 580 Min busönaer die blieben dö
- ein stleze wise mit schalle hö:
- den rittern tet man da mit kunt,
- daz ich bereit was an der stunt. (20)
- zehant sich wäpen dö began
- vil manic hoch gemuoter man:
- scheint wie noch heute ein breites und flaches gerundetes Ge-
- fäß gewesen zu sein.
- 578, 7 Hs. den wizen, dagegen 602, 8 di wizen, danach ist
- hier mit L. corrigiert. den wizen würde ein sonst nicht Tor-
- kommendes der wizze oder der witze swm. voraussetzen [Witz
- stm. Tiel jünger], toizen = wizzen, wizzene stf. selten Yorkom-
- mend, einfache Bildung neben dem häufigeren gewizzen stf., das
- Wissen.
- GEMONA. 211
- in den gazzen hin unde her
- fuort man heim, schilt unde sper.
- 581 Dö zöget ich sä üf daz velt. (25)
- her Mathie het sin gezelt
- mir aber üf den wec geslagen.
- daz hört man mich ze mäzen clagen.
- «z hielt der wol gemuote man
- vor sinem gezelt da. üf dem plan: (30)
- er het gezimirt schöne sich.
- dö sach er zuo im stapfen mich.
- 582 Des was er inneclichen vrö: (190,1)
- sin orsse mit sporn nam er dö.
- da wart ein.tyost so ritterlich
- geriten und so wünnecllch,
- daz ich nie schoener hän gesehen: (5)
- des muoz ich von der wärheit jehen.
- die Schilde von der tyost sich cluben,
- die sprlzel von den scheften stuben.
- 583 Nu wären üz der stat ouch her
- wol drlzic ritter oder mör (lO)
- gezimirt üf den rinc bekomen,
- der orsse mit sporn wart genomen.
- da wart vil manic schoen puneiz
- geriten. maniger sich des vleiz,
- daz er da sper verstaeche vil: (lö)
- des brüst wart da. der tyoste zil.
- 584 Da wart tyostiret harte wol.
- daz velt ^elac drumzen vol:
- etUch schilt aldä, gelac,
- der von tyoste vallens pflac. (20)
- 582, 8 Ks, flugen, ebenso 767, 6. 923, 6. stuben praet. pl.
- von stieben stv. , (wie Staub) umherBiegen , zweifellos richtige
- Aenderung L.'s, zumal sich 657, 8. 1413, 8 stuben findet.
- 584, 1 L. ergänzt vor tyostiret das in dieser Partie sehr
- häafige formelhafte deswär; das be&ere Vorbild zur Ergänzung
- bot 610, 3 {harte wol überhaupt sehr oft), wenn nicht zu schreiben
- war da wart getyostiret wol (vgl. dd wart getyostiret vil 611, 8).
- — 2 allez ergänzt L. vor drumzen (Laßberg wil lesen der dr.
- oder von dr,). Der gleiche Vers, der zu geringerer Ergänzung
- anleitet, 610, 4: hier fehlende Senkung.
- 14*
- 212 VENUSFAHRT 1227. CHIUSA.
- mit einlef rittern ich da, stach:
- niün sper ich üf den zebrach,
- ir zweier ich vervaelte da.
- do bant ich abe den heim sä.
- 585 Siben vingerlin ich da hin (25)
- gab: ez dühte si hoch gewin.
- di si gedient da heten wol,
- die sach man da von vreuden vol.
- die vier, der sper da ganz beliben,
- den tac mit zürnen si vertriben: (3o)
- daz si gevselet heten min,
- da von sach man si trüric sin.
- 586 Von Clemün ich zogte sä. (191, l)
- urloup nam manic ritter da
- von mir mit zühteclichen siten.
- nim^r wan drl mit mir riten:
- daz eine was von Lüenz her Heinrich (5)
- und zw^ne Walhe muotes rieh:
- swie ich ir niht genennen kan,
- ez wäm zw^ne biderbe man.
- 587 Ze Clüse het ich di naht gemach.
- des andern morgens fruo ich stach (lO)
- mit dem von Lüenz ritterlich:
- der was vil hohes lobes rieh.
- er und ouch die gesellen sin
- da dienten wol driu vingerlin.
- gar sunder vaelen daz geschach, (15)
- daz unser tyost sehs sper da brach.
- 588 Min muot vil höhe stuont enpor.
- des tages ich zogt unz hinz dem Tor;
- da ich niht ritterschefte vant.
- 586, 6 es ist charakteristisch, daß sich anch zwei Wälscbe
- dem Zuge anschloßen.
- 587, 1 Cluse, s. K. S. 672: «der enge Felsenpaß ,Chiusa*^
- an der Fella in der Nähe von Ponteba veneta.» V. d. Hagen:
- «das Schloß Clusio an der Vellach.»
- 588, 2 Tor, s. K. S. 672: «ohne Zweifel an der Stelle de&
- heute noch unter dem Namen Ober- und Unter -Thörl auf den
- Karten erscheinenden Dorfes auf halbem Wege von Pontafel
- THÖBL. 213
- der werde fürst üz Kerndenlant (20)
- ^ewan dö bi der selben naht
- mit siner fürstenlicher mäht
- ^in hüs hiez Golperc, daz ist war:
- -daz hiez er nider prechen gar.
- 589 Des andern morgens huob ich mich (25)
- vruo von dem Tor. dö het ouch sich
- -der fürst von Kernden schön geleit
- üf einen grüenen anger breit.
- ■durch ein ymblz er da lac,
- •des er üf grase ie gerne pflac. (30)
- wol hundert ritter oder baz
- bi im da lac, gelaubet daz.
- 590 Dö ich in vor mir ligen sach, (192,1)
- min munt üz hohem muote öprach:
- «ich sihe dort ligen ritterschaft
- gein mir mit ritterlicher craft:
- des pin ich herzenlichen vrö.» (5)
- min busüner hiez ich dö
- blasen unde machen schal:
- Ir blasen suoze, lüt erhal.
- 591 Dö der herzöge und di sin
- erhörten schal von den busin, (lO)
- si sprächen: «wer zöget zuo uns, wer?»
- man saget: «diu künginne vert da her,
- als ir ir briefe habt vernomen. »
- si sprächen: «diu si willekomen!
- die sül wir schön enpfähen hie.» (15)
- ir antpfanc ritterlich ergie.
- nach Villach.» — 4 Herzog Bernhard (188, i fg.). — 7 ein hus
- hiez Golperc, ein Schloß, eine Burg (wahrscheinlich ein Raub-
- nest) mit Namen {hiez Formel, Pronominalellipse) G. Von K.
- nicht erwähnt. V. d. Hagen weist einen Ort Goldnberg auf der
- Merianischen Karte von Kärnten am Gaylfluße nach.
- 589, 4 «nicht leicht anderswo in dem bisher sehr engen
- Thale als um Amoldstein » ; K. S. 672.
- 591, I. 2. 8in = Sine: bustn = businen. — buaine swf. (da-
- gegen im Frauendienst niemals busincere, nur busüncere) die ur-
- sprüngliche Form, franz. buisine, lat. buccina. Die Posaune war
- im Gegensatz zur Trompete ein gewundenes Metall-Blasinstrument,
- damals aber noch nicht mit den verschiebbaren Zn.fi^er.
- 214 VENUSPAHET 1227.
- 592 Der fürste und die gesellen sin
- mich hiezen willekomen stn.
- ir gruoz was gegen mir alsas:
- (cbuge waz primi, gralva Venus!» (20)
- des neig ich zühteclichen da.
- sie hiezen mich des vrägen sä,
- ob ich tyostiren wolde da.
- ich sprach üz hohem muote: «ja!»
- 593 Alzehant sich do began (25)
- da wäpen manic biderbman.
- ir wurden kürzlich wol bereit
- funfzic schön in wäpencleit:
- die sach man alle tyostirens gern
- ünder Schilde mit den spern. (3o)
- nu was ouch ich'gezimirt wol
- und ritterliches muotes vol.
- 594 Der da des Ersten gegen mir quam (193,i)
- gezimirt, als im wol gezam,
- daz was für war ein biderbman.
- von Osterwitze der schenke Herman
- was der tugende rieh genant. (5)
- von siner frümicheit wite erkant
- was er und vil höchgemuot:
- er het vor schänden sich behuot.
- 595 Wir beide ein tyost da ritterlich
- vil schöne riten. wichä, wich! (lO)
- ruoft man dö beide dort unde hie.
- unser tyost alsus ergie,
- daz man diu sper da presten sach:
- üf beiden helmen daz geschach.
- daz fiur da, üz den helmen spranc. (15)
- der tyost muost man uns wizen danc.
- 596 Ein ander sper gab man mir sä.
- nu was ouch komen gegen mir da-
- von Vinkensteinc min her Kol :
- der künde d^swär tyostiren wol. (20)
- daz wart da voUeclichen schin,
- 592,4 Gott willkommen, Königin Venas (v. d. Hagen).
- Gott euch empfange, königliche Venus (v. Earajan nach Kopitar).
- VILLACH. 215
- wan er mir an dem heim min
- ein sper da ritterlich verstach:
- daz mine in sinem schilt ich prach.
- 597 Ich wil ez iu kurzliche sagen (25)
- und doch die wärheit niht verdagen:
- ez wurden da funfzehen sper
- üf mir verstochen und niht m^r
- in hohem muote ritterlich.
- ob ichs iu nant.gar sunderlich, (3o)
- die da, wol dienten vrowen danc,
- s6 deuht daz mser iuch liht zelanc.
- 598 Ahzehen sper verstach da ich. (194,1)
- dar nach sach man abe pinden mich
- mit hohem muote den heim min.
- ich gab da funfzehen vingerlin
- den, die si gedienten da. (5)
- dar nach sach man mich zogen sä
- mit vreuden hin ze Villach,
- da man mich d^swär gern sach.
- 599 Durch daz Rastal sä zehant
- dö zogt der fürst üz Kerndenlant. (lo)
- mit mir fuor al sin ritterschaft
- ze Villach, da vil manic schaft
- wart verstochen ritterlich.
- da was manic ritter muotes rieh:
- da wart tyostiret von in wol (15)
- mit mir, als ich iu sagen sol.
- 600 Des nahtes het ich da ze Villach
- mit vreuden däswär guot gemach.
- sä dö der ander tac bequam,
- ein schcene messe ich dö vernam. (20)
- ich het an minen lip geleit
- vil wunneclicheu vrowenkleit.
- blide hin ze kirchen und von dan
- gie ich: des lachet dö manic man.
- 599, 1 Rastal, südostlich von Villach, heute volksetymo-
- logisch Rosenthal; aus dieser Gegend das Geschlecht derer von
- Rase; s. K. S. 672.
- 216 VENUSFAHBT 1227.
- 601 Alzehant ich d6 enbeiz; (25)
- dar nach ich mich mit willen fleiz,
- daz ich gezimirt würde woL
- ez was vil hohes muotes vol
- daz minnengernde herze min.
- dö schowet ich al min röckelin (3o)
- snnderlichen alzehant:
- ein vremdez röckeZ ich da vant.
- 602 Dö ich daz röckelin ersach, (195,1)
- zuo minem kameraere ich dö sprach:
- «wie nü? wer hat ditz her gegeben?
- daz sag, als liep dir si daz leben!»
- er sprach: «vrowe, ich enweiz sin niht. » (5)
- «daz wsere ein wunderlich geschiht.
- wer solt dir hän ditz röckelin
- gegeben gar äne di wizen dtn?»
- 603 Daz röckel ich zehan^ üf bant;
- dar inne ich einen gtirtel vant, (lo)
- ein tschapel und ein heftelin:
- diu driu niht bezzer künden sin.
- ein tiütscher brief ouch da bl lac:
- dar umbe ich grözes zomes pflac;
- ich sprach: «du solt gelouben mir, (15)
- ditz kleinoed birt unsaelde dir!»
- 604 Er sprach: «vil liebiu vrowe min,
- lät iwer zürnen gegen mir sin.
- und wizze ich, wer ez her habe gegeben,
- daz lät mir gän an min leben.» (20)
- den brief ich mir an der stat
- vil snellichen lesen bat.
- den brief ich hört: balde daz geschach.
- nu sült ir hoeren, wie er sprach:
- 603,4 diu driu: neutr. wegen des verschiedenen Ge-
- schlechtes der drei genannten Dinge.
- 604, 6 L. änderte ohne Angabe der Lesart unnothig in
- snellecltchen, während er 967, 6 die Ueberlieferung unangetastet
- ließ, snellichen adv., unmittelbare Bildung, schnell, plötzlich,
- sogleich.
- VILLACH. — BBIEF DEB UNBEKANNTEN. 217
- (d) Venus, vil edeliu ktinegln, (25)
- gruoz und al den dienest min
- enbiut ich iu gar sunder wanc.
- iu suln dlle vrowen wizen danc,
- 5 daz ir durch unser werdicheit
- habt vrowenkleit an iuch geleit (3o)
- und da, mit ^ret elliu wtp.
- des wirt getiwert iwer 11p. (196,1)
- ir sult von mir enpfähen
- 10 mtn kleinoed sunder smähen,
- daz ich ze lieb iu hän gesant.
- ich wil iu wesen unbekant (5)
- durch min ^re und durch anders niht:
- und swä iu ^re und liep geschiht,
- 15 des bin ich innecliche vr6.
- mtn muot der stät gein iu als6,
- got müeze iu libes und ^ren pflegen (lo)
- üf iwern ritterlichen wegen!
- mit triuwen gib ich iu den segen.
- 605 Sä dö ich den brief vernam,
- alzehant ein böte quam,
- der sprach: avil edeliu künegin, (15)
- ir solt nü gewäpeut sin.
- iu sl für war von mir geseit:
- die ritter sint nu gar bereit
- und zogent üf daz velt da hin.
- ir böte zuo iu, vrowe, ich des bin.» (20)
- 606 Ich sprach: «des bin ich harte vro»
- und wäpent mich zehant aldö.
- ich wart vil schöne da bereit
- in sn^wlzziu wäpenkleit
- und zogt hin üf daz velt zehant, (25)
- da ich wol vierzic ritter vant
- (d) Im Stile der Büchlein; Wechsel von stumpfen und
- klingenden Reimen, doch vorwiegend stumpfer Reim; öfters
- zweisilbiger Auftact; Reimbrechung; fast ausschließlich jam-
- bischer Rhythmus; am Schlüsse Dreireim.
- 218 VENÜSPAHKT 1327.
- ander helme mit den spern
- hald^n. tyostirens sach man si gern.
- 607 Von Vrowenstein her Swikk^r
- fuort gegen mir ein starkez sper, (3o)
- daz er mir üf der brüst verstach,
- daz ez diw tyost yil kleine brach.
- min sper ouch da niht ganz beleip: (197,l)
- di tyost ich im vil nähen treip,
- daz der hurt da was nach ergän.
- dö kom gein mir ein biderb man,
- 608 Der vri vor allen schänden was: (5)
- er hiez der biderb Ruodolf von Ras.
- der was gezimirt harte wol:
- sin lip was aller tugende vol:
- er was vil ritterlich gemuot,
- d^swär ein edel ritter guot. (lo)
- daz wart wol schin an manger stat;
- üz eren er nie fuoz getrat.
- 609 D6 der vil biderbe gegen mir her
- s6 schöne kom, dö was min ger,
- daz unser tyost da würde guot. (15)
- der biderbe, reine, höchgemuot
- stach mir da abe den heim min.
- ich wunt in in den arm sin.
- daz was mir leit: des het ich reht:
- er was mir holt mit triuwen sieht. (2o)
- 610 Hurtä, hurtä! wie ez dö gie
- üf dem velde dort unde hie!
- da wart tyostiret harte wol:
- daz velt geläc drümzen vol.
- fünfzehen sper ich da verstach. (25)
- alzehant dö daz geschach,
- ich zogt sä in di herberge min
- und gap da hin zwelf vingerlin
- 611 Den, die si gedienten da,
- und entwäpent mich ouch sä (30)
- und kleidet mich sä als ein wip.
- in eine line saz da min lip.
- 610, 4 s. zu 584, 2.
- FELDKIBCHBN. 219
- dö man mich in der line ersach, (198,i)
- nu beeret reht, waz da geschach:
- sich huop vor mir ein ritterspil:
- da wart getyostiret vil.
- 612 Ez wurden da, wol funfzic sper (5)
- vor mir verstochen oder mer:
- üf dem market daz geschach.
- die tyost ich alle besunder sach.
- bi miner höfscheit s6 sült ir
- für war daz wol geiauben mir, (lO)
- daz ez da wart vil wol getan
- von manigem höchgemuoten man.
- 613 Nu seig ouch nü der äbent zuo.
- si beten von dem morgen fruo
- unz an den äbent ungemach: (15)
- di naht da maniger gern sach,
- dem liht von müede was vil w^.
- so wold ouch maniger gern m^
- siner vrowen dienen da:
- daz understuont der äbent sä. (20)
- 614 Sä d6 der dritte tac erschein, '^
- dö was ich warden des en ein, ^
- daz ich wold aber fürbaz.
- ir sult für war geiauben daz:
- ich was vil herzenlichen vrö. (25)
- hin ze Veitkirchen zogt ich dö,
- mit mir wol zweinzic ritter guot:
- die wären ritterlich gemuot.
- 615 Des tages dö ich dar solde komen
- und daz min kunft da wart vernomen, (30)
- die ritter von dem lande da
- dö zogten alle gegen mir sä
- gezimirt und gewäpent wol; (199,i)
- der ich ein teil iu nennen sol:
- von Havenerpurc min her Gotfrit
- da gegen mir kom nach ritters sit, •
- 612, 3 market stm., hier: Marktplatz. Auch sonst haben
- wir Zeugnisse, daß diese Plätze zu Ritterspielen dienten. — 4 die
- tyost plural.
- 220 VBNUSFAHRT 1227.
- 616 Und ouch sin bruoder her Amolt. (5)
- von den beiden wart geholt
- zwei vingerlin dösw&r vil wol.
- da kom von Treven min her Kol,
- her Bernhart und ouch her üolrich;
- von Himelberc der muotes rieh (lo)
- (her Zacheus was er genant),
- von sinem gesange wite erkant.
- 617 Der het an slnen 11p geleit
- über daz harnasch münches kleit,
- ein münches cappen swarz gevar, (i5)
- und het üf slnem heim ein här:
- ein breitiu blatte was dem geschorn.
- er het vil tiure des gesworn,
- daz er da nider die künegln
- staeche: daz was der wille sin. (20)
- 618 Einlef ritter da gein mir
- schöne kömen: nim^r was ir;
- üf den ich zehen sper verstach.
- ir iesUcher ouch zebrach
- sin sper üf/e mir döswär. (25)
- der nach dem münch da was gevar,
- der kom gegen mir üf den rinc.
- daz was gar ein verloren dinc.
- 616, 6 beßer mit L. der (Hs. des) muotes rieh, — 6. 7 von
- Himelberc her Uolrtch mit dem Beinamen Zacheus (L. Zacheus,
- fraglich), s. K. S. 672. Die Lieder dieses nach U.'s Urtheil weit
- bekannten Sängers haben wir leider nicht.
- 617, 1 fg. also auch hier eine Verkleidung, die ü. aber
- übel aufnimmt, weil er sie als Verspottung ansehen mußte. —
- 3 swarz ist die Kleidung der Benedictiner, auch die der Augustiner,
- doch hatten diese zu U.'s Zeit noch so wenig Bedeutung, daß
- sie schwerlich im Scherz copiert worden sind. — 4. 5 ein hdr:
- coUectiv, <( Haaraufsatz » (v. d. Hagen. Falke), also wohl eine
- Perücke mit angebrachter breiter Platte, Tonsur, um den Mönch
- zu symbolisieren (im mhd. Wb. 1, 87** ist statt här citiert bar
- mit dem Zusatz «so Lacbmann im Frauendienst»; es steht abei
- in der Ausgabe getreu nach der Hs. deutlich här).
- 618, 6 Umschreibung für münch (s. zu 38, 5); wörtlich der
- wie der Mönch gefärbt, d. h. gestaltet war, aussah.
- PELDKIBCHEN. ST. VEIT. 221
- 619 D6 ich in sach sus gegen mir komen,
- der heim min wart abe genomen. (30)
- ich hiez im sagen an der stat,
- slt er an im het münches wät
- und münch ouch wold für ritter sin, (200,1)
- s6 wolde ouch da diu künegtn
- mit im niht ritterschefte' pflegen:
- des het si sich durch zuht bewegen.
- 620 In min herberge ich dö reit, (5)
- da guot gemach was mir bereit.
- gemaches pflac ich da di naht.
- sä dö der ander tac mit mäht
- erschein, dö schiet ich sk von dan.
- mir het der münch da leit getan: (lo)
- der truoc ich im von schulden nit.
- des tages zogt ich unz hin ze sant Vit.
- 621 Dö ich ze sant Vite zuo ^ereit
- und daz min kunft da wart geseit,
- di ritter da niht langer biten, (15)
- mit vreuden si da gegen mir riten.
- ich wart von in enpfangen wol,
- also man Munt enpfähen sol.
- ir gruoz was gegen mir zühte rieh:
- des neig ich in vil minnecllch. (20)
- 622 Mit freuden rit wir in di stat.
- den rittern ich dö sagen bat,
- swer mit mir wolde dyostiren da,,
- daz der sich solde wäpen sä.
- des wären alle di ritter vrö: (25)
- alzehant sich wäpen^ dö
- wol fümf und zweinzic ritter wert,
- der lip ie hohes muotes gert.
- 623 Ich wart gewäpent ouch ze vliz.
- ein niwe decke von silber wiz (30)
- wart da üf min orsse geleit.
- 619, 2 Zum Zeichen, daß sich U. nicht auf einen Kampf
- einlaßen will; ebenso 631, 1. — 4: an im dat. refl.; ebenso 654, 2.
- 620, 7 der, abhängig von leit, was auch = leide stf. sein
- kann. L. änderte unnötbig in des,
- 622, 8 JL. ändert: h, ruomes g.
- 222 VENÜSFAHBT 1227.
- ein röckel was min wäpenkleit:
- daz was wiz alsam ein sn6. (201,1)
- waz sol ich iu sagen m^?
- ich wart gezimirt ^ nie baz.
- da mit ich üf min orsse gesaz
- 624 Und bant sä üf den heim min. (5)
- man sach mich hohes muotes sin.
- die Zöpfe min di wären lanc:
- üf ritterschaft stuont min gedanc.
- ich gedäht: «hie ist manic biderb man,
- den ich wol aller ^ren gan (lO)
- und doch der ^ren, daz da bi
- min §re iht deste minner si.
- 625 Üf daz velt zöget ich zehant,
- da ich die ere gernden vant
- gegen mir halten mit den spern : (15)
- man sach si schöne tyostirens gern.
- ein sper ich in di hant dö nam.
- ein biderb man dö gegen mir quam,
- von Eichelsperc min her Reinher,
- der ie gein schänden was ze wer. (2o)
- 626 Eine schcene tyost wir beide riten,
- also daz vaelen wart vermiten.
- diu ougen uns da niht entrugen:
- die sprizeln harte höhe vlugen.
- sä dö diu schoene tyost geschach, (25)
- do bestuont mich der von Lebnach:
- her Kuonrät hiez der biderb man,
- der lop bi siner zit gewan.
- 627 Dar nach her Kuone von Vriberc,
- der mit dem libe ie ritters werc (3o)
- tet unde mit dem guote niht
- (manic sin lantman von im des gibt),
- und von dem Berge her Jacob, (202,1)
- 624, 7 fg. daz, hier natürlich : so daß, darum stuiide für iht
- beßer nihU
- 626, 4 aprizel (hier und 1413, 8. 1417,4 schwaches Mascu-
- linum), der Lanzensplitter, sonst auch stark 582, 8. 667, 8 ; die
- Schreibung spritzelen 1413, 8 zeigt z^ sonst auch sprigel, sprissel.
- 627, 5 K. S. 672 weist einen Adalhertus de Berge nach.
- ST. VEIT. 223
- des herze ie warp nach hohem lob.
- mit mir der ritterlichen stach
- und ouch her Kuonrät von Teinach.
- 628 Von Nuzperc min her Ruodelin: (5)
- der künde tiuwerr niht gesin.
- her Gundacker von Vrowenstein,
- des guot umb ^re ie was gemein.
- mit mir da b^de ritterlich
- stächen, und ouch her Heinrich: (lo)
- von Griffenvels der biderbe hiez,
- der selten iht durch vorhte liez.
- 629 Von Gurnetz der hochgemuot Wülfinc
- kom schöne gegen mir üf den rinc,
- gezimirt ouch vil wunneclich. (15)
- von Grävenstein her Heinrich
- kom ouch vil schöne gegen mir da.
- mit den beiden ich dö sä
- vil ritterlich zwei sper verstach.
- alzehant dö daz geschach, (2o)
- 630 Dö was der münch öt aber komen
- üf den rinc. der het genomen
- in sine hant ein niuwez sper:
- mit mir ze tyostiren was sin ger.
- dö ich in gegen mir halten sach, (25)
- min munt üz ungemüete sprach:
- «döswär ich stiche mit iu niht:
- min zunge von wärheit iu des gibt.»
- 631 Den heim zehant ich abe bant.
- in min herberge ich zehant (30)
- fuor unde het die naht gemach.
- dö ich den andern tac ersach,
- do bereit ich mich aber üf di vart. (203,1)
- vil wol ich aber gewäpent wart
- und hiez die ritter vrägen sä,
- ob iemen wold tyostiren da.
- 632 Dö daz den rittern wart geseit, (5)
- ir wart vil kürzlich da bereit
- sehse des morgens und niht mör.
- der ieslicher het sin sper
- nach tyost gern in siner hant.
- 224 VBNTSFAHBT 1227.
- d6 ich si dö bereite vant (lo)
- und alle gegen mir tyoste gern,
- ich gedäht: «ich sol iuch schire wem.»
- 633 Alzehant ein sper nam ich.
- do het von Osterwizze sich
- her Ortolf verre für genomen. (15)
- man sach uns gegen einander komen
- ritterlichen und alsö^
- daz da, di drumzen vlugen h6.
- diu sper man schön da, bresten sach:
- an bMen helsen daz geschach. (20)
- 634 Von Karlesperc her Wichart sä
- gegen mir kom müezlichen da;
- da von sin sper ouch ganz beleip.
- vil ritterlich dö gegen mir treip
- von Sträzpurc min her Engelram: • (25)
- ich tet gein im zewär alsam.
- wir täten beide der tyoste reht.
- dö kom gein mir her Engelbreht
- 635 Von Sträzburc, ein ritter wert,
- des herze ie hohes prises gert: (30)
- er hete vi! ritterliche sit.
- dö kom gein mir sä her Sifrit:
- der Sahse so was er genant (204,1)
- und ze Kernden wol bekant.
- er was für war ein höf scher man;
- da von er vreuwde vil gewan.
- 636 Der münch kom aber in münches wis (5)
- und wold an mir da höhen prts
- vil gern wolde haben bejaget,
- dö wart im sä von mir gesaget
- 632, 7 gern ist infin., abb. von vant.
- 634, 5 Strdzpurc, s. K. S. 673: zwischen Gurk und Friesach.
- 635, b Sahse, s. K. S. 673.
- 636, 2. 3 doppelt wolde gesetzt. Der dictierende Dichter
- ist hier ans der Construction gefallen ; auch ist dies vielleicht
- ein Beweis, daß das Gedicht nicht durchgängig gefeilt ist.
- L, hat nicht geändert, auch keinen Vorschlag gemacht. Das
- zweite wolde könnte wegfallen, wenn statt vil gesetzt würde
- harte (gerne); eine ähnliche unnuthige Wiederholung 1820, 2. 2. —
- ST. VEIT. 225
- (min böte mit zühten im daz seit),
- die wile er an fuorte münches kleit, (lo)
- daz icb mit im da stseche niht:
- ez wsere an §ren mir enwiht.
- 637 Der münch üz hohem muote sprach:
- as6 var ich ir doch immer nach,
- sweihes endes si hinnen vert, (15)
- daz mir mit fuoge daz niemen wert.
- si müeze mit mir tyostirens pflegen,
- des hän ich mich für war bewegen:
- daz benimt mir nimmer not,
- ez tuo aleine der gemeine tot.» (20)
- 638 Di ritter riten alle do
- zuo mir mit zuht und sprächen s6:
- «vrowe, ir sült uns alle gewern,
- des wir mit zühten an iuch gern,
- daz ir mit disem münche hie (25)
- ein sper verstechet, enruochet, wie
- er sich gein iu gekleidet hat:
- sin muot iedoch üf ^re stät.»
- 639 Ich sprach: «sit irs mit zühten gert,
- so sol er sin durch iuch gewert.» (3o)
- ein sper bat ich mir palde geben;
- den buneiz lanc sach man mich heben.
- ir sült für war gelauben daz: (205,1)
- ich was im herzenltch gehaz:
- ez was gar alle der wille min,
- daz ich im traeffe den heim sin.
- 640 Ich sag iu, wie diu tyost geschach: (5)
- sin sper er ritterlich verstach.
- da. mit s6 stach auch in min haut
- hinder daz orsse üf daz lant,
- daz er sinnelös gelac. *
- /sin val mich harte ringe wac. (10)
- da, muoste der biderbe liden spot:
- des valles manic munt lobt got.
- 8 ez: L. er ohne Angabe der Lesart.
- 640, 2 wiederholt in 648, 2. — 3 in stach liegt zugleich
- der Begriff des Herabstechens, des Werfens.
- Ulrich Ton Libchtsbsteik. I. 25
- 226 VENUSFAHRT 1227.
- 641 Ich het in iiäch dem willen min
- gestochen durch den heim sin.
- im und den andern ich d6 sä (15)
- gap vierz^n vingerlm aldä.
- da mit s6 schiet ich sä von dan
- mit vreuden als ein saelic man.
- des tages ich ze Frisach reit
- alsam ein vrowe wol gekleit. (20)
- 642 Ze Frisach was manic ritter guot,
- di min da piten. durch höhen muot
- und durch diu reinen süezen wip
- was da der hoch gemuoten lip.
- ich wart von in enpfangen sä (25)
- d^swär vil minneclichen da:
- si riten gegen mir üz der stat,
- als si ir, gröziu zuht des bat.
- 643 Ir gruoz und ouch daz danken min
- sach man mit zuht gemenget sin. (3o)
- ir was vil maniger muotes rfch:
- si vrägten mich vil zflhteclich
- ob ich des tages wolde stechen da. (206,1)
- ich sprach üz hohem muote; «ja!»
- si bäten mich gemeine duo,
- daz ich pite unz des morgens fruo.
- 644 «Swaz ir gebietet, daz sol sin», (5)
- sprach ich. in die herberge min
- fuor ich mit hohem muote dö.
- man sach mich sin mit zühten vr6:
- üf minnen 16n stuont min gedanc.
- vor miner herberge was gedranc: (10)
- sich huop ein buhurt, der was gröz:
- mit Schilden wart da stözä stöz.
- 645 Da wart ^il ritterlich geriten
- mit kunst nach ritterlichen siten:
- man sach da schilde bresten vil. (15)
- 641, 3 ein Beweis von edler Großmuth Ulrich's.
- 643, 7 duo adv., berechtigte Nebenform von do, begegnet
- bei U. gegen sechsmal, namentlich im letzten Theile des Ge-
- dichtes.
- FRIESACH. 227
- ritterliche ritters spil
- wart unz an den äbent gar:
- diu orsse da wurden scheumevar.
- der tac was vil nach zergän:
- do muosten si ir buhurt län. (20)
- 646 Diu naht gemächlich ende nam.
- sä dö der ander tac bequam,
- di hochgemuoten sach man sich
- wäpen: als6 tet ich mich.
- M daz velt wir zogten dö. (25)
- ich was vil hertzenltchen vr6,
- daz ich der lieben vrowen min
- des tages solde aber dienende sin.
- 647 Üf dem velde vor der stat
- hielt von Nidekke her Kuonrät, (30)
- gezimirt als ein biderbe man.
- er rant mich ritterlichen an:
- sin buneiz der wart schoene und lanc. (207,1)
- nach vrowen 16n stuont sin gedanc.
- sin orsse mit sporn er vaste treip:
- daz min ouch des niht sust beleip.
- 648 Ich sage iu, wie diu tyost geschach: (5)
- sin sper er ritterlich verstach,
- daz ichs an minem halse enpfant.
- ich wunte in in sin zeswen hant:
- daz was mir innecllche leit '""
- durch sine höhe werdicheit. (10)
- er was d^swär ein ritter guot,
- vil ritterlich, manlich gemuot.
- 649 Von Buhse her Otte und her Dietrich
- min vselte da, doch ritterlich.
- daz was den biderben beiden zorn, (15)
- daz sl diu vingerlin verlorn
- heten. also stuont ir muot:
- 645, 5 für wart corrigiert L. wert = werte^ was wohl das
- Ursprüngliche sein mag (vgl. 210, 1), aber nicht unbedingt
- nöthig ist.
- 647, 7 Nidekke (Hs. Niedekke) , s. K. S. 672.
- 15*
- 228 VENÜSFAHBT 1227.
- man sach st werben m^r nmb guot
- danne umb der werden minne solt.
- si wären breiten huoben holt. (2o)
- 650 Mit siben rittern stach ich da
- und zogt ouch do von danne sä.
- fünf vingerlin gab hin da ich.
- dar nach sach man danne ilten mich
- gegen Scheuflich sä zehant (25)
- in daz werde Stirelant.
- niunzehen ritter mit mir ritcn:
- nim^r wan fünfe min da biten.
- 651 Si riten gegen mir ritterlich
- und gruozten mich vil minneclich: (30)
- «V^nus, vil edeliu künegin,
- ir sült got willekomen sin
- ze freuden her in ditze laut.» (208,1)
- des neig ich zühteclich zehant.
- 652 Ze Schcuflich ich di naht beleip. (5)
- sä dö di naht der tac vertreip,
- ich wäpent ritterliche mich:
- als täten ouch di ritter sich,
- die tyostirens wolden pflegen.
- di beten sich ouch des bewegen, (lo)
- daz maus gezimirt schöne vant. .
- d6 zogten wir üf daz velt zehant.
- 653 Wol mich, daz ich si nennen sol!
- der da gezimirt gegen mir wol
- kom, reht als ein biderbe man, (15)
- der tyost und ritterschaft wol kan,
- von Scheuflich her Ilsunc er hiez.
- 649) 6 fg. unter den in 210, 3 fg. genannten Arten des
- Turnierzweckes ist auch der umb daz guot erwähnt; hier ein be-
- zeichnendes praktisches Beispiel. Das Urtheil si waren breiten
- huoben holt ist allgemein zu nehmen : sie waren auf den Reich-
- thum, auf das Geld verseßen; vgl. Niedner, Turnier, S. 12. 20. 30.
- 650, 5 Hs. Schußich, in B und 653, 5 Scheuflich, heute
- Schefßng, s. K. S. 673.
- SCHEIFLING. 229
- des hertze nie niht des geliez,
- da von ein ritter wirdet wQrt.
- er was, der hohes prises gert. (2o)
- 654 Fünf hundert schellen oder mer
- fuort an im der maotes her.
- sin orsse vil kleiner Sprunge spranc:
- sin zimir da so lüte erklanc,
- daz man da, bi gehörte niht. (25)
- silbervel und goltvel lieht,
- zendäl rot, grüen als ein gras,
- da sunderbär gehöuen was.
- 655 Gezimirt was der lantman min,
- daz nie kein ritter umb den Rin (3o)
- gezimirt wart für war nie baz:
- 654, 1 fg. die hier geschilderte Schellen tracht des steirischen
- L»andsmannes unseres Ulrich ist sehr interessant. Schultz, höf. L.
- 1, 244 gedenkt zuerst der Schellen bei Schilderung der Bauern-
- kleider, doch mit dem Zusatz, daß die Bauern mit den Vor-
- nehmen die Vorliebe getheilt haben, und mit Hinweis auf die
- bekannte Stelle im Meier Helmbrecht 203. Weiterhin wird im
- 2. Bande auf verschiedene Arten des Schellenschmucks aufmerk-
- sam gemacht. Dagegen ist unerwähnt, daß auch das Zimier
- Schellen erhielt. Im mhd. Hdwb. 2, 692 ein Beleg aus einem
- mir unzugänglichen Gedicht gegeben von Schellen am Helme. —
- 6 silbervel und goltvel stn., Silberblech und Goldblech; so be-
- stimmt erklärt im mhd. Hdwb. ; dagegen im mhd. Wb. 3, 294
- unter goltvel mit der Frage: oder Pelz mit Gold besetzt? Daß
- vel Blech bedeute, ist sonst nicht nachgewiesen; vel ist Haut,
- unter Umständen auch Pelz, aber auch gegerbte Haut, Leder,
- insbesondere Pergament. Und das wird vielleicht hier gemeint
- sein; auf Pergament wurde Gold und Silber in größerer Maße
- aufgetragen wie in den Miniaturen. — 7 zendul s. zu 244, 7;
- hier mußte ein Stoff, an dem leicht Schellen anzubringen waren,
- das Zimier bilden {da in 8 kann nur auf zimir in 4 bezogen
- werden) ; es war also eine Art Helmdecke. (Helmdecken neben
- dem Zimier wurden erst später Mode.) — 8 houwerij sonst syno-
- nym mit smdeitj scheint doch auch bisweilen den Begriff: aus-
- schneiden, auszacken zu haben, zumal wie hier in Verbindung
- mit sunderbdrj sunderbdre adv., welches nicht : sonderbar, wunder-
- lich bedeutet, sondern: im Einzelnen, für sich (vgl. 1005, 1).
- Alle genannten vier Stoffe waren einzeln ausgezackt, und an
- diesen Zacken hingen die Schellen.
- 655, 2 umb den Rin könnte eine Schmeichelei für die ele-
- ganten Rheinländer sein; es ist aber wohl allgemein und forinel-
- 230 VEXUSFAHRT 1227.
- von rehter wärheit sprich ich daz.
- er fuort ein sper in siner hant, , (209,1)
- daz man vil wol gekleidet vant;
- dar an vil kleiner schellen hie,
- gestreut vil schöne dart unde hie.
- 656 Sin Itp was in die tyost gestalt: (5)
- er moht wol heizen Swendenwalt.
- sin orsse er nam vast mit den sporn.
- ein schoene tyost wart da niht vlorn:
- er stach mir abe dem arme min
- den schilt, daz al di riemen sin (lo)
- brästen. als ein donerslac
- diu tyost erhal: der schilt gelac.
- 657 Min sper üf siner ahsel brast,
- als der ein dürren grözen ast
- ab einem poume zerret nider. (15)
- ich gehört da vor noch niender sider
- von tyoste nie s6 grözen krach,
- als von der tyost aldä geschach.
- sin schellen harte wite stuben:
- di Schilde von der tyost sich kluben. (20)
- 658 Sä dö diu schoene tyost geschach,
- mit vier rittem ich balde stach
- haft zu faßen: in allen deutschen Landen. — 6 mit Zeug, mit
- einem Ueberzug umwunden? oder mit einem Fähnlein, an dem
- die Schellen befestigt waren?
- 656, 1 gestalt part. adj., bestimmt, ausersehen, für die Tjost :
- er war ein geborener Speerfechter. — 2 Swendenwalt, als Eigen-
- name in einem Wort zu schreiben [wie Schwenkenbecher], wört-
- lich: verschwende den Wald, d. h. Speerschäfte: originell be-
- nutzte Reminiscenz an Wolfram's waltswende swm., Waldver-
- tilger, im Parzival I, 1703 (57, 23) ; ferner 1498, 4, wo die Er-
- klärung etwas pedantisch gegeben wird. Vgl. sperverzer 1552, 2.
- (Schultz, höf. L. 2, 23 sagt bei Beschreibung der Lanze: «Ob
- außerdem noch Schellen an der Lanze angehängt waren, mo« hte
- ich bezweifeln. Ulrich von Liechtenstein, der seine Ausrüstung
- so schildert [Verweis auf 209, 1 = €55, 5], ist bekanntlich ein
- Geck und vollkommener Narr; von andern Rittern wird so etwas
- nie berichtet.» Schultz übersah, daß U., der ja sonst von sich
- nicht in dritter, sondern in erster Person redet, nicht seine,
- sondern Usung's von Scheuflich Ausrüstung schildert.)
- JÜDENBURG. KNITTELFELD. 231
- und gap da hin fünf vingerlin.
- si sprächen: «disiu künegin
- vert döswär ein schoene vart. (25)
- got hat si wol unz her bewart:
- got der müeze ir fürbaz pflegen
- durch sine güet üf al ir wegen!»
- 659 Gegen Judenpurc ich d6
- zogt in hohem muot also. (30)
- ich wünschte, daz daz solde sin,
- daz diu vil werde vrowe min
- erkande gegen ir minen muot. (210,1)
- ich gedäht also: «si ist so guot;
- erkande st den willen min,
- st müest mir genaedic sin.»
- 660 Ze Judenpurc enpfie man mich (5)
- vil vlizicUch: des danct ouch ich
- mit zühten willecllchen sä.
- ich wart vil wol enpfangen da.
- die naht het ich da guot gemach.
- sä d6 der ander tac üf brach, ~ (10)
- zehant ich wäpen mich began:
- ich wolde niht langer da bestän.
- 661 Gezimirt üf daz velt fuor ich.
- dö heten ouch vil schöne sich
- gezimirt da niun ritter guot: (15)
- die wären ritterlich gemuot;
- üf den ich niun sper da verstach:
- gar sunder va^len daz geschach.
- min ir da vervaelten dri:
- di wären da von vreuden vrl. (20)
- 662 Sehs vingerlin sach man mich geben
- da hin und al zehant mich heben
- gegen Knütelvelde: ich fuor
- ze tal mit vreuden bi der Muor.
- des andern tages daz geschach, (25)
- daz ich da wol zwei sper verstach
- und gab zwei vingerlin da hin.
- üf höhen lön stuont al min sin.
- 662, 3 Knütelvelde^ heute Knittelfeld.
- 232 VENÜSPAHBT 1227. LEOBEN.
- 663 Ze Leuben reit ich alzehant,
- da ich wol zweinzic ritter vant: (30)
- die wol gemuoten min da piten.
- do ich kom zuo in dar geriten,
- ich wart von in enpfangen sä (211,1)
- deswär vil minneclichen da.
- gein mir ir ritterlich antpfanc
- da diente für w&r wol mtnen danc.
- 664 In min herberge reit ich duo: (5)
- da was ich biz des morgens fruo.
- des morgens, dö diu sunne üf gie,
- in den gazzen dort unde hie
- hört ich holer, floyten dön.
- ich sach die ritter zogen schön (lO)
- üf daz velt gezimirt gar:
- ir wäpenkleit was lieht gevar
- 665 D6 ich si fttr-mich zogen sach,
- min munt üz hohem muote sprach:
- «die ritter zogent ritterlich: (15)
- si mügen vil wol sin muotes rieh.»
- zehant ich wÄpen mich began
- in wäpenkleit wtz als ein swan:
- üf daz velt was al min ger.
- man fuort mit mir da, zehen sper. (20)
- 666 D6 ich hin üf daz velt bequam,
- in mtn hant ein sper ich nam.
- dö kom gein mir min her Dietmar
- von Styer gerüeret vaste dar.
- diu orsse wir vaste zesamen triben. (25)
- ich sage iu, wie diu sper beliben:
- 663, 1 Leuben, daneben auch Liuben in unserer Hs., s. K.
- S. 673, wo aber die heute geltende Form Leoben nicht an-
- gemerkt wird.
- 664, 3 nach Hs. in zwei Worten holer, floyten (L. hoier-
- floi/ten), zunächst möglich und stilgemäß, weil U. das Asyndeton
- liebt; vgl. die vielen gehäuften Beiwörter z. B. 74,3. 296,1.
- IV, 17. 1. Büchl. 33 fg. 510, 1; femer z. B. 186, 3. 244, 6 fg.
- 654, 7. 670, 5 fg. 685, 6. 713, 3. Hier ist floyten gen. abh. von
- (iön, in 255, 7 wahrscheinlich subst. inf.
- LEOBEN. KAPFBNBBRG. 233
- ze kleinen stucken üf daz gras
- ietwederz da gevallen was.
- 667 Dö kom gein mir mtn her Sifrit
- von Torsiul. der het frumiu lit, (30)
- dar zuo vil manliches hertzen rät:
- sin lip begie nie missetät.
- er was vil ritterlich gemuot: (212,i)
- des wart sin tyost da gegen mir guot.
- von unser beider speres krach
- man sprizel höhe vliegen sach.
- 668 Ich wilz iuch kurzlich wizen län. (5)
- driuzehen sper üf mir vertan
- wurden da, d^swär vil wol.
- Sit ich di wärheit sprechen sol,
- drter tjost vervaelt ich da.
- driuzehen yingerlin ich sä (lo)
- gap den, der sper man da sach
- bresten. sä do daz geschach,
- 669 Von Liuben zogt ich dö zetal
- hin, da diu Murtz hat ir val
- in di Muore krefticlich. (15)
- daz ist ein wazzer vische rieh:
- bi dem reit ich ze berge d6
- under eine burc, diu 11t vil h6.
- diu ist Capfenperc genant,
- in Stirelande wol bekant. (20)
- 670 Dar Affe gesezzen was ein wirt,
- der was des willen unverirt,
- swä mit ein ritter immer sol
- lop erwerben, daz kund er wol.
- er was milte, höchgemuot, (25)
- vor allen schänden gar behuot,
- er was küene, wol gezogen:
- ich hän iu von im niht gelogen.
- 667, 2 Torsiul (Torsewel 705, 1), 8. K. S. 673: «mir völlig
- unbekant.)) V. d. Hagen weist 4, 346 einen Sifridus de Torsiil
- nach.
- 669, 7 Capfenperc, s. K. S. 673.
- 670, 1 wirt stm., Hausherr, Burghert; s. zu 675, 2.
- 234 VENUSFAHBT 1327. KAPFENBERG.
- 671 Er schuof nach eren al sin clinc.
- er hiez von Stubenberc Wülfinc. (30)
- er was leute und guotes rieh,
- er lebte döswär lobelich.
- d6 dem vil öre gernden man (213,1)
- min kunft aldar wart kunt getan,
- er sprach: «diu edel künegin
- sol mir willekomen sin ! »
- 672 Der höchgemuote der hiez sä (5)
- den minen boten künden da,
- daz si ir kauffen liezen sin:
- er sprach «diu edel künegin
- sol ez nemen von mir hie.»
- d6 man si da niht kauffen lie, (lo)
- die boten min die wolden dan:
- der biderbe bat si da bestän.
- 673 Er sprach: «sit iwer vrowe guot
- ist üf ir vart also gemuot,
- daz si umb sus niht nemen wil, (15)
- s6 kouffet lützel oder vil:
- daz ist durch zuht der wille min.
- si solde aber hie bi mir wol sin:
- ich gseb ez ir gern, daz sült ir
- für war wol gelouben mir.» (2o)
- 674 Min schaffer sprach: «des löne iu got!
- herre, ich sage iu äne spot,
- ir muot s6 rehte höhe stät,
- daz si mir daz verboten hat
- vil vlizeclichen an daz leben, (25)
- swer ir umbe sust iht welle geben,
- daz ich des enpfähe niht.
- min munt für war iu des gibt.»
- 674, 1 schaffer, schaffcere, auch scheffer soviel wie die andere
- Bildung schaffenoere, schaffener stm., Schaffner, Verwalter. Im
- Frauendienst neben marschalc, koch, kamercere (Kammerdiener)
- der vierte Beamte, den U. im Gefolge hat. Aus unserer Stelle
- geht hervor, daß ihm die Verköstigung der Reisenden obliegt.
- — 8 L. gegen Hs. für wärheit: unnöthig. Es heißt entweder
- für war oder von wdrheit 687, 1. 1304,. 6.
- KAPFENBBRG. v 235
- 675 Der höchgemuot hiez an der stunt
- daz tuon minem wirte kunt, (30)
- als reht liep im wsere daz leben,
- daz er den kouf mir solde geben
- s6, swaz wser drier marke wert, (214,i)
- daz er dar umbe niht engert
- wan einen pfenninc und niht mer.
- daz schuof der biderbe, muotes her.
- 676 Bö minem schaffer wart bekant (5)
- der kouf also, er reit zehant
- von danne was im harte gäch.
- der biderbe sant im aber nach
- und sprach: «sag an, wä, wildu hin?»
- «von hinnen, herre, st&t min sin. (lo)
- der kouf ist hie mir alze guot.»
- des smielt der biderbe, höchgemuot
- 677 Und sprach also: «ich sihe daz wol,
- durch zuht ich muoz unde sol
- iu hie gar iwem iiillen län, (15)
- oder ir enwelt niht hie bestän.
- nu schaffet, swaz ir weit alhie.»
- da mit er reit, da.8^ er enpfie
- mich d^swär vil ritterlich.
- sin antfanc der was ztlhtertch. (20)
- 678 Da mich enpfie der muotes her,
- wol drlzic ritter oder m^r
- üf orssen mit im gegen mir riten,
- gekleidet wol nach ritters siten.
- ir sult für war gelauben daz: (25)
- ich wart ö nie enpfangen baz,
- dan mich der tugentrlche enpfie.
- sä dö der schoene gruoz ergie.
- 675, 2 U.'s Wirt, der Gasthalter in der herberge 679, 1
- unterhalb der Burg.
- 676, 2. 3 yielleicht Constructio iizh xoivoO, deshalb mit L.
- keine Interpunction nach zehant.
- 377, 6. 7 hier ist ein Fehler in der Ueberlieferung, die L.
- unverändert gelaßen hat: du er enpfie ohne vorhergehende Inter
- punction. Meine Ergänzung nur ein Nothbehelf.
- 236 VBNÜSFAHBT 1227.
- 679 In min herberge ich d6 reit,
- gar sunder wäpen wol gekleit, (30)
- da ich di naht gemaches pflac.
- sä dö mir kom der ander tac,
- ich wart gezimirt aber wol. (215,1)
- ez was vil hohes muotes vol
- daz minnengernde herze min:
- daz wart da, volleclichen schin.
- 680 In miner herberge ich zehant (5)
- den heim ze houbet vaste bant:
- ze velde reit ich ritterlich.
- da hielt gezimirt kosterich
- der von Stubenberc also,
- daz ich sin was ze sehen vrö. (lo)
- sin kostlichez wäpenkleit
- mit liebte da, gegen der sunne streit.
- 681 Der höchgemuote, biderbe man
- gezimirt kom mich alsus an,
- als er füer üz dem paradis. (15)
- er bete vil offte höhen pris
- mit siner ritterschaft bejaget.
- der hochgemuote, unverzaget
- di tyost mir da s6 nähen reit,
- daz der hurt sich küme vermeit. (20)
- 682 Von unser beider speres ort
- wart loch durch schilt mit tyost gebort,
- so daz diu tyost lüt erhal
- und daz diu drumzün zetal
- vielen und der schilde ein teil. (25)
- M beiden armen wart da meil.
- diu tyost wart ritterlich geriten
- und etelich harnaschrinc versniten.
- 683 Alle, die di tyost gesehen
- da beten, die hört man des jehen, (30)
- si wsere geriten ritterlich.
- von Stubenberc der muotes rieh
- bant dö abe den heim sin (216,1)
- und iesch an mich ein vingerlin.
- 682, 8 dieselbe Wendung 1555, 8,
- KINDBEBG. 237
- da;8^ gab ich im mit willen sä,
- wan erz gedient wol hete da.
- 684 Dar nach von spern wart da krach, (5)
- der ich zwelfiu da verstach.
- nach minem willen ez da, gie,
- wan ich tyost gevselt da nie.
- die höchgemaoten da üf mir
- zwelf sper verstächew, daz da, ir (lo)
- deheiner nie gevaelte min.
- dö gab ich in zwelf vingerlin.
- 685 Mit urloube reit ich dö von dan
- gein Kinnenberc. da saz ein man,
- des lip het höher tagende vil. (15)
- den biderben ich iu nennen wiL
- von Buochowe Otte was er genant.
- von zuht, von manheit wite bekant
- was der höchgemuote degen:
- sin lip künde höher tugende pflegen. (20)
- 686 Er was mit zühten vil gemeit.
- sin böte ein mtle gegen mir reit:
- er sprach: avil edeliu künegin,
- iuch heizet willekomen sin
- in ditz lant ein windisch wip. (25)
- diu wil mit ritterscheft ir lip
- gein iu versuochen üf dem plan,
- ob ir ez weit ftlr dienest hän.
- 687 Min munt von w&rheit iu des gibt:
- in disem tal ist ritter niht (30)
- gesezzen, die der tyoste pflegen:
- da von so hat si sich bewegen
- gein iu ze komen mit den spern. (21 7,1 )
- ir sult si, vrowe, tyostirens wem:
- 685, 2 Kinnenberc, s. K. S. 673 «als Kindberg auf unseren
- Karten und zwar auf der Grazer Poststraße nächst der Post-
- station an der Mürz. » Von U. im Einladungsschreiben nicht
- erwähnt. Der Aufenthalt betrug auch nicht einen vollen Tag;
- vgl. 702, 7 fg.
- 687, 2 niht substiut. ist Subject, ritter gen. pl., deutlicher
- mit Artikel. — 3 pflegen conj. praes., pflegen könnten.
- 238 VENUSFAHBT 1227.
- darch iwer höhe werdicheit
- sol ez ir sin vil unverseit.»
- 688 Ich smielt und hiez dem boten sagen, (5)
- swä ich noch ie bi minen tagen
- getyostirt hete wider diu wtp,
- da waer gar harnaschblöz min lip
- gegen ir aller tyost gewesen,
- «und bin doch vor in wol genesen. (lo)
- ir tyost tuot herzenltchen wol:
- gein in sich niemen wäpen sol.»
- 689 Der böte sprach: «vrowe, iwer lip
- hat sich gekleidet als ein wip,
- und habt doch drunder hamasch an: (15)
- also bestät ir manigen man.
- da von so wil diu vrowe min
- gein iu niht sunder harnasch sin:
- si wil mit harnasch iuch bestän
- vil ritterlich als einen man.» (20)
- 690 Ich sprach: «her böte, iu si gesaget,
- ich bin vor allen mannen maget
- n und bin den wiben bi gelegen:
- - mit den kan ich wol freuden pflegen.
- ist iwer vrowe für war ein wip, (25)
- di sol gar harnaschblöz min lip
- vil wünnecliche alhie best&n:
- ir hulde ich wol verdienen kan.» .
- 691 Dö sprach der böte alzehant:
- «iu sol min vrowe so sin bekant: (30)
- ez ist ein ritter vil gemeit
- und hat sich als ein wip gekleit.
- ez ist ein minne gernder man (218,i)
- und füert wibes kleider an.
- er hat durch minneclichiu wip
- gewäget offte sinen lip.»
- 690, 2 maget stf. , Jungfrau , geht zunächst auf das weib-
- liche Geschlecht, weil U. in seiner Verkleidung nicht als Mann
- erscheint, sodann kann er sich vor allen mannen als magetj
- welches auch den Begriff der Keuschheit in sich faßt, be/.eichnen,
- weil er von Männern unberührt geblieben ist.
- KINDBEBO. 239
- 692 Ich sprach: «sit daz iwer vrowe ein man (5)
- ist und daz er mich bestän
- wil hie durch sine werdicheit
- und wibes kleit hat an geleit,
- des bin ich inneclichen vr6.
- daz saget im reht von mir also: (lO)
- er wirt hie tyost von mir gewert,
- sit er ir also schöne gert.»
- 693 Da mit der böte dö von mir reit
- hin, da er sinem herren seit,
- daz ich mit tyost in wolde bestän. (15)
- do wäpent sich der biderbe man
- in harnasch, daz gap lichten schin.
- sin heim künde lichter niht gesin:
- dar üf s6 was ein wtte rinc
- gemachet, hoeret fremdiu dinc! (20)
- 694 Für war ich iu daz sagen wil:
- in stnem heim örringe vil
- was gemachet meisterlich:
- die örringe wären kosterich
- und Mengen verre hin zetal. (25)
- er fuort zwen zöpfe, die wären val,
- gröz unde volleclichen lanc:
- ir lenge für den satel swanc.
- 695 Ez hete der höchgemuote man,
- seht, eine gödehsen an. (30)
- 593, 7 der Ring als Zimier soll mit den am Helm ange-
- brachten Ohrringen stimmen, welche die Frau charakterisieren
- sollen. Zugleich hat der Ring in der Form Aehnlichkeit mit
- den Blumenkränzen (achapel) auf Schild und Decke (Str. 695.
- 69G).
- 694, 6 ü.'s Zöpfe waren braun (488, 1) , diese val, falb,
- blond: wohl zur Charakteristik einer Wendin.
- 695, 2 godehse (Senkung fehlt, deshalb 6) swf., ein sonst
- nicht vorkommendes Wort für einen windischen, wendischen,
- slavischen Weiberrock. In der höheren Gesellschaft war die
- Tracht international, godehse wird demnach ein von den unteren
- Ständen getragenes, eigenartig gestaltetes Gewand gewesen sein.
- Nach Hans Lambel's freundlicher Mittheilung ist das Wort kaum
- in einer lebenden slav. Sprache nachweisbar, «nicht einmal im
- Slovenischen, woher es U. jedenfalls haben muß » Die in Miklo-
- 240 VBNUSPAHBT 1227.
- daz ist ein windisch wibes kleit:
- daz hete der biderbe an geleit.
- sin schilt was kosteliche plä,: (2l9,l)
- schapel dar üf hie nnde da
- wären wünneclich gestreut.
- der tyost er sich gein mir da vreut.
- 696 Sin orsse daz was verdecket wol (5)
- mit pläbem zendäl. scapel vol
- was gestreut diu decke gar.
- diu schapel wären lieht gevar
- von al den pluomen, die uns git
- des wunnen pernden meien zit. (10)
- er fuort ein sper ze mäzen gröz,
- von pluomen rüch und niender bl6z.
- 697 Sus kom der biderbe gegen mir her.
- dö het ouch ich ein grözez sper
- in mtne hant aldä genomen. (15)
- man sach uns gegen einander komen
- üffe zwein snellen örssen s6,
- da von die drumzun fingen hö.
- diu tyost da durch die schilde brach,
- daz manz üf beiden armen sach. (20)
- 698 Diu tyost da schön ein ende nam.
- alzehant do gegen mir quam
- ein ritter, der was wol bekant:
- Ottacker Traege was er genant.
- der ritterlich gemuote man (25)
- da mit einem sper mich an
- rant: daz was unmäzen gröz;
- des er vil kleine aldä genöz,
- sich's Lexikon palaeoslav. (Vindob. 1862) 134 ^ und in der Ab-
- handlung über die slav. Fremdwörter (Denkschr. der Wiener
- Akad. Bd. 15, 1867) S. 90 zu godovabnica (von godovab) vesti»
- aerica gestellten Worter ahd. gotawehbi u. s. w. laßen wohl einen
- Zusammenhang vermnthen, geben aber keine materielle Erläuterung.
- 696, 8 wie Ilsung's von Scheufleh Speer mit Schellen be-
- hangen war, so ist dieser im stilistischen Einklang mit den
- Blumenkränzen auf Schild und Decke mit Blumen geschmückt,
- und zwar am ganzen Schaft, was rüch adj., rauh, belaubt, an-
- deutet und niender hlozy nirgends bloß, unbekleidet, genauer besagt.
- 698, 4 Traege, s. K. S. 674.
- KINDBEBG. 241
- 699 Wan ich im nach dem willen min
- daz sper da durch den heim sin (30)
- ab den venstern verre stach.
- den heim man mich da füeren sach
- an dem sper wol ackers breit. (220, i)
- iu si für war von mir geseit,
- daz da beliben ganz beidiu sper.
- ein ander tyost was al min ger.
- 700 Do het ouch im da an der stunt (5)
- der heim betraufet nasen und munt,
- daz er niht moht gestechen m^r.
- dö kom gein mich gerüeret her
- von Richenvels der wol bekant:
- her Sibot so was er genant. (lo)
- des tyost was deswär gegen mir guot:
- er was ein ritter hoch gemuot.
- 701 Des biderben tyost und ouch diu min
- die künde da schoener niht gesin.
- dö vande ich da tyost niht mer. ^ (15)
- von Peuchenpach der tegen h^r >
- vordert an mir d6 sin golt
- (daz het er ritterlich geholt):
- 699, 3 ab der Hs. war zu belaßen : ab = von gibt auch
- einen Sinn, doch ist auch lautlich ab = ob (L.), über, oberhalb,
- möglich. --- venster am Helm sind die mehr oder minder großen
- Augenlöctier ; zahlreiche Abbildungen bei Schultz, höf. L. 2, von
- S. 54 an. — Der Helm muß entweder von dünnem Eisenblech
- gewesen sein, wenn er dem Speerstoß nicht widerstand, oder
- der Stoß fing sich oben im Zimier, so daß es möglich war, den
- Helm emporzuheben. — 4 füeren swv., (bewegend) tragen. —
- 5 acker stm., heute nur Flächenmaß, früher Längenmaß; vgl.
- auch ackerbreites adv. 270, 8. Wie viel die Länge nach heutigem
- Maßstab betrug, lehrt kein Wb. ; ich habe es auch aus ver-
- schiedenen Literaturstellen nicht ausfindig machen können. Bech
- weist, was für U.'s Zeit nicht maßgebend ist, aus dem Brünner
- Stadtrecht ed. Rößler S. 223 nach: 1 deutsche Meile = 4 ecker-
- lenge. Jedenfalls V. 5 starke Hyperbel.
- 701, 2 vande nach Hs. = vant; von L. e getilgt, wäh-
- rend er es in seige 309, 4 (s. d.) und noch öfters unbeanstandet
- ließ. Möglicherweise ist hier das unorganische e metrisch von
- Bedeutung: vände ich, denn solche Fälle von Hiatus bei U.
- nicht selten. — 4 Hs. püchenpach, von L. Piiechenpach, nicht
- Piuchenpach (= Peuchenbach) geschrieben.
- UliBICH VOH LiKCHTBKBTBIN. I. ^ß
- 242 VENUSFAHRT 1227. MÜBZZUSCHLAG. GLOGGNITZ.
- als tet her Sibot ouch daz sin.
- des gab ich in zwei vingerlin. (20)
- 702 Des Trsegen ungefüegez sper
- wart mir da ganz nach miner ger:
- daz legt man üf den wagen mtn.
- ich gab im da niht vingerlin,
- wan er gevselet het min da. (25)
- dar nach sach man mich zogen sä
- mit freuden an dem selben tage
- in hohem muot hin ze Murzuslage.
- 703 Da het ich dö die naht gemach.
- sä dö der ander tac üf brach (3o)
- und daz vil lieht erschein sin blic,
- dö zogt ich über den Semernic
- gegen Glokeniz alzehant, (221,1)
- da ich wan sehs ritter vant
- gezimirt schöne tjoste gern:
- die sach man mich da snelle wem.
- 704 Si riten gewäpent da gein mir. (5)
- ich het ouch mich gewäpent schir
- in wäpenkleit vil wunneclich.
- von Ringenberc der muotes rieh
- ein sper da wider mich wol verstach.
- al zehant dö daz geschach, (lo)
- dö stach ich einen ritter nider:
- der schämte sich des offte sider.
- 705 Von Torsewel Uolrtch er hiez.
- der wol gemuot des niht enliez,
- ich würde von im da an gerant. (15)
- dö stach ouch in min zeswe bant
- liinder daz örss üf daz gras.
- sin sper ouch da verstochen was
- von im deswäx vil ritterlich.
- da mit gelac er jsemerlich. (20)
- 702, 8 Hs. beidemale Murzuslage, heute Mürzztischlag.
- 703, 4 Semernic, mons Seminius, jetzt Semering. — 5 Gloke-
- niz (neben Glokenz, Glogenz)^ s. K. S. 674: «jetzt eine Propste!
- zwischen Neunkirchen und Schottwien.» Die Schreibart war
- noch in den zwanziger Jahren Glocknitz, heute gilt Gloggnitz.
- GLOGGNITZ. 243
- 706 Dar nach verstach ich da vier sper.
- dö was der ritter da niht m^r
- gewäpent üf daz velt bekomen.
- min heim da wart von mir genomen.
- ich gab da hin sehs vingerlin: (25)
- da mit ich in die herberge min
- fuor, die ich vil schoene vant.
- min Itp entwäpent sich zehant.
- 707 D6 ich aldä entwäpent wart,
- diu herberge min wart wol verspart. 3o)
- zvLO mir nam ich wan einen kneht,
- der zuo dirre vart was reht.
- von danne stal ich mich zehant (222,1)
- und reit mit freuden, da ich vant
- die herzenlieben konen min:
- diu künde mir lieber niht gesin.
- 708 Diu guot enpfie mich also wol, (5)
- also von reht ein vrowe sol
- enphähen ir vil lieben man.
- ich het ir liebe dran getan,
- daz ich zuo ir was dar bekomen:
- min kunft ir trüren het benomen. (lo)
- si sach mich gern: als tet ich sie.
- mit küssen mich diu guot enpfie.
- 709 Diu reine mich vil gerne sach.
- mit freuden het ich da gemach
- und wunne unz an den dritten tac. (15)
- diu guote min güetlichen pflac.
- sä d6 der dritte tac bequam,
- eine messe ich dö vernam:
- ich bat got miner ^ren pflegen.
- mir wart da, güetlich friundes segen. (20)
- 707, 2 verspart, versperrt, verschießen. U. ließ hier seine
- Garderobe und Ausrüstung zurück; auch blieb hier sein Gefolge;
- vgl. 710,4. — 7 kone swf., Gemahlin; einmal (1716, 1) nennt
- sie U. wip. S. auch Einleitung. Wo der heimliche Besuch statt-
- fand, ist nicht bekannt. In Liechtenstein kann es nicht wohl
- gewesen sein; das hatte U. von Judenburg aus näher gehabt.
- Der zweitägige Besuch stimmt übrigens nicht mit der Reise-
- disposition, die für Glokem nur einen Rasttag in Aussicht nimmt.
- 16*
- 244 VENUSFAHRT 1227. NBÜNKTRCHEN.
- 710 Alzehant ich urloup nam
- minneclich, als mir daz zam.
- in hohem muot reit ich zehant
- hin, da ich min gesinde vant.
- dö ich ze Glokentz kom geriten, (25)
- die minen min da schöne piten.
- die wären üf die vart bereit:
- alzehant ich danne reit.
- 711 Hin ze Niwenkirchen ich
- vil schöne fuor. dö enpfie man mich (30)
- mit willen d^swär ritterlich.
- si wären höher zühte rieh,
- die min durch tyostiren biten. (223, i)
- dö ich kom zuo in dar geriten,
- si wurden alle schier bereit,
- gezimirt in ir wäpenkleit.
- 712 Ir wären neune, für war niht mör, (5)
- die min da biten mit tyoste ger.
- dö ich si dö bereite vant,
- dö wäpent ouch ich mich zehant.
- der da des Ersten kom gein mir,
- der het gein vrowen minne gir. (lo)
- der biderbe Ortolf was genant
- von Grsetz, ein ritter wol bekant.
- 713 Er het gezimirt schöne sich,
- der biderbe man der wundet mich
- durch schilt, durch al daz harnasch min (15)
- mit der schoenen tyoste sin
- in die brüst, dö daz geschach,
- und ich die wunden pluoten sach,
- dö dacte ich mit dem röckelin
- daz pluot und ouch 'die wunden min. (20)
- 714 Von Puten her Offe und her Heinrich,
- die brüeder bede ritterlich
- ir sper verstächen wider mich.
- ir beider niht vermiste ouch ich:
- ich verstach üf in zwei sper. (25)
- 711, 1 über die Etymologie von Neunkirchen (Niunkirchen,
- Niwenkirchen, Niitwenkirchen) äußert sich K. nicht.
- NEUNKIBCHEN. 245
- do körnen gein mir sehs ritter her,
- der aller tyost geriet also,
- daz dar ir drumzun flugen ho.
- 715 Dö ich niun sper aldä verstach,
- ze herberge fuor ich durch gemach: (3o)
- des was mir zuo der wunden not.
- niun vingerlin von golde röt
- sant ich in mit willen sä, (224,1)
- wan sis verdienet wol heten da.
- die wunden min mir d6 verbaut
- mit kunst eines guoten meisters hant.
- 716 Daz maere wart do witen ^unt, (5)
- €z waere diu küneginne worden wunt
- mit einer tyost s6 rehte ser,
- daz st niht möhte stechen mer.
- daz was den biderben allen leit.
- dö mir da^ maere wart geseit, (10)
- ich sprach: «ich wil ze kirchen gen
- morgen, so lange hie bestön.
- 717 Ich sol die leute hie läzen sehen,
- an mir die wärheit rehte spehen,
- daz min lip ist vil wol gesunt. (15)
- waz danne, bin ich ein Ititzel wunt?
- daz sol ich vor den leuten heln,
- mit fuoge so ritterlichen stein,
- daz sin hie niemen wirt gewar
- an mir als gröz als umbe ein här. (20)
- 718 Gemach het ich aldä die naht,
- sä dö der ander tac mit mäht
- und ouch diu sunne lieht erschein,
- dö was ich warden des enein,
- daz ich so kleite minen Hp (25)
- vil wunneclichen als ein wip.
- 714, 6 L. corrigiert aus metrischen Gründen körnen in kom:
- ^yntactisch allerdings möglich.
- 716, 3 in ser steckt wohl noch die alte Bedeutung: schmerz-
- lich {sere dat. von ser stn., Schmerz), ser könnte übrigens als
- adj. auch zu tyost gehören in der Bedeutung: Schmerz bringend.
- 717, 7 hie fehlt bei L., ohne Angabe der Lesart.
- 246 VENUSFAHBT 1227. NEUSTADT (kEHBBACh).
- min wibes kleit was lieht gevar.
- ich gie ze kirchen offenbar.
- 719 Swer mich so höchgemuoten sach
- ze kirchen gen, zehant er sprach: (30)
- ttd^swär diu küneginne ist gesunt.
- si ist freudenrich und niender wunt:
- ir stät vil hoch noch ir gedanc.» (225,1)
- ez wart umbe mich s6 gröz gedranc,
- daz st die kirchtür diningen nider,
- dö ich gie üz der kirchen wider.
- 720 Ez het für war min minne ger (5)
- vil gerne da gestochen m^r,
- wan daz ichs niht m^r da vant.
- dö zogt ich schöne sä zehant
- mit freuden hin ze der Niwenstat.
- min gesinde ich schöne bat (lo)
- riten und sin höchgemuot.
- ich sprach: «zuht ist bi freudr guot.»
- 721 Sus reit ich unz an den Kerebach,
- da ich gein mir her füeren sach
- ein banir, und wol zehen sper (15)
- fuort man die sträze gegen mir her.
- diu banir diu was silberwiz;
- dar in ein ember wol mit fliz
- was gesniten, der was plä.
- dar nach so reit ein ritter-sä, (2o)
- 719, 7. 8 zu beobachten kirchtür, eigentliche Zusammen-
- setzung; L. schreibt wohl deshalb gegen Hs. (kirchen) üz der_
- kirche, also kirche stf., sonst aber immer wie hier swf. : ze kirchen,
- und vorher 540, 3 von der kirchen.
- 720, 3 ichs nach Hs. (L. tcÄ, wie auch alle Abschriften),
- ich es abh. von niht, allgemein gedacht, nämlich Stechen, Tjost.
- 721, 1 Kerebach (Hs. Chertbach, L. Kerbach, im Verzeichniß
- Kerbach), s. K. S. 674: «hart an Neustadt ... vorüberfließend,
- und noch heute Kehrbach genannt.» — 6 ember = eimber, ein-
- ber stm. , Eimer. — 7 gesniten, also nicht gemalt, auch nicht
- gestickt, sondern ausgeschnitten und aufgenäht. — plä: auch
- solche dem gewöhnlichen Leben entnommene Wappenbilder
- w^urden nicht naturalistisch dargestellt, sondern heraldisch stili-
- siert. Hier wird uns ein sogenanntes redendes Wappen vorgeführt ;
- es ist das Wappen der Truchseßen von Emerberg (Emmerberg).
- NEUSTADT. 247
- 722 Der was genant min her Bertholt,
- dem wären die biderben alle holt
- durch sin vil hohe werdicheit.
- gezimirt schöne er gegen mir reit
- und gruozte mich vil ritterlich. (25)
- der biderbe man was tugende rieh
- und gar an ^ren unverzagt:
- er hete vil offte bris bejaget.
- 723 Des selben er sich da versach.
- dö ich den man gezimirt sach, (30)
- dö wäpent ouch ich mich zehant:
- den heim ich ze houbet baut
- und nam in mine hant ein sper. (226, i)
- dö kom ouch er gerüeret her
- als ein minne gernder man,
- der vrowen Ion verdienen kan.
- 724 Der buneiz wart schoen unde lanc. (5)
- daz iiwer üz beiden helmen spranc,
- also daz man ez verre sach.
- diu tyost da beidiu sper zebrach.
- er stach mir mit der tyoste sin
- den heim da an daz kinne min, (lO)
- daz mir daz kinne wart bluotes naz.
- ez wart nie tyost geriten baz.
- 725 'Dö bant ich baz den heim min.
- des was im not: die riemen sin
- wären drüz gebrosten gar. (15)
- dö kom gein mir der schänden bar
- von Horschendorf min her Wüliinc
- vil ritterlichen üf den rinc;
- üf dem ich driu sper da verstach.
- der tyost man in da vaelen sach. (20)
- Sonst ist in diesem der Eimer golden im blauen Felde, aber
- auf die Farbe kam es in früherer Zeit nicht an, nur auf die Bilder.
- 722, 1 her Bertholt (von Emmerberg), s. K. S. 674 (in L.'s
- Verzeichniß unrichtig unter Emerbach verzeichnet), «seine Burg . . .
- liegt westlich, aber ganz in der Nähe von Neustadt.»)
- 725, 5 Horschendorf, s. K. S. 674 : « höchst wahrscheinlich . . .
- unser heutiges Haschendorf bei Ebenfurth an der Leitha.»
- 248 VENUSFAHBT 1227.
- 726 Dar nach sä fünf ritter guot
- mich bestuonden durch höhen muot, .
- der aller tyost da wol geriet
- da mit ich abe dem velde schiet
- und gab da hin sehs vingerlin. (25)
- her Wülfinc het gevselet min:
- des wart mtn golt im da verseit:
- daz was dem höchgemuoten leit.
- 727 Da mit s6 zogt ich in die stat.
- mtnen kameraer ich bat, (30)
- daz er mir hiez ein wazzerbat
- bereiten üzerhalp der stat,
- s6 daz sin niemen würde gewar. (227,1)
- vil gar verholne kom ich dar.
- min Up da, in daz bat gesaz,
- da von ich müede vil vergaz.
- 728 Min lip mit freuden hatte sich. (5)
- die bader, die da badeten mich,
- der einer mich erkande niht.
- dar nach ein wunderlich geschiht
- in dem bade mir geschach.
- mit vreuden licp, leit, ungemach (10)
- wart mir da von wibe kunt:
- da von so wart min hertze wunt.
- 726, 2 glatter bestuonden mich, wie L. setzt.
- 727, 3 wazzerbat stn.: nach dem Kampf pflegten die Ritter
- ein Bad au nehmen, wie auch vorher einmal erzählt wird
- Str. 309. 310. Der Zusatz wazzer zu bat deutet darauf hin,
- daß es auch noch andere Bäder gab. In der That kannte man
- Ende des 13. Jahrhunderts sicher schon Dampfschwitzbäder;
- s. Schultz, höf. L. 1, 172. Unsere Stelle ist vielleicht ein Zeug-
- niß, daß der Gebrauch weiter zurückreicht. — 4 die- Bäder
- wurden sonst gemeinsam genommen. U. mußte sich als Königin
- und als verkappter Mann absondern.
- 728, 2 nicht der kameroere, Kammerdiener, bediente ihn
- beim Baden, sondern ein eigens bestellter bader. — 3 einer,
- hier so viel wie deheiner, oder beßer nach Bech mhd. Wort-
- stellung: (auch) nicht einer; vgl. Germ. 19, 57. — 6 L. schreibt
- leit und gemach: unnöthig; leit, ungemach Asyndeton, wenn
- nicht leit adj. unfl. sein soll: leidiges Ungemach; vielleicht stand
- mit vreuden leit, liep ungemach.
- NEUSTADT. 249
- 729 Sus saz ich in dem bade alhie.
- min kameraere d6 von mir gie
- in die herberge min zehant: (15)
- er wolt mir bringen min gewant.
- ,ir sult für war gelauben daz:
- gar mines gesindes ich eine saz.
- da von wil ich gelauben wol,
- sich flieget schiere, swaz wesen sol. (20)
- 730 Ich hab ouch dar an zwlvel niht:
- swaz s6 geschehen sol, daz geschiht.
- des wart mir da ein teil bekant;
- ich sage iu, wä mit ichz ervant:
- du ich saz aleine hie, (25)
- ein fremder kneht d6 zuo mir gie,
- vil wol gekleit, höfsch unde kluoc.
- ich sage iu, waz der knappe truoc:
- 731 Einen tepich, der was guot.
- den nam der kluoge, hochgemuot, (30)
- für daz bat er in da leit:
- dar üf s6 legt er vrowen kleit,
- ein rtsen und ein röckeltn (228,1)
- (die künden bezer niht gesin),
- ein gürtel (der was kostertch),
- dar zuo ein heftel wunneclich,
- 732 Ein tschapel und ein vingerlin. (5)
- des vingerls stein was ein rubin,
- rot als ein vrowen süezer munt,
- der manllch hertze machet wunt.
- dar zuo er einen brief dar leit.
- 729, 1 fg. ist seltsam, daß der Kammerdiener das Gewand
- nicht gleich mitgebracht hat. — 6 eine adj. mit gen., einsam,
- verlaßen von. — 8 sprüchw ortliche Wendung, wie die folgende
- 730, 2. Sie sind nicht eigentlich häufig im Frauendienst in den
- erzählenden Partien ; nur wo diese didaktisch werden, wie gegen
- das Ende hin, zeigen sich mehr solche Sprüchworter und Sen-
- tenzen. Einzelne aus dem vorderen Theile seien hier angemerkt,
- z. B. 744, 6. 820, 1. 849, 7 fg. 915, 6 fg.
- 732, 2 rubtn : wohl von symbolischer Bedeutung ; der Kubin
- ist ein kostbarer Stein, der Reichthum und Macht verleiht (s. Vol-
- mar's Steinbuch 643 fg.), also eine rechte Gabe für eine Konigin. —
- 250 VENÜSFAHBT 1227.
- der brief mit süezen Worten seit, (lo)
- wer mir diu kleinöt het gesant:
- daz tet er teuticltch bekant.
- 733 Do ich daz kleinot dö gesach,
- min munt üz grozem zomc sprach:
- «sagt an, wem habt ir ditz her bräht? (15)
- ja ist mir des vil ungedäht,
- daz ichs iht nem als umb ein här.
- daz sült glauben ir filr war.
- nu tragt ez üz: daz ist iu guot.
- ich bin gein iu niht wol gemuot.» (20)
- 734 Der knape sweic und gie zehant,
- da er zwen ander knehte vant:
- die truogen nach im rosen dar,
- gepletert vrisch und wol gevar.
- der streut er dar üf mich so vil, (25)
- für war ich iu daz sagen wil,
- daz mich noch daz bat niemen sach;
- dar zuo der knappe nie wort gesprach.
- 735 Swaz ich gezürnt, swaz ich gebat,
- er streut die rösen umb daz bat (30)
- so vil, daz al diu dille gar
- wart wünneclich nach rösen var.
- dar nach er mir mit zühten neic: (229,1)
- swaz ich gesprach, vil stille er sweic.
- er was für war mir unbekant:
- von mir so gienc er alzehant.
- 736 In grozem zornc er mich lie. (5)
- min kameraere dö zuo mir gie
- und bräht mir al min badgewant.
- dö er ditz kleinöt bi mir vant,
- er sprach: «vil edeliu ktinegin.
- 8 teuticltch adv.: der höfische Knecht, Knappe spricht nicht
- (734, 1, 8. 735, 7), deshalb wird das Wort, welches ich nicht auf
- den Brief, sondern auf den Knecht beziehe, vielleicht nicht «klar
- und deutlich» (so die Wbb.) bezeichnen, sondern: mit Gebärden.
- 734, 3 fg. auch sonst finden sich Stellen, die uns erzählen,
- daß Rosenblätter in das Bad gestreut wurden. Hier geschieht
- es in so reichlicher Weise, daß auch der Badende und diu dille
- (735, 3), die Diele, der Fußboden, damit überdeckt war.
- NEUSTADT. 251
- wie nu? waz sol ditze sin? (lo)
- ir Sit bestreut mit rösen gar:
- ez ist hinue allez rösen var.»
- 737 Ich sprach: «da. hA.stu misset an,
- daz du mich eine hast verlän.
- daz muoz ich wol von schulden clagen. (15)
- ditz hat ein knappe gar her getragen,
- rösen, kleinöt und gewant:
- der ist mir leider unbekant.
- des muoz ich von der wärheit jehen,
- daz ich in niemör hän gesehen. (2o)
- 738 Da von muoz ich zornic sin.
- er hat ez äne den willen min
- allez zuo mir her geleit.
- daz ist mir inneclichen leit:
- solhe unfuoge ich nie bekant.
- nu reiche mir min badgewant:
- ich wil also ungebat üz gän
- und ditz allez läzen hie bestän.»
- 739 Dö sprach der kameraere min:
- «nein, vrowe guot, des sol niht sin. (30)
- ez wsere vil sere missetän,
- wolt ir ditz kleinöt hie verlän.
- die bader nement ez zehant: 230,1)
- da bi so wurde si bekant,
- diu iuz durch liebe gesant her hat.
- da von wsere ez ein missetät.
- 740 Si ist liht so gefriunt ein wip, (5)
- daz ez iu g^n möht an den lip,
- daz ir sin mtieste^ schaden hän,
- ob ir ez wolt hie verlän.
- da von lätz behalten mich:
- 738, 7 ungehat, ungehadeti U. hat im Waßer geseßen, hat
- also gebadet, er ist aber damit noch nicht fertig. Auf das Baden
- folgte erst das Streichen und das Ausruhen im Bette.
- 739, 2 der Kammerdiener fällt nicht aus der Rolle; er redet
- den Herrn auch hier mit vrowe an.
- 740, 1 mhd. Wortstellung; nhd. Schachtelung : ein so ge-
- friunt, mit Freunden, Verwandten begabtes, ein so einflußreiches,
- mächtiges Weib.
- V
- 252 VENUSPAHRT 1227.
- bi minen triuwen daz rät ich. (10)
- und wizet daz, ez ist iu guot,
- ob ir hie mit wtslich tuot.
- 741 Bk mit ir si und iuch bewart,
- biz daz ir endelich ervart,
- wie st vil guote sl genant, (15)
- di ez iu ze liebe hat hef gesant.
- s6 sendet ez hin wider ir:
- ob ir weit, des volget mir.
- si ist iu holt, daz seht ir wol:
- da von man st behüeten sol.» (2o)
- 742 «Ich wil ez dich behalten län
- durch anders niht wan üf den wän,
- s6 mir diu vrowe wirt bekant,
- diu mirz verholn hat her gesant,
- daz ichz so sende hin wider ir. (25)
- daz soltu wol gelouben mir,
- ich nimes von ir ftirnamens niht:
- da würde min stfiete von enwiht.
- 743 Ich hän gehoeret her al min leben,
- daz iemen dem andern müge geben (30)
- iht guotes under sinen danc.
- ez wahren mtne sinne kranc,
- nsem ich von anders iemen iht (231,1)
- wan von ir, der min herze gibt
- ze vrowen und der ich wil leben:
- der dien ich immer umb ir geben.»
- 744 Min lip sä üz dem bade trat (5)
- und fuor verholn sä in die stat
- in mine Jierberge durch gemach.
- des tages ich nie üz gesach:
- man sach mich lachen doch niht vil;
- 743, 1 ich hdn wohl = ichn hdn. — 5 iht muß es heißen :
- etwas ; Hs. niht (von L. beibehalten), wohl durch das letzte n in
- iemen veranlaßt; vgl. 949, 3. — 8 umb ir gehen, wörtlich: um ir
- Geben, subst. inf. entweder von geben stv. oder von gehen swv.,
- begaben; möglich, weil U. den subst. Inf. liebt; vgl. zu 102, 7.
- Oder ist geben ein in die schwache Flexion übergetretener
- Accusativ von gebe^ Gabe? oder stand ursprünglich nach
- statt um6 ?
- BBIEF DEB UNBEKÄ^irNTEN. 253
- wan zornic muot niht lachen wil. (lo)
- daz wart vil volleclichen schin
- des tages an al den freuden min.
- 745 Man sach mich Ititzel wunne heben,
- mir was leit, daz man mir gegeben
- het kl^nöt äne den willen min: (15)
- da von sach man mich trüric sin.
- ich trabte hin, ich trabte her,
- ich gedäht also: «ja herre, wer
- mac mir ditz kleinöt hän gesant?
- diu ist mir leider unbekant.» (2o)
- 746 Ich gedäht: «ich sol den brief wol mir
- hie heizzen lesen, waz ob ir
- nam geschriben dar an stät?»
- den brief ich mir do lesen bat.
- der was geschriben meisterlich, (25)
- er gruozte mich vil minnecltch.
- sin gruoz der huob mich vil unh6.
- nu hoert den brief! der sprach also:
- (e) Kunde ich mit worten süezen
- iuch, vrowe, wol gegrüezen, (3o)
- daz taet ich üf die triwe min.
- V^nus, vil edeliu künegin, (232,1)
- 5 ich wil durch iwer werdicheit
- « iu immer dienstes sin bereit.
- daz hat verdienet wol iwer lip,
- daz iuch süln elliu werden wip (5)
- grüezen und ouch ^ren,
- 10 iwer ere m^ren.
- ir habt den muot an ^re gewant.
- ich hän iu min kleinöt gesant
- durch unser beider 6re (lo)
- und bitte iuch, vrowe here,
- 15 daz ir ez nemt von mir für guot
- durch iwern tugentrichen muot.
- ich hänz iu wan durch 6re gesant
- 744, 8 vielleicht freunden, friundenf
- (e) Ebenfalls wie der vorige poetische Brief im Stile der
- Büchlein, aber am Ende kein Dreireim.
- 254 VENUSFAHBT 1227.
- und wil iu wesen unbekant (15)
- durch niht wan durch min werdicheit:
- 20 daz lät iu, vrowe, niht wesen leit.
- s6 diu sselde mir geschiht,
- daz iuch min ouge schierest siht,
- s6 tuon ich iu selbe daz bekant, (20)
- war umb ich iu hän gesant
- 25 min kleinöt, liebiu vrowe min.
- dar nach mtiezet ir bevolhen sin
- dem, der al der werlde pfliget
- und dem tifel an gesiget (25)
- ^ hat gewalticliche:
- 30 , der nem iuch in sin riche
- und gebe iu hie ^ren vil.
- mit triwen ich des wünschen wil
- mit hertzen und mit munde. (30)
- von getriwes hertzen gründe
- 35 wünsch ich, daz ir wol gevart
- üf iwerr ere bernden vart!
- 747 D6 mir der brief da. wart gelesen, (233,1)
- man sach mich aber zomic wesen.
- ich was trüric aber als L
- mir tet hertzeclichen we,
- daz si sich mir niht het genant (5)
- und mir ir kleinöt het gesant.
- daz was mir inneclichen leit:
- daz nim ich hiut üf minen eit.
- 748 Waz sol ich da von sprechen m^?
- mir was leit, mir was w^: (lO)
- ich was von zorn ungemuot.
- di naht gemach min was niht guot:
- von sorgen leid ich ungemach.
- sä do der ander tac üf brach,
- eine messe vernam ich da (15)
- und zogt von danne schöne sä.
- 28 tt/el für gemeinmhd. tiuvel, Teufel, nach Hs. ; L. tie/el;
- der Schreiber setzt allerdings öfters einfach i für ie, aber tifei,
- twel begegnet auch sonst in österreichischen Quellen.
- 748, 4 dt naht, acc. absol. , die Nacht über.
- IN OESTERRBIOH (pIESTING). 255
- 749 Min gezoc was ritterlich,
- sus fuor ich gegen (Esterrlch.
- do ich kom an die Bistnic,
- do sach ich liehter Schilde blic, (20)
- gezimirt helme, wiziu sper
- gegen mir füeren schone her.
- die ritter, die da gegen mir riten,
- die enpfiengen mich nach friundes siten.
- 750 Si hiezen mich willekomen sin: (25)
- «V^nus, vil edeliu künegin,
- iuch hat got, vrowe, her gesant
- ze freuden uns in ditze lant.
- wir sin alle iwer künfte vrö.
- iwer lop muoz immer hö (30)
- stigen, daz habt ir versolt.
- iu sint die biderben alle holt.»
- 751 Die mich dal enpfiengen also wol, (234,1)
- ein teil ich iu der nennen sol:
- ir wären drizic oder m^r.
- ir einer hiez von Gors Wolfk^r:
- der was an tugenden so volkomen, • (5)
- daz von im niht wart vernomen,
- da von ritters lop wirt kranc:
- der biderbe ie nach ^ren ranc.
- 752 Ez sprach zuo mir der biderbe man:
- «küneginne, vrowe wolgetän, (lO)
- ich wil iuch einer bete piten,
- (die vernemt mit guoten siten)
- 749, 2 nach den heutigen Grenzen wäre U. schon nach dem
- Aufenthalt in Mürzzuschlag bei Ueberschreitung des Semering
- aus dem steirischen in österreichisches Gebiet gelangt. Von der
- Steiermark wurde 1379 ein großes Stück abgetrennt bei der
- Erbtheilung zwischen den Söhnen Albrecht's II. — 8 Bistnic^
- 8. K. S. 674: «heute der Piestingbach.»
- 751, 4 geis der Hs. mit L. natürlich in Gors zu verbeßern.
- Dieser Wolfkef, Wolfger, auch Wölfeltn 197,3 genannt, von
- Gors, unter den Dienstmannen beim Friesacher Turnier mit auf-
- geführt und als vrowenritter und nicht umbe guot, sondern umbe
- werdecheit (292, 5) werbend charakterisiert, ist nun hier der erste
- der vornehmen Herren, die auf U.'s Farce eingehend ein Hof-
- amt bei der Königin suchen.
- 256 VENÜSPAHBT 1227.
- daz ir, vil edeliu künegin,
- mich läzet iwer gesinde sin.
- iwer kamerampt stilt ir (15)
- durch iwer güete enpfelhen mir.»
- 753 Sä dö er die rede gesprach,
- dö reit zuo mir von Tozenpach
- , der ritterlich gemuot Gotfrit.
- er sprach: «nu hoert ouch, wes ich bit. (2o)
- mich hat min herre her gesant
- und heizet iuch, vrowe, in ditz lant
- *got und im willekomen sin:
- iuch siht vil gern der herre min.
- 754 Von Regenspurc ist er genant (25)
- des tuomes vogt: vil wol bekant
- ist der vil ^re^gernde man.
- swaz s6 er iu gedienen kan,
- des ist er willeclich bereit.
- daz nim ich wol üf minen eit: (30)
- 752, 6 gesinde hier swm., eigentlich Weggenosse, Gefolgsmann.
- — 7 kamerampt stn., das Amt des karheraere; der vorhergenannte
- kamercere ist ein niederer Beamter, unserm Kammerdiener ent-
- sprechend, dagegen kamercere im Dienst eines Fürsten oder gar
- des Königs ist der Inhaber eines der obersten Hofämter. Seine
- Function ist verschieden und manigfach. Insbesondere hat er
- auch wie heute der Kammerherr (Kämmerer noch an einzelnen
- deutschen Höfen, z. B. am bairischen) persönlichen Dienst.
- 753, 2 fg. von Tozenpach Gotfrit ist uns auch vom Frie-
- sacher Turnier her bekannt; s. zu 272, 2. — 6 in ditz lant,
- nicht in disem lant: die Praep. mit acc. bewirkt durch komen
- in willekomen.
- 754, 1 fg. das ist Otte von Lengenbach, s. zu 191, 1 fg. Er
- gehört zu den Freien, kommt also nicht selbst wie Wolfger von
- Gors, sondern bedient sich seines Dienstmannen als Gesandten.
- — des tuomes vogt, sonst auch der iuomvoget: unter diesem Dom-
- vogt haben wir uns keinen Geistlichen, keinen Domherrn zu
- denken. Der Domvogt ist vielmehr der Inhaber der Advocatur,
- des Patronats und der weltlichen Jurisdiction im Domsprengel.
- Die Vogtei ist sehr individuell ausgebildet, wird hier von Fürsten,
- dort von einfachen Adligen ausgeübt. Die Regensburger scheint
- ein erbliches Lehen gewesen zu sein (s. K. S. 674 fg.). Wegen
- der Immunität des Stiftes ist der Vogt reichsunmittelbar und
- darum erscheint er bei U. mit Recht unter den Freien. Otto
- wird seine Vertreter im Regensburger Gebiet gehabt haben.
- IN OESTERBEICH. 257
- er dienet iu gar sunder wanc
- durch guoter wibe habedanc.
- 755 Er hat mich heizen an iuch gern, (235,1)
- des ir in gern sült gewern,
- daz ir, vil edeliu künegin,
- in läzet iwern marschalc sin.
- er ist guotes unde muotes rieh, (5)
- er wil iu dienen ritterlich:
- durch iwer höhe werdicheit
- ist iu sin dienst vil bereit.»
- 756 Ich hiez in beiden sagen dö,
- daz ich ir wsere ze amptleuten frö. (lO)
- swer aber der ampt min wolde gern,
- «der muoz5 enpfähen mit den spern,
- und muoz doch stn als6 gemuot,
- daz er der tyoste rehte tuot
- an allen dingen, als er sol: (15)
- der mac min ampt gewinnen wol.
- 757 Diu minen ampt sint ritterlich
- ,und sint doch da bi kumberllch.
- ez mac vil wol ein amtman min
- Verliesen al die ßre sin; (2o)
- er mac ouch vil wol bris bejagen:
- da von bedarf min hof niht zagen.
- für war ich iu daz sagen wil,
- dar inne ist speres krachen vil.»
- Aus U.'s Schilderung geht hervor, daß er ein sehr reicher Man];i
- gewesen ist.
- 755, 4 marschalc (wörtlich : Pferdeknecht) : unter den Hof-
- ämtern ist das des Marschalls das eigentlich ritterliche, mili-
- tärische (deshalb führt auch des Keiches Erzmarschall, der Kur-
- fürst von Sachsen, die Schwerter im Wappen; er trägt auch
- dem Kaiser das Schwert vor); vgl. auch zu 871, j.
- 756,2 amptUute pl. zu amptman (757, 3), Inhaber eines
- Amtes, Beamte, Dienstmannen in besonderem Dienst. — 4 muozs
- = muoz 81 (sc. diu ampt) ; 8 nach L. ergänzt. — mit den spern,
- Anspielung auf das Ceremoniell der Belehnungen, wonach dem
- Lehnsempfänger entweder ein Schwert oder ein Speer mit Fahne
- überreicht wird.
- 757, 8 beßer mit L. spere kraches; vgl. speres krach 793, 6.
- Ulrich von Lischtssstxix. I. yi
- 258 VIlNUSFAHKT 1227.
- 758 Do sprach von Gors her Wolfker: (25)
- ttvrowe, waz sol ich sprechen m^r?
- wan iwer hof stät ritterlich:
- man wirt dar inne wol eren rieh,
- und wirt mir iwer kanieramt,
- ich hänz, ob got wil, ungeschamt (30)
- und wilz ouch von iu mit den spern
- enpfähen, swenne ir weit, vil gern.»
- 759 (236,1)
- da ze Dreskirchen daz geschehen
- sol. ich hoere iu tugende jehen:
- ir Sit ein so gefüeger man, (5)
- daz ich iuch gern ze gesinde hän.
- ir kunuet vrowen dienen wol:
- da von min lip iuch eren sol.»
- 760 Des dancte mir der biderbe man:
- er neig mir schon und reit von dan (lo)
- in hohem muote alzehant
- hin ze Dreskirchen, da er vant
- sin harnasch und stn wäpenkleit.
- daz wart da schier an in geleit:
- gezimirt als ein engel er wart, (15)
- der biderbe, wan er guot niht spart.
- 761 Do man in von mir riten sach,
- von Totzenpach der höfsche sprach:
- ((vil höchgelobtiu künegin,
- waz sol ich dem herren min (20)
- von iu sagen? daz tuot mir kunt,
- durch iwer zuht hie an der stunt.
- min riten iuch hie lützel frumt:
- gern min herre fruo gegen iu kumt.»
- 758, 5 der Reim amt: geschämt beweist schon die moderne
- Form ; die Hs. hat sonst gewöhnlich ampt (aus ambet). Die einsilbige
- Form erfordert öfters unlogische Betonung: daz amt 765,4. 768,2.
- 759, 3 Dreskirchen (Hs. Dreschirchen)^ s. K. S. 675 : «jetzt
- Traiskirchen, nächst der ersten Poststation von Wien, Neudorf.»
- 760, 7 L. streicht er wohl nur aus metrischen Gründen.
- 761, 7 fg. m%n rtten f ich vermuthe mtn biten, mein Warten,
- Zögern ; sein Herr wünscht fruo, früh, zeitig zu kommen.
- TB AISKIRCHEN. 259
- 762 cdr sult dem tuomvogt von mir sagen: (25)
- wil sin lip bris durch wtp bejagen,
- so sol er min gesinde sin;
- und wirt sin lip der marschalc min,
- so muoz er sper mit tyoste drumen:
- daz mac an ^ren im gefrumen. (3o)
- ich bin des amptes im bereit,
- und wil er werben werdicheit.»
- 763 Der höfsche dö balde von mir reit (237,1)
- hin ze Wienen, da er seit
- mit zühten gar die potschaft min
- dem höchgemuoten herren sin.
- der was der botschaft vil gemeit. (5)
- die naht er d^ vil wol bereit
- sich unde sin gesellen gar:
- ir zimir wären lieht gevar.
- 764 In der zit kom ich geriten
- hin ze Dreskirchen, da gebiten (lo)
- min hete der vil biderbe man,
- des lip untugende nie gewan:
- von Gors der biderbe Wolfk^r
- kom gezimirt gegen mir her.
- sin zimir als der sunnen schin (15)
- schein mir da in die ougen min.
- 765 D6 ich in gegen mir komen sach,
- min munt üz hohem muote sprach:
- «hie kumt der kamersere min
- und wil von mir hie daz amt sin (20)
- enpfähen, als ein ritter sol.
- des amptes min gan ich im wol,
- Sit er ist also wol gemuot,
- daz er daz beste gerne tuot.»
- 766 D6 wäpent ouch ich mich zehant, (25)
- den heim min ich ze houbet bant:
- ich was gezimirt wunneclich.
- «wichä, herre, wichä wich!»
- ruoft üz freuden an der stunt
- da vil maniges ritters munt. (3o)
- 763,66eretVnicht = bereitet, sondern auch hier praet. = bereite.
- 17*
- 260 VBNUSPAHBT 1227.
- wir stapften gegen einander sä.
- d6 wir zesamen körnen nä,
- 767 Do nam ich mit den sporn min (238,1)
- mtn orsse: als tet ouch er daz sin.
- di tyost wir d& so nähen riten
- mit kunst nach ritterlichen siten,
- daz sich die Schilde da b^de kluben (5)
- und daz diu drumzun höhe stuben:
- üf beiden helmen daz geschach,
- daz man diu sper da bresten sach.
- 768 Sus het der kameraere min
- enpfangen von mir daz amt sin; (10)
- dar nach mich zehen ritter sä
- bestuonden ritterlichen da,
- der tyost da siben sper zebrach;
- ir drl man da vselen sach:
- die schämten des vil sere sich. (15)
- reht einlef sper verstach da ich.
- 769 Ich gab den siben vingerlin
- und ouch dem kameraere min:
- der het ez ritterlich geholt.
- im wären di biderben alle holt: (20)
- er het vil ritterliche site:
- da liebte sich der biderbe mite
- den vrowen und der werlde gar.
- er was gar aller schänden par.
- 770 Daz was der kameraere min. (25)
- der het dö die gesellen sin
- und sich selben wol gekleit
- selbe aht in ritterlichiu kleit.
- ze fuozen er sä zuo mir gie,
- min hamasch er von mir enpfie: (30)
- dar an so hiez er legen vliz,
- daz er gemachet würde wtz.
- 770,5 fg. ze fuozen, ebenso 771, 1. 773,7. 848,7: der
- Kämmerer steigt ab und dient dem Herrn zn Fuß; sein erster
- Dienst ist die Sorge für die Reinigung der Rüstung seines
- Herrn.
- NACH WIEN. (mÖLLEBSDORF.) 261
- 771 Ze fuozen zeumt er mich zehant (239,1)
- in mine herberge, da ich vant
- nkch minem Tvillen guot gemach.
- der höfsche zuö mir güetlichen sprach:
- «vrowe, iu ist gemaches not.» (5)
- der höchgemuote dö gebot,
- daz man mtn herberge sparte zuo.
- da was ich biz des morgens fruo.
- 772 Sä d6 mir kom der ander tac^
- nu hoeret, wes min lip dö pflac: (lO)
- der wart vil wunneclich gekleit
- in wtziu, liehtiu vrowen kleit.
- ich wart ^ nie gekleidet baz;
- wan ich für war wol weste daz,
- daz min höhe minne gernder lip (15)^
- des tages ssehe manic schoene wlp.
- ^ 773 Min lip wart ö nie baz gecleit.
- dö min gesinde wart bereit,
- dö huob ich mich zehant von dan.
- von Gors der vil biderbe man, (20)
- der werde kamersere min,
- der wolte dö des niht läzen sin,
- er zeumt ze den fuozzen dannen mich,
- er het vil wol gekleidet sich.
- 774 Ich was vrö, ich was gemeit: (25)
- für Malanstorf die sträz ich reit,
- da widerfuor mir alzehant
- ein kneht, den ich vil wol bekant:
- der künde höfscher niht gesin.
- er was für war der böte min. (30)
- 771, 1 hier ein anderes zäumen als in 267,4; zeumen, hier:
- das Roß am Zaume faßend fahren, dann: den Reiter führen,
- vgl. zu 871, 1. — 6 fg. der dritte Dienst des neuen Kämmerers;
- er läßt die Herberge zuschließen, damit die Konigin Ruhe hat.
- Zu beachten, daß es heißt: er gebot wie vorher 770, 7 er hiez
- legen; er thut es nicht selbst, dazu ist er zu vornehm.
- 773, 7 ze den fuozen : sonst immer ohne Artikel ze fuozen,
- füezen, doch war nicht zu corrigieren.
- 774, 2 Malanstorf f s. K. S. 675 :" « ist unser heutiges Möllers-
- dorf nächst Traiskirchen.»
- 262 VENUSFAHBT 1227. WALTHEb's LIED.
- d6 ich in gegen mir riten sach,
- vil herzenlieb mir dran geschach.
- 775 Mit zühten mir der höfsche neic: (240,1)
- min danken ich gein im versweic.
- für in s6 reit ich balde da:
- er huob sich höfschllch nach mir sä
- und sanc ein liet sä an der stunt. (5)
- da mit so tet er mir daz kunt,
- daz er mir braeht die botschaft,
- diu mir gaebe hohes muotes kraft.
- 776 Daz liet mir in daz hertze klanc,
- daz da der höfsche, kluoge sanc: (lO)
- ez tet mir innerclichen wol,
- ¥?an ich da von wart freuden vol.
- ez düht mich stieze, ez düht mich^guot:
- von im wart ich vil höchgemuot.
- min muot stuont üf gedingen h6: (15)
- nu hoert daz liet! daz sprach also:
- (f) Ir sult sprechen willekomen:
- der iu maere bringet, daz bin ich.
- allez, daz ir habt vernomen,
- daz ist gar ein wint: ir vräget mich. (20)
- ich wil aber miete: wirt min Ion iht guot,
- ich sage iu lihte, daz iu sanfte tuot.
- 777 Sä dö ich daz liet vernam,
- von vreuden wart min trüren lam.
- ich trahte her, ich trabte hin: (25)
- «ja herre, wie gesprich ich in,
- s6 daz ez iemen hie verst^?
- got gebe, daz ez mir wol erge!
- ich muoz für war den boten min
- vernemien und al die botschaft sin.» (30)
- (f) Anfarigsstrophe aus /Walter's von der Vogelweide
- schwungvollstem Liede (Lacbmann und Wilmanns ^ 56, 14.
- Wackernagel -Rieger S. 158. Pfeiffer Nr. 39. Simrock S. 140.
- Wilmanns 52, 1). Hier ist der Text an zwei Stellen nicht cor-
- rect. Zeile 4 zu lesen nu vräget^ 6 sag iu vil lihte. — Dieses
- Citat ist ein wichtiges Zeugniß von der Verbreitung und der
- Volksthümlichkeit des Walther'schen Liedes.
- NACH WIEN. (mÖLLEBSDORF.) 263
- 778 D6 ich der spräche mich bewac, (241,1)
- da bl der sträze nähen lac
- ein schoeniu owe: dar reit ich.
- min kameraere der vleiz des sich,
- daz iemen nach mir rite dar in. (5)
- min böte was höfsch und het ouch sin:
- der huob sich anderhalben dar,
- s6 daz des niemen wart gewar.
- 779 lu si für war von mir geseit:
- in die owe selbe fünft ich reit. (lo)
- sä d6 ich dar komen was,
- do erbeizt ich üf daz grüene gras:
- aleine ich in die owe gie,
- da ich den boten min enpfie.
- ich sprach: «vil lieber böte min, (15)
- du solt mir willekomen sin!»
- 780 Er sprach: «ich nim d«s gruozes niht:
- er waer der botschaft min enwiht.
- kniet ir niht balde gegen mir nider,
- ich füer die botschaft min hin wider.» (20)
- zehant als er die rede gesprach,
- vor slnen fuozen er mich sach
- knien, als ich spraeche min gebet.'
- min lip daz willeclichen tet.
- 781 Er sprach: «nu st^t üf: sin genuoc! (25)
- nie man so hohen prls getruoc:
- daz ich iu sage, solt ichz im sagen,
- er müeste höchgemüete tragen
- und müest von schulden wesen vro.
- iu mac der muot wol stigen h6: (30)
- 778, 5 iemen hier = niemen; vgl. zu 85, 2.
- 780i 1 des demonstr. : diesen Gruß nehme ich nicht an, der
- Gruß allein gilt nichts. — 2 der botschaft ist dat.: für meine
- Botschaft nichts, d. h. ihr nicht entsprechend, nicht angemeßen.
- — 3 kniet wohl = knietet, würdet ihr nicht knien, wegen ftier
- im folg. Verse ; kniet praes. würde var nach sich haben.
- 781, 1 sin genuoc l Verbalellipse: ist zu ergänzen, im Sinne,
- aber nicht mit L. in der Schrift; [vgl. genug davon!]. — 3 m,
- dem Mann, d. h. einem andern Mann. —
- 264 VENÜSFAHRT 1227.
- ich Mn in solhiu msere bräht,
- der iu ze sselden ist gedäht.
- 782 luch heizet willekomen sin (242,1)
- iwers hertzen meienschfn.
- si hiez iuch grtiezen minneclich
- und giht, ob ir sit freoden rieh,
- des s! si herzenüche vr6. (5)
- si hat enboten in also,
- daz si von iwer werdicheit
- in hertzen höchgemüete treit.
- 783 Diu schoene, tugentriche giht,
- si habe an iwern 6ren pfiiht: (lO)
- swaz s6 iu ^ren si geschehen,
- des welle si für sselde jehen.
- ir habt die vart durch s! getä-n:
- da von wil si des ^re hän,
- swaz so iu ^ren widervert; (15)
- da mit ir trüren wirt verzert.
- 784 Ir mügt wol hohes muotes sin:
- si hat ditze vingerlin
- iu ze liebe her gesant.
- daz hat si an ir wizen haut (20)
- getragen m^r danne zehen jär:
- daz hiez si sagen iu für war.
- ir sült für war gelauben daz:
- si ist iu holt gar sunder haz.»
- 785 Do ich daz vingerlin enpfie, (25)
- ich kniet nider an diu knie.
- ich kust ez sä wol hundertstunt :
- da, mit tet ich im liebe kunt.
- ich sprach: «so wol mich, immer wol!
- ditz kleine vingerlin mir sol (30)
- immer geben höhen muot:
- ez muoz mir sin für trüren guot
- 786 Immer mer, die wile ich lebe. (243,1)
- wol mich der wunne pernden gebe!
- mir muoz ditz kleine vingerlin
- %
- 8 der relat. sc. mcere,
- 784, 5 sie muß demnach Ende der Zwanziger gewesen sein.
- WIEN. 266
- vil liep in mlnem herzen sfn,
- wan ez mir gibt vil höhen muot. (5)
- ich hän ez lieb für allez guot
- und liep für allez, daz ich hän
- und immer mör gewinnen kan.
- 787 Wol mich, daz ich ie wart geborn!
- wol mich, daz ich si h&n erkom (lo)
- ze vrowen über minen Itp!
- si reine, süeze, saelic wip,
- si vrowe ob al den vreuden min!
- si ist mines herzen freuden schln,
- si ist miner höhen vreuden gebe: (15)
- ich dien ir, al die wile ich lebe.
- 788 Swaz ich vil minne gemder man
- ir immer mör gedienen kan,
- des hat si mir gelönet wol.
- ob ich die wärheit sprechen sol, (2o)
- nie man so höhez lop getruoc,
- im waere der werdicheit genuoc,
- diu mir hie ist von ir geschehen:
- des muoz ich von der wärheit j eben.»
- 789 Dö sprach zuo mir der böte min: (25)
- «ir sult'niht langer bi mir sin:
- ir schult gein Wienen schiere varn.
- daz iuch da müeze got bewarn!
- des ist iu not gar endeltch:
- si sint vil hohes muotes rieh, (30)
- die iu da wartent mit den spern.
- iuch sehent die höchgemuoten gern.»
- 790 Ich sprach: «vil lieber böte min, (244,1)
- du solt min gar äne angest sin.
- wie künde iht leides mir geschehen,
- Sit daz ich dich hoere jehen,
- daz mir min vrowe gensedic si? (5)
- und wsere ir iegliches dri.
- 790, 6 watre sing, statt wctren plur. bei dem Zahlwort zu
- beachten: U. hat auch sonst sing, statt plur., s. zu 35, 4; hier
- aber ist im Sinne nicht c?r», sondern iegeltcher das Subject, der
- Gen. iegeltchea beruht auf Attraction von gen. ir.
- 26ß VENUSFAHBT 1227.
- die mir da wartent mit den spern,
- ich trüwe si alle wol gewern.»
- 791 Sus schiet ich von dem boten dan
- reht als ein hoch gemuoter man. (lo)
- ich was vil hertzenllchen vrö:
- min muot gestnont mir nie s6 ho.
- ich gedäht: «ich sol hie speres krach
- machen und den angemach
- füegen, die sich wäpent hie.» (15)
- ze minen pferden ich dö gie.
- 792 Mtner knehte dö einer sprach,
- d6 er mich zuo im komen sach:
- «vrowe, w& sit ir hin gewesen?
- ir ktinnet lange bluomen lesen.» (20)
- ich sprach: «ich hän ein plüemikin
- gebrochen, des daz herze min
- muoz immer wesen hoch gemuot:
- ez ist mir gar für trüren guot.
- 793 Des soltu mit mir loben got. (25)
- nu rite hin und wis min bot
- und sage den rittern, daz si sich
- wäpen schier: als tuon ich mich.
- ich wil aber der vrowen min
- mit speres krach dienünde sin. (30)
- du solt in von mir sagen s6,
- mir stä der muot ze vreuden ho.»
- 791, 5 plüemikin stn. mit Absicht gewählte niederdeutsche
- Bildung mit -km statt des hochd. -Im (das anlautende p stimmt
- aber gar nicht dazu); ferner noch einmal plüemickm 1782,4.
- Es war Mode, solche niederdeutsche oder vielmehr niederländische
- Formen in die Rede einfließen zu laßen; vgl. Lambel zu Meier
- Helmbrecht 718.
- 793, 2 vgl. 453, 1, wo die einsilbige Form beßer paßte,
- hier aber das unorganische e metrisch brauchbar , doch könnte
- es auch heißen nu rit hin. — 6 in dienünde altes und neues «
- vereinigt; volle Form des Part, praes., d. h. Form mit vollem,
- wenn auch nicht ursprünglichen Vocal; -unde ist vorwiegend
- bairisch-österreichisch, s. Weinhold, bair. Gr. §. 289. mhd. Gr. ^
- §. 373. Sodann ist hier schwebende Betonung inmitten des
- Verses anzunehmen, die eben durch die volle Form möglich
- ist: krach dienünde, frühes Beispiel mechanischer Silbenzählung;
- vgl. auch zu 888, 8.
- WIEN. 267
- 794 Sä dö der böte von mir reit (245,1)
- und er den höchgemuoten seit,
- daz min lip het tyoste ger,
- si sprächen alle: «hamasch her!»
- die hochgemuoten balde sich (5)
- zimirten da: als tet ouch ich.
- ich wart gezimirt schöne sä
- in liehtiu wäpenkleit aldä.
- 795 Min zimir was des tages guot.
- ich wart e nie s6 höchg^muot. (lO)
- ich het ein starkez sper genomen.
- dö sach ich gegen mir her komen
- von Horschendorf den biderben man.
- er weit öt aber mich bestän:
- er het vil gern ein vingerlin (15)
- verdienet mit der tyoste stn.
- 796 Ich sage ia kürzlich, wie ez geschach:
- zehen sper ich da üf im verstach,
- daz er der tyost gar vaelet min:
- da von sach man in zornic sin. (20)
- sin zehendiu tyost also geschach:
- min ros er durch daz houbet stach,
- daz ez vil küme da von genas.
- diu tyost dem biderben leide was.
- 797 Sä üf ein ander ros ich saz. (25)
- ir sült für war geloaben daz:
- ich het da gern gestochen mer.
- dö kom von Gors her Wolfker,
- der werde kameraere min:
- er sprach: «sin sol hie nimer sin. (30)
- ich läze iuch stechen nimör hie.»
- durch sine bet ich ez dö lie.
- 79& Dö entwäpent ich mich zehant (246,1)
- und leit an mich wiplich gewant:
- dar in wart ich vil wol gekleit.
- 797, 6 fg. wieder die Sorge des Kämmerers um das per-
- sunliche Wohl.
- 798, 1 L. ergänzt al vor zehant: do entwäpent ich mich
- alzehant. — 3 in adv. (Hs. ein, L. in) seltener als m, aber doch
- auch bei den Oesterreichern vorhanden.
- 268 VENUSPAHRT 1227.
- min lip d6 gegen Wienen reit.
- mit mir wol ahzec ritter guot (5)
- dar zogten durch ir höhen mnot,
- gezimirt alle ritterlich:
- ir was vil maniger muotes rieh.
- 799 Mtn 11p was ouch von herzen fro:
- min muot gestnont mir nie s6 h6. (lo)
- ich vreut mich von der vrowen min:
- mich freut daz kleine vingerlln,
- daz diu vil guote mir het gesant
- afce ir vil linden wizen haut.
- daz was min trost für ungemach: (15)
- ich was vil vr6, swenne ich ez sach.
- 800 Ich het vil höhe minne ger.
- d6 reit die sträze gegen mir her
- der ritterliche gemuot tuomvogt.
- ich sage iu, wie er gegen mir zogt: (20)
- der höchgemuot het minne gir.
- vor im fuort man ein banir,
- zetal gehalbet wiz unde rdt.
- dem biderben was nach ören not.
- 801 Dar nach funfzec armbrustschützen sä (25)
- zogten döswär schöne dk:
- 799, 3 von praep. bei vreuwen vertritt den Genetiv des
- Grundes, der sonst steht; im Ganzen selten, von den Classikem
- sendet dieses von Hartmann an.
- 800, 7 zetal gehalbet, nach unten getheilt, faße ich wieder
- im Gegensatz' zu v. Rettberg als: quer getheilt, weil jene erste
- Stelle (506, 5) darauf hinweist und weil im Folgenden auch bei
- den Schilden (804, 2 fg.), die mit der baniere gleich gezeichnet
- zu sein pflegen, von einem oberen und einem niederen Theil
- die Rede ist. (Schräg und quer getheilte Fahnen ohne Wappen
- kommen z. B. im Codex Balduini vielfach vor, dagegen sind
- die in zwei Felder nach rechts und links ^etheilten ohne Wappen
- selten; s. Bild 12. 26. Bei dem großen Banner in Wimpelform,
- das der Graf Heinrich von Flandern als Heeresmarschall führte,
- ist die Theilung senkrecht, meist an der Stange roth, an den
- Spitzen gelb, seltener umgekehrt; s. S. 47 fg.)
- 801, 1 armbrust vor schützen wohl Zusatz des Schreibers,
- weshalb L. das Wort in Klammer setzte ; fällt es weg, dann ist
- zweisilbiger Auftact nicht von Nothen. —
- WIEN. 269
- die fuorten ir armbrust alle enbor.
- den z6ch man fünfzec loiiffer vor:
- die wären schoen und snel genuoc;
- der ieslicher üff im truoc (30)
- ein türksen satel veste gar.
- sas zogt gein mir der schützen schar.
- 802 Dar nach sä fünfzec knappen riten, (247, i)
- gekleidet wol nach knehte siten,
- ir zw^n und zw^n die sträze her;
- der ieslichem man ein sper
- fuort bl einem louffer guot. (ö)
- ir herre was vil höchgemuot.
- daz wart da an der verte sin
- gein mir vil volleclichen schln.
- 803 Ir sült für war gelouben mir:
- man fuort dar nach aber ein banir: (lO)
- diu was reht als diu örste gevar.
- dar nach s6 sach man ziehen dar
- fünfzec ros: als manigen schilt
- 3 armbrust kann sing, sein: alle, d. h. jeder einzelne die seine;
- aber der Plural ist auch möglich, denn armbrust ist stn., aber
- auch als stf., denn: armbrust = armbruste, armbruste nach öster*
- reichischem Dialecte. Die Armbrust (volksetymologisch aus
- franz. arbaleste, lat. arcubalista, Bogen- Wurf maschine) ist seit
- Anfang des 13. Jahrhunderts in Deutschland bekannt; Abbildung
- s. Schnitz, höf. L. 2, 171. 173. — fuorten enbor, trugen, hielten
- empor, in die Höhe. (Wahrscheinlich wurden sie mit beiden
- Händen getragen wie eine Fahne wegen ihrer Schwere.) Die
- Armbrüste wurden also nicht, wie es jezt in den Armbrust-
- schützenvereinen der Fall zu sein p^egt, geschultert (Gewehr
- über). Früher wurden sie auch unter dem rechten Arm ge-
- tragen. — 4 loufer stm., Renner, Rennpferd. — man zöch vor,
- man zog, führte voraus. Diese 50 Renner werden die Pferde
- für die 50 Schützen sein, die hier im Zuge zu Fnl^e gehen,
- aber, wenn nöthig, auch beritten waren. Für sie sind schnell-
- füßige Pferde bestimmt, sie bilden die leichte Cavallerie. —
- 7 türksen = tvrkschen, türkischen. Der türkische Sattel hatte
- hohe Sattelbogen, so daß der Reiter in ihm ganz fest saß. Das
- war auch nöthig, wenn die Armbmstschützen vom Pferde au»
- spannen und schießen sollten.
- 803, 5 als = alsOf ebenso (viel). —
- 270 VENUSFAHBT 1227.
- man da bi faort, da nie gezilt
- was dannoch durch tyoste loch: (15)
- si wären niwe und lieht dannoch.
- 804 Die schilt gelichc wären gar.
- ir ober teil daz was gevar
- schöne beltzvech, wiz unde blä,
- wol underscheiden hie unde da: (20)
- daz nider teil daz was gar golt.
- under dem wäpen was geholt
- ^ vil offte vrowen danc
- und etellch stiezer umbevanc.
- 806 Dar nach fuort man driuhundert sper, (25)
- gar Stare genuoc. daz was ir ger,
- den man diu sper da fuorte mit,
- daz man mit zühten für mich rit.
- die kneht gein minem gruoze swigen,
- mit grözen zühten si mir nigen, (30)
- sie zogten für mich schone da.
- dar nach so sach man riten sä
- 806 Reht funfzec ritter höchgemuot (248,i)
- in cappen grüen: di wären guot
- und ouch vil meisterlich gesniten.
- die höchgemuoten gegen mir riten:
- ich wart von in enpfangen wol. (5)
- des dancte ich, als man danken sol
- vriundes grüezen: äne wanc
- was gegen in mtn.habedanc.
- 807 Von ir gesmtde was grözer klanc.
- diu minne ir etsltchen twanc (10)
- 6. 7 da gehört zu durch.
- 804, 3 beltzvech {pehvech 855, 3) adj., wortlich : pelzbiint ;
- bunt, abwechselnd, von weissem und blauem Pelz. Die blauen
- Stücke sind also, wie die kein (507,4), gefärbt; die weißen
- werden von Hermelin sein. — A^ wol underscheiden^ wohl, regel-
- recht unterschieden, geordnet: wie die einzelnen Farben vertheilt
- waren, in Streifen, Wecken, Rauten u. s. w., ist hier nicht ge-
- sagt; vgl. zu 924, 7.
- 805, 5 fg. die knehte, die Knappen, schweigen, aber ver-
- neigen sich dankend und grüßend, abweichend von der jüngeren
- Sitte, die beim Defilieren ünbeweglichkeit der Körperhaltung
- vorschreibt.
- V
- WIEN. 271
- mit ir vil starcken kraft also,
- daz man in sach da von unvrö:
- ir was oucb maniger höchgemuot.
- diu minne also ir friunden tuot:
- si tuot dem w§, si tuot dem wol, (15)
- si gibt mit seufzen hertzen dol.
- 808 Dar nach der biderbe tuomvogt reit:
- ich sage iu, wie er was gekleit:
- ez fuort der ^re gernde man
- von Scharlach ein cappen an. (20)
- dar ob s6 fuort er einen huot,
- der was von pfänsvedem guot
- gemachet d^swär meisterlich:
- er was von berln kosterich.
- 809 Sin roc von einem pfelle was, (25)
- des varwe was grtien alsam ein gras.
- ir sult für war gelauben mir:
- da was von golde üff manic tier
- gemachet, daz vil liebte schein.
- er het an siniu beidiu bein (30)
- zw6 swarze hosen guot geleit:
- sus was der biderbe man gekleit.
- 810 Er fuort zwen sporn guot genuoc. (249,1)
- ein pferde den höchgemuoten truoc,
- daz was starc , vil sanft ez gie :
- ja hän ich Sit noch da vor nie
- so rehte schoenes niht gesehen: (5)
- des muoz ich von der wärheit jehen.
- der zoum und ouch der satel sin
- die künden bezzer niht gesin.
- 811 D6 er mich zuo im riten sach,
- der höchgemuot höfschWchen sprach: (lo)
- «Venus, vil edeliu künegin.
- 808, 8 berln dat. pl. von berly berle stf. aus mitteW&t. perula,
- sonst berlin, was auch beßer in den Vers paßen wurde. -
- 809, 7 zwo hosen : hier deutlich , daß unter hose nicht das
- ganze Kleidungsstück, sondern nur das eine Stück desselben,
- das eine Beinkleid bezeichnet wird [auch jetzt noch volksthüm-
- lich Hosen ein Plurale tantum ; s. 6r. 4, 286] ; es rührt daher,
- daß Hose eigentlich ein langer Strumpf ist; vgl. 1015, 4. 1704, 2.
- 272 VENU8FAHBT 1227.
- ir sült mir willekomen sin!
- an swiu ich in gedienen kan,
- daz wirt vil willeclich getan
- mit rehten tri weil sunder wanc: (15)
- daz ist min muot und min gedanc.»
- 812 Ich neig im unde hiez im sagen,
- ich wolde im holdez hertze tragen
- mit triwen äne valschen muot,
- Sit er vor schänden waere behuot: (20)
- und daz er durch sin werdicheit
- mir dienstes waere also bereit,
- da von s6 wüehs in allen wis
- von grözem reht sin höher bris.
- 813 Er sprach: «vil edeliu künegin, (25)
- ich wil iu immer diende sin.
- iwer marschalcampt mir her
- lihet: daz ist al min ger.
- dar an wil ich iu dienen wol
- mit rehten triwen, als ich sol. (30)
- vil edeliu küneginne guot,
- ich trage iu diensthaften muot.»
- 814 Der tuomvogt sprach aber: «vrowe min, (250,i)
- möht ez in iwem hulden sin,
- ich wold des marschalcamptes mich
- hint underwinden, füegt ez sich.
- herbergen wold ich in der stat (5)
- 811,5 an swiity praep. an mit dem alten Instrumentalis:
- woran, worin immer; ferner 991, 2; mit ftwiu 1085, 2; vgl. mit
- wiuj womit 1000, 3. 2wiuy zewiuj wozu 1025,6 fg. umbe wiu
- warum 1 1 44, 4.
- 812) 1 U. sagt es nicht selbst, sondern läl^t es sagen.
- 813, 3 marschalcampt stn. wie kameramt 752, 7 (nicht
- kamereramt)y das Amt des Marschalls [erhalten in: Hofmarschall-
- amt]. Daneben auch im Mhd. schenkenambet ^ truhscezenambet,
- aber nur vereinzelt. — 4 lihet, verleiht: das Amt ist ein Lehen,
- kein Besitz.
- 814, 4 /uegt nach Hs. /ägt; L. fuogt = fuogte wegen des
- Praet. wolde; f Hegte braucht aber nicht praes. = füeget zn sein,
- sondern ist auch praet. conj. = /Hegte , füegete. — 5 herbergen
- swv., hier: Wohnung, Quartier schaffen, einquartieren —
- WIEN. 273
- gewalticlich. ez ist min rät,
- daz hie die herberge von iu nem
- ein ieslich ritt er, als im daz zem.»
- 815 Ich sprach: «vil lieber marschalc min,
- swaz ir gebietet, daz sol sin. (lo)
- ir Sit so ritterlich gemuot,
- swaz so ir mir ze dienest tuot,
- daz mir daz allez wol behaget.
- iu si für war von mir gesaget,
- swaz so ir ^ren bietet mir, (15)
- da von so ^en riebet ir.»
- 816 Da mit der tuomvogt alzehant
- mit freuden gegen Wienen rant.
- sin schützen und sin knappen gar *
- dar mit im gähten, daz ist war: (20)
- sin ritter bi mir hie beliben.
- mit freuden wir den wec vertriben.
- ir schimpf was gegen mir zühterich
- und ir gebserde ritterlich.
- 817 D6 der tuomvogt ze Wienen quam, (25)
- er herbergt s6, als daz vol zam,
- in al der stat gewalticlich.
- da enwas dehein burgser s6 rieh,
- er müest in da herbergen län.
- dö daz herbergen was getan, (30)
- der tuomvogt dö die leute bat
- mit zühten leben in der stat.
- 818 Dö min kunft den vrowen dar (251,1)
- wart gesaget gar für war,
- dö wart vil manic kostlichez kleit
- an maniger vrowen lip geleit.
- si kleideten sich enwiderstrtt. (5)
- ir ieslichiu het des nit,
- ob sich diu ander kleidet baz:
- der truoc si sä dar umbe haz.
- 6 gewalticlich adv., nicht mit Gewalt, gewaltthätig, sondern: in
- Vollmacht, Kraft meines Amtes (als Marschall); vgl. 1278,7.
- 817, 2 vol adv., völlig, durchaus; Aenderung L.'s (oder
- Fehler des Abschreibers?) wol unnothig, selbst weniger gut.
- UlBICH von LiSCHTBKSTBIN. I. J[Q
- 274 VENÜSFAHBT 1227.
- 819 Der vrowen muot ist so gestalt,
- si sin jünc öder alt, (lO)
- si habent gern gewandes vil.
- swelhiu sin doch niht tragen wil,
- diu hat ez gern, mac siz bejagen,
- dar ambe, daz si müge gesagen:
- «und wolde ich, ich waer baz gekleit (l5)
- danne mangiu, diu ez vil gern treit.i»
- 820 Guot kleit den vrowen schone stät.
- ez ist min tambes mannes rät,
- daz man si gern kleide wol,
- Sit daz ein man sin guot wip sol (20)
- reht haben als sin selbes lip.
- ein*biderbe man sol sin guot wip
- reht haben als sich selben gar.
- den rät den gib ich offenbar.
- 821 Die vrowen wären wol gekleit. (25)
- ze Wienen, dö ich zuo in reit,
- die gazzen wären alle vol
- von vrowen. daz tet mir s6 wol,
- daz ich da von wart höchgemuot.
- ich sach da manige vrowen guot: (30)
- von den wart ich enpfangen s6,
- daz ich sin wart von herzen vr6.
- 822 D6 ich ze Wienen kom geriten, (252,i)
- vor miner herberge min gebiten
- het ein ßre gernder man,
- den ich vil wol genennen kan:
- er hiez von Küenringe Hadmär. (5)
- mit einer ritterlichen schar
- mich der höchgemuot enpfie.
- hurtä hurtä, wie ez da gie!
- 823 Vil ritterlich wart der antphanc.
- vor miner herberge was gedranc (10)
- von einem buhurt, der was groz.
- 822, 5 Küenringe za betonen; s. 197, 1. Diesen Hadmar
- von Küenringe oder, wie die Hs. auch schreibt, von Kuenringen
- kennen wir schon als Dienstmannen vom Friesacher Turnier;
- er brachte dorthin mehr als 30 Ritter.
- WIEN. 275
- mit Schilden vil manic grözer stoz
- wart da gestozen, daz ist war.
- von Küenringen mtn her Hadmär
- enpfie mich mit einem buhurt da. (15)
- in mine herberge reit ich sä.
- 824 In eine line saz da mtn lip:
- ich was gekleidet als ein wtp.
- daz man mich in der line da sach,
- daz fuoget dem biderben ungemach. (20)
- der bohurt gie her unde dar,
- mit rotten er sich vaste war:
- d& wart gröz hurten niht vermiten:
- die jungen da nach brtse riten.
- 825 Do ich die ritter ungemach (25)
- s6 ritterlichen Ifden sach,
- dö hiez ich sagen dem marschaZk mtn,
- daz er siz alle bset läzen stn.
- dö er si des von mir gebat,
- den buhurt lie man an der stat: (30)
- er wart durch mich fürbaz vermiten.
- ze herbergen st dö alle riten.
- 826 Der tac was an den äbent komen: (253,1)
- der buhurt ende het genomen.
- nach mtnem boten wart gesant
- von mir: der kom mir alzehant.
- mit im ich von den leuten gie, (5)
- da ich in anderstunt enpfie.
- ich sprach: avil lieber böte mtn,
- du solt 6t aber willekomen stn!
- 827 Du solt mir üf dtn triwe sagen
- und die w&rheit niht verdagen, (10)
- wie sich diu vrowe mtn gehabe.
- daz sag mir, wol gezogner knabe,
- ob st st trüric oder vrö.
- st&t ir der muot ze vreuden hö.
- 824, 4 dem biderben: das ist Hademsr; nicht den biderlen,
- wie L. schreibt (Hs. de).
- 827, 1 dtn: Ergänzung nach L., der Schreiber vergaß den
- Strich oder hatte in Gedanken «/ dt triwe din.
- 18*
- 276 VENÜSPAHBT 1227.
- s6 kan mir nimmer missegän: (15)
- von ir ich al min vreude hä,n.
- 828 Si ist, an der al min saelde stät.
- si ist, diu den dienst min hat,
- daz ich ir einer immer lebe.
- si ist gar miner vreuden gebe, (20)
- dar zuo gar miner ^ren wer.
- ir hulden ich mit triwen ger:
- ich hä,n ze vrowen si erkorn,
- ich bin ze dienest ir geborn.»
- 829 Min bot der sprach zehant also: (25)
- «si gehabt sich wol und ist vil vrö.
- ich hört die tugentrichen jehen,
- swaz s6 in saelden wscr geschehen,
- des waer si hertzenlichen vr6.
- ez sprach diu reine, süeze also: (30)
- «swaz so im ^ren widervert,
- da von ist vreude mir beschert.»
- 830 Ir sult für war gelauben daz: (254,1)
- si ist iu holt gar sunder haz.
- daz hat si iu erzeiget wol,
- Sit ich die wärheit sprechen sol,
- da mit daz si iu hat gesant (5)
- ab ir vil linden wizzen haut
- bi mir ein kleinez vingerlin:
- daz sol ir liebe wärzeichen sin.
- 831 Ich sage iu, daz diu guote gibt,
- si habe an iwem 6ren pfliht: (10)
- swaz s6 iu ^ren widervar,
- daz zel si ir für sselde gar:
- ir Sit ir liep, si si iu holt:
- daz habt ir wol gein ir geholt
- mit ritterlicher arcbeit. (15)
- daz hat diu guote mir geseit.»
- 830) 8 wdrzeichen stn. habe ich mit L. geschrieben, Lexer
- setzt mhd. Hdwb. 3, 699 warzeichen an; das ältere Wort ist
- Wortzeichen; ich glaube jetzt, dal^ durch Vermittelung der öster-
- reichischen Form wartzeichen das neue Wort entstanden und
- volksetymologisch weitergebildet ist. (Heinrich von Freiberg
- 1405 w^agte ich wdrzeichen noch nicht.)
- WIEN. 277
- 832 Ich sprach: «so wol mich, immer wol,
- stt ich der werden dienen sol
- gar mit ir willen miniu jär!
- daz tuot mir also sanfte gar, (20)
- daz ich da, von bin höchgemuot.
- niht dinges mir s6 sanfte tuot,
- so swenne ich ir iht dienen sol:
- daz weiz für war got von mir wol.
- 833 Bote, nu soltu raten mir (25)
- wol, als ich getrüwe dir.
- ich sage dir, wes ich hän gedäht:
- sä als diu vart min wirt volbräht,
- (nu merke reht, waz ich dir sage)
- dar nach sä an dem ahten tage (30)
- wll ich turniren, mac ez stn,
- ze dienest aber der vrowen min.
- 834 Der koste kleine mich bevilt: (255,1)
- fünfzic ritter mtnen schilt
- da ze dem tumeye müezzen tragen.
- mit den wil ich da bris bejagen.
- gezimirt süln si schöne stn (5)
- alle von dem schilde min.
- ze Niwenburc sol daz geschehen:
- da sol« man frowen dienen sehen
- 835 Under Schilden ritterlich.
- bot, ich bin so muotes rieh (lO)
- warden von dem vingerlin:
- ez muoz für war min ende sin,
- oder ich gedien ir eteswaz,
- da von ich ir gevalle baz.
- gein ir also min hertze stät. (15)
- böte, nu sprich, waz ist dln rät?»
- 836 «Herre, ich rate iu daz vil wol:
- swä mit ein ritter dienen sol,
- des sült ir stn vil bereit
- mit lüterltcher staeticheit. (20)
- 834,6 der Schild ist das Vorbild; in 231,5 stand nach
- dem Schilde.
- 278 VENUSFAHBT 1227.
- ir mügt ir gerne dienen vil:
- si mac gelönen, s6 si wil.
- dar zuo ist st so wol gemuot,
- daz si iu doch genäde tuot.
- 837 Iu si für war von mir gesagt: (25)
- der tumey mir vil wol behagt.
- ir sült daz wizzen endelich:
- ir werdet da von vil ^ren rieh.
- er muoz von reht gevallen wol:
- niemen iu in leiden sol. (30)
- Sit iu der muot üf tre stät,
- so ist der turnei gar min rät.»
- 838 «Vil lieber böte, ich bite dich, (256,1)
- des du solt wol geweren mich. .
- ob ez mit fuoge müge sin,
- so reit öt aber ze der vrowen min
- und bit si durch ir werdecheit, (5)
- der got hat vil an st geleit,
- daz si ir kl^not sende mir
- zuo disem turney bi dir.
- 839 Nu bit si durch ir höhe tugent
- und durch ir reine, süeze jugent, (lO)
- daz si mir sende eteswaz,
- da bi ich müge erkennen daz, •
- daz si den dienest min für guot
- nem: so wirde ich hochgemuot.
- ob ich ir kleinöt sol hän, (15)
- s6 kan mir nimmer missegän.»
- 840 «Herre unde friunt, ich rite dar.
- got iwer sselde an mir bewar!
- ich.wirbe ez, als ich beste kan.
- ob mir diu guote, wol getan (20)
- daz kleinöt gibt, als ir da gert,
- und wird ich des von ir gewert,
- ob si iu s6 genaedic ist,
- so kum ich iu in kurzer frist.»
- 838, 8 Senkung fehlt : turney wie sonst meist ; vorher dat.
- turneye; 6o könnte hier geschrieben werden, dann dreisilbiges
- Wort zu betonen turneye.
- WIEN. 279
- 841 «Nu var also! got müez din pflegen: (25)
- dar unde dan üf dinen wegen
- müezö dir saelde volgen mit!
- der bet ich got von liertzen bit.
- wirdestü des kleinödes dort gewert,
- so hkn ich, des min hertze gert. (30)
- da mit so müeze din pflegen got,
- vil lieber friunt, getriwer bot.»
- 842 Der bot schiet von mir säzehant. (257,i)
- ich gie, da ich gerihte vant
- min bette, dar an ich beleip,
- biz daz der tac die naht vertreip.
- eine messe ich d6 vernam (5)
- und enpfalch mich gote, als daz zam;
- wan äne in niemen 6re mac
- behalten einen halben tac.
- 843 Dö ich den segen da enpfie,
- in mine kamer ich d6 gie: (lo)
- da wart ich gewäpent wol,
- also von reht ein ritter sol,
- der sines libes angest hat
- und dem der muot üf ere stät.
- da leit ich über daz harnasch min (15)
- ein wiz gevalden röckelin.
- 844 Dö ich daz röckel an geleit,
- einen gürtel drier vinger breit
- gurt ich über daz röckel d&
- und spien ouch für den buosem sä (20)
- ein spanne breitez heftelin:
- daz künde ouch bezzer niht gesin.
- einen slegir üf daz houbet ich leit:
- sus was min lip aldä gekleit.
- 845 Min muot der stuont zewäre hö. (25)
- minc busünser ich dö
- hiez blasen unde machen schal.
- 842) 2 gerihte adj., bereit, in Ordnung; Aendernng L.*s
- gerihtet unnöthig, selbst weniger gut.
- * 844, 7 slegir^ auch slogir, stm., Schleier, der rise verwandt.
- U. bedeckte damit nicht blos das Haupt, sondern auch, wie
- 847, 6 erzählt wird, das Antlitz.
- 280 VENÜSFAHUT 1227.
- der schal vast in die stat erhal:
- den rittern tet man da mit kunt,
- daz ich bereit was an der stunt. (30)
- und^r in was vil maniger vr6:
- zuo mir s6 zogtens alle dö.
- 846 Ich gie mit vreuden sä zehant, (258,1)
- da ich min orsse verdecket vant
- mit einer decke silberwiz,
- dar an mit howen grözer vltz
- was von meisters hant geleit. (5)
- der meister, der die decke sneit,
- der künde manige spsehen snit,
- da er sin loen wol diente mit.
- 847 Daz ros was starc, snel unde guot.
- dar üf saz ich vil höchgemuot: (lO)
- üf ritterschaft stuont al min ger.
- man fuort da mit mir drlzic sper:
- diu wären elliu silbervar.
- min slogir dacte min antlütz gar,
- dar durch ich doch vil wol gesach. (15)
- nu beeret, waz des tages geschach:
- 848 D6 ich üz miner herberge reit,
- selbe ahte bete sich gekleit
- von Gors der kameraere min:
- sin kleider künden niht gesln (20)
- bezzer, danne si 'wären da.
- er nam mich bl dem zoume sä,
- ze füezen zeumt er mich von dan.
- mit mir reit da manic biderbe man.
- 849 Bi mir was daz gedranc vil gröz. (25)
- die lin da wären niender blöz,
- si säzzen alle vrowen vol:
- 846,4 mit houwen, mit Zuschneiden, mit Schneiderkunst;
- möglich, daß auch die Kunst des Auszackens damit bezeichnet
- werden soll; vgl. zu 508, 3. 846, 4.-8 Icen = Icene (Hs. I5n,
- L. Ion) pl. von Ion, Lohn, Belohnung; der Plural ist allerdings
- selten, kommt aber doch vor.
- 848, 7 füezen, sonst fuozen 771, 1. 773, 7; in jüngerer Zeit
- in diesem Sinne der Singular: zu Fuß.
- WIEN. 281
- ir blic tet mtnem hertzen wol.
- ich sach da vil roanic schoene wip:
- des wart vil höchgemuot mtn lip. (30)
- vrowen schowen sanfte tuot,
- ir grtiezen gibt vil höhen muot.
- 850 Sanft ich durch die stat d6 reit. (259,1)
- wol hundert ritter wol gekleit
- üf schoenen pferden bt mir riten.
- ir kleider wären wol gesniten
- und allez ir gesmlde guot. (5)
- si wären ritterlich gemuot,
- si sungen unde wären vr6,
- seht, dirre sus, der ander so.
- 851 Da bt ouch sehzic ritter riten,
- gewäpent wol nach ritters siten. (lo)
- ir wäpenkleit was wunneclich
- und ir gezimir costerich.
- ir etesltches wäpenkleit
- mit liebte da gegen der sunne streit.
- si wären gezimirt alle wol (15)
- und ritterliches muotes vol.
- 852 Sus kom ich üf daz velt geriten,
- da min vil schöne het gebiten
- der ritterlich gemuot tuomvogt.
- dö er sach, daz ich zuo im zogt, (20)
- der höchgemuot dö alzehant
- den heim sin ze houbet bant
- und nam in sine hant ein sper:
- ze vrowen dienen was sin ger.
- 853 Gezimirt was der biderbe man, (25)
- als ich iu wol gesagen kan:
- ein rüsch von pfänsvedern guot
- fuort üf dem heim der höchgemuot.
- 850, 7 schade, daß uns nicht gesagt ist, welcher Art dieser
- Gesang war ; es ist wohl anzunehmen, dal^ es gemeinsame Chor-
- lieder waren, Marschlieder, gesungene reisenote.
- 853, 3 fg. hier wieder eine genauere Beschreibung eines
- Zimiers. rüsch stf., Busch, ähnlich wie die koste 506, 1, aber
- wie aus V. 6 hervorgeht, bedeutend höher*, daß er mit einem
- elastischen Tuch (rtse) festgebunden wurde, ist zu beachten.
- 282 VENÜSPAHKT 1227.
- den aller hande untugende vlöch.
- diu rüsch was wol eilen hoch, (30)
- gebunden üf den heim sin
- mit einer rtsen guot stdin.
- 854 Der biderbe leit umbe ßre not. (260,i)
- von einem samtt, der was röt,
- was sin wäpenroc gesniten.
- dar an was howen niht vermiten.
- ein isen als ein eychin blat (5)
- der höfsche da mit in howen bat:
- da mit wart er gehouwen gar.
- sin decke was alsam gevar.
- 855 Er warp vast umbe der minnen solt.
- sin schilt was niderthalben golt, (lo)
- daz ober teil was peltzv^ch gar:
- sus truoc den schilt der schänden par.
- sin orsse was snel, starc unde guot.
- er was vil ritterlich gemuot,
- üz ^ren er nie fuoz getrat: (i5)
- daz wart wol schin an maniger stat.
- 856 Von Gors der kameraere min
- sprach: «vrowe, vil edeliu ktinegin,
- hie komt der tuomvogt gegen iu her.
- nu nemt in iwer hant ein sper (20)
- und sitzet vaste: daz ist iu guot.
- er ist vil ritterlich gemuot,
- dar zuo ist er ein starker man:
- sin ritterschaft er vil wol kan.»
- 857 Ich tet, als mich der biderbe hiez: (25)
- ein sper man in die hant min stiez.
- 854, 5 fg. ein uen ist wohl nicht ein einziges Stück Eisen,
- sondern = nhd. Eisen (wie ina Mhd. vielfach der unbestimmte
- Artikel steht, wo wir gar keinen setzen; vgl. Gr. 4, 411); steht
- ein hier, dann heißt es auch ein eichm blat; gesagt soll sein:
- Eisen wie eichene Blätter, eichene Blätter von Eisen. — t/i adv.,
- ein, hinein (in den Stoff des Wappenrocks) ; es heißt hier howen,
- schneiden, trotzdem die aufgesetzten Wappenbilder von Metall
- sind, weil sie auf Rock nnd Decke aufgenäht werden müßen.
- Auf den Schild würden sie geslagen sein; vgl. zu 506, 8.
- 855, 3 vorher schon genauer beschrieben 804, 3.
- WIEN. 28S
- nu was ouch für den tuomvogt komen
- ein ritter het sich für genomen
- (daz was iedoch dem tuomvogt leit):
- ein snellez orsse der biderbe reit: (30)
- von Stier so was er genant
- Gundacker und was wite erkant.
- 858 Der biderbe vaste gegen mir treip: (261,1)
- der tuomvogt dort ouch niht beleip.
- si triben beide enwiderstrit
- gegen mir. des was ouch zit,
- daz ich min orsse mit sporn nam: (5)
- min lip vil vaste da gegen in quam.
- des vordem vaelt ich gerne sä:
- den hindern traf min tyost aldä.
- 859 Da schilt und helme zesamen gät
- und da, den hals daz collir hat (lO)
- beslozen, da traf in min hant,
- s6 daz daz collir wart entrant
- und daz der starke biderbe man
- ein teil sich neigen da. began.
- daz in min tyost niht da vermeit, (15)
- daz was zewär uns beiden leit.
- 860 Sus wart min tyost aldä geriten.
- ob mich ir beider sper da miten?
- 857, 3 fg. wieder eine Constraction diio xoivoC; vgl. 676,2 fg»
- L. bemerkt in den Anmerkungen zu V. 3: «richtiger der tuom-
- vogt; das würde heilten: der Domyogt war hervor gekommen,
- auf dem Platze erschienen; in diesem Falle müßte auch nach
- komen interpungiert werden. Viel lebendiger ist aber die Lesart
- der Hs. : ein Kitter war vor den D. gekommen, hatte ihn über-
- holt, und das Folgende ist eine Variation desselben Gedankens:
- er hatte sich beeilt.
- 858, 7. 8 des vordem: Gundacker von Stier; des hindern:
- der Bomvogt. In v. d. Hagen's Darstellung gerade umgekehrt
- aufgefaßt, natürlich falsch. U. will mit seinem Marschall stechen,
- der andere, Gundacker, ist ihm gleichgültig, er verfehlt ihn mit
- Absicht.
- 859, 4 entrant praet. von en- trennen swv., auftrennen, auf-
- lösen; aus dieser Stelle scheint hervorzugehen, daß das collir
- über dem Panzer getragen wurde; s. zu 222, 7. — 1 da adv.,
- hier, gerade an dieser heiklen Stelle.
- 284 VENUSFAHBT 1227.
- nein, ir tyost also geschach,
- daz iesHcher wol verstach (20)
- sin sper üf mir: daz ist ais6.
- der von Stier der was des vr6,
- daz er von mir ein vingerlln
- verdient da mit der tyoste sin.
- 861 Daz gedranc was also gröz (25)
- üf dem velde, daz mich verdröz.
- si drangen dort, si drungen hie:
- si drangen so, seht, daz ich nie
- moht da gewinnen einen rinc.
- daz was mir doch ein müelich dinc. (30)
- min haneiz maost da sin anlanc:
- mit dringen man mich des bctwanc.
- 862 Den biderben den was gegen mir ger. (262,i)
- vil ofte ir dri ranten her
- mit einander gegen mir:
- s6 gröz was d& ir tyoste gir.
- swanne ich daz sach, gelaabet daz, (5)
- mit kunst ich desto vaster saz.
- swanne ich si sach sas gegen mir varn,
- ich bat min ^re got bewam.
- 863 Mit kunst ich vaste des tages reit,
- d& von der hart mich dk vermeit. (10)
- het ich mit kunst da niht geriten,
- s6 het der hurt mich niht vermiten.
- daz velt was allez ritter vol:
- da wart manic sper verstochen wol
- durch vrowen von der ritter hant, (15)
- und vil manic harnaschrinc entrant.
- 861, 5 rinc stm., im Allgemeinen: der umschloßene, ring-
- förmige Kampfplatz; liier geradezu: Platz, Raum; das Gedränge
- war so groß, daß er keinen rechten Anlauf hatte, deshalb den
- ^uneiz kurz machen mußte.
- 863, 1 ^s muß Komma stehen, nicht Semicolon (L.); auf
- 'kunst liegt der Nachdruck. — 2 da von, deshalb oder auch rel.,
- weshalb. — hurt stm., hier in der bestimmten Bedeutung: das
- Niederreiten, bezw. das Niedergerittenwerden. Bei den zahlreich
- auf ihn einstürmenden Gegnern kam es für U. darauf an, nicht
- blos zu stoßen, sondern auch geschickt zu reiten. Später Str. 895
- «childert er uns einen Reiterkunstgriff.
- WIEN. 286
- 864 D6 ich wol zweinzic sper verstach,
- nu hoeret, waz mir do geschach:
- ein ritter kom da gegen mir,
- der het vil höhe minne gir. (20)
- von Stritwisen min her Kuonrät
- was er genant: vil höhe t&t
- het sin lip durch wip getan:
- er was für war ein biderher man.
- 865 Er treip gein mir vast üf den hurt. (25)
- ein starkez sper der biderbe fuort,
- daz er üf miner brüst verstach,
- daz ez mir durch die blaten brach.
- dö traf ouch in diu tyoste min
- oberhalp des Schildes sin (30)
- an den hals, daz im bekant
- wart ritters vallen üf daz laut.
- 866 Von des biderben mannes val (263,1)
- wart üf dem velde grözer schal.
- ez sprach in spotte maniger sus:
- «warte, wie diu küneginne V^nus
- die ritter stiebet nider hie! (5)
- ich sach bl mlnen zlten nie
- vrowen also vellen man,
- als sl die ritter vellen kan.»
- 867 Dö gab man mir ein ander sper.
- dö kom vil schöne gegen mir her (10)
- voif Totzenbach min her Stfrit.
- wie nähen mir der biderbe rit,
- daz sag ich rehte, als ez geschach.
- sin sper er ritterlich verstach
- und zart mir mit dem schilde sin (15)
- den stüchen von dem röckelln.
- 864, 5 von Stritwisen her Kuonrdt, s. K. S. 675: «jetzt
- ,Streltwiesen' im Viertel ob dem Manhartsberg.»
- 865, 1. 2 hurt: fuort, unreiner Reim, wie -ir und -ier und
- -iht und 'ieht sich binden; bei Knorr 50 fg. nachzutragen. —
- 4 blate swf., Platte, das zum Schutz der Brust über den Ring-
- panzer gelegte Metallstück, wohl meist Eisen; vgl. 1401, 3; auf
- den Bildern nicht zu sehen, weil der Wappenrock darüber liegt.
- 867,8 stäche swm. , ebenso 962,3, der lange und weite
- 286 VBNÜSFAHRT 1227.
- 868 Do vselt ouch sin min tyost niht:
- ich traf in, d& der heim lieht
- gibet den ougen iren schin:
- aldä traf in diu lantze min, (20 j
- also daz al des helmes bant
- gar brästen und daz üf daz lant
- viel der helme, wizzet daz:
- der biderbe ritterlich gesaz.
- 869 Dar n&ch ieh reht niun sper verswant (25)
- vil ritterlich mit miner hant.
- min schilt der was zestochen gar:
- bi mtnen triwen ez ist war:
- er was zestochen dort unde hie,
- daz er wan bi dem riemen hie. (30)
- d6 kom der tuomvogt alzehant,
- den schilt nam er mir von der hant
- 870 Und bant mir abe den heim min. (264,1)
- er sprach: «vil edeliu künegin,
- ich läz iuch hie niht stechen m^r.
- ir habt verstochen drizic sper
- hie: des ist iu alze vil. (5)
- niht mer ich ins gestaten wil.»
- mich nam der höchgemuote man
- sä. bi dem zoom und zoumt mich dan.
- 871 Mit mir er von den leuten reit,
- da ein tepich was nider geleit. (10)
- Aermel am Frauengewand ; im Grunde gehört, wie* wir gesehen
- (zn 473, 2), der Aermel nicht znm Rock, sondern znm Hemde;
- der Rock ist auf Bildern auch vielfach ärmellos ; der stucke da-
- gegen scheint mir zum Rock zu gehören, sobald ein Unterärmel,
- eben ein Hemdärmel, vorhanden ist.
- 868, 3 iren (Hs. tVn, aber in 1754, 6 iren)\ hier schon aus-
- nahmsweise der Gen. ir zum Possessivum geworden. — 4 lantze
- swf., sehr selten für aper von U. gebraucht, wenn es in den Vers
- beßer paßte, wie noch in 927, 7. — 7 helme der Hs. auch von
- L. belaßen, dagegen das e 859, l getilgt, weil metrisch unbequem ;
- helme statt des gewöhnlichen heim stm. ist als swm. anzunehmen.
- 869, 3 zestochen: ze- äußerst selten für zer-,
- 870, 8 zoumt: sonst steht der Umlaut zeumt,
- 871, 1 der Marschall reitet, indem er die Königin am
- Zaume führt, während der Kämmerer bei gleichem Dienste zu
- WIEN. 287
- dar üffe entwäpent ich mich da
- und kleite mich als ein vrowe sä.
- ich wart da schiere wol gekleit
- in kostlichiu vrowen kleit:
- ez wart nie vrowe gekleidet baz, (15)
- üf ein schoene pferd ich saz.
- 872 Ich reit, da, ich tjostiren sach.
- da Uten ritter ungemach:
- mit ritterlicher arcbeit
- vil maniger ungemach da leit. (20)
- man tyostirte dort unde hie:
- vil manic schoenc tyost ergie.
- üf dem velde was grözer krach:
- vil drumzun man da vallen sach.
- 873 Da wart verstochen vil manic sper. (25)
- waz sol ich iu sagen mer,
- wan daz da was schoen ritterspil.
- da wart g^tyostiret vil
- und manic schoenc tyost geriten:
- mit kunst nach ritterlichen siten (30)
- da manic schoen puneiz geschach.
- d6 min Itp des gnuoc gesach,
- 874 Di ritter ich ez läzzen bat: (265,1)
- dö zogt wir sä gar gegen der stat.
- min lip mit zühten was gemeit.
- ein ritter sä d6 zuo mir reit,
- der sprach: «vil edeliu ktinegin, (5)
- iu hat enboten der herre min,
- von Küenringen min her Hademär,
- er welliu dienen siniu jär
- 875 Dar umbe, daz ir hie bitet sin,
- vil hdch gelobtiu künegtn, (lo)
- biz daz sin lip gewäpent sich.
- des hiez er, vrowe, iuch biten mich,
- daz er verstaeche gein iu ein sper
- Fnße ging. Ich beziehe dies auf den militärischen Charakter
- des Marschallamtes, nicht darauf, daß Wolfger von Gors ein
- Dienstnlann, Otte von Lengenbach ein Freiherr war; ygl. zu
- 755, 4. 771, 1.
- 288 VENÜSFAHRT 1227.
- noch hlnt. daz ist des beiden ger.
- swaz iwer wille dar an si, (15)
- daz enbietet im, vrowe wandeis fri.»
- 876 Ich sprach: «nu sagt hern Hademär,
- daz min lip ist htnt mtlede gar:
- daz er daz durch sin faoge tuo
- und sich enthalt unz morgen fruo; (20)
- und wil er danne zehen sper
- verstechen, gern ich in des wer.
- ich weiz wol, er ist s6 wol gemuot,
- daz erz mit guotem willen tuot.»
- 877 Der bot sprach: aedeliu ktlnegin, (25)
- er solz hint gern läzzen stn,
- Sit irs im morgen sit bereit.»
- da, mit der böte von mir reit
- unde sagt hern Hademär,
- swaz ich im enböt mit zühten gar. (30)
- er sprach: «ich hänz wol für guot,
- Sit si ez morgen gerne tuot.»
- 878 Da mit reit ich an minen gemach. (266,1)
- ein rede man dö da von mir sprach,
- diu was mir hertzenlichen leit.
- man sprach: ftdiu küneginne hat verseit
- hern Hademär ir tyoste hie. (5)
- daz tet si für war ritter nie.
- ich W8en, siz dar umbe hat getan,
- daz man des gibt, er minne die man.»
- 879 D6 diu rede also verre quam,
- daz si her Hadmär verham, (lo)
- 875, 6 des helden nach Hs. statt des heldes, wie L. corri-
- giert, frühzeitiges Erscheinen der schwachen Flexion, die viel-
- leicht nom. helde voraussetzt; vgl. helme zu 868, 7.
- 878, 1 beßer mit L. min gemach; vgl. zu 905, 5. 912, 1. —
- 6 ritter dat., einem Ritter. — 8 s. die Anmerk. von Earajan
- S. 675 fg., in der eine Stelle aus Helbling 2, 1002 angeführt
- wird, die besagt, daß im österreichischen Lande keine Sodomiterei
- zu finden sei. Dem scheint doch die Stelle bei U. zu wider-
- sprechen. Wenn auch im concreten Falle das Gerücht unbegründet
- war, so ist doch schon sein Vorhandensein von Bedeutung; ferner
- gedenkt U. dieses Lasters auch in seinem Frauenbuch 640, 201.
- Vgl. auch Schultz, hof. L. 1, 454 fg.
- WIEN. 289
- ir sült für war gelouben daz:
- er wart mir hertzenlich gehaz.
- daz was doch äne die schulde min.
- er sprach: «ez muoz diu künegin
- umbe dise rede geligen nider!» (15)
- des vleiz er sich vil sere sider.
- 880 In miner herberge was ich dö
- und het gemach: min muot stuont hö.
- ein ritter kom zuo mir zehant,
- der iu von mir hie wirt genant: (20)
- von Künegesbrunne der biderbe man
- her Engelschalc, der nie gewan
- deheinen unritterlichen muot:
- er het vor schänden sich behuot.
- 881 Der biderbe tet mir an der stunt (25)
- durch sine zuht vil heinlich kunt,
- daz mir her Hadmär waer gehaz,
- und sagt mir reht gar umbe waz.
- er warnte des durch triuwe mich.
- «her Hademär der hat sich (30)
- vermezzen tiwer, er füege iu leit.
- daz hän ich iu durch guot geseit.»
- 882 Ich sprach: «des mac wol werden rät. (267,1)
- swen er gein mir geschaffen hat
- mit hurt, dem mac da schade geschehen
- als liht als mir: daz läze ich sehen.
- swer mich mit hurt sol riten nider, (5)
- ich tribe min orsse gein im hin wider,
- also daz er liht an der zit
- ze hüffen mit mir nider lit.»
- 883 Doch dancte ich da dem biderben man
- des warnens, des er het getan (lo)
- jnich. da mit schiet er von mir.
- ze ruowen was dö al min gir.
- durch ruowe ich an dem bette lac,
- biz daz mir kom der ander tac.
- 882, 2. 3 schaffen stv., bestimmen, abordnen: wen er (Had-
- mär) als stellvertretenden Kämpfer gegen mich angestellt hat;
- vgl. zu 1583, 1.
- Ulrich von Liechtenstein. I. X9
- 290 VENUSFAHBT 1227.
- dö kleit ich mich und reit von dan: (15)
- mit mir reit dan manic biderbe man.
- 884 Ich het mich aber wol gekleit:
- gein Niwenburc min lip sä reit.
- über die Tuonowe fuor ich da
- und reit enhalp ze Niwenburc sä, (2ü)
- da min wol hundert ritter biten.
- die biderben schöne gegen mir riten:
- si vlizen des mit willen sich,
- daz si da schöne enpfiengen mich.
- 885 Ez was dannoch des morgens fruo: (25)
- mit ritterschaft wir griffen zuo.
- da wart ein schoene ritterspil:
- der ritter was dar körnen vil;
- da von ich sin da fruo began.
- da was vil manic biderbe man: • (30)
- da zimirt maniger wol den l!p
- durch diu vil reinen, süezzen wip.
- 886 Ich was ouch da gezimirt wol. (268,1)
- von reht ich iu nu sagen sol,
- wer da des örsten mit mir stach:
- her Gotfrit von Totzenpach
- was genant der biderbe man. (5)
- sin lip untugende nie gewan:
- er warp umbe vrowen umbevanc,
- vil guotiu liet er von in sanc.
- 887 Dar nach von Stentz her üolrich
- mit mir da tyostirt ritterlich. (lo)
- nach dem her Otte von Ottenstein
- ein sper verstach, daz was niht klein,
- üf mir. dö kom der starke man
- von Kyowe unde rande mich an:
- sin sper er durch den schilt min stach. (15)
- daz man vil verre hört den krach.
- 888 Von Hakenberc der arge Heinrich
- mit mir da stach vil lobelich.
- 884, 2 Niwenhurcy s. K. S. 676 : « das jetzige Kornneuburg
- am linken Donaiuifer.»
- 886, 8 vgl. zu 272, 2.
- KORNNEUBÜRG. 291
- der was an guote gar verzagt,
- und het iedoch sin lip bejagt * (20)
- mit ritterschaft vil höhen pris.
- der karge was an guote wis
- und was ouch manliches hertzen gar.
- diu beidiu diu sint von im w^är.
- 889 Ich nants iu gar wol sunderlich, (?5)
- die da mit mir vil ritterlich
- stächen, wan daz ich weiz wol,
- daz man diu msere kürzen sol,
- swä man mit fuoge immer kan.
- da was manic minne gemder man (30)
- in vrowen dienste schöne kumen:
- die sach man sper mit dyoste drumen.
- 890 Des tages mit tyost mir daz geschach, (269,1)
- daz man mir von den: houbet stach
- für war dristunt den heim min,
- den ich mit snüeren doch sidin
- üf gebunden het vil wol, (5)
- als man die heim binden sol.
- daz ich da von geneigt mich nie,
- des wundert jene, dise unde die.
- 891 Diu ritterschaft wert al den tac,
- daz niemen anders niht da pflac (10)
- wan tyostiren durch diu wip.
- man vant da müeden ritters lip :
- der moht der mine wol einer sin,
- wan ich da durch die vrowen min
- tyostirt unz an den äbent gar. (15)
- des wart ich müede, daz ist war.
- 892 Dö ich wol vierzic sper verstach,
- und daz her Hadmär ersach,
- daz da von müede was min lip,
- kranc für war also ein wip, (20)
- dö tet er ein unhöfsch dinc:
- , er bräht gein mir sä üf den rinc
- 888, 8 Ergänzung nach L.; doch könnte auch, wenn vienv,
- dienitnde (s. 226, 6. 793, 6) möglich ist, gelesen werden: diu
- beidiu sint von im wdr; vgl. 965, 8.
- 19*
- 292 VBNÜSFAHET 1227.
- einen ritter, der mich nider
- solde riten. daz rou in sider.
- 893 Dö man in gegen mir füeren mcli, (25)
- von Küngesbrunne der biderbe sprach,
- her Engelschalc: «vrowe künegin,
- seht, ditz sol der ritter sin,
- der iuch sol niäer riten hie.
- ich gesach so gröze unfuoge nie (30)
- bi minen ziten, daz ist war,
- als si begät her Hademär. »
- 894 Ich sprach: «des mac wol werden rät. (270, i)
- ob er mich hurtes niht erlät,
- so läzze ich iuch daz wol gesehen,
- daz im hie schade mac geschehen
- für war noch baz danne mir. (5)
- daz sült für wä-r gelauben ir,
- ir sült für war wol wizzen daz:
- ich kan den puneiz riten baz.
- 895 Im was gehaz gar min gedanc.
- den puneiz macht ich dö lanc: (lo)
- d6 treip ouch er dö gegen mir her.
- ez was gein im gar al min ger,
- daz ich in koeme twerhes an.
- ich kom ze twirhes an den man
- und traf in mit dem rosse min, (i5)
- so daz da strüchen muost daz sin.
- 896 Ich kom mit hurt so an den man,
- daz ich im von dem satel dan
- reit büsch und ouch den stegereif.
- 895, 5. 6 twerhes adv. gen. von twerch, in der Quere; es
- ist der deutsche Ausdruck für das franz. ze triviers; noch mehr
- entspricht diesem fremden Terminus die Wendung ze ttvirheSf in
- der ze nicht das Uebermaß (zu sehr in der Quere) bezeichnet.
- Das i in twirhs dicht neben twerhes ist auffallend, aber es findet
- sich auch sonst. S. auch Niedner, Turnier S. 45 fg. Was vom
- Turnier gilt, ist ebenso in der Tjost und hier erst recht am
- Platze.
- 896, 3 busch {busch kann es nicht sein) ist nnser: Bausch,
- Pausch. Im mhd. Wb. 1,285 nur diese Stelle «Bausch am
- Sattel», im mhd. Hdwb. übergangen, im d. Wb. 1, 1198: «Wulst
- KOBNNEÜBURG. 293
- wan daz in ein sin vriunt begreif, (20)
- sä do der hurt ergangen was,
- er wsere gevallen an daz gras,
- von Küenringen her Hademär
- bräht einen andern satel dar.
- 897 Den leit man üf daz ros aldä. (25)
- zwei andriu sper gab man uns sä.
- ich däht also : « ez muoz nu sin ,
- daz nim ich üf die triuwe min,
- wir müezen b^de hie nider ligen
- oder unser einer so gesigen, (30)
- daz er die ^re so füeret hin.
- daz ist min muot und ouch min sin.»
- 898 Min orsse treip ich vil vast^ dar. (271,1)
- dö er an mir des wart gewar,
- daz ich in mit hurt da wolde bestän,
- do began so wichen mir der man,
- daz sin gespottet wart genuoc. (5)
- min orsse mich da s6 zuo im truoc,
- daz ich im mit der tyoste min
- stach von dem houbet den heim sin.
- 899 Ich sage iu, wie der biderbe hiez,
- der da den hurt durch vorhte liez: (10)
- von Busenberc was er genant
- her Bope und het den muot gewant
- in vrowen dienest, daz ist war:
- den dient er gern siniu jär
- mit rehten triwen sunder wanc. (15)
- des sol er immer haben danc.
- 900 Nu was der tac ouch nach zergän.
- dö kom gein mir ein höf scher man,
- von Antschowe min her Rüedger.
- des Sattels, torus, siniis sellae» mit Anfahrung nur unserer
- Stelle und dem Zusatz: «noch heute nennen die Sattler solche
- .Erhöhungen Bäusche.n Etwas anders faßt San Marte, Waffen-
- kunde S. 232 das Wort, er erklärt es mit «Polster des vordem
- Sattelbogens», entsprechend dem franz. panel, Sattelkissen.
- 899, 3 Busenberc nach Hs. (L. Buosenherc) , s. K. S. 676,
- wo ein Bernardus de Pusenherge nachgewiesen wird.
- 294 VENUSFAHBT 1227. MISTELBACH.
- stn wäpenroc, sin decke, sin sper (20)
- was allez lichter varbe röt.
- er het umbe ^re gröze not
- in fremden landen ofte erliten
- und manige schoene tyost geriten.
- 901 Diu naht den tac het gar verswant. (25)
- nach grözen lichten ich d6 sant:
- der kom mir üf daz velt gar vil.
- für war ich iu daz sagen wil:
- wir stächen bi des lichtes schin:
- s6 gern dient ich der vrowen min. (30)
- bi dem lieht wir reht sehs sper
- verstächen, ich und her Rüedg^r.
- 902 In mlne herberge zogt ich sä. (272,1)
- fünf unde drizic vingerl da
- gab ich den vil lobelich,
- die si gedienet ritterlich
- heten mit ir kunst also, (5)
- daz da ir drumzun vlugen ho:
- den gab ich allen vingerlin
- mit willen üz der hende min.
- 903 Reht driu unde vierzic^sper
- ich da verstach, unhöfsch ist er, (lO)
- swer des gibt, unde sin si niht.
- von des hant selten ez geschiht;
- da von erz niht gelauben mac.
- ich het gestochen al den tac
- unz in die naht, seht, daz sült ir (15)
- für war wol gelauben mir.
- 904 Ich het die naht da guot gemach,
- des andern tages gein Mistelbach
- ich zogt mit freuden alzehant,
- da ich ouch vrowen dienest vant. (20)
- da wart getyostirt deswär vil,
- daz ich iu kürzlich sagen wil:
- ich verstach da zehen sper,
- und man üf mir da eines m^r.
- 903,3 unde sui st nihf, wenn dessen nicht sei, wenn das
- nicht (wahr) ist.
- FELDSBERG. 295
- 905 Einlef rittern hochgemuot (25)
- gab ich vingerlin, diu wären guot.
- si heten st gedienet wol:
- si wären hohes muotes vol.
- da mit fuor ich an min gemach.
- die naht was ich ze Mistelbach. (30)
- des andern tages reit ich von dan,
- mit mir vil manic biderbe man.
- 906 Zwei hundert ritter oder mer (273,i)
- mit mir danne riten. muotes her
- was vil maniger, der da reit:
- si wären ritterlich gekleit.
- ich was ouch hohes muotes rieh. (5)
- die sträzze zogt ich vil ritterlich,
- diu gegen Velsperc da gie,
- da mich der wirt vil wol enpfie.
- 907 Er was genant min her Cadolt
- von Velsperc: man was im holt . (lo)
- von reht durch sine werdicheit.
- der hoch gemuote gegen mir reit
- mit vierzic rittern lobelich:
- der kleider wären kosterich,
- von meisters banden wol gesntten. (15)
- vil ritterlich si gegen mir riten.
- 908 Ich wart von in enpfangen da
- vil baz danne Sit ofte anderswä.
- der wirt hiez mich mit senften siten
- des vil ztihteclichen biten, (20)
- daz ich dö solde mit im sin.
- er sprach: aez sol diu künegin
- durch zuht ezzen hie min bröt.
- so gern ez ir nie wirt gebot.»
- 909 Ich hiez dem ere gernden sagen, (25)
- daz er der bet solt gar gedagen:
- 907, 1 fg. her Cadolt von Velsherc (heute Feldsberg), s. K.
- S. 676. (V. d. Hagen nennt unrichtig Felsburg, Schloß und
- Städtchen nahe bei Nikolsburg.)
- 908j 8 gehot praet. nicht von gebieten, sondern von bieten
- mit ge- in der Function des Perfects; s. zu 79,2.
- 296 VENUSFAHBT 1227.
- wold ich herberge von lernen nemen,
- diu möht mir von im wol gezemen:
- daz er ez het für übel niht,
- ich naeme die vart von niemen niht (30)
- gar umbe sus (daz wsere war)
- also groz als umb ein här.
- 910 Er sprach: avrowe, ez sol geschehen. (274,i)
- ich wil iuch läzzen vrowen sehen
- von höher art, guot nnde klär,
- in wibes zühten wol gevar.
- die sehent iuch gern, daz weiz ich wol: (5)
- gein iu ich ir geniezen sol,
- s6 daz ir, edeliu künegin,
- durch si geruochet hie bi mir sin.»
- 911 Ich sprach: «ich wil die vrowen sehen
- vil gern, mag ez s6 geschehen, (lO)
- daz ir der herberge mich erlät.
- der wil ich von iu haben rät
- ze disen ztten: daz ist also.»
- des wart der biderbe man unvrö,
- daz ichz im het s6 gar verseit. (15)
- in mine herberge ich d6 reit:
- 912 Da vant ich ritterlich gemach,
- alzehant do daz geschach,
- dö kom für mine herberge dar
- von Liehtenstein min her Dietmar, (20)
- gezimirt schön in wäpenkleit.
- ez het der biderbe an sich geleit
- wäpenkleit vil kosterich,
- von lichter varwe wunneclich.
- 913 Er hielt mit üf geriÄtem sper. (25)
- dö kom gein im min her Wolf kör
- von Gors, der kameraere min.
- deswär der kund ouch niht gesin
- gezimirt baz, denne er da was.
- von tiuwerm manne nie munt gelas, (30)
- 909,6 die vart abs. acc, die Fahrt über, während der
- Fahrt; ebenso 980, 4.
- FELDSBERG. 297
- danne er was: daz ist gar war:
- des het er ^re siniu jär.
- 914 Von im nie bösheit wart vernomen. (275,1)
- man sacli in ritterlichen komen
- als einen man, der tyoste gert:
- der wart oucli er da wol gewert.
- dö in sach komen min her Dietmar (5)
- von Liehtenstein , d6 nam er war,
- daz er den buneiz gegen im rit,
- so daz sin tyost in nih£ vermit.
- 915 Ir beider tyost d6 geriet als6,
- daz da ir drumzen fingen hö: (lO)
- von beiden spercn wart da krach,
- die tyost manic schoene vrowe sach:
- die sähen gern daz ritterspil.
- swer vrowen lop verdienen wil,
- ^ daz muoz geschehen mit arbeit: \ (15)
- * in ist gemach an mannen leit.
- 916 Von disen beiden wart geriten
- manic schoene tyost nach riters siten.
- dö ich ir tyost dk vil gesach,
- min munt üz hohem muote sprach: (20)
- «hie mac niht m^r gemaches sin:
- nu bringe mir her daz harnasch min!
- ich mac ditz niht m^r an gesehen:
- hie muoz ouch tyost von mir geschehen.»
- 917 Dö hiez ich an der selben stunt (25)
- den rittern balde machen kunt,
- swes Up durch vrowen tyoste gert,
- daz er der wurde von mir gewert.
- an der stat manic biderbe man
- gein mir sich wäpen dö began: (30)
- min lip wart ouch gezimirt sä
- d^swär wol ritterlichen da.
- 918 In der stat wart über al (276,1)
- dö von üzzogen grözer schal.
- 915, 3 wiederholt 955, 5.
- 918, 2 uzzogen nach 995, 4 in einem Wort, weil Zusammen-
- setzung = Auszug. —
- 298 VENÜSPAHRT 1227.
- wir zogten üf daz velt zehant,
- da man schoeneÄ vrowen dienest vant.
- den wart gedienet da. also (5)
- daz sin da maniger wart unvrö;
- sin wart ouch maniger höchgemuot:
- diu beidiu vrowen dienest tuot.
- 919 Nu was ouch üz ze velde komen
- ein ritter, von dem man vernomen (lo)
- hat manige ritterliche tat,
- und der den bris vil öffte hat
- behalden, swä man dienen sol
- den vrowen. den dient er s6 wol,
- daz er gedient ir habedanc (15)
- und eteslicher umbevanc.
- 920 Her Sifrit Weise der biderbe man
- was genant, der nie gewan
- deheinen zageltchen muot.
- er was für war ein ritter guot. (20)
- swä man nach hohem brise ranc,
- da wart im ie der habedanc:
- mit ritterlicher arcbeit
- het er verdienet werdicheit.
- 921 Gezimirt üf dem velde hielt (25)
- der biderbe man, der ßren wielt.
- ez het der werde, wol bekant
- ein grözez sper in siner haut:
- da mit wold er tyostirens pflegen.
- do het ouch ich mich tyost bewegen. (30)
- ich und der vil hoch gemuote man
- vil balde ein ander randen an.
- 922 Der puneiz wart envoUen lanc. (277,i)
- her Sifrit Weise des het gedanc,
- daz er da nider staeche mich:
- des selben des gedäJit ouch ich.
- des wart diu toyst da wol geriten (o)
- 4 der Vers verlangt zweisilbigen Auftact; L. schreibt schcen,
- wohl gedacht schcenn, schcenen, weil dienest sonst immer masc.
- ist. Vielleicht deutet schcenez auf schcener. — 8 diu beidiu, die
- beiden (Dinge), dies beides. — tuot, bewirkt.
- i
- FELDSBERG. 29^
- und vselen bedenthalp vermiten.
- diu tyost mit hurt also geschach,
- daz man da schilt, sper bresten sach.
- 923 Diu tyost mit hurt also ergie,
- daz beide schilt und beidiu knie (lO)
- einander ruorten da ein teil,
- so daz diu knie von smerzen meil
- gewunnen und die schilt sich cluben.
- die sprizel von den scheften stuben:
- durch beidiu coUir wart gebort (15)
- vil witiu loch mit speres ort.
- 924 Alle, die di tyost gesehen
- da beten, die hört , man da jehen,
- si wsere vil ritterlich ergän.
- alzehant do rande mich an (20)
- min her Berhtolt der Rebestoc.
- des heim, schilt, decke und wäpenroc
- was geschaechet blä unde golt.
- sin lip het ören vil geholt.
- 925 Sin lip was ofte umbe ere gast. (25)
- sin sper üf minem helme brast,
- so daz der heim lüte erklanc.
- der tyost muost man im wizzen danc.
- ouch fuort der hoch gemuote man
- min sper in sinem schilte dan: (30)
- da schilt und helme zesamen gie,
- min sper da in dem schilte hie.
- 926 Dar nach verstach ich zweinzic sper (278,1)
- vil ritterlich und eines m^r.
- daz eine also verstochen wart,
- 924, 5 her Berhtolt der Rebestoc bei K. nicht erwähnt;
- Haupt weist ihn nach Zeitschr. 7, 168 in einer Urkunde vom
- Jahre 1204. Wenn es derselbe, und nicht etwa der Vater ist,
- dann kann U.'s Gegner kein ganz junger Mann mehr gewesen
- sein; das würde mit V. 8 stimmen; vgl. zu 1073, 6. — 7 ge-
- schcechet part. adj., Terminus der Heraldik: geschacht, gewürfelt,
- in Quadrate getheilt wie ein Schachbret.
- 925, 1 Wendung im Stile Wolfram's: er hospitierte oft,
- wo es sich um Ehre handelte, er fand sich oft bei ehrenvollen
- Ritterspielen ein.
- 300 VENUSFAHRT 1227.
- daz sin schoene tyostlich vart
- da, schaden tet. ich sage iu, wie (5)
- da mit ein schoeniu tyost ergie,
- die ich iedoch niht gern sach.
- nu merket reht, wie diu geschach:
- 927 Ich het in mine hant genomen
- ein starkez sper. d6 sach ich komen (lo)
- von Purstendorf hern Ruopreht
- gegen mir her. d6 was min reht,
- daz ich ouch tribe gegen im dar.
- ich stach im durch sin hamasch gar
- und durch den hals die lanzen min, (15)
- da von sin lip muost vallende sin.
- 928 Hinder daz^orsse er verre viel,
- daz bluot üz siner wunden wiel,
- s6 daz daz gras wart vaste r6t.
- man wänt des wol, daz er waer t6t: (20)
- daz was mir herzenlichen leit;
- von leide ich abe dem velde reit
- in die herberge trüriclich.
- min lip was unmuotes rieh.
- 929 Iedoch genas der biderbe man. (25)
- des andern morgens vruo von dan
- wolt ich vil gerne sin geriten. ■
- d6 hiez mich zühteclichen biten
- der wirt, des lip ie ^re holt,
- von Velsperc min her Cadolt, (30)
- daz ich da ssehe durch höfschen muot
- sin wip und manic vrowen guot.
- 930 Ich sprach: «daz sol durch in geschehen: (279,i)
- ich wil die vrowen gerne sehen.
- ez muoz durch zuht mir wol gezemen.
- ich wil hiut messe bi in vernemen.»
- des wart der böte von herzen vrö: (5)
- alzehant er sagte d6
- dem wirte, daz ich wolde dar.
- des freuten sich die vrowen gar.
- 931 Ez wart von im manic schoene kleit
- gein mir ze vlize sä an geleit. (lo)
- dö kleit ouch ich mich schöne da
- FELDSBEBG. 301
- und reit in hohem muote sä
- üf die burc. da, enpfie man mich
- willeclich: des danct ouch ich
- mit zühten, als daz schöne zam. (15)
- ir gruoz ich willeclich vernam.
- 932 Der wirt mich da vil wol enpfie.
- sin wip, diu hüsvrowe, gein mir gie
- mit vrowen vil ein stiege zetal.
- der kleider vielen manigen val (20)
- abe der stiege her nach dem trit.
- ir guot geberde, ir senfter sit
- und ouch ir minneclicher schin
- tet mir wol in dem hertzen min.
- 933 D6 ich si sach her gegen mir g^n, (25)
- ich wolt durch zuht niht langer sten:
- ich gie vil bilde gegen in dar.
- des smielten al die vrowen gar,
- daz ich ez also bilde an vie
- und ouch in wibes kleidern gie (30)
- und also schoene zöpfe truoc:
- des wart gelachet da genuoc.
- 934 Diu hüsvrowe sprach : a vrowe künegin, (280,1 )
- ir sült mir willekomen sin!»
- des neig ich ir mit zühten da.
- die vrowen gar mich gruozten sä.
- ir einer ich min küssen bot: (5)
- diu wart da von gar rosenrot.
- einer andern ichz do truoc:
- diu wart vor schäm ouch rot genuoc.
- 935 Diu hüsvrowe nam mich bi der hant,
- si wlste mich von danne zehant (lo)
- in eine kirchen wol getan.
- ein schoene messe huob man dö an,
- die man da got ze eren sanc.
- bl mir von vrowen was gedranc.
- 931, 5 unlogische Betonung: die, dann da enpfie nicht nöthig.
- 932, 4 der gen. plur. demonstr. = ir; vgl. 937, 1. — 3 be-
- zieht sich auf die Schleppentracht der Damen. — 6 Hs. gehende,
- war mit L. nach 937, 1 in geberde (aber nicht in gebcerde) zu
- ändern.
- 302 VENUSFAHBT 12i7.
- für w&r ich iu daz sagen wil: (15)
- got wart gedienet da niht vil. .
- 936 Mich het da nach der minne stric
- gevangen und manic süezer blic,
- der da von lichten ougen gie.
- daz mich diu minne da niht vie, (20)
- daz wände niht wan diu stsete min.
- solde ich gevangen immer sin,
- daz het ein vrowe aldä getan,
- het mich min staete si vähen län.
- 937 Der guot gebserde, ir lichter schhi (25)
- brach vaste durch diu ougen min
- mir unz in des herzzen grünt,
- ir rösenvarwen röten munt,
- do ich den gegen mir lachen sach
- und er gein mir so suoze sprach, (3o)
- und wsere min 'stsete mir dö niht komen,
- si hete die sinne mir benomen.
- 938 D6 ich si an von hertzen sach, (281,1)
- diu stsete min sä zuo mir sprach:
- «wie nü? wie nü? waz sol daz sin?
- wem wil du län di vrowen din,
- an der nach got din leben stät (5)
- und diu vil manige tugende hat?
- tuo hin! din muot ist gar enwiht.
- ich gestate dir sölher dinge niht.»
- 939 Do min stsete mich straft also,
- daz heitze min wart gar unfrö, (10)
- daz mir der wanc was da geschehen,
- ich gedäht: «ich wil niht mer an sehen
- ditze wunnecliche wip.
- si hat so minneclichen lip,
- wolde ich si lange sehen an, (lö)
- des müest min staete schaden hän.)»
- 940 Ich warf diu ougen sä von ir
- und gedäht vil herzenlichen mir:
- «ja herre, wes het ich gedäht!
- 936, 1 nach adv. = nahe, beinahe.
- FELDSBEBG. 303
- het mich also in zwivel bräht (20)
- dirre vrowen liehter schin
- gein der vil lieben vrowen min,
- s6 waere unbilde an mir geschehen,
- ich wil si so vast niht mer an seheii.
- 941 Da sint min ougen schuldic an. (25)
- do si mich sach so güetlich an
- und ich erblicte ir röten munt,
- deu ougen min sä an der stunt
- da, liezen ir vil liebten schin
- enmitten in daz hertze min. (30)
- nu enruoche: des sol niht mer geschehen:
- ich läz ez niht mer s6 vrilich sehen.
- *
- 942 Ich sihe wol, wolde volgende sin (282, i)
- min hertze nach den ougen min,
- si rieten im vil lihte, daz
- da von ich immer müeste haz
- in beiden an min ende tragen. (5)
- wie solde ich höhen lön bejagen,
- wolde ich den ougen volgen nach,
- Sit in mit sehen ist so gäch?»
- 943 Min lip hie in gedanken stuont
- gar sinne lös, also die tuont, (10)
- die an diu wip verdenkent sich.
- als het ouch ich verdäht da mich,
- daz ich niht weste, wä ich was,
- biz daz man daz ^wangelje las:
- dö daz ein ander pfaffe huob an, (15)
- da von alr^rst ich mich versan.
- 944 Man sach da [manic] schoene vrowen sten.
- dö ich ze dem opfer wolde gen.
- 941, 7 nu enruoche, Imperativische Wendung: nun kümmere
- dich nicht, sorge dich nicht!; steht wie eine Interjection. —
- 8 laz ez (nach Hs.) beziehe ich auf das Herz (vermittelst der
- Augen); L. änderte läzs == letz si, diu ougen; das scheint aller-
- dings das Richtige, aber Correctur immer gewagt, zumal wegen
- der folgenden Strophe.
- 943, 6 daz nach biz beßer mit L. zu streichen.
- 944, 2 op/er s. zu 536, 3. Die folgende Schilderung gleicht
- der früheren Erzählung.
- 304 VENÜSFAHBT 1227.
- die hüsfrowen hiez ich für mich gän.
- si sprach: «des sult ir mich erlän! (2(
- war koemen danne die zühte min,
- gienge ich vor einer künegin?
- daz wsere an ören mir niht guot:
- ir sült sin haben deheinen muot. »
- 945 Ich gie ze dem opfer schöne sä: (2c
- nach mir gie vil manic vrowe da.
- daz ich den ganc • s6 blide an vie ,
- des wart gelachet dort unde hie.
- min nigen und min umbeswanc
- diu wurden da, envoUen lanc. (3 ;
- ich gie nach blider vrowen sit:
- küm hende breit was da, min trit.
- 946 Swie seine ich gie, swie sanfte ich trat, (283,- >
- ich kom doch wider an die stat,
- da ö gestanden was min lip.
- bi mir stuont da manic schoene wip:
- die wären minneclich gevar. {l •
- dö truoc man mir daz paece dar -
- an einem buoche, daz was guot:
- daz nam ich, als manic vrowe tuot.
- 947 Dö ich daz paece aldä enpfie,
- ich bot ez dort, ich bot ez hie, (K •
- ich bot ez da manic vrowen an,
- der ez deheiniu wol^ enpfän.
- ich bot ez der schoenen willeclich:
- dö sprach diu reine, tugende rieh:
- «ir sült des paeces mich erlän, (li •
- sit man iuch hat für einen man.»
- 945, 3 s. zu 536, 5; U.'s trippelnder Gang erregt Heiterkei',
- Im Gegensatz dazu stand sein ntgen (5), seine Verbeugung v« *
- dem Opfer, und sein umbeswanc s.tm., sein Umschwingen, seil '
- Wendung bei der Rückkehr, die envollen dat. (6) adv. {in volie-i,
- in Fülle), völlig lang wareuv Hierin konnte er seine Manne>
- art nicht verleugnen und dadurch mußte er sich verrathen.
- 946, 6 fg. s. 536, 7. 537, 1. an einem buoche, auf eineüi
- Buche.
- FELDSBEBG. 305
- 948 Diu messe dö schier endet sich:
- d6 sach man urloubes gern mich.
- der wirt und ouch diu hüsvrowe sä
- die bäten mich enptzen da. (20)
- ich sprach: «ich wold iuch gern gewern,
- Sit ichs iuch sihe mit zühten gern;
- wan daz ez hat diu staete min
- verlobt: da von mag ez niht sin.»
- 949 Ich sprach: «ich hän so dise vart (25)
- gevarn, daz ich daz hän bewart,
- daz mir hab iemen iht gegeben
- wan si, der ich wil immer leben.
- diu hat gegeben mir hohen muot.
- si ist mir für ungemüete guot: (30)
- von ir min muot vil höhe stät;
- da von si minen dienest hat.
- 950 Dö nam ich urloup an der stunt. (284,1)
- mich segent da manic süezzer munt.
- si sprächen alle: «vrowe künegin,
- got läzze iuch immer saelic sin!
- swar iwer lip von hinnen var, (5)
- daz iuch der riche Krist bewar ! »
- sus schiet ich von den vrowen dan
- reht als ein hochgemuoter man.
- 951 Do reit ich in die herberge min
- und sant den rittern vingerlin, (lo)
- der drumzen man ze velde vant
- und der tyost het sper verswant.
- der wären zweinzic, daz ist war.
- zwei unde zweinzic sper ich gar
- aldä verstach, daz ist also. (15)
- min lip was mines gelückes vrö.
- 952 Min lip da kürzlich wol enpeiz;
- dar nach ich mich mit willen vleiz,
- daz ich da schöne rit von dan.
- ein niuwe capen leit ich an, (20)
- dar zuo ein niuwez rockelin.
- dö bat ich daz gesinde min,
- daz si schöne riten durch die stat.
- si täten reht, als ich si bat.
- Ulrich yos LiBcaTBVSTxiv. I. 20
- 306 VENÜSFAHKT 1227. THAYA. BÖHMEN.
- c »
- 953 Über die Thye zogt ich zehant (25
- mit freuden in der B^heim lant.
- da, stuont ein owe wunneclich:
- dar in reit ich vil muotes rieh
- und hiez da offenbsere sagen,
- swer da wolde brts durch wlp bejagen, (30
- daz der vil palde wäpent sich.
- dö wäpent ouch ich balde mich.
- 954 Diu mlnen wtzzen wä-penkleit (285,1*
- het ich da schiere an mich geleit
- und stapfte gezimirt für daz holz,
- da mich bestuont ein ritter stolz:
- von Schoenenkirchen Otte er hiez. (5
- der biderbe man des niht enliez,
- dö er mich sach sus gegen im komen,
- ez würde sin orsse mit sporn genomen.
- • 955 Daz treip er vaste gegen mir her.
- er fuort ein wol gewahsen sper, (lo]
- daz sluog er under den arm sin:
- als tet ouch ich zehant daz min.
- von beiden speren wart dk krach:
- die drumzen man vaste stecken sach
- in den Schilden dort unde hie. (15)
- diu tyost.vil ritterlich -ergie.
- 956 Der ritter was ze velde komen
- wol hundert, als ich hän vernomen,
- gezimirt alle ritterlich.
- «wichä herre, wichä, wich! (20)
- lät hie tyostiren durch diu wip
- vil manigen biderben ritters lip!»
- si gähten vaste her gein mir:
- dö het ouch ich ze tyoste gir.
- 953, 1 Thye, auch Ti/e geschrieben, die Thaya. — 2 Beheim
- gen. pl. = Beheime von Beheim stm., der Böhme. [Landes-
- name Böhmen, Behmen dat. pl. Beheimerif Behemen]; zugleich
- ist auch Beheim Landesname; s. 458, 7. B. Gegenwartig gehört
- die Thaya nicht zu Böhmen, sondern zu Mähren. Zu U.'s Zeit
- erstreckte sich das böhmische Reich viel weiter; es umfaßte
- auch Mähren. — 5 offenbeere neben offenbare auch adv. , offen-
- bar, öffentlich.
- IN BÖHMEX. 307
- 957 Ich gert alsam ein vederspil. (25)
- der ritter kom da gegen mir vil.
- ich het durch* vrowen tyoste gir:
- des wart da wol gebüezet mir.
- ir herze het ouch ze tyoste ger:
- si triben vaste gegen mir her. (30)
- vil ofte ir dri da gegen mir riten:
- daz waer durch zuht baz vermiten.
- 958 Des tages manic tyost geschach (286,1)
- gein mir, daz ich si nie gesack
- daz ir dri ofte gegen mir riten,
- daz kom da. von: die biderben striten
- vil vaste umb die tyost gein mir. (5)
- €z wart des tages vil manic banir
- ti mir enzwei gestochen so,
- daz da ir drumzen fingen ho.
- 959 Do ich da funfzehen sper verstach,
- dö kom der vogt von Lengenbach: (lo)
- der tuomvogt s6 was er genant,
- von sinen tugenden wite erkant.
- er kom vil schöne gegen mir her. •
- unser ietwederre da, sin sper
- verstach vil ritterlichen wol. (i5)
- der tuomvogt der was tugende vol.
- 960 Daz wart in manigen landen schin.
- dö er verstach da daz sper sin,
- den heim zehant er abe baut,
- er reit, da er mich haldent vant. (20)
- ich hielt mit üf geworfem sper.
- er sprach: «ich statte iu ditz niht mer.
- 958, 4 mir: banir: dieser Reim beweist nicht die Kürze
- des i in banier, sondern die halb diphthongische, durch die
- silbenbildende Natur des r veranlagte Aussprache des i in mir.
- Hier deutlich, daß mit dem Fahnenspeer tjostiert wurde.
- 960, 5 geworfem = geworfenem (vgl. eime, eim =s einemcy
- «tnm) ;. daneben mit uf gerihtem sper 913, 1; die Wendung daz
- sper üf werfen y in die Höhe heben, steht auch terminologisch
- im Gegensatz zu: daz sper under den arm slahen. — 6 ditz acc.
- bei statten y sfafen,. gestatten, zu dem sonst in der Regel der
- Genetiv tritt, weshalb L. auch dies = dises änderte, zumal
- 20*
- 308 VENÜ8FAHKT 1227.
- nieman so starken lip getruoc,
- er het gestochen nü genuoc.»
- 961 Er zeumt mich bi dem zoume dan: (25)
- den bat ich mir vil ofte län.
- «ich enläzzes iu niht», so sprach er:
- er brach mir üz der hant daz sper.
- er sprach: avil edeliu künegtn,
- ir stilt iwer tyostiren läzen sin. (30^
- durch iwer vrowen ich iuch bit.»
- d6 liez ich ez mit senftem sit.
- 962 Den schilt gab ich dö von der hant, (287, i^
- den heim ich von dem houbet bant:
- den stüchen- von dem röckelin
- warf ich da über daz houbet mtn;
- dar durch ich doch vil wol gesach, (5)
- swä üf dem velde da tyost geschach.
- da wart manic schoene tyost geriten
- mit kunst nach ritterlichen siten.
- 963 Man hört da allenthalben krach:
- von grözen sperni daz geschach. (10^'
- da, ruoft til maniger: «herä her!»
- da vordert ouch vil maniger sper.
- die heim man da vaste bant:
- da nam manic ritter schilt zehant.
- sus würben si umbe werdicheit (15)
- mit ritterlicher arebeit.
- 964 Für war ich iu daz sagen wil:
- sper, schilt, heim gelac da vil;
- üf dem velde hie unde dort
- wart loch durch heim mit tyost gebort (20)
- von der edelen ritter hant.
- eteslichen tyostiraer man vant
- gevallen üf daz grüene gras,
- der des vil ungewon e was.
- auch niht steht; in 178, 5 heißt es auch ich State sin niht, Dei
- Accusativ muß aber auch einmal begonnen haben, was gewiß
- die Nebensätze mit daz veranlaßt und beschleunigt haben werden.
- — 7 fg. auch hier würde wie bei enläzen die ältere Sprache
- gesetzt haben enhet.
- ENDE DER VENÜSFAHBT. ZURÜCK NACH WIEN. 30^
- 965 Ich .wsene wol, den wsere daz leit. (25)
- wan swä der man umbe werdicheit
- wirbet und im missegät,
- des höchgemüet ein ende hat:
- swem wol gelinget, der ist vro.
- umb ritterschaft stät ez also: (30)
- hiute liep, morgen leit;
- diu beidiu diu sint in bereit.
- 966 Do man da, vil vor mir gestach, (288,i)
- der tuomvogt sä dö zuo mir sprach:
- «vrowe, vil edeliu künegin,
- ir sült niht langer bt uns sin.
- Sit iwer vart ist wol volbräht, (5)
- so vart reht, als ir habt gedäht.
- lät iwer gesinde mit mir varn:
- daz wil ich iu vil wol bewarn.»
- 967 Ich fuor, als mir der biderbe riet.
- ich sage iu, wie ich danne schiet; (lo)
- ich gab da niunzehen vingerlin
- hin. dar nach zogt der lip min
- in daz holz: da entwäpent ich
- d^swär vil snellichen mich.
- von mtnem gesinde ich urloup nam (15)
- vil minneclich, als mir daz zam.
- 968 Verholne reit ich sä von dan.
- mit mir reit niemen wan ein man:
- der was des tuomvogtes kneht;
- er was mir holt mit triuwen sieht, (20)
- er hiez von Vrönhoven Kol.
- er künde die sträzze gar alle wol
- gegen Wienen durch daz lant:
- die wären im alle wol bekant.
- 969 Vil balde ich hin ze Wienen quam. (25)
- ein herberge ich verholne nam:
- 965, 8 Ergänzung nach L., doch vgl. zu 888, 8.
- 968, 5 hier der einfache Name, weil Kol noch kneht, Knappe
- ist; später 1495, 2. 1584, 3 heißt er min her Kol, ist also Ritter
- geworden. Er ist in den Dienst des Herzogs Friedrich von
- Oesterreich getreten, der ihn belehnt hat. ü. rühmt ihn sehr.
- 310 DAS GEFOLGE BLEIBT ZÜBÜCK.
- dar inne was ich dri tage.
- na merket reht, waz ich iu sage:
- in der zlt wart mir bereit
- funfzic rittern wäpenkleit, (30 r
- gesniten d^swär meisterlich:
- si wären höher koste rtch.
- 970 D6 ich mich hie bereitent lac, (289,1 =
- nu hoeret, wes min gesinde pflac:
- dö ich dort kom von in geriten,
- min kamersere mit höfschen siten
- nam alzehant diu driu pferde min, (5:
- cappen und diu rockelin:
- üf diu pferde er ez sä leit,
- und swaz dar zuo hört vrowen kleit.
- 971 Uz der owe erz fuort zehant
- hin, da er manigen ritter vant. (lO
- die riten schöne gegen im dar
- und nämen min da alle war.
- dö mich da ir deheiner vant,
- und daz si sähen min gewant
- da ligen üf den pferden min, (15)
- si sprächen: «war ist diu künegln?
- 972 War ist si komen, ja herre, war?»
- die ritter körnen alle dar.
- dö sprach der kameraere min:
- «ez hat min vrowe, diu künegin, (20 1
- döswär vil übel an mir getan:
- si hat mich also hie verlän,
- daz ich niht weiz, war si ist komen.
- des ist mir vreuden vil benomen.
- 973 Disiu pferd und disiu kleit (25,
- hat si hie län: daz ist mir leit.
- ichn weiz, waz ich hie mit tuo:
- da sult ir alle raten zuo.
- füer ichz von hinne, döst missetän:
- sol aber ich ez hie verlän, (30'
- 9^70, 4 das ist wieder der Kammerdiener; der Domvog.
- redet ihn auch mit da an 978, 3.-5 die drei soumer^ s. 483, 1
- ^- 8 (vrowen) kleit gen. = kleide, abh. von swaz.
- DAS GEFOLGE ZÜBÜCK NACH ÖSTERREICH. 311
- SO ratet: wem oder wie.
- des volge ich iu gar allez hie.»
- 974 Dö sprach der tuomvogt höchgemuot: (290,1)
- «knappe kluoc, mich dunket guot,
- daz ir ez hie den varnden gebet
- und schöne in hohem muote lebet.
- iwer vrowe wol ander guot bejagt. (5)
- ist si s6 rieh, als man uns sagt
- und als man an ir koste siht,
- s6 schadet ir diu gäbe niht.»
- 975 Dö sprach der kamersere min:
- aherre, ich wil iu volgent sin.» (10)
- er gab ez gar der vamden diet,
- als im der höchgemuote riet.
- der tuomvogt sich dö alzehant
- des gesindes min gar underwant:
- swaz ich sin het aldä verlä,n, (15)
- daz fuort er mit im allez dan.
- 976 Die ritter alle dö ritterlich
- *
- wider gegen CEsterrich
- zogten über die Tye zehant
- ze Velsperc, da, man dö vant (20)
- von reht einen hochgelebten wirt.
- ist daz guot Wirtschaft öre birt,
- so sol man im immer wesen holt,
- er hiez von Velsperc lier KadoH.
- 977 Der biderbe man des niht enlie, (25)
- die ritter alle er wol enpfie:
- die naht si muosten mit im sin.
- guot sptse, met unde wtn,
- des gäbe er in envoUen gar.
- er was guot wirt da siniu jär: (30)
- er het in guot Wirtschaft da, getä,n.
- des andern tages si riten dan.
- 978 Dö st di sträzze von danne riten, (291,1)
- der tuomvogt sä mit senften siten
- sprach zuo dem kamersere min:
- 974, 3 den varnden, der' varnden diet (978, 3), den Fahrenden,
- dem fahrenden Volke (der Spiellente und Gankler).
- 312 PREIS DER VENUSFAHRT.
- «vriunt, du solt mir sagende sin,
- wie vil din vrowe habe der sper (5'
- üf dirre vart verstochen her.
- daz soltu mir gar rehte sagen,
- die rehten wärheit niht verdagen.»
- 979 Er sprach: «herre, daz sage ich iu:
- driu hundert unde sibeniu (io>
- hat si verstochen üf dirre vart.
- si hat zewär got wol bewart >
- daz ir da her nie misselauc:
- des mac si got wol sagen danc.
- ich wände niht, dö sis began, (l^;
- daz si ez halbez möht hän getan.
- 980 Ich sage iu üf die triwe min:
- si hat zwei hundert vingerlin
- und dannoch eins und sibenzic mtr
- die vart hin gegeben: als manic sper (20
- ist üf ir verstochen gar.
- bi miner wärheit, daz ist war,
- daz ich die vart gesach, daz nie
- si da von geneigt sich ie.
- 981 Si hat vier ritter mit ir hant (21)
- gestochen nider üf daz lant
- mit rehter tyost, daz ist als6.
- si mac wol immer wesen vr6
- der ^ren, der si hat bejägt.
- iu si für war von mir gesagt: (3( i
- ir ist höher muot mit zühten bi.
- got gebe, daz si immer sselic si!»
- 982 1)6 sprach der tuomvogt alzehant: (292,"-
- «got weiz wol, mir wart nie bekant
- dehein vart so rehte ritterlich.
- ob si da von ist ^ren rieh,
- daz sol für wunder niemen hän. (i
- 978, 6 her adv., hier in der Bedeutung: bisher, bis jet2i.
- 980, 7 daz (das erste) muß hier correlativ stehen = swa ,
- venn etwas, was immer auch (ich die Fahrt über gesehen hab€ ■
- 981, 5 bei hejagen sonst der Acc. , hier gen. part. , wei r
- nicht Attraction anzunehmen ist.