- The Project Gutenberg EBook of Phaenomenologie des Geistes, by
- Georg Wilhelm Friedrich Hegel
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- Title: Phaenomenologie des Geistes
- Author: Georg Wilhelm Friedrich Hegel
- Posting Date: November 9, 2012 [EBook #6698]
- Release Date: October, 2004
- First Posted: January 16, 2003
- Language: German
- *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK PHAENOMENOLOGIE DES GEISTES ***
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- Phänomenologie des Geistes
- Georg Wilhelm Friedrich Hegel
- (1807)
- Dieser Band stellt das _werdende Wissen_ dar. Die PhÄnomenologie des
- Geistes soll an die Stelle der psychologischen Erklärungen oder auch
- der abstraktem ErÖrterungen Über die Begründung des Wissens treten.
- Sie betrachtet die _Vorbereitung_ zur Wissenschaft aus einem
- Gesichtspunkte, wodurch sie eine neue, interessante, und die erste
- Wissenschaft der Philosophie ist. Sie faßt die verschiedenen
- _Gestalten des Geistes_ als Stationen des Weges in sich, durch
- welchen er reines Wissen oder absoluter Geist wird. Es wird daher in
- den Hauptabteilungen dieser Wissenschaft, die wieder in mehrere
- zerfallen, das Bewußtsein, das Selbstbewußtsein, die beobachtende und
- handelnde Vernunft, der Geist selbst, als sittlicher, gebildeter und
- moralischer Geist, und endlich als religiöser in seinen
- unterschiedenen Formen betrachtet. Der dem ersten Blicke sich als
- Chaos darbietende Reichtum der Erscheinungen des Geistes ist in eine
- wissenschaftliche Ordnung gebracht, welche sie nach ihrer
- Notwendigkeit darstellt, in der die unvollkommnen sich auflösen und
- in höhere übergehen, welche ihre nächste Wahrheit sind. Die letzte
- Wahrheit finden sie zunächst in der Religion, und dann in der
- Wissenschaft, als dem Resultate des Ganzen.
- Inhalt:
- Vorrede
- Einleitung
- I. Die sinnliche Gewißheit; oder das Diese und das Meinen
- II. Die Wahrnehmung; oder das Ding, und die Täuschung
- III. Kraft und Verstand, Erscheinung und übersinnliche Welt
- IV. Die Wahrheit der Gewißheit seiner selbst
- A. Selbstständigkeit und Unselbstständigkeit des Selbstbewußtseins; Herrschaft und
- Knechtschaft
- B. Freiheit des Selbstbewußtseins; Stoizismus, Skeptizismus und das
- unglückliche Bewußtsein
- V. Gewißheit und Wahrheit der Vernunft
- A. Beobachtende Vernunft
- a. Beobachtung der Natur
- b. Die Beobachtung des Selbstbewußtseins in seiner Reinheit und
- seiner Beziehung auf äußre Wirklichkeit; logische und
- psychologische Gesetze
- c. Beobachtung der Beziehung des Selbstbewußtseins auf seine
- unmittelbare Wirklichkeit; Physiognomik und Schädellehre
- B. Die Verwirklichung des vernünftigen Selbstbewußtseins durch sich
- selbst
- a. Die Lust und die Notwendigkeit
- b. Das Gesetz des Herzens und der Wahnsinn des Eigendünkels
- c. Die Tugend und der Weltlauf
- C. Die Individualität, welche sich an und für sich selbst reell ist
- a. Das geistige Tierreich und der Betrug, oder die Sache selbst
- b. Die gesetzgebende Vernunft
- c. Gesetzprüfende Vernunft
- VI. Der Geist
- A. Der wahre Geist, die Sittlichkeit
- a. Die sittliche Welt, das menschliche und göttliche Gesetz,
- der Mann und das Weib
- b. Die sittliche Handlung, das menschliche und göttliche Wissen, die
- Schuld und das Schicksal
- c. Rechtszustand
- B. Der sich entfremdete Geist; die Bildung
- I. Die Welt des sich entfremdeten Geistes
- a. Die Bildung und ihr Reich der Wirklichkeit
- b. Der Glauben und die reine Einsicht
- II. Die Aufklärung
- a. Der Kampf der Aufklärung mit dem Aberglauben
- b. Die Wahrheit der Aufklärung
- III. Die absolute Freiheit und der Schrecken
- C.Der seiner selbst gewisse Geist. Die Moralität
- a. Die moralische Weltanschauung
- b. Die Verstellung
- c. Das Gewissen, die schöne Seele, das Böse und seine Verzeihung
- VII. Die Religion
- A. Natürliche Religion
- a. Das Lichtwesen
- b. Die Pflanze und das Tier
- c. Der Werkmeister
- B. Die Kunst-Religion
- a. Das abstrakte Kunstwerk
- b. Das lebendige Kunstwerk
- c. Das geistige Kunstwerk
- C. Die offenbare Religion
- VIII. Das absolute Wissen
- Vorrede
- Eine ErklÄrung, wie sie einer Schrift in einer Vorrede nach der
- Gewohnheit vorausgeschickt wird--Über den Zweck, den der Verfasser
- sich in ihr vorgesetzt, sowie über die Veranlassungen und das
- Verhältnis, worin er sie zu andern frühern oder gleichzeitigen
- Behandlungen desselben Gegenstandes zu stehen glaubt--scheint bei
- einer philosophischen Schrift nicht nur überflüssig, sondern um der
- Natur der Sache willen sogar unpassend und zweckwidrig zu sein. Denn
- wie und was von Philosophie in einer Vorrede zu sagen schicklich
- wäre--etwa eine historische _Angabe_ der Tendenz und des Standpunkts,
- des allgemeinen Inhalts und der Resultate, eine Verbindung von hin
- und her sprechenden Behauptungen und Versicherungen über das Wahre--,
- kann nicht für die Art und Weise gelten, in der die philosophische
- Wahrheit darzustellen sei.--Auch weil die Philosophie wesentlich im
- Elemente der Allgemeinheit ist, die das Besondere in sich schließt,
- so findet bei ihr mehr als bei andern Wissenschaften der Schein statt,
- als ob in dem Zwecke oder den letzten Resultaten die Sache selbst
- und sogar in ihrem vollkommenen Wesen ausgedrückt wäre, gegen welches
- die Ausführung eigentlich das Unwesentliche sei. In der allgemeinen
- Vorstellung hingegen, zum Beispiel was Anatomie sei, etwa die
- Kenntnis der Teile des KÖrpers nach ihrem unlebendigen Dasein
- betrachtet, ist man überzeugt, die Sache selbst, den Inhalt dieser
- Wissenschaft, noch nicht zu besitzen, sondern außerdem um das
- Besondere sich bemühen zu müssen.--Ferner ist bei einem solchen
- Aggregate von Kenntnissen, das den Namen Wissenschaft nicht mit Recht
- führt, eine Konversation über Zweck und dergleichen Allgemeinheiten
- nicht von der historischen und begrifflosen Weise verschieden, worin
- von dem Inhalte selbst, diesen Nerven, Muskeln und so fort,
- gesprochen wird. Bei der Philosophie hingegen würde die Ungleichheit
- entstehen, daß von einer solchen Weise Gebrauch gemacht, und diese
- doch von ihr selbst als unfähig, die Wahrheit zu fassen, aufgezeigt
- würde.
- So wird auch durch die Bestimmung des Verhältnisses, das ein
- philosophisches Werk zu andern Bestrebungen über denselben Gegenstand
- zu haben glaubt, ein fremdartiges Interesse hereingezogen, und das,
- worauf es bei der Erkenntnis der Wahrheit ankommt, verdunkelt. So
- fest der Meinung der Gegensatz des Wahren und des Falschen wird, so
- pflegt sie auch entweder Beistimmung oder Widerspruch gegen ein
- vorhandenes philosophisches System zu erwarten, und in einer
- Erklärung über ein solches nur entweder das eine oder das andre zu
- sehen. Sie begreift die Verschiedenheit philosophischer Systeme
- nicht so sehr als die fortschreitende Entwicklung der Wahrheit, als
- sie in der Verschiedenheit nur den Widerspruch sieht. Die Knospe
- verschwindet in dem Hervorbrechen der Blüte, und man könnte sagen,
- daß jene von dieser widerlegt wird, ebenso wird durch die Frucht die
- Blüte für ein falsches Dasein der Pflanze erklärt, und als ihre
- Wahrheit tritt jene an die Stelle von dieser. Diese Formen
- unterscheiden sich nicht nur, sondern verdrängen sich auch als
- unverträglich miteinander. Aber ihre flüssige Natur macht sie
- zugleich zu Momenten der organischen Einheit, worin sie sich nicht
- nur nicht widerstreiten, sondern eins so notwendig als das andere ist,
- und diese gleiche Notwendigkeit macht erst das Leben des Ganzen aus.
- Aber der Widerspruch gegen ein philosophisches System pflegt teils
- sich selbst nicht auf diese Weise zu begreifen, teils auch weiß das
- auffassende Bewußtsein gemeinhin nicht, ihn von seiner Einseitigkeit
- zu befreien oder frei zu erhalten, und in der Gestalt des streitend
- und sich zuwider Scheinenden gegenseitig notwendige Momente zu
- erkennen.
- Die Foderung von dergleichen Erklärungen sowie die Befriedigungen
- derselben scheinen vielleicht das Wesentliche zu betreiben. Worin
- könnte mehr das Innere einer philosophischen Schrift ausgesprochen
- sein als in den Zwecken und Resultaten derselben, und wodurch diese
- bestimmter erkannt werden als durch ihre Verschiedenheit von dem, was
- das Zeitalter sonst in derselben Sphäre hervorbringt? Wenn aber ein
- solches Tun für mehr als für den Anfang des Erkennens, wenn es für
- das wirkliche Erkennen gelten soll, ist es in der Tat zu den
- Erfindungen zu rechnen, die Sache selbst zu umgehen, und dieses
- beides zu verbinden, den Anschein des Ernstes und Bemühens um sie,
- und die wirkliche Ersparung desselben.--Denn die Sache ist nicht in
- ihrem _Zwecke_ erschöpft, sondern in ihrer _Ausführung_, noch ist das
- _Resultat_ das _wirkliche_ Ganze, sondern es zusammen mit seinem
- Werden; der Zweck für sich ist das unlebendige Allgemeine, wie die
- Tendenz das bloße Treiben, das seiner Wirklichkeit noch entbehrt, und
- das nackte Resultat ist der Leichnam, der sie hinter sich gelassen.
- --Ebenso ist die _Verschiedenheit_ vielmehr die _Grenze_ der Sache;
- sie ist da, wo die Sache aufhört, oder sie ist das, was diese nicht
- ist. Solche Bemühungen mit dem Zwecke oder den Resultaten, sowie mit
- den Verschiedenheiten und Beurteilungen des einen und des andern,
- sind daher eine leichtere Arbeit, als sie vielleicht scheinen. Denn
- statt mit der Sache sich zu befassen, ist solches Tun immer über sie
- hinaus, statt in ihr zu verweilen und sich in ihr zu vergessen,
- greift solches Wissen immer nach einem Andern, und bleibt vielmehr
- bei sich selbst, als daß es bei der Sache ist und sich ihr hingibt.
- --Das leichteste ist, was Gehalt und Gediegenheit hat, zu beurteilen,
- schwerer, es zu fassen, das schwerste, was beides vereinigt, seine
- Darstellung hervorzubringen.
- Der Anfang der Bildung und des Herausarbeitens aus der
- Unmittelbarkeit des substantiellen Lebens wird immer damit gemacht
- werden müssen, Kenntnisse allgemeiner Grundsätze und Gesichtspunkte
- zu erwerben, sich nur erst zu dem Gedanken der Sache überhaupt
- heraufzuarbeiten, nicht weniger sie mit Gründen zu unterstützen oder
- zu widerlegen, die konkrete und reiche Fülle nach Bestimmtheiten
- aufzufassen, und ordentlichen Bescheid und ernsthaftes Urteil über
- sie zu erteilen zu wissen. Dieser Anfang der Bildung wird aber
- zunächst dem Ernste des erfüllten Lebens Platz machen, der in die
- Erfahrung der Sache selbst hineinführt, und wenn auch dies noch
- hinzukommt, daß der Ernst des Begriffs in ihre Tiefe steigt, so wird
- eine solche Kenntnis und Beurteilung in der Konversation ihre
- schickliche Stelle behalten.
- Die wahre Gestalt, in welcher die Wahrheit existiert, kann allein das
- wissenschaftliche System derselben sein. Daran mitzuarbeiten, daß
- die Philosophie der Form der Wissenschaft näher komme--dem Ziele,
- ihren Namen der _Liebe_ zum _Wissen_ ablegen zu können und
- _wirkliches Wissen_ zu sein--, ist es, was ich mir vorgesetzt. Die
- innere Notwendigkeit, daß das Wissen Wissenschaft sei, liegt in
- seiner Natur, und die befriedigende Erklärung hierüber ist allein die
- Darstellung der Philosophie selbst. Die äußere Notwendigkeit aber,
- insofern sie, abgesehen von der Zufälligkeit der Person und der
- individuellen Veranlassungen, auf eine allgemeine Weise gefaßt wird,
- ist dasselbe, was die innere, in der Gestalt, wie die Zeit das Dasein
- ihrer Momente vorstellt. Daß die Erhebung der Philosophie zur
- Wissenschaft an der Zeit ist, dies aufzuzeigen würde daher die einzig
- wahre Rechtfertigung der Versuche sein, die diesen Zweck haben, weil
- sie die Notwendigkeit desselben dartun, ja weil sie ihn zugleich
- ausführen würde.
- Indem die wahre Gestalt der Wahrheit in die Wissenschaftlichkeit
- gesetzt wird--oder, was dasselbe ist, indem die Wahrheit behauptet
- wird, an dem _Begriffe_ allein das Element ihrer Existenz zu haben--,
- so weiß ich, daß dies im Widerspruch mit einer Vorstellung und deren
- Folgen zu stehen scheint, welche eine so große Anmaßung als
- Ausbreitung in der Überzeugung des Zeitalters hat. Eine Erklärung
- über diesen Widerspruch scheint darum nicht überflüssig; wenn sie
- auch hier weiter nichts als gleichfalls eine Versicherung, wie das,
- gegen was sie geht, sein kann. Wenn nämlich das Wahre nur in
- demjenigen oder vielmehr nur als dasjenige existiert, was bald
- Anschauung, bald unmittelbares Wissen des Absoluten, Religion, das
- Sein--nicht im Zentrum der göttlichen Liebe, sondern das Sein
- desselben selbst--genannt wird, so wird von da aus zugleich für die
- Darstellung der Philosophie vielmehr das Gegenteil der Form des
- Begriffs gefodert. Das Absolute soll nicht begriffen, sondern
- gefühlt und angeschaut, nicht sein Begriff, sondern sein Gefühl und
- Anschauung sollen das Wort führen und ausgesprochen werden.
- Wird die Erscheinung einer solchen Foderung nach ihrem allgemeinem
- Zusammenhange aufgefaßt, und auf die Stufe gesehen, worauf der
- selbstbewußte Geist gegenwärtig steht, so ist er über das
- substantielle Leben, das er sonst im Elemente des Gedankens führte,
- hinaus,--über diese Unmittelbarkeit seines Glaubens, über die
- Befriedigung und Sicherheit der Gewißheit, welche das Bewußtsein von
- seiner Versöhnung mit dem Wesen und dessen allgemeiner, der innern
- und äußern, Gegenwart besaß. Er ist nicht nur darüber hinausgegangen,
- in das andere Extrem der substanzlosen Reflexion seiner in sich
- selbst, sondern auch über diese. Sein wesentliches Leben ist ihm
- nicht nur verloren, er ist auch dieses Verlustes, und der Endlichkeit,
- die sein Inhalt ist, bewußt. Von den Trebern sich wegwendend, daß
- er im Argen liegt, bekennend und darauf schmähend, verlangt er nun
- von der Philosophie nicht sowohl das _Wissen_ dessen, was er _ist_,
- als zur Herstellung jener Substantialität und der Gediegenheit des
- Seins erst wieder durch sie zu gelangen. Diesem Bedürfnisse soll sie
- also nicht so sehr die Verschlossenheit der Substanz aufschließen,
- und diese zum Selbstbewußtsein erheben--nicht so sehr ihr chaotisches
- Bewußtsein zur gedachten Ordnung und zur Einfachheit des Begriffes
- zurückbringen, als vielmehr die Sonderungen des Gedankens
- zusammenschütten, den unterscheidenden Begriff unterdrücken und das
- Gefühl des Wesens herstellen, nicht sowohl _Einsicht_ als _Erbauung_
- gewähren. Das Schöne, Heilige, Ewige, die Religion und Liebe sind
- der Köder, der gefodert wird, um die Lust zum Anbeißen zu erwecken,
- nicht der Begriff, sondern die Ekstase, nicht die kalt
- fortschreitende Notwendigkeit der Sache, sondern die gärende
- Begeisterung soll die Haltung und fortleitende Ausbreitung des
- Reichtums der Substanz sein.
- Dieser Foderung entspricht die angestrengte und fast eifernd und
- gereizt sich zeigende Bemühung, die Menschen aus der Versunkenheit
- ins Sinnliche, Gemeine und Einzelne herauszureißen und ihren Blick zu
- den Sternen aufzurichten; als ob sie, des Göttlichen ganz vergessend,
- mit Staub und Wasser, wie der Wurm, auf dem Punkte sich zu
- befriedigen stünden. Sonst hatten sie einen Himmel mit weitläufigem
- Reichtume von Gedanken und Bildern ausgestattet. Von allem, was ist,
- lag die Bedeutung in dem Lichtfaden, durch den es an den Himmel
- geknüpft war; an ihm, statt in _dieser_ Gegenwart zu verweilen, glitt
- der Blick über sie hinaus, zum göttlichen Wesen, zu einer, wenn man
- so sagen kann, jenseitigen Gegenwart hinauf. Das Auge des Geistes
- mußte mit Zwang auf das Irdische gerichtet und bei ihm festgehalten
- werden; und es hat einer langen Zeit bedurft, jene Klarheit, die nur
- das Überirdische hatte, in die Dumpfheit und Verworrenheit, worin der
- Sinn des Diesseitigen lag, hineinzuarbeiten, und die Aufmerksamkeit
- auf das Gegenwärtige als solches, welche _Erfahrung_ genannt wurde,
- interessant und geltend zu machen.--Jetzt scheint die Not des
- Gegenteils vorhanden, der Sinn so sehr in das Irdische festgewurzelt,
- daß es gleicher Gewalt bedarf, ihn darüber zu erheben. Der Geist
- zeigt sich so arm, daß er sich, wie in der Sandwüste der Wanderer
- nach einem einfachen Trunk Wasser, nur nach dem dürftigen Gefühle des
- Göttlichen überhaupt für seine Erquickung zu sehnen scheint. An
- diesem, woran dem Geiste genügt, ist die Größe seines Verlustes zu
- ermessen.
- Diese Genügsamkeit des Empfangens oder Sparsamkeit des Gebens ziemt
- jedoch der Wissenschaft nicht. Wer nur die Erbauung sucht, wer seine
- irdische Mannigfaltigkeit des Daseins und des Gedankens in Nebel
- einzuhüllen und nach dem unbestimmten Genusse dieser unbestimmten
- Göttlichkeit verlangt, mag zusehen, wo er dies findet; er wird leicht
- selbst sich etwas vorzuschwärmen und damit sich aufzuspreizen die
- Mittel finden. Die Philosophie aber muß sich hüten, erbaulich sein
- zu wollen.
- Noch weniger muß diese Genügsamkeit, die auf die Wissenschaft
- Verzicht tut, darauf Anspruch machen, daß solche Begeisterung und
- Trübheit etwas Höheres sei als die Wissenschaft. Dieses prophetische
- Reden meint gerade so recht im Mittelpunkte und der Tiefe zu bleiben,
- blickt verächtlich auf die Bestimmtheit (den *Horos*) und hält sich
- absichtlich von dem Begriffe und der Notwendigkeit entfernt, als von
- der Reflexion, die nur in der Endlichkeit hause. Wie es aber eine
- leere Breite gibt, so auch eine leere Tiefe, wie eine Extension der
- Substanz, die sich in endliche Mannigfaltigkeit ergießt, ohne Kraft,
- sie zusammenzuhalten--so ist dies eine gehaltlose Intensität, welche
- als lautere Kraft ohne Ausbreitung sich haltend, dasselbe ist, was
- die Oberflächlichkeit. Die Kraft des Geistes ist nur so groß als
- ihre Äußerung, seine Tiefe nur so tief, als er in seiner Auslegung
- sich auszubreiten und sich zu verlieren getraut.--Zugleich wenn dies
- begrifflose substantielle Wissen die Eigenheit des Selbsts in dem
- Wesen versenkt zu haben und wahr und heilig zu philosophieren vorgibt,
- so verbirgt es sich, daß es, statt dem Gotte ergeben zu sein, durch
- die Verschmähung des Maßes und der Bestimmung vielmehr nur bald in
- sich selbst die Zufälligkeit des Inhalts, bald in ihm die eigne
- Willkür gewähren läßt.--Indem sie sich dem ungebändigten Gären der
- Substanz überlassen, meinen sie, durch die Einhüllung des
- Selbstbewußtseins und Aufgeben des Verstands, die _Seinen_ zu sein,
- denen Gott die Weisheit im Schlafe gibt; was sie so in der Tat im
- Schlafe empfangen und gebären, sind darum auch Träume.
- Es ist übrigens nicht schwer, zu sehen, daß unsre Zeit eine Zeit der
- Geburt und des Übergangs zu einer neuen Periode ist. Der Geist hat
- mit der bisherigen Welt seines Daseins und Vorstellens gebrochen und
- steht im Begriffe, es in die Vergangenheit hinab zu versenken, und in
- der Arbeit seiner Umgestaltung. Zwar ist er nie in Ruhe, sondern in
- immer fortschreitender Bewegung begriffen. Aber wie beim Kinde nach
- langer stiller Ernährung der erste Atemzug jene Allmählichkeit des
- nur vermehrenden Fortgangs abbricht--ein qualitativer Sprung--und
- itzt das Kind geboren ist, so reift der sich bildende Geist langsam
- und stille der neuen Gestalt entgegen, löst ein Teilchen des Baues
- seiner vorgehenden *Welt* nach dem andern auf, ihr Wanken wird nur
- durch einzelne Symptome angedeutet; der Leichtsinn wie die Langeweile,
- die im Bestehenden einreißen, die unbestimmte Ahnung eines
- Unbekannten sind Vorboten, daß etwas anderes im Anzuge ist. Dies
- allmähliche Zerbröckeln, das die Physiognomie des Ganzen nicht
- veränderte, wird durch den Aufgang unterbrochen, der, ein Blitz, in
- einem Male das Gebilde der neuen Welt hinstellt.
- Allein eine vollkommne Wirklichkeit hat dies Neue sowenig als das
- eben geborne Kind; und dies ist wesentlich nicht außer acht zu lassen.
- Das erste Auftreten ist erst seine Unmittelbarkeit oder sein
- Begriff. Sowenig ein Gebäude fertig ist, wenn sein Grund gelegt
- worden, sowenig ist der erreichte Begriff des Ganzen das Ganze selbst.
- Wo wir eine Eiche in der Kraft ihres Stammes und in der Ausbreitung
- ihrer Äste und den Massen ihrer Belaubung zu sehen wünschen, sind wir
- nicht zufrieden, wenn uns an dieser Stelle eine Eichel gezeigt wird.
- So ist die Wissenschaft, die Krone einer Welt des Geistes, nicht in
- ihrem Anfange vollendet. Der Anfang des neuen Geistes ist das
- Produkt einer weitläufigen Umwälzung von mannigfaltigen
- Bildungsformen, der Preis eines vielfach verschlungnen Weges und
- ebenso vielfacher Anstrengung und Bemühung. Er ist das aus der
- Sukzession wie aus seiner Ausdehnung in sich zurückgegangene Ganze,
- der gewordne _einfache Begriff_ desselben. Die Wirklichkeit dieses
- einfachen Ganzen aber besteht darin, daß jene zu Momenten gewordne
- Gestaltungen sich wieder von neuem, aber in ihrem neuen Elemente, in
- dem gewordenen Sinne entwickeln und Gestaltung geben.
- Indem einerseits die erste Erscheinung der neuen Welt nur erst das in
- seine _Einfachheit_ verhüllte Ganze oder sein allgemeiner Grund ist,
- so ist dem Bewußtsein dagegen der Reichtum des vorhergehenden Daseins
- noch in der Erinnerung gegenwärtig. Es vermißt an der neu
- erscheinenden Gestalt die Ausbreitung und Besonderung des Inhalts;
- noch mehr aber vermißt es die Ausbildung der Form, wodurch die
- Unterschiede mit Sicherheit bestimmt und in ihre festen Verhältnisse
- geordnet sind. Ohne diese Ausbildung entbehrt die Wissenschaft der
- allgemeinen *Verständlichkeit*, und hat den Schein, ein esoterisches
- Besitztum einiger Einzelnen zu sein;--ein esoterisches Besitztum:
- denn sie ist nur erst in ihrem Begriffe oder ihr Innres vorhanden;
- einiger Einzelnen: denn ihre unausgebreitete Erscheinung macht ihr
- Dasein zum Einzelnen. Erst was vollkommen bestimmt ist, ist zugleich
- exoterisch, begreiflich, und fähig, gelernt und das Eigentum aller zu
- sein. Die verständige Form der Wissenschaft ist der allen
- dargebotene und für alle gleichgemachte Weg zu ihr, und durch den
- Verstand zum vernünftigen Wissen zu gelangen ist die gerechte
- Foderung des Bewußtseins, das zur Wissenschaft hinzutritt; denn der
- Verstand ist das Denken, das reine Ich überhaupt; und das Verständige
- ist das schon Bekannte und das Gemeinschaftliche der Wissenschaft und
- des unwissenschaftlichen Bewußtseins, wodurch dieses unmittelbar in
- jene einzutreten vermag.
- Die Wissenschaft, die erst beginnt, und es also noch weder zur
- Vollständigkeit des Details noch zur Vollkommenheit der Form gebracht
- hat, ist dem Tadel darüber ausgesetzt. Aber wenn dieser ihr Wesen
- treffen soll, so würde er ebenso ungerecht sein, als es unstatthaft
- ist, die Foderung jener Ausbildung nicht anerkennen zu wollen.
- Dieser Gegensatz scheint der hauptsächlichste Knoten zu sein, an dem
- die wissenschaftliche Bildung sich gegenwärtig zerarbeitet und
- worüber sie sich noch nicht gehörig versteht. Der eine Teil pocht
- auf den Reichtum des Materials und die Verständlichkeit, der andre
- verschmäht wenigstens diese und pocht auf die unmittelbare
- Vernünftigkeit und Göttlichkeit. Wenn auch jener Teil, es sei durch
- die Kraft der Wahrheit allein oder auch durch das Ungestüm des andern,
- zum Stillschweigen gebracht ist, und wenn er in Ansehung des Grunds
- der Sache sich überwältigt fühlte, so ist er darum in Ansehung jener
- Foderungen nicht befriedigt, denn sie sind gerecht, aber nicht
- erfüllt. Sein Stillschweigen gehört nur halb dem Siege, halb aber
- der Langeweile und Gleichgültigkeit, welche die Folge einer beständig
- erregten Erwartung und nicht erfolgten Erfüllung der Versprechungen
- zu sein pflegt.
- In Ansehung des Inhalts machen die andern sich es wohl zuweilen
- leicht genug, eine große Ausdehnung zu haben. Sie ziehen auf ihren
- Boden eine Menge Material, nämlich das schon Bekannte und Geordnete,
- herein, und indem sie sich vornehmlich mit den Sonderbarkeiten und
- Kuriositäten zu tun machen, scheinen sie um so mehr das übrige, womit
- das Wissen in seiner Art schon fertig war, zu besitzen, zugleich auch
- das noch Ungeregelte zu beherrschen, und somit alles der absoluten
- Idee zu unterwerfen, welche hiemit in allem erkannt, und zur
- ausgebreiteten Wissenschaft gediehen zu sein scheint. Näher aber
- diese Ausbreitung betrachtet, so zeigt sie sich nicht dadurch
- zustande gekommen, daß ein und dasselbe sich selbst verschieden
- gestaltet hätte, sondern sie ist die gestaltlose Wiederholung des
- einen und desselben, das nur an das verschiedene Material äußerlich
- angewendet ist, und einen langweiligen Schein der Verschiedenheit
- erhält. Die für sich wohl wahre Idee bleibt in der Tat nur immer in
- ihrem Anfange stehen, wenn die Entwicklung in nichts als in einer
- solchen Wiederholung derselben Formel besteht. Die eine unbewegte
- Form vom wissenden Subjekte an dem Vorhandenen herumgeführt, das
- Material in dies ruhende Element von außenher eingetaucht, dies ist
- so wenig, als willkürliche Einfälle über den Inhalt, die Erfüllung
- dessen, was gefodert wird, nämlich der aus sich entspringende
- Reichtum und sich selbst bestimmende Unterschied der Gestalten. Es
- ist vielmehr ein einfarbiger Formalismus, der nur zum Unterschiede
- des Stoffes, und zwar dadurch kommt, weil dieser schon bereitet und
- bekannt ist.
- Dabei behauptet er diese Eintönigkeit und die abstrakte Allgemeinheit
- für das Absolute; er versichert, daß die Ungenügsamkeit mit ihr eine
- Unfähigkeit sei, sich des absoluten Standpunktes zu bemächtigen und
- auf ihm festzuhalten. Wenn sonst die leere Möglichkeit, sich etwas
- auf eine andere Weise vorzustellen, hinreichte, um eine Vorstellung
- zu widerlegen, und dieselbe bloße Möglichkeit, der allgemeine Gedanke,
- auch den ganzen positiven Wert des wirklichen Erkennens hatte, so
- sehen wir hier ebenso der allgemeinen Idee in dieser Form der
- Unwirklichkeit allen Wert zugeschrieben, und die Auflösung des
- Unterschiedenen und Bestimmten, oder vielmehr das weiter nicht
- entwickelte noch an ihm selbst sich rechtfertigende Hinunterwerfen
- desselben in den Abgrund des Leeren für spekulative Betrachtungsart
- gelten. Irgendein Dasein, wie es im _Absoluten_ ist, betrachten,
- besteht hier in nichts anderem, als daß davon gesagt wird, es sei
- zwar jetzt von ihm gesprochen worden, als von einem Etwas, im
- Absoluten, dem A = A, jedoch gebe es dergleichen gar nicht, sondern
- darin sei alles eins. Dies _eine_ Wissen, daß im Absoluten alles
- gleich ist, der unterscheidenden und erfüllten oder Erfüllung
- suchenden und fodernden Erkenntnis entgegenzusetzen--oder sein
- _Absolutes_ für die Nacht auszugeben, worin, wie man zu sagen pflegt,
- alle Kühe schwarz sind, ist die Naivität der Leere an Erkenntnis.
- --Der Formalismus, den die Philosophie neuerer Zeit verklagt und
- geschmäht, und der sich in ihr selbst wieder erzeugte, wird, wenn
- auch seine Ungenügsamkeit bekannt und gefühlt ist, aus der
- Wissenschaft nicht verschwinden, bis das Erkennen der absoluten
- Wirklichkeit sich über seine Natur vollkommen klar geworden ist.--In
- der Rücksicht, daß die allgemeine Vorstellung, wenn sie dem, was ein
- Versuch ihrer Ausführung ist, vorangeht, das Auffassen der letztern
- erleichtert, ist es dienlich, das Ungefähre derselben hier anzudeuten,
- in der Absicht zugleich, bei dieser Gelegenheit einige Formen zu
- entfernen, deren Gewohnheit ein Hindernis für das philosophische
- Erkennen ist.
- Es kömmt nach meiner Einsicht, welche sich durch die Darstellung des
- Systems selbst rechtfertigen muß, alles darauf an, das Wahre nicht
- als _Substanz_, sondern ebensosehr als _Subjekt_ aufzufassen und
- auszudrücken. Zugleich ist zu bemerken, daß die Substantialität
- sosehr das Allgemeine oder die _Unmittelbarkeit des Wissens_ als
- diejenige, welche _Sein_ oder Unmittelbarkeit _für das_ Wissen ist,
- in sich schließt.--Wenn, Gott als die _eine_ Substanz zu fassen, das
- Zeitalter empörte, worin diese Bestimmung ausgesprochen wurde, so lag
- teils der Grund hievon in dem Instinkte, daß darin das
- Selbstbewußtsein nur untergegangen, nicht erhalten ist, teils aber
- ist das Gegenteil, welches das Denken als Denken festhält, die
- _Allgemeinheit_, dieselbe Einfachheit oder ununterschiedne, unbewegte
- Substantialität, und wenn drittens das Denken das Sein der Substanz
- als solche mit sich vereint und die Unmittelbarkeit oder das
- Anschauen als Denken erfaßt, so kömmt es noch darauf an, ob dieses
- intellektuelle Anschauen nicht wieder in die träge Einfachheit
- zurückfällt, und die Wirklichkeit selbst auf eine unwirkliche Weise
- darstellt.
- Die lebendige Substanz ist ferner das Sein, welches in Wahrheit
- _Subjekt_, oder, was dasselbe heißt, welches in Wahrheit wirklich ist,
- nur insofern sie die Bewegung des Sich-selbst-setzens, oder die
- Vermittlung des Sich-anders-werdens mit sich selbst ist. Sie ist als
- Subjekt die reine _einfache Negativität_, eben dadurch die Entzweiung
- des Einfachen, oder die entgegensetzende Verdopplung, welche wieder
- die Negation dieser gleichgültigen Verschiedenheit und ihres
- Gegensatzes ist; nur diese sich _wiederherstellende_ Gleichheit oder
- die Reflexion im Anderssein in sich selbst--nicht eine
- _ursprüngliche_ Einheit als solche, oder _unmittelbare_ als solche,
- ist das Wahre. Es ist das Werden seiner selbst, der Kreis, der sein
- Ende als seinen Zweck voraussetzt und zum Anfange hat, und nur durch
- die Ausführung und sein Ende wirklich ist.
- Das Leben Gottes und das göttliche Erkennen mag also wohl als ein
- Spielen der Liebe mit sich selbst ausgesprochen werden; diese Idee
- sinkt zur Erbaulichkeit und selbst zur Fadheit herab, wenn der Ernst,
- der Schmerz, die Geduld und Arbeit des Negativen darin fehlt. _An
- sich_ ist jenes Leben wohl die ungetrübte Gleichheit und Einheit mit
- sich selbst, der es kein Ernst mit dem Anderssein und der Entfremdung,
- so wie mit dem Überwinden dieser Entfremdung ist. Aber dies
- _An-sich_ ist die abstrakte Allgemeinheit, in welcher von seiner
- Natur, _für sich zu sein_, und damit überhaupt von der Selbstbewegung
- der Form abgesehen wird. Wenn die Form als dem Wesen gleich
- ausgesagt wird, so ist es eben darum ein Mißverstand, zu meinen, daß
- das Erkennen sich mit dem An-sich oder dem Wesen begnügen, die Form
- aber ersparen könne;--daß der absolute Grundsatz oder die absolute
- Anschauung, die Ausführung des erstern oder die Entwicklung der
- andern entbehrlich mache. Gerade weil die Form dem Wesen so
- wesentlich ist, als es sich selbst, ist es nicht bloß als Wesen, d.h.
- als unmittelbare Substanz, oder als reine Selbstanschauung des
- Göttlichen zu fassen und auszudrücken, sondern ebensosehr als _Form_
- und im ganzen Reichtum der entwickelten Form; dadurch wird es erst
- als Wirkliches gefaßt und ausgedrückt.
- Das Wahre ist das Ganze. Das Ganze aber ist nur das durch seine
- Entwicklung sich vollendende Wesen. Es ist von dem Absoluten zu
- sagen, daß es wesentlich _Resultat_, daß es erst am _Ende_ das ist,
- was es in Wahrheit ist; und hierin eben besteht seine Natur,
- Wirkliches, Subjekt, oder Sich-selbst-werden, zu sein. So
- widersprechend es scheinen mag, daß das Absolute wesentlich als
- Resultat zu begreifen sei, so stellt doch eine geringe Überlegung
- diesen Schein von Widerspruch zurecht. Der Anfang, das Prinzip, oder
- das Absolute, wie es zuerst und unmittelbar ausgesprochen wird, ist
- nur das Allgemeine. Sowenig, wenn ich sage: _alle_ Tiere, dies Wort
- für eine Zoologie gelten kann, ebenso fällt es auf, daß die Worte des
- Göttlichen, Absoluten, Ewigen u.s.w. das nicht aussprechen, was darin
- enthalten ist;--und nur solche Worte drücken in der Tat die
- Anschauung als das Unmittelbare aus. Was mehr ist, als ein solches
- Wort, der Übergang auch nur zu einem Satze, ist _ein Anderswerden_,
- das zurückgenommen werden muß, ist eine Vermittlung. Diese aber ist
- das, was perhorresziert wird, als ob dadurch, daß mehr aus ihr
- gemacht wird denn nur dies, daß sie nichts Absolutes und im Absoluten
- gar nicht sei, die absolute Erkenntnis aufgegeben wäre.
- Dies Perhorreszieren stammt aber in der Tat aus der Unbekanntschaft
- mit der Natur der Vermittlung und des absoluten Erkennens selbst.
- Denn die Vermittlung ist nichts anders als die sich bewegende
- Sichselbstgleichheit, oder sie ist die Reflexion in sich selbst, das
- Moment des fürsichseienden ich, die reine Negativität oder das
- _einfache Werden_. Das Ich, oder das Werden überhaupt, dieses
- Vermitteln ist um seiner Einfachheit willen eben die werdende
- Unmittelbarkeit und das Unmittelbare selbst.--Es ist daher ein
- Verkennen der Vernunft, wenn die Reflexion aus dem Wahren
- ausgeschlossen und nicht als positives Moment des Absoluten erfaßt
- wird. Sie ist es, die das Wahre zum Resultate macht, aber diesen
- Gegensatz gegen sein Werden ebenso aufhebt, denn dies Werden ist
- ebenso einfach und daher von der Form des Wahren, im Resultate sich
- als _einfach_ zu zeigen, nicht verschieden; es ist vielmehr eben dies
- Zurückgegangensein in die Einfachheit.--Wenn der Embryo wohl _an
- sich_ Mensch ist, so ist er es aber nicht _für sich_; für sich ist er
- es nur als gebildete Vernunft, die sich zu dem _gemacht_ hat, was sie
- _an sich_ ist. Dies erst ist ihre Wirklichkeit. Aber dies Resultat
- ist selbst einfache Unmittelbarkeit, denn es ist die selbstbewußte
- Freiheit, die in sich selbst ruht, und den Gegensatz nicht auf die
- Seite gebracht hat und ihn da liegen läßt, sondern mit ihm versöhnt
- ist.
- Das Gesagte kann auch so ausgedrückt werden, daß die Vernunft das
- _zweckmäßige Tun_ ist. Die Erhebung der vermeinten Natur über das
- mißkannte Denken, und zunächst die Verbannung der äußern
- Zweckmäßigkeit hat die Form des _Zwecks_ überhaupt in Mißkredit
- gebracht. Allein, wie auch Aristoteles die Natur als das zweckmäßige
- Tun bestimmt, der Zweck ist das Unmittelbare, das Ruhende, welches
- selbst bewegend oder Subjekt ist. Seine abstrakte Kraft zu bewegen
- ist das _Für-sich-sein_ oder die reine Negativität. Das Resultat ist
- nur darum dasselbe, was der Anfang, weil der Anfang Zweck ist;--oder
- das Wirkliche ist nur darum dasselbe, was sein Begriff, weil das
- Unmittelbare als Zweck das Selbst oder die reine Wirklichkeit in ihm
- selbst hat. Der ausgeführte Zweck oder das daseiende Wirkliche ist
- die Bewegung und das entfaltete Werden; eben diese Unruhe aber ist
- das Selbst; und jener Unmittelbarkeit und Einfachheit des Anfangs ist
- es darum gleich, weil es das Resultat, das in sich Zurückgekehrte,
- --das in sich Zurückgekehrte aber eben das Selbst, und das Selbst die
- sich auf sich beziehende Gleichheit und Einfachheit ist.
- Das Bedürfnis, das Absolute als _Subjekt_ vorzustellen, bediente sich
- der Sätze: _Gott_ ist das Ewige, oder die moralische Weltordnung oder
- die Liebe u.s.f. In solchen Sätzen ist das Wahre nur geradezu als
- Subjekt gesetzt, nicht aber als die Bewegung des sich
- In-sich-selbst-reflektierens dargestellt. Es wird in einem Satze der
- Art mit dem Worte: _Gott_ angefangen. Dies für sich ist ein
- sinnloser Laut, ein bloßer Name; erst das Prädikat sagt, _was er ist_,
- ist seine Erfüllung und Bedeutung; der leere Anfang wird nur in
- diesem Ende ein wirkliches Wissen. Insofern ist nicht abzusehen,
- warum nicht vom Ewigen, der moralischen Weltordnung u.s.f., oder, wie
- die Alten taten, von reinen Begriffen, dem Sein, dem Einen u.s.f.,
- von dem, was die Bedeutung ist, allein gesprochen wird, ohne den
- sinnlosen Laut noch hinzuzufügen. Aber durch dies Wort wird eben
- bezeichnet, daß nicht ein Sein oder Wesen oder Allgemeines überhaupt,
- sondern ein in sich Reflektiertes, ein Subjekt gesetzt ist. Allein
- zugleich ist dies nur antizipiert. Das Subjekt ist als fester Punkt
- angenommen, an den als ihren Halt die Prädikate geheftet sind, durch
- eine Bewegung, die dem von ihm Wissenden angehört, und die auch nicht
- dafür angesehen wird, dem Punkte selbst anzugehören; durch sie aber
- wäre allein der Inhalt als Subjekt dargestellt. In der Art, wie
- diese Bewegung beschaffen ist, kann sie ihm nicht angehören; aber
- nach Voraussetzung jenes Punkts kann sie auch nicht anders beschaffen,
- kann sie nur äußerlich sein. Jene Antizipation, daß das Absolute
- Subjekt ist, ist daher nicht nur nicht die Wirklichkeit dieses
- Begriffs, sondern macht sie sogar unmöglich, denn jene setzt ihn als
- ruhenden Punkt, diese aber ist die Selbstbewegung.
- Unter mancherlei Folgerungen, die aus dem Gesagten fließen, kann
- diese herausgehoben werden, daß das Wissen nur als Wissenschaft oder
- als _System_ wirklich ist und dargestellt werden kann. Daß ferner
- ein sogenannter Grundsatz oder Prinzip der Philosophie, wenn es wahr
- ist, schon darum auch falsch ist, weil er Grundsatz oder Prinzip ist.
- --Es ist deswegen leicht, ihn zu widerlegen. Die Widerlegung besteht
- darin, daß sein Mangel aufgezeigt wird; mangelhaft aber ist er, weil
- er nur das Allgemeine oder Prinzip, der Anfang, ist. Ist die
- Widerlegung gründlich, so ist sie aus ihm selbst genommen und
- entwickelt,--nicht durch entgegengesetzte Versicherungen und Einfälle
- von außen her bewerkstelligt. Sie würde also eigentlich seine
- Entwicklung und somit die Ergänzung seiner Mangelhaftigkeit sein,
- wenn sie sich nicht darin verkännte, daß sie ihre _negative_ Seite
- allein beachtet, und ihres Fortgangs und Resultates nicht auch nach
- seiner _positiven_ Seite bewußt wird.--Die eigentliche _positive_
- Ausführung des Anfangs ist zugleich umgekehrt ebensosehr ein
- negatives Verhalten gegen ihn, nämlich gegen seine einseitige Form,
- erst _unmittelbar_ oder _Zweck_ zu sein. Sie kann somit ebensosehr
- als die Widerlegung desjenigen genommen werden, was den _Grund_ des
- Systems ausmacht, besser aber als ein Aufzeigen, daß der _Grund_ oder
- das Prinzip des Systems in der Tat nur sein _Anfang_ ist.
- Daß das Wahre nur als System wirklich, oder daß die Substanz
- wesentlich Subjekt ist, ist in der Vorstellung ausgedrückt, welche
- das Absolute als _Geist_ ausspricht,--der erhabenste Begriff, und der
- der neuern Zeit und ihrer Religion angehört. Das Geistige allein ist
- das _Wirkliche_; es ist das Wesen oder _An-sich-seiende_,--das sich
- _Verhaltende_ oder Bestimmte, das _Anderssein_ und
- _Für-sich-sein_--und in dieser Bestimmtheit oder seinem
- Außer-sich-sein in sich selbst Bleibende;--oder es ist _an und für
- sich_.--Dies An-und-für-sich-sein aber ist es erst für uns oder _an
- sich_, oder es ist die geistige _Substanz_. Es muß dies auch _für
- sich selbst_--muß das Wissen von dem Geistigen und das Wissen von
- sich als dem Geiste sein; das heißt, es muß sich als _Gegenstand_
- sein, aber ebenso unmittelbar als _vermittelter_, das heißt
- aufgehobener, in sich reflektierter Gegenstand. Er ist _für sich_
- nur für uns, insofern sein geistiger Inhalt durch ihn selbst erzeugt
- ist; insofern er aber auch für sich selbst für sich ist, so ist
- dieses Selbsterzeugen, der reine Begriff, ihm zugleich das
- gegenständliche Element, worin er sein Dasein hat; und er ist auf
- diese Weise in seinem Dasein für sich selbst in sich reflektierter
- Gegenstand.--Der Geist, der sich so als Geist weiß, ist die
- _Wissenschaft_. Sie ist seine Wirklichkeit und das Reich, das er
- sich in seinem eigenen Elemente erbaut.
- Das reine Selbsterkennen im absoluten Anderssein, dieser Äther _als
- solcher_, ist der Grund und Boden der Wissenschaft oder das _Wissen
- im Allgemeinen_. Der Anfang der Philosophie macht die Voraussetzung
- oder Foderung, daß das Bewußtsein sich in diesem Elemente befinde.
- Aber dieses Element hat seine Vollendung und Durchsichtigkeit selbst
- nur durch die Bewegung seines Werdens. Es ist die reine Geistigkeit,
- oder das Allgemeine, das die Weise der einfachen Unmittelbarkeit hat.
- Weil es die Unmittelbarkeit des Geistes, weil die Substanz überhaupt
- der Geists ist, ist sie die _verklärte Wesenheit_, die Reflexion, die
- selbst einfach oder die Unmittelbarkeit ist, das Sein, das die
- Reflexion in sich selbst ist. Die Wissenschaft von ihrer Seite
- verlangt vom Selbstbewußtsein, daß es in diesen Äther sich erhoben
- habe, um mit ihr und in ihr leben zu können und zu leben. Umgekehrt
- hat das Individuum das Recht zu fodern, daß die Wissenschaft ihm die
- Leiter wenigstens zu diesem Standpunkte reiche. Sein Recht gründet
- sich auf seine absolute Selbstständigkeit, die es in jeder Gestalt
- seines Wissens zu besitzen weiß, denn in jeder, sei sie von der
- Wissenschaft anerkannt oder nicht, und der Inhalt sei welcher er
- wolle, ist es die absolute Form zugleich oder hat die _unmittelbare
- Gewißheit_ seiner selbst; und, wenn dieser Ausdruck vorgezogen würde,
- damit unbedingtes _Sein_. Wenn der Standpunkt des Bewußtseins, von
- gegenständlichen Dingen im Gegensatze gegen sich selbst und von sich
- selbst im Gegensatze gegen sie zu wissen, der Wissenschaft als das
- _Andre_ gilt--das, worin es bei sich selbst ist, vielmehr als der
- Verlust des Geistes--, so ist ihm dagegen das Element der
- Wissenschaft eine jenseitige Ferne, worin es nicht mehr sich selbst
- besitzt. Jeder von diesen beiden Teilen scheint für den andern das
- Verkehrte der Wahrheit zu sein. Daß das natürliche Bewußtsein sich
- der Wissenschaft unmittelbar anvertraut, ist ein Versuch, den es, es
- weiß nicht von was angezogen, macht, auch einmal auf dem Kopfe zu
- gehen; der Zwang, diese ungewohnte Stellung anzunehmen und sich in
- ihr zu bewegen, ist eine so unvorbereitete als unnötig scheinende
- Gewalt, die ihm angemutet wird, sich anzutun.--Die Wissenschaft sei
- an ihr selbst, was sie will, im Verhältnisse zum unmittelbaren
- Selbstbewußtsein stellt sie sich als ein Verkehrtes gegen es dar,
- oder weil das unmittelbare Selbstbewußtsein das Prinzip der
- Wirklichkeit ist, trägt sie, indem es für sich außer ihr ist, die
- Form der Unwirklichkeit. Sie hat darum jenes Element mit ihr zu
- vereinigen, oder vielmehr zu zeigen, daß und wie es ihr selbst
- angehört. Der Wirklichkeit entbehrend, ist sie nur das _An-sich_,
- der _Zweck_, der erst noch ein _Innres_, nicht als Geist, nur erst
- geistige Substanz ist. Sie hat sich zu äußern und für sich selbst zu
- werden, dies heißt nichts anders als: sie hat das Selbstbewußtsein
- als eins mit sich zu setzen.
- Dies Werden der _Wissenschaft überhaupt_, oder des _Wissens_, ist es,
- was diese _Phänomenologie_ des Geistes, als der erste Teil des
- Systems derselben, darstellt. Das Wissen, wie es zuerst ist, oder
- der _unmittelbare Geist_ ist das Geistlose, oder ist das _sinnliche
- Bewußtsein_. Um zum eigentlichen Wissen zu werden, oder das Element
- der Wissenschaft, was ihr reiner Begriff ist, zu erzeugen, hat er
- durch einen langen Weg sich hindurchzuarbeiten.--Dieses Werden, wie
- es in seinem Inhalte und den Gestalten, die sich in ihm zeigen,
- aufgestellt ist, erscheint als etwas anderes denn als die Anleitung
- des unwissenschaftlichen Bewußtseins zur Wissenschaft; auch etwas
- anderes als die Begründung der Wissenschaft;--so ohnehin, als die
- Begeisterung, die wie aus der Pistole mit dem absoluten Wissen
- unmittelbar anfängt, und mit andern Standpunkten dadurch schon fertig
- ist, daß sie keine Notiz davon zu nehmen erklärt.
- Die Aufgabe aber, das Individuum von seinem ungebildeten Standpunkte
- aus zum Wissen zu führen, war in ihrem allgemeinen Sinn zu fassen,
- und das allgemeine Individuum, der Weltgeist, in seiner Bildung zu
- betrachten.--Was das Verhältnis beider betrifft, so zeigt sich in dem
- allgemeinen Individuum jedes Moment, wie es die konkrete Form und
- eigne Gestaltung gewinnt. Das besondre Individuum aber ist der
- unvollständige Geist, eine konkrete Gestalt, deren ganzes Dasein
- _einer_ Bestimmtheit zufällt, und worin die andern nur in vermischten
- Zügen vorhanden sind. In dem Geiste, der höher steht als ein anderer,
- ist das niedrigere konkrete Dasein zu einem unscheinbaren Momente
- herabgesunken; was vorher die Sache selbst war, ist nur noch eine
- Spur; ihre Gestalt ist eingehüllt und eine einfache Schattierung
- geworden. Diese Vergangenheit durchläuft das Individuum, dessen
- Substanz der höherstehende Geist ist, auf die Art, wie der eine
- höhere Wissenschaft vornimmt, die Vorbereitungskenntnisse, die er
- längst innehat, um sich ihren Inhalt gegenwärtig zu machen, durchgeht;
- er ruft die Erinnerung desselben zurück, ohne darin sein Interesse
- und Verweilen zu haben. So durchlauft jeder einzelne auch die
- Bildungsstufen des allgemeinen Geistes, aber als vom Geiste schon
- abgelegte Gestalten, als Stufen eines Wegs, der ausgearbeitet und
- geebnet ist; wie wir in Ansehung der Kenntnisse das, was in frühern
- Zeitaltern den reifen Geist der Männer beschäftigte, zu Kenntnissen,
- Übungen und selbst Spielen des Knabensalters herabgesunken sehen, und
- in dem pädagogischen Fortschreiten die wie im Schattenrisse
- nachgezeichnete Geschichte der Bildung der Welt erkennen werden.
- Dies vergangne Dasein ist schon erworbnes Eigentum des allgemeinen
- Geistes, der die Substanz des Individuums oder seine unorganische
- Natur ausmacht.--Die Bildung des Individuums in dieser Rücksicht
- besteht, von seiner Seite aus betrachtet, darin, daß es dies
- Vorhandne erwerbe, seine unorganische Natur in sich zehre und für
- sich in Besitz nehme. Dies ist aber ebensosehr nichts anders, als
- daß der allgemeine Geist oder die Substanz sich ihr Selbstbewußtsein
- gibt, oder ihr Werden und Reflexion in sich.
- Die Wissenschaft stellt diese bildende Bewegung sowohl in ihrer
- Ausführlichkeit und Notwendigkeit, als das, was schon zum Momente und
- Eigentum des Geists herabgesunken ist, in seiner Gestaltung dar. Das
- Ziel ist die Einsicht des Geistes in das, was das Wissen ist. Die
- Ungeduld verlangt das Unmögliche, nämlich die Erreichung des Ziels
- ohne die Mittel. Einesteils ist die _Länge_ dieses Wegs zu ertragen,
- denn jedes Moment ist notwendig,--andernteils bei jedem sich zu
- _verweilen_, denn jedes ist selbst eine individuelle ganze Gestalt,
- und wird nur absolut betrachtet, insofern seine Bestimmtheit als
- Ganzes oder Konkretes, oder das Ganze in der Eigentümlichkeit dieser
- Bestimmung betrachtet wird.--Weil die Substanz des Individuums, weil
- der Weltgeist die Geduld gehabt, diese Formen in der langen
- Ausdehnung der Zeit zu durchgehen und die ungeheure Arbeit der
- Weltgeschichte zu übernehmen, und weil er durch keine geringere das
- Bewußtsein über sich erreichen konnte, so kann zwar das Individuum
- nicht mit weniger seine Substanz begreifen. Inzwischen hat es
- zugleich geringere Mühe, weil _an sich_ dies vollbracht,--der Inhalt
- schon die zur Möglichkeit getilgte Wirklichkeit und die bezwungne
- Unmittelbarkeit ist. Schon ein _Gedachtes_, ist er Eigentum der
- Individualität; es ist nicht mehr das _Dasein_ in das _An-sich-sein_,
- sondern nur _das An-sich_ in die Form des _Für-sich_-seins umzukehren,
- dessen Art näher zu bestimmen ist.
- Was dem Individuum an dieser Bewegung erspart ist, ist das Aufheben
- des _Daseins_; was aber noch übrig ist, ist die _Vorstellung_ und die
- _Bekanntschaft_ mit den Formen. Das in die Substanz zurückgenommne
- Dasein ist durch jene erste Negation nur erst _unmittelbar_ in das
- Element des Selbsts versetzt; es hat also noch denselben Charakter
- der unbegriffnen Unmittelbarkeit oder unbewegten Gleichgültigkeit als
- das Dasein selbst, oder es ist nur in die _Vorstellung_ übergegangen.
- --Zugleich ist es dadurch ein _Bekanntes_, ein solches, mit dem der
- Geist fertig geworden, worin daher seine Tätigkeit und somit sein
- Interesse nicht mehr ist. Wenn die Tätigkeit, die mit dem Dasein
- fertig wird, die unmittelbare oder daseiende Vermittlung, und hiemit
- die Bewegung nur des besondern sich nicht begreifenden Geistes ist,
- so ist dagegen das Wissen gegen die hiedurch zustande gekommne
- Vorstellung, gegen dies Bekanntsein gerichtet, ist das Tun des
- allgemeinen Selbsts und das Interesse des Denkens.
- Das Bekannte überhaupt ist darum, weil es _bekannt_ ist, nicht
- erkannt. Es ist die gewöhnlichste Selbsttäuschung wie Täuschung
- anderer, beim Erkennen etwas als bekannt vorauszusetzen, und es sich
- ebenso gefallen zu lassen; mit allem Hin- und Herreden kommt solches
- Wissen, ohne zu wissen, wie ihm geschieht, nicht von der Stelle. Das
- Subjekt und Objekt u.s.f., Gott, Natur, der Verstand, die
- Sinnlichkeit u.s.f. werden unbesehen als bekannt und als etwas
- Gültiges zugrunde gelegt und machen feste Punkte sowohl des Ausgangs
- als der Rückkehr aus. Die Bewegung geht zwischen ihnen, die unbewegt
- bleiben, hin und her, und somit nur auf ihrer Oberfläche vor. So
- besteht auch das Auffassen und Prüfen darin, zu sehen, ob jeder das
- von ihnen Gesagte auch in seiner Vorstellung findet, ob es ihm so
- scheint und bekannt ist oder nicht.
- Das _Analysieren_ einer Vorstellung, wie es sonst getrieben worden,
- war schon nichts anderes als das Aufheben der Form ihres Bekanntseins.
- Eine Vorstellung in ihre ursprünglichen Elemente auseinanderlegen,
- ist das Zurückgehen zu ihren Momenten, die wenigstens nicht die Form
- der vorgefundenen Vorstellung haben, sondern das unmittelbare
- Eigentum des Selbsts ausmachen. Diese Analyse kömmt zwar nur zu
- _Gedanken_, welche selbst bekannte, feste und ruhende Bestimmungen
- sind. Aber ein wesentliches Moment ist dies _Geschiedne_,
- Unwirkliche selbst; denn nur darum, daß das Konkrete sich scheidet
- und zum Unwirklichen macht, ist es das sich Bewegende. Die Tätigkeit
- des Scheidens ist die Kraft und Arbeit des _Verstandes_, der
- verwundersamsten und größten, oder vielmehr der absoluten Macht. Der
- Kreis, der in sich geschlossen ruht, und als Substanz seine Momente
- hält, ist das unmittelbare und darum nicht verwundersame Verhältnis.
- Aber daß das von seinem Umfange getrennte Akzidentelle als solches,
- das gebundne und nur in seinem Zusammenhange mit anderm Wirkliche ein
- eigenes Dasein und abgesonderte Freiheit gewinnt, ist die ungeheure
- Macht des Negativen; es ist die Energie des Denkens, des reinen Ichs.
- Der Tod, wenn wir jene Unwirklichkeit so nennen wollen, ist das
- Furchtbarste, und das Tote festzuhalten das, was die größte Kraft
- erfodert. Die kraftlose Schönheit haßt den Verstand, weil er ihr
- dies zumutet, was sie nicht vermag. Aber nicht das Leben, das sich
- vor dem Tode scheut und von der Verwüstung rein bewahrt, sondern das
- ihn erträgt und in ihm sich erhält, ist das Leben des Geistes. Er
- gewinnt seine Wahrheit nur, indem er in der absoluten Zerrissenheit
- sich selbst findet. Diese Macht ist er nicht als das Positive,
- welches von dem Negativen wegsieht, wie wenn wir von etwas sagen,
- dies ist nichts oder falsch, und nun, damit fertig, davon weg zu
- irgend etwas anderem übergehen; sondern er ist diese Macht nur, indem
- er dem Negativen ins Angesicht schaut, bei ihm verweilt. Dieses
- Verweilen ist die Zauberkraft, die es in das Sein umkehrt.--Sie ist
- dasselbe, was oben das Subjekt genannt worden, welches darin, daß es
- der Bestimmtheit in seinem Elemente Dasein gibt, die abstrakte, d.h.
- nur überhaupt _seiende_ Unmittelbarkeit aufhebt, und dadurch die
- wahrhafte Substanz ist, das Sein oder die Unmittelbarkeit, welche
- nicht die Vermittlung außer ihr hat, sondern diese selbst ist.
- Daß das Vorgestellte Eigentum des reinen Selbstbewußtseins wird,
- diese Erhebung zur Allgemeinheit überhaupt ist nur die _eine_ Seite,
- noch nicht die vollendete Bildung.--Die Art des Studiums der alten
- Zeit hat diese Verschiedenheit von dem der neuern, daß jenes die
- eigentliche Durchbildung des natürlichen Bewußtseins war. An jedem
- Teile seines Daseins sich besonders versuchend und über alles
- Vorkommende philosophierend, erzeugte es sich zu einer durch und
- durch betätigten Allgemeinheit. In der neuern Zeit hingegen findet
- das Individuum die abstrakte Form vorbereitet; die Anstrengung, sie
- zu ergreifen und sich zu eigen zu machen, ist mehr das unvermittelte
- Hervortreiben des Innern und abgeschnittne Erzeugen des Allgemeinen
- als ein Hervorgehen desselben aus dem Konkreten und der
- Mannigfaltigkeit des Daseins. Itzt besteht darum die Arbeit nicht so
- sehr darin, das Individuum aus der unmittelbaren sinnlichen Weise zu
- reinigen und es zur gedachten und denkenden Substanz zu machen, als
- vielmehr in dem Entgegengesetzten, durch das Aufheben der festen
- bestimmten Gedanken das Allgemeine zu verwirklichen und zu begeistert.
- Es ist aber weit schwerer, die festen Gedanken in Flüssigkeit zu
- bringen, als das sinnliche Dasein. Der Grund ist das vorhin
- Angegebene; jene Bestimmungen haben das Ich, die Macht des Negativen
- oder die reine Wirklichkeit zur Substanz und zum Element ihres
- Daseins; die sinnlichen Bestimmungen dagegen nur die unmächtige
- abstrakte Unmittelbarkeit oder das Sein als solches. Die Gedanken
- werden flüssig, indem das reine Denken, diese innere
- _Unmittelbarkeit_, sich als Moment erkennt oder indem die reine
- Gewißheit seiner selbst von sich abstrahiert;--nicht sich wegläßt,
- auf die Seite setzt, sondern das _Fixe_ ihres Sich-selbst-setzens
- aufgibt, sowohl das Fixe des reinen Konkreten, welches Ich selbst im
- Gegensatze gegen unterschiedenen Inhalt ist,--als das Fixe von
- Unterschiedenen, die im Elemente des reinen Denkens gesetzt an jener
- Unbedingtheit des Ich Anteil haben. Durch diese Bewegung werden die
- reinen Gedanken _Begriffe_, und sind erst, was sie in Wahrheit sind,
- Selbstbewegungen, Kreise, das, was ihre Substanz ist, geistige
- Wesenheiten.
- Diese Bewegung der reinen Wesenheiten macht die Natur der
- Wissenschaftlichkeit überhaupt aus. Als der Zusammenhang ihres
- Inhalts betrachtet, ist sie die Notwendigkeit und Ausbreitung
- desselben zum organischen Ganzen. Der Weg, wodurch der Begriff des
- Wissens erreicht wird, wird durch sie gleichfalls ein notwendiges und
- vollständiges Werden, so daß diese Vorbereitung aufhört, ein
- zufälliges Philosophieren zu sein, das sich an diese und jene
- Gegenstände, Verhältnisse und Gedanken des unvollkommenen Bewußtseins,
- wie die Zufälligkeit es mit sich bringt, anknüpft, oder durch ein
- hin- und hergehendes Räsonnement, Schließen und Folgern aus
- bestimmten Gedanken das Wahre zu begründen sucht; sondern dieser Weg
- wird durch die Bewegung des Begriffs die vollständige Weltlichkeit
- des Bewußtseins in ihrer Notwendigkeit umfassen.
- Eine solche Darstellung macht ferner den _ersten_ Teil der
- Wissenschaft darum aus, weil das Dasein des Geistes als Erstes nichts
- anderes als das Unmittelbare oder der Anfang, der Anfang aber noch
- nicht seine Rückkehr in sich ist. Das _Element des unmittelbaren
- Daseins_ ist daher die Bestimmtheit, wodurch sich dieser Teil der
- Wissenschaft von den andern unterscheidet.--Die Angabe dieses
- Unterschiedes führt zur Erörterung einiger festen Gedanken, die
- hiebei vorzukommen pflegen.
- Das unmittelbare Dasein des Geistes, das _Bewußtsein_, hat die zwei
- Momente des Wissens und der dem Wissen negativen Gegenständlichkeit.
- Indem in diesem Elemente sich der Geist entwickelt und seine Momente
- auslegt, so kommt ihnen dieser Gegensatz zu, und sie treten alle als
- Gestalten des Bewußtseins auf. Die Wissenschaft dieses Wegs ist
- Wissenschaft der _Erfahrung_, die das Bewußtsein macht; die Substanz
- wird betrachtet, wie sie und ihre Bewegung sein Gegenstand ist. Das
- Bewußtsein weiß und begreift nichts, als was in seiner Erfahrung ist;
- denn was in dieser ist, ist nur die geistige Substanz, und zwar als
- _Gegenstand_ ihres Selbsts. Der Geist wird aber Gegenstand, denn er
- ist diese Bewegung, _sich_ ein _anderes_, d.h. _Gegenstand seines
- Selbsts_ zu werden, und dieses Anderssein aufzuheben. Und die
- Erfahrung wird eben diese Bewegung genannt, worin das Unmittelbare,
- das Unerfahrne, d. h. das Abstrakte, es sei des sinnlichen Seins oder
- des nur gedachten Einfachen, sich entfremdet, und dann aus dieser
- Entfremdung zu sich zurückgeht, und hiemit itzt erst in seiner
- Wirklichkeit und Wahrheit dargestellt wie auch Eigentum des
- Bewußtseins ist.
- Die Ungleichheit, die im Bewußtsein zwischen dem Ich und der Substanz,
- die sein Gegenstand ist, stattfindet, ist ihr Unterschied, das
- _Negative_ überhaupt. Es kann als der _Mangel_ beider angesehen
- werden, ist aber ihre Seele oder das Bewegende derselben; weswegen
- einige Alte das _Leere_ als das Bewegende begriffen, indem sie das
- Bewegende zwar als das _Negative_, aber dieses noch nicht als das
- Selbst erfaßten.--Wenn nun dies Negative zunächst als Ungleichheit
- des Ichs zum Gegenstande erscheint, so ist es ebensosehr die
- Ungleichheit der Substanz zu sich selbst. Was außer ihr vorzugehen,
- eine Tätigkeit gegen sie zu sein scheint, ist ihr eigenes Tun, und
- sie zeigt sich wesentlich Subjekt zu sein. Indem sie dies vollkommen
- gezeigt, hat der Geist sein Dasein seinem Wesen gleich gemacht; er
- ist sich Gegenstand, wie er ist, und das abstrakte Element der
- Unmittelbarkeit und der Trennung des Wissens und der Wahrheit ist
- überwunden. Das Sein ist absolut vermittelt;--es ist substantieller
- Inhalt, der ebenso unmittelbar Eigentum des Ich, selbstisch oder der
- Begriff ist. Hiemit beschließt sich die Phänomenologie des Geistes.
- Was er in ihr sich bereitet, ist das Element des Wissens. In diesem
- breiten sich nun die Momente des Geistes in der _Form der
- Einfachheit_ aus, die ihren Gegenstand als sich selbst weiß. Sie
- fallen nicht mehr in den Gegensatz des Seins und Wissens auseinander,
- sondern bleiben in der Einfachheit des Wissens, sind das Wahre in der
- Form des Wahren, und ihre Verschiedenheit ist nur Verschiedenheit des
- Inhalts. Ihre Bewegung, die sich in diesem Elemente zum Ganzen
- organisiert, ist die _Logik_ oder _spekulative Philosophie_.
- Weil nun jenes System der Erfahrung des Geistes nur die _Erscheinung_
- desselben befaßt, so scheint der Fortgang von ihm zur Wissenschaft
- des _Wahren_, das in der _Gestalt_ des _Wahren_ ist, bloß negativ zu
- sein, und man könnte mit dem Negativen als dem _Falschen_ verschont
- bleiben wollen und verlangen, ohne weiteres zur Wahrheit geführt zu
- werden; wozu sich mit dem Falschen abgeben?--Wovon schon oben die
- Rede war, daß sogleich mit der Wissenschaft sollte angefangen werden,
- darauf ist hier nach der Seite zu antworten, welche Beschaffenheit es
- mit dem Negativen als _Falschem_ überhaupt hat. Die Vorstellungen
- hierüber hindern vornehmlich den Eingang zur Wahrheit. Dies wird
- Veranlassung geben, vom mathematischen Erkennen zu sprechen, welches
- das unphilosophische Wissen als das Ideal ansieht, das zu erreichen
- die Philosophie streben müßte, bisher aber vergeblich gestrebt habe.
- Das _Wahre_ und _Falsche_ gehört zu den bestimmten Gedanken, die
- bewegungslos für eigne Wesen gelten, deren eines drüben, das andre
- hüben ohne Gemeinschaft mit dem andern isoliert und fest steht.
- Dagegen muß behauptet werden, daß die Wahrheit nicht eine ausgeprägte
- Münze ist, die fertig gegeben und so eingestrichen werden kann. Noch
- _gibt_ es ein Falsches, sowenig es ein Böses gibt. So schlimm zwar
- als der Teufel ist das Böse und Falsche nicht, denn als dieser sind
- sie sogar zum besondern _Subjekte_ gemacht; als Falsches und Böses
- sind sie nur _Allgemeine_, haben aber doch eigne Wesenheit
- gegeneinander.--Das Falsche, denn nur von ihm ist hier die Rede, wäre
- das Andre, das Negative der Substanz, die als Inhalt des Wissens das
- Wahre ist. Aber die Substanz ist selbst wesentlich das Negative,
- teils als Unterscheidung und Bestimmung des Inhalts, teils als ein
- _einfaches_ Unterscheiden, d.h. als Selbst und Wissen überhaupt. Man
- kann wohl falsch wissen. Es wird etwas falsch gewußt, heißt, das
- Wissen ist in Ungleichheit mit seiner Substanz. Allein eben diese
- Ungleichheit ist das Unterscheiden überhaupt, das wesentliches Moment
- ist. Es wird aus dieser Unterscheidung wohl ihre Gleichheit, und
- diese gewordene Gleichheit ist die Wahrheit. Aber sie ist nicht so
- Wahrheit, als ob die Ungleichheit weggeworfen worden wäre, wie die
- Schlacke vom reinen Metall, auch nicht einmal so, wie das Werkzeug
- von dem fertigen Gefäße wegbleibt, sondern die Ungleichheit ist als
- das Negative, als das Selbst im Wahren als solchem selbst noch
- unmittelbar vorhanden. Es kann jedoch darum nicht gesagt werden, daß
- das _Falsche_ ein Moment oder gar einen Bestandteil des Wahren
- ausmache. Daß an jedem Falschen etwas Wahres sei--in diesem
- Ausdrucke gelten beide, wie Öl und Wasser, die unmischbar nur
- äußerlich verbunden sind. Gerade um der Bedeutung willen, das Moment
- des _vollkommenen Andersseins_ zu bezeichnen, müssen ihre Ausdrücke
- da, wo ihr Anderssein aufgehoben ist, nicht mehr gebraucht werden.
- So wie der Ausdruck der _Einheit_ des Subjekts und Objekts, des
- Endlichen und Unendlichen, des Seins und Denkens u.s.f. das
- Ungeschickte hat, daß Objekt und Subjekt u.s.f. das bedeuten, was
- _sie außer ihrer Einheit_ sind, in der Einheit also nicht als das
- gemeint sind, was ihr Ausdruck sagt, ebenso ist das Falsche nicht
- mehr als Falsches ein Moment der Wahrheit.
- Der _Dogmatismus_ der Denkungsart im Wissen und im Studium der
- Philosophie ist nichts anderes als die Meinung, daß das Wahre in
- einem Satze, der ein festes Resultat oder auch der unmittelbar gewußt
- wird, bestehe. Auf solche Fragen: wann Cäsar geboren worden, wie
- viele Toisen ein Stadium und welches betrug u.s.f., soll eine _nette_
- Antwort gegeben werden, ebenso wie es bestimmt wahr ist, daß das
- Quadrat der Hypotenuse gleich der Summe der Quadrate der beiden
- übrigen Seiten des rechtwinklichten Dreiecks ist. Aber die Natur
- einer solchen sogenannten Wahrheit ist verschieden von der Natur
- philosophischer Wahrheiten.
- In Ansehung der _historischen_ Wahrheiten, um ihrer kurz zu erwähnen,
- insofern nämlich das rein Historische derselben betrachtet wird, wird
- leicht zugegeben, daß sie das einzelne Dasein, einen Inhalt nach der
- Seite seiner Zufälligkeit und Willkür, Bestimmungen desselben, die
- nicht notwendig sind, betreffen.--Selbst aber solche nackte
- Wahrheiten wie die als Beispiel angeführte sind nicht ohne die
- Bewegung des Selbstbewußtseins. Um eine derselben zu kennen, muß
- viel verglichen, auch in Büchern nachgeschlagen oder, auf welche
- Weise es sei, untersucht werden; auch bei einer unmittelbaren
- Anschauung wird erst die Kenntnis derselben mit ihren Gründen für
- etwas gehalten, das wahren Wert habe, obgleich eigentlich nur das
- nackte Resultat das sein soll, um das es zu tun sei.
- Was die _mathematischen_ Wahrheiten betrifft, so würde noch weniger
- der für einen Geometer gehalten werden, der die Theoreme Euklids
- _auswendig_ wüßte, ohne ihre Beweise, ohne sie, wie man im Gegensatze
- sich ausdrücken könne, _inwendig_ zu wissen. Ebenso würde die
- Kenntnis, die einer durch Messung vieler rechtwinklichten Dreiecke
- sich erwürbe, daß ihre Seiten das bekannte Verhältnis zueinander
- haben, für unbefriedigend gehalten werden. Die _Wesentlichkeit_ des
- Beweises hat jedoch auch beim mathematischen Erkennen noch nicht die
- Bedeutung und Natur, Moment des Resultates selbst zu sein, sondern in
- diesem ist er vielmehr vorbei und verschwunden. Als Resultat ist
- zwar das Theorem _ein als wahr eingesehenes_. Aber dieser
- hinzugekommene Umstand betrifft nicht seinen Inhalt, sondern nur das
- Verhältnis zum Subjekt; die Bewegung des mathematischen Beweises
- gehört nicht dem an, was Gegenstand ist, sondern ist ein der Sache
- _äußerliches_ Tun. So zerlegt sich die Natur des rechtwinklichten
- Dreiecks nicht selbst so, wie es in der Konstruktion dargestellt wird,
- die für den Beweis des Satzes, der sein Verhältnis ausdrückt, nötig
- ist; das ganze Hervorbringen des Resultats ist ein Gang und Mittel
- des Erkennens.--Auch im philosophischen Erkennen ist das Werden des
- _Daseins_ als Daseins verschieden von dem Werden des _Wesens_ oder
- der innern Natur der Sache. Aber das philosophische Erkennen enthält
- erstens beides, da hingegen das mathematische nur das Werden des
- _Daseins_, d.h. des _Seins_ der Natur der Sache im _Erkennen_ als
- solchem darstellt. Fürs andre vereinigt jenes auch diese beiden
- besondern Bewegungen. Das innre Entstehen oder das Werden der
- Substanz ist ungetrennt Übergehen in das Äußere oder in das Dasein,
- Sein für anderes; und umgekehrt ist das Werden des Daseins das
- Sich-zurücknehmen ins Wesen. Die Bewegung ist so der gedoppelte
- Prozeß und Werden des Ganzen, daß zugleich ein jedes das andre setzt
- und jedes darum auch beide als zwei Ansichten an ihm hat; sie
- zusammen machen dadurch das Ganze, daß sie sich selbst auflösen und
- zu seinen Momenten machen.
- Im mathematischen Erkennen ist die Einsicht ein für die Sache
- äußerliches Tun; es folgt daraus, daß die wahre Sache dadurch
- verändert wird. Das Mittel, Konstruktion und Beweis, enthält daher
- wohl wahre Sätze; aber ebensosehr muß gesagt werden, daß der Inhalt
- falsch ist. Das Dreieck wird in dem obigen Beispiele zerrissen und
- seine Teile zu andern Figuren, die die Konstruktion an ihm entstehen
- läßt, geschlagen. Erst am Ende wird das Dreieck wiederhergestellt,
- um das es eigentlich zu tun ist, das im Fortgange aus den Augen
- verloren wurde, und nur in Stücken, die andern Ganzen angehörten,
- vorkam.--Hier sehen wir also auch die Negativität des Inhalts
- eintreten, welche eine Falschheit desselben ebensogut genannt werden
- müßte als in der Bewegung des Begriffs das Verschwinden der
- festgemeinten Gedanken.
- Die eigentliche Mangelhaftigkeit dieses Erkennens aber betrifft
- sowohl das Erkennen selbst als seinen Stoff überhaupt.--Was das
- Erkennen betrifft, so wird vors erste die Notwendigkeit der
- Konstruktion nicht eingesehen. Sie geht nicht aus dem Begriffe des
- Theorems hervor, sondern wird geboten, und man hat dieser Vorschrift,
- gerade diese Linien, deren unendliche andere gezogen werden könnten,
- zu ziehen, blindlings zu gehorchen, ohne etwas weiter zu wissen, als
- den guten Glauben zu haben, daß dies zu Führung des Beweises
- zweckmäßig sein werde. Hintennach zeigt sich denn auch diese
- Zweckmäßigkeit, die deswegen nur eine äußerliche ist, weil sie sich
- erst hintennach, beim Beweise, zeigt.--Ebenso geht dieser einen Weg,
- der irgendwo anfängt, man weiß noch nicht in welcher Beziehung auf
- das Resultat, das herauskommen soll. Sein Fortgang nimmt _diese_
- Bestimmungen und Beziehungen auf und läßt andre liegen, ohne daß man
- unmittelbar einsehe, nach welcher Notwendigkeit; ein äußerer Zweck
- regiert diese Bewegung.
- Die _Evidenz_ dieses mangelhaften Erkennens, auf welche die
- Mathematik stolz ist, und womit sie sich auch gegen die Philosophie
- brüstet, beruht allein auf der Armut ihres _Zwecks_ und der
- Mangelhaftigkeit ihres _Stoffs_, und ist darum von einer Art, die die
- Philosophie verschmähen muß.--Ihr _Zweck_ oder Begriff ist die
- _Größe_. Dies ist gerade das unwesentliche, begrifflose Verhältnis.
- Die Bewegung des Wissens geht darum auf der Oberfläche vor, berührt
- nicht die Sache selbst, nicht das Wesen oder den Begriff, und ist
- deswegen kein Begreifen.--Der _Stoff_, über den die Mathematik den
- erfreulichen Schatz von Wahrheiten gewährt, ist der _Raum_ und das
- _Eins_. Der Raum ist das Dasein, worin der Begriff seine
- Unterschiede einschreibt, als in ein leeres, totes Element, worin sie
- ebenso unbewegt und leblos sind. Das _Wirkliche_ ist nicht ein
- Räumliches, wie es in der Mathematik betrachtet wird; Mit solcher
- Unwirklichkeit, als die Dinge der Mathematik sind, gibt sich weder
- das konkrete sinnliche Anschauen noch die Philosophie ab. In solchem
- unwirklichen Elemente gibt es denn auch nur unwirkliches Wahres, d.h.
- fixierte, tote Sätze; bei jedem derselben kann aufgehört werden; der
- folgende fängt für sich von neuem an, ohne daß der erste sich selbst
- zum andern fortbewegte und ohne daß auf diese Weise ein notwendiger
- Zusammenhang durch die Natur der Sache selbst entstünde.--Auch läuft
- um jenes Prinzips und Elements willen--und hierin besteht das
- Formelle der mathematischen Evidenz--das Wissen an der Linie der
- _Gleichheit_ fort. Denn das Tote, weil es sich nicht selbst bewegt,
- kommt nicht zu Unterschieden des Wesens, nicht zur wesentlichen
- Entgegensetzung oder Ungleichheit, daher nicht zum Übergange des
- Entgegengesetzten in das Entgegengesetzte, nicht zur qualitativen,
- immanenten, nicht zur Selbstbewegung. Denn es ist die Größe, der
- unwesentliche Unterschied, den die Mathematik allein betrachtet. Daß
- es der Begriff ist, der den Raum in seine Dimensionen entzweit und
- die Verbindungen derselben und in denselben bestimmt, davon
- abstrahiert sie; sie betrachtet z.B. nicht das Verhältnis der Linie
- zur Fläche; und wo sie den Durchmesser des Kreises mit der Peripherie
- vergleicht, stößt sie auf die Inkommensurabilität derselben, d.h. ein
- Verhältnis des Begriffs, ein Unendliches, das ihrer Bestimmung
- entflieht.
- Die immanente, sogenannte reine Mathematik stellt auch nicht die
- _Zeit_ als Zeit dem Raume gegenüber, als den zweiten Stoff ihrer
- Betrachtung. Die angewandte handelt wohl von ihr, wie von der
- Bewegung, auch sonst andern wirklichen Dingen, sie nimmt aber die
- synthetischen, d.h. Sätze ihrer Verhältnisse, die durch ihren
- Begriff bestimmt sind, aus der Erfahrung auf, und wendet nur auf
- diese Voraussetzungen ihre Formeln an. Daß die sogenannten Beweise
- solcher Sätze, als der vom Gleichgewichte des Hebels, dem
- Verhältnisse des Raums und der Zeit in der Bewegung des Fallens u.s.f.
- , welche sie häufig gibt, für Beweise gegeben und angenommen werden,
- ist selbst nur ein Beweis, wie groß das Bedürfnis des Beweisens für
- das Erkennen ist, weil es, wo es nicht mehr hat, auch den leeren
- Schein desselben achtet und eine Zufriedenheit dadurch gewinnt. Eine
- Kritik jener Beweise würde ebenso merkwürdig als belehrend sein, um
- die Mathematik teils von diesem falschen Putze zu reinigen, teils
- ihre Grenze zu zeigen, und daraus die Notwendigkeit eines andern
- Wissens.--Was die _Zeit_ betrifft, von der man meinen sollte, daß sie,
- zum Gegenstücke gegen den Raum, den Stoff des andern Teils der
- reinen Mathematik ausmachen würde, so ist sie der daseiende Begriff
- selbst. Das Prinzip der _Größe_, des begrifflosen Unterschiedes, und
- das Prinzip der _Gleichheit_, der abstrakten unlebendigen Einheit,
- vermag es nicht, sich mit jener reinen Unruhe des Lebens und
- absoluten Unterscheidung zu befassen. Diese Negativität wird daher
- nur als paralysiert, nämlich als das _Eins_, zum zweiten Stoffe
- dieses Erkennens, das, ein äußerliches Tun, das Sichselbstbewegende
- zum Stoffe herabsetzt, um nun an ihm einen gleichgültigen,
- äußerlichen unlebendigen Inhalt zu haben.
- Die Philosophie dagegen betrachtet nicht _unwesentliche_ Bestimmung,
- sondern sie, insofern sie wesentliche ist; nicht das Abstrakte oder
- Unwirkliche ist ihr Element und Inhalt, sondern das _Wirkliche_, sich
- selbst Setzende und in sich Lebende, das Dasein in seinem Begriffe.
- Es ist der Prozeß, der sich seine Momente erzeugt und durchläuft, und
- diese ganze Bewegung macht das Positive und seine Wahrheit aus.
- Diese schließt also ebensosehr das Negative in sich, dasjenige, was
- das Falsche genannt werden würde, wenn es als ein solches betrachtet
- werden könnte, von dem zu abstrahieren sei. Das Verschwindende ist
- vielmehr selbst als wesentlich zu betrachten, nicht in der Bestimmung
- eines Festen, das vom Wahren abgeschnitten, außer ihm, man weiß nicht
- wo, liegenzulassen sei, sowie auch das Wahre nicht als das auf der
- andern Seite ruhende, tote Positive. Die Erscheinung ist das
- Entstehen und Vergehen, das selbst nicht entsteht und vergeht,
- sondern an sich ist, und die Wirklichkeit und Bewegung des Lebens der
- Wahrheit ausmacht. Das Wahre ist so der bacchantische Taumel, an dem
- kein Glied nicht trunken ist, und weil jedes, indem es sich absondert,
- ebenso unmittelbar auflöst,--ist er ebenso die durchsichtige und
- einfache Ruhe. In dem Gerichte jener Bewegung bestehen zwar die
- einzelnen Gestalten des Geistes wie die bestimmten Gedanken nicht,
- aber sie sind so sehr auch positive notwendige Momente, als sie
- negativ und verschwindend sind.--In dem _Ganzen_ der Bewegung, es als
- Ruhe aufgefaßt, ist dasjenige, was sich in ihr unterscheidet und
- besonderes Dasein gibt, als ein solches, das sich _erinnert_,
- aufbewahrt, dessen Dasein das Wissen von sich selbst ist, wie dieses
- ebenso unmittelbar Dasein ist.
- Von der _Methode_ dieser Bewegung oder der Wissenschaft könnte es
- nötig scheinen, voraus das Mehrere anzugeben. Ihr Begriff liegt aber
- schon in dem Gesagten, und ihre eigentliche Darstellung gehört der
- Logik an oder ist vielmehr diese selbst. Denn die Methode ist nichts
- anderes als der Bau des Ganzen in seiner reinen Wesenheit aufgestellt.
- Von dem hierüber bisher Gangbaren aber müssen wir das Bewußtsein
- haben, daß auch das System der sich auf das, was philosophische
- Methode ist, beziehenden Vorstellungen einer verschollenen Bildung
- angehört.--Wenn dies etwa renommistisch oder revolutionär lauten
- sollte, von welchem Tone ich mich entfernt weiß, so ist zu bedenken,
- daß der wissenschaftliche Staat, den die Mathematik herlieh--von
- Erklärungen, Einteilungen, Axiomen, Reihen von Theoremen, ihren
- Beweisen, Grundsätzen und dem Folgern und Schließen aus ihnen--,
- schon in der Meinung selbst wenigstens _veraltet_ ist. Wenn auch
- seine Untauglichkeit nicht deutlich eingesehen wird, so wird doch
- kein oder wenig Gebrauch mehr davon gemacht, und wenn er nicht an
- sich gemißbilligt wird, doch nicht geliebt. Und wir müssen das
- Vorurteil für das Vortreffliche haben, daß es sich in den Gebrauch
- setze und beliebt mache. Es ist aber nicht schwer einzusehen, daß
- die Manier, einen Satz aufzustellen, Gründe für ihn anzuführen und
- den entgegengesetzten durch Gründe ebenso zu widerlegen, nicht die
- Form ist, in der die Wahrheit auftreten kann. Die Wahrheit ist die
- Bewegung ihrer an ihr selbst, jene Methode aber ist das Erkennen, das
- dem Stoffe äußerlich ist. Darum ist sie der Mathematik, die, wie
- bemerkt, das begriffslose Verhältnis der Größe zu ihrem Prinzip und
- den toten Raum wie das ebenso tote Eins zu ihrem Stoffe hat,
- eigentümlich und muß ihr gelassen werden. Auch mag sie in freierer
- Manier, das heißt, mehr mit Willkür und Zufälligkeit gemischt, im
- gemeinen Leben, in einer Konversation oder historischen Belehrung
- mehr der Neugierde als der Erkenntnis, wie ungefähr auch eine Vorrede
- ist, bleiben. Im gemeinen Leben hat das Bewußtsein Kenntnisse,
- Erfahrungen, sinnliche Konkretionen, auch Gedanken, Grundsätze,
- überhaupt solches zu seinem Inhalte, das als ein Vorhandenes oder als
- ein festes ruhendes Sein oder Wesen gilt. Es läuft teils daran fort,
- teils unterbricht es den Zusammenhang durch die freie Willkür über
- solchen Inhalt, und verhält sich als ein äußerliches Bestimmen und
- Handhaben desselben. Es führt ihn auf irgend etwas Gewisses, sei es
- auch nur die Empfindung des Augenblicks, zurück, und die Überzeugung
- ist befriedigt, wenn sie auf einem ihr bekannten Ruhepunkte angelangt
- ist.
- Wenn aber die Notwendigkeit des Begriffs den losern Gang der
- räsonierenden Konversation wie den steifern des wissenschaftlichen
- Gepränges verbannt, so ist schon oben erinnert worden, daß seine
- Stelle nicht durch die Unmethode des Ahndens und der Begeisterung und
- die Willkür des prophetischen Redens ersetzt werden soll, welches
- nicht jene Wissenschaftlichkeit nur, sondern die Wissenschaftlichkeit
- überhaupt verachtet.
- Ebensowenig ist--nachdem die Kantische, noch erst durch den Instinkt
- wiedergefundne, noch tote, noch unbegriffne _Triplizität_ zu ihrer
- absoluten Bedeutung erhoben, damit die wahrhafte Form in ihrem
- wahrhaften Inhalte zugleich aufgestellt und der Begriff der
- Wissenschaft hervorgegangen ist--derjenige Gebrauch dieser Form für
- etwas Wissenschaftliches zu halten, durch den wir sie zum leblosen
- Schema, zu einem eigentlichen Scheinen, und die wissenschaftliche
- Organisation zur Tabelle herabgebracht sehen.--Dieser Formalismus,
- von dem oben schon im allgemeinen gesprochen, und dessen Manier wir
- hier näher angeben wollen, meint die Natur und das Leben einer
- Gestalt begriffen und ausgesprochen zu haben, wenn er von ihr eine
- Bestimmung des Schemas als Prädikat ausgesagt--es sei die
- Subjektivität oder Objektivität, oder auch der Magnetismus, die
- Elektrizität und so fort, die Kontraktion oder Expansion, der Osten
- oder Westen und dergleichen, was sich ins Unendliche vervielfältigen
- läßt, weil nach dieser Weise jede Bestimmung oder Gestalt bei der
- andern wieder als Form oder Moment des Schemas gebraucht werden und
- jede dankbar der andern denselben Dienst leisten kann;--ein Zirkel
- von Gegenseitigkeit, wodurch man nicht erfährt, was die Sache selbst,
- weder was die eine noch die andre ist. Es werden dabei teils
- sinnliche Bestimmungen aus der gemeinen Anschauung aufgenommen, die
- freilich etwas anderes _bedeuten_ sollen, als sie sagen, teils wird
- das an sich bedeutende, die reinen Bestimmungen des Gedankens, wie
- Subjekt, Objekt, Substanz, Ursache, das Allgemeine u.s.f. gerade so
- unbesehen und unkritisch gebraucht wie im gemeinen Leben und wie
- Stärken und Schwächen, Expansion und Kontraktion; so daß jene
- Metaphysik so unwissenschaftlich ist als diese sinnlichen
- Vorstellungen.
- Statt des innern Lebens und der Selbstbewegung seines Daseins wird
- nun eine solche einfache Bestimmtheit von der Anschauung, das heißt
- hier dem sinnlichen Wissen, nach einer oberflächlichen Analogie
- ausgesprochen und diese äußerliche und leere Anwendung der Formel die
- _Konstruktion_ genannt.--Es ist mit solchem Formalismus derselbe Fall
- als mit jedem. Wie stumpf müßte der Kopf sein, dem nicht in einer
- Viertelstunde die Theorie, daß es asthenische, sthenische und
- indirekt asthenische Krankheiten und ebenso viele Heilplane gebe,
- beigebracht, und der nicht, da ein solcher Unterricht noch vor kurzem
- dazu hinreichte, aus einem Routinier in dieser kleinen Zeit in einen
- theoretischen Arzt verwandelt werden könnte? Wenn der
- naturphilosophische Formalismus etwa lehrt, der Verstand sei die
- Elektrizität oder das Tier sei der Stickstoff, oder auch _gleich_ dem
- Süd oder Nord und so fort, oder repräsentiere ihn, so nackt, wie es
- hier ausgedrückt ist, oder auch mit mehr Terminologie zusammengebraut,
- so mag über solche Kraft, die das weit entlegen Scheinende
- zusammengreift, und über die Gewalt, die das ruhende Sinnliche durch
- diese Verbindung erleidet, und die ihm dadurch den Schein eines
- Begriffes erteilt, die Hauptsache aber, den Begriff selbst oder die
- Bedeutung der sinnlichen Vorstellung auszusprechen erspart--es mag
- hierüber die Unerfahrenheit in ein bewunderndes Staunen geraten,
- darin eine tiefe Genialität verehren; sowie an der Heiterkeit solcher
- Bestimmungen, da sie den abstrakten Begriff durch Anschauliches
- ersetzen und erfreulicher machen, sich ergötzen und sich selbst zu
- der geahndeten Seelenverwandtschaft mit solchem herrlichem Tun Glück
- wünschen. Der Pfiff einer solchen Weisheit ist so bald erlernt, als
- es leicht ist, ihn auszuüben; seine Wiederholung wird, wenn er
- bekannt ist, so unerträglich als die Wiederholung einer eingesehenen
- Taschenspielerkunst. Das Instrument dieses gleichtönigen Formalismus
- ist nicht schwerer zu handhaben als die Palette eines Malers, auf der
- sich nur zwei Farben befinden würden, etwa Rot und Grün, um mit jener
- eine Fläche anzufärben, wenn ein historisches Stück, mit dieser, wenn
- eine Landschaft verlangt wäre.--Es würde schwer zu entscheiden sein,
- was dabei größer ist, die Behaglichkeit, mit der alles, was im Himmel,
- auf Erden und unter der Erden ist, mit solcher Farbenbrühe
- angetüncht wird, oder die Einbildung auf die Vortrefflichkeit dieses
- Universalmittels; die eine unterstützt die andere. Was diese Methode,
- allem Himmlischen und Irdischen, allen natürlichen und geistigen
- Gestalten die paar Bestimmungen des allgemeinen Schemas aufzukleben
- und auf diese Weise alles einzurangieren, hervorbringt, ist nichts
- Geringeres als ein sonnenklarer Bericht über den Organismus des
- Universums, nämlich eine Tabelle, die einem Skelette mit angeklebten
- Zettelchen oder den Reihen verschloßner Büchsen mit ihren
- aufgehefteten Etiketten in einer Gewürzkrämerbude gleicht, die so
- deutlich als das eine und das andre ist, und wie dort von den Knochen
- Fleisch und Blut weggenommen, hier aber die eben auch nicht lebendige
- Sache in den Büchsen verborgen ist, auch das lebendige Wesen der
- Sache weggelassen oder verborgen hat.--Daß sich diese Manier zugleich
- zur einfarbigen absoluten Malerei vollendet, indem sie auch, der
- Unterschiede des Schemas sich schämend, sie als der Reflexion
- angehörig in der Leerheit des Absoluten versenkt, auf daß die reine
- Identität, das formlose Weiße hergestellt werde, ist oben schon
- bemerkt worden. Jene Gleichfärbigkeit des Schemas und seiner
- leblosen Bestimmungen und diese absolute Identität, und das Übergehen
- von einem zum andern, ist eines gleich toter Verstand als das andere,
- und gleich äußerliches Erkennen.
- Das Vortreffliche kann aber dem Schicksale nicht nur nicht entgehen,
- so entlebt und entgeistet zu werden und, so geschunden, seine Haut
- vom leblosen Wissen und dessen Eitelkeit umgenommen zu sehen.
- Vielmehr ist noch in diesem Schicksale selbst die Gewalt, welche es
- auf die Gemüter, wenn nicht auf Geister, ausübt, zu erkennen, so wie
- die Herausbildung zur Allgemeinheit und Bestimmtheit der Form, in der
- seine Vollendung besteht, und die es allein möglich macht, daß diese
- Allgemeinheit zur Oberflächlichkeit gebraucht wird.
- Die Wissenschaft darf sich nur durch das eigne Leben des Begriffs
- organisieren; in ihr ist die Bestimmtheit, welche aus dem Schema
- äußerlich dem Dasein aufgeklebt wird, die sich selbst bewegende Seele
- des erfüllten Inhalts. Die Bewegung des Seienden ist, sich
- einesteils ein Anders und so zu seinem immanenten Inhalte zu werden;
- andernteils nimmt es diese Entfaltung oder dies sein Dasein in sich
- zurück, das heißt, macht sich selbst zu einem _Momente_ und
- vereinfacht sich zur Bestimmtheit. In jener Bewegung ist die
- _Negativität_ das Unterscheiden und das Setzen des _Daseins_; in
- diesem Zurückgehen in sich ist sie das Werden der _bestimmten
- Einfachheit_. Auf diese Weise ist es, daß der Inhalt seine
- Bestimmtheit nicht von einem andern empfangen und aufgeheftet zeigt,
- sondern er gibt sie sich selbst und rangiert sich aus sich zum
- Momente und zu einer Stelle des Ganzen. Der tabellarische Verstand
- behält für sich die Notwendigkeit und den Begriff des Inhalts, das,
- was das Konkrete, die Wirklichkeit und lebendige Bewegung der Sache
- ausmacht, die er rangiert, oder vielmehr behält er dies nicht für
- sich, sondern kennt es nicht; denn wenn er diese Einsicht hätte,
- würde er sie wohl zeigen. Er kennt nicht einmal das Bedürfnis
- derselben; sonst würde er sein Schematisieren unterlassen oder
- wenigstens sich nicht mehr damit wissen als mit einer Inhaltsanzeige;
- er gibt nur die Inhaltsanzeige, den Inhalt selbst aber liefert er
- nicht.--Wenn die Bestimmtheit, auch eine solche wie zum Beispiel
- Magnetismus, eine an sich konkrete oder wirkliche ist, so ist sie
- doch zu etwas Totem herabgesunken, da sie von einem andern Dasein nur
- prädiziert und nicht als immanentes Leben dieses Daseins, oder wie
- sie in diesem ihre einheimische und eigentümliche Selbsterzeugung und
- Darstellung hat, erkannt ist. Diese Hauptsache hinzuzufügen überläßt
- der formelle Verstand den Andern.--Statt in den immanenten Inhalt der
- Sache einzugehen, übersieht er immer das Ganze und steht über dem
- einzelnen Dasein, von dem er spricht, das heißt, er sieht es gar
- nicht. Das wissenschaftliche Erkennen erfodert aber vielmehr, sich
- dem Leben des Gegenstandes zu übergeben, oder, was dasselbe ist, die
- innere Notwendigkeit desselben vor sich zu haben und auszusprechen.
- Sich so in seinen Gegenstand vertiefend, vergißt es jener Übersicht,
- welche nur die Reflexion des Wissens aus dem Inhalte in sich selbst
- ist. Aber in die Materie versenkt und in deren Bewegung fortgehend,
- kommt es in sich selbst zurück, aber nicht eher als darin, daß die
- Erfüllung oder der Inhalt sich in sich zurücknimmt, zur Bestimmtheit
- vereinfacht, sich selbst zu _einer_ Seite eines Daseins herabsetzt
- und in seine höhere Wahrheit übergeht. Dadurch emergiert das
- einfache sich übersehende Ganze selbst aus dem Reichtume, worin seine
- Reflexion verloren schien.
- Dadurch überhaupt, daß, wie es oben ausgedrückt wurde, die Substanz
- an ihr selbst Subjekt ist, ist aller Inhalt seine eigene Reflexion in
- sich. Das Bestehen oder die Substanz eines Daseins ist die
- Sichselbstgleichheit; denn seine Ungleichheit mit sich wäre seine
- Auflösung. Die Sichselbstgleichheit aber ist die reine Abstraktion;
- diese aber ist das _Denken_. Wenn ich sage _Qualität_, sage ich die
- einfache Bestimmtheit; durch die Qualität ist ein Dasein von einem
- andern unterschieden, oder ist ein Dasein; es ist für sich selbst,
- oder es besteht durch diese Einfachheit mit sich. Aber dadurch ist
- es wesentlich der _Gedanke_.--Hierin ist es begriffen, daß das Sein
- Denken ist; hierein fällt die Einsicht, die dem gewöhnlichen
- begrifflosen Sprechen von der Identität des Denkens und Seins
- abzugehen pflegt.--Dadurch nun, daß das Bestehen des Daseins die
- Sichselbstgleichheit oder die reine Abstraktion ist, ist es die
- Abstraktion seiner von sich selbst, oder es ist selbst seine
- Ungleichheit mit sich und seine Auflösung,--seine eigne Innerlichkeit
- und Zurücknahme in sich,--sein Werden.--Durch diese Natur des
- Seienden und insofern das Seiende diese Natur für das Wissen hat, ist
- dieses nicht die Tätigkeit, die den Inhalt als ein Fremdes handhabt,
- nicht die Reflexion in sich aus dem Inhalte heraus; die Wissenschaft
- ist nicht jener Idealismus, der an die Stelle des _behauptenden_
- Dogmatismus als ein _versichernder Dogmatismus_ oder der
- _Dogmatismus_ der _Gewißheit seiner selbst_ trat,--sondern indem das
- Wissen den Inhalt in seine eigne Innerlichkeit zurückgehen sieht, ist
- seine Tätigkeit vielmehr sowohl versenkt in ihn, denn sie ist das
- immanente Selbst des Inhalts, als zugleich in sich zurückgekehrt,
- denn sie ist die reine Sichselbstgleichheit im Anderssein; so ist sie
- die List, die, der Tätigkeit sich zu enthalten scheinend, zusieht,
- wie die Bestimmtheit und ihr konkretes Leben, darin eben, daß es
- seine Selbsterhaltung und besonderes Interesse zu treiben vermeint,
- das Verkehrte, sich selbst auflösendes und zum Momente des Ganzen
- machendes Tun ist.
- Wenn oben die Bedeutung des _Verstandes_ nach der Seite des
- Selbstbewußtseins der Substanz angegeben wurde, so erhellt aus dem
- hier Gesagten seine Bedeutung nach der Bestimmung derselben als
- Seiender.--Das Dasein ist Qualität, sich selbst gleiche Bestimmtheit
- oder bestimmte Einfachheit, bestimmter Gedanke; dies ist der Verstand
- des Daseins. Dadurch ist es *Nus*, als für welchen Anaxagoras zuerst
- das Wesen erkannte. Die nach ihm begriffen bestimmter die Natur des
- Daseins als *Eidos* oder *Idea*; das heißt, _bestimmte Allgemeinheit,
- Art_. Der Ausdruck _Art_ scheint etwa zu gemein und zu wenig für die
- Ideen, für das Schöne und Heilige und Ewige zu sein, die zu dieser
- Zeit grassieren. Aber in der Tat drückt die Idee nicht mehr noch
- weniger aus als Art. Allein wir sehen itzt oft einen Ausdruck, der
- einen Begriff bestimmt bezeichnet, verschmäht und einen andern
- vorgezogen, der, wenn es auch nur darum ist, weil er einer fremden
- Sprache angehört, den Begriff in Nebel einhüllt und damit erbaulicher
- lautet.--Eben darin, daß das Dasein als Art bestimmt ist, ist es
- einfacher Gedanke; der *Nus*, die Einfachheit, ist die Substanz. Um
- ihrer Einfachheit oder Sichselbstgleichheit willen erscheint sie als
- fest und bleibend. Aber diese Sichselbstgleichheit ist ebenso
- Negativität; dadurch geht jenes feste Dasein in seine Auflösung über.
- Die Bestimmtheit scheint zuerst es nur dadurch zu sein, daß sie sich
- auf _Andres_ bezieht, und ihre Bewegung ihr durch eine fremde Gewalt
- angetan zu werden; aber daß sie ihr Anderssein selbst an ihr hat und
- Selbstbewegung ist, dies ist eben in jener _Einfachheit_ des Denkens
- selbst enthalten; denn diese ist der sich selbst bewegende und
- unterscheidende Gedanke, und die eigene Innerlichkeit, der reine
- _Begriff_. So ist also die _Verständigkeit_ ein Werden, und als dies
- Werden ist sie die _Vernünftigkeit_.
- In dieser Natur dessen, was ist, in seinem Sein sein Begriff zu sein,
- ist es, daß überhaupt die _logische Notwendigkeit_ besteht; sie
- allein ist das Vernünftige und der Rhythmus des organischen Ganzen,
- sie ist ebensosehr _Wissen_ des Inhalts, als der Inhalt Begriff und
- Wesen ist--oder sie allein ist das _Spekulative_.--Die konkrete
- Gestalt, sich selbst bewegend, macht sich zur einfachen Bestimmtheit,
- damit erhebt sie sich zur logischen Form und ist in ihrer
- Wesentlichkeit; ihr konkretes Dasein ist nur diese Bewegung und ist
- unmittelbar logisches Dasein. Es ist darum unnötig, dem konkreten
- Inhalt den Formalismus äußerlich anzutun; jener ist an ihm selbst das
- Übergehen in diesen, der aber aufhört, dieser äußerliche Formalismus
- zu sein, weil die Form das einheimische Werden des konkreten Inhalts
- selbst ist.
- Diese Natur der wissenschaftlichen Methode, teils von dem Inhalte
- ungetrennt zu sein, teils sich durch sich selbst ihren Rhythmus zu
- bestimmen, hat, wie schon erinnert, in der spekulativen Philosophie
- ihre eigentliche Darstellung.--Das hier Gesagte drückt zwar den
- Begriff aus, kann aber für nicht mehr als für eine antizipierte
- Versicherung gelten. Ihre Wahrheit liegt nicht in dieser zum Teil
- erzählenden Exposition; und ist darum auch ebensowenig widerlegt,
- wenn dagegen versichert wird, dem sei nicht so, sondern es verhalte
- sich damit so und so, wenn gewohnte Vorstellungen als ausgemachte und
- bekannte Wahrheiten in Erinnrung gebracht und hererzählt, oder auch
- aus dem Schreine des innern göttlichen Anschauens Neues aufgetischt
- und versichert wird.--Eine solche Aufnahme pflegt die erste Reaktion
- des Wissens, dem etwas unbekannt war, dagegen zu sein, um die
- Freiheit und eigne Einsicht, die eigne Autorität gegen die fremde,
- denn unter dieser Gestalt erscheint das itzt zuerst Aufgenommene, zu
- retten--auch um den Schein und die Art von Schande, die darin liegen
- soll, daß etwas gelernt worden sei, wegzuschaffen, so wie bei der
- Beifall gebenden Annahme des Unbekannten die Reaktion derselben Art
- in dem besteht, was in einer andren Sphäre das ultrarevolutionäre
- Reden und Handeln war.
- Worauf es deswegen bei dem _Studium_ der _Wissenschaft_ ankommt, ist
- die Anstrengung des Begriffs auf sich zu nehmen. Sie erfodert die
- Aufmerksamkeit auf ihn als solchen, auf die einfachen Bestimmungen,
- zum Beispiel des _An-sich-seins_, des _Für-sich-seins_, der
- _Sichselbstgleichheit_ und so fort; denn diese sind solche reine
- Selbstbewegungen, die man Seelen nennen könnte, wenn nicht ihr
- Begriff etwas Höheres bezeichnete als diese. Der Gewohnheit, an
- Vorstellungen fortzulaufen, ist die Unterbrechung derselben durch den
- Begriff ebenso lästig als dem formalen Denken, das in unwirklichen
- Gedanken hin und her räsoniert. Jene Gewohnheit ist ein materielles
- Denken zu nennen, ein zufälliges Bewußtsein, das in den Stoff nur
- versenkt ist, welchem es daher sauer ankömmt, aus der Materie
- zugleich sein Selbst rein herauszuheben und bei sich zu sein. Das
- andere, das Räsonieren, hingegen ist die Freiheit von dem Inhalt und
- die Eitelkeit über ihn; ihr wird die Anstrengung zugemutet, diese
- Freiheit aufzugeben, und statt das willkürlich bewegende Prinzip des
- Inhalts zu sein, diese Freiheit in ihn zu versenken, ihn durch seine
- eigne Natur, das heißt, durch das Selbst als das seinige, sich
- bewegen zu lassen und diese Bewegung zu betrachten. Sich des eignen
- Einfallens in den immanenten Rhythmus der Begriffe entschlagen, in
- ihn nicht durch die Willkür und sonst erworbene Weisheit eingreifen,
- diese Enthaltsamkeit ist selbst ein wesentliches Moment der
- Aufmerksamkeit auf den Begriff.
- Es sind an dem räsonierenden Verhalten die beiden Seiten bemerklicher
- zu machen, nach welchen das begreifende Denken ihm entgegengesetzt
- ist.--Teils verhält sich jenes negativ gegen den aufgefaßten Inhalt,
- weiß ihn zu widerlegen und zunichte zu machen. Daß dem nicht so sei,
- diese Einsicht ist das bloß _Negative_, es ist das Letzte, das nicht
- selbst über sich hinaus zu einem neuen Inhalt geht, sondern um wieder
- einen Inhalt zu haben, muß etwas *Anderes* irgendwoher vorgenommen
- werden. Es ist die Reflexion in das leere Ich, die Eitelkeit seines
- Wissens.--Diese Eitelkeit drückt aber nicht nur dies aus, daß dieser
- Inhalt eitel, sondern auch, daß diese Einsicht selbst es ist; denn
- sie ist das Negative, das nicht das Positive in sich erblickt.
- Dadurch, daß diese Reflexion ihre Negativität selbst nicht zum
- Inhalte gewinnt, ist sie überhaupt nicht in der Sache, sondern immer
- darüber hinaus; sie bildet sich deswegen ein, mit der Behauptung der
- Leere immer weiter zu sein als eine inhaltsreiche Einsicht. Dagegen,
- wie vorhin gezeigt, gehört im begreifenden Denken das Negative dem
- Inhalte selbst an und ist sowohl als seine _immanente_ Bewegung und
- Bestimmung wie als _Ganzes_ derselben das _Positive_. Als Resultat
- aufgefaßt, ist es das aus dieser Bewegung herkommende, das
- _bestimmte_ Negative, und hiemit ebenso ein positiver Inhalt.
- In Ansehung dessen aber, daß solches Denken einen Inhalt hat, es sei
- der Vorstellungen oder Gedanken oder der Vermischung beider, hat es
- eine andre Seite, die ihm das Begreifen erschwert. Die merkwürdige
- Natur derselben hängt mit dem oben angegebenen Wesen der Idee selbst
- enge zusammen, oder drückt sie vielmehr aus, wie sie als die Bewegung
- erscheint, die denkendes Auffassen ist.--Wie nämlich in seinem
- negativen Verhalten, wovon soeben die Rede war, das räsonierende
- Denken selber das Selbst ist, in das der Inhalt zurückgeht, so ist
- dagegen in seinem positiven Erkennen das Selbst ein vorgestelltes
- _Subjekt_, worauf sich der Inhalt als Akzidens und Prädikat bezieht.
- Dies Subjekt macht die Basis aus, an die er geknüpft wird und auf der
- die Bewegung hin und wider läuft. Anders verhält es sich im
- begreifenden Denken. Indem der Begriff das eigene Selbst des
- Gegenstandes ist, das sich als _sein Werden_ darstellt, ist es nicht
- ein ruhendes Subjekt, das unbewegt die Akzidenzen trägt, sondern der
- sich bewegende und seine Bestimmungen in sich zurücknehmende Begriff.
- In dieser Bewegung geht jenes ruhende Subjekt selbst zugrunde; es
- geht in die Unterschiede und Inhalt ein und macht vielmehr die
- Bestimmtheit, das heißt, den unterschiednen Inhalt wie die Bewegung
- desselben aus, statt ihr gegenüberstehen zu bleiben. Der feste Boden,
- den das Räsonieren an dem ruhenden Subjekte hat, schwankt also, und
- nur diese Bewegung selbst wird der Gegenstand. Das Subjekt, das
- seinen Inhalt erfüllt, hört auf, über diesen hinauszugehen, und kann
- nicht noch andre Prädikate oder Akzidenzen haben. Die Zerstreutheit
- des Inhalts ist umgekehrt dadurch unter das Selbst gebunden; er ist
- nicht das Allgemeine, das frei vom Subjekte mehrern zukäme. Der
- Inhalt ist somit in der Tat nicht mehr Prädikat des Subjekts, sondern
- ist die Substanz, ist das Wesen und der Begriff dessen, wovon die
- Rede ist. Das vorstellende Denken, da seine Natur ist, an den
- Akzidenzen oder Prädikaten fortzulaufen, und mit Recht, weil sie
- nicht mehr als Prädikate und Akzidenzen sind, über sie hinauszugehen,
- wird, indem das, was im Satze die Form eines Prädikats hat, die
- Substanz selbst ist, in seinem Fortlaufen gehemmt. Es erleidet, es
- so vorzustellen, einen Gegenstoß. Vom Subjekte anfangend, als ob
- dieses zum Grunde liegen bliebe, findet es, indem das Prädikat
- vielmehr die Substanz ist, das Subjekt zum Prädikat übergegangen und
- hiemit aufgehoben; und indem so das, was Prädikat zu sein scheint,
- zur ganzen und selbstständigen Masse geworden, kann das Denken nicht
- frei herumirren, sondern ist durch diese Schwere aufgehalten.--Sonst
- ist zuerst das Subjekt als das _gegenständliche_ fixe Selbst zugrunde
- gelegt; von hier aus geht die notwendige Bewegung zur
- Mannigfaltigkeit der Bestimmungen oder der Prädikate fort; hier tritt
- an die Stelle jenes Subjekts das wissende Ich selbst ein, und ist das
- Verknüpfen der Prädikate und das sie haltende Subjekt. Indem aber
- jenes erste Subjekt in die Bestimmungen selbst eingeht und ihre Seele
- ist, findet das zweite Subjekt, nämlich das wissende, jenes, mit dem
- es schon fertig sein und worüber hinaus es in sich zurückgehen will,
- noch im Prädikate vor, und statt in dem Bewegen des Prädikats das
- Tuende, als Räsonieren, ob jenem dies oder jenes Prädikat beizulegen
- wäre, sein zu können, hat es vielmehr mit dem Selbst des Inhalts noch
- zu tun, soll nicht für sich, sondern mit diesem zusammensein.
- Formell kann das Gesagte so ausgedrückt werden, daß die Natur des
- Urteils oder Satzes überhaupt, die den Unterschied des Subjekts und
- Prädikats in sich schließt, durch den spekulativen Satz zerstört wird,
- und der identische Satz, zu dem der erstere wird, den Gegenstoß zu
- jenem Verhältnisse enthält.--Dieser Konflikt der Form eines Satzes
- überhaupt und der sie zerstörenden Einheit des Begriffs ist dem
- ähnlich, der im Rhythmus zwischen dem Metrum und dem Akzente
- stattfindet. Der Rhythmus resultiert aus der schwebenden Mitte und
- Vereinigung beider. So soll auch im philosophischen Satze die
- Identität des Subjekts und Prädikats den Unterschied derselben, den
- die Form des Satzes ausdrückt, nicht vernichten, sondern ihre Einheit
- als eine Harmonie hervorgehen. Die Form des Satzes ist die
- Erscheinung des bestimmten Sinnes oder der Akzent, der seine
- Erfüllung unterscheidet; daß aber das Prädikat die Substanz ausdrückt
- und das Subjekt selbst ins Allgemeine fällt, ist die _Einheit_, worin
- jener Akzent verklingt.
- Um das Gesagte durch Beispiele zu erläutern, so ist in dem Satz:
- _Gott ist das Sein_, das Prädikat _das_ Sein; es hat substantielle
- Bedeutung, in der das Subjekt zerfließt. Sein soll hier nicht
- Prädikat, sondern das Wesen sein; dadurch scheint Gott aufzuhören,
- das zu sein, was er durch die Stellung des Satzes ist, nämlich das
- feste Subjekt.--Das Denken, statt im Übergange vom Subjekte zum
- Prädikate weiterzukommen, fühlt sich, da das Subjekt verlorengeht,
- vielmehr gehemmt und zu dem Gedanken des Subjekts, weil es dasselbe
- vermißt, zurückgeworfen; oder es findet, da das Prädikat selbst als
- ein Subjekt, als _das_ Sein, als das _Wesen_ ausgesprochen ist,
- welches die Natur des Subjekts erschöpft, das Subjekt unmittelbar
- auch im Prädikate; und nun, statt daß es im Prädikate in sich
- gegangen die freie Stellung des Räsonierens erhielte, ist es in den
- Inhalt noch vertieft, oder wenigstens ist die Foderung vorhanden, in
- ihn vertieft zu sein.--So auch wenn gesagt wird: das _Wirkliche_ ist
- das _Allgemeine_, so vergeht das Wirkliche als Subjekt, in seinem
- Prädikate. Das Allgemeine soll nicht nur die Bedeutung des Prädikats
- haben, so daß der Satz dies aussagte, das Wirkliche sei allgemein,
- sondern das Allgemeine soll das Wesen des Wirklichen ausdrücken.--Das
- Denken verliert daher so sehr seinen festen gegenständlichen Boden,
- den es am Subjekte hatte, als es im Prädikate darauf zurückgeworfen
- wird, und in diesem nicht in sich, sondern in das Subjekt des Inhalts
- zurückgeht.
- Einleitung
- Es ist eine natürliche Vorstellung, daß, eh in der Philosophie an die
- Sache selbst, nämlich an das wirkliche Erkennen dessen, was in
- Wahrheit ist, gegangen wird, es notwendig sei, vorher über das
- Erkennen sich zu verständigen, das als das Werkzeug, wodurch man des
- Absoluten sich bemächtige, oder als das Mittel, durch welches
- hindurch man es erblicke, betrachtet wird. Die Besorgnis scheint
- gerecht, teils daß es verschiedene Arten der Erkenntnis geben, und
- darunter eine geschickter als eine andere zur Erreichung dieses
- Endzwecks sein möchte, hiemit durch falsche Wahl unter ihnen,--teils
- auch daß, indem das Erkennen ein Vermögen von bestimmter Art und
- Umfange ist, ohne die genauere Bestimmung seiner Natur und Grenze
- Wolken des Irrtums statt des Himmels der Wahrheit erfaßt werden.
- Diese Besorgnis muß sich wohl sogar in die Überzeugung verwandeln,
- daß das ganze Beginnen, dasjenige, was An-sich ist, durch das
- Erkennen dem Bewußtsein zu erwerben, in seinem Begriffe widersinnig
- sei, und zwischen das Erkennen und das Absolute eine sie schlechthin
- scheidende Grenze falle. Denn ist das Erkennen das Werkzeug, sich
- des absoluten Wesens zu bemächtigen, so fällt sogleich auf, daß die
- Anwendung eines Werkzeugs auf eine Sache sie vielmehr nicht läßt, wie
- sie für sich ist, sondern eine Formierung und Veränderung mit ihr
- vornimmt. Oder ist das Erkennen nicht Werkzeug unserer Tätigkeit,
- sondern gewissermaßen ein passives Medium, durch welches hindurch das
- Licht der Wahrheit an uns gelangt, so erhalten wir auch so sie nicht,
- wie sie an sich, sondern wie sie durch und in diesem Medium ist. Wir
- gebrauchen in beiden Fällen ein Mittel, welches unmittelbar das
- Gegenteil seines Zwecks hervorbringt; oder das Widersinnige ist
- vielmehr, daß wir uns überhaupt eines Mittels bedienen. Es scheint
- zwar, daß diesem Übelstande durch die Kenntnis der Wirkungsweise des
- _Werkzeugs_ abzuhelfen steht, denn sie macht es möglich, den Teil,
- welcher in der Vorstellung, die wir durch es vom Absoluten erhalten,
- dem Werkzeuge angehört, im Resultate abzuziehen, und so das Wahre
- rein zu erhalten. Allein, diese Verbesserung würde uns in der Tat
- nur dahin zurückbringen, wo wir vorher waren. Wenn wir von einem
- formierten Dinge das wieder wegnehmen, was das Werkzeug daran getan
- hat, so ist uns das Ding--hier das Absolute--gerade wieder so viel
- als vor dieser somit überflüssiger Bemühung. Sollte das Absolute
- durch das Werkzeug uns nur überhaupt näher gebracht werden, ohne
- etwas an ihm zu verändern, wie etwa durch die Leimrute der Vogel, so
- würde es wohl, wenn es nicht an und für sich schon bei uns wäre und
- sein wollte, dieser List spotten; denn eine List wäre in diesem Falle
- das Erkennen, da es durch sein vielfaches Bemühen ganz etwas anderes
- zu treiben sich die Miene gibt, als nur die unmittelbare und somit
- mühelose Beziehung hervorzubringen. Oder wenn die Prüfung des
- Erkennens, das wir als ein _Medium_ uns vorstellen, uns das Gesetz
- seiner Strahlenbrechung kennen lehrt, so nützt es ebenso nichts, sie
- im Resultate abzuziehen; denn nicht das Brechen des Strahls, sondern
- der Strahl selbst, wodurch die Wahrheit uns berührt, ist das Erkennen,
- und dieses abgezogen, wäre uns nur die reine Richtung oder der leere
- Ort bezeichnet worden.
- Inzwischen wenn die Besorgnis, in Irrtum zu geraten, ein Mißtrauen in
- die Wissenschaft setzt, welche ohne dergleichen Bedenklichkeiten ans
- Werk selbst geht und wirklich erkennt, so ist nicht abzusehen, warum
- nicht umgekehrt ein Mißtrauen in dies Mißtrauen gesetzt und besorgt
- werden soll, daß diese Furcht zu irren schon der Irrtum selbst ist.
- In der Tat setzt sie etwas, und zwar manches, als Wahrheit voraus,
- und stützt darauf ihre Bedenklichkeiten und Konsequenzen, was selbst
- vorher zu prüfen ist, ob es Wahrheit sei. Sie setzt nämlich
- _Vorstellungen_ von dem _Erkennen_ als einem _Werkzeuge_ und _Medium_,
- auch einen _Unterschied unserer selbst von diesem Erkennen_ voraus;
- vorzüglich aber dies, daß das Absolute _auf einer Seite_ stehe, und
- _das Erkennen auf der andern Seite_ für sich und getrennt von dem
- Absoluten doch etwas Reelles, oder hiemit, daß das Erkennen, welches,
- indem es außer dem Absoluten, wohl auch außer der Wahrheit ist, doch
- wahrhaft sei; eine Annahme, wodurch das, was sich Furcht vor dem
- Irrtume nennt, sich eher als Furcht vor der Wahrheit zu erkennen gibt.
- Diese Konsequenz ergibt sich daraus, daß das Absolute allein wahr,
- oder das Wahre allein absolut ist. Sie kann abgelehnt werden, durch
- den Unterschied, daß ein Erkennen, welches zwar nicht, wie die
- Wissenschaft will, das Absolute erkennt, doch auch wahr; und das
- Erkennen überhaupt, wenn es dasselbe zu fassen zwar unfähig sei, doch
- anderer Wahrheit fähig sein könne. Aber wir sehen nachgerade, daß
- solches Hinundherreden auf einen trüben Unterschied zwischen einem
- absoluten Wahren und einem sonstigen Wahren hinausläuft, und das
- Absolute, das Erkennen, und so fort, Worte sind, welche eine
- Bedeutung voraussetzen, um die zu erlangen es erst zu tun ist.
- Statt mit dergleichen unnützen Vorstellungen und Redensarten von dem
- Erkennen als einem Werkzeuge, des Absoluten habhaft zu werden, oder
- als einem Medium, durch das hindurch wir die Wahrheit erblicken und
- so fort--Verhältnisse, worauf wohl alle diese Vorstellungen von einem
- Erkennen, das vom Absoluten, und einem Absoluten, das von dem
- Erkennen getrennt ist, hinauslaufen--, statt mit den Ausreden, welche
- das Unvermögen der Wissenschaft aus der Voraussetzung solcher
- Verhältnisse schöpft, um von der Mühe der Wissenschaft zugleich sich
- zu befreien, und zugleich sich das Ansehen eines ernsthaften und
- eifrigen Bemühens zu geben, sowie statt mit Antworten auf alles
- dieses sich herumzuplacken, könnten sie als zufällige und
- willkürliche Vorstellungen geradezu verworfen, und der damit
- verbundne Gebrauch von Worten als dem Absoluten, dem Erkennen, auch
- dem Objektiven und Subjektiven, und unzähligen andern, deren
- Bedeutung als allgemein bekannt vorausgesetzt wird, sogar als Betrug
- angesehen werden. Denn das Vorgeben, teils daß ihre Bedeutung
- allgemein bekannt ist, teils auch, daß man selbst ihren Begriff hat,
- scheint eher nur die Hauptsache ersparen zu sollen, nämlich diesen
- Begriff zu geben. Mit mehr Recht dagegen könnte die Mühe gespart
- werden, von solchen Vorstellungen und Redensarten, wodurch die
- Wissenschaft selbst abgewehrt werden soll, überhaupt Notiz zu nehmen,
- denn sie machen nur eine leere Erscheinung des Wissens aus, welche
- vor der auftretenden Wissenschaft unmittelbar verschwindet. Aber die
- Wissenschaft darin, daß sie auftritt, ist sie selbst eine Erscheinung;
- ihr Auftreten ist noch nicht sie in ihrer Wahrheit ausgeführt und
- ausgebreitet. Es ist hiebei gleichgültig, sich vorzustellen, _daß
- sie_ die Erscheinung ist, weil sie _neben anderem_ auftritt, oder
- jenes andere unwahre Wissen ihr Erscheinen zu nennen. Die
- Wissenschaft muß sich aber von diesem Scheine befreien; und sie kann
- dies nur dadurch, daß sie sich gegen ihn wendet. Denn sie kann ein
- Wissen, welches nicht wahrhaft ist, weder als eine gemeine Ansicht
- der Dinge nur verwerfen, und versichern, daß sie eine ganz andere
- Erkenntnis und jenes Wissen für sie gar nichts ist; noch sich auf die
- Ahndung eines bessern in ihm selbst berufen. Durch jene
- _Versicherung_ erklärte sie ihr Sein für ihre Kraft; aber das unwahre
- Wissen beruft sich ebenso darauf, daß _es ist_, und _versichert_, daß
- ihm die Wissenschaft nichts ist; _ein_ trockenes Versichern gilt aber
- gerade soviel als ein anderes. Noch weniger kann sie sich auf die
- bessere Ahndung berufen, welche in dem nicht wahrhaften Erkennen
- vorhanden, und in ihm selbst die Hinweisung auf sie sei; denn
- einesteils beriefe sie sich ebenso wieder auf ein Sein; andernteils
- aber auf sich, als auf die Weise, wie sie im nicht wahrhaften
- Erkennen ist, das heißt, auf eine schlechte Weise ihres Seins, und
- auf ihre Erscheinung vielmehr als darauf, wie sie an und für sich ist.
- Aus diesem Grunde soll hier die Darstellung des erscheinenden
- Wissens vorgenommen werden.
- Weil nun diese Darstellung nur das erscheinende Wissen zum
- Gegenstande hat, so scheint sie selbst nicht die freie, in ihrer
- eigentümlichen Gestalt sich bewegende Wissenschaft zu sein, sondern
- sie kann von diesem Standpunkte aus, als der Weg des natürlichen
- Bewußtseins, das zum wahren Wissen dringt, genommen werden; oder als
- der Weg der Seele, welche die Reihe ihrer Gestaltungen, als durch
- ihre Natur ihr vorgesteckter Stationen, durchwandert, daß sie sich
- zum Geiste läutere, indem sie durch die vollständige Erfahrung ihrer
- selbst zur Kenntnis desjenigen gelangt, was sie an sich selbst ist.
- Das natürliche Bewußtsein wird sich erweisen, nur Begriff des Wissens,
- oder nicht reales Wissen zu sein. Indem es aber unmittelbar sich
- vielmehr für das reale Wissen hält, so hat dieser Weg für es negative
- Bedeutung, und ihm gilt das vielmehr für Verlust seiner selbst, was
- die Realisierung des Begriffs ist; denn es verliert auf diesem Wege
- seine Wahrheit. Er kann deswegen als der Weg des _Zweifels_
- angesehen werden, oder eigentlicher als Weg der Verzweiflung; auf ihm
- geschieht nämlich nicht das, was unter Zweifeln verstanden zu werden
- pflegt, ein Rütteln an dieser oder jener vermeinten Wahrheit, auf
- welches ein gehöriges Wiederverschwinden des Zweifels und eine
- Rückkehr zu jener Wahrheit erfolgt, so daß am Ende die Sache genommen
- wird wie vorher. Sondern er ist die bewußte Einsicht in die
- Unwahrheit des erscheinenden Wissens, dem dasjenige das Reellste ist,
- was in Wahrheit vielmehr nur der nichtrealisierte Begriff ist.
- Dieser sich vollbringende Skeptizismus ist darum auch nicht dasjenige,
- womit wohl der ernsthafte Eifer um Wahrheit und Wissenschaft sich
- für diese fertig gemacht und ausgerüstet zu haben wähnt; nämlich mit
- dem _Vorsatze_, in der Wissenschaft auf die Autorität sich den
- Gedanken anderer nicht zu ergeben, sondern alles selbst zu prüfen und
- nur der eigenen Überzeugung zu folgen, oder besser noch, alles selbst
- zu produzieren und nur die eigne Tat für das Wahre zu halten. Die
- Reihe seiner Gestaltungen, welche das Bewußtsein auf diesem Wege
- durchläuft, ist vielmehr die ausführliche Geschichte der _Bildung_
- des Bewußtseins selbst zur Wissenschaft. Jener Vorsatz stellt die
- Bildung in der einfachen Weise des Vorsatzes als unmittelbar abgetan
- und geschehen vor; dieser Weg aber ist gegen diese Unwahrheit die
- wirkliche Ausführung. Der eigenen Überzeugung folgen ist allerdings
- mehr als sich der Autorität ergeben; aber durch die Verkehrung des
- Dafürhaltens aus Autorität in Dafürhalten aus eigener Überzeugung ist
- nicht notwendig der Inhalt desselben geändert und an die Stelle des
- Irrtums Wahrheit getreten. Auf die Autorität anderer oder aus
- eigener Überzeugung im Systeme des Meinens und des Vorurteils zu
- stecken, unterscheidet sich voneinander allein durch die Eitelkeit,
- welche der letztern Weise beiwohnt. Der sich auf den ganzen Umfang
- des erscheinenden Bewußtseins richtende Skeptizismus macht dagegen
- den Geist erst geschickt zu prüfen, was Wahrheit ist, indem er eine
- Verzweiflung an den sogenannten natürlichen Vorstellungen, Gedanken
- und Meinungen zustande bringt, welche es gleichgültig ist, eigene
- oder fremde zu nennen, und mit welchen das Bewußtsein, das _geradezu_
- ans Prüfen geht, noch erfüllt und behaftet, dadurch aber in der Tat
- dessen unfähig ist, was es unternehmen will.
- Die _Vollständigkeit_ der Formen des nicht realen Bewußtseins wird
- sich durch die Notwendigkeit des Fortganges und Zusammenhanges selbst
- ergeben. Um dies begreiflich zu machen, kann im allgemeinen zum
- Voraus bemerkt werden, daß die Darstellung des nicht wahrhaften
- Bewußtseins in seiner Unwahrheit nicht eine bloß _negative_ Bewegung
- ist. Eine solche einseitige Ansicht hat das natürliche Bewußtsein
- überhaupt von ihr; und ein Wissen, welches diese Einseitigkeit zu
- seinem Wesen macht, ist eine der Gestalten des unvollendeten
- Bewußtseins, welche in den Verlauf des Weges selbst fällt, und darin
- sich darbieten wird. Sie ist nämlich der Skeptizismus, der in dem
- Resultate nur immer das _reine Nichts_ sieht, und davon abstrahiert,
- daß dies Nichts bestimmt das Nichts _dessen_ ist, _woraus es
- resultiert_. Das Nichts ist aber nur, genommen als das Nichts dessen,
- woraus es herkömmt, in der Tat das wahrhafte Resultat; es ist hiemit
- selbst ein _bestimmtes_ und hat einen _Inhalt._ Der Skeptizismus, der
- mit der Abstraktion des Nichts oder der Leerheit endigt, kann von
- dieser nicht weiter fortgehen, sondern muß es erwarten, ob, und was
- ihm etwas Neues sich darbietet, um es in denselben leeren Abgrund zu
- werfen. Indem dagegen das Resultat, wie es in Wahrheit ist,
- aufgefaßt wird, als _bestimmte_ Negation, so ist damit unmittelbar
- eine neue Form entsprungen, und in der Negation der Übergang gemacht,
- wodurch sich der Fortgang durch die vollständige Reihe der Gestalten
- von selbst ergibt.
- Das _Ziel_ aber ist dem Wissen ebenso notwendig als die Reihe des
- Fortganges gesteckt; es ist da, wo es nicht mehr über sich selbst
- hinauszugehen nötig hat, wo es sich selbst findet, und der Begriff
- dem Gegenstande, der Gegenstand dem Begriffe entspricht. Der
- Fortgang zu diesem Ziele ist daher auch unaufhaltsam, und auf keiner
- frühern Station Befriedigung zu finden. Was auf ein natürliches
- Leben beschränkt ist, vermag durch sich selbst nicht über sein
- unmittelbares Dasein hinauszugehen; aber es wird durch ein anderes
- darüber hinausgetrieben, und dies Hinausgerissenwerden ist sein Tod.
- Das Bewußtsein aber ist für sich selbst sein _Begriff_, dadurch
- unmittelbar das Hinausgehen über das Beschränkte, und, da ihm dies
- Beschränkte angehört, über sich selbst; mit dem Einzelnen ist ihm
- zugleich das Jenseits gesetzt, wäre es auch nur, wie im räumlichen
- Anschauen, _neben_ dem Beschränkten. Das Bewußtsein leidet also
- diese Gewalt, sich die beschränkte Befriedigung zu verderben, von ihm
- selbst. Bei dem Gefühle dieser Gewalt mag die Angst vor der Wahrheit
- wohl zurücktreten, und sich dasjenige, dessen Verlust droht, zu
- erhalten streben. Sie kann aber keine Ruhe finden; es sei, daß sie
- in gedankenloser Trägheit stehenbleiben will; der Gedanke verkümmert
- die Gedankenlosigkeit, und seine Unruhe stört die Trägheit; oder daß
- sie als Empfindsamkeit sich befestigt, welche alles in _seiner Art
- gut_ zu finden versichert; diese Versicherung leidet ebenso Gewalt
- von der Vernunft, welche gerade darum etwas nicht gut findet,
- insofern es eine Art ist. Oder die Furcht der Wahrheit mag sich vor
- sich und andern hinter dem Scheine verbergen, als ob gerade der heiße
- Eifer für die Wahrheit selbst es ihr so schwer, ja unmöglich mache,
- eine andere Wahrheit zu finden als die einzige der Eitelkeit, immer
- noch gescheuter zu sein als jede Gedanken, welche man aus sich selbst
- oder von andern hat; diese Eitelkeit, welche sich jede Wahrheit zu
- vereiteln, daraus in sich zurückzukehren versteht, und an diesem
- eignen Verstande sich weidet, der alle Gedanken immer aufzulösen und
- statt alles Inhalts nur das trockne Ich zu finden weiß, ist eine
- Befriedigung, welche sich selbst überlassen werden muß, denn sie
- flieht das Allgemeine, und sucht nur das Für-sich-sein.
- Wie dieses vorläufig und im allgemeinen über die Weise und
- Notwendigkeit des Fortgangs gesagt worden ist, so kann noch über die
- _Methode der Ausführung_ etwas zu erinnern dienlich sein. Diese
- Darstellung als ein _Verhalten_ der _Wissenschaft_ zu dem
- _erscheinenden_ Wissen, und als _Untersuchung_ und _Prüfung der
- Realität des Erkennens_ vorgestellt, scheint nicht ohne irgendeine
- Voraussetzung, die als _Maßstab_ zugrunde gelegt wird, stattfinden zu
- können. Denn die Prüfung besteht in dem Anlegen eines angenommenen
- Maßstabes, und in der sich ergebenden Gleichheit oder Ungleichheit
- dessen, was geprüft wird, mit ihm die Entscheidung, ob es richtig
- oder unrichtig ist; und der Maßstab überhaupt, und ebenso die
- Wissenschaft, wenn sie der Maßstab wäre, ist dabei als das _Wesen_
- oder als _das An-sich_ angenommen. Aber hier, wo die Wissenschaft
- erst auftritt, hat weder sie selbst, noch was es sei, sich als das
- Wesen oder als das An-sich gerechtfertigt; und ohne ein solches
- scheint keine Prüfung stattfinden zu können.
- Dieser Widerspruch und seine Wegräumung wird sich bestimmter ergeben,
- wenn zuerst an die abstrakten Bestimmungen des Wissens und der
- Wahrheit erinnert wird, wie sie an dem Bewußtsein vorkommen. Dieses
- _unterscheidet_ nämlich etwas von sich, worauf es sich zugleich
- _bezieht_; oder wie dies ausgedrückt wird, es ist etwas _für
- dasselbe_; und die bestimmte Seite dieses _Beziehens_, oder des
- _Seins_ von etwas _für ein Bewußtsein_ ist das _Wissen._ Von diesem
- Sein für ein anderes unterscheiden wir aber das _An-sich-sein_; das
- auf das Wissen bezogene wird ebenso von ihm unterschieden, und
- gesetzt als _seiend_ auch außer dieser Beziehung; die Seite dieses
- An-sich heißt _Wahrheit_. Was eigentlich an diesen Bestimmungen sei,
- geht uns weiter hier nichts an, denn indem das erscheinende Wissen
- unser Gegenstand ist, so werden auch zunächst seine Bestimmungen
- aufgenommen, wie sie sich unmittelbar darbieten; und so, wie sie
- gefaßt worden sind, ist es wohl, daß sie sich darbieten.
- Untersuchen wir nun die Wahrheit des Wissens, so scheint es, wir
- untersuchen, was es _an sich_ ist. Allein in dieser Untersuchung ist
- es _unser_ Gegenstand, es ist _für uns_; und das _An-sich_ desselben,
- welches sich ergäbe, wäre so vielmehr sein Sein _für uns_; was wir
- als sein Wesen behaupten würden, vielmehr nicht seine Wahrheit,
- sondern nur unser Wissen von ihm. Das Wesen oder der Maßstab fiele
- in uns, und dasjenige, was mit ihm verglichen, und über welches durch
- diese Vergleichung entschieden werden sollte, hätte ihn nicht
- notwendig anzuerkennen.
- Aber die Natur des Gegenstandes, den wir untersuchen, überhebt dieser
- Trennung oder dieses Scheins von Trennung und Voraussetzung. Das
- Bewußtsein gibt seinen Maßstab an ihm selbst, und die Untersuchung
- wird dadurch eine Vergleichung seiner mit sich selbst sein; denn die
- Unterscheidung, welche soeben gemacht worden ist, fällt in es. Es
- ist in ihm eines _für ein_ anderes, oder es hat überhaupt die
- Bestimmtheit des Moments des Wissens an ihm; zugleich ist ihm dies
- andere nicht nur _für es_, sondern auch außer dieser Beziehung oder
- _an sich_: das Moment der Wahrheit. An dem also, was das Bewußtsein
- innerhalb seiner für das _An-sich_ oder das _Wahre_ erklärt, haben
- wir den Maßstab, den es selbst aufstellt, sein Wissen daran zu messen.
- Nennen wir das _Wissen_ den _Begriff_, das Wesen oder das _Wahre_
- aber das Seiende oder den _Gegenstand_, so besteht die Prüfung darin,
- zuzusehen, ob der Begriff dem Gegenstande entspricht. Nennen wir
- aber _das Wesen_ oder das An-sich _des Gegenstandes den Begriff_, und
- verstehen dagegen unter dem _Gegenstande_, ihn als _Gegenstand_,
- nämlich wie er _für ein anderes_ ist, so besteht die Prüfung darin,
- daß wir zusehen, ob der Gegenstand seinem Begriff entspricht. Man
- sieht wohl, daß beides dasselbe ist; das Wesentliche aber ist, dies
- für die ganze Untersuchung festzuhalten, daß diese beiden Momente,
- _Begriff_ und _Gegenstand, Für-ein-anderes-_ und
- _An-sich-selbst-sein_, in das Wissen, das wir untersuchen, selbst
- fallen, und hiemit wir nicht nötig haben, Maßstäbe mitzubringen, und
- _unsere_ Einfälle und Gedanken bei der Untersuchung zu applizieren;
- dadurch, daß wir diese weglassen, erreichen wir es, die Sache, wie
- sie _an_ und _für sich_ selbst ist, zu betrachten.
- Aber nicht nur nach dieser Seite, daß Begriff und Gegenstand, der
- Maßstab und das zu Prüfende, in dem Bewußtsein selbst vorhanden sind,
- wird eine Zutat von uns überflüssig, sondern wir werden auch der Mühe
- der Vergleichung beider und der eigentlichen _Prüfung_ überhoben, so
- daß, indem das Bewußtsein sich selbst prüft, uns auch von dieser
- Seite nur das reine Zusehen bleibt. Denn das Bewußtsein ist
- einerseits Bewußtsein des Gegenstandes, anderseits Bewußtsein seiner
- selbst; Bewußtsein dessen, was ihm das Wahre ist, und Bewußtsein
- seines Wissens davon. Indem beide _für dasselbe_ sind, ist es selbst
- ihre Vergleichung; es wird _für dasselbe_, ob sein Wissen von dem
- Gegenstande diesem entspricht oder nicht. Der Gegenstand scheint
- zwar für dasselbe nur so zu sein, wie es ihn weiß; es scheint
- gleichsam nicht dahinterkommen zu können, wie er, _nicht für
- dasselbe_, sondern wie er _an sich_ ist, und also auch sein Wissen
- nicht an ihm prüfen zu können. Allein gerade darin, daß es überhaupt
- von einem Gegenstande weiß, ist schon der Unterschied vorhanden, daß
- ihm etwas das _An-sich_, ein anderes Moment aber das Wissen, oder das
- Sein des Gegenstandes _für das_ Bewußtsein ist. Auf dieser
- Unterscheidung, welche vorhanden ist, beruht die Prüfung. Entspricht
- sich in dieser Vergleichung beides nicht, so scheint das Bewußtsein
- sein Wissen ändern zu müssen, um es dem Gegenstande gemäß zu machen,
- aber in der Veränderung des Wissens ändert sich ihm in der Tat auch
- der Gegenstand selbst; denn das vorhandene Wissen war wesentlich ein
- Wissen von dem Gegenstande; mit dem Wissen wird auch er ein anderer,
- denn er gehörte wesentlich diesem Wissen an. Es wird hiemit dem
- Bewußtsein, daß dasjenige, was ihm vorher das _An-sich_ war, nicht an
- sich ist, oder daß es nur _*für es* an sich_ war. Indem es also an
- seinem Gegenstande sein Wissen diesem nicht entsprechend findet, hält
- auch der Gegenstand selbst nicht aus; oder der Maßstab der Prüfung
- ändert sich, wenn dasjenige, dessen Maßstab er sein sollte, in der
- Prüfung nicht besteht; und die Prüfung ist nicht nur eine Prüfung des
- Wissens, sondern auch ihres Maßstabes.
- Diese _dialektische_ Bewegung, welche das Bewußtsein an ihm selbst,
- sowohl an seinem Wissen als an seinem Gegenstande ausübt, _insofern
- ihm der neue wahre Gegenstand_ daraus _entspringt_, ist eigentlich
- dasjenige, was _Erfahrung_ genannt wird. Es ist in dieser Beziehung
- an dem soeben erwähnten Verlaufe ein Moment noch näher herauszuheben,
- wodurch sich über die wissenschaftliche Seite der folgenden
- Darstellung ein neues Licht verbreiten wird. Das Bewußtsein weiß
- _Etwas_, dieser Gegenstand ist das Wesen oder das _An-sich_; er ist
- aber auch für das Bewußtsein das _An-sich_; damit tritt die
- Zweideutigkeit dieses Wahren ein. Wir sehen, daß das Bewußtsein itzt
- zwei Gegenstände hat, den einen das erste _An-sich_, den zweiten das
- _Für-es-sein dieses An-sich_. Der letztere scheint zunächst nur die
- Reflexion des Bewußtseins in sich selbst zu sein, ein Vorstellen,
- nicht eines Gegenstandes, sondern nur seines Wissens von jenem ersten.
- Allein wie vorhin gezeigt worden, ändert sich ihm dabei der erste
- Gegenstand; er hört auf, das An-sich zu sein, und wird ihm zu einem
- solchen, der nur _für es_ das _An-sich_ ist; somit aber ist dann dies:
- _das Für-es-sein dieses An-sich_, das Wahre, das heißt aber, dies
- ist das _Wesen_, oder sein _Gegenstand_. Dieser neue Gegenstand
- enthält die Nichtigkeit des ersten, er ist die über ihn gemachte
- Erfahrung.
- An dieser Darstellung des Verlaufs der Erfahrung ist ein Moment,
- wodurch sie mit demjenigen nicht übereinzustimmen scheint, was unter
- der Erfahrung verstanden zu werden pflegt. Der Übergang nämlich vom
- ersten Gegenstande und dem Wissen desselben zu dem andern Gegenstande,
- _an dem_ man sagt, daß die Erfahrung gemacht worden sei, wurde so
- angegeben, daß das Wissen vom ersten Gegenstande, oder das
- _Für_-das-Bewußtsein des ersten An-sich, der zweite Gegenstand selbst
- werden soll. Dagegen es sonst scheint, daß wir die Erfahrung von der
- Unwahrheit unseres ersten Begriffs _an einem andern_ Gegenstande
- machen, den wir zufälligerweise und äußerlich etwa finden, so daß
- überhaupt nur das reine _Auffassen_ dessen, was an und für sich ist,
- in uns falle. In jener Ansicht aber zeigt sich der neue Gegenstand
- als geworden, durch eine _Umkehrung des Bewußtseins_ selbst. Diese
- Betrachtung der Sache ist unsere Zutat, wodurch sich die Reihe der
- Erfahrungen des Bewußtseins zum wissenschaftlichen Gange erhebt, und
- welche nicht für das Bewußtsein ist, das wir betrachten. Es ist aber
- dies in der Tat auch derselbe Umstand, von welchem oben schon in
- Ansehung des Verhältnisses dieser Darstellung zum Skeptizismus die
- Rede war, daß nämlich das jedesmalige Resultat, welches sich an einem
- nicht wahrhaften Wissen ergibt, nicht in ein leeres Nichts
- zusammenlaufen dürfe, sondern notwendig als Nichts _desjenigen_,
- dessen _Resultat_ es ist, aufgefaßt werden müsse; ein Resultat,
- welches das enthält, was das vorhergehende Wissen Wahres an ihm hat.
- Dies bietet sich hier so dar, daß, indem das, was zuerst als der
- Gegenstand erschien, dem Bewußtsein zu einem Wissen von ihm
- herabsinkt, und das _An-sich_ zu einem _Für-das-Bewußtsein-sein_ des
- _An-sich_ wird, dies der neue Gegenstand ist, womit auch eine neue
- Gestalt des Bewußtseins auftritt, welcher etwas anderes das Wesen ist
- als der vorhergehenden. Dieser Umstand ist es, welcher die ganze
- Folge der Gestalten des Bewußtseins in ihrer Notwendigkeit leitet.
- Nur diese Notwendigkeit selbst, oder die _Entstehung_ des neuen
- Gegenstandes, der dem Bewußtsein, ohne zu wissen, wie ihm geschieht,
- sich darbietet, ist es, was für uns gleichsam hinter seinem Rücken
- vorgeht. Es kommt dadurch in seine Bewegung ein Moment des
- _An-sich-_ oder _Für-uns-seins_, welches nicht für das Bewußtsein,
- das in der Erfahrung selbst begriffen ist, sich darstellt; der
- _Inhalt_ aber dessen, was uns entsteht, ist _für es_, und wir
- begreifen nur das Formelle desselben, oder sein reines Entstehen;
- _für es_ ist dies Entstandene nur als Gegenstand, _für uns_ zugleich
- als Bewegung und Werden.
- Durch diese Notwendigkeit ist dieser Weg zur Wissenschaft selbst
- schon _Wissenschaft_, und nach ihrem Inhalte hiemit Wissenschaft der
- _Erfahrung des Bewußtseins_.
- Die Erfahrung, welche das Bewußtsein über sich macht, kann ihrem
- Begriffe nach nichts weniger in sich begreifen als das ganze System
- desselben, oder das ganze Reich der Wahrheit des Geistes, so daß die
- Momente derselben in dieser eigentümlichen Bestimmtheit sich
- darstellen, nicht abstrakte, reine Momente zu sein, sondern so, wie
- sie für das Bewußtsein sind, oder wie dieses selbst in seiner
- Beziehung auf sie auftritt, wodurch die Momente des Ganzen,
- _Gestalten des Bewußtseins_ sind. Indem es zu seiner wahren Existenz
- sich forttreibt, wird es einen Punkt erreichen, auf welchem es seinen
- Schein ablegt, mit Fremdartigem, das nur für es und als ein anderes
- ist, behaftet zu sein, oder wo die Erscheinung dem Wesen gleich wird,
- seine Darstellung hiemit mit eben diesem Punkte der eigentlichen
- Wissenschaft des Geistes zusammenfällt, und endlich, indem es selbst
- dies sein Wesen erfaßt, wird es die Natur des absoluten Wissens
- selbst bezeichnen.
- I. Die sinnliche Gewißheit;oder das Diese und das Meinen
- Das Wissen, welches zuerst oder unmittelbar unser Gegenstand ist,
- kann kein anderes sein als dasjenige, welches selbst unmittelbares
- Wissen, _Wissen_ des _Unmittelbaren_ oder _Seienden_ ist. Wir haben
- uns ebenso _unmittelbar_ oder _aufnehmend_ zu verhalten, also nichts
- an ihm, wie es sich darbietet, zu verändern, und von dem Auffassen
- das Begreifen abzuhalten.
- Der konkrete Inhalt der _sinnlichen Gewißheit_ läßt sie unmittelbar
- als die _reichste_ Erkenntnis, ja als eine Erkenntnis von unendlichem
- Reichtum erscheinen, für welchen ebensowohl wenn wir im Raume und in
- der Zeit, als worin er sich ausbreitet, _hinaus-_, als wenn wir uns
- ein Stück aus dieser Fülle nehmen, und durch Teilung in dasselbe
- _hineingehen_, keine Grenze zu finden ist. Sie erscheint außerdem
- als die _wahrhafteste_; denn sie hat von dem Gegenstande noch nichts
- weggelassen, sondern ihn in seiner ganzen Vollständigkeit vor sich.
- Diese _Gewißheit_ aber gibt in der Tat sich selbst für die
- abstrakteste und ärmste _Wahrheit_ aus. Sie sagt von dem, was sie
- weiß, nur dies aus: es _ist_; und ihre Wahrheit enthält allein das
- _Sein_ der Sache; das Bewußtsein seinerseits ist in dieser Gewißheit
- nur als reines _Ich_; oder _Ich_ bin darin nur als reiner _Dieser_,
- und der Gegenstand ebenso nur als reines _Dieses_. Ich, _dieser_,
- bin _dieser_ Sache nicht darum gewiß, weil _Ich_ als Bewußtsein
- hiebei mich entwickelte und mannigfaltig den Gedanken bewegte. Auch
- nicht darum, weil _die Sache_, deren ich gewiß bin, nach einer Menge
- unterschiedener Beschaffenheiten eine reiche Beziehung an ihr selbst,
- oder ein vielfaches Verhalten zu andern wäre. Beides geht die
- Wahrheit der sinnlichen Gewißheit nichts an; weder Ich noch die Sache
- hat darin die Bedeutung einer mannigfaltigen Vermittlung; Ich nicht
- die Bedeutung eines mannigfaltigen Vorstellens oder Denkens, noch die
- Sache die Bedeutung mannigfaltiger Beschaffenheiten; sondern die
- Sache _ist_; und sie _ist_, nur weil sie _ist_; sie _ist_, dies ist
- dem sinnlichen Wissen das Wesentliche, und dieses reine _Sein_ oder
- diese einfache Unmittelbarkeit macht ihre _Wahrheit_ aus. Ebenso ist
- die Gewißheit als _Beziehung unmittelbare_ reine Beziehung; das
- Bewußtsein ist _Ich_, weiter nichts, ein reiner _Dieser_; der
- _Einzelne_ weiß reines Dieses, oder _das Einzelne_.
- An dem _reinen Sein_ aber, welches das Wesen dieser Gewißheit
- ausmacht, und welches sie als ihre Wahrheit aussagt, spielt, wenn wir
- zusehen, noch vieles andere beiher. Eine wirkliche sinnliche
- Gewißheit ist nicht nur diese reine Unmittelbarkeit, sondern ein
- _Beispiel_ derselben. Unter den unzähligen dabei vorkommenden
- Unterschieden finden wir allenthalben die Hauptverschiedenheit, daß
- nämlich in ihr sogleich aus dem reinen Sein die beiden schon
- genannten _Diesen_, ein _Dieser_ als _Ich_, und ein _Dieses_ als
- _Gegenstand_ herausfallen. Reflektieren _wir_ über diesen
- Unterschied, so ergibt sich, daß weder das eine noch das andere nur
- _unmittelbar_, in der sinnlichen Gewißheit ist, sondern zugleich als
- _vermittelt_; Ich habe die Gewißheit _durch_ ein anderes, nämlich die
- Sache; und diese ist ebenso in der Gewißheit _durch_ ein anderes,
- nämlich durch Ich.
- Diesen Unterschied des Wesens und des Beispiels, der Unmittelbarkeit
- und der Vermittlung, machen nicht nur wir, sondern wir finden ihn an
- der sinnlichen Gewißheit selbst; und in der Form, wie er an ihr ist,
- nicht wie wir ihn soeben bestimmten, ist er aufzunehmen. Es ist in
- ihr eines als das einfache unmittelbar seiende, oder als das Wesen
- gesetzt, _der Gegenstand_; das andere aber, als das unwesentliche und
- vermittelte, welches darin nicht _an sich_, sondern durch ein anderes
- ist, Ich, _ein Wissen_, das den Gegenstand nur darum weiß, weil er
- ist, und das sein oder auch nicht sein kann. Der Gegenstand aber
- _ist_, das Wahre und das Wesen; er _ist_, gleichgültig dagegen, ob er
- gewußt wird oder nicht; er bleibt, wenn er auch nicht gewußt wird;
- das Wissen aber ist nicht, wenn nicht der Gegenstand ist.
- Der Gegenstand ist also zu betrachten, ob er in der Tat, in der
- sinnlichen Gewißheit selbst, als solches Wesen ist, für welches er
- von ihr ausgegeben wird; ob dieser sein Begriff, Wesen zu sein, dem
- entspricht, wie er in ihr vorhanden ist. Wir haben zu dem Ende nicht
- über ihn zu reflektieren und nachzudenken, was er in Wahrheit sein
- möchte, sondern ihn nur zu betrachten, wie ihn die sinnliche
- Gewißheit an ihr hat.
- _Sie_ ist also selbst zu fragen: _Was ist das Diese?_ Nehmen wir es
- in der gedoppelten Gestalt seines Seins, als das _Itzt_ und als das
- _Hier_, so wird die Dialektik, die es an ihm hat, eine so
- verständliche Form erhalten, als es selbst ist. Auf die Frage: _Was
- ist das Itzt?_ antworten wir also zum Beispiel: _Das Itzt ist die
- Nacht_. Um die Wahrheit dieser sinnlichen Gewißheit zu prüfen, ist
- ein einfacher Versuch hinreichend. Wir schreiben diese Wahrheit auf;
- eine Wahrheit kann durch Aufschreiben nicht verlieren; ebensowenig
- dadurch, daß wir sie aufbewahren. Sehen wir _itzt, diesen Mittag_,
- die aufgeschriebene Wahrheit wieder an, so werden wir sagen müssen,
- daß sie schal geworden ist.
- Das Itzt, welches Nacht ist, wird _aufbewahrt_, das heißt, es wird
- behandelt als das, für was es ausgegeben wird, als ein _Seiendes_; es
- erweist sich aber vielmehr als ein Nichtseiendes. Das _Itzt_ selbst
- erhält sich wohl, aber als ein solches, das nicht Nacht ist; ebenso
- erhält es sich gegen den Tag, der es itzt ist, als ein solches, das
- auch nicht Tag ist; oder als ein _Negatives_ überhaupt. Dieses sich
- erhaltende Itzt ist daher nicht ein unmittelbares, sondern ein
- vermitteltes; denn es ist als ein bleibendes und sich erhaltendes
- _dadurch_ bestimmt, daß anderes, nämlich der Tag und die Nacht, nicht
- ist. Dabei ist es eben noch so einfach als zuvor, _Itzt_, und in
- dieser Einfachheit gleichgültig gegen das, was noch bei ihm herspielt;
- so wenig die Nacht und der Tag sein Sein ist, ebensowohl ist es auch
- Tag und Nacht; es ist durch dies sein Anderssein gar nicht affiziert.
- Ein solches Einfaches, das durch Negation ist, weder dieses noch
- jenes, ein _Nichtdieses_, und ebenso gleichgültig, auch dieses wie
- jenes zu sein, nennen wir ein _Allgemeines_; das Allgemeine ist also
- in der Tat das Wahre der sinnlichen Gewißheit.
- Als ein Allgemeines _sprechen_ wir auch das Sinnliche _aus_; was wir
- sagen, ist: _Dieses_, das heißt das _allgemeine Diese_; oder_: es
- ist_; das heißt das _Sein überhaupt_. Wir _stellen_ uns dabei
- freilich nicht das allgemeine Diese, oder das Sein überhaupt _vor_,
- aber wir _sprechen_ das Allgemeine _aus_; oder wir sprechen
- schlechthin nicht, wie wir es in dieser sinnlichen Gewißheit _meinen_.
- Die Sprache aber ist, wie wir sehen, das Wahrhaftere; in ihr
- widerlegen wir selbst unmittelbar unsere _Meinung_, und da das
- Allgemeine das Wahre der sinnlichen Gewißheit ist, und die Sprache
- nur dieses Wahre ausdrückt, so ist es gar nicht möglich, daß wir ein
- sinnliches Sein, das wir _meinen_, je sagen können.
- Es wird derselbe Fall sein mit der andern Form des Dieses, mit _dem
- Hier_. _Das Hier_ ist zum Beispiel der _Baum_. Ich wende mich um, so
- ist diese Wahrheit verschwunden, und hat sich in die entgegengesetzte
- verkehrt: _Das Hier ist nicht ein Baum_, sondern vielmehr _ein Haus_.
- Das _Hier_ selbst verschwindet nicht; sondern _es ist_ bleibend im
- Verschwinden des Hauses, Baumes und so fort, und gleichgültig, Haus,
- Baum zu sein. Das _Dieses_ zeigt sich also wieder als _vermittelte
- Einfachheit_, oder als _Allgemeinheit_.
- Dieser sinnlichen Gewißheit, indem sie an ihr selbst das Allgemeine
- als die Wahrheit ihres Gegenstandes erweist, bleibt also das _reine
- Sein_ als ihr Wesen, aber nicht als unmittelbares, sondern ein
- solches, dem die Negation und Vermittlung wesentlich ist; hiemit
- nicht als das, was wir unter dem _Sein meinen_, sondern das _Sein_
- mit der _Bestimmung_, daß es die Abstraktion oder das rein Allgemeine
- ist, und _unsere Meinung_, für welche das wahre der sinnlichen
- Gewißheit nicht das Allgemeine ist, bleibt allein diesem leeren oder
- gleichgültigen Itzt und Hier gegenüber noch übrig.
- Vergleichen wir das Verhältnis, in welchem das _Wissen_ und der
- _Gegenstand_ zuerst auftrat, mit dem Verhältnisse derselben, wie sie
- in diesem Resultate zu stehen kommen, so hat es sich umgekehrt. Der
- Gegenstand, der das Wesentliche sein sollte, ist nun das
- Unwesentliche der sinnlichen Gewißheit, denn das Allgemeine, zu dem
- er geworden ist, ist nicht mehr ein solches, wie er für sie
- wesentlich sein sollte, sondern sie ist itzt in dem Entgegengesetzten,
- nämlich in dem Wissen, das vorher das Unwesentliche war, vorhanden.
- Ihre Wahrheit ist in dem Gegenstande als _meinem_ Gegenstande, oder
- im _Meinen_, er ist, weil _Ich_ von ihm weiß. Die sinnliche
- Gewißheit ist also zwar aus dem Gegenstande vertrieben, aber dadurch
- noch nicht aufgehoben, sondern nur in das Ich zurückgedrängt; es ist
- zu sehen, was uns die Erfahrung über diese ihre Realität zeigt.
- Die Kraft ihrer Wahrheit liegt also nun im _Ich_, in der
- Unmittelbarkeit meines _Sehens, Hörens_, und so fort; das
- Verschwinden des einzelnen Itzt, und Hier, das wir meinen, wird
- dadurch abgehalten, daß _Ich_ sie festhalte. _Das Itzt ist Tag_, weil
- ich ihn sehe; _das Hier ein Baum_, eben darum. Die sinnliche
- Gewißheit erfährt aber in diesem Verhältnisse dieselbe Dialektik an
- ihr, als in dem vorigen. _Ich, dieses_, sehe den Baum, und _behaupte
- den Baum als das Hier_; ein _anderer Ich_ sieht aber das Haus, und
- behauptet, das Hier sei nicht ein Baum, sondern vielmehr ein Haus.
- Beide Wahrheiten haben dieselbe Beglaubigung, nämlich die
- Unmittelbarkeit des Sehens, und die Sicherheit und Versicherung
- beider über ihr Wissen; die eine verschwindet aber in der andern.
- Was darin nicht verschwindet, ist _Ich_, als _allgemeines_, dessen
- Sehen weder ein Sehen des Baums noch dieses Hauses, sondern ein
- einfaches Sehen ist, das durch die Negation dieses Hauses und so fort
- vermittelt, darin ebenso einfach und gleichgültig gegen das, was noch
- beiher spielt, gegen das Haus, den Baum ist. Ich ist nur allgemeines,
- wie _Itzt, Hier_ oder _Dieses_ überhaupt; ich meine wohl einen
- _einzelnen Ich_, aber sowenig ich das, was ich bei Itzt, Hier meine,
- sagen kann, so wenig bei Ich. Indem ich sage: _dieses Hier, Itzt_
- oder ein _Einzelnes_, sage ich: _*alle* diese, alle Hier, Itzt,
- Einzelne_; ebenso indem ich sage: _Ich, dieser einzelne_ Ich, sage
- ich überhaupt: _*alle* Ich_; jeder ist das was ich sage: _Ich, dieser
- einzelne Ich_. Wenn der Wissenschaft diese Forderung, als ihr
- Probierstein, auf dem sie schlechthin nicht aushalten könnte,
- vorgelegt wird, ein sogenanntes _dieses Ding_, oder einen _diesen
- Menschen_, zu deduzieren, konstruieren, a priori zu finden oder wie
- man dies ausdrücken will, so ist billig, daß die Forderung _sage_,
- welches _dieses_ Ding oder welchen _diesen_ Ich sie meine; aber dies
- zu sagen ist unmöglich.
- Die sinnliche Gewißheit erfährt also, daß ihr Wesen weder in dem
- Gegenstande noch in dem Ich, und die Unmittelbarkeit weder eine
- Unmittelbarkeit des einen noch des andern ist, denn an beiden ist das,
- was Ich meine, vielmehr ein Unwesentliches, und der Gegenstand und
- Ich sind Allgemeine, in welchen dasjenige Itzt und Hier und Ich, das
- ich meine, nicht bestehen bleibt, oder _ist_. Wir kommen hiedurch
- dahin, das _Ganze_ der sinnlichen Gewißheit selbst als ihr _Wesen_ zu
- setzen, nicht mehr nur ein Moment derselben, wie in den beiden Fällen
- geschehen ist, worin zuerst der dem Ich entgegengesetzte Gegenstand,
- dann Ich ihre Realität sein sollte. Es ist also nur die _ganze_
- sinnliche Gewißheit selbst, welche an ihr als _Unmittelbarkeit_
- festhält, und hiedurch alle Entgegensetzung, die im vorherigen
- stattfand, aus sich ausschließt.
- Diese reine Unmittelbarkeit geht also das Anderssein des Hier als
- Baums, welches in ein Hier, das Nichtbaum ist, das Anderssein des
- Itzt als Tages, das in ein Itzt, das Nacht ist, übergeht, oder ein
- anderes Ich, dem etwas anderes Gegenstand ist, nichts mehr an. Ihre
- Wahrheit erhält sich als sich selbst gleichbleibende Beziehung, die
- zwischen dem Ich und dem Gegenstande keinen Unterschied der
- Wesentlichkeit und Unwesentlichkeit macht, und in die daher auch
- überhaupt kein Unterschied eindringen kann. Ich, dieses, behaupte
- also das Hier als Baum, und wende mich nicht um, so daß mir das Hier
- zu einem Nichtbaume würde; ich nehme auch keine Notiz davon, daß ein
- anderer Ich das Hier als Nichtbaum sieht, oder daß Ich selbst, ein
- anderesmal, das Hier als Nichtbaum, das Itzt als Nicht-Tag nehme,
- sondern Ich bin reines Anschauen; Ich für mich bleibe dabei, das Itzt
- ist Tag, oder auch dabei, das Hier ist Baum; vergleiche auch nicht
- das Hier und Itzt selbst miteinander, sondern halte an einer
- unmittelbaren Beziehung fest: das Itzt ist Tag.
- Da hiemit diese Gewißheit nicht mehr herzutreten will, wenn wir sie
- auf ein Itzt, das Nacht ist, oder auf einen Ich, dem es Nacht ist,
- aufmerksam machen, so treten wir zu ihr hinzu, und lassen uns das
- Itzt zeigen, das behauptet wird. _Zeigen_ müssen wir es uns lassen,
- denn die Wahrheit dieser unmittelbaren Beziehung ist die Wahrheit
- _dieses_ Ich, der sich auf ein _Itzt_ oder ein _Hier_ einschränkt.
- Würden wir _nachher_ diese Wahrheit vornehmen, oder _entfernt_ davon
- stehen, so hätte sie gar keine Bedeutung, denn wir höben die
- Unmittelbarkeit auf, die ihr wesentlich ist. Wir müssen daher in
- denselben Punkt der Zeit oder des Raums eintreten, sie uns zeigen, d.
- h. uns zu demselben diesen Ich, welches das gewiß Wissende ist,
- machen lassen. Sehen wir also, wie das Unmittelbare beschaffen ist,
- das uns aufgezeigt wird.
- Es wird das _Itzt_ gezeigt; _dieses Itzt_. _Itzt_; es hat schon
- aufgehört zu sein, indem es gezeigt wird; das _Itzt_, das _ist_, ist
- ein anderes als das gezeigte, und wir sehen, daß das Itzt eben dieses
- ist, indem es ist, schon nicht mehr zu sein. Das Itzt, wie es uns
- gezeigt wird, ist es ein _gewesenes_; und dies ist seine Wahrheit; es
- hat nicht die Wahrheit des Seins. Es ist also doch dies wahr, daß es
- gewesen ist. Aber was _gewesen_ ist, ist in der Tat _kein Wesen_;
- _es *ist* nicht_, und um das Sein war es zu tun.
- Wir sehen also in diesem Aufzeigen nur eine Bewegung und folgenden
- Verlauf derselben: 1) Ich zeige das Itzt auf, es ist als das Wahre
- behauptet; ich zeige es aber als Gewesenes, oder als ein Aufgehobenes,
- hebe die erste Wahrheit auf, und 2) Itzt behaupte Ich als die zweite
- Wahrheit, daß es _gewesen_, aufgehoben ist. 3) Aber das Gewesene ist
- nicht; Ich hebe das Gewesen- oder Aufgehobensein, die zweite Wahrheit
- auf, negiere damit die Negation des Itzt, und kehre so zur ersten
- Behauptung zurück: daß _Itzt_ ist. Das Itzt und das Aufzeigen des
- Itzt ist also so beschaffen, daß weder das Itzt noch das Aufzeigen
- des Itzt ein unmittelbares Einfaches ist, sondern eine Bewegung,
- welche verschiedene Momente an ihr hat; es wird _Dieses_ gesetzt, es
- wird aber vielmehr _ein Anderes_ gesetzt, oder das Diese wird
- aufgehoben: und dieses _Anderssein_ oder Aufheben des ersten wird
- selbst _wieder aufgehoben_, und so zu dem ersten zurückgekehrt. Aber
- dieses in sich reflektierte erste ist nicht ganz genau dasselbe, was
- es zuerst, nämlich ein _Unmittelbares_, war; sondern es ist eben _ein
- in sich Reflektiertes_, oder _Einfaches_, welches im Anderssein
- bleibt, was es ist; ein Itzt, welches absolut viele Itzt ist; und
- dies ist das wahrhafte Itzt; das Itzt als einfacher Tag, das viele
- Itzt in sich hat, Stunden; ein solches Itzt, eine Stunde, ist ebenso
- viele Minuten, und diese Itzt gleichfalls viele Itzt und so fort.
- --Das _Aufzeigen_ ist also selbst die Bewegung, welche es ausspricht,
- was das Itzt in Wahrheit ist; nämlich ein Resultat, oder eine
- Vielheit von Itzt zusammengefaßt; und das Aufzeigen ist das Erfahren,
- daß Itzt _Allgemeines_ ist.
- Das _aufgezeigte Hier_, das ich festhalte, ist ebenso ein _dieses_
- Hier, das in der Tat _nicht dieses_ Hier ist, sondern ein Vornen und
- Hinten, ein Oben und Unten, ein Rechts und Links ist. Das Oben ist
- selbst ebenso dieses vielfache Anderssein in oben, unten, und so fort.
- Das Hier, welches aufgezeigt werden sollte, verschwindet in andern
- Hier, aber diese verschwinden ebenso; das Aufgezeigte, Festgehaltene
- und Bleibende ist ein _negatives Dieses_, das nur so _ist_, indem die
- _Hier_, wie sie sollen, genommen werden, aber darin sich aufheben; es
- ist eine einfache Komplexion vieler Hier. Das Hier, das gemeint wird,
- wäre der Punkt; er _ist_ aber nicht, sondern, indem er als seiend
- aufgezeigt wird, zeigt sich das Aufzeigen, nicht unmittelbares Wissen,
- sondern eine Bewegung, von dem gemeinten Hier aus durch viele Hier
- in das allgemeine Hier zu sein, welches wie der Tag eine einfache
- Vielheit der Itzt, so eine einfache Vielheit der Hier ist.
- Es erhellt, daß die Dialektik der sinnlichen Gewißheit nichts anders
- als die einfache Geschichte ihrer Bewegung oder ihrer Erfahrung, und
- die sinnliche Gewißheit selbst nichts anders als nur diese Geschichte
- ist. Das natürliche Bewußtsein geht deswegen auch zu diesem
- Resultate, was an ihr das Wahre ist, immer selbst fort, und macht die
- Erfahrung darüber; aber vergißt es nur ebenso immer wieder, und fängt
- die Bewegung von vorne an. Es ist daher zu verwundern, wenn gegen
- diese Erfahrung, als allgemeine Erfahrung, auch als philosophische
- Behauptung, und gar als Resultat des Skeptizismus aufgestellt wird,
- die Realität oder das Sein von äußern Dingen als _diesen_, oder
- sinnlichen, habe absolute Wahrheit für das Bewußtsein; eine solche
- Behauptung weiß zugleich nicht, was sie spricht, weiß nicht, daß sie
- das Gegenteil von dem sagt, was sie sagen will. Die Wahrheit des
- sinnlichen _Diesen_ für das Bewußtsein soll allgemeine Erfahrung sein;
- aber vielmehr ist das Gegenteil allgemeine Erfahrung; jedes
- Bewußtsein hebt eine solche Wahrheit, wie zum Beispiel: _das Hier ist
- ein Baum_, oder _das Itzt ist Mittag_, selbst wieder auf, und spricht
- das Gegenteil aus: das Hier ist _nicht_ ein Baum, _sondern_ ein Haus;
- und was in dieser die erste aufhebenden Behauptung wieder eine
- ebensolche Behauptung eines sinnlichen Diesen ist, hebt es sofort
- ebenso auf; und wird in aller sinnlichen Gewißheit in Wahrheit nur
- dies erfahren, was wir gesehen haben, das _dieses_ nämlich als ein
- _Allgemeines_, das Gegenteil dessen, was jene Behauptung allgemeine
- Erfahrung zu sein versichert.--Bei dieser Berufung auf die allgemeine
- Erfahrung kann es erlaubt sein, die Rücksicht auf das Praktische zu
- antizipieren. In dieser Rücksicht kann denjenigen, welche jene
- Wahrheit und Gewißheit der Realität der sinnlichen Gegenstände
- behaupten, gesagt werden, daß sie in die unterste Schule der Weisheit,
- nämlich in die alten Eleusischen Mysterien der Ceres und des Bacchus
- zurückzuweisen sind, und das Geheimnis des Essens des Brotes und des
- Trinkens des Weines erst zu lernen haben; denn der in diese
- Geheimnisse Eingeweihte gelangt nicht nur zum Zweifel an dem Sein der
- sinnlichen Dinge, sondern zur Verzweiflung an ihm; und vollbringt in
- ihnen teils selbst ihre Nichtigkeit, teils sieht er sie vollbringen.
- Auch die Tiere sind nicht von dieser Weisheit ausgeschlossen, sondern
- erweisen sich vielmehr am tiefsten in sie eingeweiht zu sein, denn
- sie bleiben nicht vor den sinnlichen Dingen als an sich seienden
- stehen, sondern verzweifelnd an dieser Realität und in der völligen
- Gewißheit ihrer Nichtigkeit langen sie ohne weiteres zu und zehren
- sie auf; und die ganze Natur feiert wie sie diese offenbare Mysterien,
- welche es lehren, was die Wahrheit der sinnlichen Dinge ist.
- Die, welche solche Behauptung aufstellen, sagen aber, gemäß
- vorhergehenden Bemerkungen, auch selbst unmittelbar das Gegenteil
- dessen, was sie meinen; eine Erscheinung, die vielleicht am fähigsten
- ist, zum Nachdenken über die Natur der sinnlichen Gewißheit zu
- bringen. Sie sprechen von dem Dasein _äußerer_ Gegenstände, welche
- noch genauer, als _wirkliche_, absolut _einzelne, ganz persönliche,
- individuelle_ Dinge, deren jedes seines absolutgleichen nicht mehr
- hat, bestimmt werden können; dies Dasein habe absolute Gewißheit und
- Wahrheit. Sie meinen _dieses_ Stück Papier, worauf ich _dies_
- schreibe, oder vielmehr geschrieben habe; aber was sie meinen, sagen
- sie nicht. Wenn sie wirklich dieses Stück Papier, das sie meinen,
- _sagen_ wollten, und sie wollten _sagen_, so ist dies unmöglich, weil
- das sinnliche Diese, das gemeint wird, der Sprache, die dem
- Bewußtsein, dem an sich allgemeinen, angehört, _unerreichbar_ ist.
- Unter dem wirklichen Versuche, es zu sagen, würde es daher vermodern;
- die seine Beschreibung angefangen, könnten sie nicht vollenden,
- sondern müßten sie andern überlassen, welche von einem Dinge zu
- sprechen, das nicht _ist_, zuletzt selbst eingestehen würden. Sie
- meinen also wohl _dieses_ Stück Papier, das hier ein ganz anderes als
- das obige ist; aber sie sprechen wirkliche _Dinge, äußere_ oder
- _sinnliche Gegenstände, absolut einzelne Wesen_, und so fort, das
- heißt, sie sagen von ihnen nur das _Allgemeine_; daher was das
- Unaussprechliche genannt wird, nichts anderes ist, als das Unwahre,
- Unvernünftige, bloß Gemeinte.--Wird von etwas weiter nichts gesagt,
- als daß es ein _wirkliches Ding_, ein _äußerer Gegenstand_ ist, so
- ist es nur als das Allerallgemeinste, und damit viel mehr seine
- _Gleichheit_ mit allem, als die Unterschiedenheit ausgesprochen.
- Sage ich ein _einzelnes Ding_, so sage ich es vielmehr ebenso als
- ganz _Allgemeines_, denn alle sind ein einzelnes Ding; und
- gleichfalls _dieses_ Ding ist alles, was man will. Genauer
- bezeichnet, als _dieses Stück Papier_, so ist _alles_ und _jedes_
- Papier, ein _dieses_ Stück Papier, und ich habe nur immer das
- Allgemeine gesagt. Will ich aber dem Sprechen, welches die göttliche
- Natur hat, die Meinung unmittelbar zu verkehren, zu etwas anderem zu
- machen, und so sie gar nicht _zum Worte kommen_ zu lassen, dadurch
- nachhelfen, daß ich dies Stück Papier _aufzeige_, so mache ich die
- Erfahrung, was die Wahrheit der sinnlichen Gewißheit in der Tat ist;
- ich zeige es auf, als ein _Hier_, das ein Hier anderer Hier, oder an
- ihm selbst ein _einfaches Zusammen vieler Hier_, das heißt, ein
- Allgemeines ist, ich nehme so es auf, wie es in Wahrheit ist, und
- statt ein Unmittelbares zu wissen, _nehme ich wahr_.
- II. Die Wahrnehmung;oder das Ding, und die Täuschung
- Die unmittelbare Gewißheit nimmt sich nicht das Wahre, denn ihre
- Wahrheit ist das Allgemeine, sie aber will das _Diese_ nehmen. Die
- Wahrnehmung nimmt hingegen das, was ihr das Seiende ist, als
- Allgemeines. Wie die Allgemeinheit ihr Prinzip überhaupt, so sind
- auch ihre in ihr unmittelbar sich unterscheidenden Momente, Ich ein
- allgemeines, und der Gegenstand ein allgemeiner. Jenes Prinzip ist
- uns _entstanden_, und unser Aufnehmen der Wahrnehmung daher nicht
- mehr ein erscheinendes Aufnehmen, wie der sinnlichen Gewißheit,
- sondern ein notwendiges. In dem Entstehen des Prinzips sind zugleich
- die beiden Momente, die an ihrer Erscheinung nur _herausfallen_,
- geworden; das eine nämlich die Bewegung des Aufzeigens, das andere
- dieselbe Bewegung, aber als Einfaches; jenes das _Wahrnehmen_, dies
- der _Gegenstand_. Der Gegenstand ist dem Wesen nach dasselbe, was
- die Bewegung ist, sie die Entfaltung und Unterscheidung der Momente,
- er das Zusammengefaßtsein derselben. Für uns oder an sich ist das
- Allgemeine als Prinzip das _Wesen_ der Wahrnehmung; und gegen diese
- Abstraktion, die beiden unterschiednen, das Wahrnehmende und das
- Wahrgenommene das _Unwesentliche_. Aber in der Tat, weil beide
- selbst das Allgemeine oder das Wesen sind, sind sie beide wesentlich;
- indem sie aber sich als entgegengesetzte aufeinander beziehen, so
- kann in der Beziehung nur das eine das wesentliche sein; und der
- Unterschied des Wesentlichen und Unwesentlichen muß sich an sie
- verteilen. Das eine als das einfache bestimmt, der Gegenstand, ist
- das Wesen, gleichgültig dagegen, ob er wahrgenommen wird oder nicht;
- das Wahrnehmen aber als die Bewegung ist das Unbeständige, das sein
- kann oder auch nicht, und das Unwesentliche.
- Dieser Gegenstand ist nun näher zu bestimmen, und diese Bestimmung
- aus dem Resultate, das sich ergeben, kurz zu entwickeln; die
- ausgeführtere Entwicklung gehört nicht hierher. Da sein Prinzip, das
- Allgemeine, in seiner Einfachheit ein _vermitteltes_ ist, so muß er
- dies als seine Natur an ihm ausdrücken; er zeigt sich dadurch als
- _das Ding von vielen Eigenschaften_. Der Reichtum des sinnlichen
- Wissens gehört der Wahrnehmung, nicht der unmittelbaren Gewißheit an,
- an der er nur das Beiherspielende war, denn nur jene hat die
- _Negation_, den Unterschied oder die Mannigfaltigkeit an ihrem Wesen.
- Das Dieses ist also gesetzt als _nicht dieses_, oder als _aufgehoben_;
- und damit nicht Nichts, sondern ein bestimmtes Nichts, oder _ein
- Nichts von einem Inhalte_, nämlich _dem Diesen_. Das Sinnliche ist
- hiedurch selbst noch vorhanden, aber nicht, wie es in der
- unmittelbaren Gewißheit sein sollte, als das gemeinte Einzelne,
- sondern als Allgemeines, oder als das, was sich als _Eigenschaft_
- bestimmen wird. Das _Aufheben_ stellt seine wahrhafte gedoppelte
- Bedeutung dar, welche wir an dem Negativen gesehen haben; es ist ein
- _Negieren_ und ein _Aufbewahren_ zugleich; das Nichts, als _Nichts
- des Diesen_, bewahrt die Unmittelbarkeit auf, und ist selbst sinnlich,
- aber eine allgemeine Unmittelbarkeit.--Das Sein aber ist ein
- Allgemeines dadurch, daß es die Vermittlung oder das Negative an ihm
- hat; indem es dies an seiner Unmittelbarkeit _ausdrückt_, ist es eine
- _unterschiedene, bestimmte_ Eigenschaft. Damit sind zugleich _viele_
- solche Eigenschaften, eine die negative der andern, gesetzt. Indem
- sie in der _Einfachheit_ des Allgemeinen ausgedrückt sind, beziehen
- sich diese _Bestimmtheiten_, die eigentlich erst durch eine ferner
- hinzukommende Bestimmung Eigenschaften sind, _auf sich selbst_, sind
- _gleichgültig_ gegeneinander, jede für sich, frei von der andern.
- Die einfache sich selbst gleiche Allgemeinheit selbst aber ist wieder
- von diesen ihren Bestimmtheiten unterschieden, und frei; sie ist das
- reine Sich-auf-sich-beziehen, oder das _Medium_, worin diese
- Bestimmtheiten alle sind, sich also in ihr als in einer _einfachen_
- Einheit _durchdringen_, ohne sich aber zu _berühren_; denn eben durch
- die Teilnahme an dieser Allgemeinheit sind sie gleichgültig für sich.
- --Dies abstrakte allgemeine Medium, das die _Dingheit_ überhaupt oder
- das _reine Wesen_ genannt werden kann, ist nichts anderes als das
- _Hier_ und _Itzt_, wie es sich erwiesen hat, nämlich als ein
- _einfaches Zusammen_ von vielen, aber die vielen sind _in ihrer
- Bestimmtheit_ selbst _einfach allgemeine_. Dies Salz ist einfaches
- Hier, und zugleich vielfach; es ist weiß, und _auch_ scharf, _auch_
- kubisch gestaltet, _auch_ von bestimmter Schwere, und so weiter.
- Alle diese vielen Eigenschaften sind in _einem_ einfachen _Hier_,
- worin sie sich also durchdringen; keine hat ein anderes Hier als die
- andere, sondern jede ist allenthalben, in demselben, worin die andere
- ist; und zugleich, ohne durch verschiedene Hier geschieden zu sein,
- affizieren sie sich in dieser Durchdringung nicht; das Weiße
- affiziert oder verändert das Kubische nicht, beide nicht das Scharfe,
- und so weiter, sondern da jede selbst einfaches
- _Sich-auf-sich-beziehen_ ist, läßt sie die andern ruhig und bezieht
- sich nur durch das gleichgültige _Auch_ auf sie. Dieses _Auch_ ist
- also das reine Allgemeine selbst, oder das Medium, die sie so
- zusammenfassende _Dingheit_.
- In diesem Verhältnisse, das sich ergeben hat, ist nur erst der
- Charakter der positiven Allgemeinheit beobachtet und entwickelt; es
- bietet sich aber noch eine Seite dar, welche auch hereingenommen
- werden muß. Nämlich wenn die vielen bestimmten Eigenschaften
- schlechterdings gleichgültig wären, und sich durchaus nur auf sich
- selbst bezögen, so wären sie keine _bestimmte_; denn sie sind dies
- nur insofern sie sich _unterscheiden_, und sich _auf andere_ als
- entgegengesetzte _beziehen_. Nach dieser Entgegensetzung aber können
- sie nicht in der einfachen Einheit ihres Mediums zusammen sein, die
- ihnen ebenso wesentlich ist als die Negation; die Unterscheidung
- derselben, insofern sie nicht eine gleichgültige, sondern
- ausschließende, anderes negierende ist, fällt also außer diesem
- einfachen Medium; und dieses ist daher nicht nur ein _Auch_,
- gleichgültige Einheit, sondern auch _Eins, ausschließende Einheit_.
- --Das Eins ist das _Moment der Negation_, wie es selbst auf eine
- einfache Weise sich auf sich bezieht, und Anderes ausschließt; und
- wodurch die _Dingheit_ als _Ding_ bestimmt ist. An der Eigenschaft
- ist die Negation als _Bestimmtheit_, die unmittelbar eins ist mit der
- Unmittelbarkeit des Seins, welche durch diese Einheit mit der
- Negation, Allgemeinheit ist; als _Eins_ aber ist sie, wie sie von
- dieser Einheit mit dem Gegenteil befreit, und an und für sich selbst
- ist.
- In diesen Momenten zusammen ist das Ding als das Wahre der
- Wahrnehmung vollendet, so weit es nötig ist, es hier zu entwickeln.
- Es ist a) die gleichgültige passive Allgemeinheit, das _Auch_ der
- vielen Eigenschaften, oder vielmehr _Materien,_ b) die Negation
- ebenso als einfach; oder das _Eins_, das Ausschließen
- entgegengesetzter Eigenschaften, und g) die vielen _Eigenschaften_
- selbst, die Beziehung der zwei ersten Momente; die Negation, wie sie
- sich auf das gleichgültige Element bezieht, und sich darin als eine
- Menge von Unterschieden ausbreitet; der Punkt der Einzelnheit in dem
- Medium des Bestehens in die Vielheit ausstrahlend. Nach der Seite,
- daß diese Unterschiede dem gleichgültigen Medium angehören, sind sie
- selbst allgemein, beziehen sich nur auf sich, und affizieren sich
- nicht; nach der Seite aber, daß sie der negativen Einheit angehören,
- sind sie zugleich ausschließend; haben aber diese entgegengesetzte
- Beziehung notwendig an Eigenschaften, die aus _*ihrem* Auch_ entfernt
- sind. Die sinnliche Allgemeinheit, oder die _unmittelbare_ Einheit
- des Seins und des Negativen, ist erst so _Eigenschaft_, insofern das
- Eins und die reine Allgemeinheit aus ihr entwickelt, und voneinander
- unterschieden sind, und sie diese miteinander zusammenschließt; diese
- Beziehung derselben auf die reinen wesentlichen Momente vollendet
- erst das _Ding_.
- So ist nun das Ding der Wahrnehmung beschaffen; und das Bewußtsein
- ist als Wahrnehmendes bestimmt, insofern dies Ding sein Gegenstand
- ist; es hat ihn _nur zu nehmen_, und sich als reines Auffassen zu
- verhalten; was sich ihm dadurch ergibt, ist das Wahre. Wenn es
- selbst bei diesem Nehmen etwas täte, würde es durch solches
- Hinzusetzen oder Weglassen die Wahrheit verändern. Indem der
- Gegenstand das Wahre und Allgemeine, sich selbst Gleiche, das
- Bewußtsein sich aber das Veränderliche und Unwesentliche ist, kann es
- ihm geschehen, daß es den Gegenstand unrichtig auffaßt und sich
- täuscht. Das Wahrnehmende hat das Bewußtsein der Möglichkeit der
- Täuschung; denn in der Allgemeinheit, welche das Prinzip ist, ist das
- _Anderssein_ selbst unmittelbar für es, aber als das _Nichtige_,
- Aufgehobene. Sein Kriterium der Wahrheit ist daher die
- _Sichselbstgleichheit_, und sein Verhalten als sich selbst gleiches
- aufzufassen. Indem zugleich das verschiedene für es ist, ist es ein
- Beziehen der verschiedenen Momente seines Auffassens aufeinander;
- wenn sich aber in dieser Vergleichung eine Ungleichheit hervortut, so
- ist dies nicht eine Unwahrheit des Gegenstandes, denn er ist das sich
- selbst Gleiche, sondern des Wahrnehmens.
- Sehen wir nun zu, welche Erfahrung das Bewußtsein in seinem
- wirklichen Wahrnehmen macht. Sie ist _für uns_ in der soeben
- gegebenen Entwicklung des Gegenstandes und des Verhaltens des
- Bewußtseins zu ihm schon enthalten; und wird nur die Entwicklung der
- darin vorhandenen Widersprüche sein.--Der Gegenstand, den Ich
- aufnehme, bietet sich als _rein Einer_ dar; auch werde ich die
- Eigenschaft an ihm gewahr, die _allgemein_ ist, dadurch aber über die
- Einzelnheit hinausgeht. Das erste Sein des gegenständlichen Wesens
- als eines Einen war also nicht sein wahres Sein; da er das Wahre ist,
- fällt die Unwahrheit in mich, und das Auffassen war nicht richtig.
- Ich muß um der _Allgemeinheit_ der Eigenschaft willen das
- gegenständliche Wesen vielmehr als eine _Gemeinschaft_ überhaupt
- nehmen. Ich nehme nun ferner die Eigenschaft wahr als _bestimmte_,
- anderem _entgegengesetzte_, und es ausschließende. Ich faßte das
- gegenständliche Wesen also in der Tat nicht richtig auf, als Ich es
- als eine _Gemeinschaft_ mit andern oder als die Kontinuität bestimmte,
- und muß, vielmehr um der _Bestimmtheit_ der Eigenschaft willen, die
- Kontinuität trennen, und es als ausschließendes Eins setzen. An dem
- getrennten Eins finde ich viele solche Eigenschaften, die einander
- nicht affizieren, sondern gleichgültig gegeneinander sind; ich nahm
- den Gegenstand also nicht richtig wahr, als ich ihn als ein
- _Ausschließendes_ auffaßte, sondern er ist, wie vorhin nur
- Kontinuität überhaupt, so itzt ein allgemeines _gemeinschaftliches
- Medium_, worin viele Eigenschaften als sinnliche _Allgemeinheiten_,
- jede für sich ist, und als _bestimmte_ die andern ausschließt. Das
- Einfache und Wahre, das ich wahrnehme, ist aber hiemit auch nicht ein
- allgemeines Medium, sondern die _einzelne Eigenschaft_ für sich, die
- aber so weder Eigenschaft noch ein bestimmtes Sein ist; denn sie ist
- nun weder an einem Eins noch in Beziehung auf andere. Eigenschaft
- ist sie aber nur am Eins, und bestimmt nur in Beziehung auf andere.
- Sie bleibt als dies reine Sich-auf-sich-selbst-beziehen nur
- _sinnliches Sein_ überhaupt, da sie den Charakter der Negativität
- nicht mehr an ihr hat; und das Bewußtsein, für welches itzt ein
- sinnliches Sein ist, ist nur ein _Meinen_, das heißt, es ist aus dem
- Wahrnehmen ganz heraus und in sich zurückgegangen. Allein das
- sinnliche Sein und Meinen geht selbst in das Wahrnehmen über; ich bin
- zu dem Anfang zurückgeworfen, und wieder in denselben, sich in jedem
- Momente und als Ganzes aufhebenden Kreislauf hineingerissen.
- Das Bewußtsein durchlauft ihn also notwendig wieder, aber zugleich
- nicht auf dieselbe Weise wie das erstemal. Es hat nämlich die
- Erfahrung über das Wahrnehmen gemacht, daß das Resultat und das Wahre
- desselben seine Auflösung, oder die Reflexion in sich selbst aus dem
- Wahren ist. Es hat sich hiemit für das Bewußtsein bestimmt, wie sein
- Wahrnehmen wesentlich beschaffen ist, nämlich nicht ein einfaches
- reines Auffassen, sondern _in seinem Auffassen_ zugleich aus dem
- Wahren _heraus in sich reflektiert_ zu sein. Diese Rückkehr des
- Bewußtseins in sich selbst, die sich in das reine Auffassen
- unmittelbar--denn sie hat sich als dem Wahrnehmen wesentlich
- gezeigt--_einmischt_, verändert das Wahre. Das Bewußtsein erkennt
- diese Seite zugleich als die seinige, und nimmt sie auf sich, wodurch
- es also den wahren Gegenstand rein erhalten wird.--Es ist hiemit itzt,
- wie es bei der sinnlichen Gewißheit geschah, an dem Wahrnehmen die
- Seite vorhanden, daß das Bewußtsein in sich zurückgedrängt wird, aber
- zunächst nicht in dem Sinne, in welchem dies bei jener der Fall war;
- als ob in es die _Wahrheit_ des Wahrnehmens fiele, sondern vielmehr
- erkennt es, daß die _Unwahrheit_, die darin vorkömmt, in es fällt.
- Durch diese Erkenntnis aber ist es zugleich fähig, sie aufzuheben; es
- unterscheidet sein Auffassen des Wahren von der Unwahrheit seines
- Wahrnehmens, korrigiert diese, und insofern es diese Berichtigung
- selbst vornimmt, fällt allerdings die Wahrheit als Wahrheit des
- _Wahrnehmens in dasselbe_. Das Verhalten des Bewußtseins, das
- nunmehr zu betrachten ist, ist also so beschaffen, daß es nicht mehr
- bloß wahrnimmt, sondern auch seiner Reflexion in sich bewußt ist, und
- diese von der einfachen Auffassung selbst abtrennt.
- Ich werde also zuerst des Dings als _Eines_ gewahr, und habe es in
- dieser wahren Bestimmung festzuhalten; wenn in der Bewegung des
- Wahrnehmens etwas dem Widersprechendes vorkommt, so ist dies als
- meine Reflexion zu erkennen. Es kommen nun in der Wahrnehmung auch
- verschiedene Eigenschaften vor, welche Eigenschaften des Dings zu
- sein scheinen; allein das Ding ist Eins und von dieser
- Verschiedenheit, wodurch es aufhörte, Eins zu sein, sind wir uns
- bewußt, daß sie in uns fällt. Dies Ding ist also in der Tat nur weiß,
- an _unser_ Auge gebracht, scharf _auch_, an _unsre_ Zunge, _auch_
- kubisch an _unser_ Gefühl, und so fort. Die gänzliche
- Verschiedenheit dieser Seiten nehmen wir nicht aus dem Dinge, sondern
- aus uns; sie fallen uns an unserem von der Zunge ganz unterschiedenen
- Auge und so fort, so auseinander. Wir sind somit das _allgemeine
- Medium_, worin solche Momente sich absondern und für sich sind.
- Hiedurch also, daß wir die Bestimmtheit, allgemeines Medium zu sein,
- als unsre Reflexion betrachten, erhalten wir die Sichselbstgleichheit
- und Wahrheit des Dinges, Eins zu sein.
- Diese _verschiedenen Seiten_, welche das Bewußtsein auf sich nimmt,
- sind aber, jede so für sich, als in dem allgemeinen Medium sich
- befindend betrachtet, _bestimmt_; das Weiße ist nur in
- Entgegensetzung gegen das Schwarze, und so fort, und das Ding Eins
- gerade dadurch, daß es andern sich entgegensetzt. Es schließt aber
- andere nicht, insofern es Eins ist, von sich aus; denn Eins zu sein
- ist das allgemeine Auf-sich-selbst-beziehen, und dadurch, daß es Eins
- ist, ist es vielmehr allen gleich; sondern durch die _Bestimmtheit_.
- Die Dinge selbst also sind _an und für sich bestimmte_; sie haben
- Eigenschaften, wodurch sie sich von andern unterscheiden. Indem die
- _Eigenschaft_ die _eigene_ Eigenschaft des Dinges, oder eine
- Bestimmtheit an ihm selbst ist, hat es _mehrere_ Eigenschaften. Denn
- vors erste ist das Ding das Wahre, es ist _an sich selbst_; und was
- an ihm ist, ist an ihm als sein eigenes Wesen, nicht um anderer
- willen; also sind zweitens die bestimmten Eigenschaften nicht nur um
- anderer Dinge willen, und für andere Dinge, sondern an ihm selbst;
- sie sind aber bestimmte Eigenschaften _an ihm_ nur, indem sie mehrere
- sich voneinander unterscheidende sind; und drittens, indem sie so in
- der Dingheit sind, sind sie an und für sich und gleichgültig
- gegeneinander. Es ist also in Wahrheit das Ding selbst, welches weiß,
- und _auch_ kubisch, _auch_ scharf, und so fort ist, oder das Ding
- ist das _Auch_, oder das _allgemeine Medium_, worin die vielen
- Eigenschaften außereinander bestehen, ohne sich zu berühren und
- aufzuheben; und so genommen wird es als das Wahre genommen.
- Bei diesem Wahrnehmen nun ist das Bewußtsein zugleich sich bewußt,
- daß es sich _auch_ in sich selbst reflektiert und in dem Wahrnehmen
- das dem _Auch_ entgegengesetzte Moment vorkommt. Dies Moment aber
- ist _Einheit_ des Dings mit sich selbst, welche den Unterschied aus
- sich ausschließt. Sie ist es demnach, welche das Bewußtsein auf sich
- zu nehmen hat; denn das Ding selbst ist das _Bestehen der vielen
- verschiedenen_ und _unabhängigen Eigenschaften_. Es wird also von
- dem Dinge gesagt, _es ist_ weiß, _auch_ kubisch, und _auch_ scharf u.
- s.f. Aber _insofern_ es weiß ist, ist es nicht kubisch, und
- _insofern es_ kubisch und auch weiß ist, ist es nicht scharf u.s.f.
- Das _In-eins-setzen_ dieser Eigenschaften kommt nur dem Bewußtsein zu,
- welches sie daher an dem Ding nicht in Eins fallen zu lassen hat.
- Zu dem Ende bringt es das _Insofern_ herbei, wodurch es sie
- auseinander, und das Ding als das Auch erhält. Recht eigentlich wird
- das _Einssein_ von dem Bewußtsein erst so auf sich genommen, daß
- dasjenige, was Eigenschaft genannt wurde, als _freie Materie_
- vorgestellt wird. Das Ding ist auf diese Weise zum wahrhaften _Auch_
- erhoben, indem es eine Sammlung von Materien, und statt Eins zu sein
- zu einer bloß umschließenden Oberfläche wird.
- Sehen wir zurück auf dasjenige, was das Bewußtsein vorhin auf sich
- genommen, und itzt auf sich nimmt; was es vorhin dem Dinge zuschrieb,
- und itzt ihm zuschreibt, so ergibt sich daß es abwechslungsweise
- ebensowohl sich selbst als auch das Ding zu beidem macht, zum reinen
- vielheitslosen _Eins_, wie zu einem in selbstständige Materien
- aufgelösten _Auch_. Das Bewußtsein findet also durch diese
- Vergleichung, daß nicht nur _sein_ Nehmen des Wahren, die
- _Verschiedenheit des Auffassens_ und _des In-sich-zurückgehens_ an
- ihm hat, sondern daß vielmehr das Wahre selbst, das Ding, sich auf
- diese gedoppelte Weise zeigt. Es ist hiemit die Erfahrung vorhanden,
- daß das Ding sich _für das_ auffassende _Bewußtsein_ auf eine
- bestimmte Weise _darstellt_, aber _zugleich_ aus der Weise, in der es
- sich darbietet, _heraus_ und _in sich reflektiert ist_, oder an ihm
- selbst eine entgegengesetzte Wahrheit hat.
- Das Bewußtsein ist also auch aus dieser zweiten Art, sich im
- Wahrnehmen zu verhalten, nämlich das Ding als das Wahre sich selbst
- Gleiche, sich aber für das Ungleiche, für das aus der Gleichheit
- heraus in sich Zurückgehende, zu nehmen, selbst heraus, und der
- Gegenstand ist ihm itzt diese ganze Bewegung, welche vorher an den
- Gegenstand und an das Bewußtsein verteilt war. Das Ding ist _Eins_,
- in sich reflektiert; es ist _für sich_; aber es ist auch _für ein
- Anderes_; und zwar ist es ein _anderes_ für sich, _als es_ für
- Anderes ist. Das Ding ist hienach für sich, und _auch_ für ein
- Anderes, ein _gedoppeltes_ verschiedenes Sein; aber es ist _auch
- Eins_; das Einssein aber widerspricht dieser seiner Verschiedenheit;
- das Bewußtsein hätte hienach dies In-eins-setzen wieder auf sich zu
- nehmen, und von dem Dinge abzuhalten. Es müßte also sagen, daß das
- Ding, _insofern_ es für sich ist, nicht für Anderes ist. Allein dem
- Dinge selbst kommt auch das Einssein zu, wie das Bewußtsein erfahren
- hat; das Ding ist wesentlich in sich reflektiert. Das _Auch_, oder
- der gleichgültige Unterschied fällt also wohl ebenso in das Ding, als
- das _Einssein_; aber da beides verschieden, nicht in dasselbe,
- sondern in _verschiedene_ Dinge; der Widerspruch, der an dem
- gegenständlichen Wesen überhaupt ist, verteilt sich an zwei
- Gegenstände. Das Ding ist also wohl an und für sich, sich selbst
- gleich; aber diese Einheit mit sich selbst wird durch andere Dinge
- gestört; so ist die Einheit des Dings erhalten, und zugleich das
- Anderssein außer ihm, so wie außer dem Bewußtsein.
- Ob nun zwar so der Widerspruch des gegenständlichen Wesens an
- verschiedene Dinge verteilt ist, so wird darum doch an das
- abgesonderte einzelne Ding selbst der Unterschied kommen. Die
- _verschiedenen Dinge_ sind also _für sich_ gesetzt; und der
- Widerstreit fällt in sie so gegenseitig, daß jedes nicht von sich
- selbst, sondern nur von dem andern verschieden ist. Jedes ist aber
- hiemit _selbst als ein Unterschiedenes_ bestimmt, und hat den
- wesentlichen Unterschied von den andern _an ihm_; aber zugleich nicht
- so, daß dies eine Entgegensetzung an ihm selbst wäre, sondern es für
- sich ist _einfache Bestimmtheit_, welche seinen _wesentlichen_ es von
- andern unterscheidenden Charakter ausmacht. In der Tat ist zwar, da
- die Verschiedenheit an ihm ist, dieselbe notwendig als _wirklicher_
- Unterschied mannigfaltiger Beschaffenheit an ihm. Allein weil die
- Bestimmtheit das _Wesen_ des Dinges ausmacht, wodurch es von andern
- sich unterscheidet und für sich ist, so ist diese sonstige
- mannigfaltige Beschaffenheit das _Unwesentliche_. Das Ding hat
- hiemit zwar in seiner Einheit das _gedoppelte Insofern_ an ihm, aber
- mit _ungleichem Werte_; wodurch dies Engegengesetztsein also nicht
- zur wirklichen Entgegensetzung des Dings selbst wird, sondern
- insofern dies durch seinen _*absoluten* Unterschied_ in
- Entgegensetzung kommt, hat es sie gegen ein anderes Ding außer ihm.
- Die sonstige Mannigfaltigkeit aber ist zwar auch notwendig an dem
- Dinge, so daß sie nicht von ihm wegbleiben kann, aber sie ist ihm
- _unwesentlich_.
- Diese Bestimmtheit, welche den wesentlichen Charakter des Dings
- ausmacht, und es von allen andern unterscheidet, ist nun so bestimmt,
- daß das Ding dadurch im Gegensatze mit andern ist, aber sich darin
- für sich erhalten soll. Ding aber, oder für sich seiendes Eins ist
- es nur, insofern es nicht in dieser Beziehung auf andere steht; denn
- in dieser Beziehung ist vielmehr der Zusammenhang mit anderem gesetzt;
- und Zusammenhang mit anderem ist das Aufhören des Für-sich-seins.
- Durch den _absoluten Charakter_ gerade und seine Entgegensetzung
- _verhält_ es sich zu _andern_, und ist wesentlich nur dies Verhalten;
- das Verhältnis aber ist die Negation seiner Selbstständigkeit, und
- das Ding geht vielmehr durch seine wesentliche Eigenschaft zugrunde.
- Die Notwendigkeit der Erfahrung für das Bewußtsein, daß das Ding eben
- durch die Bestimmtheit, welche sein Wesen und sein Für-sich-sein
- ausmacht, zugrunde geht, kann kurz dem einfachen Begriffe nach so
- betrachtet werden. Das Ding ist gesetzt als _Für-sich-sein_, oder
- als absolute Negation alles Andersseins; daher absolute, nur sich auf
- sich beziehende Negation; aber die sich auf sich beziehende Negation
- ist Aufheben _seiner selbst_, oder sein Wesen in einem andern zu
- haben.
- In der Tat enthält die Bestimmung des Gegenstandes, wie er sich
- ergeben hat, nichts anderes; er soll eine wesentliche Eigenschaft,
- welche sein einfaches Für-sich-sein ausmacht, bei dieser Einfachheit
- aber auch die Verschiedenheit an ihm selbst haben, welche zwar
- _notwendig_ sein, aber nicht die _wesentliche_ Bestimmtheit ausmachen
- soll. Aber dies ist eine Unterscheidung, welche nur noch in den
- Worten liegt; das _Unwesentliche_, welches doch zugleich _notwendig_
- sein soll, hebt sich selbst auf, oder ist dasjenige, was soeben die
- Negation seiner selbst genannt wurde.
- Es fällt hiemit das letzte _Insofern_ hinweg, welches das
- Für-sich-sein und das Sein für Anderes trennte; der Gegenstand ist
- vielmehr _in einer und derselben Rücksicht das Gegenteil seiner
- selbst, für sich, insofern er für Anderes_, und _für Anderes,
- insofern er für sich ist_. Er ist _für sich_, in sich reflektiert,
- Eins; aber dies _für sich_, in sich reflektiert, Einssein ist mit
- seinem Gegenteile, dem _Sein für ein Anderes_, in einer Einheit, und
- darum nur als Aufgehobenes gesetzt; oder dies _Für-sich-sein_ ist
- ebenso _unwesentlich_ als dasjenige, was allein das Unwesentliche
- sein sollte, nämlich das Verhältnis zu anderem.
- Der Gegenstand ist hiedurch in seinen reinen Bestimmtheiten oder in
- den Bestimmtheiten, welche seine Wesenheit ausmachen sollten, ebenso
- aufgehoben, als er in seinem sinnlichen Sein zu einem Aufgehobenen
- wurde. Aus dem sinnlichen Sein wird er ein Allgemeines; aber dies
- Allgemeine ist, da es _aus dem sinnlichen herkommt_, wesentlich durch
- dasselbe _bedingt_, und daher überhaupt nicht wahrhaft sich selbst
- gleiche, sondern _mit einem Gegensatze affizierte_ Allgemeinheit,
- welche sich darum in die Extreme der Einzelnheit und Allgemeinheit,
- des Eins der Eigenschaften und des Auchs der freien Materien trennt.
- Diese reinen Bestimmtheiten scheinen die _Wesenheit_ selbst
- auszudrücken, aber sie sind nur ein _Für-sich-sein_, welches mit dem
- _Sein für ein Anderes_ behaftet ist; indem aber beide wesentlich _in
- einer Einheit_ sind, so ist itzt die unbedingte absolute
- Allgemeinheit vorhanden, und das Bewußtsein tritt hier erst wahrhaft
- in das Reich des Verstandes ein.
- Die sinnliche Einzelnheit also verschwindet zwar in der dialektischen
- Bewegung der unmittelbaren Gewißheit und wird Allgemeinheit, aber nur
- _sinnliche Allgemeinheit_. Das Meinen ist verschwunden, und das
- Wahrnehmen nimmt den Gegenstand, wie _er an sich_ ist, oder als
- Allgemeines überhaupt; die Einzelnheit tritt daher an ihm, als wahre
- Einzelnheit, als _An-sich-sein_ des _Eins_ hervor, oder als
- _Reflektiertsein in sich_ selbst. Es ist aber noch ein _bedingtes_
- Für-sich-sein, _neben welchem_ ein anderes Für-sich-sein, die der
- Einzelnheit entgegengesetzte und durch sie bedingte Allgemeinheit
- vorkommt; aber diese beiden widersprechenden Extreme sind nicht nur
- _nebeneinander,_ sondern in _einer_ Einheit, oder, was dasselbe ist,
- das Gemeinschaftliche beider, das _Für-sich-sein_ ist mit dem
- Gegensatze überhaupt behaftet, das heißt, es ist zugleich nicht ein
- _Für-sich-sein_. Diese Momente sucht die Sophisterei des Wahrnehmens
- von ihrem Widerspruche zu retten, und durch die Unterscheidung der
- _Rücksichten_, durch das _Auch_ und _Insofern_ festzuhalten, sowie
- endlich durch die Unterscheidung des _Unwesentlichen_ und eines ihm
- entgegengesetzten _Wesens_ das Wahre zu ergreifen. Allein diese
- Auskunftsmittel, statt die Täuschung in dem Auffassen abzuhalten,
- erweisen sich vielmehr selbst als nichtig, und das Wahre, das durch
- diese Logik des Wahrnehmens gewonnen werden soll, erweist sich in
- einer und derselben Rücksicht, das Gegenteil zu sein, und hiemit zu
- seinem Wesen die unterscheidungs- und bestimmungslose Allgemeinheit
- zu haben.
- Diese leeren Abstraktionen der _Einzelnheit_ und der ihr
- entgegengesetzten _Allgemeinheit_, sowie des _Wesens_, das mit einem
- Unwesentlichen verknüpft, eines _Unwesentlichen_, das doch zugleich
- notwendig ist, sind die Mächte, deren Spiel der wahrnehmende, oft so
- genannte gesunde Menschenverstand ist; er, der sich für das gediegne
- reale Bewußtsein nimmt, ist im Wahrnehmen nur das Spiel _dieser
- Abstraktionen_; er ist überhaupt immer da am ärmsten, wo er am
- reichsten zu sein meint. Indem er von diesen nichtigen Wesen
- herumgetrieben, von dem einen dem andern in die Arme geworfen wird
- und durch seine Sophisterei abwechslungsweise itzt das eine, dann das
- gerad Entgegengesetzte festzuhalten und zu behaupten bemüht, sich der
- Wahrheit widersetzt, meint er von der Philosophie, sie habe es nur
- mit _Gedankendingen_ zu tun. Sie hat in der Tat auch damit zu tun,
- und erkennt sie für die reinen Wesen, für die absoluten Elemente und
- Mächte; aber damit erkennt sie dieselben zugleich _in ihrer
- Bestimmtheit_, und ist darum Meister über sie, während jener
- wahrnehmende Verstand sie für das Wahre nimmt, und von ihnen aus
- einer Irre in die andere geschickt wird. Er selbst kommt nicht zu
- dem Bewußtsein, daß es solche einfache Wesenheiten sind, die in ihm
- walten, sondern er meint es immer mit ganz gediegnem Stoffe und
- Inhalte zu tun zu haben, so wie die sinnliche Gewißheit nicht weiß,
- daß die leere Abstraktion des reinen Seins ihr Wesen ist; aber in der
- Tat sind sie es, an welchen er durch allen Stoff und Inhalt hindurch
- und hin und her läuft; sie sind der Zusammenhalt und die Herrschaft
- desselben, und allein dasjenige, was das sinnliche _als Wesen_ für
- das Bewußtsein ist, was seine Verhältnisse zu ihm bestimmt, und woran
- die Bewegung des Wahrnehmens und seines Wahren abläuft. Dieser
- Verlauf, ein beständig abwechselndes Bestimmen des Wahren und
- Aufheben dieses Bestimmens, macht eigentlich das tägliche und
- beständige Leben und Treiben des Wahrnehmenden und in der Wahrheit
- sich zu bewegen meinenden Bewußtseins aus. Es geht darin
- unaufhaltsam zu dem Resultate des gleichen Aufhebens aller dieser
- wesentlichen Wesenheiten oder Bestimmungen fort, ist aber in jedem
- einzelnen Momente nur dieser _einen Bestimmtheit_ als des Wahren sich
- bewußt, und dann wieder der entgegengesetzten. Es wittert wohl ihre
- Unwesenheit; sie gegen die drohende Gefahr zu retten, geht es zur
- Sophisterei über, das, was es selbst soeben als das Nichtwahre
- behauptete, itzt als das Wahre zu behaupten. Wozu diesen Verstand
- eigentlich die Natur dieser unwahren Wesen treiben will, die Gedanken
- von jener _Allgemeinheit_ und _Einzelnheit_, vom _Auch_ und _Eins_,
- von jener _Wesentlichkeit_, die mit einer _Unwesentlichkeit
- notwendig_ verknüpft ist, und von einem _Unwesentlichen_, das doch
- notwendig ist,--die _Gedanken_ von diesen Unwesen _zusammenzubringen_
- und sie dadurch aufzuheben, dagegen sträubt er sich durch die Stützen
- des _Insofern_ und der verschiedenen _Rücksichten_, oder dadurch, den
- einen Gedanken auf sich zu nehmen, um den andern getrennt und als den
- wahren zu erhalten. Aber die Natur dieser Abstraktionen bringt sie
- an und für sich zusammen, der gesunde Verstand ist der Raub derselben,
- die ihn in ihrem wirbelnden Kreise umhertreiben. Indem er ihnen die
- Wahrheit dadurch geben will, daß er bald die Unwahrheit derselben auf
- sich nimmt, bald aber auch die Täuschung einen Schein der
- unzuverlässigen Dinge nennt und das Wesentliche von einem ihnen
- notwendigen, und doch unwesentlich sein sollenden abtrennt, und jenes
- als ihre Wahrheit gegen dieses festhält, erhält er ihnen nicht ihre
- Wahrheit, sich aber gibt er die Unwahrheit.
- III. Kraft und Verstand,Erscheinung und übersinnliche Welt
- Dem Bewußtsein ist in der Dialektik der sinnlichen Gewißheit das
- Hören und Sehen u.s.w. vergangen, und als Wahrnehmen ist es zu
- Gedanken gekommen, welche es aber erst im unbedingt Allgemeinen
- zusammenbringt. Dies Unbedingte wäre nun selbst wieder nichts anders
- als das auf eine Seite tretende _Extrem_ des _Für-sich-seins_, wenn
- es als ruhiges einfaches Wesen genommen würde, denn so träte ihm das
- Unwesen gegenüber; aber auf dieses bezogen wäre es selbst
- unwesentlich, und das Bewußtsein nicht aus der Täuschung des
- Wahrnehmens herausgekommen; allein es hat sich als ein solches
- ergeben, welches aus einem solchen bedingten Für-sich-sein in sich
- zurückgegangen ist.--Dies unbedingte Allgemeine, das nunmehr der
- wahre Gegenstand des Bewußtseins ist, ist noch als _Gegenstand_
- desselben; es hat seinen _Begriff_ als _Begriff_ noch nicht erfaßt.
- Beides ist wesentlich zu unterscheiden; dem Bewußtsein ist der
- Gegenstand aus dem Verhältnisse zu einem andern in sich
- zurückgegangen, und hiemit _an sich_ Begriff geworden; aber das
- Bewußtsein ist noch nicht für sich selbst der Begriff, und deswegen
- erkennt es in jenem reflektierten Gegenstande nicht sich. _Für uns_
- ist dieser Gegenstand durch die Bewegung des Bewußtseins so geworden,
- daß dieses in das Werden desselben verflochten, und die Reflexion auf
- beiden Seiten dieselbe, oder nur _eine_ ist. Weil aber das
- Bewußtsein in dieser Bewegung nur das gegenständliche Wesen, nicht
- das Bewußtsein als solches zu seinem Inhalte hatte, so ist für es das
- Resultat in gegenständlicher Bedeutung zu setzen, und das Bewußtsein
- noch von dem gewordenen zurücktretend, so daß ihm dasselbe als
- Gegenständliches das Wesen ist.
- Der Verstand hat damit zwar seine eigne Unwahrheit und die Unwahrheit
- des Gegenstandes aufgehoben; und was ihm dadurch geworden, ist der
- Begriff des Wahren; als _an sich_ seiendes Wahres, das noch nicht
- Begriff ist, oder das des _Für-sich-seins_ des Bewußtseins entbehrt,
- und das der Verstand, ohne sich darin zu wissen, gewähren läßt.
- Dieses treibt sein Wesen für sich selbst; so daß das Bewußtsein
- keinen Anteil an seiner freien Realisierung hat, sondern ihr nur
- zusieht, und sie rein auffaßt. _Wir_ haben hiemit noch vors erste an
- seine Stelle zu treten, und der Begriff zu sein, welcher das
- ausbildet, was in dem Resultate enthalten ist; an diesem
- ausgebildeten Gegenstande, der dem Bewußtsein als ein seiendes sich
- darbietet, wird es sich erst zum begreifenden Bewußtsein.
- Das Resultat war das unbedingt Allgemeine, zunächst in dem negativen
- und abstrakten Sinne, daß das Bewußtsein seine einseitigen Begriffe
- negierte, und sie abstrahierte, nämlich sie aufgab. Das Resultat hat
- aber an sich die positive Bedeutung, daß darin die Einheit, _des
- Für-sich-seins_ und _des Für-ein-Anderes-seins_, oder der absolute
- Gegensatz unmittelbar als dasselbe Wesen gesetzt ist. Es scheint
- zunächst nur die Form der Momente zueinander zu betreffen; aber das
- Für-sich-sein und das Für-Anderes-sein ist ebensowohl der _Inhalt_
- selbst, weil der Gegensatz in seiner Wahrheit keine andere Natur
- haben kann, als die sich im Resultate ergeben hat, daß nämlich der in
- der Wahrnehmung für wahr gehaltene Inhalt in der Tat nur der Form
- angehört, und in ihre Einheit sich auflöst. Dieser Inhalt ist
- zugleich allgemein; es kann keinen andern Inhalt geben, der durch
- seine besondere Beschaffenheit sich dem entzöge, in diese unbedingte
- Allgemeinheit zurückzugehen. Ein solcher Inhalt wäre irgendeine
- bestimmte Weise, für sich zu sein, und zu Anderem sich zu verhalten.
- Allein _für sich zu sein_, und _zu Anderem sich zu verhalten
- überhaupt_, macht seine _Natur_ und _Wesen_ aus, deren Wahrheit ist,
- unbedingt Allgemeines zu sein; und das Resultat ist schlechthin
- allgemein.
- Weil aber dies unbedingt Allgemeine Gegenstand für das Bewußtsein ist,
- so tritt an ihm der Unterschied der Form und des Inhalts hervor, und
- in der Gestalt des Inhalts haben die Momente das Aussehen, in welchem
- sie sich zuerst darboten, einerseits allgemeines Medium vieler
- bestehender Materien, und anderseits in sich reflektiertes Eins,
- worin ihre Selbstständigkeit vertilgt ist, zu sein. Jenes ist die
- Auflösung der Selbstständigkeit des Dinges, oder die Passivität, die
- ein Sein für ein Anderes ist, dies aber das Für-sich-sein. Es ist zu
- sehen, wie diese Momente in der unbedingten Allgemeinheit, die ihr
- Wesen ist, sich darstellen. Es erhellt zunächst, daß sie dadurch,
- daß sie nur in dieser sind, überhaupt nicht mehr auseinander liegen,
- sondern wesentlich an ihnen selbst sich aufhebende Seiten sind, und
- nur das Übergehen derselben ineinander gesetzt ist.
- Das eine Moment erscheint also als das auf die Seite getretene Wesen,
- als allgemeines Medium oder als das Bestehen selbstständiger Materien.
- Die _Selbstständigkeit_ dieser Materien aber ist nichts anders als
- dies Medium; oder dies _Allgemeine_ ist durchaus die _Vielheit_
- solcher verschiedenen Allgemeinen. Das Allgemeine ist an ihm selbst
- in ungetrennter Einheit mit dieser Vielheit, heißt aber, diese
- Materien sind, jede wo die andere ist, sie durchdringen sich
- gegenseitig--ohne aber sich zu berühren, weil umgekehrt das viele
- Unterschiedene ebenso selbstständig ist. Damit ist zugleich auch
- ihre reine Porosität oder ihr Aufgehobensein gesetzt. Dies
- Aufgehobensein wieder, oder die Reduktion dieser Verschiedenheit zum
- _reinen Für-sich-sein_ ist nichts anders als das Medium selbst und
- dies die _Selbstständigkeit_ der Unterschiede. Oder die
- selbstständig gesetzten gehen unmittelbar in ihre Einheit, und ihre
- Einheit unmittelbar in die Entfaltung über, und diese wieder zurück
- in die Reduktion. Diese Bewegung ist aber dasjenige, was _Kraft_
- genannt wird; das eine Moment derselben, nämlich sie als Ausbreitung
- der selbstständigen Materien in ihrem Sein, ist ihre _Äußerung_; sie
- aber als das Verschwundensein derselben ist die in sich aus ihrer
- Äußerung _zurückgedrängte_, oder _die eigentliche Kraft_. Aber
- erstens die in sich zurückgedrängte Kraft _muß_ sich äußern; und
- zweitens in der Äußerung ist sie ebenso _in sich_ selbst seiende
- Kraft, als sie in diesem In-sich-selbst-sein Äußerung ist.--Indem wir
- so beide Momente in ihrer unmittelbaren Einheit erhalten, so ist
- eigentlich der Verstand, dem der Begriff der Kraft angehört, _der
- Begriff_, welcher die unterschiedenen Momente als unterschiedene
- trägt; denn _an ihr selbst_ sollen sie nicht unterschieden sein; der
- Unterschied ist hiemit nur im Gedanken.--Oder es ist im obigen nur
- erst der Begriff der Kraft, nicht ihre Realität gesetzt worden. In
- der Tat aber ist die Kraft das unbedingt Allgemeine, welches, was es
- _für ein Anderes_, ebenso an sich selbst ist; oder welches den
- Unterschied--denn er ist nichts anderes, als das
- _Für-ein-Anderes-sein_--an ihm selbst hat. Daß also die Kraft in
- ihrer Wahrheit sei, muß sie ganz vom Gedanken frei gelassen und als
- die Substanz dieser Unterschiede gesetzt werden, das heißt _einmal,
- sie_ als diese ganze Kraft wesentlich _an und für sich_ bleibend, und
- _dann_ ihre _Unterschiede_ als _substantiell_, oder als für sich
- bestehende Momente. Die Kraft als solche, oder als in sich
- zurückgedrängte ist hiemit für sich als ein _ausschließendes_ Eins,
- welchem die Entfaltung der Materien ein _anderes bestehendes Wesen_
- ist, und es sind so zwei unterschiedne selbstständige Seiten gesetzt.
- Aber die Kraft ist auch das Ganze, oder sie bleibt, was sie ihrem
- Begriffe nach ist, nämlich diese _Unterschiede_ bleiben reine Formen,
- oberflächliche _verschwindende Momente. Die Unterschiede_ der in
- sich _zurückgedrängten_ eigentlichen Kraft und der _Entfaltung_ der
- selbstständigen Materien wären zugleich gar nicht, wenn sie nicht ein
- _Bestehen_ hätten, oder die Kraft wäre nicht, wenn sie nicht auf
- diese entgegengesetzte Weise _existierte_; aber, sie existiert auf
- diese entgegengesetzte Weise, heißt nichts anderes, als beide Momente
- sind selbst zugleich _selbstständig_.--Diese Bewegung des
- Sich-beständig-verselbstständigens der beiden Momente und ihres
- Sich-wieder-aufhebens ist es also, was zu betrachten ist.--Es erhellt
- im allgemeinen, daß diese Bewegung nichts anderes ist als die
- Bewegung des Wahrnehmens, worin die beiden Seiten, das Wahrnehmende
- und das Wahrgenommene zugleich, einmal als das _Auffassen_ des Wahren
- eins und ununterschieden, dabei aber ebensowohl jede Seite in sich
- _reflektiert_ oder für sich ist. Hier sind diese beiden Seiten
- Momente der Kraft; sie sind ebensowohl in einer Einheit, als diese
- Einheit, welche gegen die für sich seienden Extreme als die Mitte
- erscheint, sich immer in eben diese Extreme zersetzt, die erst
- dadurch sind.--Die Bewegung, welche sich vorhin als das
- Sich-selbst-vernichten widersprechender Begriffe darstellte, hat also
- hier die _gegenständliche_ Form, und ist Bewegung der Kraft, als
- deren Resultat das unbedingt Allgemeine als _Ungegenständliches_,
- oder als _Innres_ der Dinge hervorgeht.
- Die Kraft ist, wie sie bestimmt worden, indem sie als _solche_, oder
- als _in sich reflektiert_ vorgestellt wird, die eine Seite ihres
- Begriffs; aber als ein substantiiertes Extrem, und zwar das unter der
- Bestimmtheit des Eins gesetzte. Hiemit ist das _Bestehen_ der
- entfalteten Materien aus ihr ausgeschlossen, und ein _Anderes_ als
- sie. Indem es notwendig ist, daß _sie selbst_ dieses _Bestehen_ sei,
- oder daß sie sich _äußere_, so stellt sich ihre Äußerung so vor, daß
- _jenes andere_ zu ihr _hinzutritt_, und sie sollizitiert. Aber in
- der Tat, indem sie _notwendig_ sich äußert, hat sie dies, was als ein
- anderes Wesen gesetzt war, an ihr selbst. Es muß zurückgenommen
- werden, daß sie als _ein Eins_, und ihr Wesen, sich zu äußern, als
- ein Anderes zu ihr von außen Hinzutretendes gesetzt wurde; sie ist
- vielmehr selbst dies allgemeine Medium des Bestehens der Momente als
- Materien; oder _sie hat sich geäußert_, und was das andere
- Sollizitierende sein sollte, ist sie vielmehr. Sie existiert also
- itzt als das Medium der entfalteten Materien. Aber sie hat gleich
- wesentlich die Form des Aufgehobenseins der bestehenden Materien,
- oder ist wesentlich _Eins_; _dies Eins-sein_ ist hiemit _itzt_, da
- _sie_ gesetzt ist als das Medium von Materien, _ein anderes als sie_,
- und sie hat dies ihr Wesen außer ihr. Indem sie aber notwendig dies
- sein muß, als was sie _noch nicht_ gesetzt ist, so _tritt dies andere
- hinzu_ und sollizitiert sie zur Reflexion in sich selbst, oder hebt
- ihre Äußerung auf. In der Tat aber ist _sie selbst_ dieses
- In-sich-reflektiert-sein, oder dies Aufgehobensein der Äußerung; das
- Einssein verschwindet, _wie_ es erschien, nämlich als _ein anderes_;
- _sie ist es selbst_, sie ist in sich zurückgedrängte Kraft.
- Das, was als Anderes auftritt, und sie sowohl zur Äußerung als zur
- Rückkehr in sich selbst sollizitiert, ist, wie sich unmittelbar
- ergibt, _selbst Kraft_; denn das Andre zeigt sich ebensowohl als
- allgemeines Medium wie als Eins; und so, daß jede dieser Gestalten
- zugleich nur als verschwindendes Moment auftritt. Die Kraft ist
- hiemit dadurch, daß ein Anderes für sie, und sie für ein Anderes ist,
- überhaupt noch nicht aus ihrem Begriffe herausgetreten. Es sind aber
- zugleich zwei Kräfte vorhanden; der Begriff beider zwar derselbe,
- aber aus seiner Einheit in die Zweiheit herausgegangen. Statt daß
- der Gegensatz durchaus wesentlich nur Moment bliebe, scheint er sich
- durch die Entzweiung in ganz _selbstständige Kräfte_ der Herrschaft
- der Einheit entzogen zu haben. Was es mit dieser Selbstständigkeit
- für eine Bewandtnis hat, ist näher zu sehen. Zunächst tritt die
- zweite Kraft als das Sollizitierende, und zwar als allgemeines Medium
- seinem Inhalte nach gegen die auf, welche als sollizitierte bestimmt
- ist; indem aber jene wesentlich Abwechslung dieser beiden Momente und
- selbst Kraft ist, so ist sie in der Tat gleichfalls _nur erst_
- allgemeines Medium, _indem sie dazu sollizitiert wird_, und ebenso
- auch nur negative Einheit, oder zum Zurückgehen der Kraft
- Sollizitierendes, _dadurch, daß sie sollizitiert wird_. Es
- verwandelt sich hiemit auch dieser Unterschied, der zwischen beiden
- stattfand, daß das eine das _Sollizitierende_, das andere das
- _Sollizitierte_ sein sollte, in dieselbe Austauschung der
- Bestimmtheiten gegeneinander.
- Das Spiel der beiden Kräfte besteht hiemit in diesem
- entgegengesetzten Bestimmtsein beider, ihrem Füreinander-sein in
- dieser Bestimmung, und der absoluten unmittelbaren Verwechslung der
- Bestimmungen--einem Übergange, wodurch allein diese Bestimmungen sind,
- in denen die Kräfte _selbstständig_ aufzutreten scheinen. Das
- Sollizitierende ist, zum Beispiel, als allgemeines Medium, und
- dagegen das Sollizitierte als zurückgedrängte Kraft gesetzt; aber
- jenes ist allgemeines Medium selbst nur dadurch, daß das andere
- zurückgedrängte Kraft ist; oder diese ist vielmehr das
- Sollizitierende für jenes, und macht dasselbe erst zum Medium. Jenes
- hat nur durch das andere seine Bestimmtheit, und ist sollizitierend,
- nur insofern es vom andern dazu sollizitiert wird, sollizitierend zu
- sein; und es verliert ebenso unmittelbar diese ihm gegebene
- Bestimmtheit; denn diese geht an das andere über oder vielmehr ist
- schon an dasselbe übergegangen; das fremde die Kraft Sollizitierende
- tritt als allgemeines Medium auf, aber nur dadurch, daß es von ihr
- dazu sollizitiert worden ist; das heißt aber, _sie setzt_ es so und
- _ist_ vielmehr _selbst wesentlich_ allgemeines Medium; sie setzt das
- Sollizitierende so, darum weil diese andere Bestimmung _ihr_
- wesentlich, das heißt, weil _sie vielmehr sie selbst ist._
- Zur Vervollständigung der Einsicht in den Begriff dieser Bewegung
- kann noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß sich die Unterschiede
- selbst in einem gedoppelten Unterschiede zeigen, _einmal_ als
- Unterschiede des _Inhalts_, indem das eine Extrem in sich
- reflektierte Kraft, das andere aber Medium der Materien ist; das
- _andremal_ als Unterschiede der _Form_, indem das eine
- Sollizitierendes, das andre Sollizitiertes, jenes tätig, dies passiv
- ist. Nach dem Unterschiede des Inhalts _sind_ sie überhaupt, oder
- für uns unterschieden; nach dem Unterschiede der Form aber sind sie
- selbstständig, in ihrer Beziehung sich voneinander selbst abscheidend
- und entgegengesetzt. Daß so die Extreme nach diesen beiden Seiten
- nichts _an sich_, sondern diese Seiten, worin ihr unterschiedenes
- Wesen bestehen sollte, nur verschwindende Momente, ein unmittelbares
- Übergehen jeder in die entgegengesetzte sind, dies wird für das
- Bewußtsein in der Wahrnehmung der Bewegung der Kraft. Für uns aber
- war, wie oben erinnert, auch noch dies, daß an sich die Unterschiede
- als _Unterschiede des Inhalts und der Form_ verschwanden, und auf der
- Seite der Form dem Wesen nach das _tätige, sollizitierende_ oder
- _Für-sich-seiende_ dasselbe, was auf der Seite des Inhalts als in
- sich zurückgedrängte Kraft; das passive, _sollizitierte_, oder
- Für-ein-Anderes-seiende auf der Seite der Form dasselbe, was auf der
- Seite des Inhalts als allgemeines Medium der vielen Materien sich
- darstellte.
- Es ergibt sich hieraus, daß der Begriff der Kraft durch die
- Verdopplung in zwei Kräfte _wirklich_ wird, und wie er dies wird.
- Diese zwei Kräfte existieren als für sich seiende Wesen; aber ihre
- Existenz ist eine solche Bewegung gegeneinander, daß ihr Sein
- vielmehr ein reines _Gesetztsein durch ein Anderes_ ist, das heißt,
- daß ihr Sein vielmehr die reine Bedeutung des _Verschwindens_ hat.
- Sie sind nicht als Extreme, die etwas Festes für sich behielten, und
- nur eine äußere Eigenschaft gegeneinander in die Mitte und in ihre
- Berührung schickten; sondern was sie sind, sind sie nur in dieser
- Mitte und Berührung. Es ist darin unmittelbar ebensowohl das
- In-sich-zurückgedrängt- oder _das Für-sich-sein_ der Kraft wie die
- Äußerung, das Sollizitieren wie das Sollizitiertsein; diese Momente
- hiemit nicht an zwei selbstständige Extreme verteilt, welche sich nur
- eine entgegengesetzte Spitze böten, sondern ihr Wesen ist dies
- schlechthin, jedes nur durchs andere, und was jede so durchs andre
- ist, unmittelbar nicht mehr zu sein, indem sie es ist. Sie haben
- hiemit in der Tat keine eignen Substanzen, welche sie trügen und
- erhielten. Der _Begriff_ der Kraft erhält sich vielmehr als _das
- Wesen_ in seiner _Wirklichkeit_ selbst; die _Kraft als wirkliche_ ist
- schlechthin nur in der _Äußerung_, welche zugleich nichts anders als
- ein Sich-selbst-aufheben ist. Diese _wirkliche_ Kraft vorgestellt
- als frei von ihrer Äußerung und für sich seiend, ist sie die in sich
- zurückgedrängte Kraft, aber diese Bestimmtheit ist in der Tat, wie
- sich ergeben hat, selbst nur ein Moment der _Äußerung_. Die Wahrheit
- der Kraft bleibt also nur der _Gedanke_ derselben; und haltungslos
- stürzen die Momente ihrer Wirklichkeit, ihre Substanzen und ihre
- Bewegung in eine ununterschiedene Einheit zusammen, welche nicht die
- in sich zurückgedrängte Kraft ist, denn diese ist selbst nur ein
- solches Moment, sondern diese Einheit ist _ihr Begriff, als Begriff_.
- Die Realisierung der Kraft ist also zugleich Verlust der Realität;
- sie ist darin vielmehr ein ganz Anderes geworden, nämlich diese
- _Allgemeinheit_, welche der Verstand zuerst oder unmittelbar als ihr
- Wesen erkennt, und welche sich auch als ihr Wesen an ihrer
- seinsollenden Realität, an den wirklichen Substanzen erweist.
- Insofern wir _das erste_ Allgemeine als den _Begriff_ des Verstandes
- betrachten, worin die Kraft noch nicht für sich ist, so ist das
- zweite itzt ihr _Wesen_, wie es sich _an_ und _für sich_ darstellt.
- Oder umgekehrt, betrachten wir das erste Allgemeine als das
- _Unmittelbare_, das ein _wirklicher_ Gegenstand für das Bewußtsein
- sein sollte, so ist dies zweite als das _Negative_ der sinnlich
- gegenständlichen Kraft bestimmt; es ist sie, wie sie in ihrem wahren
- Wesen nur als _Gegenstand des Verstandes_ ist; jenes erste wäre die
- in sich zurückgedrängte Kraft oder sie als Substanz; dies zweite aber
- ist das _Innere_ der Dinge, als _Inneres_, welches mit dem Begriffe
- als Begriff dasselbe ist.
- Dieses wahrhafte Wesen der Dinge hat sich itzt so bestimmt, daß es
- nicht unmittelbar für das Bewußtsein ist, sondern daß dieses ein
- mittelbares Verhältnis zu dem Innern hat, und als Verstand _durch
- diese Mitte des Spiels der Kräfte in den wahren Hintergrund der Dinge
- blickt_. Die Mitte, welche die beiden Extreme, den Verstand und das
- Innere, zusammenschließt, ist das entwickelte _Sein_ der Kraft, das
- für den Verstand selbst nunmehr ein _Verschwinden_ ist. Es heißt
- darum _Erscheinung_; denn Schein nennen wir das _Sein_, das
- unmittelbar an ihm selbst ein _Nichtsein_ ist. Es ist aber nicht nur
- ein Schein, sondern Erscheinung, ein _Ganzes_ des Scheins. Dies
- _Ganze_ als Ganzes oder _Allgemeines_ ist es, was das _Innere_
- ausmacht, das _Spiel der Kräfte_, als _Reflexion_ desselben in sich
- selbst. In ihm sind für das Bewußtsein auf gegenständliche Weise die
- Wesen der Wahrnehmung _so gesetzt_, wie sie an sich sind, nämlich als
- unmittelbar in das Gegenteil ohne Ruhe und Sein sich verwandelnde
- Momente, das Eins unmittelbar in das Allgemeine, das Wesentliche
- unmittelbar in das Unwesentliche und umgekehrt. Dies Spiel der
- Kräfte ist daher das entwickelte Negative, aber die Wahrheit
- desselben ist das Positive, nämlich das _Allgemeine_, der _an sich_
- seiende Gegenstand.--Das _Sein_ desselben _für das_ Bewußtsein ist
- vermittelt durch die Bewegung der _Erscheinung_, worin das _Sein der
- Wahrnehmung_ und das sinnlich Gegenständliche überhaupt nur negative
- Bedeutung hat, das Bewußtsein also daraus sich in sich als in das
- Wahre reflektiert, aber als Bewußtsein wieder dies Wahre zum
- gegenständlichen _Innern_ macht, und diese Reflexion der Dinge von
- seiner Reflexion in sich selbst unterscheidet; wie ihm die
- vermittelnde Bewegung ebenso noch eine gegenständliche ist. Dies
- Innere ist ihm daher ein Extrem gegen es; aber es ist ihm darum das
- Wahre, weil es darin als in dem _An-sich_ zugleich die Gewißheit
- seiner selbst oder das Moment seines Für-sich-seins hat; aber dieses
- Grundes ist es sich noch nicht bewußt, denn das _Für-sich-sein_,
- welches das Innre an ihm selbst haben sollte, wäre nichts anderes als
- die negative Bewegung, aber diese ist dem Bewußtsein noch die
- _gegenständliche_ verschwindende Erscheinung, noch nicht sein
- _eignes_ Für-sich-sein; das Innre ist ihm daher wohl Begriff, aber es
- kennt die Natur des Begriffes noch nicht.
- In diesem _innern Wahren_, als dem _absolut Allgemeinen_, welches vom
- _Gegensatze_ des Allgemeinen und Einzelnen gereinigt und _für den
- Verstand_ geworden ist, schließt sich erst über der _sinnlichen_ als
- der _erscheinenden Welt_ nunmehr eine _übersinnliche_ als die _wahre_
- Welt auf, über dem verschwindenden _Diesseits_ das bleibende
- _Jenseits_; ein An-sich, welches die erste und darum selbst
- unvollkommene Erscheinung der Vernunft, oder nur das reine Element
- ist, worin die Wahrheit ihr _Wesen_ hat.
- _Unser Gegenstand_ ist hiemit nunmehr der Schluß, welcher zu seinen
- Extremen, das Innere der Dinge, und den Verstand, und zu seiner Mitte
- die Erscheinung hat; die Bewegung dieses Schlusses aber gibt die
- weitere Bestimmung dessen, was der Verstand durch die Mitte hindurch
- im Innern erblickt, und die Erfahrung, welche er über dieses
- Verhältnis des Zusammengeschlossenseins macht.
- Noch ist das Innere _reines Jenseits_ für das Bewußtsein, denn es
- findet sich selbst in ihm noch nicht; es ist _leer_, denn es ist nur
- das Nichts der Erscheinung und positiv das einfache Allgemeine.
- Diese Weise des Innern zu sein, stimmt unmittelbar denjenigen bei,
- welche sagen, daß das Innre der Dinge nicht zu erkennen sei; aber der
- Grund würde anders gefaßt werden müssen. Von diesem Innern, wie es
- hier unmittelbar ist, ist allerdings keine Kenntnis vorhanden, aber
- nicht deswegen, weil die Vernunft zu kurzsichtig, oder beschränkt,
- oder wie man es sonst nennen will, wäre; worüber hier noch nichts
- bekannt ist, denn so tief sind wir noch nicht eingedrungen; sondern
- um der einfachen Natur der Sache selbst willen, weil nämlich im
- _Leeren_ nichts erkannt wird, oder von der andern Seite ausgesprochen,
- weil es eben als das _Jenseits_ des Bewußtseins bestimmt ist.--Das
- Resultat ist freilich dasselbe, wenn ein Blinder in den Reichtum der
- übersinnlichen Welt--wenn sie einen hat, er sei nun eigentümlicher
- Inhalt derselben, oder das Bewußtsein selbst sei dieser Inhalt--und
- wenn ein Sehender in die reine Finsternis, oder wenn man will, in das
- reine Licht, wenn sie nur dieses ist, gestellt wird; der Sehende
- sieht in seinem reinen Lichte so wenig als in seiner reinen
- Finsternis, und gerade so viel als der Blinde in der Fülle des
- Reichtums, der vor ihm läge. Wenn es mit dem Innern und dem
- Zusammengeschlossensein mit ihm durch die Erscheinung weiter nichts
- wäre, so bliebe nichts übrig, als sich an die Erscheinung zu halten,
- das heißt, etwas als wahr zu nehmen, von dem wir wissen, daß es nicht
- wahr ist; oder damit doch in dem leeren, welches zwar erst als
- Leerheit von gegenständlichen Dingen geworden, aber, _als Leerheit an
- sich_, auch für die Leerheit aller geistigen Verhältnisse und der
- Unterschiede des Bewußtseins als Bewußtseins genommen werden
- muß--damit also in diesem so _ganz Leeren_, welches auch das
- _Heilige_ genannt wird, doch etwas sei, es mit Träumereien,
- _Erscheinungen_, die das Bewußtsein sich selbst erzeugt, zu erfüllen;
- es müßte sich gefallen lassen, daß so schlecht mit ihm umgegangen
- wird, denn es wäre keines bessern würdig, indem Träumereien selbst
- noch besser sind als seine Leerheit.
- Das Innere oder das übersinnliche Jenseits ist aber _entstanden_, es
- _kommt_ aus der Erscheinung her, und sie ist seine Vermittlung; oder
- _die Erscheinung ist sein Wesen_, und in der Tat seine Erfüllung.
- Das Übersinnliche ist das Sinnliche und Wahrgenommene gesetzt, wie es
- in _Wahrheit_ ist; die _Wahrheit_ des _Sinnlichen_ und Wahrgenommenen
- aber ist, _Erscheinung_ zu sein. Das Übersinnliche ist also die
- _Erscheinung_ als _Erscheinung_.--Wenn dabei gedacht wird, das
- Übersinnliche sei _also_ die sinnliche Welt, oder die Welt, wie sie
- _für die unmittelbare sinnliche Gewißheit und Wahrnehmung ist_, so
- ist dies ein verkehrtes Verstehen; denn die Erscheinung ist vielmehr
- _nicht_ die Welt des sinnlichen Wissens und Wahrnehmens als seiende,
- sondern sie _als aufgehobene_ oder in Wahrheit _als innere gesetzt_.
- Es pflegt gesagt zu werden, das Übersinnliche sei _nicht_ die
- Erscheinung; dabei wird aber unter der Erscheinung nicht die
- Erscheinung verstanden, sondern vielmehr die _sinnliche_ Welt, als
- selbst reelle Wirklichkeit.
- Der Verstand, welcher unser Gegenstand ist, befindet sich auf eben
- dieser Stelle, daß ihm das Innere nur erst als das allgemeine noch
- unerfüllte _An-sich_ geworden; das Spiel der Kräfte hat nur eben
- diese negative Bedeutung, nicht an sich und nur diese positive, das
- _Vermittelnde_, aber außer ihm zu sein. Seine Beziehung auf das
- Innre durch die Vermittlung aber ist seine Bewegung, durch welche es
- sich ihm erfüllen wird.--_Unmittelbar_ für ihn ist das Spiel der
- Kräfte; das _Wahre_ aber ist ihm das einfache Innre; die Bewegung der
- Kraft ist daher ebenso nur als _Einfaches_ überhaupt das Wahre. Von
- diesem Spiele der Kräfte haben wir aber gesehen, daß es diese
- Beschaffenheit hat, daß die Kraft, welche _sollizitiert_ wird von
- einer andern Kraft, ebenso das _Sollizitierende_ für diese andere ist,
- welche selbst erst hierdurch sollizitierende wird. Es ist hierin
- ebenso nur der unmittelbare Wechsel oder das absolute Austauschen der
- _Bestimmtheit_ vorhanden, welche den einzigen _Inhalt_ des
- Auftretenden ausmacht; entweder allgemeines Medium oder negative
- Einheit zu sein. Es hört in seinem bestimmten Auftreten selbst
- unmittelbar auf, das zu sein, als was es auftritt; es sollizitiert
- durch sein bestimmtes Auftreten die andere Seite, die sich hiedurch
- _äußert_; das heißt, diese ist unmittelbar itzt das, was die erste
- sein sollte. Diese beiden Seiten, das _Verhältnis_ des
- Sollizitierens und das _Verhältnis_ des bestimmten entgegengesetzten
- Inhalts ist _jedes für sich_ die absolute Verkehrung und Verwechslung.
- Aber diese beiden Verhältnisse sind selbst wieder dasselbe, und der
- Unterschied der _Form_, das Sollizitierte und das Sollizitierende zu
- sein, ist dasselbe, was der Unterschied des _Inhalts_ ist, das
- Sollizitierte als solches, nämlich das passive Medium; das
- Sollizitierende hingegen das tätige, die negative Einheit oder das
- Eins. Hiedurch verschwindet aller Unterschied _besonderer Kräfte_,
- die in dieser Bewegung vorhanden sein sollten, gegeneinander
- überhaupt; denn sie beruhten allein auf jenen Unterschieden; und der
- Unterschied der Kräfte fällt ebenso mit jenen beiden nur in einen
- zusammen. Es ist also weder die Kraft noch das Sollizitieren und
- Sollizitiert-werden, noch die Bestimmtheit, bestehendes Medium und in
- sich reflektierte Einheit zu sein, weder einzeln für sich etwas, noch
- sind es verschiedene Gegensätze; sondern was in diesem absoluten
- Wechsel ist, ist nur der _Unterschied als allgemeiner_ oder als ein
- solcher, in welchen sich die vielen Gegensätze reduziert haben.
- Dieser _Unterschied als allgemeiner_ ist daher _das Einfache an dem
- Spiele der Kraft selbst_, und das Wahre desselben; er ist das _Gesetz
- der Kraft_.
- Zu dem _einfachen Unterschiede_ wird die absolut wechselnde
- Erscheinung, durch ihre Beziehung auf die Einfachheit des Innern oder
- des Verstandes. Das Innre ist zunächst nur das an sich Allgemeine;
- dies an sich einfache _Allgemeine_ ist aber wesentlich ebenso absolut
- der _allgemeine Unterschied_; denn es ist das Resultat des Wechsels
- selbst, oder der Wechsel ist sein Wesen; aber der Wechsel, als im
- Innern gesetzt, wie er in Wahrheit ist, in dasselbe hiemit als ebenso
- absolut allgemeiner, beruhigter, sich gleich bleibender Unterschied
- aufgenommen. Oder die Negation ist wesentliches Moment des
- Allgemeinen, und sie oder die Vermittlung also im Allgemeinen ist
- _allgemeiner Unterschied_. Er ist im _Gesetze_ ausgedrückt, als dem
- _beständigen_ Bilde der unsteten Erscheinung. Die _übersinnliche_
- Welt ist hiemit ein _ruhiges Reich von Gesetzen_, zwar jenseits der
- wahrgenommenen Welt, denn diese stellt das Gesetz nur durch
- beständige Veränderung dar, aber in ihr ebenso _gegenwärtig_, und ihr
- unmittelbares stilles Abbild.
- Dies Reich der Gesetze ist zwar die Wahrheit des Verstandes, welche
- an dem Unterschiede, der in dem Gesetze ist, den _Inhalt_ hat; es ist
- aber zugleich nur seine _erste Wahrheit_, und füllt die Erscheinung
- nicht aus. Das Gesetz ist in ihr gegenwärtig, aber es ist nicht ihre
- ganze Gegenwart; es hat unter immer andern Umständen eine immer
- andere Wirklichkeit. Es bleibt dadurch der Erscheinung _für sich_
- eine Seite, welche nicht im Innern ist; oder sie ist in Wahrheit noch
- nicht als _Erscheinung_, als _aufgehobenes_ Für-sich-sein gesetzt.
- Dieser Mangel des Gesetzes muß sich an ihm selbst ebenso hervortun.
- Was ihm zu mangeln scheint, ist, daß es zwar den Unterschied selbst
- an ihm hat, aber als allgemeinen, unbestimmten. Insofern es aber
- nicht _das_ Gesetz überhaupt, sondern _ein_ Gesetz ist, hat es die
- Bestimmtheit an ihm; und es sind damit unbestimmt _viele_ Gesetze
- vorhanden. Allein diese Vielheit ist vielmehr selbst ein Mangel; sie
- widerspricht nämlich dem Prinzip des Verstandes, welchem als
- Bewußtsein des einfachen Innern, die an sich allgemeine _Einheit_ das
- Wahre ist. Die vielen Gesetze muß er darum vielmehr in _ein_ Gesetz
- zusammenfallen lassen. Wie zum Beispiel das Gesetz, nach welchem der
- Stein fällt, und das Gesetz, nach welchem die himmlischen Sphären
- sich bewegen, als _ein_ Gesetz begriffen worden ist. Mit diesem
- Ineinanderfallen aber verlieren die Gesetze ihre Bestimmtheit; das
- Gesetz wird immer oberflächlicher, und es ist damit in der Tat nicht
- die Einheit _dieser bestimmten_ Gesetze, sondern ein ihre
- Bestimmtheit weglassendes Gesetz gefunden; wie das _eine_ Gesetz,
- welches die Gesetze des Falles der Körper an der Erde und der
- himmlischen Bewegung in sich vereint, sie beide in der Tat nicht
- ausdrückt. Die Vereinigung aller Gesetze in der _allgemeinen
- Attraktion_ drückt keinen Inhalt weiter aus als eben den _bloßen
- Begriff des Gesetzes selbst_, der darin als _seiend_ gesetzt ist.
- Die allgemeine Attraktion sagt nur dies, daß _alles einen beständigen
- Unterschied zu anderem_ hat. Der Verstand meint dabei, ein
- allgemeines Gesetz gefunden zu haben, welches die allgemeine
- Wirklichkeit _als solche_ ausdrücke; aber hat in der Tat nur den
- _Begriff_ des _Gesetzes selbst_ gefunden; jedoch so, daß er zugleich
- dies damit aussagt, _alle_ Wirklichkeit ist _an ihr selbst_
- gesetzmäßig. Der Ausdruck der _allgemeinen Attraktion_ hat darum
- insofern große Wichtigkeit, als er gegen das gedankenlose
- _Vorstellen_ gerichtet ist, welchem alles in der Gestalt der
- Zufälligkeit sich darbietet, und welchem die Bestimmtheit die Form
- der sinnlichen Selbstständigkeit hat.
- Es steht somit den bestimmten Gesetzen die allgemeine Attraktion,
- oder der reine Begriff des Gesetzes, gegenüber. Insofern dieser
- reine Begriff, als das Wesen, oder als das wahre Innere betrachtet
- wird, gehört die _Bestimmtheit_ des bestimmten Gesetzes selbst noch
- der Erscheinung oder vielmehr dem sinnlichen Sein an. Allein der
- reine _Begriff_ des Gesetzes geht nicht nur über das Gesetz, welches,
- selbst ein _bestimmtes_, _andern bestimmten_ Gesetzen gegenübersteht,
- sondern er geht auch _über das Gesetz_ als solches hinaus. Die
- Bestimmtheit, von welcher die Rede war, ist eigentlich selbst nur
- verschwindendes Moment, welches hier nicht mehr als Wesenheit
- vorkommen kann; denn es ist nur das Gesetz als das Wahre vorhanden;
- aber der _Begriff_ des Gesetzes ist gegen _das Gesetz_ selbst gekehrt.
- An dem Gesetze nämlich ist der Unterschied selbst _unmittelbar_
- aufgefaßt und in das Allgemeine aufgenommen, damit aber ein
- _Bestehen_ der Momente, deren Beziehung es ausdrückt, als
- gleichgültiger und an sich seiender Wesenheiten. Diese Teile des
- Unterschieds am Gesetze sind aber zugleich selbst bestimmte Seiten;
- der reine Begriff des Gesetzes als allgemeine Attraktion muß in
- seiner wahren Bedeutung so aufgefaßt werden, daß in ihm als absolut
- _Einfachem_ die _Unterschiede_, die an dem Gesetze als solchem
- vorhanden sind, selbst wieder _in das Innre als einfache Einheit
- zurückgehen_; sie ist die innre _Notwendigkeit_ des Gesetzes.
- Das Gesetz ist dadurch auf eine gedoppelte Weise vorhanden, das
- einemal als Gesetz, an dem die Unterschiede als selbstständige
- Momente ausgedrückt sind; das anderemal in der Form des _einfachen_
- In-sich-Zurückgegangen-seins, welche wieder _Kraft_ genannt werden
- kann, aber so, daß sie nicht die zurückgedrängte, sondern die Kraft
- überhaupt oder als der Begriff der Kraft ist, eine Abstraktion,
- welche die Unterschiede dessen, was attrahiert und attrahiert wird,
- selbst in sich zieht. So ist, zum Beispiel, die _einfache_
- Elektrizität die _Kraft_; der Ausdruck des Unterschieds aber fällt in
- _das Gesetz_; dieser Unterschied ist positive und negative
- Elektrizität. Bei der Bewegung des Falles ist die _Kraft_ das
- einfache, die _Schwere_, welche das _Gesetz_ hat, daß die Größen der
- unterschiedenen Momente der Bewegung, der verflossenen _Zeit_, und
- des durchlaufenen _Raums_, sich wie Wurzel und Quadrat zueinander
- verhalten. Die Elektrizität selbst ist nicht der Unterschied an sich
- oder in ihrem Wesen das Doppelwesen von positiver und negativer
- Elektrizität; daher man zu sagen pflegt, sie _habe_ das Gesetz, auf
- diese Weise _zu sein_, auch wohl, sie _habe die Eigenschaft_, so sich
- zu äußern. Diese Eigenschaft ist zwar wesentliche und einzige
- Eigenschaft dieser Kraft, oder sie ist ihr _notwendig_. Aber die
- Notwendigkeit ist hier ein leeres Wort; die Kraft _muß_ eben, _weil_
- sie _muß_, so sich verdoppeln. Wenn freilich _positive_ Elektrizität
- gesetzt ist, ist auch _negative an sich_ notwendig; denn das
- _Positive_ ist nur als Beziehung auf ein _Negatives_, oder das
- Positive ist _an ihm selbst_ der Unterschied von sich selbst, wie
- ebenso das Negative. Aber daß die Elektrizität als solche sich so
- teile, dies ist nicht an sich das Notwendige; sie als _einfache
- Kraft_ ist gleichgültig gegen ihr Gesetz, als positive und negative
- _zu sein;_ und wenn wir jenes ihren Begriff, dies aber ihr Sein
- nennen, so ist ihr Begriff gleichgültig gegen ihr Sein; sie _hat_ nur
- diese Eigenschaft; d.h. eben, es ist ihr nicht _an sich_ notwendig.
- --Diese Gleichgültigkeit erhält eine andere Gestalt, wenn gesagt wird,
- daß es zur _Definition_ der Elektrizität gehört, als positive und
- negative zu sein, oder daß dies schlechthin _ihr Begriff und Wesen_
- ist. Alsdenn hieße ihr Sein _ihre Existenz_ überhaupt; in jener
- Definition liegt aber nicht die _Notwendigkeit ihrer Existenz_; sie
- ist entweder, weil man sie _findet_, das heißt, sie ist gar nicht
- notwendig; oder ihre Existenz ist durch andere Kräfte, das heißt,
- ihre Notwendigkeit ist eine äußere. Damit aber, daß die
- Notwendigkeit, in die Bestimmtheit _des Seins durch Anderes_ gelegt
- wird, fallen wir wieder in die _Vielheit_ der bestimmten Gesetze
- zurück, die wir soeben verließen, um _das Gesetz_ als Gesetz zu
- betrachten; nur mit diesem ist sein _Begriff_ als Begriff oder seine
- Notwendigkeit zu vergleichen, die sich aber in allen diesen Formen
- nur noch als ein leeres Wort gezeigt hat.
- Noch auf andere als die angezeigte Weise ist die Gleichgültigkeit des
- Gesetzes und der Kraft, oder des Begriffs und des Seins vorhanden.
- In dem Gesetze der Bewegung z.B. ist es notwendig, daß die Bewegung
- in Zeit und Raum sich _teile_, oder dann auch in Entfernung und
- Geschwindigkeit. Indem die Bewegung nur das Verhältnis jener Momente
- ist, so ist sie, das Allgemeine, hier wohl _an sich selbst_ geteilt;
- aber nun drücken diese Teile, Zeit und Raum, oder Entfernung und
- Geschwindigkeit, nicht an ihnen diesen Ursprung aus _einem_ aus; sie
- sind gleichgültig gegeneinander, der Raum wird vorgestellt ohne die
- Zeit, die Zeit ohne den Raum, und die Entfernung wenigstens ohne die
- Geschwindigkeit sein zu können--so wie ihre Größen gleichgültig
- gegeneinander sind; indem sie sich nicht _wie Positives und
- Negatives_ verhalten, hiemit nicht durch _ihr Wesen_ aufeinander
- beziehen. Die Notwendigkeit der _Teilung_ ist also hier wohl
- vorhanden; aber nicht der _Teile_ als solcher füreinander. Darum ist
- aber auch jene erste selbst nur eine vorgespiegelte falsche
- Notwendigkeit; die Bewegung ist nämlich nicht selbst als _einfaches_
- oder als reines Wesen vorgestellt; sondern _schon_ als geteilt; Zeit
- und Raum sind ihre _selbstständigen_ Teile oder _Wesen an ihnen
- selbst_, oder Entfernung und Geschwindigkeit Weisen des Seins oder
- Vorstellens, deren eine wohl ohne die andere sein kann, und die
- Bewegung daher nur ihre _oberflächliche_ Beziehung, nicht ihr Wesen.
- Als einfaches Wesen oder als Kraft vorgestellt ist sie wohl die
- _Schwere_, welche aber diese Unterschiede überhaupt nicht in ihr
- enthält.
- Der Unterschied also ist in beiden Fällen kein _Unterschied an sich
- selbst_; entweder ist das Allgemeine, die Kraft, gleichgültig gegen
- die Teilung, welche im Gesetze ist, oder die Unterschiede, Teile des
- Gesetzes sind es gegeneinander. Der Verstand _hat_ aber den Begriff
- _dieses Unterschiedes an sich_, eben darin, daß das Gesetz einesteils
- das Innre, _An-sich_-seiende, aber _an ihm_ zugleich _Unterschiedne_
- ist; daß dieser Unterschied hiemit _innrer_ Unterschied sei, ist
- darin vorhanden, daß das Gesetz _einfache_ Kraft, oder als _Begriff_
- desselben ist, also ein _Unterschied des Begriffes_. Aber dieser
- innre Unterschied fällt nur erst noch _in den Verstand_; und ist noch
- nicht _an der Sache selbst gesetzt_. Es ist also nur die _eigne_
- Notwendigkeit, was der Verstand ausspricht; einen Unterschied, den er
- also nur so macht, daß er es zugleich ausdrückt, daß der Unterschied
- kein _Unterschied der Sache selbst sei_. Diese Notwendigkeit, die
- nur im Worte liegt, ist hiemit die Hererzählung der Momente, die den
- Kreis derselben ausmachen; sie werden zwar unterschieden, ihr
- Unterschied aber zugleich, kein Unterschied der Sache selbst zu sein,
- ausgedrückt, und daher selbst sogleich wieder aufgehoben; diese
- Bewegung heißt _Erklären_. Es wird also ein _Gesetz_ ausgesprochen,
- von diesem wird sein an sich Allgemeines, oder der Grund, als die
- _Kraft_, unterschieden; aber von diesem Unterschiede wird gesagt, daß
- er keiner, sondern vielmehr der Grund ganz so beschaffen sei wie das
- Gesetz. Die einzelne Begebenheit des Blitzes zum Beispiel wird als
- Allgemeines aufgefaßt, und dies Allgemeine als das _Gesetz_ der
- Elektrizität ausgesprochen: die Erklärung faßt alsdenn das _Gesetz_
- in die _Kraft_ zusammen, als das Wesen des Gesetzes. Diese Kraft ist
- dann _so beschaffen_, daß, wenn sie sich äußert, entgegengesetzte
- Elektrizitäten hervortreten, die wieder ineinander verschwinden, das
- heißt, _die Kraft ist gerade so beschaffen wie das Gesetz_; es wird
- gesagt, daß beide gar nicht unterschieden seien. Die Unterschiede
- sind die reine allgemeine Äußerung oder das Gesetz, und die reine
- Kraft; beide haben aber _denselben_ Inhalt, _dieselbe_ Beschaffenheit;
- der Unterschied als Unterschied des Inhalts, d.h. der _Sache_ wird
- also auch wieder zurückgenommen.
- In dieser tautologischen Bewegung beharrt, wie sich ergibt, der
- Verstand bei der ruhigen Einheit seines Gegenstandes, und die
- Bewegung fällt nur in ihn selbst, nicht in den Gegenstand; sie ist
- ein Erklären, das nicht nur nichts erklärt, sondern so klar ist, daß
- es, indem es Anstalten macht, etwas Unterschiedenes von dem schon
- Gesagten zu sagen, vielmehr nichts sagt, sondern nur dasselbe
- wiederholt. An der Sache selbst entsteht durch diese Bewegung nichts
- Neues, sondern sie kommt als Bewegung des Verstandes in Betracht. In
- ihr aber erkennen wir nun eben dasjenige, was an dem Gesetze vermißt
- wurde, nämlich den absoluten Wechsel selbst, denn diese _Bewegung_,
- wenn wir sie näher betrachten, ist unmittelbar das Gegenteil ihrer
- selbst. Sie setzt nämlich _einen Unterschied_, welcher nicht nur für
- uns _kein Unterschied_ ist, sondern welchen sie selbst als
- Unterschied aufhebt. Es ist dies derselbe Wechsel, der sich als das
- Spiel der Kräfte darstellte; es war in ihm der Unterschied des
- Sollizitierenden und Sollizitierten, der sich äußernden und der in
- sich zurückgedrängten Kraft; aber es waren Unterschiede, die in
- Wahrheit keine waren, und sich darum auch unmittelbar wieder aufhoben.
- Es ist nicht nur die bloße Einheit vorhanden, so daß _kein
- Unterschied gesetzt_ wäre, sondern es ist diese _*Bewegung*_, daß
- _allerdings ein Unterschied gemacht, aber_, weil er keiner ist,
- _wieder aufgehoben wird_.--Mit dem Erklären also ist der Wandel und
- Wechsel, der vorhin außer dem Innern nur an der Erscheinung war, in
- das Übersinnliche selbst eingedrungen; unser Bewußtsein ist aber aus
- dem Innern als Gegenstande auf die andere Seite in den _Verstand_
- herübergegangen, und hat in ihm den Wechsel.
- Dieser Wechsel ist so noch nicht ein Wechsel der Sache selbst,
- sondern stellt sich vielmehr eben dadurch als _reiner Wechsel_ dar,
- daß der _Inhalt_ der Momente des Wechsels derselbe bleibt. Indem
- aber der _Begriff_ als Begriff des Verstandes dasselbe ist, was das
- _Innre_ der Dinge, so wird _dieser Wechsel als Gesetz des Innern_ für
- ihn. Er _erfährt_ also, daß es _Gesetz der Erscheinung selbst_ ist,
- daß Unterschiede werden, die keine Unterschiede sind; oder daß das
- _Gleichnamige_ sich von sich selbst _abstößt_; und ebenso, daß die
- Unterschiede nur solche sind, die in Wahrheit keine sind, und sich
- aufheben; oder daß das _Ungleichnamige_ sich _anzieht_.--Ein _zweites
- Gesetz_, dessen Inhalt demjenigen, was vorher Gesetz genannt wurde,
- nämlich dem sich beständigen gleichbleibenden Unterschiede
- entgegengesetzt ist; denn dies neue drückt vielmehr das
- _Ungleichwerden des Gleichen_, und das _Gleichwerden des Ungleichen_
- aus. Der Begriff mutet der Gedankenlosigkeit zu, beide Gesetze
- zusammenzubringen, und ihrer Entgegensetzung bewußt zu werden.
- --Gesetz ist das zweite freilich auch, oder ein inneres
- sichselbstgleiches Sein, aber eine Sichselbstgleichheit vielmehr der
- Ungleichheit, eine Beständigkeit der Unbeständigkeit.--An dem Spiele
- der Kräfte ergab sich dieses Gesetz als eben dieses absolute
- Übergehen, und als reiner Wechsel; das _Gleichnamige_, die Kraft,
- _zersetzt_ sich in einen Gegensatz, der zunächst als ein
- selbstständiger Unterschied erscheint, aber welcher sich in der Tat
- _keiner zu sein_ erweist; denn es ist das _Gleichnamige_, was sich
- von sich selbst abstößt, und dies Abgestoßene zieht sich daher
- wesentlich an, denn es ist _dasselbe_; der gemachte Unterschied, da
- er keiner ist, hebt sich also wieder auf. Er stellt sich hiemit als
- Unterschied _der Sache selbst_, oder als absoluter Unterschied dar,
- und dieser Unterschied der _Sache_ ist also nichts anders als das
- Gleichnamige, das sich von sich abgestoßen hat, und daher nur einen
- Gegensatz setzt, der keiner ist.
- Durch dies Prinzip wird das erste Übersinnliche, das ruhige Reich der
- Gesetze, das unmittelbare Abbild der wahrgenommenen Welt in sein
- Gegenteil umgekehrt; das Gesetz war überhaupt das sich
- _Gleichbleibende_, wie seine Unterschiede; itzt aber ist gesetzt, daß
- beides vielmehr das Gegenteil seiner selbst ist; das sich _Gleiche_
- stößt sich vielmehr von sich ab, und das sich Ungleiche setzt sich
- vielmehr als das sich Gleiche. In der Tat ist nur mit dieser
- Bestimmung der Unterschied der _innre_, oder Unterschied _an sich
- selbst_, indem das Gleiche sich ungleich, das Ungleiche sich gleich
- ist.--_Diese zweite übersinnliche Welt_ ist auf diese Weise die
- _verkehrte_ Welt; und zwar, indem eine Seite schon an der ersten
- übersinnlichen Welt vorhanden ist, die _verkehrte_ dieser _ersten_.
- Das Innere ist damit als Erscheinung vollendet. Denn die erste
- übersinnliche Welt war nur die _unmittelbare_ Erhebung der
- wahrgenommenen Welt in das allgemeine Element; sie hatte ihr
- notwendiges Gegenbild an dieser, welche noch _für sich das Prinzip
- des Wechsels_ und _der Veränderung_ behielt; das erste Reich der
- Gesetze entbehrte dessen, erhält es aber als verkehrte Welt.
- Nach dem Gesetze dieser verkehrten Welt ist also das _Gleichnamige_
- der ersten das _Ungleiche_ seiner selbst, und das _Ungleiche_
- derselben ist ebenso _ihm selbst ungleich_, oder es wird sich
- _gleich_. An bestimmten Momenten wird dies sich so ergeben, daß was
- im Gesetze der ersten süß, in diesem verkehrten An-sich sauer; was in
- jenem schwarz, in diesem weiß ist. Was im Gesetz der erstern am
- Magnete Nordpol, ist in seinem andern übersinnlichen An-sich (in der
- Erde nämlich) Südpol; was aber dort Südpol ist, hier Nordpol. Ebenso
- was im ersten Gesetze der Elektrizität Sauerstoffpol ist, wird in
- seinem andern übersinnlichen Wesen Wasserstoffpol; und umgekehrt, was
- dort der Wasserstoffpol ist, wird hier der Sauerstoffpol. In einer
- andern Sphäre ist nach dem _unmittelbaren Gesetze_ Rache an dem
- Feinde die höchste Befriedigung der verletzten Individualität.
- _Dieses Gesetz_ aber, dem, der mich nicht als Selbstwesen behandelt,
- mich als Wesen gegen ihn zu zeigen, und ihn vielmehr als Wesen
- aufzuheben, ver_kehrt_ sich durch das Prinzip der andern Welt _in das
- entgegengesetzte_, die Wiederherstellung meiner als des Wesens durch
- das Aufheben des fremden Wesens in Selbstzerstörung. Wenn nun diese
- Verkehrung, welche in der _Strafe_ des Verbrechens dargestellt wird,
- zum _Gesetze_ gemacht ist, so ist auch sie wieder nur das Gesetz der
- einen Welt, welche eine ver_kehrte_ übersinnliche Welt sich
- _gegenüberstehen_ hat, in welcher das, was in jener verachtet ist, zu
- Ehren, was in jener in Ehren steht, in Verachtung kommt. Die nach
- dem _Gesetze der ersten_ den Menschen schändende und vertilgende
- Strafe verwandelt sich in ihrer _verkehrten Welt_ in die sein Wesen
- erhaltende, und ihn zu Ehren bringende Begnadigung.
- Oberflächlich angesehen ist diese verkehrte Welt so das Gegenteil der
- ersten, daß sie dieselbe außer ihr hat, und jene erste als eine
- verkehrte _Wirklichkeit_ von sich abstößt, die _eine_ die
- _Erscheinung_, die _andere_ aber das _An-sich_, die _eine_ ist, wie
- sie _für ein anderes_, die _andere_ dagegen, wie sie _für sich_ ist;
- so daß, um die vorigen Beispiele zu gebrauchen, was süß schmeckt,
- _eigentlich_, oder _innerlich_ am Dinge, sauer, oder was am
- wirklichen Magnete der Erscheinung Nordpol ist, am _innern oder
- wesentlichen Sein_ Südpol wäre; was an der erscheinenden Elektrizität
- als Sauerstoffpol sich darstellt, an der nichterscheinenden
- Wasserstoffpol wäre. Oder eine Handlung, die in der _Erscheinung_
- Verbrechen ist, sollte _im Innern_ eigentlich gut sein (eine
- schlechte Handlung eine gute Absicht haben) können; die Strafe nur
- _in der Erscheinung_ Strafe, _an sich_ oder in einer andern Welt aber
- Wohltat für den Verbrecher sein. Allein solche Gegensätze von
- Innerem und Äußerem, von Erscheinung und Übersinnlichem, als von
- zweierlei Wirklichkeiten, sind hier nicht mehr vorhanden. Die
- abgestoßenen Unterschiede verteilen sich nicht von neuem an zwei
- solche Substanzen, welche sie trügen und ihnen ein getrenntes
- Bestehen verliehen; wodurch der Verstand aus dem Innern heraus wieder
- auf seine vorige Stelle zurückfiele. Die eine Seite oder Substanz
- wäre wieder die Welt der Wahrnehmung, worin das eine der beiden
- Gesetze sein Wesen triebe, und ihr gegenüber eine innre Welt, _gerade
- eine solche sinnliche Welt_ wie die erste, aber in der _Vorstellung_;
- sie könnte nicht als sinnliche Welt aufgezeigt, nicht gesehen, gehört,
- geschmeckt werden, und doch würde sie vorgestellt, als eine solche
- sinnliche Welt. Aber in der Tat, wenn _das eine Gesetzte_ ein
- Wahrgenommenes ist, und sein _An-sich_, als das Verkehrte desselben,
- ebenso ein _sinnlich Vorgestelltes_, so ist das Saure, was das
- An-sich des _süßen_ Dinges wäre, ein so wirkliches Ding wie es, ein
- _saures_ Ding; das Schwarze, welches das An-sich des Weißen wäre, ist
- das wirkliche Schwarze; der Nordpol, welcher das An-sich des Südpols
- ist, ist der _an demselben Magnete vorhandne_ Nordpol; der
- Sauerstoffpol, der das An-sich des Wasserstoffpols ist, der
- _vorhandne_ Sauerstoffpol derselben Säule. Das _wirkliche_
- Verbrechen aber hat _seine Verkehrung_, und _sein An-sich_ als
- _Möglichkeit_ in _der Absicht_ als solcher, aber nicht in einer guten;
- denn die Wahrheit der Absicht ist nur die Tat selbst. Das
- Verbrechen seinem Inhalte nach aber hat seine Reflexion in sich oder
- seine Verkehrung an der _wirklichen_ Strafe; diese ist die Aussöhnung
- des Gesetzes mit der ihm im Verbrechen entgegengesetzten Wirklichkeit.
- Die _wirkliche_ Strafe endlich hat so ihre _verkehrte_ Wirklichkeit
- an ihr, daß sie eine solche Verwirklichung des Gesetzes ist, wodurch
- die Tätigkeit, die es als Strafe hat, _sich selbst aufhebt_, es aus
- tätigem wieder _ruhiges_ und geltendes Gesetz wird, und die Bewegung
- der Individualität gegen es, und seiner gegen sie erloschen ist.
- Aus der Vorstellung also der Verkehrung, die das Wesen der einen
- Seite der übersinnlichen Welt ausmacht, ist die sinnliche Vorstellung
- von der Befestigung der Unterschiede in einem verschiedenen Elemente
- des Bestehens zu entfernen, und dieser absolute Begriff des
- Unterschieds, als innrer Unterschied, Abstoßen des Gleichnamigen als
- Gleichnamigen von sich selbst, und Gleichsein des Ungleichen als
- Ungleichen rein darzustellen und aufzufassen. Es ist der reine
- Wechsel, oder _die Entgegensetzung in sich selbst, der Widerspruch zu
- denken_. Denn in dem Unterschiede, der ein innerer ist, ist das
- Entgegengesetzte nicht nur _eines von zweien_--sonst wäre es ein
- _Seiendes_, und nicht ein Entgegengesetztes--; sondern es ist das
- Entgegengesetzte eines Entgegengesetzten, oder das Andere ist in ihm
- unmittelbar selbst vorhanden. Ich stelle wohl das Gegenteil _hieher_,
- und _dorthin_ das Andere, wovon es das Gegenteil ist; also das
- _Gegenteil_ auf eine Seite, an und für sich ohne das andere.
- Ebendarum aber, indem ich hier _das Gegenteil an und für sich_ habe,
- ist es das Gegenteil seiner selbst, oder es hat in der Tat das Andere
- unmittelbar an ihm selbst.--So hat die übersinnliche Welt, welche die
- verkehrte ist, über die andere zugleich übergriffen, und sie an sich
- selbst; sie ist für sich die verkehrte, d.h. die verkehrte ihrer
- selbst; sie ist sie selbst, und ihre entgegengesetzte in _einer_
- Einheit. Nur so ist sie der Unterschied als _innerer_, oder
- Unterschied _an sich selbst_, oder ist als _Unendlichkeit_.
- Durch die Unendlichkeit sehen wir das Gesetz zur Notwendigkeit an ihm
- selbst vollendet, und alle Momente der Erscheinung in das Innre
- aufgenommen. Das Einfache des Gesetzes ist die Unendlichkeit, heißt
- nach dem, was sich ergeben hat, a) es ist ein _Sichselbst_gleiches,
- welches aber der _Unterschied_ an sich ist; oder es ist Gleichnamiges,
- welches sich von sich selbst abstößt, oder sich entzweit. Dasjenige,
- was die _einfache_ Kraft genannt wurde, _verdoppelt_ sich selbst,
- und ist durch ihre Unendlichkeit das Gesetz. b) Das Entzweite,
- welches die in dem _Gesetze_ vorgestellten Teile ausmacht, stellt
- sich als Bestehendes dar; und sie ohne den Begriff des innern
- Unterschiedes betrachtet, ist der Raum und die Zeit, oder die
- Entfernung und die Geschwindigkeit, welche als Momente der Schwere
- auftreten, sowohl gleichgültig und ohne Notwendigkeit füreinander als
- für die Schwere selbst, so wie diese einfache Schwere gegen sie, oder
- die einfache Elektrizität gegen das Positive und Negative ist. g)
- Durch den Begriff des innern Unterschiedes aber ist dies Ungleiche
- und Gleichgültige, Raum und Zeit u.s.f. ein _Unterschied_, welcher
- kein _Unterschied_ ist, oder nur ein Unterschied des _Gleichnamigen_,
- und sein Wesen die Einheit; sie sind als Positives und Negatives
- gegeneinander begeistet, und ihr Sein ist dieses vielmehr, sich als
- Nichtsein zu setzen, und in der Einheit aufzuheben. Es bestehen
- beide unterschiedne, sie sind _an sich_, sie sind _an sich als
- Entgegengesetzte_, d.h. das Entgegengesetzte ihrer selbst, sie haben
- ihr Anderes an ihnen und sind nur _eine_ Einheit.
- Diese einfache Unendlichkeit oder der absolute Begriff ist das
- einfache Wesen des Lebens, die Seele der Welt, das allgemeine Blut zu
- nennen, welches allgegenwärtig durch keinen Unterschied getrübt noch
- unterbrochen wird, das vielmehr selbst alle Unterschiede ist, so wie
- ihr Aufgehobensein, also in sich pulsiert, ohne sich zu bewegen, in
- sich erzittert, ohne unruhig zu sein. Sie ist sich_selbstgleich_,
- denn die Unterschiede sind tautologisch, es sind Unterschiede, die
- keine sind. Dieses sichselbstgleiche Wesen bezieht sich daher nur
- auf sich selbst; _auf sich selbst_, so ist dies ein anderes, worauf
- die Beziehung geht, und das _Beziehen auf sich selbst_ ist vielmehr
- _das Entzweien_, oder eben jene Sichselbstgleichheit ist innerer
- Unterschied. Diese _Entzweiten_ sind somit _an und für sich selbst_,
- jedes ein Gegenteil--_eines Andern_, so ist darin schon das _Andere_
- mit ihm zugleich ausgesprochen; oder es ist nicht das Gegenteil
- _eines Andern_ sondern nur _das reine Gegenteil_, so ist es also an
- ihm selbst das Gegenteil seiner; oder es ist überhaupt nicht ein
- Gegenteil, sondern rein für sich, ein reines sich selbst gleiches
- Wesen, das keinen Unterschied an ihm hat, so brauchen wir nicht zu
- fragen, noch weniger das Gequäle mit solcher Frage für die
- Philosophie anzusehen, oder gar sie ihr für unbeantwortlich
- halten--_wie_ aus diesem reinen Wesen, wie aus ihm _heraus_ der
- Unterschied oder das Anderssein komme; denn es ist schon die
- Entzweiung geschehen, der Unterschied ist aus dem sich selbst
- Gleichen ausgeschlossen, und ihm zur Seite gestellt worden; was _das
- sich selbst Gleiche_ sein sollte, ist also schon eins der Entzweiten
- viel mehr, als daß es das absolute Wesen wäre. Das _sich selbst
- Gleiche entzweit sich_, heißt darum ebensosehr, es hebt sich als
- schon Entzweites, es hebt sich als Anderssein auf. Die _Einheit_,
- von welcher gesagt zu werden pflegt, daß der Unterschied nicht aus
- ihr herauskommen könne, ist in der Tat selbst nur das _eine_ Moment
- der Entzweiung; sie ist die Abstraktion der Einfachheit, welche dem
- Unterschiede gegenüber ist. Aber indem sie die Abstraktion, nur das
- eine der Entgegengesetzten ist, so ist es schon gesagt, daß sie das
- Entzweien ist; denn ist die Einheit ein _Negatives_, ein
- _Entgegengesetztes_, so ist sie eben gesetzt als das, welches die
- Entgegensetzung an ihm hat. Die Unterschiede von _Entzweiung_ und
- _Sich-selbst-gleich-werden_ sind darum ebenso nur _diese Bewegung des
- Sich-aufhebens_; denn indem das Sichselbstgleiche, welches sich erst
- entzweien oder zu seinem Gegenteile werden soll, eine Abstraktion
- oder _schon selbst_ ein Entzweites ist, so ist sein Entzweien hiemit
- ein Aufheben dessen, was es ist, und also das Aufheben seines
- Entzweitseins. Das _Sich-selbst-gleich-werden_ ist ebenso ein
- Entzweien; was sich _selbst gleich_ wird, tritt damit der Entzweiung
- gegenüber; das heißt, es stellt selbst sich damit _auf die Seite_,
- oder es _wird_ vielmehr ein _Entzweites_.
- Die Unendlichkeit oder diese absolute Unruhe des reinen
- Sich-selbst-bewegens, daß, was auf irgendeine Weise, zum Beispiel als
- Sein, bestimmt ist, vielmehr das Gegenteil dieser Bestimmtheit ist,
- ist zwar schon die Seele alles bisherigen gewesen, aber im _Innern_
- erst ist sie selbst frei hervorgetreten. Die Erscheinung oder das
- Spiel der Kräfte stellt sie selbst schon dar, aber als _Erklären_
- tritt sie zunächst frei hervor; und indem sie endlich für das
- Bewußtsein Gegenstand ist, _als das, was sie ist_, so ist das
- Bewußtsein _Selbstbewußtsein_. Das _Erklären_ des Verstandes macht
- zunächst nur die Beschreibung dessen, was das Selbstbewußtsein ist.
- Er hebt die im Gesetze vorhandenen schon rein gewordenen, aber noch
- gleichgültigen Unterschiede auf, und setzt sie in _einer_ Einheit,
- der Kraft. Dies Gleichwerden ist aber ebenso unmittelbar ein
- Entzweien, denn er hebt die Unterschiede nur dadurch auf, und setzt
- dadurch das Eins der Kraft, daß er einen neuen Unterschied macht, von
- Gesetz und Kraft, der aber zugleich kein Unterschied ist; und hiezu,
- daß dieser Unterschied ebenso kein Unterschied ist, geht er selbst
- darin fort, daß er diesen Unterschied wieder aufhebt, indem er die
- Kraft ebenso beschaffen sein läßt als das Gesetz.--Diese Bewegung
- oder Notwendigkeit ist aber so noch Notwendigkeit und Bewegung des
- Verstandes, oder sie _als solche_ ist _nicht sein Gegenstand_,
- sondern er hat in ihr positive und negative Elektrizität, Entfernung,
- Geschwindigkeit, Anziehungskraft, und tausend andere Dinge zu
- Gegenständen, welche den Inhalt der Momente der Bewegung ausmachen.
- In dem Erklären ist eben darum so viele Selbstbefriedigung, weil das
- Bewußtsein dabei, es so auszudrücken, in unmittelbarem
- Selbstgespräche mit sich, nur sich selbst genießt, dabei zwar etwas
- anderes zu treiben scheint, aber in der Tat sich nur mit sich selbst
- herumtreibt.
- In dem entgegengesetzten Gesetze als der Verkehrung des ersten
- Gesetzes, oder in dem innern Unterschiede wird zwar die Unendlichkeit
- selbst _Gegenstand_ des Verstandes, aber er verfehlt sie als solche
- wieder, indem er den Unterschied an sich, das Sich-selbst-abstoßen
- des Gleichnamigen, und die Ungleichen, die sich anziehen, wieder an
- zwei Welten, oder an zwei substantielle Elemente verteilt; die
- _Bewegung_, wie sie in der Erfahrung ist, ist ihm hier ein Geschehen,
- und das Gleichnamige und das Ungleiche _Prädikate_, deren Wesen ein
- seiendes Substrat ist. Dasselbe, was ihm in sinnlicher Hülle
- Gegenstand ist, ist es uns in seiner wesentlichen Gestalt, als reiner
- Begriff. Dies Auffassen des Unterschieds, wie er _in Wahrheit_ ist,
- oder das Auffassen der _Unendlichkeit_ als solcher, ist _für uns_,
- oder _an sich_. Die Exposition ihres Begriffs gehört der
- Wissenschaft an; das Bewußtsein aber, wie es ihn _unmittelbar_ hat,
- tritt wieder als eigne Form oder neue Gestalt des Bewußtseins auf,
- welche in dem vorhergehenden ihr Wesen nicht erkennt, sondern es für
- etwas ganz anderes ansieht.--Indem ihm dieser Begriff der
- Unendlichkeit Gegenstand ist, ist es also Bewußtsein des Unterschieds
- als eines _unmittelbar_ ebensosehr Aufgehobenen; es ist _für sich
- selbst_, es ist _Unterscheiden des Ununterschiedenen_, oder
- _Selbstbewußtsein_. Ich _unterscheide mich von mir selbst_, und _es
- ist darin unmittelbar für mich, daß dies Unterschiedene nicht
- unterschieden ist_. Ich, das Gleichnamige, stoße mich von mir selbst
- ab; aber dies Unterschiedne, Ungleichgesetzte ist unmittelbar, indem
- es unterschieden ist, kein Unterschied für mich. Das Bewußtsein
- eines Andern, eines Gegenstandes überhaupt, ist zwar selbst notwendig
- _Selbstbewußtsein_, Reflektiertsein in sich, Bewußtsein seiner Selbst,
- in seinem Anderssein. Der _notwendige Fortgang_ von den bisherigen
- Gestalten des Bewußtseins, welchen ihr Wahres ein Ding, ein anderes
- war als sie selbst, drückt eben dies aus, daß nicht allein das
- Bewußtsein vom Dinge nur für ein Selbstbewußtsein möglich ist,
- sondern daß dies allein die Wahrheit jener Gestalten ist. Aber für
- uns nur ist diese Wahrheit vorhanden, noch nicht für das Bewußtsein.
- Das Selbstbewußtsein aber ist erst _für sich_ geworden, noch nicht
- _als Einheit_ mit dem Bewußtsein überhaupt.
- Wir sehen, daß im Innern der Erscheinung der Verstand in Wahrheit
- nicht etwas anders als die Erscheinung selbst, aber nicht wie sie als
- Spiel der Kräfte ist, sondern dasselbe in seinen absolut-allgemeinen
- Momenten und deren Bewegung, und in der Tat nur _sich selbst_ erfährt.
- Erhoben über die Wahrnehmung stellt sich das Bewußtsein mit dem
- Übersinnlichen durch die Mitte der Erscheinung zusammengeschlossen
- dar, durch welche es in diesen Hintergrund schaut. Die beiden
- Extreme, das eine, des reinen Innern, das andere, des in dies reine
- Innre schauenden Innern, sind nun zusammengefallen, und wie sie als
- Extreme, so ist auch die Mitte, als etwas anders als sie,
- verschwunden. Dieser Vorhang ist also vor dem Innern weggezogen, und
- das Schauen des Innern in das Innere vorhanden; das Schauen des
- _ununterschiedenen_ Gleichnamigen, welches sich selbst abstößt, als
- _unterschiedenes_ Innres setzt, aber _für welches_ ebenso unmittelbar
- die _Ununterschiedenheit_ beider ist, _das Selbstbewußtsein_. Es
- zeigt sich, daß hinter dem sogenannten Vorhange, welcher das Innre
- verdecken soll, nichts zu sehen ist, wenn _wir_ nicht selbst
- dahintergehen, ebensosehr damit gesehen werde, als daß etwas dahinter
- sei, das gesehen werden kann. Aber es ergibt sich zugleich, daß
- nicht ohne alle Umstände geradezu dahintergegangen werden könne; denn
- dies Wissen, was die Wahrheit _der Vorstellung_ der Erscheinung und
- ihres Innern ist, ist selbst nur Resultat einer umständlichen
- Bewegung, wodurch die Weisen des Bewußtseins, Meinen, Wahrnehmen und
- der Verstand verschwinden; und es wird sich ebenso ergeben, daß das
- Erkennen dessen, _was das Bewußtsein weiß, indem es sich selbst weiß_,
- noch weiterer Umstände bedarf, deren Auseinanderlegung das Folgende
- ist.
- IV. Die Wahrheitder Gewißheit seiner selbst
- In den bisherigen Weisen der Gewißheit ist dem Bewußtsein das Wahre
- etwas anderes als es selbst. Der Begriff dieses Wahren verschwindet
- aber in der Erfahrung von ihm; wie der Gegenstand unmittelbar _an
- sich_ war, das Seiende der sinnlichen Gewißheit, das konkrete Ding
- der Wahrnehmung, die Kraft des Verstandes, so erweist er sich
- vielmehr nicht in Wahrheit zu sein, sondern dies _An-sich_ ergibt
- sich als eine Weise, wie er nur für ein Anderes ist; der Begriff von
- ihm hebt sich an dem wirklichen Gegenstande auf, oder die erste
- unmittelbare Vorstellung in der Erfahrung, und die Gewißheit ging in
- der Wahrheit verloren. Nunmehr aber ist dies entstanden, was in
- diesen frühern Verhältnissen nicht zustande kam, nämlich eine
- Gewißheit, welche ihrer Wahrheit gleich ist, denn die Gewißheit ist
- sich selbst ihr Gegenstand, und das Bewußtsein ist sich selbst das
- Wahre. Es ist darin zwar auch ein Anderssein; das Bewußtsein
- unterscheidet nämlich, aber ein solches, das für es zugleich ein
- nicht Unterschiedenes ist. Nennen wir _Begriff_ die Bewegung des
- Wissens, den _Gegenstand_ aber, das Wissen als ruhige Einheit, oder
- als Ich, so sehen wir, daß nicht nur für uns, sondern für das Wissen
- selbst der Gegenstand dem Begriffe entspricht.--Oder auf die andere
- Weise, den _Begriff_ das genannt, was der Gegenstand _an sich_ ist,
- den Gegenstand aber das, was er als _Gegenstand_, oder _für ein_
- Anderes ist, so erhellt, daß das An-sich-sein und das
- Für-ein-anderes-sein dasselbe ist; denn das _An-sich_ ist das
- Bewußtsein; es ist aber ebenso dasjenige, _für welches ein_ anderes
- (das _An-sich_) ist; und es ist für es, daß das An-sich des
- Gegenstandes und das Sein desselben für ein Anderes dasselbe ist; Ich
- ist der Inhalt der Beziehung und das Beziehen selbst; es ist es
- selbst gegen ein Anderes, und greift zugleich über dies Andre über,
- das für es ebenso nur es selbst ist.
- Mit dem Selbstbewußtsein sind wir also nun in das einheimische Reich
- der Wahrheit eingetreten. Es ist zu sehen, wie die Gestalt des
- Selbstbewußtseins zunächst auftritt. Betrachten wir diese neue
- Gestalt des Wissens, das Wissen von sich selbst, im Verhältnisse zu
- dem Vorhergehenden, dem Wissen von einem Andern, so ist dies zwar
- verschwunden; aber seine Momente haben sich zugleich ebenso
- aufbewahrt; und der Verlust besteht darin, daß sie hier vorhanden
- sind, wie sie an sich sind. Das _Sein_ der Meinung, die
- _Einzelnheit_ und die ihr entgegengesetzte _Allgemeinheit_ der
- Wahrnehmung, sowie _das leere Innere_ des Verstandes, sind nicht mehr
- als Wesen, sondern als Momente des Selbstbewußtseins, das heißt als
- Abstraktionen oder Unterschiede, welche _für_ das Bewußtsein selbst
- zugleich nichtig, oder keine Unterschiede und rein verschwindende
- Wesen sind. Es scheint also nur das Hauptmoment selbst
- verlorengegangen zu sein, nämlich das _einfache selbstständige
- Bestehen_ für das Bewußtsein. Aber in der Tat ist das
- Selbstbewußtsein die Reflexion aus dem Sein der sinnlichen und
- wahrgenommenen Welt, und wesentlich die Rückkehr aus dem _Anderssein_.
- Es ist als Selbstbewußtsein Bewegung; aber indem es _nur sich
- selbst als_ sich selbst von sich unterscheidet, so ist ihm der
- Unterschied _unmittelbar_ als ein Anderssein _aufgehoben_; der
- Unterschied _ist_ nicht, und _es_ nur die bewegungslose Tautologie
- des: Ich bin Ich; indem ihm der Unterschied nicht auch die Gestalt
- des _Seins_ hat, ist es nicht Selbstbewußtsein. Es ist hiemit für es
- das Anderssein, _als ein Sein_, oder als _unterschiedenes Moment_;
- aber es ist für es auch die Einheit seiner selbst mit diesem
- Unterschiede, als _zweites unterschiedenes_ Moment. Mit jenem ersten
- Momente ist das Selbstbewußtsein als _Bewußtsein_, und für es die
- ganze Ausbreitung der sinnlichen Welt erhalten; aber zugleich nur als
- auf das zweite Moment, die Einheit des Selbstbewußtseins mit sich
- selbst, bezogen; und sie ist hiemit für es ein Bestehen, welches aber
- nur _Erscheinung_, oder Unterschied ist, der _an sich_ kein Sein hat.
- Dieser Gegensatz seiner Erscheinung und seiner Wahrheit hat aber nur
- die Wahrheit, nämlich die Einheit des Selbstbewußtseins mit sich
- selbst, zu seinem Wesen; diese muß ihm wesentlich werden; das heißt,
- es ist _Begierde_ überhaupt. Das Bewußtsein hat als Selbstbewußtsein
- nunmehr einen gedoppelten Gegenstand, den einen, den unmittelbaren,
- den Gegenstand der sinnlichen Gewißheit, und des Wahrnehmens, der
- aber _für es_ mit dem _Charakter des Negati_ven bezeichnet ist, und
- den zweiten, nämlich _sich selbst_, welcher das wahre _Wesen_, und
- zunächst nur erst im Gegensatze des ersten vorhanden ist. Das
- Selbstbewußtsein stellt sich hierin als die Bewegung dar, worin
- dieser Gegensatz aufgehoben, und ihm die Gleichheit seiner selbst mit
- sich wird.
- Der Gegenstand, welcher für das Selbstbewußtsein das Negative ist,
- ist aber seinerseits _für uns_ oder _an sich_ ebenso in sich
- zurückgegangen als das Bewußtsein andererseits. Er ist durch diese
- Reflexion in sich _Leben_ geworden. Was das Selbstbewußtsein _als
- seiend_ von sich unterscheidet, hat auch insofern, als es seiend
- gesetzt ist, nicht bloß die Weise der sinnlichen Gewißheit und der
- Wahrnehmung an ihm, sondern es ist in sich reflektiertes Sein, und
- der Gegenstand der unmittelbaren Begierde ist ein _Lebendiges_. Denn
- das _An-sich_, oder das _allgemeine_ Resultat des Verhältnisses des
- Verstandes zu dem Innern der Dinge, ist das Unterscheiden des nicht
- zu Unterscheidenden, oder die Einheit des Unterschiednen. Diese
- Einheit aber ist ebensosehr, wie wir gesehen, ihr Abstoßen von sich
- selbst, und dieser Begriff _entzweit_ sich in den Gegensatz des
- Selbstbewußtseins und des Lebens; jenes die Einheit, _für welche_ die
- unendliche Einheit der Unterschiede ist; dieses aber _ist_ nur diese
- Einheit selbst, so daß sie nicht zugleich _für sich selbst_ ist. So
- selbstständig also das Bewußtsein, ebenso selbstständig ist _an sich_
- sein Gegenstand. Das Selbstbewußtsein, welches schlechthin _für
- sich_ ist, und seinen Gegenstand unmittelbar mit dem Charakter des
- Negativen bezeichnet, oder zunächst _Begierde_ ist, wird daher
- vielmehr die Erfahrung der Selbständigkeit desselben machen.
- Die Bestimmung des Lebens, wie sie sich aus dem Begriffe oder dem
- allgemeinen Resultate ergibt, mit welchem wir in diese Sphäre
- eintreten, ist hinreichend, es zu bezeichnen, ohne daß seine Natur
- weiter daraus zu entwickeln wäre; ihr Kreis beschließt sich in
- folgenden Momenten. Das _Wesen_ ist die Unendlichkeit als das
- _Aufgehobensein_ aller Unterschiede, die reine achsendrehende
- Bewegung, die Ruhe ihrer selbst als absolut unruhigen Unendlichkeit;
- die _Selbstständigkeit_ selbst, in welcher die Unterschiede der
- Bewegung aufgelöst sind; das einfache Wesen der Zeit, das in dieser
- Sichselbstgleichheit die gediegene Gestalt des Raumes hat. Die
- _Unterschiede_ sind aber an diesem _einfachen allgemeinen_ Medium
- ebensosehr als _Unterschiede_; denn diese allgemeine Flüssigkeit hat
- ihre negative Natur nur, indem sie ein _Aufheben derselben_ ist; aber
- sie kann die unterschiednen nicht aufheben, wenn sie nicht ein
- Bestehen haben. Eben diese Flüssigkeit ist als die sichselbstgleiche
- Selbstständigkeit selbst das _Bestehen_, oder die _Substanz_
- derselben, worin sie also als unterschiedene Glieder und
- _fürsichseiende_ Teile sind. Das _Sein_ hat nicht mehr die Bedeutung
- der _Abstraktion des Seins_, noch ihre reine Wesenheit, der
- _Abstraktion_ der _Allgemeinheit_; sondern ihr Sein ist eben jene
- einfache flüssige Substanz der reinen Bewegung in sich selbst. Der
- _Unterschied_ dieser Glieder _gegeneinander_ aber _als_ Unterschied
- besteht überhaupt in keiner anderer _Bestimmtheit_ als der
- Bestimmtheit der Momente der Unendlichkeit oder der reinen Bewegung
- selbst.
- Die selbstständigen Glieder sind _für sich_; dieses _Für-sich-sein_
- ist aber vielmehr ebenso _unmittelbar_ ihre Reflexion in die Einheit,
- als diese Einheit die Entzweiung in die selbstständigen Gestalten ist.
- Die Einheit ist entzweit, weil sie absolut negative oder unendliche
- Einheit ist; und weil _sie_ das _Bestehen_ ist, so hat auch der
- Unterschied Selbstständigkeit nur _an ihr_. Diese Selbständigkeit
- der Gestalt erscheint als ein _Bestimmtes, für Anderes_, denn sie ist
- ein Entzweites; und das _Aufheben_ der Entzweiung geschieht insofern
- durch ein Anderes. Aber es ist ebensosehr an ihr selbst; denn eben
- jene Flüssigkeit ist die Substanz der selbstständigen Gestalten;
- diese Substanz aber ist unendlich; die Gestalt ist darum in ihrem
- Bestehen selbst die Entzweiung, oder das Aufheben ihres
- Für-sich-seins.
- Unterscheiden wir die hierin enthaltenen Momente näher, so sehen wir,
- daß wir zum _ersten_ Momente das _Bestehen der selbstständigen_
- Gestalten, oder die Unterdrückung dessen haben, was das Unterscheiden
- an sich ist, nämlich nicht an sich zu sein und kein Bestehen zu haben.
- Das _zweite_ Moment aber ist die _Unterwerfung_ jenes Bestehens
- unter die Unendlichkeit des Unterschiedes. Im ersten Momente ist die
- bestehende Gestalt; als _fürsichseiend_, oder in ihrer Bestimmtheit
- unendliche Substanz tritt sie gegen die _allgemeine_ Substanz auf,
- verleugnet diese Flüssigkeit und Kontinuität mit ihr und behauptet
- sich als nicht in diesem Allgemeinen aufgelöst, sondern vielmehr als
- durch die Absonderung von dieser ihrer unorganischen Natur, und durch
- das Aufzehren derselben sich erhaltend. Das Leben in dem allgemeinen
- flüssigen Medium, ein _ruhiges_ Auseinanderlegen der Gestalten wird
- eben dadurch zur Bewegung derselben, oder zum Leben als _Prozeß_.
- Die einfache allgemeine Flüssigkeit ist das _An-sich_, und der
- Unterschied der Gestalten das _Andere_. Aber diese Flüssigkeit wird
- selbst durch diesen Unterschied _das Andere_; denn sie ist itzt _für
- den Unterschied_, welcher an und für sich selbst, und daher die
- unendliche Bewegung ist, von welcher jenes ruhige Medium aufgezehrt
- wird, das Leben als _Lebendiges_.--Diese _Verkehrung_ aber ist darum
- wieder die _Verkehrtheit an sich selbst_; was auf gezehrt wird, ist
- das Wesen; die auf Kosten des Allgemeinen sich erhaltende, und das
- Gefühl ihrer Einheit mit sich selbst sich gebende Individualität hebt
- gerade damit _ihren Gegensatz des Andern, durch welchen sie für sich
- ist_, auf; die _Einheit_ mit sich selbst, welche sie sich gibt, ist
- gerade die _Flüssigkeit_ der Unterschiede, oder die _allgemeine
- Auflösung_. Aber umgekehrt ist das Aufheben des individuellen
- Bestehens ebenso das Erzeugen desselben. Denn da das _Wesen_ der
- individuellen Gestalt, das allgemeine Leben, und das für sich Seiende
- an sich einfache Substanz ist, so hebt es, indem es das _Andre_ in
- sich setzt, diese seine _Einfachheit_, oder sein Wesen auf, d.h. es
- entzweit sie, und dies Entzweien der unterschiedslosen Flüssigkeit
- ist eben das Setzen der Individualität. Die einfache Substanz des
- Lebens also ist die Entzweiung ihrer selbst in Gestalten, und
- zugleich die Auflösung dieser bestehenden Unterschiede; und die
- Auflösung der Entzweiung ist ebensosehr Entzweien oder ein Gliedern.
- Es fallen damit die beiden Seiten der ganzen Bewegung, welche
- unterschieden wurden, nämlich die in dem allgemeinen Medium der
- Selbstständigkeit ruhig auseinandergelegte Gestaltung und der Prozeß
- des Lebens ineinander; der letztere ist ebensosehr Gestaltung, als er
- das Aufheben der Gestalt ist; und das erste, die Gestaltung, ist
- ebensosehr ein Aufheben, als sie die Gliederung ist. Das flüssige
- Element ist selbst nur die _Abstraktion_ des Wesens, oder es ist nur
- als Gestalt _wirklich_; und daß es sich gliedert, ist wieder ein
- Entzweien des Gegliederten, oder ein Auflösen desselben. Dieser
- ganze Kreislauf macht das Leben aus, weder das, was zuerst
- ausgesprochen wird, die unmittelbare Kontinuität und Gediegenheit
- seines Wesens, noch die bestehende Gestalt und das für sich seiende
- Diskrete, noch der reine Prozeß derselben, noch auch das einfache
- Zusammenfassen dieser Momente, sondern das sich entwickelnde, und
- seine Entwicklung auflösende und in dieser Bewegung sich einfach
- erhaltende Ganze.
- Indem von der ersten unmittelbaren Einheit ausgegangen, und durch die
- Momente der Gestaltung und des Prozesses hindurch zur Einheit dieser
- beiden Momente, und damit wieder zur ersten einfachen Substanz
- zurückgekehrt wird, so ist diese _reflektierte Einheit_ eine andere
- als die erste. Gegen jene _unmittelbare_, oder als ein _Sein_
- ausgesprochene, ist diese zweite die _allgemeine_, welche alle diese
- Momente als aufgehobne in ihr hat. Sie ist die _einfache Gattung_,
- welche in der Bewegung des Lebens selbst nicht _für sich *als*_ dies
- _Einfache existiert_; sondern in diesem _Resultate_ verweist das
- Leben auf ein anderes, als es ist, nämlich auf das Bewußtsein, für
- welches es als diese Einheit, oder als Gattung, ist.
- Dies andere Leben aber, für welches die _Gattung_ als solche und
- welches für sich selbst Gattung ist, das Selbstbewußtsein, ist sich
- zunächst nur als dieses einfache Wesen, und hat sich als _reines Ich_
- zum Gegenstande; in seiner Erfahrung, die nun zu betrachten ist, wird
- sich ihm dieser abstrakte Gegenstand bereichern, und die Entfaltung
- erhalten, welche wir an dem Leben gesehen haben.
- Das einfache Ich ist diese Gattung oder das einfache Allgemeine, für
- welches die Unterschiede keine sind, nur, indem es _negatives Wesen_
- der gestalteten selbstständigen Momente ist; und das Selbstbewußtsein
- hiemit seiner selbst nur gewiß, durch das Aufheben dieses andern, das
- sich ihm als selbstständiges Leben darstellt; es ist _Begierde_. Der
- Nichtigkeit dieses Andern gewiß, setzt es _für sich_ dieselbe als
- seine Wahrheit, vernichtet den selbstständigen Gegenstand und gibt
- sich dadurch die Gewißheit seiner selbst, als _wahre_ Gewißheit, als
- solche, welche ihm selbst auf _gegenständliche Weise_ geworden ist.
- In dieser Befriedigung aber macht es die Erfahrung von der
- Selbstständigkeit seines Gegenstandes. Die Begierde und die in ihrer
- Befriedigung erreichte Gewißheit seiner selbst ist bedingt durch ihn,
- denn sie ist durch Aufheben dieses Andern; daß dies Aufheben sei, muß
- dies Andere sein. Das Selbstbewußtsein vermag also durch seine
- negative Beziehung ihn nicht aufzuheben; es erzeugt ihn darum
- vielmehr wieder, so wie die Begierde. Es ist in der Tat ein anderes
- als das Selbstbewußtsein, das Wesen der Begierde; und durch diese
- Erfahrung ist ihm selbst diese Wahrheit geworden. Zugleich aber ist
- es ebenso absolut für sich, und ist dies nur durch Aufheben des
- Gegenstandes, und es muß ihm seine Befriedigung werden, denn es ist
- die Wahrheit. Um der Selbstständigkeit des Gegenstandes willen kann
- es daher zur Befriedigung nur gelangen, indem dieser selbst die
- Negation an ihm vollzieht; und er muß diese Negation seiner selbst an
- sich vollziehen, denn er ist _an sich_ das Negative, und muß für das
- Andre sein, was er ist. Indem er die Negation an sich selbst ist,
- und darin zugleich selbstständig ist, ist er Bewußtsein. An dem
- Leben, welches der Gegenstand der Begierde ist, ist die _Negation_
- entweder _an einem Andern_, nämlich an der Begierde, oder als
- _Bestimmtheit_ gegen eine andere gleichgültige Gestalt, oder als
- seine _unorganische allgemeine Natur_. Diese allgemeine
- selbstständige Natur aber, an der die Negation als absolute ist, ist
- die Gattung als solche, oder als _Selbstbewußtsein. Das
- Selbstbewußtsein erreicht seine Befriedigung nur in einem andern
- Selbstbewußtsein._
- In diesen drei Momenten ist erst der Begriff des Selbstbewußtseins
- vollendet; a) reines ununterschiedenes Ich ist sein erster
- unmittelbarer Gegenstand. b) Diese Unmittelbarkeit ist aber selbst
- absolute Vermittlung, sie ist nur als Aufheben des selbstständigen
- Gegenstandes, oder sie ist Begierde. Die Befriedigung der Begierde
- ist zwar die Reflexion des Selbstbewußtseins in sich selbst, oder die
- zur Wahrheit gewordene Gewißheit. c) Aber die Wahrheit derselben ist
- vielmehr die gedoppelte Reflexion, die Verdopplung des
- Selbstbewußtseins. Es ist ein Gegenstand für das Bewußtsein, welcher
- an sich selbst sein Anderssein oder den Unterschied als einen
- nichtigen setzt, und darin selbstständig ist. Die unterschiedene nur
- _lebendige_ Gestalt hebt wohl im Prozesse des Lebens selbst auch ihre
- Selbstständigkeit auf, aber sie hört mit ihrem Unterschiede auf, zu
- sein, was sie ist; der Gegenstand des Selbstbewußtseins ist aber
- ebenso selbstständig in dieser Negativität seiner selbst; und damit
- ist er für sich selbst Gattung, allgemeine Flüssigkeit in der
- Eigenheit seiner Absonderung; er ist lebendiges Selbstbewußtsein.
- Es ist ein _Selbstbewußtsein für ein Selbstbewußtsein_. Erst
- hiedurch ist es in der Tat; denn erst hierin wird für es die Einheit
- seiner selbst in seinem Anderssein; _Ich_, das der Gegenstand seines
- Begriffs ist, ist in der Tat nicht _Gegenstand_; der Gegenstand der
- Begierde aber ist nur _selbstständig_, denn er ist die allgemeine
- unvertilgbare Substanz, das flüssige sichselbstgleiche Wesen. Indem
- ein Selbstbewußtsein der Gegenstand ist, ist er ebensowohl ich wie
- Gegenstand.--Hiemit ist schon der Begriff _des Geistes_ für uns
- vorhanden. Was für das Bewußtsein weiter wird, ist die Erfahrung,
- was der Geist ist, diese absolute Substanz, welche in der
- vollkommenen Freiheit und Selbstständigkeit ihres Gegensatzes,
- nämlich verschiedener für sich seiender Selbstbewußtsein, die Einheit
- derselben ist; _Ich_, das _Wir_, und _Wir_, das _Ich_ ist. Das
- Bewußtsein hat erst in dem Selbstbewußtsein, als dem Begriffe des
- Geistes, seinen Wendungspunkt, auf dem es aus dem farbigten Scheine
- des sinnlichen Diesseits, und aus der leeren Nacht des übersinnlichen
- Jenseits in den geistigen Tag der Gegenwart einschreitet.
- A. Selbstständigkeit und Unselbstständigkeitdes Selbstbewußtseins;
- Herrschaft und Knechtschaft
- Das Selbstbewußtsein ist _an_ und _für sich_, indem, und dadurch, daß
- es für ein Anderes an und für sich ist; d.h. es ist nur als ein
- Anerkanntes. Der Begriff dieser seiner Einheit in seiner Verdopplung,
- der sich im Selbstbewußtsein realisierenden Unendlichkeit, ist eine
- vielseitige und vieldeutige Verschränkung, so daß die Momente
- derselben teils genau auseinandergehalten, teils in dieser
- Unterscheidung zugleich auch als nicht unterschieden, oder immer in
- ihrer entgegengesetzten Bedeutung genommen und erkannt werden müssen.
- Die Doppelsinnigkeit des Unterschiedenen liegt in dem Wesen des
- Selbstbewußtseins, unendlich, oder unmittelbar das Gegenteil der
- Bestimmtheit, in der es gesetzt ist, zu sein. Die Auseinanderlegung
- des Begriffs dieser geistigen Einheit in ihrer Verdopplung stellt uns
- die Bewegung des _Anerkennens_ dar.
- Es ist für das Selbstbewußtsein ein anderes Selbstbewußtsein; es ist
- _außer sich_ gekommen. Dies hat die gedoppelte Bedeutung, _erstlich_,
- es hat sich selbst verloren, denn es findet sich als ein _anderes_
- Wesen; _zweitens_, es hat damit das Andere aufgehoben, denn es sieht
- auch nicht das Andere als Wesen, sondern _sich selbst_ im Andern.
- Es muß dies _sein Anderssein_ aufheben; dies ist das Aufheben des
- ersten Doppelsinnes, und darum selbst ein zweiter Doppelsinn;
- _erstlich_, es muß darauf gehen, das _andere_ selbstständige Wesen
- aufzuheben, um dadurch _seiner_ als des Wesens gewiß zu werden;
- _zweitens_ geht es hiemit darauf, _sich selbst_ aufzuheben, denn dies
- Andere ist es selbst.
- Dies doppelsinnige Aufheben seines doppelsinnigen Andersseins ist
- ebenso eine doppelsinnige Rückkehr _in sich selbst_; denn _erstlich_
- erhält es durch das Aufheben sich selbst zurück; denn es wird sich
- wieder gleich durch das Aufheben _seines_ Andersseins; _zweitens_
- aber gibt es das andere Selbstbewußtsein ihm wieder ebenso zurück,
- denn es war sich im Andern, es hebt dies _sein_ Sein im Andern auf,
- entläßt also das andere wieder frei.
- Diese Bewegung des Selbstbewußtseins in der Beziehung auf ein anderes
- Selbstbewußtsein ist aber auf diese Weise vorgestellt worden, als
- _das Tun des Einen_; aber dieses Tun des Einen hat selbst die
- gedoppelte Bedeutung, ebensowohl _sein Tun_ als _das Tun des Andern_
- zu sein; denn das Andere ist ebenso selbstständig, in sich
- beschlossen, und es ist nichts in ihm, was nicht durch es selbst ist.
- Das erste hat den Gegenstand nicht vor sich, wie er nur für die
- Begierde zunächst ist, sondern einen für sich seienden
- selbstständigen, über welchen es darum nichts für sich vermag, wenn
- er nicht an sich selbst dies tut, was es an ihm tut. Die Bewegung
- ist also schlechthin die gedoppelte beider Selbstbewußtsein. Jedes
- sieht _das Andre_ dasselbe tun, was _es_ tut; jedes tut Selbst, was
- es an das Andre fodert; und tut darum, was es tut, auch _nur_
- insofern, als das Andre dasselbe tut; das einseitige Tun wäre unnütz;
- weil, was geschehen soll, nur durch beide zustande kommen kann.
- Das Tun ist also nicht nur insofern doppelsinnig, als es ein Tun
- ebensowohl _gegen sich_ als _gegen das Andre_, sondern auch insofern,
- als es ungetrennt ebensowohl _das Tun des Einen_ als _des Andern_ ist.
- In dieser Bewegung sehen wir sich den Prozeß wiederholen, der sich
- als Spiel der Kräfte darstellte, aber im Bewußtsein. Was in jenem
- für uns war, ist hier für die Extreme selbst. Die Mitte ist das
- Selbstbewußtsein, welches sich in die Extreme zersetzt, und jedes
- Extrem ist diese Austauschung seiner Bestimmtheit, und absoluter
- Übergang in das entgegengesetzte. Als Bewußtsein aber kommt es wohl
- _außer sich_, jedoch ist es in seinem Außer-sich-sein zugleich in
- sich zurückgehalten, _für sich_, und sein Außer-sich ist _für es_.
- Es ist für es, daß es unmittelbar anderes Bewußtsein _ist_, und
- _nicht ist_; und ebenso, daß dies Andere nur für sich ist, indem es
- sich als für sich Seiendes aufhebt, und nur im Für-sich-sein des
- Andern für sich ist. Jedes ist dem andern die Mitte, durch welche
- jedes sich mit sich selbst vermittelt und zusammenschließt, und jedes
- sich und dem Andern unmittelbares für sich seiendes Wesen, welches
- zugleich nur durch diese Vermittlung so für sich ist. Sie
- _anerkennen_ sich als _gegenseitig sich anerkennend_.
- Dieser reine Begriff des Anerkennens, der Verdopplung des
- Selbstbewußtseins in seiner Einheit, ist nun zu betrachten, wie sein
- Prozeß für das Selbstbewußtsein erscheint. Er wird zuerst die Seite
- der _Ungleichheit_ beider darstellen, oder das Heraustreten der Mitte
- in die Extreme, welche als Extreme sich entgegengesetzt, und das eine
- nur Anerkanntes, der andre nur Anerkennendes ist.
- Das Selbstbewußtsein ist zunächst einfaches Für-sich-sein,
- sichselbstgleich durch das Ausschließen alles _andern aus sich_; sein
- Wesen und absoluter Gegenstand ist ihm _Ich_; und es ist in dieser
- _Unmittelbarkeit_, oder in diesem _Sein_ seines Für-sich-seins,
- _Einzelnes_. Was Anderes für es ist, ist als unwesentlicher, mit dem
- Charakter des Negativen bezeichneter Gegenstand. Aber das Andre ist
- auch ein Selbstbewußtsein; es tritt ein Individuum einem Individuum
- gegenüber auf. So _unmittelbar_ auftretend sind sie füreinander in
- der Weise gemeiner Gegenstände; _selbstständige_ Gestalten, in das
- _Sein_ des _Lebens_--denn als Leben hat sich hier der seiende
- Gegenstand bestimmt--versenkte Bewußtsein, welche _füreinander_ die
- Bewegung der absoluten Abstraktion, alles unmittelbare Sein zu
- vertilgen, und nur das rein negative Sein des sichselbstgleichen
- Bewußtseins zu sein, noch nicht vollbracht, oder sich einander noch
- nicht als reines _Für-sich-sein_, das heißt als _Selbst_bewußtsein
- dargestellt haben. Jedes ist wohl seiner selbst gewiß, aber nicht
- des Andern, und darum hat seine eigne Gewißheit von sich noch keine
- Wahrheit; denn seine Wahrheit wäre nur, daß sein eignes Für-sich-sein
- sich ihm als selbstständiger Gegenstand, oder, was dasselbe ist, der
- Gegenstand sich als diese reine Gewißheit seiner selbst dargestellt
- hätte. Dies aber ist nach dem Begriffe des Anerkennens nicht möglich,
- als daß wie der Andere für ihn, so er für den Andern, jeder an sich
- selbst durch sein eigenes Tun, und wieder durch das Tun des andern,
- diese reine Abstraktion des Für-sich-seins vollbringt.
- Die _Darstellung_ seiner aber als der reinen Abstraktion des
- Selbstbewußtseins besteht darin, sich als reine Negation seiner
- gegenständlichen Weise zu zeigen, oder es zu zeigen, an kein
- bestimmtes _Dasein_ geknüpft, an die allgemeine Einzelnheit des
- Daseins überhaupt nicht, nicht an das Leben geknüpft zu sein. Diese
- Darstellung ist das _gedoppelte_ Tun; Tun des Andern, und Tun durch
- sich selbst. Insofern es Tun _des Andern_ ist, geht also jeder auf
- den Tod des Andern. Darin aber ist auch das zweite, _das Tun durch
- sich selbst_, vorhanden; denn jenes schließt das Daransetzen des
- eignen Lebens in sich. Das Verhältnis beider Selbstbewußtsein ist
- also so bestimmt, daß sie sich selbst und einander durch den Kampf
- auf Leben und Tod _bewähren_.--Sie müssen in diesen Kampf gehen, denn
- sie müssen die Gewißheit ihrer selbst, _für sich zu sein_, zur
- Wahrheit an dem Andern und an ihnen selbst erheben. Und es ist
- allein das Daransetzen des Lebens, wodurch die Freiheit, wodurch es
- bewährt wird, daß dem Selbstbewußtsein nicht das _Sein_, nicht die
- _unmittelbare_ Weise, wie es auftritt, nicht sein Versenktsein in die
- Ausbreitung des Lebens--das Wesen, sondern daß an ihm nichts
- vorhanden, was für es nicht verschwindendes Moment wäre, daß es nur
- reines _Für-sich-sein_ ist. Das Individuum, welches das Leben nicht
- gewagt hat, kann wohl als _Person_ anerkannt werden; aber es hat die
- Wahrheit dieses Anerkanntseins als eines selbstständigen
- Selbstbewußtseins nicht erreicht. Ebenso muß jedes auf den Tod des
- andern gehen, wie es sein Leben daransetzt; denn das Andre gilt ihm
- nicht mehr als es selbst; sein Wesen stellt sich ihm als ein Andres
- dar, es ist außer sich; es muß sein Außersichsein aufheben; das Andre
- ist mannigfaltig befangenes und seiendes Bewußtsein; es muß sein
- Anderssein als reines Für-sich-sein oder als absolute Negation
- anschauen.
- Diese Bewährung aber durch den Tod hebt ebenso die Wahrheit, welche
- daraus hervorgehen sollte, als damit auch die Gewißheit seiner selbst
- überhaupt auf; denn wie das Leben die _natürliche_ Position des
- Bewußtseins, die Selbstständigkeit ohne die absolute Negativität, ist,
- so ist er die _natürliche_ Negation desselben, die Negation ohne die
- Selbstständigkeit, welche also ohne die geforderte Bedeutung des
- Anerkennens bleibt. Durch den Tod ist zwar die Gewißheit geworden,
- daß beide ihr Leben wagten, und es an ihnen und an dem Andern
- verachteten; aber nicht für die, welche diesen Kampf bestanden. Sie
- heben ihr in dieser fremden Wesenheit, welches das natürliche Dasein
- ist, gesetztes Bewußtsein, oder sie heben sich, und werden als die
- für sich sein wollenden _Extreme_ aufgehoben. Es verschwindet aber
- damit aus dem Spiele des Wechsels das wesentliche Moment, sich in
- Extreme entgegengesetzter Bestimmtheiten zu zersetzen; und die Mitte
- fällt in eine tote Einheit zusammen, welche in tote, bloß seiende,
- nicht entgegengesetzte Extreme zersetzt ist; und die beiden geben und
- empfangen sich nicht gegenseitig voneinander durch das Bewußtsein
- zurück, sondern lassen einander nur gleichgültig, als Dinge, frei.
- Ihre Tat ist die abstrakte Negation, nicht die Negation des
- Bewußtseins, welches _so aufhebt_, daß es das Aufgehobene
- _aufbewahrt_ und _erhält_, und hiemit sein Aufgehobenwerden überlebt.
- In dieser Erfahrung wird es dem Selbstbewußtsein, daß ihm das Leben
- so wesentlich als das reine Selbstbewußtsein ist. Im unmittelbaren
- Selbstbewußtsein ist das einfache Ich der absolute Gegenstand,
- welcher aber für uns oder an sich die absolute Vermittlung ist, und
- die bestehende Selbstständigkeit zum wesentlichen Momente hat. Die
- Auflösung jener einfachen Einheit ist das Resultat der ersten
- Erfahrung; es ist durch sie ein reines Selbstbewußtsein, und ein
- Bewußtsein gesetzt, welches nicht rein für sich, sondern für ein
- Anderes, das heißt, als _seiendes_ Bewußtsein oder Bewußtsein in der
- Gestalt der _Dingheit_ ist. Beide Momente sind wesentlich;--da sie
- zunächst ungleich und entgegengesetzt sind, und ihre Reflexion in die
- Einheit sich noch nicht ergeben hat, so sind sie als zwei
- entgegengesetzte Gestalten des Bewußtseins; die eine das
- selbstständige, welchem das Für-sich-sein, die andere das
- unselbstständige, dem das Leben oder das Sein für ein Anderes das
- Wesen ist; jenes ist der _Herr_, dies der _Knecht_.
- Der Herr ist das _für sich_ seiende Bewußtsein, aber nicht mehr nur
- der Begriff desselben, sondern für sich seiendes Bewußtsein, welches
- durch ein _anderes_ Bewußtsein mit sich vermittelt ist, nämlich durch
- ein solches, zu dessen Wesen es gehört, daß es mit selbstständigem
- _Sein_ oder der Dingheit überhaupt synthesiert ist. Der Herr bezieht
- sich auf diese beiden Momente, auf ein _Ding_, als solches, den
- Gegenstand der Begierde, und auf das Bewußtsein, dem die Dingheit das
- Wesentliche ist; und, indem er a) als Begriff des Selbstbewußtseins
- unmittelbare Beziehung des _Für-sich-seins_ ist, aber b) nunmehr
- zugleich als Vermittlung, oder als ein Für-sich-sein, welches nur
- durch ein Anderes für sich ist, so bezieht er sich a) unmittelbar auf
- beide, und b) mittelbar auf jedes durch das andere. Der Herr bezieht
- sich _auf den Knecht mittelbar durch das selbstständige Sein_; denn
- eben hieran ist der Knecht gehalten; es ist seine Kette, von der er
- im Kampfe nicht abstrahieren konnte, und darum sich als
- unselbstständig, seine Selbstständigkeit in der Dingheit zu haben,
- erwies. Der Herr aber ist die Macht über dies Sein, denn er erwies
- im Kampfe, daß es ihm nur als ein Negatives gilt; indem er die Macht
- darüber, dies Sein aber die Macht über den Andern ist, so hat er in
- diesem Schlusse diesen andern unter sich. Ebenso bezieht sich der
- Herr _mittelbar durch den Knecht auf das Ding_; der Knecht bezieht
- sich, als Selbstbewußtsein überhaupt, auf das Ding auch negativ und
- hebt es auf; aber es ist zugleich selbstständig für ihn, und er kann
- darum durch sein Negieren nicht bis zur Vernichtung mit ihm fertig
- werden, oder er _bearbeitet_ es nur. Dem Herrn dagegen _wird_ durch
- diese Vermittlung die _unmittelbare_ Beziehung als die reine Negation
- desselben, oder der _Genuß_; was der Begierde nicht gelang, gelingt
- ihm, damit fertig zu werden, und im Genusse sich zu befriedigen. Der
- Begierde gelang dies nicht wegen der Selbstständigkeit des Dinges;
- der Herr aber, der den Knecht zwischen es und sich eingeschoben,
- schließt sich dadurch nur mit der Unselbstständigkeit des Dinges
- zusammen, und genießt es rein; die Seite der Selbstständigkeit aber
- überläßt er dem Knechte, der es bearbeitet.
- In diesen beiden Momenten wird für den Herrn sein Anerkanntsein durch
- ein anderes Bewußtsein; denn dieses setzt sich in ihnen als
- Unwesentliches, einmal in der Bearbeitung des Dings, das anderemal in
- der Abhängigkeit von einem bestimmten Dasein; in beiden kann es nicht
- über das Sein Meister werden und zur absoluten Negation gelangen. Es
- ist also hierin dies Moment des Anerkennens vorhanden, daß das andere
- Bewußtsein sich als Für-sich-sein aufhebt, und hiemit selbst das tut,
- was das erste gegen es tut. Ebenso das andere Moment, daß dies Tun
- des zweiten das eigne Tun des ersten ist; denn, was der Knecht tut,
- ist eigentlich Tun des Herrn; diesem ist nur das Für-sich-sein, das
- Wesen; er ist die reine negative Macht, der das Ding nichts ist, und
- also das reine wesentliche Tun in diesem Verhältnisse; der Knecht
- aber ein nicht reines, sondern unwesentliches Tun. Aber zum
- eigentlichen Anerkennen fehlt das Moment, daß, was der Herr gegen den
- Andern tut, er auch gegen sich selbst, und was der Knecht gegen sich,
- er auch gegen den Andern tue. Es ist dadurch ein einseitiges und
- ungleiches Anerkennen entstanden.
- Das unwesentliche Bewußtsein ist hierin für den Herrn der Gegenstand,
- welcher die _Wahrheit_ der Gewißheit seiner selbst ausmacht. Aber es
- erhellt, daß dieser Gegenstand seinem Begriffe nicht entspricht,
- sondern daß darin, worin der Herr sich vollbracht hat, ihm vielmehr
- ganz etwas anderes geworden als ein selbstständiges Bewußtsein.
- Nicht ein solches ist für ihn, sondern vielmehr ein unselbstständiges;
- er also nicht _des Für-sich-seins_, als der Wahrheit gewiß, sondern
- seine Wahrheit ist vielmehr das unwesentliche Bewußtsein, und das
- unwesentliche Tun desselben.
- Die _Wahrheit_ des selbstständigen Bewußtseins ist demnach das
- _knechtische Bewußtsein_. Dieses erscheint zwar zunächst _außer_
- sich und nicht als die Wahrheit des Selbstbewußtsein. Aber wie die
- Herrschaft zeigte, daß ihr Wesen das Verkehrte dessen ist, was sie
- sein will, so wird auch wohl die Knechtschaft vielmehr in ihrer
- Vollbringung zum Gegenteile dessen werden, was sie unmittelbar ist;
- sie wird als in sich _zurückgedrängtes_ Bewußtsein in sich gehen, und
- zur wahren Selbstständigkeit sich umkehren.
- Wir sahen nur, was die Knechtschaft im Verhältnisse der Herrschaft
- ist. Aber sie ist Selbstbewußtsein, und was sie hienach an und für
- sich selbst ist, ist nun zu betrachten. Zunächst ist für die
- Knechtschaft der Herr das Wesen; also das _selbstständige für sich
- seiende Bewußtsein_ ist ihr _die Wahrheit_, die jedoch _*für sie*_
- noch nicht _an ihr_ ist. Allein sie hat diese Wahrheit der reinen
- Negativität und des _Für-sich-seins in der Tat an ihr selbst_; denn
- sie hat dieses Wesen an ihr _erfahren_. Dies Bewußtsein hat nämlich
- nicht um dieses oder jenes, noch für diesen oder jenen Augenblick
- Angst gehabt, sondern um sein ganzes Wesen; denn es hat die Furcht
- des Todes, des absoluten Herrn, empfunden. Es ist darin innerlich
- aufgelöst worden, hat durchaus in sich selbst erzittert, und alles
- Fixe hat in ihm gebebt. Diese reine allgemeine Bewegung, das
- absolute Flüssigwerden alles Bestehens ist aber das einfache Wesen
- des Selbstbewußtseins, die absolute Negativität, _das reine
- Für-sich-sein_, das hiemit an diesem Bewußtsein ist. Dies Moment des
- reinen Für-sich-sein ist auch _für es_, denn im Herrn ist es ihm sein
- _Gegenstand_. Es ist ferner nicht nur diese allgemeine Auflösung
- _überhaupt_, sondern im Dienen vollbringt es sie _wirklich_; es hebt
- darin in allen _einzelnen_ Momenten seine Anhänglichkeit an
- natürliches Dasein auf, und arbeitet dasselbe hinweg.
- Das Gefühl der absoluten Macht aber überhaupt, und im einzelnen des
- Dienstes ist nur die Auflösung _an sich_, und obzwar die Furcht des
- Herrn der Anfang der Weisheit ist, so ist das Bewußtsein darin _für
- es selbst_, nicht das _Für-sich-sein_. Durch die Arbeit kömmt es
- aber zu sich selbst. In dem Momente, welches der Begierde im
- Bewußtsein des Herrn entspricht, schien dem dienenden Bewußtsein zwar
- die Seite der unwesentlichen Beziehung auf das Ding zugefallen zu
- sein, indem das Ding darin seine Selbstständigkeit behält. Die
- Begierde hat sich das reine Negieren des Gegenstandes, und dadurch
- das unvermischte Selbstgefühl vorbehalten. Diese Befriedigung ist
- aber deswegen selbst nur ein Verschwinden, denn es fehlt ihr die
- _gegenständliche_ Seite oder das _Bestehen_. Die Arbeit hingegen ist
- _gehemmte_ Begierde, _aufgehaltenes_ Verschwinden, oder sie _bildet_.
- Die negative Beziehung auf den Gegenstand wird zur _Form_ desselben,
- und zu einem _bleibenden_; weil eben dem arbeitenden der Gegenstand
- Selbstständigkeit hat. Diese _negative_ Mitte oder das formierende
- _Tun_ ist zugleich _die Einzelnheit_ oder das reine Für-sich-sein des
- Bewußtseins, welches nun in der Arbeit außer es in das Element des
- Bleibens tritt; das arbeitende Bewußtsein kommt also hiedurch zur
- Anschauung des selbstständigen Seins, _als seiner selbst_.
- Das Formieren hat aber nicht nur diese positive Bedeutung, daß das
- dienende Bewußtsein sich darin als reines _Für-sich-sein_ zum
- _Seienden_ wird; sondern auch die negative, gegen sein erstes Moment,
- die Furcht. Denn in dem Bilden des Dinges wird ihm die eigne
- Negativität, sein Für-sich-sein, nur dadurch zum Gegenstande, daß es
- die entgegengesetzte seiende _Form_ aufhebt. Aber dies
- gegenständliche _Negative_ ist gerade das fremde Wesen, vor welchem
- es gezittert hat. Nun aber zerstört es dies fremde Negative, setzt
- _sich_ als ein solches in das Element des Bleibens; und wird hiedurch
- _für sich selbst_, ein _für sich Seiendes_. Im Herrn ist ihm das
- Für-sich-sein _ein Anderes_ oder nur _für es_; in der Furcht ist das
- Für-sich-sein _an ihm selbst_; in dem Bilden wird das Für-sich-sein
- als _sein eignes_ für es, und es kömmt zum Bewußtsein, daß es selbst
- an und für sich ist. Die Form wird dadurch, daß sie _hinausgesetzt_
- wird, ihm nicht ein Anderes als es; denn eben sie ist sein reines
- Für-sich-sein, das ihm darin zur Wahrheit wird. Es wird also durch
- dies Wiederfinden seiner durch sich selbst _eigner Sinn_, gerade in
- der Arbeit, worin es nur _fremder Sinn_ zu sein schien.--Es sind zu
- dieser Reflexion die beiden Momente der Furcht und des Dienstes
- überhaupt, sowie des Bildens notwendig, und zugleich beide auf eine
- allgemeine Weise. Ohne die Zucht des Dienstes und Gehorsams bleibt
- die Furcht beim Formellen stehen, und verbreitet sich nicht über die
- bewußte Wirklichkeit des Daseins. Ohne das Bilden bleibt die Furcht
- innerlich und stumm, und das Bewußtsein wird nicht für es selbst.
- Formiert das Bewußtsein ohne die erste absolute Furcht, so ist es nur
- ein eitler eigner Sinn; denn seine Form oder Negativität ist nicht
- die Negativität _an sich_; und sein Formieren kann ihm daher nicht
- das Bewußtsein seiner als des Wesens geben. Hat es nicht die
- absolute Furcht, sondern nur einige Angst ausgestanden, so ist das
- negative Wesen ihm ein äußerliches geblieben, seine Substanz ist von
- ihm nicht durch und durch angesteckt. Indem nicht alle Erfüllungen
- seines natürlichen Bewußtseins wankend geworden, gehört es _an sich_
- noch bestimmtem Sein an; der eigne Sinn ist _Eigensinn_, eine
- Freiheit, welche noch innerhalb der Knechtschaft stehenbleibt. So
- wenig ihm die reine Form zum Wesen werden kann, so wenig ist sie, als
- Ausbreitung über das Einzelne betrachtet, allgemeines Bilden,
- absoluter Begriff, sondern eine Geschicklichkeit, welche nur über
- einiges, nicht über die allgemeine Macht und das ganze
- gegenständliche Wesen mächtig ist.
- B. Freiheit des Selbstbewußtseins;Stoizismus, Skeptizismusund das
- unglückliche Bewußtsein
- Dem selbstständigen Selbstbewußtsein ist einesteils nur die reine
- Abstraktion _des Ich_ sein Wesen, und andernteils, indem sie sich
- ausbildet und sich Unterschiede gibt, wird dies Unterscheiden ihm
- nicht zum gegenständlichen _ansich_seienden Wesen; dies
- Selbstbewußtsein wird also nicht ein in seiner Einfachheit sich
- wahrhaft unterscheidendes, oder in dieser absoluten Unterscheidung
- sich gleichbleibendes Ich. Das in sich zurückgedrängte Bewußtsein
- hingegen wird sich im Formieren als Form der gebildeten Dinge zum
- Gegenstande, und an dem Herrn schaut es das Für-sich-sein zugleich
- als Bewußtsein an. Aber dem dienenden Bewußtsein als solchem fallen
- diese beiden Momente--_seiner selbst_ als selbstständigen
- Gegenstandes, und dieses Gegenstandes als eines Bewußtseins, und
- hiemit seines eigenen Wesens--auseinander. Indem aber _für uns_ oder
- _an sich_ die _Form_ und das _Für-sich-sein_ dasselbe ist, und im
- Begriffe des selbstständigen Bewußtseins das _An-sich_-sein das
- Bewußtsein ist, so ist die Seite des _An-sich_-seins oder der
- _Dingheit_, welche die Form in der Arbeit erhielt, keine andere
- Substanz als das Bewußtsein, und es ist uns eine neue Gestalt des
- Selbstbewußtseins geworden; ein Bewußtsein, welches sich als die
- Unendlichkeit, oder reine Bewegung des Bewußtseins das Wesen ist;
- welches _denkt_, oder freies Selbstbewußtsein ist. Denn nicht als
- _abstraktes Ich_, sondern als Ich, welches zugleich die Bedeutung des
- _An-sich_-seins hat, sich Gegenstand sein, oder zum gegenständlichen
- Wesen sich so verhalten, daß es die Bedeutung des _Für-sich-seins_
- des Bewußtseins hat, für welches es ist, heißt _denken_.--Dem
- _Denken_ bewegt sich der Gegenstand nicht in Vorstellungen oder
- Gestalten, sondern in _Begriffen_, das heißt in einem unterschiednen
- An-sich-sein, welches unmittelbar für das Bewußtsein kein
- unterschiednes von ihm ist. Das _Vorgestellte, Gestaltete, Seiende_,
- als solches, hat die Form, etwas anders zu sein als das Bewußtsein;
- ein Begriff aber ist zugleich ein _Seiendes_--und dieser Unterschied,
- insofern er an ihm selbst ist, ist sein bestimmter Inhalt--, aber
- darin, daß dieser Inhalt ein begriffener zugleich ist, bleibt es sich
- seiner Einheit mit diesem bestimmten und unterschiedenen Seienden
- _unmittelbar_ bewußt; nicht wie bei der Vorstellung, worin es erst
- noch besonders sich zu erinnern hat, daß dies _seine_ Vorstellung sei;
- sondern der Begriff ist mir unmittelbar _mein_ Begriff. Im Denken
- _bin_ Ich _frei_, weil ich nicht in einem Andern bin, sondern
- schlechthin bei mir selbst bleibe, und der Gegenstand, der mir das
- Wesen ist, in ungetrennter Einheit mein Für-mich-sein ist; und meine
- Bewegung in Begriffen ist eine Bewegung in mir selbst.--Es ist aber
- in dieser Bestimmung dieser Gestalt des Selbstbewußtseins wesentlich
- dies festzuhalten, daß sie _denkendes_ Bewußtsein _überhaupt_ oder
- ihr Gegenstand, _unmittelbare_ Einheit des _An-sich-seins_ und des
- _Für-sich-seins_ ist. Das sich gleichnamige Bewußtsein, das sich von
- sich selbst abstößt, wird sich _ansichseiendes Element_; aber es ist
- sich dies Element nur erst als allgemeines Wesen überhaupt, nicht als
- dies gegenständliche Wesen in der Entwicklung und Bewegung seines
- mannigfaltigen Seins.
- Diese Freiheit des Selbstbewußtseins hat bekanntlich, indem sie als
- ihrer bewußte Erscheinung in der Geschichte des Geistes aufgetreten
- ist, _Stoizismus_ geheißen. Sein Prinzip ist, daß das Bewußtsein
- denkendes Wesen, und etwas nur Wesenheit für dasselbe hat, oder wahr
- und gut für es ist, als das Bewußtsein sich darin als denkendes Wesen
- verhält.
- Die vielfache sich in sich unterscheidende Ausbreitung, Vereinzelung
- und Verwicklung des Lebens ist der Gegenstand, gegen welchen die
- Begierde und die Arbeit tätig ist. Dies vielfache Tun hat sich nun
- in die einfache Unterscheidung zusammengezogen, welche in der reinen
- Bewegung des Denkens ist. Nicht der Unterschied, welcher sich als
- _bestimmtes Ding_, oder als _Bewußtsein eines bestimmten natürlichen
- Daseins_, als ein Gefühl, oder als _Begierde_ und _Zweck für
- dieselbe_, ob er durch das _eigene_ oder durch _ein fremdes
- Bewußtsein_ gesetzt sei, hat mehr Wesenheit, sondern allein der
- Unterschied, der ein _gedachter_, oder unmittelbar nicht von Mir
- unterschieden ist. Dies Bewußtsein ist somit negativ gegen das
- Verhältnis der Herrschaft und Knechtschaft; sein Tun ist, in der
- Herrschaft nicht seine Wahrheit an dem Knechte zu haben, noch als
- Knecht seine Wahrheit an dem Willen des Herrn und an seinem Dienen,
- sondern wie auf dem Throne so in den Fesseln, in aller Abhängigkeit
- seines einzelnen Daseins frei zu sein, und die Leblosigkeit sich zu
- erhalten, welche sich beständig aus der Bewegung des Daseins, aus dem
- Wirken wie aus dem Leiden, in _die einfache Wesenheit des Gedankens
- zurückzieht_. Der Eigensinn ist die Freiheit, die an eine
- Einzelnheit sich befestigt und _innerhalb_ der Knechtschaft steht,
- der Stoizismus aber die Freiheit, welche unmittelbar immer aus ihr
- her, und in die _reine Allgemeinheit_ des Gedankens zurückkömmt; als
- allgemeine Form des Weltgeistes nur in der Zeit einer allgemeinen
- Furcht und Knechtschaft, aber auch einer allgemeinen Bildung
- auftreten konnte, welche das Bilden bis zum Denken gesteigert hatte.
- Ob nun zwar diesem Selbstbewußtsein weder ein Anderes als es, noch
- die reine Abstraktion des Ich das Wesen ist, sondern Ich, welches das
- Anderssein, aber als gedachten Unterschied an ihm hat, so daß es in
- seinem Anderssein unmittelbar in sich zurückgekehrt ist; so ist dies
- sein Wesen zugleich nur ein _abstraktes_ Wesen. Die Freiheit des
- Selbstbewußtseins ist _gleichgültig_ gegen das natürliche Dasein, hat
- darum _dieses ebenso frei entlassen_, und die _Reflexion_ ist eine
- _gedoppelte_. Die Freiheit im Gedanken hat nur _den reinen Gedanken_
- zu ihrer Wahrheit, die ohne die Erfüllung des Lebens ist; und ist
- also auch nur der Begriff der Freiheit, nicht die lebendige Freiheit
- selbst; denn ihr ist nur erst das _Denken_ überhaupt das Wesen, die
- Form als solche, welche von der Selbstständigkeit der Dinge weg, in
- sich zurückgegangen ist. Indem aber die Individualität als handelnd
- sich lebendig darstellen, oder als denkend die lebendige Welt als ein
- System des Gedankens fassen sollte, so müßte in _dem Gedanken selbst_
- für jene Ausbreitung ein _Inhalt_ dessen, was gut, für diese, was
- wahr ist, liegen; damit _durchaus_, in demjenigen, _was für das
- Bewußtsein ist_, kein anderes Ingrediens wäre als der Begriff, der
- das Wesen ist. Allein so wie er hier als _Abstraktion_ von der
- Mannigfaltigkeit der Dinge sich abtrennt, hat er _keinen Inhalt an
- ihm selbst_, sondern _einen gegebenen_. Das Bewußtsein vertilgt den
- Inhalt wohl als ein fremdes _Sein_, indem es ihn denkt; aber der
- Begriff ist _bestimmter_ Begriff, und diese _Bestimmtheit_ desselben
- ist das Fremde, das er an ihm hat. Der Stoizismus ist darum in
- Verlegenheit gekommen, als er, wie der Ausdruck war, nach dem
- _Kriterium_ der Wahrheit überhaupt gefragt wurde, d.h. eigentlich
- nach _einem Inhalte_ des _Gedankens selbst_. Auf die Frage an ihn,
- _was_ gut und wahr ist, hat er wieder das _inhaltslose_ Denken selbst
- zur Antwort gegeben; in der Vernünftigkeit soll das Wahre und Gute
- bestehen. Aber diese Sichselbstgleichheit des Denkens ist nur wieder
- die reine Form, in welcher sich nichts bestimmt; die allgemeinen
- Worte von dem Wahren und Guten, der Weisheit und der Tugend, bei
- welchen er stehen bleiben muß, sind daher wohl im allgemeinen
- erhebend, aber weil sie in der Tat zu keiner Ausbreitung des Inhalts
- kommen können, fangen sie bald an, Langeweile zu machen.
- Dieses denkende Bewußtsein so, wie es sich bestimmt hat, als die
- abstrakte Freiheit, ist also nur die unvollendete Negation des
- Andersseins; aus dem Dasein nur in sich _zurückgezogen_, hat es sich
- nicht als absolute Negation desselben an ihm vollbracht. Der Inhalt
- gilt ihm zwar nur als Gedanke, aber dabei auch als _bestimmter_, und
- die Bestimmtheit als solche zugleich.
- Der _Skeptizismus_ ist die Realisierung desjenigen, wovon der
- Stoizismus nur der Begriff,--und die wirkliche Erfahrung, was die
- Freiheit des Gedankens ist; sie ist _an sich_ das Negative, und muß
- sich so darstellen. Mit der Reflexion des Selbstbewußtseins in den
- einfachen Gedanken seiner selbst ist ihr gegenüber in der Tat aus der
- Unendlichkeit das selbstständige Dasein oder die bleibende
- Bestimmtheit herausgefallen; im Skeptizismus wird nun _für das
- Bewußtsein_ die gänzliche Unwesentlichkeit und Unselbstständigkeit
- dieses Andern; der Gedanke wird zu dem vollständigen das Sein der
- _vielfach bestimmten_ Welt vernichtenden Denken, und die Negativität
- des freien Selbstbewußtseins wird sich an dieser mannigfaltigen
- Gestaltung des Lebens zur realen Negativität.--Es erhellt, daß, wie
- der Stoizismus dem _Begriffe_ des _selbstständi_gen Bewußtseins, das
- als Verhältnis der Herrschaft und Knechtschaft erschien, entspricht,
- so entspricht der Skeptizismus der _Realisierung_ desselben, als der
- negativen Richtung auf das Anderssein, der Begierde und der Arbeit.
- Aber wenn die Begierde und die Arbeit die Negation nicht für das
- Selbstbewußtsein ausführen konnten, so wird dagegen diese polemische
- Richtung gegen die vielfache Selbstständigkeit der Dinge von Erfolg
- sein, weil sie als in sich vorher vollendetes freies Selbstbewußtsein
- sich gegen sie kehrt; bestimmter, weil sie _das Denken_, oder die
- Unendlichkeit, an ihr selbst hat, und hierin die Selbstständigkeiten
- nach ihrem Unterschiede ihr nur als verschwindende Größen sind. Die
- Unterschiede, welche im reinen Denken seiner selbst nur die
- Abstraktion der Unterschiede sind, werden hier zu _allen_
- Unterschieden, und alles unterschiedene Sein zu einem Unterschiede
- des Selbstbewußtseins.
- Hiedurch hat sich das _Tun_ des _Skeptizismus_ überhaupt, und die
- _Weise_ desselben bestimmt. Er zeigt die _dialektische Bewegung_ auf,
- welche die sinnliche Gewißheit, die Wahrnehmung und der Verstand ist;
- so wie auch die Unwesenheit desjenigen, was in dem Verhältnisse des
- Herrschens und des Dienens, und was für das abstrakte Denken selbst,
- als _bestimmtes_ gilt. Jenes Verhältnis faßt eine _bestimmte Weise_
- zugleich in sich, in welcher auch sittliche Gesetze als Gebote der
- Herrschaft vorhanden sind; die Bestimmungen im abstrakten Denken aber
- sind Begriffe der Wissenschaft, in welche sich das inhaltslose Denken
- ausbreitet, und den Begriff auf eine in der Tat nur äußerliche Weise
- an das ihm selbstständige Sein, das seinen Inhalt ausmacht, hängt und
- _nur bestimmte_ Begriffe als geltende hat, es sei, daß sie auch reine
- Abstraktionen sind.
- Das _Dialektische_ als negative Bewegung, wie sie unmittelbar _ist_,
- erscheint dem Bewußtsein zunächst als etwas, dem es preisgegeben, und
- das nicht durch es selbst ist. Als _Skeptizismus_ hingegen ist sie
- Moment des Selbstbewußtseins, welchem es nicht _geschieht_, daß ihm,
- ohne zu wissen wie, sein Wahres und Reelles verschwindet, sondern
- welches in der Gewißheit seiner Freiheit dies andere für reell sich
- Gebende selbst verschwinden läßt; nicht nur das Gegenständliche als
- solches, sondern sein eignes Verhalten zu ihm, worin es als
- gegenständlich gilt, und geltend gemacht wird, also auch sein
- _Wahrnehmen_, so wie sein _Befestigen_ dessen, was es in Gefahr ist
- zu verlieren, die _Sophisterei_, und sein _aus sich bestimmtes_ und
- _festgesetztes Wahres_; durch welche selbstbewußte Negation es _die
- Gewißheit seiner Freiheit_ sich _für sich selbst_ verschafft, die
- Erfahrung derselben hervorbringt, und sie dadurch zur _Wahrheit_
- erhebt. Was verschwindet, ist das Bestimmte, oder der Unterschied,
- der, auf welche Weise und woher es sei, als fester und unwandelbarer
- sich aufstellt. Er hat nichts Bleibendes an ihm, und _muß_ dem
- Denken verschwinden, weil das Unterschiedne eben dies ist, nicht _an
- ihm selbst_ zu sein, sondern seine Wesenheit nur in einem Andern zu
- haben; das Denken aber ist die Einsicht in diese Natur des
- Unterschiednen, es ist das negative Wesen als einfaches.
- Das skeptische Selbstbewußtsein erfährt also in dem Wandel alles
- dessen, was sich für es befestigen will, seine eigne Freiheit als
- durch es selbst sich gegeben und erhalten; es ist sich diese Ataraxie
- des Sich-selbst-denkens, die unwandelbare und _wahrhafte Gewißheit
- seiner selbst_. Sie geht nicht aus einem Fremden, das seine
- vielfache Entwicklung in sich zusammenstürzte, als ein Resultat
- hervor, welches sein Werden hinter sich hätte; sondern das Bewußtsein
- selbst ist die _absolute dialektische Unruhe_, dieses Gemische von
- sinnlichen und gedachten Vorstellungen, deren Unterschiede
- zusammenfallen, und deren _Gleichheit_ sich ebenso--denn sie ist
- selbst die _Bestimmtheit_ gegen das _Ungleiche_--wieder auflöst.
- Dies Bewußtsein ist aber eben hierin in der Tat, statt
- sichselbstgleiches Bewußtsein zu sein, nur eine schlechthin zufällige
- Verwirrung, der Schwindel einer sich immer erzeugenden Unordnung. _Es
- ist dies für sich selbst_; denn es selbst erhält und bringt diese
- sich bewegende Verwirrung hervor. Es bekennt sich darum auch dazu,
- es bekennt, ein ganz _zufälliges, einzelnes_ Bewußtsein zu sein--ein
- Bewußtsein, das _empirisch_ ist, sich nach dem richtet, was keine
- Realität für es hat, dem gehorcht, was ihm kein Wesen ist, das tut
- und zur Wirklichkeit bringt, was ihm keine Wahrheit hat. Aber ebenso
- wie es sich auf diese Weise als _einzelnes, zufälliges_ und in der
- Tat tierisches Leben, und _verlornes_ Selbstbewußtsein gilt, macht es
- sich im Gegenteile auch wieder zum _allgemeinen sichselbstgleichen_;
- denn es ist die Negativität aller Einzelnheit und alles Unterschieds.
- Von dieser Sich-selbst-gleichheit oder in ihr selbst vielmehr fällt
- es wieder in jene Zufälligkeit und Verwirrung zurück, denn eben diese
- sich bewegende Negativität hat es nur mit Einzelnem zu tun, und
- treibt sich mit Zufälligem herum. Dies Bewußtsein ist also diese
- bewußtlose Faselei, von dem einen Extreme des sichselbstgleichen
- Selbstbewußtseins zum andern des zufälligen, verworrenen, und
- verwirrenden Bewußtseins hinüber und herüber zu gehen. Es selbst
- bringt diese beiden Gedanken seiner selbst nicht zusammen; es erkennt
- seine Freiheit _einmal_ als Erhebung über alle Verwirrung und alle
- Zufälligkeit des Daseins, und bekennt sich ebenso das _andremal_
- wieder als ein Zurückfallen in _die Unwesentlichkeit_ und als ein
- Herumtreiben in ihr. Es läßt den unwesentlichen Inhalt in seinem
- Denken verschwinden, aber eben darin ist es das Bewußtsein eines
- Unwesentlichen; es spricht das absolute _Verschwinden_ aus, aber das
- _Aussprechen *ist*_, und dies Bewußtsein ist das ausgesprochne
- Verschwinden; es spricht die Nichtigkeit des Sehens, Hörens, und so
- fort, aus, und es _sieht, hört_ und so fort, _selbst_; es spricht die
- Nichtigkeit der sittlichen Wesenheiten aus, und macht sie selbst zu
- den Mächten seines Handelns. Sein Tun und seine Worte widersprechen
- sich immer, und ebenso hat es selbst das gedoppelte widersprechende
- Bewußtsein der Unwandelbarkeit und Gleichheit, und der völligen
- Zufälligkeit und Ungleichheit mit sich. Aber es hält diesen
- Widerspruch seiner selbst auseinander; und verhält sich darüber wie
- in seiner rein negativen Bewegung überhaupt. Wird ihm die
- _Gleichheit_ aufgezeigt, so zeigt es die _Ungleichheit_ auf; und
- indem ihm diese, die es eben ausgesprochen hat, itzt vorgehalten wird,
- so geht es zum Aufzeigen der _Gleichheit_ über; sein Gerede ist in
- der Tat ein Gezänke eigensinniger Jungen, deren einer A sagt, wenn
- der andere B, und wieder B, wenn der andere A, und die sich durch den
- Widerspruch _mit sich selbst_ die Freude erkaufen, _miteinander_ im
- Widerspruche zu bleiben.
- Im Skeptizismus erfährt das Bewußtsein in Wahrheit sich als ein in
- sich selbst widersprechendes Bewußtsein; es geht aus dieser Erfahrung
- eine _neue Gestalt_ hervor, welche die zwei Gedanken zusammenbringt,
- die der Skeptizismus auseinander hält. Die Gedankenlosigkeit des
- Skeptizismus über sich selbst muß verschwinden, weil es in der Tat
- ein Bewußtsein ist, welches diese beiden Weisen an ihm hat. Diese
- neue Gestalt ist hiedurch ein solches, welches _für sich_ das
- gedoppelte Bewußtsein seiner als des sich befreienden, unwandelbaren
- und sichselbstgleichen, und seiner als des absolut sich verwirrenden
- und verkehrenden--und das Bewußtsein dieses seines Widerspruchs ist.
- --Im Stoizismus ist das Selbstbewußtsein die einfache Freiheit seiner
- selbst; im Skeptizismus realisiert sie sich, vernichtet die andere
- Seite des bestimmten Daseins, aber verdoppelt _sich_ vielmehr, und
- ist sich nun ein Zweifaches. Hiedurch ist die Verdopplung, welche
- früher an zwei einzelne, an den Herrn und den Knecht, sich verteilte,
- in eines eingekehrt; die Verdopplung des Selbstbewußtseins in sich
- selbst, welche im Begriffe des Geistes wesentlich ist, ist hiemit
- vorhanden, aber noch nicht ihre Einheit, und das _unglückliche
- Bewußtsein_ ist das Bewußtsein seiner als des gedoppelten nur
- widersprechenden Wesens.
- Dieses _unglückliche, in sich entzweite_ Bewußtsein muß also, weil
- dieser Widerspruch seines Wesens sich _ein_ Bewußtsein ist, in dem
- einen Bewußtsein immer auch das andere haben, und so aus jedem
- unmittelbar, indem es zum Siege und zur Ruhe der Einheit gekommen zu
- sein meint, wieder daraus ausgetrieben werden. Seine wahre Rückkehr
- aber in sich selbst, oder seine Versöhnung mit sich wird den Begriff
- des lebendig gewordenen und in die Existenz getretenen Geistes
- darstellen, weil an ihm schon dies ist, daß es als _ein_ ungeteiltes
- Bewußtsein ein gedoppeltes ist; es selbst _ist_ das Schauen eines
- Selbstbewußtseins in ein anderes, und es selbst _ist_ beide, und die
- Einheit beider ist ihm auch das Wesen, aber es _für sich_ ist sich
- noch nicht dieses Wesen selbst, noch nicht die Einheit beider.
- Indem es zunächst nur die _unmittelbare Einheit_ beider ist, aber für
- es nicht beide dasselbe, sondern entgegengesetzte sind, so ist ihm
- das eine, nämlich das einfache unwandelbare, als das _Wesen_; das
- andere aber, das vielfache wandelbare, als das _Unwesentliche_.
- Beide sind _für es_ einander fremde Wesen; es selbst, weil es das
- Bewußtsein dieses Widerspruchs ist, stellt sich auf die Seite des
- wandelbaren Bewußtseins, und ist sich das Unwesentliche; aber als
- Bewußtsein der Unwandelbarkeit, oder des einfachen Wesens, muß es
- zugleich darauf gehen, sich von dem Unwesentlichen, das heißt, sich
- von sich selbst zu befreien. Denn ob es _für sich_ wohl nur das
- wandelbare, und das unwandelbare ihm ein Fremdes ist, so _ist es
- selbst_ einfaches, und hiemit unwandelbares Bewußtsein, dessen hiemit
- als _seines_ Wesens sich bewußt, jedoch so, daß _es selbst_ für sich
- wieder nicht dies Wesen ist. Die Stellung, welche es beiden gibt,
- kann daher nicht eine Gleichgültigkeit derselben gegeneinander, d.i.
- nicht eine Gleichgültigkeit seiner selbst gegen das Unwandelbare sein;
- sondern es ist unmittelbar selbst beide, und es ist für es _die
- Beziehung beider_ als eine Beziehung des Wesens auf das Unwesen, so
- daß dies letztere aufzuheben ist, aber indem ihm beide gleich
- wesentlich und widersprechend sind, ist es nur die widersprechende
- Bewegung, in welcher das Gegenteil nicht in seinem Gegenteil zur Ruhe
- kommt, sondern in ihm nur als Gegenteil sich neu erzeugt.
- Es ist damit ein Kampf gegen einen Feind vorhanden, gegen welchen der
- Sieg vielmehr ein Unterliegen, das eine erreicht zu haben vielmehr
- der Verlust desselben in seinem Gegenteile ist. Das Bewußtsein des
- Lebens, seines Daseins und Tuns ist nur der Schmerz über dieses
- Dasein und Tun, denn es hat darin nur das Bewußtsein seines
- Gegenteils als des Wesens, und der eignen Nichtigkeit. Es geht in
- die Erhebung hieraus zum Unwandelbaren über. Aber diese Erhebung ist
- selbst dies Bewußtsein; sie ist also unmittelbar das Bewußtsein des
- Gegenteils, nämlich seiner selbst als der Einzelnheit. Das
- Unwandelbare, das in das Bewußtsein tritt, ist ebendadurch zugleich
- von der Einzelnheit berührt, und nur mit dieser gegenwärtig; statt
- diese im Bewußtsein des Unwandelbaren vertilgt zu haben, geht sie
- darin immer nur hervor.
- In dieser Bewegung aber erfährt es eben dieses _Hervortreten der
- Einzelnheit *am* Unwandelbaren_, und _des Unwandelbaren *an* der
- Einzelnheit_. Es wird _für es_ die Einzelnheit _überhaupt am_
- unwandelbaren Wesen, und zugleich die _seinige_ an ihm. Denn die
- Wahrheit dieser Bewegung ist eben das _Einssein_ dieses gedoppelten
- Bewußtseins. _Diese Einheit wird ihm_ aber _zunächst_ selbst eine
- solche, _in welcher noch die Verschiedenheit_ beider das Herrschende
- ist. Es ist dadurch die dreifache Weise für dasselbe vorhanden, wie
- die Einzelnheit mit dem Unwandelbaren verknüpft ist; _einmal_ geht es
- selbst sich wieder hervor als entgegengesetzt dem unwandelbaren Wesen;
- und es ist in den Anfang des Kampfs zurückgeworfen, welcher das
- Element des ganzen Verhältnisses bleibt. Das _andremal_ aber hat das
- _Unwandelbare_ selbst _an ihm_ die _Einzelnheit_ für es; so daß sie
- Gestalt des Unwandelbaren ist, an welches hiemit die ganze Weise der
- Existenz hinübertritt. Das _drittemal_ findet _es sich selbst_ als
- dieses Einzelne im Unwandelbaren. Das _erste_ Unwandelbare ist ihm
- nur das _fremde_ die Einzelnheit verurteilende Wesen; indem das
- _andre_ eine _Gestalt_ der _Einzelnheit_ wie es selbst ist, so wird
- es _drittens_ zum Geiste, hat sich selbst darin zu finden die Freude,
- und wird sich seine Einzelnheit mit dem Allgemeinen versöhnt zu sein
- bewußt.
- Was sich hier als Weise und Verhältnis des Unwandelbaren darstellt,
- ergab sich als die _Erfahrung_, welche das entzweite Selbstbewußtsein
- in seinem Unglücke macht. Diese Erfahrung ist nun zwar nicht _seine
- einseitige_ Bewegung, denn es ist selbst unwandelbares Bewußtsein,
- dieses hiemit zugleich auch einzelnes Bewußtsein, und die Bewegung
- ebensowohl Bewegung des unwandelbaren Bewußtseins, das in ihr so sehr
- wie das andere auftritt; denn sie verläuft sich durch diese Momente,
- einmal unwandelbares dem einzelnen überhaupt, dann selbst einzelnes
- dem andern einzelnen entgegengesetzt, und endlich mit ihm Eins zu
- sein. Aber diese Betrachtung, insofern sie uns angehört, ist hier
- unzeitig, denn bis itzt ist uns nur die Unwandelbarkeit als
- Unwandelbarkeit des Bewußtseins, welche deswegen nicht die wahre,
- sondern noch mit einem Gegensatze behaftete ist, nicht das
- Unwandelbare _an und für sich selbst_ entstanden; wir wissen daher
- nicht, wie dieses sich verhalten wird. Was hier sich ergeben hat,
- ist nur dies, daß dem Bewußtsein, das hier unser Gegenstand ist,
- diese angezeigten Bestimmungen an dem Unwandelbaren erscheinen.
- Aus diesem Grunde behält also auch das unwandelbare _Bewußtsein_ in
- seiner Gestaltung selbst den Charakter und die Grundlage des
- Entzweit--und des Für-sich-seins gegen das einzelne Bewußtsein. Es
- ist hiemit für dieses überhaupt ein _Geschehen_, daß das Unwandelbare
- die Gestalt der Einzelnheit erhält; so wie es sich auch ihm
- entgegengesetzt nur _findet_, und also _durch die Natur_ dies
- Verhältnis hat; daß es _sich_ endlich in ihm _findet_, erscheint ihm
- zum Teil zwar durch es selbst hervorgebracht, oder darum stattzuhaben,
- weil es selbst einzeln ist; aber ein Teil dieser Einheit als dem
- Unwandelbaren zugehörend, sowohl nach ihrer Entstehung, als insofern
- sie ist; und der Gegensatz bleibt in dieser Einheit selbst. In der
- Tat ist durch die _Gestaltung_ des Unwandelbaren das Moment des
- Jenseits nicht nur geblieben, sondern vielmehr noch befestigt; denn
- wenn es durch die Gestalt der einzelnen Wirklichkeit ihm einerseits
- zwar näher gebracht zu sein scheint, so ist es ihm andererseits
- nunmehr als ein undurchsichtiges sinnliches _Eins_, mit der ganzen
- Sprödigkeit eines _Wirklichen_, gegenüber; die Hoffnung, mit ihm Eins
- zu werden, muß Hoffnung, das heißt ohne Erfüllung und Gegenwart
- bleiben, denn zwischen ihr und der Erfüllung steht gerade die
- absolute Zufälligkeit oder unbewegliche Gleichgültigkeit, welche in
- der Gestaltung selbst, dem begründenden der Hoffnung, liegt. Durch
- die Natur des _seienden Eins_, durch die Wirklichkeit, die es
- angezogen, geschieht es notwendig, daß es in der Zeit verschwunden,
- und im Raume und ferne gewesen ist, und schlechthin ferne bleibt.
- Wenn zuerst der bloße Begriff des entzweiten Bewußtseins sich so
- bestimmte, daß es auf das Aufheben seiner als einzelnen und auf das
- Werden zum unwandelbaren Bewußtsein gehe, so hat sein Streben nunmehr
- diese Bestimmung, daß es vielmehr sein Verhältnis zu dem reinen
- _ungestalteten_ Unwandelbaren aufhebe, und sich nur die Beziehung auf
- den _gestalteten Unwandelbaren_ gebe. Denn das _Einssein_ des
- Einzelnen mit dem Unwandelbaren ist ihm nunmehr _Wesen_ und
- _Gegenstand_, wie im Begriffe nur das gestaltlose, abstrakte
- Unwandelbare der wesentliche Gegenstand war; und das Verhältnis
- dieses absoluten Entzweitseins des Begriffes ist nun dasjenige, von
- welchem es sich wegzuwenden hat. Die zunächst äußere Beziehung aber
- zu dem gestalteten Unwandelbaren als einem fremden Wirklichen hat es
- zum absoluten Einswerden zu erheben.
- Die Bewegung, worin das unwesentliche Bewußtsein dies Einssein zu
- erreichen strebt, ist selbst die _dreifache_, nach dem dreifachen
- Verhältnisse, welche es zu seinem gestalteten jenseits haben wird;
- einmal als _reines Bewußtsein_; das andremal als _einzelnes Wesen_,
- welches sich als Begierde und Arbeit gegen _die Wirklichkeit_ verhält;
- und zum dritten als _Bewußtsein seines Für-sich-seins_.--Wie diese
- drei Weisen seines Seins in jenem allgemeinen Verhältnisse vorhanden
- und bestimmt sind, ist nun zu sehen.
- Zuerst also es als _reines Bewußtsein_ betrachtet, so scheint der
- gestaltete Unwandelbare, indem er für das reine Bewußtsein ist,
- gesetzt zu werden, wie er an und für sich selbst ist. Allein wie er
- an und für sich selbst ist, dies ist, wie schon erinnert, noch nicht
- entstanden. Daß er im Bewußtsein wäre, wie er an und für sich selbst
- ist, dies müßte wohl von ihm vielmehr ausgehen als von dem Bewußtsein;
- so aber ist diese seine Gegenwart hier nur erst einseitig durch das
- Bewußtsein vorhanden, und eben darum nicht vollkommen und wahrhaftig,
- sondern bleibt mit Unvollkommenheit oder einem Gegensatze beschwert.
- Obgleich aber das unglückliche Bewußtsein also diese Gegenwart nicht
- besitzt, so ist es zugleich über das reine Denken, insofern dieses
- das abstrakte von der _Einzelnheit_ überhaupt _wegsehende_ Denken des
- Stoizismus, und das nur _unruhige_ Denken des Skeptizismus--in der
- Tat nur die Einzelnheit als der bewußtlose Widerspruch und dessen
- rastlose Bewegung--ist; es ist über diese beide hinaus, es bringt und
- hält das reine Denken und die Einzelnheit zusammen, ist aber noch
- nicht zu demjenigen Denken erhoben, _für welches_ die Einzelnheit des
- Bewußtseins mit dem reinen Denken selbst ausgesöhnt ist. Es steht
- vielmehr in dieser Mitte, worin das abstrakte Denken die Einzelnheit
- des Bewußtseins als Einzelnheit berührt. Es selbst _ist_ diese
- Berührung; es ist die Einheit des reinen Denkens und der Einzelnheit;
- es ist auch _für es_ diese denkende Einzelnheit, oder das reine
- Denken, und das Unwandelbare wesentlich selbst als Einzelnheit. Aber
- es ist nicht _für es_, daß dieser sein Gegenstand, das Unwandelbare,
- welches ihm wesentlich die Gestalt der Einzelnheit hat, _es selbst_
- ist, es selbst, das Einzelnheit des Bewußtseins ist.
- Es _verhält_ sich daher in dieser ersten Weise, worin wir es als
- _reines Bewußtsein_ betrachten, _zu seinem Gegenstande_ nicht denkend,
- sondern indem es selbst zwar _an sich_ reine denkende Einzelnheit
- und sein Gegenstand eben dieses, aber nicht die _Beziehung
- aufeinander selbst reines Denken_ ist, geht es, so zu sagen, nur _an_
- das Denken _hin_, und ist _Andacht_. Sein Denken als solches bleibt
- das gestaltlose Sausen des Glockengeläutes oder eine warme
- Nebelerfüllung, ein musikalisches Denken, das nicht zum Begriffe, der
- die einzige immanente gegenständliche Weise wäre, kommt. Es wird
- diesem unendlichen reinen innern Fühlen wohl sein Gegenstand; aber so
- eintretend, daß er nicht als begriffner, und darum als ein Fremdes
- eintritt. Es ist hiedurch die innerliche Bewegung des _reinen_
- Gemüts vorhanden, welches sich selbst, aber als die Entzweiung
- schmerzhaft _fühlt_; die Bewegung einer unendlichen _Sehnsucht_,
- welche die Gewißheit hat, daß ihr Wesen ein solches reines Gemüt ist,
- reines _Denken_, welches sich _als Einzelnheit denkt_; daß sie von
- diesem Gegenstande, eben darum, weil er sich als Einzelnheit denkt,
- erkannt, und anerkannt wird. Zugleich aber ist dies Wesen das
- unerreichbare _Jenseits_, welches im Ergreifen entflieht, oder
- vielmehr schon entflohen ist. Es ist schon entflohen; denn es ist
- einesteils das sich als Einzelnheit denkende Unwandelbare, und das
- Bewußtsein erreicht sich selbst daher unmittelbar in ihm, _sich
- selbst_, aber als _das dem Unwandelbaren entgegengesetzte_; statt das
- Wesen zu ergreifen, _fühlt_ es nur, und ist in sich zurückgefallen;
- indem es im Erreichen sich als dies entgegengesetzte nicht abhalten
- kann, hat es, statt das Wesen ergriffen zu haben, nur die
- Unwesentlichkeit ergriffen. Wie es so auf einer Seite, indem _es
- sich im Wesen_ zu erreichen strebt, nur die eigne getrennte
- Wirklichkeit ergreift, so kann es auf der andern Seite das Andere
- nicht _als einzelnes_, oder als _wirkliches_ ergreifen. Wo es
- gesucht werde, kann es nicht gefunden werden, denn es soll eben _ein
- Jenseits_, ein solches sein, welches nicht gefunden werden kann. Es
- als einzelnes gesucht, ist nicht eine _allgemeine_, gedachte
- _Einzelnheit_, nicht Begriff, sondern _Einzelnes_ als Gegenstand,
- oder _ein Wirkliches_; Gegenstand der unmittelbaren sinnlichen
- Gewißheit; und ebendarum nur ein solches, welches verschwunden ist.
- Dem Bewußtsein kann daher nur das _Grab_ seines Lebens zur Gegenwart
- kommen. Aber weil dies selbst eine _Wirklichkeit_ und es gegen die
- Natur dieser ist, einen dauernden Besitz zu gewähren; so ist auch
- diese Gegenwart des Grabes nur der Kampf eines Bemühens, der verloren
- werden muß. Allein indem es diese Erfahrung gemacht, daß _das Grab_
- seines _wirklichen_ unwandelbaren Wesens _keine Wirklichkeit_ hat,
- daß die _verschwundene Einzelnheit_ als verschwundne nicht die wahre
- Einzelnheit ist, wird es die unwandelbare Einzelnheit als _wirkliche_
- aufzusuchen oder als verschwundne festzuhalten aufgeben, und erst
- hiedurch ist es fähig, die Einzelnheit als wahrhafte oder als
- allgemeine zu finden.
- Zunächst aber ist die _Rückkehr des Gemüts in sich selbst_ so zu
- nehmen, daß es sich als _Einzelnes Wirklichkeit_ hat. Es ist das
- _reine Gemüt_, welches _für uns_ oder _an sich_, sich gefunden und in
- sich ersättigt ist, denn ob _für es_ in seinem Gefühle sich wohl das
- Wesen von ihm trennt, so ist an sich dies Gefühl _Selbst_gefühl, es
- hat den Gegenstand seines reinen Fühlens gefühlt, und dieser ist es
- selbst; es tritt also hieraus als Selbstgefühl oder für sich seiendes
- Wirkliches auf. In dieser Rückkehr in sich ist für uns sein _zweites
- Verhältnis_ geworden, das der Begierde und Arbeit, welche dem
- Bewußtsein die innerliche Gewißheit seiner selbst, die es für uns
- erlangt hat, durch Aufheben und Genießen des fremden Wesens, nämlich
- desselben in der Form der selbstständigen Dinge bewährt. Das
- unglückliche Bewußtsein aber _findet_ sich nur als _begehrend_ und
- _arbeitend_; es ist für es nicht vorhanden, daß, sich so zu finden,
- die innre Gewißheit seiner selbst zum Grunde liegt, und sein Gefühl
- des Wesens dies Selbstgefühl ist. Indem es sie _für sich selbst_
- nicht hat, bleibt sein Innres vielmehr noch die gebrochne Gewißheit
- seiner selbst; die Bewährung, welche es durch Arbeit und Genuß
- erhalten würde, ist darum eine ebensolche _gebrochne_; oder es muß
- sich vielmehr selbst diese Bewährung vernichten, so daß es in ihr
- wohl die Bewährung, aber nur die Bewährung desjenigen, was es für
- sich ist, nämlich seiner Entzweiung findet.
- Die Wirklichkeit, gegen welche sich die Begierde und die Arbeit
- wendet, ist diesem Bewußtsein nicht mehr ein _an sich Nichtiges_, von
- ihm nur Aufzuhebendes und zu Verzehrendes, sondern ein solches, wie
- es selbst ist, eine _entzweigebrochene Wirklichkeit_, welche nur
- einerseits an sich nichtig, andererseits aber auch eine geheiligte
- Welt ist; sie ist Gestalt des Unwandelbaren, denn dieses hat die
- Einzelnheit an sich erhalten, und weil es als das Unwandelbare
- Allgemeines ist, hat seine Einzelnheit überhaupt die Bedeutung aller
- Wirklichkeit.
- Wenn das Bewußtsein für sich selbstständiges Bewußtsein und ihm die
- Wirklichkeit an und für sich nichtig wäre, würde es in der Arbeit und
- in dem Genusse zum Gefühle seiner Selbstständigkeit gelangen, dadurch
- daß es selbst es wäre, welches die Wirklichkeit aufhöbe. Allein
- indem diese ihm Gestalt des Unwandelbaren ist, vermag es nicht sie
- durch sich aufzuheben. Sondern indem es zwar zur Vernichtung der
- Wirklichkeit und zum Genusse gelangt, so geschieht für es dies
- wesentlich dadurch, daß das Unwandelbare selbst seine Gestalt
- _preisgibt_, und ihm zum Genusse _überläßt_.--Das Bewußtsein tritt
- hierin seinerseits _gleichfalls_ als Wirkliches auf, aber ebenso als
- innerlich gebrochen, und diese Entzweiung stellt sich in seinem
- Arbeiten und Genießen dar, in ein _Verhältnis zur Wirklichkeit_ oder
- das _Für-sich-sein_ und in ein _An-sich-sein_ sich zu brechen. Jenes
- Verhältnis zur Wirklichkeit ist das _Verändern_ oder das _Tun_, das
- Für-sich-sein, das dem _einzelnen_ Bewußtsein als solchem angehört.
- Aber es ist darin auch _an sich_; diese Seite gehört dem
- unwandelbaren Jenseits an; sie sind die Fähigkeiten und Kräfte, eine
- fremde Gabe, welche das Unwandelbare ebenso dem Bewußtsein überläßt,
- um sie zu gebrauchen.
- In seinem Tun ist demnach das Bewußtsein zunächst in dem Verhältnisse
- zweier Extreme; es steht als das tätige Diesseits auf einer Seite,
- und ihm gegenüber die passive Wirklichkeit, beide in Beziehung
- aufeinander, aber auch beide in das Unwandelbare zurückgegangen, und
- an sich festhaltend. Von beiden Seiten löst sich daher nur eine
- Oberfläche gegeneinander ab, welche in das Spiel der Bewegung gegen
- die andre tritt.--Das Extrem der Wirklichkeit wird durch das tätige
- Extrem aufgehoben; sie von ihrer Seite kann aber nur darum aufgehoben
- werden, weil ihr unwandelbares Wesen sie selbst aufhebt, sich von
- sich abstößt, und das Abgestoßene der Tätigkeit preisgibt. Die
- tätige Kraft erscheint als _die Macht_, worin die Wirklichkeit sich
- auflöst; darum aber ist für dieses Bewußtsein, welchem das _An-sich_
- oder das Wesen ein ihm Andres ist, diese Macht, als welche es in der
- Tätigkeit auftritt, das Jenseits seiner selbst. Statt also aus
- seinem Tun in sich zurückzukehren, und sich für sich selbst bewährt
- zu haben, reflektiert es vielmehr diese Bewegung des Tuns in das
- andre Extrem zurück, welches hiedurch als rein Allgemeines, als die
- absolute Macht dargestellt ist, von der die Bewegung nach allen
- Seiten ausgegangen, und die das Wesen sowohl der sich zersetzenden
- Extreme, wie sie zuerst auftraten, als des Wechsels selbst sei.
- Daß das unwandelbare Bewußtsein auf seine Gestalt Ver_zicht tut_ und
- sie _preisgibt_, dagegen das einzelne Bewußtsein _dankt_, d.h. die
- Befriedigung des Bewußtseins seiner _Selbstständigkeit_ sich
- _versagt_, und das Wesen des Tuns von sich ab dem Jenseits zuweist,
- durch diese beide Momente des _gegenseitigen_ Sich-_aufgebens_ beider
- Teile entsteht hiemit allerdings dem Bewußtsein seine _Einheit_ mit
- dem Unwandelbaren. Allein zugleich ist diese Einheit mit der
- Trennung affiziert, in sich wieder gebrochen, und es tritt aus ihr
- der Gegensatz des Allgemeinen und Einzelnen wieder hervor. Denn das
- Bewußtsein entsagt zwar _zum Scheine_ der Befriedigung seines
- Selbstgefühls; erlangt aber die _wirkliche_ Befriedigung desselben;
- denn _es ist_ Begierde, Arbeit und Genuß gewesen; _es_ hat als
- Bewußtsein _gewollt, getan_ und _genossen_. Sein _Danken_ ebenso,
- worin es das andre Extrem als das Wesen anerkennt, und sich aufhebt,
- ist selbst _sein eignes_ Tun, welches das Tun des andern Extrems
- aufwiegt, und der sich preisgebenden Wohltat ein _gleiches_ Tun
- entgegenstellt; wenn jenes ihm seine _Oberfläche_ überläßt, so dankt
- es _aber auch_, und tut darin, indem es sein Tun, d.h. sein _Wesen_,
- selbst aufgibt, eigentlich mehr als das andere, das nur eine
- Oberfläche von sich abstößt. Die ganze Bewegung reflektiert sich
- also nicht nur im wirklichen Begehren, Arbeiten und Genießen, sondern
- sogar selbst im Danken, worin das Gegenteil zu geschehen scheint, in
- das _Extrem der Einzelnheit_. Das Bewußtsein fühlt sich darin als
- dieses einzelne, und läßt sich durch den Schein seines
- Verzichtleistens nicht täuschen, denn die Wahrheit desselben ist, daß
- es sich nicht aufgegeben hat; was zustande gekommen, ist nur die
- gedoppelte Reflexion in die beiden Extreme, und das Resultat die
- wiederholte Spaltung in das entgegengesetzte Bewußtsein des
- _Unwandelbaren_ und in das Bewußtsein des _gegenüberstehenden_
- Wollens, Vollbringens, Genießens, und des Auf-sich-Verzicht-leistens
- selbst, oder der _fürsichseienden Einzelnheit_ überhaupt.
- Es ist damit das _dritte Verhältnis_ der Bewegung dieses Bewußtseins
- eingetreten, welches aus dem zweiten als ein solches hervortritt, das
- in Wahrheit durch sein Wollen und Vollbringen sich als
- selbstständiges erprobt hat. Im ersten Verhältnisse war es nur
- _Begriff_ des wirklichen Bewußtseins, oder das _innre Gemüt_, welches
- im Tun und Genusse noch nicht wirklich ist; das _zweite_ ist diese
- Verwirklichung, als äußeres Tun und Genießen; hieraus aber
- zurückgekehrt ist es ein solches, welches sich als wirkliches und
- wirkendes Bewußtsein _erfahren_, oder dem es _wahr_ ist, _an und für
- sich_ zu sein. Darin ist aber nun der Feind in seiner eigensten
- Gestalt aufgefunden. Im Kampfe des Gemüts ist das einzelne
- Bewußtsein nur als musikalisches, abstraktes Moment; in der Arbeit
- und dem Genusse, als der Realisierung dieses wesenlosen Seins, kann
- es unmittelbar _sich_ vergessen, und die bewußte _Eigenheit_ in
- dieser Wirklichkeit wird durch das dankende Anerkennen
- niedergeschlagen. Dieses Niederschlagen ist aber in Wahrheit eine
- Rückkehr des Bewußtseins in sich selbst, und zwar in sich als die ihm
- wahrhafte Wirklichkeit.
- Dies dritte Verhältnis, worin diese wahrhafte Wirklichkeit das _eine_
- Extrem ist, ist die _Beziehung_ derselben auf das allgemeine Wesen,
- als der Nichtigkeit; und die Bewegung dieser Beziehung ist noch zu
- betrachten.
- Was zuerst die entgegengesetzte Beziehung des Bewußtseins betrifft,
- worin ihm seine _Realität unmittelbar das Nichtige_ ist, so wird also
- sein wirkliches Tun zu einem Tun von nichts, sein Genuß Gefühl seines
- Unglücks. Hiemit verlieren Tun und Genuß allen _allgemeinen Inhalt
- und Bedeutung_, denn dadurch hätten sie ein An- und Für-sich-sein,
- und beide ziehen sich in die Einzelnheit zurück, auf welche das
- Bewußtsein, sie aufzuheben, gerichtet ist. Seiner als _dieses
- wirklichen Einzelnen_ ist das Bewußtsein sich in den tierischen
- Funktionen bewußt. Diese, statt unbefangen, als etwas, das an und
- für sich nichtig ist, und keine Wichtigkeit und Wesenheit für den
- Geist erlangen kann, getan zu werden, da sie es sind, in welchen sich
- der Feind in seiner eigentümlichen Gestalt zeigt, sind sie vielmehr
- Gegenstand des ernstlichen Bemühens, und werden gerade zum
- Wichtigsten. Indem aber dieser Feind in seiner Niederlage sich
- erzeugt, das Bewußtsein, da es sich ihn fixiert, vielmehr statt frei
- davon zu werden, immer dabei verweilt, und sich immer verunreinigt
- erblickt, zugleich dieser Inhalt seines Bestrebens, statt eines
- Wesentlichen das Niedrigste, statt eines Allgemeinen das Einzelnste
- ist, so sehen wir nur eine auf sich und ihr kleines Tun beschränkte,
- und sich bebrütende, ebenso unglückliche als ärmliche Persönlichkeit.
- Aber an beides, das Gefühl seines Unglücks und die Ärmlichkeit seines
- Tuns, knüpft sich ebenso das Bewußtsein seiner Einheit mit dem
- Unwandelbaren. Denn die versuchte unmittelbare Vernichtung seines
- wirklichen Seins ist _vermittelt_ durch den Gedanken des
- Unwandelbaren, und geschieht in dieser _Beziehung_. _Die mittelbare_
- Beziehung macht das Wesen der negativen Bewegung aus, in welcher es
- sich gegen seine Einzelnheit richtet, welche aber ebenso als
- _Beziehung an sich_ positiv ist, und für es selbst diese seine
- _Einheit_ hervorbringen wird.
- Diese mittelbare Beziehung ist hiemit ein Schluß, in welchem die sich
- zuerst als gegen das _An-sich_ entgegengesetzt fixierende Einzelnheit
- mit diesem andern Extreme nur durch ein drittes zusammengeschlossen
- ist. Durch diese Mitte ist das Extrem des unwandelbaren Bewußtseins
- für das unwesentliche Bewußtsein, in welchem zugleich auch dies ist,
- daß es ebenso für jenes nur durch diese Mitte sei, und diese Mitte
- hiemit eine solche, die beide Extreme einander vorstellt, und der
- gegenseitige Diener eines jeden bei dem andern ist. Diese Mitte ist
- selbst ein bewußtes Wesen, denn sie ist ein das Bewußtsein als
- solches vermittelndes Tun; der Inhalt dieses Tuns ist die Vertilgung,
- welche das Bewußtsein mit seiner Einzelnheit vornimmt.
- In ihr also befreit dieses sich von dem Tun und Genusse als _dem
- seinen_; es stößt von sich als _fürsich_seiendem Extreme das Wesen
- seines _Willens_ ab, und wirft auf die Mitte oder den Diener die
- Eigenheit und Freiheit des Entschlusses, und damit die _Schuld_
- seines Tuns. Dieser Vermittler, als mit dem unwandelbaren Wesen in
- unmittelbarer Beziehung, dient mit seinem _Rate_ über das Rechte.
- Die Handlung, indem sie Befolgung eines fremden Beschlusses ist, hört
- nach der Seite des Tuns oder des _Willens_ auf, die eigne zu sein.
- Es bleibt aber noch ihre _gegenständliche_ Seite dem unwesentlichen
- Bewußtsein, nämlich die _Frucht_ seiner Arbeit und der _Genuß_.
- Diesen stößt es also ebenso von sich ab, und leistet wie auf seinen
- Willen, so auf seine in der Arbeit und Genusse erhaltene
- _Wirklichkeit_ Verzicht; auf sie, _teils_ als auf die erreichte
- Wahrheit seiner selbstbewußten _Selbstständigkeit_--indem es etwas
- ganz Fremdes, ihm Sinnloses vorstellend und sprechend sich bewegt;
- teils auf sie als _äußerliches Eigentum_--indem es von dem Besitze,
- den es durch die Arbeit erworben, etwas abläßt; teils auf den
- gehabten _Genuß_--indem es ihn im Fasten und Kasteien auch wieder
- ganz sich versagt.
- Durch diese Momente des Aufgebens des eignen Entschlusses, dann des
- Eigentumes und Genusses, und endlich das positive Moment des Treibens
- eines unverstandenen Geschäftes nimmt es sich in Wahrheit und
- vollständig das Bewußtsein der innern und äußern Freiheit, der
- Wirklichkeit als seines _Für-sich-seins_; es hat die Gewißheit, in
- Wahrheit seines _Ich_ sich entäußert, und sein unmittelbares
- Selbstbewußtsein zu einem _Dinge_, zu einem gegenständlichen Sein
- gemacht zu haben.--Die Verzichtleistung auf sich konnte es allein
- durch diese _wirkliche_ Aufopferung bewähren; denn nur in ihr
- verschwindet der _Betrug_, welcher in dem _innern_ Anerkennen des
- Dankens durch Herz, Gesinnung und Mund liegt, einem Anerkennen,
- welches zwar alle Macht des Für-sich-seins von sich abwälzt, und sie
- einem Geben von oben zuschreibt, aber in diesem Abwälzen selbst sich
- die _äußere_ Eigenheit in dem Besitze, den es nicht aufgibt, die
- _innre_ aber in dem Bewußtsein des Entschlusses, den es selbst gefaßt,
- und in dem Bewußtsein seines durch es bestimmten Inhalts, den es
- nicht gegen einen fremden, es sinnlos erfüllenden umgetauscht hat,
- behält.
- Aber in der wirklich vollbrachten Aufopferung hat _an sich_, wie das
- Bewußtsein das _Tun_ als das seinige aufgehoben, auch sein _Unglück_
- von ihm abgelassen. Daß dies Ablassen _an sich_ geschehen ist, ist
- jedoch ein Tun des andern Extrems des Schlusses, welches das
- _ansichseiende_ Wesen ist. Jene Aufopferung des unwesentlichen
- Extrems war aber zugleich nicht ein einseitiges Tun, sondern enthielt
- das Tun des Andern in sich. Denn das Aufgeben des eignen Willens ist
- nur einerseits negativ, _seinem Begriffe_ nach oder _an sich_,
- zugleich aber positiv, nämlich das Setzen des Willens als eines
- _Andern_, und bestimmt des Willens als eines nicht einzelnen, sondern
- allgemeinen. Für dies Bewußtsein ist diese positive Bedeutung des
- negativ gesetzten einzelnen Willens der Willen des andern Extrems,
- der ihm, weil er eben ein Anderes für es ist, nicht durch sich,
- sondern durch das Dritte, den Vermittler als Rat, wird. Es wird
- daher _für es_ sein Willen wohl zum allgemeinen und _an sich_
- seienden Willen, aber _es selbst_ ist _sich nicht_ dies _An-sich_;
- das Aufgeben des seinigen als _einzelnen_ ist ihm nicht dem Begriffe
- nach das Positive des allgemeinen Willens. Ebenso sein Aufgeben des
- Besitzes und Genusses hat nur dieselbe negative Bedeutung, und das
- Allgemeine, das für es dadurch wird, ist ihm nicht sein _eignes Tun_.
- Diese _Einheit_ des gegenständlichen und des Für-sich-seins, welche
- im _Begriffe_ des Tuns ist, und welche darum dem Bewußtsein als das
- Wesen und _Gegenstand_ wird--wie sie ihm nicht der Begriff seines
- Tuns ist, so ist ihm auch dies nicht, daß sie als Gegenstand _für es_
- wird, unmittelbar und durch es selbst, sondern es läßt sich dem
- vermittelnden Diener diese selbst noch gebrochne Gewißheit
- aussprechen, daß nur _an sich_ sein Unglück das verkehrte, nämlich
- sich in seinem Tun selbstbefriedigendes Tun, oder seliger Genuß; sein
- ärmliches Tun ebenso _an sich_ das verkehrte, nämlich absolutes Tun,
- dem Begriffe nach das Tun nur als Tun des Einzelnen überhaupt Tun ist.
- Aber _für es_ selbst bleibt das Tun und sein wirkliches Tun ein
- ärmliches, und sein Genuß der Schmerz, und das Aufgehobensein
- derselben in der positiven Bedeutung ein _Jenseits_. Aber in diesem
- Gegenstande, worin ihm sein Tun und Sein als dieses _einzelnen_
- Bewußtseins, Sein und Tun _an sich_ ist, ist ihm die Vorstellung der
- _Vernunft_ geworden, der Gewißheit des Bewußtseins, in seiner
- Einzelnheit absolut _an sich_, oder alle Realität zu sein.
- V. Gewißheit und Wahrheit der Vernunft
- Das Bewußtsein geht in dem Gedanken, welchen es erfaßt hat, daß das
- _einzelne_ Bewußtsein _an sich_ absolutes Wesen ist, in sich selbst
- zurück. Für das unglückliche Bewußtsein ist das _An-sich-sein_ das
- _Jenseits_ seiner selbst. Aber seine Bewegung hat dies an ihm
- vollbracht, die Einzelnheit in ihrer vollständigen Entwicklung, oder
- die Einzelnheit, die _wirkliches Bewußtsein_ ist, als das _Negative_
- seiner Selbst, nämlich als das _gegenständliche_ Extrem gesetzt, oder
- sein Für-sich-sein aus sich hinausgerungen, und es zum Sein gemacht
- zu haben; darin ist für es auch seine _Einheit_ mit diesem
- Allgemeinen geworden, welche für uns, da das aufgehobne Einzelne das
- Allgemeine ist, nicht mehr außer ihm fällt; und da das Bewußtsein in
- dieser seiner Negativität sich selbst erhält, an ihm als solchem sein
- Wesen ist. Seine Wahrheit ist dasjenige, welches in dem Schlusse,
- worin die Extreme absolut auseinandergehalten auftraten, als die
- Mitte erscheint, welche es dem unwandelbaren Bewußtsein ausspricht,
- daß das Einzelne auf sich Verzicht getan, und dem Einzelnen, daß das
- Unwandelbare kein Extrem mehr für es, sondern mit ihm versöhnt ist.
- Diese Mitte ist die beide unmittelbar wissende und sie beziehende
- Einheit, und das Bewußtsein ihrer Einheit, welche sie dem Bewußtsein
- und damit _sich selbst_ ausspricht, die Gewißheit, alle Wahrheit zu
- sein.
- Damit, daß das Selbstbewußtsein Vernunft ist, schlägt sein bisher
- negatives Verhältnis zu dem Anderssein in ein positives um. Bisher
- ist es ihm nur um seine Selbstständigkeit und Freiheit zu tun gewesen,
- um sich für sich selbst auf Kosten der _Welt_ oder seiner eignen
- Wirklichkeit, welche ihm beide als das Negative seines Wesens
- erschienen, zu retten und zu erhalten. Aber als Vernunft, seiner
- selbst versichert, hat es die Ruhe gegen sie empfangen, und kann sie
- ertragen; denn es ist seiner selbst als der Realität gewiß; oder daß
- alle Wirklichkeit nichts anders ist als es; sein Denken ist
- unmittelbar selbst die Wirklichkeit; es verhält sich also als
- Idealismus zu ihr. Es ist ihm, indem es sich so erfaßt, als ob die
- Welt erst itzt ihm würde; vorher versteht es sie nicht; es begehrt
- und bearbeitet sie; zieht sich aus ihr in sich zurück, und vertilgt
- sie für sich, und sich selbst als Bewußtsein, als Bewußtsein
- derselben als des Wesens, sowie als Bewußtsein ihrer Nichtigkeit.
- Hierin erst, nachdem das Grab seiner Wahrheit verloren, das Vertilgen
- seiner Wirklichkeit selbst vertilgt, und die Einzelnheit des
- Bewußtseins ihm an sich absolutes Wesen ist, entdeckt es sie als
- _seine_ neue wirkliche Welt, die in ihrem Bleiben Interesse für es
- hat, wie vorhin nur in ihrem Verschwinden; denn ihr _Bestehen_ wird
- ihm seine eigne _Wahrheit_ und _Gegenwart_; es ist gewiß, nur sich
- darin zu erfahren.
- Die Vernunft ist die Gewißheit des Bewußtseins, alle Realität zu sein:
- so spricht der Idealismus ihren Begriff aus. Wie das Bewußtsein,
- das als Vernunft _auftritt, unmittelbar_ jene Gewißheit an sich hat,
- so spricht auch der _Idealismus_ sie _unmittelbar_ aus: Ich bin ich,
- in dem Sinne, daß Ich, welches mir Gegenstand ist, nicht wie im
- Selbstbewußtsein überhaupt, noch auch wie im freien Selbstbewußtsein,
- dort nur _leerer_ Gegenstand überhaupt, hier nur Gegenstand, der sich
- von den Andern zurückzieht, welche _neben_ ihm noch gelten, sondern
- Gegenstand mit dem Bewußtsein des _Nichtseins_ irgendeines Andern,
- einziger Gegenstand, alle Realität und Gegenwart ist. Das
- Selbstbewußtsein ist aber nicht nur _für sich_, sondern auch _an
- sich_ alle Realität, erst dadurch, daß es diese Realität _wird_, oder
- vielmehr sich als solche _erweist_. Es erweist sich so in _dem_ Wege,
- worin zuerst in der dialektischen Bewegung des Meinens, Wahrnehmens
- und des Verstandes das Anderssein als _an sich_ und dann in der
- Bewegung durch die Selbstständigkeit des Bewußtseins in Herrschaft
- und Knechtschaft, durch den Gedanken der Freiheit, die skeptische
- Befreiung, und den Kampf der absoluten Befreiung des in sich
- entzweiten Bewußtseins, das Anderssein, insofern es nur _für es_ ist,
- _für es selbst_ verschwindet. Es traten zwei Seiten nacheinander auf,
- die eine, worin das Wesen oder das Wahre für das Bewußtsein die
- Bestimmtheit des _Seins_, die andere die hatte, nur _für es_ zu sein.
- Aber beide reduzierten sich in _eine_ Wahrheit, daß, was _ist_, oder
- das _An-sich_ nur ist, insofern es _für_ das Bewußtsein, und was _für
- es_ ist, auch _an sich_ ist. Das Bewußtsein, welches diese Wahrheit
- ist, hat diesen Weg im Rücken und vergessen, indem es _unmittelbar_
- als Vernunft auftritt, oder diese unmittelbar auftretende Vernunft
- tritt nur als die _Gewißheit_ jener Wahrheit auf. Sie _versichert_
- so nur, alle Realität zu sein, begreift dies aber selbst nicht; denn
- jener vergessene Weg ist das Begreifen dieser unmittelbar
- ausgedrückten Behauptung. Und ebenso ist dem, der ihn nicht gemacht
- hat, diese Behauptung, wenn er sie in dieser reinen Form hört--denn
- in einer konkreten Gestalt macht er sie wohl selbst--, unbegreiflich.
- Der Idealismus, der jenen Weg nicht darstellt, sondern mit dieser
- Behauptung anfängt, ist daher auch reine _Versicherung_, welche sich
- selbst nicht begreift, noch sich andern begreiflich machen kann. Er
- spricht eine _unmittelbare Gewißheit_ aus, welcher andere
- unmittelbare Gewißheiten gegenüberstehen, die allein auf jenem Wege
- verlorengegangen sind. Mit gleichem Rechte stellen daher _neben_ der
- _Versicherung_ jener Gewißheit sich auch die _Versicherungen_ dieser
- andern Gewißheiten. Die Vernunft beruft sich auf das
- _Selbst_bewußtsein eines jeden Bewußtseins: _Ich bin Ich_; mein
- Gegenstand und Wesen ist _Ich_; und keines wird ihr diese Wahrheit
- ableugnen. Aber indem sie sie auf diese Berufung gründet,
- sanktioniert sie die Wahrheit der andern Gewißheit, nämlich der: _es
- ist *Anderes* für mich_; Anderes als _Ich_ ist mir Gegenstand und
- Wesen, oder indem _Ich_ mir Gegenstand und Wesen bin, bin ich es nur,
- indem ich mich von dem Andern überhaupt zurückziehe, und als eine
- Wirklichkeit _neben_ es trete.--Erst wenn die Vernunft als
- _Reflexion_ aus dieser entgegengesetzten Gewißheit auftritt, tritt
- ihre Behauptung von sich nicht nur als Gewißheit und Versicherung,
- sondern als _Wahrheit_ auf; und nicht _neben_ andern, sondern als die
- _einzige_. Das _unmittelbare Auftreten_ ist die Abstraktion ihres
- _Vorhandenseins_, dessen _Wesen_ und _An-sich-sein_ absoluter Begriff,
- d.h. die _Bewegung seines Gewordenseins_ ist.--Das Bewußtsein wird
- sein Verhältnis zum Anderssein oder seinem Gegenstande auf
- verschiedene Weise bestimmen, je nachdem es gerade auf einer Stufe
- des sich bewußtwerdenden Weltgeistes steht. Wie es sich und seinen
- Gegenstand jedesmal _unmittelbar_ findet und bestimmt, oder wie es
- _für sich_ ist, hängt davon ab, was er schon _geworden_ oder was er
- schon _an sich ist._
- Die Vernunft ist die Gewißheit, alle _Realität_ zu sein. Dieses
- _An-sich_ oder diese _Realität_ ist aber noch ein durchaus
- Allgemeines, die reine _Abstraktion_ der Realität. Es ist die erste
- _Positivität_, welche das Selbstbewußtsein _an sich selbst, für sich_
- ist, und Ich daher nur die _reine Wesenheit_ des Seienden, oder die
- einfache _Kategorie_. Die _Kategorie_, welche sonst die Bedeutung
- hatte, Wesenheit des Seienden zu sein, _unbestimmt_ des Seienden
- überhaupt oder des Seienden gegen das Bewußtsein, ist itzt
- _Wesenheit_ oder einfache _Einheit_ des Seienden nur als denkende
- Wirklichkeit; oder sie ist dies, daß Selbstbewußtsein und Sein
- _dasselbe_ Wesen ist; _dasselbe_ nicht in der Vergleichung, sondern
- an und für sich. Nur der einseitige schlechte Idealismus läßt diese
- Einheit wieder als Bewußtsein auf die eine Seite, und ihr gegenüber
- ein _An-sich_ treten.--Diese Kategorie nun oder _einfache_ Einheit
- des Selbstbewußtseins und des Seins hat aber an sich _den
- Unterschied_; denn ihr Wesen ist eben dieses, im _Anderssein_ oder im
- absoluten Unterschiede unmittelbar sich selbst gleich zu sein. Der
- Unterschied _ist_ daher; aber vollkommen durchsichtig, und als ein
- Unterschied, der zugleich keiner ist. Er erscheint als eine
- _Vielheit_ von Kategorien. Indem der Idealismus, die _einfache
- Einheit_ des Selbstbewußtseins als alle Realität ausspricht, und sie
- _unmittelbar_, ohne sie als absolut negatives Wesen--nur dieses hat
- die Negation, die Bestimmtheit oder den Unterschied an ihm
- selbst--begriffen zu haben, zum Wesen macht, so ist noch
- unbegreiflicher als das erste dies zweite, daß in der Kategorie
- _Unterschiede_ oder _Arten_ sein. Diese Versicherung überhaupt,
- sowie die Versicherung von irgendeiner _bestimmten Anzahl_ der Arten
- derselben, ist eine neue Versicherung, welche es aber an ihr selbst
- enthält, daß man sie sich nicht mehr als Versicherung gefallen lassen
- müsse. Denn indem im reinen Ich, im reinen Verstande selbst _der
- Unterschied_ anfängt, so ist damit gesetzt, daß hier die
- _Unmittelbarkeit_, das _Versichern_ und _Finden_ aufgegeben werde,
- und das _Begreifen_ anfange. Die Vielheit der Kategorien aber auf
- irgendeine Weise wieder als einen Fund, zum Beispiel aus den Urteilen,
- aufnehmen, und sich dieselben so gefallen lassen, ist in der Tat als
- eine Schmach der Wissenschaft anzusehen; wo sollte noch der Verstand
- eine Notwendigkeit aufzuzeigen vermögen, wenn er dies an ihm selbst,
- der reinen Notwendigkeit, nicht vermag.
- Weil nun so der Vernunft die reine Wesenheit der Dinge, wie ihr
- Unterschied, angehört, so könnte eigentlich überhaupt nicht mehr von
- _Dingen_ die Rede sein, das heißt einem solchen, welches für das
- Bewußtsein nur das Negative seiner selbst wäre. Denn die vielen
- Kategorien sind _Arten_ der reinen Kategorie, heißt, _sie_ ist noch
- ihre _Gattung_ oder _Wesen_, nicht ihnen entgegengesetzt. Aber sie
- sind schon das Zweideutige, welches zugleich das Anderssein _gegen_
- die reine Kategorie in seiner _Vielheit_ an sich hat. Sie
- widersprechen ihr durch diese Vielheit in der Tat, und die reine
- Einheit muß sie an sich aufheben, wodurch sie sich als _negative
- Einheit_ der Unterschiede konstituiert. Als _negative_ Einheit aber
- schließt sie ebensowohl die _Unterschiede_ als solche, sowie jene
- erste _unmittelbare_ reine Einheit als solche von sich aus, und ist
- _Einzelnheit_; eine neue Kategorie, welche ausschließendes Bewußtsein,
- das heißt, dies ist, daß _ein Anderes_ für es ist. Die Einzelnheit
- ist ihr Übergang aus ihrem Begriffe zu einer _äußern_ Realität; das
- reine _Schema_, welches ebensowohl Bewußtsein, wie damit, daß es
- Einzelnheit und ausschließendes Eins ist, das Hindeuten auf ein
- Anderes ist. Aber dies _Andere_ dieser Kategorie sind nur die
- _andern ersten Kategorien_, nämlich _reine Wesenheit_, und der _reine
- Unterschied_; und in ihr, d.h. eben in dem Gesetztsein des Andern,
- oder in diesem Andern selbst das Bewußtsein ebenso es selbst. Jedes
- dieser verschiedenen Momente verweist auf ein anderes; es kommt aber
- in ihnen zugleich zu keinem Anderssein. Die reine Kategorie verweist
- auf die _Arten_, welche in die negative Kategorie, oder die
- Einzelnheit übergehen; die letztere weist aber auf jene zurück; sie
- ist selbst reines Bewußtsein, welches in jeder sich diese klare
- Einheit mit sich bleibt, eine Einheit aber, die ebenso auf ein
- Anderes hingewiesen wird, das, indem es ist, verschwunden, und indem
- es verschwunden, auch wieder erzeugt ist.
- Wir sehen hier das reine Bewußtsein auf eine gedoppelte Weise gesetzt,
- einmal als das unruhige _Hin- und Hergehen_, welches alle seine
- Momente durchläuft, in ihnen das Anderssein vorschweben hat, das im
- Erfassen sich aufhebt; das anderemal vielmehr als die _ruhige_ ihrer
- Wahrheit gewisse _Einheit_. Für diese Einheit ist jene Bewegung das
- _Andere_; für diese Bewegung aber jene ruhige Einheit; und Bewußtsein
- und Gegenstand wechseln in diesen gegenseitigem Bestimmungen ab. Das
- Bewußtsein ist sich also einmal das hin- und hergehende Suchen, und
- sein Gegenstand das _reine An-sich_ und Wesen; das andremal ist sich
- jenes die einfache Kategorie, und der Gegenstand die Bewegung der
- Unterschiede. Das Bewußtsein aber als Wesen ist dieser ganze Verlauf
- selbst, aus sich als einfacher Kategorie in die Einzelnheit und den
- Gegenstand überzugehen, und an diesem diesen Verlauf anzuschauen, ihn
- als einen unterschiednen aufzuheben, sich _zuzueignen_, und sich als
- diese Gewißheit, alle Realität, sowohl es selbst als sein Gegenstand
- zu sein, auszusprechen.
- Sein erstes Aussprechen ist nur dieses abstrakte leere Wort, daß
- alles _sein_ ist. Denn die Gewißheit, alle Realität zu sein, ist
- erst die reine Kategorie. Diese erste im Gegenstande sich erkennende
- Vernunft drückt der leere Idealismus aus, welcher die Vernunft nur so
- auffaßt, wie sie sich zunächst ist, und darin, daß er in allem Sein
- dieses reine _Mein_ des Bewußtseins aufzeigt und die Dinge als
- Empfindungen oder Vorstellungen ausspricht, es als vollendete
- Realität aufgezeigt zu haben wähnt. Er muß darum zugleich absoluter
- Empirismus sein, denn für die _Erfüllung_ des leeren _Meins_, das
- heißt für den Unterschied und alle Entwicklung und Gestaltung
- desselben bedarf seine Vernunft eines fremden Anstoßes, in welchem
- erst die _Mannigfaltigkeit_ des Empfindens oder Vorstellens liege.
- Dieser Idealismus wird daher eine ebensolche sich widersprechende
- Doppelsinnigkeit als der Skeptizismus, nur daß wie dieser sich
- negativ, jener sich positiv ausdrückt, aber ebensowenig seine
- widersprechenden Gedanken des reinen Bewußtseins als aller Realität,
- und ebenso des fremden Anstoßes oder des sinnlichen Empfindens und
- Vorstellens, als einer gleichen Realität, zusammenbringt, sondern von
- dem einen zu dem andern sich herüberund hinüberwirft und in die
- schlechte, nämlich in die sinnliche Unendlichkeit, geraten ist.
- Indem die Vernunft alle Realität in der Bedeutung des abstrakten
- _Meins_, und das _Andere_ ihm ein _gleichgültiges Fremdes_ ist, so
- ist darin gerade dasjenige Wissen der Vernunft von einem Anderen
- gesetzt, welches als _Meinen, Wahrnehmen_ und der das Gemeinte und
- Wahrgenommene auffassende _Verstand_ vorkam. Ein solches Wissen wird
- zugleich, nicht wahres Wissen zu sein, durch den Begriff dieses
- Idealismus selbst behauptet, denn nur die Einheit der Apperzeption
- ist die Wahrheit des Wissens. Die reine Vernunft dieses Idealismus
- wird also durch sich selbst, um zu diesem _Andern_, das ihr
- _wesentlich_, das heißt also das _An-sich_ ist, das sie aber nicht in
- ihr selbst hat, zu gelangen, an dasjenige Wissen zurückgeschickt, das
- nicht ein Wissen des Wahren ist; sie verurteilt sich so mit Wissen
- und Willen zu einem unwahren Wissen, und kann vom Meinen und
- Wahrnehmen, die für sie selbst keine Wahrheit haben, nicht ablassen.
- Sie befindet sich in unmittelbarem Widerspruche, ein gedoppeltes
- schlechthin Entgegengesetztes als das Wesen zu behaupten, die
- _Einheit der Apperzeption_ und ebenso das _Ding_, welches, wenn es
- auch _fremder Anstoß_, oder _empirisches_ Wesen, oder _Sinnlichkeit_,
- oder _das Ding an sich_ genannt wird, in seinem Begriffe dasselbe
- jener Einheit Fremde bleibt.
- Dieser Idealismus ist in diesem Widerspruche, weil er den _abstrakten
- Begriff_ der Vernunft als das Wahre behauptet; daher ihm unmittelbar
- ebensosehr die Realität als eine solche entsteht, welche vielmehr
- nicht die Realität der Vernunft ist, während die Vernunft zugleich
- alle Realität sein sollte; diese bleibt ein unruhiges Suchen, welches
- in dem Suchen selbst die Befriedigung des Findens für schlechthin
- unmöglich erklärt.--So inkonsequent aber ist die wirkliche Vernunft
- nicht; sondern nur erst die _Gewißheit_, alle Realität zu sein, ist
- sie in diesem _Begriffe_ sich bewußt als _Gewißheit_, als _Ich_ noch
- nicht die Realität in Wahrheit zu sein, und ist getrieben, ihre
- Gewißheit zur Wahrheit zu erheben, und das _leere_ Mein zu erfüllen.
- A. Beobachtende Vernunft
- Dieses Bewußtsein, welchem das _Sein_ die Bedeutung des _Seinen_ hat,
- sehen wir nun zwar wieder in das Meinen und Wahrnehmen hineingehen,
- aber nicht als in die Gewißheit eines nur _Andern_, sondern mit der
- Gewißheit, dies Andere selbst zu sein. Früher ist es ihm nur
- _geschehen_, manches an dem Dinge wahrzunehmen und zu _erfahren_;
- hier stellt es die Beobachtungen und die Erfahrung selbst an. Meinen
- und Wahrnehmen, das für uns früher sich aufgehoben, wird nun von dem
- Bewußtsein für es selbst aufgehoben; die Vernunft geht darauf, die
- Wahrheit zu _wissen_; was für das Meinen und Wahrnehmen ein Ding ist,
- als Begriff zu finden, das heißt, in der Dingheit nur das Bewußtsein
- ihrer selbst zu haben. Die Vernunft hat daher itzt ein allgemeines
- _Interesse_ an der Welt, weil sie die Gewißheit ist, Gegenwart in ihr
- zu haben, oder daß die Gegenwart vernünftig ist. Sie sucht ihr
- Anderes, indem sie weiß, daran nichts anderes als sich selbst zu
- besitzen; sie sucht nur ihre eigne Unendlichkeit.
- Zuerst sich in der Wirklichkeit nur ahndend, oder sie nur als das
- _Ihrige_ überhaupt wissend, schreitet sie in diesem Sinne zur
- allgemeinen Besitznehmung des ihr versicherten Eigentums, und pflanzt
- auf alle Höhen und in alle Tiefen das Zeichen ihrer Souveränität.
- Aber dieses oberflächliche Mein ist nicht ihr letztes Interesse; die
- Freude dieser allgemeinen Besitznehmung findet an ihrem Eigentume
- noch das fremde Andre, das die abstrakte Vernunft nicht an ihr selbst
- hat. Die Vernunft ahndet sich als ein tieferes Wesen, denn das reine
- Ich _ist_, und muß fodern, daß der Unterschied, das _mannigfaltige
- Sein_, ihm als das seinige selbst werde, daß es sich als die
- _Wirklichkeit_ anschaue, und sich als Gestalt und Ding gegenwärtig
- finde. Aber wenn die Vernunft alle Eingeweide der Dinge durchwühlt,
- und ihnen alle Adern öffnet, daß sie sich daraus entgegenspringen
- möge, so wird sie nicht zu diesem Glücke gelangen, sondern muß an ihr
- selbst vorher sich vollendet haben, um dann ihre Vollendung erfahren
- zu können.
- Das Bewußtsein _beobachtet_; d.h. die Vernunft will sich als seienden
- Gegenstand, als _wirkliche, sinnlich-gegenwärtige_ Weise finden, und
- haben. Das Bewußtsein dieses Beobachtens meint und sagt wohl, daß es
- _nicht sich selbst_, sondern im Gegenteil _das Wesen der Dinge als
- der Dinge_ erfahren wolle. Daß dies _Bewußtsein_ dies meint und sagt,
- liegt darin, daß es Vernunft _ist_, aber ihm die Vernunft noch nicht
- als solche Gegenstand ist. Wenn es die _Vernunft_ als gleiches Wesen
- der Dinge und seiner selbst wüßte, und daß sie nur in dem Bewußtsein
- in ihrer eigentümlichen Gestalt gegenwärtig sein kann, so würde es
- vielmehr in seine eigne Tiefe steigen und sie darin suchen, als in
- den Dingen. Wenn es sie in dieser gefunden hätte, würde sie von da
- wieder heraus an die Wirklichkeit gewiesen werden, um in dieser ihren
- sinnlichen Ausdruck anzuschauen, aber ihn sogleich wesentlich als
- _Begriff_ nehmen. Die Vernunft, wie sie _unmittelbar_ als die
- Gewißheit des Bewußtseins, alle Realität zu sein, auftritt, nimmt
- ihre Realität in dem Sinne der _Unmittelbarkeit des Seins_, und
- ebenso die Einheit des Ich mit diesem gegenständlichen Wesen in dem
- Sinne einer _unmittelbaren Einheit_, an der sie die Momente des Seins
- und Ich noch nicht getrennt und wieder vereinigt, oder die sie noch
- nicht erkannt hat. Sie geht daher als beobachtendes Bewußtsein an
- die Dinge, in der Meinung, daß sie diese als sinnliche, dem Ich
- entgegengesetzte Dinge in Wahrheit nehme; allein ihr wirkliches Tun
- widerspricht dieser Meinung; denn sie _erkennt_ die Dinge, sie
- verwandelt ihre Sinnlichkeit _in Begriffe_, d.h. eben in ein Sein,
- welches zugleich Ich ist, das Denken somit in ein seiendes Denken,
- oder das Sein in ein gedachtes Sein, und behauptet in der Tat, daß
- die Dinge nur als Begriffe Wahrheit haben. Für dies beobachtende
- Bewußtsein wird darin nur dies, was _die Dinge_ sind, für uns aber,
- was _es selbst_ ist; das Resultat seiner Bewegung aber wird dies sein,
- für sich selbst dies zu werden, was es an sich ist.
- _Das Tun_ der beobachtenden Vernunft ist in den Momenten seiner
- Bewegung zu betrachten, wie sie die Natur, den Geist, und endlich die
- Beziehung beider als sinnliches Sein aufnimmt, und sich als seiende
- Wirklichkeit sucht.
- a. Beobachtung der Natur
- Wenn das gedankenlose Bewußtsein das Beobachten und Erfahren als die
- Quelle der Wahrheit ausspricht, so mögen wohl ihre Worte so lauten,
- als ob es allein um ein Schmecken, Riechen, Fühlen, Hören und Sehen
- zu tun sei; es vergißt in dem Eifer, womit es das Schmecken, Riechen
- u.s.f. empfiehlt, zu sagen, daß es in der Tat auch ebenso wesentlich
- den Gegenstand dieses Empfindens sich schon bestimmt hat, und diese
- Bestimmung ihm wenigstens soviel gilt als jenes Empfinden. Es wird
- auch sogleich eingestehen, daß es ihm nicht so überhaupt nur ums
- Wahrnehmen zu tun sei, und z. B. die Wahrnehmung, daß dies
- Federmesser neben dieser Tabaksdose liegt, nicht für eine Beobachtung
- gelten lassen. Das Wahrgenommene soll wenigstens die Bedeutung eines
- _Allgemeinen_, nicht eines _sinnlichen Diesen_ haben.
- Dies Allgemeine ist so nur erst das _sich gleich Bleibende_; seine
- Bewegung nur das gleichförmige Wiederkehren desselben Tuns. Das
- Bewußtsein, welches insofern im Gegenstande nur die _Allgemeinheit_
- oder das _abstrakte Mein_ findet, muß die eigentliche Bewegung
- desselben auf _sich_ selbst nehmen; indem es noch nicht der Verstand
- desselben ist, wenigstens sein Gedächtnis sein, welches das, was in
- der Wirklichkeit nur auf einzelne Weise vorhanden ist, auf allgemeine
- Weise ausdrückt. Dies oberflächliche Herausheben aus der Einzelnheit,
- und die ebenso oberflächliche Form der Allgemeinheit, worein das
- Sinnliche nur aufgenommen wird, ohne an sich selbst Allgemeines
- geworden zu sein, das _Beschreiben_ der Dinge hat noch in dem
- Gegenstande selbst die Bewegung nicht; sie ist vielmehr nur in dem
- Beschreiben. Der Gegenstand, wie er beschrieben ist, hat daher das
- Interesse verloren; ist der eine beschrieben, so muß ein anderer
- vorgenommen, und immer gesucht werden, damit das Beschreiben nicht
- ausgehe. Ist es nicht so leicht mehr, neue _ganze_ Dinge zu finden,
- so muß zu den schon gefundenen zurückgegangen werden, sie weiter zu
- teilen, auseinanderzulegen, und neue Seiten der Dingheit an ihnen
- noch aufzuspüren. Diesem rastlosen, unruhigen Instinkte kann es nie
- an Material gebrechen; eine neue ausgezeichnete Gattung zu finden,
- oder gar einen neuen Planeten, dem, ob er zwar ein Individuum ist,
- doch die Natur eines Allgemeinen zukommt, zu finden, kann nur
- Glücklichen zuteil werden. Aber die Grenzen dessen, was wie der
- Elefant, die Eiche, das Gold _ausgezeichnet_, was _Gattung_ und _Art_
- ist, geht durch viele Stufen in die unendliche _Besonderung_ der
- chaotischen Tiere und Pflanzen, der Gebirgsarten, oder der durch
- Gewalt und Kunst erst darzustellenden Metalle, Erden u.s.f. über. In
- diesem Reiche der Unbestimmtheit des Allgemeinen, worin die
- Besonderung wieder der _Vereinzelung_ sich nähert, und in sie hie und
- da auch wieder ganz herabsteigt, ist ein unerschöpflicher Vorrat fürs
- Beobachten und Beschreiben aufgetan. Hier aber, wo ihm ein
- unübersehbares Feld sich eröffnet, an der Grenze des Allgemeinen kann
- es vielmehr statt eines unermeßlichen Reichtums nur die Schranke der
- Natur und seines eignen Tuns gefunden haben; es kann nicht mehr
- wissen, ob das an sich zu sein Scheinende nicht eine Zufälligkeit ist;
- was das Gepräge eines verwirrten oder unreifen, schwachen und der
- elementarischen Unbestimmtheit kaum sich entwickelnden Gebildes an
- sich trägt, kann nicht darauf Anspruch machen, auch nur beschrieben
- zu werden.
- Wenn es diesem Suchen und Beschreiben nur um die Dinge zu tun zu sein
- scheint, so sehen wir es in der Tat nicht an dem _sinnlichen
- Wahrnehmen_ fortlaufen, sondern das, woran die Dinge _erkannt_ werden,
- ist ihm wichtiger als der übrige Umfang der sinnlichen Eigenschaften,
- welche das Ding selbst wohl nicht entbehren kann, aber deren das
- Bewußtsein sich entübrigt. Durch diese Unterscheidung in das
- _Wesentliche_ und _Unwesentliche_ erhebt sich der Begriff aus der
- sinnlichen Zerstreuung empor, und das Erkennen erklärt darin, daß es
- ihm wenigstens ebenso wesentlich _um sich selbst_ als um die Dinge zu
- tun ist. Es gerät bei dieser gedoppelten Wesentlichkeit in ein
- Schwanken, ob das, was für _das Erkennen_ das Wesentliche und
- Notwendige ist, es auch an _den Dingen_ sei. Einesteils sollen die
- _Merkmale_ nur dem Erkennen dienen, wodurch es die Dinge voneinander
- unterscheide; aber andernteils nicht das Unwesentliche der Dinge
- erkannt werden, sondern das, wodurch sie selbst aus der allgemeinen
- Kontinuität des Seins überhaupt sich _losreißen_, sich von dem Andern
- _abscheiden_ und _für sich_ sind. Die Merkmale sollen nicht nur
- wesentliche Beziehung auf das Erkennen haben, sondern auch die
- wesentlichen Bestimmtheiten der Dinge, und das künstliche System dem
- Systeme der Natur selbst gemäß sein, und nur dieses ausdrücken. Aus
- dem Begriffe der Vernunft ist dies notwendig, und der Instinkt
- derselben--denn sie verhält sich nur als solcher in diesem
- Beobachten--hat auch in seinen Systemen diese Einheit erreicht, wo
- nämlich ihre Gegenstände selbst so beschaffen sind, daß sie eine
- Wesentlichkeit oder ein _Für-sich-sein_ an ihnen haben, und nicht nur
- Zufall dieses _Augenblicks_ oder dieses _Hier_ sind. Die
- Unterscheidungsmerkmale der Tiere z. B. sind von den Klauen und
- Zähnen genommen; denn in der Tat _unterscheidet_ nicht nur das
- Erkennen dadurch ein Tier von dem andern; sondern das Tier _scheidet_
- sich dadurch selbst ab; durch diese Waffen erhält es sich _für sich_,
- und gesondert von dem Allgemeinen. Die Pflanze dagegen kommt nicht
- zum _Für-sich_-_sein_, sondern berührt nur die Grenze der
- Individualität; an dieser Grenze, wo sie den Schein der _Entzweiung_
- in Geschlechter aufzeigt, ist sie deswegen aufgenommen und
- unterschieden worden. Was aber weiter hinuntersteht, kann sich nicht
- mehr selbst von anderem unterscheiden, sondern geht verloren, indem
- es in den Gegensatz kommt. Das _ruhende Sein_, und das _Sein im
- Verhältnisse_ kommt in Streit miteinander, das Ding ist in diesem
- etwas anders als nach jenem, da hingegen das Individuum dies ist, im
- Verhältnisse zu anderem sich zu erhalten. Was aber dies nicht vermag,
- und _chemischerweise_ ein anderes wird, als es _empirischerweise_
- ist, verwirrt das Erkennen, und bringt es in denselben Streit, ob es
- sich an die eine und andere Seite halten soll, da das Ding selbst
- nichts Gleichbleibendes ist, und sie an ihm auseinanderfallen.
- In solchen Systemen des allgemeinen Sichgleichbleibenden hat also
- dieses die Bedeutung, ebensowohl das Sichgleichbleibende des
- Erkennens wie der Dinge selbst zu sein. Allein diese Ausbreitung
- _der gleichbleibenden Bestimmtheiten_, deren jede ruhig die Reihe
- ihres Fortgangs beschreibt, und Raum erhält, um für sich zu gewähren,
- geht wesentlich ebensosehr in ihr Gegenteil über, in die Verwirrung
- dieser Bestimmtheiten; denn das Merkmal, die allgemeine Bestimmtheit,
- ist die Einheit des Entgegengesetzten, des Bestimmten und des an sich
- Allgemeinen; sie muß also in diesen Gegensatz auseinandertreten.
- Wenn nun die Bestimmtheit nach einer Seite das Allgemeine, worin sie
- ihr Wesen hat, besiegt, so erhält dieses dagegen auf der andern Seite
- ebenso sich seine Herrschaft über sie, treibt die Bestimmtheit an
- ihre Grenze, vermischt da ihre Unterschiede und Wesentlichkeiten.
- Das Beobachten, welches sie ordentlich auseinanderhielt und an ihnen
- etwas Festes zu haben glaubte, sieht über ein Prinzip die andern
- herübergreifen, Übergänge und Verwirrungen sich bilden, und in diesem
- das verbunden, was es zuerst für schlechthin getrennt nahm, und
- getrennt, was es zusammenrechnete; so daß dies Festhalten an dem
- ruhigen, sichgleichbleibenden Sein sich hier gerade in seinen
- allgemeinsten Bestimmungen, z. B. was das Tier, die Pflanze für
- wesentliche Merkmale habe, mit Instanzen geneckt sehen muß, die ihm
- jede Bestimmung rauben, die Allgemeinheit, zu der es sich erhob, zum
- Verstummen bringen, und es aufs gedankenlose Beobachten und
- Beschreiben zurücksetzen.
- Dieses sich auf das Einfache einschränkende oder die sinnliche
- Zerstreuung durch das Allgemeine beschränkende Beobachten findet also
- an seinem Gegenstande die _Verwirrung seines Prinzips_, weil das
- Bestimmte durch seine Natur sich in seinem Gegenteile verlieren muß;
- die Vernunft muß darum vielmehr von der _trägen_ Bestimmtheit, die
- den Schein des Bleibens hatte, zur Beobachtung derselben, wie sie in
- Wahrheit ist, nämlich _sich auf ihr Gegenteil zu beziehen_, fortgehen.
- Was wesentliche Merkmale genannt werden, sind _ruhende_
- Bestimmtheiten, welche so, wie sie als _einfache_ sich ausdrücken und
- aufgefaßt werden, nicht das, was ihre Natur ausmacht, verschwindende
- _Momente_ der sich in sich zurücknehmenden Bewegung zu sein,
- darstellen. Indem itzt der Vernunftinstinkt dazu kömmt, die
- Bestimmtheit ihrer Natur gemäß, wesentlich nicht für sich zu sein,
- sondern in das Entgegengesetzte überzugehen, aufzusuchen, sucht er
- nach dem _Gesetze_ und dem _Begriffe_ desselben; zwar nach ihnen
- ebenso als _seiender_ Wirklichkeit, aber diese wird ihm in der Tat
- verschwinden, und die Seiten des Gesetzes zu reinen Momenten oder
- Abstraktionen werden, so daß das Gesetz in der Natur des Begriffes
- hervortritt, welcher das gleichgültige Bestehen der sinnlichen
- Wirklichkeit an sich vertilgt hat.
- Dem beobachtenden Bewußtsein ist die _Wahrheit des Gesetzes_ in der
- _Erfahrung_, als in der Weise, daß _sinnliches Sein für es_ ist;
- nicht an und für sich selbst. Wenn aber das Gesetz nicht in dem
- Begriffe seine Wahrheit hat, so ist es etwas Zufälliges, nicht eine
- Notwendigkeit, oder in der Tat nicht ein Gesetz. Aber daß es
- wesentlich als Begriff ist, widerstreitet nicht nur dem nicht, daß es
- für die Beobachtung vorhanden ist, sondern hat darum vielmehr
- notwendiges _Dasein_, und ist für die Beobachtung. Das Allgemeine,
- im _Sinne der Vernunftallgemeinheit_, ist auch allgemein in dem Sinne,
- den jener an ihm hat, daß es _für das_ Bewußtsein sich als das
- Gegenwärtige und Wirkliche, oder daß der Begriff sich in der Weise
- der Dingheit und des sinnlichen Seins darstellt;--aber ohne darum
- seine Natur zu verlieren, und in das träge Bestehen oder die
- gleichgültige Aufeinanderfolge hinabgefallen zu sein. Was allgemein
- gültig ist, ist auch allgemein geltend; was sein _soll, ist_ in der
- Tat auch, und was nur sein _soll_, ohne zu _sein_, hat keine Wahrheit.
- Hieran bleibt der Instinkt der Vernunft mit Recht seinerseits fest
- hängen, und läßt sich nicht durch die Gedankendinge, die nur sein
- _sollen_, und als _Sollen_ Wahrheit haben sollen, ob sie schon in
- keiner Erfahrung angetroffen werden,--durch die Hypothesen so wenig
- als durch alle andere Unsichtbarkeiten eines perennierenden Sollens
- irre machen; denn die Vernunft ist eben diese Gewißheit, Realität zu
- haben, und was nicht als ein Selbstwesen für das Bewußtsein ist, das
- heißt, was nicht erscheint, ist für es gar nichts.
- Daß die Wahrheit des Gesetzes wesentlich _Realität_ ist, wird zwar
- diesem bei dem Beobachten bleibenden Bewußtsein wieder zu einem
- _Gegensatze_ gegen den Begriff, und gegen das an sich Allgemeine,
- oder ein Solches, wie sein Gesetz ist, ist ihm nicht ein Wesen der
- Vernunft; es meint darin etwas _Fremdes_ zu erhalten. Allein es
- widerlegt diese seine Meinung durch die Tat, in welcher es selbst
- seine Allgemeinheit nicht in dem Sinne nimmt, daß _alle einzelnen_
- sinnlichen Dinge ihm die Erscheinung des Gesetzes gezeigt haben
- müßten, um die Wahrheit desselben behaupten zu können. Daß die
- Steine, von der Erde aufgehoben und freigelassen, fallen, dazu fodert
- es gar nicht, daß mit allen Steinen dieser Versuch gemacht werde; es
- sagt vielleicht wohl, daß dies wenigstens mit sehr vielen müsse
- versucht worden sein, woraus dann auf die übrigen mit größter
- Wahrscheinlichkeit, oder mit vollem Rechte _nach der Analogie_
- geschlossen werden könne. Allein die Analogie gibt nicht nur kein
- volles Recht, sondern sie widerlegt, um ihrer Natur willen, sich so
- oft, daß, nach der Analogie selbst zu schließen, die Analogie
- vielmehr keinen Schluß zu machen erlaubt. Die _Wahrscheinlichkeit_,
- auf welche sich das Resultat derselben reduzieren würde, verliert
- gegen die _Wahrheit_ allen Unterschied von geringerer und größerer
- Wahrscheinlichkeit; sie sei so groß, als sie will, ist sie nichts
- gegen die Wahrheit. Der Instinkt der Vernunft nimmt aber in der Tat
- solche Gesetze für _Wahrheit_ an, und erst in Beziehung auf ihre
- Notwendigkeit, die er nicht erkennt, gerät er in diese Unterscheidung,
- und setzt die Wahrheit der Sache selbst zur Wahrscheinlichkeit herab,
- um die unvollkommene Weise, in welcher die Wahrheit für das
- Bewußtsein, das die Einsicht in den reinen Begriff noch nicht
- erreicht hat, vorhanden ist, zu bezeichnen; denn die Allgemeinheit
- ist nur als _einfache unmittelbare_ Allgemeinheit vorhanden. Aber
- zugleich um ihrer willen hat das Gesetz für das Bewußtsein Wahrheit;
- daß der Stein fällt, ist ihm darum wahr, weil ihm der Stein _schwer_
- ist, das heißt, weil er in der Schwere _an und für sich selbst_ die
- wesentliche Beziehung _auf die Erde_ hat, die sich als Fall ausdrückt.
- Es hat also in der Erfahrung das Sein des Gesetzes, aber ebenso
- dasselbe als _Begriff_, und nur um _beider Umstände willen_ zusammen
- ist es ihm wahr; es gilt darum als Gesetz, weil es in der Erscheinung
- sich darstellt, und zugleich an sich selbst Begriff ist.
- Der Vernunftinstinkt dieses Bewußtseins geht, weil das Gesetz
- zugleich _an sich Begriff_ ist, notwendig, aber ohne zu wissen, daß
- er dies will, selbst darauf, das Gesetz und seine Momente zum
- _Begriffe zu reinigen_. Er stellt Versuche über das Gesetz an. Wie
- das Gesetz zuerst erscheint, stellt es sich unrein, umhüllt von
- einzelnem sinnlichem Sein, der Begriff, der seine Natur ausmacht, im
- empirischen Stoff versenkt dar. Der Vernunftinstinkt geht in seinen
- Versuchen darauf, zu finden, was unter diesen und jenen Umständen
- erfolge. Das Gesetz scheint hiedurch nur um so mehr in sinnliches
- Sein getaucht zu werden; allein dies geht darin vielmehr verloren.
- Diese Forschung hat die innere Bedeutung, _reine Bedingungen_ des
- Gesetzes zu finden; was nichts anderes sagen will, wenn auch das
- Bewußtsein, das sich so ausdrückt, meinen sollte, es sage damit etwas
- anderes, als das Gesetz ganz in die Gestalt des Begriffs zu erheben,
- und alle Gebundenheit _seiner Momente_ an _bestimmtes Sein zu tilgen_.
- Die negative Elektrizität, zum Beispiel, welche etwa zuerst als
- _Harz_elektrizität so wie die positive als _Glas_elektrizität sich
- ankündigt, verliert durch die Versuche ganz diese Bedeutung, und wird
- rein zur _positiven_ und _negativen_ Elektrizität, deren jede nicht
- einer besonderen Art von Dingen mehr angehört; und es hört auf,
- gesagt werden zu können, daß es Körper gibt, die positiv elektrisch,
- andere, die negativ elektrisch sind. So macht auch das Verhältnis
- von Säure und Base und deren Bewegung gegeneinander ein Gesetz aus,
- worin diese Gegensätze als Körper erscheinen. Allein diese
- abgesonderten Dinge haben keine Wirklichkeit; die Gewalt, welche sie
- auseinanderreißt, kann sie nicht hindern, sogleich in einen Prozeß
- wieder einzutreten; denn sie sind nur diese Beziehung. Sie können
- nicht wie ein Zahn oder eine Klaue für sich bleiben, und so
- aufgezeigt werden. Daß dies ihr Wesen ist, unmittelbar in ein
- neutrales Produkt überzugehen, macht ihr _Sein_ zu einem an sich
- aufgehobenen, oder zu einem allgemeinen, und Säure und Base haben
- Wahrheit nur als _Allgemeine_. Wie also Glas und Harz ebensowohl
- positiv als negativ elektrisch sein kann, so ist Säure und Base nicht
- als Eigenschaft an diese oder jene _Wirklichkeit_ gebunden, sondern
- jedes Ding ist nur _relativ_ sauer oder basisch; was dezidierte Base
- oder Säure zu sein scheint, erhält in den sogenannten Synsomatien die
- entgegengesetzte Bedeutung zu einem andern.--Das Resultat der
- Versuche hebt auf diese Weise die Momente oder Begeistungen als
- Eigenschaften der bestimmten Dinge auf, und befreit die Prädikate von
- ihren Subjekten. Diese Prädikate werden, wie sie in Wahrheit sind,
- nur als allgemeine gefunden; um dieser Selbstständigkeit willen
- erhalten sie daher den Namen von _Materien_, welche weder Körper noch
- Eigenschaften sind, und man hütet sich wohl, Sauerstoff u.s.f.
- positive und negative Elektrizität, Wärme u.s.w. Körper zu nennen.
- Die _Materie_ ist hingegen nicht ein _seiendes Ding_, sondern das
- Sein als _allgemeines_, oder in der Weise des Begriffs. Die Vernunft,
- welche noch Instinkt, macht diesen richtigen Unterschied ohne das
- Bewußtsein, daß sie, indem sie das Gesetz an allem sinnlichen Sein
- versucht, eben darin sein nur sinnliches Sein aufhebt, und, indem sie
- seine Momente als _Materien_ auffaßt, ihre Wesenheit ihm zum
- Allgemeinen geworden, und in diesem Ausdrucke als ein unsinnliches
- Sinnliches, als ein körperloses und doch gegenständliches Sein
- ausgesprochen ist.
- Es ist nun zu sehen, welche Wendung für ihn sein Resultat nimmt, und
- welche neue Gestalt seines Beobachtens damit auftritt. Als die
- Wahrheit dieses versuchenden Bewußtseins sehen wir das reine Gesetz,
- welches sich vom sinnlichen Sein befreit, wir sehen es als _Begriff_,
- der im sinnlichen Sein vorhanden, aber in ihm selbstständig und
- ungebunden sich bewegt, in es versenkt frei davon und _einfacher_
- Begriff ist. Dies, was in Wahrheit das _Resultat_ und _Wesen_ ist,
- tritt für dies Bewußtsein nun selbst, aber als _Gegenstand_ auf, und
- zwar indem er eben für es nicht _Resultat_ und ohne die Beziehung auf
- die vorhergehende Bewegung ist, als eine _besondere Art_ von
- Gegenstand, und sein Verhältnis zu diesem als ein anderes Beobachten.
- Solcher Gegenstand, welcher den Prozeß in der _Einfachheit_ des
- Begriffes an ihm hat, ist das _Organische_. Es ist diese absolute
- Flüssigkeit, worin die Bestimmtheit, durch welche es nur _für
- Anderes_ wäre, aufgelöst ist. Wenn das unorganische Ding die
- Bestimmtheit zu seinem Wesen hat, und deswegen nur mit einem andern
- Dinge zusammen die Vollständigkeit der Momente des Begriffs ausmacht,
- und daher in die Bewegung tretend verloren geht; so sind dagegen an
- dem organischen Wesen alle Bestimmtheiten, durch welche es für
- Anderes offen ist, unter die organische einfache Einheit gebunden; es
- tritt keine als wesentlich auf, welche sich frei auf Anderes bezöge;
- und das Organische erhält sich daher in seiner Beziehung selbst.
- Die _Seiten des Gesetzes_, auf dessen Beobachtung hier der
- Vernunftinstinkt geht, sind, wie aus dieser Bestimmung folgt,
- zunächst die _organische_ Natur und die _unorganische in_ ihrer
- Beziehung aufeinander. Diese letztere ist für die organische eben
- die ihrem _einfachen Begriffe_ entgegengesetzte Freiheit der
- _losgebundenen_ Bestimmtheiten, in welchen die individuelle Natur
- _zugleich aufgelöst_, und aus deren Kontinuität sie _zugleich_ sich
- absondert und _für sich_ ist. Luft, Wasser, Erde, Zonen und Klima
- sind solche allgemeine Elemente, die das unbestimmte einfache Wesen
- der Individualitäten ausmachen, und worin diese zugleich in sich
- reflektiert sind. Weder die Individualität ist schlechthin an und
- für sich noch das Elementarische, sondern in der selbstständigen
- Freiheit, in welcher sie für die Beobachtung gegeneinander auftreten,
- verhalten sie sich zugleich als _wesentliche Beziehungen_, aber so,
- daß die Selbstständigkeit und Gleichgültigkeit beider gegeneinander
- das Herrschende ist, und nur zum Teil in die Abstraktion übergeht.
- Hier ist also das Gesetz, als die Beziehung eines Elements auf die
- Bildung des Organischen vorhanden, welches das elementarische Sein
- einmal gegen sich über hat, und das andremal es an seiner organischen
- Reflexion darstellt. Allein solche _Gesetze_, daß die Tiere, welche
- der Luft angehören, von der Beschaffenheit der Vögel, welche dem
- Wasser, von der Beschaffenheit der Fische sind, nordische Tiere ein
- dickbehaartes Fell haben und so fort, zeigen sogleich eine Armut,
- welche der organischen Mannigfaltigkeit nicht entspricht. Außerdem
- daß die organische Freiheit diesen Bestimmungen ihre Formen wieder zu
- entziehen weiß, und notwendig allenthalben Ausnahmen solcher Gesetze
- oder Regeln, wie man sie nennen wollte, darbietet, so bleibt dies an
- denjenigen selbst, welche unter sie fallen, eine so oberflächliche
- Bestimmung, daß auch der Ausdruck ihrer Notwendigkeit nicht anders
- sein kann, und es nicht über den _großen Einfluß_ hinausbringt; wobei
- man nicht weiß, was diesem Einflusse eigentlich angehört, und was
- nicht. Dergleichen Beziehungen des organischen auf das
- elementarische sind daher in der Tat nicht _Gesetze_ zu nennen, denn
- teils erschöpft, wie erinnert, eine solche Beziehung, ihrem Inhalte
- nach, gar nicht den Umfang des Organischen, teils bleiben aber auch
- die Momente der Beziehung selbst gleichgültig gegeneinander, und
- drücken keine Notwendigkeit aus. Im Begriffe der Säure liegt der
- _Begriff_ der Base, wie im Begriffe der positiven die negative
- Elektrizität; aber so sehr auch das dickbehaarte Fell mit dem Norden,
- oder der Bau der Fische mit dem Wasser, der Bau der Vögel mit der
- Luft zusammen _angetroffen_ werden mag, so liegt im Begriffe des
- Nordens nicht der Begriff dicker Behaarung, des Meeres nicht der des
- Baues der Fische, der Luft nicht der des Baus der Vögel. Um dieser
- Freiheit beider Seiten gegeneinander willen _gibt_ es auch Landtiere,
- welche die wesentlichen Charaktere eines Vogels, des Fisches haben u.
- s.f. Die Notwendigkeit, weil sie als keine innere des Wesens
- begriffen werden kann, hört auch auf, sinnliches Dasein zu haben, und
- kann nicht mehr an der Wirklichkeit beobachtet werden, sondern ist
- aus ihr _herausgetreten._ So an dem realen Wesen selbst sich nicht
- findend, ist sie das, was teleologische Beziehung genannt wird, eine
- Beziehung, die den bezogenen _äußerlich_, und daher vielmehr das
- Gegenteil eines Gesetzes ist. Sie ist der von der notwendigen Natur
- ganz befreite Gedanke, welcher sie verläßt, und über ihr sich für
- sich bewegt.
- Wenn die vorhin berührte Beziehung des Organischen auf die
- elementarische Natur das Wesen desselben nicht ausdrückt, so ist es
- dagegen in dem _Zweckbegriffe_ enthalten. Diesem beobachtenden
- Bewußtsein zwar ist er nicht das eigne _Wesen_ des Organischen,
- sondern fällt ihm außer demselben, und ist dann nur jene äußerliche,
- _teleologische_ Beziehung. Allein wie vorhin das Organische bestimmt
- worden, ist es in der Tat der reale Zweck selbst; denn indem es
- _sich_ in der Beziehung auf Anderes _selbst erhält_, ist es eben
- dasjenige natürliche Wesen, in welchem die Natur sich in den Begriff
- reflektiert, und die an der Notwendigkeit auseinandergelegten Momente
- einer Ursache und einer Wirkung, eines Tätigen und eines Leidenden,
- in eins zusammengenommen; so daß hier etwas nicht nur als _Resultat_
- der Notwendigkeit auftritt; sondern, weil es in sich zurückgegangen
- ist, ist das Letzte oder das Resultat ebensowohl das _Erste_, welches
- die Bewegung anfängt, und sich der _Zweck_, den es verwirklicht. Das
- Organische bringt nicht etwas hervor, sondern _erhält sich nur_, oder
- das, was hervorgebracht wird, ist ebenso schon vorhanden, als es
- hervorgebracht wird.
- Diese Bestimmung ist, wie sie an sich und wie sie für den
- Vernunftinstinkt ist, näher zu erörtern, um zu sehen, wie er sich
- darin findet, sich aber in seinem Funde nicht erkennt. Der
- Zweckbegriff also, zu dem die beobachtende Vernunft sich erhebt, wie
- es ihr _bewußter Begriff_ ist, ist ebensosehr als ein _Wirkliches_
- vorhanden; und ist nicht nur eine _äußere Beziehung_ desselben,
- sondern sein _Wesen_. Dieses Wirkliche, welches selbst ein Zweck ist,
- bezieht sich zweckmäßig auf Anderes, heißt, seine Beziehung ist eine
- zufällige, _nach dem, was beide unmittelbar sind_; unmittelbar sind
- beide selbstständig, und gleichgültig gegeneinander. Das Wesen ihrer
- Beziehung aber ist ein anderes, als sie so zu sein scheinen, und ihr
- Tun hat einen andern Sinn, als es _unmittelbar_ für das sinnliche
- Wahrnehmen ist; die Notwendigkeit ist an dem, was geschieht,
- verborgen, und zeigt sich erst _am Ende_, aber so, daß eben dies Ende
- zeigt, daß sie auch das Erste gewesen ist. Das Ende aber zeigt diese
- Priorität seiner selbst dadurch, daß durch die Veränderung, welche
- das Tun vorgenommen hat, nichts anders herauskommt, als was schon war.
- Oder wenn wir vom Ersten anfangen, so geht dieses an seinem Ende
- oder in dem Resultate seines Tuns nur zu sich selbst zurück; und eben
- hiedurch erweist es sich, ein solches zu sein, welches _sich selbst_
- zu seinem Ende hat, also als Erstes schon zu sich zurückgekommen,
- oder _an und für sich selbst_ ist. Was es also durch die Bewegung
- seines Tuns erreicht, ist _es selbst_; und daß es nur sich selbst
- erreicht, ist sein _Selbstgefühl_. Es ist hiemit zwar der
- Unterschied dessen, _was es ist_, und _was es sucht_, vorhanden, aber
- dies ist nur der _Schein eines Unterschieds_, und hiedurch ist es
- Begriff an ihm selbst.
- Ebenso ist aber das _Selbstbewußtsein_ beschaffen, sich auf eine
- solche Weise von sich zu unterscheiden, worin zugleich kein
- Unterschied herauskommt. Es findet daher in der Beobachtung der
- organischen Natur nichts anders als dies Wesen, es findet sich als
- ein Ding, _als ein Leben_, macht aber noch einen Unterschied zwischen
- dem, was es selbst ist, und was es gefunden, der aber keiner ist.
- Wie der Instinkt des Tieres das Futter sucht und verzehrt, aber damit
- nichts anders herausbringt als sich, so findet auch der Instinkt der
- Vernunft in seinem Suchen nur sie selbst. Das Tier endigt mit dem
- Selbstgefühle. Der Vernunftinstinkt hingegen ist zugleich
- Selbstbewußtsein; aber weil er nur Instinkt ist, ist er gegen das
- Bewußtsein auf die Seite gestellt, und hat an ihm seinen Gegensatz.
- Seine Befriedigung ist daher durch diesen entzweit, er findet wohl
- sich selbst, nämlich den _Zweck_, und ebenso diesen Zweck als _Ding_.
- Aber der Zweck fällt ihm erstlich _außer dem Dinge_, welches sich
- als Zweck darstellt. Dieser Zweck als Zweck ist zweitens zugleich
- _gegenständlich_, er fällt ihm daher auch nicht in sich als
- Bewußtsein, sondern in einen andern Verstand.
- Näher betrachtet, so liegt diese Bestimmung ebensowohl in dem
- Begriffe des Dinges, daß es _Zweck an ihm selbst_ ist. Es nämlich
- erhält _sich_; d.h. zugleich, es ist seine Natur, die Notwendigkeit
- zu verbergen und in der Form _zufälliger_ Beziehung darzustellen;
- denn seine Freiheit oder _Für-sich-sein_ ist eben dieses, sich gegen
- sein Notwendiges als ein Gleichgültiges zu verhalten; es stellt sich
- also selbst als ein solches dar, dessen Begriff außer seinem Sein
- falle. Ebenso hat die Vernunft die Notwendigkeit, ihren eigenen
- Begriff als außer ihr fallend, hiemit als _Ding_ anzuschauen, als ein
- solches, gegen das sie, und das hiemit gegenseitig gegen sie und
- gegen seinen Begriff _gleichgültig_ ist. Als Instinkt bleibt sie
- auch innerhalb dieses _Seins_ oder der _Gleichgültigkeit_ stehen, und
- das Ding, welches den Begriff ausdrückt, bleibt ihm ein anderes als
- dieser Begriff, der Begriff ein anderes als das Ding. So ist das
- organische Ding für sie nur so _Zweck_ an ihm selbst, daß die
- Notwendigkeit, welche in seinem Tun als verborgen sich darstellt,
- indem das Tuende darin als ein gleichgültiges Fürsichseiendes sich
- verhält, außer dem Organischen selbst fällt.--Da aber das Organische
- als Zweck an ihm selbst sich nicht anders verhalten kann denn als ein
- solches, so ist auch dies erscheinend und sinnlich gegenwärtig, daß
- es Zweck an ihm selbst ist, und es wird so beobachtet. Das
- Organische zeigt sich als ein sich selbst _erhaltendes_ und in sich
- _zurückkehrendes_ und _zurückgekehrtes_. Aber in diesem Sein erkennt
- dies beobachtende Bewußtsein den Zweckbegriff nicht, oder dies nicht,
- daß der Zweckbegriff nicht sonst irgendwo in einem Verstande, sondern
- eben hier existiert, und als ein Ding ist. Es macht einen
- Unterschied zwischen dem Zweckbegriffe, und zwischen dem
- Für-sich-sein und Sich-selbst-erhalten, welcher keiner ist. Daß er
- keiner ist, ist nicht für es, sondern ein Tun, das zufällig und
- gleichgültig gegen das, was durch dasselbe zustande kommt, erscheint,
- und die Einheit, welche doch beides zusammenknüpft--jenes Tun und
- dieser Zweck fällt ihm auseinander.
- Was in dieser Ansicht dem Organischen selbst zukommt, ist das
- zwischen seinem Ersten und Letzten mitten inne liegende Tun, insofern
- es den Charakter der Einzelnheit an ihm hat. Das Tun aber, insofern
- es den Charakter der Allgemeinheit hat, und das Tuende demjenigen,
- was dadurch hervorgebracht wird, gleichgesetzt, das zweckmäßige Tun
- als solches, käme nicht ihm zu. Jenes einzelne Tun, das nur Mittel
- ist, tritt durch seine Einzelnheit unter die Bestimmung einer
- durchaus einzelnen oder zufälligen Notwendigkeit. Was das Organische
- zur Erhaltung seiner selbst als Individuums, oder seiner als Gattung
- tut, ist daher diesem unmittelbaren Inhalte nach ganz gesetzlos, denn
- das Allgemeine und der Begriff fällt außer ihm. Sein Tun wäre sonach
- die leere Wirksamkeit ohne Inhalt an ihr selbst; sie wäre nicht
- einmal die Wirksamkeit einer Maschine, denn diese hat einen Zweck,
- und ihre Wirksamkeit hiedurch einen bestimmten Inhalt. So verlassen
- von dem Allgemeinen würde sie Tätigkeit nur eines Seienden als
- _Seienden_, d.h. eine nicht zugleich in sich reflektierte sein, wie
- die einer Säure oder Base ist; eine Wirksamkeit, die von ihrem
- unmittelbaren Dasein sich nicht abtrennen, noch dieses, das in der
- Beziehung auf sein Entgegengesetztes verloren geht, aufgeben, sich
- aber erhalten könnte. Das Sein aber, dessen Wirksamkeit die hier
- betrachtete ist, ist gesetzt als ein in seiner Beziehung auf sein
- Entgegengesetztes _sich erhaltendes_ Ding; _die Tätigkeit_ als solche
- ist nichts als die reine wesenlose Form seines Für-sich-seins, und
- ihre Substanz, die nicht bloß bestimmtes Sein, sondern das Allgemeine
- ist, ihr _Zweck_ fällt nicht außer ihr; sie ist an ihr selbst in sich
- zurückgehende, nicht durch irgendein Fremdes in sich zurückgelenkte
- Tätigkeit.
- Diese Einheit der Allgemeinheit und der Tätigkeit ist aber darum
- nicht für dies _beobachtende_ Bewußtsein, weil jene Einheit
- wesentlich die innre Bewegung des Organischen ist, und nur als
- Begriff aufgefaßt werden kann; das Beobachten aber sucht die Momente
- in der Form des _Seins_ und _Bleibens_; und weil das organische Ganze
- wesentlich dies ist, so die Momente nicht an ihm zu haben und nicht
- an ihm finden zu lassen, verwandelt das Bewußtsein in seiner Ansicht
- den Gegensatz in einen solchen, als er ihr gemäß ist.
- Es entsteht ihm auf diese Weise das organische Wesen als eine
- Beziehung zweier _seiender_ und _fester_ Momente--eines Gegensatzes,
- dessen beide Seiten ihm also einesteils in der Beobachtung gegeben zu
- sein scheinen, andernteils ihrem Inhalte nach den Gegensatz des
- organischen _Zweckbegriffs_ und der _Wirklichkeit_ ausdrücken; weil
- aber der Begriff als solcher daran getilgt ist, auf eine dunkle und
- oberflächliche Weise, worin der Gedanke in das Vorstellen
- herabgesunken ist. So sehen wir den ersten ungefähr unter dem
- _Innern_, die andere unter dem _Äußern_ gemeint, und ihre Beziehung
- erzeugt das Gesetz, _daß das Äußere der Ausdruck des Innern ist_.
- Dies Innere mit seinem Entgegengesetzten und ihre Beziehung
- aufeinander näher betrachtet, ergibt sich, daß vors erste die beiden
- Seiten des Gesetzes nicht mehr wie bei frühern Gesetzen lauten, worin
- sie als selbstständige _Dinge_ jede als ein besonderer Körper
- erschienen, noch auch fürs andere so, daß das Allgemeine irgend sonst
- _außer dem Seienden_ seine Existenz haben sollte. Sondern das
- organische Wesen ist ungetrennt überhaupt zu Grunde gelegt, als
- Inhalt des Innern und Äußern, und für beide dasselbe; der Gegensatz
- ist dadurch nur noch ein rein formeller, dessen reale Seiten dasselbe
- _An-sich_ zu ihrem Wesen, zugleich aber, indem Inneres und Äußeres
- auch entgegengesetzte Realität und ein für das Beobachten
- verschiedenes _Sein_ sind, scheinen sie ihm jedes einen
- eigentümlichen Inhalt zu haben. Dieser eigentümliche Inhalt, da er
- dieselbe Substanz oder organische Einheit ist, kann aber in der Tat
- nur eine verschiedene Form derselben sein; und dies wird von dem
- beobachtenden Bewußtsein darin angedeutet, daß das Äußere nur
- _Ausdruck_ des Innern ist.--Dieselben Bestimmungen des Verhältnisses,
- nämlich die gleichgültige Selbstständigkeit der verschiedenen, und in
- ihr ihre Einheit, worin sie verschwinden, haben wir an dem
- Zweckbegriffe gesehen.
- Es ist nun zu sehen, welche _Gestalt_ das Innere und Äußere in seinem
- Sein hat. Das Innere als solches muß ebensosehr ein äußeres Sein und
- eine Gestalt haben, wie das Äußere als solches, denn es ist
- Gegenstand oder selbst als seiendes und für die Beobachtung vorhanden
- gesetzt.
- Die organische Substanz als _innere_ ist sie die _einfache Seele_,
- der reine _Zweckbegriff_ oder das _Allgemeine_, welches in seiner
- Teilung ebenso allgemeine Flüssigkeit bleibt, und daher in seinem
- _Sein_ als das _Tun_ oder die _Bewegung_ der _verschwindenden_
- Wirklichkeit erscheint; da hingegen das _Äußere_ entgegengesetzt
- jenem seienden Innern in dem _ruhenden Sein_ des Organischen besteht.
- Das Gesetz als die Beziehung jenes Innere auf dies Äußere drückt
- hiemit seinen Inhalt, einmal in der Darstellung allgemeiner _Momente_
- oder _einfacher Wesenheiten_, und das anderemal in der Darstellung
- der verwirklichten Wesenheit oder der _Gestalt_ aus. Jene ersten
- einfachen organischen _Eigenschaften_, um sie so zu nennen, sind
- _Sensibilität, Irritabilität_ und _Reproduktion_. Diese
- Eigenschaften, wenigstens die beiden ersten, scheinen sich zwar nicht
- auf den Organismus überhaupt, sondern nur auf den animalischen zu
- beziehen. Der vegetabilische drückt auch in der Tat nur den
- einfachen Begriff des Organismus aus, der seine Momente _nicht
- entwickelt_; daher wir uns in Ansehung ihrer, insofern sie für die
- Beobachtung sein sollen, an denjenigen halten müssen, der ihr
- entwickeltes Dasein darstellt.
- Was nun sie selbst betrifft, so ergeben sie sich unmittelbar aus dem
- Begriffe des Selbstzwecks. Denn die _Sensibilität_ drückt überhaupt
- den einfachen Begriff der organischen Reflexion in sich, oder die
- allgemeine Flüssigkeit desselben aus; die _Irritabilität_ aber die
- organische Elastizität, sich in der Reflexion zugleich _reagierend_
- zu verhalten, und die dem ersten ruhigen _In-sich-sein_
- entgegengesetzte Verwirklichung, worin jenes abstrakte Für-sich-sein
- ein _Sein für Anderes_ ist. Die _Reproduktion_ aber ist die Aktion
- dieses _ganzen_ in sich reflektierten Organismus, seine Tätigkeit als
- Zwecks an sich oder als _Gattung_, worin also das Individuum sich von
- sich selbst abstößt, entweder seine organischen Teile, oder das ganze
- Individuum erzeugend wiederholt. In der Bedeutung der
- _Selbsterhaltung überhaupt_ genommen drückt die Reproduktion den
- formalen Begriff des Organischen oder die Sensibilität aus; aber sie
- ist eigentlich der reale organische Begriff, oder das _Ganze_, das
- als Individuum entweder durch die Hervorbringung der einzelnen Teile
- seiner selbst oder als Gattung durch die Hervorbringung von
- Individuen in sich zurückkehrt.
- Die _andere Bedeutung_ dieser organischen Elemente, nämlich als des
- _Äußeren_, ist ihre _gestaltete_ Weise, nach welcher sie als
- _wirkliche_, aber zugleich auch als _allgemeine_ Teile oder
- organische _Systeme_ vorhanden sind; die Sensibilität etwa als
- Nervensystem, die Irritabilität als Muskelsystem, die Reproduktion
- als Eingeweide der Erhaltung des Individuums und der Gattung.
- Eigentümliche Gesetze des Organischen betreffen demnach ein
- Verhältnis der organischen Momente in ihrer gedoppelten Bedeutung,
- einmal ein _Teil_ der organischen _Gestaltung_, das andremal
- _allgemeine flüssige_ Bestimmtheit zu sein, welche durch alle jene
- Systeme hindurchgeht. In dem Ausdrucke eines solchen Gesetzes hätte
- also zum Beispiel eine bestimmte _Sensibilität_ als Moment des
- _ganzen_ Organismus ihren Ausdruck an einem bestimmt gebildeten
- Nervensystem, oder sie wäre auch mit einer bestimmten _Reproduktion_
- der organischen Teile des Individuums oder Fortpflanzung des ganzen
- verknüpft, und so fort.--Die beiden Seiten eines solchen Gesetzes
- können _beobachtet_ werden. Das _Äußere_ ist seinem Begriffe nach
- das _Sein für Anderes_; die Sensibilität hat z.B. in dem sensibeln
- _Systeme_ ihre unmittelbar verwirklichte Weise; und als _allgemeine
- Eigenschaft_ ist sie in ihren _Äußerungen_ ebenso ein
- gegenständliches. Die Seite, welche das _Innere_ heißt, hat ihre
- _eigene äußere_ Seite, die unterschieden ist von dem, was im Ganzen
- das _Äußere_ heißt.
- Die beiden Seiten eines organischen Gesetzes wären also zwar wohl zu
- beobachten, allein nicht Gesetze der Beziehung derselben; und die
- Beobachtung reicht nicht darum nicht zu, weil sie, _als Beobachtung_,
- zu kurzsichtig wäre, und nicht empirisch verfahren, sondern von der
- Idee ausgegangen werden sollte; denn solche Gesetze, wenn sie etwas
- Reelles wären, müßten in der Tat wirklich vorhanden, und also zu
- beobachten sein; sondern weil der Gedanke von Gesetzen dieser Art
- keine Wahrheit zu haben sich erweist.
- Es ergab sich für ein Gesetz das Verhältnis, daß die allgemeine
- organische _Eigenschaft_ an einem organischen _Systeme_ sich zum
- Dinge gemacht und an ihm seinen gestalteten Abdruck hätte, so daß
- beide dasselbe Wesen wären, das einmal als allgemeines Moment, das
- andremal als Ding vorhanden. Aber außerdem ist auch die Seite des
- Innern für sich ein Verhältnis mehrerer Seiten, und es bietet sich
- daher zuerst der Gedanke eines Gesetzes an, als eine Beziehung der
- allgemeinen organischen Tätigkeiten oder Eigenschaften aufeinander.
- Ob ein solches möglich ist, muß sich aus der Natur einer solchen
- Eigenschaft entscheiden. Sie ist aber, als eine allgemeine
- Flüssigkeit, teils nicht etwas, das nach der Weise eines Dinges
- beschränkt und in dem Unterschiede eines Daseins sich hält, das seine
- Gestalt ausmachen sollte, sondern die Sensibilität geht über das
- Nervensystem hinaus, und durch alle andere Systeme des Organismus
- hindurch--teils ist sie allgemeines _Moment_, das wesentlich
- ungeschieden und unzertrennlich von Reaktion oder Irritabilität und
- Reproduktion ist. Denn als Reflexion in sich hat sie schlechthin die
- Reaktion an ihr. Nur In-sich-reflektiert-sein ist Passivität, oder
- totes Sein, nicht eine Sensibilität, sowenig als Aktion, was dasselbe
- ist als Reaktion, ohne In-sich-reflektiert-sein Irritabilität ist.
- Die Reflexion in der Aktion oder Reaktion, und die Aktion oder
- Reaktion in der Reflexion ist gerade dies, dessen Einheit das
- Organische ausmacht, eine Einheit, welche mit der organischen
- Reproduktion gleichbedeutend ist. Es folgt hieraus, daß in jeder
- Weise der Wirklichkeit dieselbe _Größe_ der Sensibilität--indem wir
- zuerst das Verhältnis derselben und der Irritabilität zueinander
- betrachten--vorhanden sein muß als der Irritabilität, und daß eine
- organische Erscheinung ebensosehr nach der einen als nach der andern
- aufgefaßt und bestimmt, oder wie man will, erklärt werden kann.
- Dasselbe, was der eine etwa für hohe Sensibilität nimmt, kann ein
- anderer ebensogut für hohe Irritabilität, und Irritabilität von
- _derselben Höhe_ betrachten. Wenn sie _Faktoren_ genannt werden, und
- dies nicht ein bedeutungsloses Wort sein soll, so ist eben damit
- ausgesprochen, daß sie _Momente_ des Begriffs sind, also der reale
- Gegenstand, dessen Wesen dieser Begriff ausmacht, sie auf gleiche
- Weise an ihm hat, und wenn er auf die eine bestimmt wird, als sehr
- sensibel, er ebenso auf die andere, als ebensosehr irritabel
- auszusagen ist.
- Werden sie unterschieden, wie notwendig ist, so sind sie es dem
- Begriffe nach, und ihr Gegensatz ist _qualitativ_. Aber außer diesem
- wahren Unterschiede auch noch als seiend, und für die Vorstellung,
- wie sie Seiten des Gesetzes sein könnten, verschieden gesetzt, so
- erscheinen sie in _quantitativer_ Verschiedenheit. Ihr
- eigentümlicher qualitativer Gegensatz tritt somit in die _Größe_, und
- es entstehen Gesetze der Art, daß zum Beispiel Sensibilität und
- Irritabilität in umgekehrtem Verhältnisse ihrer Größe stehen, so daß
- wie die eine wächst, die andere abnimmt; oder besser gleich die Größe
- selbst zum Inhalte genommen, daß die Größe von etwas zunimmt, wie
- seine Kleinheit abnimmt.--Wird diesem Gesetze aber ein bestimmter
- Inhalt gegeben, etwa so, daß die Größe eines Loches _zunimmt,_ je
- mehr das _abnimmt_, was seine Erfüllung ausmacht, so kann dies
- umgekehrte Verhältnis ebenso in ein gerades verwandelt und
- ausgedrückt werden, daß die Größe des Loches in geradem Verhältnisse
- der Menge des weggenommenen _zunimmt_;--ein _tautologischer_ Satz, er
- mag als direktes oder umgekehrtes Verhältnis ausgedrückt werden, der
- in seinem eigentümlichen Ausdrucke nur dieses heißt, daß eine Größe
- zunimmt, wie diese Größe zunimmt. Wie das Loch und das, was es
- erfüllt und weggenommen wird, qualitativ entgegengesetzt, aber wie
- das Reale derselben und dessen bestimmte Größe in beiden ein und
- dasselbe, und ebenso Zunahme der Größe und Abnahme der Kleinheit
- dasselbe ist, und ihre bedeutungsleere Entgegensetzung in eine
- Tautologie hinausläuft, so sind die organischen Momente gleich
- unzertrennlich in ihrem Realen und in ihrer Größe, die die Größe
- desselben ist; eines nimmt nur mit dem andern ab und nimmt nur mit
- ihm zu, denn eines hat schlechthin nur Bedeutung, insoweit das andere
- vorhanden ist--oder vielmehr es ist gleichgültig, eine organische
- Erscheinung als Irritabilität oder als Sensibilität zu betrachten,
- schon überhaupt, und ebenso wenn von ihrer Größe gesprochen wird. So
- gleichgültig es ist, die Zunahme eines Lochs als Vermehrung seiner
- als der Leerheit oder als Vermehrung der herausgenommenen Fülle
- auszusprechen. Oder eine Zahl, z. B. _drei_, bleibt gleich groß,
- ich mag sie positiv oder negativ nehmen; und wenn ich die drei zu
- vier vergrößere, so ist das Positive wie das Negative zu vier
- geworden--wie der Südpol an einem Magnete gerade so stark ist als
- sein Nordpol, oder eine positive Elektrizität oder eine Säure gerade
- so stark als ihre negative oder als die Base, worauf sie einwirkt.
- --Ein solches Großes als jene drei, oder ein Magnet u.s.f. ist ein
- organisches _Dasein_; es ist dasjenige, das vermehrt und vermindert
- wird, und wenn es vermehrt wird, werden _beide_ Faktoren desselben
- vermehrt, so sehr als _beide_ Pole des Magnets, oder als die beiden
- Elektrizitäten, wenn ein Magnet u.s.f. verstärkt wird, zunehmen.--Daß
- beide ebensowenig nach _Intension_ und _Extension_ verschieden sein,
- das eine nicht an Extension ab-, dagegen an Intension zunehmen kann,
- während das andere umgekehrt seine Intension vermindern, dagegen an
- Extension zunehmen sollte, fällt unter denselben Begriff leerer
- Entgegensetzung; die reale Intension ist ebenso schlechthin so groß
- als die Extension, und umgekehrt.
- Es geht, wie erhellt, bei diesem Gesetzgeben eigentlich so zu, daß
- zuerst Irritabilität und Sensibilität den bestimmten organischen
- Gegensatz ausmacht; dieser Inhalt verliert sich aber, und der
- Gegensatz verläuft sich in den Formalen des Zu- und Abnehmens der
- Größe, oder der verschiedenen Intension und Extension--ein Gegensatz,
- der die Natur der Sensibilität und der Irritabilität weiter nichts
- mehr angeht, und sie nicht mehr ausdrückt. Daher solches leeres
- Spiel des Gesetzgebens nicht an die organischen Momente gebunden ist,
- sondern es kann allenthalben mit allem getrieben werden, und beruht
- überhaupt auf der Unbekanntschaft mit der logischen Natur dieser
- Gegensätze.
- Wird endlich statt der Sensibilität und Irritabilität die
- Reproduktion mit der einen oder der andern in Beziehung gebracht, so
- fällt auch die Veranlassung zu diesem Gesetzgeben hinweg; denn
- Reproduktion steht mit jenen Momenten nicht in einem Gegensatze, wie
- sie gegeneinander; und da auf ihm dies Gesetzgeben beruht, so fällt
- hier auch der Schein seines Stattfindens hinweg.
- Das soeben betrachtete Gesetzgeben enthält die Unterschiede des
- Organismus in ihrer Bedeutung von Momenten seines _Begriffs,_ und
- sollte eigentlich ein apriorisches Gesetzgeben sein. Es liegt aber
- in ihm selbst wesentlich dieser Gedanke, daß sie die Bedeutung von
- _Vorhandenen_ haben, und das bloß beobachtende Bewußtsein hat sich
- ohnehin nur an ihr Dasein zu halten. Die organische Wirklichkeit hat
- notwendig einen solchen Gegensatz an ihr, als ihr Begriff ausdrückt,
- und der als Irritabilität und Sensibilität bestimmt werden kann,
- sowie sie beide wieder von der Reproduktion verschieden erscheinen.
- --Die _Äußerlichkeit_, in der die Momente des organischen Begriffs
- hier betrachtet werden, ist die _eigne unmittelbare_ Äußerlichkeit
- des Innern, nicht das _Äußere_, welches Äußeres im Ganzen und
- _Gestalt_ ist, und mit welchem das Innre nachher in Beziehung zu
- betrachten ist.
- Aber den Gegensatz der Momente so aufgefaßt, wie er an dem Dasein ist,
- so sinken Sensibilität, Irritabilität, Reproduktion zu gemeinen
- _Eigenschaften_ herunter, die gegeneinander ebenso gleichgültige
- Allgemeinheiten sind als spezifische Schwere, Farbe, Härte, und so
- fort. In diesem Sinne kann wohl beobachtet werden, daß ein
- Organisches sensibler, oder irritabler, oder von größerer
- Reproduktionskraft sei als ein anderes--so wie daß die Sensibilität u.
- s.f. des einen der _Art_ nach von der eines andern verschieden sei,
- eins sich gegen bestimmte Reize anders verhalte als ein anderes, wie
- das Pferd anders gegen Hafer als gegen Heu, und der Hund wieder
- anders gegen beide, u.s.f., sosehr als beobachtet werden kann, daß
- ein Körper härter ist als ein anderer, und so fort.--Allein diese
- sinnlichen Eigenschaften, Härte, Farbe, und so fort, so wie die
- Erscheinungen der Reizempfänglichkeit für Hafer, der Irritabilität
- für Lasten, oder der Anzahl und Art, Junge zu gebären, aufeinander
- bezogen und miteinander verglichen, widerstreiten wesentlich einer
- Gesetzmäßigkeit. Denn die Bestimmtheit ihres _sinnlichen Seins_
- besteht eben darin, vollkommen gleichgültig gegeneinander zu
- existieren, und die des Begriffs entbundne Freiheit der Natur
- vielmehr darzustellen als die Einheit einer Beziehung, vielmehr ihr
- unvernünftiges Hin- und Herspielen auf der Leiter der zufälligen
- Größe zwischen den Momenten des Begriffs als diese selbst.
- Die _andere_ Seite, nach welcher die einfachen Momente des
- organischen Begriffs mit den Momenten der _Gestaltung_ verglichen
- werden, würde erst das eigentliche Gesetz geben, welches das wahre
- _Äußere_ als Abdruck des _Innern_ ausspräche.--Weil nun jene
- einfachen Momente durchdringende flüssige Eigenschaften sind, so
- haben sie an dem organischen Dinge nicht einen solchen
- ausgeschiedenen realen Ausdruck, wie das ist, was ein einzelnes
- System der Gestalt genannt wird. Oder wenn die abstrakte Idee des
- Organismus in jenen drei Momenten nur darum wahrhaft ausgedrückt ist,
- weil sie nichts Stehendes, sondern nur Momente des Begriffs und der
- Bewegung sind, so ist er dagegen als Gestaltung nicht in solchen drei
- bestimmten Systemen befaßt, wie die Anatomie sie auseinanderlegt.
- Insofern solche Systeme in ihrer Wirklichkeit gefunden, und durch
- dies Finden legitimiert werden sollen, muß auch erinnert werden, daß
- die Anatomie nicht nur drei dergleichen Systeme, sondern viel mehrere
- aufweist.--Alsdenn muß abgesehen hievon überhaupt das sensible
- _System_ etwas ganz anderes bedeuten als das, was _Nervensystem_
- genannt wird, so das irritable _System_ etwas anderes als das
- _Muskelsystem_, das reproduktive _System_ etwas anders als die
- _Eingeweide_ der Reproduktion. In den Systemen der _Gestalt_ als
- solcher ist der Organismus nach der abstrakten Seite der toten
- Existenz aufgefaßt; seine Momente so aufgenommen gehören der Anatomie
- und dem Kadaver, nicht der Erkenntnis und dem lebendigen Organismus
- an. Als solche Teile haben sie vielmehr aufgehört, _zu sein_, denn
- sie hören auf, Prozesse zu sein. Da das _Sein_ des Organismus
- wesentlich Allgemeinheit oder Reflexion in sich selbst ist, so kann
- das _Sein_ seines Ganzen wie seine Momente nicht in einem
- anatomischen Systeme bestehen, sondern der wirkliche Ausdruck und
- ihre Äußerlichkeit ist vielmehr nur als eine Bewegung vorhanden, die
- sich durch die verschiedenen Teile der Gestaltung verlauft, und worin
- das, was als einzelnes System herausgerissen und fixiert wird, sich
- wesentlich als fließendes Moment darstellt, so daß nicht jene
- Wirklichkeit, wie die Anatomie sie findet, als ihre Realität gelten
- darf, sondern nur sie als Prozeß, in welchem auch die anatomischen
- Teile allein einen Sinn haben.
- Es ergibt sich also, daß weder die Momente des organischen _Innern_
- für sich genommen Seiten eines Gesetzes des Seins abzugeben fähig
- sind; indem sie in einem solchen Gesetze von einem Dasein
- ausgesprochen, voneinander unterschieden, und nicht jede auf gleiche
- Weise anstatt der andern sollte genannt werden können; noch daß sie,
- auf die eine Seite gestellt, in der andern an einem festen Systeme
- ihre Realisierung haben; denn dies letztere ist so wenig etwas, das
- überhaupt organische Wahrheit hätte, als es der Ausdruck jener
- Momente des Innern ist. Das Wesentliche des Organischen, da es an
- sich das Allgemeine ist, ist vielmehr überhaupt, seine Momente in der
- Wirklichkeit ebenso allgemein, das heißt, als durchlaufende Prozesse
- zu haben, nicht aber an einem isolierten Dinge ein Bild des
- Allgemeinen zu geben.
- Auf diese Weise geht an dem Organischen die _Vorstellung_ eines
- _Gesetzes_ überhaupt verloren. Das Gesetz will den Gegensatz als
- ruhende Seiten auffassen und ausdrücken, und an ihnen die
- Bestimmtheit, welche ihre Beziehung aufeinander ist. Das _Innere_,
- welchem die erscheinende Allgemeinheit, und das _Äußere_, welchem die
- Teile der ruhenden Gestalt angehören, sollten die sich entsprechenden
- Seiten des Gesetzes ausmachen, verlieren aber so auseinandergehalten
- ihre organische Bedeutung; und der Vorstellung des Gesetzes liegt
- gerade dies zum Grunde, daß seine beiden Seiten ein für sich seiendes
- gleichgültiges Bestehen hätten, und an sie die Beziehung als eine
- gedoppelte sich entsprechende Bestimmtheit verteilt wäre. Jede Seite
- des Organischen ist vielmehr dies an ihr selbst, einfache
- Allgemeinheit, in welcher alle Bestimmungen aufgelöst sind, und die
- Bewegung dieses Auflösens zu sein.
- Die Einsicht in den Unterschied dieses Gesetzgebens gegen frühere
- Formen wird seine Natur vollends aufhellen.--Sehen wir nämlich zurück
- auf die Bewegung des Wahrnehmens und des darin sich in sich
- reflektierenden und seinen Gegenstand hiedurch bestimmenden
- Verstandes, so hat dieser dabei an seinem Gegenstande die _Beziehung_
- dieser abstrakten Bestimmungen, des Allgemeinen und Einzelnen, des
- Wesentlichen und des Äußerlichen, nicht vor sich, sondern ist selbst
- das Übergehen, dem dieses Übergehen nicht gegenständlich wird. Hier
- hingegen ist die organische Einheit, d.h. eben die Beziehung jener
- Gegensätze, und diese Beziehung ist reines Übergehen, selbst der
- _Gegenstand_. Dies Übergehen in seiner Einfachheit ist unmittelbar
- _Allgemeinheit_, und indem sie in den Unterschied tritt, dessen
- Beziehung das Gesetz ausdrücken soll, so sind seine Momente _als
- allgemeine_ Gegenstände dieses Bewußtseins, und das Gesetz lautet,
- daß das _Äußere_ Ausdruck des _Innern_ sei. Der Verstand hat hier
- _den Gedanken_ des Gesetzes selbst erfaßt, da er vorher nur überhaupt
- Gesetze suchte, und die Momente derselben ihm als ein bestimmter
- Inhalt, nicht als die Gedanken derselben vorschwebte.--In Ansehung
- des Inhalts sollen hiemit hier nicht solche Gesetze erhalten werden,
- welche nur ein ruhiges Aufnehmen rein _seiender_ Unterschiede in die
- Form der Allgemeinheit sind, sondern Gesetze, die unmittelbar an
- diesen Unterschieden auch die Unruhe des Begriffes, und damit
- zugleich die Notwendigkeit der Beziehung der Seiten haben. Allein
- weil eben der Gegenstand, die organische Einheit, das unendliche
- Aufheben oder die absolute Negation des Seins mit dem ruhigen Sein
- unmittelbar vereinigt, und die Momente wesentlich _reines Übergehen_
- sind, so ergeben sich keine solche _seiende_ Seiten, als für das
- Gesetz erfodert werden.
- Um solche zu erhalten, muß der Verstand sich an das andre Moment des
- organischen Verhältnisses halten; nämlich an das _Reflektiertsein_
- des organischen Daseins in sich selbst. Aber dieses Sein ist so
- vollkommen in sich reflektiert, daß ihm keine Bestimmtheit gegen
- anderes übrig bleibt. Das _unmittelbare_ sinnliche Sein ist
- unmittelbar mit der Bestimmtheit als solcher eins, und drückt daher
- einen qualitativen Unterschied an ihm aus; wie z. B. Blau gegen Rot,
- Saures gegen Alkalisches u.s.f. Aber das in sich zurückgekommene
- organische Sein ist vollkommen gleichgültig gegen anderes, sein
- Dasein ist die einfache Allgemeinheit, und verweigert dem Beobachten
- bleibende sinnliche Unterschiede, oder was dasselbe ist, zeigt seine
- wesentliche Bestimmtheit nur als den _Wechsel seiender_
- Bestimmtheiten. Wie sich daher der Unterschied als seiender
- ausdrückt, ist ebendies, daß er ein _gleichgültiger_ ist, d.h. als
- _Größe_. Hierin ist aber der Begriff getilgt, und die Notwendigkeit
- verschwunden.--Der Inhalt aber und Erfüllung dieses gleichgültigen
- Seins, der Wechsel der sinnlichen Bestimmungen, in die Einfachheit
- einer organischen Bestimmung zusammengenommen, drückt dann zugleich
- dies aus, daß er eben jene--der unmittelbaren
- Eigenschaft--Bestimmtheit nicht hat, und das Qualitative fällt allein
- in die Größe, wie wir oben gesehen.
- Ob also schon das Gegenständliche, das als organische Bestimmtheit
- aufgefaßt wird, den Begriff an ihm selbst hat, und sich hiedurch von
- dem unterscheidet, das für den Verstand ist, der sich als rein
- wahrnehmend bei dem Auffassen des Inhaltes seiner Gesetze verhält, so
- fällt jenes Auffassen doch ganz in das Prinzip und die Manier des
- bloß wahrnehmenden Verstandes darum zurück, weil das Aufgefaßte zu
- Momenten eines _Gesetzes_ gebraucht wird; denn hiedurch erhält es die
- Weise einer festen Bestimmtheit, die Form einer unmittelbaren
- Eigenschaft oder einer ruhenden Erscheinung, wird ferner in die
- Bestimmung der Größe aufgenommen, und die Natur des Begriffs ist
- unterdrückt.--Die Umtauschung eines bloß Wahrgenommenen gegen ein in
- sich Reflektiertes, einer bloß sinnlichen Bestimmtheit gegen eine
- organische verliert also wieder ihren Wert, und zwar dadurch, daß der
- Verstand das Gesetzgeben noch nicht aufgehoben hat.
- Um die Vergleichung in Ansehung dieses Umtausches an einigen
- Beispielen anzustellen, so wird etwa etwas, das für die Wahrnehmung
- ein Tier von starken Muskeln ist, als tierischer Organismus von hoher
- Irritabilität, oder was für die Wahrnehmung ein Zustand großer
- Schwäche ist, als Zustand hoher Sensibilität oder, wenn man lieber
- will, als eine innormale Affektion, und zwar eine Potenzierung
- derselben (Ausdrücke, welche das Sinnliche, statt in den Begriff, ins
- Lateinische--und zwar noch dazu in ein schlechtes--übersetzen)
- bestimmt. Daß das Tier starke Muskeln habe, kann vom Verstande auch
- so ausgedrückt werden, das Tier besitze eine große _Muskelkraft_--wie
- die große Schwäche als eine geringe _Kraft_. Die Bestimmung durch
- Irritabilität hat vor der Bestimmung als _Kraft_ voraus, daß diese
- die unbestimmte Reflexion in sich, jene aber die bestimmte ausdrückt,
- denn die _eigentümliche_ Kraft des Muskels ist eben
- Irritabilität--und vor der Bestimmung als _starke Muskeln_, daß wie
- schon in der Kraft die Reflexion in sich zugleich darin enthalten ist.
- So wie die Schwäche oder die geringe Kraft, die _organische
- Passivität_ bestimmt durch _Sensibilität_ ausgedrückt wird. Aber
- diese Sensibilität so für sich genommen und fixiert, und noch mit der
- Bestimmung der _Größe_ verbunden, und als größere oder geringere
- Sensibilität einer größern oder geringern Irritabilität
- entgegengesetzt, ist jede ganz in das sinnliche Element und zur
- gemeinen Form einer Eigenschaft herabgesetzt, und ihre Beziehung
- nicht der Begriff, sondern im Gegenteil die Größe, in welche nun der
- Gegensatz fällt, und ein gedankenloser Unterschied wird. Wenn hiebei
- zwar das Unbestimmte der Ausdrücke von _Kraft_ und _Stärke_ und
- _Schwäche_ entfernt wurde, so entsteht itzt das ebenso leere und
- unbestimmte Herumtreiben in den Gegensätzen einer höhern und niedern
- Sensibilität, Irritabilität in ihrem Aufund Absteigen an- und
- gegeneinander. Nicht weniger als Stärke und Schwäche ganz sinnliche
- gedankenlose Bestimmungen sind, ist die größere oder geringere
- Sensibilität, Irritabilität die gedankenlos aufgefaßte und ebenso
- ausgesprochene sinnliche Erscheinung. An die Stelle jener
- begriffslosen Ausdrücke ist nicht der Begriff getreten, sondern
- Stärke und Schwäche durch eine Bestimmung erfüllt worden, die für
- sich allein genommen auf dem Begriffe beruht und ihn zum Inhalte hat,
- aber diesen Ursprung und Charakter gänzlich verliert.--Durch die Form
- der Einfachheit und Unmittelbarkeit also, in welcher dieser Inhalt
- zur Seite eines Gesetzes gemacht wird, und durch die Größe, welche
- das Element des Unterschiedes solcher Bestimmungen ausmacht, behält
- das ursprünglich als Begriff seiende und gesetzte Wesen die Weise des
- sinnlichen Wahrnehmens, und bleibt von dem Erkennen so entfernt, als
- in der Bestimmung durch Stärke und Schwäche der Kraft, oder durch
- unmittelbare sinnliche Eigenschaften.
- Es ist itzt auch noch dasjenige _für sich allein_ zu betrachten übrig,
- was das _Äußere_ des Organischen ist, und wie an ihm der Gegensatz
- _seines_ Innern und Äußern sich bestimmt; so wie zuerst das _Innere_
- des Ganzen in der Beziehung auf sein _eignes_ Äußeres betrachtet
- wurde.
- Das _Äußere_ für sich betrachtet ist die _Gestaltung_ überhaupt, das
- System des sich im _Elemente_ des _Seins_ gliedernden Lebens, und
- wesentlich zugleich das Sein des organischen Wesens _für ein
- Anderes--_ gegenständliches Wesen in seinem _Für-sich-sein_.--Dies
- _Andere_ erscheint zunächst als seine äußere unorganische Natur.
- Diese beiden in Beziehung auf ein Gesetz betrachtet, kann, wie wir
- oben sahen, die unorganische Natur nicht die Seite eines Gesetzes
- gegen das organische Wesen ausmachen, weil dieses zugleich
- schlechthin für sich ist, und eine allgemeine und freie Beziehung auf
- sie hat.
- Das Verhältnis dieser beiden Seiten aber an der organischen Gestalt
- selbst näher bestimmt, so ist sie also nach einer Seite gegen die
- unorganische Natur gekehrt, auf der andern aber _für sich_ und in
- sich reflektiert. Das _wirkliche_ organische Wesen ist die Mitte,
- welche das _Für-sich-sein_ des Lebens mit dem _Äußern_ überhaupt oder
- dem _An-sich-sein_ zusammenschließt.--Das Extrem des Für-sich-seins
- ist aber das Innere als unendliches Eins, welches die Momente der
- Gestalt selbst aus ihrem Bestehen und dem Zusammenhange mit dem
- Äußern in sich zurücknimmt, das inhaltslose, das an der Gestalt sich
- seinen Inhalt gibt, und an ihr als ihr Prozeß erscheint. In diesem
- Extreme als einfacher Negativität oder _reiner Einzelnheit_ hat das
- Organische seine absolute Freiheit, wodurch es gegen das Sein für
- anderes und gegen die Bestimmtheit der Momente der Gestalt
- gleichgültig und gesichert ist. Diese Freiheit ist zugleich Freiheit
- der Momente selbst, sie ist ihre Möglichkeit, als _daseiende_ zu
- erscheinen und aufgefaßt zu werden, und wie gegen Äußeres sind sie
- darin auch gegeneinander befreit und gleichgültig, denn die
- _Einfachheit_ dieser Freiheit ist das _Sein_ oder ihre einfache
- Substanz. Dieser Begriff oder reine Freiheit ist ein und dasselbe
- Leben, die Gestalt oder das Sein für anderes mag in noch so
- mannigfaltigem Spiele umherschweifen; es ist diesem Strome des Lebens
- gleichgültig, welcher Art die Mühlen sind, die er treibt.--Vors erste
- ist nun zu bemerken, daß dieser Begriff hier nicht wie vorhin bei der
- Betrachtung des eigentlichen Innern in seiner Form des _Prozesses_
- oder der Entwicklung seiner Momente aufzufassen ist, sondern in
- seiner _Form_ als _einfaches Innres_, welches die rein allgemeine
- Seite gegen das _wirkliche_ lebendige Wesen ausmacht, oder als das
- _Element_ des _Bestehens_ der seienden Glieder der Gestalt; denn
- diese betrachten wir hier, und an ihr ist das Wesen des Lebens als
- die Einfachheit des Bestehens. Alsdenn ist das _Sein für Anderes_
- oder die Bestimmtheit der wirklichen Gestaltung in diese einfache
- Allgemeinheit aufgenommen, die ihr Wesen ist, eine ebenso einfache
- allgemeine unsinnliche Bestimmtheit, und kann nur die sein, welche
- als _Zahl_ ausgedrückt ist. Sie ist die Mitte der Gestalt, welche
- das unbestimmte Leben mit dem wirklichen verknüpft, einfach wie jenes,
- und bestimmt wie dieses. Was an jenem, dem _Innern_, als Zahl wäre,
- müßte das Äußere nach seiner Weise als die vielförmige Wirklichkeit,
- Lebensart, Farbe und so fort ausdrücken, überhaupt als die ganze
- Menge der Unterschiede, welche in der Erscheinung sich entwickeln.
- Die beiden Seiten des organischen Ganzen--die eine das _Innere_, die
- andere aber das _Äußere_, so daß jede wieder an ihr selbst ein
- Inneres und Äußeres hat--nach ihrem beiderseitigen Innern verglichen,
- so war das Innere der ersten der Begriff, als die Unruhe der
- _Abstraktion_; die zweite aber hat zu dem ihrigen die ruhende
- Allgemeinheit, und darin auch die ruhende Bestimmtheit, die Zahl.
- Wenn daher jene, weil in ihr der Begriff seine Momente entwickelt,
- durch den Schein von Notwendigkeit der Beziehung täuschend Gesetze
- verhieß, so tut diese sogleich Verzicht darauf, indem sich die Zahl
- als die Bestimmung der einen Seite ihrer Gesetze zeigt. Denn die
- Zahl ist eben die gänzlich ruhende, tote und gleichgültige
- Bestimmtheit, an welcher alle Bewegung und Beziehung erloschen ist,
- und welche die Brücke zu dem lebendigen der Triebe, der Lebensart und
- dem sonstigen sinnlichen Dasein abgebrochen hat.
- Diese Betrachtung der _Gestalt_ des Organischen als solcher und des
- Innern als eines Innern bloß der Gestalt ist aber in der Tat nicht
- mehr eine Betrachtung des Organischen. Denn die beiden Seiten, die
- bezogen werden sollten, sind nur gleichgültig gegeneinander gesetzt,
- und dadurch die Reflexion in sich, welche das Wesen des Organischen
- ausmacht, aufgehoben. Sondern es wird hier vielmehr auf die
- unorganische Natur die versuchte Vergleichung des Innern und Äußern
- übergetragen; der unendliche Begriff ist hier nur das _Wesen_, das
- inwendig verborgen, oder außen in das Selbstbewußtsein fällt, und
- nicht mehr, wie am Organischen, seine gegenständliche Gegenwart hat.
- Diese Beziehung des Innern und Äußern ist also noch in ihrer
- eigentlichen Sphäre zu betrachten.
- Zuerst ist jenes Innere der Gestalt als die einfache Einzelnheit
- eines unorganischen Dinges, die _spezifische Schwere_. Sie kann als
- einfaches Sein ebensowohl wie die Bestimmtheit der Zahl, deren sie
- allein fähig ist, beobachtet oder eigentlich durch Vergleichung von
- Beobachtungen gefunden werden, und scheint auf diese Weise die eine
- Seite des Gesetzes zu geben. Gestalt, Farbe, Härte, Zähigkeit und
- eine unzählige Menge anderer Eigenschaften würden zusammen die
- _äußere_ Seite ausmachen, und die Bestimmtheit des Innern, die Zahl,
- auszudrücken haben, so daß das eine am andern sein Gegenbild hätte.
- Weil nun die Negativität hier nicht als Bewegung des Prozesses,
- sondern als _beruhigte_ Einheit oder _einfaches Für-sich-sein_
- aufgefaßt ist, so erscheint sie vielmehr als dasjenige, wodurch das
- Ding sich dem Prozesse widersetzt, und sich in sich und als
- gleichgültig gegen ihn erhält. Dadurch aber, daß dies einfache
- Für-sich-sein eine ruhige Gleichgültigkeit gegen Anderes ist, tritt
- die spezifische Schwere als eine _Eigenschaft neben_ andere; und
- damit hört alle notwendige Beziehung ihrer auf diese Vielheit, oder
- alle Gesetzmäßigkeit auf.--Die spezifische Schwere als dies einfache
- Innere hat nicht den Unterschied _an ihr selbst_, oder sie hat nur
- den unwesentlichen; denn eben ihre _reine Einfachheit_ hebt alle
- wesentliche Unterscheidung auf. Dieser unwesentliche Unterschied,
- _die Größe_, müßte also an der andern Seite, welche die Vielheit der
- Eigenschaften ist, sein Gegenbild oder das _Andere_ haben, indem er
- dadurch überhaupt erst Unterschied ist. Wenn diese Vielheit selbst
- in die Einfachheit des Gegensatzes zusammengefaßt, und etwa als
- _Kohäsion_ bestimmt wird, so daß diese das _Für-sich--im Anders-sein_,
- wie die spezifische Schwere das _reine Für-sich-sein_ ist, so ist
- diese Kohäsion zuerst diese reine im Begriffe gesetzte Bestimmtheit
- gegen jene Bestimmtheit, und die Manier des Gesetzgebens wäre die,
- welche oben bei der Beziehung der Sensibilität auf die Irritabilität
- betrachtet worden.--Alsdenn ist sie ferner als _Begriff_ des
- Für-sich-seins im Anderssein nur die _Abstraktion_ der Seite, die der
- spezifischen Schwere gegenübersteht, und hat als solche keine
- Existenz. Denn das Für-sich-sein im Anderssein ist der Prozeß, worin
- das unorganische sein Für-sich-sein als eine _Selbsterhaltung_
- auszudrücken hätte, welche es dagegen bewahrte, aus dem Prozesse als
- Moment eines Produkts herauszutreten. Allein dies eben ist gegen
- seine Natur, welche nicht den Zweck oder Allgemeinheit an ihr selbst
- hat. Sein Prozeß ist vielmehr nur das bestimmte Verhalten, wie sein
- Für-sich-sein, seine spezifische Schwere sich _aufhebt_. Dies
- bestimmte Verhalten, worin seine Kohäsion in ihrem wahren Begriffe
- bestehen würde, aber selbst und die bestimmte Größe seiner
- spezifischen Schwere sind ganz gleichgültige Begriffe gegeneinander.
- Wenn die Art des Verhaltens ganz außer acht gelassen und auf die
- Vorstellung der Größe eingeschränkt wurde, so könnte etwa diese
- Bestimmung gedacht werden, daß das größere spezifische Gewicht, als
- ein höheres In-sich-sein, dem Eingehen in den Prozeß mehr widerstände
- als das geringere. Allein umgekehrt bewährt die Freiheit des
- Für-sich-seins sich nur in der Leichtigkeit, mit allem sich
- einzulassen und sich in dieser Mannigfaltigkeit zu erhalten. Jene
- Intensität ohne Extension der Beziehungen ist eine gehaltlose
- Abstraktion, denn die Extension macht das _Dasein_ der Intensität aus.
- Die Selbsterhaltung aber des Unorganischen in seiner Beziehung
- fällt, wie erinnert, außer der Natur derselben, da es das Prinzip der
- Bewegung nicht an ihm selbst hat, oder da sein Sein nicht die
- absolute Negativität und Begriff ist.
- Diese andre Seite des Unorganischen dagegen nicht als Prozeß, sondern
- als ruhendes Sein betrachtet, so ist sie die gemeine Kohäsion, eine
- _einfache_ sinnliche Eigenschaft auf die Seite getreten gegen das
- freigelassene Moment des _Anderssein_, welches in vielen
- gleichgültigen Eigenschaften auseinanderliegt, und unter diese selbst,
- wie die spezifische Schwere, tritt; die Menge der Eigenschaften
- zusammen macht dann die andre Seite zu dieser aus. An ihr aber, wie
- an den andern ist _die Zahl_ die einzige Bestimmtheit, welche eine
- Beziehung und Übergang dieser Eigenschaften zueinander nicht nur
- nicht ausdrückt, sondern eben wesentlich dies ist, keine notwendige
- Beziehung zu haben, sondern die Vertilgung aller Gesetzmäßigkeit
- darzustellen, denn sie ist der Ausdruck der Bestimmtheit als einer
- _unwesentlichen_. So daß also eine Reihe von Körpern, welche den
- Unterschied als Zahlenunterschied ihrer spezifischen Schweren
- ausdrückt, durchaus nicht einer Reihe des Unterschieds der andern
- Eigenschaften parallel geht, wenn auch, um die Sache zu erleichtern,
- von ihnen nur eine einzelne oder etliche genommen werden. Denn in
- der Tat könnte es nur das ganze Konvolut derselben sein, was in
- dieser Parallele die andere Seite auszumachen hätte. Dieses in sich
- zu ordnen und zu einem Ganzen zu verbinden, sind die
- Größenbestimmtheiten dieser vielerlei Eigenschaften für die
- Beobachtung einerseits vorhanden, andererseits aber treten ihre
- Unterschiede als qualitativ ein. Was nun in diesem Haufen als
- positiv oder negativ bezeichnet werden müßte und sich gegenseitig
- aufhöbe, überhaupt die innre Figuration und Exposition der Formel,
- die sehr zusammengesetzt sein würde, gehörte dem Begriffe an, welcher
- eben in der Weise, wie die Eigenschaften als _seiende_ daliegen und
- aufgenommen werden sollen, ausgeschlossen ist; in diesem Sein zeigt
- keine den Charakter eines Negativen gegen die andere, sondern die
- eine _ist_ so gut als die andere, noch deutet sie sonst ihre Stelle
- in der Anordnung des Ganzen an.--Bei einer Reihe, die in parallelen
- Unterschieden fortläuft--das Verhältnis möchte als auf beiden Seiten
- zugleich steigend, oder nur auf der einen und auf der andern
- abnehmend gemeint werden--, ist es nur um den _letzten_ einfachen
- Ausdruck dieses zusammengefaßten Ganzen zu tun, welches die eine
- Seite des Gesetzes gegen die spezifische Schwere ausmachen sollte;
- aber diese eine Seite, als _seiendes Resultat_, ist eben nichts
- anders, als was schon erwähnt worden, nämlich einzelne Eigenschaft,
- wie etwa auch die gemeine Kohäsion, neben welcher die andern, und
- darunter auch die spezifische Schwere, gleichgültig vorhanden sind,
- und jede andre mit dem gleichen Rechte, d.h. mit dem gleichen
- Unrechte zum Repräsentanten der ganzen andern Seite gewählt werden
- kann; eine wie die andre wurde das Wesen nur repräsentieren, auf
- deutsch: _vorstellen_, aber nicht die Sache selbst sein. So daß der
- Versuch, Körper-Reihen zu finden, welche an der einfachen Parallele
- zweier Seiten fortliefen, und die wesentliche Natur der Körper nach
- einem Gesetze dieser Seiten ausdrückten, für einen Gedanken genommen
- werden muß, welcher seine Aufgabe und die Mittel, wodurch sie
- ausgeführt werden sollte, nicht kennt.
- Es wurde vorhin die Beziehung des Äußern und Innern an der Gestalt,
- welche der Beobachtung sich darstellen soll, sogleich zu der Sphäre
- des Unorganischen herübergenommen; die Bestimmung, welche sie hieher
- zieht, kann itzt näher angegeben werden, und es ergibt sich von da
- noch eine andere Form und Beziehung dieses Verhältnisses. Bei dem
- Organischen nämlich fällt überhaupt das hinweg, was bei dem
- Unorganischen die Möglichkeit einer solchen Vergleichung des Innern
- und Äußern darzubieten scheint. Das unorganische Innere ist ein
- einfaches Inneres, das für die Wahrnehmung als _seiende_ Eigenschaft
- sich darbietet; seine Bestimmtheit ist daher wesentlich die Größe,
- und es erscheint als seiende Eigenschaft gleichgültig gegen das
- Äußere oder die vielen andern sinnlichen Eigenschaften. Das
- Für-sich-sein des Organisch-Lebendigen aber tritt nicht so auf die
- Seite gegen sein Äußeres, sondern hat das Prinzip des _Andersseins_
- an ihm selbst. Bestimmen wir das Für-sich-sein als _einfache sich
- erhaltende Beziehung auf sich selbst_, so ist sein Anderssein die
- einfache _Negativität_, und die organische Einheit ist die Einheit
- des sichselbstgleichen Sich-auf-sich-beziehens und der reinen
- Negativität. Diese Einheit ist als Einheit das Innere des
- Organischen; dies ist hiedurch an sich allgemein, oder es ist
- _Gattung_. Die Freiheit der Gattung gegen ihre Wirklichkeit aber ist
- eine andere als die Freiheit der spezifischen _Schwere_ gegen die
- Gestalt. Die der letztern ist eine _seiende_ Freiheit, oder daß sie
- als besondere Eigenschaft auf die Seite tritt. Aber weil sie
- _seiende_ Freiheit ist, ist sie auch nur _Eine Bestimmtheit_, welche
- dieser Gestalt _wesentlich_ angehört, oder wodurch diese _als Wesen_
- ein bestimmtes ist. Die Freiheit der Gattung aber ist eine
- allgemeine, und gleichgültig gegen diese Gestalt oder gegen ihre
- Wirklichkeit. Die _Bestimmtheit_, welche dem _Für-sich-sein_ des
- Unorganischen _als solchem_ zukommt, tritt daher an dem Organischen
- _unter sein_ Für-sich-sein; wie sie an dem Unorganischen nur unter
- das _Sein_ desselben tritt; ob sie daher schon an diesem zugleich nur
- als _Eigenschaft_ ist, so fällt ihr doch die Würde des _Wesens_ zu,
- weil sie als das einfache Negative dem Dasein als dem Sein für
- anderes gegenübersteht; und dies einfache Negative ist in seiner
- letzten einzelnen Bestimmtheit eine Zahl. Das Organische aber ist
- eine Einzelnheit, welche selbst reine Negativität und daher die fixe
- Bestimmtheit der Zahl, welche dem _gleichgültigen Sein_ zukommt, in
- sich vertilgt. Insofern es das Moment des gleichgültigen Seins und
- darin der Zahl an ihm hat, kann sie daher nur als ein Spiel an ihm,
- nicht aber als das Wesen seiner Lebendigkeit genommen werden.
- Wenn nun aber schon die reine Negativität, das Prinzip des Prozesses,
- nicht außer dem Organischen fällt, und es sie also nicht als eine
- Bestimmtheit in seinem _Wesen_ hat, sondern die Einzelnheit selbst an
- sich allgemein ist, so ist doch diese reine Einzelnheit nicht in
- ihren Momenten als selbst _abstrakten_ oder _allgemeinen_ an ihm
- entwickelt und wirklich. Sondern dieser Ausdruck tritt außer jener
- Allgemeinheit, welche in die _Innerlichkeit_ zurückfällt, und
- zwischen die Wirklichkeit oder Gestalt, d.h. die sich entwickelnde
- Einzelnheit und zwischen das organische Allgemeine, oder die Gattung,
- das _bestimmte_ Allgemeine, die _Art_. Die Existenz, zu welcher die
- Negativität des Allgemeinen oder der Gattung gelangt, ist nur die
- entwickelte Bewegung eines Prozesses, welcher sich an _den Teilen der
- seienden Gestalt_ verläuft. Hätte die Gattung an ihr als ruhender
- Einfachheit die unterschiedenen Teile, und wäre somit ihre _einfache
- Negativität_ als solche zugleich Bewegung, welche sich durch ebenso
- einfache, unmittelbar an ihnen allgemeine Teile verliefe, die als
- solche Momente hier wirklich wären, so wäre die organische Gattung
- Bewußtsein. So aber ist die _einfache Bestimmtheit_, als
- Bestimmtheit der Art, an ihr auf eine geistlose Weise vorhanden; die
- Wirklichkeit fängt von ihr an, oder was in die Wirklichkeit tritt,
- ist nicht die Gattung als solche, d.h. überhaupt nicht der Gedanke.
- Diese als wirkliches Organisches ist nur durch einen Repräsentanten
- vertreten. Dieser aber, die Zahl, welche den Übergang aus der
- Gattung in die individuelle Gestaltung zu bezeichnen und der
- Beobachtung die beiden Seiten der Notwendigkeit, einmal als einfache
- Bestimmtheit, das anderemal sie als entwickelte zur Mannigfaltigkeit
- herausgeborne Gestalt zu geben scheint, bezeichnet vielmehr die
- Gleichgültigkeit und Freiheit des Allgemeinen und Einzelnen
- gegeneinander, das von der Gattung dem wesenlosen Unterschiede der
- Größe preisgegeben wird, selbst aber als Lebendiges von diesem
- Unterschiede sich ebenso frei erweist. Die wahre Allgemeinheit, wie
- sie bestimmt worden, ist hier nur _innres Wesen_; als _Bestimmtheit
- der_ Art ist sie formale Allgemeinheit, und dieser gegenüber tritt
- jene wahre Allgemeinheit auf die Seite der Einzelnheit, die dadurch
- eine lebendige ist, und sich durch ihr _Inneres über ihre
- Bestimmtheit als Art_ hinwegsetzt. Aber diese Einzelnheit ist nicht
- zugleich allgemeines Individuum, d.h. an dem die Allgemeinheit ebenso
- äußere Wirklichkeit hätte, sondern dies fällt außer dem
- Organisch-Lebendigen. Dieses _allgemeine_ Individuum aber, wie es
- _unmittelbar_ das Individuum der natürlichen Gestaltungen ist, ist
- nicht das Bewußtsein selbst; sein Dasein als _*einzelnes* organisches
- lebendiges Individuum_ müßte nicht außer ihm fallen, wenn es dieses
- sein sollte.
- Wir sehen daher einen Schluß, worin das eine Extrem das _allgemeine
- Leben als allgemeines_ oder als Gattung, das andre Extrem aber
- _dasselbe als Einzelnes_ oder als allgemeines Individuum ist; die
- Mitte aber ist aus beiden zusammengesetzt, das erste scheint in sie
- sich als _bestimmte_ Allgemeinheit oder als _Art_, das andre aber als
- _eigentliche_ oder einzelne _Einzelnheit_ zu schicken.--Und da dieser
- Schluß überhaupt der Seite der _Gestaltung_ angehört, so ist unter
- ihm ebenso dasjenige begriffen, was als unorganische Natur
- unterschieden wird.
- Indem nun das allgemeine Leben als _das einfache Wesen der Gattung_
- von seiner Seite die Unterschiede des Begriffs entwickelt, und sie
- als eine Reihe der einfachen Bestimmtheiten darstellen muß, so ist
- diese ein System gleichgültig gesetzter Unterschiede, oder _eine
- Zahlreihe_. Wenn vorhin das Organische in der Form der Einzelnheit
- diesem wesenlosen Unterschiede gegenübergesetzt wurde, der ihre
- lebendige Natur nicht ausdrückt und enthält--und wenn in Ansehung des
- Unorganischen nach seinem ganzen in der Menge seiner Eigenschaften
- entwickelten Dasein ebendies gesagt werden muß--, so ist es itzt das
- allgemeine Individuum, welches nicht nur als frei von jeder
- Gliederung der Gattung, sondern auch als ihre Macht zu betrachten ist.
- Die Gattung, welche sich in Arten nach der _allgemeinen
- Bestimmtheit_ der Zahl zerlegt, oder auch einzelne Bestimmtheiten
- ihres Daseins, z. B. die Figur, Farbe u.s.f. zu ihrem
- Einteilungsgrunde nehmen mag, erleidet in diesem ruhigen Geschäfte
- Gewalt von der Seite des allgemeinen Individuums, _der Erde_, welches
- als die allgemeine Negativität, die Unterschiede, wie sie dieselben
- an sich hat und deren Natur um der Substanz willen, der sie angehören,
- eine andere ist als die Natur jener, gegen das Systematisieren der
- Gattung geltend macht. Dieses Tun der Gattung wird zu einem ganz
- eingeschränkten Geschäfte, das sie nur innerhalb jener mächtigen
- Elemente treiben darf, und das durch die zügellose Gewalt derselben
- allenthalben unterbrochen, lückenhaft und verkümmert wird.
- Es folgt hieraus, daß der Beobachtung an dem gestalteten Dasein nur
- die Vernunft _als Leben überhaupt_ werden kann, welches aber in
- seinem Unterscheiden keine vernünftige Reihung und Gegliederung an
- sich selbst wirklich hat, und nicht ein in sich gegründetes System
- der Gestalten ist.--Wenn im Schlusse der organischen Gestaltung die
- Mitte, worein die Art und ihre Wirklichkeit als einzelne
- Individualität fällt, an ihr selbst die Extreme der innern
- Allgemeinheit und der allgemeinen Individualität hätte, so würde
- diese Mitte an _der Bewegung_ ihrer Wirklichkeit den Ausdruck und die
- Natur der Allgemeinheit haben, und die sich selbst systematisierende
- Entwicklung sein. So hat das _Bewußtsein_, zwischen dem allgemeinen
- Geiste und zwischen seiner Einzelnheit oder dem sinnlichen Bewußtsein,
- zur Mitte das System der Gestaltungen des Bewußtseins, als ein zum
- Ganzen sich ordnendes Leben des Geistes--das System, das hier
- betrachtet wird, und welches als Weltgeschichte sein gegenständliches
- Dasein hat. Aber die organische Natur hat keine Geschichte; sie
- fällt von ihrem Allgemeinen, dem Leben, unmittelbar in die
- Einzelnheit des Daseins herunter, und die in dieser Wirklichkeit
- vereinigten Momente der einfachen Bestimmtheit und der einzelnen
- Lebendigkeit bringen das Werden nur als die zufällige Bewegung hervor,
- worin jedes an seinem Teile tätig ist und das Ganze erhalten wird,
- aber diese Regsamkeit ist _für sich_ selbst nur auf ihren Punkt
- beschränkt, weil das Ganze nicht in ihm vorhanden ist, und dies ist
- nicht darin vorhanden, weil es nicht als Ganzes hier _für sich_ ist.
- Außerdem also, daß die beobachtende Vernunft in der organischen Natur
- nur zur Anschauung ihrer selbst als allgemeines Leben überhaupt kommt,
- wird ihr die Anschauung seiner Entwicklung und Realisierung nur nach
- ganz allgemein unterschiedenen Systemen, deren Bestimmung, ihr Wesen
- nicht in dem Organischen als solchem, sondern in dem allgemeinen
- Individuum liegt; und _unter_ diesen Unterschieden der Erde nach
- Reihungen, welche die Gattung versucht.
- Indem also in seiner Wirklichkeit die _Allgemeinheit des organischen
- Lebens_ sich, ohne die wahrhafte fürsichseiende Vermittlung,
- unmittelbar in das Extrem _der Einzelnheit_ herunterfallen läßt, so
- hat das beobachtende Bewußtsein nur das _Meinen_ als Ding vor sich;
- und wenn die Vernunft das müßige Interesse haben kann, dieses Meinen
- zu beobachten, ist sie auf das Beschreiben und Hererzählen von
- Meinungen und Einfällen der Natur beschränkt. Diese geistlose
- Freiheit des Meinens wird zwar allenthalben Anfänge von Gesetzen,
- Spuren von Notwendigkeit, Anspielungen auf Ordnung und Reihung,
- witzige und scheinbare Beziehungen darbieten. Aber die Beobachtung
- kommt in der Beziehung des Organischen auf die seienden Unterschiede
- des Unorganischen, die Elemente, Zonen und Klimate, in Ansehung des
- Gesetzes und der Notwendigkeit nicht über den _großen Einfluß_ hinaus.
- So auf der andern Seite, wo die Individualität nicht die Bedeutung
- der Erde, sondern des dem organischen Leben _immanenten Eins_ hat,
- dies aber mit dem Allgemeinen in unmittelbarer Einheit zwar die
- Gattung ausmacht, aber deren einfache Einheit ebendarum nur als Zahl
- sich bestimmt, und daher die qualitative Erscheinung freiläßt,--kann
- es die Beobachtung nicht über _artige Bemerkungen, interessante
- Beziehungen, freundliches Entgegenkommen dem Begriffe_ hinausbringen.
- Aber die artigen _Bemerkungen_ sind kein _Wissen der Notwendigkeit_,
- die _interessanten Beziehungen_ bleiben bei dem _Interesse_ stehen,
- das Interesse ist aber nur noch die Meinung von der Vernunft; und die
- _Freundlichkeit_ des Individuellen, mit der es an einen Begriff
- anspielt, ist eine kindliche Freundlichkeit, welche kindisch ist,
- wenn sie an und für sich etwas gelten will oder soll.
- b. Die Beobachtung des Selbstbewußtseinsin seiner Reinheit und
- seiner Beziehung auf äußre Wirklichkeit;logische und psychologische
- Gesetze
- Die Naturbeobachtung findet den Begriff in der unorganischen Natur
- realisiert. Gesetze, deren Momente Dinge sind, welche sich zugleich
- als Abstraktionen verhalten; aber dieser Begriff ist nicht eine in
- sich reflektierte Einfachheit. Das Leben der organischen Natur ist
- dagegen nur diese in sich reflektierte Einfachheit, der Gegensatz
- seiner selbst, als des Allgemeinen und des Einzelnen, tritt nicht im
- Wesen dieses Lebens selbst auseinander; das Wesen ist nicht die
- Gattung, welche in ihrem unterschiedslosen Elemente sich trennte und
- bewegte, und in ihrer Entgegensetzung für sich selbst zugleich
- ununterschieden wäre. Die Beobachtung findet diesen freien Begriff,
- dessen Allgemeinheit die entwickelte Einzelnheit ebenso absolut in
- ihr selbst hat, nur in dem als Begriff existierenden Begriffe selbst,
- oder in dem Selbstbewußtsein.
- Indem sie sich nun in sich selbst kehrt, und auf den als freien
- Begriff wirklichen Begriff richtet, findet sie zuerst die _Gesetze
- des Denkens_. Diese Einzelnheit, welche das Denken an ihm selbst ist,
- ist die abstrakte, ganz in die Einfachheit zurückgenommene Bewegung
- des Negativen, und die Gesetze sind außerhalb der Realität.--Sie
- haben keine _Realität_, heißt überhaupt nichts anders, als sie sind
- ohne Wahrheit. Sie sollen auch zwar nicht _ganze_, aber doch
- _formelle_ Wahrheit sein. Allein das rein Formelle ohne Realität ist
- das Gedankending, oder die leere Abstraktion ohne die Entzweiung an
- ihr, welche nichts anders als der Inhalt wäre.--Auf der andern Seite
- aber, indem sie Gesetze des reinen Denkens sind, dieses aber das an
- sich Allgemeine, und also ein Wissen ist, welches unmittelbar das
- Sein und darin alle Realität an ihm hat, sind diese Gesetze absolute
- Begriffe und ungetrennt die Wesenheiten der Form wie der Dinge. Da
- die sich in sich bewegende Allgemeinheit der _entzweite_ einfache
- Begriff ist, hat er auf diese Weise _Inhalt_ an sich, und einen
- solchen, welcher aller Inhalt, nur nicht ein sinnliches Sein ist. Es
- ist ein Inhalt, der weder im Widerspruche mit der Form noch überhaupt
- von ihr getrennt, sondern vielmehr wesentlich sie selbst ist, denn
- diese ist nichts anderes als das in seine reinen Momente sich
- trennende Allgemeine.
- Wie aber diese Form oder Inhalt _für die Beobachtung_ als Beobachtung
- ist, erhält sie die Bestimmung eines _gefundenen_, gegebenen, d.i.
- _nur seienden_ Inhalts. Er wird _ruhiges Sein_ von Beziehungen, eine
- Menge abgesonderter Notwendigkeiten, die als ein _fester_ Inhalt an
- und für sich, _in ihrer Bestimmtheit_, Wahrheit haben sollen, und so
- in der Tat der Form entzogen sind.--Diese absolute Wahrheit fixer
- Bestimmtheiten oder vieler verschiedener Gesetze widerspricht aber
- der Einheit des Selbstbewußtseins, oder des Denkens und der Form
- überhaupt. Was für festes an sich bleibendes Gesetz ausgesagt wird,
- kann nur ein Moment der sich in sich reflektierenden Einheit sein,
- nur als eine verschwindende Größe auftreten. Aus diesem
- Zusammenhange der Bewegung aber von der Betrachtung herausgerissen
- und einzeln hingestellt, fehlt ihnen nicht der Inhalt, denn sie haben
- vielmehr einen bestimmten Inhalt, sondern sie entbehren vielmehr der
- Form, welche ihr Wesen ist. In der Tat nicht darum, weil sie nur
- formell sein und keinen Inhalt haben sollen, sondern vielmehr aus dem
- entgegengesetzten Grunde, weil sie in ihrer Bestimmtheit, oder eben
- _als ein Inhalt_, dem die Form genommen ist, für etwas Absolutes
- gelten sollen, sind diese Gesetze nicht die Wahrheit des Denkens. In
- ihrer Wahrheit, als in der Einheit des Denkens verschwindende Momente,
- müßten sie als Wissen, oder denkende Bewegung, nicht aber als
- _Gesetze_ des Wissens genommen werden. Das Beobachten aber ist nicht
- das Wissen selbst, und kennt es nicht, sondern verkehrt seine Natur
- in die Gestalt des _Seins_, d.h. faßt seine Negativität nur als
- _Gesetze_ desselben auf.--Es ist hier hinreichend, die Ungültigkeit
- der sogenannten Denkgesetze aus der allgemeinen Natur der Sache
- aufgezeigt zu haben. Die nähere Entwicklung gehört in die
- spekulative Philosophie, worin sie sich als dasjenige zeigen, was sie
- in Wahrheit sind, nämlich einzelne verschwindende Momente, deren
- Wahrheit nur das Ganze der denkenden Bewegung, das Wissen selbst ist.
- Diese negative Einheit des Denkens ist für sich selbst, oder vielmehr
- sie ist das _Für-sich-selbst-sein_, das Prinzip der Individualität,
- und in seiner Realität _tuendes Bewußtsein_. Zu ihm als der Realität
- jener Gesetze wird daher das beobachtende Bewußtsein durch die Natur
- der Sache fortgeführt. Indem dieser Zusammenhang nicht für es ist,
- so meint es, das Denken in seinen Gesetzen bleibe ihm auf der einen
- Seite stehen, und auf der andern Seite erhalte es ein anderes Sein an
- dem, was ihm itzt Gegenstand ist, nämlich das tuende Bewußtsein,
- welches so für sich ist, daß es das Anderssein aufhebt, und in dieser
- Anschauung seiner selbst als des Negativen seine Wirklichkeit hat.
- Es eröffnet sich also für die _Beobachtung_ ein _neues Feld_ an der
- _handelnden Wirklichkeit des Bewußtseins_. Die Psychologie enthält
- die Menge von Gesetzen, nach welchen der Geist gegen die
- verschiedenen Weisen seiner Wirklichkeit, als eines _vorgefundenen
- Andersseins_, sich verschieden verhält; teils diese in sich zu
- empfangen, und den vorgefundenen Gewohnheiten, Sitten und Denkungsart,
- als worin er sich als Wirklichkeit Gegenstand ist, _gemäß zu werden_,
- --teils gegen sie sich selbsttätig zu wissen, mit Neigung und
- Leidenschaft nur Besonderes daraus für sich herauszugreifen, und das
- Gegenständliche _sich gemäß zu machen_; dort sich gegen sich selbst
- als Einzelnheit, hier gegen sich als allgemeines Sein negativ zu
- verhalten.--Die Selbstständigkeit gibt dem Vorgefundenen nach der
- ersten Seite nur die _Form_ bewußter Individualität überhaupt, und
- bleibt in Ansehung des Inhalts innerhalb der vorgefundenen
- allgemeinen Wirklichkeit stehen; nach der andern Seite aber gibt sie
- ihr wenigstens eine eigentümliche Modifikation, die ihrem
- wesentlichen Inhalte nicht widerspricht, oder auch eine solche,
- wodurch das Individuum als besondere Wirklichkeit und eigentümlicher
- Inhalt sich ihr entgegensetzt--und zum Verbrechen wird, indem es sie
- auf eine nur einzelne Weise aufhebt, oder indem es dies auf eine
- allgemeine Weise und damit für alle tut, eine andere Welt, anderes
- Recht, Gesetz und Sitten an die Stelle der vorhandenen bringt.
- Die beobachtende Psychologie, welche zuerst ihre Wahrnehmungen von
- den _allgemeinen Weisen_, die ihr an dem tätigen Bewußtsein vorkommen,
- ausspricht, findet mancherlei Vermögen, Neigungen und Leidenschaften,
- und indem sich die Erinnerung an die Einheit des Selbstbewußtseins
- bei der Hererzählung dieser Kollektion nicht unterdrücken läßt, muß
- sie wenigstens bis zur Verwunderung fortgehen, daß in dem Geiste, wie
- in einem Sacke, so vielerlei und solche heterogene einander zufällige
- Dinge beisammen sein können, besonders auch da sie sich nicht als
- tote ruhende Dinge, sondern als unruhige Bewegungen zeigen.
- In der Hererzählung dieser verschiedenen Vermögen ist die Beobachtung
- in der allgemeinen Seite; die Einheit dieser vielfachen Fähigkeiten
- ist die dieser Allgemeinheit entgegengesetzte Seite, die _wirkliche_
- Individualität.--Die unterschiednen wirklichen Individualitäten
- wieder so aufzufassen und zu erzählen, daß der eine Mensch mehr
- Neigung zu diesem, der andere mehr zu jenem, der eine mehr Verstand
- als der andere habe, hat aber etwas viel Uninteressanteres, als
- selbst die Arten von Insekten, Moosen, und so fort, aufzuzählen; denn
- diese geben der Beobachtung das Recht, sie so einzeln und begrifflos
- zu nehmen, weil sie wesentlich dem Elemente der zufälligen
- Vereinzelung angehören. Die bewußte Individualität hingegen geistlos
- als _einzelne_ seiende Erscheinung zu nehmen, hat das Widersprechende,
- daß ihr Wesen das Allgemeine des Geistes ist. Indem aber das
- Auffassen sie zugleich in die Form der Allgemeinheit eintreten läßt,
- findet es _ihr Gesetz_, und scheint itzt einen vernünftigen Zweck zu
- haben, und ein notwendiges Geschäfte zu treiben.
- Die Momente, die den Inhalt des Gesetzes ausmachen, sind einerseits
- die Individualität selbst, anderseits ihre allgemeine unorganische
- Natur, nämlich die vorgefundenen Umstände, Lage, Gewohnheiten, Sitten,
- Religion, und so weiter; aus diesen ist die bestimmte Individualität
- zu begreifen. Sie enthalten Bestimmtes ebensowohl als Allgemeines,
- und sind zugleich _Vorhandenes_, das sich der Beobachtung darbietet,
- und sich an der andern Seite in der Form der Individualität ausdrückt.
- Das Gesetz dieses Verhältnisses der beiden Seiten müßte nun dies
- enthalten, was diese bestimmten Umstände für eine Wirkung und Einfluß
- auf die Individualität ausüben. Diese Individualität aber ist gerade
- dies, _ebensowohl_ das _Allgemeine_ zu sein, und daher auf eine
- ruhige unmittelbare Weise mit dem _vorhandenen_ Allgemeinen, den
- Sitten, Gewohnheiten u.s.f. zusammenzufließen und ihnen gemäß zu
- werden, _als_ sich entgegengesetzt gegen sie zu verhalten, und sie
- vielmehr zu verkehren,--sowie gegen sie in ihrer Einzelnheit ganz
- gleichgültig sich zu verhalten, sie nicht auf sich einwirken zu
- lassen, und nicht gegen sie tätig zu sein. _Was_ auf die
- Individualität Einfluß und _welchen_ Einfluß es haben soll--was
- eigentlich gleichbedeutend ist--, hängt darum nur von der
- Individualität selbst ab; _dadurch_ ist diese Individualität _diese
- bestimmte geworden_, heißt nichts anders, als _sie ist dies schon
- gewesen_. Umstände, Lage, Sitten und so fort, welche einerseits
- gezeigt werden als _vorhanden_, und anderseits _in dieser bestimmten
- Individualität_, drücken nur das unbestimmte Wesen derselben aus, um
- welches es nicht zu tun ist. Wenn diese Umstände, Denkungsart,
- Sitten, Weltzustand überhaupt nicht gewesen wäre, so wäre allerdings
- das Individuum nicht geworden, was es ist; denn diese allgemeine
- Substanz sind alle, welche in diesem Weltzustande sich befinden.--Wie
- er sich aber in _diesem_ Individuum--und ein solches soll begriffen
- werden--partikularisiert hat, so müßte er sich an und für sich selbst
- partikularisiert, und in dieser Bestimmtheit, welche er sich gegeben,
- auf ein Individuum eingewirkt haben; nur so hätte er es zu diesem
- bestimmten gemacht, das es ist. Wenn das Äußere sich an und für sich
- so beschaffen hat, wie es an der Individualität erscheint, wäre diese
- aus jenem begriffen. Wir hätten eine gedoppelte Galerie von Bildern,
- deren eine der Widerschein der andern wäre; die eine die Galerie der
- völligen Bestimmtheit und Umgrenzung äußerer Umstände, die andere
- dieselbe übersetzt in die Weise, wie Sie in dem bewußten Wesen sind;
- jene die Kugelfläche, dieses der Mittelpunkt, welcher sie in sich
- vorstellt.
- Aber die Kugelfläche, die Welt des Individuums, hat unmittelbar die
- zweideutige Bedeutung, _an und für sich seiende Welt_ und _Lage, und
- Welt des Individuums entweder_ insofern zu sein, als dieses mit ihr
- nur zusammengeflossen wäre, sie so, wie sie ist, in sich hineingehen
- lassen, und gegen sie sich nur als formelles Bewußtsein verhalten
- hätte;--_oder_ aber Welt des Individuums so zu sein, wie das
- Vorhandene von ihm _verkehrt_ worden ist.--Da um dieser Freiheit
- willen die Wirklichkeit dieser gedoppelten Bedeutung fähig ist, so
- ist die Welt des Individuums nur aus diesem selbst zu begreifen, und
- der _Einfluß_ der Wirklichkeit, welche als an und für sich _seiend_
- vorgestellt wird, auf das Individuum erhält durch dieses absolut den
- entgegengesetzten Sinn, daß es entweder den Strom der einfließenden
- Wirklichkeit an ihm _gewähren_ läßt, oder daß es ihn abbricht und
- verkehrt. Hiedurch aber wird die _psychologische Notwendigkeit_ ein
- so leeres Wort, daß von dem, was diesen Einfluß soll gehabt haben,
- die absolute Möglichkeit vorhanden ist, daß es ihn auch hätte nicht
- haben können.
- Es fällt hiemit das _Sein_ hinweg, welches _an und für sich_ wäre,
- und die eine, und zwar die allgemeine Seite eines Gesetzes ausmachen
- sollte. Die Individualität ist, was _ihre_ Welt als die _ihrige_ ist;
- sie selbst ist der Kreis ihres Tuns, worin sie sich als Wirklichkeit
- dargestellt hat, und schlechthin nur Einheit des _vorhandenen_ und
- des _gemachten Seins_; eine Einheit, deren Seiten nicht, wie in der
- Vorstellung des psychologischen Gesetzes als _an sich_ vorhandne Welt
- und als _für sich_ seiende Individualität auseinanderfallen; oder
- wenn sie so jede für sich betrachtet wird, so ist keine Notwendigkeit
- und Gesetz ihrer Beziehung füreinander vorhanden.
- c. Beobachtungder Beziehung des Selbstbewußtseinsauf seine
- unmittelbare Wirklichkeit;Physiognomik und Schädellehre
- Die psychologische Beobachtung findet kein Gesetz des Verhältnisses
- des Selbstbewußtseins zu der Wirklichkeit oder der ihm
- entgegengesetzten Welt, und ist durch die Gleichgültigkeit beider
- gegeneinander auf die _eigentümliche Bestimmtheit_ der realen
- Individualität zurückgetrieben, welche _an_ und _für sich_ selbst ist,
- oder den Gegensatz des _Für-sich_-seins und des _An-sich_-seins in
- ihrer absoluten Vermittlung getilgt enthält. Sie ist der Gegenstand,
- der itzt der Beobachtung geworden, oder zu dem sie übergeht.
- Das Individuum ist an und für sich selbst: es ist _für sich_ oder es
- ist ein freies Tun; es ist aber auch _an sich_; oder es selbst hat
- ein _ursprüngliches_ bestimmtes _Sein_--eine Bestimmtheit, welche dem
- Begriffe nach dasselbe ist, was die Psychologie außer ihm finden
- wollte. _An ihm selbst_ tritt also der Gegensatz hervor, dies
- Gedoppelte, Bewegung des Bewußtseins und das feste Sein einer
- erscheinenden Wirklichkeit zu sein, einer solchen, welche an ihm
- unmittelbar _die seinige_ ist. Dies _Sein_, der _Leib_ der
- bestimmten Individualität, ist die _Ursprünglichkeit_ derselben, ihr
- Nicht-getan-haben. Aber indem das Individuum zugleich nur ist, was
- es getan hat, so ist sein Leib auch der von ihm _hervorgebrachte_
- Ausdruck seiner selbst; zugleich ein _Zeichen_, welches nicht
- unmittelbare Sache geblieben, sondern woran es nur zu erkennen gibt,
- was es in dem Sinne _ist_, daß es seine ursprüngliche Natur ins Werk
- richtet.
- Betrachten wir die hier vorhandenen Momente in Beziehung auf die
- vorhergehende Ansicht, so ist hier eine allgemeine menschliche
- Gestalt, oder wenigstens die allgemeine eines Klimas, Weltteils,
- eines Volks, wie vorhin dieselben allgemeinen Sitten und Bildung.
- Hiezu kommen die besondern Umstände und Lage innerhalb der
- allgemeinen Wirklichkeit; hier ist diese besondere Wirklichkeit als
- besondere Formation der Gestalt des Individuums.--Auf der andern
- Seite, wie vorhin das freie Tun des Individuums und die Wirklichkeit
- als die _seinige_ gegen die vorhandne gesetzt war, steht hier die
- Gestalt, als Ausdruck _seiner_ durch es selbst gesetzten
- Verwirklichung, die Züge und Formen seines selbsttätigen Wesens.
- Aber die sowohl allgemeine als besondere Wirklichkeit, welche die
- Beobachtung vorhin außer dem Individuum vorfand, ist hier die
- Wirklichkeit desselben, sein angeborner Leib, und in eben diesen
- fällt der Ausdruck, der seinem Tun angehört. In der psychologischen
- Betrachtung sollte die an und für sich seiende Wirklichkeit und die
- bestimmte Individualität aufeinander bezogen werden; hier aber ist
- die _ganze_ bestimmte _Individualität_ Gegenstand der Beobachtung;
- und jede Seite seines Gegensatzes ist selbst dies Ganze. Zu dem
- äußern Ganzen gehört also nicht nur das _ursprüngliche Sein_, der
- angeborne Leib, sondern ebenso die Formation desselben, die der
- Tätigkeit des Innern angehört; er ist Einheit des ungebildeten und
- des gebildeten Seins, und die von dem Für-sich-sein durchdrungne
- Wirklichkeit des Individuums. Dieses Ganze, welches die bestimmten
- ursprünglichen festen Teile und die Züge, die allein durch das Tun
- entstehen, in sich faßt, _ist_, und dies _Sein_ ist _Ausdruck_ des
- Innern, des als Bewußtsein und Bewegung gesetzten Individuums.--Dies
- _Innre_ ist ebenso nicht mehr die formelle, inhaltlose oder
- unbestimmte Selbsttätigkeit, deren Inhalt und Bestimmtheit, wie
- vorhin, in den äußern Umständen läge, sondern es ist ein an sich
- bestimmter ursprünglicher Charakter, dessen Form nur die Tätigkeit
- ist. Zwischen diesen beiden Seiten also wird hier das Verhältnis
- betrachtet, wie es zu bestimmen, und was unter diesem _Ausdrucke_ des
- Innern im Äußern zu verstehen ist.
- Dies Äußere macht zuerst nur als _Organ_ das Innere sichtbar oder
- überhaupt zu einem Sein für Anderes; denn das Innere, insofern es in
- dem Organe ist, ist es die _Tätigkeit_ selbst. Der sprechende Mund,
- die arbeitende Hand, wenn man will auch noch die Beine dazu, sind die
- verwirklichenden und vollbringenden Organe, welche das Tun _als Tun_,
- oder das Innre als solches an ihnen haben; die Äußerlichkeit aber,
- welche es durch sie gewinnt, ist die Tat, als eine von dem Individuum
- abgetrennte Wirklichkeit. Sprache und Arbeit sind Äußerungen, worin
- das Individuum nicht mehr an ihm selbst sich behält und besitzt,
- sondern das Innre ganz außer sich kommen läßt, und dasselbe Anderem
- preisgibt. Man kann darum ebensosehr sagen, daß diese Äußerungen das
- Innere zu sehr, als daß sie es zu wenig ausdrücken; _zu sehr_--weil
- das Innere selbst in ihnen ausbricht, bleibt kein Gegensatz zwischen
- ihnen und diesem; sie geben nicht nur einen _Ausdruck_ des Innern,
- sondern es selbst unmittelbar; _zu wenig_--weil das Innere in Sprache
- und Handlung sich zu einem Andern macht, so gibt es sich damit dem
- Elemente der Verwandlung preis, welches das gesprochene Wort und die
- vollbrachte Tat verkehrt, und etwas anders daraus macht, als sie an
- und für sich als Handlungen dieses bestimmten Individuums sind.
- Nicht nur verlieren die Werke der Handlungen durch diese
- Äußerlichkeit von dem Einwirken anderer den Charakter, etwas
- Bleibendes gegen andere Individualitäten zu sein; sondern indem sie
- sich zum Innern, das sie enthalten, als abgesondertes, gleichgültiges
- Äußeres verhalten, können sie als Innres _durch das Individuum_
- selbst ein anders sein, als sie erscheinen,--entweder daß es sie mit
- Absicht für die Erscheinung zu etwas anderem macht, als sie in
- Wahrheit sind, oder daß es zu ungeschickt ist, sich die Außenseite zu
- geben, die es eigentlich wollte, und sie so zu befestigen, daß ihm
- von andern sein Werk nicht verkehrt werden kann. Das Tun also, als
- vollbrachtes Werk, hat die doppelte entgegengesetzte Bedeutung,
- entweder die _innere_ Individualität und _nicht_ ihr _Ausdruck_, oder
- als Äußeres eine von dem Innern _freie_ Wirklichkeit zu sein, welche
- ganz etwas anderes ist als jenes.--Um dieser Zweideutigkeit willen
- müssen wir uns nach dem Innern umsehen, wie es _noch_, aber sichtbar
- oder äußerlich _an dem Individuum selbst ist_. Im Organe aber ist es
- nur als unmittelbares Tun selbst, das seine Äußerlichkeit an der Tat
- erlangt, die entweder das Innre vorstellt oder auch nicht. Das Organ
- nach diesem Gegensatze betrachtet gewährt also nicht den Ausdruck,
- der gesucht wird.
- Wenn nun die äußere Gestalt nur, insofern sie nicht Organ oder nicht
- _Tun_, hiemit als _ruhendes_ Ganzes ist, die innre Individualität
- ausdrücken könnte, so verhielte sie sich also als ein bestehendes
- Ding, welches das Innre als ein Fremdes in sein passives Dasein ruhig
- empfinge, und hiedurch das _Zeichen_ desselben würde,--ein äußerer,
- zufälliger Ausdruck, dessen _wirkliche_ Seite für sich bedeutungslos,
- eine Sprache, deren Töne und Tonverbindungen nicht die Sache selbst,
- sondern durch die freie Willkür mit ihr verknüpft und zufällig für
- sie sind.
- Eine solche willkürliche Verbindung von solchen, die ein Äußeres
- füreinander sind, gibt kein Gesetz. Die Physiognomik soll sich aber
- von andern schlechten Künsten und heillosen Studien dadurch
- unterscheiden, daß sie die bestimmte Individualität in dem
- _notwendigen_ Gegensatze eines Innern und Äußern, des Charakters als
- bewußten Wesens und ebendesselben als seiender Gestalt betrachtet,
- und diese Momente so aufeinander bezieht, wie sie durch ihren Begriff
- aufeinander bezogen sind, und daher den Inhalt eines Gesetzes
- ausmachen müssen. In der Astrologie, Chiromantie und dergleichen
- Wissenschaften hingegen scheint nur Äußeres auf Äußeres, irgend etwas
- auf ein ihm Fremdes bezogen zu sein. _Diese_ Konstellation bei der
- Geburt, und wenn dies Äußere näher auf den Leib selbst gerückt wird,
- _diese_ Züge der Hand sind _äußere_ Momente für das lange oder kurze
- Leben und das Schicksal des einzelnen Menschen überhaupt. Als
- Äußerlichkeiten verhalten sie sich gleichgültig zueinander und haben
- nicht die Notwendigkeit füreinander, welche in der Beziehung eines
- _Äußern_ und _Innern_ liegen soll.
- Die Hand freilich scheint nicht so sehr etwas Äußeres für das
- Schicksal zu sein, sondern vielmehr als Inneres zu ihm sich zu
- verhalten. Denn das Schicksal ist auch wieder nur die Erscheinung
- dessen, was die bestimmte Individualität _an sich_ als innre
- ursprüngliche Bestimmtheit ist.--Zu wissen nun, was sie an sich ist,
- dazu kommt der Chiromante wie auch der Physiognomiker auf eine
- kürzere Weise als zum Beispiel Solon, der erst aus und nach dem
- Verlaufe des ganzen Lebens dies wissen zu können erachtete; er
- betrachtete die Erscheinung, jene aber das _An-sich_. Daß aber die
- Hand das _An-sich_ der Individualität in Ansehung ihres Schicksals
- darstellen muß, ist leicht daraus zu sehen, daß sie nächst dem Organ
- der Sprache am meisten es ist, wodurch der Mensch sich zur
- Erscheinung und Verwirklichung bringt. Sie ist der beseelte
- Werkmeister seines Glücks; man kann von ihr sagen, sie _ist_ das, was
- der Mensch _tut_, denn an ihr als dem tätigen Organe seines
- Sich-selbst-vollbringens ist er als Beseelender gegenwärtig, und
- indem er ursprünglich sein eignes Schicksal ist, wird sie also dies
- An-sich ausdrücken.
- Aus dieser Bestimmung, daß das _Organ_ der Tätigkeit _ebensowohl_ ein
- _Sein_ als das _Tun_ in ihm ist, oder daß das innre _An-sich_-sein
- selbst an ihm _gegenwärtig_ und ein _Sein für_ Andre hat, ergibt sich
- eine andre Ansicht desselben als die vorherige. Wenn nämlich die
- Organe überhaupt darum nicht als _Ausdrücke_ des Innern genommen
- werden zu können sich zeigten, weil in ihnen das Tun _als Tun_
- gegenwärtig, das Tun _als Tat_ aber nur Äußeres ist, und Inneres und
- Äußeres auf diese Weise auseinanderfällt und fremde gegeneinander
- sind oder sein können, so muß nach der betrachteten Bestimmung das
- Organ auch wieder als _Mitte_ beider genommen werden, indem eben dies,
- daß das Tun an ihm _gegenwärtig_ ist, zugleich eine _Äußerlichkeit_
- desselben ausmacht, und zwar eine andere, als die Tat ist, jene
- nämlich bleibt dem Individuum und an ihm.--Diese Mitte und Einheit
- des Innern und Äußern ist nun vors erste selbst auch äußerlich;
- alsdenn aber ist diese Äußerlichkeit zugleich in das Innere
- aufgenommen; sie steht als _einfache_ Äußerlichkeit der zerstreuten
- entgegen, welche entweder nur ein _einzelnes_ für die ganze
- Individualität zufälliges Werk oder Zustand, oder aber als _ganze_
- Äußerlichkeit das in eine Vielheit von Werken und Zuständen
- zersplitterte Schicksal ist. Die _einfachen Züge der Hand_ also,
- ebenso _Klang_ und _Umfang_ der _Stimme_, als die individuelle
- Bestimmtheit der _Sprache_,--auch dieselbe wieder, wie sie durch die
- Hand eine festere Existenz als durch die Stimme bekommt, die
- _Schrift_, und zwar in ihrer Besonderheit als _Handschrift_--alles
- dieses ist _Ausdruck_ des Innern, so daß er als die _einfache
- Äußerlichkeit_ sich wieder gegen die _vielfache Äußerlichkeit_ des
- Handelns und des Schicksals, sich als _Inneres_ gegen diese verhält.
- --Wenn also zuerst die bestimmte Natur und angeborne Eigentümlichkeit
- des Individuums zusammen mit dem, was sie durch die Bildung geworden,
- als das _Innere_, als das Wesen des Handelns und des Schicksals
- genommen wird, so hat es seine _Erscheinung_ und Äußerlichkeit
- _zuerst_ an seinem Munde, Hand, Stimme, Handschrift, sowie an den
- übrigen Organen und deren bleibenden Bestimmtheiten; und _alsdann_
- erst drückt es sich _weiter_ hinaus nach außen an seiner Wirklichkeit
- in der Welt aus.
- Weil nun diese Mitte sich als die Äußerung bestimmt, welche zugleich
- ins Innere zurückgenommen ist, ist ihr Dasein nicht auf das
- unmittelbare Organ des Tuns eingeschränkt, sie ist vielmehr die
- nichts vollbringende Bewegung und Form des Gesichts und der
- Gestaltung überhaupt. Diese Züge und ihre Bewegung sind nach diesem
- Begriffe das zurückgehaltne an dem Individuum bleibende Tun, und nach
- seiner Beziehung auf das wirkliche Tun das eigene Beaufsichtigen und
- Beobachten desselben, _Äußerung_ als _Reflexion über_ die wirkliche
- Äußerung.--Das Individuum ist zu und bei seinem äußern Tun darum
- nicht stumm, weil es dabei zugleich in sich reflektiert ist, und es
- äußert dies In-sich-reflektiert-sein; dies theoretische Tun oder die
- Sprache des Individuums mit sich selbst darüber ist auch vernehmlich
- für andere, denn sie ist selbst eine Äußerung.
- An diesem Innern, welches in seiner Äußerung Inneres bleibt, wird
- also das Reflektiert_sein_ des Individuums aus seiner Wirklichkeit
- beobachtet, und es ist zu sehen, welche Bewandtnis es mit dieser
- Notwendigkeit hat, die in dieser Einheit gesetzt ist.--Dies
- Reflektiertsein ist zuerst verschieden von der Tat selbst, und kann
- also etwas _anderes_ sein und für etwas anderes genommen werden, als
- sie ist; man sieht es einem am Gesicht an, ob es ihm _Ernst_ mit dem
- ist, was er sagt oder tut.--Umgekehrt aber ist dieses, was Ausdruck
- des Innern sein soll, zugleich _seiender_ Ausdruck, und fällt hiemit
- selbst in die Bestimmung des _Seins_ herunter, das absolut zufällig
- für das selbstbewußte Wesen ist. Es ist daher wohl Ausdruck, aber
- zugleich auch nur wie ein _Zeichen_, so daß dem ausgedrückten Inhalte
- die Beschaffenheit dessen, wodurch es ausgedrückt wird, vollkommen
- gleichgültig ist. Das Innere ist in dieser Erscheinung wohl
- _sichtbares_ Unsichtbares, aber ohne an sie geknüpft zu sein; es kann
- ebensowohl in einer andern Erscheinung sein, als ein anderes Inneres
- in derselben Erscheinung sein kann.--Lichtenberg sagt daher mit Recht:
- _Gesetzt, der Physiognom haschte den Menschen einmal, so käme es nur
- auf einen braven Entschluß an, sich wieder auf Jahrtausende
- unbegreiflich zu machen_.--Wie in dem vorhergehenden Verhältnisse die
- vorliegenden Umstände ein Seiendes waren, woraus die Individualität
- sich das nahm, was _sie_ vermochte und wollte, entweder sich ihm
- ergebend oder es verkehrend, aus welchem Grunde es die Notwendigkeit
- und das Wesen der Individualität nicht enthielt,--ebenso ist hier das
- erscheinende unmittelbare Sein der Individualität ein solches, das
- entweder ihr Reflektiertsein aus der Wirklichkeit und ihr
- In-sich-sein ausdrückt, oder das für sie nur ein Zeichen ist, das
- gleichgültig gegen das Bezeichnete, und darum in Wahrheit nichts
- bezeichnet; es ist ihr ebensowohl ihr Gesicht als ihre Maske, die sie
- ablegen kann.--Sie durchdringt ihre Gestalt, bewegt sich, spricht in
- ihr; aber dies ganze Dasein tritt ebenso als ein gleichgültiges Sein
- gegen den Willen und die Handlung über; sie tilgt an ihm die
- Bedeutung, die es vorhin hatte, ihr Reflektiertsein in sich oder ihr
- wahres Wesen an ihm zu haben, und legt es umgekehrt vielmehr in den
- Willen und in die Tat.
- Die Individualität _gibt dasjenige In-sich-reflektiert-sein auf_,
- welches in den _Zügen_ ausgedrückt ist, und _legt ihr Wesen_ in _das
- Werk_. Hierin widerspricht sie dem Verhältnisse, welches von dem
- Vernunftinstinkte, der sich auf das Beobachten der selbstbewußten
- Individualität legt, in Ansehung dessen, was ihr _Inneres_ und
- _Äußeres_ sein soll, festgesetzt wird. Dieser Gesichtspunkt führt
- uns auf den eigentlichen Gedanken, der der physiognomischen--wenn man
- so will--_Wissenschaft_ zum Grunde liegt. Der Gegensatz, auf welchen
- dies Beobachten geraten, ist der Form nach der Gegensatz von
- Praktischem und Theoretischem, beides nämlich innerhalb des
- Praktischen selbst gesetzt,--von der sich im Handeln, dies im
- allgemeinsten Sinne genommen, verwirklichenden Individualität, und
- derselben, wie sie in diesem Handeln zugleich daraus heraus, in sich
- reflektiert, und es ihr Gegenstand ist. Das Beobachten nimmt diesen
- Gegensatz nach demselben verkehrten Verhältnisse auf, worin er sich
- in der Erscheinung bestimmt. Für das _unwesentliche Äußere_ gilt ihm
- die _Tat_ selbst und das Werk, es sei der Sprache oder einer
- befestigtem Wirklichkeit,--für das _wesentliche Innre_ aber das
- _In-sich-sein_ der Individualität. Unter den beiden Seiten, welche
- das praktische Bewußtsein an ihm hat, dem Beabsichten und der
- Tat--dem _Meinen_ über seine Handlung und der _Handlung_ selbst--,
- wählt die Beobachtung jene Seite zum wahren Innern; dieses soll seine
- mehr oder weniger _unwesentliche_ Äußerung an der Tat, seine wahre
- aber an seiner Gestalt haben. Die letztere Äußerung ist unmittelbare
- sinnliche Gegenwart des individuellen Geistes; die Innerlichkeit, die
- die wahre sein soll, ist die Eigenheit der Absicht und die
- Einzelnheit des Für-sich-seins; beides der _gemeinte_ Geist. Was das
- Beobachten zu seinen Gegenständen hat, ist also _gemeintes_ Dasein,
- und zwischen solchem sucht es Gesetze auf.
- Das unmittelbare Meinen über die gemeinte Gegenwart des Geistes ist
- die natürliche Physiognomik, das vorschnelle Urteil über die innre
- Natur und den Charakter ihrer Gestalt bei ihrem ersten Anblicke. Der
- Gegenstand dieser Meinung ist von der Art, daß es in seinem Wesen
- liegt, in Wahrheit etwas anderes zu sein, als nur sinnliches
- unmittelbares Sein. Es ist zwar auch eben dieses im Sinnlichen aus
- ihm In-sich-reflektiert-sein, was gegenwärtig, die Sichtbarkeit als
- Sichtbarkeit des Unsichtbaren, was Gegenstand des Beobachtens ist.
- Aber eben diese sinnliche unmittelbare Gegenwart ist _Wirklichkeit_
- des Geistes, wie sie nur für die Meinung ist; und das Beobachten
- treibt sich nach dieser Seite mit seinem gemeinten Dasein, mit der
- Physiognomie, Handschrift, Ton der Stimme u.s.f. herum.--Es bezieht
- solches Dasein auf ebensolches _gemeintes Innres_. Es ist nicht der
- Mörder, der Dieb, welcher erkannt werden soll, sondern die _Fähigkeit,
- es zu sein_; die feste abstrakte Bestimmtheit verliert sich dadurch
- in die konkrete unendliche Bestimmtheit des _einzelnen_ Individuums,
- die nun kunstreichere Schildereien erfordert, als jene
- Qualifikationen sind. Solche kunstreichen Schildereien sagen wohl
- mehr als die Qualifikation durch Mörder, Diebe, oder gutherzig,
- unverdorben u.s.f., aber für ihren Zweck das gemeinte Sein oder die
- einzelne Individualität auszusprechen, bei weitem nicht genug;
- sowenig als die Schildereien der Gestalt, welche über die flache
- Stirne, lange Nase u.s.f. hinausgehen. Denn die einzelne Gestalt wie
- das einzelne Selbstbewußtsein ist als gemeintes Sein unaussprechlich.
- Die Wissenschaft der Menschenkenntnis, welche auf den vermeinten
- Menschen, sowie der Physiognomik, die auf seine vermeinte
- Wirklichkeit geht und das bewußtlose Urteilen der natürlichen
- Physiognomik zu einem Wissen erheben will, ist daher etwas End- und
- Bodenloses, das nie dazu kommen kann, zu sagen, was es meint, weil es
- nur meint, und sein Inhalt nur Gemeintes ist.
- Die _Gesetze_, welche diese Wissenschaft zu finden ausgeht, sind
- Beziehungen dieser beiden gemeinten Seiten, und können daher selbst
- nichts als ein leeres Meinen sein. Auch da dies vermeinte Wissen,
- das mit der Wirklichkeit des Geistes sich zu tun macht, gerade dies
- zu seinem Gegenstande hat, daß er aus seinem sinnlichen Dasein heraus
- sich in sich reflektiert, und das bestimmte Dasein für ihn eine
- gleichgültige Zufälligkeit ist, so muß es bei seinen aufgefundenen
- Gesetzen unmittelbar wissen, daß nichts damit gesagt ist, sondern
- eigentlich rein geschwatzt oder nur _eine Meinung von sich_ gegeben
- wird; ein Ausdruck, der die Wahrheit hat, dies als dasselbe
- auszusprechen--seine _Meinung_ zu sagen und damit nicht die Sache,
- sondern nur eine Meinung _von sich_ beizubringen. Dem _Inhalte_ nach
- aber können diese Beobachtungen nicht von denen abweichen: "Es regnet
- allemal, wenn wir Jahrmarkt haben, sagt der Krämer; und auch allemal,
- wenn ich Wäsche trockne, sagt die Hausfrau."
- Lichtenberg, der das physiognomische Beobachten so charakterisiert,
- sagt auch noch dies: "Wenn jemand sagte, du handelst zwar wie ein
- ehrlicher Mann, ich sehe es aber aus deiner Figur, du zwingst dich,
- und bist ein Schelm im Herzen; fürwahr, eine solche Anrede wird bis
- ans Ende der Welt von jedem braven Kerl mit einer Ohrfeige erwidert
- werden."--Diese Erwiderung ist deswegen _treffend_, weil sie die
- Widerlegung der ersten Voraussetzung einer solchen Wissenschaft des
- Meinens ist, daß nämlich _die Wirklichkeit_ des Menschen sein Gesicht
- u.s.f. sei.--Das _wahre Sein_ des Menschen ist vielmehr _seine Tat_;
- in ihr ist die Individualität _wirklich_, und sie ist es, welche das
- _Gemeinte_ in seinen beiden Seiten aufhebt. Einmal das Gemeinte als
- ein leibliches ruhendes Sein; die Individualität stellt sich vielmehr
- in der Handlung als das _negative_ Wesen dar, welches nur _ist_,
- insofern es Sein aufhebt. Alsdenn hebt die Tat die
- Unaussprechlichkeit der Meinung ebenso in Ansehung der selbstbewußten
- Individualität auf, welche in der Meinung eine unendlich bestimmte
- und bestimmbare ist. In der vollbrachten Tat ist diese schlechte
- Unendlichkeit vernichtet. Die Tat ist ein einfach Bestimmtes,
- Allgemeines, in einer Abstraktion zu Befassendes; sie ist Mord,
- Diebstahl, oder Wohltat, tapfere Tat und so fort, und es kann von ihr
- _gesagt_ werden, was _sie ist_. Sie _ist_ dies, und ihr Sein ist
- nicht nur ein Zeichen, sondern die Sache selbst. Sie _ist_ dies, und
- der individuelle Mensch _ist_, was sie _ist_; in der Einfachheit
- _dieses Seins_ ist er für Andere seiendes, allgemeines Wesen, und
- hört auf, nur gemeintes zu sein. Er ist zwar darin nicht als Geist
- gesetzt; aber indem von seinem _Sein_ als Sein die Rede, und
- _einerseits_ das gedoppelte Sein, der _Gestalt_ und der _Tat_, sich
- gegenübersteht und jene wie diese seine Wirklichkeit sein soll, so
- ist vielmehr nur die Tat als sein _echtes Sein_ zu behaupten,--nicht
- seine Figur, welche das ausdrücken sollte, was er zu seinen Taten
- meint, oder was man meinte, daß er tun nur könnte. Ebenso indem
- _andererseits_ sein _Werk_ und seine innre _Möglichkeit_, Fähigkeit
- oder Absicht, entgegengesetzt werden, ist jenes allein für seine
- wahre Wirklichkeit anzusehen, wenn auch er selbst sich darüber
- täuscht, und, aus seiner Handlung in sich gekehrt, in diesem Innern
- ein anderes zu sein meint als in der _Tat_. Die Individualität, die
- sich dem gegenständlichen Elemente anvertraut, indem sie zum Werke
- wird, gibt sich damit wohl dem preis, verändert und verkehrt zu
- werden. Aber den Charakter der Tat macht eben dies aus, ob sie ein
- wirkliches Sein ist, das sich hält, oder ob nur ein gemeintes Werk,
- das in sich nichtig vergeht. Die Gegenständlichkeit verändert nicht
- die Tat selbst, sondern zeigt nur, _was_ sie ist, das heißt, ob sie
- _ist_, oder ob sie _nichts ist_.--Die Zergliederung dieses Seins in
- Absichten und dergleichen Feinheiten, wodurch der _wirkliche_ Mensch,
- d.h. seine Tat, wieder in ein gemeintes Sein zurückerklärt werden
- soll, wie er wohl selbst auch sich besondere Absichten über seine
- Wirklichkeit erschaffen mag, müssen dem Müßggange der Meinung
- überlassen bleiben, der, wenn er seine tatenlose Weisheit ins Werk
- richten, den Charakter der Vernunft am Handelnden ableugnen und ihn
- auf diese Weise mißhandeln will, daß er statt der Tat vielmehr die
- Figur und die Züge für das Sein desselben erklären will, die obige
- Erwiderung zu befahren hat, die ihm erweist, daß Figur nicht das
- _An-sich_ ist, sondern vielmehr ein Gegenstand der Behandlung sein
- kann.
- Sehen wir nun auf den Umfang der Verhältnisse überhaupt, in welchen
- die selbstbewußte Individualität zu ihrem Äußern stehend beobachtet
- werden kann, so wird eines zurück sein, welches die Beobachtung sich
- noch zu ihrem Gegenstande machen muß. In der Psychologie ist es die
- _äußere Wirklichkeit_ der _Dinge_, welche an dem Geiste ihr sich
- bewußtes _Gegenbild_ haben und ihn begreiflich machen soll. In der
- Physiognomik dagegen soll er in seinem _eignen_ Äußern als in einem
- Sein, welches die _Sprache_--die sichtbare Unsichtbarkeit seines
- Wesens--sei, erkannt werden. Noch ist die Bestimmung der Seite der
- Wirklichkeit übrig, daß die Individualität an ihrer unmittelbaren,
- festen, rein daseienden Wirklichkeit ihr Wesen ausspreche.--Diese
- letzte Beziehung unterscheidet sich also von der physiognomischen
- dadurch, daß diese die _sprechende_ Gegenwart des Individuums ist,
- das in seiner _handelnden_ Äußerung zugleich die sich in sich
- _reflektierende_ und _betrachtende_ darstellt, eine Äußerung, welche
- selbst Bewegung ist, ruhende Züge, welche selbst wesentlich ein
- vermitteltes Sein sind. In der noch zu betrachtenden Bestimmung aber
- ist endlich das Äußere eine ganz _ruhende_ Wirklichkeit, welche nicht
- an ihr selbst redendes Zeichen, sondern getrennt von der
- selbstbewußten Bewegung sich für sich darstellt und als bloßes Ding
- ist.
- Zunächst erhellt über die Beziehung des Innern auf dies sein Äußeres,
- daß sie als Verhältnis des _Kausalzusammenhangs_ begriffen werden zu
- müssen scheint, indem die Beziehung eines Ansichseienden auf ein
- anderes Ansichseiendes, als eine _notwendige_, dies Verhältnis ist.
- Daß nun die geistige Individualität auf den Leib Wirkung habe, muß
- sie als Ursache selbst leiblich sein. Das Leibliche aber, worin sie
- als Ursache ist, ist das Organ, aber nicht des Tuns gegen die äußere
- Wirklichkeit, sondern des Tuns des selbstbewußten Wesens in sich
- selbst, nach außen nur gegen seinen Körper; es ist nicht sogleich
- abzusehen, welches diese Organe sein können. Würde nur an die Organe
- überhaupt gedacht, so würde das Organ der Arbeit überhaupt leicht bei
- der Hand sein, ebenso das Organ des Geschlechtstriebes, und so fort.
- Allein solche Organe sind als Werkzeuge oder als Teile zu betrachten,
- welche der Geist als _ein_ Extrem zur Mitte gegen das andere Extrem,
- das äußerer _Gegenstand_ ist, hat. Hier aber ist ein Organ
- verstanden, worin das selbstbewußte Individuum als Extrem gegen seine
- eigne ihm entgegengesetzte Wirklichkeit sich _für sich_ erhält, nicht
- zugleich nach außen gekehrtes, sondern in seiner Handlung
- reflektiertes, und woran die Seite des _Seins_ nicht ein _Sein für
- anderes_ ist. In der physiognomischen Beziehung wird das Organ zwar
- auch als in sich reflektiertes und das Tun besprechendes Dasein
- betrachtet; aber dies Sein ist ein gegenständliches, und das Resultat
- der physiognomischen Beobachtung ist dieses, daß das Selbstbewußtsein
- gegen eben diese seine Wirklichkeit als gegen etwas Gleichgültiges
- gegenübertritt. Diese Gleichgültigkeit verschwindet darin, daß dies
- In-sich-reflektiert-sein selbst _wirkend_ ist; dadurch erhält jenes
- Dasein eine notwendige Beziehung auf es; daß es aber auf das Dasein
- wirkend sei, muß es selbst ein aber nicht eigentlich gegenständliches
- Sein haben, und als dies Organ soll es aufgezeigt werden.
- Im gemeinen Leben nun wird der Zorn zum Beispiel, als ein solches
- inneres Tun, in die Leber verlegt; Plato gibt ihr sogar noch etwas
- Höheres, das nach einigen sogar das Höchste ist, zu, nämlich die
- Prophezeihung oder die Gabe, das Heilige und Ewige
- unvernünftigerweise auszusprechen. Allein die Bewegung, welche das
- Individuum in der Leber, dem Herzen und so fort hat, kann nicht als
- die ganz in sich reflektierte Bewegung desselben angesehen werden,
- sondern sie ist darin vielmehr so, daß sie ihm schon in den Leib
- geschlagen ist, und ein animalisches heraus gegen die Äußerlichkeit
- sich wendendes Dasein hat.
- Das _Nervensystem_ hingegen ist die unmittelbare Ruhe des Organischen
- in seiner Bewegung. Die _Nerven_ selbst sind zwar wieder die Organe
- des schon in seine Richtung nach außen versenkten Bewußtseins; Gehirn
- und Rückenmark aber dürfen als die in sich bleibende--die nicht
- gegenständliche, die auch nicht hinausgehende--unmittelbare Gegenwart
- des Selbstbewußtseins betrachtet werden. Insofern das Moment des
- Seins, welches dies Organ hat, ein _Sein für Anderes_, Dasein ist,
- ist es totes Sein, nicht mehr Gegenwart des Selbstbewußtseins. Dies
- _In-sich-selbst-sein_ ist aber seinem Begriffe nach eine Flüssigkeit,
- worin die Kreise, die darein geworfen werden, sich unmittelbar
- auflösen, und kein Unterschied als _seiender_ sich ausdrückt.
- Inzwischen wie der Geist selbst nicht ein Abstrakt-Einfaches ist,
- sondern ein System von Bewegungen, worin er sich in Momente
- unterscheidet, in dieser Unterscheidung selbst aber frei bleibt, und
- wie er seinen Körper überhaupt zu verschiedenen Verrichtungen
- gliedert, und einen einzelnen Teil desselben nur _einer_ bestimmt, so
- kann auch sich vorgestellt werden, daß das flüssige _Sein_ seines
- _In-sich_-seins ein gegliedertes ist; und es scheint so vorgestellt
- werden zu müssen, weil das in sich reflektierte _Sein_ des Geistes im
- Gehirn selbst wieder nur eine Mitte seines reinen Wesens und seiner
- körperlichen Gegliederung ist, eine Mitte, welche hiemit von der
- Natur beider und also von der Seite der letztern auch die _seiende_
- Gegliederung wieder an ihr haben muß.
- Das geistig-organische Sein hat zugleich die notwendige Seite eines
- _ruhenden bestehenden_ Daseins; jenes muß als Extrem des
- Für-sich-seins zurücktreten, und diese als das andere Extrem
- gegenüber haben, welches alsdenn der Gegenstand ist, worauf jenes als
- Ursache wirkt. Wenn nun Gehirn und Rückenmark jenes körperliche
- _Für-sich-sein_ des Geistes ist, so ist der Schädel und die
- Rückenwirbelsäule das andere ausgeschiedne Extrem hinzu, nämlich das
- feste ruhende Ding.--Indem aber jedem, wenn er an den eigentlichen
- Ort des Daseins des Geistes denkt, nicht der Rücken, sondern nur der
- Kopf einfällt, so können wir uns in der Untersuchung eines Wissens,
- als das vorliegende ist, mit diesem--für es nicht zu
- schlechten--Grunde begnügen, um dies Dasein auf den Schädel
- einzuschränken. Sollte einem der Rücken insofern einfallen, als auch
- wohl zuweilen durch ihn Wissen und Tun zum Teil _ein_-, zum Teil aber
- _aus_getrieben wird, so würde dies dafür, daß das Rückenmark mit zum
- inwohnenden Orte des Geistes, und seine Säule zum gegenbildlichen
- Dasein genommen werden müsse, darum nichts beweisen, weil es zuviel
- bewiese; denn man kann ebenso sich erinnern, daß auch andere
- äußerliche Wege, der Tätigkeit des Geistes beizukommen, um sie zu
- erwecken oder zurückzuhalten, beliebt werden.--Die Rückenwirbelsäule
- fällt also, wenn man will, _mit Recht_ hinweg; und es ist so gut als
- viele andere naturphilosophische Lehren _konstruiert_, daß der
- Schädel allein zwar nicht die _Organe_ des Geistes enthalte. Denn
- dies wurde vorhin aus dem Begriffe dieses Verhältnisses
- ausgeschlossen, und deswegen der Schädel zur Seite des Daseins
- genommen; oder wenn nicht an den _Begriff_ der Sache erinnert werden
- dürfte, so lehrt ja die Erfahrung, daß wie mit dem Auge als Organe
- gesehen, so _nicht_ mit dem Schädel gemordet, gestohlen, gedichtet u.
- s.w. wird.--Es ist sich deswegen auch des Ausdrucks _Organ_ für
- diejenige _Bedeutung_ des Schädels zu enthalten, von welcher noch zu
- sprechen ist. Denn ob man gleich zu sagen pflegt, daß es
- vernünftigen Menschen nicht auf das Wort, sondern auf die _Sache_
- ankomme, so ist daraus doch nicht die Erlaubnis zu nehmen, eine Sache
- mit einem ihr nicht zugehörigen Worte zu bezeichnen, denn dies ist
- Ungeschicklichkeit zugleich und Betrug, der nur das rechte _Wort_
- nicht zu haben meint und vorgibt, und es sich verbirgt, daß ihm in
- der Tat die Sache, d.h. der Begriff, fehlt; wenn dieser vorhanden
- wäre, würde er auch sein rechtes Wort haben.--Zunächst hat sich hier
- nur dies bestimmt, daß wie das Gehirn der lebendige Kopf, der Schädel
- das caput mortuum ist.
- In diesem toten Sein hätten also die geistigen Bewegungen und
- bestimmten Weisen des Gehirns ihre Darstellung äußerer Wirklichkeit,
- die jedoch noch an dem Individuum selbst ist, sich zu geben. Für das
- Verhältnis derselben zu ihm, der als totes Sein den Geist nicht in
- sich selbst inwohnen hat, bietet sich zunächst das oben festgesetzte,
- das äußere mechanische dar, so daß die eigentlichen Organe--und diese
- sind am Gehirne--ihn hier rund ausdrücken, dort breit schlagen oder
- platt stoßen, oder wie man sonst diese Einwirkung darstellen mag.
- Selbst ein Teil des Organismus, muß in ihm zwar, wie in jedem Knochen,
- eine lebendige Selbstbildung gedacht werden, so daß, hiernach
- betrachtet, er von seiner Seite vielmehr das Gehirn drückt und dessen
- äußere Beschränkung setzt; wozu er auch als das Härtere eher das
- Vermögen hat. Dabei aber würde noch immer dasselbe Verhältnis in der
- Bestimmung der Tätigkeit beider gegeneinander bleiben; denn ob der
- Schädel das Bestimmende oder das Bestimmte ist, dies änderte an dem
- Kausalzusammenhange überhaupt nichts, nur daß dann der Schädel zum
- unmittelbaren Organe des Selbstbewußtseins gemacht würde, weil in ihm
- als _Ursache_ sich die Seite des _Für-sich-seins_ fände. Allein
- indem das _Für-sich-sein_ als _organische Lebendigkeit in beide_ auf
- gleiche Weise fällt, fällt in der Tat der Kausalzusammenhang zwischen
- ihnen hinweg. Diese Fortbildung beider aber hinge im Innern zusammen,
- und wäre eine organische prästabilierte Harmonie, welche die beiden
- sich aufeinander beziehenden Seiten frei gegeneinander und jeder ihre
- eigene _Gestalt_ läßt, der die Gestalt der andern nicht zu
- entsprechen braucht; und noch mehr die Gestalt und die Qualität
- gegeneinander--wie die Form der Weinbeere und der Geschmack des
- Weines frei gegeneinander sind.--Indem aber auf die Seite des Gehirns
- die Bestimmung des _Für-sich-seins_, auf die Seite des Schädels aber
- die Bestimmung des _Daseins_ fällt, so ist innerhalb der organischen
- Einheit _auch_ ein Kausalzusammenhang derselben zu setzen; eine
- notwendige Beziehung derselben als äußere füreinander, d.h. eine
- selbst äußerliche, wodurch also ihre _Gestalt_ durch einander
- bestimmt würde.
- In Ansehung der Bestimmung aber, in welcher das Organ des
- Selbstbewußtseins auf die gegenüberstehende Seite tätige Ursache wäre,
- kann auf mancherlei Weise hin und her geredet werden; denn es ist
- von der Beschaffenheit einer Ursache die Rede, die nach ihrem
- _gleichgültigen_ Dasein, ihrer Gestalt und Größe betrachtet wird,
- einer Ursache, deren Innres und Für-sich-sein gerade ein solches sein
- soll, welches das unmittelbare Dasein nichts angeht. Die organische
- Selbstbildung des Schädels ist zuerst gleichgültig gegen die
- mechanische Einwirkung, und das Verhältnis dieser beiden Verhältnisse
- ist, da jenes das Sich-auf-sich-selbst-beziehen ist, eben diese
- Unbestimmtheit und Grenzenlosigkeit selbst. Alsdenn wenn auch das
- Gehirn die Unterschiede des Geistes zu seienden Unterschieden in sich
- aufnähme und eine Vielheit innerer einen verschiedenen Raum
- einnehmenden Organe wäre--was der Natur widerspricht, welche den
- Momenten des Begriffs ein eigenes Dasein gibt, und daher die
- _flüssige Einfachheit_ des organischen Lebens _rein auf eine Seite_,
- und die _Artikulation_ und _Einteilung_ desselben ebenso in seinen
- Unterschieden auf die _andere_ Seite stellt, so daß sie, wie sie hier
- gefaßt werden sollen, als besondere anatomische Dinge sich zeigen--,
- so würde es unbestimmt sein, ob ein geistiges Moment, je nachdem es
- ursprünglich stärker oder schwächer wäre, entweder in jenem Falle ein
- _expandierteres_, in diesem ein _kontrahierteres_ Gehirnorgan
- besitzen müßte, oder auch gerade umgekehrt.--Ebenso ob seine
- _Ausbildung_ das Organ vergrößerte oder verkleinerte, ob es dasselbe
- plumper und dicker oder feiner machte. Dadurch, daß es unbestimmt
- bleibe, wie die Ursache beschaffen ist, ist es ebenso unbestimmt
- gelassen, wie die Einwirkung auf den Schädel geschieht, ob sie ein
- Erweitern oder Verengern und Zusammenfallenlassen ist. Wird diese
- Einwirkung etwa _vornehmer_ als ein _Erregen_ bestimmt, so ist es
- unbestimmt, ob es nach der Weise eines Kanthariden-Pflasters
- auftreibend oder eines Essigs einschrumpfend geschieht.--Für alle
- dergleichen Ansichten lassen sich plausible Gründe vorbringen, denn
- die organische Beziehung, welche ebensosehr eingreift, läßt den einen
- so gut passieren als den andern, und ist gleichgültig gegen allen
- diesen Verstand.
- Dem beobachtenden Bewußtsein ist es aber nicht darum zu tun, diese
- Beziehung bestimmen zu wollen. Denn es ist ohnehin nicht das Gehirn,
- was als _animalischer_ Teil auf der einen Seite steht, sondern
- dasselbe als _Sein_ der _selbstbewußten_ Individualität.--Sie als
- stehender Charakter und sich bewegendes bewußtes Tun ist _für sich_
- und _in sich_; diesem Für- und In-sich-sein steht ihre Wirklichkeit
- und Dasein für Anderes entgegen; das Für- und In-sich-sein ist das
- Wesen und Subjekt, welches am Gehirne ein Sein hat, das _unter es
- subsumiert_ ist, und seinen Wert nur durch die inwohnende Bedeutung
- erhält. Die andre Seite der selbstbewußten Individualität aber, die
- Seite ihres Daseins ist das _Sein_ als selbstständig und Subjekt,
- oder als ein Ding, nämlich ein Knochen; die _Wirklichkeit und Dasein
- des Menschen ist sein Schädelknochen_.--Dies ist das Verhältnis und
- der Verstand, den die beiden Seiten dieser Beziehung in dem sie
- beobachtenden Bewußtsein haben.
- Diesem ist es nun um die bestimmtere Beziehung dieser Seiten zu tun;
- der Schädelknochen hat wohl im Allgemeinen die Bedeutung, die
- unmittelbare Wirklichkeit des Geistes zu sein. Aber die
- Vielseitigkeit des Geistes gibt seinem Dasein eine ebensolche
- Vieldeutigkeit; was zu gewinnen ist, ist die Bestimmtheit der
- Bedeutung der einzelnen Stellen, in welche dies Dasein geteilt ist,
- und es ist zu sehen, wie sie das Hinweisen darauf an ihnen haben.
- Der Schädelknochen ist kein Organ der Tätigkeit, noch auch eine
- sprechende Bewegung; es wird weder mit dem Schädelknochen gestohlen,
- gemordet u.s.f., noch verzieht er zu solchen Taten im geringsten die
- Miene, so daß er sprechende Gebärde würde.--Noch hat auch dieses
- _Seiende_ den Wert eines _Zeichens_. Miene und Gebärde, Ton, auch
- eine Säule, ein Pfahl, der auf einer öden Insel eingeschlagen ist,
- kündigen sich sogleich an, daß noch irgend etwas anderes damit
- gemeint ist, als das, was sie unmittelbar _nur sind_. Sie geben sich
- selbst sogleich für Zeichen aus, indem sie eine Bestimmtheit an ihnen
- haben, welche auf etwas anderes dadurch hinweist, daß sie ihnen nicht
- eigentümlich angehört.
- Man kann sich wohl auch bei einem Schädel, wie Hamlet bei Yoricks,
- vielerlei einfallen lassen, aber der Schädelknochen für sich ist ein
- so gleichgültiges, unbefangenes Ding, daß an ihm unmittelbar nichts
- anderes zu sehen und zu meinen ist als nur er selbst; er erinnert
- wohl an das Gehirn und seine Bestimmtheit, an Schädel von anderer
- Formation, aber nicht an eine bewußte Bewegung, indem er weder Miene
- und Gebärde noch etwas an ihm eingedrückt hat, das von einem bewußten
- Tun herkommend sich ankündigte; denn er ist diejenige Wirklichkeit,
- welche an der Individualität eine solche andere Seite darstellen
- sollte, die nicht mehr sich in sich reflektierendes Sein, sondern
- rein _unmittelbares Sein_ wäre.
- Da er ferner auch nicht selbst fühlt, so scheint sich eine
- bestimmtere Bedeutung für ihn etwa noch so ergeben zu können, daß
- bestimmte Empfindungen durch die Nachbarschaft erkennen ließen, was
- mit ihm gemeint sei; und indem eine bewußte Weise des Geistes bei
- einer bestimmten Stelle desselben ihr Gefühl hat, wird etwa dieser
- Ort in seiner Gestalt sie und ihre Besonderheit andeuten. Wie zum
- Beispiel manche bei dem angestrengten Denken oder auch schon beim
- _Denken_ überhaupt eine schmerzliche Spannung irgendwo im Kopfe zu
- fühlen klagen, könnte auch das _Stehlen_, das _Morden_, das _Dichten_
- und so fort jedes mit einer eigenen Empfindung begleitet sein, die
- außerdem noch ihre besondere Stelle haben müßte. Diese Stelle des
- Gehirns, die auf diese Art mehr bewegt und betätigt wäre, würde
- wahrscheinlich auch die benachbarte Stelle des Knochens mehr
- ausbilden; oder diese würde aus Sympathie oder Konsensus auch nicht
- träge sein, sondern sich vergrößern, oder verkleinern, oder auf
- welche Weise es sei sich formieren.--Was jedoch diese Hypothese
- unwahrscheinlich macht, ist dies, daß das Gefühl überhaupt etwas
- Unbestimmtes ist, und das Gefühl im Kopfe als dem Zentrum das
- allgemeine Mitgefühl alles Leidens sein möchte, so daß sich mit dem
- Diebs-, Mörders-, Dichters-Kopf-Kitzel oder--Schmerz andere
- vermischen, und sich voneinander sowie von denen, die man bloß
- körperlich nennen kann, sowenig unterscheiden lassen würden, als aus
- dem Symptome des Kopfwehs, wenn wir seine Bedeutung nur auf das
- Körperliche einschränken, sich die Krankheit bestimmen läßt.
- Es fällt in der Tat, von welcher Seite die Sache betrachtet werde,
- alle notwendige gegenseitige Beziehung, so wie deren durch sich
- selbst sprechende Andeutung, hinweg. Es bleibt, wenn denn die
- Beziehung doch stattfinden soll, eine _begrifflose_ freie
- prästabilierte Harmonie der entsprechenden Bestimmung beider Seiten
- übrig und notwendig; denn die eine _soll geistlose Wirklichkeit,
- bloßes Ding_ sein.--Es stehen also eben auf einer Seite eine Menge
- ruhender Schädelstellen, auf der andern eine Menge
- Geistes-Eigenschaften, deren Vielheit und Bestimmung von dem Zustande
- der Psychologie abhängen wird. Je elender die Vorstellung von dem
- Geiste ist, um so mehr wird von dieser Seite die Sache erleichtert;
- denn teils werden die Eigenschaften um so weniger, teils um so
- abgeschiedener, fester und knöcherner, hiedurch Knochenbestimmungen
- um so ähnlicher und mit ihnen vergleichbarer. Allein obzwar durch
- die Elendigkeit der Vorstellung von dem Geiste vieles erleichtert ist,
- so bleibt doch immer eine sehr große Menge auf beiden Seiten; es
- bleibt die gänzliche Zufälligkeit ihrer Beziehung für die Beobachtung.
- Wenn von den Kindern Israels aus dem Sand am Meere, dem sie
- entsprechen sollen, jedes das Körnchen, dessen Zeichen es ist, sich
- nehmen sollte, so ist diese Gleichgültigkeit und Willkür, welche
- jedem das seine zuteilte, ebenso stark als die, welche jeder
- Seelenfähigkeit, Leidenschaft und, was hier gleichfalls betrachtet
- werden müßte, den Schattierungen von Charakteren, von welchen die
- feinere Psychologie und Menschenkenntnis zu sprechen pflegt, ihre
- Schädelstätten und Knochenformen zuweist.--Der Schädel des Mörders
- hat dieses--nicht Organ, auch nicht Zeichen, sondern diesen Knorren;
- aber dieser Mörder hat noch eine Menge anderer Eigenschaften, sowie
- andere Knorren, und mit den Knorren auch Vertiefungen; man hat die
- Wahl unter Knorren und Vertiefungen. Und wieder kann sein Mordsinn
- auf welchen Knorren oder Vertiefung es sei und hinwiederum diese auf
- welche Eigenschaft es sei bezogen werden; denn weder ist der Mörder
- nur dies Abstraktum eines Mörders, noch hat er nur _eine_ Erhabenheit
- und _eine_ Vertiefung. Die Beobachtungen, welche hierüber angestellt
- werden, müssen darum gerade auch so gut lauten als der Regen des
- Krämers und der Hausfrau am Jahrmarkte und bei der Wäsche. Krämer
- und Hausfrau konnten auch die Beobachtung machen, daß es immer regnet,
- wenn dieser Nachbar vorbeigeht, oder wenn Schweinsbraten gegessen
- wird. Wie der Regen gegen diese Umstände, so gleichgültig ist für
- die Beobachtung _diese_ Bestimmtheit des Geistes gegen _dieses_
- bestimmte Sein des Schädels. Denn von den beiden Gegenständen dieses
- Beobachtens ist der eine ein trockenes _Für-sich-sein_, eine
- knöcherne Eigenschaft des Geistes, wie der andere ein trockenes
- _An-sich-sein_; ein so knöchernes Ding, als beide sind, ist
- vollkommen gleichgültig gegen alles andere; es ist dem hohen Knorren
- ebenso gleichgültig, ob ein Mörder in seiner Nachbarschaft, als dem
- Mörder, ob die Plattheit in seiner Nähe ist.
- Es bleibt allerdings die _Möglichkeit_, daß mit irgendeiner
- Eigenschaft, Leidenschaft u.s.f. ein Knorren an irgendeiner Stelle
- verbunden sei, unüberwindlich übrig. Man _kann sich_ den Mörder mit
- einem hohen Knorren hier an dieser Schädelstelle, den Dieb mit einer
- dort _vorstellen_. Von dieser Seite ist die Schädelwissenschaft noch
- großer Erweiterung fähig; denn zunächst scheint sie sich nur auf die
- Verbindung eines Knorren mit einer Eigenschaft _an demselben
- Individuum_, so daß dieses beide besitzt, einzuschränken. Aber schon
- die natürliche Schädelwissenschaft--denn es muß so gut eine solche
- als eine natürliche Physiognomik geben--geht über diese Schranken
- hinaus; sie urteilt nicht nur, daß ein schlauer Mensch einen
- faustdicken Knorren hinter den Ohren sitzen habe, sondern sie stellt
- auch vor, daß die untreue Ehefrau nicht selbst, sondern das andre
- ehliche Individuum Knorren an der Stirne habe.--Ebenso kann man sich
- auch den, der mit dem Mörder unter einem Dache wohnt, oder auch
- seinen Nachbar, und weiter hinaus seine Mitbürger u.s.f. mit hohen
- Knorren an irgendeiner Schädelstelle _vorstellen_, so gut als die
- fliegende Kuh, die zuerst von dem Krebs, der auf dem Esel ritt,
- geliebkost und hernach u.s.f. wurde.--Wird aber die _Möglichkeit_
- nicht im Sinne der Möglichkeit _des Vorstellens_, sondern der
- _innern_ Möglichkeit oder des _Begriffs_ genommen, so ist der
- Gegenstand eine solche Wirklichkeit, welche reines Ding und ohne
- dergleichen Bedeutung ist und sein soll, und sie also nur in der
- Vorstellung haben kann.
- Schreitet, ungeachtet der Gleichgültigkeit der beiden Seiten, der
- Beobachter jedoch ans Werk, Beziehungen zu bestimmen, teils frisch
- gehalten durch den allgemeinen Vernunftgrund, daß das _Äußere der
- Ausdruck des Innern_ sei, teils sich unterstützend mit der Analogie
- von Schädeln der Tieren--welche zwar wohl einen einfachern Charakter
- haben mögen als die Menschen, von denen es aber zugleich um ebenso
- schwerer zu sagen wird, welchen sie haben, indem es nicht der
- Vorstellung eines jeden Menschen so leicht sein kann, sich in die
- Natur eines Tieres recht hineinzubilden--, so findet der Beobachter
- bei der Versicherung der Gesetze, die er entdeckt haben will, eine
- _vorzügliche Hülfe_ an einem Unterschiede, der uns hier notwendig
- auch einfallen muß.--Das _Sein_ des Geistes kann wenigstens nicht als
- so etwas schlechthin Unverrücktes und Unverrückbares genommen werden.
- Der Mensch ist frei; es wird zugegeben, daß das _ursprüngliche_ Sein
- nur _Anlagen_ sind, über welche er viel vermag, oder welche günstiger
- Umstände bedürfen, um entwickelt zu werden, d.h. ein _ursprüngliches_
- Sein des Geistes ist ebensowohl als ein solches auszusprechen, das
- nicht als Sein existiert. Widersprächen also Beobachtungen
- demjenigen, was irgendeinem als Gesetz zu versichern einfällt, wäre
- es schön Wetter am Jahrmarkts oder bei der Wäsche, so könnten Krämer
- und Hausfrau sprechen, daß es _eigentlich_ regnen _sollte_, und die
- _Anlage_ doch dazu _vorhanden_ sei; ebenso das Schädelbeobachten,
- --daß dies Individuum _eigentlich_ so sein _sollte_, wie der Schädel
- nach dem Gesetze aussagt, und eine _ursprüngliche Anlage_ habe, die
- _aber_ nicht ausgebildet worden sei; vorhanden ist diese Qualität
- nicht, aber sie _sollte vorhanden_ sein.--Das _Gesetz_ und das
- _Sollen_ gründet sich auf das Beobachten des wirklichen Regens, und
- des wirklichen Sinnes bei dieser Bestimmtheit des Schädels; ist aber
- die _Wirklichkeit_ nicht vorhanden, so gilt die _leere Möglichkeit_
- für ebensoviel.--Diese Möglichkeit, d.i. die Nichtwirklichkeit des
- aufgestellten Gesetzes und hiemit ihm widersprechende Beobachtungen
- müssen eben dadurch hereinkommen, daß die Freiheit des Individuums
- und die entwickelnden Umstände gleichgültig gegen das _Sein_
- überhaupt sind, sowohl gegen es als ursprüngliches inneres wie als
- äußeres knöchernes, und daß das Individuum auch etwas anderes sein
- kann, als es innerlich ursprünglich und noch mehr als ein Knochen ist.
- Wir erhalten also die Möglichkeit, daß dieser Knorren oder Vertiefung
- des Schädels sowohl etwas wirkliches als auch nur eine _Anlage_, und
- zwar unbestimmt zu irgend etwas, daß er etwas Nichtwirkliches
- bezeichne; wir sehen es einer schlechten Ausrede wie immer ergehen,
- daß sie wider dasjenige, dem sie aufhelfen soll, selbst zu gebrauchen
- steht. Wir sehen das Meinen durch die Natur der Sache dahin gebracht,
- das _Gegenteil_ dessen, aber _gedankenlos_, selbst zu sagen, was es
- festhält;--zu sagen, es wird durch diesen Knochen irgend etwas
- angedeutet, aber ebensogut _auch nicht_.
- Was der Meinung selbst bei dieser Ausrede vorschwebt, ist der wahre,
- sie gerade vertilgende Gedanke, daß das _Sein_ als solches überhaupt
- nicht die Wahrheit des Geistes ist. Wie schon die Anlage ein
- _ursprüngliches Sein_ ist, das an der Tätigkeit des Geistes keinen
- Anteil hat, ein ebensolches ist seinerseits auch der Knochen. Das
- Seiende ohne die geistige Tätigkeit ist ein Ding für das Bewußtsein,
- und so wenig sein Wesen, daß es vielmehr das Gegenteil desselben und
- das Bewußtsein sich allein _wirklich_ ist, durch die Negation und
- Vertilgung eines solchen Seins.--Es ist von dieser Seite für völlige
- Verleugnung der Vernunft anzusehen, für das _wirkliche Dasein_ des
- Bewußtseins einen Knochen auszugeben; und dafür wird er ausgegeben,
- indem er als das Äußere des Geistes betrachtet wird, denn das Äußere
- ist eben die seiende Wirklichkeit. Es hilft nichts, zu sagen, daß
- von diesem Äußern _nur_ auf das Innere, das _etwas anders_ sei,
- _geschlossen_ werde, das Äußere nicht das Innere selbst, sondern nur
- dessen _Ausdruck_ sei. Denn in dem Verhältnisse beider zueinander
- fällt eben auf die Seite des Innern die Bestimmung der sich
- _denkenden_ und _gedachten_, auf die Seite des Äußern aber die _der
- seienden Wirklichkeit_.--Wenn also einem Menschen gesagt wird: du
- (dein Inneres) bist dies, _weil_ dein _Knochen_ so beschaffen ist; so
- heißt es nichts anderes als: ich sehe einen Knochen für _deine
- Wirklichkeit_ an. Die bei der Physiognomik erwähnte Erwiderung eines
- solchen Urteils durch die Ohrfeige bringt zunächst die _weichen_
- Teile aus ihrem Ansehen und Lage, und erweist nur, daß diese kein
- wahres _An-sich_, nicht die Wirklichkeit des Geistes sind;--hier
- müßte die Erwiderung eigentlich so weit gehen, einem, der so urteilt,
- den Schädel einzuschlagen, um gerade so greiflich, als seine Weisheit
- ist, zu erweisen, daß ein Knochen für den Menschen nichts _An-sich_,
- viel weniger _seine_ wahre Wirklichkeit ist.-Der rohe Instinkt der
- selbstbewußten Vernunft wird eine solche Schädelwissenschaft
- unbesehen verwerfen--diesen andern beobachtenden Instinkt derselben,
- der zur Ahndung _des Erkennens_ gediehen, es auf die geistlose Weise,
- daß das Äußere Ausdruck des Innern sei, erfaßt hat. Aber je
- schlechter der Gedanke ist, desto weniger fällt es zuweilen auf,
- worin bestimmt seine Schlechtigkeit liegt, und desto schwerer ist es,
- sie auseinanderzulegen. Denn der Gedanke heißt um so schlechter, je
- reiner und leerer die Abstraktion ist, welche ihm für das Wesen gilt.
- Der Gegensatz aber, auf den es hier ankömmt, hat zu seinen Gliedern
- die ihrer bewußte Individualität und die Abstraktion der ganz zum
- _Dinge_ gewordenen Äußerlichkeit--jenes innre Sein des Geistes als
- festes geistloses Sein aufgefaßt, eben solchem Sein entgegengesetzt.
- --Damit scheint aber auch die beobachtende Vernunft in der Tat ihre
- Spitze erreicht zu haben, von welcher sie sich selbst verlassen und
- sich überschlagen muß; denn erst das ganz Schlechte hat die
- unmittelbare Notwendigkeit an sich, sich zu verkehren.--Wie von dem
- jüdischen Volke gesagt werden kann, daß es gerade darum, weil es
- unmittelbar vor der Pforte des Heils stehe, das verworrenste sei und
- gewesen sei; was es an und für sich sein sollte, diese
- Selbstwesenheit ist es sich nicht, sondern verlegt sie jenseits
- seiner; es macht sich durch diese Entäußerung ein höheres Dasein
- _möglich_, wenn es seinen Gegenstand wieder in sich zurücknehmen
- könnte, als wenn es innerhalb der Unmittelbarkeit des Seins
- stehengeblieben; weil der Geist um so größer ist, aus je größerem
- Gegensatze er in sich zurückkehrt; diesen Gegensatz aber macht er
- sich in dem Aufheben seiner unmittelbaren Einheit und in der
- Entäußerung seines Für-sich-seins. Allein wenn ein solches
- Bewußtsein sich nicht reflektiert, ist die Mitte, worin es steht, die
- unselige Leere, indem dasjenige, was sie erfüllen sollte, zum festen
- Extreme geworden ist. So ist diese letzte Stufe der beobachtenden
- Vernunft ihre schlechteste, aber darum ihre Umkehrung notwendig.
- Denn die Übersicht der bisher betrachteten Reihe von Verhältnissen,
- welche den Inhalt und Gegenstand der Beobachtung ausmachen, zeigt,
- daß in ihrer _ersten Weise_, in der Beobachtung der Verhältnisse der
- unorganischen Natur ihr schon das _sinnliche Sein verschwindet_; die
- Momente ihres Verhältnisses stellen sich als reine Abstraktionen und
- als einfache Begriffe dar, welche an das Dasein von Dingen fest
- geknüpft sein sollten, das aber verlorengeht, so daß das Moment sich
- als reine Bewegung und als Allgemeines erweist. Dieser freie in sich
- vollendete Prozeß behält die Bedeutung eines Gegenständlichen; tritt
- aber nun als ein _Eins_ auf; im Prozesse des Unorganischen ist das
- Eins das nicht existierende Innere; als Eins aber existierend ist er
- das Organische.--Das Eins steht als Für-sich-sein oder negatives
- Wesen dem Allgemeinen gegenüber, entzieht sich diesem und bleibt frei
- für sich, so daß der Begriff, nur im Elemente der absoluten
- Vereinzelung realisiert, in der organischen Existenz seinen
- wahrhaften Ausdruck, _als Allgemeines_ da zu sein, nicht findet,
- sondern ein Äußeres oder, was dasselbe ist, ein _Inneres_ der
- organischen Natur bleibt.--Der organische Prozeß ist nur frei _an
- sich_, ist es aber nicht _für sich selbst_; im _Zwecke_ tritt das
- Für-sich-sein seiner Freiheit ein; _existiert_ als ein anderes Wesen,
- als eine ihrer selbst bewußte Weisheit, die außer jenem ist. Die
- beobachtende Vernunft wendet sich also an diese, an den Geist, den
- als Allgemeinheit existierenden Begriff oder als Zweck existierenden
- Zweck, und ihr eignes Wesen ist ihr nunmehr der Gegenstand.
- Sie wendet sich zuerst an seine Reinheit; aber indem sie Auffassen
- des in seinen Unterschieden sich bewegenden Gegenstandes als eines
- seienden ist, werden ihr _Gesetze des Denkens_, Beziehungen von
- Bleibendem auf Bleibendes; aber da der Inhalt dieser Gesetze nur
- Momente sind, verlaufen sie sich in das Eins des Selbstbewußtseins.
- --Dieser neue Gegenstand ebenso als _Seiendes_ genommen, ist das
- _einzelne, zufällige_ Selbstbewußtsein; das Beobachten steht daher
- innerhalb des gemeinten Geistes und des zufälligen Verhältnisses von
- bewußter Wirklichkeit auf unbewußte. Er an sich selbst nur ist die
- Notwendigkeit dieser Beziehung; die Beobachtung rückt ihm daher näher
- auf den Leib, und vergleicht seine wollende und tuende Wirklichkeit
- mit seiner in sich reflektierten und betrachtenden Wirklichkeit, die
- selbst gegenständlich ist. Dieses Äußre, obzwar eine Sprache des
- Individuums, die es an ihm selbst hat, ist zugleich als Zeichen etwas
- Gleichgültiges gegen den Inhalt, den es bezeichnen sollte, so wie das,
- welches sich das Zeichen setzt, gleichgültig gegen dieses.
- Von dieser wandelbaren Sprache geht darum die Beobachtung endlich zum
- _festen Sein_ zurück, und spricht ihrem Begriffe nach aus, daß die
- Äußerlichkeit, nicht als Organ, auch nicht als Sprache und Zeichen,
- sondern als _totes Ding_ die äußere und unmittelbare Wirklichkeit des
- Geistes sei. Was von der allerersten Beobachtung der unorganischen
- Natur aufgehoben wurde, daß nämlich der Begriff als Ding vorhanden
- sein sollte, stellt diese letzte Weise so her, daß sie die
- Wirklichkeit des Geistes selbst zu einem Dinge macht, oder umgekehrt
- ausgedrückt, dem toten Sein die Bedeutung des Geistes gibt.--Die
- Beobachtung ist damit dazu gekommen, es auszusprechen, was unser
- Begriff von ihr war, daß nämlich die Gewißheit der Vernunft sich
- selbst als gegenständliche Wirklichkeit sucht.--Man meint zwar dabei
- wohl nicht, daß der Geist, der von einem Schädel vorgestellt wird,
- als Ding ausgesprochen werde; es soll kein Materialismus, wie man es
- nennt, in diesem Gedanken liegen, sondern der Geist vielmehr noch
- etwas anders als diese Knochen sein; aber er _ist_, heißt selbst
- nichts anders als: er ist ein _Ding_. Wenn das _Sein_ als solches
- oder Dingsein von dem Geiste prädiziert wird, so ist darum der
- wahrhafte Ausdruck hievon, daß er ein solches wie _ein Knochen_ ist.
- Es muß daher für höchst wichtig angesehen werden, daß der wahre
- Ausdruck davon, daß vom Geiste rein gesagt wird, _er ist_, sich
- gefunden hat. Wenn sonst vom Geiste gesagt wird, _er ist_, hat _ein
- Sein_, ist ein _Ding_, eine einzelne _Wirklichkeit_, so wird damit
- nicht etwas _gemeint_, das man sehen oder in die Hand nehmen, stoßen
- und so fort kann, aber _gesagt_ wird ein solches, und was in Wahrheit
- gesagt wird, drückt sich hiemit so aus, daß _das Sein des Geistes ein
- Knochen ist_.
- Dies Resultat hat nun eine doppelte Bedeutung, einmal seine wahre,
- insofern es eine Ergänzung des Resultates der vorhergehenden Bewegung
- des Selbstbewußtseins ist. Das unglückliche Selbstbewußtsein
- entäußerte sich seiner Selbstständigkeit und rang sein
- _Für-sich-sein_ zum _Dinge_ heraus. Es kehrte dadurch aus dem
- Selbstbewußtsein in das Bewußtsein zurück, d.h. in das Bewußtsein,
- für welches der Gegenstand ein _Sein_, ein _Ding_ ist;--aber dies,
- was Ding ist, ist das Selbstbewußtsein; es ist also die Einheit des
- Ich und des Seins, die _Kategorie_. Indem der Gegenstand für das
- Bewußtsein so bestimmt ist, _hat es Vernunft_. Das Bewußtsein sowie
- das Selbstbewußtsein _ist an sich_ eigentlich Vernunft; aber nur von
- dem Bewußtsein, dem der Gegenstand als die Kategorie sich bestimmt
- hat, kann gesagt werden, daß es Vernunft _habe_;--hievon aber ist
- noch das Wissen, was Vernunft ist, unterschieden.--Die Kategorie,
- welche die _unmittelbare_ Einheit des _Seins_ und des _Seinen_ ist,
- muß beide Formen durchlaufen, und das beobachtende Bewußtsein ist
- eben dieses, dem sie sich in der Form des _Seins_ darstellt. In
- seinem Resultate spricht das Bewußtsein dasjenige, dessen bewußtlose
- Gewißheit es ist, als Satz aus--den Satz, der im Begriffe der
- Vernunft liegt. Er ist das _unendliche Urteil_, daß das Selbst ein
- Ding ist--ein Urteil, das sich selbst aufhebt.--Durch dieses Resultat
- ist also bestimmt zur Kategorie dies hinzugekommen, daß sie dieser
- sich aufhebende Gegensatz ist. Die _reine_ Kategorie, welche in der
- Form des _Seins_ oder der _Unmittelbarkeit_ für das Bewußtsein ist,
- ist der noch _unvermittelte_, nur _vorhandne_ Gegenstand, und das
- Bewußtsein ein ebenso unvermitteltes Verhalten. Das Moment jenes
- unendlichen Urteils ist der Übergang der _Unmittelbarkeit_ in die
- Vermittlung oder _Negativität_. Der vorhandne Gegenstand ist daher
- als ein negativer bestimmt, das Bewußtsein aber als
- _Selbst_bewußtsein gegen ihn, oder die Kategorie, welche die Form des
- _Seins_ im Beobachten durchlaufen hat, ist jetzt in der Form des
- Für-sich-seins gesetzt; das Bewußtsein will sich nicht mehr
- _unmittelbar finden_, sondern durch seine Tätigkeit sich selbst
- hervorbringen. _Es selbst_ ist sich der Zweck seines Tuns, wie es ihm
- im Beobachten nur um die Dinge zu tun war.
- Die andere Bedeutung des Resultats ist die schon betrachtete des
- begrifflosen Beobachtens. Dieses weiß sich nicht anders zu fassen
- und auszusprechen, als daß es unbefangen den Knochen, wie er sich als
- sinnliches Ding findet, das seine Gegenständlichkeit für das
- Bewußtsein nicht zugleich verliert, für die _Wirklichkeit_ des
- Selbstbewußtseins aussagt. Es hat aber auch darüber, daß es dies
- sagt, keine Klarheit des Bewußtseins, und faßt seinen Satz nicht in
- der Bestimmtheit seines Subjekts und Prädikats und der Beziehung
- derselben, noch weniger in dem Sinne des unendlichen sich selbst
- auflösenden Urteils und des Begriffs.--Es verbirgt sich vielmehr aus
- einem tieferliegenden Selbstbewußtsein des Geistes, das hier als eine
- natürliche Honettetät erscheint, die Schmählichkeit des begrifflosen
- nackten Gedankens, für die Wirklichkeit des Selbstbewußtseins einen
- Knochen zu nehmen, und übertüncht ihn durch die Gedankenlosigkeit
- selbst, mancherlei Verhältnisse von Ursache und Wirkung, von Zeichen,
- Organ u.s.w., die hier keinen Sinn haben, einzumischen, und durch
- Unterscheidungen, die von ihnen hergenommen sind, das Grelle des
- Satzes zu verstecken.
- Gehirnfibern und dergleichen als das Sein des Geistes betrachtet,
- sind schon eine gedachte nur hypothetische--nicht _daseiende_, nicht
- gefühlte, gesehene, nicht die wahre Wirklichkeit; wenn sie _da sind_,
- wenn sie gesehen werden, sind sie tote Gegenstände und gelten dann
- nicht mehr für das Sein des Geistes. Aber die eigentliche
- Gegenständlichkeit muß eine _unmittelbare, sinnliche_ sein, so daß
- der Geist in dieser als toten--denn der Knochen ist das Tote,
- insofern es am Lebendigen selbst ist--als wirklich gesetzt wird.--Der
- Begriff dieser Vorstellung ist, daß die Vernunft sich _alle Dingheit_,
- auch die _rein gegenständliche selbst_ ist; sie ist aber dies _im
- Begriffe_, oder der Begriff nur ist ihre Wahrheit, und je reiner der
- Begriff selbst ist, zu einer desto albernern Vorstellung sinkt er
- herab, wenn sein Inhalt nicht als Begriff, sondern als Vorstellung
- ist--wenn das sich selbst aufhebende Urteil nicht mit dem Bewußtsein
- dieser seiner Unendlichkeit genommen wird, sondern als ein bleibender
- Satz, und dessen Subjekt und Prädikat jedes für sich gelten, das
- Selbst als Selbst, das Ding als Ding fixiert und doch eins das andre
- sein soll.--Die Vernunft, wesentlich der Begriff, ist unmittelbar in
- sich selbst und ihr Gegenteil entzweit, ein Gegensatz, der eben darum
- ebenso unmittelbar aufgehoben ist. Aber sich so als sich selbst und
- als ihr Gegenteil darbietend, und festgehalten in dem ganz einzelnen
- Momente dieses Auseinandertretens, ist sie unvernünftig aufgefaßt;
- und je reiner die Momente desselben sind, desto greller ist die
- Erscheinung dieses Inhalts, der allein entweder für das Bewußtsein
- ist, oder von ihm unbefangen allein ausgesprochen wird.--Das _Tiefe_,
- das der Geist von innen heraus, aber nur bis in sein _vorstellendes
- Bewußtsein_ treibt und es in diesem stehen läßt,--und die
- _Unwissenheit_ dieses Bewußtseins, was das ist, was es sagt, ist
- dieselbe Verknüpfung des Hohen und Niedrigen, welche an dem
- Lebendigen die Natur in der Verknüpfung des Organs seiner höchsten
- Vollendung, des Organs der Zeugung,--und des Organs des Pissens naiv
- ausdrückt.--Das unendliche Urteil als unendliches wäre die Vollendung
- des sich selbst erfassenden Lebens, das in der Vorstellung bleibende
- Bewußtsein desselben aber verhält sich als Pissen.
- B. Die Verwirklichungdes vernünftigen Selbstbewußtseinsdurch sich
- selbst
- Das Selbstbewußtsein fand das Ding als sich, und sich als Ding; d.h.
- _es ist für es_, daß es _an sich_ die gegenständliche Wirklichkeit
- ist. Es ist nicht mehr die _unmittelbare_ Gewißheit, alle Realität
- zu sein; sondern eine solche, für welche das Unmittelbare überhaupt
- die Form eines aufgehobenen hat, so daß seine _Gegenständlichkeit_
- nur noch als Oberfläche gilt, deren Inneres und Wesen _es selbst_ ist.
- --Der Gegenstand, auf welchen es sich positiv bezieht, ist daher ein
- Selbstbewußtsein; er ist in der Form der Dingheit, d.h. er ist
- _selbstständig_; aber es hat die Gewißheit, daß dieser selbstständige
- Gegenstand kein Fremdes für es ist; es weiß hiemit, daß es _an sich_
- von ihm anerkannt ist; es ist der _Geist_, der die Gewißheit hat, in
- der Verdopplung seines Selbstbewußtseins und in der Selbstständigkeit
- beider seine Einheit mit sich selbst zu haben. Diese Gewißheit hat
- sich ihm nun zur Wahrheit zu erheben; was ihm gilt, daß es _an sich_
- und in seiner _innern_ Gewißheit sei, soll in sein Bewußtsein treten,
- und _für es_ werden.
- Was die allgemeinen Stationen dieser Verwirklichung sein werden,
- bezeichnet sich im allgemeinen schon durch die Vergleichung mit dem
- bisherigen Wege. Wie nämlich die beobachtende Vernunft in dem
- Elemente der Kategorie die Bewegung des _Bewußtseins_, nämlich die
- sinnliche Gewißheit, das Wahrnehmen und den Verstand wiederholte, so
- wird diese auch die doppelte Bewegung des _Selbstbewußtseins_ wieder
- durchlaufen, und aus der Selbstständigkeit in seine Freiheit
- übergehen. Zuerst ist diese tätige Vernunft ihrer selbst nur als
- eines Individuums bewußt, und muß als ein solches seine Wirklichkeit
- im andern fodern und hervorbringen--alsdenn aber, indem sich sein
- Bewußtsein zur Allgemeinheit erhebt, wird es _allgemeine_ Vernunft,
- und ist sich seiner als Vernunft, als an und für sich schon
- anerkanntes bewußt, welches in seinem reinen Bewußtsein alles
- Selbstbewußtsein vereinigt; es ist das einfache geistige Wesen, das,
- indem es zugleich zum Bewußtsein kommt, die _reale Substanz_ ist,
- worein die frühern Formen als in ihren Grund zurückgehen, so daß sie
- gegen diesen nur einzelne Momente seines Werdens sind, die sich zwar
- losreißen und als eigne Gestalten erscheinen, in der Tat aber nur von
- ihm getragen _Dasein_ und _Wirklichkeit_, aber ihre _Wahrheit_ nur
- haben, insofern sie in ihm selbst sind und bleiben.
- Nehmen wir dieses Ziel, das der _Begriff_ ist, der _uns_ schon
- entstanden--nämlich das anerkannte Selbstbewußtsein, das in dem
- andern freien Selbstbewußtsein die Gewißheit seiner selbst, und eben
- darin seine Wahrheit hat--, in seiner Realität auf, oder heben wir
- diesen noch innern Geist als die schon zu ihrem Dasein gediehene
- Substanz heraus, so schließt sich in diesem Begriffe _das Reich der
- Sittlichkeit_ auf. Denn diese ist nichts anders als in der
- selbstständigen _Wirklichkeit_ der Individuen die absolute geistige
- _Einheit_ ihres Wesens; ein an sich allgemeines Selbstbewußtsein, das
- sich in einem andern Bewußtsein so wirklich ist, daß dieses
- vollkommene Selbstständigkeit hat, oder ein Ding für es, und daß es
- eben darin der _Einheit_ mit ihm sich bewußt ist, und in dieser
- Einheit mit diesem gegenständlichen Wesen erst Selbstbewußtsein ist.
- Diese sittliche _Substanz_ in der _Abstraktion_ der _Allgemeinheit_,
- ist sie nur das _gedachte_ Gesetz; aber sie ist ebensosehr
- unmittelbar wirkliches _Selbstbewußtsein_ oder sie ist _Sitte_. Das
- _einzelne_ Bewußtsein ist umgekehrt nur dieses seiende Eins, indem es
- des allgemeinen Bewußtseins in seiner Einzelnheit als seines Seins
- sich bewußt, indem sein Tun und Dasein die allgemeine Sitte ist.
- In dem Leben eines Volks hat in der Tat der Begriff der
- Verwirklichung der selbstbewußten Vernunft, in der Selbstständigkeit
- des _Andern_ die vollständige _Einheit_ mit ihm anzuschauen, oder
- diese von mir vorgefundene freie _Dingheit_ eines andern, welche das
- Negative meiner selbst ist, als _mein_ Für-_mich_-sein zum
- Gegenstande zu haben, seine vollendete Realität. Die Vernunft ist
- als die flüssige allgemeine _Substanz_, als die unwandelbare einfache
- _Dingheit_ vorhanden, welche ebenso in viele vollkommen
- selbstständige Wesen wie das Licht in Sterne als unzählige für sich
- leuchtende Punkte zerspringt, die in ihrem absoluten Für-sich-sein
- nicht nur _an sich_ in der einfachen selbstständigen Substanz
- aufgelöst sind, sondern _für sich selbst_; sie sind sich bewußt,
- diese einzelne selbstständige Wesen dadurch zu sein, daß sie ihre
- Einzelnheit aufopfern und diese allgemeine Substanz ihre Seele und
- Wesen ist; so wie dies Allgemeine wieder das _Tun_ ihrer als
- einzelner oder das von ihnen hervorgebrachte Werk ist.
- Das _rein einzelne_ Tun und Treiben des Individuums bezieht sich auf
- die Bedürfnisse, welche es als Naturwesen, das heißt als _seiende
- Einzelnheit_ hat. Daß selbst diese seine gemeinsten Funktionen nicht
- zunichte werden, sondern Wirklichkeit haben, geschieht durch das
- allgemeine erhaltende Medium, durch die _Macht_ des ganzen Volks.
- --Nicht nur aber diese _Form_ des _Bestehens_ seines Tuns überhaupt
- hat es in der allgemeinen Substanz, sondern ebensosehr _seinen
- Inhalt_; was es tut, _ist_ die allgemeine Geschicklichkeit und Sitte
- aller. Dieser Inhalt, insofern er sich vollkommen vereinzelt, ist in
- seiner Wirklichkeit in das Tun aller verschränkt. Die _Arbeit_ des
- Individuums für seine Bedürfnisse ist ebensosehr eine Befriedigung
- der Bedürfnisse der andern als seiner eignen, und die Befriedigung
- der seinigen erreicht es nur durch die Arbeit der andern.--Wie der
- Einzelne in seiner _einzelnen_ Arbeit schon eine _allgemeine_ Arbeit
- _bewußtlos_ vollbringt, so vollbringt er auch wieder die allgemeine
- als seinen _bewußten_ Gegenstand; das Ganze wird _als Ganzes_ sein
- Werk, für das er sich aufopfert, und ebendadurch sich selbst von ihm
- zurückerhält.--Es ist hier nichts, das nicht gegenseitig wäre, nichts,
- woran nicht die Selbstständigkeit des Individuums in der Auflösung
- ihres Für-sich-seins, in der _Negation_ ihrer selbst ihre _positive_
- Bedeutung, für sich zu sein, sich gäbe. Diese Einheit des Seins für
- Anderes oder des Sich-zum-Dinge-machens und des Für-sich-seins, diese
- allgemeine Substanz redet ihre _allgemeine Sprache_ in den Sitten und
- Gesetzen seines Volks; aber dies seiende unwandelbare Wesen ist
- nichts anders als der Ausdruck der ihr entgegengesetzt scheinenden
- einzelnen Individualität selbst; die Gesetze sprechen das aus, was
- jeder Einzelne _ist_ und _tut_; das Individuum erkennt sie nicht nur
- als seine _allgemeine_ gegenständliche Dingheit, sondern ebensosehr
- sich in ihr, oder als _vereinzelt_ in seiner eignen Individualität
- und in jedem seiner Mitbürger. In dem allgemeinen Geiste hat daher
- jeder nur die Gewißheit seiner selbst, nichts anders in der seienden
- Wirklichkeit zu finden als sich selbst; er ist der andern so gewiß
- als seiner.--Ich schaue es in allen an, daß sie für sich selbst nur
- diese selbstständigen Wesen sind, als Ich es bin; Ich schaue die
- freie Einheit mit den andern in ihnen so an, daß sie wie durch Mich,
- so durch die andern selbst ist. Sie als Mich, Mich als Sie.
- In einem freien Volke ist darum in Wahrheit die Vernunft verwirklicht;
- sie ist gegenwärtiger lebendiger Geist, worin das Individuum seine
- _Bestimmung_, das heißt sein allgemeines und einzelnes Wesen, nicht
- nur ausgesprochen und als Dingheit vorhanden findet, sondern selbst
- dieses Wesen ist, und seine Bestimmung auch erreicht hat. Die
- weisesten Männer des Altertums haben darum den Ausspruch getan: _daß
- die Weisheit und die Tugend darin bestehen, den Sitten seines Volks
- gemäß zu leben_.
- Aus diesem Glücke aber, seine Bestimmung erreicht zu haben, und in
- ihr zu leben, ist das Selbstbewußtsein, welches zunächst nur
- _unmittelbar_ und dem _Begriffe nach_ Geist ist, herausgetreten, oder
- auch--es hat es noch nicht erreicht; denn beides kann auf gleiche
- Weise gesagt werden.
- Die Vernunft _muß aus diesem Glücke heraustreten_; denn nur _an sich_
- oder _unmittelbar_ ist das Leben eines freien Volks die _reale
- Sittlichkeit_, oder sie ist eine _seiende_, und damit ist auch dieser
- allgemeine Geist selbst ein einzelner, das Ganze der Sitten und
- Gesetze, eine _bestimmte_ sittliche Substanz, welche erst in dem
- hohem Momente, nämlich im _Bewußtsein über ihr Wesen_, die
- Beschränkung auszieht, und nur in diesem Erkennen ihre absolute
- Wahrheit hat, nicht aber unmittelbar in ihrem _Sein_; in diesem ist
- sie teils eine beschränkte, teils ist die absolute Beschränkung eben
- dies, daß der Geist in der Form des _Seins_ ist.
- Ferner ist daher das _einzelne_ Bewußtsein, wie es unmittelbar seine
- Existenz in der realen Sittlichkeit oder in dem Volke hat, ein
- gediegenes Vertrauen, dem sich der Geist nicht in seine _abstrakte_
- Momente aufgelöst hat, und das sich also auch nicht als reine
- _Einzelnheit für sich zu sein_ weiß. Ist es aber zu diesem Gedanken
- gekommen, wie es muß, so ist diese _unmittelbare_ Einheit mit dem
- Geiste oder sein _Sein_ in ihm, sein Vertrauen verloren; es für sich
- _isoliert_, ist sich nun das Wesen, nicht mehr der allgemeine Geist.
- Das _Moment dieser Einzelnheit des Selbstbewußtseins_ ist zwar in dem
- allgemeinen Geiste selbst, aber nur als eine verschwindende Größe,
- die, wie sie für sich auftritt, in ihm ebenso unmittelbar sich
- auflöst und nur als Vertrauen zum Bewußtsein kommt. Indem es sich so
- fixiert--und jedes Moment, weil es Moment des Wesens ist, muß selbst
- dazu gelangen, als Wesen sich darzustellen--, so ist das Individuum
- den Gesetzen und Sitten gegenübergetreten; sie sind nur ein Gedanke
- ohne absolute Wesenheit, eine abstrakte Theorie ohne Wirklichkeit; es
- aber ist als dieses Ich sich die lebendige Wahrheit.
- Oder das Selbstbewußtsein hat _dieses Glück noch nicht erreicht_,
- sittliche Substanz, der Geist eines Volks zu sein. Denn aus der
- Beobachtung zurückgekehrt, ist der Geist zuerst noch nicht als
- solcher durch sich selbst verwirklicht; er ist nur als _innres_ Wesen
- oder als die Abstraktion gesetzt.--Oder er _ist_ erst _unmittelbar_;
- unmittelbar seiend aber ist er _einzeln_; er ist das praktische
- Bewußtsein, das in seine vorgefundene Welt mit dem Zwecke
- einschreitet, sich in dieser Bestimmtheit eines Einzelnen zu
- verdoppeln, sich als Diesen als sein seiendes Gegenbild zu erzeugen
- und dieser Einheit seiner Wirklichkeit mit dem gegenständlichen Wesen
- bewußt zu werden. Es hat die _Gewißheit_ dieser Einheit; es gilt ihm,
- daß sie _an sich_ oder daß diese Übereinstimmung seiner und der
- Dingheit schon vorhanden ist, nur _ihm_ noch durch es zu werden hat,
- oder daß sein Machen ebenso das _Finden_ derselben ist. Indem diese
- Einheit _Glück_ heißt, wird dies Individuum hiemit sein _Glück zu
- suchen_ von seinem Geiste in die Welt hinausgeschickt.
- Wenn also die Wahrheit dieses vernünftigen Selbstbewußtseins für uns
- die sittliche Substanz ist, so ist hier für es der Anfang seiner
- sittlichen Welterfahrung. Von der Seite, daß es noch nicht zu jener
- geworden, dringt diese Bewegung auf sie, und das, was in ihr sich
- aufhebt, sind die einzelnen Momente, die ihm isoliert gelten. Sie
- haben die Form eines unmittelbaren Wollens oder _Naturtriebs_, der
- seine Befriedigung erreicht, welche selbst der Inhalt eines neuen
- Triebes ist.--Von der Seite aber, daß das Selbstbewußtsein das Glück
- in der Substanz zu sein verloren, sind diese Naturtriebe mit
- Bewußtsein ihres Zweckes als der wahren Bestimmung und Wesenheit
- verbunden; die sittliche Substanz ist zum selbstlosen Prädikate
- herabgesunken, dessen lebendige Subjekte die Individuen sind, die
- ihre Allgemeinheit durch sich selbst zu erfüllen, und für ihre
- Bestimmung aus sich zu sorgen haben.--In jener Bedeutung also sind
- jene Gestalten das Werden der sittlichen Substanz, und gehen ihr vor;
- in dieser folgen sie, und lösen es für das Selbstbewußtsein auf, was
- seine Bestimmung sei; nach jener Seite geht in der Bewegung, worin
- erfahren wird, was ihre Wahrheit ist, die Unmittelbarkeit oder Roheit
- der Triebe verloren, und der Inhalt derselben in einen höhern über;
- nach dieser aber die falsche Vorstellung des Bewußtseins, das in sie
- seine Bestimmung setzt. Nach jener ist das _Ziel_, das sie erreichen,
- die unmittelbare sittliche Substanz; nach dieser aber das Bewußtsein
- derselben, und zwar ein solches, das sie als sein eignes Wesen weiß;
- und insofern wäre diese Bewegung das Werden der Moralität, einer
- höhern Gestalt als jene. Allein diese Gestalten machen zugleich nur
- _eine_ Seite ihres Werdens aus, nämlich diejenige, welche in das
- _Für-sich-sein_ fällt, oder worin das Bewußtsein _seine_ Zwecke
- aufhebt; nicht die Seite, nach welcher sie aus der Substanz selbst
- hervorgeht. Da diese Momente noch nicht die Bedeutung haben können,
- im Gegensatze gegen die verlorne Sittlichkeit zu Zwecken gemacht zu
- werden, so gelten sie hier zwar nach ihrem unbefangenen Inhalte, und
- das Ziel, nach welchem sie dringen, ist die sittliche Substanz. Aber
- indem unsern Zeiten jene Form derselben näher liegt, in welcher sie
- erscheinen, nachdem das Bewußtsein sein sittliches Leben verloren und
- es suchend jene Formen wiederholt, so mögen sie mehr in dem Ausdrucke
- dieser Weise vorgestellt werden.
- Das Selbstbewußtsein, welches nur erst der Begriff des Geistes ist,
- tritt diesen Weg in der Bestimmtheit an, sich als einzelner Geist das
- Wesen zu sein, und sein Zweck ist also, sich als einzelnes die
- Verwirklichung zu geben und als dieses in ihr sich zu genießen.
- In der Bestimmung, sich als _Fürsichseiendes_ das Wesen zu sein, ist
- es die _Negativität_ des Andern; in seinem Bewußtsein tritt daher es
- selbst als das Positive einem solchen gegenüber, das zwar _ist_, aber
- für es die Bedeutung eines Nichtansichseienden hat; das Bewußtsein
- erscheint entzweit in diese vorgefundene Wirklichkeit und in den
- _Zweck_, den es durch Aufheben derselben vollbringt, und statt jener
- vielmehr zur Wirklichkeit macht. Sein erster Zweck ist aber sein
- _unmittelbares_ abstraktes _Für-sich-sein_, oder sich als _dieses
- Einzelne_ in einem andern oder ein anderes Selbstbewußtsein als sich
- anzuschauen. Die Erfahrung, was die Wahrheit dieses Zwecks ist,
- stellt das Selbstbewußtsein höher, und es ist sich nunmehr Zweck,
- insofern es zugleich _allgemeines_ ist, und das _Gesetz unmittelbar_
- an ihm hat. In der Vollbringung dieses _Gesetzes_ seines _Herzens_
- erfährt es aber, daß das _einzelne_ Wesen hiebei sich nicht erhalten,
- sondern das Gute nur durch die Aufopferung desselben ausgeführt
- werden kann, und es wird zur _Tugend_. Die Erfahrung, welche sie
- macht, kann keine andre sein, als daß ihr Zweck an sich schon
- ausgeführt ist, das Glück unmittelbar im Tun selbst sich findet, und
- das Tun selbst das Gute ist. Der Begriff dieser ganzen Sphäre, daß
- die Dingheit das _Für-sich-sein_ des Geistes selbst ist, wird in
- ihrer Bewegung für das Selbstbewußtsein. Indem es ihn gefunden, ist
- es sich also Realität als unmittelbar sich aussprechende
- Individualität, die keinen Widerstand an einer entgegengesetzten
- Wirklichkeit mehr findet, und der nur dies Aussprechen selbst
- Gegenstand und Zweck ist.
- a. Die Lust und die Notwendigkeit
- Das Selbstbewußtsein, welches sich überhaupt die _Realität_ ist, hat
- seinen Gegenstand an ihm selbst, aber als einen solchen, welchen es
- nur erst _für sich_ hat, und der noch nicht seiend ist; das _Sein_
- steht ihm als eine andere Wirklichkeit, denn die seinige ist,
- gegenüber; und es geht darauf, durch Vollführung seines
- Für-sich-seins sich als anderes selbstständiges Wesen anzuschauen.
- Dieser _erste Zweck_ ist, seiner als einzelnen Wesens in dem andern
- Selbstbewußtsein bewußt zu werden, oder dies Andre zu sich selbst zu
- machen; es hat die Gewißheit, daß _an sich_ schon dies Andre es
- selbst ist.--Insofern es aus der sittlichen Substanz und dem ruhigen
- Sein des Denkens zu seinem _Für-sich-sein_ sich erhoben, so hat es
- das Gesetz der Sitte und des Daseins, die Kenntnisse der Beobachtung
- und die Theorie, als einen grauen eben verschwindenden Schatten
- hinter sich, denn dies ist vielmehr ein Wissen von einem solchen,
- dessen Für-sich-sein und Wirklichkeit eine andere als die des
- Selbstbewußtseins ist. Es ist in es statt des himmlisch scheinenden
- Geistes der Allgemeinheit des Wissens und Tuns, worin die Empfindung
- und der Genuß der Einzelnheit schweigt, der Erdgeist gefahren, dem
- das Sein nur, welches die Wirklichkeit des einzelnen Bewußtseins ist,
- als die wahre Wirklichkeit gilt.
- Es verachtet Verstand und Wissenschaftdes Menschen allerhöchste
- Gaben--es hat dem Teufel sich ergebenund muß zugrunde gehn.
- Es stürzt also ins Leben, und bringt die reine Individualität, in
- welcher es auftritt, zur Ausführung. Es macht sich weniger sein
- Glück, als daß es dasselbige unmittelbar nimmt und genießt. Die
- Schatten von Wissenschaft, Gesetzen und Grundsätzen, die allein
- zwischen ihm und seiner eignen Wirklichkeit stehen, verschwinden, als
- ein lebloser Nebel, der es nicht mit der Gewißheit seiner Realität
- aufnehmen kann; es nimmt sich das Leben, wie eine reife Frucht
- gepflückt wird, welche ebensosehr selbst entgegen kommt, als sie
- genommen wird.
- Sein Tun ist nur nach einem Momente ein Tun der _Begierde_; es geht
- nicht auf die Vertilgung des ganzen gegenständlichen Wesens, sondern
- nur auf die Form seines Andersseins oder seiner Selbstständigkeit,
- die ein wesenloser Schein ist; denn _an sich_ gilt es ihm für
- dasselbe Wesen, oder als seine Selbstheit. Das Element, worin die
- Begierde und ihr Gegenstand gleichgültig gegeneinander und
- selbstständig bestehen, ist das _lebendige Dasein_; der Genuß der
- Begierde hebt dies, insofern es ihrem Gegenstande zukommt, auf. Aber
- hier ist dies Element, welches beiden die abgesonderte Wirklichkeit
- gibt, vielmehr die Kategorie, ein Sein, das wesentlich ein
- _vorgestelltes_ ist; es ist daher das _Bewußtsein_ der
- Selbstständigkeit;--sei es nun das natürliche, oder das zu einem
- System von Gesetzen ausgebildete Bewußtsein, welches die Individuen
- jedes für sich erhält. Diese Trennung ist nicht an sich für das
- Selbstbewußtsein, welches als _seine eigne_ Selbstheit das andre weiß.
- Es gelangt also zum Genusse der _Lust_, zum Bewußtsein seiner
- Verwirklichung in einem als selbstständig erscheinenden Bewußtsein,
- oder zur Anschauung der Einheit beider selbstständigen
- Selbstbewußtsein. Es erreicht seinen Zweck, erfährt aber eben darin,
- was die Wahrheit desselben ist. Es begreift sich als _dieses
- einzelne fürsichseiende_ Wesen, aber die Verwirklichung dieses Zwecks
- ist selbst das Aufheben desselben, denn es wird sich nicht Gegenstand
- als _dieses einzelne_, sondern vielmehr als _Einheit_ seiner selbst
- und des andern Selbstbewußtseins, hiemit als aufgehobnes Einzelnes
- oder als _Allgemeines_.
- Die genossene Lust hat wohl die positive Bedeutung, _sich selbst_ als
- gegenständliches Selbstbewußtsein geworden zu sein, aber ebensosehr
- die negative, _sich selbst_ aufgehoben zu haben; und indem es seine
- Verwirklichung nur in jener Bedeutung begriff, tritt seine Erfahrung
- als Widerspruch in sein Bewußtsein ein, worin die erreichte
- Wirklichkeit seiner Einzelnheit sich von dem negativen _Wesen_
- vernichtet werden sieht, das wirklichkeitslos jener leer
- gegenübersteht und doch die verzehrende Macht desselben ist. Dieses
- Wesen ist nichts anders als der _Begriff_ dessen, was diese
- Individualität an sich ist. Sie ist aber noch die ärmste Gestalt des
- sich verwirklichenden Geistes; denn sie ist sich erst die
- _Abstraktion_ der Vernunft, oder die _Unmittelbarkeit_ der _Einheit_
- des _Für-sich-_ und des _An-sich-seins_; ihr Wesen ist also nur die
- _abstrakte_ Kategorie. Jedoch hat sie nicht mehr die Form des
- _unmittelbaren, einfachen_ Seins, wie dem beobachtenden Geiste, wo
- sie das abstrakte _Sein_ oder, als Fremdes gesetzt, die _Dingheit_
- überhaupt ist. Hier ist in diese Dingheit das Für-sich-sein und die
- Vermittlung getreten. Sie tritt daher als _Kreis_ auf, dessen Inhalt
- die entwickelte reine Beziehung der einfachen Wesenheiten ist. Die
- erlangte Verwirklichung dieser Individualität besteht daher in nichts
- anderem, als daß sie diesen Kreis von Abstraktionen aus der
- Eingeschlossenheit des einfachen Selbstbewußtseins in das Element des
- _Für-es-seins_ oder der gegenständlichen Ausbreitung herausgeworfen
- hat. Was dem Selbstbewußtsein also in der genießenden Lust als sein
- Wesen zum _Gegenstande_ wird, ist die Ausbreitung jener leeren
- Wesenheiten, der reinen Einheit, des reinen Unterschiedes und ihrer
- Beziehung; weiter hat der Gegenstand, den die Individualität als ihr
- _Wesen_ erfährt, keinen Inhalt. Er ist das, was die _Notwendigkeit_
- genannt wird; denn die Notwendigkeit, das _Schicksal_ und dergleichen,
- ist eben dieses, von dem man nicht zu sagen weiß, _was_ es tue,
- welches seine bestimmten Gesetze und positiver Inhalt seie, weil es
- der absolute als _Sein_ angeschaute reine Begriff selbst ist, die
- einfache und leere, aber unaufhaltsame und unstörbare _Beziehung_,
- deren Werk nur das Nichts der Einzelnheit ist. Sie ist dieser _feste
- Zusammenhang_, weil das Zusammenhängende die reinen Wesenheiten oder
- die leeren Abstraktionen sind; Einheit, Unterschied und Beziehung
- sind Kategorien, deren jede nichts an und für sich, nur in Beziehung
- auf ihr Gegenteil ist, und die daher nicht auseinanderkommen können.
- Sie sind durch ihren _Begriff_ aufeinander bezogen, denn sie sind die
- reinen Begriffe selbst; und diese _absolute Beziehung_ und abstrakte
- Bewegung macht die Notwendigkeit aus. Die nur einzelne
- Individualität, die nur erst den reinen Begriff der Vernunft zu ihrem
- Inhalte hat, statt aus der toten Theorie in das Leben sich gestürzt
- zu haben, hat sich also vielmehr nur in das Bewußtsein der eignen
- Leblosigkeit gestürzt, und wird sich nur als die leere und fremde
- Notwendigkeit, als die _tote_ Wirklichkeit zuteil.
- Der Übergang geschieht aus der Form des _Eins_ in die der
- _Allgemeinheit_, aus einer absoluten Abstraktion in die andere; aus
- dem Zwecke des reinen _Für-sich-seins_, das die Gemeinschaft mit
- _Andern_ abgeworfen, in das _reine_ Gegenteil, das dadurch ebenso
- abstrakte _An-sich-sein_. Dies erscheint hiemit so, daß das
- Individuum nur zugrunde gegangen, und die absolute Sprödigkeit der
- Einzelnheit an der ebenso harten, aber kontinuierlichen Wirklichkeit
- zerstäubt ist.--Indem es als Bewußtsein die Einheit seiner selbst und
- seines Gegenteils ist, ist dieser Untergang noch für es; sein Zweck
- und seine Verwirklichung, sowie der Widerspruch dessen, was _ihm_ das
- Wesen war, und was _an sich_ das Wesen ist;--es erfährt den
- Doppelsinn, der in dem liegt, was es tat, nämlich sein _Leben_ sich
- _genommen_ zu haben; es nahm das Leben, aber vielmehr ergriff es
- damit den Tod.
- Dieser _Übergang_ seines lebendigen Seins in die leblose
- Notwendigkeit erscheint ihm daher als eine Verkehrung, die durch
- nichts vermittelt ist. Das Vermittelnde müßte das sein, worin beide
- Seiten eins wären, das Bewußtsein also das eine Moment im andern
- erkennte, seinen Zweck und Tun in dem Schicksale, und sein Schicksal
- in seinem Zwecke und Tun, _sein eigenes Wesen_ in dieser
- _Notwendigkeit_. Aber diese Einheit ist für dies Bewußtsein eben die
- Lust selbst, oder das _einfache, einzelne_ Gefühl, und der Übergang
- von dem Momente dieses seines Zwecks in das Moment seines wahren
- Wesens für es ein reiner Sprung in das Entgegengesetzte; denn diese
- Momente sind nicht im Gefühle enthalten und verknüpft, sondern nur im
- reinen Selbst, das ein Allgemeines oder das Denken ist. Das
- Bewußtsein ist sich daher durch seine Erfahrung, worin ihm seine
- Wahrheit werden sollte, vielmehr ein Rätsel geworden, die Folgen
- seiner Taten sind ihm nicht seine Taten selbst; was ihm widerfährt,
- _für es_ nicht die Erfahrung dessen, was es _an sich_ ist; der
- Übergang nicht eine bloße Formänderung desselben Inhalts und Wesens,
- einmal vorgestellt als Inhalt und Wesen des Bewußtseins, das
- anderemal als Gegenstand oder _angeschautes_ Wesen seiner selbst.
- Die _abstrakte Notwendigkeit_ gilt also für die nur negative,
- unbegriffene _Macht der Allgemeinheit_, an welcher die Individualität
- zerschmettert wird.
- Bis hieher geht die Erscheinung dieser Gestalt des Selbstbewußtseins;
- das letzte Moment ihrer Existenz ist der Gedanke ihres Verlusts in
- der Notwendigkeit, oder der Gedanke ihrer selbst als eines sich
- absolut _fremden_ Wesens. Das Selbstbewußtsein _an sich_ hat aber
- diesen Verlust überlebt; denn diese Notwendigkeit oder reine
- Allgemeinheit ist _sein eignes_ Wesen. Diese Reflexion des
- Bewußtseins in sich, die Notwendigkeit als _sich_ zu wissen, ist eine
- neue Gestalt desselben.
- b. Das Gesetz des Herzens und der Wahnsinn des Eigendünkels
- Was die Notwendigkeit in Wahrheit am Selbstbewußtsein ist, dies ist
- sie für seine neue Gestalt, worin es sich selbst als das Notwendige
- ist; es weiß _unmittelbar_ das _Allgemeine_, oder das _Gesetz_ in
- sich zu haben; welches um dieser Bestimmung willen, daß es
- _unmittelbar_ in dem Für-sich-sein des Bewußtseins ist, das _Gesetz_
- des _Herzens_ heißt. Diese Gestalt ist _für sich_ als _Einzelnheit_
- Wesen, wie die vorige, aber sie ist um die Bestimmung reicher, daß
- ihr dies _Für-sich-sein_ als notwendiges oder allgemeines gilt.
- Das Gesetz also, das unmittelbar das eigne des Selbstbewußtseins ist,
- oder ein Herz, das aber ein Gesetz an ihm hat, ist der _Zweck_, den
- es zu verwirklichen geht. Es ist zu sehen, ob seine Verwirklichung
- diesem Begriffe entsprechen, und ob es in ihr dies sein Gesetz als
- das Wesen erfahren wird.
- Diesem Herzen steht eine Wirklichkeit gegenüber; denn im Herzen ist
- das Gesetz nur erst _für sich_, noch nicht verwirklicht und also
- zugleich etwas _Anderes_, als der Begriff ist. Dieses Andere
- bestimmt sich dadurch als eine Wirklichkeit, die das Entgegengesetzte
- des zu Verwirklichenden, hiemit der _Widerspruch_ des _Gesetzes_ und
- der _Einzelnheit_ ist. Sie ist also einerseits ein Gesetz, von dem
- die einzelne Individualität gedrückt wird, eine gewalttätige Ordnung
- der Welt, welche dem Gesetze des Herzens widerspricht;--und
- andererseits eine unter ihr leidende Menschheit, welche nicht dem
- Gesetze des Herzens folgt, sondern einer fremden Notwendigkeit
- untertan ist.--Diese Wirklichkeit, die der itzigen Gestalt des
- Bewußtseins _gegenüber_ erscheint, ist, wie erhellt, nichts anders
- als das vorhergehende entzweite Verhältnis der Individualität und
- ihrer Wahrheit, das Verhältnis einer grausamen Notwendigkeit, von
- welcher jene erdrückt wird. _Für uns_ tritt die vorhergehende
- Bewegung darum der neuen Gestalt gegenüber, weil diese an sich aus
- ihr entsprungen, das Moment, woraus sie herkommt, also notwendig für
- sie ist; ihr aber erscheint es als ein _Vorgefundenes_, indem sie
- kein Bewußtsein über ihren _Ursprung_ hat, und ihr das Wesen ist,
- vielmehr _für sich_ selbst oder das negative gegen dies positive
- An-sich zu sein.
- Diese dem Gesetze des Herzens widersprechende Notwendigkeit, sowie
- das durch sie vorhandene Leiden, aufzuheben, darauf ist also diese
- Individualität gerichtet. Sie ist hiemit nicht mehr der Leichtsinn
- der vorigen Gestalt, die nur die einzelne Lust wollte, sondern die
- Ernsthaftigkeit eines hohen Zwecks, die ihre Lust in der Darstellung
- ihres _vortrefflichen_ eigenen Wesens und in der Hervorbringung des
- _Wohls der Menschheit_ sucht. Was sie verwirklicht, ist selbst das
- Gesetz, und ihre Lust daher zugleich die allgemeine aller Herzen.
- Beides ist ihr _ungetrennt_; ihre Lust das Gesetzmäßige, und die
- Verwirklichung des Gesetzes der allgemeinen Menschheit Bereitung
- ihrer einzelnen Lust. Denn innerhalb ihrer selbst ist _unmittelbar_
- die Individualität und das Notwendige eins; das Gesetz Gesetz des
- Herzens. Die Individualität ist noch nicht aus ihrer Stelle gerückt,
- und die Einheit beider nicht durch die vermittelnde Bewegung
- derselben, noch nicht durch die Zucht zustande gekommen. Die
- Verwirklichung des unmittelbaren _ungezogenen_ Wesens gilt für
- Darstellung einer Vortrefflichkeit und für Hervorbringung des Wohls
- der Menschheit.
- Das Gesetz dagegen, welches dem Gesetze des Herzens gegenübersteht,
- ist vom Herzen getrennt, und frei für sich. Die Menschheit, die ihm
- angehört, lebt nicht in der beglückenden Einheit des Gesetzes mit dem
- Herzen, sondern entweder in grausamer Trennung und Leiden, oder
- wenigstens in der Entbehrung des Genusses _seiner selbst_ bei der
- _Befolgung_ des Gesetzes, und in dem Mangel des Bewußtseins der
- eignen Vortrefflichkeit bei der _Überschreitung_ desselben. Weil
- jene gewalthabende göttliche und menschliche Ordnung von dem Herzen
- getrennt ist, ist sie diesem ein _Schein_, welcher das verlieren soll,
- was ihm noch zugesellt ist, nämlich die Gewalt und die Wirklichkeit.
- Sie mag in ihrem _Inhalte_ wohl zufälligerweise mit dem Gesetze des
- Herzens übereinstimmen, und dann kann sich dieses sie gefallen lassen;
- aber nicht das Gesetzmäßige rein als solches ist ihm das Wesen,
- sondern daß es darin das Bewußtsein _seiner selbst_, daß es _sich_
- darin befriedigt habe. Wo der Inhalt der allgemeinen Notwendigkeit
- aber nicht mit dem Herzen übereinstimmt, ist sie auch ihrem Inhalte
- nach nichts an sich, und muß dem Gesetze des Herzens weichen.
- Das Individuum _vollbringt_ also das Gesetz seines Herzens; es wird
- _allgemeine Ordnung_, und die Lust zu einer an und für sich
- gesetzmäßigen Wirklichkeit. Aber in dieser Verwirklichung ist es ihm
- in der Tat entflohen; es wird unmittelbar nur das Verhältnis, welches
- aufgehoben werden sollte. Das Gesetz des Herzens hört eben durch
- seine Verwirklichung auf, Gesetz des _Herzens_ zu sein. Denn es
- erhält darin die Form des _Seins_, und ist nun _allgemeine Macht_,
- für welche _dieses_ Herz gleichgültig ist, so daß das Individuum
- _seine eigene_ Ordnung dadurch, daß es sie _aufstellt_, nicht mehr
- als die seinige findet. Durch die Verwirklichung seines Gesetzes
- bringt es daher nicht _sein_ Gesetz, sondern indem sie _an sich_ die
- seinige, für es aber eine fremde ist, nur dies hervor, in die
- wirkliche Ordnung sich zu verwickeln; und zwar in sie als eine ihm
- nicht nur fremde, sondern feindliche Übermacht.--Durch seine Tat
- setzt es sich _in_ oder vielmehr _als_ das allgemeine Element der
- seienden Wirklichkeit, und seine Tat soll selbst nach seinem Sinne
- den Wert einer allgemeinen Ordnung haben. Aber damit hat es sich von
- sich selbst _freigelassen_, es wächst als Allgemeinheit für sich fort
- und reinigt sich von der Einzelnheit; das Individuum, welches die
- Allgemeinheit nur in der Form seines unmittelbaren Für-sich-seins
- erkennen will, erkennt sich also nicht in dieser freien Allgemeinheit,
- während es ihr zugleich angehört, denn sie ist sein Tun. Dies Tun
- hat daher die verkehrte Bedeutung, der allgemeinen Ordnung zu
- _widersprechen_, denn seine Tat soll Tat _seines_ einzelnen Herzens,
- nicht freie allgemeine Wirklichkeit sein; und zugleich hat es sie in
- der Tat _anerkannt_, denn das Tun hat den Sinn, sein Wesen als _freie
- Wirklichkeit_ zu setzen, das heißt die Wirklichkeit als sein Wesen
- anzuerkennen.
- Das Individuum hat durch den Begriff seines Tuns die nähere Weise
- bestimmt, in welcher die wirkliche Allgemeinheit, der es sich
- angehörig gemacht, sich gegen es kehrt. Seine Tat gehört als
- _Wirklichkeit_ dem Allgemeinen an; ihr Inhalt aber ist die eigene
- Individualität, welche sich als diese _einzelne_ dem Allgemeinen
- entgegengesetzte erhalten will. Es ist nicht irgendein bestimmtes
- Gesetz, von dessen Aufstellung die Rede wäre, sondern die
- unmittelbare Einheit des einzelnen Herzens mit der Allgemeinheit ist
- der zum Gesetze erhobene und geltensollende Gedanke, daß in dem, was
- Gesetz ist, _jedes Herz sich_ selbst erkennen muß. Aber nur das Herz
- dieses Individuums hat seine Wirklichkeit in seiner Tat, welche ihm
- sein _Für-sich-sein_ oder _seine Lust_ ausdrückt, gesetzt. Sie soll
- unmittelbar als Allgemeines gelten, das heißt, sie ist in Wahrheit
- etwas Besonderes, und hat nur die Form der Allgemeinheit, sein
- _besonderer_ Inhalt soll _als solcher_ für allgemein gelten. Daher
- finden in diesem Inhalte die andern nicht das Gesetz ihres Herzens,
- sondern vielmehr das _eines andern_ vollbracht, und eben nach dem
- allgemeinen Gesetze, daß in dem, was Gesetz ist, jedes sein Herz
- finden soll, kehren sie sich ebenso gegen die Wirklichkeit, welche
- _es_ aufstellte, als es sich gegen die ihrige kehrte. Das Individuum
- findet also, wie zuerst nur das starre Gesetz, itzt die Herzen der
- Menschen selbst seinen vortrefflichen Absichten entgegen und zu
- verabscheuen.
- Weil dies Bewußtsein die Allgemeinheit nur erst als _unmittelbare_,
- und die Notwendigkeit als Notwendigkeit des _Herzens_ kennt, ist ihm
- die Natur der Verwirklichung und der Wirksamkeit unbekannt, daß sie
- als das _Seiende_ in ihrer Wahrheit vielmehr das _an sich Allgemeine_
- ist, worin die Einzelnheit des Bewußtseins, die sich ihr anvertraut,
- um als _diese_ unmittelbare _Einzelnheit_ zu _sein_, vielmehr
- untergeht; statt dieses _seines Seins_ erlangt es also in dem Sein
- die Entfremdung _seiner selbst_. Dasjenige, worin es sich nicht
- erkennt, ist aber nicht mehr die tote Notwendigkeit, sondern die
- Notwendigkeit als belebt durch die allgemeine Individualität. Es
- nahm diese göttliche und menschliche Ordnung, die es geltend vorfand,
- für eine tote Wirklichkeit, worin, wie es selbst, das sich als dieses
- für sich seiende dem Allgemeinen entgegengesetzte Herz fixiert, so
- die ihr angehören, das Bewußtsein ihrer selbst nicht hätten; es
- findet sie aber vielmehr von dem Bewußtsein aller belebt, und als
- Gesetz aller Herzen. Es macht die Erfahrung, daß die Wirklichkeit
- belebte Ordnung ist, zugleich in der Tat eben dadurch, daß es das
- Gesetz seines Herzens verwirklicht; denn dies heißt nichts anders,
- als daß die Individualität sich als Allgemeines zum Gegenstande wird,
- worin es sich aber nicht erkennt.
- Was also dieser Gestalt des Selbstbewußtseins aus ihrer Erfahrung als
- das Wahre hervorgeht, _widerspricht_ dem, was sie _für sich_ ist.
- Was sie aber für sich ist, hat selbst die Form absoluter
- Allgemeinheit für sie, und es ist das Gesetz des Herzens, welches mit
- dem _Selbst_bewußtsein unmittelbar eins ist. Zugleich ist die
- bestehende und lebendige Ordnung ebenso sein _eigenes Wesen_ und Werk,
- es bringt nichts anders hervor als sie; sie ist in gleich
- unmittelbarer Einheit mit dem Selbstbewußtsein. Dieses ist auf diese
- Weise, einer gedoppelten entgegengesetzten Wesenheit angehörend, an
- sich selbst widersprechend, und im Innersten zerrüttet. Das Gesetz
- _dieses_ Herzens ist nur dasjenige, worin das Selbstbewußtsein sich
- selbst erkennt; aber die allgemeine gültige Ordnung ist durch die
- Verwirklichung jenes Gesetzes, ebenso ihm sein eigenes _Wesen_ und
- seine eigene _Wirklichkeit_ geworden; was in seinem Bewußtsein sich
- also widerspricht, ist beides in der Form des Wesens und seiner
- eignen Wirklichkeit für es.
- Indem es dies Moment seines sich bewußten Untergangs und darin das
- Resultat seiner Erfahrung ausspricht, zeigt es sich als diese innere
- Verkehrung seiner Selbst, als die Verrücktheit des Bewußtseins,
- welchem sein Wesen unmittelbar Unwesen, seine Wirklichkeit
- unmittelbar Unwirklichkeit ist.--Die Verrücktheit kann nicht dafür
- gehalten werden, daß überhaupt etwas Wesenloses für wesentlich, etwas
- Nichtwirkliches für wirklich gehalten werde, so daß das, was für den
- einen wesentlich oder wirklich ist, es für einen andern nicht wäre,
- und das Bewußtsein der Wirklichkeit und Nichtwirklichkeit oder der
- Wesenheit und Unwesenheit auseinander fielen.--Wenn etwas in der Tat
- für das Bewußtsein überhaupt wirklich und wesentlich, für mich aber
- nicht ist, so habe ich in dem Bewußtsein seiner Nichtigkeit, zugleich
- da ich Bewußtsein überhaupt bin, das Bewußtsein seiner Wirklichkeit,
- --und indem sie beide fixiert sind, so ist dies eine Einheit, welche
- der Wahnsinn im Allgemeinen ist. In diesem ist aber nur ein
- _Gegenstand_ für das Bewußtsein verrückt; nicht das Bewußtsein als
- solches in und für sich selbst. In dem Resultate des Erfahrens, das
- sich hier ergeben hat, ist aber das Bewußtsein in seinem Gesetze sich
- _seiner selbst_ als dieses Wirklichen bewußt; und zugleich, indem ihm
- ebendieselbe Wesenheit, dieselbe Wirklichkeit _entfremdet_ ist, ist
- es als Selbstbewußtsein, als absolute Wirklichkeit sich seiner
- Unwirklichkeit bewußt, oder die beiden Seiten gelten ihm nach ihrem
- Widerspruche unmittelbar als _sein Wesen,_ das also im Innersten
- verrückt ist.
- Das Herzklopfen für das Wohl der Menschheit geht darum in das Toben
- des verrückten Eigendünkels über; in die Wut des Bewußtseins, gegen
- seine Zerstörung sich zu erhalten, und dies dadurch, daß es die
- Verkehrtheit, welche es selbst ist, aus sich herauswirft, und sie als
- ein Anderes anzusehen und auszusprechen sich anstrengt. Es spricht
- also die allgemeine Ordnung aus, als eine von fanatischen Priestern,
- schwelgenden Despoten und für ihre Erniedrigung hinabwärts durch
- Erniedrigen und Unterdrücken sich entschädigenden Dienern derselben
- erfundne und zum namenlosen Elende der betrognen Menschheit
- gehandhabte Verkehrung des Gesetzes des Herzens und seines Glückes.
- --Das Bewußtsein spricht in dieser seiner Verrücktheit die
- _Individualität_ als das Verrückende und Verkehrte aus, aber eine
- _fremde_ und _zufällige_. Aber das Herz, oder die _unmittelbar
- allgemeinseinwollende Einzelnheit des Bewußtseins_ ist dies
- Verrückende und Verkehrte selbst, und sein Tun nur die Hervorbringung
- dessen, daß dieser Widerspruch _seinem_ Bewußtsein wird. Denn das
- Wahre ist ihm das Gesetz des Herzens--ein bloß _gemeintes_, das nicht,
- wie die bestehende Ordnung, den Tag ausgehalten hat, sondern
- vielmehr, wie es sich diesem zeigt, zugrunde geht. Dies sein Gesetz
- sollte _Wirklichkeit_ haben; hierin ist ihm das Gesetz als
- _Wirklichkeit_, als _geltende Ordnung_ Zweck und Wesen, aber
- unmittelbar ist ihm ebenso die _Wirklichkeit_, eben das Gesetz als
- _geltende Ordnung_, vielmehr das Nichtige.--Ebenso seine _eigne_
- Wirklichkeit, _es selbst_ als Einzelnheit des Bewußtseins ist sich
- das Wesen; aber es ist ihm Zweck, sie _seiend_ zu setzen; es ist ihm
- also unmittelbar vielmehr sein Selbst als Nichteinzelnes das Wesen,
- oder Zweck als Gesetz, eben darin als eine Allgemeinheit, welche es
- für sein Bewußtsein selbst sei.--Dieser sein Begriff wird durch sein
- Tun zu seinem Gegenstande; sein Selbst erfährt es also vielmehr als
- das Unwirkliche, und die Unwirklichkeit als seine Wirklichkeit. Es
- ist also nicht eine zufällige und fremde Individualität, sondern eben
- dieses Herz nach allen Seiten in sich das Verkehrte und Verkehrende.
- Indem aber die unmittelbar allgemeine Individualität das Verkehrte
- und Verkehrende ist, ist nicht weniger diese allgemeine Ordnung, da
- sie das Gesetz aller _Herzen_, das heißt, des Verkehrten ist, selbst
- an sich das Verkehrte, wie die tobende Verrücktheit es aussprach.
- Einmal erweist sie sich in dem Widerstande, welchen das Gesetz eines
- Herzens an den andern Einzelnen findet, _Gesetz_ aller Herzen zu sein.
- Die bestehenden Gesetze werden gegen das Gesetz eines Individuums
- verteidigt, weil sie nicht bewußtlose, leere und tote Notwendigkeit,
- sondern geistige Allgemeinheit und Substanz sind, worin diejenigen,
- an denen sie ihre Wirklichkeit hat, als Individuen leben, und ihrer
- selbst bewußt sind; so daß, wenn sie auch über diese Ordnung, als ob
- sie dem innern Gesetze zuwiderlaufe, klagen und die Meinungen des
- Herzens gegen sie halten, in der Tat mit ihrem Herzen an ihr als
- ihrem Wesen hängen; und wenn diese Ordnung ihnen genommen wird, oder
- sie selbst sich daraussetzen, sie alles verlieren. Indem hierin eben
- die Wirklichkeit und Macht der öffentlichen Ordnung besteht,
- erscheint also diese als das sich selbst gleiche allgemein belebte
- Wesen, und die Individualität als die Form derselben.--Aber diese
- Ordnung ist ebenso das Verkehrte.
- Denn darin, daß sie das Gesetz aller Herzen ist, daß alle Individuen
- unmittelbar dieses Allgemeine sind, ist sie eine Wirklichkeit, welche
- nur die Wirklichkeit der _für sich seienden_ Individualität, oder des
- Herzens ist. Das Bewußtsein, welches das Gesetz seines Herzens
- aufstellt, erfährt also Widerstand von andern, weil es den _ebenso
- einzelnen_ Gesetzen ihres Herzens widerspricht, und diese tun in
- ihrem Widerstande nichts anders als ihr Gesetz aufstellen und geltend
- machen. Das _Allgemeine_, das vorhanden ist, ist daher nur ein
- allgemeiner Widerstand und Bekämpfung aller gegeneinander, worin
- jeder seine eigene Einzelnheit geltend macht, aber zugleich nicht
- dazu kommt, weil sie denselben Widerstand erfährt, und durch die
- andern gegenseitig aufgelöst wird. Was öffentliche _Ordnung_ scheint,
- ist also diese allgemeine Befehdung, worin jeder an sich reißt, was
- er kann, die Gerechtigkeit an der Einzelnheit der Andern ausübt und
- die seinige festsetzt, die ebenso durch andere verschwindet. Sie ist
- der _Weltlauf_, der Schein eines bleibenden Ganges, der nur eine
- _gemeinte Allgemeinheit_, und dessen Inhalt vielmehr das wesenlose
- Spiel der Festsetzung der Einzelnheiten und ihrer Auflösung ist.
- Betrachten wir beide Seiten der allgemeinen Ordnung gegeneinander, so
- hat die letztere Allgemeinheit zu ihrem Inhalte die unruhige
- Individualität, für welche die Meinung oder die Einzelnheit Gesetz,
- das Wirkliche unwirklich und das Unwirkliche das Wirkliche ist. Sie
- ist aber zugleich die _Seite der Wirklichkeit_ der Ordnung, denn ihr
- gehört das _Für-sich-sein_ der Individualität an.--Die andere Seite
- ist das _Allgemeine_ als _ruhiges_ Wesen, aber eben darum nur als ein
- _Inneres_, das nicht gar nicht, aber doch keine Wirklichkeit ist, und
- nur durch Aufhebung der Individualität, welche sich die Wirklichkeit
- angemaßt hat, selbst wirklich werden kann. Diese Gestalt des
- Bewußtseins, sich in dem Gesetze, in dem _an sich_ Wahren und Guten
- nicht als die Einzelnheit, sondern nur als _Wesen_ zu werden, die
- Individualität aber als das Verkehrte und Verkehrende zu wissen, und
- daher die Einzelnheit des Bewußtseins aufopfern zu müssen, ist die
- _Tugend_.
- c. Die Tugend und der Weltlauf
- In der ersten Gestalt der tätigen Vernunft war das Selbstbewußtsein
- sich reine Individualität, und ihr gegenüber stand die leere
- Allgemeinheit. In der zweiten hatten die beiden Teile des
- Gegensatzes jeder die _beiden_ Momente, Gesetz und Individualität, an
- ihnen; der eine aber, das Herz, war ihre unmittelbare Einheit, der
- andere ihre Entgegensetzung. Hier, im Verhältnisse der Tugend und
- des Weltlaufs, sind beide Glieder, jedes Einheit und Gegensatz dieser
- Momente, oder eine Bewegung des Gesetzes und der Individualität
- gegeneinander, aber eine entgegengesetzte. Dem Bewußtsein der Tugend
- ist das _Gesetz_ das _Wesentliche_ und die Individualität das
- Aufzuhebende, und also sowohl an ihrem Bewußtsein selbst als an dem
- Weltlaufe. An jenem ist die eigne Individualität in die Zucht unter
- das Allgemeine, das an sich Wahre und Gute, zu nehmen; es bleibt aber
- darin noch persönliches Bewußtsein; die wahre Zucht ist allein die
- Aufopfrung der ganzen Persönlichkeit, als die Bewährung, daß es in
- der Tat nicht noch an Einzelnheiten festgeblieben ist. In dieser
- einzelnen Aufopfrung wird zugleich die Individualität an _dem
- Weltlaufe_ vertilgt, denn sie ist auch einfaches beiden
- gemeinschaftliches Moment.--In diesem verhält sich die Individualität
- auf die verkehrte Weise, als sie am tugendhaften Bewußtsein gesetzt
- ist, nämlich sich zum Wesen zu machen, und dagegen das _an sich_ Gute
- und Wahre sich zu unterwerfen.--Der Weltlauf ist ferner ebenso für
- die Tugend nicht nur dies durch die _Individualität verkehrte_
- Allgemeine; sondern die absolute _Ordnung_ ist gleichfalls
- gemeinschaftliches Moment, an dem Weltlaufe nur nicht als _seiende
- Wirklichkeit_ für das Bewußtsein vorhanden, sondern das _innere
- Wesen_ desselben. Sie ist daher nicht erst durch die Tugend
- eigentlich hervorzubringen, denn das Hervorbringen ist, als _Tun_,
- Bewußtsein der Individualität, und diese vielmehr aufzuheben; durch
- dieses Aufheben aber wird dem _An-sich_ des Weltlaufs gleichsam nur
- Raum gemacht, an und für sich selbst in die Existenz zu treten.
- Der allgemeine _Inhalt_ des wirklichen Weltlaufs hat sich schon
- ergeben; näher betrachtet, ist er wieder nichts anders als die beiden
- vorhergehenden Bewegungen des Selbstbewußtseins. Aus ihnen ist die
- Gestalt der Tugend hervorgegangen; indem sie ihr Ursprung sind, hat
- sie sie vor sich; sie geht aber darauf, ihren Ursprung aufzuheben,
- und sich zu realisieren, oder _für sich_ zu werden. Der Weltlauf ist
- also einerseits die einzelne Individualität, welche ihre Lust und
- Genuß sucht, darin zwar ihren Untergang findet, und hiemit das
- Allgemeine befriedigt. Aber diese Befriedigung selbst sowie die
- übrigen Momente dieses Verhältnisses ist eine verkehrte Gestalt und
- Bewegung des Allgemeinen. Die Wirklichkeit ist nur die Einzelnheit
- der Lust und des Genusses, das Allgemeine aber ihr entgegengesetzt;
- eine Notwendigkeit, welche nur die leere Gestalt desselben, eine nur
- negative Rückwirkung und inhaltsloses Tun ist.--Das andere Moment des
- Weltlaufs ist die Individualität, welche an und für sich Gesetz sein
- will, und in dieser Einbildung die bestehende Ordnung stört; das
- allgemeine Gesetz erhält sich zwar gegen diesen Eigendünkel, und
- tritt nicht mehr als ein dem Bewußtsein Entgegengesetztes und Leeres,
- nicht als eine tote Notwendigkeit auf, sondern als _Notwendigkeit in
- dem Bewußtsein selbst_. Aber wie es als die _bewußte_ Beziehung der
- absolut widersprechenden Wirklichkeit existiert, ist es die
- Verrücktheit; wie es aber als _gegenständliche_ Wirklichkeit ist, ist
- es die Verkehrtheit überhaupt. Das Allgemeine stellt sich also wohl
- in beiden Seiten als die Macht ihrer Bewegung dar, aber die
- _Existenz_ dieser Macht ist nur die allgemeine Verkehrung.
- Von der Tugend soll es nun seine wahrhafte Wirklichkeit erhalten,
- durch das Aufheben der Individualität, des Prinzips der Verkehrung;
- ihr Zweck ist, hiedurch den verkehrten Weltlauf wieder zu verkehren
- und sein wahres Wesen hervorzubringen. Dies wahre Wesen ist an dem
- Weltlaufe nur erst als sein _An-sich_, es ist noch nicht wirklich;
- und die Tugend _glaubt_ es daher nur. Diesen Glauben geht sie zum
- Schauen zu erheben, ohne aber der Früchte ihrer Arbeit und
- Aufopferung zu genießen. Denn insofern sie _Individualität_ ist, ist
- sie das _Tun_ des Kampfes, den sie mit dem Weltlaufe eingeht; ihr
- Zweck und wahres Wesen aber ist die Besiegung der Wirklichkeit des
- Weltlaufs; die dadurch bewirkte Existenz des Guten ist hiemit das
- Aufhören ihres _Tuns_, oder des _Bewußtseins_ der Individualität.
- --Wie dieser Kampf selbst bestanden werde, was die Tugend in ihm
- erfährt, ob durch die Aufopferung, welche sie über sich nimmt, der
- Weltlauf unterliege, die Tugend aber siege--dies muß sich aus der
- Natur der lebendigen _Waffen_ entscheiden, welche die Kämpfer führen.
- Denn die Waffen sind nichts anderes als das _Wesen_ der Kämpfer
- selbst, das nur für sie beide gegenseitig hervortritt. Ihre Waffen
- haben sich hiemit schon aus dem ergeben, was an sich in diesem Kampfe
- vorhanden ist.
- Das _Allgemeine_ ist für das tugendhafte Bewußtsein im _Glauben_ oder
- _an sich_ wahrhaft; noch nicht eine wirkliche, sondern eine
- _abstrakte_ Allgemeinheit; an diesem Bewußtsein selbst ist es _als
- Zweck_, an dem Weltlaufe als _Inneres_. In eben dieser Bestimmung
- stellt das Allgemeine sich auch an der Tugend für den Weltlauf dar;
- denn sie _will_ das Gute erst ausführen, und gibt selbst es noch
- nicht für Wirklichkeit aus. Diese Bestimmtheit kann auch so
- betrachtet werden, daß das Gute, indem es in dem Kampf gegen den
- Weltlauf auftritt, damit sich darstellt als seiend _für ein Anderes_;
- als etwas, das nicht _an und für sich selbst_ ist, denn sonst würde
- es nicht durch Bezwingung seines Gegenteils sich erst seine Wahrheit
- geben wollen. Es ist nur erst _für ein Anderes_, heißt dasselbe, was
- vorher von ihm in der entgegengesetzten Betrachtung sich zeigte,
- nämlich es ist erst eine _Abstraktion_, welche nur in dem
- Verhältnisse, nicht an und für sich, Realität hat.
- Das Gute oder Allgemeine, wie es also hier auftritt, ist dasjenige,
- was die _Gaben, Fähigkeiten, Kräfte_ genannt wird. Es ist eine Weise
- des Geistigen zu sein, worin es als ein Allgemeines vorgestellt wird,
- das zu seiner Belebung und Bewegung des Prinzips der Individualität
- bedarf, und in dieser seine _Wirklichkeit_ hat. Von diesem Prinzip,
- insofern es am Bewußtsein der Tugend ist, wird dies Allgemeine _gut
- angewendet_, von ihm aber, insofern es am Weltlauf ist, _mißbraucht_;
- --ein passives Werkzeug, das von der Hand der freien Individualität
- regiert, gleichgültig gegen den Gebrauch, den sie von ihm macht, auch
- zur Hervorbringung einer Wirklichkeit mißbraucht werden kann, die
- seine Zerstörung ist; eine leblose, eigner Selbstständigkeit
- entbehrende Materie, die so oder auch anders, und selbst zu ihrem
- Verderben geformt werden kann.
- Indem dies Allgemeine dem Bewußtsein der Tugend, wie dem Weltlaufe
- auf gleiche Weise zu Gebote steht, so ist nicht abzusehen, ob so
- ausgerüstet die Tugend das Laster besiegen werde. Die Waffen sind
- dieselben; sie sind diese Fähigkeiten und Kräfte. Zwar hat die
- Tugend ihren Glauben an die ursprüngliche Einheit ihres Zweckes und
- des Wesens des Weltlaufes in den Hinterhalt gelegt, welche dem Feinde
- während des Kampfes in den Rücken fallen, und _an sich_ ihn
- vollbringen soll; so daß hiedurch in der Tat für den Ritter der
- Tugend sein eignes _Tun_ und Kämpfen eigentlich eine Spiegelfechterei
- ist, die er nicht für Ernst nehmen _kann_, weil er seine wahrhafte
- Stärke darein setzt, daß das Gute _an und für sich selbst_ sei, d.h.
- sich selbst vollbringe,--eine Spiegelfechterei, die er auch nicht zum
- Ernste werden lassen _darf_. Denn dasjenige, was er gegen den Feind
- kehrt, und gegen sich gekehrt findet, und dessen Abnutzung und
- Beschädigung er sowohl an ihm selbst als seinem Feinde daran wagt,
- soll nicht das Gute selbst sein; denn für dessen Bewahrung und
- Ausführung kämpft er; sondern was daran gewagt wird, sind nur die
- gleichgültigen Gaben und Fähigkeiten. Allein diese sind in der Tat
- nichts anderes als eben dasjenige individualitätslose Allgemeine
- selbst, welches durch den Kampf erhalten und verwirklicht werden soll.
- --Es ist aber zugleich durch den Begriff des Kampfs selbst
- unmittelbar _bereits verwirklicht_; es ist das _An-sich_, das
- _Allgemeine_; und seine Verwirklichung heißt nur dieses, daß es
- _zugleich für ein Anderes_ sei. Die beiden oben angegebenen Seiten,
- nach deren jeder es zu einer Abstraktion wurde, _sind nicht mehr
- getrennt_, sondern in und durch den Kampf ist das Gute auf beide
- Weisen zumal gesetzt.--Das tugendhafte Bewußtsein tritt aber in den
- Kampf gegen den Weltlauf als gegen ein dem Guten Entgegengesetztes;
- was er ihm hierin darbietet, ist das Allgemeine, nicht nur als
- abstraktes Allgemeines, sondern als ein von der Individualität
- belebtes und für ein Anderes seiendes, oder das _wirkliche Gute_. Wo
- also die Tugend den Weltlauf anfaßt, trifft sie immer auf solche
- Stellen, die die Existenz des Guten selbst sind, das in alle
- Erscheinung des Weltlaufs, als das _An-sich_ des Weltlaufs,
- unzertrennlich verschlungen ist, und in der Wirklichkeit desselben
- auch sein Dasein hat; er ist also für sie unverwundbar. Ebensolche
- Existenzen des Guten, und hiemit unverletzliche Verhältnisse, sind
- alle Momente, welche von der Tugend selbst an ihr darangesetzt und
- aufgeopfert werden sollten. Das Kämpfen kann daher nur ein Schwanken
- zwischen Bewahren und Aufopfern sein; oder vielmehr kann weder
- Aufopferung des Eignen noch Verletzung des Fremden stattfinden. Die
- Tugend gleicht nicht nur jenem Streiter, dem es im Kampfe allein
- darum zu tun ist, sein Schwert blank zu erhalten, sondern sie hat
- auch den Streit darum begonnen, die Waffen zu bewahren; und nicht nur
- kann sie die ihrigen nicht gebrauchen, sondern muß auch die des
- Feindes unverletzt erhalten und sie gegen sich selbst schützen, denn
- alle sind edle Teile des Guten, für welches sie in den Kampf ging.
- Diesem Feinde dagegen ist nicht das _An-sich_, sondern die
- _Individualität_ das Wesen; seine Kraft also das negative Prinzip,
- welchem nichts bestehend und absolut heilig ist, sondern welches den
- Verlust von allem und jedem wagen und ertragen kann. Hiedurch ist
- ihm der Sieg ebensosehr an ihm selbst gewiß als durch den Widerspruch,
- in welchen sich sein Gegner verwickelt. Was der Tugend _an sich_
- ist, ist dem Weltlaufe nur für _ihn_; er ist frei von jedem Momente,
- das für sie fest und woran sie gebunden ist. Er hat ein solches
- Moment dadurch, daß es für ihn nur als ein solches gilt, das er
- ebensowohl aufheben als bestehen lassen kann, in seiner Gewalt; und
- damit auch den daran befestigten tugendhaften Ritter. Dieser kann
- sich davon nicht als von einem äußerlich umgeworfenen Mantel
- loswickeln und durch Hinterlassung desselben sich frei machen; denn
- es ist ihm das nicht aufzugebende Wesen.
- Was endlich den Hinterhalt betrifft, aus welchem das _gute An-sich_
- dem Weltlaufe listigerweise in den Rücken fallen soll, so ist diese
- Hoffnung an sich nichtig. Der Weltlauf ist das wache seiner selbst
- gewisse Bewußtsein, das nicht von hinten an sich kommen läßt, sondern
- allenthalben die Stirne bietet; denn er ist dieses, daß alles _für
- ihn_ ist, daß alles _vor ihm_ steht. Das gute _An-sich_ aber, ist es
- _für_ seinen Feind, so ist es in dem Kampfe, den wir gesehen haben;
- insofern es aber nicht _für ihn_, sondern _an sich_ ist, ist es das
- passive Werkzeug der Gaben und Fähigkeiten, die wirklichkeitslose
- Materie; als Dasein vorgestellt, wäre es ein schlafendes und dahinten,
- man weiß nicht wo, bleibendes Bewußtsein.
- Die Tugend wird also von dem Weltlaufe besiegt, weil das abstrakte,
- unwirkliche _Wesen_ in der Tat ihr Zweck ist, und weil in Ansehung
- der Wirklichkeit ihr Tun auf _Unterschieden_ beruht, die allein in
- den _Worten_ liegen. Sie wollte darin bestehen, durch _Aufopferung
- der Individualität_ das Gute zur _Wirklichkeit_ zu bringen, aber die
- Seite der _Wirklichkeit_ ist selbst nichts anders als die Seite der
- _Individualität_. Das Gute sollte dasjenige sein, was _an sich_ und
- dem, was _ist_, entgegengesetzt ist, aber das _An-sich_ ist, nach
- seiner Realität und Wahrheit genommen, vielmehr das _Sein selbst_.
- Das _An-sich_ ist zunächst die _Abstraktion des Wesens_ gegen die
- Wirklichkeit; aber die Abstraktion ist eben dasjenige, was nicht
- wahrhaft, sondern nur _für das Bewußtsein_ ist; das heißt aber, es
- ist selbst dasjenige, was _wirklich_ genannt wird; denn das Wirkliche
- ist, was wesentlich _für ein Anderes_ ist, oder es ist das _Sein_.
- Das Bewußtsein der Tugend aber beruht auf diesem Unterschiede des
- _An-sich_ und des _Seins_, der keine Wahrheit hat.--Der Weltlauf
- sollte die Verkehrung des Guten sein, weil er die _Individualität_ zu
- seinem Prinzip hatte; allein diese ist das Prinzip der _Wirklichkeit_;
- denn eben sie ist das Bewußtsein, wodurch das _Ansichseiende_
- ebensosehr _für ein Anderes_ ist; er verkehrt das Unwandelbare, aber
- er verkehrt es in der Tat aus dem _Nichts der Abstraktion in das Sein
- der Realität_.
- Der Weltlauf siegt also über das, was die Tugend im Gegensatze gegen
- ihn ausmacht; er siegt über sie, der die wesenlose Abstraktion das
- Wesen ist. Er siegt aber nicht über etwas Reales, sondern über das
- Erschaffen von Unterschieden, welche keine sind, über diese
- pomphaften Reden vom Besten der Menschheit und der Unterdrückung
- derselben, von der Aufopferung fürs Gute und dem Mißbrauche der Gaben;
- --solcherlei ideale Wesen und Zwecke sinken als leere Worte zusammen,
- welche das Herz erheben und die Vernunft leer lassen; erbauen, aber
- nichts aufbauen; Deklamationen, welche nur diesen Inhalt bestimmt
- aussprechen, daß das Individuum, welches für solche edle Zwecke zu
- handeln vorgibt und solche vortreffliche Redensarten führt, sich für
- ein vortreffliches Wesen gilt,--eine Aufschwellung, welche sich und
- andern den Kopf groß macht, aber groß von einer leeren
- Aufgeblasenheit.--Die antike Tugend hatte ihre bestimmte sichere
- Bedeutung, denn sie hatte an der _Substanz_ des Volks ihre
- _inhaltsvolle Grundlage_, und ein _wirkliches schon existierendes_
- Gutes zu ihrem Zwecke; sie war daher auch nicht gegen die
- Wirklichkeit als eine _allgemeine Verkehrtheit_ und gegen einen
- _Weltlauf_ gerichtet. Die betrachtete aber ist aus der Substanz
- heraus, eine wesenlose Tugend, eine Tugend nur der Vorstellung und
- der Worte, die jenes Inhalts entbehren.--Diese Leerheit der mit dem
- Weltlaufe kämpfenden Rednerei würde sich sogleich aufdecken, wenn
- gesagt werden sollte, was ihre Redensarten bedeuten;--sie werden
- daher _als bekannt vorausgesetzt_. Die Forderung, dies Bekannte zu
- sagen, würde entweder durch einen neuen Schwall von Redensarten
- erfüllt, oder ihr die Berufung auf das Herz entgegengesetzt, welches
- _innerhalb_ es sage, was sie bedeuten, das heißt, die Unvermögenheit,
- _es in der Tat_ zu sagen, würde eingestanden.--Die Nichtigkeit jener
- Rednerei scheint auch auf eine bewußtlose Art für die Bildung unsers
- Zeitalters Gewißheit erlangt zu haben; indem aus der ganzen Masse
- jener Redensarten und der Weise, sich damit aufzuspreizen, alles
- Interesse verschwunden ist; ein Verlust, der sich darin ausdrückt,
- daß sie nur Langeweile machen.
- Das Resultat also, welches aus diesem Gegensatze hervorgeht, besteht
- darin, daß das Bewußtsein die Vorstellung von einem _an sich_ Guten,
- das noch keine Wirklichkeit hätte, als einen leeren Mantel fahren
- läßt. Es hat in seinem Kampfe die Erfahrung gemacht, daß der
- Weltlauf so übel nicht ist, als er aussah; denn seine Wirklichkeit
- ist die Wirklichkeit des Allgemeinen. Es fällt mit dieser Erfahrung
- das Mittel, durch _Aufopferung_ der Individualität das Gute
- hervorzubringen, hinweg; denn die Individualität ist gerade die
- _Verwirklichung_ des Ansichseienden; und die Verkehrung hört auf, als
- eine Verkehrung des Guten angesehen zu werden, denn sie ist vielmehr
- eben die Verkehrung desselben als eines bloßen Zwecks in die
- Wirklichkeit; die Bewegung der Individualität ist die Realität des
- Allgemeinen.
- In der Tat ist hiemit aber ebenso dasjenige besiegt worden und
- verschwunden, was als _Weltlauf_ dem Bewußtsein des Ansichseienden
- gegenüberstand. Das _Für-sich-sein_ der Individualität war daran dem
- Wesen oder Allgemeinen entgegengesetzt, und erschien als eine von dem
- _An-sich-sein_ getrennte Wirklichkeit. Indem aber sich gezeigt hat,
- daß die Wirklichkeit in ungetrennter Einheit mit dem Allgemeinen ist,
- so erweist sich das _Für-sich-sein_ des Weltlaufs ebenso, wie das
- _An-sich_ der Tugend nur eine _Ansicht_ ist, auch nicht mehr zu sein.
- Die Individualität des Weltlaufs mag wohl nur _für sich_ oder
- _eigennützig_ zu handeln meinen; sie ist besser, als sie meint, ihr
- Tun ist zugleich _ansich_seiendes, _allgemeines_ Tun. Wenn sie
- eigennützig handelt, so weiß sie nur nicht, was sie tut, und wenn sie
- versichert, alle Menschen handeln eigennützig, so behauptet sie nur,
- alle Menschen haben kein Bewußtsein darüber, was das Tun ist.--Wenn
- sie _für sich_ handelt, so ist dies eben die Hervorbringung des nur
- erst _Ansich_seienden zur Wirklichkeit; der Zweck des
- _Für-sich-seins_ also, der dem An-sich sich entgegengesetzt
- meint--seine leere Pfiffigkeit, sowie seine feinen Erklärungen, die
- den Eigennutz überall aufzuzeigen wissen, sind ebenso verschwunden
- als der Zweck des _An-sich_ und seine Rednerei.
- Es ist also _das Tun und Treiben der Individualität Zweck an sich
- selbst; der Gebrauch der Kräfte, das Spiel ihrer Äußerungen ist es_,
- was ihnen, die sonst das tote An-sich wären, Leben gibt, das An-sich
- nicht ein unausgeführtes, existenzloses und abstraktes Allgemeines,
- sondern es selbst ist unmittelbar diese Gegenwart und Wirklichkeit
- des Prozesses der Individualität.
- C. Die Individualität, welche sich an und für sich selbst reell ist
- Das Selbstbewußtsein hat itzt den Begriff von sich erfaßt, der erst
- nur der unsrige von ihm war, nämlich in der Gewißheit seiner selbst
- alle Realität zu sein, und Zweck und Wesen ist ihm nunmehr die sich
- bewegende Durchdringung des Allgemeinen--der Gaben und
- Fähigkeiten--und der Individualität.--Die einzelnen Momente dieser
- Erfüllung und Durchdringung _vor der Einheit_, in welche sie
- zusammengegangen, sind die bisher betrachteten Zwecke. Sie sind als
- Abstraktionen und Chimären verschwunden, die jenen ersten schalen
- Gestalten des geistigen Selbstbewußtseins angehören, und ihre
- Wahrheit nur in dem gemeinten Sein des Herzens, der Einbildung und
- der Reden haben, nicht in der Vernunft, die itzt an und für sich
- ihrer Realität gewiß, sich nicht mehr als Zweck im _Gegensatze_ gegen
- die unmittelbarseiende Wirklichkeit erst hervorzubringen sucht,
- sondern zum Gegenstande ihres Bewußtseins die Kategorie als solche
- hat.--Es ist nämlich die Bestimmung _des für sich seienden_ oder
- _negativen_ Selbstbewußtseins, in welcher die Vernunft auftrat,
- aufgehoben; _es fand_ eine _Wirklichkeit_ vor, die das Negative
- seiner wäre, und durch deren Aufheben es erst sich seinen _Zweck_
- verwirklichte. Indem aber _Zweck_ und _An-sich-sein_ als dasselbe
- sich ergeben hat, was das _Sein_ für _Anderes_ und die _vorgefundene
- Wirklichkeit_ ist, trennt sich die Wahrheit nicht mehr von der
- Gewißheit; es werde nun der gesetzte Zweck für die Gewißheit seiner
- selbst, und die Verwirklichung desselben für die Wahrheit, oder aber
- der Zweck für die Wahrheit, und die Wirklichkeit für die Gewißheit
- genommen; sondern das Wesen und der Zweck an und für sich selbst ist
- die Gewißheit der unmittelbaren Realität selbst, die Durchdringung
- des _An-sich-_ und _Für-sich-seins_, des Allgemeinen und der
- Individualität; das Tun ist an ihm selbst seine Wahrheit und
- Wirklichkeit, und die _Darstellung_ oder das _Aussprechen der
- Individualität_ ist ihm Zweck an und für sich selbst.
- Mit diesem Begriffe ist also das Selbstbewußtsein aus den
- entgegengesetzten Bestimmungen, welche die Kategorie für es und sein
- Verhalten zu ihr als beobachtendes und dann als tätiges hatte, in
- sich zurückgegangen. Es hat die reine Kategorie selbst zu seinem
- Gegenstande, oder es ist die Kategorie, welche ihrer selbst bewußt
- geworden. Die Rechnung ist dadurch mit seinen vorherigen Gestalten
- abgeschlossen; sie liegen hinter ihm in Vergessenheit, treten nicht
- als seine vorgefundne Welt gegenüber, sondern entwickeln sich nur
- innerhalb seiner selbst als durchsichtige Momente. Doch treten sie
- noch in seinem Bewußtsein als eine _Bewegung_ unterschiedner Momente
- auseinander, die sich noch nicht in ihre substantielle Einheit
- zusammengefaßt hat. Aber in _allen_ hält es die einfache Einheit des
- Seins und des Selbsts fest, die ihre _Gattung_ ist.-Das Bewußtsein
- hat hiemit allen Gegensatz und alle Bedingung seines Tuns abgeworfen;
- es geht frisch _von sich_ aus, und nicht auf _ein Anderes_, sondern
- _auf sich selbst_. Indem die Individualität die Wirklichkeit an ihr
- selbst ist, ist der _Stoff_ des Wirkens und der _Zweck_ des Tuns an
- dem Tun selbst. Das Tun hat daher das Ansehen der Bewegung eines
- Kreises, welcher frei im Leeren sich in sich selbst bewegt,
- ungehindert bald sich erweitert, bald verengert, und vollkommen
- zufrieden nur in und mit sich selbst spielt. Das Element, worin die
- Individualität ihre Gestalt darstellt, hat die Bedeutung eines reinen
- Aufnehmens dieser Gestalt; es ist der Tag überhaupt, dem das
- Bewußtsein sich zeigen will. Das Tun verändert nichts, und geht
- gegen nichts; es ist die reine Form des Übersetzens aus dem
- _Nichtgesehenwerden_ in das _Gesehenwerden_, und der Inhalt, der
- zutage ausgebracht wird, und sich darstellt, nichts anderes, als was
- dieses Tun schon an sich ist. Es ist _an sich_--dies ist seine Form
- als _gedachter_ Einheit; und es ist _wirklich_--dies ist seine Form
- als _seiender_ Einheit; es selbst ist _Inhalt_ nur in dieser
- Bestimmung der Einfachheit gegen die Bestimmung seines Übergehens und
- seiner Bewegung.
- a. Das geistige Tierreich und der Betrug,oder die Sache selbst
- Diese an sich reale Individualität ist zuerst wieder eine _einzelne_
- und _bestimmte_; die absolute Realität, als welche sie sich weiß, ist
- daher, wie sie derselben sich bewußt wird, die _abstrakte allgemeine_,
- welche ohne Erfüllung und Inhalt, nur der leere Gedanke dieser
- Kategorie ist.--Es ist zu sehen, wie dieser Begriff der an sich
- selbst realen Individualität in seinen Momenten sich bestimmt, und
- wie ihr ihr Begriff von ihr selbst in das Bewußtsein tritt.
- Der Begriff dieser Individualität, wie sie als solche für sich selbst
- alle Realität ist, ist zunächst _Resultat_; sie hat ihre Bewegung und
- Realität noch nicht dargestellt, und ist hier _unmittelbar_ als
- _einfaches An-sich-sein_ gesetzt. Die Negativität aber, welche
- dasselbe ist, was als Bewegung erscheint, ist an dem _einfachen
- An-sich_ als _Bestimmtheit_; und das _Sein_ oder das einfache An-sich
- wird ein bestimmter Umfang. Die Individualität tritt daher als
- ursprüngliche bestimmte Natur auf--als _ursprüngliche_ Natur, denn
- sie _ist an sich_; als ursprünglich _bestimmte_, denn das Negative
- ist am _An-sich_, und dieses ist dadurch eine Qualität. Diese
- Beschränkung des Seins jedoch kann _das Tun_ des Bewußtseins _nicht
- beschränken_, denn dieses ist hier ein vollendetes
- _Sich-auf-sich-selbst_-beziehen; die Beziehung auf Anderes ist
- aufgehoben, welche die Beschränkung desselben wäre. Die
- ursprüngliche Bestimmtheit der Natur ist daher nur einfaches
- Prinzip--ein durchsichtiges allgemeines Element, worin die
- Individualität ebenso frei und sich selbst gleich bleibt, als sie
- darin ungehindert ihre Unterschiede entfaltet, und reine
- Wechselwirkung mit sich in ihrer Verwirklichung ist. Wie das
- unbestimmte Tierleben etwa dem Elemente des Wassers, der Luft oder
- der Erde, und innerhalb dieser wieder bestimmtern Prinzipien seinen
- Odem einbläst, alle seine Momente in sie eintaucht, aber sie jener
- Beschränkung des Elements ungeachtet in seiner Macht und sich in
- seinem Eins erhält, und als diese besondere Organisation dasselbe
- allgemeine Tierleben bleibt.
- Diese bestimmte ursprüngliche _Natur_ des in ihr frei und ganz
- bleibenden Bewußtseins erscheint als der unmittelbare und einzige
- eigentliche _Inhalt_ dessen, was dem Individuum Zweck ist; er ist
- zwar _bestimmter_ Inhalt, aber er ist überhaupt _Inhalt_ nur,
- insofern wir das _An-sich_-sein isoliert betrachten; in Wahrheit aber
- ist er die von der Individualität durchdrungene Realität; die
- Wirklichkeit, wie sie das Bewußtsein als einzelnes an ihm selbst hat,
- und zunächst _als seiend_, noch nicht als tuend gesetzt ist. Für das
- Tun aber ist einesteils jene Bestimmtheit darum nicht Beschränkung,
- über welche es hinauswollte, weil sie als seiende Qualität betrachtet
- die einfache Farbe des Elements ist, worin es sich bewegt;
- andernteils aber ist die Negativität _Bestimmtheit_ nur am Sein; aber
- das _Tun_ ist selbst nichts anderes als die Negativität; an der
- tuenden Individualität ist also die Bestimmtheit aufgelöst in
- Negativität überhaupt, oder den Inbegriff aller Bestimmtheit.
- Die einfache ursprüngliche Natur nun tritt in dem _Tun_ und dem
- Bewußtsein des Tuns in den Unterschied, welcher diesem zukommt. Es
- ist _zuerst_ als Gegenstand, und zwar als _Gegenstand_, wie er noch
- dem _Bewußtsein_ angehört, als _Zweck_ vorhanden, und somit
- entgegengesetzt einer vorhandenen Wirklichkeit. Das _andere_ Moment
- ist die _Bewegung_ des als ruhend vorgestellten Zwecks, die
- Verwirklichung als die Beziehung des Zwecks auf die ganz formelle
- Wirklichkeit, hiemit die Vorstellung des _Überganges_ selbst, oder
- das _Mittel_. Das _dritte_ ist endlich der Gegenstand, wie er nicht
- mehr Zweck, dessen das Tuende unmittelbar als des _seinigen sich_
- bewußt ist, sondern wie er aus ihm heraus und _für es_ als ein
- _Anderes_ ist.--Diese verschiedenen Seiten sind nun aber nach dem
- Begriffe dieser Sphäre so festzuhalten, daß der Inhalt in ihnen
- derselbe bleibt, und kein Unterschied hereinkommt, weder der
- Individualität und des Seins überhaupt, noch des _Zwecks_ gegen die
- _Individualität_ als _ursprüngliche Natur_, noch gegen die vorhandne
- Wirklichkeit, ebenso nicht des _Mittels_ gegen sie als absoluten
- _Zweck_, noch der _bewirkten Wirklichkeit_ gegen den Zweck oder die
- ursprüngliche Natur oder das Mittel.
- Vors erste also ist die ursprünglich bestimmte Natur der
- Individualität, ihr unmittelbares Wesen noch nicht als tuend gesetzt,
- und heißt so _besondere_ Fähigkeit, Talent, Charakter u.s.f. Diese
- eigentümliche Tinktur des Geistes ist als der einzige Inhalt des
- Zwecks selbst, und ganz allein als die Realität zu betrachten.
- Stellte man sich das Bewußtsein vor als darüber hinausgehend und
- einen andern Inhalt zur Wirklichkeit bringen wollend, so stellte man
- es sich vor als _ein Nichts_ in _das Nichts_ hinarbeitend.--Dies
- ursprüngliche Wesen ist ferner nicht nur Inhalt des Zwecks, sondern
- an sich auch die _Wirklichkeit_, welche sonst als _gegebener_ Stoff
- des Tuns, als _vorgefundene_ und im Tun zu bildende Wirklichkeit
- erscheint. Das Tun ist nämlich nur reines Übersetzen aus der Form
- des noch nicht dargestellten in die des dargestellten Seins; das
- An-sich-sein jener dem Bewußtsein entgegengesetzten Wirklichkeit ist
- zum bloßen leeren Scheine herabgesunken. Dies Bewußtsein, indem es
- sich zum Handeln bestimmt, läßt sich also durch den Schein der
- vorhandenen Wirklichkeit nicht irre machen, und ebenso hat es sich
- aus dem Herumtreiben in leeren Gedanken und Zwecken auf den
- ursprünglichen Inhalt seines Wesens zusammenzuhalten.--Dieser
- ursprüngliche Inhalt ist zwar erst _für_ das Bewußtsein, _indem es
- ihn verwirklicht hat_; der Unterschied aber eines solchen, das _für
- das_ Bewußtsein nur _innerhalb seiner_, und einer außer ihm an sich
- seienden Wirklichkeit ist hinweggefallen.--Nur daß _für es_ sei, was
- es _an sich_ ist, muß es handeln, oder das Handeln ist eben das
- Werden des Geistes _als Bewußtsein_. Was es _an sich_ ist, weiß es
- also aus seiner Wirklichkeit. Das Individuum kann daher nicht wissen,
- was _es ist_, eh es sich durch das Tun zur Wirklichkeit gebracht hat.
- --Es scheint aber hiemit den _Zweck_ seines Tuns nicht bestimmen zu
- können, eh es getan hat; aber zugleich muß es, indem es Bewußtsein
- ist, die Handlung vorher als die _ganz seinige_, das heißt als
- _Zweck_ vor sich haben. Das ans Handeln gehende Individuum scheint
- sich also in einem Kreise zu befinden, worin jedes Moment das andere
- schon voraussetzt, und hiemit keinen Anfang finden zu können, weil es
- sein ursprüngliches Wesen, das sein Zweck sein muß, _erst aus der
- Tat_ kennenlernt, aber um zu tun, _vorher den Zweck_ haben muß.
- Ebendarum aber hat es _unmittelbar_ anzufangen und, unter welchen
- Umständen es sei, ohne weiteres Bedenken um _Anfang, Mittel_ und
- _Ende_ zur Tätigkeit zu schreiten; denn sein Wesen und
- _ansich_seiende Natur ist alles in einem, Anfang, Mittel und Ende.
- Als _Anfang_ ist sie in den _Umständen_ des Handelns vorhanden, und
- das _Interesse_, welches das Individuum an etwas findet, ist die
- schon gegebene Antwort auf die Frage: ob und was hier zu tun ist.
- Denn was eine vorgefundene Wirklichkeit zu sein scheint, ist an sich
- seine ursprüngliche Natur, welche nur den Schein eines _Seins_
- hat--einen Schein, der in dem Begriffe des sich entzweienden Tuns
- liegt--, aber als _seine_ ursprüngliche Natur sich in dem _Interesse,
- _ das es an ihr findet, ausspricht.--Ebenso ist das _Wie_ oder die
- _Mittel_ an und für sich bestimmt. Das _Talent_ ist gleichfalls
- nichts anders als die bestimmte ursprüngliche Individualität,
- betrachtet als _inneres Mittel_, oder _Übergang_ des Zwecks zur
- Wirklichkeit. Das _wirkliche_ Mittel aber und der reale Übergang ist
- die Einheit des Talents, und der im Interesse vorhandenen Natur der
- Sache; jenes stellt am Mittel die Seite des Tuns, dieses die Seite
- des Inhalts vor, beide sind die Individualität selbst, als
- Durchdringung des Seins und des Tuns. Was also vorhanden ist, sind
- vorgefundene _Umstände_, die _an sich_ die ursprüngliche Natur des
- Individuums sind; als denn das Interesse, welches sie eben als das
- _seinige_ oder als _Zweck_ setzt; endlich die Verknüpfung und
- Aufhebung dieses Gegensatzes im _Mittel_. Diese Verknüpfung fällt
- selbst noch innerhalb des Bewußtseins, und das soeben betrachtete
- Ganze ist die eine Seite eines Gegensatzes. Dieser noch übrige
- Schein von Entgegensetzung wird durch den _Übergang_ selbst oder das
- _Mittel_ aufgehoben,--denn es ist _Einheit_ des Äußern und Innern,
- das Gegenteil der Bestimmtheit, welche es als _innres_ Mittel hat, es
- hebt sie also auf und setzt sich, diese Einheit des Tuns und des
- Seins ebenso als _Äußeres_, als die wirklich gewordene Individualität
- selbst; d.i. die _für sie selbst_ als das _Seiende_ gesetzt ist. Die
- ganze Handlung tritt auf diese Weise weder als die _Umstände_ noch
- als _Zweck_ noch _Mittel_ noch als _Werk_ aus sich heraus.
- Mit dem Werke aber scheint der Unterschied der ursprünglichen Naturen
- einzutreten; das Werk ist wie die ursprüngliche Natur, welche es
- ausdrückt, ein _bestimmtes_, denn vom Tun frei entlassen als _seiende
- Wirklichkeit_, ist die Negativität als Qualität an ihm. Das
- Bewußtsein aber bestimmt sich ihm gegenüber als dasjenige, welches
- die Bestimmtheit als Negativität _überhaupt_, als Tun, an ihm hat; es
- ist also das Allgemeine gegen jene Bestimmtheit des Werks, kann es
- also mit andern _vergleichen_ und hieraus die Individualitäten selbst
- als _verschiedene_ fassen; das in seinem Werke weiter übergreifende
- Individuum entweder als stärkere Energie des Willens, oder als
- reichere Natur, das heißt eine solche, deren ursprüngliche
- Bestimmtheit weniger beschränkt ist,--eine andere hingegen als eine
- schwächere und dürftigere Natur. Gegen diesen unwesentlichen
- Unterschied der _Größe_ würde das _Gute_ und _Schlechte_ einen
- absoluten Unterschied ausdrücken; aber hier findet dieser nicht statt.
- Was auf die eine oder andere Weise genommen würde, ist auf gleiche
- Weise ein Tun und Treiben, ein Sich-darstellen und Aussprechen einer
- Individualität, und darum alles gut, und es wäre eigentlich nicht zu
- sagen, was das Schlechte sein sollte. Was ein schlechtes Werk
- genannt würde, ist das individuelle Leben einer bestimmten Natur, die
- sich darin verwirklicht; zu einem schlechten Werke würde es nur durch
- den vergleichenden Gedanken verdorben, der aber etwas Leeres ist, da
- er über das Wesen des Werks, ein Sich-aussprechen der Individualität
- zu sein, hinausgeht und sonst, man weiß nicht was, daran sucht und
- fodert.--Er könnte nur den vorhin angeführten Unterschied betreffen;
- dieser ist aber an sich, als Größeunterschied, ein unwesentlicher;
- und hier bestimmt darum, weil es verschiedene Werke oder
- Individualitäten wären, die miteinander verglichen würden; aber diese
- gehen einander nichts an; jedes bezieht sich nur auf sich selbst.
- Die ursprüngliche Natur ist allein das _An-sich_, oder das, was als
- Maßstab der Beurteilung des Werks und umgekehrt zugrunde gelegt
- werden könnte; beides aber entspricht sich einander, es ist nichts
- für die Individualität, was nicht _durch_ sie, oder es gibt keine
- _Wirklichkeit_, die nicht ihre Natur und ihr Tun, und kein Tun noch
- An-sich derselben, das nicht wirklich ist, und nur diese Momente sind
- zu vergleichen.
- Es findet daher überhaupt weder _Erhebung_, noch _Klage_, noch _Reue_
- statt; denn dergleichen alles kömmt aus dem Gedanken her, der sich
- einen andern _Inhalt_ und ein anderes _An-sich_ einbildet, als die
- ursprüngliche Natur des Individuums und ihre in der Wirklichkeit
- vorhandene Ausführung ist. Was es sei, das es tut und ihm widerfährt,
- dies hat es getan, und ist es selbst; es kann nur das Bewußtsein des
- reinen Übersetzens _seiner selbst_ aus der Nacht der Möglichkeit in
- den Tag der Gegenwart, des _abstrakten An-sich_ in die Bedeutung des
- _wirklichen_ Seins, und die Gewißheit haben, daß was in diesem ihm
- vorkommt, nichts anders ist, als was in jener schlief. Das
- Bewußtsein dieser Einheit ist zwar ebenfalls eine Vergleichung, aber
- was verglichen wird, hat eben nur den _Schein des_ Gegensatzes; ein
- Schein der Form, der für das Selbstbewußtsein der Vernunft, daß die
- Individualität an ihr selbst die Wirklichkeit ist, nichts mehr als
- Schein ist. Das Individuum kann also, da es weiß, daß es in seiner
- Wirklichkeit nichts anderes finden kann als ihre Einheit mit ihm,
- oder nur die Gewißheit seiner selbst in ihrer Wahrheit, und daß es
- also immer seinen Zweck erreicht, _nur Freude an sich erleben_.
- Dies ist der Begriff, welchen das Bewußtsein, das sich seiner als
- absoluter Durchdringung der Individualität und des Seins gewiß ist,
- von sich macht; sehen wir, ob er sich ihm durch die Erfahrung
- bestätigt, und seine Realität damit übereinstimmt. Das Werk ist die
- Realität, welche das Bewußtsein sich gibt; es ist dasjenige, worin
- das Individuum das für es ist, was es _an sich_ ist, und so daß das
- Bewußtsein, _für welches_ es in dem Werke wird, nicht das besondere,
- sondern das _allgemeine_ Bewußtsein ist; es hat sich im Werke
- überhaupt in das Element der Allgemeinheit, in den bestimmtheitslosen
- Raum des Seins hinausgestellt. Das von seinem Werke zurücktretende
- Bewußtsein ist in der Tat das allgemeine--weil es die _absolute
- Negativität_ oder das Tun in diesem Gegensatze wird--gegen sein Werk,
- welches das _bestimmte_ ist; es geht also über sich als Werk hinaus,
- und ist selbst der bestimmtheitslose Raum, der sich von seinem Werke
- nicht erfüllt findet. Wenn vorhin im Begriffe sich doch ihre Einheit
- erhielt, so geschah dies ebendadurch, daß das Werk als _seiendes_
- Werk aufgehoben wurde. Aber es soll _sein_, und es ist zu sehen, wie
- in seinem _Sein_ die Individualität seine Allgemeinheit erhalten, und
- sich zu befriedigen wissen wird.--Zunächst ist das gewordene Werk für
- sich zu betrachten. Es hat die ganze Natur der Individualität
- mitempfangen; sein _Sein_ ist daher selbst ein Tun, worin sich alle
- Unterschiede durchdringen und auflösen; das Werk ist also in ein
- _Bestehen_ hinausgeworfen, worin die _Bestimmtheit_ der
- ursprünglichen Natur in der Tat gegen andere bestimmte Naturen sich
- herauskehrt, in sie eingreift, wie diese andere in sie, und sich als
- verschwindendes Moment in dieser allgemeinen Bewegung verliert. Wenn
- _innerhalb des Begriffs_ der an und für sich selbst realen
- Individualität alle Momente, Umstände, Zweck, Mittel, und die
- Verwirklichung einander gleich sind, und die ursprüngliche bestimmte
- Natur nur als allgemeines Element gilt, so kömmt dagegen, indem dies
- Element gegenständliches Sein wird, seine _Bestimmtheit_ als solche
- in dem Werke an den Tag, und erhält ihre Wahrheit in ihrer Auflösung.
- Näher stellt diese Auflösung sich so dar, daß in dieser Bestimmtheit
- das Individuum als _dieses_ sich wirklich geworden ist; aber sie ist
- nicht nur Inhalt der Wirklichkeit, sondern ebenso Form derselben,
- oder die Wirklichkeit als solche überhaupt ist eben diese
- Bestimmtheit, dem Selbstbewußtsein entgegengesetzt zu sein. Von
- dieser Seite zeigt sie sich als die aus dem Begriffe verschwundene,
- nur _vorgefundene fremde_ Wirklichkeit. Das Werk _ist_, d.h. es ist
- für andere Individualitäten, und für sie eine fremde Wirklichkeit, an
- deren Stelle _sie_ die ihrige setzen müssen, um durch _ihr_ Tun sich
- das Bewußtsein _ihrer_ Einheit mit der Wirklichkeit zu geben; oder
- _ihr_ durch _ihre_ ursprüngliche Natur gesetztes Interesse an jenem
- Werke ist ein anderes als das _eigentümliche_ Interesse dieses Werks,
- welches hiedurch zu etwas anderem gemacht ist. Das Werk ist also
- überhaupt etwas Vergängliches, das durch das Widerspiel anderer
- Kräfte und Interesse ausgelöscht wird, und vielmehr die Realität der
- Individualität als verschwindend, denn als vollbracht darstellt.
- Es entsteht dem Bewußtsein also in seinem Werke der Gegensatz des
- Tuns und des Seins, welcher in den frühern Gestalten des Bewußtseins
- zugleich der _Anfang_ des Tuns war, hier nur _Resultat_ ist. Er hat
- aber in der Tat gleichfalls zugrunde gelegen, indem das Bewußtsein
- als _an sich_ reale Individualität ans Handeln ging; denn dem Handeln
- war die _bestimmte ursprüngliche Natur_ als das _An-sich_
- vorausgesetzt, und das reine Vollbringen um des Vollbringens willen
- hatte sie zum _Inhalte_. Das reine Tun ist aber die sich _selbst
- gleiche_ Form, welcher hiemit die _Bestimmtheit_ der ursprünglichen
- Natur ungleich ist. Es ist hier, wie sonst, gleichgültig, welches
- von beiden _Begriff_ und welches _Realität_ genannt wird; die
- ursprüngliche Natur ist das _Gedachte_ oder das _An-sich_ gegen das
- Tun, worin sie erst ihre Realität hat; oder die ursprüngliche Natur
- ist das Sein ebensowohl der Individualität als solcher wie ihrer als
- Werk, das Tun aber ist der ursprüngliche _Begriff_, als absoluter
- Übergang, oder als das _Werden_. Diese _Unangemessenheit_ des
- Begriffs und der Realität, die in seinem Wesen liegt, erfährt das
- Bewußtsein in seinem Werke; in diesem wird es sich also, wie es in
- Wahrheit ist, und sein leerer Begriff von sich selbst verschwindet.
- In diesem Grundwiderspruche des Werks, das die Wahrheit dieser sich
- an sich realen Individualität ist, treten somit wieder alle Seiten
- derselben als widersprechend auf; oder das Werk, als der Inhalt der
- ganzen Individualität aus dem _Tun_, welches die negative Einheit ist
- und alle Momente gefangen hält, in das _Sein_ herausgestellt, läßt
- sie nun frei; und im Elemente des Bestehens werden sie gleichgültig
- gegeneinander. Begriff und Realität trennen sich also als Zweck und
- als dasjenige, was die _ursprüngliche Wesenheit_ ist. Es ist
- zufällig, daß der Zweck wahrhaftes Wesen habe, oder daß das An-sich
- zum Zwecke gemacht werde. Ebenso treten wieder Begriff und Realität
- als _Übergang_ in die Wirklichkeit und als _Zweck_ auseinander; oder
- es ist zufällig, daß das den Zweck ausdrückende _Mittel_ gewählt
- werde. Und endlich diese innere Momente zusammen, sie mögen in sich
- eine Einheit haben oder nicht, das _Tun_ des Individuums ist wieder
- zufällig gegen die _Wirklichkeit_ überhaupt; das _Glück_ entscheidet
- ebensowohl für einen schlecht bestimmten Zweck und schlechtgewählte
- Mittel als gegen sie.
- Wenn nun hiemit dem Bewußtsein an seinem Werke der _Gegensatz_ des
- Wollens und Vollbringens, des Zwecks und der Mittel und wieder dieses
- Innerlichen zusammen und der Wirklichkeit selbst wird, was überhaupt
- die _Zufälligkeit seines Tuns in sich_ befaßt, so ist aber ebenso
- auch die _Einheit_ und die _Notwendigkeit_ desselben vorhanden; diese
- Seite greift über jene über, und die _Erfahrung_ von der
- _Zufälligkeit des Tuns_ ist selbst nur eine _zufällige Erfahrung_.
- Die _Notwendigkeit_ des Tuns besteht darin, daß _Zweck_ schlechthin
- auf die _Wirklichkeit_ bezogen ist, und diese Einheit ist der Begriff
- des Tuns; es wird gehandelt, weil das Tun an und für sich selbst das
- Wesen der Wirklichkeit ist. In dem Werke ergibt sich zwar die
- Zufälligkeit, welche das _Vollbrachtsein_ gegen das _Wollen_ und
- _Vollbringen_ hat, und diese Erfahrung, welche als die Wahrheit
- gelten zu müssen scheint, widerspricht jenem Begriffe der Handlung.
- Betrachten wir jedoch den Inhalt dieser Erfahrung in seiner
- Vollständigkeit, so ist er das _verschwindende Werk_; was sich
- _erhält_, ist nicht das _Verschwinden_, sondern das Verschwinden ist
- selbst wirklich und an das Werk geknüpft, und verschwindet selbst mit
- diesem; das _Negative_ geht mit dem _Positiven_, dessen Negation es
- ist, _selbst zugrunde_.
- Dies Verschwinden des Verschwindens liegt in dem Begriffe der an sich
- realen Individualität selbst; denn dasjenige, worin das Werk, oder
- was an ihm, verschwindet, und was demjenigen, was Erfahrung genannt
- worden, seine Übermacht über den Begriff, den die Individualität von
- sich selbst hat, geben sollte, ist die _gegenständliche Wirklichkeit_;
- sie aber ist ein Moment, welches auch in diesem Bewußtsein selbst
- keine Wahrheit mehr für sich hat, diese besteht nur in der Einheit
- desselben mit dem Tun, und das _wahre Werk_ ist nur jene Einheit des
- _Tuns und des Seins_, des _Wollens_ und _Vollbringens_. Dem
- Bewußtsein ist also um der seinem Handeln zugrunde liegenden
- Gewißheit, die ihr _entgegengesetzte_ Wirklichkeit selbst ein solches,
- welches nur _für es_ ist; ihm als in sich zurückgekehrten
- _Selbstbewußtsein_, dem aller Gegensatz verschwunden ist, kann er
- nicht mehr in dieser Form seines _Für-sich-seins_ gegen die
- _Wirklichkeit_ werden; sondern der Gegensatz und die Negativität, die
- an dem Werke zum Vorschein kommt, trifft hiemit nicht nur den Inhalt
- des Werks oder auch des Bewußtseins, sondern die Wirklichkeit als
- solche, und damit den nur durch sie und an ihr vorhandenen Gegensatz
- und das Verschwinden des Werks. Auf diese Weise reflektiert sich
- also das Bewußtsein in sich aus seinem vergänglichen Werke, und
- behauptet seinen Begriff und Gewißheit als das _Seiende_ und
- _Bleibende_, gegen die Erfahrung von der _Zufälligkeit_ des Tuns; es
- erfährt in der Tat seinen Begriff, in welchem die Wirklichkeit nur
- ein Moment, etwas _für es_, nicht das An- und Für-sich ist; es
- erfährt sie als verschwindendes Moment, und sie gilt ihm daher nur
- als _Sein_ überhaupt, dessen Allgemeinheit mit dem Tun dasselbe ist.
- Diese Einheit ist das wahre Werk; es ist die _Sache selbst_, welche
- sich schlechthin behauptet und als das Bleibende erfahren wird,
- unabhängig von der Sache, welche die _Zufälligkeit_ des individuellen
- Tuns als eines solchen, der Umstände, Mittel und der Wirklichkeit ist.
- Die _Sache selbst_ ist diesen Momenten nur insofern entgegengesetzt,
- als sie isoliert gelten sollen, ist aber wesentlich als Durchdringung
- der Wirklichkeit und der Individualität die Einheit derselben;
- ebensowohl ein Tun, und als Tun _reines Tun_ überhaupt, _damit
- ebensosehr Tun dieses Individuums_, und dies Tun als ihm noch
- angehörig im Gegensatze gegen die Wirklichkeit, als _Zweck_; ebenso
- ist sie der _Übergang_ aus dieser Bestimmtheit in die
- entgegengesetzte; und endlich eine _Wirklichkeit_, welche _für das
- Bewußtsein_ vorhanden ist. Die _Sache selbst_ drückt hiemit die
- _geistige_ Wesenheit aus, worin alle diese Momente aufgehoben sind
- als fürsichgeltende, also nur als allgemeine gelten, und worin dem
- Bewußtsein seine Gewißheit von sich selbst gegenständliches Wesen,
- _eine Sache_, ist; der aus dem Selbstbewußtsein als der _seinige_
- herausgeborne Gegenstand, ohne aufzuhören, freier, eigentlicher
- Gegenstand zu sein.--Das _Ding_ der sinnlichen Gewißheit und des
- Wahrnehmens hat nun für das Selbstbewußtsein allein seine Bedeutung
- durch es; hierauf beruht der Unterschied eines _Dings_ und einer
- _Sache_.--Es wird eine der sinnlichen Gewißheit und Wahrnehmung
- entsprechende Bewegung daran durchlaufen.
- In _der Sache selbst_ also, als der gegenständlich gewordnen
- Durchdringung der Individualität und der Gegenständlichkeit selbst,
- ist dem Selbstbewußtsein sein wahrer Begriff von sich geworden, oder
- es ist zum Bewußtsein seiner Substanz gekommen. Es ist zugleich, wie
- es hier ist, ein soeben gewordenes und daher _unmittelbares_
- Bewußtsein derselben, und dies ist die bestimmte Weise, in welcher
- das geistige Wesen hier vorhanden, und noch nicht zur wahrhaft realen
- Substanz gediehen ist. Die _Sache selbst_ hat in diesem
- unmittelbaren Bewußtsein derselben die Form des _einfachen Wesens_,
- welches als allgemeines alle seine verschiedenen Momente in sich
- enthält und ihnen zukommt, aber auch wieder gleichgültig gegen sie
- als bestimmte Momente und frei für sich ist, und als diese freie
- _einfache, abstrakte_ Sache selbst, _als das Wesen gilt_. Die
- verschiedenen Momente der ursprünglichen Bestimmtheit oder der _Sache
- dieses_ Individuums, seines Zwecks, der Mittel, des Tuns selbst und
- der Wirklichkeit, sind für dieses Bewußtsein einerseits einzelne
- Momente, welche es gegen die _Sache selbst_ verlassen und aufgeben
- kann; andererseits aber haben sie alle die Sache selbst nur so zum
- Wesen, daß sie als das _abstrakte_ Allgemeine derselben _an_ jedem
- dieser verschiedenen Momente sich findet und _Prädikat_ derselben
- sein kann. Sie selbst ist noch nicht das Subjekt, sondern dafür
- gelten jene Momente, weil sie auf die Seite der _Einzelnheit_
- überhaupt fallen, die Sache selbst aber nur erst das einfach
- Allgemeine ist. Sie ist die _Gattung_, welche sich in allen diesen
- Momenten als ihren _Arten_ findet, und ebenso frei davon ist.
- Das Bewußtsein heißt _ehrlich_, welches einesteils zu diesem
- Idealismus gekommen, den _die Sache selbst_ ausdrückt, und
- andernteils an ihr als dieser formalen Allgemeinheit das Wahre hat;
- dem es immer nur um sie zu tun ist, das sich daher in ihren
- verschiedenen Momenten oder Arten herumtreibt, und indem es sie in
- einem derselben oder in einer Bedeutung nicht erreicht, ebendadurch
- in dem andern ihrer habhaft wird, somit die Befriedigung in der Tat
- immer gewinnt, welche diesem Bewußtsein seinem Begriffe nach zuteil
- werden sollte. Es mag gehen, wie es will, so hat es die _Sache
- selbst_ vollbracht und erreicht, denn sie ist als diese _allgemeine_
- Gattung jener Momente Prädikat aller.
- Bringt es einen _Zweck_ nicht zur _Wirklichkeit_, so hat es ihn doch
- _gewollt_, das heißt, es macht den _Zweck_ als Zweck, das _reine Tun_,
- welches nichts tut, zur _Sache selbst_; und kann sich daher so
- ausdrücken und trösten, daß doch immer etwas _getan_ und _getrieben_
- worden ist. Da das Allgemeine selbst das Negative oder das
- Verschwinden unter sich enthält, so ist auch dies, daß das Werk sich
- vernichtet, selbst _sein_ Tun; es hat die andern dazu gereizt, und
- findet in dem _Verschwinden_ seiner Wirklichkeit noch die
- Befriedigung, wie böse Jungen in der Ohrfeige, die sie erhalten,
- _sich selbst_ genießen, nämlich als Ursache derselben. Oder es hat
- die Sache selbst auszuführen auch _nicht einmal versucht_, und _gar
- nichts getan_, so hat es nicht _gemocht; die Sache selbst_ ist ihm
- eben _Einheit_ seines _Entschlusses_ und _der Realität_; es behauptet,
- daß die _Wirklichkeit_ nichts anders wäre als sein _Mögen_.--Es ist
- endlich etwas ihm Interessantes überhaupt ohne sein Zutun geworden,
- so ist ihm diese _Wirklichkeit_ die Sache selbst eben in dem
- Interesse, das es daran findet, ob sie gleich nicht von ihm
- hervorgebracht worden ist; ist es ein Glück, das ihm persönlich
- widerfahren, so hält es darauf als auf seine _Tat_ und _Verdienst_;
- ist es sonst eine Weltbegebenheit, die es weiter nichts angeht, so
- macht es sie ebenso zu der seinigen, und _tatloses Interesse_ gilt
- ihm für _Partei_, die es dafür oder dawider genommen und _bekämpft_
- oder _gehalten_ hat.
- Die _Ehrlichkeit_ dieses Bewußtseins, sowie die Befriedigung, die es
- allenthalben erlebt, besteht, wie erhellt, in der Tat darin, daß es
- seine _Gedanken_, die es von der Sache selbst hat, _nicht
- zusammenbringt. Die Sache selbst_ ist ihm ebensowohl _seine_ Sache
- wie gar _kein Werk_, oder das _reine Tun_ und der _leere Zweck_, oder
- auch eine _tatlose Wirklichkeit_; es macht eine Bedeutung nach der
- andern zum Subjekte dieses Prädikats, und vergißt die eine nach der
- andern. Itzt im bloßen _Gewollt-_ oder auch im _Nichtgemocht_haben
- hat die Sache selbst die Bedeutung des _leeren Zwecks_, und der
- _gedachten_ Einheit des Wollens und Vollbringens. Der Trost über die
- Vernichtung des Zwecks, doch _gewollt_ oder doch _rein getan_, sowie
- die Befriedigung, den andern etwas zu tun gegeben zu haben, macht das
- _reine Tun_ oder das ganz schlechte Werk zum Wesen, denn dasjenige
- ist ein schlechtes zu nennen, welches gar keines ist. Endlich beim
- Glücksfall, die Wirklichkeit _vorzufinden_, wird dieses Sein ohne Tat
- zur Sache selbst.
- Die Wahrheit dieser Ehrlichkeit aber ist, nicht so ehrlich zu sein,
- als sie aussieht. Denn sie kann nicht so gedankenlos sein, diese
- verschiedenen Momente in der Tat so auseinanderfallen zu lassen,
- sondern sie muß das unmittelbare Bewußtsein über ihren Gegensatz
- haben, weil sie sich schlechthin aufeinander beziehen. Das _reine_
- Tun ist wesentlich Tun _dieses_ Individuums, und dieses Tun ist
- ebenso wesentlich eine _Wirklichkeit_ oder eine Sache. Umgekehrt ist
- die _Wirklichkeit_ wesentlich nur als _sein_ Tun, sowie als _Tun
- überhaupt_; und _sein_ Tun ist zugleich nur wie Tun überhaupt, so
- auch Wirklichkeit. Indem es ihm also nur um die _Sache selbst_ als
- _abstrakte Wirklichkeit_ zu tun scheint, ist auch dies vorhanden, daß
- es ihm um sie als _sein_ Tun zu tun ist. Aber ebenso, indem es ihm
- nur ums _Tun_ und _Treiben_ zu tun ist, ist es ihm damit nicht Ernst,
- sondern es ist ihm um _eine Sache_ zu tun, und um die Sache als die
- _seinige_. Indem es endlich nur _seine_ Sache und _sein_ Tun zu
- wollen scheint, ist es wieder um die _Sache überhaupt_ oder die an
- und für sich bleibende Wirklichkeit zu tun.
- Wie die Sache selbst und ihre Momente hier als _Inhalt_ erscheinen,
- ebenso notwendig sind sie auch _als Formen_ an dem Bewußtsein. Sie
- treten als Inhalt nur auf, um zu verschwinden, und jedes macht dem
- andern Platz. Sie müssen daher in der Bestimmtheit, als
- _aufgehobene_, vorhanden sein; so aber sind sie Seiten des
- Bewußtseins selbst. Die _Sache selbst_ ist als das _An-sich_ oder
- seine _Reflexion in sich_ vorhanden, die _Verdrängung_ der Momente
- aber durcheinander drückt sich an ihm so aus, daß sie nicht an sich,
- sondern nur für _ein Anderes_ an ihm gesetzt sind. Das eine der
- Momente des Inhalts wird von ihm dem Tage ausgesetzt, und _für
- andere_ vorgestellt; das Bewußtsein ist aber zugleich daraus in sich
- reflektiert, und das Entgegengesetzte ebenso in ihm vorhanden; es
- behält es für sich, als das seinige. Es ist zugleich auch nicht
- irgendeines derselben, welches allein _nur_ hinausgestellt, und ein
- anderes, das nur im Innern behalten würde, sondern das Bewußtsein
- wechselt mit ihnen ab; denn es muß das eine wie das andere zum
- wesentlichen für sich und für die andere machen. _Das Ganze_ ist die
- sich bewegende Durchdringung der Individualität und des Allgemeinen;
- weil aber dies Ganze für dies Bewußtsein nur als das _einfache_ Wesen
- und damit als die Abstraktion _der Sache selbst_ vorhanden ist,
- fallen seine Momente als getrennte außer ihr und auseinander; und
- _als Ganzes_ wird es nur durch die trennende Abwechslung des
- Ausstellens und des Für-sich-behaltens erschöpft und dargestellt.
- Indem in dieser Abwechslung das Bewußtsein _ein_ Moment für sich und
- als wesentliches in seiner Reflexion, ein anderes aber nur äußerlich
- an _ihm_ oder für die _andern_ hat, tritt damit ein Spiel der
- Individualitäten miteinander ein, worin sie sowohl sich selbst als
- sich gegenseitig sowohl betrügen als betrogen finden.
- Eine Individualität geht also, etwas auszuführen; sie scheint damit
- etwas _zur Sache_ gemacht zu haben; sie handelt, wird darin für
- Andere, und es scheint ihr um die _Wirklichkeit_ zu tun zu sein. Die
- Andern nehmen also das Tun derselben für ein Interesse an der Sache
- als solcher, und für den Zweck, daß _die Sache an sich ausgeführt
- sei_; gleichgültig, ob von der ersten Individualität oder von ihnen.
- Indem sie hienach diese Sache schon von ihnen zustande gebracht
- aufzeigen oder, wo nicht, ihre Hülfe anbieten und leisten, so ist
- jenes Bewußtsein vielmehr da heraus, wo sie meinen, daß es sei; es
- ist _sein_ Tun und Treiben, was es bei der Sache interessiert, und
- indem sie innewerden, daß dies _die Sache selbst_ war, finden sie
- sich also getäuscht.--Aber in der Tat war ihr Herbeieilen, um zu
- helfen, selbst nichts anders, als daß sie _ihr_ Tun, nicht die _Sache
- selbst_, sehen und zeigen wollten; d.h. sie wollten das andere auf
- eben die Weise betrügen, als sie sich betrogen worden zu sein
- beschweren.--Indem es nun itzt herausgekehrt ist, daß das _eigne Tun_
- und _Treiben_, das Spiel _seiner Kräfte_ für die Sache selbst gilt,
- so scheint das Bewußtsein, sein Wesen _für sich_, nicht für die
- andern, zu treiben, und nur bekümmert um das Tun als _das seinige_,
- nicht um es als ein Tun der _andern_, hiemit die andern ebenso in
- _ihrer_ Sache gewähren zu lassen. Allein sie irren sich wieder; es
- ist schon da heraus, wo sie es zu sein meinten. Es ist ihm nicht um
- die Sache als _diese seine einzelne_ zu tun, sondern um sie als
- _Sache_, als Allgemeines, das für alle ist. Es mischt sich also in
- ihr Tun und Werk, und wenn es ihnen dasselbe nicht mehr aus der Hand
- nehmen kann, interessiert es sich wenigstens dadurch dabei, daß es
- sich durch Urteilen zu tun macht; drückt es ihm den Stempel seiner
- Billigung und seines Lobes auf, so ist dies so gemeint, daß es am
- Werke nicht nur das Werk selbst lobt, sondern zugleich _seine eigne_
- Großmut und Mäßigung, das Werk nicht als Werk und auch nicht durch
- seinen Tadel verdorben zu haben. Indem es ein Interesse am _Werke_
- zeigt, genießt _es sich selbst_ darin; ebenso ist ihm das _Werk_, das
- von ihm getadelt wird, willkommen für eben diesen Genuß _seines
- eignen_ Tuns, der ihm dadurch verschafft wird. Die aber sich durch
- diese Einmischung für betrogen halten oder ausgeben, wollten vielmehr
- selbst auf gleiche Weise betrügen. Sie geben ihr Tun und Treiben für
- etwas aus, das nur für sie selbst ist, worin sie nur _sich_ und _ihr
- eignes_ Wesen bezweckten. Allein indem sie etwas tun, und hiemit
- sich darstellen und dem Tage zeigen, widersprechen sie unmittelbar
- durch die Tat ihrem Vorgeben, den Tag selbst, das allgemeine
- Bewußtsein und die Teilnahme aller ausschließen zu wollen; die
- Verwirklichung ist vielmehr eine Ausstellung des Seinigen in das
- allgemeine Element, wodurch es zur _Sache_ aller wird und werden soll.
- Es ist also ebenso Betrug seiner selbst und der andern, wenn es nur
- um die _reine Sache_ zu tun sein soll; ein Bewußtsein, das eine Sache
- auftut, macht vielmehr die Erfahrung, daß die andern, wie die Fliegen
- zu frisch aufgestellter Milch, herbeieilen und sich dabei geschäftig
- wissen wollen; und sie an ihm, daß es ihm ebenso nicht um die Sache
- als Gegenstand, sondern als um die _seinige_ zu tun ist. Hingegen,
- wenn nur das _Tun selbst_, der Gebrauch der Kräfte und Fähigkeiten
- oder das Aussprechen dieser Individualität, das Wesentliche sein soll,
- so wird ebenso gegenseitig die Erfahrung gemacht, daß _alle_ sich
- rühren und für eingeladen halten, und statt eines _reinen_ Tuns oder
- eines _einzelnen_ eigentümlichen Tuns vielmehr etwas, das ebensowohl
- _für andere_ ist, oder _eine Sache selbst_ aufgetan wurde. Es
- geschieht in beiden Fällen dasselbe, und hat nur einen verschiedenen
- Sinn gegen denjenigen, der dabei angenommen wurde und gelten sollte.
- Das Bewußtsein erfährt beide Seiten als gleich wesentliche Momente,
- und hierin was die _Natur der Sache selbst_ ist, nämlich weder nur
- Sache, welche dem Tun überhaupt und dem einzelnen Tun, noch Tun,
- welches dem Bestehen entgegengesetzt und die von diesen Momenten als
- ihren _Arten_ freie _Gattung_ wäre, sondern ein Wesen, dessen _Sein_
- das _Tun_ des _einzelnen_ Individuums und aller Individuen, und
- dessen Tun unmittelbar _für andre_, oder eine _Sache_ ist, und nur
- Sache ist als _Tun aller_ und _jeder_; das Wesen, welches das Wesen
- aller Wesen, das _geistige Wesen_ ist. Das Bewußtsein erfährt, daß
- keins jener Momente _Subjekt_ ist, sondern sich vielmehr in der
- _allgemeinen Sache selbst_ auflöst; die Momente der Individualität,
- welche der Gedankenlosigkeit dieses Bewußtseins nacheinander als
- Subjekt galten, nehmen sich in die einfache Individualität zusammen,
- die als _diese_ ebenso unmittelbar allgemein ist. Die Sache selbst
- verliert dadurch das Verhältnis des Prädikats und die Bestimmtheit
- lebloser abstrakter Allgemeinheit, sie ist vielmehr die von der
- Individualität durchdrungene Substanz; das Subjekt, worin die
- Individualität ebenso als sie selbst oder als _diese_ wie als _alle_
- Individuen ist, und das Allgemeine, das nur als dies Tun aller und
- jeder ein _Sein_ ist, eine Wirklichkeit darin, daß _dieses_
- Bewußtsein sie als seine einzelne Wirklichkeit und als Wirklichkeit
- aller weiß. Die reine _Sache selbst_ ist das, was sich oben als die
- _Kategorie_ bestimmte, das Sein das Ich, oder Ich das Sein ist, aber
- als _Denken_, welches vom _wirklichen Selbstbewußtsein_ sich noch
- unterscheidet; hier aber sind die Momente des wirklichen
- Selbstbewußtseins, insofern wir sie seinen Inhalt, Zweck, Tun und
- Wirklichkeit, wie insofern wir sie seine Form nennen, Für-sich-sein
- und Sein für anderes, mit der einfachen Kategorie selbst als eins
- gesetzt, und sie ist dadurch zugleich aller Inhalt.
- b. Die gesetzgebende Vernunft
- Das geistige Wesen ist in seinem einfachen Sein _reines Bewußtsein_
- und _dieses Selbst_bewußtsein. Die ursprünglich-_bestimmte Natur_
- des Individuums hat ihre positive Bedeutung, _an sich_ das Element
- und der Zweck seiner Tätigkeit zu sein, verloren; sie ist nur
- aufgehobnes Moment, und das Individuum ein _Selbst_; als allgemeines
- Selbst. Umgekehrt hat die _formale Sache selbst_ ihre Erfüllung an
- der tuenden sich in sich unterscheidenden Individualität; denn die
- Unterschiede dieser machen den _Inhalt_ jenes Allgemeinen aus. Die
- Kategorie ist _an sich_, als das Allgemeine des _reinen Bewußtseins_;
- sie ist ebenso _für sich_, denn das _Selbst_ des Bewußtseins ist
- ebenso ihr Moment. Sie ist absolutes _Sein_, denn jene Allgemeinheit
- ist die einfache _Sich-selbst-gleichheit des Seins_.
- Was also dem Bewußtsein der Gegenstand ist, hat die Bedeutung, das
- _Wahre_ zu sein; _es ist_ und _gilt_ in dem Sinne, _an_ und _für sich
- selbst_ zu _sein_ und _gelten_; es ist die _absolute Sache_, welche
- nicht mehr von dem Gegensatze der Gewißheit und ihrer Wahrheit, des
- Allgemeinen und des Einzelnen, des Zwecks und seiner Realität leidet,
- sondern deren Dasein die _Wirklichkeit_ und das _Tun_ des
- Selbstbewußtseins ist; diese Sache ist daher die _sittliche Substanz_;
- das Bewußtsein derselben _sittliches_ Bewußtsein. Sein Gegenstand
- gilt ihm ebenso als das _Wahre_, denn es vereinigt Selbstbewußtsein
- und Sein in _einer_ Einheit; es gilt als das _Absolute_, denn das
- Selbstbewußtsein kann und will nicht mehr über diesen Gegenstand
- hinausgehen, denn es ist darin bei sich selbst; es _kann_ nicht, denn
- er ist alles Sein und Macht;--es _will_ nicht, denn er ist das
- _Selbst_ oder der Willen dieses Selbsts. Er ist der _reale_
- Gegenstand an ihm selbst als Gegenstand, denn er hat den Unterschied
- des Bewußtseins an ihm; er teilt sich in Massen, welche die
- _bestimmten Gesetze_ des absoluten Wesens sind. Diese Massen aber
- trüben den Begriff nicht, denn in ihm bleiben die Momente des Seins
- und reinen Bewußtseins und des Selbsts eingeschlossen--eine Einheit,
- welche das Wesen dieser Massen ausmacht, und in diesem Unterschiede
- diese Momente nicht mehr auseinandertreten läßt.
- Diese Gesetze oder Massen der sittlichen Substanz sind unmittelbar
- anerkannt; es kann nicht nach ihrem Ursprunge und Berechtigung
- gefragt und nach einem andern gesucht werden, denn ein anderes als
- das _an_ und _für sich_ seiende Wesen wäre nur das Selbstbewußtsein
- selbst; aber es ist nichts anderes als dies Wesen, denn es selbst ist
- das Für-sich-sein dieses Wesens, welches ebendarum die Wahrheit ist,
- weil es ebensosehr das _Selbst_ des Bewußtseins als sein _An-sich_
- oder reines Bewußtsein ist.
- Indem das Selbstbewußtsein sich als Moment des _Für-sich-seins_
- dieser Substanz weiß, so drückt es also das Dasein des Gesetzes in
- ihm so aus, daß die _gesunde Vernunft_ unmittelbar weiß, was _recht_
- und _gut_ ist. So _unmittelbar_ sie es _weiß_, so unmittelbar _gilt_
- es ihr auch, und sie sagt unmittelbar: dies _ist_ recht und gut. Und
- zwar _dies_; es sind _bestimmte_ Gesetze, es ist erfüllte,
- inhaltsvolle Sache selbst.
- Was sich so unmittelbar gibt, muß ebenso unmittelbar aufgenommen und
- betrachtet werden; wie von dem, was die sinnliche Gewißheit
- unmittelbar als seiend ausspricht, ist auch von dem Sein, welches
- diese sittliche unmittelbare Gewißheit ausspricht, oder von den
- unmittelbar seienden Massen des sittlichen Wesens zu sehen, wie sie
- beschaffen sind. Die Beispiele einiger solcher Gesetze werden dies
- zeigen, und indem wir sie in der Form von Aussprüchen der _wissenden_,
- gesunden Vernunft nehmen, haben wir nicht erst das Moment
- herbeizubringen, welches an ihnen, sie als _unmittelbare_ sittliche
- Gesetze betrachtet, geltend zu machen ist.
- _"Jeder soll die Wahrheit sprechen."_--Bei dieser als unbedingt
- ausgesprochnen Pflicht wird sogleich die Bedingung zugegeben werden:
- _wenn_ er die Wahrheit weiß. Das Gebot wird hiemit jetzt so lauten:
- _jeder soll die Wahrheit reden, jedesmal nach seiner Kenntnis und
- Überzeugung_ davon. Die gesunde Vernunft, eben dies sittliche
- Bewußtsein, welches unmittelbar weiß, was recht und gut ist, wird
- auch erklären, daß diese Bedingung mit seinem allgemeinen Ausspruche
- schon so verbunden gewesen sei, daß sie jenes Gebot so _gemeint_ habe.
- Damit gibt sie aber in der Tat zu, daß sie vielmehr schon
- unmittelbar im Aussprechen desselben dasselbe verletzte; sie _sprach_:
- jeder soll die Wahrheit sprechen; sie _meinte aber_, er solle sie
- sprechen nach seiner Kenntnis und Überzeugung davon; das heißt, sie
- _sprach anders, als sie meinte_; und anders sprechen, als man meint,
- heißt die Wahrheit nicht sprechen. Die verbesserte Unwahrheit oder
- Ungeschicklichkeit drückt sich nun so aus: _jeder solle die Wahrheit
- nach seiner jedesmaligen Kenntnis und Überzeugung davon sprechen_.
- --Damit aber hat sich das _allgemein Notwendige, an sich_ Geltende,
- welches der Satz aussprechen wollte, vielmehr in eine vollkommne
- _Zufälligkeit_ verkehrt. Denn daß die Wahrheit gesprochen wird, ist
- dem Zufalle, ob ich sie kenne und mich davon überzeugen kann,
- anheimgestellt; und es ist weiter nichts gesagt, als daß Wahres und
- Falsches durcheinander, wie es kommt, daß es einer kennt, meint und
- begreift, gesprochen werden solle. Diese _Zufälligkeit des Inhalts_
- hat die _Allgemeinheit_ nur an der _Form eines Satzes_, in der sie
- ausgedrückt ist; aber als sittlicher Satz verspricht er einen
- allgemeinen und notwendigen _Inhalt_, und widerspricht so durch die
- Zufälligkeit desselben sich selbst.--Wird endlich der Satz so
- verbessert: daß die Zufälligkeit der Kenntnis und Überzeugung von der
- Wahrheit wegfallen und die Wahrheit auch _gewußt_ werden _solle_; so
- wäre dies ein Gebot, welches dem geradezu widerspricht, wovon
- ausgegangen wurde. Die gesunde Vernunft sollte zuerst _unmittelbar_
- die Fähigkeit haben, die Wahrheit auszusprechen; itzt aber ist gesagt,
- daß sie sie _wissen sollte_, das heißt, sie nicht _unmittelbar_
- auszusprechen wisse.--Von Seite des _Inhalts_ betrachtet, so ist er
- in der Foderung, man solle die Wahrheit _wissen_, hinweggefallen;
- denn sie bezieht sich auf das _Wissen überhaupt_: man soll wissen;
- was gefodert ist, ist also vielmehr das von allem bestimmten Inhalte
- freie. Aber hier war von einem _bestimmten_ Inhalt, von _einem
- Unterschiede_ an der sittlichen Substanz die Rede. Allein diese
- _unmittelbare_ Bestimmung derselben ist ein solcher Inhalt, der sich
- vielmehr als eine vollkommene Zufälligkeit zeigte, und in die
- Allgemeinheit und Notwendigkeit erhoben, so daß das _Wissen_ als das
- Gesetz ausgesprochen wird, vielmehr verschwindet.
- Ein anderes berühmtes Gebot ist: _Liebe deinen Nächsten als dich
- selbst_. Es ist an den Einzelnen im Verhältnisse zu den Einzelnen
- gerichtet, und _behauptet es *als* ein Verhältnis des Einzelnen_ zum
- _Einzelnen_, oder als Verhältnis der Empfindung. Die tätige
- Liebe--denn eine untätige hat kein Sein und ist darum wohl nicht
- gemeint--geht darauf, Übel von einem Menschen abzusondern und ihm
- Gutes zuzufügen. Zu diesem Behuf muß unterschieden werden, was an
- ihm das Übel, was gegen dies Übel das zweckmäßige Gute, und was
- überhaupt sein Wohl ist; das heißt, ich muß ihn mit _Verstand_ lieben;
- unverständige Liebe wird ihm schaden, vielleicht mehr als Haß. Das
- verständige wesentliche Wohltun ist aber in seiner reichsten und
- wichtigsten Gestalt, das verständige allgemeine Tun des Staats--ein
- Tun, mit welchem verglichen das Tun des Einzelnen als eines Einzelnen
- etwas überhaupt so Geringfügiges wird, daß es fast nicht der Mühe
- wert ist, davon zu sprechen. Jenes Tun ist dabei von so großer Macht,
- daß, wenn das einzelne Tun sich ihm entgegensetzen und entweder
- geradezu für sich Verbrechen sein oder einem andern zuliebe das
- Allgemeine um das Recht und den Anteil, welchen es an ihm hat,
- betrügen wollte, es überhaupt unnütz sein und unwiderstehlich
- zerstört werden würde. Es bleibt dem Wohltun, welches Empfindung ist,
- nur die Bedeutung eines ganz einzelnen Tuns, einer Nothülfe, die
- ebenso zufällig als augenblicklich ist. Der Zufall bestimmt nicht
- nur seine Gelegenheit, sondern auch dies, ob es überhaupt ein _Werk_
- ist, ob es nicht sogleich wieder aufgelöst und selbst vielmehr in
- Übel verkehrt wird. Dieses Handeln also zum Wohl anderer, das als
- _notwendig_ ausgesprochen wird, ist so beschaffen, daß es vielleicht
- existieren kann, vielleicht auch nicht; daß, wenn der Fall
- zufälligerweise sich darbietet, es vielleicht ein Werk, vielleicht
- gut ist, vielleicht auch nicht. Dies Gesetz hat hiemit ebensowenig
- einen allgemeinen Inhalt als das erste, das betrachtet wurde, und
- drückt nicht, wie es als absolutes Sittengesetz sollte, etwas aus,
- das _an und für sich_ ist. Oder solche Gesetze bleiben nur beim
- _Sollen_ stehen, haben aber keine _Wirklichkeit_; sie sind nicht
- _Gesetze_, sondern nur _Gebote_.
- Es erhellt aber in der Tat aus der Natur der Sache selbst, daß auf
- einen allgemeinen absoluten _Inhalt_ Verzicht getan werden muß; denn
- der einfachen Substanz, und ihr Wesen ist dies, einfache zu sein, ist
- jede _Bestimmtheit_, die an ihr gesetzt wird, _ungemäß_. Das Gebot
- in seiner einfachen Absolutheit spricht selbst _unmittelbares
- sittliches Sein_ aus; der Unterschied, der an ihm erscheint, ist eine
- Bestimmtheit, und also ein Inhalt, der _unter_ der absoluten
- Allgemeinheit dieses einfachen Seins steht. Indem hiemit auf einen
- absoluten Inhalt Verzicht getan werden muß, kann ihm nur die _formale
- Allgemeinheit_, oder dies, daß es sich nicht widerspreche, zukommen,
- denn die inhaltslose Allgemeinheit ist die formale, und absoluter
- Inhalt heißt selbst soviel als ein Unterschied, der keiner ist, oder
- als Inhaltslosigkeit.
- Was dem Gesetzgeben übrig bleibt, ist also die _reine Form_ der
- _Allgemeinheit_ oder in der Tat die _Tautologie_ des Bewußtseins,
- welche dem Inhalt gegenübertritt, und ein _Wissen_ nicht von dem
- _seienden_ oder eigentlichen _Inhalte_, sondern von dem _Wesen_ oder
- der Sichselbstgleichheit desselben ist.
- Das sittliche Wesen ist hiemit nicht unmittelbar selbst ein Inhalt,
- sondern nur ein Maßstab, ob ein Inhalt fähig sei, Gesetz zu sein oder
- nicht, indem er sich nicht selbst widerspricht. Die gesetzgebende
- Vernunft ist zu einer nur _prüfenden_ Vernunft herabgesetzt.
- c. Gesetzprüfende Vernunft
- Ein Unterschied an der einfachen sittlichen Substanz ist eine
- Zufälligkeit für sie, welche wir an dem bestimmten Gebote als
- Zufälligkeit des Wissens, der Wirklichkeit und des Tuns hervortreten
- sahen. Die _Vergleichung_ jenes einfachen Seins und der ihm nicht
- entsprechenden Bestimmtheit fiel in uns; und die einfache Substanz
- hat sich darin formale Allgemeinheit oder reines _Bewußtsein_ zu sein
- gezeigt, das frei von dem Inhalte ihm gegenübertritt, und ein
- _Wissen_ von ihm als dem bestimmten ist. Diese Allgemeinheit bleibt
- auf diese Weise dasselbe, was die _Sache selbst_ war. Aber sie ist
- im Bewußtsein ein anderes; sie ist nämlich nicht mehr die
- gedankenlose träge Gattung, sondern bezogen auf das Besondere, und
- geltend für dessen Macht und Wahrheit.--Dies Bewußtsein scheint
- zunächst dasselbe Prüfen, welches wir vorhin waren, und sein Tun
- nichts anderes sein zu können, als schon geschehen ist, eine
- Vergleichung des Allgemeinen mit dem Bestimmten, woraus sich ihre
- Unangemessenheit wie vorhin ergäbe. Aber das Verhältnis des Inhalts
- zum Allgemeinen ist hier ein anderes, indem dieses eine andere
- Bedeutung gewonnen hat; es ist _formale_ Allgemeinheit, deren der
- bestimmte Inhalt fähig ist, denn in ihr wird er nur in Beziehung auf
- sich selbst betrachtet. Bei unserm Prüfen stand die allgemeine
- gediegene Substanz der Bestimmtheit gegenüber, welche sich als
- Zufälligkeit des Bewußtseins, worein die Substanz eintrat,
- entwickelte. Hier ist das ein Glied der Vergleichung verschwunden;
- das Allgemeine ist nicht mehr die _seiende_ und _geltende_ Substanz,
- oder das an und für sich Rechte, sondern einfaches Wissen oder Form,
- welche einen Inhalt nur mit sich selbst vergleicht, und ihn
- betrachtet, ob er eine Tautologie ist. Es werden Gesetze nicht mehr
- gegeben, sondern _geprüft_; und die Gesetze sind für das prüfende
- Bewußtsein _schon_ gegeben; es nimmt ihren _Inhalt_ auf, wie er
- einfach ist, ohne in die Betrachtung der seiner Wirklichkeit
- anklebenden Einzelnheit und Zufälligkeit einzugehen, wie wir taten,
- sondern bleibt bei dem Gebote als Gebote stehen, und verhält sich
- ebenso einfach gegen es, als es sein Maßstab ist.
- Dies Prüfen reicht aber aus diesem Grunde nicht weit; eben indem der
- Maßstab die Tautologie und gleichgültig gegen den Inhalt ist, nimmt
- er ebensogut diesen als den entgegengesetzten in sich auf.--Es ist
- die Frage, soll es an und für sich Gesetz sein, daß _Eigentum_ sei;
- _an und für sich_, nicht aus Nützlichkeit für andere Zwecke; die
- sittliche Wesenheit besteht eben darin, daß das Gesetz nur sich
- selbst gleiche, und durch diese Gleichheit mit sich also in seinem
- eignen Wesen gegründet, nicht ein bedingtes sei. Das Eigentum an und
- für sich widerspricht sich nicht; es ist eine _isolierte_ oder nur
- sich selbst gleich gesetzte Bestimmtheit. Nichteigentum,
- Herrenlosigkeit der Dinge oder Gütergemeinschaft widerspricht sich
- gerade ebensowenig. Daß etwas niemand gehört, oder dem nächsten
- besten, der sich in Besitz setzt, oder allen zusammen, und jedem nach
- seinem Bedürfnisse oder zu gleichen Teilen, ist eine _einfache
- Bestimmtheit_, ein _formaler Gedanke_, wie sein Gegenteil, das
- Eigentum.--Wenn das herrenlose Ding freilich betrachtet wird als ein
- _notwendiger Gegenstand_ des _Bedürfnisses_, so ist es notwendig, daß
- es der Besitz irgendeines einzelnen werde; und es wäre widersprechend,
- vielmehr die Freiheit des Dinges zum Gesetze zu machen. Unter der
- Herrenlosigkeit des Dinges ist aber auch nicht eine absolute
- Herrenlosigkeit gemeint, sondern es soll in _Besitz kommen_, nach dem
- _Bedürfnisse_ des einzelnen; und zwar nicht um aufbewahrt, sondern um
- unmittelbar gebraucht zu werden. Aber so ganz nur nach der
- Zufälligkeit für das Bedürfnis zu sorgen, ist der Natur des bewußten
- Wesens, von dem allein die Rede ist, widersprechend; denn es muß sich
- sein Bedürfnis in der Form der _Allgemeinheit_ vorstellen, für seine
- ganze Existenz sorgen, und sich ein bleibendes Gut erwerben. So
- stimmte also der Gedanke, daß ein Ding dem nächsten selbstbewußten
- Leben nach seinem Bedürfnisse zufälligerweise zuteil werde, nicht mit
- sich selbst überein.--In der Gütergemeinschaft, worin auf eine
- allgemeine und bleibende Weise dafür gesorgt wäre, wird jedem
- entweder soviel zuteil, _als er braucht_, so widerspricht diese
- Ungleichheit und das Wesen des Bewußtseins, dem die _Gleichheit_ der
- Einzelnen Prinzip ist, einander. Oder es wird nach dem letztern
- Prinzip _gleich_ ausgeteilt, so hat der Anteil nicht die Beziehung
- auf das Bedürfnis, welche doch allein sein Begriff ist.
- Allein wenn auf diese Weise das Nichteigentum widersprechend
- erscheint, so geschieht es nur darum, weil es nicht als _einfache_
- Bestimmtheit gelassen worden ist. Dem Eigentum geht es ebenso, wenn
- es in Momente aufgelöst wird. Das einzelne Ding, das mein Eigentum
- ist, gilt damit für ein _Allgemeines, Befestigtes, Bleibendes_; dies
- widerspricht aber seiner Natur, die darin besteht, gebraucht zu
- werden und zu _verschwinden_. Es gilt zugleich für das _Meinige_,
- das alle andern anerkennen, und sich davon ausschließen. Aber darin,
- daß ich anerkannt bin, liegt vielmehr meine Gleichheit mit allen, das
- Gegenteil der Ausschließung.--Was ich besitze, ist ein _Ding_, d.h.
- ein Sein für Andre überhaupt, ganz allgemein und unbestimmt nur für
- mich zu sein; daß _Ich_ es besitze, widerspricht seiner allgemeinen
- Dingheit. Eigentum widerspricht sich daher nach allen Seiten
- ebensosehr als Nichteigentum; jedes hat diese beiden
- entgegengesetzten, sich widersprechenden Momente der Einzelnheit und
- Allgemeinheit an ihm.--Aber jede dieser Bestimmtheiten _einfach_
- vorgestellt, als Eigentum oder Nichteigentum, ohne weitere
- Entwicklung, ist eine so _einfach_ als die andere, das heißt, sich
- nicht widersprechend.--Der Maßstab des Gesetzes, den die Vernunft an
- ihr selbst hat, paßt daher allem gleich gut, und ist hiemit in der
- Tat kein Maßstab.--Es müßte auch sonderbar zugehen, wenn die
- Tautologie, der Satz des Widerspruchs, der für die Erkenntnis
- theoretischer Wahrheit nur als ein formelles Kriterium zugestanden
- wird, das heißt, als etwas, das gegen Wahrheit und Unwahrheit ganz
- gleichgültig sei, für die Erkenntnis praktischer _Wahrheit mehr sein
- sollte_.
- In den beiden soeben betrachteten Momenten der Erfüllung des vorher
- leeren geistigen Wesens hat sich das Setzen von unmittelbaren
- Bestimmtheiten an der sittlichen Substanz, und dann das Wissen von
- ihnen, ob sie Gesetze sind, aufgehoben. Das Resultat scheint hiemit
- dieses zu sein, daß weder bestimmte Gesetze noch ein Wissen derselben
- stattfinden könne. Allein die Substanz ist das _Bewußtsein_ von sich
- als der absoluten _Wesenheit_, welches hiemit weder den _Unterschied_
- an ihr noch das _Wissen_ von ihm aufgeben kann. Daß das Gesetzgeben
- und Gesetzprüfen sich als nichtig erwies, hat diese Bedeutung, daß
- beides einzeln und isoliert genommen nur haltungslose _Momente_ des
- sittlichen Bewußtseins sind; und die Bewegung, in welcher sie
- auftreten, hat den formalen Sinn, daß die sittliche Substanz sich
- dadurch als Bewußtsein darstellt.
- Insofern diese beiden Momente nähere Bestimmungen des Bewußtseins der
- _Sache selbst_ sind, können sie als Formen der _Ehrlichkeit_
- angesehen werden, die, wie sonst mit ihren formalen Momenten, sich
- itzt mit einem seinsollenden Inhalt des Guten und Rechten und einem
- Prüfen solcher festen Wahrheit herumtreibt, und in der gesunden
- Vernunft und verständigen Einsicht die Kraft und Gültigkeit der
- Gebote zu haben meint.
- Ohne diese Ehrlichkeit aber gelten die Gesetze nicht als _Wesen_ des
- _Bewußtseins_ und das Prüfen ebenso nicht als Tun _innerhalb_
- desselben; sondern diese Momente drücken, wie sie jedes für sich
- _unmittelbar_ als eine _Wirklichkeit_ auftreten, das eine ein
- ungültiges Aufstellen und Sein wirklicher Gesetze und das andre eine
- ebenso ungültige Befreiung von denselben aus. Das Gesetz hat als
- bestimmtes Gesetz einen zufälligen Inhalt--dies hat hier die
- Bedeutung, daß es Gesetz eines einzelnen Bewußtseins von einem
- willkürlichen Inhalt ist. Jenes unmittelbare Gesetzgeben ist also
- der tyrannische Frevel, der die Willkür zum Gesetze macht, und die
- Sittlichkeit zu einem Gehorsame gegen sie--gegen Gesetze, die _nur_
- Gesetze, nicht zugleich _Gebote_ sind. So wie das zweite Moment,
- insofern es isoliert ist, das Prüfen der Gesetze, das Bewegen des
- Unbewegbaren und den Frevel des Wissens bedeutet, der sich von den
- absoluten Gesetzen frei räsoniert, und sie für eine ihm fremde
- Willkür nimmt.
- In beiden Formen sind diese Momente ein negatives Verhältnis zur
- Substanz oder dem realen geistigen Wesen; oder in ihnen hat die
- Substanz noch nicht ihre Realität, sondern das Bewußtsein enthält sie
- noch in der Form seiner eignen Unmittelbarkeit, und sie ist nur erst
- ein _Willen_ und _Wissen_ dieses Individuums, oder das _Sollen_ eines
- unwirklichen Gebots, und ein Wissen der formalen Allgemeinheit. Aber
- indem diese Weisen sich aufhoben, ist das Bewußtsein in das
- Allgemeine zurückgegangen, und jene Gegensätze sind verschwunden.
- Das geistige Wesen ist dadurch wirkliche Substanz, daß diese Weisen
- nicht einzeln gelten, sondern nur als aufgehobne, und die Einheit,
- worin sie nur Momente sind, ist das Selbst des Bewußtseins, welches
- nunmehr in dem geistigen Wesen gesetzt, dasselbe zum wirklichen,
- erfüllten und selbstbewußten macht.
- Das geistige Wesen ist hiemit vors erste für das Selbstbewußtsein als
- _an sich_ seiendes Gesetz; die Allgemeinheit des Prüfens, welche die
- formale nicht _an sich_ seiende war, ist aufgehoben. Es ist ebenso
- ein ewiges Gesetz, welches nicht in dem _Willen dieses Individuums_
- seinen Grund hat, sondern es ist an und für sich, der absolute _reine
- Willen aller_, der die Form des unmittelbaren _Seins_ hat. Er ist
- auch nicht ein _Gebot_, das nur sein _soll_, sondern er _ist_ und
- _gilt_; es ist das allgemeine Ich der Kategorie, das unmittelbar die
- Wirklichkeit ist, und die Welt ist nur diese Wirklichkeit. Indem
- aber dieses _seiende Gesetz_ schlechthin gilt, so ist der Gehorsam
- des Selbstbewußtseins nicht der Dienst gegen einen Herrn, dessen
- Befehle eine Willkür wäre, und worin es sich nicht erkennte. Sondern
- die Gesetze sind Gedanken seines eignen absoluten Bewußtseins, welche
- es selbst unmittelbar _hat_. Es _glaubt_ auch nicht an sie, denn der
- Glauben schaut wohl auch das Wesen, aber ein fremdes an. Das
- sittliche _Selbst_bewußtsein ist durch die _Allgemeinheit_ seines
- _Selbsts unmittelbar_ mit dem Wesen eins; der Glauben hingegen fängt
- von dem _einzelnen_ Bewußtsein an, er ist die Bewegung desselben,
- immer dieser Einheit zuzugehen, ohne die Gegenwart seines Wesens zu
- erreichen.--Jenes Bewußtsein hingegen hat sich als einzelnes
- aufgehoben, diese Vermittlung ist vollbracht, und nur dadurch, daß
- sie vollbracht ist, ist es unmittelbares Selbstbewußtsein der
- sittlichen Substanz.
- Der Unterschied des Selbstbewußtseins von dem Wesen ist also
- vollkommen durchsichtig. Dadurch sind die _Unterschiede an dem
- Wesen_ selbst nicht zufällige Bestimmtheiten, sondern um der Einheit
- des Wesens und des Selbstbewußtseins willen, von welchem allein die
- Ungleichheit kommen könnte, sind sie die Massen ihrer von ihrem Leben
- durchdrungenen Gegliederung, sich selbst klare unentzweite Geister,
- makellose himmlische Gestalten, die in ihren Unterschieden die
- unentweihte Unschuld und Einmütigkeit ihres Wesens erhalten.--Das
- Selbstbewußtsein ist ebenso einfaches, klares _Verhältnis_ zu ihnen.
- Sie _sind_, und weiter nichts--macht das Bewußtsein seines
- Verhältnisses aus. So gelten sie der Antigone des Sophokles als der
- Götter _ungeschriebnes_ und _untrügliches_ Recht nicht etwa jetzt und
- gestern, sondern immerdarlebt es, und keiner weiß, von wannen es
- erschien. _Sie sind_. Wenn ich nach Ihrer Entstehung frage, und sie
- auf den Punkt ihres Ursprungs einenge, so bin ich darüber
- hinausgegangen; denn ich bin nunmehr das Allgemeine, sie aber das
- Bedingte und Beschränkte. Wenn sie sich meiner Einsicht legitimieren
- sollen, so habe ich schon ihr unwankendes An-sich-sein bewegt, und
- betrachte sie als etwas, das vielleicht wahr, vielleicht auch nicht
- wahr für mich sei. Die sittliche Gesinnung besteht eben darin,
- unverrückt in dem fest zu beharren, was das Rechte ist, und sich
- alles Bewegens, Rüttelns und Zurückführens desselben zu enthalten.
- --Es wird ein Depositum bei mir gemacht; es _ist_ das Eigentum eines
- andern, und ich anerkenne es, _weil es so ist_, und erhalte mich
- unwankend in diesem Verhältnisse. Behalte ich für mich das Depositum,
- so begehe ich nach dem Prinzipe meines Prüfens, der Tautologie, ganz
- und gar keinen Widerspruch; denn alsdenn sehe ich es nicht mehr für
- das Eigentum eines andern an; etwas behalten, das ich nicht für das
- Eigentum eines andern ansehe, ist vollkommen konsequent. Die
- Änderung _der Ansicht_ ist kein Widerspruch, denn es ist nicht um sie
- als Ansicht, sondern um den Gegenstand und Inhalt zu tun, der sich
- nicht widersprechen soll. So sehr ich--wie ich tue, wenn ich etwas
- wegschenke--die Ansicht, daß etwas mein Eigentum ist, in die Ansicht,
- daß es das Eigentum eines andern ist, verändern kann, ohne dadurch
- eines Widerspruches schuldig zu werden, ebensosehr kann ich den
- umgekehrten Weg gehen.--Nicht darum also, weil ich etwas sich nicht
- widersprechend finde, ist es Recht; sondern weil es das Rechte ist,
- ist es Recht. Daß etwas das Eigentum des andern _ist_, dies liegt
- _zum Grunde_; darüber habe ich nicht zu räsonieren, noch mancherlei
- Gedanken, Zusammenhänge, Rücksichten aufzusuchen oder mir einfallen
- zu lassen; weder ans Gesetzgeben noch ans Prüfen zu denken; durch
- solcherlei Bewegungen meines Gedankens verrückte ich jenes Verhältnis,
- indem ich in der Tat nach Belieben meinem unbestimmten
- tautologischen Wissen das Gegenteil ebensowohl gemäß, und es also zum
- Gesetze machen könnte. Sondern ob diese oder die entgegengesetzte
- Bestimmung das Rechte sei, ist _an_ und _für sich_ bestimmt; ich für
- mich könnte, welche ich wollte, und ebensogut keine zum Gesetze
- machen, und bin, indem ich zu prüfen anfange, schon auf unsittlichem
- Wege. Daß das Rechte mir _an_ und _für sich_ ist, dadurch bin ich in
- der sittlichen Substanz; so ist sie das _Wesen_ des Selbstbewußtseins;
- dieses aber ist _ihre Wirklichkeit_ und _Dasein_, ihr _Selbst_ und
- _Willen_.
- VI. Der Geist
- Die Vernunft ist Geist, indem die Gewißheit, alle Realität zu sein,
- zur Wahrheit erhoben, und sie sich ihrer selbst als ihrer Welt und
- der Welt als ihrer selbst bewußt ist.--Das Werden des Geistes zeigte
- die unmittelbar vorhergehende Bewegung auf, worin der Gegenstand des
- Bewußtseins, die reine Kategorie, zum Begriffe der Vernunft sich
- erhob. In der _beobachtenden_ Vernunft ist diese reine Einheit des
- _Ich_ und des _Seins_, des _Für-sich-_ und des _An-sich-_seins, als
- das _An-sich_ oder als _Sein_ bestimmt, und das Bewußtsein der
- Vernunft findet sie. Aber die Wahrheit des Beobachtens ist vielmehr
- das Aufheben dieses unmittelbaren findenden Instinkts, dieses
- bewußtlosen Daseins derselben. Die _angeschaute_ Kategorie, das
- _gefundne Ding_ tritt in das Bewußtsein als das _Für-sich-sein_ des
- Ich, welches sich nun im gegenständlichen Wesen als das _Selbst_ weiß.
- Aber diese Bestimmung der Kategorie, als des Für-sich-seins
- entgegengesetzt dem An-sich-sein, ist ebenso einseitig und ein sich
- selbst aufhebendes Moment. Die Kategorie wird daher für das
- Bewußtsein bestimmt, wie sie in ihrer allgemeinen Wahrheit ist, als
- _an- und fürsich_seiendes Wesen. Diese noch _abstrakte_ Bestimmung,
- welche die _Sache selbst_ ausmacht, ist erst das _geistige Wesen_,
- und sein Bewußtsein ein formales Wissen von ihm, das sich mit
- mancherlei Inhalt desselben herumtreibt; es ist von der Substanz in
- der Tat noch als ein Einzelnes unterschieden, gibt entweder
- willkürliche Gesetze, oder meint die Gesetze, wie sie an und für sich
- sind, in seinem Wissen als solchem zu haben; und hält sich für die
- beurteilende Macht derselben.--Oder von der Seite der Substanz
- betrachtet, so ist diese das _an- und fürsichseiende_ geistige Wesen,
- welches noch nicht _Bewußtsein_ seiner selbst ist.--Das _an- und
- fürsichseiende_ Wesen aber, welches sich zugleich als Bewußtsein
- wirklich und sich sich selbst vorstellt, ist _der Geist_.
- Sein geistiges _Wesen_ ist schon als die _sittliche Substanz_
- bezeichnet worden; der Geist aber ist _die sittliche Wirklichkeit_.
- Er ist das _Selbst_ des wirklichen Bewußtseins, dem er oder vielmehr
- das sich als gegenständliche wirkliche Welt gegenübertritt, welche
- aber ebenso für das Selbst alle Bedeutung eines Fremden, so wie das
- Selbst alle Bedeutung eines von ihr getrennten, abhängigen oder
- unabhängigen Für-sich-seins verloren hat. Die _Substanz_ und das
- allgemeine, sichselbstgleiche, bleibende Wesen--ist er der
- unverrückte und unaufgelöste _Grund_ und _Ausgangspunkt_ des Tuns
- Aller,--und ihr _Zweck_ und _Ziel_, als das gedachte _An-sich_ aller
- Selbstbewußtsein.--Diese Substanz ist ebenso das allgemeine Werk, das
- sich durch das _Tun_ Aller und jeder als ihre Einheit und Gleichheit
- erzeugt, denn sie ist das _Für-sich-sein_, das Selbst, das Tun. Als
- die _Substanz_ ist der Geist die unwankende gerechte
- _Sichselbstgleichheit_; aber als _Für-sich-sein_ ist sie das
- aufgelöste, das sich aufopfernde gütige Wesen, an dem jeder sein
- eignes Werk vollbringt, das allgemeine Sein zerreißt und sich seinen
- Teil davon nimmt. Diese Auflösung und Vereinzelung des Wesens ist
- eben das _Moment_ des Tuns und Selbsts Aller; es ist die Bewegung und
- Seele der Substanz, und das bewirkte allgemeine Wesen. Gerade darin
- daß sie das im Selbst aufgelöste Sein ist, ist sie nicht das tote
- Wesen, sondern _wirklich_ und _lebendig._
- Der Geist ist hiemit das sich selbst tragende absolute reale Wesen.
- Alle bisherigen Gestalten des Bewußtseins sind Abstraktionen
- desselben; sie sind dies, daß er sich analysiert, seine Momente
- unterscheidet, und bei einzelnen verweilt. Dies Isolieren solcher
- Momente hat ihn selbst zur _Voraussetzung_ und zum _Bestehen_, oder
- es existiert nur in ihm, der die Existenz ist. Sie haben so isoliert
- den Schein, als ob sie als solche _wären_; aber wie sie nur Momente
- oder verschwindende Größen sind, zeigte ihre Fortwälzung und Rückgang
- in ihren Grund und Wesen; und dies Wesen eben ist diese Bewegung und
- Auflösung dieser Momente. Hier, wo der Geist oder die Reflexion
- derselben in sich selbst gesetzt ist, kann unsre Reflexion an sie
- nach dieser Seite kurz erinnern, sie waren Bewußtsein,
- Selbstbewußtsein und Vernunft. Der Geist ist also _Bewußtsein_
- überhaupt, was sinnliche Gewißheit, Wahrnehmen und den Verstand in
- sich begreift, insofern er in der Analyse seiner selbst das Moment
- festhält, daß er sich _gegenständliche, seiende_ Wirklichkeit ist,
- und davon abstrahiert, daß diese Wirklichkeit sein eignes
- Für-sich-sein ist. Hält er im Gegenteil das andre Moment der Analyse
- fest, daß sein Gegenstand sein _Für-sich-sein_ ist, so ist er
- Selbstbewußtsein. Aber als unmittelbares Bewußtsein des _An- und
- Für-sich-seins_, als Einheit des Bewußtseins und des
- Selbstbewußtseins ist er das Bewußtsein, das _Vernunft hat_, das, wie
- das _Haben_ es bezeichnet, den Gegenstand hat als _an sich_
- vernünftig bestimmt, oder vom Werte der Kategorie, aber so, daß er
- noch für das Bewußtsein desselben den Wert der Kategorie nicht hat.
- Er ist das Bewußtsein, aus dessen Betrachtung wir soeben herkommen.
- Diese Vernunft, die er _hat_, endlich als eine solche von ihm
- angeschaut, die Vernunft _ist_, oder die Vernunft, die in ihm
- _wirklich_ und die seine Welt ist, so ist er in seiner Wahrheit; er
- _ist_ der Geist, er ist das _wirkliche sittliche_ Wesen.
- Der Geist ist das _sittliche Leben_ eines _Volks_, insofern er die
- _unmittelbare Wahrheit ist_; das Individuum, das eine Welt ist. Er
- muß zum Bewußtsein über das, was er unmittelbar ist, fortgehen, das
- schöne sittliche Leben aufheben, und durch eine Reihe von Gestalten
- zum Wissen seiner selbst gelangen. Diese unterscheiden sich aber von
- den vorhergehenden dadurch, daß sie die realen Geister sind,
- eigentliche Wirklichkeiten, und statt Gestalten nur des Bewußtseins,
- Gestalten einer Welt.
- Die _lebendige sittliche_ Welt ist der Geist in seiner _Wahrheit_;
- wie er zunächst zum abstrakten _Wissen_ seines Wesens kommt, geht die
- Sittlichkeit in der formalen Allgemeinheit des Rechts unter. Der in
- sich selbst nunmehr entzweite Geist beschreibt in seinem
- gegenständlichen Elemente als in einer harten Wirklichkeit die eine
- seiner Welten, das _Reich der Bildung_, und ihr gegenüber im Elemente
- des Gedankens die _Welt des Glaubens_, das _Reich des Wesens_. Beide
- Welten aber von dem Geiste, der aus diesem Verluste seiner selbst in
- sich geht, von dem _Begriffe_ erfaßt, werden durch die _Einsicht_ und
- ihre Verbreitung, die _Aufklärung_, verwirrt und revolutioniert, und
- das in das _Diesseits_ und _Jenseits_ verteilte und ausgebreitete
- Reich kehrt in das Selbstbewußtsein zurück, das nun in der
- _Moralität_ sich als die Wesenheit und das Wesen als wirkliches
- Selbst erfaßt, seine _Welt_ und ihren _Grund_ nicht mehr aus sich
- heraussetzt, sondern alles in sich verglimmen läßt, und als
- _Gewissen_ der _seiner selbst gewisse_ Geist ist.
- Die sittliche Welt, die in das Diesseits und Jenseits zerrissene Welt
- und die moralische Weltanschauung sind also die Geister, deren
- Bewegung und Rückgang in das einfache fürsichseiende Selbst des
- Geistes sich entwickeln, und als deren Ziel und Resultat das
- wirkliche Selbstbewußtsein des absoluten Geistes hervortreten wird.
- A. Der wahre Geist,die Sittlichkeit
- Der Geist ist in seiner einfachen Wahrheit Bewußtsein, und schlägt
- seine Momente auseinander. Die _Handlung_ trennt ihn in die Substanz
- und das Bewußtsein derselben; und trennt ebensowohl die Substanz als
- das Bewußtsein. Die Substanz tritt als allgemeines _Wesen_ und
- _Zweck_, sich als der _vereinzelnten_ Wirklichkeit gegenüber; die
- unendliche Mitte ist das Selbstbewußtsein, welches _an sich_ Einheit
- seiner und der Substanz, es nun _für sich_ wird, das allgemeine Wesen
- und seine vereinzelnte Wirklichkeit vereint, diese zu jenem erhebt,
- und sittlich handelt--und jenes zu dieser herunterbringt, und den
- Zweck, die nur gedachte Substanz ausführt; es bringt die Einheit
- seines Selbsts und der Substanz als _sein Werk_ und damit als
- _Wirklichkeit_ hervor.
- In dem Auseinandertreten des Bewußtseins hat die einfache Substanz
- den Gegensatz teils gegen das Selbstbewußtsein erhalten, teils stellt
- sie damit ebensosehr an ihr selbst die Natur des Bewußtseins, sich in
- sich selbst zu unterscheiden, als eine in ihre Massen gegliederte
- Welt dar. Sie spaltet sich also in ein unterschiednes sittliches
- Wesen, in ein menschliches und göttliches Gesetz. Ebenso das ihr
- gegenübertretende Selbstbewußtsein teilt sich nach seinem Wesen der
- einen dieser Mächte zu, und als Wissen in die Unwissenheit dessen,
- was es tut, und in das Wissen desselben, das deswegen ein betrognes
- Wissen ist. Es erfährt also in seiner Tat sowohl den Widerspruch
- _jener Mächte_, worein die Substanz sich entzweite, und ihre
- gegenseitige Zerstörung, wie den Widerspruch seines Wissens von der
- Sittlichkeit seines Handelns--mit dem, was an und für sich sittlich
- ist, und findet _seinen eignen_ Untergang. In der Tat aber ist die
- sittliche Substanz durch diese Bewegung zum _wirklichen
- Selbstbewußtsein_ geworden, oder _dieses_ Selbst zum _An_- und
- _Fürsich_seienden, aber darin ist eben die Sittlichkeit zugrunde
- gegangen.
- a. Die sittliche Welt,das menschliche und göttliche Gesetz,der Mann
- und das Weib
- Die einfache Substanz des Geistes teilt sich als Bewußtsein. Oder
- wie das Bewußtsein des abstrakten, des sinnlichen Seins in die
- Wahrnehmung übergeht, so auch die unmittelbare Gewißheit des realen,
- sittlichen Seins; und wie für die sinnliche Wahrnehmung das einfache
- Sein ein Ding von vielen Eigenschaften wird, so ist für die sittliche
- der Fall des Handelns eine Wirklichkeit von vielen sittlichen
- Beziehungen. Jener zieht sich aber die unnütze Vielheit der
- Eigenschaften in den wesentlichen Gegensatz der Einzelnheit und
- Allgemeinheit zusammen, und noch mehr dieser, die das gereinigte,
- substantielle Bewußtsein ist, wird die Vielheit der sittlichen
- Momente das Zwiefache eines Gesetzes der Einzelnheit und eines der
- Allgemeinheit. Jede dieser Massen der Substanz bleibt aber der ganze
- Geist; wenn in der sinnlichen Wahrnehmung die Dinge keine andre
- Substanz als die beiden Bestimmungen der Einzelnheit und der
- Allgemeinheit haben, so drücken sie hier nur den oberflächlichen
- Gegensatz der beiden Seiten gegeneinander aus.
- Die Einzelnheit hat an dem Wesen, das wir hier betrachten, die
- Bedeutung des _Selbstbewußtseins_ überhaupt, nicht eines einzelnen
- zufälligen Bewußtseins. Die sittliche Substanz ist also in dieser
- Bestimmung die _wirkliche_ Substanz, der absolute Geist in der
- Vielheit des daseienden _Bewußtseins realisiert_; er ist das
- _Gemeinwesen_, welches _für uns_ bei dem Eintritt in die praktische
- Gestaltung der Vernunft überhaupt das absolute Wesen war, und hier in
- seiner Wahrheit _für sich_ selbst als bewußtes sittliches Wesen, und
- als das _Wesen für das_ Bewußtsein, das wir zum Gegenstande haben,
- hervorgetreten ist. Es ist Geist, welcher _für sich_, indem er im
- _Gegenschein der Individuen_ sich,--und _an sich_ oder Substanz ist,
- indem er sie in sich erhält. Als die _wirkliche Substanz_ ist er
- _ein Volk_, als _wirkliches Bewußtsein Bürger_ des Volkes. Dies
- Bewußtsein hat an dem einfachen Geiste sein _Wesen_, und die
- Gewißheit seiner selbst in der _Wirklichkeit_ dieses Geistes, dem
- ganzen Volke, und unmittelbar darin seine _Wahrheit_, also nicht in
- etwas, das nicht wirklich ist, sondern in einem Geiste, der
- _existiert_ und _gilt_.
- Dieser Geist kann das menschliche Gesetz genannt werden, weil er
- wesentlich in der Form der _ihrer selbst bewußten Wirklichkeit_ ist.
- Er ist in der Form der Allgemeinheit das _bekannte_ Gesetz und die
- _vorhandene_ Sitte; in der Form der Einzelnheit ist er die wirkliche
- Gewißheit seiner selbst in dem _Individuum_ überhaupt, und die
- Gewißheit seiner als _einfacher Individualität_ ist er als Regierung;
- seine Wahrheit ist die offene an dem Tag liegende _Gültigkeit_; eine
- _Existenz_, welche für die unmittelbare Gewißheit in die Form des
- frei entlassenen Daseins tritt.
- Dieser sittlichen Macht und Offenbarkeit tritt aber eine andere Macht,
- das _göttliche Gesetz_, gegenüber. Denn die sittliche _Staatsmacht_
- hat als die _Bewegung_ des sich _bewußten Tuns_ an dem _einfachen_
- und _unmittelbaren Wesen_ der Sittlichkeit ihren Gegensatz; als
- _wirkliche Allgemeinheit_ ist sie eine Gewalt gegen das individuelle
- Für-sich-sein; und als Wirklichkeit überhaupt hat sie an dem _innern_
- Wesen noch ein Anders, als sie ist.
- Es ist schon erinnert worden, daß jede der entgegengesetzten Weisen
- der sittlichen Substanz zu existieren sie ganz und alle Momente ihres
- Inhalts enthält. Wenn also das Gemeinwesen sie als das seiner
- bewußte wirkliche Tun ist, so hat die andere Seite die Form der
- unmittelbaren oder seienden Substanz. Diese ist so einerseits der
- innre Begriff oder die allgemeine Möglichkeit der Sittlichkeit
- überhaupt, hat aber anderseits das Moment des Selbstbewußtseins
- ebenso an ihr. Dieses in diesem Elemente der _Unmittelbarkeit_ oder
- des _Seins_ die Sittlichkeit ausdrückend, oder ein _unmittelbares_
- Bewußtsein seiner wie als Wesens so als dieses Selbsts in einem
- Andern, das heißt, ein _natürliches sittliches_ Gemeinwesen,--ist die
- _Familie_. Sie steht als der _bewußtlose_ noch innre Begriff seiner
- sich bewußten Wirklichkeit, als das _Element_ der Wirklichkeit des
- Volks, dem Volke selbst, als _unmittelbares_ sittliches _Sein_,--der
- durch die _Arbeit_ für das Allgemeine sich bildenden und erhaltenden
- Sittlichkeit, die Penaten dem allgemeinen Geiste gegenüber.
- Ob sich aber wohl das _sittliche Sein_ der Familie als das
- _unmittelbare_ bestimmt, so ist sie innerhalb ihrer _sittliches_
- Wesen nicht, _insofern_ sie das Verhältnis _der Natur_ ihrer Glieder,
- oder deren Beziehung die _unmittelbare einzelner wirklicher_ ist;
- denn das sittliche ist an sich _allgemein_, und dies Verhältnis der
- Natur ist wesentlich ebensosehr ein Geist, und nur als geistiges
- Wesen sittlich. Es ist zu sehen, worin seine eigentümliche
- Sittlichkeit besteht.--Zunächst, weil das Sittliche das an sich
- Allgemeine ist, ist die sittliche Beziehung der Familienglieder nicht
- die Beziehung der Empfindung oder das Verhältnis der Liebe. Das
- Sittliche scheint nun in das Verhältnis des _einzelnen_
- Familiengliedes zur _ganzen_ Familie als der Substanz gelegt werden
- zu müssen; so daß sein Tun und Wirklichkeit nur sie zum Zweck und
- Inhalt hat. Aber der bewußte Zweck, den das _Tun_ dieses Ganzen,
- insofern er auf es selbst geht, hat, ist selbst das Einzelne. Die
- Erwerbung und Erhaltung von Macht und Reichtum geht teils nur auf das
- Bedürfnis und gehört der Begierde an; teils wird sie in ihrer höhern
- Bestimmung etwas nur Mittelbares. Diese Bestimmung fällt nicht in
- die Familie selbst, sondern geht auf das wahrhaft Allgemeine, das
- Gemeinwesen; sie ist vielmehr negativ gegen die Familie, und besteht
- darin, den Einzelnen aus ihr herauszusetzen, seine Natürlichkeit und
- Einzelnheit zu unterjochen, und ihn zur _Tugend_, zum Leben in und
- fürs Allgemeine zu ziehen. Der der Familie eigentümliche, _positive_
- Zweck ist der Einzelne als solcher. Daß nun diese Beziehung sittlich
- sei, kann er nicht, weder der, welcher handelt, noch der, auf welchen
- sich die Handlung bezieht, nach einer _Zufälligkeit_ auftreten, wie
- etwa in irgendeiner Hülfe oder Dienstleistung geschieht. Der Inhalt
- der sittlichen Handlung muß substantiell oder ganz und allgemein sein;
- sie kann sich daher nur auf den _ganzen_ Einzelnen, oder auf ihn als
- allgemeinen beziehen. Auch dies wieder nicht etwa so, daß sich nur
- _vorgestellt_ wäre, eine _Dienstleistung_ fördere sein ganzes Glück,
- während sie so, wie sie unmittelbare und wirkliche Handlung ist, nur
- etwas Einzelnes an ihm tut;--noch daß sie auch wirklich als Erziehung,
- in einer _Reihe_ von Bemühungen, ihn als Ganzes zum Gegenstand hat
- und als Werk hervorbringt; wo außer dem gegen die Familie negativen
- Zwecke die _wirkliche Handlung_ nur einen beschränkten Inhalt hat;
- --ebensowenig endlich, daß sie eine Nothülfe ist, wodurch in Wahrheit
- der ganze Einzelne errettet wird; denn sie ist selbst eine völlig
- zufällige Tat, deren Gelegenheit eine gemeine Wirklichkeit ist,
- welche sein und auch nicht sein kann. Die Handlung also, welche die
- ganze Existenz des Blutsverwandten umfaßt, und ihn--nicht den Bürger,
- denn dieser gehört nicht der Familie an, noch den, der Bürger werden
- und _aufhören_ soll, als _dieser Einzelne_ zu gelten, sondern ihn,
- _diesen_ der Familie angehörigen Einzelnen, als ein _allgemeines_,
- der sinnlichen, d.i. einzelnen Wirklichkeit enthobenes Wesen zu ihrem
- Gegenstande und Inhalt hat, betrifft nicht mehr den _Lebenden,_
- sondern den _Toten_, der aus der langen Reihe seines zerstreuten
- Daseins sich in die vollendete _eine_ Gestaltung zusammengefaßt, und
- aus der Unruhe des zufälligen Lebens sich in die Ruhe der einfachen
- Allgemeinheit erhoben hat.--Weil er nur als Bürger _wirklich_ und
- _substantiell_ ist, so ist der Einzelne, wie er nicht Bürger ist, und
- der Familie angehört, nur der _unwirkliche_ marklose Schatten.
- Diese Allgemeinheit, zu der der Einzelne als _solcher_ gelangt, ist
- das _reine Sein, der Tod_; es ist das _unmittelbare natürliche
- Gewordensein_, nicht das _Tun_ eines _Bewußtseins_. Die Pflicht des
- Familiengliedes ist deswegen, diese Seite hinzuzufügen, damit auch
- sein letztes _Sein_, dies _allgemeine_ Sein, nicht allein der Natur
- angehöre und etwas Unvernünftiges bleibe, sondern daß es ein
- _getanes_, und das Recht des Bewußtseins in ihm behauptet sei. Oder
- der Sinn der Handlung ist vielmehr, daß, weil in Wahrheit die Ruhe
- und Allgemeinheit des seiner selbst bewußten Wesens nicht der Natur
- angehört, der Schein eines solchen Tuns hinwegfalle, den sich die
- Natur angemaßt, und die Wahrheit hergestellt werde.--Was die Natur an
- ihm tat, ist die Seite, von welcher sein Werden zum Allgemeinen sich
- als die Bewegung eines _Seienden_ darstellt. Sie fällt zwar selbst
- innerhalb des sittlichen Gemeinwesens und hat dieses zum Zwecke; der
- Tod ist die Vollendung und höchste Arbeit, welche das Individuum als
- solches für es übernimmt. Aber insofern es wesentlich _einzelnes_
- ist, ist es zufällig, daß sein Tod unmittelbar mit seiner Arbeit fürs
- Allgemeine zusammenhing, und Resultat derselben war, teils wenn er's
- war, ist er die _natürliche_ Negativität und die Bewegung des
- Einzelnen als _Seienden_, worin das Bewußtsein nicht in sich
- zurückkehrt und Selbstbewußtsein wird; oder indem die Bewegung des
- _Seienden_ diese ist, daß es aufgehoben wird und zum _Für-sich-sein_
- gelangt, ist der Tod die Seite der Entzweiung, worin das
- Für-sich-sein, das erlangt wird, ein anderes ist als das Seiende,
- welches in die Bewegung eintrat.--Weil die Sittlichkeit der Geist in
- seiner _unmittelbaren_ Wahrheit ist, so fallen die Seiten, in die
- sein Bewußtsein auseinandertritt, auch in diese Form der
- _Unmittelbarkeit_, und die Einzelnheit tritt in diese _abstrakte_
- Negativität herüber, welche ohne Trost und Versöhnung _an sich
- selbst_, sie _wesentlich_ durch eine _wirkliche_ und _äußerliche
- Handlung_ empfangen muß.--Die Blutsverwandtschaft ergänzt also die
- abstrakte natürliche Bewegung dadurch, daß sie die Bewegung des
- Bewußtseins hinzufügt, das Werk der Natur unterbricht, und den
- Blutsverwandten der Zerstörung entreißt, oder besser, weil die
- Zerstörung, sein Werden zum reinen Sein, notwendig ist, selbst die
- Tat der Zerstörung über sich nimmt.--Es kömmt hiedurch zustande, daß
- auch das _tote_, das allgemeine _Sein_ ein in sich zurückgekehrtes,
- ein _Für-sich-sein_, oder die kraftlose reine _einzelne_ Einzelnheit
- zur _allgemeinen Individualität_ erhoben wird. Der Tote, da er sein
- Sein von seinem _Tun_ oder negativen Eins freigelassen, ist die leere
- Einzelnheit, nur ein passives _Sein für Anderes_, aller niedrigen
- vernunftlosen Individualität und den Kräften abstrakter Stoffe
- preisgegeben, wovon jene um des Lebens willen, das sie hat, diese um
- ihrer negativen Natur willen itzt mächtiger sind als er. Dies ihn
- entehrende Tun bewußtloser Begierde und abstrakter Wesen hält die
- Familie von ihm ab, setzt das ihrige an die Stelle, und vermählt den
- Verwandten dem Schoße der Erde, der elementarischen unvergänglichen
- Individualität; sie macht ihn hierdurch zum Genossen eines
- Gemeinwesens, welches vielmehr die Kräfte der einzelnen Stoffe und
- die niedrigen Lebendigkeiten, die gegen ihn frei werden und ihn
- zerstören wollten, überwältigt und gebunden hält.
- Diese letzte Pflicht macht also das vollkommene _göttliche_ Gesetz,
- oder die positive _sittliche_ Handlung gegen den Einzelnen aus.
- Alles andre Verhältnis gegen ihn, das nicht in der Liebe stehenbleibt,
- sondern sittlich ist, gehört dem menschlichen Gesetze an, und hat
- die negative Bedeutung, den Einzelnen über die Einschließung in das
- natürliche Gemeinwesen zu erheben, dem er als _wirklicher_ angehört.
- Wenn nun aber schon das menschliche Recht zu seinem Inhalte und Macht
- die wirkliche ihrer bewußte sittliche Substanz, das ganze Volk, hat,
- das göttliche Recht und Gesetz aber den Einzelnen, der jenseits der
- Wirklichkeit ist, so ist er nicht ohne Macht; seine Macht ist das
- _abstrakte_ rein _Allgemeine_; das _elementarische_ Individuum,
- welches die Individualität, die sich von dem Elemente losreißt, und
- die ihrer bewußte Wirklichkeit des Volks ausmacht, in die reine
- Abstraktion als in sein Wesen ebenso zurückreißt, als es ihr Grund
- ist.--Wie diese Macht am Volke selbst sich darstellt, wird sich noch
- weiter entwickeln.
- Es gibt nun in dem einen Gesetze, wie in dem andern, auch
- _Unterschiede_ und _Stufen_. Denn indem beide Wesen das Moment des
- Bewußtseins an ihnen haben, entfaltet sich innerhalb ihrer selbst der
- Unterschied; was ihre Bewegung und eigentümliches Leben ausmacht.
- Die Betrachtung dieser Unterschiede zeigt die Weise der _Betätigung_
- und des _Selbstbewußtseins_ der beiden _allgemeinen Wesen_ der
- sittlichen Welt, sowie ihren _Zusammenhang_ und _Übergang_ ineinander.
- Das _Gemeinwesen_, das obere und offenbar an der Sonne geltende
- Gesetz, hat seine wirkliche Lebendigkeit in der _Regierung_, als
- worin es Individuum ist. Sie ist der _in sich reflektierte
- wirkliche_ Geist, das einfache _Selbst_ der ganzen sittlichen
- Substanz. Diese einfache Kraft erlaubt dem Wesen zwar in seine
- Gegliederung sich auszubreiten, und jedem Teile Bestehen und eigenes
- Für-sich-sein zu geben. Der Geist hat hieran seine _Realität_ oder
- sein _Dasein_, und die Familie ist das _Element_ dieser Realität.
- Aber er ist zugleich die Kraft des Ganzen, welche diese Teile wieder
- in das negative Eins zusammenfaßt, ihnen das Gefühl ihrer
- Unselbstständigkeit gibt, und sie in dem Bewußtsein erhält, ihr Leben
- nur im Ganzen zu haben. Das Gemeinwesen mag sich also einerseits in
- die Systeme der persönlichen Selbstständigkeit und des Eigentums, des
- persönlichen und dinglichen Rechts, organisieren; ebenso die Weisen
- des Arbeitens für die zunächst einzelnen Zwecke--des Erwerbs und
- Genusses--zu eigenen Zusammenkünften, gliedern und verselbstständigen.
- Der Geist der allgemeinen Zusammenkunft ist die _Einfachheit_ und
- das _negative_ Wesen dieser sich isolierenden Systeme. Um sie nicht
- in dieses Isolieren einwurzeln und festwerden, hiedurch das Ganze
- auseinanderfallen und den Geist verfliegen zu lassen, hat die
- Regierung sie in ihrem Innern von Zeit zu Zeit durch die Kriege zu
- erschüttern, ihre sich zurechtgemachte Ordnung und Recht der
- Selbstständigkeit dadurch zu verletzen und zu verwirren, den
- Individuen aber, die sich darin vertiefend vom Ganzen losreißen und
- dem unverletzbaren _Für-sich-sein_ und Sicherheit der Person
- zustreben, in jener auferlegten Arbeit ihren Herrn, den Tod, zu
- fühlen zu geben. Der Geist wehrt durch diese Auflösung der Form des
- Bestehens das Versinken in das natürliche Dasein aus dem sittlichen
- ab, und erhält und erhebt das Selbst seines Bewußtseins in die
- _Freiheit_ und in seine _Kraft_.--Das negative Wesen zeigt sich als
- die eigentliche _Macht_ des Gemeinwesens und die _Kraft_ seiner
- Selbsterhaltung; dieses hat also die Wahrheit und Bekräftigung seiner
- Macht an dem Wesen des _göttlichen Gesetzes_ und dem _unterirdischen
- Reiche_.
- Das göttliche Gesetz, das in der Familie waltet, hat seinerseits
- gleichfalls Unterschiede in sich, deren Beziehung die lebendige
- Bewegung seiner Wirklichkeit ausmacht. Unter den drei Verhältnissen
- aber, des Mannes und der Frau, der Eltern und der Kinder, der
- Geschwister als Bruder und Schwester, ist zuerst das _Verhältnis_ des
- _Mannes_ und der _Frau_, das _unmittelbare_ Sich-erkennen des einen
- Bewußtseins im andern, und das Erkennen des gegenseitigem
- Anerkanntseins. Weil es das _natürliche_ Sich-erkennen, nicht das
- sittliche ist, ist es nur die _Vorstellung_ und das _Bild_ des
- Geistes, nicht der wirkliche Geist selbst.--Die Vorstellung oder das
- Bild hat aber seine Wirklichkeit an einem andern, als es ist; dies
- Verhältnis hat daher seine Wirklichkeit nicht an ihm selbst, sondern
- an dem Kinde,--einem andern, dessen Werden es ist, und worin es
- selbst verschwindet; und dieser Wechsel der sich fortwälzenden
- Geschlechter hat seinen Bestand in dem Volke.--Die Pietät des Mannes
- und der Frau gegeneinander ist also mit natürlicher Beziehung und mit
- Empfindung vermischt, und ihr Verhältnis hat seine Rückkehr in sich
- nicht an ihm selbst; ebenso das zweite, die _Pietät_ der _Eltern_ und
- _Kinder_ gegeneinander. Die der Eltern gegen ihre Kinder ist eben
- von dieser Rührung affiziert, das Bewußtsein seiner Wirklichkeit in
- dem andern zu haben, und das Für-sich-sein in ihm werden zu sehen,
- ohne es zurückzuerhalten; sondern es bleibt eine fremde, eigne
- Wirklichkeit;--die der Kinder aber gegen die Eltern umgekehrt mit der
- Rührung, das Werden seiner selbst oder das An-sich an einem andern
- Verschwindenden zu haben, und das Für-sich-sein und eigene
- Selbstbewußtsein zu erlangen, nur durch die Trennung von dem
- Ursprung--eine Trennung, worin dieser versiegt.
- Diese beiden Verhältnisse bleiben innerhalb des Übergehens und der
- Ungleichheit der Seiten stehen, die an sie verteilt sind.--Das
- unvermischte Verhältnis aber findet zwischen _Bruder_ und _Schwester_
- statt. Sie sind dasselbe Blut, das aber in ihnen in seine _Ruhe_ und
- _Gleichgewicht_ gekommen ist. Sie begehren daher einander nicht,
- noch haben sie dies Für-sich-sein eins dem andern gegeben, noch
- empfangen, sondern sie sind freie Individualität gegeneinander. Das
- Weibliche hat daher als Schwester die höchste _Ahndung_ des
- sittlichen Wesens; zum _Bewußtsein_ und der Wirklichkeit desselben
- kommt es nicht, weil das Gesetz der Familie das _an-sich-_seiende,
- _innerliche_ Wesen ist, das nicht am Tage des Bewußtseins liegt,
- sondern innerliches Gefühl und das der Wirklichkeit enthobne
- Göttliche bleibt. An diese Penaten ist das Weibliche geknüpft,
- welches in ihnen teils seine allgemeine Substanz, teils aber seine
- Einzelnheit anschaut, so jedoch, daß diese Beziehung der Einzelnheit
- zugleich nicht die natürliche der Lust sei.--Als _Tochter_ muß nun
- das Weib die Eltern mit natürlicher Bewegung und mit sittlicher Ruhe
- verschwinden sehen, denn nur auf Unkosten dieses Verhältnisses kommt
- sie zu dem _Für-sich-sein_, dessen sie fähig ist; sie schaut in den
- Eltern also ihr Für-sich-sein nicht auf positive Weise an.--Die
- Verhältnisse der _Mutter_ und der _Frau_ aber haben die Einzelnheit
- teils als etwas Natürliches, das der Lust angehört, teils als etwas
- Negatives, das nur sein Verschwinden darin erblickt, teils ist sie
- ebendarum etwas Zufälliges, das durch eine andere ersetzt werden kann.
- Im Hause der Sittlichkeit ist es nicht _dieser_ Mann, nicht
- _dieses_ Kind, sondern _ein Mann, Kinder überhaupt_,--nicht die
- Empfindung, sondern das Allgemeine, worauf sich diese Verhältnisse
- des Weibes gründen. Der Unterschied seiner Sittlichkeit von der des
- Mannes besteht eben darin, daß es in seiner Bestimmung für die
- Einzelnheit und in seiner Lust unmittelbar allgemein und der
- Einzelnheit der Begierde fremd bleibt; dahingegen in dem Manne diese
- beiden Seiten auseinandertreten, und indem er als Bürger die
- _selbstbewußte_ Kraft der _Allgemeinheit_ besitzt, erkauft er sich
- dadurch das Recht der _Begierde_, und erhält sich zugleich die
- Freiheit von derselben. Indem also in dies Verhältnis der Frau die
- Einzelnheit eingemischt ist, ist seine Sittlichkeit nicht rein;
- insofern sie aber dies ist, ist die Einzelnheit _gleichgültig_, und
- die Frau entbehrt das Moment, sich als _dieses_ Selbst im andern zu
- erkennen.--Der Bruder aber ist der Schwester das ruhige gleiche Wesen
- überhaupt, ihre Anerkennung in ihm rein und unvermischt mit
- natürlicher Beziehung; die Gleichgültigkeit der Einzelnheit und die
- sittliche Zufälligkeit derselben ist daher in diesem Verhältnisse
- nicht vorhanden; sondern das Moment des anerkennenden und anerkannten
- _einzelnen Selbsts_ darf hier sein Recht behaupten, weil es mit dem
- Gleichgewichte des Blutes und begierdeloser Beziehung verknüpft ist.
- Der Verlust des Bruders ist daher der Schwester unersetzlich, und
- ihre Pflicht gegen ihn die höchste.
- Dies Verhältnis ist zugleich die Grenze, an der sich die in sich
- beschlossene Familie auflöst und außer sich geht. Der Bruder ist die
- Seite, nach welcher ihr Geist zur Individualität wird, die gegen
- Anderes sich kehrt, und in das Bewußtsein der Allgemeinheit übergeht.
- Der Bruder verläßt diese _unmittelbare, elementarische_ und darum
- eigentlich _negative_ Sittlichkeit der Familie, um die ihrer selbst
- bewußte, wirkliche Sittlichkeit zu erwerben und hervorzubringen.
- Er geht aus dem göttlichen Gesetz, in dessen Sphäre er lebte, zu dem
- menschlichen über. Die Schwester aber wird, oder die Frau bleibt der
- Vorstand des Hauses und die Bewahrerin des göttlichen Gesetzes. Auf
- diese Weise überwinden die beiden Geschlechter ihr natürliches Wesen,
- und treten in ihrer sittlichen Bedeutung auf, als Verschiedenheiten,
- welche die beiden Unterschiede, die die sittliche Substanz sich gibt,
- unter sich teilen. Diese beiden _allgemeinen_ Wesen der sittlichen
- Welt haben ihre bestimmte _Individualität_ darum an _natürlich_
- unterschiedenen Selbstbewußtsein, weil der sittliche Geist die
- _unmittelbare_ Einheit der Substanz mit dem Selbstbewußtsein ist;
- eine _Unmittelbarkeit_, welche also nach der Seite der Realität und
- des Unterschieds zugleich als das Dasein eines natürlichen
- Unterschieds erscheint.--Es ist diejenige Seite, welche sich an der
- Gestalt der sich selbst realen Individualität, in dem Begriffe des
- geistigen Wesens, als _ursprünglich bestimmte Natur_ zeigte. Dies
- Moment verliert die Unbestimmtheit, die es dort noch hat, und die
- zufällige Verschiedenheit von Anlagen und Fähigkeiten. Es ist itzt
- der bestimmte Gegensatz der zwei Geschlechter, deren Natürlichkeit
- zugleich die Bedeutung ihrer sittlichen Bestimmung erhält.
- Der Unterschied der Geschlechter und ihres sittlichen Inhalts bleibt
- jedoch in der Einheit der Substanz, und seine Bewegung ist eben das
- bleibende Werden derselben. Der Mann wird vom Familiengeiste in das
- Gemeinwesen hinausgeschickt, und findet in diesem sein selbstbewußtes
- Wesen; wie die Familie hiedurch in ihm ihre allgemeine Substanz und
- Bestehen hat, so umgekehrt das Gemeinwesen an der Familie das formale
- Element seiner Wirklichkeit und an dem göttlichen Gesetze seine Kraft
- und Bewährung. Keins von beiden ist allein an und für sich; das
- menschliche Gesetz geht in seiner lebendigen Bewegung von dem
- göttlichen, das auf Erden geltende von dem unterirdischen, das
- bewußte vom bewußtlosen, die Vermittlung von der Unmittelbarkeit aus,
- und geht ebenso dahin zurück, wovon es ausging. Die unterirdische
- Macht dagegen hat auf der Erde ihre _Wirklichkeit_; sie wird durch
- das Bewußtsein Dasein und Tätigkeit.
- Die allgemeinen sittlichen Wesen sind also die Substanz als
- allgemeines, und sie als einzelnes Bewußtsein; sie haben das Volk und
- die Familie zu ihrer allgemeinen Wirklichkeit, den Mann aber und das
- Weib zu ihrem natürlichen Selbst und der betätigenden Individualität.
- In diesem Inhalt der sittlichen Welt sehen wir die Zwecke erreicht,
- welche die vorhergehenden substanzlosen Gestalten des Bewußtsein sich
- machten; was die Vernunft nur als Gegenstand auffaßte, ist
- Selbstbewußtsein geworden, und was dieses nur in ihm selbst hatte,
- als wahre Wirklichkeit vorhanden.--Was die Beobachtung als ein
- _Vorgefundenes_ wußte, an dem das Selbst keinen Teil hätte, ist hier
- vorgefundene Sitte, aber eine Wirklichkeit, die zugleich Tat und Werk
- des Findenden ist.--Der Einzelne, die Lust des _Genusses seiner
- Einzelnheit_ suchend, findet sie in der Familie, und die
- Notwendigkeit, worin die Lust vergeht, ist sein eignes
- Selbstbewußtsein als Bürgers seines Volks;--oder es ist dieses, das
- _Gesetz des Herzens_ als das Gesetz aller Herzen, das Bewußtsein des
- _Selbsts_ als die anerkannte allgemeine Ordnung zu wissen;--es ist
- die _Tugend_, welche der Früchte ihrer Aufopferung genießt; sie
- bringt zustande, worauf sie geht, nämlich das Wesen zur wirklichen
- Gegenwart herauszuheben, und ihr Genuß ist dies allgemeine Leben.
- --Endlich das Bewußtsein _der Sache selbst_ wird in der realen
- Substanz befriedigt, die auf eine positive Weise die abstrakten
- Momente jener leeren Kategorie enthält und erhält. Sie hat an den
- sittlichen Mächten einen wahrhaften Inhalt, der an die Stelle der
- substanzlosen Gebote getreten, die die gesunde Vernunft geben und
- wissen wollte,--so wie hiedurch einen inhaltsvollen, an ihm
- selbstbestimmten Maßstab der Prüfung nicht der Gesetze, sondern
- dessen, was getan wird.
- Das Ganze ist ein ruhiges Gleichgewicht aller Teile, und jeder Teil
- ein einheimischer Geist, der seine Befriedigung nicht jenseits seiner
- sucht, sondern sie in sich darum hat, weil er selbst in diesem
- Gleichgewichte mit dem Ganzen ist.--Dies Gleichgewicht kann zwar nur
- dadurch lebendig sein, daß Ungleichheit in ihm entsteht, und von der
- _Gerechtigkeit_ zur Gleichheit zurückgebracht wird. Die
- Gerechtigkeit ist aber weder ein fremdes jenseits sich befindendes
- Wesen, noch die seiner unwürdige Wirklichkeit einer gegenseitigen
- Tücke, Verrats, Undanks u.s.f., die in der Weise des gedankenlosen
- Zufalls als ein unbegriffner Zusammenhang und ein bewußtloses Tun und
- Unterlassen das Gericht vollbrächte, sondern als Gerechtigkeit des
- _menschlichen_ Rechts, welche das aus dem Gleichgewichte tretende
- Für-sich-sein, die Selbstständigkeit der Stände und Individuen in das
- Allgemeine zurückbringt, ist sie die Regierung des Volks, welche die
- sich gegenwärtige Individualität des allgemeinen Wesens und der eigne
- selbstbewußte Willen Aller ist.--Die Gerechtigkeit aber, welche das
- über den Einzelnen übermächtig werdende Allgemeine zum Gleichgewichte
- zurückbringt, ist ebenso der einfache Geist desjenigen, der Unrecht
- erlitten,--nicht zersetzt in ihn, der es erlitten, und ein
- jenseitiges Wesen; er selbst ist die unterirdische Macht, und es ist
- _seine_ Erinnye, welche die Rache betreibt; denn seine Individualität,
- sein Blut, lebt im Hause fort; seine Substanz hat eine dauernde
- Wirklichkeit. Das Unrecht, welches im Reiche der Sittlichkeit dem
- Einzelnen zugefügt werden kann, ist nur dieses, daß ihm rein etwas
- _geschieht_. Die Macht, welche dies Unrecht an dem Bewußtsein verübt,
- es zu einem reinen Dinge zu machen, ist die Natur, es ist die
- Allgemeinheit nicht des _Gemeinwesens_, sondern die _abstrakte_ des
- _Seins_; und die Einzelnheit wendet sich in der Auflösung des
- erlittenen Unrechts nicht gegen jenes, denn von ihm hat es nicht
- gelitten, sondern gegen dieses. Das Bewußtsein des Bluts des
- Individuums löst dies Unrecht, wie wir gesehen, so auf, daß was
- _geschehen_ ist, vielmehr ein _Werk_ wird, damit das _Sein_, das
- _Letzte_, auch ein _gewolltes_ und hiemit erfreulich sei.
- Das sittliche Reich ist auf diese Weise in seinem _Bestehen_ eine
- unbefleckte durch keinen Zwiespalt verunreinigte Welt. Ebenso ist
- seine Bewegung ein ruhiges Werden der einen Macht desselben zur
- andern, so daß jede die andere selbst erhält und hervorbringt. Wir
- sehen sie zwar in zwei Wesen und deren Wirklichkeit sich teilen; aber
- ihr Gegensatz ist vielmehr die Bewährung des einen durch das andere,
- und, worin sie sich unmittelbar als wirkliche berühren, ihre Mitte
- und Element ist die unmittelbare Durchdringung derselben. Das eine
- Extrem, der allgemeine sich bewußte Geist, wird mit seinem andern
- Extrem, seiner Kraft und seinem Element, mit dem _bewußtlosen_ Geiste,
- durch die _Individualität_ des _Mannes_ zusammengeschlossen.
- Dagegen hat das _göttliche_ Gesetz seine Individualisierung, oder der
- _bewußtlose_ Geist des Einzelnen sein Dasein an dem Weibe, durch
- welches als die _Mitte_ er aus seiner Unwirklichkeit in die
- Wirklichkeit, aus dem Unwissenden und Ungewußten in das bewußte Reich
- herauftritt. Die Vereinigung des Mannes und des Weibes macht die
- tätige Mitte des Ganzen und das Element aus, das, in diese Extreme
- des göttlichen und menschlichen Gesetzes entzweit, ebenso ihre
- unmittelbare Vereinigung ist, welche jene beiden ersten Schlüsse zu
- demselben Schlusse macht, und die entgegengesetzte Bewegung, der
- Wirklichkeit hinab zur Unwirklichkeit--des menschlichen Gesetzes, das
- sich in selbstständige Glieder organisiert, herunter zur Gefahr und
- Bewährung des Todes;--und des unterirdischen Gesetzes herauf zur
- Wirklichkeit des Tages und zum bewußten Dasein, deren jene dem Manne,
- diese dem Weibe zukommt, in _eine_ vereinigt.
- b. Die sittliche Handlung,das menschliche und göttliche Wissen,die
- Schuld und das Schicksal
- Wie aber in diesem Reiche der Gegensatz beschaffen ist, so ist das
- Selbstbewußtsein noch nicht in seinem Rechte als _einzelne
- Individualität_ aufgetreten; sie gilt in ihm auf der einen Seite nur
- als _allgemeiner Willen_, auf der andern als _Blut_ der Familie;
- _dieser Einzelne_ gilt nur als der _unwirkliche Schatten_.--Es ist
- _noch keine Tat_ begangen; die Tat aber ist das _wirkliche Selbst_.
- --Sie stört die ruhige Organisation und Bewegung der sittlichen Welt.
- Was in dieser als Ordnung und Übereinstimmung ihrer beiden Wesen
- erscheint, deren eins das andere bewährt und vervollständigt, wird
- durch die Tat zu einem Übergange _entgegengesetzter_, worin jedes
- sich vielmehr als die Nichtigkeit seiner selbst und des andern
- beweist, denn als die Bewährung;--es wird zu der negativen Bewegung
- oder der ewigen Notwendigkeit des furchtbaren _Schicksals_, welche
- das göttliche wie das menschliche Gesetz, sowie die beiden
- Selbstbewußtsein, in denen diese Mächte ihr Dasein haben, in den
- Abgrund seiner _Einfachheit_ verschlingt--und für uns in das
- _absolute Für-sich-sein_ des rein einzelnen Selbstbewußtseins
- übergeht.
- Der Grund, von dem diese Bewegung aus- und auf dem sie vorgeht, ist
- das Reich der Sittlichkeit; aber die _Tätigkeit_ dieser Bewegung ist
- das Selbstbewußtsein. Als _sittliches_ Bewußtsein ist es die
- _einfache reine Richtung_ auf die sittliche Wesenheit, oder die
- Pflicht. Keine Willkür, und ebenso kein Kampf, keine
- Unentschiedenheit ist in ihm, indem das Geben und das Prüfen der
- Gesetze aufgegeben worden, sondern die sittliche Wesenheit ist ihm
- das Unmittelbare, Unwankende, Widerspruchslose. Es gibt daher nicht
- das schlechte Schauspiel, sich in einer Kollision von Leidenschaft
- und Pflicht, noch das Komische, in einer Kollision von Pflicht und
- Pflicht zu befinden--einer Kollision, die dem Inhalte nach dasselbe
- ist als die zwischen Leidenschaft und Pflicht; denn die Leidenschaft
- ist ebenso fähig, als Pflicht vorgestellt zu werden, weil die Pflicht,
- wie sich das Bewußtsein aus ihrer unmittelbaren substantiellen
- Wesenheit in sich zurückzieht, zum Formell-Allgemeinen wird, in das
- jeder Inhalt gleich gut paßt, wie sich oben ergab. Komisch aber ist
- die Kollision der Pflichten, weil sie den Widerspruch, nämlich eines
- _entgegengesetzten Absoluten_, also Absolutes und unmittelbar die
- Nichtigkeit dieses sogenannten Absoluten oder Pflicht, ausdrückt.
- --Das sittliche Bewußtsein aber weiß, was es zu tun hat; und ist
- entschieden, es sei dem göttlichen oder dem menschlichen Gesetze
- anzugehören. Diese Unmittelbarkeit seiner Entschiedenheit ist ein
- _An-sich-_sein, und hat daher zugleich die Bedeutung eines
- natürlichen Seins, wie wir gesehen; die Natur, nicht das Zufällige
- der Umstände oder der Wahl, teilt das eine Geschlecht dem einen, das
- andere dem andern Gesetze zu--oder umgekehrt, die beiden sittlichen
- Mächte selbst geben sich an den beiden Geschlechtern ihr
- individuelles Dasein und Verwirklichung.
- Hiedurch nun, daß einesteils die Sittlichkeit wesentlich in dieser
- unmittelbaren _Entschiedenheit_ besteht, und darum für das Bewußtsein
- nur das _eine_ Gesetz das Wesen ist, andernteils, daß die sittlichen
- Mächte in dem _Selbst_ des Bewußtseins wirklich sind, erhalten sie
- die Bedeutung, sich _auszuschließen_ und sich _entgegengesetzt_ zu
- sein;--sie sind in dem Selbstbewußtsein _für sich_, wie sie im
- *Reiche* der Sittlichkeit nur _an sich_ sind. Das sittliche
- Bewußtsein, weil es für _eins_ derselben _entschieden_ ist, ist
- wesentlich _Charakter_; es ist für es nicht die gleiche _Wesenheit_
- beider; der Gegensatz erscheint darum als eine _unglückliche_
- Kollision der Pflicht nur mit der rechtlosen _Wirklichkeit_. Das
- sittliche Bewußtsein ist als Selbstbewußtsein in diesem Gegensatze,
- und als solches geht es zugleich darauf, dem Gesetze, dem es angehört,
- diese entgegengesetzte Wirklichkeit durch Gewalt zu unterwerfen,
- oder sie zu täuschen. Indem es das Recht nur auf seiner Seite, das
- Unrecht aber auf der andern sieht, so erblickt von beiden dasjenige,
- welches dem göttlichen Gesetze angehört, auf der andern Seite
- menschliche zufällige _Gewalttätigkeit_; das aber dem menschlichen
- Gesetze zugeteilt ist, auf der andern den Eigensinn und den
- _Ungehorsam_ des innerlichen Für-sich-seins; denn die Befehle der
- Regierung sind der allgemeine, am Tage liegende öffentliche Sinn; der
- Willen des andern Gesetzes aber ist der unterirdische, ins Innre
- verschlossne Sinn, der in seinem Dasein als Willen der Einzelnheit
- erscheint, und im Widerspruche mit dem ersten der Frevel ist.
- Es entsteht hiedurch am Bewußtsein der Gegensatz des _Gewußten_ und
- des _Nichtgewußten_, wie in der Substanz, des _Bewußten_ und
- _Bewußtlosen_; und das absolute _Recht_ des sittlichen
- _Selbstbewußtseins_ kommt mit dem göttlichen _Rechte_ des _Wesens_ in
- Streit. Für das Selbstbewußtsein als Bewußtsein hat die
- gegenständliche Wirklichkeit als solche Wesen; nach seiner Substanz
- aber ist es die Einheit seiner und dieses Entgegengesetzten; und das
- sittliche Selbstbewußtsein ist das Bewußtsein der Substanz; der
- Gegenstand als dem Selbstbewußtsein entgegengesetzt, hat darum
- gänzlich die Bedeutung verloren, für sich Wesen zu haben. Wie die
- Sphären, worin er nur ein _Ding_ ist, längst verschwunden, so auch
- diese Sphären, worin das Bewußtsein etwas aus sich befestiget und ein
- einzelnes Moment zum Wesen macht. Gegen solche Einseitigkeit hat die
- Wirklichkeit eine eigene Kraft; sie steht mit der Wahrheit im Bunde
- gegen das Bewußtsein, und stellt diesem erst dar, was die Wahrheit
- ist. Das sittliche Bewußtsein aber hat aus der Schale der absoluten
- Substanz die Vergessenheit aller Einseitigkeit des Für-sich-seins,
- seiner Zwecke und eigentümlichen Begriffe getrunken, und darum in
- diesem stygischen Wasser zugleich alle eigne Wesenheit und
- selbstständige Bedeutung der gegenständlichen Wirklichkeit ertränkt.
- Sein absolutes Recht ist daher, daß es, indem es nach dem sittlichen
- Gesetze handelt, in dieser Verwirklichung nicht irgend etwas anderes
- finde, als nur die Vollbringung dieses Gesetzes selbst, und die Tat
- nichts anders zeige, als das sittliche Tun ist.--Das Sittliche, als
- das absolute _Wesen_ und die absolute _Macht_ zugleich kann keine
- Verkehrung seines Inhalts erleiden. Wäre es nur das absolute _Wesen_
- ohne die Macht, so könnte es eine Verkehrung durch die Individualität
- erfahren; aber diese als sittliches Bewußtsein hat mit dem Aufgeben
- des einseitigen Für-sich-seins dem Verkehren entsagt; so wie die
- bloße Macht umgekehrt vom Wesen verkehrt werden würde, wenn sie noch
- ein solches Für-sich-sein wäre. Um dieser Einheit willen ist die
- Individualität reine Form der Substanz, die der Inhalt ist, und das
- Tun ist das Übergehen aus dem Gedanken in die Wirklichkeit, nur als
- die Bewegung eines wesenlosen Gegensatzes, dessen Momente keinen
- besondern von einander verschiedenen Inhalt und Wesenheit haben. Das
- absolute Recht des sittlichen Bewußtseins ist daher, daß die _Tat_,
- die Gestalt seiner _Wirklichkeit_, nichts anders sei, als es _weiß_.
- Aber das sittliche Wesen hat sich selbst in zwei Gesetze gespalten,
- und das Bewußtsein, als unentzweites Verhalten zum Gesetze, ist nur
- _einem_ zugeteilt. Wie dies _einfache_ Bewußtsein auf dem absoluten
- Rechte besteht, daß ihm als sittlichem das Wesen _erschienen_ sei,
- wie es _an sich_ ist, so besteht dieses Wesen auf dem Rechte seiner
- _Realität_, oder darauf, gedoppeltes zu sein. Dies Recht des Wesens
- steht aber zugleich dem Selbstbewußtsein nicht gegenüber, daß es
- irgendwoanders wäre, sondern es ist das eigne Wesen des
- Selbstbewußtseins; es hat darin allein sein Dasein und seine Macht,
- und sein Gegensatz ist die _Tat_ des _Letztern_. Denn dieses, eben
- indem es sich als Selbst ist und zur Tat schreitet, erhebt sich aus
- der _einfachen Unmittelbarkeit_ und setzt selbst die _Entzweiung_.
- Es gibt durch die Tat die Bestimmtheit der Sittlichkeit auf, die
- einfache Gewißheit der unmittelbaren Wahrheit zu sein, und setzt die
- Trennung seiner selbst in sich als das Tätige und in die
- gegenüberstehende für es negative Wirklichkeit. Es wird also durch
- die Tat zur _Schuld_. Denn sie ist sein _Tun_, und das Tun sein
- eigenstes Wesen; und die _Schuld_ erhält auch die Bedeutung des
- _Verbrechens_: denn als einfaches sittliches Bewußtsein hat es sich
- dem einen Gesetze zugewandt, dem andern aber abgesagt, und verletzt
- dieses durch seine Tat.--Die _Schuld_ ist nicht das gleichgültige
- doppelsinnige Wesen, daß die Tat, wie sie _wirklich_ am Tage liegt,
- _Tun_ ihres Selbsts sein könne oder auch nicht, als ob mit dem Tun
- sich etwas Äußerliches und Zufälliges verknüpfen könnte, das dem Tun
- nicht angehörte, von welcher Seite das Tun also unschuldig wäre.
- Sondern das Tun ist selbst diese Entzweiung, sich für sich, und
- diesem gegenüber eine fremde äußerliche Wirklichkeit zu setzen; daß
- eine solche ist, gehört dem Tun selbst an und ist durch dasselbe.
- Unschuldig ist daher nur das Nichttun wie das Sein eines Steines,
- nicht einmal eines Kindes.--Dem Inhalte nach aber hat die sittliche
- _Handlung_ das Moment des Verbrechens an ihr, weil sie die
- _natürliche_ Verteilung der beiden Gesetze an die beiden Geschlechter
- nicht aufhebt, sondern vielmehr als _unentzweite_ Richtung auf das
- Gesetz innerhalb der _natürlichen Unmittelbarkeit_ bleibt, und als
- Tun diese Einseitigkeit zur Schuld macht, nur die eine der Seiten des
- Wesens zu ergreifen, und gegen die andre sich negativ zu verhalten, d.
- h. sie zu verletzen. Wohin in dem allgemeinen sittlichen Leben
- Schuld und Verbrechen, Tun und Handeln fällt, wird nachher bestimmter
- ausgedrückt werden; es erhellt unmittelbar soviel, daß es nicht
- _dieser Einzelne_ ist, der handelt und schuldig ist; denn er als
- _dieses_ Selbst ist nur der unwirkliche Schatten, oder er ist nur als
- allgemeines Selbst, und die Individualität rein das _formale_ Moment
- des _Tuns_ überhaupt, und der Inhalt die Gesetze und Sitten, und
- bestimmt für den Einzelnen, die seines Standes; er ist die Substanz
- als Gattung, die durch ihre Bestimmtheit zwar zur Art wird, aber die
- Art bleibt zugleich das Allgemeine der Gattung. Das Selbstbewußtsein
- steigt innerhalb des Volkes vom Allgemeinen nur bis zur Besonderheit,
- nicht bis zur einzelnen Individualität herab, welche ein
- ausschließendes Selbst, eine sich negative Wirklichkeit in seinem Tun
- setzt; sondern seinem Handeln liegt das sichre Vertrauen zum Ganzen
- zugrunde, worin sich nichts Fremdes, keine Furcht noch Feindschaft
- einmischt.
- Die entwickelte Natur des _wirklichen_ Handelns erfährt nun das
- sittliche Selbstbewußtsein an seiner Tat, ebensowohl wenn es dem
- göttlichen, als wenn es dem menschlichen Gesetze sich ergab. Das ihm
- offenbare Gesetz ist im Wesen mit dem entgegengesetzten verknüpft;
- das Wesen ist die Einheit beider; die Tat aber hat nur das eine gegen
- das andere ausgeführt. Aber im Wesen mit diesem verknüpft, ruft die
- Erfüllung des einen das andere hervor, und, wozu die Tat es machte,
- als ein verletztes, und nun feindliches, Rache forderndes Wesen. Dem
- Handeln liegt nur die eine Seite des Entschlusses überhaupt an dem
- Tage; er ist aber _an sich_ das Negative, das ein ihm Anderes, ein
- ihm, der das Wissen ist, Fremdes gegenüberstellt. Die Wirklichkeit
- hält daher die andere dem Wissen fremde Seite in sich verborgen, und
- zeigt sich dem Bewußtsein nicht, wie sie an und für sich ist--dem
- Sohne nicht den Vater in seinem Beleidiger, den er erschlägt; nicht
- die Mutter in der Königin, die er zum Weibe nimmt. Dem sittlichen
- Selbstbewußtsein stellt auf diese Weise eine lichtscheue Macht nach,
- welche erst, wenn die Tat geschehen, hervorbricht und es bei ihr
- ergreift; denn die vollbrachte Tat ist der aufgehobne Gegensatz des
- wissenden Selbst und der ihm gegenüberstehenden Wirklichkeit. Das
- Handelnde kann das Verbrechen und seine Schuld nicht verleugnen;--die
- Tat ist dieses, das Unbewegte zu bewegen und das nur erst in der
- Möglichkeit Verschlossene hervorzubringen, und hiemit das Unbewußte
- dem Bewußten, das Nichtseiende dem Sein zu verknüpfen. In dieser
- Wahrheit tritt also die Tat an die Sonne;--als ein solches, worin ein
- Bewußtes einem Unbewußten, das Eigne einem Fremden verbunden ist, als
- das entzweite Wesen, dessen andere Seite das Bewußtsein, und auch als
- die seinige erfährt, aber als die von ihm verletzte und feindlich
- erregte Macht.
- Es kann sein, daß das Recht, welches sich im Hinterhalte hielt, nicht
- in seiner eigentümlichen Gestalt für das handelnde _Bewußtsein_,
- sondern nur _an sich_, in der innern Schuld des Entschlusses und des
- Handelns vorhanden ist. Aber das sittliche Bewußtsein ist
- vollständiger, seine Schuld reiner, wenn es das Gesetz und die Macht
- _vorher kennt_, der es gegenübertritt, sie für Gewalt und Unrecht,
- für eine sittliche Zufälligkeit nimmt, und wissentlich, wie Antigone,
- das Verbrechen begeht. Die vollbrachte Tat verkehrt seine Ansicht;
- die _Vollbringung_ spricht es selbst aus, daß was _sittlich_ ist,
- _wirklich_ sein müsse; denn die _Wirklichkeit_ des Zwecks ist der
- Zweck des Handelns. Das Handeln spricht gerade die _Einheit_ der
- _Wirklichkeit_ und der _Substanz_ aus, es spricht aus, daß die
- Wirklichkeit dem Wesen nicht zufällig ist, sondern mit ihm im Bunde
- keinem gegeben wird, das nicht wahres Recht ist. Das sittliche
- Bewußtsein muß sein Entgegengesetztes um dieser Wirklichkeit willen,
- und um seines Tuns willen, als die seinige, es muß seine Schuld
- anerkennen; _weil wir leiden, anerkennen wir, daß wir gefehlt._
- Dies Anerkennen drückt den aufgehobenen Zwiespalt des sittlichen
- _Zweckes_ und der _Wirklichkeit_, es drückt die Rückkehr zur
- sittlichen _Gesinnung_ aus, die weiß, daß nichts gilt als das Rechte.
- Damit aber gibt das Handelnde seinen _Charakter_ und die
- _Wirklichkeit_ seines Selbsts auf, und ist zugrunde gegangen. Sein
- _Sein_ ist dieses, seinem sittlichen Gesetze als seiner Substanz
- anzugehören; in dem Anerkennen des Entgegengesetzten hat dies aber
- aufgehört, ihm Substanz zu sein; und statt seiner Wirklichkeit hat es
- die Unwirklichkeit, die Gesinnung, erreicht.--Die Substanz erscheint
- zwar _an_ der Individualität als das _Pathos_ derselben, und die
- Individualität als das, was sie belebt, und daher über ihr steht;
- aber sie ist ein Pathos, das zugleich sein Charakter ist; die
- sittliche Individualität ist unmittelbar und an sich eins mit diesem
- seinem Allgemeinen, sie hat ihre Existenz nur in ihm, und vermag den
- Untergang, den diese sittliche Macht durch die entgegengesetzte
- leidet, nicht zu überleben.
- Sie hat aber dabei die Gewißheit, daß diejenige Individualität, deren
- Pathos diese entgegengesetzte Macht ist, _nicht mehr Übel erleidet,
- als sie zugefügt_. Die Bewegung der sittlichen Mächte gegeneinander
- und der sie in Leben und Handlung setzenden Individualitäten hat nur
- darin ihr _wahres Ende_ erreicht, daß beide Seiten denselben
- Untergang erfahren. Denn keine der Mächte hat etwas vor der andern
- voraus, um _wesentlicheres_ Moment der Substanz zu sein. Die gleiche
- Wesentlichkeit und das gleichgültige Bestehen beider nebeneinander
- ist ihr selbstloses Sein; in der _Tat_ sind sie als Selbstwesen, aber
- ein verschiedenes, was der Einheit des Selbsts widerspricht, und ihre
- Rechtlosigkeit und notwendigen Untergang ausmacht. Der _Charakter_
- gehört ebenso teils nach seinem Pathos oder Substanz nur der _einen_
- an, teils ist nach der Seite des Wissens der eine wie der andere in
- ein Bewußtes und Unbewußtes entzweit; und indem jeder selbst diesen
- Gegensatz hervorruft, und durch die Tat auch das Nichtwissen sein
- Werk ist, setzt er sich in die Schuld, die ihn verzehrt. Der Sieg
- der einen Macht und ihres Charakters und das Unterliegen der andern
- Seite wäre also nur der Teil und das unvollendete Werk, das
- unaufhaltsam zum Gleichgewichte beider fortschreitet. Erst in der
- gleichen Unterwerfung beider Seiten ist das absolute Recht vollbracht,
- und die sittliche Substanz als die negative Macht, welche beide
- Seiten verschlingt, oder das allmächtige und gerechte _Schicksal_
- aufgetreten.
- Werden beide Mächte nach ihrem bestimmten Inhalte und dessen
- Individualisation genommen, so bietet sich das Bild ihres gestalteten
- Widerstreits, nach seiner formellen Seite, als der Widerstreit der
- Sittlichkeit und des Selbstbewußtseins mit der bewußtlosen Natur und
- einer durch sie vorhandenen Zufälligkeit--diese hat ein Recht gegen
- jenes, weil es nur der _wahre_ Geist, nur in _unmittelbarer_ Einheit
- mit seiner Substanz ist--und seinem Inhalte nach als der Zwiespalt
- des göttlichen und menschlichen Gesetzes dar.--Der Jüngling tritt aus
- dem bewußtlosen Wesen, aus dem Familiengeiste, und wird die
- Individualität des Gemeinwesens; daß er aber der Natur, der er sich
- entriß, noch angehöre, erweist sich so, daß er in der Zufälligkeit
- zweier Brüder heraustritt, welche mit gleichem Rechte sich desselben
- bemächtigen; die Ungleichheit der frühern und spätern Geburt hat _für
- sie_, die in das sittliche Wesen eintreten, als Unterschied der Natur,
- keine Bedeutung. Aber die Regierung, als die einfache Seele oder
- das Selbst des Volksgeistes, verträgt nicht eine Zweiheit der
- Individualität; und der sittlichen Notwendigkeit dieser Einheit tritt
- die Natur als der Zufall der Mehrheit gegenüber auf. Diese beiden
- werden darum uneins, und ihr gleiches Recht an die Staatsgewalt
- zertrümmert beide, die gleiches Unrecht haben. Menschlicherweise
- angesehen, hat derjenige das Verbrechen begangen, welcher, nicht _im
- Besitze_, das Gemeinwesen, an dessen Spitze der andere stand,
- angreift; derjenige dagegen hat das Recht auf seiner Seite, welcher
- den andern nur als _Einzelnen_, abgelöst von dem Gemeinwesen, zu
- fassen wußte und in dieser Machtlosigkeit vertrieb; er hat nur das
- Individuum als solches, nicht jenes, nicht das Wesen des menschlichen
- Rechts, angetastet. Das von der leeren Einzelnheit angegriffene und
- verteidigte Gemeinwesen erhält sich, und die Brüder finden beide
- ihren wechselseitigen Untergang durcheinander; denn die
- Individualität, welche _an ihr Für-sich-sein_ die Gefahr des Ganzen
- knüpft, hat sich selbst vom Gemeinwesen ausgestoßen, und löst sich in
- sich auf. Den einen aber, der auf seiner Seite sich fand, wird es
- ehren; den andern hingegen, der schon auf den Mauern seine Verwüstung
- aussprach, wird die Regierung, die wiederhergestellte Einfachheit des
- Selbsts des Gemeinwesens, um die letzte Ehre bestrafen; wer an dem
- höchsten Geiste des Bewußtseins, der Gemeine, sich zu vergreifen kam,
- muß der Ehre seines ganzen vollendeten Wesens, der Ehre des
- abgeschiedenen Geistes, beraubt werden.
- Aber wenn so das Allgemeine die reine Spitze seiner Pyramide leicht
- abstößt, und über das sich empörende Prinzip der Einzelnheit, die
- Familie, zwar den _Sieg_ davonträgt, so hat es sich dadurch mit dem
- göttlichen Gesetze, der seiner selbstbewußte Geist sich mit dem
- Bewußtlosen nur in _Kampf_ eingelassen; denn dieser ist die andre
- wesentliche und darum von jener unzerstörte und nur beleidigte Macht.
- Er hat aber gegen das gewalthabende, am Tage liegende Gesetz seine
- Hülfe zur _wirklichen_ Ausführung nur an dem blutlosen Schatten. Als
- das Gesetz der Schwäche und der Dunkelheit unterliegt er daher
- zunächst dem Gesetze des Tages und der Kraft, denn jene Gewalt gilt
- unten, nicht auf Erden. Allein das Wirkliche, das dem Innerlichen
- seine Ehre und Macht genommen, hat damit sein Wesen aufgezehrt. Der
- offenbare Geist hat die Wurzel seiner Kraft in der Unterwelt; die
- ihrer selbst sichere und sich versichernde _Gewißheit_ des Volkes hat
- die _Wahrheit_ ihres Alle in Eins bindenden Eides nur in der
- bewußtlosen und stummen Substanz Aller, in den Wässern der
- Vergessenheit. Hiedurch verwandelt sich die Vollbringung des
- offenbaren Geistes in das Gegenteil, und er erfährt, daß sein
- höchstes Recht das höchste Unrecht, sein Sieg vielmehr sein eigener
- Untergang ist. Der Tote, dessen Recht gekränkt ist, weiß darum für
- seine Rache Werkzeuge zu finden, welche von gleicher Wirklichkeit und
- Gewalt sind mit der Macht, die ihn verletzt. Diese Mächte sind
- andere Gemeinwesen, deren Altäre die Hunde oder Vögel mit der Leiche
- besudelten, welche nicht durch die ihr gebührende Zurückgabe an das
- elementarische Individuum in die bewußtlose Allgemeinheit erhoben,
- sondern über der Erde im Reiche der Wirklichkeit geblieben, und als
- die Kraft des göttlichen Gesetzes, nun eine selbstbewußte wirkliche
- Allgemeinheit erhält. Sie machen sich feindlich auf, und zerstören
- das Gemeinwesen, das seine Kraft, die Pietät der Familie, entehrt und
- zerbrochen hat.
- In dieser Vorstellung hat die Bewegung des menschlichen und
- göttlichen Gesetzes den Ausdruck ihrer Notwendigkeit an Individuen,
- an denen das Allgemeine als ein _Pathos_ und die Tätigkeit der
- Bewegung als _individuelles_ Tun erscheint, welches der Notwendigkeit
- derselben den Schein der Zufälligkeit gibt. Aber die Individualität
- und das Tun macht das Prinzip der Einzelnheit überhaupt aus, das in
- seiner reinen Allgemeinheit das innere göttliche Gesetz genannt wurde.
- Als Moment des offenbaren Gemeinwesens hat es nicht nur jene
- unterirdische oder in seinem Dasein äußerliche Wirksamkeit, sondern
- ein ebenso offenbares an dem wirklichen Volke wirkliches Dasein und
- Bewegung. In dieser Form genommen, erhält das, was als einfache
- Bewegung des individualisierten Pathos vorgestellt wurde, ein anderes
- Aussehen, und das Verbrechen und die dadurch begründete Zerstörung
- des Gemeinwesens die eigentliche Form ihres Daseins.--Das menschliche
- Gesetz also in seinem allgemeinen Dasein, das Gemeinwesen, in seiner
- Betätigung überhaupt die Männlichkeit, in seiner wirklichen
- Betätigung die Regierung, _ist, bewegt_ und _erhält_ sich dadurch,
- daß es die Absonderung der Penaten oder die selbstständige
- Vereinzelung in Familien, welchen die Weiblichkeit vorsteht, in sich
- aufzehrt, und sie in der Kontinuität seiner Flüssigkeit aufgelöst
- erhält. Die Familie ist aber zugleich überhaupt sein Element, das
- einzelne Bewußtsein allgemeiner betätigender Grund. Indem das
- Gemeinwesen sich nur durch die Störung der Familienglückseligkeit und
- die Auflösung des Selbstbewußtseins in das allgemeine sein Bestehen
- gibt, erzeugt es sich an dem, was es unterdrückt und was ihm zugleich
- wesentlich ist, an der Weiblichkeit überhaupt seinen innern Feind.
- Diese--die ewige Ironie des Gemeinwesens--verändert durch die Intrige
- den allgemeinen Zweck der Regierung in einen Privatzweck, verwandelt
- ihre allgemeine Tätigkeit in ein Werk dieses bestimmten Individuums,
- und verkehrt das allgemeine Eigentum des Staats zu einem Besitz und
- Putz der Familie. Sie macht hiedurch die ernsthafte Weisheit des
- reifen Alters, das, der Einzelnheit--der Lust und dem Genusse, sowie
- der wirklichen Tätigkeit--abgestorben, nur das Allgemeine denkt und
- besorgt, zum Spotte für den Mutwillen der unreifen Jugend, und zur
- Verachtung für ihren Enthusiasmus; erhebt überhaupt die Kraft der
- Jugend zum Geltenden--des Sohnes, an dem die Mutter ihren Herrn
- geboren, des Bruders, an dem die Schwester den Mann als ihresgleichen
- hat, des Jünglings, durch den die Tochter ihrer Unselbstständigkeit
- entnommen, den Genuß und die Würde der Frauenschaft erlangt.--Das
- Gemeinwesen kann sich aber nur durch Unterdrückung dieses Geistes der
- Einzelnheit erhalten, und, weil er wesentliches Moment ist, erzeugt
- es ihn zwar ebenso, und zwar durch die unterdrückende Haltung gegen
- denselben als ein feindseliges Prinzip. Dieses würde jedoch, da es
- vom allgemeinen Zwecke sich trennend, nur böse und in sich nichtig
- ist, nichts vermögen, wenn nicht das Gemeinwesen selbst die Kraft der
- Jugend, die Männlichkeit, welche nicht reif noch innerhalb der
- Einzelnheit steht, als die _Kraft_ des Ganzen anerkannte. Denn es
- ist ein Volk, es ist selbst Individualität und wesentlich nur so für
- _sich_, daß _andere Individualitäten für es_ sind, daß es sie von
- sich _ausschließt_ und sich unabhängig von ihnen weiß. Die negative
- Seite des Gemeinwesens, _nach innen_ die Vereinzelung der Individuen
- unterdrückend, nach _außen_ aber _selbsttätig_, hat an der
- Individualität seine Waffen. Der Krieg ist der Geist und die Form,
- worin das wesentliche Moment der sittlichen Substanz, die absolute
- _Freiheit_ des sittlichen _Selbstwesens_ von allem Dasein, in ihrer
- Wirklichkeit und Bewährung vorhanden ist. Indem er einerseits den
- einzelnen _Systemen_ des Eigentums und der persönlichen
- Selbstständigkeit wie auch der einzelnen _Persönlichkeit_ selbst die
- Kraft des Negativen zu fühlen gibt, erhebt andererseits in ihm eben
- dies negative Wesen sich als das Erhaltende des Ganzen; der tapfre
- Jüngling, an welchem die Weiblichkeit ihre Lust hat, das unterdrückte
- Prinzip des Verderbens tritt an den Tag und ist das Geltende. Nun
- ist es die natürliche Kraft und das, was als Zufall des Glücks
- erscheint, welche über das Dasein des sittlichen Wesens und die
- geistige Notwendigkeit entscheiden; weil auf Stärke und Glück das
- Dasein des sittlichen Wesens beruht, so ist _schon entschieden_, daß
- es zugrunde gegangen.--Wie vorhin nur Penaten im Volksgeiste, so
- gehen die _lebendigen_ Volksgeister durch ihre Individualität itzt in
- einem _allgemeinen_ Gemeinwesen zugrunde, dessen _einfache
- Allgemeinheit_ geistlos und tot, und dessen Lebendigkeit das
- _einzelne_ Individuum, als einzelnes ist. Die sittliche Gestalt des
- Geistes ist verschwunden, und es tritt eine andere an ihre Stelle.
- Dieser Untergang der sittlichen Substanz und ihr Übergang in eine
- andere Gestalt ist also dadurch bestimmt, daß das sittliche
- Bewußtsein auf das Gesetz wesentlich _unmittelbar_ gerichtet ist; in
- dieser Bestimmung der Unmittelbarkeit liegt, daß in die Handlung der
- Sittlichkeit die Natur überhaupt hereinkommt. Ihre Wirklichkeit
- offenbart nur den Widerspruch und den Keim des Verderbens, den die
- schöne Einmütigkeit und das ruhige Gleichgewicht des sittlichen
- Geistes eben an dieser Ruhe und Schönheit selbst hat; denn die
- Unmittelbarkeit hat die widersprechende Bedeutung, die bewußtlose
- Ruhe der Natur, und die selbstbewußte unruhige Ruhe des Geistes zu
- sein.--Um dieser Natürlichkeit willen ist überhaupt dieses sittliche
- Volk eine durch die Natur bestimmte und daher beschränkte
- Individualität, und findet also ihre Aufhebung an einer andern.
- Indem aber diese Bestimmtheit, die im Dasein gesetzt, Beschränkung,
- aber ebenso das Negative überhaupt und das Selbst der Individualität
- ist, verschwindet, ist das Leben des Geistes und diese in Allen ihrer
- selbstbewußte Substanz verloren. Sie tritt als eine _formelle
- Allgemeinheit_ an ihnen heraus, ist ihnen nicht mehr als lebendiger
- Geist inwohnend, sondern die einfache Gediegenheit ihrer
- Individualität ist in viele Punkte zersprungen.
- c. Rechtszustand
- Die allgemeine Einheit, in welche die lebendige unmittelbare Einheit
- der Individualität und der Substanz zurückgeht, ist das geistlose
- Gemeinwesen, das aufgehört hat, die selbstbewußtlose Substanz der
- Individuen zu sein, und worin sie itzt nach ihrem einzelnen
- Für-sich-sein als Selbstwesen und Substanzen gelten. Das Allgemeine
- in die Atome der absolut vielen Individuen zersplittert, dieser
- gestorbene Geist ist eine _Gleichheit_, worin _Alle_ als _Jede_, als
- _Personen_ gelten.--Was in der Welt der Sittlichkeit das verborgene
- göttliche Gesetz genannt wurde, ist in der Tat aus seinem Innern in
- die Wirklichkeit getreten; in jener galt und war der _Einzelne_
- wirklich nur als das allgemeine _Blut_ der _Familie_. Als _dieser_
- Einzelne war er der _selbstlose abgeschiedene_ Geist; nun aber ist er
- aus seiner Unwirklichkeit hervorgetreten. Weil die sittliche
- Substanz nur der _wahre_ Geist ist, darum geht er in die _Gewißheit_
- seiner selbst zurück; jene ist er als das _positive_ Allgemeine, aber
- seine Wirklichkeit ist, _negatives_ allgemeines _Selbst_ zu sein.
- --Wir sahen die Mächte und die Gestalten der sittlichen Welt in der
- einfachen Notwendigkeit des leeren _Schicksals_ versinken. Diese
- ihre Macht ist die in ihre Einfachheit sich reflektierende Substanz;
- aber das in sich reflektierende absolute Wesen, eben jene
- Notwendigkeit des leeren Schicksals, ist nichts anders als das _Ich_
- des Selbstbewußtseins.
- Dieses gilt hiemit nunmehr als das _an und für sich_ seiende Wesen;
- dies _Anerkanntsein_ ist seine Substantialität; aber sie ist die
- _abstrakte Allgemeinheit_, weil ihr Inhalt _dieses spröde Selbst_,
- nicht das in der Substanz aufgelöste ist.
- Die Persönlichkeit ist also hier aus dem Leben der sittlichen
- Substanz herausgetreten; sie ist die _wirklich geltende_
- Selbstständigkeit des Bewußtseins. Der _unwirkliche Gedanke_
- derselben, der sich durch _Verzichttun_ auf die _Wirklichkeit_ wird,
- ist früher als _stoisches_ Selbstbewußtsein vorgekommen; wie dieses
- aus der Herrschaft und Knechtschaft, als dem unmittelbaren Dasein des
- _Selbstbewußtsein_, so ist die Persönlichkeit aus dem unmittelbaren
- _Geiste_--der der allgemeine herrschende Willen Aller und ebenso ihr
- dienender Gehorsam ist, hervorgegangen. Was dem Stoizismus nur in
- der _Abstraktion_ das _An-sich_ war, ist nun _wirkliche_ Welt. Er
- ist nichts anderes als das Bewußtsein, welches das Prinzip des
- Rechtszustands, die geistlose Selbstständigkeit, auf seine abstrakte
- Form bringt; durch seine Flucht aus der _Wirklichkeit_ erreichte es
- nur den Gedanken der Selbstständigkeit; es ist absolut für _sich_
- dadurch, daß es sein Wesen nicht an irgendein Dasein knüpft, sondern
- jedes Dasein aufgegeben, und sein Wesen allein in die Einheit des
- reinen Denkens setzt. Auf dieselbe Weise ist das Recht der Person
- weder an ein reicheres oder mächtigeres Dasein des Individuums als
- eines solchen, noch auch an einen allgemeinen lebendigen Geist
- geknüpft, sondern vielmehr an das reine Eins seiner abstrakten
- Wirklichkeit oder an es als Selbstbewußtsein überhaupt.
- Wie nun die _abstrakte_ Selbstständigkeit des Stoizismus ihre
- Verwirklichung darstellte, so wird auch diese letztere die Bewegung
- jener ersten wiederholen. Jene geht in die skeptische Verwirrung des
- Bewußtseins über, in eine Faselei des Negativen, welche gestaltlos
- von einer Zufälligkeit des Seins und Gedankens zur andern irrt, sie
- zwar in der absoluten Selbstständigkeit auflöst, aber ebensosehr
- wieder erzeugt; und in der Tat nur der Widerspruch der
- Selbstständigkeit und Unselbstständigkeit des Bewußtseins ist.
- --Ebenso ist die persönliche Selbstständigkeit des _Rechts_ vielmehr
- diese gleiche allgemeine Verwirrung und gegenseitige Auflösung. Denn
- was als das absolute Wesen gilt, ist das Selbstbewußtsein als das
- reine _leere Eins_ der Person. Gegen diese leere Allgemeinheit hat
- die Substanz die Form der _Erfüllung_ und des _Inhalts_, und dieser
- ist nun völlig freigelassen und ungeordnet; denn der Geist ist nicht
- mehr vorhanden, der ihn unterjochte, und in seiner Einheit
- zusammenhielt.--Dies leere Eins der Person ist daher in seiner
- _Realität_ ein zufälliges Dasein und wesenloses Bewegen und Tun,
- welches zu keinem Bestand kommt. Wie der Skeptizismus, ist der
- Formalismus des Rechts also durch seinen Begriff ohne eigentümlichen
- Inhalt, findet ein mannigfaltiges Bestehen, den Besitz, vor, und
- drückt ihm dieselbe abstrakte Allgemeinheit, wodurch er _Eigentum_
- heißt, auf wie jener. Wenn aber die so bestimmte Wirklichkeit im
- Skeptizismus _Schein_ überhaupt heißt, und nur einen negativen Wert
- hat, so hat sie im Rechte einen positiven. Jener negative Wert
- besteht darin, daß das Wirkliche die Bedeutung des Selbsts als
- Denkens, als des _an sich_ Allgemeinen hat, dieser positive aber
- darin, daß es _Mein_ in der Bedeutung der Kategorie, als _ein
- anerkanntes_ und _wirkliches_ Gelten ist.--Beides ist dasselbe
- _abstrakte Allgemeine_; der wirkliche Inhalt oder die _Bestimmtheit_
- des Meinen--es sei nun eines äußerlichen Besitzes, oder auch des
- innern Reichtums oder Armut des Geistes und Charakters, ist nicht in
- dieser leeren Form enthalten und geht sie nichts an. Er gehört also
- einer _eignen Macht_ an, die ein anderes als das formal Allgemeine,
- die der Zufall und die Willkür ist.--Das Bewußtsein des Rechts
- erfährt darum in seinem wirklichen Gelten selbst vielmehr den Verlust
- seiner Realität und seine vollkommne Unwesentlichkeit, und ein
- Individuum als eine _Person_ bezeichnen ist Ausdruck der Verachtung.
- Die freie Macht des Inhalts bestimmt sich so, daß die Zerstreuung in
- die absolute _Vielheit_ der persönlichen Atome durch die Natur dieser
- Bestimmtheit zugleich in _einen_ ihnen fremden und ebenso geistlosen
- Punkt gesammelt ist, der einesteils gleich der Sprödigkeit ihrer
- Personalität rein einzelne Wirklichkeit ist, aber im Gegensatze gegen
- ihre leere Einzelnheit zugleich die Bedeutung alles Inhalts, dadurch
- des realen Wesens für sie hat, und gegen ihre vermeinte absolute, an
- sich aber wesenlose Wirklichkeit die allgemeine Macht und absolute
- Wirklichkeit ist. Dieser Herr der Welt ist sich auf diese Weise die
- absolute zugleich alles Dasein in sich befassende Person, für deren
- Bewußtsein kein höherer Geist existiert. Er ist Person; aber die
- einsame Person, welche _allen_ gegenübergetreten; diese Alle machen
- die geltende Allgemeinheit der Person aus, denn das Einzelne als
- solches ist wahr nur als allgemeine Vielheit der Einzelnheit, von
- dieser abgetrennt ist das einsame Selbst in der Tat das unwirkliche,
- kraftlose Selbst.--Zugleich ist es das Bewußtsein des Inhalts, der
- jener allgemeinen Persönlichkeit gegenübergetreten ist. Dieser
- Inhalt aber von seiner negativen Macht befreit ist das Chaos der
- geistigen Mächte, die entfesselt als elementarische Wesen in wilder
- Ausschweifung sich gegeneinander toll und zerstörend bewegen; ihr
- kraftloses Selbstbewußtsein ist die machtlose Umschließung und der
- Boden ihres Tumultes. Sich so als den Inbegriff aller wirklichen
- Mächte wissend, ist dieser Herr der Welt das ungeheure
- Selbstbewußtsein, das sich als den wirklichen Gott weiß; indem er
- aber nur das formale Selbst ist, das sie nicht zu bändigen vermag,
- ist seine Bewegung und Selbstgenuß die ebenso ungeheure Ausschweifung.
- Der Herr der Welt hat das wirkliche Bewußtsein dessen, was er ist,
- der allgemeinen Macht der Wirklichkeit, in der zerstörenden Gewalt,
- die er gegen das ihm gegenüberstehende Selbst seiner Untertanen
- ausübt. Denn seine Macht ist nicht die _Einigkeit_ des Geistes,
- worin die Personen ihr eigenes Selbstbewußtsein erkannten, vielmehr
- sind sie als Personen für sich und schließen die Kontinuität mit
- andern aus der absoluten Sprödigkeit ihrer Punktualität aus; sie sind
- also in einem nur negativen Verhältnisse wie zueinander so zu ihm,
- der ihre Beziehung oder Kontinuität ist. Als diese Kontinuität ist
- er das Wesen und der Inhalt ihres Formalismus; aber der ihnen fremde
- Inhalt, und das feindliche Wesen, welches gerade dasjenige, was für
- sie als ihr Wesen gilt, das inhaltsleere Für-sich-sein, vielmehr
- aufhebt;--und als die Kontinuität ihrer Persönlichkeit eben diese
- zerstört. Die rechtliche Persönlichkeit erfährt also, indem der ihr
- fremde Inhalt sich in ihr geltend macht, und er macht sich in ihnen
- geltend, weil er ihre Realität ist--vielmehr ihre Substanzlosigkeit.
- Das zerstörende Wühlen in diesem wesenlosen Boden gibt sich dagegen
- das Bewußtsein seiner Allherrschaft, aber dieses Selbst ist bloßes
- Verwüsten, daher nur außer sich, und vielmehr das Wegwerfen seines
- Selbstbewußtseins.
- So ist die Seite beschaffen, in welcher das Selbstbewußtsein als
- absolutes Wesen _wirklich_ ist. Das aus dieser Wirklichkeit aber _in
- sich zurückgetriebene Bewußtsein_ denkt diese seine Unwesenheit; wir
- sahen früher die stoische Selbstständigkeit des reinen Denkens durch
- den Skeptizismus hindurchgehen und in dem unglücklichen Bewußtsein
- ihre Wahrheit finden--die Wahrheit, welche Bewandtnis es mit seinem
- An- und Für-sich-sein hat. Wenn dies Wissen damals nur als die
- einseitige Ansicht des Bewußtseins als eines solchen erschien, so ist
- hier ihre _wirkliche_ Wahrheit eingetreten. Sie besteht darin, daß
- dies _allgemeine Gelten_ des Selbstbewußtseins, die ihm entfremdete
- Realität ist. Dies _Gelten_ ist die allgemeine Wirklichkeit des
- Selbsts, aber sie ist unmittelbar ebenso die Verkehrung; sie ist der
- Verlust seines Wesens.--Die in der sittlichen Welt nicht vorhandne
- Wirklichkeit des Selbsts ist durch ihr Zurückgehen in die _Person_
- gewonnen worden, was in jener einig war, tritt nun entwickelt, aber
- sich entfremdet auf.
- B. Der sich entfremdete Geist; die Bildung
- Die sittliche Substanz erhielt den Gegensatz in ihr einfaches
- Bewußtsein eingeschlossen, und dieses in unmittelbarer Einheit mit
- seinem Wesen. Das Wesen hat darum die einfache Bestimmtheit des
- _Seins_ für das Bewußtsein, das unmittelbar darauf gerichtet, und
- dessen Sitte es ist; weder gilt das Bewußtsein sich als _dieses
- ausschließende Selbst_, noch hat die Substanz die Bedeutung eines aus
- ihm ausgeschlossenen Daseins, mit dem es sich nur durch die
- Entfremdung seiner selbst eins zu setzen und sie zugleich
- hervorzubringen hätte. Aber derjenige Geist, dessen Selbst das
- absolut diskrete ist, hat seinen Inhalt sich als eine ebenso harte
- Wirklichkeit gegenüber, und die Welt hat hier die Bestimmung, ein
- Äußerliches, das Negative des Selbstbewußtseins zu sein. Aber diese
- Welt ist geistiges Wesen, sie ist an sich die Durchdringung des Seins
- und der Individualität; dies ihr Dasein ist das _Werk_ des
- Selbstbewußtseins; aber ebenso eine unmittelbar vorhandne ihm fremde
- Wirklichkeit, welche eigentümliches Sein hat, und worin es sich nicht
- erkennt. Sie ist das äußerliche Wesen, und der freie Inhalt des
- Rechts; aber diese äußerliche Wirklichkeit, welche der Herr der Welt
- des Rechts in sich befaßt, ist nicht nur dieses zufällig für das
- Selbst vorhandne elementarische Wesen, sondern sie ist seine aber
- nicht positive Arbeit--vielmehr seine negative. Sie erhält ihr
- Dasein durch die _eigne_ Entäußerung und Entwesung des
- Selbstbewußtseins, welche ihm in der Verwüstung, die in der Welt des
- Rechts herrscht, die äußerliche Gewalt der losgebundnen Elemente
- anzutun scheinet. Diese für sich sind nur das reine Verwüsten und
- die Auflösung ihrer selbst; diese Auflösung aber, dies ihr negatives
- Wesen ist eben das Selbst; es ist ihr Subjekt, ihr Tun und Werden.
- Dies Tun und Werden aber, wodurch die Substanz wirklich wird, ist die
- Entfremdung der Persönlichkeit, denn das _unmittelbar_, d.h. _ohne
- Entfremdung_ an und für sich geltende Selbst ist ohne Substanz, und
- das Spiel jener tobenden Elemente; seine Substanz ist also seine
- Entäußerung selbst, und die Entäußerung ist die Substanz, oder die zu
- einer Welt sich ordnenden und sich dadurch erhaltenden geistigen
- Mächte.
- Die Substanz ist auf diese Weise Geist, selbstbewußte _Einheit_ des
- Selbsts und des Wesens, aber beides hat auch die Bedeutung der
- Entfremdung füreinander. Er ist _Bewußtsein_ einer für sich freien
- gegenständlichen Wirklichkeit; diesem Bewußtsein aber steht jene
- Einheit des Selbst und des Wesens gegenüber, dem _wirklichen_ das
- _reine Bewußtsein_. Einerseits geht das wirkliche Selbstbewußtsein
- durch seine Entäußerung in die wirkliche Welt über, und diese in
- jenes zurück; andrerseits aber ist eben diese Wirklichkeit, sowohl
- die Person wie die Gegenständlichkeit, aufgehoben; sie sind rein
- allgemeine. Diese ihre Entfremdung ist das _reine Bewußtsein_ oder
- das _Wesen_. Die Gegenwart hat unmittelbar den Gegensatz an ihrem
- _Jenseits_, das ihr Denken und Gedachtsein; so wie dies am Diesseits,
- das seine ihm entfremdete Wirklichkeit ist.
- Dieser Geist bildet sich daher nicht nur _eine_ Welt, sondern eine
- gedoppelte, getrennte und entgegengesetzte aus.--Die Welt des
- sittlichen Geistes ist seine eigne _Gegenwart_; und daher jede Macht
- derselben in dieser Einheit, und insofern beide sich unterscheiden,
- im Gleichgewichte mit dem Ganzen. Nichts hat die Bedeutung des
- Negativen des Selbstbewußtseins; selbst der abgeschiedne Geist ist im
- _Blute_ der Verwandtschaft, im _Selbst_ der Familie gegenwärtig, und
- die allgemeine _Macht_ der Regierung ist der _*Willen*_, das Selbst
- des Volks. Hier aber bedeutet das Gegenwärtige nur gegenständliche
- _Wirklichkeit_, die ihr Bewußtsein jenseits hat; jedes einzelne
- Moment als _Wesen_ empfängt dies und damit die Wirklichkeit von einem
- andern, und insofern es wirklich ist, ist sein Wesen ein andres als
- seine Wirklichkeit. Nichts hat einen in ihm selbst gegründeten und
- inwohnenden Geist, sondern ist außer sich in einem fremden,--das
- Gleichgewicht des Ganzen nicht die bei sich selbst bleibende Einheit
- und ihre in sich zurückgekehrte Beruhigung, sondern beruht auf der
- Entfremdung des Entgegengesetzten. Das Ganze ist daher, wie jedes
- einzelne Moment, eine sich entfremdete Realität; es zerfällt in ein
- Reich, worin das _Selbstbewußtsein wirklich_ sowohl es als sein
- Gegenstand ist, und in ein anderes, das Reich des _reinen_
- Bewußtseins, welches jenseits des ersten nicht wirkliche Gegenwart
- hat, sondern im _Glauben_ ist. Wie nun die sittliche Welt aus der
- Trennung des göttlichen und menschlichen Gesetzes und ihrer Gestalten,
- und ihr Bewußtsein aus der Trennung in das Wissen und in die
- Bewußtlosigkeit zurück in sein Schicksal, in das _Selbst_ als die
- _negative Macht_ dieses Gegensatzes geht, so werden auch diese beiden
- Reiche des sich entfremdeten Geistes in das _Selbst_ zurückkehren;
- aber wenn jenes das erste unmittelbar geltende _Selbst_, die einzelne
- _Person_, war, so wird dies zweite, das aus seiner Entäußerung in
- sich zurückkehrt, das _allgemeine Selbst_, das den _Begriff_
- erfassende Bewußtsein sein; und diese geistigen Welten, deren alle
- Momente eine fixierte Wirklichkeit und ungeistiges Bestehen von sich
- behaupten, werden sich in der _reinen Einsicht_ auflösen. Sie als
- das sich selbst _erfassende_ Selbst vollendet die Bildung; sie faßt
- nichts als das Selbst, und alles als das Selbst auf, d.h. sie
- _begreift_ alles, tilgt alle Gegenständlichkeit, und verwandelt alles
- _An-sich_-sein in ein _Für-sich_-sein. Gegen den Glauben als das
- fremde jenseits liegende Reich des _Wesens_ gekehrt, ist sie die
- _Aufklärung_. Diese vollendet auch an diesem Reiche, wohin sich der
- entfremdete Geist, als in das Bewußtsein der sich selbst gleichen
- Ruhe rettet, die Entfremdung; sie verwirrt ihm die Haushaltung, die
- er hier führt, dadurch, daß sie die Gerätschaften der diesseitigen
- Welt hineinbringt, die er als sein Eigentum nicht verleugnen kann,
- weil sein Bewußtsein ihr gleichfalls angehört.--In diesem negativen
- Geschäfte realisiert zugleich die reine Einsicht sich selbst, und
- bringt ihren eignen Gegenstand, das unerkennbare _absolute Wesen_,
- und das _Nützliche_ hervor. Indem auf diese Weise die Wirklichkeit
- alle Substantialität verloren und nichts mehr _an sich_ in ihr ist,
- so ist wie das Reich des Glaubens so auch der realen Welt gestürzt,
- und diese Revolution bringt die _absolute Freiheit_ hervor, womit der
- vorher entfremdete Geist vollkommen in sich zurückgegangen ist, dies
- Land der Bildung verläßt, und in ein anderes Land, in das Land des
- _moralischen Bewußtseins_ übergeht.
- I. Die Welt des sich entfremdeten Geistes
- Die Welt dieses Geistes zerfällt in die gedoppelte; die erste ist die
- Weit der Wirklichkeit oder seiner Entfremdung selbst; die andre aber
- die, welche er, über die erste sich erhebend, im Äther des reinen
- Bewußtseins sich erbaut. Diese, jener Entfremdung _entgegengesetzt_,
- ist eben darum nicht frei davon, sondern vielmehr nur die andre Form
- der Entfremdung, welche eben darin besteht, in zweierlei Welten das
- Bewußtsein zu haben, und beide umfaßt. Es ist also nicht das
- Selbstbewußtsein des absoluten Wesens, wie es _an_ und _für sich_ ist,
- nicht die Religion, welche hier betrachtet wird, sondern der
- _Glauben_, insofern er die _Flucht_ aus der wirklichen Welt und also
- nicht _an_ und _für sich_ ist. Diese Flucht aus dem Reiche der
- Gegenwart ist daher an ihr selbst unmittelbar die gedoppelte. Das
- reine Bewußtsein ist das Element, in welches der Geist sich erhebt;
- aber es ist nicht nur das Element des _Glaubens_, sondern ebenso des
- _Begriffs_; beide treten daher zugleich miteinander ein, und jener
- kömmt nur in Betracht im Gegensatze gegen diesen.
- a. Die Bildungund ihr Reich der Wirklichkeit
- Der Geist dieser Welt ist das von einem _Selbst_bewußtsein
- durchdrungne geistige _Wesen_, das sich als _dieses für sich seiende_
- unmittelbar gegenwärtig, und das _Wesen_ als eine Wirklichkeit sich
- gegenüber weiß. Aber das Dasein dieser Welt sowie die Wirklichkeit
- des Selbstbewußtseins beruht auf der Bewegung, daß dieses seiner
- Persönlichkeit sich entäußert, hiedurch seine Welt hervorbringt, und
- sich gegen sie als eine Fremde so verhält, daß es sich ihrer nunmehr
- zu bemächtigen hat. Aber die Entsagung seines Für-sich-seins ist
- selbst die Erzeugung der Wirklichkeit, und durch sie bemächtigt es
- sich also unmittelbar derselben.--Oder das Selbstbewußtsein ist nur
- _Etwas_, es hat nur _Realität_, insofern es sich selbst entfremdet;
- hiedurch setzt es sich als allgemeines, und diese seine Allgemeinheit
- ist sein Gelten und Wirklichkeit. Diese _Gleichheit_ mit allen ist
- daher nicht jene Gleichheit des Rechts, nicht jenes unmittelbare
- Anerkanntsein und Gelten des Selbstbewußtseins, darum weil es _ist_;
- sondern daß es gelte, ist durch die entfremdende Vermittlung, sich
- dem Allgemeinen gemäß gemacht zu haben. Die geistlose Allgemeinheit
- des Rechts nimmt jede natürliche Weise des Charakters wie des Daseins
- in sich auf und berechtigt sie. Die Allgemeinheit aber, welche hier
- gilt, ist die _gewordne_, und darum ist sie _wirklich_.
- Wodurch also das Individuum hier Gelten und Wirklichkeit hat, ist die
- _Bildung_. Seine wahre _ursprüngliche Natur_ und Substanz ist der
- Geist der _Entfremdung_ des _natürlichen_ Seins. Diese Entäußerung
- ist daher ebenso _Zweck_ als _Dasein_ desselben; sie ist zugleich das
- _Mittel_ oder der _Übergang_ sowohl der _gedachten Substanz_ in die
- _Wirklichkeit_, als umgekehrt der _bestimmten Individualität_ in die
- _Wesentlichkeit_. Diese Individualität _bildet_ sich zu dem, was sie
- _an sich_ ist, und erst dadurch _ist_ sie _an sich_, und hat
- wirkliches Dasein; soviel sie Bildung hat, soviel Wirklichkeit und
- Macht. Obwohl das Selbst als _dieses_ sich hier wirklich weiß, so
- besteht doch seine Wirklichkeit allein in dem Aufheben des
- natürlichen Selbsts; die ursprünglich _bestimmte_ Natur reduziert
- sich daher auf den _unwesentlichen_ Unterschied der Größe, auf eine
- größere oder geringere Energie des Willens. Zweck und Inhalt aber
- desselben gehört allein der allgemeinen Substanz selbst an, und kann
- nur ein Allgemeines sein; die Besonderheit einer Natur, die Zweck und
- Inhalt wird, ist etwas _Unmächtiges_ und _Unwirkliches_; sie ist eine
- _Art_, die sich vergeblich und lächerlich abmüht, sich ins Werk zu
- setzen; sie ist der Widerspruch, dem Besondern die Wirklichkeit zu
- geben, die unmittelbar das Allgemeine ist. Wenn daher
- fälschlicherweise die Individualität in die _Besonderheit_ der Natur
- und des Charakters gesetzt wird, so finden sich in der realen Welt
- keine Individualitäten und Charaktere, sondern die Individuen haben
- ein gleiches Dasein füreinander; jene vermeintliche Individualität
- ist eben nur das _gemeinte_ Dasein, welches in dieser Welt, worin nur
- das sich selbst Entäußernde und darum nur das Allgemeine Wirklichkeit
- erhält, kein Bleiben hat.--Das _Gemeinte_ gilt darum für das, was es
- ist, für eine Art. Art ist nicht ganz dasselbe, was _Espèce,_ "von
- allen Spitznamen der fürchterlichste, denn er bezeichnet die
- Mittelmäßigkeit, und drückt die höchste Stufe der Verachtung aus."
- _Art_ und in _seiner Art gut_ sein ist aber ein deutscher Ausdruck,
- welcher dieser Bedeutung die ehrliche Miene hinzufügt, als ob es
- nicht so schlimm gemeint sei, oder auch in der Tat das Bewußtsein,
- was Art, und was Bildung und Wirklichkeit ist, noch nicht in sich
- schließt.
- Was in Beziehung auf das einzelne _Individuum_ als seine Bildung
- erscheint, ist das wesentliche Moment der _Substanz_ selbst, nämlich
- das unmittelbare Übergehen ihrer gedachten Allgemeinheit in die
- Wirklichkeit, oder die einfache Seele derselben, wodurch das _An-sich
- Anerkanntes_ und _Dasein_ ist. Die Bewegung der sich bildenden
- Individualität ist daher unmittelbar das Werden derselben als des
- allgemeinen gegenständlichen Wesens, d.h. das Werden der wirklichen
- Welt. Diese, obwohl geworden durch die Individualität, ist für das
- Selbstbewußtsein ein unmittelbar entfremdetes, und hat für es die
- Form unverrückter Wirklichkeit. Aber gewiß zugleich, daß sie seine
- Substanz ist, geht es, sich derselben zu bemächtigen; es erlangt
- diese Macht über sie durch die Bildung, welche von dieser Seite so
- erscheint, daß es sich der Wirklichkeit gemäß macht, und soviel, als
- die Energie des ursprünglichen Charakters und Talents ihm zuläßt.
- Was hier als die Gewalt des Individuums erscheint, unter welche die
- Substanz komme und hiemit aufgehoben werde, ist dasselbe, was die
- Verwirklichung der letztern ist. Denn die Macht des Individuums
- besteht darin, daß es sich ihr gemäß macht, d.h. daß es sich seines
- Selbsts entäußert, also sich als die gegenständliche seiende Substanz
- setzt. Seine Bildung und seine eigne Wirklichkeit ist daher die
- Verwirklichung der Substanz selbst.
- Das Selbst ist sich nur als _aufgehobnes_ wirklich. Es macht daher
- für es nicht die Einheit des _Bewußtseins_ seiner selbst und des
- Gegenstandes aus; sondern dieser ist ihm das Negative seiner.--Durch
- das Selbst als die Seele wird die Substanz also so in ihren Momenten
- ausgebildet, daß das Entgegengesetzte das Andre begeistet, jedes
- durch seine Entfremdung dem Andern Bestehen gibt, und es ebenso von
- ihm erhält. Zugleich hat jedes Moment seine Bestimmtheit als ein
- unüberwindliches Gelten und eine feste Wirklichkeit gegen das Andre.
- Das Denken fixiert diesen Unterschied auf die allgemeinste Weise
- durch die absolute Entgegensetzung von _Gut_ und _Schlecht_, die,
- sich fliehend, auf keine Weise dasselbe werden können. Aber dieses
- feste Sein hat zu seiner Seele den unmittelbaren Übergang in das
- Entgegengesetzte; das Dasein ist vielmehr die Verkehrung jeder
- Bestimmtheit in ihre entgegengesetzte, und nur diese Entfremdung ist
- das Wesen und Erhaltung des Ganzen. Diese verwirklichende Bewegung
- und Begeistung der Momente ist nun zu betrachten; die Entfremdung
- wird sich selbst entfremden, und das Ganze durch sie in seinen
- Begriff sich zurücknehmen.
- Zuerst ist die einfache Substanz selbst in der unmittelbaren
- Organisation ihrer daseienden noch unbegeisteten Momente zu
- betrachten.--Wie die Natur sich in die allgemeinen Elemente auslegt,
- worunter die _Luft_ das _bleibende_ rein allgemeine durchsichtige
- Wesen ist,--das Wasser aber das Wesen, das immer _aufgeopfert_ wird,
- --das _Feuer_ ihre _beseelende_ Einheit, welche ihren Gegensatz
- ebenso immer auflöst, als ihre Einfachheit in ihn entzweit,--die
- _Erde_ endlich der _feste Knoten_ dieser Gegliederung und das
- _Subjekt_ dieser Wesen wie ihres Prozesses, ihr Ausgehen und ihre
- Rückkehr ist,--so legt sich in ebensolche allgemeine, aber geistige
- Massen das innere _Wesen_ oder der einfache Geist der selbstbewußten
- Wirklichkeit als eine Welt aus,--in die _erste_ Masse, das _an sich
- Allgemeine_, sich _selbst gleiche_ geistige Wesen;--in die andere,
- das _für sich seiende_ in sich _ungleich_ gewordene, sich
- _aufopfernde_ und _hingebende_ Wesen, und in das _dritte_, welches
- als Selbstbewußtsein Subjekt ist, und die Kraft des Feuers
- unmittelbar an ihm selbst hat;--im ersten Wesen ist es seiner als des
- _An-sich-seins_ bewußt; in dem zweiten aber hat es das Werden des
- _Für-sich-seins_ durch die Aufopferung des Allgemeinen. Der Geist
- aber selbst ist das _An_- und _Für-sich-sein_ des Ganzen, das sich in
- die Substanz als bleibende und in sie als sich aufopfernde _entzweit_,
- und ebenso sie auch wieder in seine Einheit _zurücknimmt_, sowohl
- als die ausbrechende sie verzehrende Flamme wie als die bleibende
- Gestalt derselben.--Wir sehen, daß diese Wesen dem Gemeinwesen und
- der Familie der sittlichen Welt entsprechen, ohne aber den heimischen
- Geist zu besitzen, den diese haben; dagegen, wenn diesem das
- Schicksal fremde ist, so ist und weiß sich hier das Selbstbewußtsein
- als die wirkliche Macht derselben.
- Diese Glieder sind sowohl wie sie zunächst innerhalb des reinen
- Bewußtseins als _Gedanken_ oder _an sich_ seiende, als auch wie sie
- im wirklichen Bewußtsein als _gegenständliche_ Wesen vorgestellt
- werden, zu betrachten.--In jener Form der Einfachheit ist das erste,
- als _das sich selbst gleiche_, unmittelbare und unwandelbare _Wesen_
- aller Bewußtsein, das _Gute_--die unabhängige geistige Macht des
- _An-sich_, bei der die Bewegung des fürsichseienden Bewußtseins nur
- beiherspielt. Das andere dagegen ist das _passive_ geistige Wesen
- oder das Allgemeine, insofern es sich preisgibt und die Individuen
- das Bewußtsein ihrer Einzelnheit sich an ihm nehmen läßt; es ist das
- nichtige Wesen, das _Schlechte_.--Dieses absolute Aufgelöstwerden des
- Wesens ist selbst bleibend; wie das erste Wesen, Grundlage,
- Ausgangspunkt und Resultat der Individuen und diese rein allgemein
- darin sind, so ist das zweite dagegen einerseits das sich aufopfernde
- _Sein für Anderes_, andererseits eben darum deren beständige Rückkehr
- zu sich selbst als das _Einzelne_ und ihr bleibendes
- _Für-sich-werden_.
- Aber diese einfachen _Gedanken_ des Guten und Schlechten sind ebenso
- unmittelbar sich entfremdet; sie sind _wirklich_ und im wirklichen
- Bewußtsein als _gegenständliche_ Momente. So ist das erste Wesen die
- _Staatsmacht_, das andere der _Reichtum_.--Die Staatsmacht ist wie
- die einfache _Substanz_ so das allgemeine _Werk_;--die absolute
- _Sache selbst_, worin den Individuen ihr _Wesen_ ausgesprochen und
- ihre Einzelnheit schlechthin nur Bewußtsein ihrer _Allgemeinheit_ ist;
- --sie ist ebenso das Werk und einfache _Resultat_, aus welchem dies,
- daß es aus ihrem _Tun_ herkömmt, verschwindet; es bleibt die absolute
- Grundlage und Bestehen alles ihres Tuns.--Diese _einfache_ ätherische
- Substanz ihres Lebens ist durch diese Bestimmung ihrer unwandelbaren
- Sichselbstgleichheit _Sein_, und damit nur _Sein für anderes_. Sie
- ist also an sich unmittelbar das Entgegengesetzte ihrer selbst,
- _Reichtum_. Ob er zwar das Passive oder Nichtige ist, ist er
- ebenfalls allgemeines geistiges Wesen, ebenso das beständig _werdende
- Resultat_ der _Arbeit_ und des _Tuns Aller_, wie es sich wieder in
- den _Genuß_ Aller auflöst. In dem Genusse wird die Individualität
- zwar _für sich_ oder als _einzelne_, aber dieser Genuß selbst ist
- Resultat des allgemeinen Tuns; so wie er gegenseitig die allgemeine
- Arbeit und den Genuß aller hervorbringt. Das _Wirkliche_ hat
- schlechthin die geistige Bedeutung, unmittelbar allgemein zu sein.
- Es meint wohl in diesem Momente jeder Einzelne _eigennützig_ zu
- handeln; denn es ist das Moment, worin er sich das Bewußtsein gibt,
- für sich zu sein, und er nimmt es deswegen nicht für etwas Geistiges;
- allein auch nur äußerlich angesehen, zeigt es sich, daß in seinem
- Genusse jeder allen zu genießen gibt, in seiner Arbeit ebenso für
- alle arbeitet als für sich, und alle für ihn. Sein _Für-sich_-sein
- ist daher an sich _allgemein_ und der Eigennutz etwas nur Gemeintes,
- das nicht dazu kommen kann, dasjenige wirklich zu machen, was es
- meint, nämlich etwas zu tun, das nicht allen zugut käme.
- In diesen beiden geistigen Mächten erkennt also das Selbstbewußtsein
- seine Substanz, Inhalt und Zweck; es schaut sein Doppelwesen darin an,
- in der einen sein _An-sich-sein_, in der andern sein _Für-sich-sein_.
- --Es ist aber zugleich als der Geist, die negative _Einheit_ ihres
- Bestehens und der Trennung der Individualität und des Allgemeinen,
- oder der Wirklichkeit und des Selbsts. Herrschaft und Reichtum sind
- daher für das Individuum als Gegenstände vorhanden, d.h. als solche,
- von denen es sich _frei_ weiß und zwischen ihnen und selbst keines
- von beiden wählen zu können meint. Es tritt als dieses freie und
- _reine_ Bewußtsein dem Wesen als einem solchen gegenüber, das nur
- _für es_ ist. Es hat alsdenn das Wesen als _Wesen_ in sich.--In
- diesem reinen Bewußtsein sind ihm die Momente der Substanz nicht
- Staatsmacht und Reichtum, sondern die Gedanken von _Gut_ und
- _Schlecht_.--Das Selbstbewußtsein ist aber ferner die Beziehung
- seines reinen Bewußtseins auf sein wirkliches, des Gedachten auf das
- gegenständliche Wesen, es ist wesentlich das _Urteil_.--Es hat sich
- zwar schon für die beiden Seiten des wirklichen Wesens durch ihre
- unmittelbaren Bestimmungen ergeben, welche das Gute und welche das
- Schlechte sei; jenes die Staatsmacht, dies der Reichtum. Allein dies
- erste Urteil kann nicht als ein geistiges Urteil angesehen werden;
- denn in ihm ist die eine Seite nur als das _Ansichseiende_ oder
- Positive, die andre nur als das _Für-sich-_seiende und Negative
- bestimmt worden. Aber sie sind, als geistige Wesen, jedes die
- Durchdringung beider Momente, also in jenen Bestimmungen nicht
- erschöpft; und das Selbstbewußtsein, das sich auf sie bezieht, ist
- _an_ und _für sich_; es muß daher sich auf jedes auf die gedoppelte
- Weise beziehen, wodurch sich ihre Natur, sich selbst entfremdete
- Bestimmungen zu sein, herauskehren wird.
- Dem Selbstbewußtsein ist nun derjenige Gegenstand _gut_ und _an sich_,
- worin es sich selbst, derjenige aber schlecht, worin es das
- Gegenteil seiner findet; das _Gute_ ist die _Gleichheit_ der
- gegenständlichen Realität mit ihm; das _Schlechte_ aber ihre
- _Ungleichheit_. Zugleich was _für es_ gut und schlecht ist, ist _an
- sich_ gut und schlecht, denn es ist eben dasjenige, worin diese
- beiden Momente des _An-sich-_ und des _Für-es_-sein dasselbe sind; es
- ist der wirkliche Geist der gegenständlichen Wesen, und das Urteil
- der Erweis seiner Macht an ihnen, die sie zu dem _macht_, was sie _an
- sich_ sind. Nicht dies, wie sie unmittelbar an sich selbst das
- _Gleiche_ oder _Ungleiche_, d.h. das abstrakte An-sich- oder
- Für-sich-sein sind, ist ihr Kriterium und ihre Wahrheit, sondern was
- sie in der Beziehung des Geistes auf sie sind; ihre Gleichheit oder
- Ungleichheit mit ihm. Seine _Beziehung_ auf sie, die zuerst als
- _Gegenstände_ gesetzt, _durch ihn_ zum _An-sich_ werden, wird
- zugleich ihre _Reflexion in sich selbst_, durch welche sie wirkliches
- geistiges Sein erhalten, und was _ihr Geist_ ist, hervortritt. Aber
- wie ihre erste _unmittelbare Bestimmung_ sich von der _Beziehung_ des
- Geistes auf sie unterscheidet, so wird auch das dritte, der eigne
- Geist derselben, sich von dem zweiten unterscheiden.--Das _zweite
- An-sich_ derselben zunächst, das durch die Beziehung des Geistes auf
- sie hervortritt, muß schon anders ausfallen als das _unmittelbare_;
- denn diese _Vermittlung_ des Geistes bewegt vielmehr die
- _unmittelbare_ Bestimmtheit, und macht sie zu etwas anderem.
- Hiernach findet nun das _an_ und _für sich_ seiende Bewußtsein in der
- _Staatsmacht_ wohl sein _einfaches Wesen_ und _Bestehen_ überhaupt,
- allein nicht seine _Individualität_ als solche, wohl sein _An-sich-_
- nicht sein _Für-sich-_sein, es findet darin vielmehr das Tun als
- einzelnes Tun verleugnet und zum Gehorsam unterjocht. Das Individuum
- reflektiert sich also vor dieser Macht in sich selbst; sie ist ihm
- das unterdrückende Wesen und das _Schlechte_; denn statt das Gleiche
- zu sein, ist sie das der Individualität schlechthin Ungleiche.
- --Hingegen der _Reichtum_ ist das _Gute_; er geht auf allgemeinen
- Genuß, gibt sich preis, und verschafft allen das Bewußtsein ihres
- Selbsts. Er ist _an sich_ allgemeines Wohltun; wenn er irgendeine
- Wohltat versagt, und nicht jedem Bedürfnisse gefällig ist, so ist
- dies eine Zufälligkeit, welche seinem allgemeinen notwendigen Wesen,
- sich allen Einzelnen mitzuteilen und tausendhändiger Geber zu sein,
- keinen Eintrag tut.
- Diese beiden Urteile geben den Gedanken von Gut und Schlecht einen
- Inhalt, welcher das Gegenteil von dem ist, den sie für uns hatten.
- --Das Selbstbewußtsein hat sich aber nur erst unvollständig auf seine
- Gegenstände bezogen, nämlich nur nach dem Maßstabe des
- _Für-sich-seins_. Aber das Bewußtsein ist ebenso _ansich_seiendes
- Wesen, und muß diese Seite gleichfalls zum Maßstabe machen, wodurch
- sich erst das geistige Urteil vollendet. Nach dieser Seite spricht
- ihm die _Staatsmacht_ sein _Wesen_ aus; sie ist teils ruhendes Gesetz,
- teils Regierung und Befehl, welcher die einzelnen Bewegungen des
- allgemeinen Tuns anordnet; das eine die einfache Substanz selbst, das
- andere ihr sich selbst und alle belebendes und erhaltendes Tun. Das
- Individuum findet also darin seinen Grund und Wesen ausgedrückt,
- organisiert und betätigt.--Hingegen durch den Genuß des _Reichtums_
- erfährt es nicht sein allgemeines Wesen, sondern erhält nur das
- _vergängliche_ Bewußtsein und den Genuß seiner selbst als einer
- fürsichseienden _Einzelnheit_, und der _Ungleichheit_ mit seinem
- Wesen.--Die Begriffe von Gut und Schlecht erhalten also hier den
- entgegengesetzten Inhalt gegen den vorherigen.
- Diese beiden Weisen des Urteilens finden jede eine _Gleichheit_ und
- eine _Ungleichheit_; das erste urteilende Bewußtsein findet die
- Staatsmacht _ungleich_, den Genuß des Reichtums _gleich_ mit ihm; das
- zweite hingegen die erstere gleich, und den letztern _ungleich_ mit
- ihm. Es ist ein zweifaches _Gleichfinden_ und ein zweifaches
- _Ungleichfinden_, eine entgegengesetzte Beziehung auf die beiden
- realen Wesenheiten vorhanden.--Wir müssen dieses verschiedene
- Urteilen selbst beurteilen, wozu wir den aufgestellten Maßstab
- anzulegen haben. Die _gleichfindende_ Beziehung des Bewußtseins ist
- hienach das _Gute_, die ungleichfindende das _Schlechte_; und diese
- beiden Weisen der Beziehung sind nunmehr selbst als _verschiedene
- Gestalten des Bewußtseins_ festzuhalten. Das Bewußtsein kommt
- dadurch, daß es sich auf verschiedene Weise verhält, selbst unter die
- Bestimmung der Verschiedenheit, gut oder schlecht zu sein, nicht
- darnach, daß es entweder das _Für-sich-sein_ oder das reine
- _An-sich-sein_ zum Prinzip hätte, denn beide sind gleich wesentliche
- Momente; das gedoppelte Urteilen, das betrachtet wurde, stellte die
- Prinzipien getrennt vor, und enthält daher nur _abstrakte_ Weisen des
- _Urteilens_. Das wirkliche Bewußtsein hat beide Prinzipien an ihm,
- und der Unterschied fällt allein in sein _Wesen_, nämlich in die
- _Beziehung_ seiner selbst auf das Reale.
- Die Weise dieser Beziehung ist die entgegengesetzte, die eine ist
- Verhalten zu Staatsmacht und Reichtum als zu einem _Gleichen_, das
- andere als zu einem _Ungleichen_.--Das Bewußtsein der gleichfindenden
- Beziehung ist das _edelmütige_. In der öffentlichen Macht betrachtet
- es das mit ihm Gleiche, daß es in ihr sein _einfaches Wesen_ und
- dessen Betätigung hat, und im Dienste des wirklichen Gehorsams wie
- der innern Achtung gegen es steht. Ebenso in dem Reichtume, daß er
- ihm das Bewußtsein seiner andern wesentlichen Seite, des
- _Für-sich-seins_, verschafft; daher es ihn ebenfalls als _Wesen_ in
- Beziehung auf sich betrachtet, und denjenigen, von welchem es genießt,
- als Wohltäter anerkennt und sich zum Danke verpflichtet hält.
- Das Bewußtsein der andern Beziehung dagegen ist das _niederträchtige_,
- das die _Ungleichheit_ mit den beiden Wesenheiten festhält; in der
- Herrschergewalt also eine Fessel und Unterdrückung des
- _Für-sich-seins_ sieht, und daher den Herrscher haßt, nur mit
- Heimtücke gehorcht, und immer auf dem Sprunge zum Aufruhr steht,--im
- Reichtum, durch den es zum Genusse seines Für-sich-seins gelangt,
- ebenso nur die Ungleichheit, nämlich mit dem bleibenden _Wesen_
- betrachtet; indem es durch ihn nur zum Bewußtsein der Einzelnheit und
- des vergänglichen Genusses kommt, ihn liebt, aber verachtet, und mit
- dem Verschwinden des Genusses, des an sich verschwindenden, auch sein
- Verhältnis zu dem Reichen für verschwunden ansieht.
- Diese Beziehungen drücken nun erst das _Urteil_ aus, die Bestimmung
- dessen, was die beiden Wesen als _Gegenstände_ für das Bewußtsein
- sind, noch nicht _an_ und _für sich_. Die Reflexion, die im Urteil
- vorgestellt ist, ist teils erst _für uns_ ein Setzen der einen sowie
- der andern Bestimmung und daher ein gleiches Aufheben beider, noch
- nicht die Reflexion derselben für das Bewußtsein selbst. Teils
- _sind_ sie erst unmittelbar _Wesen_, weder dies _geworden_ noch an
- ihnen _Selbst_bewußtsein; dasjenige, für welches sie sind, ist noch
- nicht ihre Belebung; sie sind Prädikate, die noch nicht selbst
- Subjekt sind. Um dieser Trennung willen fällt auch das Ganze des
- geistigen Urteilens noch an zwei Bewußtsein auseinander, deren jedes
- unter einer einseitigen Bestimmung liegt.--Wie sich nun zuerst die
- _Gleichgültigkeit_ der beiden Seiten der Entfremdung--der einen, des
- _An-sich_ des reinen Bewußtseins, nämlich der bestimmten _Gedanken_
- von Gut und Schlecht; der andern, ihres _Daseins_ als Staatsmacht und
- Reichtum--zur Beziehung beider, zum _Urteil_ erhob; so hat sich diese
- äußere Beziehung zur innern Einheit, oder als Beziehung des Denkens
- zur Wirklichkeit zu erheben, und der Geist der beiden Gestalten des
- Urteils hervorzutreten. Dies geschieht, indem das _Urteil_ zum
- _Schlusse_ wird, zur vermittelnden Bewegung, worin die Notwendigkeit
- und Mitte der beiden Seiten des Urteils hervortritt.
- Das edelmütige Bewußtsein findet also im Urteil sich so der
- Staatsmacht gegenüber, daß sie zwar noch nicht ein Selbst, sondern
- erst die allgemeine Substanz, deren es aber als seines _Wesens_ als
- des Zwecks und absoluten Inhalts sich bewußt ist. Sich so positiv
- auf sie beziehend, verhält es sich negativ gegen seine eignen Zwecke,
- seinen besondern Inhalt und Dasein, und läßt sie verschwinden. Es
- ist der Heroismus des _Dienstes_,--die _Tugend_, welche das einzelne
- Sein dem Allgemeinen aufopfert, und dies dadurch ins Dasein bringt,
- --die _Person_, welche dem Besitze und Genusse von selbst entsagt,
- und für die vorhandene Macht handelt und wirklich ist.
- Durch diese Bewegung wird das Allgemeine mit dem Dasein überhaupt
- zusammengeschlossen, wie das daseiende Bewußtsein durch diese
- Entäußerung sich zur Wesentlichkeit bildet. Wessen dieses im Dienste
- sich entfremdet, ist sein in das Dasein versenktes Bewußtsein; das
- sich entfremdete Sein ist aber das _An-sich_; es bekommt also durch
- diese Bildung Achtung vor sich selbst und bei den Andern.--Die
- Staatsmacht aber, die nur erst das _gedachte_ Allgemeine, das
- _An-sich_ war, wird durch eben diese Bewegung zum _seienden_
- Allgemeinen, zur wirklichen Macht. Sie ist diese nur in dem
- wirklichen Gehorsam, welchen sie durch das _Urteil_ des
- Selbstbewußtseins, daß sie das _Wesen_ ist, und durch die freie
- Aufopferung desselben erlangt. Dieses Tun, das das Wesen mit dem
- Selbst zusammenschließt, bringt die _gedoppelte_ Wirklichkeit hervor,
- sich als das, welches wahre Wirklichkeit hat, und die Staatsmacht als
- das _Wahre_, welches gilt.
- Diese ist aber durch diese Entfremdung noch nicht ein sich als
- Staatsmacht wissendes Selbstbewußtsein; es ist nur ihr _Gesetz_, oder
- ihr _An-sich_, das gilt; sie hat noch keinen _besondern Willen_; denn
- noch hat das dienende Selbstbewußtsein nicht sein reines Selbst
- entäußert und die Staatsmacht damit begeistet, sondern erst mit
- seinem Sein; ihr nur sein _Dasein_ aufgeopfert, nicht sein
- _An-sich_-sein.--Dies Selbstbewußtsein gilt als ein solches, das dem
- _Wesen_ gemäß ist, es ist anerkannt um seines _An-sich-seins_ willen.
- Die andern finden in ihm ihr _Wesen_ betätigt, nicht aber ihr
- Für-sich-sein,--ihr Denken oder reines Bewußtsein erfüllt, nicht ihre
- Individualität. Es gilt daher in ihren _Gedanken_ und genießt der
- _Ehre_. Es ist der _stolze_ Vasall, der für die Staatsmacht tätig
- ist, insofern sie nicht eigner Willen, sondern _wesentlicher_ ist,
- und der sich nur in dieser _Ehre_ gilt, nur in dem _wesentlichen_
- Vorstellen der allgemeinen Meinung, nicht in dem _dankbaren_ der
- Individualität, denn dieser hat er nicht zu ihrem _Für-sich-sein_
- verholfen. Seine _Sprache_, wenn es sich zum eignen Willen der
- Staatsmacht verhielte, der noch nicht geworden ist, wäre der _Rat_,
- den er zum allgemeinen Besten erteilt.
- Die Staatsmacht ist daher noch willenlos gegen den Rat, und nicht
- entscheidend zwischen den verschiedenen Meinungen über das allgemeine
- Beste. Sie ist noch nicht _Regierung_, und somit noch nicht in
- Wahrheit wirkliche Staatsmacht.--Das _Für-sich-sein_, der _Willen_,
- der als Willen noch nicht aufgeopfert ist, ist der innre abgeschiedne
- Geist der Stände, der seinem Sprechen vom _allgemeinen_ Besten
- gegenüber sich sein _besondres_ Bestes vorbehält, und dies Geschwätze
- vom allgemeinen Besten zu einem Surrogate für das Handeln zu machen
- geneigt ist. Die Aufopferung des Daseins, die im Dienste geschieht,
- ist zwar vollständig, wenn sie bis zum Tode fortgegangen ist; aber
- die bestandne Gefahr des Todes selbst, der überlebt wird, läßt ein
- bestimmtes Dasein, und damit ein _besonderes Für-sich_ übrig, welches
- den Rat fürs allgemeine Beste zweideutig und verdächtig macht, und
- sich in der Tat die eigne Meinung und den besondern Willen gegen die
- Staatsgewalt vorbehält. Es verhält sich daher noch ungleich gegen
- dieselbe, und fällt unter die Bestimmung des niederträchtigen
- Bewußtseins, immer auf dem Sprunge zur Empörung zu stehen.
- Dieser Widerspruch, den es aufzuheben hat, enthält in dieser Form, in
- der Ungleichheit des _Für-sich-seins_ gegen die Allgemeinheit der
- Staatsmacht zu stehen, zugleich die Form, daß jene Entäußerung des
- Daseins, indem sie sich, im Tode nämlich, vollendet, selbst eine
- seiende, nicht eine ins Bewußtsein zurückkehrende ist,--daß dieses
- sie nicht überlebt, und _an_ und _für sich_ ist, sondern nur ins
- unversöhnte Gegenteil übergeht. Die wahre Aufopferung des
- _Für-sich-seins_ ist daher allein die, worin es sich so vollkommen
- als im Tode hingibt, aber in dieser Entäußerung sich ebensosehr
- erhält; es wird dadurch als das wirklich, was es an sich ist, als die
- identische Einheit seiner selbst und seiner als des Entgegengesetzten.
- Dadurch, daß der abgeschiedne innre Geist, das Selbst als solches,
- hervortritt und sich entfremdet, wird zugleich die Staatsmacht zu
- eignem Selbst erhoben; so wie ohne diese Entfremdung die Handlungen
- der Ehre, des edeln Bewußtseins und die Ratschläge seiner Einsicht
- das Zweideutige bleiben würden, das noch jenen abgeschiednen
- Hinterhalt der besondern Absicht und des Eigenwillens hätte.
- Diese Entfremdung aber geschieht allein in der _Sprache_, welche hier
- in ihrer eigentümlichen Bedeutung auftritt.--In der Welt der
- Sittlichkeit _Gesetz_ und _Befehl_, in der Welt der Wirklichkeit erst
- _Rat_, hat sie das _Wesen_ zum Inhalte, und ist dessen Form; hier
- aber erhält sie die Form, welche sie ist, selbst zum Inhalte, und
- gilt als _Sprache_; es ist die Kraft des Sprechens als eines solchen,
- welche das ausführt, was auszuführen ist. Denn sie ist das _Dasein_
- des reinen Selbsts als Selbsts; in ihr tritt die _für sich seiende
- Einzelnheit_ des Selbstbewußtseins als solche in die Existenz, so daß
- sie _für Andre_ ist. _Ich_ als dieses _reine_ Ich ist sonst nicht
- _da_; in jeder andern Äußerung ist es in eine Wirklichkeit versenkt,
- und in einer Gestalt, aus welcher es sich zurückziehen kann; es ist
- aus seiner Handlung, wie aus seinem physiognomischen Ausdrucke in
- sich reflektiert, und läßt solches unvollständiges Dasein, worin
- immer ebensosehr zu viel als zu wenig ist, entseelt liegen. Die
- Sprache aber enthält es in seiner Reinheit, sie allein spricht _Ich_
- aus, es selbst. Dies sein _Dasein_ ist als _Dasein_ eine
- Gegenständlichkeit, welche seine wahre Natur an ihr hat. _Ich_ ist
- _dieses_ Ich--aber ebenso _allgemeines_; sein Erscheinen ist ebenso
- unmittelbar die Entäußerung und das Verschwinden _dieses_ Ichs, und
- dadurch sein Bleiben in seiner Allgemeinheit. _Ich_, das sich
- ausspricht, ist _vernommen_; es ist eine Ansteckung, worin es
- unmittelbar in die Einheit mit denen, für welche es da ist,
- übergegangen und allgemeines Selbstbewußtsein ist.--Daß es
- _vernommen_ wird, darin ist sein _Dasein_ selbst unmittelbar
- _verhallt_; dies sein Anderssein ist in sich zurückgenommen; und
- ebendies ist sein Dasein, als selbstbewußtes _Jetzt_, wie es da ist,
- nicht da zu sein, und durch dies Verschwinden da zu sein. Dies
- Verschwinden ist also selbst unmittelbar sein Bleiben; es ist sein
- eignes Wissen von Sich, und sein Wissen von sich als einem, das in
- anderes Selbst übergegangen, das vernommen worden und allgemeines ist.
- Der Geist erhält hier diese Wirklichkeit, weil die Extreme, deren
- _Einheit_ er ist, ebenso unmittelbar die Bestimmung haben, für sich
- eigne Wirklichkeiten zu sein. Ihre Einheit ist zersetzt in spröde
- Seiten, deren jede für die andre wirklicher von ihr ausgeschlossener
- Gegenstand ist. Die Einheit tritt daher als eine _Mitte_ hervor,
- welche von der abgeschiedenen Wirklichkeit der Seiten ausgeschlossen
- und unterschieden wird; sie hat daher selbst eine wirkliche von ihren
- Seiten unterschiedne Gegenständlichkeit, und ist _für sie_, d.h. sie
- ist Daseiendes. Die _geistige Substanz_ tritt als solche in die
- Existenz, erst indem sie zu ihren Seiten solche Selbstbewußtsein
- gewonnen hat, welche dieses reine Selbst als _unmittelbar geltende_
- Wirklichkeit wissen, und darin ebenso unmittelbar wissen, dies nur
- durch die entfremdende _Vermittlung_ zu sein. Durch jenes sind die
- Momente zu der sich selbst wissenden Kategorie und damit bis dahin
- geläutert, daß sie Momente des Geistes sind; durch dieses tritt er
- als Geistigkeit in das Dasein.--Er ist so die Mitte, welche jene
- Extreme voraussetzt, und durch ihr Dasein erzeugt wird,--aber ebenso
- das zwischen ihnen hervorbrechende geistige Ganze, das sich in sie
- entzweit und jedes erst durch diese Berührung zum Ganzen in seinem
- Prinzipe erzeugt.--Daß die beiden Extreme schon _an sich_ aufgehoben
- und zersetzt sind, bringt ihre Einheit hervor, und diese ist die
- Bewegung, welche beide zusammenschließt, ihre Bestimmungen austauscht,
- und sie, und zwar _in jedem Extreme_, zusammenschließt. Diese
- Vermittlung setzt hiemit den _Begriff_ eines jeden der beiden Extreme
- in seine Wirklichkeit, oder sie macht das, was jedes _an sich_ ist,
- zu seinem _Geiste_.
- Die beiden Extreme, die Staatsmacht und das edelmütige Bewußtsein,
- sind durch dieses zersetzt, jene in das abstrakte Allgemeine, dem
- gehorcht wird, und in den fürsichseienden Willen, welcher ihm aber
- noch nicht selbst zukommt; dieses in den Gehorsam des aufgehobnen
- Daseins oder in das _An-sich-sein_ der Selbstachtung und der Ehre,
- und in das noch nicht aufgehobene reine Für-sich-sein, den im
- Hinterhalte noch bleibenden Willen. Die beiden Momente, zu welchen
- beide Seiten gereinigt, und die daher Momente der Sprache sind, sind
- das _abstrakte Allgemeine_, welches das allgemeine Beste heißt, und
- das _reine Selbst_, das im Dienste seinem ins vielfache Dasein
- versenkten Bewußtsein absagte. Beide sind im Begriffe dasselbe, denn
- reines Selbst ist eben das abstrakt Allgemeine, und daher ist ihre
- Einheit als ihre Mitte gesetzt. Aber das _Selbst_ ist nur erst am
- Extreme des Bewußtseins wirklich--_das An-sich_ aber erst am Extreme
- der Staatsmacht; dem Bewußtsein fehlt dies, daß die Staatsmacht nicht
- nur als _Ehre_, sondern wirklich an es übergegangen wäre,--der
- Staatsmacht, daß ihr nicht nur als dem sogenannten _allgemeinen
- Besten_ gehorcht würde, sondern als Willen, oder daß sie das
- entscheidende Selbst ist. Die Einheit des Begriffes, in welchem die
- Staatsmacht noch steht, und zu dem das Bewußtsein sich geläutert hat,
- wird in dieser _vermittelnden Bewegung_ wirklich, deren einfaches
- Dasein, als _Mitte_, die Sprache ist.--Sie hat jedoch zu ihren Seiten
- noch nicht zwei als _Selbst_ vorhandene Selbst; denn die Staatsmacht
- wird erst zum Selbst begeistet; diese Sprache ist daher noch nicht
- der Geist, wie er sich vollkommen weiß und ausspricht.
- Das edelmütige Bewußtsein, weil es das Extrem des Selbsts ist,
- erscheint als dasjenige, von dem die _Sprache_ ausgeht, durch welche
- sich die Seiten des Verhältnisses zu beseelten Ganzen gestalten.--Der
- Heroismus des stummen Dienstes wird zum _Heroismus_ der
- _Schmeichelei_. Diese sprechende Reflexion des Dienstes macht die
- geistige sich zersetzende Mitte aus, und reflektiert nicht nur ihr
- eigenes Extrem in sich selbst, sondern auch das Extrem der
- allgemeinen Gewalt in dieses selbst zurück, und macht sie, die erst
- _an sich_ ist, _zum Für-sich-sein_ und zur Einzelnheit des
- Selbstbewußtseins. Es wird hiedurch der Geist dieser Macht, ein
- _unumschränkter Monarch_ zu sein;--_unumschränkt_: die Sprache der
- Schmeichelei erhebt die Macht in ihre geläuterte _Allgemeinheit_; das
- Moment als Erzeugnis der Sprache, des zum Geiste geläuterten Daseins,
- ist eine Vereinigte Sichselbstgleichheit,--_Monarch_: sie erhebt
- ebenso die _Einzelnheit_ auf ihre Spitze; dasjenige, dessen das
- edelmütige Bewußtsein sich nach dieser Seite der einfachen geistigen
- Einheit entäußert, ist das reine _An-sich seines Denkens_, sein Ich
- selbst. Bestimmter erhebt sie die Einzelnheit, die sonst nur ein
- _Gemeintes_ ist, dadurch in ihre daseiende Reinheit, daß sie dem
- Monarchen den eignen _Namen_ gibt; denn es ist allein der Name, worin
- der _Unterschied_ des Einzelnen von allen andern nicht _gemeint_ ist,
- sondern von allen wirklich gemacht wird; in dem Namen _gilt_ der
- Einzelne als rein Einzelner nicht mehr nur in seinem Bewußtsein,
- sondern im Bewußtsein Aller. Durch ihn also wird der Monarch
- schlechthin von Allen abgesondert, ausgenommen und einsam; in ihm ist
- er das Atom, das von seinem Wesen nichts mitteilen kann und nicht
- seinesgleichen hat.--Dieser Name ist hiemit die Reflexion in sich
- oder die _Wirklichkeit_, welche die allgemeine Macht _an ihr selbst_
- hat; durch ihn ist sie der _Monarch_. Er, _dieser Einzelne_, weiß
- umgekehrt dadurch _sich diesen Einzelnen_ als die allgemeine Macht,
- daß die Edeln nicht nur als zum Dienst der Staatsmacht bereit,
- sondern als _Zieraten_ sich um den Thron stellen, und daß sie dem,
- der darauf sitzt, es immer _sagen_, was er _ist_.
- Die Sprache ihres Preises ist auf diese Weise der Geist, der in der
- _Staatsmacht selbst_ die beiden Extreme zusammenschließt; sie
- reflektiert die abstrakte Macht in sich und gibt ihr das Moment des
- andern Extrems, das wollende und entscheidende _Für-sich-sein_, und
- hiedurch selbstbewußte Existenz; oder dadurch kommt dies _einzelne
- wirkliche_ Selbstbewußtsein dazu, sich als die Macht _gewiß zu
- wissen_. Sie ist der Punkt des Selbsts, in den durch die Entäußerung
- der _innern Gewißheit_ die vielen Punkte zusammengeflossen sind.
- --Indem aber dieser eigne Geist der Staatsmacht darin besteht, seine
- Wirklichkeit und Nahrung an dem Opfer des Tuns und des Denkens des
- edelmütigen Bewußtseins zu haben, ist sie die sich _entfremdete
- Selbstständigkeit_; das edelmütige Bewußtsein, das Extrem des
- _Für-sich-seins_ erhält das Extrem der _wirklichen Allgemeinheit_ für
- die Allgemeinheit des Denkens, der es sich entäußerte, zurück; die
- Macht des Staats ist auf es _übergegangen_. An ihm wird die
- Staatsgewalt erst wahrhaft betätigt; in seinem _Für-sich-sein_ hört
- sie auf, das _träge Wesen_, wie sie als Extrem des abstrakten
- An-sich-seins erschien, zu sein.--_An sich_ betrachtet heißt die _in
- sich reflektierte Staatsmacht_, oder dies, daß sie Geist geworden,
- nichts anderes, als daß sie _Moment_ des _Selbstbewußtseins_ geworden,
- d.h. nur als _aufgebobne_ ist. Hiemit ist sie nun das Wesen als ein
- solches, dessen Geist es ist, aufgeopfert und preisgegeben zu sein,
- oder sie existiert als _Reichtum_.--Sie bleibt zwar dem Reichtume, zu
- welchem sie dem Begriffe nach immer wird, gegenüber zugleich als eine
- Wirklichkeit bestehen; aber eine solche, deren Begriff eben diese
- Bewegung ist, durch den Dienst und die Verehrung, wodurch sie wird,
- in ihr Gegenteil, in die Entäußerung der Macht, überzugehen. Für
- sich wird also das eigentümliche _Selbst_, das ihr Willen ist, durch
- die Wegwerfung des edelmütigen Bewußtseins, zur sich entäußernden
- Allgemeinheit, zu einer vollkommnen Einzelnheit und Zufälligkeit, die
- jedem mächtigern Willen preisgegeben ist; was ihm an _allgemein_
- anerkannter und nicht mittelbarer Selbstständigkeit bleibt, ist der
- leere Namen.
- Wenn also das edelmütige Bewußtsein sich als dasjenige bestimmte,
- welches sich auf die allgemeine Macht auf eine _gleiche_ Weise bezöge,
- so ist die Wahrheit desselben vielmehr, in seinem Dienste sein
- eignes Für-sich-sein sich zu behalten, in der eigentlichen Entsagung
- seiner Persönlichkeit aber das wirkliche Aufheben und Zerreißen der
- allgemeinen Substanz zu sein. Sein Geist ist das Verhältnis der
- völligen Ungleichheit, einerseits in seiner Ehre seinen Willen zu
- behalten; andererseits in dem Aufgeben desselben teils seines Innern
- sich zu entfremden, und zur höchsten Ungleichheit mit sich selbst zu
- werden, teils die allgemeine Substanz darin sich zu unterwerfen und
- diese sich selbst völlig ungleich zu machen.--Es erhellt, daß damit
- seine Bestimmtheit, die es im _Urteile_ gegen das hatte, welches
- niederträchtiges Bewußtsein hieß, und hiedurch auch dieses
- verschwunden ist. Das letztere hat seinen Zweck erreicht, nämlich
- die allgemeine Macht unter das Für-sich-sein zu bringen.
- So durch die allgemeine Macht bereichert, existiert das
- Selbstbewußtsein als die _allgemeine Wohltat_, oder sie ist der
- _Reichtum_, der selbst wieder Gegenstand für das Bewußtsein ist.
- Denn er ist diesem das zwar unterworfne Allgemeine, das aber durch
- dies erste Aufheben noch nicht absolut in das Selbst zurückgegangen
- ist.--Das _Selbst_ hat noch nicht _sich als Selbst_, sondern das
- _aufgehobne allgemeine Wesen_ zum Gegenstande. Indem dieser erst
- geworden, ist die _unmittelbare_ Beziehung des Bewußtseins auf ihn
- gesetzt, das also noch nicht seine Ungleichheit mit ihm dargestellt
- hat; es ist das edelmütige Bewußtsein, welches an dem unwesentlich
- gewordenen Allgemeinen sein Für-sich-sein erhält, daher ihn anerkennt
- und gegen den Wohltäter dankbar ist.
- Der Reichtum hat an ihm selbst schon das Moment des Für-sich-seins.
- Er ist nicht das selbstlose Allgemeine der Staatsmacht, oder die
- unbefangene unorganische Natur des Geistes, sondern sie, wie sie
- durch den Willen an ihr selbst festhält gegen den, der sich ihrer zum
- Genuß bemächtigen will. Aber indem der Reichtum nur die Form des
- Wesens hat, ist dies einseitige Für-sich-sein, das nicht _an sich_,
- sondern vielmehr das aufgehobne An-sich ist, die in seinem Genusse
- wesenlose Rückkehr des Individuums in sich selbst. Er bedarf also
- selbst der Belebung; und die Bewegung seiner Reflexion besteht darin,
- daß er, der nur für sich ist, zum _An_- und _Für-sich-sein_, daß er,
- der das aufgehobene Wesen ist, zum Wesen werde; so erhält er seinen
- eigenen Geist an ihm selbst.--Da vorhin die Form dieser Bewegung
- auseinandergesetzt worden, so ist es hinreichend, hier den Inhalt
- derselben zu bestimmen.
- Das edelmütige Bewußtsein bezieht sich also hier nicht auf den
- Gegenstand als Wesen überhaupt, sondern es ist das _Für-sich-sein_
- selbst, das ihm ein Fremdes ist; es _findet_ sein Selbst als solches
- entfremdet _vor_, als eine gegenständliche feste Wirklichkeit, die es
- von einem andern festen Für-sich-sein zu empfangen hat. Sein
- Gegenstand ist das Für-sich-sein; also das _Seinige_; aber dadurch,
- daß es Gegenstand ist, ist es zugleich unmittelbar eine fremde
- Wirklichkeit, welche eigenes Für-sich-sein, eigner Willen ist, das
- heißt, es sieht sein Selbst in der Gewalt eines fremden Willens, von
- dem es abhängt, ob er ihm dasselbe ablassen will.
- Von jeder einzelnen Seite kann das Selbstbewußtsein abstrahieren, und
- behält darum in einer Verbindlichkeit, die eine solche betrifft, sein
- Anerkanntsein und _An-sich-gelten_ als für sich seienden Wesens.
- Hier aber sieht es sich von der Seite seiner reinen eigensten
- _Wirklichkeit_, oder seines Ichs außer sich und einem Andern
- angehörig, sieht seine _Persönlichkeit_ als solche abhängig von der
- zufälligen Persönlichkeit eines Andern, von dem Zufall eines
- Augenblicks, einer Willkür oder sonst des gleichgültigsten Umstandes.
- --Im Rechtszustande erscheint, was in der Gewalt des gegenständlichen
- Wesens ist, als ein _zufälliger Inhalt_, von dem abstrahiert werden
- kann, und die Gewalt betrifft nicht das _Selbst_ als _solches_,
- sondern dieses ist vielmehr anerkannt. Allein hier sieht es die
- Gewißheit seiner als solche das wesenloseste, die reine
- Persönlichkeit absolute Unpersönlichkeit zu sein. Der Geist seines
- Dankes ist daher das Gefühl wie dieser tiefsten Verworfenheit so auch
- der tiefsten Empörung. Indem das reine Ich selbst sich außer sich
- und zerrissen anschaut, ist in dieser Zerrissenheit zugleich alles,
- was Kontinuität und Allgemeinheit hat, was Gesetz, gut und recht
- heißt, auseinander und zugrunde gegangen; alles gleiche ist aufgelöst,
- denn die _reinste Ungleichheit_, die absolute Unwesentlichkeit des
- absolut Wesentlichen, das Außer-sich-sein des Für-sich-seins ist
- vorhanden; das reine Ich selbst ist absolut zersetzt.
- Wenn also von dem Reichtum dies Bewußtsein wohl die
- Gegenständlichkeit des Für-sich-seins zurückerhält und sie aufhebt,
- so ist es nicht nur seinem Begriffe nach, wie die vorhergehende
- Reflexion nicht vollendet, sondern für es selbst unbefriedigt; die
- Reflexion, da das Selbst sich als ein Gegenständliches empfängt, ist
- der unmittelbare Widerspruch im reinen Ich selbst gesetzt. Als
- Selbst steht es aber zugleich unmittelbar über diesem Widerspruche,
- ist die absolute Elastizität, welche dies Aufgehobensein des Selbsts
- wieder aufhebt, diese Verworfenheit, daß ihm sein Für-sich-sein als
- ein Fremdes werde, verwirft, und gegen dies Empfangen seiner selbst
- empört, im _Empfangen_ selbst _für sich_ ist.
- Indem also das Verhältnis dieses Bewußtseins mit dieser absoluten
- Zerrissenheit verknüpft ist, fällt in seinem Geiste der Unterschied
- desselben, als edelmütiges gegen das _niederträchtige_ bestimmt zu
- sein, hinweg, und beide sind dasselbe.--Der Geist des wohltuenden
- Reichtums kann ferner von dem Geiste des die Wohltat empfangenden
- Bewußtseins unterschieden werden, und ist besonders zu betrachten.
- --Er war das wesenlose Für-sich-sein, das preisgegebne Wesen. Durch
- seine Mitteilung aber wird er zum _An-sich_; indem er seine
- Bestimmung erfüllte, sich aufzuopfern, hebt er die Einzelnheit, für
- sich nur zu genießen, auf, und als aufgehobne Einzelnheit ist er
- _Allgemeinheit_ oder _Wesen_.--Was er mitteilt, was er andern gibt,
- ist das _Für-sich-sein_. Er gibt sich aber nicht hin als eine
- selbstlose Natur, als die unbefangen sich preisgebende Bedingung des
- Lebens, sondern als selbstbewußtes, sich für sich haltendes Wesen: er
- ist nicht die unorganische Macht des Elements, welche von dem
- empfangenden Bewußtsein als an sich vergänglich gewußt wird, sondern
- die Macht über das Selbst, die sich _unabhängig_ und _willkürlich_
- weiß, und die zugleich weiß, daß was sie ausspendet, das Selbst eines
- Andern ist.--Der Reichtum teilt also mit dem Klienten die
- Verworfenheit, aber an die Stelle der Empörung tritt der Übermut.
- Denn er weiß nach der einen Seite, wie der Klient, das
- _Für-sich-sein_ als ein zufälliges _Ding_; aber er selbst ist diese
- Zufälligkeit, in deren Gewalt die Persönlichkeit steht. In diesem
- Übermute, der durch eine Mahlzeit ein fremdes Ich-selbst erhalten,
- und sich dadurch die Unterwerfung von dessen innerstem Wesen erworben
- zu haben meint, übersieht er die innere Empörung des andern; er
- übersieht die vollkommene Abwerfung aller Fessel, diese reine
- Zerrissenheit, welcher, indem ihr die _Sichselbstgleichheit_ des
- Für-sich-seins schlechthin ungleich geworden, alles Gleiche, alles
- Bestehen zerrissen ist, und die daher die Meinung und Ansicht des
- Wohltäters am meisten zerreißt. Er steht unmittelbar vor diesem
- innersten Abgrunde, vor dieser bodenlosen Tiefe, worin aller Halt und
- Substanz verschwunden ist; und er sieht in dieser Tiefe nichts als
- ein gemeines Ding, ein Spiel seiner Laune, einen Zufall seiner
- Willkür; sein Geist ist die ganz wesenlose Meinung, die geistverlaßne
- Oberfläche zu sein.
- Wie das Selbstbewußtsein gegen die Staatsmacht seine Sprache hatte,
- oder der Geist zwischen diesen Extremen als wirkliche Mitte
- hervortrat, so hat es auch Sprache gegen den Reichtum, noch mehr aber
- hat seine Empörung ihre Sprache. Jene, welche dem Reichtum das
- Bewußtsein seiner Wesenheit gibt, und sich seiner dadurch bemächtigt,
- ist gleichfalls die Sprache der Schmeichelei, aber der unedeln;--denn
- was sie als Wesen ausspricht, weiß sie als das preisgegebne, das
- nicht _an sich_ seiende Wesen. Die Sprache der Schmeichelei aber ist,
- wie vorhin schon erinnert, der noch einseitige Geist. Denn seine
- Momente sind zwar das durch die Bildung des Dienstes zur reinen
- Existenz geläuterte _Selbst_, und das _An-sich-sein_ der Macht.
- Allein der reine Begriff, in welchem das einfache _Selbst_ und das
- _An-sich_, jenes reine Ich und dies reine Wesen oder Denken dasselbe
- sind--diese Einheit beider Seiten, zwischen welchen die
- Wechselwirkung stattfindet, ist nicht in dem Bewußtsein dieser
- Sprache; der Gegenstand ist ihm noch das _An-sich_ im Gegensatze
- gegen das Selbst, oder der _Gegenstand_ ist ihm nicht zugleich sein
- eignes _Selbst_ als solches.--Die Sprache der Zerrissenheit aber ist
- die vollkommne Sprache und der wahre existierende Geist dieser ganzen
- Welt der Bildung. Dies Selbstbewußtsein, dem die seine Verworfenheit
- verwerfende Empörung zukömmt, ist unmittelbar die absolute
- Sichselbstgleichheit in der absoluten Zerrissenheit, die reine
- Vermittlung des reinen Selbstbewußtseins mit sich selbst. Es ist die
- Gleichheit des identischen Urteils, worin eine und dieselbe
- Persönlichkeit sowohl Subjekt als Prädikat ist. Aber dies identische
- Urteil ist zugleich das unendliche; denn diese Persönlichkeit ist
- absolut entzweit, und Subjekt und Prädikat schlechthin _gleichgültige
- Seiende_, die einander nichts angehen, ohne notwendige Einheit, sogar
- daß jedes die Macht einer eignen Persönlichkeit ist. Das
- _Für-sich-sein_ hat _sein Für-sich-sein_ zum Gegenstande, als ein
- schlechthin _Anderes_ und zugleich ebenso unmittelbar als _sich
- selbst_--sich als ein Anderes, nicht daß dieses einen andern Inhalt
- hätte, sondern der Inhalt ist dasselbe Selbst in der Form absoluter
- Entgegensetzung und vollkommen eignen gleichgültigen Daseins.--Es ist
- also hier der seiner in seiner Wahrheit und seines _Begriffes
- bewußte_ Geist dieser realen Welt der Bildung vorhanden.
- Er ist diese absolute und allgemeine Verkehrung und Entfremdung der
- Wirklichkeit und des Gedankens; die _reine Bildung_. Was in dieser
- Welt erfahren wird, ist, daß weder die _wirklichen Wesen_ der Macht
- und des Reichtums noch ihre bestimmten _Begriffe_, Gut und Schlecht,
- oder das Bewußtsein des Guten und Schlechten, das edelmütige und
- niederträchtige Wahrheit haben; sondern alle diese Momente verkehren
- sich vielmehr eins im andern, und jedes ist das Gegenteil seiner
- selbst.--Die allgemeine Macht, welche die _Substanz_ ist, indem sie
- durch das Prinzip der Individualität zur eigenen Geistigkeit gelangt,
- empfängt das eigne Selbst nur als den Namen an ihr, und ist, indem
- sie _wirkliche_ Macht ist, vielmehr das unmächtige Wesen, das sich
- selbst aufopfert.--Aber dies preisgegebene selbstlose Wesen oder das
- zum Dinge gewordne Selbst ist vielmehr die Rückkehr des Wesens in
- sich selbst; es ist das _fürsichseiende Für-sich-sein_, die Existenz
- des Geistes.--Die _Gedanken_ dieser Wesen, des _Guten_ und
- _Schlechten_, verkehren sich ebenso in dieser Bewegung; was als gut
- bestimmt ist, ist schlecht; was als schlecht, ist gut. Das
- Bewußtsein eines jeden dieser Momente als das edle und
- niederträchtige Bewußtsein beurteilt, sind in ihrer Wahrheit vielmehr
- ebensosehr das Verkehrte dessen, was diese Bestimmungen sein sollen,
- das edelmütige ebenso niederträchtig und verworfen, als die
- Verworfenheit zum Adel der gebildetsten Freiheit des
- Selbstbewußtseins umschlägt.--Alles ist ebenso, formell betrachtet,
- _nach außen_ das Verkehrte dessen, was es für _sich_ ist; und wieder
- was es für sich ist, ist es nicht in Wahrheit, sondern etwas anderes,
- als es sein will, das Für-sich-sein vielmehr der Verlust seiner
- selbst, und die Entfremdung seiner vielmehr die Selbsterhaltung.--Was
- vorhanden ist, ist also dies, daß alle Momente eine allgemeine
- Gerechtigkeit gegeneinander ausüben, jedes ebensosehr an sich selbst
- sich entfremdet, als es sich in sein Gegenteil einbildet und es auf
- diese Weise verkehrt.--Der wahre Geist aber ist eben diese Einheit
- der absolut getrennten, und zwar kommt er eben durch die _freie
- Wirklichkeit_ dieser _selbstlosen_ Extreme selbst als ihre Mitte zur
- Existenz. Sein Dasein ist das allgemeine _Sprechen_ und zerreißende
- _Urteilen_, welchem alle jene Momente, die als Wesen und wirkliche
- Glieder des Ganzen gelten sollen, sich auflösen, und welches ebenso
- dies sich auflösende Spiel mit sich selbst ist. Dies Urteilen und
- Sprechen ist daher das Wahre und Unbezwingbare, während es alles
- überwältigt; dasjenige, um welches es in dieser realen Welt _allein
- wahrhaft_ zu tun ist. Jeder Teil dieser Welt kommt darin dazu, daß
- sein Geist ausgesprochen, oder daß mit Geist von ihm gesprochen und
- von ihm gesagt wird, was er ist.--Das ehrliche Bewußtsein nimmt jedes
- Moment als eine bleibende Wesenheit und ist die ungebildete
- Gedankenlosigkeit, nicht zu wissen, daß es ebenso das Verkehrte tut.
- Das zerrissene Bewußtsein aber ist das Bewußtsein der Verkehrung, und
- zwar der absoluten Verkehrung; der Begriff ist das Herrschende in ihm,
- der die Gedanken zusammenbringt, welche der Ehrlichkeit weit
- auseinanderliegen, und dessen Sprache daher geistreich ist.
- Der Inhalt der Rede des Geistes von und über sich selbst ist also die
- Verkehrung aller Begriffe und Realitäten, der allgemeine Betrug
- seiner selbst und der andern, und die Schamlosigkeit, diesen Betrug
- zu sagen, ist eben darum die größte Wahrheit. Diese Rede ist die
- Verrücktheit des Musikers, "der dreißig Arien, italienische,
- französische, tragische, komische, von aller Art Charakter, häufte
- und vermischte; bald mit einem tiefen Basse stieg er bis in die Hölle,
- dann zog er die Kehle zusammen, und mit einem Fistelton zerriß er
- die Höhe der Lüfte, wechselsweise rasend, besänftigt, gebieterisch
- und spöttisch."--Dem ruhigen Bewußtsein, das ehrlicherweise die
- Melodie des Guten und Wahren in die Gleichheit der Töne, d.h. in
- _eine_ Note setzt, erscheint diese Rede als "eine Faselei von
- Weisheit und Tollheit, als ein Gemische von ebensoviel Geschick als
- Niedrigkeit, von ebenso richtigen als falschen Ideen, von einer so
- völligen Verkehrtheit der Empfindung, so vollkommener Schändlichkeit,
- als gänzlicher Offenheit und Wahrheit. Es wird es nicht versagen
- können, in alle diese Töne einzugehen, und die ganze Skale der
- Gefühle von der tiefsten Verachtung und Verwerfung bis zur höchsten
- Bewunderung und Rührung auf und nieder zu laufen; in diese wird ein
- lächerlicher Zug verschmolzen sein, der ihnen ihre Natur benimmt";
- jene werden an ihrer Offenheit selbst einen versöhnenden, an ihrer
- erschütternden Tiefe den allgewaltigen Zug haben, der den Geist sich
- selbst gibt.
- Betrachten wir der Rede dieser sich selbst klaren Verwirrung
- gegenüber die Rede jenes _einfachen Bewußtseins_ des Wahren und Guten,
- so kann sie gegen die offene und ihrer bewußte Beredsamkeit des
- Geistes der Bildung nur einsilbig sein; denn es kann diesem nichts
- sagen, was er nicht selbst weiß und sagt. Geht es über seine
- Einsilbigkeit hinaus, so sagt es daher dasselbe, was er ausspricht,
- begeht aber darin noch dazu die Torheit, zu meinen, daß es etwas
- Neues und Anderes sage. Selbst seine Silben, _schändlich,
- niederträchtig_, sind schon diese Torheit, denn jener sagt sie von
- sich selbst. Wenn dieser Geist in seiner Rede alles Eintönige
- verkehrt, weil dieses sich Gleiche nur eine Abstraktion, in seiner
- Wirklichkeit aber die Verkehrung an sich selbst ist, und wenn dagegen
- das gerade Bewußtsein, das Gute und Edle, d.h. das sich in seiner
- Äußerung gleichhaltende, auf die einzige Weise, die hier möglich ist,
- in Schutz nimmt--daß es nämlich seinen Wert nicht darum verliere,
- weil es an das Schlechte _geknüpft_ oder mit ihm _gemischt_ sei; denn
- dies sei seine _Bedingung_ und _Notwendigkeit_, hierin bestehe die
- _Weisheit_ der Natur--, so hat dies Bewußtsein, indem es zu
- widersprechen meinte, damit nur den Inhalt der Rede des Geistes in
- eine triviale Weise zusammengefaßt, welche gedankenlos, indem sie das
- _Gegenteil_ des Edeln und Guten zur _Bedingung_ und _Notwendigkeit_
- des Edeln und Guten macht, etwas anderes zu sagen meint, als dies,
- daß das edel und gut Genannte in seinem Wesen das Verkehrte seiner
- selbst, so wie das Schlechte umgekehrt das Vortreffliche ist.
- Ersetzt das einfache Bewußtsein diesen geistlosen _Gedan_ken durch
- die _Wirklichkeit_ des Vortrefflichen, indem es dasselbe in dem
- _Beispiele_ eines fingierten Falles oder auch einer wahren Anekdote
- aufführt, und so zeigt, daß es kein leerer Name, sondern _vorhanden
- ist_, so steht die _allgemeine_ Wirklichkeit des verkehrten Tuns der
- ganzen realen Welt entgegen, worin jenes Beispiel also nur etwas ganz
- Vereinzelntes, eine _Espèce_ ausmacht; und das Dasein des Guten und
- Edeln als eine einzelne Anekdote, sie sei fingiert oder wahr,
- darstellen, ist das Bitterste, was von ihm gesagt werden kann.
- --Fordert das einfache Bewußtsein endlich die Auflösung dieser ganzen
- Welt der Verkehrung, so kann es nicht an das _Individuum_ die
- Entfernung aus ihr fodern, denn Diogenes im Fasse ist durch sie
- bedingt, und die Foderung an den Einzelnen ist gerade das, was für
- das Schlechte gilt, nämlich _für sich_ als _Einzelnen_ zu sorgen. An
- die allgemeine _Individualität_ aber gerichtet kann die Foderung
- dieser Entfernung nicht die Bedeutung haben, daß die Vernunft das
- geistige gebildete Bewußtsein, zu dem sie gekommen ist, wieder
- aufgebe, den ausgebreiteten Reichtum ihrer Momente in die Einfachheit
- des natürlichen Herzens zurückversenke, und in die Wildnis und Nähe
- des tierischen Bewußtseins, welche Natur, auch Unschuld genannt wird,
- zurückfalle; sondern die Foderung dieser Auflösung kann nur an den
- _Geist_ der Bildung selbst gehen, daß er aus seiner Verwirrung als
- _Geist_ zu sich zurückkehre, und ein noch höheres Bewußtsein gewinne.
- In der Tat aber hat der Geist dies schon an sich vollbracht. Die
- ihrer selbstbewußte und sich aussprechende Zerrissenheit des
- Bewußtseins ist das Hohngelächter über das Dasein sowie über die
- Verwirrung des Ganzen und über sich selbst; es ist zugleich das sich
- noch vernehmende Verklingen dieser ganzen Verwirrung.--Diese sich
- selbst vernehmende Eitelkeit aller Wirklichkeit, und alles bestimmten
- Begriffs, ist die gedoppelte Reflexion der realen Welt in sich selbst;
- einmal in _diesem Selbst_ des Bewußtseins, als _diesem_, das
- andermal in der reinen _Allgemeinheit_ desselben oder im Denken.
- Nach jener Seite hat der zu sich gekommene Geist den Blick in die
- Welt der Wirklichkeit hineingerichtet, und sie noch zu seinem Zwecke
- und unmittelbaren Inhalt; nach der andern aber ist sein Blick teils
- nur in sich und negativ gegen sie, teils von ihr weg gen Himmel
- gewendet und das Jenseits derselben sein Gegenstand.
- In jener Seite der Rückkehr in das Selbst ist die _Eitelkeit_ aller
- _Dinge_ seine _eigene Eitelkeit_, oder es _ist_ eitel. Es ist das
- fürsichseiende Selbst, das alles nicht nur zu beurteilen und zu
- beschwatzen, sondern geistreich die festen Wesen der Wirklichkeit wie
- die festen Bestimmungen, die das Urteil setzt, in ihrem
- _Widerspruche_ zu sagen weiß, und dieser Widerspruch ist ihre
- Wahrheit.--Nach der Form betrachtet, weiß es alles sich selbst
- entfremdet; das _Für-sich-sein_ vom _An-sich-sein_ getrennt; das
- Gemeinte und den Zweck von der Wahrheit; und von beiden wieder das
- _Sein für Anderes_, das Vorgegebne von der eigentlichen Meinung und
- der wahren Sache und Absicht.--Es weiß also jedes Moment gegen das
- andere, überhaupt die Verkehrung aller, richtig auszusprechen, es
- weiß besser, was jedes ist, als es ist, es sei bestimmt, wie es wolle.
- Indem es das Substantielle nach der Seite der _Uneinigkeit_ und des
- _Widerstreits_, den es in sich einigt, aber nicht nach der Seite
- dieser Einigkeit kennt, versteht es das Substantielle sehr gut zu
- _beurteilen_, aber hat die Fähigkeit verloren, es zu _fassen_.--Diese
- Eitelkeit bedarf dabei der Eitelkeit aller Dinge, um aus ihnen sich
- das Bewußtsein des Selbsts zu geben, erzeugt sie daher selbst, und
- ist die Seele, welche sie trägt. Macht und Reichtum sind die
- höchsten Zwecke seiner Anstrengung, es weiß, daß es durch Entsagung
- und Aufopferung sich zum Allgemeinen bildet, zum Besitze desselben
- gelangt, und in diesem Besitze allgemeine Gültigkeit hat; sie sind
- die wirklichen anerkannten Mächte. Aber dieses sein Gelten ist
- selbst eitel, und eben indem es sich ihrer bemächtigt, weiß es sie
- nicht Selbstwesen zu sein, sondern vielmehr sich als ihre Macht, sie
- aber als eitel. Daß es so in ihrem Besitze selbst daraus heraus ist,
- stellt es in der geistreichen Sprache dar, die daher sein höchstes
- Interesse und die Wahrheit des Ganzen ist; in ihr wird _dieses_
- Selbst, als dies reine nicht den wirklichen noch gedachten
- Bestimmungen angehörige Selbst, sich zum geistigen, wahrhaft
- allgemeingültigen. Es _ist_ die sich selbst zerreißende Natur aller
- Verhältnisse und das bewußte Zerreißen derselben; nur als empörtes
- Selbstbewußtsein aber weiß es seine eigne Zerrissenheit, und in
- diesem Wissen derselben hat es sich unmittelbar darüber erhoben. In
- jener Eitelkeit wird aller Inhalt zu einem negativen, welches nicht
- mehr positiv gefaßt werden kann; der positive Gegenstand ist nur das
- _reine Ich selbst_, und das zerrißne Bewußtsein ist _an sich_ diese
- reine Sichselbstgleichheit des zu sich zurückgekommnen
- Selbstbewußtseins.
- b. Der Glauben und die reine Einsicht
- Der Geist der Entfremdung seiner selbst hat in der Welt der Bildung
- sein Dasein; aber indem dieses Ganze sich selbst entfremdet worden,
- steht jenseits ihrer die unwirkliche Welt _des reinen Bewußtseins_
- oder des _Denkens_. Ihr Inhalt ist das rein Gedachte, das Denken ihr
- absolutes Element. Indem aber das Denken zunächst das _Element_
- dieser Welt ist, _hat_ das Bewußtsein nur diese Gedanken, aber es
- _denkt_ sie noch nicht, oder weiß nicht, daß es Gedanken sind;
- sondern sie sind für es in der Form der _Vorstellung_. Denn es tritt
- aus der Wirklichkeit in das reine Bewußtsein, aber es ist selbst
- überhaupt noch in der Sphäre und Bestimmtheit der Wirklichkeit. Das
- zerrißne Bewußtsein ist _an sich_ erst die _Sichselbstgleichheit_ des
- reinen Bewußtseins, für uns, nicht für sich selbst. Es ist also nur
- die _unmittelbare_ noch nicht in sich vollendete Erhebung, und hat
- sein entgegengesetztes Prinzip, wodurch es bedingt ist, noch in sich,
- ohne durch die vermittelte Bewegung darüber Meister geworden zu sein.
- Daher gilt ihm das Wesen seines Gedankens nicht als _Wesen_ nur in
- der Form des abstrakten An-sich, sondern in der Form eines
- _Gemeinwirklichen_, einer Wirklichkeit, die nur in ein anderes
- Element erhoben worden, ohne in diesem die Bestimmtheit einer nicht
- gedachten Wirklichkeit verloren zu haben.--Es ist wesentlich von dem
- _An-sich_ zu unterscheiden, welches das Wesen des _stoischen_
- Bewußtseins ist; diesem galt nur die _Form des Gedankens_ als solchen,
- der dabei irgendeinen ihm fremden, aus der Wirklichkeit genommnen
- Inhalt hat; jenem Bewußtsein ist aber nicht die _Form des Gedankens_
- das Geltende;--ebenso von dem _An-sich_ des tugendhaften Bewußtseins,
- dem das Wesen zwar in Beziehung auf die Wirklichkeit steht, dem es
- Wesen der Wirklichkeit selbst, aber nur erst unwirkliches Wesen ist;
- --jenem Bewußtsein gilt es, obzwar jenseits der Wirklichkeit, doch
- wirkliches Wesen zu sein. Ebenso hat das an sich Rechte und Gute der
- gesetzgebenden Vernunft und das Allgemeine des gesetzprüfenden
- Bewußtseins nicht die Bestimmung der Wirklichkeit.--Wenn daher
- innerhalb der Welt der Bildung selbst das reine Denken als eine Seite
- der Entfremdung fiel, nämlich als der Maßstab des abstrakten Guten
- und Schlechten im Urteilen, so ist es, hindurchgegangen durch die
- Bewegung des Ganzen, um das Moment der Wirklichkeit und dadurch des
- Inhalts bereichert worden. Diese Wirklichkeit des Wesens ist aber
- zugleich nur eine Wirklichkeit des _reinen_, nicht des _wirklichen_
- Bewußtseins; in das Element des Denkens zwar erhoben, gilt sie diesem
- Bewußtsein noch nicht als ein Gedanke, sondern vielmehr ist sie ihm
- jenseits seiner eignen Wirklichkeit; denn jene ist die Flucht aus
- dieser.
- Wie hier die _Religion_--denn es erhellt, daß von ihr die Rede
- ist--als der Glauben der Welt der Bildung auftritt, tritt sie noch
- nicht auf, wie sie _an und für sich_ ist.--Sie ist uns schon in
- andern Bestimmtheiten erschienen, als _unglückliches Bewußtsein_
- nämlich, als Gestalt der substanzlosen Bewegung des Bewußtseins
- selbst.--Auch an der sittlichen Substanz erschien sie als Glauben an
- die Unterwelt, aber das Bewußtsein des abgeschiednen Geistes ist
- eigentlich nicht _Glauben_, nicht das Wesen im Elemente des reinen
- Bewußtseins jenseits des Wirklichen gesetzt, sondern er hat selbst
- unmittelbare Gegenwart; sein Element ist die Familie.--Hier aber ist
- die Religion teils aus der _Substanz_ hervorgegangen, und ist reines
- Bewußtsein derselben; teils ist dies reine Bewußtsein seinem
- wirklichen, das _Wesen_ seinem _Dasein_ entfremdet. Sie ist also
- zwar nicht mehr die substanzlose Bewegung des Bewußtseins, aber hat
- noch die Bestimmtheit des Gegensatzes gegen die Wirklichkeit als
- _diese_ überhaupt, und gegen die des Selbstbewußtseins insbesondere,
- sie ist daher wesentlich nur ein _Glauben_.
- Dies _reine Bewußtsein_ des absoluten Wesens ist ein _entfremdetes_.
- Es ist näher zu sehen, wie dasjenige sich bestimmt, dessen Anderes es
- ist, und es ist nur in Verbindung mit diesem zu betrachten. Zunächst
- nämlich scheint dies reine Bewußtsein nur die _Welt_ der Wirklichkeit
- sich gegenüber zu haben; aber indem es die Flucht aus dieser und
- dadurch die _Bestimmtheit des Gegensatzes_ ist, so hat es diese an
- ihm selbst; das reine Bewußtsein ist daher wesentlich an ihm selbst
- sich entfremdet, und der Glauben macht nur eine Seite desselben aus.
- Die andre Seite ist uns zugleich schon entstanden. Das reine
- Bewußtsein ist nämlich so die Reflexion aus der Welt der Bildung, daß
- die Substanz derselben, sowie die Massen, in welche sie sich gliedert,
- sich als das zeigten, was sie an sich sind, als _geistige_
- Wesenheiten, als absolut unruhige Bewegungen oder Bestimmungen, die
- sich unmittelbar in ihrem Gegenteil aufheben. Ihr Wesen, das
- einfache Bewußtsein ist also die Einfachheit des _absoluten
- Unterschiedes_, der unmittelbar kein Unterschied ist. Es ist hiemit
- das reine _Für-sich-sein_, nicht als _dieses Einzelnen_, sondern das
- in sich _allgemeine_ Selbst als unruhige Bewegung, die das _ruhige
- Wesen_ der _Sache_ angreift und durchdringt. In ihm ist also die
- Gewißheit, welche sich selbst unmittelbar als Wahrheit weiß, das
- reine Denken, als der _absolute Begriff_ in der Macht seiner
- _Negativität_ vorhanden, die alles gegenständliche, dem Bewußtsein
- gegenüber sein sollende Wesen vertilgt, und es zu einem Sein des
- Bewußtseins macht.--Dies reine Bewußtsein ist zugleich ebensosehr
- _einfach_, weil eben sein Unterschied kein Unterschied ist. Als
- diese Form der einfachen Reflexion in sich aber ist es das Element
- des Glaubens, worin der Geist die Bestimmtheit _der positiven
- Allgemeinheit_, des _An-sich-seins_ gegen jenes Für-sich-sein des
- Selbstbewußtseins hat.--Aus der wesenlosen sich nur auflösenden Welt
- in sich zurückgedrängt, ist der Geist, nach der Wahrheit, in
- ungetrennter Einheit sowohl die _absolute Bewegung_ und _Negativität_
- seines Erscheinens, wie ihr in sich _befriedigtes_ Wesen, und ihre
- positive _Ruhe._ Aber überhaupt unter der Bestimmtheit der
- _Entfremdung_ liegend, treten diese beiden Momente als ein
- gedoppeltes Bewußtsein auseinander. Jenes ist die _reine Einsicht_,
- als der sich im _Selbst_bewußtsein zusammenfassende geistige _Prozeß_,
- welcher das Bewußtsein des Positiven, die Form der
- Gegenständlichkeit oder des Vorstellens sich gegenüber hat und sich
- dagegen richtet; ihr eigner Gegenstand aber ist nur das _reine Ich_.
- --Das einfache Bewußtsein des Positiven oder der ruhigen
- Sichselbstgleichheit hat hingegen das innere _Wesen_ als Wesen zum
- Gegenstande. Die reine Einsicht hat daher zunächst an ihr selbst
- keinen Inhalt, weil sie das negative Für-sich-sein ist; dem Glauben
- dagegen gehört der Inhalt an, ohne Einsicht. Wenn jene nicht aus dem
- Selbstbewußtsein heraustritt, so hat dieser seinen Inhalt zwar
- ebenfalls im Element des reinen Selbstbewußtseins, aber im _Denken_,
- nicht in _Begriffen, im reinen Bewußtsein, nicht im reinen
- Selbstbewußtsein_. Er ist hiemit zwar reines Bewußtsein des _Wesens_,
- das heißt des _einfachen Innern_, und _ist_ also Denken--das
- Hauptmoment in der Natur des Glaubens, das gewöhnlich übersehen wird.
- Die _Unmittelbarkeit_, mit der das Wesen in ihm ist, liegt darin,
- daß sein Gegenstand _Wesen_, das heißt, _reiner Gedanke_ ist. Diese
- _Unmittelbarkeit_ aber, insofern das _Denken_ ins _Bewußtsein_ oder
- das reine Bewußtsein in das Selbstbewußtsein eintritt, erhält die
- Bedeutung eines gegenständlichen _Seins_, das jenseits des
- Bewußtseins des Selbsts liegt. Durch diese Bedeutung, welche die
- Unmittelbarkeit und Einfachheit des _reinen Denkens_ im _Bewußtsein_
- erhält, ist es, daß das _Wesen_ des Glaubens in die _Vorstellung_ aus
- dem Denken herabfällt, und zu einer übersinnlichen Welt wird, welche
- wesentlich ein _Anders_ des Selbstbewußtseins sei.--In der reinen
- Einsicht hingegen hat der Übergang des reinen Denkens ins Bewußtsein
- die entgegengesetzte Bestimmung; die Gegenständlichkeit hat die
- Bedeutung eines nur negativen, sich aufhebenden und in das Selbst
- zurückkehrenden Inhalts, d.h. nur das Selbst ist sich eigentlich der
- Gegenstand, oder der Gegenstand hat nur Wahrheit, insofern er die
- Form des Selbsts hat.
- Wie der Glauben und die reine Einsicht gemeinschaftlich dem Elemente
- des reinen Bewußtseins angehören, so sind sie auch gemeinschaftlich
- die Rückkehr aus der wirklichen Welt der Bildung. Sie bieten sich
- daher nach drei Seiten dar. Das einemal ist jedes außer allem
- Verhältnisse _an_ und _für sich_; das andremal bezieht jedes sich auf
- die _wirkliche_ dem reinen Bewußtsein entgegengesetzte Welt, und zum
- dritten bezieht sich jedes innerhalb des reinen Bewußtseins auf das
- andre.
- Die Seite des _An_- und _Für-sich-seins_ im _glaubenden_ Bewußtsein
- ist sein absoluter Gegenstand, dessen Inhalt und Bestimmung sich
- ergeben hat. Denn er ist nach dem Begriffe des Glaubens nichts
- anders als die in die Allgemeinheit des reinen Bewußtseins erhobne
- reale Welt. Die Gegliederung der letztern macht daher auch die
- Organisation der erstern aus, nur daß die Teile in dieser in ihrer
- Begeistung sich nicht entfremden, sondern an und für sich seiende
- Wesen, in sich zurückgekehrte und bei sich selbst bleibende Geister
- sind.--Die Bewegung ihres Übergehens ist daher nur für uns eine
- Entfremdung der Bestimmtheit, in der sie in ihrem Unterschiede sind,
- und nur für uns eine _notwendige_ Reihe; für den Glauben aber ist ihr
- Unterschied eine ruhige Verschiedenheit, und ihre Bewegung ein
- _Geschehen_.
- Sie nach der äußern Bestimmung ihrer Form kurz zu nennen, so ist, wie
- in der Welt der Bildung die Staatsmacht oder das Gute das Erste war,
- auch hier das Erste, _das absolute Wesen_, der an und für sich
- seiende Geist, insofern er die einfache ewige _Substanz_ ist. In der
- Realisierung ihres Begriffes, Geist zu sein, aber geht sie in das
- _Sein für Anderes_ über; ihre Sichselbstgleichheit wird zum
- _wirklichen_ sich _aufopfernden_ absoluten Wesen; es wird zum
- _Selbst_, aber zum vergänglichen Selbst. Daher ist das Dritte die
- Rückkehr dieses entfremdeten Selbsts und der erniedrigten Substanz in
- ihre erste Einfachheit, erst auf diese Weise ist sie als Geist
- vorgestellt.-Diese unterschiednen Wesen, aus dem Wandel der
- wirklichen Welt durch das Denken in sich zurückgenommen, sind sie
- wandellose ewige Geister, deren Sein ist, die Einheit, welche sie
- ausmachen, zu denken. So entrückt dem Selbstbewußtsein, greifen
- diese Wesen jedoch in es ein; wäre das Wesen unverrückt in der Form
- der ersten einfachen Substanz, so bliebe es ihm fremde. Aber die
- Entäußerung dieser Substanz und dann ihr Geist hat das Moment der
- Wirklichkeit an ihm, und macht sich hiedurch des glaubenden
- Selbstbewußtseins teilhaftig, oder das glaubende Bewußtsein gehört
- der realen Welt an.
- Nach diesem zweiten Verhältnisse hat das glaubende Bewußtsein teils
- selbst seine Wirklichkeit in der realen Welt der Bildung, und macht
- ihren Geist und ihr Dasein aus, das betrachtet worden ist; teils aber
- tritt es dieser seiner Wirklichkeit als dem Eiteln gegenüber und ist
- die Bewegung sie aufzuheben. Diese Bewegung besteht nicht darin, daß
- es ein geistreiches Bewußtsein über ihre Verkehrung hätte; denn es
- ist das einfache Bewußtsein, welches das Geistreiche zum Eiteln zählt,
- weil dieses noch die reale Welt zu seinem Zwecke hat. Sondern dem
- ruhigen Reiche seines Denkens steht die Wirklichkeit als ein
- geistloses Dasein gegenüber, das daher auf eine äußerliche Weise zu
- überwinden ist. Dieser Gehorsam des Dienstes und des Preises bringt
- durch das Aufheben des sinnlichen Wissens und Tuns, das Bewußtsein
- der Einheit mit dem an und für sich seienden Wesen hervor, doch nicht
- als angeschaute wirkliche Einheit, sondern dieser Dienst ist nur das
- fortwährende Hervorbringen, das sein Ziel in der Gegenwart nicht
- vollkommen erreicht. Die Gemeine gelangt zwar dazu, denn sie ist das
- allgemeine Selbstbewußtsein; aber dem einzelnen Selbstbewußtsein
- bleibt notwendig das Reich des reinen Denkens ein Jenseits seiner
- Wirklichkeit, oder indem dieses durch die Entäußerung des ewigen
- Wesens in die Wirklichkeit getreten, ist sie eine unbegriffne
- sinnliche Wirklichkeit; eine sinnliche Wirklichkeit aber bleibt
- gleichgültig gegen die andre, und das Jenseits hat nur die Bestimmung
- der Entfernung in Raum und Zeit noch dazu erhalten.--Der Begriff aber,
- die sich selbst gegenwärtige Wirklichkeit des Geistes, bleibt im
- glaubenden Bewußtsein das _Innre_, welches alles ist und wirkt, aber
- nicht selbst hervortritt.
- In der _reinen Einsicht_ aber ist der Begriff das allein Wirkliche;
- und diese dritte Seite des Glaubens, Gegenstand für die reine
- Einsicht zu sein, ist das eigentliche Verhältnis, in welchem er hier
- auftritt.--Die reine Einsicht selbst ist ebenso teils an und für sich,
- teils im Verhältnisse zur wirklichen Welt, insofern sie noch positiv,
- nämlich als eitles Bewußtsein, vorhanden ist, teils endlich in jenem
- Verhältnisse zum Glauben zu betrachten.
- Was die reine Einsicht an und für sich ist, haben wir gesehen; wie
- der Glauben das ruhige reine _Bewußtsein_ des Geistes, als des
- _Wesens_, so ist sie das _Selbst_bewußtsein desselben; sie weiß das
- Wesen daher nicht als _Wesen_, sondern als absolutes _Selbst_. Sie
- geht also darauf, alle dem Selbstbewußtsein _andre_ Selbstständigkeit,
- es sei des Wirklichen oder _An-sich-_seienden, aufzuheben, und sie
- zum _Begriffe_ zu machen. Sie ist nicht nur die Gewißheit der
- selbstbewußten Vernunft, alle Wahrheit zu sein; sondern sie _weiß_,
- daß sie dies ist.
- Wie aber der Begriff derselben auftritt, ist er noch nicht
- _realisiert_. Sein Bewußtsein erscheint hiernach noch als ein
- _zufälliges, einzelnes_, und das, was ihm das Wesen ist, als _Zweck_,
- den es zu verwirklichen hat. Es hat erst die _Absicht_, die _reine
- Einsicht allgemein_, das heißt, alles, was wirklich ist, zum Begriffe,
- und zu einem Begriffe in allen Selbstbewußtsein zu machen. Die
- Absicht ist _rein_, denn sie hat die reine Einsicht zum Inhalte; und
- diese Einsicht ist ebenso _rein_, denn ihr Inhalt ist nur der
- absolute Begriff, der keinen Gegensatz an einem Gegenstande hat, noch
- an ihm selbst beschränkt ist. In dem unbeschränkten Begriffe liegen
- unmittelbar die beiden Seiten, daß alles Gegenständliche nur die
- Bedeutung des _Für-sich-seins_, des Selbstbewußtseins, und daß dieses
- die Bedeutung eines _Allgemeinen_ habe, daß die reine Einsicht
- Eigentum aller Selbstbewußtsein werde. Diese zweite Seite der
- Absicht ist insofern Resultat der Bildung, als darin, wie die
- Unterschiede des gegenständlichen Geistes, die Teile und
- Urteilsbestimmungen seiner Welt, so auch die Unterschiede, welche als
- ursprünglich bestimmte Naturen erscheinen, zugrunde gegangen sind.
- Genie, Talent, die besondern Fähigkeiten überhaupt, gehören der Welt
- der Wirklichkeit an, insofern sie an ihr noch die Seite hat,
- geistiges Tierreich zu sein, welches in gegenseitiger Gewalttätigkeit
- und Verwirrung sich um die Wesen der realen Welt bekämpft und betrügt.
- --Die Unterschiede haben in ihr zwar nicht als ehrliche Espècen Platz;
- weder begnügt sich die Individualität mit der unwirklichen _Sache
- selbst_, noch hat sie _besondern_ Inhalt und eigne Zwecke. Sondern
- sie gilt nur als ein Allgemeingültiges, nämlich als Gebildetes; und
- der Unterschied reduziert sich auf die geringere oder größere Energie,
- --einen Unterschied der _Größe_, d.h. den unwesentlichen. Diese
- letzte Verschiedenheit aber ist darin zugrunde gegangen, daß der
- Unterschied in der vollkommnen Zerrissenheit des Bewußtseins zum
- absolut qualitativen umschlug. Was darin dem Ich das Andre ist, ist
- nur das Ich selbst. In diesem unendlichen Urteile ist alle
- Einseitigkeit und Eigenheit des ursprünglichen Für-sich-seins getilgt;
- das Selbst weiß sich als reines Selbst sein Gegenstand zu sein; und
- diese absolute Gleichheit beider Seiten ist das Element der reinen
- Einsicht.--Sie ist daher das einfache in sich ununterschiedne _Wesen_,
- und ebenso das allgemeine _Werk_ und allgemeiner Besitz. In dieser
- _einfachen_ geistigen Substanz gibt und erhält sich das
- Selbstbewußtsein ebenso in allem Gegenstande das Bewußtsein dieser
- seiner _Einzelnheit_ oder des _Tuns_, als umgekehrt die
- Individualität desselben darin _sich selbst gleich_ und allgemein ist.
- --Diese reine Einsicht ist also der Geist, der allem Bewußtsein
- zuruft: _seid für euch selbst_, was ihr alle _an euch selbst_
- seid--_vernünftig_.
- II. Die Aufklärung
- Der eigentümliche Gegenstand, gegen welchen die reine Einsicht die
- Kraft des Begriffes richtet, ist der Glauben, als die ihr in
- demselben Elemente gegenüberstehende Form des reinen Bewußtseins.
- Sie hat aber auch Beziehung auf die wirkliche Welt, denn sie ist wie
- jener die Rückkehr aus derselben in das reine Bewußtsein. Es ist
- zuerst zu sehen, wie ihre Tätigkeit gegen die unlautern Absichten und
- verkehrten Einsichten derselben beschaffen ist.
- Oben wurde schon des ruhigen Bewußtseins erwähnt, das diesem sich in
- sich auflösenden und wieder erzeugenden Wirbel gegenübersteht; es
- macht die Seite der reinen Einsicht und Absicht aus. In dies ruhige
- Bewußtsein fällt aber, wie wir sahen, keine _besondere Einsicht_ über
- die Welt der Bildung; diese hat vielmehr selbst das schmerzlichste
- Gefühl und die wahrste Einsicht über sich selbst--das Gefühl, die
- Auflösung alles sich befestigenden, durch alle Momente ihres Daseins
- hindurch gerädert und an allen Knochen zerschlagen zu sein; ebenso
- ist sie die Sprache dieses Gefühls und die beurteilende geistreiche
- Rede über alle Seiten ihres Zustands. Die reine Einsicht kann daher
- hier keine eigene Tätigkeit und Inhalt haben, und sich also nur als
- das formelle treue _Auffassen_ dieser eignen geistreichen Einsicht
- der Welt und ihrer Sprache verhalten. Indem diese Sprache zerstreut,
- die Beurteilung eine Faselei des Augenblicks, die sich sogleich
- wieder vergißt, und ein Ganzes nur für ein drittes Bewußtsein ist, so
- kann sich dieses als _reine_ Einsicht nur dadurch unterscheiden, daß
- es jene sich zerstreuenden Züge in ein allgemeines Bild zusammenfaßt,
- und sie dann zu einer Einsicht aller macht.
- Sie wird durch dies einfache Mittel die Verwirrung dieser Welt zur
- Auflösung bringen. Denn es hat sich ergeben, daß nicht die Massen
- und die bestimmten Begriffe und Individualitäten das Wesen dieser
- Wirklichkeit sind, sondern daß sie ihre Substanz und Halt allein in
- dem Geiste hat, der als Urteilen und Besprechen existiert, und daß
- das Interesse, für dies Räsonieren und Schwatzen einen Inhalt zu
- haben, allein das Ganze und die Massen seiner Gegliederung erhält.
- In dieser Sprache der Einsicht ist ihr Selbstbewußtsein sich noch ein
- _Fürsichseiendes, dieses Einzelne_; aber die Eitelkeit des Inhalts
- ist zugleich Eitelkeit des ihn eitel wissenden Selbsts. Indem nun
- das ruhig auffassende Bewußtsein von diesem ganzen geistreichen
- Geschwätze der Eitelkeit die treffendsten und die Sache
- durchschneidenden Fassungen in eine Sammlung bringt, geht zu der
- übrigen Eitelkeit des Daseins die das Ganze noch erhaltende Seele,
- die Eitelkeit des geistreichen Beurteilens, zugrunde. Die Sammlung
- zeigt den meisten einen bessern, oder allen wenigstens einen
- vielfachern Witz, als der ihrige ist, und das Besserwissen und
- Beurteilen überhaupt als etwas Allgemeines und nun allgemein
- Bekanntes; damit tilgt sich das einzige Interesse, das noch vorhanden
- war, und das einzelne Einsehen löst sich in die allgemeine Einsicht
- auf.
- Noch aber steht über dem eiteln Wissen das Wissen von dem Wesen fest,
- und die reine Einsicht erscheint erst in eigentlicher Tätigkeit,
- insofern sie gegen den Glauben auftritt.
- a. Der Kampfder Aufklärung mit dem Aberglauben
- Die verschiednen Weisen des negativen Verhaltens des Bewußtseins,
- teils des Skeptizismus, teils des theoretischen und praktischen
- Idealismus, sind untergeordnete Gestalten gegen diese der _reinen
- Einsicht_, und ihrer Verbreitung, der _Aufklärung_; denn sie ist aus
- der Substanz geboren, weiß das reine _Selbst_ des Bewußtseins als
- absolut, und nimmt es mit dem reinen Bewußtsein des absoluten Wesens
- aller Wirklichkeit auf.--Indem Glauben und Einsicht dasselbe reine
- Bewußtsein, der Form nach aber entgegengesetzt sind, dem Glauben das
- Wesen als _Gedanke_, nicht als _Begriff_, und daher ein dem
- _Selbst_bewußtsein schlechthin Entgegengesetztes, der reinen Einsicht
- aber das Wesen das _Selbst_ ist, sind sie füreinander das eine das
- schlechthin Negative des andern.--Dem Glauben kommt, wie beide
- gegeneinander auftreten, aller _Inhalt_ zu, denn in seinem ruhigen
- Elemente des Denkens gewinnt jedes Moment Bestehen;--die reine
- Einsicht aber ist zunächst ohne Inhalt, und vielmehr reines
- Verschwinden desselben; durch die negative Bewegung gegen das ihr
- Negative aber wird sie sich realisieren und einen Inhalt geben.
- Sie weiß den Glauben als das ihr, der Vernunft und Wahrheit,
- Entgegengesetzte. Wie er ihr im Allgemeinen ein Gewebe von
- Aberglauben, Vorurteilen und Irrtümern ist, so organisiert sich ihr
- weiter das Bewußtsein dieses Inhalts in ein Reich des Irrtums, worin
- die falsche Einsicht einmal als die _allgemeine Masse_ des
- Bewußtseins, unmittelbar, unbefangen und ohne Reflexion in sich
- selbst ist, aber das Moment der Reflexion in sich oder des
- Selbstbewußtseins, getrennt von der Unbefangenheit, auch an ihr hat,
- als eine im Hintergrunde für sich bleibende Einsicht und böse Absicht,
- von welcher jenes betört wird. Jene Masse ist das Opfer des Betrugs
- einer _Priesterschaft_, die ihre neidische Eitelkeit, allein im
- Besitze der Einsicht zu bleiben, sowie ihren sonstigen Eigennutz
- ausführt, und zugleich mit dem _Despotismus_ sich verschwört, der als
- die synthetische, begrifflose Einheit des realen und dieses idealen
- Reichs--ein seltsam inkonsequentes Wesen--über der schlechten
- Einsicht der Menge und der schlechten Absicht der Priester steht, und
- beides auch in sich vereinigt, aus der Dummheit und Verwirrung des
- Volks durch das Mittel der betriegenden Priesterschaft, beide
- verachtend, den Vorteil der ruhigen Beherrschung und der Vollführung
- seiner Lüste und Willkür zieht, zugleich aber dieselbe Dumpfheit der
- Einsicht, der gleiche Aberglauben und Irrtum ist.
- Gegen diese drei Seiten des Feindes läßt die Aufklärung sich nicht
- ohne Unterschied ein; denn indem ihr Wesen reine Einsicht, das an und
- für sich _Allgemeine_ ist, so ist ihre wahre Beziehung auf das andere
- Extrem diejenige, in welcher sie auf das _Gemeinschaftliche_ und
- _Gleiche_ beider geht. Die Seite der aus dem allgemeinen
- unbefangenen Bewußtsein sich isolierenden _Einzelnheit_ ist das ihr
- Entgegengesetzte, das sie nicht unmittelbar berühren kann. Der
- Willen der betriegenden Priesterschaft und des unterdrückenden
- Despoten ist daher nicht unmittelbarer Gegenstand ihres Tuns, sondern
- die willenlose, nicht zum Für-sich-sein sich vereinzelnde Einsicht,
- der _Begriff_ des vernünftigen Selbstbewußtseins, der an der Masse
- sein Dasein hat, aber in ihr noch nicht als Begriff vorhanden ist.
- Indem aber die reine Einsicht diese ehrliche Einsicht und ihr
- unbefangenes Wesen den Vorurteilen und Irrtümern entreißt, windet sie
- der schlechten Absicht die Realität und Macht ihres Betrugs aus den
- Händen, deren Reich an dem begrifflosen Bewußtsein der allgemeinen
- Masse seinen _Boden_ und _Material_--das _Für-sich-sein_ an dem
- _einfachen_ Bewußtsein überhaupt seine _Substanz_ hat.
- Die Beziehung der reinen Einsicht auf das unbefangene Bewußtsein des
- absoluten Wesens hat nun die gedoppelte Seite, daß sie einesteils _an
- sich_ dasselbe mit ihm ist, andernteils aber, daß dieses in dem
- einfachen Elemente seines Gedankens das absolute Wesen sowie seine
- Teile gewähren und sich Bestehen geben, und sie nur als sein
- _An-sich_ und darum in gegenständlicher Weise gelten läßt, sein
- _Für-sich-sein_ aber in diesem An-sich verleugnet.--Insofern nach der
- ersten Seite dieser Glauben _an sich_ für die reine Einsicht reines
- _Selbst_bewußtsein ist, und er dies nur _für sich_ werden soll, so
- hat sie an diesem Begriffe desselben das Element, worin sie statt der
- falschen Einsicht sich realisiert.
- Von dieser Seite, daß beide wesentlich dasselbe sind und die
- Beziehung der reinen Einsicht durch und in demselben Elemente
- geschieht, ist ihre Mitteilung eine _unmittelbare_, und ihr Geben und
- Empfangen ein ungestörtes Ineinanderfließen. Was auch sonst weiter
- in das Bewußtsein für Pflöcke eingeschlagen seien, es ist _an sich_
- diese Einfachheit, in welcher alles aufgelöst, vergessen und
- unbefangen, und die daher des Begriffs schlechthin empfänglich ist.
- Die Mitteilung der reinen Einsicht ist deswegen einer ruhigen
- Ausdehnung oder dem _Verbreiten_ wie eines Duftes in der
- widerstandslosen Atmosphäre zu vergleichen. Sie ist eine
- durchdringende Ansteckung, welche sich nicht vorher gegen das
- gleichgültige Element, in das sie sich insinuiert, als
- Entgegengesetztes bemerkbar macht, und daher nicht abgewehrt werden
- kann. Erst wenn die Ansteckung sich verbreitet hat, ist sie _für das
- Bewußtsein_, das sich ihr unbesorgt überließ. Denn es war zwar das
- einfache sich und ihm gleiche Wesen, was es in sich empfing, aber
- zugleich die Einfachheit der in sich reflektierten _Negativität_,
- welche nachher auch sich nach ihrer Natur als Entgegengesetztes
- entfaltet, und das Bewußtsein hiedurch an seine vorige Weise erinnert;
- sie ist der Begriff, der das einfache Wissen ist, welches sich
- selbst und zugleich sein Gegenteil, aber dieses in ihm als aufgehoben
- weiß. So wie daher die reine Einsicht für das Bewußtsein ist, hat
- sie sich schon verbreitet; der Kampf gegen sie verrät die geschehene
- Ansteckung; er ist zu spät, und jedes Mittel verschlimmert nur die
- Krankheit, denn sie hat das Mark des geistigen Lebens ergriffen,
- nämlich das Bewußtsein in seinem Begriffe oder sein reines Wesen
- selbst; es gibt darum auch keine Kraft in ihm, welche über ihr wäre.
- Weil sie im Wesen selbst ist, lassen sich ihre noch vereinzelnten
- Äußerungen zurückdrängen und die oberflächlichen Symptome dämpfen.
- Es ist ihr dies höchst vorteilhaft; denn sie vergeudet nun nicht
- unnütz die Kraft, noch zeigt sie sich ihres Wesens unwürdig, was dann
- der Fall ist, wenn sie in Symptome und einzelne Eruptionen gegen den
- Inhalt des Glaubens und gegen den Zusammenhang seiner äußern
- Wirklichkeit hervorbricht. Sondern nun ein unsichtbarer und
- unbemerkter Geist, durchschleicht sie die edeln Teile durch und durch,
- und hat sich bald aller Eingeweide und Glieder des bewußtlosen
- Götzen gründlich bemächtigt, und "_an einem schönen Morgen_ gibt sie
- mit dem Ellbogen dem Kameraden einen Schubb, und Bautz! Baradautz!
- der Götze liegt am Boden."--An _einem schönen Morgen_, dessen Mittag
- nicht blutig ist, wenn die Ansteckung alle Organe des geistigen
- Lebens durchdrungen hat; nur das Gedächtnis bewahrt dann noch als
- eine, man weiß nicht wie, vergangene Geschichte, die tote Weise der
- vorigen Gestalt des Geistes auf; und die neue für die Anbetung
- erhöhte Schlange der Weisheit hat auf diese Weise nur eine welke Haut
- schmerzlos abgestreift.
- Aber dieses stumme Fortweben des Geistes im einfachen Innern seiner
- Substanz, der sich sein Tun verbirgt, ist nur _eine_ Seite der
- Realisierung der reinen Einsicht. Ihre Verbreitung besteht nicht nur
- darin, daß Gleiches mit Gleichem zusammengeht; und ihre
- Verwirklichung ist nicht nur eine gegensatzlose Ausdehnung. Sondern
- das Tun des negativen Wesens ist ebenso wesentlich eine entwickelte
- sich in sich unterscheidende Bewegung, welche als bewußtes Tun ihre
- Momente in bestimmtem offenbarem Dasein aufstellen und als ein lauter
- Lärm und gewaltsamer Kampf mit Entgegengesetztem als solchem
- vorhanden sein muß.
- Es ist daher zu sehen, wie die _reine Einsicht_ und _Absicht_ gegen
- das andere ihr Entgegengesetzte, das sie vorfindet, sich _negativ_
- verhält.--Die reine Einsicht und Absicht, welche sich negativ verhält,
- kann, da ihr Begriff alle Wesenheit und nichts außer ihr ist, nur
- das Negative ihrer selbst sein. Sie wird daher als Einsicht zum
- Negativen der reinen Einsicht, sie wird Unwahrheit und Unvernunft,
- und als Absicht zum Negativen der reinen Absicht, zur Lüge und
- Unlauterkeit des Zwecks.
- In diesen Widerspruch verwickelt sie sich dadurch, daß sie sich in
- Streit einläßt, und etwas _anderes_ zu bekämpfen meint.--Sie meint
- dies nur, denn ihr Wesen als die absolute Negativität ist dieses, das
- Anderssein an ihr selbst zu haben. Der absolute Begriff ist die
- Kategorie; er ist dies, daß das Wissen und der _Gegenstand_ des
- Wissens dasselbe ist. Was hiemit die reine Einsicht als ihr Andres,
- was sie als Irrtum oder Lüge ausspricht, kann nichts andres sein als
- sie selbst; sie kann nur das verdammen, was sie ist. Was nicht
- vernünftig ist, hat keine _Wahrheit_, oder was nicht begriffen ist,
- ist nicht; indem also die Vernunft von einem _Andern_ spricht, als
- sie ist, spricht sie in der Tat nur von sich selbst; sie tritt darin
- nicht aus sich heraus.--Dieser Kampf mit dem Entgegengesetzten
- vereinigt darum die Bedeutung in sich, ihre _Verwirklichung_ zu sein.
- Diese besteht nämlich eben in der Bewegung, die Momente zu
- entwickeln, und sie in sich zurückzunehmen; ein Teil dieser Bewegung
- ist die Unterscheidung, in welcher die begreifende Einsicht sich
- selbst als _Gegenstand_ gegenüberstellt; solange sie in diesem
- Momente verweilt, ist sie sich entfremdet. Als reine Einsicht ist
- sie ohne allen _Inhalt_; die Bewegung ihrer Realisierung besteht
- darin, daß _sie selbst_ sich als Inhalt wird, denn ein anderer kann
- ihr nicht werden, weil sie das Selbstbewußtsein der Kategorie ist.
- Aber indem sie ihn zuerst in dem Entgegensetzen nur als _Inhalt_, und
- ihn noch nicht als sich selbst weiß, verkennt sie sich in ihm. Ihre
- Vollendung hat daher diesen Sinn, den ihr zuerst gegenständlichen
- Inhalt als den ihrigen zu erkennen. Ihr Resultat wird dadurch aber
- weder die Wiederherstellung der Irrtümer, welche sie bekämpft, noch
- nur ihr erster Begriff sein, sondern eine Einsicht, welche die
- absolute Negation ihrer selbst als ihre eigne Wirklichkeit, als sich
- selbst erkennt, oder ihr sich selbst erkennender Begriff.--Diese
- Natur des Kampfs der Aufklärung mit den Irrtümern, in ihnen sich
- selbst zu bekämpfen und das darin zu verdammen, was sie behauptet,
- ist _für uns_, oder was sie und ihr Kampf _an sich_ ist. Die erste
- Seite desselben aber, ihre Verunreinigung durch die Aufnahme des
- negativen Verhaltens in ihre sichselbstgleiche _Reinheit_ ist es, wie
- sie _für den Glauben Gegenstand_ ist; der sie also als Lüge,
- Unvernunft und schlechte Absicht erfährt, so wie er für sie Irrtum
- und Vorurteil ist.--In Rücksicht auf ihren Inhalt ist sie zunächst
- die leere Einsicht, der ihr Inhalt als ein Anderes erscheint, sie
- _findet_ ihn daher in dieser Gestalt, daß er noch nicht der ihrige
- ist, _vor_, als ein von ihr ganz unabhängiges Dasein, in dem Glauben.
- Die Aufklärung faßt also ihren Gegenstand zuerst und allgemein so auf,
- daß sie ihn als _reine Einsicht_ nimmt und ihn so, sich selbst nicht
- erkennend, für Irrtum erklärt. In der _Einsicht_ als solcher faßt
- das Bewußtsein einen Gegenstand so, daß er ihm zum Wesen des
- Bewußtseins oder zu einem Gegenstande wird, den es durchdringt, worin
- es sich erhält, bei sich selbst und sich gegenwärtig bleibt, und
- indem es hiemit seine Bewegung ist, ihn hervorbringt. Als eben
- dieses spricht die Aufklärung den Glauben richtig aus, indem sie von
- ihm sagt, daß das, was ihm das absolute Wesen ist, ein Sein seines
- eignen Bewußtseins, sein eigner Gedanke, ein vom Bewußtsein
- Hervorgebrachtes sei. Sie erklärt ihn hiemit für Irrtum und
- Erdichtung über dasselbe, was sie ist.--Sie, die den Glauben die neue
- Weisheit lehren will, sagt ihm damit nichts Neues; denn sein
- Gegenstand ist ihm auch gerade dieses, nämlich reines Wesen seines
- eignen Bewußtseins, so daß dieses darin sich nicht verloren und
- negiert setzt, sondern ihm vielmehr vertraut, das heißt eben, _in
- ihm_ sich _als dieses_ Bewußtsein oder als Selbstbewußtsein findet.
- Wem ich vertraue, dessen _Gewißheit seiner_ selbst, ist mir die
- _Gewißheit meiner_ selbst; ich erkenne mein Für-mich-sein in ihm, daß
- er es anerkennt, und es ihm Zweck und Wesen ist. Vertrauen ist aber
- der Glauben, weil sein Bewußtsein sich _unmittelbar_ auf seinen
- Gegenstand _bezieht_, und also auch dies anschaut, daß es _eins_ mit
- ihm, in ihm ist.--Ferner, indem dasjenige mir Gegenstand ist, worin
- ich mich selbst erkenne, bin ich mir darin zugleich überhaupt als
- _anderes_ Selbstbewußtsein, das heißt, als ein solches, welches darin
- seiner besondere Einzelnheit, nämlich seiner Natürlichkeit und
- Zufälligkeit entfremdet worden, aber teils darin Selbstbewußtsein
- bleibt, teils eben darin _wesentliches_ Bewußtsein wie die reine
- Einsicht ist.--In dem Begriffe der Einsicht liegt nicht nur dies, daß
- das Bewußtsein in seinem eingesehenen Gegenstande sich selbst erkennt,
- und ohne das Gedachte zu verlassen und daraus in sich erst
- zurückzugehen, sich _unmittelbar_ darin hat, sondern es ist seiner
- selbst als auch der _vermittelnden_ Bewegung oder seiner als des
- _Tuns_ oder Hervorbringens bewußt; dadurch ist in dem Gedanken _für
- es_ diese Einheit seiner als des _Selbsts_ und des Gegenstandes.
- --Eben dies Bewußtsein ist auch der Glauben; _der Gehorsam und das
- Tun_ ist ein notwendiges Moment, durch welches die Gewißheit des
- Seins in dem absoluten Wesen, zustande kommt. Dies Tun des Glaubens
- erscheint zwar nicht so, daß das absolute Wesen selbst dadurch
- hervorgebracht werde. Aber das absolute Wesen des Glaubens ist
- wesentlich nicht das _abstrakte_ Wesen, das jenseits des glaubenden
- Bewußtseins sei, sondern es ist der Geist der Gemeine, es ist die
- Einheit des abstrakten Wesens und des Selbstbewußtseins. Daß es
- dieser Geist der Gemeine sei, darin ist das Tun der Gemeine ein
- wesentliches Moment; er ist es _nur durch das Hervorbringen_ des
- Bewußtseins,--oder vielmehr _nicht ohne_ vom Bewußtsein
- hervorgebracht zu sein; denn so wesentlich das Hervorbringen ist, so
- wesentlich ist es auch nicht der einzige Grund des Wesens, sondern es
- ist nur ein Moment. Das Wesen ist zugleich an und für sich selbst.
- Von der andern Seite ist der Begriff der reinen Einsicht sich ein
- _Anderes_ als sein Gegenstand; denn eben diese negative Bestimmung
- macht den Gegenstand aus. So spricht sie also von der andern Seite
- auch das Wesen des Glaubens aus, als ein dem Selbstbewußtsein
- _Fremdes_, das nicht _sein_ Wesen, sondern als ein Wechselbalg ihm
- unterschoben sei. Allein die Aufklärung ist hier völlig töricht; der
- Glauben erfährt sie als ein Sprechen, das nicht weiß, was es sagt,
- und die Sache nicht versteht, wenn es von Pfaffenbetrug und
- Volkstäuschung redet. Sie spricht hievon, als ob durch ein
- Hokuspokus der taschenspielerischen Priester dem Bewußtsein etwas
- absolut _Fremdes_ und _Anderes_ für das Wesen untergeschoben würde,
- und sagt zugleich, daß dies ein Wesen des Bewußtseins sei, daß es
- daran glaube, ihm vertraue und sich es geneigt zu machen suche,--das
- heißt, daß es darin _sein reines Wesen_ ebensosehr als _seine_
- einzelne und allgemeine _Individualität_ anschaue, und durch sein Tun
- diese Einheit seiner selbst mit seinem Wesen hervorbringe. Sie sagt
- unmittelbar das, was sie als ein dem Bewußtsein _Fremdes_ aussagt,
- als das _Eigenste_ desselben aus.--Wie mag also sie von Betrug und
- Täuschung sprechen? Indem sie _unmittelbar_ das Gegenteil dessen,
- was sie vom Glauben behauptet, selbst von ihm ausspricht, zeigt sie
- diesem vielmehr sich als die bewußte _Lüge_. Wie soll Täuschung und
- Betrug da stattfinden, wo das Bewußtsein in seiner Wahrheit
- unmittelbar die _Gewißheit seiner selbst_ hat; wo es in seinem
- Gegenstande _sich selbst_ besitzt, indem es sich ebensowohl darin
- findet als hervorbringt. Der Unterschied ist sogar in den Worten
- nicht mehr vorhanden.--Wenn die allgemeine Frage aufgestellt worden
- ist: _ob es erlaubt sei, ein Volk zu täuschen_, so müßte in der Tat
- die Antwort sein, daß die Frage nichts tauge; weil es unmöglich ist,
- hierin ein Volk zu täuschen.--Messing statt Golds, nachgemachte
- Wechsel statt echter mögen wohl einzeln verkauft, eine verlorne
- Schlacht als eine gewonnene mehrern aufgeheftet, und sonstige Lügen
- über sinnliche Dinge und einzelne Begebenheiten auf eine Zeitlang
- glaubhaft gemacht werden; aber in dem Wissen von dem Wesen, worin das
- Bewußtsein die unmittelbare _Gewißheit seiner selbst_ hat, fällt der
- Gedanke der Täuschung ganz hinweg.
- Sehen wir weiter, wie der Glauben die Aufklärung in den
- _unterschiedenen_ Momenten seines Bewußtseins erfährt, auf welches
- die aufgezeigte Ansicht nur erst im Allgemeinen ging. Diese Momente
- aber sind: das reine Denken, oder, als Gegenstand, das _absolute
- Wesen_ an und für sich selbst; dann seine _Beziehung_ als ein
- _Wissen_ darauf, der _Grund seines Glaubens_, und endlich seine
- Beziehung darauf in seinem Tun, oder _sein Dienst_. Wie die reine
- Einsicht sich im Glauben überhaupt verkennt und verleugnet hat, so
- wird sie in diesen Momenten ebenso verkehrt sich verhalten.
- Die reine Einsicht verhält sich zu _dem absoluten Wesen_ des
- glaubenden Bewußtseins negativ. Dies Wesen ist reines _Denken_, und
- das reine Denken innerhalb seiner selbst als Gegenstand oder als das
- _Wesen_ gesetzt; im glaubenden Bewußtsein erhält dies _An-sich_ des
- Denkens zugleich für das für sich seiende Bewußtsein die Form, aber
- auch nur die leere Form der Gegenständlichkeit; es ist in der
- Bestimmung eines _Vorgestellten_. Der reinen Einsicht aber, indem
- sie das reine Bewußtsein nach der Seite des _für sich seienden
- Selbsts_ ist, erscheint das _Andre_ als ein _Negatives_ des
- _Selbstbewußtseins_. Dies könnte noch entweder als das reine
- _An-sich_ des Denkens oder auch als das _Sein_ der sinnlichen
- Gewißheit genommen werden. Aber indem es zugleich für das _Selbst_
- und dieses als _Selbst_, das einen Gegenstand hat, wirkliches
- Bewußtsein ist, so ist ihr eigentümlicher Gegenstand als solcher ein
- _seiendes gemeines Ding_ der _sinnlichen Gewißheit_. Dieser ihr
- Gegenstand erscheint ihr an der _Vorstellung_ des Glaubens. Sie
- verdammt diese und in ihr ihren eignen Gegenstand. Gegen den Glauben
- aber begeht sie schon darin das Unrecht, seinen Gegenstand so
- aufzufassen, daß er der ihrige ist. Sie sagt hiernach über den
- Glauben, daß sein absolutes Wesen ein Steinstück, ein Holzblock sei,
- der Augen habe und nicht sehe, oder auch etwas Brotteig, der auf dem
- Acker gewachsen, von Menschen verwandelt darauf zurückgeschickt werde;
- --oder nach welchen Weisen sonst der Glauben, das Wesen
- anthropomorphosiere, sich gegenständlich und vorstellig mache.
- Die Aufklärung, die sich für das Reine ausgibt, macht hier das, was
- dem Geiste ewiges Leben und heiliger Geist ist, zu einem wirklichen
- _vergänglichen Dinge_, und besudelt es mit der an sich nichtigen
- Ansicht der sinnlichen Gewißheit--mit einer Ansicht, welche dem
- anbetenden Glauben gar nicht vorhanden ist, so daß sie ihm dieselbe
- rein anlügt. Was er verehrt, ist ihm durchaus weder Stein oder Holz
- oder Brotteig, noch sonst ein zeitliches sinnliches Ding. Wenn es
- der Aufklärung einfällt, zu sagen, sein Gegenstand sei doch dies
- _auch_, oder gar, er sei dieses an sich und in Wahrheit, so kennt
- teils der Glauben ebensowohl _jenes Auch_, aber es ist ihm außer
- seiner Anbetung; teils aber ist ihm überhaupt nicht so etwas wie ein
- Stein und so fort _an sich_, sondern an sich ist ihm allein das Wesen
- des reinen Denkens.
- Das _zweite Moment_ ist die Beziehung des Glaubens als _wissenden_
- Bewußtseins auf dieses Wesen. Als denkendem reinem Bewußtsein ist
- ihm dies Wesen unmittelbar; aber das reine Bewußtsein ist ebensosehr
- _vermittelte_ Beziehung der Gewißheit auf die Wahrheit; eine
- Beziehung, welche den _Grund_ des _Glaubens_ ausmacht. Dieser Grund
- wird für die Aufklärung ebenso zu einem zufälligen _Wissen von
- zufälligen_ Begebenheiten. Der Grund des Wissens aber ist das
- _wissende_ Allgemeine, und in seiner Wahrheit der absolute _Geist_,
- der in dem abstrakten reinen Bewußtsein oder dem Denken als solchem
- nur absolutes _Wesen_, als Selbstbewußtsein aber das _Wissen_ von
- sich ist. Die reine Einsicht setzt dies wissende Allgemeine, den
- _einfachen sich selbst wissenden Geist_, ebenso als Negatives des
- Selbstbewußtseins. Sie ist zwar selbst das _reine vermittelte_, d.h.
- sich mit sich vermittelnde Denken, sie ist das reine Wissen; aber
- indem sie _reine Einsicht, reines Wissen_ ist, das sich selbst noch
- nicht weiß, d.h. für welches es noch nicht ist, daß sie diese reine
- vermittelnde Bewegung ist, erscheint sie ihr, wie alles, was sie
- selbst ist, als ein Anderes. In ihrer Verwirklichung also begriffen,
- entwickelt sie dies ihr wesentliches Moment, aber es erscheint ihr
- als dem Glauben angehörend, und in seiner Bestimmtheit, ein ihr
- Äußeres zu sein, als ein zufälliges Wissen eben solcher gemein
- wirklicher Geschichten. Sie dichtet also hier dem religiösen Glauben
- an, daß seine Gewißheit sich auf einige _einzelne historische
- Zeugnisse_ gründe, welche als historische Zeugnisse betrachtet
- freilich nicht den Grad von Gewißheit über ihren Inhalt gewähren
- würden, den uns Zeitungsnachrichten über irgendeine Begebenheit geben;
- daß seine Gewißheit ferner auf dem Zufall der _Aufbewahrung_ dieser
- Zeugnisse beruhe--der Aufbewahrung durch Papier einerseits, und
- andererseits durch die Geschicklichkeit und Ehrlichkeit der
- Übertragung von einem Papier auf ein anderes--, und endlich auf der
- richtigen Auffassung des Sinnes toter Worte und Buchstaben. In der
- Tat aber fällt es dem Glauben nicht ein, an solche Zeugnisse und
- Zufälligkeiten seine Gewißheit zu knüpfen; er ist in seiner Gewißheit
- unbefangenes Verhältnis zu seinem absoluten Gegenstande, ein reines
- Wissen desselben, welches nicht Buchstaben, Papier und Abschreiber in
- sein Bewußtsein des absoluten Wesens einmischt, und nicht durch
- solcherlei Dinge sich damit vermittelt. Sondern dies Bewußtsein ist
- der sich selbst vermittelnde Grund seines Wissens; es ist der Geist
- selbst, der das Zeugnis von sich ist, ebenso im _Innern_ des
- _einzelnen_ Bewußtseins als durch die _allgemeine Gegenwart_ des
- Glaubens aller an ihn. Wenn der Glauben aus dem Geschichtlichen auch
- jene Weise von Begründung oder wenigstens Bestätigung seines Inhaltes,
- von der die Aufklärung spricht, sich geben will, und ernsthaft meint
- und tut, als ob es darauf ankäme, so hat er sich schon von der
- Aufklärung verführen lassen; und seine Bemühungen, sich auf solche
- Weise zu begründen oder zu befestigen, sind nur Zeugnisse, die er von
- seiner Ansteckung gibt.
- Noch ist die dritte Seite übrig, _die Beziehung des Bewußtseins auf
- das absolute Wesen_, als ein _Tun_. Dies Tun ist das Aufheben der
- Besonderheit des Individuums oder der natürlichen Weise seines
- Für-sich-seins, woraus ihm die Gewißheit hervorgeht, reines
- Selbstbewußtsein nach seinem Tun, d.h. als _fürsichseiendes_
- einzelnes Bewußtsein eins mit dem Wesen zu sein.--Indem an dem Tun
- _Zweckmäßigkeit_ und _Zweck_ sich unterscheidet, und die reine
- Einsicht ebenso in Beziehung auf dieses Tun sich _negativ verhält_,
- und wie in den andern Momenten sich selbst verleugnet, so muß sie in
- Ansehung der _Zweckmäßigkeit_ als Unverstand sich darstellen, indem
- die Einsicht mit der Absicht verbunden, Übereinstimmung des Zwecks
- und des Mittels, ihr als Anderes, vielmehr als das Gegenteil
- erscheint,--in Ansehung des _Zwecks_ aber das Schlechte, Genuß und
- Besitz zum Zwecke machen, und sich hiemit als die unreinste Absicht
- beweisen, indem die reine Absicht ebenso, als Andres, unreine Absicht
- ist.
- Hienach sehen wir in Ansehung der _Zweckmäßigkeit_ die Aufklärung es
- töricht finden, wenn das glaubende Individuum sich das höhere
- Bewußtsein, nicht an den natürlichen Genuß und Vergnügen gefesselt zu
- sein, dadurch gibt, daß es sich natürlichen Genuß und Vergnügen
- _wirklich_ versagt, und _durch die Tat_ erweist, daß es die
- Verachtung derselben nicht lügt, sondern daß sie _wahr ist_.--Ebenso
- findet sie es töricht, daß das Individuum von seiner Bestimmtheit,
- absolut einzelnes, alle andern ausschließendes und Eigentum
- besitzendes zu sein, sich dadurch absolviert, daß es von seinem
- Eigentume selbst abläßt; womit es _in Wahrheit_ zeigt, daß es mit
- seinem Isolieren nicht Ernst, sondern daß es über die
- Naturnotwendigkeit, sich zu vereinzeln, und in dieser absoluten
- Vereinzelung des Für-sich-seins die Andern als dasselbe _mit sich_ zu
- verleugnen, erhaben ist.--Die reine Einsicht findet beides sowohl
- unzweckmäßig als unrecht,--_unzweckmäßig_, um von Vergnügen und
- Besitz sich frei zu erweisen, sich Vergnügen zu versagen und einen
- Besitz wegzugeben; sie wird also im Gegenteil den für einen _Toren_
- erklären, der, um zu essen, das Mittel ergreift, wirklich zu essen.
- Sie findet es auch _unrecht_, sich eine Mahlzeit zu versagen, und
- Butter, Eier nicht gegen Geld, oder Geld nicht gegen Butter und Eier,
- sondern geradezu, ohne so was dafür zurück zu erhalten, wegzugeben;
- sie erklärt eine Mahlzeit oder den Besitz von dergleichen Dingen für
- einen Selbstzweck, und sich damit in der Tat für eine sehr unreine
- Absicht, der es um solchen Genuß und Besitz ganz wesentlich zu tun
- ist. Sie behauptet als reine Absicht auch wieder die Notwendigkeit
- der Erhebung über die natürliche Existenz und über die Habsucht um
- ihre Mittel; nur findet sie es töricht und unrecht, daß diese
- Erhebung _durch die Tat_ bewiesen werden soll, oder diese reine
- Absicht ist in Wahrheit Betrug, welcher eine _innerliche_ Erhebung
- vorgibt und fodert, aber Ernst daraus zu machen, sie _wirklich ins
- Werk_ zu richten und _ihre Wahrheit zu erweisen_ für überflüssig,
- töricht, und selbst für unrecht ausgibt.--Sie verleugnet sich also
- sowohl als reine Einsicht, denn sie verleugnet das unmittelbar
- zweckmäßige Tun, wie als reine Absicht, denn sie verleugnet die
- Absicht, sich von den Zwecken der Einzelnheit befreit zu erweisen.
- So gibt die Aufklärung sich dem Glauben zu erfahren. Sie tritt in
- diesem schlechten Aussehen auf, weil sie eben durch das Verhältnis zu
- einem andern sich eine _negative Realität_ gibt, oder sich als das
- Gegenteil ihrer selbst darstellt; die reine Einsicht und Absicht muß
- sich aber dies Verhältnis geben, denn es ist ihre Verwirklichung.
- --Diese erschien zunächst als negative Realität. Vielleicht ist ihre
- _positive Realität_ besser beschaffen; sehen wir, wie diese sich
- verhält.--Wenn alles Vorurteil und Aberglauben verbannt worden, so
- tritt die Frage ein, _was nun weiter? Welches ist die Wahrheit,
- welche die Aufklärung statt jener verbreitet hat?_--Sie hat diesen
- positiven Inhalt in ihrem Ausrotten des Irrtums schon ausgesprochen,
- denn jene Entfremdung ihrer selbst ist ebensosehr ihre positive
- Realität.--An demjenigen, was dem Glauben absoluter Geist ist, faßt
- sie, was sie von _Bestimmung_ daran entdeckt, als Holz, Stein und so
- fort, als einzelne wirkliche Dinge auf; indem sie überhaupt _alle
- Bestimmtheit_, das heißt, allen Inhalt und Erfüllung desselben auf
- diese Weise als eine _Endlichkeit_, als _menschliches Wesen und
- Vorstellung_ begreift, wird ihr das _absolute Wesen_ zu einem
- _Vakuum_, dem keine Bestimmungen, keine Prädikate beigelegt werden
- können. Ein solches Beilager wäre an sich sträflich, und es ist es
- eben, in welchem die Ungeheuer des Aberglaubens erzeugt worden sind.
- Die Vernunft, die _reine Einsicht_ ist wohl selbst nicht leer, indem
- das Negative ihrer selbst _für sie_ und ihr Inhalt ist, sondern reich,
- aber nur an Einzelnheit und Schranke; dem absoluten Wesen
- dergleichen nichts zukommen zu lassen noch beizulegen, ist ihre
- einsichtsvolle Lebensart, welche sich und ihren Reichtum der
- Endlichkeit an ihren Ort zu stellen und das Absolute würdig zu
- behandeln weiß.
- Diesem leeren Wesen gegenüber steht als _zweites Moment_ der
- positiven Wahrheit der Aufklärung, die aus einem absoluten Wesen
- ausgeschlossene _Einzelnheit_ überhaupt, des Bewußtseins und alles
- Seins, als _absolutes An- und Für-sich-sein_. Das Bewußtsein,
- welches in seiner allerersten Wirklichkeit _sinnliche Gewißheit_ und
- _Meinung_ ist, kehrt hier aus dem ganzen Wege seiner Erfahrung dahin
- zurück, und ist wieder ein Wissen von _rein Negativem seiner selbst_,
- oder von _sinnlichen Dingen_, d.h. _seienden_, welche seinem
- _Für-sich-sein_ gleichgültig gegenüberstehen. Es ist hier aber nicht
- _unmittelbares_ natürliches Bewußtsein, sondern es ist sich solches
- _geworden_. Zuerst preisgegeben aller Verwicklung, worein es durch
- seine Entfaltung gestürzt wird, itzt durch die reine Einsicht auf
- seine erste Gestalt zurückgeführt, hat es sie als das _Resultat
- erfahren_. Auf die Einsicht der Nichtigkeit aller andern Gestalten
- des Bewußtseins und somit alles jenseits der sinnlichen Gewißheit
- _gegründet_, ist diese sinnliche Gewißheit nicht mehr Meinung,
- sondern sie ist vielmehr die absolute Wahrheit. Diese Nichtigkeit
- alles dessen, was über die sinnliche Gewißheit hinausgeht, ist zwar
- nur ein negativer Beweis dieser Wahrheit; aber sie ist keines andern
- fähig, denn die positive Wahrheit der sinnlichen Gewißheit an ihr
- selbst, ist eben das _unvermittelte_ Für-sich-sein des Begriffes
- selbst als Gegenstands, und zwar in der Form des Andersseins,--daß es
- jedem Bewußtsein _schlechthin gewiß_ ist, daß es _ist_, und _andere
- wirkliche Dinge_ außer ihm, und daß es in seinem _natürlichen_ Sein,
- so wie diese Dinge, _an und für sich_ oder _absolut_ ist.
- _Das dritte Moment der Wahrheit der Aufklärung_ endlich ist das
- Verhältnis der einzelnen Wesen zum absoluten Wesen, die Beziehung der
- beiden ersten. Die Einsicht als reine Einsicht des _Gleichen_ oder
- _Unbeschränkten geht_ auch über das _Ungleiche_, nämlich die endliche
- Wirklichkeit, oder über sich als bloßes Anderssein _hinaus_. Sie hat
- zum Jenseits desselben _das Leere_, auf welches sie also die
- sinnliche Wirklichkeit bezieht. In die Bestimmung dieses
- _Verhältnisses_ treten nicht die beiden Seiten als _Inhalt_ ein, denn
- die eine ist das Leere, und ein Inhalt ist also nur durch die andere,
- die sinnliche Wirklichkeit, vorhanden. Die _Form_ der Beziehung aber,
- in deren Bestimmung die Seite des _An-sich_ mithilft, kann nach
- Belieben gemacht werden; denn die Form ist das _an sich Negative_,
- und darum das sich Entgegengesetzte; Sein sowohl als Nichts;
- _An-sich_ wie das _Gegenteil_; oder was dasselbe, die Beziehung _der
- Wirklichkeit_ auf _An-sich_ als das _Jenseits_ ist ebensowohl ein
- _Negieren_ als ein _Setzen_ derselben. Die endliche Wirklichkeit
- kann daher eigentlich, wie man es gerade braucht, genommen werden.
- Das Sinnliche wird also itzt auf das Absolute als auf das _An-sich
- positiv_ bezogen, und die sinnliche Wirklichkeit ist selbst _an sich_;
- das Absolute macht, hegt und pflegt sie. Wiederum ist sie auch
- darauf als auf das Gegenteil, als auf ihr _Nichtsein_ bezogen; nach
- diesem Verhältnisse ist sie nicht an sich, sondern nur _für ein
- Anderes_. Wenn in der vorhergehenden Gestalt des Bewußtseins die
- _Begriffe_ des Gegensatzes sich als _Gut_ und _Schlecht_ bestimmten,
- so werden sie dagegen der reinen Einsicht zu den reinern
- Abstraktionen, des _An-sich-_ und _Für-ein-Anderes_-sein.
- Beide Betrachtungsweisen, der positiven wie der negativen Beziehung
- des Endlichen auf das An-sich, sind aber in der Tat gleich notwendig,
- und alles ist also so sehr _an sich_, als es _für ein Anderes_ ist;
- oder alles ist _nützlich_.--Alles gibt sich andern preis, läßt sich
- itzt von andern gebrauchen, und ist _für sie_; und itzt stellt es
- sich, es so zu sagen, wieder auf die Hinterbeine, tut spröde gegen
- Anderes, ist für sich und gebraucht das Andere seinerseits.--Für den
- Menschen, als das dieser Beziehung _bewußte_ Ding, ergibt sich daraus
- sein Wesen und seine Stellung. Er ist, wie er unmittelbar ist, als
- natürliches Bewußtsein _an sich, gut_, als einzelnes _absolut_, und
- Anderes ist _für ihn_; und zwar da für ihn als das seiner bewußte
- Tier die Momente die Bedeutung der Allgemeinheit haben, ist _alles_
- für sein Vergnügen und Ergötzlichkeit, und er geht, wie er aus Gottes
- Hand gekommen, in der Welt als einem für ihn gepflanzten Garten umher.
- --Er muß auch vom Baume der Erkenntnis des Guten und des Bösen
- gepflückt haben; er besitzt darin einen Nutzen, der ihn von allem
- andern unterscheidet, denn zufälligerweise ist seine an sich gute
- Natur _auch_ so beschaffen, daß ihr das Übermaß der Ergötzlichkeit
- Schaden tut, oder vielmehr seine Einzelnheit hat _auch ihr Jenseits_
- an ihr, kann über sich selbst hinausgehen und sich zerstören.
- Hiegegen ist ihm die Vernunft ein nützliches Mittel, dies Hinausgehen
- gehörig zu beschränken, oder vielmehr im Hinausgehen über das
- Bestimmte sich selbst zu erhalten; denn dies ist die Kraft des
- Bewußtseins. Der Genuß des bewußten an sich _allgemeinen_ Wesens muß
- nach Mannigfaltigkeit und Dauer selbst nicht ein bestimmtes, sondern
- allgemein sein; das Maß hat daher die Bestimmung, zu verhindern, daß
- das Vergnügen in seiner Mannigfaltigkeit und Dauer abgebrochen werde;
- das heißt, die Bestimmung des Maßes ist die Unmäßigkeit.--Wie dem
- Menschen alles nützlich ist, so ist er es ebenfalls, und seine
- Bestimmung ebensosehr, sich zum gemeinnützlichen und allgemein
- brauchbaren Mitgliede des Trupps zu machen. Soviel er für sich sorgt,
- gerade soviel muß er sich auch hergeben für die Andern, und soviel
- er sich hergibt, soviel sorgt er für sich selbst; eine Hand wäscht
- die andere. Wo er aber sich befindet, ist er recht daran; er nützt
- andern und wird genützt.
- Anders ist auf andere Weise einander nützlich; alle Dinge aber haben
- diese nützliche Gegenseitigkeit durch ihr Wesen, nämlich auf das
- Absolute auf die gedoppelte Weise bezogen zu sein--die positive,
- dadurch _an und für sich_ selbst zu sein, die negative, dadurch _für
- Andere_ zu sein. Die _Beziehung_ auf das absolute Wesen oder die
- Religion ist daher unter aller Nützlichkeit das Allernützlichste;
- denn sie ist der _reine Nutzen selbst_, sie ist dies Bestehen aller
- Dinge, oder ihr _An-_ und _Für-sich_-sein, und das Fallen aller Dinge,
- oder ihr _Sein für Anderes_.
- Dem Glauben freilich ist dieses positive Resultat der Aufklärung so
- sehr ein Greuel als ihr negatives Verhalten gegen ihn. Diese
- _Einsicht_ in das absolute Wesen, die nichts in ihm sieht als eben
- das _absolute Wesen_, das _être suprême_, oder _das Leere_,--diese
- _Absicht_, daß alles in seinem unmittelbaren Dasein _an sich_ oder
- gut ist, daß endlich die _Beziehung_ des einzelnen bewußten Seins auf
- das absolute Wesen, _die Religion_, der Begriff der Nützlichkeit
- erschöpfend ausdrückt, ist dem Glauben schlechthin _abscheulich_.
- Diese eigne _Weisheit_ der Aufklärung erscheint ihm notwendig
- zugleich als die _Plattheit_ selbst, und als das _Geständnis_ der
- Plattheit; weil sie darin besteht, vom absoluten Wesen nichts oder,
- was dasselbe ist, von ihm diese ganz ebne Wahrheit zu wissen, daß es
- eben nur _das absolute Wesen_ ist, dagegen nur von der Endlichkeit
- und zwar sie als das Wahre und dies Wissen von derselben als dem
- Wahren, als das Höchste zu wissen.
- Der Glauben hat das göttliche Recht, das Recht der absoluten
- _Sichselbstgleichheit_ oder des reinen Denkens, gegen die Aufklärung,
- und erfährt von ihr durchaus Unrecht; denn sie verdreht ihn in allen
- seinen Momenten, und macht sie zu etwas anderem, als sie in ihm sind.
- Sie aber hat nur menschliches Recht gegen ihn und für ihre Wahrheit;
- denn das Unrecht, das sie begeht, ist das Recht der _Ungleichheit_,
- und besteht in dem Verkehren und Verändern, ein Recht, das der Natur
- des _Selbstbewußtseins_ im Gegensatze gegen das einfache Wesen oder
- das _Denken_ angehört. Aber indem ihr Recht das Recht des
- Selbstbewußtseins ist, wird sie nicht nur _auch_ ihr Recht behalten,
- so daß zwei gleiche Rechte des Geistes einander gegenüber
- stehenblieben, und keins das andere befriedigen könnte, sondern sie
- wird das absolute Recht behaupten, weil das Selbstbewußtsein die
- Negativität des Begriffs ist, die nicht nur _für sich_ ist, sondern
- auch über ihr Gegenteil übergreift; und der Glauben selbst, weil er
- Bewußtsein ist, wird ihr ihr Recht nicht verweigern können.
- Denn die Aufklärung verhält sich gegen das glaubende Bewußtsein nicht
- mit eigentümlichen Prinzipien, sondern mit solchen, welche dieses
- selbst an ihm hat. Sie bringt ihm nur seine _eigenen Gedanken_
- zusammen, die ihm bewußtlos auseinanderfallen; sie erinnert es nur
- bei der _einen_ seiner Weisen an die _andern_, die es _auch_ hat,
- aber deren eine es immer bei der andern vergißt. Sie erweist sich
- eben dadurch gegen es als reine Einsicht, daß sie bei einem
- _bestimmten_ Momente das Ganze sieht, also das auf jenes Moment sich
- beziehende _Entgegengesetzte_ herbeibringt, und eines im andern
- verkehrend das negative Wesen beider Gedanken, den _Begriff_,
- hervortreibt. Sie erscheint dem Glauben darum als Verdrehung und
- Lüge, weil sie das _Anderssein_ seiner Momente aufzeigt; sie scheint
- ihm damit unmittelbar etwas anderes aus ihnen zu machen, als sie in
- ihrer Einzelnheit sind; aber dies _Andere_ ist ebenso wesentlich, und
- es ist in Wahrheit in dem glaubenden Bewußtsein selbst vorhanden, nur
- daß dieses daran nicht denkt, sondern es sonstwo hat; daher ist es
- ihm weder fremde, noch kann es von ihm abgeleugnet werden.
- Die Aufklärung selbst aber, welche den Glauben an das
- Entgegengesetzte seiner abgesonderten Momente erinnert, ist
- ebensowenig über sich selbst aufgeklärt. Sie verhält sich rein
- _negativ_ gegen den Glauben, insofern sie ihren Inhalt aus ihrer
- Reinheit ausschließt, und ihn für das _Negative_ ihrer selbst nimmt.
- Sie erkennt daher weder in diesem Negativen, in dem Inhalte des
- Glaubens, sich selbst, noch bringt auch sie aus diesem Grunde die
- beiden Gedanken zusammen, den, welchen sie herbeibringt, und den,
- gegen welchen sie ihn herbeibringt. Indem sie nicht erkennt, daß
- dasjenige, was sie am Glauben verdammt, unmittelbar ihr eigener
- Gedanken ist, so ist sie selbst in der Entgegensetzung der beiden
- Momente, deren eines, nämlich jedesmal das dem Glauben
- entgegengesetzte, sie nur anerkennt, das andere aber, gerade wie der
- Glauben tut, davon trennt. Sie bringt daher nicht die Einheit beider
- als Einheit derselben, d.i. den Begriff hervor; aber er _entsteht_
- ihr für sich oder sie findet ihn nur als _vorhanden_. Denn an sich
- ist ebendies die Realisierung der reinen Einsicht, daß sie, deren
- Wesen der Begriff ist, zuerst sich selbst als ein absolut _Anderes_
- wird und sich verleugnet, denn der Gegensatz des Begriffes ist der
- absolute, und aus diesem Anderssein zu sich selbst, oder zu ihrem
- Begriffe kommt.--Die Aufklärung _ist_ aber nur diese Bewegung, sie
- ist die noch bewußtlose Tätigkeit des reinen Begriffes, die zwar zu
- sich selbst, als Gegenstand, kommt, aber diesen für ein _Anderes_
- nimmt, auch die Natur des Begriffes nicht kennt, daß nämlich das
- Nichtunterschiedne es ist, was sich absolut trennt.--Gegen den
- Glauben also ist die Einsicht insofern die _Macht_ des Begriffes, als
- sie die Bewegung und das Beziehen der in seinem Bewußtsein
- auseinanderliegenden Momente ist, ein Beziehen, worin der Widerspruch
- derselben zum Vorschein kömmt. Hierin liegt das absolute _Recht_ der
- Gewalt, welche sie über ihn ausübt; die _Wirklichkeit_ aber, zu der
- sie diese Gewalt bringt, ebendarin, daß das glaubende Bewußtsein
- selbst der Begriff ist, und also das Entgegengesetzte, das ihm die
- Einsicht herbeibringt, selbst anerkennt. Sie behält darum gegen es
- recht, weil sie an ihm das geltend macht, was ihm selbst notwendig
- ist, und was es an ihm selbst hat.
- Zuerst behauptet die Aufklärung das Moment des Begriffs, ein _Tun_
- des _Bewußtseins_ zu sein; sie behauptet dies _gegen_ den
- Glauben--daß sein absolutes Wesen Wesen _seines_ Bewußtsein als eines
- Selbsts, oder daß es durch das Bewußtsein _hervorgebracht_ sei. Dem
- glaubenden Bewußtsein ist sein absolutes Wesen, ebenso wie es ihm
- _An-sich_ ist, zugleich nicht wie ein fremdes Ding, welches darin,
- man weiß nicht wie und woher, _stünde_, sondern sein Vertrauen
- besteht gerade darin, sich als _dieses_ persönliche Bewußtsein darin
- zu _finden_, und sein Gehorsam und Dienst darin, es als _sein_
- absolutes Wesen durch sein _Tun_ hervorzubringen. Hieran erinnert
- eigentlich nur den Glauben die Aufklärung, wenn er rein das _An-sich_
- des absoluten Wesens _jenseits_ des _Tuns_ des Bewußtseins ausspricht.
- --Aber indem sie zwar der Einseitigkeit des Glaubens das
- entgegengesetzte Moment des _Tuns_ desselben gegen das _Sein_, an das
- er hier allein denkt, herbei, selbst aber ihre Gedanken ebenso nicht
- zusammenbringt, isoliert sie das reine Moment des _Tuns_, und spricht
- von dem _An-sich_ des Glaubens aus, daß es _nur_ ein
- _Hervorgebrachtes_ des Bewußtseins sei. Das isolierte dem _An-sich_
- entgegengesetzte Tun ist aber ein zufälliges Tun, und als ein
- vorstellendes ein Erzeugen von Fiktionen--Vorstellungen, die nicht
- _an sich_ sind; und so betrachtet sie den Inhalt des Glaubens.
- --Umgekehrt aber sagt die reine Einsicht ebenso das Gegenteil. Indem
- sie das Moment des _Andersseins_, das der Begriff an ihm hat,
- behauptet, spricht sie das Wesen des Glaubens als ein solches aus,
- welches das Bewußtsein _nichts angehe, jenseits_ desselben, ihm fremd
- und unerkannt sei. Dem Glauben ist es ebenso, wie er einerseits ihm
- vertraut, und darin die _Gewißheit seiner selbst_ hat, andererseits
- in seinen Wegen unerforschlich, und in seinem Sein unerreichbar.
- Ferner behauptet die Aufklärung gegen das glaubende Bewußtsein darin
- ein Recht, das es selbst einräumt, wenn sie den Gegenstand seiner
- Verehrung als Stein und Holz oder sonst als eine endliche
- anthropomorphische Bestimmtheit betrachtet. Denn da es dies
- entzweite Bewußtsein ist, ein _Jenseits_ der _Wirklichkeit_ und ein
- reines _Diesseits_ von jenem Jenseits zu haben, so ist in ihm in der
- Tat _auch_ diese Ansicht des sinnlichen Dinges vorhanden, nach
- welcher es _an_ und _für sich gilt_; es bringt aber diese beiden
- Gedanken _des An-und-für-sich-seienden_, das ihm einmal das _reine
- Wesen_, das anderemal ein gemeines _sinnliches Ding_ ist, nicht
- zusammen.--Selbst sein reines Bewußtsein ist von der letztern Ansicht
- affiziert, denn die Unterschiede seines übersinnlichen Reichs sind,
- weil es des Begriffs entbehrt, eine Reihe von selbstständigen
- _Gestalten_ und ihre Bewegung ein _Geschehen_, das heißt, sie sind
- nur in der _Vorstellung_, und haben die Weise des sinnlichen Seins an
- ihnen.--Die Aufklärung isoliert ihrerseits ebenso die _Wirklichkeit_,
- als ein vom Geiste verlassenes Wesen, die Bestimmtheit als eine
- unverrückte Endlichkeit, welche nicht in der geistigen Bewegung des
- Wesens selbst ein _Moment_ wäre, nicht Nichts, auch nicht ein an und
- für sich _seiendes_ Etwas, sondern ein Verschwindendes.
- Es ist klar, daß dasselbe bei dem _Grunde_ des _Wissens_ der Fall ist.
- Das glaubende Bewußtsein anerkennt selbst ein zufälliges _Wissen_,
- denn es hat ein Verhältnis zu Zufälligkeiten, und das absolute Wesen
- selbst ist ihm in der Form einer vorgestellten gemeinen Wirklichkeit;
- hiemit ist das glaubende Bewußtsein _auch_ eine Gewißheit, welche
- nicht die Wahrheit an ihr selbst hat, und es bekennt sich als ein
- solches unwesentliches Bewußtsein, diesseits des sich selbst
- vergewissernden und bewährenden Geistes.--Dies Moment vergißt es aber
- in seinem geistigen unmittelbaren Wissen von dem absoluten Wesen.
- --Die Aufklärung aber, welche es daran erinnert, denkt wieder _nur_
- an das zufällige Wissen, und vergißt das Andere,--denkt nur an die
- Vermittlung, welche durch ein _fremdes_ Drittes geschieht, nicht an
- die, worin das Unmittelbare sich selbst das Dritte ist, wodurch es
- sich mit dem Andern, nämlich mit _sich selbst_, vermittelt.
- Endlich findet sie in ihrer Ansicht des _Tuns_ des Glaubens das
- Wegwerfen des Genusses und der Habe unrecht und unzweckmäßig.--Was
- das Unrecht betrifft, so erhält sie die Übereinstimmung des
- glaubenden Bewußtseins darin, daß dieses selbst diese Wirklichkeit
- anerkennt, Eigentum zu besitzen, festzuhalten und zu genießen; es
- beträgt sich in der Behauptung des Eigentums um so isolierter und
- hartnäckiger, sowie in seinem Genusse um so roher dahingegeben, da
- jenseits dieser Wirklichkeit sein religiöses--Besitz und Genuß
- _aufgebendes_--Tun fällt und ihm die Freiheit für jene Seite erkauft.
- Dieser Dienst der Aufopferung des natürlichen Treibens und Genießens
- hat durch diesen Gegensatz in der Tat keine Wahrheit; die
- Beibehaltung hat _neben_ der Aufopferung statt; diese ist nur ein
- _Zeichen_, das die wirkliche Aufopferung nur an einem kleinen Teile
- vollbringt, und sie daher in der Tat nur _vorstellt_.
- In Ansehung der _Zweckmäßigkeit_ findet die Aufklärung das Wegwerfen
- _einer_ Habe, um von _der_ Habe, die Versagung _eines_ Genusses, um
- von _dem_ Genusse sich befreit zu wissen und zu erweisen, für
- ungeschickt. Das glaubende Bewußtsein selbst faßt das absolute Tun
- als ein _allgemeines_ Tun; nicht nur das Handeln seines absoluten
- Wesens als seines Gegenstandes ist ihm ein allgemeines, sondern auch
- das einzelne Bewußtsein soll sich ganz und allgemein von seinem
- sinnlichen Wesen befreit erweisen. Das Wegwerfen einer _einzelnen_
- Habe oder das Verzichttun auf einen _einzelnen_ Genuß ist aber nicht
- diese _allgemeine_ Handlung; und indem in der Handlung wesentlich der
- _Zweck_, der ein allgemeiner, und die _Ausführung_, die eine einzelne
- ist, vor dem Bewußtsein in ihrer Unangemessenheit stehen müßte, so
- erweist sie sich als ein solches Handeln, woran das Bewußtsein keinen
- Anteil hat, und hiemit dies Handeln eigentlich als zu _naiv_, um eine
- Handlung zu sein; es ist zu naiv, zu fasten, um von der Lust der
- Mahlzeit sich befreit, zu naiv, sich, wie Origines, andere Lust _vom
- Leibe_ wegzuschaffen, um sie abgetan zu erweisen. Die Handlung
- selbst erweist sich als ein _äußerliches_ und _einzelnes_ Tun; die
- Begierde aber ist _innerlich_ eingewurzelt, und ein _allgemeines_;
- ihre Lust verschwindet weder mit dem Werkzeuge noch durch einzelne
- Entbehrung.
- Die Aufklärung aber isoliert ihrerseits hier das _Innerliche,
- Unwirkliche_ gegen die Wirklichkeit, wie sie gegen die Innerlichkeit
- des Glaubens in seiner Anschauung und Andacht die Äußerlichkeit der
- Dingheit festhielt. Sie legt das Wesentliche in die _Absicht_, in
- den _Gedanken_, und erspart dadurch das wirkliche Vollbringen der
- Befreiung von den natürlichen Zwecken; im Gegenteil ist diese
- Innerlichkeit selbst das Formale, das an den natürlichen Trieben
- seine Erfüllung hat, welche eben dadurch gerechtfertigt sind, daß sie
- innerlich, daß sie dem _allgemeinen_ Sein, der Natur angehören.
- Die Aufklärung hat also über den Glauben darum eine unwiderstehliche
- Gewalt, daß sich in seinem Bewußtsein selbst die Momente finden,
- welche sie geltend macht. Die Wirkung dieser Kraft näher betrachtet,
- so scheint ihr Verhalten gegen ihn die _schöne_ Einheit des
- _Vertrauens_ und der unmittelbaren _Gewißheit_ zu zerreißen, sein
- _geistiges_ Bewußtsein durch niedrige Gedanken der _sinnlichen_
- Wirklichkeit zu verunreinigen, sein in seiner Unterwerfung
- _beruhigtes_ und _sicheres_ Gemüt durch die _Eitelkeit_ des
- Verstandes und des eigenen Willens und Vollbringens zu zerstören.
- Aber in der Tat leitet sie vielmehr die Aufhebung der _gedankenlosen_
- oder vielmehr _begrifflosen Trennung_ ein, welche in ihm vorhanden
- ist. Das glaubende Bewußtsein führt doppeltes Maß und Gewicht, es
- hat zweierlei Augen, zweierlei Ohren, zweierlei Zunge und Sprache, es
- hat alle Vorstellungen verdoppelt, ohne diese Doppelsinnigkeit zu
- vergleichen. Oder der Glauben lebt in zweierlei Wahrnehmungen, der
- einen, der Wahrnehmung des _schlafenden_, rein in begrifflosen
- Gedanken, der andern des wachen, rein in der sinnlichen Wirklichkeit
- lebenden Bewußtseins, und in jeder führt er eine eigene Haushaltung.
- --Die Aufklärung beleuchtet jene himmlische Welt mit den
- Vorstellungen der sinnlichen; und zeigte jener diese Endlichkeit auf,
- die der Glauben nicht verleugnen kann, weil er Selbstbewußtsein und
- hiemit die Einheit ist, welcher beide Vorstellungsweisen angehören,
- und worin sie nicht auseinanderfallen, denn sie gehören demselben
- untrennbaren _einfachen_ Selbst an, in welches er übergegangen ist.
- Der Glauben hat hiedurch den Inhalt, der sein Element erfüllte,
- verloren, und sinkt in ein dumpfes Weben des Geistes in ihm selbst
- zusammen. Er ist aus seinem Reiche vertrieben, oder dies Reich ist
- ausgeplündert, indem alle Unterscheidung und Ausbreitung desselben
- das wache Bewußtsein an sich riß, und seine Teile alle der Erde als
- ihr Eigentum vindizierte und zurückgab. Aber befriedigt ist er darum
- nicht, denn durch diese Beleuchtung ist allenthalben nur einzelnes
- Wesen entstanden, so daß den Geist nur wesenlose Wirklichkeit und von
- ihm verlaßne Endlichkeit anspricht.--Indem er ohne Inhalt ist und in
- dieser Leere nicht bleiben kann, oder indem er über das Endliche, das
- der einzige Inhalt ist, hinausgehend nur das Leere findet, ist er ein
- _reines Sehnen_; seine Wahrheit ein leeres _Jenseits_, dem sich kein
- gemäßer Inhalt mehr finden läßt, denn alles ist anders verwandt.--Der
- Glauben ist in der Tat hiemit dasselbe geworden, was die Aufklärung,
- nämlich das Bewußtsein der Beziehung des an sich seienden Endlichen
- auf das prädikatlose, unerkannte und unerkennbare Absolute; nur _daß
- sie_ die _befriedigte, er_ aber die _unbefriedigte_ Aufklärung ist.
- Es wird sich jedoch an ihr zeigen, ob sie in ihrer Befriedigung
- bleiben kann; jenes Sehnen des trüben Geistes, der über den Verlust
- seiner geistigen Welt trauert, steht im Hinterhalte. Sie selbst hat
- diesen Makel des unbefriedigten Sehnens an ihr,--_als reinen
- Gegenstand_ an ihrem _leeren_ absoluten Wesen,--als _Tun_ und
- _Bewegung_ an dem _Hinausgehen_ über ihr Einzelwesen zum unerfüllten
- Jenseits,--als _erfüllten Gegenstand_ an der _Selbstlosigkeit_ des
- Nützlichen. Sie wird diesen Makel aufheben; aus der nähern
- Betrachtung des positiven Resultates, das ihr die Wahrheit ist, wird
- sich ergeben, daß er an sich darin schon aufgehoben ist.
- b. Die Wahrheit der Aufklärung
- Das dumpfe nichts mehr in sich unterscheidende Weben des Geistes ist
- also in sich selbst jenseits des Bewußtseins getreten, welches
- dagegen sich klar geworden ist.--Das erste Moment dieser Klarheit ist
- in seiner Notwendigkeit und Bedingung dadurch bestimmt, daß die reine
- Einsicht, oder sie, die _an sich_ Begriff ist, sich verwirklicht; sie
- tut dies, indem sie das Anderssein oder die Bestimmtheit an ihr setzt.
- Auf diese Weise ist sie negative reine Einsicht, d.i. Negation des
- Begriffs; diese ist ebenso rein; und es ist damit das _reine Ding_,
- das absolute Wesen, das sonst keine weitere Bestimmung hat, geworden.
- Dies näher bestimmt, so ist sie als absoluter Begriff, ein
- Unterscheiden von Unterschieden, die keine mehr sind, von
- Abstraktionen oder reinen Begriffen, die sich selbst nicht mehr
- tragen, sondern nur durch _das Ganze der Bewegung_ Halt und
- Unterscheidung haben. Dieses Unterscheiden des Nichtunterschiednen
- besteht gerade darin, daß der absolute Begriff sich selbst zu seinem
- _Gegenstande_ macht, und jener _Bewegung_ gegenüber sich als das
- _Wesen_ setzt. Dies entbehrt hiedurch der Seite, worin die
- Abstraktionen oder Unterschiede _auseinandergehalten_ werden, und
- wird daher das _reine Denken_ als _reines Ding_.--Dies ist also eben
- jenes dumpfe bewußtlose Weben des Geistes in ihm selbst, zu dem der
- Glauben herabsank, indem er den unterschiednen Inhalt verlor;--es ist
- zugleich jene _Bewegung_ des reinen Selbstbewußtseins, der es das
- absolut fremde Jenseits sein soll. Denn weil dies reine
- Selbstbewußtsein die Bewegung in reinen Begriffen, in Unterschieden
- ist, die keine sind, so fällt es in der Tat in das bewußtlose Weben,
- d.i. in das reine _Fühlen_ oder in die reine _Dingheit_ zusammen.
- --Der sich selbst entfremdete Begriff--denn er steht hier noch auf
- der Stufe dieser Entfremdung--aber erkennt nicht dies _gleiche Wesen_
- beider Seiten, der Bewegung des Selbstbewußtseins und seines
- absoluten Wesens,--nicht das _gleiche Wesen_ derselben, welches in
- der Tat ihre Substanz und Bestehen ist. Indem er diese Einheit nicht
- erkennt, so gilt ihm das Wesen nur in der Form des gegenständlichen
- Jenseits, das unterscheidende Bewußtsein aber, das auf diese Weise
- das An-sich außer ihm hat, als ein endliches Bewußtsein.
- Über jenes absolute Wesen gerät die Aufklärung selbst mit sich in den
- Streit, den sie vorher mit dem Glauben hatte, und teilt sich in zwei
- Parteien. Eine Partei bewährt sich erst dadurch als die _siegende_,
- daß sie in zwei Parteien zerfällt; denn darin zeigt sie das Prinzip,
- das sie bekämpfte, an ihr selbst zu besitzen, und hiemit die
- Einseitigkeit aufgehoben zu haben, in der sie vorher auftrat. Das
- Interesse, das sich zwischen ihr und der andern teilte, fällt nun
- ganz in sie und vergißt der andern, weil es in ihr selbst den
- Gegensatz findet, der es beschäftigt. Zugleich aber ist er in das
- höhere siegende Element erhoben worden, worin er geläutert sich
- darstellt. So daß also die in einer Partei entstehende Zwietracht,
- welche ein Unglück scheint, vielmehr ihr Glück beweist.
- Das reine Wesen selbst hat keinen Unterschied an ihm, daher kommt er
- so an dasselbe, daß sich zwei solche reine Wesen für das Bewußtsein,
- oder ein zweifaches Bewußtsein desselben hervortut.--Das reine
- absolute Wesen ist nur in dem reinen Denken, oder vielmehr es ist das
- reine Denken selbst, also schlechthin _jenseits_ des endlichen, des
- _Selbst_bewußtseins, und nur das negative Wesen. Aber auf diese
- Weise ist es eben das _Sein_, das Negative des Selbstbewußtseins.
- Als _Negatives_ desselben ist es _auch_ darauf bezogen; es ist das
- _äußere Sein_, welches auf es, worin die Unterschiede und
- Bestimmungen fallen, bezogen die Unterschiede an ihm erhält,
- geschmeckt, gesehen, und so fort, zu werden; und das Verhältnis ist
- die _sinnliche_ Gewißheit und Wahrnehmung.
- Wird von diesem _sinnlichen_ Sein, worein jenes negative Jenseits
- notwendig übergeht, ausgegangen, aber von diesen bestimmten Weisen
- der Beziehung des Bewußtseins abstrahiert, so bleibt die reine
- _Materie_ übrig als das dumpfe Weben und Bewegen in sich selbst. Es
- ist hiebei wesentlich, dies zu betrachten, daß die _reine Materie_
- nur das ist, was _übrig_bleibt, wenn wir vom Sehen, Fühlen, Schmecken
- und so fort _abstrahieren_, das heißt, sie ist nicht das Gesehene,
- Geschmeckte, Gefühlte, und so fort; es ist nicht die _Materie_, die
- gesehen, gefühlt, geschmeckt wird, sondern die Farbe, ein Stein, ein
- Salz u.s.f.; sie ist vielmehr die _reine Abstraktion_; und dadurch
- ist das _reine Wesen_ des _Denkens_ oder das reine Denken selbst
- vorhanden, als das nicht in sich unterschiedene, nicht bestimmte,
- prädikatlose Absolute.
- Die eine Aufklärung nennt das absolute Wesen jenes prädikatlose
- Absolute, das jenseits des wirklichen Bewußtseins im Denken ist, von
- welchem ausgegangen wurde;--die andere nennt es _Materie_. Wenn sie
- als _Natur_ und Geist oder _Gott_ unterschieden würden, so würde dem
- bewußtlosen Weben in sich selbst, um Natur zu sein, der Reichtum des
- entfalteten Lebens fehlen, dem Geiste oder Gotte das sich in sich
- unterscheidende Bewußtsein. Beides ist, wie wir gesehen, schlechthin
- derselbe Begriff; der Unterschied liegt nicht in der Sache, sondern
- rein nur in dem verschiedenen Ausgangspunkte beider Bildungen, und
- darin, daß jede auf einem eigenen Punkte in der Bewegung des Denkens
- stehenbleibt. Wenn sie darüber hinwegsetzten, würden sie
- zusammentreffen und als dasselbe erkennen, was der einen, wie sie
- vorgibt, ein Greuel, der andern eine Torheit ist. Denn der einen ist
- das absolute Wesen in ihrem reinen Denken oder unmittelbar für das
- reine Bewußtsein, außer dem endlichen Bewußtsein, das _negative_
- Jenseits desselben. Würde sie darauf reflektieren, daß teils jene
- einfache Unmittelbarkeit des Denkens nichts anderes ist als das
- _reine Sein_, teils das, was _negativ_ für das Bewußtsein ist, sich
- zugleich darauf bezieht, daß im negativen Urteile das _Ist_ (Kopula)
- beide Getrennten ebenso zusammenhält,--so würde sich die Beziehung
- dieses Jenseits in der Bestimmung eines _äußern Seienden_ auf das
- Bewußtsein ergeben, und hiemit als dasselbe, was _reine Materie
- ge_nannt wird; das fehlende Moment der _Gegenwart_ wäre gewonnen.
- --Die andere Aufklärung geht von dem sinnlichen Sein aus,
- _abstrahiert_ dann von der sinnlichen Beziehung des Schmeckens,
- Sehens, und so fort, und macht es zum reinen _An-sich_, zur
- _absoluten Materie_, dem nicht Gefühlten noch Geschmeckten; dies Sein
- ist auf diese Weise das prädikatlose Einfache, Wesen des _reinen
- Bewußtseins_ geworden; es ist der reine Begriff als _an sich_ seiend,
- oder das _reine Denken in sich selbst_. Diese Einsicht macht in
- ihrem Bewußtsein nicht den entgegengesetzten Schritt vom _Seienden_,
- welches _rein_ Seiendes ist, zum Gedachten, das dasselbe ist als das
- _Rein_seiende, oder nicht vom rein Positiven zum rein Negativen;
- indem doch das Positive _rein_ schlechthin nur durch die Negation ist;
- das _rein_ Negative aber, als reines, sich in sich selbst gleich und
- eben dadurch positiv ist.--Oder beide sind nicht zum Begriffe der
- Cartesischen Metaphysik gekommen, daß _an sich Sein_ und _Denken_
- dasselbe ist, nicht zu dem Gedanken, daß _Sein, reines Sein_, nicht
- ein _konkretes Wirkliches_ ist, sondern die _reine Abstraktion_; und
- umgekehrt das reine Denken, die Sichselbstgleichheit oder das Wesen,
- teils das _Negative_ des Selbstbewußtseins und hiemit _Sein_, teils
- als unmittelbare Einfachheit ebenso nichts anderes als _Sein_ ist;
- das _Denken_ ist _Dingheit_, oder _Dingheit_ ist _Denken_.
- Das Wesen hat hier die _Entzweiung_ erst so an ihm, daß es zwei Arten
- der Betrachtungsweise angehört; teils muß das Wesen den Unterschied
- an ihm selbst haben, teils gehen eben darin die beiden
- Betrachtungsarten in _eine_ zusammen; denn die abstrakten Momente des
- reinen Seins und des Negativen, wodurch sie sich unterscheiden, sind
- alsdenn in dem Gegenstande dieser Betrachtungsweisen vereinigt.--Das
- gemeinschaftliche Allgemeine ist die Abstraktion des reinen
- Erzitterns in sich selbst, oder des reinen Sich-selbst-denkens.
- Diese einfache achsendrehende Bewegung muß sich auseinanderwerfen,
- weil sie selbst nur Bewegung ist, indem sie ihre Momente
- unterscheidet. Diese Unterscheidung der Momente läßt das Unbewegte
- als die leere Hülse des reinen _Seins_, das kein wirkliches Denken,
- kein Leben in sich selbst mehr ist, zurück; denn sie ist als der
- Unterschied aller Inhalt. Sie, die sich _außer_ jener _Einheit_
- setzt, ist aber hiemit der _nicht in sich zurückkehrende_ Wechsel der
- Momente, des _An-sich-_ und des _Für-ein-Anderes-_ und des
- _Für-sich-seins_;--die Wirklichkeit, wie sie Gegenstand für das
- wirkliche Bewußtsein der reinen Einsicht ist,--die _Nützlichkeit_.
- So schlecht die Nützlichkeit dem Glauben, oder der Empfindsamkeit,
- oder auch der sich Spekulation nennenden Abstraktion, welche sich das
- _An-sich_ fixiert, aussehen mag, so ist sie es, worin die reine
- Einsicht ihre Realisierung vollendet, und sich selbst ihr
- _Gegenstand_ ist, den sie nun nicht mehr verleugnet, und der auch
- nicht den Wert des Leeren oder des reinen Jenseits für sie hat. Denn
- die reine Einsicht ist, wie wir sahen, der seiende Begriff selbst,
- oder die sich selbst gleiche reine Persönlichkeit, so sich in sich
- unterscheidend, daß jedes der unterschiedenen selbst reiner Begriff,
- das heißt unmittelbar nicht unterschieden ist; sie ist einfaches
- reines Selbstbewußtsein, welches ebensowohl _für sich_ als _an sich_
- in einer unmittelbaren Einheit ist. Sein _An-sich-sein_ ist daher
- nicht bleibendes _Sein_, sondern hört unmittelbar auf, in seinem
- Unterschiede etwas zu sein; ein solches Sein aber, das unmittelbar
- keinen Halt hat, ist nicht _an sich_, sondern wesentlich _für ein
- Anders_, das die Macht ist, die es absorbiert. Aber dies zweite dem
- ersten, dem _An-sich_-sein, entgegengesetzte Moment verschwindet
- ebenso unmittelbar als das erste, oder als _Sein nur für Anderes_ ist
- es vielmehr das _Verschwinden_ selbst, und es ist das
- In-sich-_zurückgekehrt-_, das _Für-sich-sein gesetzt_. Dies einfache
- Für-sich-sein ist aber als die Sichselbstgleichheit vielmehr _ein
- Sein_, oder damit _für ein Anderes_.--Diese Natur der reinen Einsicht
- in der _Entfaltung ihrer Momente_ oder sie als _Gegenstand_ drückt
- das Nützliche aus. Es ist ein _an sich_ bestehendes oder Ding, dies
- An-sich-sein ist zugleich nur reines Moment; es ist somit absolut
- _für ein Anderes_, aber es ist ebenso nur für ein Anderes, als es an
- sich ist; diese entgegengesetzten Momente sind in die unzertrennliche
- Einheit des Für-sich-seins zurückgekehrt. Wenn aber das Nützliche
- wohl den Begriff der reinen Einsicht ausdrückt, so ist es jedoch
- nicht als solche, sondern sie als _Vorstellung_ oder als ihr
- _Gegenstand_; es ist nur der rastlose Wechsel jener Momente, deren
- eines zwar das In-sich-selbst-zurückgekehrt-sein selbst ist, aber nur
- als _Für-sich_-sein, d.h. als ein abstraktes gegen die andern auf die
- Seite tretendes Moment. Das Nützliche selbst ist nicht das negative
- Wesen, diese Momente in ihrer Entgegensetzung zugleich _ungetrennt_
- in _ein_ und _derselben Rücksicht_, oder als ein _Denken_ an sich zu
- haben, wie sie als reine Einsicht sind; das Moment des
- _Für-sich-seins_ ist wohl an dem Nützlichen, aber nicht so, daß es
- über die andern Momente, das _An-sich_ und das _Sein für Anderes,
- übergreift_, und somit das _Selbst_ wäre. Die reine Einsicht hat
- also an dem Nützlichen ihren eigenen Begriff in seinen _reinen_
- Momenten zum _Gegenstande_; sie ist das Bewußtsein dieser
- _Metaphysik_, aber noch nicht das Begreifen derselben; es ist noch
- nicht zu der _Einheit_ des _Seins_ und des _Begriffs_ selbst gekommen.
- Weil das Nützliche noch die Form eines Gegenstandes für sie hat,
- hat sie eine zwar nicht mehr an und für sich seiende, aber doch noch
- eine _Welt_, welche sie von sich unterscheidet. Allein indem die
- Gegensätze auf die Spitze des Begriffes herausgetreten sind, wird
- dies die nächste Stufe sein, daß sie zusammenstürzen, und die
- Aufklärung die Früchte ihrer Taten erfährt.
- Den erreichten Gegenstand in Beziehung auf diese ganze Sphäre
- betrachtet, so hatte die wirkliche Welt der Bildung sich in die
- _Eitelkeit_ des Selbstbewußtseins zusammengefaßt,--in das
- _Für-sich-sein_, das ihre Verworrenheit noch zu seinem Inhalte hat,
- und noch der _einzelne_ Begriff, noch nicht der für sich _allgemeine_
- ist. In sich aber zurückgekehrt ist er die _reine Einsicht_--das
- reine Bewußtsein als das reine _Selbst_, oder die Negativität, wie
- der Glauben ebendasselbe als das _reine Denken_ oder die Positivität.
- Der Glauben hat in jenem Selbst das ihn vervollständigende Moment;
- --aber durch diese Ergänzung untergehend, ist es nun an der reinen
- Einsicht, daß wir die beiden Momente sehen, als das absolute Wesen,
- das rein _gedacht_ oder Negatives--und als _Materie_, die das
- positive _Seiende_ ist.--Es fehlt dieser Vollständigkeit noch jene
- _Wirklichkeit_ des Selbstbewußtseins, welche dem _eiteln_ Bewußtsein
- angehört--die Welt, aus welcher das Denken sich zu sich erhob. Dies
- Fehlende ist in der Nützlichkeit insofern erreicht, als die reine
- Einsicht daran die positive Gegenständlichkeit erlangte; sie ist
- dadurch wirkliches in sich befriedigtes Bewußtsein. Diese
- Gegenständlichkeit macht nun ihre _Welt_ aus; sie ist die Wahrheit
- der vorhergehenden ganzen, der ideellen wie der reellen Welt geworden.
- Die erste Welt des Geistes ist das ausgebreitete Reich seines sich
- zerstreuenden Daseins und der vereinzelnten _Gewißheit_ seiner selbst;
- wie die Natur ihr Leben in unendlich mannigfaltige Gestalten
- zerstreut, ohne daß die _Gattung_ derselben vorhanden wäre. Die
- zweite enthält die _Gattung_, und ist das Reich des _An-sich-seins_
- oder der _Wahrheit_, entgegengesetzt jener Gewißheit. Das dritte
- aber, das Nützliche, ist die _Wahrheit_, welche ebenso die
- _Gewißheit_ seiner selbst ist. Dem Reiche der Wahrheit des
- _Glaubens_ fehlt das Prinzip der _Wirklichkeit_ oder Gewißheit seiner
- selbst als dieses _Einzelnen_. Der Wirklichkeit aber oder Gewißheit
- seiner selbst als dieses Einzelnen fehlt das _An-sich_. In dem
- Gegenstande der reinen Einsicht sind beide Welten vereinigt. Das
- Nützliche ist der Gegenstand, insofern das Selbstbewußtsein ihn
- durchschaut, und die _einzelne Gewißheit_ seiner selbst, seinen Genuß
- (sein _Für-sich-sein_) in ihm hat; es _sieht_ ihn auf diese Weise
- _ein_, und diese Einsicht enthält das _wahre_ Wesen des Gegenstandes
- (ein Durchschautes oder _für ein Anderes_ zu sein); sie ist also
- selbst _wahres Wissen_, und das Selbstbewußtsein hat ebenso
- unmittelbar die allgemeine Gewißheit seiner selbst, sein _reines
- Bewußtsein_ in diesem Verhältnisse, in welchem also ebenso _Wahrheit_
- wie Gegenwart und _Wirklichkeit_ vereinigt sind. Beide Welten sind
- versöhnt, und der Himmel auf die Erde herunter verpflanzt.
- III. Die absolute Freiheitund der Schrecken
- Das Bewußtsein hat in der Nützlichkeit seinen Begriff gefunden. Aber
- er ist teils noch _Gegenstand_, teils ebendarum noch _Zweck_, in
- dessen Besitze es sich noch nicht unmittelbar befindet. Die
- Nützlichkeit ist noch Prädikat des Gegenstandes, nicht Subjekt selbst,
- oder seine unmittelbare und einzige _Wirklichkeit_. Es ist dasselbe,
- was vorhin so erschien; daß das _Für-sich-sein_ noch nicht sich als
- die Substanz der übrigen Momente erwiesen, wodurch das Nützliche
- unmittelbar nichts anderes als das Selbst des Bewußtseins und dieses
- hiedurch in seinem Besitze wäre.--Diese Rücknahme der Form der
- Gegenständlichkeit des Nützlichen ist aber _an sich_ schon geschehen,
- und aus dieser innern Umwälzung tritt die wirkliche Umwälzung der
- Wirklichkeit, die neue Gestalt des Bewußtseins, die _absolute
- Freiheit_ hervor.
- Es ist nämlich in der Tat nicht mehr als ein leerer Schein von
- Gegenständlichkeit vorhanden, der das Selbstbewußtsein von dem
- Besitze trennt. Denn teils ist überhaupt alles Bestehen und Gelten
- der bestimmten Glieder der Organisation der wirklichen und geglaubten
- Welt in diese einfache Bestimmung als in ihren Grund und Geist
- zurückgegangen; teils aber hat diese nichts Eignes mehr für sich, sie
- ist vielmehr reine Metaphysik, reiner Begriff oder Wissen des
- Selbstbewußtseins. Von dem _An-_ und _Für-sich-sein_ des Nützlichen
- als Gegenstandes erkennt nämlich das Bewußtsein, daß _sein
- An-sich-sein_ wesentlich _Sein für Anderes_ ist; das _An-sich-sein_
- als das _Selbstlose_ ist in Wahrheit das passive, oder was für ein
- anderes Selbst ist. Der Gegenstand ist aber für das Bewußtsein in
- dieser abstrakten Form des _reinen An-sich-seins_, denn es ist reines
- _Einsehen_, dessen Unterschiede in der reinen Form der Begriffe sind.
- --Das _Für-sich-sein_ aber, in welches das Sein für Anderes
- zurückgeht, das Selbst, ist nicht ein von dem Ich verschiednes,
- eignes Selbst dessen, was Gegenstand heißt; denn das Bewußtsein als
- reine Einsicht ist nicht _einzelnes_ Selbst, dem der Gegenstand
- ebenso als _eignes_ Selbst gegenüberstünde, sondern es ist der reine
- Begriff, das Schauen des Selbsts in das Selbst, das absolute
- _Sich-selbst-_doppelt-sehen; die Gewißheit seiner ist das allgemeine
- Subjekt und sein wissender Begriff das Wesen aller Wirklichkeit.
- Wenn also das Nützliche nur der nicht in seine eigne _Einheit_
- zurückkehrende Wechsel der Momente, und daher noch Gegenstand für das
- Wissen war, so hört er auf, dieses zu sein, denn das Wissen ist
- selbst die Bewegung jener abstrakten Momente, es ist das allgemeine
- Selbst, das Selbst ebenso seiner als des Gegenstandes, und als
- allgemeines die in sich zurückkehrende Einheit dieser Bewegung.
- Hiemit ist der Geist als _absolute Freiheit_ vorhanden; er ist das
- Selbstbewußtsein, welches sich erfaßt, daß seine Gewißheit seiner
- selbst, das Wesen aller geistigen Massen der realen so wie der
- übersinnlichen Welt, oder umgekehrt, daß Wesen und Wirklichkeit das
- Wissen des Bewußtseins von _sich_ ist.--Es ist seiner reinen
- Persönlichkeit und darin aller geistigen Realität bewußt, und alle
- Realität ist nur Geistiges; die Welt ist ihm schlechthin sein Willen,
- und dieser ist allgemeiner Willen. Und zwar ist er nicht der leere
- Gedanke des Willens, der in stillschweigende oder repräsentierte
- Einwilligung gesetzt wird, sondern reell allgemeiner Willen, Willen
- aller _Einzelner_ als solcher. Denn der Willen ist an sich das
- Bewußtsein der Persönlichkeit oder eines jeden, und als dieser
- wahrhafte wirkliche Willen soll er sein, als _selbst_bewußtes Wesen
- aller und jeder Persönlichkeit, so daß jeder immer ungeteilt alles
- tut, und was als Tun des Ganzen auftritt, das unmittelbare und
- bewußte Tun eines _Jeden_ ist.
- Diese ungeteilte Substanz der absoluten Freiheit erhebt sich auf den
- Thron der Welt, ohne daß irgendeine Macht ihr Widerstand zu leisten
- vermöchte. Denn indem in Wahrheit das Bewußtsein allein das Element
- ist, worin die geistigen Wesen oder Mächte ihre Substanz haben, so
- ist ihr ganzes System, das sich durch die Teilung in Massen
- organisierte und erhielt, zusammengefallen, nachdem das einzelne
- Bewußtsein den Gegenstand so erfaßt, daß er kein anderes Wesen habe
- als das Selbstbewußtsein selbst, oder daß er absolut der Begriff ist.
- Was den Begriff zum seienden _Gegenstande_ machte, war seine
- Unterscheidung in abgesonderte _bestehende_ Massen; indem aber der
- Gegenstand zum Begriffe wird, ist nichts Bestehendes mehr an ihm; die
- Negativität hat alle seine Momente durchdrungen. Er tritt so in die
- Existenz, daß jedes einzelne Bewußtsein aus der Sphäre, der es
- zugeteilt war, sich erhebt, nicht mehr in dieser besonderten Masse
- sein Wesen und sein Werk findet, sondern sein Selbst als den
- _Begriff_ des Willens, alle Massen als Wesen dieses Willens erfaßt,
- und sich hiemit auch nur in einer Arbeit verwirklichen kann, welche
- ganze Arbeit ist. In dieser absoluten Freiheit sind also alle Stände,
- welche die geistigen Wesen sind, worein sich das Ganze gliedert,
- getilgt; das einzelne Bewußtsein, das einem solchen Gliede angehörte,
- und in ihm wollte und vollbrachte, hat seine Schranke aufgehoben:
- sein Zweck ist der allgemeine Zweck, seine Sprache das allgemeine
- Gesetz, sein Werk das allgemeine Werk.
- Der Gegenstand und der _Unterschied_ hat hier die Bedeutung der
- _Nützlichkeit_, die Prädikat alles realen Seins war, verloren; das
- Bewußtsein fängt seine Bewegung nicht an ihm an als _einem Fremden_,
- von dem aus es erst in sich zurückkehrte, sondern der Gegenstand ist
- ihm das Bewußtsein selbst; der Gegensatz besteht also allein in dem
- Unterschiede des _einzelnen_ und _allgemeinen_ Bewußtseins; aber das
- einzelne ist sich unmittelbar selbst dasjenige, was nur _den Schein_
- des Gegensatzes hatte, es ist allgemeines Bewußtsein und Willen. Das
- _Jenseits_ dieser seiner Wirklichkeit schwebt über dem Leichname der
- verschwundnen Selbstständigkeit des realen oder geglaubten Seins nur
- als die Ausdünstung eines faden Gases, des leeren Être suprême.
- Es ist nach Aufhebung der unterschiedenen geistigen Massen, und des
- beschränkten Lebens der Individuen sowie seiner beiden Welten also
- nur die Bewegung des allgemeinen Selbstbewußtseins in sich selbst
- vorhanden, als eine Wechselwirkung desselben in der Form der
- _Allgemeinheit_ und des _persönlichen_ Bewußtseins; der allgemeine
- Willen geht _in sich_, und ist _einzelner_ Willen, dem das allgemeine
- Gesetz und Werk gegenübersteht. Aber dies _einzelne_ Bewußtsein ist
- sich seiner ebenso unmittelbar als allgemeinen Willens bewußt; es ist
- sich bewußt, daß sein Gegenstand von ihm gegebenes Gesetz und von ihm
- vollbrachtes Werk ist; in Tätigkeit übergehend und Gegenständlichkeit
- erschaffend, macht es also nichts Einzelnes, sondern nur Gesetze und
- Staatsaktionen.
- Diese Bewegung ist hiedurch die Wechselwirkung des Bewußtseins mit
- sich selbst, worin es nichts in der Gestalt eines _freien_ ihm
- gegenübertretenden _Gegenstandes_ entläßt. Es folgt daraus, daß es
- zu keinem positiven Werke, weder zu allgemeinen Werken der Sprache
- noch der Wirklichkeit, weder zu Gesetzen und allgemeinen
- Einrichtungen der _bewußten_, noch zu Taten und Werken der
- _wollenden_ Freiheit kommen kann.--Das Werk, zu welchem die sich
- _Bewußtsein_ gebende Freiheit sich machen könnte, würde darin
- bestehen, daß sie als _allgemeine_ Substanz sich zum _Gegenstande_
- und _bleibenden Sein_ machte. Dies Anderssein wäre der Unterschied
- an ihr, wornach sie sich in bestehende geistige Massen und in die
- Glieder verschiedener Gewalten teilte; teils daß diese Massen die
- _Gedankendinge_ einer gesonderten gesetzgebenden, richterlichen und
- ausübenden _Gewalt_ wären, teils aber die _realen Wesen_, die sich in
- der realen Welt der Bildung ergaben, und indem der Inhalt des
- allgemeinen Tuns näher beachtet würde, die besondern Massen des
- Arbeitens, welche weiter als speziellere _Stände_ unterschieden
- werden.--Die allgemeine Freiheit, die sich auf diese Weise in ihre
- Glieder gesondert, und ebendadurch zur _seienden_ Substanz gemacht
- hätte, wäre dadurch frei von der einzelnen Individualität und teilte
- die _Menge_ der _Individuen_ unter ihre verschiedenen Glieder. Das
- Tun und Sein der Persönlichkeit fände sich aber dadurch auf einen
- Zweig des Ganzen, auf eine Art des Tuns und Seins beschränkt; in das
- Element des _Seins_ gesetzt, erhielte sie die Bedeutung einer
- _bestimmten_; sie hörte auf, in Wahrheit allgemeines Selbstbewußtsein
- zu sein. Dieses läßt sich dabei nicht durch die _Vorstellung_ des
- Gehorsams unter _selbstgegebenen_ Gesetzen, die ihm einen Teil
- zuwiesen, noch durch seine _Repräsentation_ beim Gesetzgeben und
- allgemeinen Tun um die _Wirklichkeit_ betriegen,--nicht um die
- Wirklichkeit, _selbst_ das Gesetz zu geben, und nicht ein einzelnes
- Werk, sondern das Allgemeine _selbst_ zu vollbringen; denn wobei das
- Selbst nur _repräsentiert_ und _vorgestellt_ ist, da ist es nicht
- _wirklich_; wo es _vertreten_ ist, ist es nicht.
- Wie in diesem _allgemeinen Werke_ der absoluten Freiheit als
- daseiender Substanz sich das einzelne Selbstbewußtsein nicht findet,
- ebensowenig in eigentlichen _Taten_ und _individuellen_ Handlungen
- ihres Willens. Daß das Allgemeine zu einer Tat komme, muß es sich in
- das Eins der Individualität zusammennehmen, und ein einzelnes
- Selbstbewußtsein an die Spitze stellen; denn der allgemeine Willen
- ist nur in einem Selbst, das Eines ist, _wirklicher_ Willen. Dadurch
- aber sind _alle andern Einzelnen_ von dem _Ganzen_ dieser Tat
- ausgeschlossen, und haben nur einen beschränkten Anteil an ihr, so
- daß die Tat nicht Tat des _wirklichen allgemeinen_ Selbstbewußtseins
- sein würde.--Kein positives Werk noch Tat kann also die allgemeine
- Freiheit hervorbringen; es bleibt ihr nur das _negative Tun_; sie ist
- nur die _Furie_ des Verschwindens.
- Aber die höchste und der allgemeinen Freiheit entgegengesetzteste
- Wirklichkeit oder vielmehr der einzige Gegenstand, der für sie noch
- wird, ist die Freiheit und Einzelnheit des wirklichen
- Selbstbewußtseins selbst. Denn jene Allgemeinheit, die sich nicht zu
- der Realität der organischen Gegliederung kommen läßt, und in der
- ungeteilten Kontinuität sich zu erhalten den Zweck hat, unterscheidet
- sich in sich zugleich, weil sie Bewegung oder Bewußtsein überhaupt
- ist. Und zwar um ihrer eignen Abstraktion willen trennt sie sich in
- ebenso abstrakte Extreme, in die einfache unbiegsam kalte
- Allgemeinheit, und in die diskrete absolute harte Sprödigkeit und
- eigensinnige Punktualität des wirklichen Selbstbewußtseins. Nachdem
- sie mit der Vertilgung der realen Organisation fertig geworden und
- nun für sich besteht, ist dies ihr einziger Gegenstand--ein
- Gegenstand, der keinen andern Inhalt, Besitz, Dasein und äußerliche
- Ausdehnung mehr hat, sondern er ist nur dies Wissen von sich als
- absolut reinem und freiem einzelnem Selbst. An was er erfaßt werden
- kann, ist allein sein _abstraktes_ Dasein überhaupt.--Das Verhältnis
- also dieser beiden, da sie unteilbar absolut für sich sind, und also
- keinen Teil in die Mitte schicken können, wodurch sie sich
- verknüpften, ist die ganz _unvermittelte_ reine Negation; und zwar
- die Negation des Einzelnen als _Seienden_ in dem Allgemeinen. Das
- einzige Werk und Tat der allgemeinen Freiheit ist daher der _Tod_,
- und zwar ein _Tod_, der keinen innern Umfang und Erfüllung hat, denn
- was negiert wird, ist der unerfüllte Punkt des absolut freien Selbsts;
- er ist also der kälteste, platteste Tod, ohne mehr Bedeutung als das
- Durchhauen eines Kohlhaupts oder ein Schluck Wassers.
- In der Plattheit dieser Silbe besteht die Weisheit der Regierung, der
- Verstand des allgemeinen Willens, sich zu vollbringen. Die Regierung
- ist selbst nichts anders als der sich festsetzende Punkt oder die
- Individualität des allgemeinen Willens. Sie, ein Wollen und
- Vollbringen, das aus einem Punkte ausgeht, will und vollbringt
- zugleich eine bestimmte Anordnung und Handlung. Sie schließt damit
- einerseits die übrigen Individuen aus ihrer Tat aus, andererseits
- konstituiert sie sich dadurch als eine solche, die ein bestimmter
- Willen und dadurch dem allgemeinen Willen entgegengesetzt ist; sie
- kann daher schlechterdings nicht anders denn als eine _Faktion_ sich
- darstellen. Die _siegende_ Faktion nur heißt Regierung, und eben
- darin, daß sie Faktion ist, liegt unmittelbar die Notwendigkeit ihres
- Untergangs; und daß sie Regierung ist, dies macht sie umgekehrt zur
- Faktion und schuldig. Wenn der allgemeine Willen sich an ihr
- wirkliches Handeln als an das Verbrechen hält, das sie gegen ihn
- begeht, so hat sie dagegen nichts Bestimmtes und Äußeres, wodurch die
- Schuld des ihr entgegengesetzten Willens sich darstellte; denn ihr
- als dem _wirklichen_ allgemeinen Willen steht nur der unwirkliche
- reine Willen, die _Absicht_, gegenüber. _Verdächtigwerden_ tritt
- daher an die Stelle oder hat die Bedeutung und Wirkung des
- _Schuldigseins_, und die äußerliche Reaktion gegen diese Wirklichkeit,
- die in dem einfachen Innern der Absicht liegt, besteht in dem
- trocknen Vertilgen dieses seienden Selbsts, an dem nichts sonst
- wegzunehmen ist als nur sein Sein selbst.
- In diesem ihrem eigentümlichen _Werke_ wird die absolute Freiheit
- sich zum Gegenstande, und das Selbstbewußtsein erfährt, was sie ist.
- _An sich_ ist sie eben dies _abstrakte Selbstbewußtsein_, welches
- allen Unterschied und alles Bestehen des Unterschiedes in sich
- vertilgt. Als dieses ist sie sich der Gegenstand; der _Schrecken_
- des Todes ist die Anschauung dieses ihres negativen Wesens. Diese
- seine Realität findet aber das absolut freie Selbstbewußtsein ganz
- anders, als ihr Begriff von ihr selbst war, daß nämlich der
- allgemeine Willen nur das _positive_ Wesen der Persönlichkeit sei,
- und diese in ihm sich nur positiv oder erhalten wisse. Sondern hier
- ist für es, das als reine Einsicht sein positives und negatives
- Wesen--das prädikatlose Absolute als reines _Denken_ und als reine
- _Materie_--schlechthin trennt, der absolute _Übergang_ von dem einen
- in das andere in seiner Wirklichkeit vorhanden.--Der allgemeine
- Willen, als absolut _positives_ wirkliches Selbstbewußtsein, schlägt,
- weil es diese zum _reinen_ Denken oder zur _abstrakten_ Materie
- _gesteigerte_ selbstbewußte Wirklichkeit ist, in das _negative_ Wesen
- um, und erweist sich ebenso _Aufheben_ des _Sich-selbst-denkens_ oder
- des Selbstbewußtseins zu sein.
- Die absolute Freiheit hat also als _reine_ Sichselbstgleichheit des
- allgemeinen Willens die _Negation_, damit aber _den Unterschied_
- überhaupt an ihr, und entwickelt diesen wieder als _wirklichen_
- Unterschied. Denn die reine _Negativität_ hat an dem
- sichselbstgleichen allgemeinen Willen das _Element_ des _Bestehens_
- oder die _Substanz_, worin ihre Momente sich realisieren, sie hat die
- Materie, welche sie in ihre Bestimmtheit verwenden kann; und insofern
- diese Substanz sich als das Negative für das einzelne Bewußtsein
- gezeigt hat, bildet sich also wieder die Organisation der geistigen
- Massen aus, denen die Menge der individuellen Bewußtsein zugeteilt
- wird. Diese, welche die Furcht ihres absoluten Herrn, des Todes,
- empfunden, lassen sich die Negation und die Unterschiede wieder
- gefallen, ordnen sich unter die Massen, und kehren zu einem geteilten
- und beschränkten Werke, aber dadurch zu ihrer substantiellen
- Wirklichkeit zurück.
- Der Geist wäre aus diesem Tumulte zu seinem Ausgangspunkte, der
- sittlichen und realen Welt der Bildung, zurückgeschleudert, welche
- durch die Furcht des Herrn, die wieder in die Gemüter gekommen, nur
- erfrischt und verjüngt worden. Der Geist müßte diesen Kreislauf der
- Notwendigkeit von neuem durchlaufen und immer wiederholen, wenn nur
- die vollkommne Durchdringung des Selbstbewußtseins und der Substanz
- das Resultat wäre--eine Durchdringung, worin das Selbstbewußtsein,
- das die gegen es negative Kraft seines allgemeinen Wesens erfahren,
- sich nicht als dieses Besondre, sondern nur als Allgemeines wissen
- und finden wollte, und daher auch die gegenständliche es als
- Besonders ausschließende Wirklichkeit des allgemeinen Geistes
- ertragen könnte.--Aber in der absoluten Freiheit war nicht weder das
- Bewußtsein, das in mannigfaltiges Dasein versenkt ist, oder das sich
- bestimmte Zwecke und Gedanken festsetzt, noch eine _äußere_ geltende
- Welt, es sei der Wirklichkeit oder des Denkens, miteinander in
- Wechselwirkung, sondern die Welt schlechthin in der Form des
- Bewußtseins, als allgemeiner Willen und ebenso das Selbstbewußtsein
- zusammengezogen aus allem ausgedehnten Dasein oder mannigfaltigem
- Zweck und Urteil in das einfache Selbst. Die Bildung, die es in der
- Wechselwirkung mit jenem Wesen erlangt, ist daher die erhabenste und
- letzte, seine reine einfache Wirklichkeit unmittelbar verschwinden
- und in das leere Nichts übergehen zu sehen. In der Welt der Bildung
- selbst kommt es nicht dazu, seine Negation oder Entfremdung in dieser
- Form der reinen Abstraktion anzuschauen; sondern seine Negation ist
- die erfüllte; entweder die Ehre oder der Reichtum, die es an die
- Stelle des Selbsts, dessen es sich entfremdete, gewinnt;--oder die
- Sprache des Geistes und der Einsicht, die das zerrissene Bewußtsein
- erlangt; oder sie ist der Himmel des Glaubens, oder das Nützliche der
- Aufklärung. Alle diese Bestimmungen sind in dem Verluste, den das
- Selbst in der absoluten Freiheit erfährt, verloren; seine Negation
- ist der bedeutungslose Tod, der reine Schrecken des Negativen, das
- nichts Positives, nichts Erfüllendes in ihm hat.--Zugleich aber ist
- diese Negation in ihrer Wirklichkeit nicht ein _Fremdes_, sie ist
- weder die allgemeine jenseits liegende _Notwendigkeit_, worin die
- sittliche Welt untergeht, noch der einzelne Zufall des eignen
- Besitzes oder der Laune des Besitzenden, von dem das zerrißne
- Bewußtsein sich abhängig sieht,--sondern sie ist der _allgemeine
- Willen_, der in dieser seiner letzten Abstraktion nichts Positives
- hat, und daher nichts für die Aufopferung zurückgeben kann,--aber
- eben darum ist er unvermittelt eins mit dem Selbstbewußtsein, oder er
- ist das rein Positive, weil er das rein Negative ist; und der
- bedeutungslose Tod, die unerfüllte Negativität des Selbsts schlägt im
- innern Begriffe zur absoluten Positivität um. Für das Bewußtsein
- verwandelt sich die unmittelbare Einheit seiner mit dem allgemeinen
- Willen, seine Foderung, sich als diesen bestimmten Punkt im
- allgemeinen Willen zu wissen, in die schlechthin entgegengesetzte
- Erfahrung um. Was ihm darin verschwindet, ist das abstrakte _Sein_
- oder die Unmittelbarkeit des substanzlosen Punkts, und diese
- verschwundne Unmittelbarkeit ist der allgemeine Willen selbst, als
- welchen es sich nun weiß, insofern es _aufgehobne Unmittelbarkeit_,
- insofern es reines Wissen oder reiner Willen ist. Hiedurch weiß es
- ihn als sich selbst und sich als Wesen, aber nicht als das
- _unmittelbar seiende_ Wesen, weder ihn als die revolutionäre
- Regierung oder als die die Anarchie zu konstituieren strebende
- Anarchie, noch sich als Mittelpunkt dieser Faktion oder der ihr
- entgegengesetzten, sondern der _allgemeine Willen_ ist sein _reines
- Wissen und Wollen_, und _es_ ist allgemeiner Willen, als dieses reine
- Wissen und Wollen. Es verliert darin nicht _sich selbst_, denn das
- reine Wissen und Wollen ist vielmehr es, als der atome Punkt des
- Bewußtseins. Es ist also die Wechselwirkung des reinen Wissens mit
- sich selbst; das reine _Wissen_ als _Wesen_ ist der allgemeine Willen;
- aber dieses _Wesen_ ist schlechthin nur das reine Wissen. Das
- Selbstbewußtsein ist also das reine Wissen von dem Wesen als reinem
- Wissen. Es ferner als _einzelnes Selbst_ ist nur die Form des
- Subjekts oder wirklichen Tuns, die von ihm als _Form_ gewußt wird;
- ebenso ist für es die _gegenständliche_ Wirklichkeit, das _Sein_,
- schlechthin selbstlose Form; denn sie wäre das nicht gewußte; dies
- Wissen aber weiß das Wissen als das Wesen.
- Die absolute Freiheit hat also den Gegensatz des allgemeinen und
- einzelnen Willens mit sich selbst ausgeglichen; der sich entfremdete
- Geist, auf die Spitze seines Gegensatzes getrieben, in welchem das
- reine Wollen und das rein Wollende noch unterschieden sind, setzt ihn
- zur durchsichtigen Form herab, und findet darin sich selbst.--Wie das
- Reich der wirklichen Welt in das Reich des Glaubens und der Einsicht
- übergeht, so geht die absolute Freiheit aus ihrer sich selbst
- zerstörenden Wirklichkeit in ein anderes Land des selbstbewußten
- Geistes über, worin sie in dieser Unwirklichkeit als das Wahre gilt,
- an dessen Gedanken er sich labt, insofern er _Gedanke_ ist und bleibt,
- und dieses in das Selbstbewußtsein eingeschlossene Sein als das
- vollkommne und vollständige Wesen weiß. Es ist die neue Gestalt des
- _moralischen Geistes_ entstanden.
- C. Der seiner selbst gewisse Geist.Die Moralität
- Die sittliche Welt zeigte den in ihr nur abgeschiednen Geist, _das
- einzelne Selbst_, als ihr Schicksal und ihre Wahrheit. Diese
- _Person_ des _Rechts_ aber hat ihre Substanz und Erfüllung außer ihr.
- Die Bewegung der Welt der Bildung und des Glaubens hebt diese
- Abstraktion der Person auf, und durch die vollendete Entfremdung,
- durch die höchste Abstraktion, wird dem Selbst des Geistes die
- Substanz zuerst zum _allgemeinen Willen_, und endlich zu seinem
- Eigentum. Hier also scheint das Wissen endlich seiner Wahrheit
- vollkommen gleich geworden zu sein; denn seine Wahrheit ist dies
- Wissen selbst, und aller Gegensatz beider Seiten verschwunden; und
- zwar nicht _für uns_, oder _an sich_, sondern für das
- Selbstbewußtsein selbst. Es ist nämlich über den Gegensatz des
- Bewußtseins selbst Meister geworden. Dieses beruht auf dem
- Gegensatze der Gewißheit seiner selbst und des Gegenstandes; nun aber
- ist der Gegenstand ihm selbst die Gewißheit seiner, das Wissen--so
- wie die Gewißheit seiner selbst als solche nicht mehr eigne Zwecke
- hat, also nicht mehr in der Bestimmtheit, sondern reines Wissen ist.
- Das Wissen des Selbstbewußtseins ist ihm also die _Substanz_ selbst.
- Sie ist für es ebenso _unmittelbar_ als absolut _vermittelt_ in einer
- ungetrennten Einheit. _Unmittelbar_--wie das sittliche Bewußtsein
- weiß und tut es selbst die Pflicht und gehört ihr als seiner Natur an;
- aber es ist nicht _Charakter_, wie dieses, das um seiner
- Unmittelbarkeit willen ein bestimmter Geist ist, nur einer der
- sittlichen Wesenheiten angehört, und die Seite hat, _nicht zu wissen_.
- --Es ist _absolute Vermittlung_, wie das sich bildende und das
- glaubende Bewußtsein; denn es ist wesentlich die Bewegung des Selbsts,
- die Abstraktion des _unmittelbaren Daseins_ aufzuheben und sich
- Allgemeines zu werden;--aber weder durch reine Entfremdung und
- Zerreißung seines Selbsts und der Wirklichkeit, noch durch die Flucht.
- Sondern es ist sich _unmittelbar_ in seiner Substanz _gegenwärtig_,
- denn sie ist sein Wissen, sie ist die angeschaute reine Gewißheit
- seiner selbst; und eben _diese Unmittelbarkeit_, die seine eigne
- Wirklichkeit ist, ist alle Wirklichkeit, denn das Unmittelbare ist
- das _Sein_ selbst, und als die reine durch die absolute Negativität
- geläuterte Unmittelbarkeit ist sie reines, ist sie Sein überhaupt
- oder _alles_ Sein.
- Das absolute Wesen ist daher nicht in der Bestimmung erschöpft, das
- einfache _Wesen_ des _Denkens_ zu sein, sondern es ist alle
- _Wirklichkeit_, und diese Wirklichkeit ist nur als Wissen; was das
- Bewußtsein nicht wüßte, hätte keinen Sinn und kann keine Macht für es
- sein; in seinen wissenden Willen hat sich alle Gegenständlichkeit und
- Welt zurückgezogen. Es ist absolut frei, darin, daß es seine
- Freiheit weiß, und eben dies Wissen seiner Freiheit ist seine
- Substanz und Zweck und einziger Inhalt.
- a. Die moralische Weltanschauung
- Das Selbstbewußtsein weiß die Pflicht als das absolute Wesen; es ist
- nur durch sie gebunden, und diese Substanz ist sein eignes reines
- Bewußtsein; die Pflicht kann nicht die Form eines Fremden für es
- erhalten. So aber in sich selbst beschlossen ist das moralische
- Selbstbewußtsein noch nicht als _Bewußtsein_ gesetzt und betrachtet.
- Der Gegenstand ist unmittelbares Wissen, und so rein von dem Selbst
- durchdrungen ist er nicht Gegenstand. Aber wesentlich die
- Vermittlung und Negativität, hat es in seinem Begriffe die Beziehung
- auf ein _Anderssein_, und ist Bewußtsein. Dies Anderssein ist
- einerseits, weil die Pflicht seinen einzigen wesentlichen Zweck und
- Gegenstand ausmacht, für es eine völlig _bedeutungslose_ Wirklichkeit.
- Weil dies Bewußtsein aber so vollkommen in sich beschlossen ist, so
- verhält es sich gegen dies Anderssein vollkommen frei und
- gleichgültig, und das Dasein ist daher andererseits ein vom
- Selbstbewußtsein völlig freigelassenes, sich ebenso nur auf sich
- beziehendes Dasein; je freier das Selbstbewußtsein wird, desto freier
- auch der negative Gegenstand seines Bewußtseins. Er ist hiedurch
- eine zur eignen Individualität in sich vollendete Welt, ein
- selbstständiges Ganzes eigentümlicher Gesetze, sowie ein
- selbstständiger Gang und freie Verwirklichung derselben,--eine
- _Natur_ überhaupt, deren Gesetze wie ihr Tun ihr selbst angehören,
- als einem Wesen, das unbekümmert um das moralische Selbstbewußtsein
- ist, wie dieses um sie.
- Von dieser Bestimmung an bildet sich eine _moralische Weltanschauung_
- aus, die in der _Beziehung_ des _moralischen_ An- und Für-sich-seins
- und des _natürlichen_ An- und Für-sich-seins besteht. Dieser
- Beziehung liegt zum Grunde sowohl die völlige _Gleichgültigkeit_ und
- eigne _Selbstständigkeit_ der _Natur_ und der _moralischen_ Zwecke
- und Tätigkeit gegeneinander, als auf der andern Seite das Bewußtsein
- der alleinigen Wesenheit der Pflicht und der völligen
- Unselbstständigkeit und Unwesenheit der Natur. Die moralische
- Weltanschauung enthält die Entwicklung der Momente, die in dieser
- Beziehung so ganz widerstreitender Voraussetzungen enthalten sind.
- Zuerst also ist das moralische Bewußtsein überhaupt vorausgesetzt;
- die Pflicht gilt ihm als das Wesen, ihm, das _wirklich_ und _tätig_
- ist, und in seiner Wirklichkeit und Tat die Pflicht erfüllt. Für
- dies moralische Bewußtsein ist aber zugleich die vorausgesetzte
- Freiheit der Natur, oder es _erfährt_, daß die Natur unbekümmert
- darum ist, ihm das Bewußtsein der Einheit seiner Wirklichkeit mit der
- ihrigen zu geben, und es also _vielleicht glücklich_ werden läßt,
- _vielleicht_ auch _nicht_. Das unmoralische Bewußtsein dagegen
- findet vielleicht zufälligerweise seine Verwirklichung, wo das
- moralische nur _Veranlassung_ zum Handeln, aber durch dasselbe nicht
- das Glück der Ausführung und des Genusses der Vollbringung ihm zuteil
- werden sieht. Es findet daher vielmehr Grund zu Klagen über solchen
- Zustand der Unangemessenheit seiner und des Daseins, und der
- Ungerechtigkeit, die es darauf einschränkt, seinen Gegenstand nur als
- _reine Pflicht_ zu haben, aber ihm denselben und _sich_ verwirklicht
- zu sehen versagt.
- Das moralische Bewußtsein kann nicht auf die Glückseligkeit Verzicht
- tun, und dies Moment aus seinem absoluten Zwecke weglassen. Der
- Zweck, der als _reine Pflicht_ ausgesprochen wird, hat wesentlich
- dies an ihm, dies _einzelne_ Selbstbewußtsein zu enthalten; die
- _individuelle Überzeugung_ und das Wissen von ihr machten ein
- absolutes Moment der Moralität aus. Dieses Moment an dem
- _gegenständlich_ gewordenen _Zwecke_, an der _erfüllten_ Pflicht, ist
- das sich als verwirklicht anschauende _einzelne_ Bewußtsein, oder der
- _Genuß_, der hiemit im Begriffe zwar nicht unmittelbar der Moralität
- als _Gesinnung_ betrachtet liegt, allein im Begriffe der
- _Verwirklichung_ derselben. Hiedurch aber liegt er auch in ihr als
- _Gesinnung_; denn diese geht darauf, nicht Gesinnung im Gegensatze
- des Handelns zu bleiben, sondern zu _handeln_, oder sich zu
- verwirklichen. Der Zweck als das Ganze mit dem Bewußtsein seiner
- Momente ausgesprochen ist also dies, daß die erfüllte Pflicht
- ebensowohl rein moralische Handlung als realisierte _Individualität_
- sei, und die _Natur_, als die Seite der _Einzelnheit_ gegen den
- abstrakten Zweck, _eins_ sei mit diesem.--So notwendig die Erfahrung
- von der Disharmonie beider Seiten ist, weil die Natur frei ist,
- ebenso ist auch die Pflicht allein das Wesentliche, und die Natur
- gegen sie das Selbstlose. Jener ganze _Zweck_, den die Harmonie
- ausmacht, enthält die Wirklichkeit selbst in sich. Er ist zugleich
- der _Gedanke_ der _Wirklichkeit_. Die Harmonie der Moralität und der
- Natur oder--indem die Natur nur insofern in Betracht kömmt, als das
- Bewußtsein ihre Einheit mit ihm erfährt--die Harmonie der Moralität
- und der Glückseligkeit ist _gedacht_ als notwendig _seiend_, oder sie
- ist _postuliert_. Denn _Fodern_ drückt aus, daß etwas _seiend_
- gedacht wird, das noch nicht wirklich ist; eine Notwendigkeit nicht
- des _Begriffes_ als Begriffes, sondern des _Seins_. Aber die
- Notwendigkeit ist zugleich wesentlich die Beziehung durch den Begriff.
- Das gefoderte _Sein_ gehört also nicht dem Vorstellen des
- zufälligen Bewußtseins an, sondern es liegt im Begriffe der Moralität
- selbst, dessen wahrer Inhalt die _Einheit_ des _reinen_ und
- _einzelnen_ Bewußtseins ist; dem letztern gehört dies an, daß diese
- Einheit _für es_ als eine Wirklichkeit sei, was im _Inhalte_ des
- Zwecks Glückseligkeit, in seiner _Form_ aber Dasein überhaupt ist.
- --Dies gefoderte Dasein oder die Einheit beider ist darum nicht ein
- Wunsch oder, als Zweck betrachtet, nicht ein solcher, dessen
- Erreichung noch ungewiß wäre, sondern er ist eine Foderung der
- Vernunft, oder unmittelbare Gewißheit und Voraussetzung derselben.
- Jene erste Erfahrung und dies Postulat ist nicht das einzige, sondern
- es tut sich ein ganzer Kreis von Postulaten auf. Die Natur ist
- nämlich nicht nur diese ganz freie _äußerliche_ Weise, in welcher als
- einem reinen Gegenstande das Bewußtsein seinen Zweck zu realisieren
- hätte. Dieses ist _an ihm selbst_ wesentlich ein solches, _für
- welches_ dies andere freie Wirkliche ist, d.h. es ist selbst ein
- zufälliges und natürliches. Diese Natur, die ihm die seinige ist,
- ist die _Sinnlichkeit_, die in der _Gestalt_ des Wollens, als
- _Triebe_ und _Neigungen_, für sich eigene _bestimmte_ Wesenheit oder
- _einzelne Zwecke_ hat, also dem reinen Willen und seinem reinen
- Zwecke entgegengesetzt ist. Gegen diese Entgegensetzung aber ist dem
- reinen Bewußtsein vielmehr die Beziehung der Sinnlichkeit auf es,
- ihre absolute Einheit mit ihm das Wesen. Beides, das reine Denken
- und die Sinnlichkeit des Bewußtseins, sind _an sich Ein Bewußtsein_,
- und das reine Denken ist eben dieses, für welches und in welchem
- diese reine Einheit ist; für es aber als Bewußtsein ist der Gegensatz
- seiner selbst und der Triebe. In diesem Widerstreit der Vernunft und
- der Sinnlichkeit ist für jene dies das Wesen, daß er sich auflöse,
- und als _Resultat die_ Einheit beider hervorgehen die nicht jene
- _ursprüngliche_, daß beide in _einem_ Individuum sind, sondern eine
- solche ist, die aus dem _gewußten_ Gegensatze beider hervorgeht.
- Solche Einheit erst ist die _wirkliche_ Moralität, denn in ihr ist
- der Gegensatz, wodurch das Selbst Bewußtsein oder erst wirkliches und
- in der Tat Selbst und zugleich Allgemeines ist, enthalten; oder es
- ist diejenige _Vermittlung_ darin ausgedrückt, welche der Moralität,
- wie wir sehen, wesentlich ist.--Indem unter den beiden Momenten des
- Gegensatzes die Sinnlichkeit schlechthin das _Anderssein_ oder das
- Negative, hingegen das reine Denken der Pflicht das Wesen ist, von
- welchem nichts aufgegeben werden kann, so scheint die hervorgebrachte
- Einheit nur durch das Aufheben der Sinnlichkeit zustande kommen zu
- können. Da sie aber selbst Moment dieses Werdens, das Moment der
- _Wirklichkeit_ ist, so wird man sich für die Einheit zunächst mit dem
- Ausdrucke begnügen müssen, daß die Sinnlichkeit der Moralität _gemäß_
- sei.--Diese Einheit ist gleichfalls ein _postuliertes Sein_, sie
- _ist_ nicht _da_; denn was _da ist_, ist das Bewußtsein, oder der
- Gegensatz der Sinnlichkeit und des reinen Bewußtseins. Sie ist aber
- zugleich nicht ein An-sich wie das erste Postulat, worin die freie
- Natur eine Seite ausmacht, und die Harmonie derselben mit dem
- moralischen Bewußtsein daher außer diesem fällt; sondern die Natur
- ist hier diejenige, welche an ihm selbst, und es ist hier um die
- Moralität als solche zu tun, um eine Harmonie, welche die eigne des
- tuenden Selbsts ist; das Bewußtsein hat sie daher selbst zustande zu
- bringen, und in der Moralität immer Fortschritte zu machen. Die
- _Vollendung_ derselben aber ist ins _Unendliche hinauszuschieben_;
- denn wenn sie wirklich einträte, so höbe sich das moralische
- Bewußtsein auf. Denn die _Moralität_ ist nur moralisches
- _Bewußtsein_ als das negative Wesen, für dessen reine Pflicht die
- Sinnlichkeit nur eine _negative_ Bedeutung, nur _nicht gemäß_ ist.
- In der Harmonie aber verschwindet die _Moralität_ als _Bewußtsein_
- oder ihre _Wirklichkeit_, wie in dem moralischen _Bewußtsein_ oder
- der Wirklichkeit ihre _Harmonie_ verschwindet. Die Vollendung ist
- darum nicht wirklich zu erreichen, sondern nur als eine _absolute
- Aufgabe_ zu denken, das heißt als eine solche, welche schlechthin
- Aufgabe bleibt. Zugleich ist jedoch ihr Inhalt als ein solcher zu
- denken, der schlechthin _sein_ müsse, und nicht Aufgabe bleibe; es
- sei nun, daß man sich in diesem Ziele das Bewußtsein ganz aufgehoben,
- oder auch nicht, vorstelle; wie es eigentlich damit zu halten, läßt
- sich in der dunkeln Ferne der Unendlichkeit, wohin eben deswegen die
- Erreichung des Ziels zu schieben ist, nicht mehr deutlich
- unterscheiden. Es wird eigentlich gesagt werden müssen, daß die
- bestimmte Vorstellung nicht interessieren und nicht gesucht werden
- soll, weil dies auf Widersprüche führt,--einer Aufgabe, die Aufgabe
- bleiben und doch erfüllt werden, einer Moralität, die nicht
- Bewußtsein, nicht wirklich mehr sein soll. Durch die Betrachtung
- aber, daß die vollendete Moralität einen Widerspruch enthielte, wurde
- die Heiligkeit der Moralischen Wesenheit leiden, und die absolute
- Pflicht als etwas Unwirkliches erscheinen.
- Das erste Postulat war die Harmonie der Moralität und der
- gegenständlichen Natur, der Endzweck der _Welt_; das andere die
- Harmonie der Moralität und des sinnlichen Willens, der Endzweck des
- _Selbstbewußtseins_ als solchen; das erste also die Harmonie in der
- Form des _An-sich_-, das andere in der Form des _Für-sich-seins_.
- Was aber diese beiden extremen Endzwecke, die gedacht sind, als Mitte
- verbindet, ist die Bewegung des _wirklichen_ Handelns selbst. Sie
- sind Harmonien, deren Momente in ihrer abstrakten Unterschiedenheit
- noch nicht zum Gegenstande geworden; dies geschieht in der
- Wirklichkeit, worin die Seiten im eigentlichen Bewußtsein, jede als
- die _andre_ der andern auftritt. Die hiedurch entstehenden Postulate
- enthalten, wie vorher nur die getrennten _an sich_ und _für sich
- seiende_ Harmonien, itzt _an und für sich_ seiende.
- Das moralische Bewußtsein ist als das _einfache Wissen_ und _Wollen_
- der reinen _Pflicht_ im Handeln auf den seiner Einfachheit
- entgegengesetzten Gegenstand--auf die Wirklichkeit des
- _mannigfaltigen Falles_ bezogen, und hat dadurch ein mannigfaltiges
- moralisches _Verhältnis_. Es entstehen hier dem Inhalte nach die
- _vielen_ Gesetze überhaupt, und der Form nach die widersprechenden
- Mächte des wissenden Bewußtseins und des Bewußtlosen.--Was fürs erste
- die _vielen Pflichten_ betrifft, so gilt dem moralischen Bewußtsein
- überhaupt nur die _reine Pflicht_ in ihnen; die _vielen Pflichten_
- als viele sind _bestimmte_ und daher als solche für das moralische
- Bewußtsein nichts Heiliges. Zugleich aber durch den Begriff des
- _Handelns_, das eine mannigfaltige Wirklichkeit und daher eine
- mannigfaltige moralische Beziehung in sich schließt, _notwendig_,
- müssen sie als an und für sich seiend betrachtet werden. Da sie
- ferner nur in einem moralischen _Bewußtsein_ sein können, sind sie
- zugleich in einem andern als jenem, dem nur die reine Pflicht als die
- reine an und für sich und heilig ist.
- Es ist also postuliert, daß ein _anderes_ Bewußtsein sei, welches sie
- heiligt, oder welches sie als Pflichten weiß und will. Das erste
- erhält die reine Pflicht _gleichgültig_ gegen allen _bestimmten
- Inhalt_, und die Pflicht ist nur diese Gleichgültigkeit gegen ihn.
- Das andere aber enthält die ebenso wesentliche Beziehung auf das
- Handeln und die _Notwendigkeit_ des _bestimmten_ Inhalts; indem ihm
- die Pflichten als _bestimmte_ Pflichten gelten, so ist ihm damit der
- Inhalt als solcher ebenso wesentlich als die Form, wodurch er Pflicht
- ist. Dies Bewußtsein ist hiedurch ein solches, worin das Allgemeine
- und das Besondere schlechthin eins ist, sein Begriff also derselbe
- als der Begriff der Harmonie der Moralität und Glückseligkeit. Denn
- dieser Gegensatz drückt ebenso die Trennung des _sich selbst
- gleichen_ moralischen Bewußtseins von der Wirklichkeit aus, die als
- das _vielfache Sein_ dem einfachen Wesen der Pflicht widerstreitet.
- Wenn aber das erste Postulat nur die _seiende_ Harmonie der Moralität
- und der Natur ausdrückt, weil die Natur darin dies Negative des
- Selbstbewußtseins, das Moment des _Seins_ ist, so ist hingegen itzt
- dies _An-sich_ wesentlich als Bewußtsein gesetzt. Denn das Seiende
- hat nun die Form des _Inhalts_ der _Pflicht_, oder ist die
- _Bestimmtheit_ an der _bestimmten Pflicht_. Das An-sich ist also die
- Einheit solcher, welche als _einfache Wesenheiten_, Wesenheiten des
- Denkens, und daher nur in einem Bewußtsein sind. Dieses ist also
- nunmehr ein Herr und Beherrscher der Welt, der die Harmonie der
- Moralität und der Glückseligkeit hervorbringt, und zugleich die
- Pflichten als _viele_ heiligt. Das letztere heißt soviel, daß dem
- Bewußtsein der _reinen Pflicht_ die bestimmte nicht unmittelbar
- heilig sein kann; weil sie aber um des wirklichen Handelns, das ein
- bestimmtes ist, gleichfalls _notwendig_ ist, so fällt ihre
- Notwendigkeit außer jenem Bewußtsein in ein anderes, das somit das
- vermittelnde der bestimmten und reinen Pflicht und der Grund ist, daß
- jene auch gilt.
- In der wirklichen Handlung aber verhält sich das Bewußtsein als
- dieses Selbst, als ein vollkommen einzelnes; es ist auf die
- Wirklichkeit als solche gerichtet, und hat sie zum Zwecke; denn es
- will vollbringen. Es fällt also die _Pflicht überhaupt_ außer es in
- ein anderes Wesen, das Bewußtsein und der heilige Gesetzgeber der
- reinen Pflicht ist. Dem handelnden, eben weil es handelndes ist,
- gilt das Andere der reinen Pflicht unmittelbar, diese ist also Inhalt
- eines andern Bewußtseins und nur mittelbar, nämlich in diesem, jenem
- heilig.
- Weil es hiemit gesetzt ist, daß das Gelten der Pflicht als des _an
- und für sich_ Heiligen außerhalb des wirklichen Bewußtseins fällt, so
- steht dieses hiedurch überhaupt als das _unvollkommne_ moralische
- Bewußtsein auf der einen Seite. Sowohl seinem _Wissen_ nach weiß es
- sich also als ein solches, dessen Wissen und Überzeugung
- unvollständig und zufällig ist; ebenso seinem _Wollen_ nach als ein
- solches, dessen Zwecke mit Sinnlichkeit affiziert sind. Um seiner
- Unwürdigkeit willen kann es daher die Glückseligkeit nicht notwendig,
- sondern als etwas Zufälliges ansehen, und sie nur aus Gnade erwarten.
- Ob aber schon seine Wirklichkeit unvollkommen ist, so gilt doch
- seinem _reinen_ Willen und Wissen die Pflicht als das Wesen; im
- Begriffe, insofern er der Realität entgegengesetzt ist, oder im
- Denken ist es also vollkommen. Das absolute Wesen aber ist eben dies
- Gedachte und jenseits der Wirklichkeit Postulierte; es ist daher der
- Gedanke, in welchem das moralisch unvollkommne Wissen und Wollen für
- vollkommen gilt, hiemit auch, indem es dasselbe für vollwichtig nimmt,
- die Glückseligkeit nach der Würdigkeit, nämlich nach dem ihm
- _zugeschriebenen Verdienst_ erteilt.
- Die Weltanschauung ist hierin vollendet; denn in dem Begriffe des
- moralischen Selbstbewußtseins sind die beiden Seiten reine Pflicht
- und Wirklichkeit in _einer_ Einheit gesetzt, und dadurch die eine wie
- andre nicht als an und für sich seiend, sondern als _Moment_ oder als
- aufgehoben. Dies wird in dem letzten Teile der moralischen
- Weltanschauung für das Bewußtsein; die reine Pflicht nämlich setzt es
- in ein andres Wesen, als es selbst ist, d.h. es setzt sie teils als
- ein _Vorgestelltes_, teils als ein solches, das nicht das ist, was an
- und für sich gilt, sondern das Nichtmoralische gilt vielmehr als
- vollkommen. Ebenso sich selbst setzt es als ein solches, dessen
- Wirklichkeit, die der Pflicht unangemessen ist, aufgehoben, und, als
- _aufgehobne_ oder in der _Vorstellung_ des absoluten Wesens, der
- Moralität nicht mehr widerspricht.
- Für das moralische Bewußtsein selbst hat jedoch seine moralische
- Weltanschauung nicht die Bedeutung, daß es in ihr seinen eignen
- Begriff entwickelt und ihn sich zum Gegenstande macht; es hat weder
- ein Bewußtsein über diesen Gegensatz der Form, noch auch über den
- Gegensatz dem Inhalte nach, dessen Teile es nicht untereinander
- bezieht und vergleicht, sondern in seiner Entwicklung sich, ohne der
- zusammenhaltende _Begriff_ der Momente zu sein, fortwälzt. Denn es
- weiß nur das _reine Wesen_, oder den Gegenstand, insofern er _Pflicht,
- _ insofern er _abstrakter_ Gegenstand seines reinen Bewußtseins ist,
- als reines Wissen oder als sich selbst. Es verhält sich also nur
- denkend, nicht begreifend. Daher ist ihm der Gegenstand seines
- _wirklichen_ Bewußtseins noch nicht durchsichtig; es ist nicht der
- absolute Begriff, der allein das _Anderssein_ als solches, oder sein
- absolutes Gegenteil als sich selbst erfaßt. Seine eigne Wirklichkeit
- sowie alle gegenständliche Wirklichkeit gilt ihm zwar als das
- _Unwesentliche_; aber seine Freiheit ist die Freiheit des reinen
- Denkens, welcher darum zugleich die Natur gegenüber als ein ebenso
- Freies entstanden ist. Weil beides auf gleiche Weise in ihm ist, die
- _Freiheit des Seins_ und das Eingeschlossensein desselben in das
- Bewußtsein, so wird sein Gegenstand als ein _seiender_, der
- _zugleich_ nur _gedacht_; in dem letzten Teile seiner Anschauung wird
- der Inhalt wesentlich so gesetzt, daß sein _Sein_ ein _vorgestelltes_
- ist, und diese Verbindung des Seins und des Denkens als das
- ausgesprochen, was sie in der Tat ist, das _Vorstellen_.
- Indem wir die moralische Weltanschauung so betrachten, daß diese
- gegenständliche Weise nichts anderes ist als der Begriff des
- moralischen Selbstbewußtseins selbst, den es sich gegenständlich
- macht, so ergibt sich durch dies Bewußtsein über die Form ihres
- Ursprungs eine andere Gestalt ihrer Darstellung.--Das erste nämlich,
- wovon ausgegangen wird, ist das _wirkliche_ moralische
- Selbstbewußtsein, oder daß _es ein solches gibt_. Denn der Begriff
- setzt es in der Bestimmung, daß ihm alle Wirklichkeit überhaupt Wesen
- nur insofern hat, als sie der Pflicht gemäß ist, und er setzt dies
- Wesen als Wissen, d.h. in unmittelbarer Einheit mit dem wirklichen
- Selbst; diese Einheit ist somit selbst wirklich, sie _ist_ ein
- moralisches wirkliches Bewußtsein.--Dieses nun als Bewußtsein stellt
- sich seinen Inhalt als Gegenstand vor, nämlich als _Endzweck der
- Welt_, als Harmonie der Moralität und aller Wirklichkeit. Indem es
- aber diese Einheit als _Gegenstand_ vorstellt, und noch nicht der
- Begriff ist, der die Macht über den Gegenstand als solchen hat, so
- ist sie ihm ein Negatives des Selbstbewußtseins, oder sie fällt außer
- ihm, als ein Jenseits seiner Wirklichkeit, aber zugleich als ein
- solches, das _auch_ als _seiend_, aber nur gedacht wird.
- Was ihm, das als Selbstbewußtsein ein _anderes_ denn der Gegenstand
- ist, hiemit übrig bleibt, ist die Nichtharmonie des
- Pflichtbewußtseins und der Wirklichkeit, und zwar seiner eignen. Der
- Satz lautet hiemit itzt so: _es gibt kein moralisch vollendetes
- wirkliches_ Selbstbewußtsein;--und da das Moralische überhaupt nur
- ist, insofern es vollendet ist, denn die Pflicht ist das _reine_
- unvermischte _An-sich_, und die Moralität besteht nur in der
- Angemessenheit zu diesem Reinen, so heißt der zweite Satz überhaupt
- so, daß es _kein moralisch Wirkliches_ gibt.
- Indem es aber drittens _ein_ Selbst ist, so ist es _an sich_ die
- Einheit der Pflicht und der Wirklichkeit; diese Einheit wird ihm also
- Gegenstand, als die vollendete Moralität,--aber als ein _Jenseits_
- seiner Wirklichkeit,--aber das doch wirklich sein soll.
- In diesem Ziele der synthetischen Einheit der beiden ersten Sätze ist
- die selbstbewußte Wirklichkeit sowohl als die Pflicht nur als
- aufgehobnes Moment gesetzt; denn keines ist einzeln, aber sie, in
- deren wesentlichen Bestimmung ist, _frei von dem andern_ zu sein,
- sind somit jedes in der Einheit nicht mehr frei von dem andern, also
- jedes aufgehoben, und somit werden sie dem Inhalt nach als solche
- Gegenstand, deren _jedes für das andre gilt_, und der Form nach, so
- daß diese Austauschung derselben zugleich nur _vorgestellt_ ist.
- --Oder das _wirklich nicht_ Moralische, weil es ebenso reines Denken
- und über seine Wirklichkeit erhaben ist, ist in der Vorstellung doch
- moralisch, und wird für vollgültig genommen. Es wird hiedurch der
- erste Satz, daß es ein moralisches Selbstbewußtsein gibt, hergestellt,
- aber verbunden mit dem zweiten, daß es keines _gibt_, nämlich es
- _gibt_ eines, aber nur in der Vorstellung; oder es gibt zwar keines,
- aber es wird von einem andern doch dafür gelten gelassen.
- b. Die Verstellung
- In der moralischen Weltanschauung sehen wir einesteils das Bewußtsein
- _selbst_ seinen Gegenstand mit _Bewußtsein erzeugen_; wir sehen es
- denselben weder als ein Fremdes vorfinden, noch auch ihn bewußtlos
- ihm werden, sondern es verfährt überall nach einem Grunde, aus
- welchem es das _gegenständliche Wesen setzt_; es weiß dasselbe also
- als sich selbst, denn es weiß sich als das _tätige_, das es erzeugt.
- Es scheint somit hier zu seiner Ruhe und Befriedigung zu kommen, denn
- diese kann es nur da finden, wo es über seinen Gegenstand nicht mehr
- hinauszugehen braucht, weil dieser nicht mehr über es hinausgeht.
- Auf der andern Seite aber setzt es selbst ihn vielmehr _außer sich_
- hinaus, als ein Jenseits seiner. Aber dies Anundfürsichseiende ist
- ebenso als ein solches gesetzt, das nicht frei vom Selbstbewußtsein,
- sondern zum Behuf des letztern und durch dasselbe sei.
- Die moralische Weltanschauung ist daher in der Tat nichts anderes als
- die Ausbildung dieses zum Grunde liegenden Widerspruchs nach seinen
- verschiedenen Seiten; sie ist, um einen Kantischen Ausdruck hier, wo
- er am passendsten ist, zu gebrauchen, ein _ganzes Nest_ gedankenloser
- Widersprüche. Das Bewußtsein verhält sich in dieser Entwicklung so,
- daß es ein Moment festsetzt, und von da unmittelbar zum andern
- übergeht, und das erste aufhebt; wie es aber nun dies zweite
- _aufgestellt hat, verstellt_ es _auch_ dasselbe wieder, und macht
- vielmehr das Gegenteil zum Wesen. Zugleich ist es sich seines
- Widerspruches und _Verstellens auch_ bewußt, denn es geht von einem
- Momente _unmittelbar_ in _Beziehung auf dieses selbst_ zu dem
- entgegengesetzten über; _weil_ ein Moment keine Realität für es hat,
- setzt es eben dasselbe als _reell_, oder, was dasselbe ist, um _ein
- Moment_ als an sich seiend zu behaupten, behauptet es das
- _entgegengesetzte_ als das ansichseiende. Es bekennt damit, daß es
- ihm in der Tat mit keinem derselben Ernst ist. Dies ist in den
- Momenten dieser schwindelnden Bewegung näher zu betrachten.
- Lassen wir die Voraussetzung, daß es ein wirkliches moralisches
- Bewußtsein gibt, zuerst auf sich beruhen, weil sie unmittelbar nicht
- in Beziehung auf etwas Vorhergehendes gemacht wird, und wenden uns an
- die Harmonie der Moralität und der Natur, das erste Postulat. Sie
- soll _an sich_ sein, nicht für das wirkliche Bewußtsein, nicht
- gegenwärtig, sondern die Gegenwart ist vielmehr nur der Widerspruch
- beider. In der Gegenwart ist die _Moralität_ als _vorhanden_
- angenommen, und die Wirklichkeit so gestellt, daß sie nicht in
- Harmonie mit ihr sei. Das _wirkliche_ moralische Bewußtsein aber ist
- ein _handelndes_; darin besteht eben die Wirklichkeit seiner
- Moralität. Im _Handeln_ selbst aber ist jene Stellung unmittelbar
- verstellt; denn das Handeln ist nichts anderes als die Verwirklichung
- des innern moralischen Zwecks, nichts anderes, als die Hervorbringung
- einer durch den _Zweck bestimmten Wirklichkeit_, oder der Harmonie
- des moralischen Zwecks und der Wirklichkeit selbst. Zugleich ist die
- Vollbringung der Handlung für das Bewußtsein, sie ist die _Gegenwart_
- dieser Einheit der Wirklichkeit und des Zweckes; und weil in der
- vollbrachten Handlung das Bewußtsein sich als dieses Einzelne
- verwirklicht, oder das Dasein in es zurückgekehrt anschaut, und der
- Genuß hierin besteht, so ist in der Wirklichkeit des moralischen
- Zwecks zugleich auch diejenige Form derselben enthalten, welche Genuß
- und Glückseligkeit genannt wird.--Das Handeln erfüllt also in der Tat
- unmittelbar dasjenige, was nicht stattzufinden aufgestellt war, und
- nur ein Postulat, nur Jenseits sein sollte. Das Bewußtsein spricht
- es also durch die Tat aus, daß es mit dem Postulieren nicht Ernst ist,
- weil der Sinn des Handelns vielmehr dieser ist, das zur Gegenwart zu
- machen, was nicht in der Gegenwart sein sollte. Und indem um des
- Handelns willen die Harmonie postuliert wird--was nämlich durch das
- Handeln _wirklich_ werden soll, muß _an sich_ so sein, sonst wäre die
- Wirklichkeit nicht _möglich_--, so ist der Zusammenhang des Handelns
- und des Postulats so beschaffen, daß um des Handelns, d.h. um der
- _wirklichen_ Harmonie des Zwecks und der Wirklichkeit willen diese
- Harmonie als _nicht wirklich_, als _jenseits_, gesetzt wird.
- Indem _gehandelt_ wird, ist es also mit der _Unangemessenheit_ des
- Zwecks und der Wirklichkeit überhaupt nicht Ernst; dagegen scheint es
- mit dem _Handeln_ selbst Ernst zu sein. Aber in der Tat ist die
- wirkliche Handlung nur Handlung des _einzelnen_ Bewußtseins, also
- selbst nur etwas Einzelnes und das Werk zufällig. Der Zweck der
- Vernunft aber als der allgemeine, alles umfassende Zweck ist nichts
- Geringeres als die ganze Welt; ein Endzweck, der weit über den Inhalt
- dieser einzelnen Handlung hinausgeht, und daher überhaupt über alles
- wirkliche Handeln hinauszustellen ist. Weil das allgemeine Beste
- ausgeführt werden soll, wird nichts Gutes getan. In der Tat aber ist
- die _Nichtigkeit_ des wirklichen Handelns, und die _Realität_ nur des
- _ganzen_ Zwecks, die itzt aufgestellt sind, nach allen Seiten auch
- wieder verstellt. Die moralische Handlung ist nicht etwas Zufälliges
- und Beschränktes, denn sie hat die reine _Pflicht_ zu ihrem Wesen;
- diese macht den _einzigen ganzen_ Zweck aus; und die Handlung also
- als Verwirklichung desselben ist bei aller sonstigen Beschränkung des
- Inhalts die Vollbringung des ganzen absoluten Zwecks. Oder wenn
- wieder die Wirklichkeit als Natur, die ihre _eignen_ Gesetze hat und
- der reinen Pflicht entgegengesetzt ist, genommen wird, so daß also
- die Pflicht ihr Gesetz nicht in ihr realisieren kann, so ist es,
- indem die Pflicht als solche das Wesen ist, in der Tat _nicht um die
- Vollbringung_ der reinen Pflicht, welche der ganze Zweck ist, zu tun;
- denn die Vollbringung hätte vielmehr nicht die reine Pflicht, sondern
- das ihr Entgegengesetzte, die _Wirklichkeit_, zum Zwecke. Aber daß
- es nicht um die Wirklichkeit zu tun sei, ist wieder verstellt; denn
- nach dem Begriffe des moralischen Handelns ist die reine Pflicht
- wesentlich _tätiges_ Bewußtsein; es soll also allerdings gehandelt,
- die absolute Pflicht in der ganzen Natur ausgedrückt und das
- Moralgesetz Naturgesetz werden.
- Lassen wir also dieses _höchste Gut_ als das Wesen gelten, so ist es
- dem Bewußtsein mit der Moralität überhaupt nicht Ernst. Denn in
- diesem höchsten Gute hat die Natur nicht ein anderes Gesetz, als die
- Moralität hat. Somit fällt das moralische Handeln selbst hinweg,
- denn das Handeln ist nur unter der Voraussetzung eines Negativen, das
- durch die Handlung aufzuheben ist. Ist aber die Natur dem
- Sittengesetze gemäß, so würde ja dieses durch das Handeln, durch das
- Aufheben des Seienden verletzt.--Es wird also in jener Annahme als
- der wesentliche Zustand ein solcher eingestanden, worin das
- moralische Handeln überflüssig ist, und gar nicht stattfindet. Das
- Postulat der Harmonie der Moralität und der Wirklichkeit--einer
- Harmonie, die durch den Begriff des moralischen Handelns, beide in
- Übereinstimmung zu bringen, gesetzt ist--drückt sich also auch von
- dieser Seite so aus: weil das moralische Handeln der absolute Zweck
- ist, so ist der absolute Zweck, daß das moralische Handeln gar nicht
- vorhanden sei.
- Stellen wir diese Momente, durch die das Bewußtsein sich in seinem
- moralischen Vorstellen fortwälzte, zusammen, so erhellt, daß es jedes
- wieder in seinem Gegenteile aufhebt. Es geht davon aus, daß _für es_
- die Moralität und Wirklichkeit nicht harmoniere, aber es ist ihm
- damit nicht Ernst, denn in der Handlung ist _für es_ die Gegenwart
- dieser Harmonie. Es ist ihm aber auch mit diesem _Handeln_, da es
- etwas Einzelnes ist, nicht Ernst; denn es hat einen so hohen Zweck,
- _das höchste Gut_. Dies ist aber wieder nur eine Verstellung der
- Sache, denn darin fiele alles Handeln und alle Moralität hinweg. Oder
- es ist ihm eigentlich mit dem _moralischen_ Handeln nicht Ernst,
- sondern das Wünschenswerteste, Absolute ist, daß das höchste Gut
- ausgeführt und das moralische Handeln überflüssig wäre.
- Von diesem Resultate muß das Bewußtsein in seiner widersprechenden
- Bewegung sich weiter fortwälzen, und das _Aufheben_ des moralischen
- Handelns notwendig wieder verstellen. Die Moralität ist das An-sich;
- daß sie statthabe, kann der Endzweck der Welt nicht ausgeführt sein,
- sondern das moralische Bewußtsein muß _für sich_ sein, und eine ihm
- _entgegengesetzte Natur_ vorfinden. Aber es an ihm selbst muß
- vollendet sein. Dies führt zum zweiten Postulate der Harmonie seiner
- und der Natur, welche an ihm unmittelbar ist, der Sinnlichkeit. Das
- moralische Selbstbewußtsein stellt seinen Zweck als rein, als von
- Neigungen und Trieben unabhängig auf, so daß er die Zwecke der
- Sinnlichkeit in sich vertilgt hat.--Allein diese aufgestellte
- Aufhebung des sinnlichen Wesens verstellt es wieder. Es handelt,
- bringt seinen Zweck zur Wirklichkeit, und die selbstbewußte
- Sinnlichkeit, welche aufgehoben sein soll, ist gerade diese Mitte
- zwischen dem reinen Bewußtsein und der Wirklichkeit,--sie ist das
- Werkzeug des erstern zu seiner Verwirklichung oder das Organ, und das,
- was Trieb, Neigung genannt wird. Es ist daher nicht Ernst mit dem
- Aufheben der Neigungen und Triebe, denn eben sie sind das _sich
- verwirklichende Selbstbewußtsein_. Aber sie sollen auch nicht
- _unterdrückt_, sondern der Vernunft nur _gemäß_ sein. Sie sind ihr
- auch gemäß, denn das moralische _Handeln_ ist nichts anderes als das
- sich verwirklichende, also sich die Gestalt eines _Triebes_ gebende
- Bewußtsein, das heißt, es ist unmittelbar die gegenwärtige Harmonie
- des Triebs und der Moralität. Aber in der Tat ist der Trieb nicht
- nur diese leere Gestalt, die eine andere Feder, als er selbst ist, in
- sich haben und von ihr getrieben werden könnte. Denn die
- Sinnlichkeit ist eine Natur, die ihre eigenen Gesetze und
- Springfedern an ihr selbst hat; es kann der Moralität daher nicht
- Ernst damit sein, die Triebfeder der Triebe, der Neigungswinkel der
- Neigungen zu sein. Denn indem diese ihre eigne feste Bestimmtheit
- und eigentümlichen Inhalt haben, so wäre vielmehr das Bewußtsein, dem
- sie gemäß wären, ihnen gemäß; eine Gemäßheit, welche sich das
- moralische Selbstbewußtsein verbittet. Die Harmonie beider ist also
- nur _an sich_ und _postuliert_.--In dem moralischen Handeln war
- soeben die _gegenwärtige_ Harmonie der Moralität und der Sinnlichkeit
- aufgestellt, dies aber _ist nun_ verstellt; sie ist jenseits des
- Bewußtseins in einer neblichten Ferne, worin nichts mehr genau zu
- unterscheiden noch zu begreifen ist; denn mit dem Begreifen dieser
- Einheit, das wir soeben versuchten, ging es nicht.--In diesem An-sich
- gibt aber überhaupt das Bewußtsein sich auf. Dieses An-sich ist
- seine moralische Vollendung, worin der Kampf der Moralität und der
- Sinnlichkeit aufgehört hat, und die letztere der erstern auf eine
- Weise gemäß ist, die nicht zu fassen ist.--Darum ist diese Vollendung
- wieder nur eine Verstellung der Sache, denn in der Tat gäbe in ihr
- vielmehr die _Moralität_ selbst sich auf, denn sie ist nur Bewußtsein
- des absoluten Zwecks als des _reinen_, also im _Gegensatze_ gegen
- alle andern Zwecke; sie ist ebenso die _Tätigkeit_ dieses reinen
- Zwecks, als sie sich der Erhebung über die Sinnlichkeit, der
- Einmischung derselben und ihres Gegensatzes und Kampfes mit ihr
- bewußt ist.--Daß es mit der moralischen Vollendung nicht Ernst ist,
- spricht das Bewußtsein unmittelbar selbst darin aus, daß es sie in
- die _Unendlichkeit_ hinaus verstellt, das heißt, sie als niemals
- vollendet behauptet.
- Vielmehr ist ihm also nur dieser Zwischenzustand der Nichtvollendung
- das Gültige; ein Zustand, der aber doch ein _Fortschreiten_ zur
- Vollendung wenigstens sein soll. Allein er kann auch dies nicht sein,
- denn das Fortschreiten in der Moralität wäre vielmehr ein Zugehen
- zum Untergang derselben. Das Ziel nämlich wäre das obige Nichts oder
- Aufheben der Moralität und des Bewußtseins selbst; dem Nichts aber
- immer näher und näher kommen, heißt _abnehmen_. Außerdem nähme
- _Fortschreiten_ überhaupt ebenso wie _Abnehmen_ Unterschiede der
- Größe in der Moralität an; allein von diesen kann in ihr keine Rede
- sein. In ihr als dem Bewußtsein, welchem der sittliche Zweck die
- _reine_ Pflicht ist, ist an eine Verschiedenheit überhaupt nicht, am
- wenigsten an den oberflächlichen der Größe zu denken; es gibt nur
- _eine_ Tugend, nur _eine_ reine Pflicht, nur _eine_ Moralität.
- Indem es also mit der moralischen Vollendung nicht Ernst ist, sondern
- vielmehr mit dem Mittelzustande, d.h. wie soeben erörtert, mit der
- Nichtmoralität, so kommen wir von einer andern Seite auf den Inhalt
- des ersten Postulats zurück. Es ist nämlich nicht abzusehen, wie
- Glückseligkeit für dies moralische Bewußtsein um seiner _Würdigkeit_
- willen zu fodern ist. Es ist seiner Nichtvollendung sich bewußt, und
- kann daher die Glückseligkeit in der Tat nicht als Verdienst, nicht
- als etwas, dessen es würdig wäre, fodern, sondern sie nur aus einer
- freien Gnade, das heißt, die Glückseligkeit als _solche_ an und für
- sich selbst verlangen, und nicht aus jenem absoluten Grunde, sondern
- nach Zufall und Willkür erwarten.--Die Nichtmoralität spricht eben
- hierin aus, was sie ist,--daß es nicht um die Moralität, sondern um
- die Glückseligkeit an und für sich ohne Beziehung auf jene zu tun ist.
- Durch diese zweite Seite der moralischen Weltanschauung wird auch
- noch die andere Behauptung der erstern aufgehoben, worin die
- Disharmonie der Moralität und Glückseligkeit vorausgesetzt wird.--Es
- will nämlich die Erfahrung gemacht werden, daß es in dieser Gegenwart
- dem Moralischen oft schlecht, dem Unmoralischen hingegen oft
- glücklich gehe. Allein der Zwischenzustand der unvollendeten
- Moralität, der sich als das Wesentliche ergeben hat, zeigt offenbar,
- daß diese Wahrnehmung und seinsollende Erfahrung nur eine Verstellung
- der Sache ist. Denn da die Moralität unvollendet, das heißt, die
- Moralität in der Tat _nicht_ ist, was kann an der Erfahrung sein, daß
- es ihr schlecht gehe?--Indem es zugleich herausgekommen, daß es um
- die Glückseligkeit an und für sich zu tun ist, so zeigt es sich, daß
- bei Beurteilung, es gehe dem Unmoralischen gut, nicht ein Unrecht
- gemeint war, das hier stattfinde. Die Bezeichnung eines Individuums
- als eines unmoralischen fällt, indem die Moralität überhaupt
- unvollendet ist, _an sich_ hinweg, hat also nur einen willkürlichen
- Grund. Der Sinn und Inhalt des Urteils der Erfahrung ist dadurch
- allein dieser, daß einigen die Glückseligkeit an und für sich nicht
- zukommen sollte, das heißt, er ist _Neid_, der sich zum Deckmantel
- die Moralität nimmt. Der Grund aber, warum andern das sogenannte
- Glück zuteil werden sollte, ist die gute Freundschaft, die ihnen und
- sich selbst, diese Gnade, d.h. diesen Zufall _gönnt_ und _wünscht_.
- Die Moralität also im moralischen Bewußtsein ist unvollendet; dies
- ist es, was itzt aufgestellt wird, aber es ist ihr Wesen, nur das
- _vollendete Reine_ zu sein; die unvollendete Moralität ist daher
- unrein, oder sie ist Immoralität. Die Moralität selbst ist also in
- einem andern Wesen als in dem wirklichen Bewußtsein; es ist ein
- heiliger moralischer Gesetzgeber.--Die im Bewußtsein _unvollendete_
- Moralität, welche der Grund dieses Postulierens ist, hat _zunächst_
- die Bedeutung, daß die Moralität, indem sie im Bewußtsein als
- _wirklich_ gesetzt wird, in der Beziehung auf ein _Anderes_, auf ein
- Dasein steht, also selbst an ihr das Anderssein oder den Unterschied
- erhält, wodurch eine vielfache Menge von moralischen Geboten entsteht.
- Das moralische Selbstbewußtsein hält aber zugleich diese _vielen_
- Pflichten für unwesentlich; denn es ist nur um die _eine_ reine
- Pflicht zu tun, und _für es_ haben sie, insofern sie _bestimmte_ sind,
- keine Wahrheit. Sie können ihre Wahrheit also nur in einem Andern
- haben, und sind, was sie für es nicht sind, heilig durch einen
- heiligen Gesetzgeber.--Allein dies ist selbst wieder nur eine
- Verstellung der Sache. Denn das moralische Selbstbewußtsein ist sich
- das Absolute, und Pflicht schlechthin nur das, was _es_ als Pflicht
- _weiß_. Es weiß aber nur die reine Pflicht als Pflicht; was ihm
- nicht heilig ist, ist an sich nicht heilig, und was an sich nicht
- heilig ist, kann durch das heilige Wesen nicht geheiliget werden. Es
- ist dem moralischen Bewußtsein auch überhaupt damit nicht Ernst,
- etwas _durch ein anderes_ Bewußtsein, als es selbst ist, heiligen zu
- lassen; denn es ist ihm schlechthin nur das heilig, was ihm durch
- _sich selbst und in ihm_ heilig ist.--Es ist also ebensowenig damit
- Ernst, daß dies andere Wesen ein heiliges sei, denn in ihm sollte
- etwas zur Wesenheit gelangen, was für das moralische Bewußtsein, d.h.
- an sich keine Wesenheit hat.
- Wenn das heilige Wesen postuliert wurde, daß in ihm die Pflicht nicht
- als reine Pflicht, sondern als eine Vielheit _bestimmter_ Pflichten
- ihre Gültigkeit hätte, so muß also dieses wieder verstellt, und das
- andere Wesen allein insofern heilig sein, als in ihm nur _die reine
- Pflicht_ Gültigkeit hat. Die reine Pflicht hat auch in der Tat
- Gültigkeit nur in einem andern Wesen, nicht in dem moralischen
- Bewußtsein. Obschon in ihm die reine Moralität allein zu gelten
- scheint, so muß doch dieses anders gestellt werden, denn es ist
- zugleich natürliches Bewußtsein. Die Moralität ist in ihm von der
- Sinnlichkeit affiziert und bedingt, also nicht an und für sich,
- sondern eine Zufälligkeit des freien _Willens_; in ihm aber als
- reinem _Willen_ eine Zufälligkeit des _Wissens_; _an und für sich_
- ist die Moralität daher in einem andern Wesen.
- Dieses Wesen ist also hier die rein vollendete Moralität darum, weil
- sie in ihm nicht in Beziehung auf Natur und Sinnlichkeit steht.
- Allein die _Realität_ der reinen Pflicht ist ihre _Verwirklichung_ in
- Natur und Sinnlichkeit. Das moralische Bewußtsein setzt seine
- Unvollkommenheit darein, daß in ihm die Moralität eine _positive_
- Beziehung auf die Natur und Sinnlichkeit hat, da ihm dies für ein
- wesentliches Moment derselben gilt, daß sie schlechthin nur eine
- _negative_ Beziehung darauf habe. Das reine moralische Wesen dagegen,
- weil es erhaben über den _Kampf_ mit der Natur und Sinnlichkeit ist,
- steht nicht in einer _negativen_ Beziehung darauf. Es bleibt ihm
- also in der Tat nur die _positive_ Beziehung darauf übrig, d.h. eben
- dasjenige, was soeben als das Unvollendete, als das Unmoralische galt.
- Die _reine Moralität_ aber ganz getrennt von der Wirklichkeit, so
- daß sie ebensosehr ohne positive Beziehung auf diese wäre, wäre eine
- bewußtlose, unwirkliche Abstraktion, worin der Begriff der Moralität,
- Denken der reinen Pflicht und ein Willen und Tun zu sein, schlechthin
- aufgehoben wäre. Dieses so rein moralische Wesen ist daher wieder
- eine Verstellung der Sache, und aufzugeben.
- In diesem rein moralischen Wesen aber nähern sich die Momente des
- Widerspruchs, in welchem dies synthetische Vorstellen sich
- herumtreibt, und die entgegengesetzten _Auchs_, die es, ohne diese
- seine Gedanken zusammenzubringen, aufeinander folgen und ein
- Gegenteil immer durch das andere ablösen läßt, so sehr, daß das
- Bewußtsein hier seine moralische Weltanschauung aufgeben und in sich
- zurückfliehen muß.
- Es erkennt seine Moralität darum als nicht vollendet, weil es von
- einer ihr entgegengesetzten Sinnlichkeit und Natur affiziert ist,
- welche teils die Moralität selbst als solche trübt, teils eine Menge
- von Pflichten entstehen macht, durch die es im konkreten Falle des
- wirklichen Handeln in Verlegenheit gerät; denn jeder Fall ist die
- Konkretion vieler moralischen Beziehungen, wie ein Gegenstand der
- Wahrnehmung überhaupt ein Ding von vielen Eigenschaften ist; und
- indem die _bestimmte_ Pflicht Zweck ist, hat sie einen Inhalt, und
- ihr _Inhalt_ ist ein Teil des Zwecks, und die Moralität nicht rein.
- --Diese hat also in einem andern Wesen ihre _Realität_. Aber diese
- Realität heißt nichts anderes, als daß die Moralität hier _an_ und
- _für sich_ sei,--_für sich_, d.h. Moralität eines _Bewußtseins_ sei,
- _an sich_, das heißt, _Dasein_ und _Wirklichkeit_ habe.--In jenem
- ersten unvollendeten Bewußtsein ist die Moralität nicht ausgeführt;
- sie ist darin das _An-sich_ im Sinne eines _Gedankendinges_; denn sie
- ist mit Natur und Sinnlichkeit, mit der Wirklichkeit des Seins und
- des Bewußtseins vergesellschaftet, die ihren Inhalt ausmacht, und
- Natur und Sinnlichkeit ist das moralisch Nichtige.--In dem zweiten
- ist die Moralität als _vollendet_, und nicht als ein unausgeführtes
- Gedankending vorhanden. Aber diese Vollendung besteht eben darin,
- daß die Moralität in einem _Bewußtsein Wirklichkeit_, sowie _freie
- Wirklichkeit_, Dasein überhaupt hat, nicht das Leere, sondern
- erfüllte Inhaltsvolle ist;--das heißt, die Vollendung der Moralität
- wird darin gesetzt, daß das, was soeben als das moralisch Nichtige
- bestimmt wurde, in ihr und an ihr vorhanden ist. Sie soll das
- einemal schlechthin nur als das unwirkliche Gedankending der reinen
- Abstraktion Gültigkeit, aber ebensowohl in dieser Weise keine
- Gültigkeit haben; ihre Wahrheit soll darin bestehen, der Wirklichkeit
- entgegengesetzt und von ihr ganz frei und leer, und wieder darin,
- Wirklichkeit zu sein.
- Der Synkretismus dieser Widersprüche, der in der moralischen
- Weltanschauung auseinandergelegt ist, fällt in sich zusammen, indem
- der Unterschied, worauf er beruht, von solchem, das notwendig gedacht
- und gesetzt werden müsse, und doch zugleich unwesentlich sei, zu
- einem Unterschiede wird, der nicht einmal mehr in den Worten liegt.
- Was am Ende als ein Verschiedenes gesetzt wird, sowohl als das
- Nichtige wie als das Reelle, ist ein und eben dasselbe, das Dasein
- und die Wirklichkeit; und was absolut nur als das _Jenseits des_
- wirklichen Seins und Bewußtseins, und ebensowohl nur in ihm und als
- ein jenseits das Nichtige sein soll, ist die reine Pflicht, und das
- Wissen derselben als des Wesens. Das Bewußtsein, das diesen
- Unterschied macht, der keiner ist, die Wirklichkeit für das Nichtige
- und das Reale zugleich, die reine Moralität ebenso für das wahre
- Wesen sowie für das Wesenlose aussagt, spricht die Gedanken, die es
- vorher trennte, zusammen aus, spricht es selbst aus, daß es ihm mit
- dieser Bestimmung und der Auseinanderstellung der Momente des
- _Selbsts_ und des _An-sichs_ nicht Ernst ist, sondern daß es das, was
- es als das absolute außer dem Bewußtsein _Seiende_ aussagt, vielmehr
- in dem Selbst des Selbstbewußtseins eingeschlossen behält, und was es
- als das absolut _Gedachte_ oder das absolute _An-sich_ aussagt, eben
- darum für ein nicht Wahrheit Habendes nimmt.--Es wird für das
- Bewußtsein, daß das Auseinanderstellen dieser Momente eine
- Verstellung ist, und es wäre _Heuchelei_, wenn es sie doch
- beibehielte. Aber als moralisches reines Selbstbewußtsein flieht es
- aus dieser Ungleichheit seines _Vorstellens_ mit dem, was sein
- _Wesen_ ist, aus dieser Unwahrheit, welche das für wahr aussagt, was
- ihm für unwahr gilt, mit Abscheu in sich zurück. Es ist _reines
- Gewissen_, welches eine solche moralische Weltvorstellung verschmäht;
- es ist _in sich selbst_ der einfache seiner gewisse Geist, der ohne
- die Vermittlung jener Vorstellungen unmittelbar gewissenhaft handelt,
- und in dieser Unmittelbarkeit seine Wahrheit hat.--Wenn aber diese
- Welt der Verstellung nichts anders als die Entwicklung des
- moralischen Selbstbewußtseins in seinen Momenten, und hiemit seine
- _Realität_ ist, so wird es durch sein Zurückgehen in sich seinem
- Wesen nach nichts anderes werden; sein Zurückgehen in sich ist
- vielmehr nur das _erlangte Bewußtsein_, daß seine Wahrheit eine
- vorgegebene ist. Es _müßte_ sie noch immer für _seine_ Wahrheit
- _ausgeben_, denn es müßte sich als gegenständliche Vorstellung
- aussprechen und darstellen, aber _wüßte_, daß dies nur eine
- Verstellung ist; er wäre hiemit in der Tat die Heuchelei, und jenes
- _Verschmähen_ jener Verstellung schon die erste Äußerung der
- Heuchelei.
- c. Das Gewissen,die schöne Seele,das Böse und seine Verzeihung
- Die Antinomie der moralischen Weltanschauung, daß es ein moralisches
- Bewußtsein gibt, und daß es keines gibt,--oder daß das Gelten der
- Pflicht ein Jenseits des Bewußtseins ist, und umgekehrt nur in ihm
- stattfindet, war in die Vorstellung zusammengefaßt worden, worin das
- nichtmoralische Bewußtsein für moralisch gelte, sein zufälliges
- Wissen und Wollen für vollwichtig angenommen, und die Glückseligkeit
- ihm aus Gnade zuteil werde. Diese sich selbst widersprechende
- Vorstellung nahm das moralische Selbstbewußtsein nicht über sich,
- sondern verlegte sie in ein ihm andres Wesen. Aber dies Hinaussetzen
- dessen, was es als notwendig denken muß, außer sich selbst ist ebenso
- der Widerspruch der Form nach, wie jener es dem Inhalte nach ist.
- Weil aber an sich eben das, was als widersprechend erscheint, und in
- dessen Trennung und Wiederauflösung die moralische Weltanschauung
- sich herumtreibt, dasselbe ist, die reine Pflicht nämlich als das
- _reine Wissen_, nichts anders als das _Selbst_ des Bewußtseins, und
- das Selbst des Bewußtseins das _Sein_ und _Wirklichkeit_,--ebenso was
- jenseits des _wirklichen_ Bewußtseins sein soll, nicht anders als das
- reine Denken, also in der Tat das Selbst ist, so geht _für uns_ oder
- _an sich_ das Selbstbewußtsein in sich zurück, und weiß dasjenige
- Wesen als sich selbst, worin das _Wirkliche_ zugleich _reines Wissen_
- und _reine Pflicht_ ist. Es selbst ist sich das in seiner
- Zufälligkeit vollgültige, das seine unmittelbare Einzelnheit als das
- reine Wissen und Handeln, als die wahre Wirklichkeit und Harmonie
- weiß.
- Dies _Selbst des Gewissens_, der seiner unmittelbar als der absoluten
- Wahrheit und des Seins gewisse Geist, ist das _dritte Selbst_, das
- uns aus der dritten Welt des Geistes geworden ist, und ist mit den
- vorherigen kurz zu vergleichen. Die Totalität oder Wirklichkeit,
- welche sich als die Wahrheit der sittlichen Welt darstellt, ist das
- Selbst der _Person_; ihr Dasein ist das _Anerkanntsein_. Wie die
- Person das substanzleere Selbst ist, so ist dies ihr Dasein ebenso
- die abstrakte Wirklichkeit; die Person _gilt_, und zwar unmittelbar;
- das Selbst ist der in dem Elemente seines Seins unmittelbar ruhende
- Punkt; er ist ohne die Abtrennung von seiner Allgemeinheit, beide
- daher nicht in Bewegung und Beziehung aufeinander, das Allgemeine ist
- ohne Unterscheidung in ihm, und weder Inhalt des Selbsts, noch ist
- das Selbst durch sich selbst erfüllt.--Das _zweite Selbst_ ist die zu
- ihrer Wahrheit gekommne Welt der Bildung oder der sich wiedergegebne
- Geist der Entzweiung--die absolute Freiheit. In diesem Selbst tritt
- jene erste unmittelbare Einheit der Einzelnheit und Allgemeinheit
- auseinander; das Allgemeine, das ebenso rein geistiges Wesen,
- Anerkanntsein oder allgemeiner Willen und Wissen bleibt, ist
- _Gegenstand_ und Inhalt des Selbsts und seine allgemeine Wirklichkeit.
- Aber es hat nicht die Form des vom Selbst freien Daseins; es kommt
- in diesem Selbst daher zu keiner Erfüllung und zu keinem positiven
- Inhalt, zu keiner Welt. Das moralische Selbstbewußtsein läßt seine
- Allgemeinheit zwar frei, so daß sie eine eigne Natur wird, und ebenso
- hält es sie in sich als aufgehoben fest. Aber es ist nur das
- verstellende Spiel der Abwechslung dieser beiden Bestimmungen. Als
- Gewissen erst hat es in seiner _Selbstgewißheit_ den _Inhalt_ für die
- vorhin leere Pflicht sowie für das leere Recht und den leeren
- allgemeinen Willen; und weil diese Selbstgewißheit ebenso das
- _Unmittelbare_ ist, das Dasein selbst.
- Zu dieser seiner Wahrheit gelangt, verläßt also oder hebt das
- moralische Selbstbewußtsein vielmehr die Trennung in sich selbst auf,
- woraus die Verstellung entsprungen, die Trennung des _An-sich_ und
- des _Selbsts_, der reinen Pflicht als des reinen _Zwecks_, und der
- _Wirklichkeit_ als einer dem reinen Zwecke entgegengesetzten Natur
- und Sinnlichkeit. Es ist so in sich zurückgekehrt, _konkreter_
- moralischer Geist, der nicht am Bewußtsein der reinen Pflicht sich
- einen leeren Maßstab gibt, welcher dem wirklichen Bewußtsein
- entgegengesetzt wäre, sondern die reine Pflicht ebenso wie die ihr
- entgegengesetzte Natur sind aufgehobne Momente; er ist in
- unmittelbarer Einheit sich _verwirklichendes moralisches_ Wesen, und
- die Handlung unmittelbar _konkrete_ moralische Gestalt.
- Es ist ein Fall des Handelns vorhanden; er ist eine gegenständliche
- Wirklichkeit für das wissende Bewußtsein. Dieses als Gewissen weiß
- ihn auf unmittelbare konkrete Weise, und er ist zugleich nur, wie es
- ihn weiß. Zufällig ist das Wissen, insofern es ein anderes ist als
- der Gegenstand; der seiner selbst gewisse Geist aber ist nicht mehr
- ein solches zufälliges Wissen und Erschaffen von Gedanken in sich,
- von denen die Wirklichkeit verschieden wäre, sondern indem die
- Trennung des _An-sich_ und des _Selbsts_ aufgehoben ist, so ist der
- Fall unmittelbar in der sinnlichen _Gewißheit_ des Wissens, wie er
- _an sich_ ist, und er ist nur so _an sich_, wie er in diesem Wissen
- ist.--Das Handeln als die Verwirklichung ist hiedurch die reine Form
- des Willens; die bloße Umkehrung der Wirklichkeit als eines
- _seienden_ Falles, in eine _getane_ Wirklichkeit, der bloßen Weise
- des _gegenständlichen_ Wissens in die Weise des Wissens von der
- _Wirklichkeit_ als einem vom Bewußtsein Hervorgebrachten. Wie die
- sinnliche Gewißheit unmittelbar in das An-sich des Geistes
- aufgenommen oder vielmehr umgekehrt ist, so ist auch diese Umkehrung
- einfach und unvermittelt, ein Übergang durch den reinen Begriff ohne
- Änderung des Inhalts, der durch das Interesse des von ihm wissenden
- Bewußtseins bestimmt ist.--Das Gewissen sondert ferner die Umstände
- des Falles nicht in verschiedene Pflichten ab. Es verhält sich nicht
- als _positives allgemeines Medium_, worin die vielen Pflichten, jede
- für sich, unverrückte Substantialität erhielten, so daß _entweder_
- gar nicht gehandelt werden könnte, weil jeder konkrete Fall die
- Entgegensetzung überhaupt, und als moralischer Fall die
- Entgegensetzung der Pflichten enthält, in der Bestimmung des Handelns
- also _eine_ Seite, _eine_ Pflicht immer _verletzt_ würde;--_oder_ daß,
- wenn gehandelt wird, die Verletzung einer der entgegengesetzten
- Pflichten wirklich einträte. Das Gewissen ist vielmehr das negative
- Eins oder absolute Selbst, welches diese verschiedenen moralischen
- Substanzen vertilgt; es ist einfaches pflichtmäßiges Handeln, das
- nicht diese oder jene Pflicht erfüllt, sondern das konkrete Rechte
- weiß und tut. Es ist daher überhaupt erst das moralische _Handeln_
- als Handeln, worein das vorhergehende tatlose Bewußtsein der
- Moralität übergegangen ist.--Die konkrete Gestalt der Tat mag vom
- unterscheidenden Bewußtsein in verschiedene Eigenschaften, d.h. hier
- in verschiedene moralische Beziehungen analysiert, und diese entweder
- jede, wie es sein muß, wenn sie Pflicht sein soll, für absolut
- geltend ausgesagt, oder auch verglichen und geprüft werden. In der
- einfachen moralischen Handlung des Gewissens sind die Pflichten so
- verschüttet, daß allen diesen einzelnen Wesen unmittelbar _Abbruch_
- getan wird, und das prüfende Rütteln an der Pflicht in der
- unwankenden Gewißheit des Gewissens gar nicht stattfindet.
- Ebensowenig ist im Gewissen jene hin- und hergehende Ungewißheit des
- Bewußtseins vorhanden, welches bald die sogenannte reine Moralität
- außer sich in ein anderes heiliges Wesen setzt, und sich selbst als
- das unheilige gilt, bald aber auch wieder die moralische Reinheit in
- sich, und die Verknüpfung des Sinnlichen mit dem Moralischen in das
- andere Wesen setzt.
- Es entsagt allen diesen Stellungen und Verstellungen der moralischen
- Weltanschauung, indem es dem Bewußtsein entsagt, das die Pflicht und
- die Wirklichkeit als widersprechend faßt. Nach diesem letztern
- handle ich moralisch, indem ich mir _bewußt_ bin, nur die reine
- Pflicht zu vollbringen, nicht irgend _etwas anders_, dies heißt in
- der Tat, _indem ich nicht_ handle. Indem ich aber wirklich handle,
- bin ich mir eines _Andern_, einer _Wirklichkeit_, die vorhanden ist,
- und einer, die ich hervorbringen will, bewußt, habe einen
- _bestimmten_ Zweck und erfülle eine _bestimmte_ Pflicht; es ist was
- _anderes_ darin als die reine Pflicht, die allein beabsichtiget
- werden sollte.--Das Gewissen ist dagegen das Bewußtsein darüber, daß,
- wenn das moralische Bewußtsein die _reine Pflicht_ als das Wesen
- seines Handelns aussagt, dieser reine Zweck eine Verstellung der
- Sache ist; denn die Sache selbst ist, daß die reine Pflicht in der
- leeren Abstraktion des reinen Denkens besteht, und ihre Realität und
- Inhalt nur an einer bestimmten Wirklichkeit hat, einer Wirklichkeit,
- welche Wirklichkeit des Bewußtseins selbst, und desselben nicht als
- eines Gedankendings, sondern als eines Einzelnen ist. Das Gewissen
- hat _für sich selbst_ seine Wahrheit an der _unmittelbaren Gewißheit_
- seiner selbst. Diese _unmittelbare_ konkrete Gewißheit seiner selbst
- ist das Wesen; sie nach dem Gegensatze des Bewußtseins betrachtet, so
- ist die eigne unmittelbare _Einzelnheit_ der Inhalt des moralischen
- Tuns; und die _Form_ desselben ist eben dieses Selbst als reine
- Bewegung, nämlich als das _Wissen_ oder die _eigne Überzeugung_.
- Dies in seiner Einheit und in der Bedeutung der Momente näher
- betrachtet, so erfaßte das moralische Bewußtsein sich nur als das
- _An-sich_ oder _Wesen_; als Gewissen aber erfaßt es sein
- _Für-sich_-sein oder sein _Selbst_.--Der Widerspruch der moralischen
- Weltanschauung _löst_ sich _auf_, d.h. der Unterschied, der ihm
- zugrunde liegt, zeigt sich, kein Unterschied zu sein, und er läuft in
- die reine Negativität zusammen; diese aber ist eben das _Selbst_; ein
- einfaches _Selbst_, welches ebensowohl _reines_ Wissen als Wissen
- seiner als _dieses einzelnen_ Bewußtseins ist. Dies Selbst macht
- daher den Inhalt des vorher leeren Wesens aus, denn es ist das
- _wirkliche_, welches nicht mehr die Bedeutung hat, eine dem Wesen
- fremde und in eignen Gesetzen selbstständige Natur zu sein. Es ist
- als das Negative der _Unterschied_ des reinen Wesens, ein Inhalt, und
- zwar ein solcher, welcher an und für sich gilt.
- Ferner ist dies Selbst als reines sich selbst gleiches Wissen das
- _schlechthin Allgemeine_, so daß eben dies Wissen als _sein eignes_
- Wissen, als Überzeugung die _Pflicht_ ist. Die Pflicht ist nicht
- mehr das dem Selbst gegenübertretende Allgemeine, sondern ist gewußt,
- in dieser Getrenntheit kein Gelten zu haben; es ist itzt das Gesetz,
- das um des Selbsts willen, nicht um dessen willen das Selbst ist.
- Das Gesetz und die Pflicht hat aber darum nicht allein die Bedeutung
- des _Für-sich-seins_, sondern auch des _An-sich-seins_, denn dies
- Wissen ist um seiner Sichselbstgleichheit willen eben das _An-sich_.
- Dies _An-sich_ trennt sich auch im Bewußtsein von jener unmittelbaren
- Einheit mit dem Für-sich-sein; so gegenübertretend ist es _Sein_,
- _Sein für Anderes_.--Die Pflicht eben wird itzt als Pflicht, die vom
- Selbst verlassen ist, gewußt, nur _Moment_ zu sein, sie ist von ihrer
- Bedeutung, _absolutes Wesen_ zu sein, zum Sein, das nicht Selbst,
- nicht _für sich_ ist, herabgesunken und also _Sein für anderes_.
- Aber dies _Sein für anderes_ bleibt ebendarum wesentliches Moment,
- weil das Selbst als Bewußtsein den Gegensatz des Für-sich-seins und
- des Seins für anderes ausmacht, und itzt die Pflicht an ihr
- unmittelbar _wirkliches_, nicht mehr bloß das abstrakte reine
- Bewußtsein ist.
- Dies _Sein für anderes_ ist also die _ansichseiende_ vom Selbst
- unterschiedne Substanz. Das Gewissen hat die reine Pflicht oder das
- _abstrakte An-sich_ nicht aufgegeben, sondern sie ist das wesentliche
- Moment, als _Allgemeinheit_ sich zu andern zu verhalten. Es ist das
- gemeinschaftliche Element der Selbstbewußtsein, und dieses die
- Substanz, worin die Tat _Bestehen_ und _Wirklichkeit_ hat; das Moment
- des _Anerkanntwerdens_ von den andern. Das moralische
- Selbstbewußtsein hat dies Moment des Anerkanntseins, des _reinen
- Bewußtseins_, welches _da_ ist, nicht; und ist dadurch überhaupt
- nicht handelndes, nicht verwirklichendes. Sein _An-sich_ ist ihm
- entweder das abstrakte _unwirkliche_ Wesen oder das _Sein_ als eine
- _Wirklichkeit_, welche nicht geistig ist. Die _seiende Wirklichkeit_
- des Gewissens aber ist eine solche, welche _Selbst_ ist, d.h. das
- seiner bewußte Dasein das geistige Element des Anerkanntwerdens. Das
- Tun ist daher nur das Übersetzen seines _einzelnen_ Inhalts in das
- _gegenständliche_ Element, worin er allgemein und anerkannt ist, und
- eben dies, daß er anerkannt ist, macht die Handlung zur Wirklichkeit.
- Anerkannt und dadurch wirklich ist die Handlung, weil die daseiende
- Wirklichkeit unmittelbar mit der Überzeugung oder dem Wissen
- verknüpft, oder das Wissen von seinem Zwecke unmittelbar das Element
- des Daseins, das allgemeine Anerkennen ist. Denn das _Wesen_ der
- Handlung, die Pflicht besteht in der _Überzeugung_ des Gewissens von
- ihr; diese Überzeugung ist eben das _An-sich_ selbst; es ist das _an
- sich allgemeine Selbstbewußtsein_, oder das _Anerkanntsein_ und
- hiemit die Wirklichkeit. Das mit der Überzeugung von der Pflicht
- Getane ist also unmittelbar ein solches, das Bestand und Dasein hat.
- Es ist also da keine Rede mehr davon, daß die gute Absicht nicht
- zustande komme, oder daß es dem Guten schlecht geht; sondern das als
- Pflicht Gewußte vollführt sich und kommt zur Wirklichkeit, weil eben
- das Pflichtmäßige das Allgemeine aller Selbstbewußtsein, das
- Anerkannte und also Seiende ist. Getrennt und allein genommen, ohne
- den Inhalt des Selbsts aber ist diese Pflicht das _Sein für anderes_,
- das Durchsichtige, das nur die Bedeutung gehaltloser Wesenheit
- überhaupt hat.
- Sehen wir auf die Sphäre zurück, mit der überhaupt die _geistige
- Realität_ eintrat, so war es der Begriff, daß das Aussprechen der
- Individualität das _An- und Für-sich sei_. Aber die Gestalt, welche
- diesen Begriff unmittelbar ausdrückte, war das _ehrliche Bewußtsein_,
- das sich mit der _abstrakten Sache selbst_ herumtrieb. Diese _Sache
- selbst_ war dort _Prädikat_; im Gewissen aber erst ist sie _Subjekt_,
- das alle Momente des Bewußtseins an ihm gesetzt hat, und für welches
- alle diese Momente, Substantialität überhaupt, äußeres Dasein und
- Wesen des Denkens, in dieser Gewißheit seiner selbst enthalten sind.
- Substantialität überhaupt hat die _Sache selbst_ in der Sittlichkeit,
- äußeres Dasein in der Bildung, sich selbstwissende Wesenheit des
- Denkens in der Moralität, und im Gewissen ist sie das _Subjekt_, das
- diese Momente an ihm selbst weiß. Wenn das ehrliche Bewußtsein nur
- immer _die leere Sache selbst_ ergreift, so gewinnt dagegen das
- Gewissen sie in ihrer Erfüllung, die es ihr durch sich gibt. Es ist
- diese Macht dadurch, daß es die Momente des Bewußtseins als _Momente_
- weiß, und als ihr negatives Wesen sie beherrscht.
- Das Gewissen in Beziehung auf die einzelnen Bestimmungen des
- Gegensatzes, der am Handeln erscheint, und sein Bewußtsein über die
- Natur derselben betrachtet, so verhält es sich zuerst als _Wissendes_
- zur _Wirklichkeit_ des _Falles_, worin zu handeln ist. Insofern das
- Moment der _Allgemeinheit_ an diesem Wissen ist, gehört zum Wissen
- des gewissenhaften Handelns, die vorliegende Wirklichkeit auf
- uneingeschränkte Weise zu umfassen, und also die Umstände des Falles
- genau zu wissen und in Erwägung zu ziehen. Dies Wissen aber, da es
- die Allgemeinheit als ein _Moment kennt_, ist daher ein solches
- Wissen von diesen Umständen, das sich bewußt ist, sie nicht zu
- umfassen oder darin nicht gewissenhaft zu sein. Die wahrhaft
- allgemeine und reine Beziehung des Wissens wäre eine Beziehung auf
- ein nicht _Entgegengesetztes_, auf sich selbst; aber das _Handeln_
- durch den Gegensatz, der in ihm wesentlich ist, bezieht sich auf ein
- Negatives des Bewußtseins, auf eine _an sich seiende Wirklichkeit_.
- Gegen die Einfachheit des reinen Bewußtseins, das absolut _Andere_,
- oder die Mannigfaltigkeit _an sich_, ist sie eine absolute Vielheit
- der Umstände, die sich rückwärts in ihre Bedingungen, seitwärts in
- ihrem Nebeneinander, vorwärts in ihren Folgen unendlich teilt und
- ausbreitet.--Das gewissenhafte Bewußtsein ist dieser Natur der Sache
- und seines Verhältnisses zu ihr bewußt, und weiß, daß es den Fall, in
- dem es handelt, nicht nach dieser gefoderten Allgemeinheit kennt, und
- daß sein Vorgeben dieser gewissenhaften Erwägung aller Umstände
- nichtig ist. Diese Kenntnis und Erwägung aller Umstände aber ist
- nicht gar nicht vorhanden; allein nur als _Moment_, als etwas, das
- nur für _andere_ ist; und sein unvollständiges Wissen, weil es _sein_
- Wissen ist, gilt ihm als hinreichendes vollkommenes Wissen.
- Auf gleiche Weise verhält es sich mit der Allgemeinheit des _Wesens_,
- oder der Bestimmung des Inhalts durchs reine Bewußtsein.--Das zum
- Handeln schreitende Gewissen bezieht sich auf die vielen Seiten des
- Falles. Dieser schlägt sich auseinander, und ebenso die Beziehung
- des reinen Bewußtseins auf ihn, wodurch die Mannigfaltigkeit des
- Falles eine Mannigfaltigkeit von _Pflichten_ ist.--Das Gewissen weiß,
- daß es unter ihnen zu wählen und zu entscheiden hat; denn keine ist
- in ihrer Bestimmtheit oder in ihrem Inhalte absolut, sondern nur die
- _reine Pflicht_. Aber dies Abstraktum hat in seiner Realität die
- Bedeutung des selbstbewußten Ich erlangt. Der seiner selbst gewisse
- Geist ruht als Gewissen in sich, und seine _reale_ Allgemeinheit oder
- seine Pflicht liegt in seiner reinen _Überzeugung_ von der Pflicht.
- Diese _reine_ Überzeugung ist als solche so leer als die reine
- _Pflicht_, rein in dem Sinne, daß nichts in ihr, kein bestimmter
- Inhalt Pflicht ist. Es soll aber gehandelt, es muß von dem
- Individuum _bestimmt_ werden; und der seiner selbst gewisse Geist, in
- dem das An-sich die Bedeutung des selbstbewußten Ich erlangt hat,
- weiß diese Bestimmung und Inhalt in der unmittelbaren _Gewißheit_
- seiner selbst zu haben. Diese ist als Bestimmung und Inhalt das
- _natürliche_ Bewußtsein, das heißt die Triebe und Neigungen.--Das
- Gewissen erkennt keinen Inhalt für es als absolut, denn es ist
- absolute Negativität alles Bestimmten. Es bestimmt _aus sich selbst_;
- der Kreis des Selbsts aber, worein die Bestimmtheit als solche fällt,
- ist die sogenannte Sinnlichkeit; einen Inhalt aus der unmittelbaren
- Gewißheit seiner selbst zu haben, findet sich nichts bei der Hand als
- sie.--Alles, was in frühern Gestalten, als Gut oder Schlecht, als
- Gesetz und Recht sich darstellte, ist ein _Anderes_ als die
- unmittelbare Gewißheit seiner selbst; es ist ein _Allgemeines_, das
- jetzt ein Sein für anderes ist; oder anders betrachtet, ein
- Gegenstand, welcher, das Bewußtsein mit sich selbst vermittelnd,
- zwischen es und seine eigene Wahrheit tritt und es vielmehr von sich
- absondert, als daß er seine Unmittelbarkeit wäre.--Dem Gewissen aber
- ist die Gewißheit seiner selbst die reine unmittelbare Wahrheit; und
- diese Wahrheit ist also seine als _Inhalt_ vorgestellte unmittelbare
- Gewißheit seiner selbst, das heißt, überhaupt die Willkür des
- Einzelnen und die Zufälligkeit seines bewußtlosen natürlichen Seins.
- Dieser Inhalt gilt zugleich als moralische _Wesenheit_ oder als
- _Pflicht_. Denn die reine Pflicht ist, wie schon bei dem Prüfen der
- Gesetze sich ergab, schlechthin gleichgültig gegen jeden Inhalt, und
- verträgt jeden Inhalt. Hier hat sie zugleich die wesentliche Form
- des _Für-sich-seins_, und diese Form der individuellen Überzeugung
- ist nichts anderes als das Bewußtsein von der Leerheit der reinen
- Pflicht, und davon, daß sie nur Moment, daß seine Substantialität ein
- Prädikat ist, welches sein Subjekt an dem Individuum hat, dessen
- Willkür ihr den Inhalt gibt, jeden an diese Form knüpfen, und seine
- Gewissenhaftigkeit an ihn heften kann.--Ein Individuum vermehrt sein
- Eigentum auf eine gewisse Weise; es ist Pflicht, daß jedes für die
- Erhaltung seiner selbst wie auch seiner Familie, nicht weniger für
- die _Möglichkeit_ sorgt, seinen Nebenmenschen nützlich zu werden und
- Hülfsbedürftigen Gutes zu tun. Das Individuum ist sich bewußt, daß
- dies Pflicht ist, denn dieser Inhalt ist unmittelbar in der Gewißheit
- seiner selbst enthalten; es sieht ferner ein, daß es diese Pflicht in
- diesem Falle erfüllt. Andere halten vielleicht diese gewisse Weise
- für Betrug; _sie_ halten sich an andere Seiten des konkreten Falles,
- _es_ aber hält diese Seite dadurch fest, daß es sich der Vermehrung
- des Eigentums als reiner Pflicht bewußt ist.--So erfüllt das, was
- andere Gewalttätigkeit und Unrecht nennen, die Pflicht, gegen andere
- seine Selbstständigkeit zu behaupten, was sie Feigheit nennen,--die
- Pflicht, sich das Leben und die Möglichkeit der Nützlichkeit für die
- Nebenmenschen zu erhalten; was sie aber die Tapferkeit nennen,
- verletzt vielmehr beide Pflichten. Die Feigheit darf aber nicht so
- ungeschickt sein, nicht zu wissen, daß die Erhaltung des Lebens und
- der Möglichkeit, andern nützlich zu sein, Pflichten sind, nicht von
- der Pflichtmäßigkeit ihres Handelns _überzeugt_ zu sein und nicht zu
- wissen, daß in dem _Wissen_ das Pflichtmäßige besteht; sonst beginge
- sie die Ungeschicklichkeit, unmoralisch zu sein. Da die Moralität in
- dem Bewußtsein, die Pflicht erfüllt zu haben, liegt, so wird dem
- Handeln, das Feigheit, ebensowenig als dem, das Tapferkeit genannt
- wird, dies nicht fehlen; das Abstraktum, das Pflicht heißt, ist wie
- jedes, so auch dieses Inhalts fähig, es weiß also, was es tut, als
- Pflicht, und indem es dies weiß und die Überzeugung von der Pflicht
- das Pflichtmäßige selbst ist, so ist es anerkannt von den andern; die
- Handlung gilt dadurch und hat wirkliches Dasein.
- Gegen diese Freiheit, die jeden beliebigen Inhalt in das allgemeine
- passive Medium der reinen Pflicht und Wissens einlegt, so gut als
- einen andern, hilft es nichts, zu behaupten, daß ein anderer Inhalt
- eingelegt werden sollte; denn welcher es sei, jeder hat den _Makel
- der Bestimmtheit_ an ihm, von der das reine Wissen frei ist, die es
- verschmähen, ebenso wie es jede aufnehmen kann. Aller Inhalt steht
- darin, daß er ein bestimmter ist, auf gleicher Linie mit dem andern,
- wenn er auch gerade den Charakter zu haben scheint, daß in ihm das
- Besondere aufgehoben sei. Es kann scheinen, daß indem an dem
- wirklichen Falle die Pflicht sich überhaupt in den _Gegensatz_ und
- dadurch den der _Einzelnheit_ und _Allgemeinheit_ entzweit, diejenige
- Pflicht, deren Inhalt das Allgemeine selbst ist, dadurch unmittelbar
- die Natur der reinen Pflicht an ihr habe, und Form und Inhalt hiemit
- sich ganz gemäß werden; so daß also z.B. die Handlung für das
- allgemeine Beste der für das individuelle vorzuziehen sei. Allein
- diese allgemeine Pflicht ist überhaupt dasjenige, was als an und für
- sich seiende Substanz, als Recht und Gesetz _vorhanden_ ist und
- _unabhän_gig von dem Wissen und der Überzeugung wie von dem
- unmittelbaren Interesse des Einzelnen gilt; es ist also gerade
- dasjenige, gegen dessen _Form_ die Moralität überhaupt gerichtet ist.
- Was aber seinen _Inhalt_ betrifft, so ist auch er ein _bestimmter_,
- insofern das allgemeine Beste dem einzelnen _entgegengesetzt_ ist;
- hiemit ist sein Gesetz ein solches, von welchem das Gewissen sich
- schlechthin frei weiß und hinzu und davon zu tun, es zu unterlassen
- sowie zu erfüllen sich die absolute Befugnis gibt.--Alsdenn ist
- ferner jene Unterscheidung der Pflicht gegen das Einzelne und gegen
- das Allgemeine der Natur des Gegensatzes überhaupt nach nichts Festes.
- Sondern vielmehr was der Einzelne für sich tut, kommt auch dem
- Allgemeinen zugute; je mehr er für sich gesorgt hat, desto größer ist
- nicht nur seine _Möglichkeit, andern_ zu nützen; sondern seine
- _Wirklichkeit_ selbst ist nur dies, im Zusammenhange mit andern zu
- sein und zu leben; sein einzelner Genuß hat wesentlich die Bedeutung,
- damit andern das Seinige preiszugeben, und ihnen zum Erwerb ihres
- Genusses zu verhelfen. In der Erfüllung der Pflicht gegen den
- Einzelnen, also gegen sich, wird also auch die gegen das Allgemeine
- erfüllt.--Die _Erwägung_ und _Vergleichung_ der Pflichten, welche
- hier einträte, liefe auf die Berechnung des Vorteils hinaus, den das
- Allgemeine von einer Handlung hätte, aber teils fällt die Moralität
- hiedurch der notwendigen _Zufälligkeit_ der _Einsicht_ anheim, teils
- ist es gerade das Wesen des Gewissens, dies _Berechnen_ und Erwägen
- _abzuschneiden_, und ohne solche Gründe aus sich zu entscheiden.
- Auf diese Weise handelt und erhält sich also das Gewissen in der
- Einheit des _An-sich-_ und des _Für-sich-seins_, in der Einheit des
- reinen Denkens und der Individualität, und ist der seiner gewisse
- Geist, der seine Wahrheit an ihm selbst, in seinem Selbst, in seinem
- Wissen, und darin als dem Wissen von der Pflicht hat. Er erhält sich
- eben dadurch darin, daß, was _Positives_ in der Handlung ist, sowohl
- der Inhalt als die Form der Pflicht und das Wissen von ihr, dem
- Selbst, der Gewißheit seiner, angehört; was aber dem Selbst als
- _eignes An-sich gegenübertreten_ will, als nicht Wahres, nur als
- Aufgehobnes, nur als Moment gilt. Es gilt daher nicht das
- _allgemeine Wissen_ überhaupt, sondern _seine Kenntnis_ von den
- Umständen. In die Pflicht, als das allgemeine _An-sich-sein_, legt
- es den Inhalt ein, den es aus seiner natürlichen Individualität nimmt;
- denn er ist der an ihm selbst vorhandne; dieser wird durch das
- allgemeine Medium, worin er ist, die _Pflicht_, die es ausübt, und
- die leere reine Pflicht ist eben hiedurch als aufgehobnes oder als
- Moment gesetzt; dieser Inhalt ist ihre aufgehobne Leerheit oder die
- Erfüllung.--Aber ebenso ist das Gewissen von jedem Inhalt überhaupt
- frei; es absolviert sich von jeder bestimmten Pflicht, die als Gesetz
- gelten soll; in der Kraft der Gewißheit seiner selbst hat es die
- Majestät der absoluten Autarkie, zu binden und zu lösen.--Diese
- _Selbstbestimmung_ ist darum unmittelbar das schlechthin
- Pflichtmäßige; die Pflicht ist das Wissen selbst; diese einfache
- Selbstheit aber ist das An-sich; denn das _An-sich_ ist die reine
- Sichselbstgleichheit; und diese ist in diesem Bewußtsein.-Dies reine
- Wissen ist unmittelbar _Sein für Anderes_; denn als die reine
- Sichselbstgleichheit ist es die _Unmittelbarkeit_, oder das Sein.
- Dies Sein ist aber zugleich das reine Allgemeine, die Selbstheit
- Aller; oder das Handeln ist anerkannt und daher wirklich. Dies Sein
- ist das Element, wodurch das Gewissen unmittelbar mit allen
- Selbstbewußtsein in der Beziehung der Gleichheit steht; und die
- Bedeutung dieser Beziehung ist nicht das selbstlose Gesetz, sondern
- das Selbst des Gewissens.
- Darin aber, daß dies Rechte, was das Gewissen tut, zugleich _Sein für
- Anderes_ ist, scheint eine Ungleichheit an es zu kommen. Die Pflicht,
- die es vollbringt, ist ein _bestimmter_ Inhalt; er ist zwar das
- _Selbst_ des Bewußtseins, und darin sein _Wissen_ von sich, seine
- _Gleichheit_ mit sich selbst. Aber vollbracht, in das allgemeine
- Medium _des Seins_ gestellt, ist diese Gleichheit nicht mehr _Wissen_,
- nicht mehr dieses Unterscheiden, welches seine Unterschiede ebenso
- unmittelbar aufhebt; sondern im _Sein_ ist der Unterschied bestehend
- gesetzt, und die Handlung eine _bestimmte_, ungleich mit dem Elemente
- des Selbstbewußtseins Aller, also nicht notwendig anerkannt. Beide
- Seiten, das handelnde Gewissen und das allgemeine diese Handlung als
- Pflicht anerkennende Bewußtsein sind gleich _frei_ von der
- Bestimmtheit dieses Tuns. Um dieser Freiheit willen ist die
- Beziehung in dem gemeinschaftlichen Medium des Zusammenhangs vielmehr
- ein Verhältnis der vollkommnen Ungleichheit; wodurch das Bewußtsein,
- für welches die Handlung ist, sich in vollkommner Ungewißheit über
- den handelnden seiner selbst gewissen Geist befindet. Er handelt, er
- setzt eine Bestimmtheit als seiend; an dies _Sein_ als an seine
- Wahrheit halten sich die andern, und sind darin seiner gewiß; er hat
- darin ausgesprochen, was ihm als Pflicht gilt. Allein er ist frei
- von irgendeiner _bestimmten_ Pflicht; er ist da heraus, wo sie meinen,
- daß er wirklich sei; und dies Medium des Seins selbst, und die
- Pflicht als _an sich_ seiend, gilt ihm nur als Moment. Was er ihnen
- also hinstellt, verstellt er auch wieder, oder vielmehr hat es
- unmittelbar verstellt. Denn seine _Wirklichkeit_ ist ihm nicht diese
- hinausgestellte Pflicht und Bestimmung, sondern diejenige, welche er
- in der absoluten Gewißheit seiner selbst hat.
- Sie wissen also nicht, ob dies Gewissen moralisch gut oder ob es böse
- ist, oder vielmehr sie können es nicht nur nicht wissen, sondern
- müssen es auch für böse nehmen. Denn wie es frei von der
- _Bestimmtheit_ der Pflicht und von der Pflicht als _an sich_ seiender
- ist, sind sie es gleichfalls. Was es ihnen hinstellt, wissen sie
- selbst zu verstellen; es ist ein solches, wodurch nur das _Selbst_
- eines andern ausgedrückt ist, nicht ihr eignes; sie wissen sich nicht
- nur frei davon, sondern müssen es in ihrem eignen Bewußtsein auflösen,
- durch Urteilen und Erklären zunichte machen, um ihr Selbst zu
- erhalten.
- Allein die Handlung des Gewissens ist nicht nur diese von dem reinen
- Selbst verlaßne _Bestimmung_ des Seins. Was als Pflicht gelten und
- anerkannt werden soll, ist es allein durch das Wissen und die
- Überzeugung davon als von der Pflicht, durch das Wissen seiner Selbst
- in der Tat. Wenn die Tat aufhört, dieses Selbst an ihr zu haben,
- hört sie auf, das zu sein, was allein ihr Wesen ist. Ihr Dasein von
- diesem Bewußtsein verlassen, wäre eine gemeine Wirklichkeit, und die
- Handlung erschiene uns als ein Vollbringen seiner Lust und Begierde.
- Was _da sein_ soll, ist hier allein Wesenheit dadurch, daß es als
- sich selbst aussprechende Individualität _gewußt_ wird; und dies
- _Gewußtsein_ ist es, was das Anerkannte ist, und was, _als solches,
- Dasein_ haben soll.
- Das Selbst tritt ins Dasein _als Selbst_; der seiner gewisse Geist
- existiert als solcher für andre; seine _unmittelbare_ Handlung ist
- nicht das, was gilt und wirklich ist; nicht das _Bestimmte_, nicht
- das _An-sich-seiende_ ist das Anerkannte, sondern allein das sich
- wissende _Selbst_ als solches. Das Element des Bestehens ist das
- allgemeine Selbstbewußtsein; was in dieses Element tritt, kann nicht
- die _Wirkung_ der Handlung sein, diese hält nicht darin aus, und
- erhält kein Bleiben, sondern nur das Selbstbewußtsein ist das
- Anerkannte und gewinnt die Wirklichkeit.
- Wir sehen hiemit wieder die _Sprache_ als das Dasein des Geistes.
- Sie ist das _für andre_ seiende Selbstbewußtsein, welches unmittelbar
- _als solches vorhanden_ und als _dieses_ allgemeines ist. Sie ist
- das sich von sich selbst abtrennende Selbst, das als reines Ich = Ich
- sich gegenständlich wird, in dieser Gegenständlichkeit sich ebenso
- als _dieses_ Selbst erhält, wie es unmittelbar mit den andern
- zusammenfließt und _ihr_ Selbstbewußtsein ist; es vernimmt ebenso
- sich, als es von den andern vernommen wird, und das Vernehmen ist
- eben das _zum Selbst gewordne Dasein_.
- Der Inhalt, den die Sprache hier gewonnen, ist nicht mehr das
- verkehrte und verkehrende und zerrißne Selbst der Welt der Bildung;
- sondern der in sich zurückgekehrte, seiner und in seinem Selbst
- seiner Wahrheit oder seines Anerkennens gewisse und als dieses Wissen
- anerkannte Geist. Die Sprache des sittlichen Geistes ist das Gesetz
- und der einfache Befehl, und die Klage, die mehr eine Träne über die
- Notwendigkeit ist; das moralische Bewußtsein hingegen ist noch
- _stumm_, bei sich in seinem Innern verschlossen, denn in ihm hat das
- Selbst noch nicht Dasein, sondern das Dasein und das _Selbst_ stehen
- erst in äußerer Beziehung aufeinander. Die Sprache aber tritt nur
- als die Mitte selbstständiger und anerkannter Selbstbewußtsein hervor,
- und das _daseiende Selbst_ ist unmittelbar allgemeines, vielfaches
- und in dieser Vielheit einfaches Anerkanntsein. Der Inhalt der
- Sprache des Gewissens ist _das sich als Wesen wissende Selbst_. Dies
- allein spricht sie aus, und dieses Aussprechen ist die wahre
- Wirklichkeit des Tuns und das Gelten der Handlung. Das Bewußtsein
- spricht seine _Überzeugung_ aus; diese Überzeugung ist es, worin
- allein die Handlung Pflicht ist; sie _gilt_ auch allein dadurch als
- Pflicht, daß die Überzeugung _ausgesprochen_ wird. Denn das
- allgemeine Selbstbewußtsein ist frei von der _nur seienden
- bestimmten_ Handlung; _sie_ als _Dasein_ gilt ihm nichts, sondern die
- _Überzeugung_, daß sie Pflicht ist; und diese ist in der Sprache
- wirklich.--Die Handlung verwirklichen heißt hier nicht ihren Inhalt
- aus der Form des _Zwecks_ oder _Für-sich-seins_ in die Form der
- _abstrakten_ Wirklichkeit übersetzen, sondern aus der Form der
- unmittelbaren _Gewißheit_ seiner selbst, die ihr Wissen oder
- Für-sich-sein als das Wesen weiß, in die Form der _Versicherung_, daß
- das Bewußtsein von der Pflicht überzeugt ist, und die Pflicht als
- Gewissen _aus sich selbst_ weiß; diese Versicherung versichert also,
- daß es davon überzeugt ist, daß seine Überzeugung das Wesen ist.
- Ob die Versicherung, aus Überzeugung von der Pflicht zu handeln, wahr
- ist, ob es _wirklich_ die _Pflicht_ ist, was getan wird--diese Fragen
- oder Zweifel haben keinen Sinn gegen das Gewissen.--Bei jener Frage,
- ob die _Versicherung wahr_ ist, würde vorausgesetzt, daß die innere
- Absicht von der vorgegebnen verschieden sei, d.h. daß das Wollen des
- einzelnen Selbsts sich von der Pflicht, von dem Willen des
- allgemeinen und reinen Bewußtseins trennen könne; der letztre wäre in
- die Rede gelegt, das erstere aber eigentlich die wahre Triebfeder der
- Handlung. Allein dieser Unterschied des allgemeinen Bewußtseins und
- des einzelnen Selbsts ist es eben, der sich aufgehoben, und dessen
- Aufheben das Gewissen ist. Das unmittelbare Wissen des seiner
- gewissen Selbsts ist Gesetz und Pflicht; seine Absicht ist dadurch,
- daß sie seine Absicht ist, das Rechte; es wird nur erfodert, daß er
- dies wisse, und dies, daß es die Überzeugung davon, sein Wissen und
- Wollen sei das Rechte, sage. Das Aussprechen dieser Versicherung
- hebt an sich selbst die Form seiner Besonderheit auf; es anerkennt
- darin die _notwendige Allgemeinheit des Selbsts_; indem es sich
- _Gewissen_ nennt, nennt es sich reines Sich-selbst-wissen und reines
- abstraktes Wollen, d.h. es nennt sich ein allgemeines Wissen und
- Wollen, das die andern anerkennt, ihnen _gleich_ ist, denn sie sind
- eben dies reine Sich-wissen und Wollen, und das darum auch von ihnen
- anerkannt wird. In dem Wollen des seiner gewissen Selbsts, in diesem
- Wissen, daß das Selbst das Wesen ist, liegt das Wesen des Rechten.
- --Wer also sagt, er handle so aus Gewissen, der spricht wahr, denn
- sein Gewissen ist das wissende und wollende Selbst. Er muß dies aber
- wesentlich _sagen_, denn dies Selbst muß zugleich _allgemeines_
- Selbst sein. Dies ist es nicht in dem _Inhalt_ der Handlung, denn
- dieser ist um seiner _Bestimmtheit_ willen an sich gleichgültig:
- sondern die Allgemeinheit liegt in der Form derselben; diese Form ist
- es, welche als wirklich zu setzen ist; sie ist das _Selbst_, das als
- solches in der Sprache wirklich ist, sich als das Wahre aussagt, eben
- darin alle Selbst anerkennt und von ihnen anerkannt wird.
- Das Gewissen also, in der Majestät seiner Erhabenheit über das
- bestimmte Gesetz und jeden Inhalt der Pflicht, legt den beliebigen
- Inhalt in sein Wissen und Wollen; es ist die moralische Genialität,
- welche die innere Stimme ihres unmittelbaren Wissens als göttliche
- Stimme weiß, und indem sie an diesem Wissen ebenso unmittelbar das
- Dasein weiß, ist sie die göttliche Schöpferkraft, die in ihrem
- Begriffe die Lebendigkeit hat. Sie ist ebenso der Gottesdienst in
- sich selbst; denn ihr Handeln ist das Anschauen dieser ihrer eignen
- Göttlichkeit.
- Dieser einsame Gottesdienst ist zugleich wesentlich der Gottesdienst
- einer _Gemeine_, und das reine innere Sich-selbst-_wissen_ und
- Vernehmen geht zum Momente des _Bewußtseins_ fort. Die Anschauung
- seiner ist sein _gegenständliches_ Dasein, und dies gegenständliche
- Element ist das Aussprechen seines Wissens und Wollens als eines
- _Allgemeinen_. Durch dies Aussprechen wird das Selbst zum Geltenden
- und die Handlung zur ausführenden Tat. Die Wirklichkeit und das
- Bestehen seines Tuns ist das allgemeine Selbstbewußtsein; das
- Aussprechen des Gewissens aber setzt die Gewißheit seiner selbst als
- reines und dadurch als allgemeines Selbst; die andern lassen die
- Handlung um dieser Rede willen, worin das Selbst als das Wesen
- ausgedrückt und anerkannt ist, gelten. Der Geist und die Substanz
- ihrer Verbindung ist also die gegenseitige Versicherung von ihrer
- Gewissenhaftigkeit, guten Absichten, das Erfreuen über diese
- wechselseitige Reinheit und das Laben an der Herrlichkeit des Wissens
- und Aussprechens, des Hegens und Pflegens solcher Vortrefflichkeit.
- --Insofern dies Gewissen sein _abstraktes_ Bewußtsein noch von seinem
- _Selbstbewußtsein_ unterscheidet, hat es sein Leben nur _verborgen_
- in Gott; er ist zwar _unmittelbar_ seinem Geist und Herzen, seinem
- Selbst gegenwärtig; aber das offenbare, sein wirkliches Bewußtsein
- und die vermittelnde Bewegung desselben ist ihm ein Anderes als jenes
- verborgene Innere und die Unmittelbarkeit des gegenwärtigen Wesens.
- Allein in der Vollendung des Gewissens hebt sich der Unterschied
- seines abstrakten und seines Selbstbewußtseins auf. Es weiß, daß das
- _abstrakte_ Bewußtsein eben _dieses Selbst_, dieses seiner gewisse
- Für-sich-sein ist, daß in der _Unmittelbarkeit_ der _Beziehung_ des
- Selbsts auf das An-sich, das außer dem Selbst gesetzt das abstrakte
- Wesen und das ihm verborgene ist, eben die _Verschiedenheit
- aufgehoben_ ist. Denn diejenige Beziehung ist eine _vermittelnde_,
- worin die bezognen nicht ein und dasselbe, sondern ein _Anderes_
- füreinander und nur in einem dritten eins sind; die _unmittelbare_
- Beziehung aber heißt in der Tat nichts anderes als die Einheit. Das
- Bewußtsein, über die Gedankenlosigkeit, diese Unterschiede, die keine
- sind, noch für Unterschiede zu halten, erhoben, weiß die
- Unmittelbarkeit der Gegenwart des Wesens in ihm als Einheit des
- Wesens und seines Selbsts, sein Selbst also als das lebendige An-sich
- und dies sein Wissen als die Religion, die als angeschautes oder
- daseiendes Wissen das Sprechen der Gemeine über ihren Geist ist.
- Wir sehen hiemit hier das Selbstbewußtsein in sein Innerstes
- zurückgegangen, dem alle Äußerlichkeit als solche verschwindet--in
- die Anschauung des Ich = Ich, worin dieses Ich alle Wesenheit und
- Dasein ist. Es versinkt in diesem Begriffe seiner selbst, denn es
- ist auf die Spitze seiner Extreme getrieben, und zwar so, daß die
- unterschiednen Momente, wodurch es real oder noch _Bewußtsein_ ist,
- nicht für uns nur diese reinen Extreme sind, sondern das, was es für
- sich, und was ihm _an sich_ und was ihm _Dasein_ ist, zu
- Abstraktionen verflüchtigt, die keinen Halt, keine Substanz mehr für
- dies Bewußtsein selbst haben; und alles, was bisher für das
- Bewußtsein Wesen war, ist in diese Abstraktionen zurückgegangen.--Zu
- dieser Reinheit geläutert, ist das Bewußtsein seine ärmste Gestalt,
- und die Armut, die seinen einzigen Besitz ausmacht, ist selbst ein
- Verschwinden; diese absolute _Gewißheit_, in welche sich die Substanz
- aufgelöst hat, ist die absolute _Unwahrheit_, die in sich
- zusammenfällt; es ist das absolute _Selbstbewußtsein_, in dem das
- _Bewußtsein_ versinkt.
- Dies Versinken innerhalb seiner selbst betrachtet, so ist für das
- Bewußtsein die _ansich_seiende _Substanz_ das _Wissen_ als _sein_
- Wissen. Als Bewußtsein ist es in den Gegensatz seiner und des
- Gegenstandes, der für es das Wesen ist, getrennt; aber dieser
- Gegenstand eben ist das vollkommen Durchsichtige, es ist _sein
- Selbst_, und sein Bewußtsein ist nur das Wissen von sich. Alles
- Leben und alle geistige Wesenheit ist in dies Selbst zurückgegangen,
- und hat seine Verschiedenheit von dem Ich-selbst verloren. Die
- Momente des Bewußtseins sind daher diese extremen Abstraktionen,
- deren keine steht, sondern in der andern sich verliert und sie
- erzeugt. Es ist der Wechsel des unglücklichen Bewußtseins mit sich,
- der aber für es selbst innerhalb seiner vorgeht und der Begriff der
- Vernunft zu sein sich bewußt ist, der jenes nur _an sich_ ist. Die
- absolute Gewißheit seiner selbst schlägt ihr also als Bewußtsein
- unmittelbar in ein Austönen, in Gegenständlichkeit seines
- Für-sich-seins um; aber diese erschaffne Welt ist seine _Rede_, die
- es ebenso unmittelbar vernommen, und deren Echo nur zu ihm
- zurückkommt. Diese Rückkehr hat daher nicht die Bedeutung, daß es
- _an_ und _für sich_ darin ist; denn das Wesen ist ihm kein _An-sich_,
- sondern es selbst; ebensowenig hat es _Dasein_, denn das
- Gegenständliche kommt nicht dazu, ein Negatives des wirklichen
- Selbsts zu sein, so wie dieses nicht zur Wirklichkeit. Es fehlt ihm
- die Kraft der Entäußerung, die Kraft, sich zum Dinge zu machen und
- das Sein zu ertragen. Es lebt in der Angst, die Herrlichkeit seines
- Innern durch Handlung und Dasein zu beflecken, und um die Reinheit
- seines Herzens zu bewahren, flieht es die Berührung der Wirklichkeit
- und beharret in der eigensinnigen Kraftlosigkeit, seinem zur letzten
- Abstraktion zugespitzten Selbst zu entsagen und sich Substantialität
- zu geben, oder sein Denken in Sein zu verwandeln und sich dem
- absoluten Unterschiede anzuvertrauen. Der hohle Gegenstand, den es
- sich erzeugt, erfüllt es daher nur mit dem Bewußtsein der Leerheit;
- sein Tun ist das Sehnen, das in dem Werden seiner selbst zum
- wesenlosen Gegenstande sich nur verliert, und über diesen Verlust
- hinaus und zurück zu sich fallend, sich nur als verlornes findet;--in
- dieser durchsichtigen Reinheit seiner Momente eine unglückliche
- sogenannte _schöne Seele_, verglimmt sie in sich, und schwindet als
- ein gestaltloser Dunst, der sich in Luft auflöst.
- Dies stille Zusammenfließen der marklosen Wesenheiten des
- verflüchtigten Lebens ist aber noch in der andern Bedeutung der
- _Wirklichkeit_ des Gewissens und in der _Erscheinung_ seiner Bewegung
- zu nehmen, und das Gewissen als handelnd zu betrachten.--Das
- _gegenständliche_ Moment in diesem Bewußtsein hat sich oben als
- allgemeines Bewußtsein bestimmt; das sich selbst wissende Wissen ist
- als _dieses_ Selbst unterschieden von andern Selbst; die Sprache, in
- der sich alle gegenseitig als gewissenhaft handelnd anerkennen, diese
- allgemeine Gleichheit, zerfällt in die Ungleichheit des einzelnen
- Für-sich-seins, jedes Bewußtsein ist aus seiner Allgemeinheit ebenso
- schlechthin in sich reflektiert; hiedurch tritt der Gegensatz der
- Einzelnheit gegen die andern Einzelnen und gegen das Allgemeine
- notwendig ein, und dieses Verhältnis und seine Bewegung ist zu
- betrachten.--Oder diese Allgemeinheit und die Pflicht hat die
- schlechthin entgegengesetzte Bedeutung der bestimmten von dem
- Allgemeinen sich ausnehmenden _Einzelnheit_, für welche die reine
- Pflicht nur die an die _Oberfläche_ getretene und nach außen gekehrte
- Allgemeinheit ist; die Pflicht liegt nur in den Worten, und gilt als
- ein Sein für Anderes. Das Gewissen, zunächst nur _negativ_ gegen die
- Pflicht als _diese bestimmte vorhandne_ gerichtet, weiß sich frei von
- ihr; aber indem es die leere Pflicht mit einem _bestimmten_ Inhalte
- _aus sich selbst_ anfüllt, hat es das positive Bewußtsein darüber,
- daß es als _dieses_ Selbst sich den Inhalt macht; sein reines Selbst,
- als leeres Wissen, ist das Inhalts- und Bestimmungslose; der Inhalt,
- den es ihm gibt, ist aus seinem Selbst _als diesem_ bestimmten, aus
- sich als natürlicher Individualität genommen, und in dem Sprechen von
- der Gewissenhaftigkeit seines Handelns ist es sich wohl seines reinen
- Selbsts, aber, im _Zwecke_ seines Handelns als wirklichem Inhalt,
- seiner als dieses besondern Einzelnen und des Gegensatzes desjenigen
- bewußt, was es für sich und was es für andere ist, des Gegensatzes
- der Allgemeinheit oder Pflicht und seines Reflektiertseins aus ihr.
- Wenn sich so der Gegensatz, in den das Gewissen als _handelnd_
- eintritt, in seinem Innern ausdrückt, so ist er zugleich die
- Ungleichheit nach Außen in dem Elemente des Daseins, die Ungleichheit
- seiner besondern Einzelnheit gegen anderes Einzelnes.--Seine
- Besonderheit besteht darin, daß die beiden sein Bewußtsein
- konstituierenden Momente, das Selbst und das An-sich, mit _ungleichem
- Werte_, und zwar mit der Bestimmung in ihm gelten, daß die Gewißheit
- seiner selbst das Wesen ist, _gegen das An-sich_ oder das
- _Allgemeine_, das nur als Moment gilt. Dieser innerlichen Bestimmung
- steht also das Element des Daseins oder das allgemeine Bewußtsein
- gegenüber, welchem vielmehr die Allgemeinheit, die Pflicht das Wesen,
- dagegen die Einzelnheit, die gegen das Allgemeine für sich ist, nur
- als aufgehobnes Moment gilt. Diesem Festhalten an der Pflicht gilt
- das erste Bewußtsein als _das Böse_, weil es die Ungleichheit seines
- _In-sich-seins_ mit dem Allgemeinen ist, und indem dieses zugleich
- sein Tun als Gleichheit mit sich selbst, als Pflicht und
- Gewissenhaftigkeit ausspricht, als _Heuchelei_.
- Die _Bewegung_ dieses Gegensatzes ist zunächst die formelle
- Herstellung der Gleichheit zwischen dem, was das Böse in sich ist,
- und was es ausspricht; es muß zum Vorschein kommen, daß es böse und
- so sein Dasein seinem Wesen gleich, die _Heuchelei_ muß _entlarvt_
- werden.--Diese Rückkehr der in ihr vorhandnen Ungleichheit in die
- Gleichheit ist nicht darin schon zustande gekommen, daß die Heuchelei,
- wie man zu sagen pflegt, ebendadurch ihre Achtung für Pflicht und
- Tugend beweise, daß sie den _Schein_ derselben annehme und als Maske
- für ihr eignes nicht weniger als für fremdes Bewußtsein gebrauche; in
- welchem Anerkennen des Entgegengesetzten an sich die Gleichheit und
- Übereinstimmung enthalten sei.--Allein sie ist zugleich aus diesem
- Anerkennen der Sprache ebensosehr heraus und in sich reflektiert, und
- darin, daß sie das _An-sich-_seiende nur als ein _Sein für Anderes_
- gebraucht, ist vielmehr die eigne Verachtung desselben und die
- Darstellung seiner Wesenlosigkeit für alle enthalten. Denn was sich
- als ein äußerliches Werkzeug gebrauchen läßt, zeigt sich als ein Ding,
- das keine eigne Schwere in sich hat.
- Auch kommt diese Gleichheit weder durch das einseitige Beharren des
- bösen Bewußtseins auf sich noch durch das Urteil des Allgemeinen
- zustande.--Wenn jenes sich gegen das Bewußtsein der Pflicht
- verleugnet und, was dieses für Schlechtigkeit, für absolute
- Ungleichheit mit dem Allgemeinen, aussagt, als ein Handeln nach dem
- innern Gesetze und Gewissen behauptet, so bleibt in dieser
- einseitigen Versicherung der Gleichheit seine Ungleichheit mit dem
- Andern, da ja dieses sie nicht glaubt und nicht anerkennt.--Oder da
- das einseitige Beharren auf _einem_ Extreme sich selbst auflöst, so
- würde das Böse sich zwar dadurch als Böses eingestehen, aber darin
- sich _unmittelbar_ aufheben und nicht Heuchelei sein noch als solche
- sich entlarven. Es gesteht sich in der Tat als Böses durch die
- Behauptung ein, daß es, dem anerkannten Allgemeinen entgegengesetzt,
- nach _seinem_ innern Gesetze und Gewissen handle. Denn wäre dies
- Gesetz und Gewissen nicht das Gesetz seiner _Einzelnheit_ und
- _Willkür_, so wäre es nicht etwas Innres, Eignes, sondern das
- allgemein Anerkannte. Wer darum sagt, daß er nach _seinem_ Gesetze
- und Gewissen gegen die andern handle, sagt in der Tat, daß er sie
- mißhandle. Aber das _wirkliche_ Gewissen ist nicht dieses Beharren
- auf dem Wissen und Willen, der dem Allgemeinen sich entgegensetzt,
- sondern das Allgemeine ist das Element seines _Daseins_, und seine
- Sprache sagt sein Tun als die _anerkannte_ Pflicht aus.
- Ebensowenig ist das Beharren des allgemeinen Bewußtseins auf seinem
- Urteile Entlarvung und Auflösung der Heuchelei.--Indem es gegen sie
- schlecht, niederträchtig u.s.f. ausruft, beruft es sich in solchem
- Urteil auf _sein_ Gesetz, wie das _böse_ Bewußtsein auf das _seinige_.
- Denn jenes tritt im Gegensatz gegen dieses und dadurch als ein
- besonderes Gesetz auf. Es hat also nichts vor dem andern voraus,
- legitimiert vielmehr dieses, und dieser Eifer tut gerade das
- Gegenteil dessen, was er zu tun meint,--nämlich das, was er wahre
- Pflicht nennt und das _allgemein_ anerkannt sein soll, als ein
- _Nichtanerkanntes_ zu zeigen, und hiedurch dem andern das gleiche
- Recht des Für-sich-seins einzuräumen.
- Dies Urteil aber hat zugleich eine andre Seite, von welcher es die
- Einleitung zur Auflösung des vorhandnen Gegensatzes wird.--Das
- Bewußtsein _des Allgemeinen_ verhält sich nicht als _wirkliches_ und
- _handelndes_ gegen das erste--denn dieses ist vielmehr das
- wirkliche--, sondern ihm entgegengesetzt, als dasjenige, das nicht in
- dem Gegensatze der Einzelnheit und Allgemeinheit befangen ist,
- welcher in dem Handeln eintritt. Es bleibt in der Allgemeinheit des
- _Gedankens_, verhält sich als _auffassendes_, und seine erste
- Handlung ist nur das Urteil.--Durch dies Urteil stellt es sich nun,
- wie soeben bemerkt wurde, _neben_ das erste, und dieses kommt _durch
- diese Gleichheit_ zur Anschauung seiner selbst in diesem andern
- Bewußtsein. Denn das Bewußtsein der Pflicht verhält _sich auffassend,
- passiv_; es ist aber hiedurch im Widerspruche mit sich als dem
- absoluten Willen der Pflicht, mit sich, dem schlechthin aus sich
- selbst Bestimmenden. Es hat gut sich in der Reinheit bewahren, denn
- es _handelt nicht_; es ist die Heuchelei, die das Urteilen für
- _wirkliche_ Tat genommen wissen will, und statt durch Handlung durch
- das Aussprechen vortrefflicher Gesinnungen die Rechtschaffenheit
- beweist. Es ist also ganz so beschaffen wie dasjenige, dem der
- Vorwurf gemacht wird, daß es nur in seine Rede die Pflicht legt. In
- beiden ist die Seite der Wirklichkeit gleich unterschieden von der
- Rede, in dem einen durch den _eigennützigen Zweck_ der Handlung, in
- dem andern durch das _Fehlen des Handelns_ überhaupt, dessen
- Notwendigkeit in dem Sprechen von der Pflicht selbst liegt, denn
- diese hat ohne Tat gar keine Bedeutung.
- Das Urteilen ist aber auch als positive Handlung des Gedankens zu
- betrachten und hat einen positiven Inhalt; durch diese Seite wird der
- Widerspruch, der in dem auffassenden Bewußtsein vorhanden ist, und
- seine Gleichheit mit dem ersten noch vollständiger.--Das handelnde
- Bewußtsein spricht dies sein bestimmtes Tun als Pflicht aus, und das
- beurteilende kann ihm dies nicht ableugnen; denn die Pflicht selbst
- ist die jeden Inhalts fähige, inhaltslose Form,--oder die konkrete
- Handlung, in ihrer Vielseitigkeit an ihr selbst verschieden, hat die
- allgemeine Seite, welche die ist, die als Pflicht genommen wird,
- ebensosehr an ihr als die besondere, die den Anteil und das Interesse
- des Individuums ausmacht. Das beurteilende Bewußtsein bleibt nun
- nicht bei jener Seite der Pflicht und bei dem Wissen des Handelnden
- davon, daß dies seine Pflicht, das Verhältnis und der Stand seiner
- Wirklichkeit sei, stehen. Sondern es hält sich an die andre Seite,
- spielt die Handlung in das Innre hinein, und erklärt sie aus ihrer
- von ihr selbst verschiednen _Absicht_ und eigennützigen _Triebfeder_.
- Wie jede Handlung der Betrachtung ihrer Pflichtgemäßheit fähig ist,
- ebenso dieser andern Betrachtung der _Besonderheit_; denn als
- Handlung ist sie die Wirklichkeit des Individuums.--Dieses Beurteilen
- setzt also die Handlung aus ihrem Dasein heraus und reflektiert sie
- in das Innre oder in die Form der eignen Besonderheit.--Ist sie von
- Ruhme begleitet, so weiß es dies Innre als Ruhm_sucht_;--ist sie dem
- Stande des Individuums überhaupt angemessen, ohne über diesen
- hinauszugehen, und so beschaffen, daß die Individualität den Stand
- nicht als eine äußere Bestimmung an ihr hängen hat, sondern diese
- Allgemeinheit durch sich selbst ausfüllt und ebendadurch sich als
- eines Höhern fähig zeigt, so weiß das Urteil ihr Innres als
- Ehrbegierde u.s.f. Indem in der Handlung überhaupt das Handelnde zur
- Anschauung _seiner selbst_ in der Gegenständlichkeit, oder zum
- Selbstgefühl seiner in seinem Dasein und also zum Genusse gelangt; so
- weiß das Urteil das Innre als Trieb nach eigner Glückseligkeit,
- bestünde sie auch nur in der innern moralischen Eitelkeit, dem
- Genusse des Bewußtseins der eignen Vortrefflichkeit, und dem
- Vorschmacke der Hoffnung einer künftigen Glückseligkeit.--Es kann
- sich keine Handlung solchem Beurteilen entziehen, denn die Pflicht um
- der Pflicht willen, dieser reine Zweck, ist das Unwirkliche; seine
- Wirklichkeit hat er in dem Tun der Individualität, und die Handlung
- dadurch die Seite der Besondernheit an ihr.--Es gibt keinen Helden
- für den Kammerdiener; nicht aber weil jener nicht ein Held, sondern
- weil dieser--der Kammerdiener ist, mit welchem jener nicht als Held,
- sondern als Essender, Trinkender, sich Kleidender, überhaupt in der
- Einzelnheit des Bedürfnisses und der Vorstellung zu tun hat. So gibt
- es für das Beurteilen keine Handlung, in welcher es nicht die Seite
- der Einzelnheit der Individualität der allgemeinen Seite der Handlung
- entgegensetzen, und gegen den Handelnden den Kammerdiener der
- Moralität machen könnte.
- Dies beurteilende Bewußtsein ist hiemit selbst _niederträchtig_, weil
- es die Handlung teilt, und ihre Ungleichheit mit ihr selbst
- hervorbringt und festhält. Es ist ferner _Heuchelei_, weil es
- solches Beurteilen nicht für eine _andre Manier_, böse zu sein,
- sondern für das _rechte Bewußtsein_ der Handlung ausgibt, in dieser
- seiner Unwirklichkeit und Eitelkeit des Gut- und Besserwissens sich
- selbst über die heruntergemachten Taten hinaufsetzt, und sein
- tatloses Reden für eine vortreffliche _Wirklichkeit_ genommen wissen
- will.--Hiedurch also dem Handelnden, welches von ihm beurteilt wird,
- sich gleich machend, wird es von diesem als dasselbe mit ihm erkannt.
- Dieses findet sich von jenem nicht nur aufgefaßt als ein Fremdes und
- mit ihm Ungleiches, sondern vielmehr jenes nach dessen eigner
- Beschaffenheit mit ihm gleich. Diese Gleichheit anschauend und sie
- _aussprechend, gesteht_ es sich ihm ein, und erwartet ebenso, daß das
- Andre, wie es sich in der Tat ihm gleich gestellt hat, so auch seine
- _Rede_ erwidern, in ihr seine Gleichheit aussprechen und das
- anerkennende Dasein eintreten werde. Sein Geständnis ist nicht eine
- Erniedrigung, Demütigung, Wegwerfung im Verhältnisse gegen das Andre;
- denn dieses Aussprechen ist nicht das einseitige, wodurch es seine
- _Ungleichheit_ mit ihm setzte, sondern allein um der Anschauung _der
- Gleichheit_ des Andern willen mit ihm spricht es sich, es spricht
- _ihre Gleichheit_ von seiner Seite in seinem Geständnisse aus, und
- spricht sie darum aus, weil die Sprache das _Dasein_ des Geistes als
- unmittelbaren Selbsts ist; es erwartet also, daß das Andre das
- Seinige zu diesem Dasein beitrage.
- Allein auf das Eingeständnis des Bösen: _Ich bin's_, erfolgt nicht
- diese Erwiderung des gleichen Geständnisses. So war es mit jenem
- Urteilen nicht gemeint; im Gegenteil! Es stößt diese Gemeinschaft
- von sich, und ist das harte Herz, das für sich ist und die
- Kontinuität mit dem andern verwirft.--Hiedurch kehrt sich die Szene
- um. Dasjenige, das sich bekannte, sieht sich zurückgestoßen, und das
- andere im Unrecht, welches das Heraustreten seines Innern in das
- Dasein der Rede verweigert und dem Bösen die Schönheit seiner Seele,
- dem Bekenntnisse aber den steifen Nacken des sich gleich bleibenden
- Charakters und die Stummheit, sich in sich zu behalten und sich nicht
- gegen einen andern wegzuwerfen, entgegensetzt. Es ist hier die
- höchste Empörung des seiner selbst gewissen Geistes gesetzt; denn er
- schaut sich als dieses _einfache Wissen des Selbsts_ im Andern an,
- und zwar so, daß auch die äußere Gestalt dieses Andern nicht wie im
- Reichtume das Wesenlose, nicht ein Ding ist, sondern es ist der
- Gedanke, das Wissen selbst, was ihm entgegengehalten, es ist diese
- absolut flüssige Kontinuität des reinen _Wissens_, die sich
- verweigert, ihre Mitteilung mit ihm zu setzen--mit ihm, der schon in
- seinem Bekenntnisse dem _abgesonderten Für-sich-sein_ entsagte, und
- sich als aufgehobne Besonderheit und hiedurch als die Kontinuität mit
- dem Andern, als Allgemeines setzte. Das Andre aber behält _an ihm
- selbst_ sich sein sich nicht mitteilendes Für-sich-sein bevor; an dem
- bekennenden behält es ebendasselbe, was aber von diesem schon
- abgeworfen ist. Es zeigt sich dadurch als das geistverlaßne und den
- Geist verleugnende Bewußtsein, denn es erkennt nicht, daß der Geist
- in der absoluten Gewißheit seiner selbst über alle Tat und
- Wirklichkeit Meister, und sie abwerfen und ungeschehen machen kann.
- Zugleich erkennt es nicht den Widerspruch, den es begeht, die
- Abwerfung, die in _der Rede_ geschehen ist, nicht für das wahre
- Abwerfen gelten zu lassen, während es selbst die Gewißheit seines
- Geistes nicht in einer wirklichen Handlung, sondern in seinem Innern
- und dessen Dasein in der _Rede_ seines Urteils hat. Es ist es also
- selbst, das die Rückkehr des Andern aus der Tat in das geistige
- Dasein der Rede und in die Gleichheit des Geistes hemmt und durch
- diese Härte die Ungleichheit hervorbringt, welche noch vorhanden ist.
- Insofern nun der seiner selbst gewisse Geist, als schöne Seele, nicht
- die Kraft der Entäußerung des an sich haltenden Wissens ihrer selbst
- besitzt, kann sie nicht zur Gleichheit mit dem zurückgestoßnen
- Bewußtsein und also nicht zur angeschauten Einheit ihrer selbst im
- Andern, nicht zum Dasein gelangen; die Gleichheit kommt daher nur
- negativ, als ein geistloses Sein, zustande. Die wirklichkeitslose
- schöne Seele, in dem Widerspruche ihres reinen Selbsts und der
- Notwendigkeit desselben, sich zum Sein zu entäußern und in
- Wirklichkeit umzuschlagen, in der _Unmittelbarkeit_ dieses
- festgehaltnen Gegensatzes--einer Unmittelbarkeit, die allein die
- Mitte und Versöhnung des auf seine reine Abstraktion gesteigerten
- Gegensatzes, und die reines Sein oder das leere Nichts ist--ist also
- als Bewußtsein dieses Widerspruches in seiner unversöhnten
- Unmittelbarkeit zur Verrücktheit zerrüttet, und zerfließt in
- sehnsüchtiger Schwindsucht. Es gibt damit in der Tat das harte
- Festhalten _seines Für-sich-seins_ auf, bringt aber nur die geistlose
- Einheit des Seins hervor.
- Die wahre, nämlich die _selbstbewußte_ und _daseiende_ Ausgleichung
- ist nach ihrer Notwendigkeit schon in dem Vorhergehenden enthalten.
- Das Brechen des harten Herzens und seine Erhebung zur Allgemeinheit
- ist dieselbe Bewegung, welche an dem Bewußtsein ausgedrückt war, das
- sich selbst bekannte. Die Wunden des Geistes heilen, ohne daß Narben
- bleiben; die Tat ist nicht das Unvergängliche, sondern wird von dem
- Geiste in sich zurückgenommen, und die Seite der Einzelnheit, die an
- ihr, es sei als Absicht oder als daseiende Negativität und Schranke
- derselben vorhanden ist, ist das unmittelbar verschwindende. Das
- verwirklichende _Selbst_, die Form seiner Handlung, ist nur ein
- _Moment_ des Ganzen, und ebenso das durch Urteil bestimmende und den
- Unterschied der einzelnen und allgemeinen Seite des Handelns
- festsetzende Wissen. Jenes Böse setzt diese Entäußerung seiner oder
- sich als Moment, hervorgelockt in das bekennende Dasein durch die
- Anschauung seiner selbst im Andern. Diesem Andern aber muß, wie
- jenem sein einseitiges nicht anerkanntes Dasein des besondern
- Für-sich-seins, so ihm sein einseitiges nicht anerkanntes Urteil
- brechen; und wie jenes die Macht des Geistes über seine Wirklichkeit
- darstellt, so dies die Macht über seinen bestimmten Begriff.
- Dieses entsagt aber dem teilenden Gedanken und der Härte des an ihm
- festhaltenden Für-sich-seins, darum weil es in der Tat sich selbst im
- ersten anschaut. Dies, das seine Wirklichkeit wegwirft, und sich zum
- _aufgehobnen Diesen_ macht, stellt sich dadurch in der Tat als
- Allgemeines dar; es kehrt aus seiner äußern Wirklichkeit in sich als
- Wesen zurück; das allgemeine Bewußtsein erkennt also darin sich
- selbst.--Die Verzeihung, die es dem ersten widerfahren läßt, ist die
- Verzicht-Leistung auf sich, auf sein _unwirkliches_ Wesen, dem es
- jenes andere, das _wirkliches_ Handeln war, gleichsetzt, und es, das
- von der Bestimmung, die das Handeln im Gedanken erhielt, Böses
- genannt wurde, als gut anerkennt, oder vielmehr diesen Unterschied
- des bestimmten Gedankens und sein fürsichseiendes bestimmendes Urteil
- fahren läßt, wie das Andre das fürsichseiende Bestimmen der Handlung.
- --Das Wort der Versöhnung ist der _daseiende_ Geist, der das reine
- Wissen seiner selbst als _allgemeinen_ Wesens in seinem Gegenteile,
- in dem reinen Wissen seiner als der absolut in sich seienden
- _Einzelnheit_ anschaut--ein gegenseitigem Anerkennen, welches der
- _absolute Geist_ ist.
- Er tritt ins Dasein nur auf der Spitze, auf welcher sein reines
- Wissen von sich selbst der Gegensatz und Wechsel mit sich selbst ist.
- Wissend, daß sein _reines Wissen_ das abstrakte _Wesen_ ist, ist er
- diese wissende Pflicht im absoluten Gegensatze gegen das Wissen, das
- sich als absolute _Einzelnheit_ des Selbsts das Wesen zu sein weiß.
- Jenes ist die reine Kontinuität des Allgemeinen, welches die sich als
- Wesen wissende Einzelnheit als das an sich Nichtige, als das _Böse_
- weiß. Dies aber ist die absolute Diskretion, welche sich selbst in
- ihrem reinen Eins absolut, und jenes Allgemeine als das unwirkliche
- weiß, das nur _für Andre_ ist. Beide Seiten sind zu dieser Reinheit
- geläutert, worin kein selbstloses Dasein, kein Negatives des
- Bewußtseins mehr an ihnen ist, sondern jene _Pflicht_ ist der sich
- gleichbleibende Charakter seines Sich-selbst-wissens, und dieses Böse
- hat ebenso seinen Zweck in seinem _In-sich-sein_, und seine
- Wirklichkeit in seiner Rede; der Inhalt dieser Rede ist die Substanz
- seines Bestehens; sie ist die Versicherung von der Gewißheit des
- Geistes in sich selbst.--Beide ihrer selbst gewissen Geister haben
- keinen andern Zweck als ihr reines Selbst, und keine andre Realität
- und Dasein als eben dieses reine Selbst. Aber sie sind noch
- verschieden, und die Verschiedenheit ist die absolute, weil sie in
- diesem Elemente des reinen Begriffes gesetzt ist. Sie ist es auch
- nicht nur für uns, sondern für die Begriffe selbst, die in diesem
- Gegensatze stehen. Denn diese Begriffe sind zwar _bestimmte_
- gegeneinander, aber zugleich an sich allgemeine, so daß sie den
- ganzen Umfang des Selbsts ausfüllen, und dies Selbst keinen andern
- Inhalt als diese seine Bestimmtheit hat, die weder über es hinausgeht,
- noch beschränkter ist als es; denn die eine, das absolut Allgemeine,
- ist ebenso das reine Sich-selbst-wissen als das andre, die absolute
- Diskretion der Einzelnheit, und beide sind nur dies reine Sich-wissen.
- Beide Bestimmtheiten sind also die wissenden reinen Begriffe, deren
- Bestimmtheit selbst unmittelbar Wissen, oder deren _Verhältnis_ und
- Gegensatz das Ich ist. Hiedurch sind sie _füreinander_ diese
- schlechthin Entgegengesetzten; es ist das vollkommen Innre, das so
- sich selbst gegenüber und ins Dasein getreten ist; sie machen das
- _reine Wissen_ aus, das durch diesen Gegensatz als _Bewußtsein_
- gesetzt ist. Aber noch ist es nicht _Selbstbewußtsein_. Diese
- Verwirklichung hat es in der Bewegung dieses Gegensatzes. Denn
- dieser Gegensatz ist vielmehr selbst die _indiskrete Kontinuität_ und
- _Gleichheit_ des Ich = Ich; und jedes _für sich_ eben durch den
- Widerspruch seiner reinen Allgemeinheit, welche zugleich seiner
- Gleichheit mit dem andern noch widerstrebt und sich davon absondert,
- hebt an ihm selbst sich auf. Durch diese Entäußerung kehrt dies in
- seinem _Dasein_ entzweite Wissen in die Einheit des _Selbsts_ zurück;
- es ist das _wirkliche_ Ich, das allgemeine _Sich-selbst_-wissen in
- seinem _absoluten Gegenteile_, in dem _insich_seienden Wissen, das um
- der Reinheit seines abgesonderten In-sich-seins willen selbst das
- vollkommen Allgemeine ist. Das versöhnende _*Ja*_, worin beide Ich
- von ihrem entgegengesetzten _Dasein_ ablassen, ist das _Dasein_ des
- zur Zweiheit ausgedehnten _Ichs_, das darin sich gleich bleibt, und
- in seiner vollkommnen Entäußerung und Gegenteile die Gewißheit seiner
- selbst hat;--es ist der erscheinende Gott mitten unter ihnen, die
- sich als das reine Wissen wissen.
- VII. Die Religion
- In den bisherigen Gestaltungen, die sich im allgemeinen als
- _Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft_ und _Geist_ unterscheiden,
- ist zwar auch die _Religion_, als Bewußtsein des _absoluten Wesens_
- überhaupt, vorgekommen; allein vom _Standpunkte des Bewußtseins_ aus,
- das sich des absoluten Wesens bewußt ist; nicht aber ist das absolute
- Wesen _an und für sich_ selbst, nicht das Selbstbewußtsein des
- Geistes in jenen Formen erschienen.
- Schon das _Bewußtsein_ wird, insofern es _Verstand_ ist, Bewußtsein
- des _Übersinnlichen_ oder _Innern_ des gegenständlichen Daseins.
- Aber das Übersinnliche, Ewige, oder wie man es sonst nennen mag, ist
- _selbstlos_; es ist nur erst das _Allgemeine_, das noch weit entfernt
- ist, der sich als Geist wissende Geist zu sein.--Alsdenn war das
- _Selbstbewußtsein_, das in der Gestalt des _unglücklichen_
- Bewußtseins seine Vollendung hat, nur der sich zur Gegenständlichkeit
- wieder herausringende, aber sie nicht erreichende _Schmerz_ des
- Geistes. Die Einheit des _einzelnen_ Selbstbewußtseins und seines
- unwandelbaren _Wesens_, zu der jenes sich bringt, bleibt daher ein
- _Jenseits_ desselben.--Das unmittelbare Dasein der _Vernunft_, die
- für uns aus jenem Schmerz hervorging, und ihre eigentümlichen
- Gestalten haben keine Religion, weil das Selbstbewußtsein derselben
- _sich_ in der _unmittelbaren_ Gegenwart weiß oder sucht.
- Hingegen in der sittlichen Welt sahen wir eine Religion, und zwar die
- _Religion_ der _Unterwelt_; sie ist der Glauben an die furchtbare
- unbekannte Nacht des _Schicksals_, und an die Eumenide des
- _abgeschiednen Geistes_;--jene die reine Negativität in der Form der
- Allgemeinheit, diese dieselbe in der Form der Einzelnheit. Das
- absolute Wesen ist in der letztern Form also zwar das _Selbst_, und
- _gegenwärtiges_, wie das Selbst nicht anders ist; allein das
- _einzelne_ Selbst ist _dieser_ einzelne Schatten, der die
- Allgemeinheit, welche das Schicksal ist, getrennt von sich hat. Er
- ist zwar Schatten, _aufgehobner Dieser_, und somit allgemeines Selbst;
- aber noch ist jene negative Bedeutung nicht in diese positive
- umgeschlagen, und daher bedeutet zugleich das aufgehobne Selbst noch
- unmittelbar diesen besondern und wesenlosen.--Das Schicksal aber ohne
- das Selbst bleibt die bewußtlose Nacht, die nicht zur Unterscheidung
- in ihr noch zur Klarheit des Sich-selbst-wissens kommt.
- Dieser Glauben an das Nichts der Notwendigkeit und an die Unterwelt
- wird zum _Glauben_ an den _Himmel_, weil das abgeschiedne Selbst mit
- seiner Allgemeinheit sich vereinen, in ihr das, was es enthält,
- auseinanderschlagen und so sich klar werden muß. Dieses _Reich_ des
- Glaubens aber sahen wir nur im Elemente des Denkens seinen Inhalt
- ohne den Begriff entfalten, und es darum in seinem Schicksale,
- nämlich in der _Religion_ der _Aufklärung_, untergehen. In dieser
- stellt sich das übersinnliche Jenseits des Verstandes wieder her,
- aber so, daß das Selbstbewußtsein diesseits befriedigt steht, und das
- übersinnliche, das _leere_ nicht zu erkennende noch zu fürchtende
- jenseits weder als Selbst noch als Macht weiß.
- In der Religion der Moralität ist endlich dies wiederhergestellt, daß
- das absolute Wesen ein positiver Inhalt ist, aber er ist mit der
- Negativität der Aufklärung vereinigt. Er ist ein _Sein_, das ebenso
- ins Selbst zurückgenommen und darin eingeschlossen bleibt, und ein
- _unterschiedner Inhalt_, dessen Teile ebenso unmittelbar negiert, als
- sie aufgestellt sind. Das Schicksal aber, worin diese
- widersprechende Bewegung versinkt, ist das seiner, als des Schicksals
- der _Wesenheit_ und _Wirklichkeit_, bewußte Selbst.
- Der sich selbst wissende Geist ist in der Religion unmittelbar sein
- eignes reines _Selbstbewußtsein_. Diejenigen Gestalten desselben,
- die betrachtet worden--der wahre, der sich entfremdete, und der
- seiner selbst gewisse Geist--, machen zusammen ihn in seinem
- _Bewußtsein_ aus, das seiner _Welt_ gegenübertretend in ihr sich
- nicht erkennt. Aber im Gewissen unterwirft er sich wie seine
- gegenständliche Welt überhaupt, so auch seine Vorstellung und seine
- bestimmten Begriffe, und ist nun bei sich seiendes Selbstbewußtsein.
- In diesem hat er für sich, als _Gegenstand vorgestellt_, die
- Bedeutung, der allgemeine Geist zu sein, der alles Wesen und alle
- Wirklichkeit in sich enthält; ist aber nicht in der Form freier
- Wirklichkeit oder der selbstständig erscheinenden Natur. Er hat zwar
- _Gestalt_ oder die Form des Seins, indem er _Gegenstand_ seines
- Bewußtseins ist, aber weil dieses in der Religion in der wesentlichen
- Bestimmung, _Selbst_bewußtsein zu sein, gesetzt ist, ist die Gestalt
- sich vollkommen durchsichtig; und die Wirklichkeit, die er enthält,
- ist in ihm eingeschlossen oder in ihm aufgehoben, gerade auf die
- Weise, wie wenn wir _alle Wirklichkeit_ sprechen; sie ist die
- _gedachte_, allgemeine Wirklichkeit.
- Indem also in der Religion die Bestimmung des eigentlichen
- Bewußtseins des Geistes nicht die Form des freien _Andersseins_ hat,
- so ist sein _Dasein_ von seinem _Selbstbewußtsein_ unterschieden, und
- seine eigentliche Wirklichkeit fällt außer der Religion; es ist wohl
- _ein_ Geist beider, aber sein Bewußtsein umfaßt nicht beide zumal,
- und die Religion erscheint als ein Teil des Daseins und Tuns und
- Treibens, dessen anderer Teil das Leben in seiner wirklichen Welt ist.
- Wie wir nun es wissen, daß der Geist in seiner Welt und der seiner
- als Geist bewußte Geist oder der Geist in der Religion dasselbe sind,
- so besteht die Vollendung der Religion darin, daß beides einander
- gleich werde, nicht nur daß seine Wirklichkeit von der Religion
- befaßt ist, sondern umgekehrt, daß er sich als seiner selbst bewußter
- Geist wirklich und _Gegenstand seines Bewußtseins_ werde.--Insofern
- der Geist in der Religion sich ihm selbst _vorstellt_, ist er zwar
- Bewußtsein, und die in ihr eingeschloßne Wirklichkeit ist die Gestalt
- und das Kleid seiner Vorstellung. Der Wirklichkeit widerfährt aber
- in dieser Vorstellung nicht ihr vollkommnes Recht, nämlich nicht nur
- Kleid zu sein, sondern selbstständiges freies Dasein; und umgekehrt
- ist sie, weil ihr die Vollendung in ihr selbst mangelt, eine
- _bestimmte_ Gestalt, die nicht dasjenige erreicht, was sie darstellen
- soll, nämlich den seiner selbst bewußten Geist. Daß seine Gestalt
- ihn selbst ausdrückte, müßte sie selbst nichts anderes sein als er,
- und er sich so erschienen oder wirklich sein, wie er in seinem Wesen
- ist. Dadurch allein würde auch das erreicht, was die Foderung des
- Gegenteils zu sein scheinen kann, nämlich daß der _Gegenstand_ seines
- Bewußtseins die Form freier Wirklichkeit zugleich hat; aber nur der
- Geist, der sich als absoluter Geist Gegenstand ist, ist sich eine
- ebenso freie Wirklichkeit, als er darin seiner selbst bewußt bleibt.
- Indem zunächst das Selbstbewußtsein und das eigentliche Bewußtsein,
- die _Religion_ und der Geist in seiner Welt oder das _Dasein_ des
- Geistes unterschieden wird, so besteht das letztere in dem Ganzen des
- Geistes, insofern seine Momente als auseinandertretend und jedes für
- sich sich darstellt. Die Momente aber sind das _Bewußtsein_, das
- _Selbstbewußtsein_, die _Vernunft_ und der _Geist_;--der Geist
- nämlich als unmittelbarer Geist, der noch nicht das Bewußtsein des
- Geistes ist. Ihre _zusammengefaßte_ Totalität macht den Geist in
- seinem weltlichen Dasein überhaupt aus; der Geist als solcher enthält
- die bisherigen Gestaltungen in den allgemeinen Bestimmungen, den
- soeben genannten Momenten. Die Religion setzt den ganzen Ablauf
- derselben voraus und ist die _einfache_ Totalität oder das absolute
- Selbst derselben.--Der Verlauf derselben ist übrigens im Verhältnisse
- zur Religion nicht in der Zeit vorzustellen. Der ganze Geist nur ist
- in der Zeit, und die Gestalten, welche Gestalten des ganzen _Geistes_
- als solchen sind, stellen sich in einer Aufeinanderfolge dar; denn
- nur das Ganze hat eigentliche Wirklichkeit, und daher die Form der
- reinen Freiheit gegen anderes, die sich als Zeit ausdrückt. Aber die
- _Momente_ desselben, Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist
- haben, weil sie Momente sind, kein voneinander verschiednes Dasein.
- --Wie der Geist von seinen Momenten unterschieden wurde, so ist noch
- drittens von diesen Momenten selbst ihre vereinzelnte Bestimmung zu
- unterscheiden. Jedes jener Momente sahen wir nämlich wieder an ihm
- selbst sich in einem eignen Verlaufe unterscheiden und verschieden
- gestalten; wie z.B. am Bewußtsein die sinnliche Gewißheit,
- Wahrnehmung sich unterschied. Diese letztern Seiten treten in der
- Zeit auseinander und gehören einem _besondern Ganzen_ an.--Denn der
- Geist steigt aus seiner _Allgemeinheit_ durch die _Bestimmung_ zur
- _Einzelnheit_ herab. Die Bestimmung oder Mitte ist _Bewußtsein,
- Selbstbewußtsein_ u.s.f. Die _Einzelnheit_ aber machen die Gestalten
- dieser Momente aus. Diese stellen daher den Geist in seiner
- Einzelnheit oder _Wirklichkeit_ dar und unterscheiden sich in der
- Zeit, so jedoch, daß die folgende die vorhergehenden an ihr behält.
- Wenn daher die Religion die Vollendung des Geistes ist, worin die
- einzelnen Momente desselben, Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft
- und Geist, als in ihren _Grund zurückgehen_ und _zurückgegangen_ sind,
- so machen sie zusammen die _daseiende Wirklichkeit_ des ganzen
- Geistes aus, welcher nur _ist_ als die unterscheidende und in sich
- zurückgehende Bewegung dieser seiner Seiten. Das Werden _der
- Religion überhaupt_ ist in der Bewegung der allgemeinen Momente
- enthalten. Indem aber jedes dieser Attribute, wie es nicht nur im
- allgemeinen sich bestimmt, sondern wie es _an und für sich_ ist, d.h.
- wie es in sich selbst sich als Ganzes verlauft, dargestellt wurde, so
- ist damit auch nicht nur das Werden der Religion _überhaupt_
- entstanden, sondern jene vollständigen Verläufe der _einzelnen_
- Seiten enthalten zugleich die _Bestimmtheiten der Religion_ selbst.
- Der ganze Geist, der Geist der Religion, ist wieder die Bewegung, aus
- seiner Unmittelbarkeit zum _Wissen_ dessen zu gelangen, was er _an
- sich_ oder unmittelbar ist, und es zu erreichen, daß die _Gestalt_,
- in welcher er für sein Bewußtsein erscheint, seinem Wesen vollkommen
- gleiche, und er sich anschaue, wie er ist.--In diesem Werden ist er
- also selbst in _bestimmten_ Gestalten, welche die Unterschiede dieser
- Bewegung ausmachen; zugleich hat damit die bestimmte Religion ebenso
- einen _bestimmten wirklichen_ Geist. Wenn also dem sich wissenden
- Geiste überhaupt Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist
- angehören, so gehören den _bestimmten_ Gestalten des sich wissenden
- Geistes die _bestimmten_ Formen an, welche sich innerhalb des
- Bewußtseins, Selbstbewußtseins, der Vernunft und des Geistes an jedem
- besonders entwickelten. Die _bestimmte_ Gestalt der Religion greift
- für ihren wirklichen Geist aus den Gestalten eines jeden seiner
- Momente diejenige heraus, welche ihr entspricht. Die _eine_
- Bestimmtheit der Religion greift durch alle Seiten ihres wirklichen
- Daseins hindurch und drückt ihnen dies gemeinschaftliche Gepräge auf.
- Auf diese Weise ordnen sich nun die Gestalten, die bis hieher
- auftraten, anders, als sie in ihrer Reihe erschienen, worüber vorher
- noch das Nötige kurz zu bemerken ist.--In der betrachteten Reihe
- bildete sich jedes Moment, sich in sich vertiefend, zu einem Ganzen
- in seinem eigentümlichen Prinzip aus; und das Erkennen war die Tiefe,
- oder der Geist, worin sie, die für sich kein Bestehen haben, ihre
- Substanz hatten. Diese Substanz ist aber nunmehr herausgetreten; sie
- ist die Tiefe des seiner selbst gewissen Geistes, welche es dem
- einzelnen Prinzip nicht gestattet, sich zu isolieren und in sich
- selbst zum Ganzen zu machen, sondern diese Momente alle in sich
- versammelnd und zusammenhaltend, schreitet sie in diesem gesamten
- Reichtum ihres wirklichen Geistes fort, und alle seine besondern
- Momente nehmen und empfangen gemeinschaftlich die gleiche
- Bestimmtheit des Ganzen in sich.--Dieser seiner selbst gewisse Geist
- und seine Bewegung ist ihre wahrhafte Wirklichkeit und das _An- und
- Für-sich_-sein, das jedem einzelnen zukommt.--Wenn also die bisherige
- _eine_ Reihe in ihrem Fortschreiten durch Knoten die Rückgänge in ihr
- bezeichnete, aber aus ihnen sich wieder in _eine_ Länge fortsetzte,
- so ist sie nunmehr gleichsam an diesen Knoten, den allgemeinen
- Momenten, gebrochen und in viele Linien zerfallen, welche in _einen_
- Bund zusammengefaßt, sich zugleich symmetrisch vereinen, so daß die
- gleichen Unterschiede, in welche jede besondre innerhalb ihrer sich
- gestaltete, zusammentreffen.--Es erhellt übrigens aus der ganzen
- Darstellung von selbst, wie diese hier vorgestellte Beiordnung der
- allgemeinen Richtungen zu verstehen ist, daß es überflüssig wird, die
- Bemerkung zu machen, daß diese Unterschiede wesentlich nur als
- Momente des Werdens, nicht als Teile zu fassen sind; an dem
- wirklichen Geiste sind sie Attribute seiner Substanz; an der Religion
- aber vielmehr nur Prädikate des Subjekts.--Ebenso sind _an sich_ oder
- _für uns_ wohl alle Formen überhaupt im Geiste und in jedem enthalten;
- aber es kommt bei seiner Wirklichkeit überhaupt allein darauf an,
- welche Bestimmtheit für ihn in seinem _Bewußtsein_ ist, in welcher er
- sein Selbst ausgedrückt oder in welcher Gestalt er sein Wesen weiß.
- Der Unterschied, der zwischen dem _wirklichen_ Geiste und ihm, der
- sich als Geist weiß, oder zwischen sich selbst als Bewußtsein und als
- Selbstbewußtsein gemacht wurde, ist in dem Geiste aufgehoben, der
- sich nach seiner Wahrheit weiß; sein Bewußtsein und sein
- Selbstbewußtsein sind ausgeglichen. Wie aber hier die Religion erst
- _unmittelbar_ ist, ist dieser Unterschied noch nicht in den Geist
- zurückgegangen. Es ist nur der _Begriff_ der Religion gesetzt; in
- diesem ist das Wesen das _Selbstbewußtsein_, das sich alle Wahrheit
- ist, und in dieser alle Wirklichkeit enthält. Dieses
- Selbstbewußtsein hat als Bewußtsein sich zum Gegenstande; der erst
- sich _unmittelbar_ wissende Geist ist sich also Geist in der _Form_
- der _Unmittelbarkeit_, und die Bestimmtheit der Gestalt, worin er
- sich erscheint, ist die des _Seins_. Dies Sein ist zwar weder mit
- der Empfindung oder dem mannigfaltigen Stoffe, noch mit sonstigen
- einseitigen Momenten, Zwecken und Bestimmungen _erfüllt_, sondern mit
- dem Geiste, und wird von sich als alle Wahrheit und Wirklichkeit
- gewußt. Diese _Erfüllung_ ist auf diese Weise ihrer _Gestalt_, er
- als Wesen seinem Bewußtsein nicht gleich. Er ist erst als absoluter
- Geist wirklich, indem er, wie er in der _Gewißheit seiner selbst_,
- sich auch in seiner _Wahrheit_ ist, oder die Extreme, in die er sich
- als Bewußtsein teilt, in Geistsgestalt füreinander sind. Die
- Gestaltung, welche der Geist als Gegenstand seines Bewußtseins
- annimmt, bleibt von der Gewißheit des Geistes als von der Substanz
- erfüllt; durch diesen Inhalt verschwindet dies, daß der Gegenstand
- zur reinen Gegenständlichkeit, zur Form der Negativität des
- Selbstbewußtseins herabsänke. Die unmittelbare Einheit des Geistes
- mit sich selbst ist die Grundlage oder reines Bewußtsein, _innerhalb_
- dessen das Bewußtsein auseinandertritt. Auf diese Weise in sein
- reines Selbstbewußtsein eingeschlossen, existiert er in der Religion
- nicht als der Schöpfer einer _Natur_ überhaupt; sondern was er in
- dieser Bewegung hervorbringt, sind seine Gestalten als Geister, die
- zusammen die Vollständigkeit seiner Erscheinung ausmachen, und diese
- Bewegung selbst ist das Werden seiner vollkommnen Wirklichkeit durch
- die einzelnen Seiten derselben, oder seine unvollkommnen
- Wirklichkeiten.
- Die erste Wirklichkeit desselben ist der Begriff der Religion selbst,
- oder sie als _unmittelbare_ und also _natürliche Religion_; in ihr
- weiß der Geist sich als seinen Gegenstand in natürlicher oder
- unmittelbarer Gestalt. Die _zweite_ aber ist notwendig diese, sich
- in der Gestalt der _aufgehobnen Natürlichkeit_ oder des _Selbsts_ zu
- wissen. Sie ist also die _künstliche Religion_; denn zur Form des
- _Selbsts_ erhebt sich die Gestalt durch das _Hervorbringen_ des
- Bewußtseins, wodurch dieses in seinem Gegenstande sein Tun oder das
- Selbst anschaut. Die _dritte_ endlich hebt die Einseitigkeit der
- beiden ersten auf; das _Selbst_ ist ebensowohl ein _unmittelbares_,
- als die _Unmittelbarkeit Selbst_ ist. Wenn in der ersten der Geist
- überhaupt in der Form des Bewußtseins, in der zweiten--des
- Selbstbewußtseins ist, so ist er in der dritten in der Form der
- Einheit beider; er hat die Gestalt des _An_und _Für-sich-seins_; und
- indem er also vorgestellt ist, wie er an und für sich ist, so ist
- dies die _offenbare Religion_. Ob er aber in ihr wohl zu seiner
- wahren _Gestalt_ gelangt, so ist eben die _Gestalt_ selbst und die
- _Vorstellung_ noch die unüberwundne Seite, von der er in den
- _Begriff_ übergehen muß, um die Form der Gegenständlichkeit in ihm
- ganz aufzulösen, in ihm, der ebenso dies sein Gegenteil in sich
- schließt. Alsdann hat der Geist den Begriff seiner selbst erfaßt,
- wie wir nur erst ihn erfaßt haben, und seine Gestalt oder das Element
- seines Daseins, indem sie der Begriff ist, ist er selbst.
- A. Natürliche Religion
- Der den Geist wissende Geist ist Bewußtsein seiner selbst, und ist
- sich in der Form des Gegenständlichen, er _ist_; und ist zugleich das
- _Für-sich-sein. Er ist für sich_, er ist die Seite des
- _Selbst_bewußtseins, und zwar gegen die Seite seines Bewußtseins,
- oder des Sich-auf-sich-als-_Gegenstand_-beziehens. In seinem
- Bewußtsein ist die Entgegensetzung und hiedurch die _Bestimmtheit_
- der Gestalt, in welcher er sich erscheint und weiß. Um diese ist es
- in dieser Betrachtung der Religion allein zu tun, denn sein
- ungestaltetes Wesen oder sein reiner Begriff hat sich schon ergeben.
- Der Unterschied des Bewußtseins und Selbstbewußtseins fällt aber
- zugleich innerhalb des letztern; die Gestalt der Religion enthält
- nicht das Dasein des Geistes, wie er vom Gedanken freie Natur, noch
- wie er vom Dasein freier Gedanke ist; sondern sie ist das im Denken
- erhaltne Dasein, so wie ein Gedachtes, das sich da ist.--Nach der
- _Bestimmtheit_ dieser Gestalt, in welcher der Geist sich weiß,
- unterscheidet sich eine Religion von einer andern; allein es ist
- zugleich zu bemerken, daß die Darstellung dieses seines Wissens von
- sich nach dieser _einzelnen Bestimmtheit_ in der Tat nicht das Ganze
- einer wirklichen Religion erschöpft. Die Reihe der verschiednen
- Religionen, die sich ergeben werden, stellt ebensosehr wieder nur die
- verschiednen Seiten einer einzigen, und zwar _jeder einzelnen_ dar,
- und die Vorstellungen, welche eine wirkliche Religion vor einer
- andern auszuzeichnen scheinen, kommen in jeder vor. Allein zugleich
- muß die Verschiedenheit auch als eine Verschiedenheit der Religion
- betrachtet werden. Denn indem der Geist sich im Unterschiede seines
- Bewußtseins und seines Selbstbewußtseins befindet, so hat die
- Bewegung das Ziel, diesen Hauptunterschied aufzuheben, und der
- Gestalt, die Gegenstand des Bewußtseins ist, die Form des
- Selbstbewußtseins zu geben. Dieser Unterschied ist aber nicht
- dadurch schon aufgehoben, daß die Gestalten, die jenes enthält, auch
- das Moment des Selbsts an ihnen haben, und der Gott als
- _Selbstbewußtsein vorgestellt_ wird. Das _vorgestellte_ Selbst ist
- nicht das _wirkliche_; daß es, wie jede andre nähere Bestimmung der
- Gestalt, dieser in Wahrheit angehöre, muß es teils durch das Tun des
- Selbstbewußtseins in sie gesetzt werden, teils muß die niedrige
- Bestimmung von der höhern aufgehoben und begriffen zu sein sich
- zeigen. Denn das Vorgestellte hört nur dadurch auf, vorgestelltes
- und seinem Wissen fremd zu sein, daß das Selbst es hervorgebracht hat,
- und also die Bestimmung des Gegenstandes als die _seinige_, somit
- sich in ihm anschaut.--Durch diese Tätigkeit ist die niedrigere
- Bestimmung zugleich verschwunden; denn das Tun ist das negative, das
- sich auf Kosten eines andern ausführt; insofern sie auch noch
- vorkommt, so ist sie in die Unwesentlichkeit zurückgetreten; so wie
- dagegen, wo die niedrigere noch herrschend ist, die höhere aber auch
- vorkommt, die eine selbstlos neben der andern Platz hat. Wenn daher
- die verschiednen Vorstellungen innerhalb einer einzelnen Religion
- zwar die ganze Bewegung ihrer Formen darstellen, so ist der Charakter
- einer jeden durch die besondre Einheit des Bewußtseins und des
- Selbstbewußtseins bestimmt, das ist, dadurch daß das letztere die
- Bestimmung des Gegenstands des erstern in sich gefaßt, sie durch sein
- Tun sich vollkommen angeeignet und sie als die wesentliche gegen die
- andern weiß.--Die Wahrheit des Glaubens an eine Bestimmung des
- religiösen Geistes zeigt sich darin, daß der _wirkliche_ Geist so
- beschaffen ist wie die Gestalt, in der er sich in der Religion
- anschaut,--wie z.B. die Menschwerdung Gottes, die in der
- morgenländischen Religion vorkommt, keine Wahrheit hat, weil ihr
- wirklicher Geist ohne diese Versöhnung ist.--Hieher gehört es nicht,
- von der Totalität der Bestimmungen zu der einzelnen zurückzukehren
- und zu zeigen, in welcher Gestalt innerhalb ihrer und ihrer besondern
- Religion die Vollständigkeit der übrigen enthalten ist. Die höhere
- Form unter eine niedrigere zurückgestellt entbehrt ihrer Bedeutung
- für den selbstbewußten Geist, gehört ihm nur oberflächlich und seiner
- Vorstellung an. Sie ist in ihrer eigentümlichen Bedeutung und da zu
- betrachten, wo sie Prinzip dieser besondern Religion und durch ihren
- wirklichen Geist bewährt ist.
- a. Das Lichtwesen
- Der Geist, als das _Wesen_, welches _Selbstbewußtsein_ ist--oder das
- selbstbewußte Wesen, welches alle Wahrheit ist und alle Wirklichkeit
- als sich selbst weiß--, ist gegen die Realität, die er in der
- Bewegung seines Bewußtseins sich gibt, nur erst _sein Begriff_, und
- dieser Begriff ist gegen den Tag dieser Entfaltung die Nacht seines
- Wesens, gegen das Dasein seiner Momente als selbstständiger Gestalten
- das schöpferische Geheimnis seiner Geburt. Dies Geheimnis hat in
- sich selbst seine Offenbarung; denn das Dasein hat in diesem Begriffe
- seine Notwendigkeit, weil er der sich wissende Geist ist, also in
- seinem Wesen das Moment hat, Bewußtsein zu sein und sich
- gegenständlich vorzustellen.--Es ist das reine Ich, das in seiner
- Entäußerung, in sich als _allgemeinem Gegenstande_ die Gewißheit
- seiner selbst hat, oder dieser Gegenstand ist für es die
- Durchdringung alles Denkens und aller Wirklichkeit.
- In der unmittelbaren ersten Entzweiung des sich wissenden absoluten
- Geistes hat seine Gestalt diejenige Bestimmung, welche dem
- _unmittelbaren Bewußtsein_ oder der _sinnlichen_ Gewißheit zukommt.
- Er schaut sich in der Form des _Seins_ an, jedoch nicht des
- geistlosen mit zufälligen Bestimmungen der Empfindung erfüllten
- _Seins_, das der sinnlichen Gewißheit angehört, sondern es ist das
- mit dem Geiste erfüllte Sein. Es schließt ebenso die Form in sich,
- welche an dem unmittelbaren _Selbstbewußtsein_ vorkam, die Form des
- _Herrn_ gegen das von seinem Gegenstande zurücktretende
- Selbstbewußtsein des Geistes.--Dies mit dem Begriffe des Geistes
- erfüllte _Sein_ ist also die _Gestalt_ der _einfachen_ Beziehung des
- Geistes auf sich selbst, oder die Gestalt der Gestaltlosigkeit. Sie
- ist vermöge dieser Bestimmung das reine, alles enthaltende und
- erfüllende _Lichtwesen_ des Aufgangs, das sich in seiner formlosen
- Substantialität erhält. Sein Anderssein ist das ebenso einfache
- Negative, die _Finsternis_; die Bewegungen seiner eignen Entäußerung,
- seine Schöpfungen in dem widerstandslosen Elemente seines Andersseins
- sind Lichtgüsse, sie sind in ihrer Einfachheit zugleich sein
- Für-sich-werden und Rückkehr aus seinem Dasein, die Gestaltung
- verzehrende Feuerströme. Der Unterschied, den es sich gibt, wuchert
- zwar in der Substanz des Daseins fort und gestaltet sich zu den
- Formen der Natur; aber die wesentliche Einfachheit seines Denkens
- schweift bestandlos und unverständig in ihnen umher, erweitert ihre
- Grenzen zum Maßlosen, und löst ihre zur Pracht gesteigerte Schönheit
- in ihrer Erhabenheit auf.
- Der Inhalt, den dies reine Sein entwickelt, oder sein Wahrnehmen ist
- daher ein wesenloses Beiherspielen an dieser Substanz, die nur
- _aufgeht_, ohne in sich _niederzugehen_, Subjekt zu werden und durch
- das Selbst ihre Unterschiede zu befestigen. Ihre Bestimmungen sind
- nur Attribute, die nicht zur Selbstständigkeit gedeihen, sondern nur
- Namen des vielnamigen Einen bleiben. Dieses ist mit den mannigfachen
- Kräften des Daseins und den Gestalten der Wirklichkeit als mit einem
- selbstlosen Schmucke angekleidet; sie sind nur eignen Willens
- entbehrende Boten seiner Macht, Anschauungen seiner Herrlichkeit und
- Stimmen seines Preises.
- Dies taumelnde Leben aber muß sich zum _Für-sich-sein_ bestimmen und
- seinen verschwindenden Gestalten Bestehen geben. Das _unmittelbare
- Sein_, in welchem es sich seinem Bewußtsein gegenüberstellt, ist
- selbst die _negative_ Macht, die seine Unterschiede auflöst. Es ist
- also in Wahrheit das _Selbst_; und der Geist geht darum dazu über,
- sich in der Form des Selbsts zu wissen. Das reine Licht wirft seine
- Einfachheit als eine Unendlichkeit von Formen auseinander und gibt
- sich dem Für-sich-sein zum Opfer dar, daß das Einzelne das Bestehen
- an seiner Substanz sich nehme.
- b. Die Pflanze und das Tier
- Der selbstbewußte Geist, der aus dem gestaltlosen Wesen in sich
- gegangen oder seine Unmittelbarkeit zum Selbst überhaupt erhoben,
- bestimmt seine Einfachheit als eine Mannigfaltigkeit des
- Für-sich-seins, und ist die Religion der geistigen _Wahrnehmung_,
- worin er in die zahllose Vielheit schwächerer und kräftigerer,
- reicherer und ärmerer Geister zerfällt. Dieser Pantheismus, zunächst
- das _ruhige_ Bestehen dieser Geisteratomen, wird zur _feindseligen_
- Bewegung in sich selbst. Die Unschuld der _Blumenreligion_, die nur
- selbstlose Vorstellung des Selbsts ist, geht in den Ernst des
- kämpfenden Lebens, in die Schuld der _Tierreligion_, die Ruhe und
- Ohnmacht der anschauenden Individualität in das zerstörende
- Für-sich-sein über.--Es hilft nichts, den Dingen der Wahrnehmung den
- _Tod der Abstraktion_ genommen und sie zu Wesen geistiger Wahrnehmung
- erhoben zu haben; die Beseelung dieses Geisterreichs hat ihn durch
- die Bestimmtheit und die Negativität an ihr, die über die unschuldige
- Gleichgültigkeit derselben übergreift. Durch sie wird die
- Zerstreuung in die Mannigfaltigkeit der ruhigen Pflanzengestalten
- eine feindselige Bewegung, worin sie der Haß ihres Für-sich-seins
- aufreibt.--Das _wirkliche_ Selbstbewußtsein dieses zerstreuten
- Geistes ist eine Menge vereinzelnter ungeselliger Völkergeister, die
- in ihrem Hasse sich auf den Tod bekämpfen und bestimmter
- Tiergestalten als ihres Wesens sich bewußt werden, denn sie sind
- nichts anderes als Tiergeister, sich absondernde ihrer ohne
- Allgemeinheit bewußte Tierleben.
- In diesem Hasse reibt sich aber die Bestimmtheit des rein negativen
- Für-sich-seins auf, und durch diese Bewegung des Begriffs tritt der
- Geist in eine andere Gestalt. Das _aufgehobne Für-sich-sein_ ist die
- _Form_ des _Gegenstandes_, die durch das Selbst hervorgebracht oder
- die vielmehr das hervorgebrachte, sich aufreibende, d.h. zum Dinge
- werdende Selbst ist. \XDCber die nur zerreißenden Tiergeister behält
- daher der Arbeitende die Oberhand, dessen Tun nicht nur negativ,
- sondern beruhigt und positiv ist. Das Bewußtsein des Geistes ist
- also nunmehr die Bewegung, die über das unmittelbare _An-sich-sein_
- wie über das abstrakte _Für-sich-sein_ hinaus ist. Indem das An-sich
- zu einer Bestimmtheit durch den Gegensatz herabgesetzt ist, ist es
- nicht mehr die eigne Form des absoluten Geistes, sondern eine
- Wirklichkeit, die sein Bewußtsein sich entgegengesetzt als das
- gemeine Dasein vorfindet, sie aufhebt, und ebenso nicht nur dies
- aufhebende Für-sich-sein ist, sondern auch seine Vorstellung, das zur
- Form eines Gegenstandes herausgesetzte Für-sich-sein hervorbringt.
- Dies Hervorbringen ist jedoch noch nicht das vollkommne, sondern eine
- bedingte Tätigkeit und das Formieren eines Vorhandnen.
- c. Der Werkmeister
- Der Geist erscheint also hier als der _Werkmeister_, und sein Tun,
- wodurch er sich selbst als Gegenstand hervorbringt, aber den Gedanken
- seiner noch nicht erfaßt hat, ist ein instinktartiges Arbeiten, wie
- die Bienen ihre Zellen bauen.
- Die erste Form, weil sie die unmittelbare ist, ist sie die abstrakte
- des Verstandes, und das Werk noch nicht an ihm selbst vom Geiste
- erfüllt. Die Kristalle der Pyramiden und Obelisken, einfache
- Verbindungen gerader Linien, mit ebnen Oberflächen und gleichen
- Verhältnissen der Teile, an denen die Inkommensurabilität des Runden
- vertilgt ist, sind die Arbeiten dieses Werkmeisters der strengen Form.
- Um der bloßen Verständigkeit der Form willen ist sie nicht ihre
- Bedeutung an ihr selbst, nicht das geistige Selbst. Die Werke
- empfangen also nur den Geist entweder in sich, als einen fremden
- abgeschiednen Geist, der seine lebendige Durchdringung mit der
- Wirklichkeit verlassen, selbst tot in diese des Lebens entbehrende
- Kristalle einkehrt;--oder sie beziehen sich äußerlich auf ihn als auf
- einen solchen, der selbst äußerlich und nicht als Geist da ist--als
- auf das aufgehende Licht, das seine Bedeutung auf sie wirft.
- Die Trennung, von welcher der arbeitende Geist ausgeht, des
- _An-sich-seins_, das zum Stoffe wird, den er verarbeitet, und des
- _Für-sich-seins_, welche _die Seite_ des arbeitenden
- Selbstbewußtseins ist, ist ihm in seinem Werke gegenständlich
- geworden. Seine fernere Bemühung muß dahin gehen, diese Trennung der
- Seele und des Leibs aufzuheben, jene an ihr selbst zu bekleiden und
- zu gestalten, diesen aber zu beseelen. Beide Seiten, indem sie
- einander näher gebracht werden, behalten dabei die Bestimmtheit des
- vorgestellten Geistes und seiner umgebenden Hülle gegeneinander;
- seine Einigkeit mit sich selbst enthält diesen Gegensatz der
- Einzelnheit und Allgemeinheit. Indem das Werk in seinen Seiten sich
- selbst nähert, so geschieht dadurch zugleich auch das andre, daß es
- dem arbeitenden Selbstbewußtsein nähertritt, und dieses zum Wissen
- seiner, wie es an und für sich ist, in dem Werke gelangt. So aber
- macht es nur erst die abstrakte Seite der _Tätigkeit_ des Geistes aus,
- welche nicht in sich selbst noch ihren Inhalt, sondern an seinem
- Werke, das ein Ding ist, weiß. Der Werkmeister selbst, der ganze
- Geist, ist noch nicht erschienen, sondern ist das noch innre
- verborgne Wesen, welches als Ganzes, nur zerlegt in das tätige
- Selbstbewußtsein und in seinen hervorgebrachten Gegenstand, vorhanden
- ist.
- Die umgebende Behausung also, die äußere Wirklichkeit, die nur erst
- in die abstrakte Form des Verstandes erhoben ist, arbeitet der
- Werkmeister zur beseeltern Form aus. Er verwendet das Pflanzenleben
- dazu, das nicht mehr wie dem frühern unmächtigen Pantheismus heilig
- ist, sondern von ihm, der sich als das fürsichseiende Wesen erfaßt,
- als etwas Brauchbares genommen und zur Außenseite und Zierde
- zurückgesetzt wird. Es wird aber nicht unverändert verwendet,
- sondern der Arbeiter der selbstbewußten Form vertilgt zugleich die
- Vergänglichkeit, welche die unmittelbare Existenz dieses Lebens an
- ihm hat, und nähert seine organischen Formen den strengern und
- allgemeinern des Gedankens. Die organische Form, die freigelassen in
- der Besonderheit fortwuchert, ihrerseits von der Form des Gedankens
- unterjocht, erhebt andererseits diese geradlinigten und ebnen
- Gestalten zur beseeltern Rundung,--eine Vermischung, welche die
- Wurzel der freien Architektur wird.
- Diese Wohnung, die Seite des _allgemeinen Elements_ oder der
- unorganischen Natur des Geistes schließt nun auch eine Gestalt der
- _Einzelnheit_ in sich, die den vorher von dem Dasein abgeschiednen
- ihm innern oder äußerlichen Geist der Wirklichkeit näherbringt, und
- dadurch das Werk dem tätigen Selbstbewußtsein gleicher macht. Der
- Arbeiter greift zuerst zur Form des _Für-sich-seins_ überhaupt, zur
- _Tiergestalt_. Daß er sich seiner nicht mehr unmittelbar im
- Tierleben bewußt ist, beweist er dadurch, daß er gegen dieses sich
- als die hervorbringende Kraft konstituiert und in ihm als _seinem_
- Werke sich weiß; wodurch sie zugleich eine aufgehobne und die
- Hieroglyphe einer andern Bedeutung, eines Gedankens wird. Daher wird
- sie auch nicht mehr allein und ganz vom Arbeiter gebraucht, sondern
- mit der Gestalt des Gedankens, mit der menschlichen, vermischt. Noch
- fehlt dem Werke aber die Gestalt und Dasein, worin das Selbst als
- Selbst existiert;--es fehlt ihm noch dies, an ihm selbst es
- auszusprechen, daß es eine innre Bedeutung in sich schließt, es fehlt
- ihm die Sprache, das Element, worin der erfüllende Sinn selbst
- vorhanden ist. Das Werk daher, wenn es sich von dem Tierischen auch
- ganz gereinigt, und die Gestalt des Selbstbewußtseins allein an ihm
- trägt, ist die noch tonlose Gestalt, die des Strahls der aufgehenden
- Sonne bedarf, um Ton zu haben, der vom Lichte erzeugt, auch nur Klang
- und nicht Sprache ist, nur ein äußeres Selbst, nicht das innre zeigt.
- Diesem äußern Selbst der Gestalt steht die andere gegenüber, welche
- anzeigt, ein _Innres_ an ihr zu haben. Die in ihr Wesen
- zurückgehende Natur setzt ihre lebendige sich vereinzelnde und in
- ihrer Bewegung sich verwirrende Mannigfaltigkeit zu einem
- unwesentlichen Gehäuse herab, das die _Decke des Innern_ ist; und
- dieses Innre ist zunächst noch die einfache Finsternis, das Unbewegte,
- der schwarze formlose Stein.
- Beide Darstellungen enthalten die _Innerlichkeit_ und das _Dasein_,
- --die beiden Momente des Geistes; und beide Darstellungen beide
- zugleich in entgegengesetztem Verhältnisse, das Selbst sowohl als
- Innres wie als Äußeres. Beides ist zu vereinigen.--Die Seele der
- menschlich geformten Bildsäule kommt noch nicht aus dem Innern, ist
- noch nicht die Sprache, das Dasein, das an ihm selbst innerlich ist,
- --und das Innre des vielformigen Daseins ist noch das Tonlose, sich
- nicht in sich selbst Unterscheidende, und von seinem Äußern, dem alle
- Unterschiede gehören, noch Getrennte.--Der Werkmeister vereint daher
- beides in der Vermischung der natürlichen und der selbstbewußten
- Gestalt, und diese zweideutigen sich selbst rätselhaften Wesen, das
- Bewußte ringend mit dem Bewußtlosen, das einfache Innre mit dem
- vielgestalteten Äußern, die Dunkelheit des Gedankens mit der Klarheit
- der Äußerung paarend, brechen in die Sprache tiefer
- schwerverständlicher Weisheit aus.
- In diesem Werke hört die instinktartige Arbeit auf, die dem
- Selbstbewußtsein gegenüber das bewußtlose Werk erzeugte; denn in ihm
- kommt der Tätigkeit des Werkmeisters, welche das Selbstbewußtsein
- ausmacht, ein ebenso selbstbewußtes, sich aussprechendes Innres
- entgegen. Er hat sich darin zu der Entzweiung seines Bewußtseins
- emporgearbeitet, worin der Geist dem Geiste begegnet. In dieser
- Einheit des selbstbewußten Geistes mit sich selbst, insofern er sich
- Gestalt und Gegenstand seines Bewußtseins ist, reinigen sich also
- seine Vermischungen mit der bewußtlosen Weise der unmittelbaren
- Naturgestalt. Diese Ungeheuer an Gestalt, Rede und Tat lösen sich
- zur geistigen Gestaltung auf,--einem Äußern, das in sich gegangen,
- --einem Innern, das sich aus sich und an sich selbst äußert; zum
- Gedanken, der sich gebärendes und seine Gestalt ihm gemäß erhaltendes
- und klares Dasein ist. Der Geist ist _Künstler_.
- B. Die Kunst-Religion
- Der Geist hat seine Gestalt, in welcher er für sein Bewußtsein ist,
- in die Form des Bewußtseins selbst erhoben, und bringt eine solche
- sich hervor. Der Werkmeister hat das _synthetische_ Arbeiten, das
- _Vermischen_ der fremdartigen Formen des Gedankens und des
- Natürlichen aufgegeben; indem die Gestalt die Form der selbstbewußten
- Tätigkeit gewonnen, ist er geistiger Arbeiter geworden.
- Fragen wir darnach, welches der _wirkliche_ Geist ist, der in der
- Kunstreligion das Bewußtsein seines absoluten Wesens hat, so ergibt
- sich, daß es der _sittliche_ oder der _wahre_ Geist ist. Er ist
- nicht nur die allgemeine Substanz aller Einzelnen, sondern indem sie
- für das wirkliche Bewußtsein die Gestalt des Bewußtseins hat, so
- heißt dies soviel, daß sie, die Individualisation hat, von ihnen als
- ihr eignes Wesen und Werk gewußt wird. Weder ist sie so für sie das
- Lichtwesen, in dessen Einheit das Für-sich-sein des Selbstbewußtseins
- nur negativ, nur vergehend enthalten ist, und den Herrn seiner
- Wirklichkeit anschaut,--noch ist sie das rastlose Verzehren sich
- hassender Völker,--noch die Unterjochung derselben zu Kasten, die
- zusammen den Schein der Organisation eines vollendeten Ganzen
- ausmachen, dem aber die allgemeine Freiheit der Individuen fehlt.
- Sondern er ist das freie Volk, worin die Sitte die Substanz aller
- ausmacht, deren Wirklichkeit und Dasein alle und jeder einzelne als
- seinen Willen und Tat weiß.
- Die Religion des sittlichen Geistes ist aber seine Erhebung über
- seine Wirklichkeit, das Zurückgehen _aus seiner Wahrheit_ in das
- reine _Wissen seiner selbst_. Indem das sittliche Volk in der
- unmittelbaren Einheit mit seiner Substanz lebt und das Prinzip der
- reinen Einzelnheit des Selbstbewußtseins nicht an ihm hat, so tritt
- seine Religion in ihrer Vollendung erst im _Scheiden_ von seinem
- _Bestehen_ auf. Denn die _Wirklichkeit_ der sittlichen Substanz
- beruht teils auf ihrer ruhigen _Unwandelbarkeit_ gegen die absolute
- Bewegung des Selbstbewußtseins, und hiemit darauf, daß dieses noch
- nicht aus seiner ruhigen Sitte und seinem festen Vertrauen in sich
- gegangen ist;--teils auf seiner Organisation in eine Vielheit von
- Rechten und Pflichten, sowie in die Verteilung in die Massen der
- Stände und ihres besondern Tuns, das zum Ganzen zusammenwirkt;
- --hiemit darauf, daß der Einzelne mit der Beschränkung seines Daseins
- zufrieden ist und den schrankenlosen Gedanken seines freien Selbsts
- noch nicht erfaßt hat. Aber jenes ruhige _unmittelbare_ Vertrauen
- zur Substanz geht in das Vertrauen _zu sich_ und in die _Gewißheit
- seiner selbst_ zurück, und die Vielheit der Rechte und Pflichten wie
- das beschränkte Tun ist dieselbe dialektische Bewegung des Sittlichen,
- als die Vielheit der Dinge und ihrer Bestimmungen,--eine Bewegung,
- die nur in der Einfachheit des seiner gewissen Geistes ihre Ruhe und
- Festigkeit findet.--Die Vollendung der Sittlichkeit zum freien
- Selbstbewußtsein und das Schicksal der sittlichen Welt ist daher die
- in sich gegangene Individualität, der absolute Leichtsinn des
- sittlichen Geistes, der alle festen Unterschiede seines Bestehens und
- die Massen seiner organischen Gegliederung in sich aufgelöst, und
- vollkommen seiner sicher zur schrankenlosen Freudigkeit und zum
- freisten Genusse seiner selbst gelangt ist. Diese einfache Gewißheit
- des Geistes in sich ist das Zweideutige, ruhiges Bestehen und feste
- Wahrheit, sowie absolute Unruhe und das Vergehen der Sittlichkeit zu
- sein. Sie schlägt aber in das letztre um, denn die Wahrheit des
- sittlichen Geistes ist nur erst noch dies substantielle Wesen und
- Vertrauen, worin das Selbst sich nicht als freie Einzelheit weiß, und
- das daher in dieser Innerlichkeit oder in dem Freiwerden des Selbsts
- zugrunde geht. Indem also das Vertrauen gebrochen, die Substanz des
- Volks in sich geknickt ist, so ist der Geist, der die Mitte von
- bestandlosen Extremen war, nunmehr in das Extrem des sich als Wesen
- erfassenden Selbstbewußtseins herausgetreten. Dieses ist der in sich
- gewisse Geist, der über den Verlust seiner Welt trauert und sein
- Wesen, über die Wirklichkeit erhoben, nun aus der Reinheit des
- Selbsts hervorbringt.
- In solcher Epoche tritt die absolute Kunst hervor; früher ist sie das
- instinktartige Arbeiten, das ins Dasein versenkt aus ihm heraus und
- in es hineinarbeitet, nicht an der freien Sittlichkeit seine Substanz,
- und daher auch zum arbeitenden Selbst nicht die freie geistige
- Tätigkeit hat. Später ist der Geist über die Kunst hinaus, um seine
- höhere Darstellung zu gewinnen;--nämlich nicht nur die aus dem Selbst
- geborne _Substanz_, sondern in seiner Darstellung als Gegenstand,
- _dieses Selbst_ zu sein, nicht nur aus seinem Begriffe sich zu
- gebären, sondern seinen Begriff selbst zur Gestalt zu haben, so daß
- der Begriff und das erzeugte Kunstwerk sich gegenseitig als ein und
- dasselbe wissen.
- Indem also die sittliche Substanz aus ihrem Dasein sich in ihr reines
- Selbstbewußtsein zurückgenommen, so ist dieses die Seite des Begriffs
- oder der _Tätigkeit_, mit welcher der Geist sich als Gegenstand
- hervorbringt. Sie ist reine Form, weil der Einzelne im sittlichen
- Gehorsam und Dienste sich alles bewußtlose Dasein und feste
- Bestimmung so abgearbeitet hat, wie die Substanz selbst dies flüssige
- Wesen geworden ist. Diese Form ist die Nacht, worin die Substanz
- verraten ward, und sich zum Subjekte machte; aus dieser Nacht der
- reinen Gewißheit seiner selbst ist es, daß der sittliche Geist als
- die von der Natur und seinem unmittelbaren Dasein befreite Gestalt
- aufersteht.
- Die _Existenz_ des reinen Begriffs in den der Geist aus seinem Körper
- geflohen, ist ein Individuum, das er sich zum Gefäße seines
- Schmerzens erwählt. Er ist an diesem als sein Allgemeines und seine
- Macht, von welcher es Gewalt leidet,--als sein Pathos, dem hingegeben
- sein Selbstbewußtsein die Freiheit verliert. Aber jene positive
- Macht der Allgemeinheit wird vom reinen Selbst des Individuums, als
- der negativen Macht, bezwungen. Diese reine Tätigkeit, ihrer
- unverlierbaren Kraft bewußt, ringt mit dem ungestalteten Wesen;
- Meister darüber werdend, hat sie das Pathos zu ihrem Stoffe gemacht
- und sich ihren Inhalt gegeben, und diese Einheit tritt als Werk
- heraus, der allgemeine Geist individualisiert und vorgestellt.
- a. Das abstrakte Kunstwerk
- Das erste Kunstwerk ist, als das unmittelbare, das abstrakte und
- einzelne. Seinerseits hat es sich aus der unmittelbaren und
- gegenständlichen Weise dem Selbstbewußtsein entgegenzubewegen, wie
- andererseits dieses für sich im Kultus darauf geht, die
- Unterscheidung aufzuheben, die es sich zuerst gegen seinen Geist gibt,
- und hiedurch das an ihm selbst belebte Kunstwerk hervorzubringen.
- Die erste Weise, in welcher der künstlerische Geist seine Gestalt und
- sein tätiges Bewußtsein am weitesten voneinander entfernt, ist die
- unmittelbare, daß jene als _Ding_ überhaupt _da ist_.--Sie zerfällt
- an ihr in den Unterschied der Einzelnheit, welche die Gestalt des
- Selbsts an ihr hat, und der Allgemeinheit, welche das unorganische
- Wesen in bezug auf die Gestalt, als seine Umgebung und Behausung,
- darstellt. Diese gewinnt durch die Erhebung des Ganzen in den reinen
- Begriff ihre reine dem Geiste angehörige Form. Sie ist weder der
- verständige Kristall, der das Tote behaust, oder von der äußerlichen
- Seele beschienen wird, noch die aus der Pflanze erst hervorgehende
- Vermischung der Formen der Natur und des Gedankens, dessen Tätigkeit
- hierin noch ein _Nachahmen_ ist. Sondern der Begriff streift das ab,
- was von der Wurzel, dem Geäste und Geblätter den Formen noch anklebt,
- und reinigt sie zu Gebilden, worin das Geradlinigte und Ebne des
- Kristalls in inkommensurable Verhältnisse erhoben ist, so daß die
- Beseelung des Organischen in die abstrakte Form des Verstandes
- aufgenommen und zugleich ihr Wesen, die Inkommensurabilität für den
- Verstand erhalten wird.
- Der inwohnende Gott aber ist der aus dem Tiergehäuse hervorgezogne
- schwarze Stein, der mit dem Lichte des Bewußtseins durchdrungen ist.
- Die menschliche Gestalt streift die tierische, mit der sie vermischt
- war, ab; das Tier ist für den Gott nur eine zufällige Verkleidung; es
- tritt neben seine wahre Gestalt, und gilt für sich nichts mehr,
- sondern ist zur Bedeutung eines andern, zum bloßen Zeichen,
- herabgesunken. Die Gestalt des Gottes streift eben dadurch an ihr
- selbst auch die Bedürftigkeit der natürlichen Bedingungen des
- tierischen Daseins ab, und deutet die innerlichen Anstalten des
- organischen Lebens in ihre Oberfläche verschmolzen und nur dieser
- angehörig an.--Das _Wesen_ des Gottes aber ist die Einheit des
- allgemeinen Daseins der Natur und des selbstbewußten Geistes, der in
- seiner Wirklichkeit jenem gegenüberstehend erscheint. Zugleich
- zunächst eine _einzelne_ Gestalt, ist sein Dasein eines der Elemente
- der Natur, so wie seine selbstbewußte Wirklichkeit ein einzelner
- Volksgeist. Aber jenes ist in dieser Einheit das in den Geist
- reflektierte Element, die durch den Gedanken verklärte, mit dem
- selbstbewußten Leben geeinte Natur. Die Göttergestalt hat darum ihr
- Naturelement als ein aufgehobnes, als eine dunkle Erinnerung in ihr.
- Das wüste Wesen und der verworrene Kampf des freien Daseins der
- Elemente, das unsittliche Reich der Titanen, ist besiegt, und an den
- Saum der sich klar gewordnen Wirklichkeit, an die trüben Grenzen der
- sich im Geiste findenden und beruhigten Welt verwiesen. Diese alten
- Götter, in welche das Lichtwesen, mit der Finsternis zeugend, sich
- zunächst besonders, der Himmel, die Erde, der Ozean, die Sonne, das
- blinde typhonische Feuer der Erde u.s.f. sind durch Gestalten ersetzt,
- die an ihnen nur noch den dunkel erinnernden Anklang an jene Titanen
- haben, und nicht mehr Naturwesen, sondern klare sittliche Geister der
- selbstbewußten Völker sind.
- Diese einfache Gestalt hat also die Unruhe der unendlichen
- Vereinzelung--ihrer sowohl als des Naturelements, das nur als
- allgemeines Wesen notwendig, in seinem Dasein und Bewegung aber sich
- zufällig verhält, wie ihrer als des Volks, das in die besondere
- Massen des Tuns und in die individuellen Punkte des Selbstbewußtseins
- zerstreut ein Dasein mannigfaltigen Sinnes und Tuns hat--an sich
- vertilgt und in ruhige Individualität zusammengefaßt. Es steht ihr
- daher das Moment der Unruhe, ihr--dem _Wesen_ das _Selbstbewußtsein_
- gegenüber, das als die Geburtsstätte derselben für sich nichts übrig
- behielt, als die _reine Tätigkeit_ zu sein. Was der Substanz
- angehört, gab der Künstler ganz seinem Werke mit, sich selbst aber
- als einer bestimmten Individualität in seinem Werke keine
- Wirklichkeit; er konnte ihm die Vollendung nur dadurch erteilen, daß
- er seiner Besonderheit sich entäußerte, und zur Abstraktion des
- reinen Tuns sich entkörperte und steigerte.--In dieser ersten
- unmittelbaren Erzeugung ist die Trennung des Werks und seiner
- selbstbewußten Tätigkeit noch nicht wieder vereinigt; das Werk ist
- daher nicht für sich das wirklich beseelte, sondern es ist _Ganzes_
- nur mit seinem _Werden_ zusammen. Das Gemeine an dem Kunstwerke, daß
- es im Bewußtsein erzeugt und von Menschenhänden gemacht ist, ist das
- Moment des als Begriff existierenden Begriffes, der ihm
- gegenübertritt. Und wenn dieser, als Künstler oder als Betrachter,
- das Kunstwerk als an ihm selbst absolut beseelt auszusprechen, und
- sich, den Tuenden oder Schauenden, zu vergessen uneigennützig genug
- ist, so muß hiegegen der Begriff des Geistes festgehalten werden, der
- des Moments nicht entbehren kann, seiner selbst bewußt zu sein. Dies
- Moment aber steht dem Werke gegenüber, weil er in dieser seiner
- ersten Entzweiung beiden Seiten ihre abstrakten Bestimmungen des
- _Tuns_ und _Ding_seins gegeneinander gibt, und ihre Rückkehr in die
- Einheit, von der sie ausgingen, noch nicht zustande gekommen ist.
- Der Künstler erfährt also an seinem Werke, daß er _kein ihm gleiches_
- Wesen hervorbrachte. Es kommt ihm zwar daraus ein Bewußtsein so
- zurück, daß eine bewundernde Menge es als den Geist, der ihr Wesen
- ist, verehrt. Aber diese Beseelung, indem sie ihm sein
- Selbstbewußtsein nur als Bewunderung erwidert, ist vielmehr ein
- Bekenntnis, das diese Beseelung an den Künstler ablegt, nicht
- seinesgleichen zu sein. Indem es ihm als Freudigkeit überhaupt
- zurückkommt, findet er darin nicht den Schmerz seiner Bildung und
- Zeugung, nicht die Anstrengung seiner Arbeit. Sie mögen das Werk
- auch noch beurteilen, oder ihm Opfer bringen, auf welche Art es sei,
- ihr Bewußtsein darein legen,--wenn sie sich mit ihrer Kenntnis
- darüber setzen, weiß er, wieviel mehr seine _Tat_ als ihr Verstehen
- und Reden ist; wenn sie sich _darunter_ setzen und ihr sie
- beherrschendes _Wesen_ darin erkennen, weiß er sich als den Meister
- desselben.
- Das Kunstwerk erfodert daher ein anderes Element seines Daseins, der
- Gott einen andern Hervorgang als diesen, worin er aus der Tiefe
- seiner schöpferischen Nacht in das Gegenteil in die Äußerlichkeit,
- die Bestimmung des selbstbewußtlosen _Dinges_ herabfällt. Dies
- höhere Element ist die _Sprache_--ein Dasein, das unmittelbar
- selbstbewußte Existenz ist. Wie das _einzelne_ Selbstbewußtsein in
- ihr da ist, ist es ebenso unmittelbar als eine _allgemeine_
- Ansteckung; die vollkommne Besonderung des Für-sich-seins ist
- zugleich die Flüssigkeit und die allgemein mitgeteilte Einheit der
- vielen Selbst; sie ist die als Seele existierende Seele. Der Gott
- also, der die Sprache zum Elemente seiner Gestalt hat, ist das an ihm
- selbst beseelte Kunstwerk, das die reine Tätigkeit, die ihm, der als
- Ding existierte, gegenüber war, unmittelbar in seinem Dasein hat.
- Oder das Selbstbewußtsein bleibt in dem Gegenständlichwerden seines
- Wesens unmittelbar bei sich. Es ist, so in seinem Wesen bei sich
- selbst seiend, _reines Denken_ oder die Andacht, deren
- _Innerlichkeit_ in der Hymne zugleich _Dasein_ hat. Sie behält die
- Einzelnheit des Selbstbewußtseins in ihr, und vernommen ist diese
- Einzelnheit zugleich als allgemeine da; die Andacht, in allen
- angezündet, ist der geistige Strom, der, in der Vielfachheit des
- Selbstbewußtseins, seiner als eines gleichen _Tuns_ Aller und als
- _einfaches Sein_ bewußt ist; der Geist hat als dieses allgemeine
- Selbstbewußtsein Aller seine reine Innerlichkeit ebensowohl als das
- Sein für Andre und das Für-sich-sein der Einzelnen in _einer_ Einheit.
- Diese Sprache unterscheidet sich von einer andern Sprache des Gottes,
- die nicht die des allgemeinen Selbstbewußtseins ist. Das _Orakel_
- sowohl des Gottes der künstlerischen als der vorhergehenden
- Religionen ist die notwendige erste Sprache desselben, denn in seinem
- _Begriffe_ liegt ebensowohl, daß er das Wesen der Natur als des
- Geistes ist, und daher nicht nur natürliches, sondern auch geistiges
- Dasein hat. Insofern dies Moment erst in seinem _Begriffe_ liegt,
- und noch nicht in der Religion realisiert ist, so ist die Sprache für
- das religiöse Selbstbewußtsein Sprache eines fremden
- Selbstbewußtseins. Das seiner Gemeine noch _fremde_ Selbstbewußtsein
- _ist_ noch nicht so _da_, wie sein Begriff fodert. Das Selbst ist
- das einfache und dadurch schlechthin _allgemeine_ Für-sich-sein;
- jenes aber, das von dem Selbstbewußtsein der Gemeine getrennt ist,
- ist nur erst ein _einzelnes_.--Der Inhalt dieser eignen und einzelnen
- Sprache ergibt sich aus der allgemeinen Bestimmtheit, in welcher der
- absolute Geist überhaupt in seiner Religion gesetzt ist.--Der
- allgemeine Geist des Aufgangs, der sein Dasein noch nicht besonders
- hat, spricht also ebenso einfache und allgemeine Sätze vom Wesen aus,
- deren substantieller Inhalt in seiner einfachen Wahrheit erhaben ist,
- aber um dieser Allgemeinheit willen, dem weiter sich fortbildenden
- Selbstbewußtsein zugleich trivial erscheint.
- Das weiter gebildete Selbst, das sich zum _Für-sich-sein_ erhebt, ist
- über das reine Pathos der Substanz, über die Gegenständlichkeit des
- aufgehenden Lichtwesens Meister, und weiß jene Einfachheit der
- Wahrheit, als das _an-sich-seiende_, das nicht die Form des
- zufälligen Daseins durch eine fremde Sprache hat, sondern _als das
- sichre und ungeschriebene Gesetze der Götter, das ewig lebt, und von
- dem niemand weiß, von wannen es erschien_.--Wie die allgemeine
- Wahrheit, die vom Lichtwesen geoffenbart wurde, hier ins Innre oder
- Untre zurückgetreten und damit der Form der zufälligen Erscheinung
- enthoben ist, so ist dagegen in der Kunstreligion, weil die Gestalt
- des Gottes das Bewußtsein und damit die Einzelnheit überhaupt
- angenommen hat, die eigne Sprache des Gottes, der der Geist des
- sittlichen Volkes ist, das Orakel, das die besondern Angelegenheiten
- desselben weiß, und das Nützliche darüber kundtut. Die allgemeinen
- Wahrheiten aber, weil sie als das _An-sich-seiende_ gewußt werden,
- vindiziert sich das _wissende Denken_, und die Sprache derselben ist
- ihm nicht mehr eine fremde, sondern die eigne. Wie jener Weise des
- Altertums, was gut und schön sei, in seinem eignen Denken suchte,
- dagegen den schlechten zufälligen Inhalt des Wissens, ob es ihm gut
- sei, mit diesem oder jenem umzugehen, oder einem Bekannten gut, diese
- Reise zu machen und dergleichen bedeutungslose Dinge, dem Dämon zu
- wissen überließ, ebenso holt das allgemeine Bewußtsein das Wissen vom
- Zufälligen von den Vögeln, oder von den Bäumen oder von der gärenden
- Erde, deren Dampf dem Selbstbewußtsein seine Besonnenheit nimmt; denn
- das Zufällige ist das Unbesonnene und Fremde, und das sittliche
- Bewußtsein läßt sich also auch, wie durch ein Würfeln, auf eine
- unbesonnene und fremde Weise darüber bestimmen. Wenn der Einzelne
- durch seinen Verstand sich bestimmt und mit Überlegung das wählt, was
- ihm nützlich sei, so liegt dieser Selbstbestimmung die Bestimmtheit
- des besondern Charakters zum Grunde; sie ist selbst das Zufällige;
- und jenes Wissen des Verstands, was dem Einzelnen nützlich ist, daher
- ein eben solches Wissen als das jener Orakel oder des Loses; nur daß,
- der das Orakel oder Los befragt, damit die sittliche Gesinnung der
- Gleichgültigkeit gegen das Zufällige ausdrückt, da jenes hingegen das
- an sich Zufällige als wesentliches Interesse seines Denkens und
- Wissens behandelt. Das Höhere als beide aber ist, zwar die
- Überlegung zum Orakel des zufälligen Tuns zu machen, aber diese
- überlegte Handlung selbst wegen ihrer Seite der Beziehung auf das
- Besondre und ihrer Nützlichkeit als etwas Zufälliges zu wissen.
- Das wahre selbstbewußte Dasein, das der Geist in der Sprache, die
- nicht die Sprache des fremden und also zufälligen, nicht allgemeinen
- Selbstbewußtseins ist, erhält, ist das Kunstwerk, das wir vorhin
- gesehen. Es steht dem dinglichen der Bildsäule gegenüber. Wie diese
- das ruhende, so ist jenes das verschwindende Dasein; wie in diesem
- die Gegenständlichkeit frei entlassen des eignen unmittelbaren
- Selbsts entbehrt, so bleibt sie dagegen in jenem zu sehr in das
- Selbst eingeschlossen, kommt zu wenig zur Gestaltung, und ist, wie
- die Zeit, unmittelbar nicht mehr da, indem sie da ist.
- Die Bewegung beider Seiten, in der die im reinen empfindenden
- Elemente des Selbstbewußtseins _bewegte_, und die im Elemente der
- Dingheit _ruhende_ göttliche Gestalt gegenseitig ihre verschiedne
- Bestimmung aufgeben und die Einheit zum Dasein kommt, die der Begriff
- ihres Wesens ist, macht der _Kultus_ aus. In ihm gibt sich das
- Selbst das Bewußtsein des Herabsteigens des göttlichen Wesens aus
- seiner Jenseitigkeit zu ihm, und dieses, das vorher das unwirkliche
- und nur gegenständliche ist, erhält dadurch die eigentliche
- Wirklichkeit des Selbstbewußtseins.
- Dieser Begriff des Kultus ist an sich schon in dem Strome des
- hymnischen Gesanges enthalten und vorhanden. Diese Andacht ist die
- unmittelbare reine Befriedigung des Selbsts durch und in sich selbst.
- Es ist die gereinigte Seele, welche in dieser Reinheit unmittelbar
- nur Wesen und eins mit dem Wesen ist. Sie ist um ihrer Abstraktion
- willen nicht das seinen Gegenstand von sich unterscheidende
- Bewußtsein, und also nur die Nacht seines Daseins und die _bereitete
- Stätte_ seiner Gestalt. Der _abstrakte Kultus_ erhebt daher das
- Selbst dazu, dieses reine _göttliche Element_ zu sein. Die Seele
- vollbringt diese Läuterung mit Bewußtsein; doch ist sie noch nicht
- das Selbst, das in seine Tiefen hinabgestiegen, sich als das Böse
- weiß, sondern es ist ein _seiendes_, eine Seele, welche ihre
- Äußerlichkeit mit Waschen reinigt, sie mit weißen Kleidern antut, und
- ihre Innerlichkeit den vorgestellten Weg der Arbeiten, Strafen und
- Belohnungen, den Weg der die Besonderheit entäußernden Bildung
- überhaupt durchführt, durch welchen sie in die Wohnungen und die
- Gemeinschaft der Seligkeit gelangt.
- Dieser Kultus ist nur erst _ein geheimes_, d.h. ein nur vorgestelltes,
- unwirkliches Vollbringen; er muß _wirkliche_ Handlung sein, eine
- unwirkliche Handlung widerspricht sich selbst. _Das eigentliche
- Bewußtsein_ erhebt sich dadurch in sein _reines_ Selbstbewußtsein.
- Das Wesen hat in ihm die Bedeutung eines freien Gegenstands, durch
- den wirklichen Kultus kehrt dieser in das Selbst zurück,--und
- insofern er im reinen Bewußtsein die Bedeutung des reinen jenseits
- der Wirklichkeit wohnenden Wesens hat, steigt dies Wesen von seiner
- Allgemeinheit durch diese Vermittlung zur Einzelnheit herunter und
- schließt sich so mit der Wirklichkeit zusammen.
- Wie beide Seiten in die Handlung eintreten, bestimmt sich so, daß für
- die selbstbewußte Seite, insofern sie _wirkliches_ Bewußtsein ist,
- das Wesen sich als die _wirkliche Natur_ darstellt; einesteils gehört
- sie ihm als Besitz und Eigentum und gilt als das nicht
- _an-sich_-seiende Dasein;--andernteils ist sie _seine eigne_
- unmittelbare Wirklichkeit und Einzelnheit, die von ihm ebenso als
- Nichtwesen betrachtet und aufgehoben wird. Zugleich aber hat für
- sein _reines_ Bewußtsein jene äußere Natur die _entgegengesetzte_
- Bedeutung, nämlich das _ansichseiende_ Wesen zu sein, gegen welches
- das Selbst seine Unwesentlichkeit aufopfert, wie es umgekehrt die
- unwesentliche Seite der Natur sich selbst aufopfert. Die Handlung
- ist dadurch geistige Bewegung, weil sie dies Doppelseitige ist, die
- Abstraktion des _Wesens_, wie die Andacht den Gegenstand bestimmt,
- aufzuheben und es zum Wirklichen zu machen, und das _Wirkliche_, wie
- das Handelnde den Gegenstand und sich bestimmt, auf- und in die
- Allgemeinheit zu erheben.
- Die Handlung des Kultus selbst beginnt daher mit der reinen _Hingabe_
- eines Besitzes, den der Eigentümer scheinbar für ihn ganz nutzlos
- vergießt oder in Rauch aufsteigen läßt. Er tut hierin vor dem Wesen
- seines reinen Bewußtseins auf Besitz und Recht des Eigentumes und des
- Genusses desselben, auf die Persönlichkeit und die Rückkehr des Tuns
- in das Selbst Verzicht, und reflektiert die Handlung vielmehr in das
- Allgemeine oder in das Wesen, als in sich.--Umgekehrt aber geht darin
- ebenso das _seiende Wesen_ zugrunde. Das Tier, das aufgeopfert wird,
- ist das _Zeichen_ eines Gottes; die Früchte, die verzehrt werden,
- sind die _lebendige_ Ceres und Bacchus _selbst_;--in jenem sterben
- die Mächte des obern Rechts, welches Blut und wirkliches Leben hat;
- in diesen aber die Mächte des untern Rechts, das blutlos die geheime
- listige Macht besitzt.--Die Aufopferung der göttlichen Substanz
- gehört, insofern sie _Tun_ ist, der selbstbewußten Seite an; daß
- dieses wirkliche Tun möglich sei, muß das Wesen sich selbst schon _an
- sich_ aufgeopfert haben. Dies hat es darin getan, daß es sich
- _Dasein_ gegeben und zum _einzelnen Tiere_ und zur _Frucht_ gemacht
- hat. Diese Verzichtleistung, die also das Wesen schon _an sich_
- vollbracht, stellt das handelnde Selbst im Dasein und für sein
- Bewußtsein dar, und ersetzt jene _unmittelbare_ Wirklichkeit des
- Wesens durch die höhere, nämlich die _seiner selbst_. Denn die
- entstandne Einheit, die das Resultat der aufgehobnen Einzelnheit und
- Trennung beider Seiten ist, ist nicht das nur negative Schicksal,
- sondern hat positive Bedeutung. Nur dem abstrakten unterirdischen
- Wesen wird das ihm Aufgeopferte ganz hingegeben, und damit die
- Reflexion des Besitzes und des Für-sich-seins in das Allgemeine, von
- dem Selbst als solchem unterschieden, bezeichnet. Zugleich aber ist
- dies nur ein geringer _Teil_, und das andre Opfern ist nur die
- Zerstörung des Unbrauchbaren und vielmehr die Zubereitung des
- Geopferten zum Mahle, dessen Schmaus die Handlung um ihre negative
- Bedeutung betriegt. Der Opfernde behält bei jenem ersten Opfer das
- meiste und von diesem das Nutzbare _seinem Genusse_ auf. Dieser
- Genuß ist die negative Macht, welche das _Wesen_ sowie die
- _Einzelnheit_ aufhebt, und zugleich ist er die positive Wirklichkeit,
- worin das _gegenständliche_ Dasein des Wesens in _selbstbewußtes_
- verwandelt, und das Selbst das Bewußtsein seiner Einheit mit dem
- Wesen hat.
- Dieser Kultus ist übrigens zwar eine wirkliche Handlung, ihre
- Bedeutung liegt jedoch mehr nur in der Andacht; was dieser angehört,
- ist nicht gegenständlich hervorgebracht, so wie das Resultat im
- _Genusse_ sich selbst seines Daseins beraubt. Der Kultus geht daher
- weiter und ersetzt diesen Mangel zunächst dadurch, daß er seiner
- Andacht ein _gegenständliches Bestehen_ gibt, indem er die gemeinsame
- oder einzelne jedem tunliche Arbeit ist, welche die Wohnung und den
- Putz des Gottes ihm zu Ehren hervorbringt.--Es wird dadurch teils die
- Gegenständlichkeit der Bildsäule aufgehoben, denn durch diese Weihung
- seiner Geschenke und Arbeiten macht der Arbeitende den Gott sich
- geneigt, und schaut sein Selbst ihm angehörig an; teils auch ist dies
- Tun nicht das einzelne Arbeiten des Künstlers, sondern diese
- Besonderheit ist in der Allgemeinheit aufgelöst. Es ist aber nicht
- nur die Ehre des Gottes, die zustande kommt, und der Segen seiner
- Geneigtheit fließt nicht nur in der _Vorstellung_ auf den Arbeiter,
- sondern die Arbeit hat auch die umgekehrte Bedeutung gegen die erste
- der Entäußerung und der fremden Ehre. Die Wohnungen und Hallen des
- Gottes sind für den Gebrauch des Menschen, die Schätze, die in jenen
- aufbewahrt sind, im Notfalle die seinigen; die Ehre, die jener in
- seinem Schmucke genießt, ist die Ehre des kunstreichen und
- großmütigen Volkes. Am Feste schmückt dieses ebenso seine eignen
- Wohnungen und Bekleidungen sowie seine Verrichtungen mit zierlichem
- Geräte. Es empfängt auf diese Weise für seine Gaben die Erwiderung
- von dem dankbaren Gotte und die Beweise seiner Geneigtheit, in der es
- sich mit ihm durch die Arbeit verband, nicht in der Hoffnung und
- einer späten Wirklichkeit, sondern hat in der Ehrenbezeugung und
- Darbringung der Gaben unmittelbar den Genuß seines eignen Reichtumes
- und Putzes.
- b. Das lebendige Kunstwerk
- Das Volk, das in dem Kultus der Kunstreligion sich seinem Gotte naht,
- ist das sittliche Volk, das seinen Staat und die Handlungen desselben
- als den Willen und das Vollbringen seiner selbst weiß. Dieser Geist,
- dem selbstbewußten Volke gegenübertretend, ist daher nicht das
- Lichtwesen, das selbstlos nicht die Gewißheit der Einzelnen in sich
- enthält, sondern vielmehr nur ihr allgemeines Wesen und die herrische
- Macht ist, worin sie verschwinden. Der Kultus der Religion dieses
- einfachen gestaltlosen Wesens gibt seinen Angehörigen daher nur dies
- im Allgemeinen zurück, daß sie das Volk ihres Gottes sind; er erwirbt
- ihnen nur ihr Bestehen und einfache Substanz überhaupt, nicht aber
- ihr wirkliches Selbst, das vielmehr verworfen ist. Denn sie verehren
- ihren Gott als die leere Tiefe, nicht als Geist. Der Kultus aber der
- Kunstreligion entbehrt andererseits jener abstrakten _Einfachheit_
- des Wesens, und daher der _Tiefe_ desselben. Das _Wesen_ aber, das
- mit _dem Selbst unmittelbar geeinigt ist_, ist _an sich_ der Geist
- und die _wissende Wahrheit_, obzwar noch nicht die gewußte, oder die
- sich selbst in ihrer Tiefe wissende. Weil das Wesen also hier das
- Selbst an ihm hat, so ist seine Erscheinung dem Bewußtsein freundlich,
- und im Kultus erhält dieses nicht nur die allgemeine Berechtigung
- seines Bestehens, sondern auch sein in ihm selbst bewußtes Dasein; so
- wie umgekehrt das Wesen nicht in einem verworfnen Volke, dessen
- Substanz nur anerkannt wird, selbstlose Wirklichkeit hat, sondern in
- dem Volke, dessen _Selbst_ in seiner Substanz anerkannt ist.
- Aus dem Kultus tritt also das in seinem Wesen befriedigte
- Selbstbewußtsein und der Gott eingekehrt in es als in seine Stätte.
- Diese _Stätte_ ist für sich die Nacht der Substanz oder ihre reine
- Individualität, aber nicht mehr die gespannte des Künstlers, die noch
- nicht mit ihrem _gegenständlich_ werdenden Wesen sich ausgesöhnt hat,
- sondern die befriedigte Nacht, welche ihr Pathos unbedürftig an ihr
- hat, weil sie aus der Anschauung, der aufgehobnen Gegenständlichkeit
- zurückkehrt.--Dieses _Pathos_ ist für sich das Wesen des _Aufgangs_,
- das aber nunmehr in sich _untergegangen_ ist, und seinen Untergang,
- das Selbstbewußtsein und damit Dasein und Wirklichkeit an ihm selbst
- hat.--Es hat hier die Bewegung seiner Verwirklichung durchlaufen.
- Sich aus seiner reinen Wesenheit herabsetzend zu einer
- gegenständlichen Naturkraft und deren Äußerungen, ist es ein Dasein
- für das Andere, für das Selbst, von dem es verzehrt wird. Das stille
- Wesen der selbstlosen Natur gewinnt in seiner Frucht die Stufe, worin
- sie, sich selbst zubereitend und verdaut, sich dem selbstischen Leben
- darbietet; sie erreicht in der Nützlichkeit, gegessen und getrunken
- werden zu können, ihre höchste Vollkommenheit; denn sie ist darin die
- Möglichkeit einer höhern Existenz, und berührt das geistige Dasein;
- --teils zur stillkräftigen Substanz, teils aber zur geistigen Gärung,
- ist der Erdgeist in seiner Metamorphose dort zum weiblichen Prinzipe
- der Ernährung, hier zum männlichen Prinzipe der sich treibenden Kraft
- des selbstbewußten Daseins gediehen.
- In diesem Genusse ist also jenes aufgehende Lichtwesen verraten, was
- es ist; er ist das Mysterium desselben. Denn das Mystische ist nicht
- Verborgenheit eines Geheimnisses oder Unwissenheit, sondern besteht
- darin, daß das Selbst sich mit dem Wesen eins weiß, und dieses also
- geoffenbart ist. Nur das Selbst ist sich offenbar, oder was offenbar
- ist, ist es nur in der unmittelbaren Gewißheit seiner. In dieser
- aber ist durch den Kultus das einfache Wesen gesetzt worden; es hat
- als brauchbares Ding nicht nur das Dasein, das gesehen, gefühlt,
- gerochen, geschmeckt wird, sondern ist auch Gegenstand der Begierde,
- und wird durch den wirklichen Genuß eins mit dem Selbst und dadurch
- vollkommen an dieses verraten und ihm offenbar.--Dasjenige, von dem
- gesagt wird, es sei der Vernunft, dem Herzen offenbar, ist in der Tat
- noch geheim, denn es fehlt noch die wirkliche Gewißheit des
- unmittelbaren Daseins, sowohl die gegenständliche als die genießende,
- welche in der Religion aber nicht nur die gedankenlose unmittelbare,
- sondern zugleich die rein wissende des Selbsts ist.
- Was hiemit durch den Kultus dem selbstbewußten Geiste in ihm selbst
- offenbar geworden, ist das _einfache_ Wesen, als die Bewegung, teils
- aus seiner nächtlichen Verborgenheit herauf in das Bewußtsein zu
- treten, dessen stillernährende Substanz zu sein, teils aber sich
- ebenso wieder in die unterirdische Nacht, in das Selbst, zu verlieren
- und oben nur mit stiller Muttersehnsucht zu verweilen.--Der lautre
- Trieb aber ist das vielnamige Lichtwesen des Aufgangs, und sein
- taumelndes Leben, das von seinem abstrakten Sein ebenso abgelassen,
- sich zuerst in das gegenständliche Dasein der Frucht befaßt, dann dem
- Selbstbewußtsein sich hingebend, in ihm zur eigentlichen Wirklichkeit
- gelangt,--nun als ein Haufen schwärmender Weiber umherschweift, der
- ungebändigte Taumel der Natur in selbstbewußter Gestalt.
- Noch ist aber dem Bewußtsein nur der absolute Geist, der dieses
- einfache Wesen, und nicht der als der Geist an ihm selbst ist,
- verraten, oder nur der _unmittelbare_ Geist, der Geist der Natur.
- Sein selbstbewußtes Leben ist daher nur das Mysterium des Brotes und
- des Weines, der Ceres und des Bacchus, nicht der andern, der
- eigentlich obern Götter, deren Individualität als wesentliches Moment
- das Selbstbewußtsein als solches in sich schließt. Noch hat sich ihm
- also der Geist als _selbstbewußter_ Geist nicht geopfert, und das
- Mysterium des Brots und Weins ist noch nicht Mysterium des Fleisches
- und Blutes.
- Dieser unbefestigte Taumel des Gottes muß sich zum _Gegenstande_
- beruhigen, und die Begeisterung, die nicht zum Bewußtsein kam, ein
- Werk hervorbringen, das ihr, wie der Begeisterung des vorhergehenden
- Künstlers die Bildsäule, zwar als ein ebenso vollendetes Werk
- gegenübertritt, aber nicht als ein an ihm lebloses, sondern als ein
- _lebendiges_ Selbst.--Ein solcher Kultus ist das Fest, das der Mensch
- zu seiner eignen Ehre sich gibt, jedoch in einen solchen noch nicht
- die Bedeutung des absoluten Wesens legt; denn das _Wesen_ ist ihm
- erst offenbar, noch nicht der Geist; nicht als solches, das
- _wesentlich_ menschliche Gestalt annimmt. Aber dieser Kultus legt
- den Grund zu dieser Offenbarung, und legt ihre Momente einzeln
- auseinander. So hier das _abstrakte_ Moment der lebendigen
- _Körperlichkeit_ des Wesens, wie vorhin die Einheit beider in
- bewußtloser Schwärmerei. Der Mensch stellt also an die Stelle der
- Bildsäule sich selbst, als zur vollkommen freien _Bewegung_ erzogene
- und ausgearbeitete Gestalt, wie jene die vollkommen freie _Ruhe_ ist.
- Wenn jeder einzelne wenigstens als Fackelträger sich darzustellen
- weiß, so hebt sich Einer aus ihnen hervor, der die gestaltete
- Bewegung, die glatte Ausarbeitung und flüssige Kraft aller Glieder
- ist;--ein beseeltes lebendiges Kunstwerk, das mit seiner Schönheit
- die Stärke paart und dem der Schmuck, womit die Bildsäule geehrt
- wurde, als Preis seiner Kraft, und die Ehre, unter seinem Volke statt
- des steinernen Gottes die höchste leibliche Darstellung ihres Wesens
- zu sein, zuteil wird.
- In den beiden Darstellungen, die soeben vorkamen, ist die Einheit des
- Selbstbewußtseins und des geistigen Wesens vorhanden, es fehlt ihnen
- aber noch ihr Gleichgewicht. In der bacchischen Begeisterung ist das
- Selbst außer sich, in der schönen Körperlichkeit aber das geistige
- Wesen. Jene Dumpfheit des Bewußtseins und ihr wildes Stammeln muß in
- das klare Dasein der letztern, und die geistlose Klarheit des
- letztern in die Innerlichkeit der erstern aufgenommen werden. Das
- vollkommne Element, worin die Innerlichkeit ebenso äußerlich als die
- Äußerlichkeit innerlich ist, ist wieder die Sprache, aber weder die
- in ihrem Inhalte ganz zufällige und einzelne des Orakels, noch die
- empfindende und nur den einzelnen Gott preisende Hymne, noch das
- inhaltslose Stammeln der bacchischen Raserei. Sondern sie hat ihren
- klaren und allgemeinen Inhalt gewonnen; ihren _klaren_ Inhalt, denn
- der Künstler hat sich aus der ersten ganz substantiellen Begeisterung
- heraus zur Gestalt gearbeitet, die eignes in allen seinen Regungen
- von der selbstbewußten Seele durchdrungenes und mitgebendes Dasein
- ist;--ihren _allgemeinen_ Inhalt, denn in diesem Feste, das die Ehre
- des Menschen ist, verschwindet die Einseitigkeit der Bildsäulen, die
- nur einen Nationalgeist, einen bestimmten Charakter der Göttlichkeit
- enthalten. Der schöne Fechter ist zwar die Ehre seines besondern
- Volkes, aber er ist eine körperliche Einzelnheit, worin die
- Ausführlichkeit und Ernst der Bedeutung und der innere Charakter des
- Geistes, der das besondere Leben, Anliegen, Bedürfnisse und Sitten
- seines Volkes trägt, untergegangen ist. In dieser Entäußerung zur
- völligen Körperlichkeit hat der Geist die besondern Eindrücke und
- Anklänge der Natur abgelegt, die er als der wirkliche Geist des Volks
- in sich schloß. Sein Volk ist sich daher nicht mehr seiner
- Besonderheit in ihm, sondern vielmehr der Ablegung derselben und der
- Allgemeinheit seines menschlichen Daseins bewußt.
- c. Das geistige Kunstwerk
- Die Volksgeister, die der Gestalt ihres Wesens in einem besondern
- Tiere bewußt werden, gehen in _einen_ zusammen; so vereinigen sich
- die besondern schönen Volksgeister in _ein_ Pantheon, dessen Element
- und Behausung die Sprache ist. Die reine Anschauung seiner selbst
- als _allgemeiner Menschlichkeit_ hat an der Wirklichkeit des
- Volksgeistes die Form, daß er sich mit den andern, mit denen er durch
- die Natur _eine_ Nation ausmacht, zu einer gemeinschaftlichen
- Unternehmung verbindet, und für dieses Werk ein Gesamtvolk und damit
- einen Gesamthimmel bildet. Diese Allgemeinheit, zu der der Geist in
- seinem Dasein gelangt, ist jedoch nur diese erste, die von der
- Individualität des Sittlichen erst ausgeht, ihre Unmittelbarkeit noch
- nicht überwunden, nicht _einen_ Staat aus diesen Völkerschaften
- gebildet hat. Die Sittlichkeit des wirklichen Volksgeistes beruht
- teils auf dem unmittelbaren Vertrauen der Einzelnen zu dem Ganzen
- ihres Volkes, teils auf dem unmittelbaren Anteil, den _Alle_, des
- Unterschiedes von Ständen unerachtet, an den Entschlüssen und
- Handlungen der Regierung nehmen. In der Vereinigung, zunächst nicht
- in eine bleibende Ordnung, sondern nur zu einer gemeinsamen Handlung,
- ist jene Freiheit des Anteils Aller und jeder _einstweilen_ auf die
- Seite gestellt. Diese erste Gemeinschaftlichkeit ist daher mehr eine
- Versammlung der Individualitäten als die Herrschaft des abstrakten
- Gedankens, der die Einzelnen ihres selbstbewußten Anteils an Willen
- und Tat des Ganzen berauben würde.
- Die Versammlung der Volksgeister macht einen Kreis von Gestalten aus,
- der itzt die ganze Natur wie die ganze sittliche Welt befaßt. Auch
- sie stehen unter dem _Oberbefehl_ mehr des Einen als seiner
- _Oberherrschaft_. Für sich sind sie die allgemeinen Substanzen
- dessen, was das _selbstbewußte_ Wesen _an sich_ ist und tut. Dieses
- aber macht die Kraft und zunächst den Mittelpunkt wenigstens aus, um
- den jene allgemeinen Wesen sich bemühen, der nur erst zufälligerweise
- ihre Geschäfte zu verbinden scheint. Aber die Rückkehr des
- göttlichen Wesens in das Selbstbewußtsein ist es, die schon den Grund
- enthält, daß dieses den Mittelpunkt für jene göttlichen Kräfte bildet,
- und die wesentliche Einheit zunächst unter der Form einer
- freundlichen äußerlichen Beziehung beider Welten verbirgt.
- Dieselbe Allgemeinheit, welche diesem Inhalte zukommt, hat notwendig
- auch die Form des Bewußtseins, in welcher er auftritt. Es ist nicht
- mehr das wirkliche Tun des Kultus, sondern ein Tun, das zwar noch
- nicht in den Begriff, sondern erst in die _Vorstellung_, in die
- synthetische Verknüpfung des selbstbewußten und des äußern Daseins
- erhoben ist. Das Dasein dieser Vorstellung, die _Sprache_, ist die
- erste Sprache, das _Epos_ als solches, das den allgemeinen Inhalt,
- wenigstens als _Vollständigkeit_ der Welt, obzwar nicht als
- _Allgemeinheit_ des _Gedankens_ enthält. Der _Sänger_ ist der
- Einzelne und Wirkliche, aus dem als Subjekt dieser Welt sie erzeugt
- und getragen wird. Sein Pathos ist nicht die betäubende Naturmacht,
- sondern die Mnemosyne, die Besinnung und gewordne Innerlichkeit, die
- Erinnerung des vorhin unmittelbaren Wesens. Er ist das in seinem
- Inhalte verschwindende Organ, nicht sein eignes Selbst gilt, sondern
- seine Muse, sein allgemeiner Gesang. Was aber in der Tat vorhanden
- ist, ist der Schluß, worin das Extrem der Allgemeinheit, die
- Götterwelt, durch die Mitte der Besonderheit mit der Einzelnheit, dem
- Sänger, verknüpft ist. Die Mitte ist das Volk in seinen Helden,
- welche einzelne Menschen sind, wie der Sänger, aber nur
- _vorgestellte_ und dadurch zugleich _allgemeine_, wie das freie
- Extrem der Allgemeinheit, die Götter.
- In diesem Epos _stellt_ sich also überhaupt dem Bewußtsein dar, was
- im Kultus _an sich_ zustande kommt, die Beziehung des Göttlichen auf
- das Menschliche. Der Inhalt ist eine _Handlung_ des seiner selbst
- bewußten Wesens. Das _Handeln_ stört die Ruhe der Substanz und
- erregt das Wesen, wodurch seine Einfachheit geteilt und in die
- mannigfaltige Welt der natürlichen und sittlichen Kräfte
- aufgeschlossen ist. Die Handlung ist die Verletzung der ruhigen Erde,
- die Grube, die durch das Blut beseelt, die abgeschiednen Geister
- hervorruft, welche nach Leben durstend, es in dem Tun des
- Selbstbewußtseins erhalten. Das Geschäfte, um welches die allgemeine
- Bemühung geht, bekommt die zwei Seiten, die _selbstische_, von einer
- Gesamtheit wirklicher Völker und den an ihrer Spitze stehenden
- Individualitäten, und die _allgemeine_, von ihren substantiellen
- Mächten vollbracht zu werden. Die _Beziehung_ beider aber bestimmte
- sich vorhin so, daß sie die _synthetische_ Verbindung des Allgemeinen
- und Einzelnen, oder das _Vorstellen_ ist. Von dieser Bestimmtheit
- hängt die Beurteilung dieser Welt ab.--Das Verhältnis beider ist
- dadurch eine Vermischung, welche die Einheit des Tuns inkonsequent
- verteilt, und die Handlung überflüssigerweise von der einen Seite zur
- andern herüberwirft. Die allgemeinen Mächte haben die Gestalt der
- Individualität und damit das Prinzip des Handelns an ihnen; ihr
- Wirken erscheint daher als ein ebenso freies von ihnen ganz
- ausgehendes Tun als das der Menschen. Ein und dasselbe haben daher
- ebensowohl die Götter als die Menschen getan. Der Ernst jener Mächte
- ist ein lächerlicher Überfluß, da diese in der Tat die Kraft der
- handelnden Individualität sind;--und die Anstrengung und Arbeit
- dieser ist eine ebenso unnütze Bemühung, da jene vielmehr alles
- lenken.--Die übertägigen Sterblichen, die das Nichts sind, sind
- zugleich das mächtige _Selbst_, das die allgemeinen Wesen sich
- unterwirft, die Götter verletzt und ihnen überhaupt die Wirklichkeit
- und ein Interesse des Tuns verschafft; wie umgekehrt diese
- unmächtigen Allgemeinheiten, die sich von den Gaben der Menschen
- nähren und durch sie erst etwas zu tun bekommen, das natürliche Wesen
- und der Stoff aller Begebenheiten, und ebenso die sittliche Materie
- und das Pathos des Tuns sind. Wenn ihre elementarischen Naturen
- durch das freie Selbst der Individualität erst in Wirklichkeit und
- betätigtes Verhältnis gebracht werden, so sind sie ebensosehr das
- Allgemeine, das sich dieser Verbindung entzieht, in seiner Bestimmung
- unbeschränkt bleibt und durch die unüberwindliche Elastizität seiner
- Einheit die Punktualität des Tätigen und seine Figurationen auslöscht,
- sich selbst rein erhält, und alles Individuelle in seiner
- Flüssigkeit auflöst.
- Wie sie mit der entgegenstehenden selbstischen Natur in diese
- widersprechende Beziehung fallen, ebenso gerät ihre Allgemeinheit mit
- ihrer eignen Bestimmung und deren Verhältnis zu andern in Widerstreit.
- Sie sind die ewigen schönen Individuen, die, in ihrem eignen Dasein
- ruhend, der Vergänglichkeit und fremder Gewalt enthoben sind.--Aber
- sie sind zugleich _bestimmte_ Elemente, _besondre_ Götter, die sich
- also zu andern verhalten. Aber das Verhältnis zu andern, das nach
- seiner Entgegensetzung ein Streit mit ihnen ist, ist eine komische
- Selbstvergessenheit ihrer ewigen Natur.--Die Bestimmtheit ist in das
- göttliche Bestehen eingewurzelt und hat in seiner Begrenzung die
- Selbstständigkeit der ganzen Individualität; durch diese verlieren
- ihre Charaktere zugleich die Schärfe der Eigentümlichkeit und
- vermischen sich in ihrer Vieldeutigkeit.--Ein Zweck der Tätigkeit und
- ihre Tätigkeit selbst, da sie gegen ein Anderes und somit gegen eine
- unbesiegbare göttliche Kraft gerichtet ist, ist ein zufälliges leeres
- Aufspreizen, das ebenso zerfließt und den anscheinenden Ernst der
- Handlung in ein gefahrloses, seiner selbst sichres Spiel ohne
- Resultat und Erfolg verwandelt. Wenn aber an der Natur ihrer
- Göttlichkeit das Negative oder die Bestimmtheit derselben nur als die
- Inkonsequenz ihrer Tätigkeit und der Widerspruch des Zwecks und des
- Erfolgs erscheint, und jene selbstständige Sicherheit über das
- Bestimmte das Übergewicht behält, so tritt ihr ebendadurch die _reine
- Kraft_ des _Negativen_ gegenüber, und zwar als ihre letzte Macht,
- über welche sie nichts vermögen. Sie sind das Allgemeine und
- Positive gegen das _einzelne Selbst_ der Sterblichen, das nicht gegen
- ihre Macht aushält; aber das _allgemeine Selbst_ schwebt darum über
- ihnen und über dieser ganzen Welt der Vorstellung, welcher der ganze
- Inhalt angehört; als die _begrifflose Leere der Notwendigkeit_--ein
- Geschehen, gegen das sie sich selbstlos und traurend verhalten, denn
- diese _bestimmten_ Naturen finden sich nicht in dieser Reinheit.
- Diese Notwendigkeit aber ist die _Einheit des Begriffes_, der die
- widersprechende Substantialität der einzelnen Momente unterworfen ist,
- worin die Inkonsequenz und Zufälligkeit ihres Tuns sich ordnet und
- das Spiel ihrer Handlungen seinen Ernst und Wert an ihnen selbst
- erhält. Der Inhalt der Welt der Vorstellung spielt losgebunden für
- sich in der _Mitte_ seine Bewegung, versammelt um die Individualität
- eines Helden, der aber in seiner Kraft und Schönheit sein Leben
- gebrochen fühlt und einem frühen Tod entgegensehend trauert. Denn
- die _in sich feste und wirkliche Einzelnheit_ ist an die Extremität
- ausgeschlossen, und in ihre Momente entzweit, die sich noch nicht
- gefunden und vereint. Das eine Einzelne, das _abstrakte_ Unwirkliche,
- ist die Notwendigkeit, die an dem Leben der Mitte nicht Anteil hat,
- sowenig als das andre, das _wirkliche_ Einzelne, der Sänger, der sich
- außer ihm hält und in seiner Vorstellung untergeht. Beide Extreme
- müssen sich dem Inhalte nähern; das eine, die Notwendigkeit, hat sich
- mit dem Inhalte zu erfüllen, das andre, die Sprache des Sängers, muß
- Anteil an ihm haben; und der sich selbst vorher überlassene Inhalt
- die Gewißheit und feste Bestimmung des Negativen an ihm erhalten.
- Diese höhere Sprache, die _Tragödie_, faßt also die Zerstreuung der
- Momente der wesentlichen und handelnden Welt näher zusammen; die
- _Substanz_ des Göttlichen tritt _nach der Natur des Begriffes_ in
- ihre Gestalten auseinander, und ihre _Bewegung_ ist gleichfalls ihm
- gemäß. In Ansehung der Form hört die Sprache dadurch, daß sie in den
- Inhalt hereintritt, auf, erzählend zu sein, wie der Inhalt ein
- vorgestellter. Der Held ist selbst der sprechende, und die
- Vorstellung zeigt dem Zuhörer, der zugleich Zuschauer ist,
- _selbstbewußte_ Menschen, die ihr Recht und ihren Zweck, die Macht
- und den Willen ihrer Bestimmtheit _wissen_ und zu _sagen_ wissen.
- Sie sind Künstler, die nicht, wie die das gemeine Tun im wirklichen
- Leben begleitende Sprache, bewußtlos, natürlich und naiv das _Äußere_
- ihres Entschlusses und Beginnens aussprechen, sondern das innre Wesen
- äußern, das Recht ihres Handelns beweisen, und das Pathos, dem sie
- angehören, frei von zufälligen Umständen und von der Besonderheit der
- Persönlichkeiten in seiner allgemeinen Individualität besonnen
- behaupten und bestimmt aussprechen. Das _Dasein_ dieser Charaktere
- sind endlich _wirkliche_ Menschen, welche die Personen der Helden
- anlegen, und diese in wirklichem nicht erzählendem, sondern eignem
- Sprechen darstellen. So wesentlich es der Bildsäule ist, von
- Menschenhänden gemacht zu sein, ebenso wesentlich ist der
- Schauspieler seiner Maske,--nicht als äußerliche Bedingung, von der
- die Kunstbetrachtung abstrahieren müsse; oder insofern davon in ihr
- allerdings zu abstrahieren ist, so ist eben dies damit gesagt, daß
- die Kunst das wahre eigentliche Selbst noch nicht in ihr enthält.
- Der _allgemeine Boden_, worauf die Bewegung dieser aus dem Begriffe
- erzeugten Gestalten vorgeht, ist das Bewußtsein der ersten
- vorstellenden Sprache und ihres selbstlosen auseinandergelaßnen
- Inhalts. Es ist das gemeine Volk überhaupt, dessen Weisheit in dem
- _Chore des Alters_ zur Sprache kömmt; es hat an dessen Kraftlosigkeit
- seinen Repräsentanten, weil es selbst nur das positive und passive
- Material der ihm gegenübertretenden Individualität der Regierung
- ausmacht. Der Macht des Negativen entbehrend, vermag es den Reichtum
- und die bunte Fülle des göttlichen Lebens nicht zusammenzuhalten und
- zu bändigen, sondern läßt es auseinanderlaufen, und preist jedes
- einzelne Moment als einen selbstständigen Gott, bald diesen, bald
- wieder einen andern, in seinen verehrenden Hymnen. Wo es aber den
- Ernst des Begriffes, wie er über diese Gestalten sie zertrümmernd
- einherschreitet, verspürt, und es zu sehen bekömmt, wie schlecht es
- seinen gepriesenen Göttern geht, die sich auf diesen Boden, worauf
- der Begriff herrscht, wagen, ist es nicht selbst die negative Macht,
- die handelnd eingreift, sondern hält sich im selbstlosen Gedanken
- derselben, im Bewußtsein des _fremden Schicksals_, und bringt den
- leeren Wunsch der Beruhigung und die schwache Rede der Besänftigung
- herbei. In der _Furcht_ vor den höhern Mächten, welche die
- unmittelbaren Arme der Substanz sind, vor ihrem Kampfe miteinander,
- und vor dem einfachen Selbst der Notwendigkeit, das auch sie wie die
- Lebendigen, die an sie geknüpft sind, zermalmt,--in dem _Mitleiden_
- mit diesen, die es zugleich als dasselbe mit sich selbst weiß, ist
- für es nur der untätige Schrecken dieser Bewegung, das ebenso
- hilflose Bedauern, und als Ende die leere Ruhe der Ergebung in die
- Notwendigkeit, deren Werk nicht als die notwendige Handlung des
- Charakters und nicht als das Tun des absoluten Wesens in sich selbst
- erfaßt wird.
- Auf diesem zuschauenden Bewußtsein als auf dem gleichgültigen Boden
- des Vorstellens tritt der Geist in seiner nicht zerstreuten
- Mannigfaltigkeit, sondern in der einfachen Entzweiung des Begriffes
- auf. Seine Substanz zeigt sich daher nur in ihre zwei extremen
- Mächte auseinandergerissen. Diese elementarischen _allgemeinen_
- Wesen sind zugleich selbstbewußte _Individualitäten_,--Helden, welche
- in eine dieser Mächten ihr Bewußtsein setzen, an ihr die Bestimmtheit
- des Charakters haben, und ihre Betätigung und Wirklichkeit ausmachen.
- --Diese allgemeine Individualisierung steigt, wie erinnert, noch zur
- unmittelbaren Wirklichkeit des eigentlichen Daseins herunter, und
- stellt sich einer Menge von Zuschauern dar, die an dem Chore ihr
- Gegenbild oder vielmehr ihre eigne sich aussprechende Vorstellung hat.
- Der Inhalt und die Bewegung des Geistes, der sich hier Gegenstand ist,
- ist bereits als die Natur und Realisierung der sittlichen Substanz
- betrachtet worden. In seiner Religion erlangt er das Bewußtsein über
- sich, oder stellt sich seinem Bewußtsein in seiner reinern Form und
- einfachern Gestaltung dar. Wenn also die sittliche Substanz sich
- durch ihren Begriff, ihrem _Inhalte_ nach, in die beiden Mächte
- entzweite, die als _göttliches_ und _menschliches_, oder
- unterirdisches und oberes Recht bestimmt wurden--jenes die _Familie_,
- dies die _Staatsmacht_--, und deren das erstere der _weibliche_, das
- andre der _männliche Charakter_ war, so schränkt sich der vorher
- vielformige und in seinen Bestimmungen schwankende Götterkreis auf
- diese Mächte ein, die durch diese Bestimmung der eigentlichen
- Individualität genähert sind. Denn die frühere Zerstreuung des
- Ganzen in die vielfachen und abstrakten Kräfte, die substantiiert
- erscheinen, ist die _Auflösung_ des _Subjekts_, das sie nur als
- _Momente_ in seinem Selbst begreift, und die Individualität ist daher
- nur die oberflächliche Form jener Wesen. Umgekehrt ist ein weiterer
- Unterschied der _Charaktere_ als der genannte zur zufälligen und an
- sich äußerlichen Persönlichkeit zu rechnen.
- Zugleich teilt sich das Wesen seiner Form oder dem _Wissen_ nach.
- Der _handelnde_ Geist tritt als Bewußtsein dem Gegenstande gegenüber,
- auf den es tätig, und der somit als das _Negative_ des Wissenden
- bestimmt ist; der Handelnde befindet sich dadurch im Gegensatze des
- Wissens und Nichtwissens. Er nimmt aus seinem Charakter seinen Zweck
- und weiß ihn als die sittliche Wesenheit; aber durch die Bestimmtheit
- des Charakters weiß er nur die _eine_ Macht der Substanz, und die
- andre ist für ihn verborgen. Die gegenwärtige Wirklichkeit ist daher
- ein anderes _an sich_ und ein anderes für das Bewußtsein; das obere
- und das untere Recht erhalten in dieser Beziehung die Bedeutung der
- wissenden und dem Bewußtsein sich offenbarenden, und der sich
- verbergenden und im Hinterhalte lauernden Macht. Die eine ist die
- _Lichtseite_, der Gott des Orakels, der nach seinem natürlichen
- Momente aus der alles beleuchtenden Sonne entsprungen, alles weiß und
- offenbart,--_Phöbus_, und _Zeus_, der dessen Vater ist. Aber die
- Befehle dieses wahrredenden Gottes und seine Bekanntmachungen dessen,
- was _ist_, sind vielmehr trügerisch. Denn dies Wissen ist in seinem
- Begriffe unmittelbar das Nichtwissen, weil das _Bewußtsein_ an sich
- selbst im Handeln dieser Gegensatz ist. Der, welcher die rätselhafte
- Sphinx selbst aufzuschließen vermochte, wie der kindlich Vertrauende
- werden darum durch das, was der Gott ihnen offenbart, ins Verderben
- geschickt. Diese Priesterin, aus der der schöne Gott spricht, ist
- nichts anders als die doppelsinnigen Schicksalsschwestern, die durch
- ihre Verheißungen zum Verbrechen treiben, und in der Zweizüngigkeit
- dessen, was sie als Sicherheit angaben, den, der sich auf den
- offenbaren Sinn verließ, betriegen. Daher das Bewußtsein, das reiner
- ist als das letztere, das den Hexen glaubt, und besonnener und
- gründlicher als das erstere, das der Priesterin und dem schönen Gotte
- traut, auf die Offenbarung, die der Geist des Vaters selbst über das
- Verbrechen, das ihn mordete, machte, mit der Rache zaudert, und andre
- Beweise noch veranstaltet,--aus dem Grunde, weil dieser offenbarende
- Geist auch der Teufel sein könnte.
- Dies Mißtrauen ist darum gegründet, weil das wissende Bewußtsein sich
- in den Gegensatz der Gewißheit seiner selbst und des gegenständlichen
- Wesens setzt. Das Recht des sittlichen, daß die Wirklichkeit nichts
- _an sich_ ist im Gegensatze gegen das absolute Gesetz, erfährt, daß
- sein Wissen einseitig, sein Gesetz nur Gesetz seines Charakters ist,
- daß es nur die eine Macht der Substanz ergriff. Die Handlung selbst
- ist diese Verkehrung des _Gewußten_ in sein _Gegenteil_, das _Sein_,
- ist das Umschlagen des Rechts des Charakters und des Wissens in das
- Recht des Entgegengesetzten, mit dem jenes im Wesen der Substanz
- verknüpft ist,--in die Erinnye der andern feindlich erregten Macht
- und Charakters. Dies _untre_ Recht sitzt mit _Zeus_ auf dem Throne
- und genießt mit dem offenbaren Rechte und dem wissenden Gotte
- gleiches Ansehen.
- Auf diese drei Wesen wird von der handelnden Individualität die
- Götterwelt des Chors eingeschränkt. Das eine ist die _Substanz_,
- ebensowohl die Macht des Herdes und der Geist der Familienpietät wie
- die allgemeine Macht des Staats und der Regierung. Indem der
- Substanz als solcher dieser Unterschied angehört, individualisiert er
- sich der Vorstellung nicht zu zwei unterschiednen Gestalten, sondern
- hat in der Wirklichkeit die zwei Personen seiner Charaktere.
- Hingegen der Unterschied des Wissens und Nichtwissens fällt in ein
- _jedes_ der _wirklichen Selbstbewußtsein_,--und nur in der
- Abstraktion, im Elemente der Allgemeinheit verteilt er sich an zwei
- individuelle Gestalten. Denn das Selbst des Heros hat nur Dasein als
- ganzes Bewußtsein und ist daher wesentlich der _ganze_ Unterschied,
- der der Form angehört; aber seine Substanz ist bestimmt, und es
- gehört ihm nur die eine Seite des Unterschieds des Inhalts an. Daher
- erhalten die beiden Seiten des Bewußtseins, die in der Wirklichkeit
- keine getrennte, einer jeden eigne Individualität haben, in _der
- Vorstellung_ jede ihre besondere Gestalt; die eine die des
- offenbarenden Gottes, die andre der sich verborgen haltenden Erinnye.
- Beide genießen teils gleicher Ehre, teils ist die _Gestalt_ der
- _Substanz_, Zeus, die Notwendigkeit der _Beziehung_ beider
- aufeinander. Die Substanz ist die Beziehung, daß das Wissen für sich
- ist, aber seine Wahrheit an dem Einfachen, der Unterschied, wodurch
- das wirkliche Bewußtsein ist, seinen Grund an dem ihn tilgenden
- innern Wesen, die sich klare _Versicherung_ der _Gewißheit_ ihre
- Bestätigung an der _Vergessenheit_ hat.
- Das Bewußtsein schloß diesen Gegensatz durch das Handeln auf; nach
- dem offenbaren Wissen handelnd, erfährt es den Betrug desselben, und
- dem Inhalte nach dem _einen_ Attribute der Substanz ergeben,
- verletzte es das andre und gab diesem dadurch das Recht gegen sich.
- Dem wissenden Gotte folgend, ergriff es vielmehr das nicht Offenbare,
- und büßt dafür, dem Wissen vertraut zu haben, dessen Zweideutigkeit,
- da sie seine Natur ist, auch _für es_, und eine _Warnung_ dafür
- vorhanden sein mußte. Die Raserei der Priesterin, die unmenschliche
- Gestalt der Hexen, die Stimme des Baumes, des Vogels, der Traum u.s.f.
- sind nicht die Weisen, in welchen die Wahrheit erscheint, sondern
- warnende Zeichen des Betrugs, der Nichtbesonnenheit, der Einzelnheit
- und Zufälligkeit des Wissens. Oder was dasselbe ist, die
- entgegengesetzte Macht, die von ihm verletzt wird, ist als
- ausgesprochenes Gesetz und geltendes Recht vorhanden; es sei das
- Gesetz der Familie oder des Staats; das Bewußtsein folgte dagegen dem
- eignen Wissen und verbarg sich selbst das Offenbare. Die Wahrheit
- aber der gegeneinander auftretenden Mächte des Inhalts und
- Bewußtseins ist das Resultat, daß beide gleiches Recht und darum in
- ihrem Gegensatz, den das Handeln hervorbringt, gleiches Unrecht haben.
- Die Bewegung des Tuns erweist ihre Einheit in dem gegenseitigen
- Untergange beider Mächte und der selbstbewußten Charaktere. Die
- Versöhnung des Gegensatzes mit sich ist die _Lethe_ der _Unterwelt_
- im Tode,--oder die _Lethe_ der _Oberwelt_, als Freisprechung nicht
- von der Schuld, denn diese kann das Bewußtsein, weil es handelte,
- nicht verleugnen, sondern vom Verbrechen, und seine sühnende
- Beruhigung. Beide sind die _Vergessenheit_, das Verschwundensein der
- Wirklichkeit und des Tuns der Mächte der Substanz, ihrer
- Individualitäten, und der Mächte des abstrakten Gedankens des Guten
- und des Bösen, denn keine für sich ist das Wesen, sondern dieses ist
- die Ruhe des Ganzen in sich selbst, die unbewegte Einheit des
- Schicksals, das ruhige Dasein und damit die Untätigkeit und
- Unlebendigkeit der Familie und der Regierung, und die gleiche Ehre
- und damit die gleichgültige Unwirklichkeit Apolls und der Erinnye,
- und die Rückkehr ihrer Begeistung und Tätigkeit in den einfachen Zeus.
- Dieses Schicksal vollendet die Entvölkerung des Himmels, der
- gedankenlosen Vermischung der Individualität und des Wesens,--einer
- Vermischung, wodurch das Tun des Wesens als ein inkonsequentes,
- zufälliges, seiner unwürdiges erscheint; denn dem Wesen nur
- oberflächlich anhängend, ist die Individualität die unwesentliche.
- Die Vertreibung solcher wesenlosen Vorstellungen, die von Philosophen
- des Altertums gefodert wurde, beginnt also schon in der Tragödie
- überhaupt dadurch, daß die Einteilung der Substanz von dem Begriffe
- beherrscht, die Individualität hiemit die wesentliche und die
- Bestimmungen die absoluten Charaktere sind. Das Selbstbewußtsein,
- das in ihr vorgestellt ist, kennt und anerkennt deswegen nur _eine_
- höchste Macht, und diesen Zeus nur als die Macht des Staats oder des
- Herdes, und im Gegensatze des Wissens nur als den Vater des zur
- Gestalt werdenden Wissens des _Besondern_,--und als den Zeus des
- Eides und der Erinnye, des _Allgemeinen_, im Verborgnen wohnenden
- Innern. Die weiter aus dem Begriffe in die Vorstellung sich
- zerstreuenden Momente, die der Chor nacheinander gelten läßt, sind
- hingegen nicht das Pathos des Helden, sondern sinken ihm zur
- Leidenschaft herunter,--zu zufälligen, wesenlosen Momenten, die der
- selbstlose Chor wohl preist, aber die nicht fähig sind, den Charakter
- der Helden auszumachen, noch von ihnen als ihr Wesen ausgesprochen
- und geachtet zu werden.
- Aber auch die Personen des göttlichen Wesens selbst, sowie die
- Charaktere seiner Substanz, gehen in die Einfachheit des Bewußtlosen
- zusammen. Diese Notwendigkeit hat gegen das Selbstbewußtsein die
- Bestimmung, die negative Macht aller auftretenden Gestalten zu sein,
- in ihr sich selbst nicht zu erkennen, sondern darin vielmehr
- unterzugehen. Das Selbst tritt nur den _Charakteren_ zugeteilt auf,
- nicht als die Mitte der Bewegung. Aber das Selbstbewußtsein, die
- einfache _Gewißheit_ seiner, ist in der Tat die negative Macht, die
- Einheit des Zeus, des _substantiellen_ Wesens, und der _abstrakten_
- Notwendigkeit, es ist die geistige Einheit, worein alles zurückgeht.
- Weil das wirkliche Selbstbewußtsein noch von der Substanz und dem
- Schicksale unterschieden wird, ist es _teils_ der Chor oder vielmehr
- die zuschauende Menge, welche diese Bewegung des göttlichen Lebens
- als ein _Fremdes_ mit Furcht erfüllt, oder in der sie als ein Nahes
- nur die Rührung des nicht handelnden _Mitleidens_ hervorbringt.
- Teils insofern das Bewußtsein mithandelt und den Charakteren angehört,
- ist diese Vereinigung, weil die wahre, die des Selbsts, des
- Schicksals und der Substanz noch nicht vorhanden ist, eine äußerliche,
- eine _Hypokrisie_; der Held, der vor dem Zuschauer auftritt,
- zerfällt in seine Maske und in den Schauspieler, in die Person und
- das wirkliche Selbst.
- Das Selbstbewußtsein der Helden muß aus seiner Maske hervortreten und
- sich darstellen, wie es sich als das Schicksal sowohl der Götter des
- Chors als der absoluten Mächte selbst weiß, und von dem Chore, dem
- allgemeinen Bewußtsein, nicht mehr getrennt ist.
- Die _Komödie_ hat also vorerst die Seite, daß das wirkliche
- Selbstbewußtsein sich als das Schicksal der Götter darstellt. Diese
- elementarischen Wesen sind, als _allgemeine_ Momente, kein Selbst und
- nicht wirklich. Sie sind zwar mit der Form der Individualität
- ausgestattet, aber diese ist ihnen nur eingebildet und kommt ihnen
- nicht an und für sich selbst zu; das wirkliche Selbst hat nicht ein
- solches abstraktes Moment zu seiner Substanz und Inhalt. Es, das
- Subjekt, ist daher über ein solches Moment als über eine einzelne
- Eigenschaft erhoben, und angetan mit dieser Maske spricht es die
- Ironie derselben aus, die für sich etwas sein will. Das Aufspreizen
- der allgemeinen Wesenheit ist an das Selbst verraten; es zeigt sich
- in einer Wirklichkeit gefangen und läßt die Maske fallen, eben indem
- es etwas Rechtes sein will. Das Selbst hier in seiner Bedeutung als
- Wirkliches auftretend, spielt es mit der Maske, die es einmal anlegt,
- um seine Person zu sein--aber aus diesem Scheine tut es sich
- ebensobald wieder in seiner eignen Nacktheit und Gewöhnlichkeit
- hervor, die es von dem eigentlichen Selbst, dem Schauspieler, sowie
- von dem Zuschauer nicht unterschieden zu sein zeigt.
- Diese allgemeine Auflösung der gestalteten Wesenheit überhaupt in
- ihrer Individualität wird in ihrem Inhalte ernsthafter und dadurch
- mutwilliger und bittrer, insofern er seine ernstere und notwendigere
- Bedeutung hat. Die göttliche Substanz vereinigt in ihr die Bedeutung
- der natürlichen und sittlichen Wesenheit. In Ansehung des
- Natürlichen zeigt das wirkliche Selbstbewußtsein schon in der
- Verwendung desselben zu seinem Putze, Wohnung u.s.f. und im Schmause
- seines Opfers sich als das Schicksal, dem das Geheimnis verraten ist,
- welche Bewandtnis es mit der Selbstwesenheit der Natur hat; in dem
- Mysterium des Brotes und Weines macht es dieselbe zusammen mit der
- Bedeutung des innern Wesens sich zu eigen, und in der Komödie ist es
- sich der Ironie dieser Bedeutung überhaupt bewußt.--Insofern nun
- diese Bedeutung die sittliche Wesenheit enthält, ist sie teils das
- Volk, in seinen beiden Seiten, des Staats oder eigentlichen Demos,
- und der Familien-Einzelnheit;--teils aber das selbstbewußte reine
- Wissen, oder das vernünftige Denken des Allgemeinen.--Jener _Demos_,
- die allgemeine Masse, die sich als Herrn und Regent sowie als den zu
- respektierenden Verstand und Einsicht weiß, zwingt und betört sich
- durch die Besonderheit seiner Wirklichkeit, und stellt den
- lächerlichen Kontrast seiner Meinung von sich und seines
- unmittelbaren Daseins, seiner Notwendigkeit und Zufälligkeit, seiner
- Allgemeinheit und Gemeinheit dar. Wenn das Prinzip seiner vom
- Allgemeinen getrennten Einzelnheit, in der eigentlichen Gestalt der
- Wirklichkeit, sich hervortut und des Gemeinwesens, dessen geheimer
- Schaden es ist, sich offenbar anmaßt und es einrichtet, so verrät
- sich unmittelbarer der Kontrast des Allgemeinen als einer Theorie und
- dessen, um was es in der Praxis zu tun ist, die gänzliche Befreiung
- der Zwecke der unmittelbaren Einzelnheit von der allgemeinen Ordnung
- und der Spott jener über diese.
- Das vernünftige _Denken_ enthebt das göttliche Wesen seiner
- zufälligen Gestalt, und entgegengesetzt der begrifflosen Weisheit des
- Chors, die mancherlei Sittensprüche vorbringt, und eine Menge von
- Gesetzen und bestimmten Pflicht- und Rechtsbegriffen gelten läßt,
- hebt es sie in die einfachen Ideen des _Schönen_ und _Guten_ empor.
- --Die Bewegung dieser Abstraktion ist das Bewußtsein der Dialektik,
- welche diese Maximen und Gesetze an ihnen haben, und hiedurch des
- Verschwindens der absoluten Gültigkeit, in der sie vorher erschienen.
- Indem die zufällige Bestimmung und oberflächliche Individualität,
- welche die Vorstellung den göttlichen Wesenheiten lieh, verschwindet,
- haben sie nach ihrer _natürlichen_ Seite nur noch die Nacktheit ihres
- unmittelbaren Daseins, sie sind Wolken, ein verschwindender Dunst,
- wie jene Vorstellungen. Nach ihrer _gedachten_ Wesentlichkeit zu den
- _einfachen_ Gedanken des _Schönen_ und _Guten_ geworden, vertragen
- diese es, mit jedem beliebigen Inhalt erfüllt zu werden. Die Kraft
- des dialektischen Wissens gibt die bestimmten Gesetze und Maximen des
- Handelns der Lust und dem Leichtsinne der--hiemit--verführten Jugend
- preis, und der Ängstlichkeit und Sorge des auf die Einzelnheit des
- Lebens beschränkten Alters Waffen zum Betrug an die Hand. Die reinen
- Gedanken des Schönen und Guten zeigen also das komische Schauspiel,
- durch die Befreiung von der Meinung, welche sowohl ihre Bestimmtheit
- als Inhalt wie ihre absolute Bestimmtheit, das Festhalten des
- Bewußtseins enthält, leer und eben dadurch das Spiel der Meinung und
- der Willkür der zufälligen Individualität zu werden.
- Hier ist also das vorher bewußtlose Schicksal, das in der leeren Ruhe
- und Vergessenheit besteht und von dem Selbstbewußtsein getrennt ist,
- mit diesem vereint. Das _einzelne Selbst_ ist die negative Kraft,
- durch und in welcher die Götter sowie deren Momente, die daseiende
- Natur und die Gedanken ihrer Bestimmungen, verschwinden; zugleich ist
- es nicht die Leerheit des Verschwindens, sondern erhält sich in
- dieser Nichtigkeit selbst, ist bei sich und die einzige Wirklichkeit.
- Die Religion der Kunst hat sich in ihm vollendet und ist vollkommen
- in sich zurückgegangen. Dadurch, daß das einzelne Bewußtsein in der
- Gewißheit seiner selbst es ist, das als diese absolute Macht sich
- darstellt, hat diese die Form eines _Vorgestellten_, von dem
- _Bewußtsein_ überhaupt _Getrennten_ und ihm Fremden verloren, wie die
- Bildsäule, auch die lebendige schöne Körperlichkeit oder der Inhalt
- des Epos und die Mächte und Personen der Tragödie waren;--auch ist
- die Einheit nicht die _bewußtlose_ des Kultus und der Mysterien,
- sondern das eigentliche Selbst des Schauspielers fällt mit seiner
- Person zusammen, so wie der Zuschauer, der in dem, was ihm
- vorgestellt wird, vollkommen zu Hause ist und sich selbst spielen
- sieht. Was dies Selbstbewußtsein anschaut, ist, daß in ihm, was die
- Form von Wesenheit gegen es annimmt, in seinem Denken, Dasein und Tun
- sich vielmehr auflöst und preisgegeben ist, es ist die Rückkehr alles
- Allgemeinen in die Gewißheit seiner selbst, die hiedurch diese
- vollkommne Furcht- und Wesenlosigkeit alles Fremden, und ein Wohlsein
- und Sich-wohlsein-lassen des Bewußtseins ist, wie sich außer dieser
- Komödie keins mehr findet.
- C. Die offenbare Religion
- Durch die Religion der Kunst ist der Geist aus der Form der
- _Substanz_ in die des _Subjekts_ getreten, denn sie _bringt_ seine
- Gestalt _hervor_, und setzt also in ihr das _Tun_ oder das
- _Selbstbewußtsein_, das in der furchtbaren Substanz nur verschwindet,
- und im Vertrauen sich nicht selbst erfaßt. Diese Menschwerdung des
- göttlichen Wesens geht von der Bildsäule aus, die nur die _äußere_
- Gestalt des Selbsts an ihr hat, das _innre_ aber, ihre Tätigkeit,
- fällt außer ihr; im Kultus aber sind beide Seiten eins geworden, in
- dem Resultate der Religion der Kunst ist diese Einheit in ihrer
- Vollendung zugleich auch auf das Extrem des Selbsts herübergegangen;
- in dem Geiste, der in der Einzelnheit des Bewußtseins seiner
- vollkommen gewiß ist, ist alle Wesenheit versunken. Der Satz, der
- diesen Leichtsinn ausspricht, lautet so: _das Selbst ist das absolute
- Wesen_; das Wesen, das Substanz und an dem das Selbst die
- Akzidentalität war, ist zum Prädikate heruntergesunken, und der Geist
- hat in _diesem Selbstbewußtsein,_ dem nichts in der Form des Wesens
- gegenübertritt, sein _Bewußtsein_ verloren.
- Dieser Satz: _das Selbst ist das absolute Wesen_, gehört, wie von
- selbst erhellt, dem nichtreligiösen, dem wirklichen Geiste an, und es
- ist sich zu erinnern, welches die Gestalt desselben ist, die ihn
- ausdrückt. Sie wird zugleich die Bewegung und die Umkehrung
- desselben enthalten, welche das Selbst zum Prädikate herunterstimmt,
- und die Substanz zum Subjekte erhebt. So nämlich, daß der umgekehrte
- Satz nicht _an sich_ oder _für uns_ die Substanz zum Subjekte macht,
- oder was dasselbe ist, die Substanz so wiederherstellt, daß das
- Bewußtsein des Geistes zu seinem Anfange, der natürlichen Religion,
- zurückgeführt wird, sondern so, daß diese Umkehrung _für_ und _durch
- das Selbstbewußtsein_ selbst zustande gebracht wird. Indem dieses
- sich mit Bewußtsein aufgibt, so wird es in seiner Entäußerung
- erhalten und bleibt das Subjekt der Substanz, aber als sich ebenso
- entäußertes hat es zugleich das Bewußtsein derselben; oder indem es
- durch seine Aufopferung die Substanz als Subjekt _hervorbringt_,
- bleibt dieses sein eignes Selbst. Es wird hiedurch erreicht, daß,
- wenn in den beiden Sätzen in dem ersten der Substantialität das
- Subjekt nur verschwindet, und in dem zweiten die Substanz nur
- Prädikat ist, und beide Seiten also in jedem mit der
- entgegengesetzten Ungleichheit des Wertes vorhanden sind,--daß die
- Vereinigung und Durchdringung beider Naturen hervorgeht, in der beide
- mit gleichem Werte ebenso _wesentlich_ als auch nur _Momente_ sind;
- hiedurch ist also der Geist ebenso _Bewußtsein_ seiner als seiner
- _gegenständlichen_ Substanz, wie einfaches in sich bleibendes
- _Selbstbewußtsein_.
- Die Religion der Kunst gehört dem sittlichen Geiste an, den wir
- früher in dem _Rechtszustande_ untergehen sahen, d.h. in dem Satze:
- _das Selbst als solches_, die _abstrakte Person ist absolutes Wesen_.
- Im sittlichen Leben ist das Selbst in dem Geiste seines Volks
- versenkt, es ist die _erfüllte_ Allgemeinheit. Die _einfache
- Einzelnheit_ aber erhebt sich aus diesem Inhalte, und ihr Leichtsinn
- reinigt sie zur Person, zur abstrakten Allgemeinheit des Rechts. In
- dieser ist die _Realität_ des sittlichen Geists verloren, die
- inhaltsleeren Geister der Völkerindividuen sind in _ein_ Pantheon
- versammelt, nicht in ein Pantheon der Vorstellung, deren unmächtige
- Form jeden gewähren läßt, sondern in das Pantheon der abstrakten
- Allgemeinheit, des reinen Gedankens, der sie entleibt, und dem
- geistlosen Selbst, der einzelnen Person das An- und Für-sich-sein
- erteilt.
- Aber dies Selbst hat durch seine Leerheit den Inhalt freigelassen;
- das Bewußtsein ist nur _in sich_ das Wesen; sein eignes _Dasein_, das
- rechtliche Anerkanntsein der Person, ist die unerfüllte Abstraktion;
- es besitzt also vielmehr nur den Gedanken seiner selbst, oder wie es
- _da ist_ und sich als Gegenstand weiß, ist es das _unwirkliche_. Es
- ist daher nur die stoische _Selbstständigkeit_ des _Denkens_, und
- diese findet, durch die Bewegung des skeptischen Bewußtseins
- hindurchgehend, seine Wahrheit in derjenigen Gestalt, die das
- _unglückliche Selbstbewußtsein_ genannt wurde.
- Dieses weiß, welche Bewandtnis es mit dem wirklichen Gelten der
- abstrakten Person und ebenso mit dem Gelten derselben in dem reinen
- Gedanken hat. Es weiß ein solches Gelten vielmehr als den
- vollkommnen Verlust, es selbst ist dieser seiner bewußte Verlust und
- die Entäußerung seines Wissens von sich.--Wir sehen, daß dies
- unglückliche Bewußtsein die Gegenseite und Vervollständigung des in
- sich vollkommen glücklichen, des komischen Bewußtseins ausmacht. In
- das letztere geht alles göttliche Wesen zurück, oder es ist die
- vollkommne _Entäußerung_ der _Substanz_. Jenes hingegen ist
- umgekehrt das tragische Schicksal der an und für sich sein sollenden
- _Gewißheit seiner selbst._ Es ist das Bewußtsein des Verlustes aller
- _Wesenheit_ in _dieser Gewißheit_ seiner und des Verlustes eben
- dieses Wissens von sich--der Substanz wie des Selbsts, es ist der
- Schmerz, der sich als das harte Wort ausspricht, _daß Gott gestorben
- ist_.
- In dem Rechtszustande ist also die sittliche Welt und die Religion
- derselben in dem komischen Bewußtsein versunken, und das unglückliche
- das Wissen dieses _ganzen_ Verlusts. Sowohl der Selbstwert seiner
- unmittelbaren Persönlichkeit ist ihm verloren, als seiner
- vermittelten, der _gedachten_. Ebenso ist das Vertrauen in die
- ewigen Gesetze der Götter, wie die Orakel, die das Besondre zu wissen
- taten, verstummt. Die Bildsäulen sind nun Leichname, denen die
- belebende Seele, so wie die Hymne Worte, deren Glauben entflohen ist;
- die Tische der Götter ohne geistige Speise und Trank, und aus seinen
- Spielen und Festen kommt dem Bewußtsein nicht die freudige Einheit
- seiner mit dem Wesen zurück. Den Werken der Muse fehlt die Kraft des
- Geistes, dem aus der Zermalmung der Götter und Menschen die Gewißheit
- seiner selbst hervorging. Sie sind nun das, was sie für uns sind,
- --vom Baume gebrochne schöne Früchte, ein freundliches Schicksal
- reichte sie uns dar, wie ein Mädchen jene Früchte präsentiert; es
- gibt nicht das wirkliche Leben ihres Daseins, nicht den Baum, der sie
- trug, nicht die Erde und die Elemente, die ihre Substanz, noch das
- Klima, das ihre Bestimmtheit ausmachte, oder den Wechsel der
- Jahreszeiten, die den Prozeß ihres Werdens beherrschten.--So gibt das
- Schicksal uns mit den Werken jener Kunst nicht ihre Welt, nicht den
- Frühling und Sommer des sittlichen Lebens, worin sie blühten und
- reiften, sondern allein die eingehüllte Erinnerung dieser
- Wirklichkeit.--Unser Tun in ihrem Genusse ist daher nicht das
- gottesdienstliche, wodurch unserem Bewußtsein seine vollkommne es
- ausfüllende Wahrheit würde, sondern es ist das äußerliche Tun, das
- von diesen Früchten etwa Regentropfen oder Stäubchen abwischt, und an
- die Stelle der innern Elemente der umgebenden, erzeugenden und
- begeistenden Wirklichkeit des Sittlichen, das weitläufige Gerüste der
- toten Elemente ihrer äußerlichen Existenz, der Sprache, des
- Geschichtlichen u.s.f. errichtet, nicht um sich in sie hinein zu
- leben, sondern nur um sie in sich vorzustellen. Aber wie das Mädchen,
- das die gepflückten Früchte darreicht, mehr ist als die in ihre
- Bedingungen und Elemente, den Baum, Luft, Licht u.s.f. ausgebreitete
- Natur derselben, welche sie unmittelbar darbot, indem es auf eine
- höhere Weise dies alles in den Strahl des selbstbewußten Auges und
- der darreichenden Gebärde zusammenfaßt, so ist der Geist des
- Schicksals, der uns jene Kunstwerke darbietet, mehr als das sittliche
- Leben und Wirklichkeit jenes Volkes, denn er ist die _Er-Innerung_
- des in ihnen noch _veräußerten_ Geistes,--er ist der Geist des
- tragischen Schicksals, das alle jene individuelle Götter und
- Attribute der Substanz in das _eine_ Pantheon versammelt, in den
- seiner als Geist selbstbewußten Geist.
- Alle Bedingungen seines Hervorgangs sind vorhanden, und diese
- Totalität seiner Bedingungen macht das _Werden_, den _Begriff_, oder
- das _ansichseiende_ Hervorgehen desselben aus.--Der Kreis der
- Hervorbringungen der Kunst umfaßt die Formen der Entäußerungen der
- absoluten Substanz, sie ist in der Form der Individualität, als ein
- Ding, als _seiender_ Gegenstand des sinnlichen Bewußtseins,--als die
- reine Sprache oder das Werden der Gestalt, deren Dasein nicht aus dem
- Selbst heraustritt, und rein _verschwindender_ Gegenstand ist;--als
- unmittelbare _Einheit_ mit dem allgemeinen _Selbstbewußtsein_ in
- seiner Begeisterung und als vermittelte in dem Tun des Kultus;--als
- schöne _selbstische Körperlichkeit_, und endlich als das in die
- _Vorstellung_ erhobne Dasein und die Ausbreitung desselben zu einer
- Welt, die sich zuletzt in die Allgemeinheit, die ebenso _reine
- Gewißheit ihrer selbst_ ist, zusammennimmt.--Diese Formen, und auf
- der andern Seite die _Welt_ der _Person_ und des Rechts, die
- verwüstende Wildheit der freigelassenen Elemente des Inhalts, ebenso
- die _gedachte_ Person des Stoizismus und die haltlose Unruhe des
- skeptischen Bewußtseins, machen die Peripherie der Gestalten aus,
- welche erwartend und drängend um die Geburtsstätte des als
- Selbstbewußtsein werdenden Geistes umherstehen, der alle
- durchdringende Schmerz und Sehnsucht des unglücklichen
- Selbstbewußtseins ist ihr Mittelpunkt und das gemeinschaftliche
- Geburtswehe seines Hervorgangs,--die Einfachheit des reinen Begriffs,
- der jene Gestalten als seine Momente enthält.
- Er hat die zwei Seiten an ihm, die oben als die beiden umgekehrten
- Sätze vorgestellt sind; die eine ist diese, daß die _Substanz_ sich
- ihrer selbst entäußert und zum Selbstbewußtsein wird, die andre
- umgekehrt, daß das _Selbstbewußtsein_ sich seiner entäußert und zur
- Dingheit oder zum allgemeinen Selbst macht. Beide Seiten sind sich
- auf diese Weise entgegengekommen und hiedurch ihre wahre Vereinigung
- entstanden. Die Entäußerung der Substanz, ihr Werden zum
- Selbstbewußtsein drückt den Übergang ins Entgegengesetzte, den
- bewußtlosen Übergang der _Notwendigkeit_ oder dies aus, daß sie _an
- sich_ Selbstbewußtsein ist. Umgekehrt die Entäußerung des
- Selbstbewußtseins dies, daß es _an sich_ das allgemeine Wesen ist,
- oder, weil das Selbst das reine Für-sich-sein ist, das in seinem
- Gegenteile bei sich bleibt, dies, daß es _für es_ ist, daß die
- Substanz Selbstbewußtsein und eben dadurch Geist ist. Es kann daher
- von diesem Geiste, der die Form der Substanz verlassen, und in der
- Gestalt des Selbstbewußtseins in das Dasein tritt, gesagt
- werden--wenn man sich der aus der natürlichen Zeugung hergenommenen
- Verhältnisse bedienen will--, daß er eine _wirkliche_ Mutter, aber
- einen _ansich_seienden Vater hat; denn die _Wirklichkeit_ oder das
- Selbstbewußtsein und das _An-sich_ als die Substanz sind seine beiden
- Momente, durch deren gegenseitige Entäußerung, jedes zum andern
- werdend, er als diese ihre Einheit ins Dasein tritt.
- Insofern das Selbstbewußtsein einseitig nur _seine eigne_ Entäußerung
- erfaßt, wenn ihm schon sein Gegenstand also ebensowohl Sein als
- Selbst ist und es alles Dasein als geistiges Wesen weiß, so ist
- dadurch dennoch noch nicht für es der wahre Geist geworden, insofern
- nämlich das Sein überhaupt oder die Substanz nicht _an sich_ ebenso
- ihrerseits sich ihrer selbst entäußerte und zum Selbstbewußtsein
- wurde. Denn alsdann ist alles Dasein nur vom _Standpunkte des
- Bewußtseins aus_ geistiges Wesen, nicht an sich selbst. Der Geist
- ist auf diese Weise dem Dasein nur _eingebildet_; dieses Einbilden
- ist die _Schwärmerei_, welche der Natur sowohl als der Geschichte,
- wie der Welt so den mythischen Vorstellungen der vorhergehenden
- Religionen einen andern innern Sinn unterlegt, als sie in ihrer
- Erscheinung dem Bewußtsein unmittelbar darbieten, und in Ansehung der
- Religionen, als das Selbstbewußtsein, dessen Religionen sie waren,
- darin wußte. Aber diese Bedeutung ist eine geliehene, und ein Kleid,
- das die Blöße der Erscheinung nicht bedeckt und sich keinen Glauben
- und Verehrung erwirbt, sondern die trübe Nacht und eigne Verzückung
- des Bewußtseins bleibt.
- Daß diese Bedeutung des Gegenständlichen also nicht bloße Einbildung
- sei, muß sie _an sich_ sein, das heißt, _einmal_ dem Bewußtsein aus
- dem _Begriffe_ entspringen und in ihrer Notwendigkeit hervorgehen.
- So ist uns durch das Erkennen des _unmittelbaren Bewußtseins_, oder
- des Bewußtseins des _seienden_ Gegenstandes durch seine notwendige
- Bewegung der sich selbst wissende _Geist_ entsprungen. Dieser
- Begriff, der als unmittelbarer auch die Gestalt der _Unmittelbarkeit_
- für sein Bewußtsein hatte, hat sich _zweitens_ die Gestalt des
- Selbstbewußtseins _an sich_, d.h. nach eben der Notwendigkeit des
- Begriffes gegeben, als das _Sein_ oder die _Unmittelbarkeit_, die der
- inhaltslose Gegenstand des sinnlichen Bewußtseins ist, sich seiner
- entäußert, und Ich für das Bewußtsein wird.--Von dem _denkenden
- An-sich_ oder dem _Erkennen der Notwendigkeit_ ist aber das
- _unmittelbare An-sich_ oder die _seiende Notwendigkeit_ selbst
- unterschieden;--ein Unterschied, der zugleich aber nicht außer dem
- Begriffe liegt, denn die _einfache Einheit_ des Begriffes ist das
- _unmittelbare Sein_ selbst; er ist ebenso das sich selbst Entäußernde
- oder das Werden der _angeschauten Notwendigkeit_, als er in ihr bei
- sich ist und sie weiß und begreift.--Das _unmittelbare An-sich_ des
- Geistes, der sich die Gestalt des Selbstbewußtseins gibt, heißt
- nichts anderes, als daß der wirkliche Weltgeist zu diesem Wissen von
- sich gelangt ist; dann erst tritt dies Wissen auch in sein Bewußtsein,
- und als Wahrheit ein. Wie jenes geschehen, hat sich oben ergeben.
- Dies daß der absolute Geist sich die Gestalt des Selbstbewußtseins
- _an sich_ und damit auch für sein _Bewußtsein_ gegeben, erscheint nun
- so, daß es der _Glauben der Welt_ ist, daß der Geist als ein
- Selbstbewußtsein, d.h. als ein wirklicher Mensch _da ist_, daß er für
- die unmittelbare Gewißheit ist, daß das glaubende Bewußtsein diese
- Göttlichkeit _sieht_ und _fühlt_ und _hört_. So ist es nicht
- Einbildung, sondern es ist _wirklich an dem_. Das Bewußtsein geht
- dann nicht aus _seinem_ Innern, von dem Gedanken aus, und schließt
- _in sich_ den Gedanken des Gottes mit dem Dasein zusammen, sondern es
- geht von dem unmittelbaren gegenwärtigen Dasein aus, und erkennt den
- Gott in ihm.--Das Moment des _unmittelbaren Seins_ ist in dem Inhalte
- des Begriffes so vorhanden, daß der religiöse Geist in der Rückkehr
- aller Wesenheit in das Bewußtsein _einfaches_ positives Selbst
- geworden ist, ebenso wie der wirkliche Geist als solcher im
- unglücklichen Bewußtsein eben diese _einfache_ selbstbewußte
- Negativität. Das Selbst des daseienden Geistes hat dadurch die Form
- der vollkommnen Unmittelbarkeit; es ist weder als Gedachtes oder
- Vorgestelltes noch Hervorgebrachtes gesetzt, wie es mit dem
- unmittelbaren Selbst teils in der natürlichen, teils in der
- Kunst-Religion der Fall ist. Sondern dieser Gott wird unmittelbar
- als Selbst, als ein wirklicher einzelner Mensch, sinnlich angeschaut;
- so nur _ist_ er Selbstbewußtsein.
- Diese Menschwerdung des göttlichen Wesens, oder daß es wesentlich und
- unmittelbar die Gestalt des Selbstbewußtseins hat, ist der einfache
- Inhalt der absoluten Religion. In ihr wird das Wesen als Geist
- gewußt, oder sie ist sein Bewußtsein über sich, Geist zu sein. Denn
- der Geist ist das Wissen seiner selbst in seiner Entäußerung; das
- Wesen, das die Bewegung ist, in seinem Anderssein die Gleichheit mit
- sich selbst zu behalten. Dies aber ist die Substanz, insofern sie in
- ihrer Akzidentalität ebenso in sich reflektiert, nicht dagegen als
- gegen ein Unwesentliches und somit in einem Fremden sich Befindendes
- gleichgültig, sondern darin _in sich_, d.h. insofern sie _Subjekt_
- oder _Selbst_ ist.--In dieser Religion ist deswegen das göttliche
- Wesen _geoffenbart_. Sein Offenbarsein besteht offenbar darin, daß
- gewußt wird, was es ist. Es wird aber gewußt, eben indem es als
- Geist gewußt wird, als Wesen, das wesentlich _Selbstbewußtsein_ ist.
- --Dem _Bewußtsein_ ist in seinem Gegenstand dann etwas geheim, wenn
- er ein _Anderes_ oder _Fremdes_ für es ist, und wenn es ihn nicht als
- _sich selbst_ weiß. Dies Geheimsein hört auf, indem das absolute
- Wesen als Geist Gegenstand des Bewußtseins ist; denn so ist er als
- _Selbst_ in seinem Verhältnisse zu ihm; d.h. dieses weiß unmittelbar
- sich darin, oder es ist sich in ihm offenbar. Es selbst ist sich nur
- in der eignen Gewißheit seiner offenbar; jener sein Gegenstand ist
- das _Selbst_, das Selbst aber ist kein Fremdes, sondern die
- untrennbare Einheit mit sich, das unmittelbar Allgemeine. Es ist der
- reine Begriff, das reine Denken oder _Für-sich-sein_, das unmittelbar
- _Sein_, und damit _Sein für Anderes_, und als dieses _Sein für
- Anderes_ unmittelbar in sich zurückgekehrt, und bei sich selbst; es
- ist also das wahrhaft und allein Offenbare. Das Gütige, Gerechte,
- Heilige, Schöpfer Himmels und der Erde u.s.f. sind _Prädikate_ eines
- Subjekts,--allgemeine Momente, die an diesem Punkte ihren Halt haben,
- und nur erst im Rückgehen des Bewußtseins ins Denken sind.--Indem
- _sie_ gewußt werden, ist ihr Grund und Wesen, das _Subjekt_ selbst,
- noch nicht offenbar, und ebenso sind die _Bestimmungen_ des
- Allgemeinen nicht _dies Allgemeine_ selbst. Das _Subjekt_ selbst,
- und damit auch _dies reine Allgemeine_ ist aber offenbar als _Selbst_,
- denn dies ist eben dies in sich reflektierte Innre, das unmittelbar
- da und die eigne Gewißheit desjenigen Selbsts ist, für welches es da
- ist. Dies--seinem _Begriffe_ nach das Offenbare zu sein--ist also
- die wahre Gestalt des Geistes, und diese seine Gestalt, der Begriff,
- ist ebenso allein sein Wesen und Substanz. Er wird gewußt als
- Selbstbewußtsein und ist diesem unmittelbar offenbar, denn er ist
- dieses selbst; die göttliche Natur ist dasselbe, was die menschliche
- ist, und diese Einheit ist es, die angeschaut wird.
- Hier also ist in der Tat das Bewußtsein oder die Weise, wie das Wesen
- für es selbst ist, seine Gestalt, seinem Selbstbewußtsein gleich;
- diese Gestalt ist selbst ein Selbstbewußtsein; sie ist damit zugleich
- _seiender_ Gegenstand, und dieses _Sein_ hat ebenso unmittelbar die
- Bedeutung des _reinen Denkens_, des absoluten Wesens.--Das absolute
- Wesen, welches als ein wirkliches Selbstbewußtsein da ist, scheint
- von seiner ewigen Einfachheit _herabgestiegen_ zu sein, aber in der
- Tat hat es damit erst sein _höchstes_ Wesen erreicht. Denn der
- Begriff des Wesens, erst indem er seine einfache Reinheit erlangt hat,
- ist er die absolute _Abstraktion_, welche _reines Denken_ und damit
- die reine Einzelnheit des Selbsts, so wie um seiner Einfachheit
- willen das _Unmittelbare_ oder _Sein_ ist.--Was das sinnliche
- Bewußtsein genannt wird, ist eben diese reine _Abstraktion_, es ist
- dies Denken, für welches das _Sein_ das _Unmittelbare_ ist. Das
- Niedrigste ist also zugleich das Höchste, das ganz an die
- _Oberfläche_ herausgetretene Offenbare ist eben darin das _Tiefste_.
- Daß das höchste Wesen als ein seiendes Selbstbewußtsein gesehen,
- gehört u.s.f. wird, dies ist also in der Tat die Vollendung seines
- Begriffes; und durch diese Vollendung ist das Wesen so unmittelbar
- _da_, als es Wesen ist.
- Dies unmittelbare Dasein ist zugleich nicht allein und bloß
- unmittelbares Bewußtsein, sondern es ist religiöses Bewußtsein; die
- Unmittelbarkeit hat ungetrennt die Bedeutung nicht nur eines
- _seienden_ Selbstbewußtseins, sondern des rein gedachten oder
- absoluten _Wesens_. Wessen wir uns in unserem Begriffe bewußt sind,
- daß das _Sein Wesen_ ist, ist das religiöse Bewußtsein sich bewußt.
- Diese _Einheit_ des Seins und Wesens, des _Denkens_, das unmittelbar
- _Dasein ist_, ist, wie es der _Gedanke_ dieses religiösen Bewußtseins
- oder sein _vermitteltes_ Wissen ist, ebenso _sein unmittelbares_
- Wissen; denn diese Einheit des Seins und Denkens ist das
- _Selbst_bewußtsein, und ist selbst _da_, oder die _gedachte_ Einheit
- hat zugleich diese Gestalt dessen, was sie ist. Gott ist also hier
- _offenbar_, wie _er ist; er ist so da_, wie er _an sich_ ist; er ist
- da, als Geist. Gott ist allein im reinen spekulativen Wissen
- erreichbar, und ist nur in ihm und ist nur es selbst, denn er ist der
- Geist; und dieses spekulative Wissen ist das Wissen der offenbaren
- Religion. Jenes weiß ihn als _Denken_ oder reines Wesen, und dies
- Denken als Sein und als Dasein, und das Dasein als die Negativität
- seiner selbst, hiemit als Selbst, _dieses_ und allgemeines Selbst;
- eben dies weiß die offenbare Religion.--Die Hoffnungen und
- Erwartungen der vorhergehenden Welt drängten sich allein auf diese
- Offenbarung hin, anzuschauen, was das absolute Wesen ist, und sich
- selbst in ihm zu finden; diese Freude wird dem Selbstbewußtsein und
- ergreift die ganze Welt, im absoluten Wesen sich zu schauen, denn es
- ist Geist, es ist die einfache Bewegung jener reinen Momente, die
- dies selbst ausdrückt, daß das Wesen dadurch erst, daß es als
- _unmittelbares_ Selbstbewußtsein angeschaut wird, als Geist gewußt
- wird.
- Dieser Begriff des selbst sich selbst als Geist wissenden Geistes ist
- selbst der unmittelbare, und noch nicht entwickelt. Das Wesen ist
- Geist, oder es ist erschienen, es ist offenbar; dies erste
- Offenbarsein ist selbst _unmittelbar_; aber die Unmittelbarkeit ist
- ebenso reine Vermittlung oder Denken; sie muß daher an ihr selbst als
- solcher dies darstellen.--Bestimmter dies betrachtet, so ist der
- Geist in der Unmittelbarkeit des Selbstbewußtseins _dieses einzelne_
- Selbstbewußtsein, dem _allgemeinen_ entgegengesetzt; er ist
- ausschließendes Eins, das für das Bewußtsein, _für welches_ es da ist,
- die noch unaufgelöste Form eines _sinnlichen Andern_ hat; dieses
- weiß den Geist noch nicht als den seinen, oder der Geist ist noch
- nicht, wie er _einzelnes_ Selbst ist, ebensowohl als allgemeines, als
- alles Selbst da. Oder die Gestalt hat noch nicht die Form des
- _Begriffs_; d.h. des allgemeinen Selbsts, des Selbsts, das in seiner
- unmittelbaren Wirklichkeit ebenso Aufgehobnes, Denken, Allgemeinheit
- ist, ohne in dieser jene zu verlieren.--Die nächste und selbst
- unmittelbare Form dieser Allgemeinheit ist aber nicht schon die Form
- _des Denkens selbsts, des Begriffes als Begriffes_, sondern die
- Allgemeinheit der Wirklichkeit, die Allheit der Selbst, und die
- Erhebung des Daseins in die Vorstellung; wie überall, und um ein
- bestimmtes Beispiel anzuführen, das aufgehobne _sinnliche Dieses_
- erst das Ding der _Wahrnehmung_, noch nicht das _Allgemeine_ des
- Verstandes ist.
- Dieser einzelne Mensch also, als welcher das absolute Wesen offenbar
- ist, vollbringt an ihm als Einzelnem die Bewegung des _sinnlichen
- Seins_. Er ist der _unmittelbar_ gegenwärtige Gott; dadurch geht
- sein _Sein_ in _Gewesensein_ über. Das Bewußtsein, für welches er
- diese sinnliche Gegenwart hat, hört auf, ihn zu sehen, zu hören; es
- _hat_ ihn gesehen und gehört; und erst dadurch, daß es ihn nur
- gesehen, gehört _hat_, wird es selbst geistiges Bewußtsein, oder wie
- er vorher als _sinnliches Dasein_ für es aufstand, ist er itzt _im
- Geiste_ aufgestanden.--Denn als solches, das ihn sinnlich sieht und
- hört, ist es selbst nur unmittelbares Bewußtsein, das die
- Ungleichheit der Gegenständlichkeit nicht aufgehoben, nicht ins reine
- Denken zurückgenommen hat, sondern diesen gegenständlichen Einzelnen,
- nicht aber sich selbst als Geist weiß. In dem Verschwinden des
- unmittelbaren Daseins des als absoluten Wesens Gewußten erhält das
- Unmittelbare sein negatives Moment; der Geist bleibt unmittelbares
- Selbst der Wirklichkeit, aber als _das allgemeine Selbstbewußtsein_
- der Gemeine, das in seiner eignen Substanz ruht, so wie diese in ihm
- allgemeines Subjekt ist; nicht der Einzelne für sich, sondern
- zusammen mit dem Bewußtsein der Gemeine, und das, was er für diese
- ist, ist das vollständige Ganze desselben.
- _Vergangenheit_ und _Entfernung_ sind aber nur die unvollkommne Form,
- wie die unmittelbare Weise vermittelt oder allgemein gesetzt ist;
- diese ist nur oberflächlich in das Element des Denkens getaucht, ist
- _als_ sinnliche Weise darin aufbewahrt, und mit der Natur des Denkens
- selbst nicht in eins gesetzt. Es ist nur in das _Vorstellen_ erhoben,
- denn dies ist die synthetische Verbindung der sinnlichen
- Unmittelbarkeit und ihrer Allgemeinheit oder des Denkens.
- Diese _Form des Vorstellens_ macht die Bestimmtheit aus, in welcher
- der Geist, in dieser seiner Gemeine, seiner bewußt wird. Sie ist
- noch nicht das zu seinem Begriffe als Begriffe gediehene
- Selbstbewußtsein desselben; die Vermittelung ist noch unvollendet.
- Es ist also in dieser Verbindung des Seins und Denkens der Mangel
- vorhanden, daß das geistige Wesen noch mit einer unversöhnten
- Entzweiung in ein Diesseits und Jenseits behaftet ist. Der _Inhalt_
- ist der wahre, aber alle seine Momente haben, in dem Elemente des
- Vorstellens gesetzt, den Charakter, nicht begriffen zu sein, sondern
- als vollkommen selbstständige Seiten zu erscheinen, die sich
- _äußerlich_ aufeinander beziehen. Daß der wahre Inhalt auch seine
- wahre Form für das Bewußtsein erhalte, dazu ist die höhere Bildung
- des Letztern notwendig, seine Anschauung der absoluten Substanz in
- den Begriff zu erheben, und _für es selbst_ sein Bewußtsein mit
- seinem Selbstbewußtsein auszugleichen, wie dies für uns oder _an
- sich_ geschehen ist.
- Dieser Inhalt ist in der Weise, wie er in seinem Bewußtsein ist, zu
- betrachten.--Der absolute Geist ist _Inhalt_, so ist er in der
- Gestalt seiner _Wahrheit_. Aber seine Wahrheit ist, nicht nur die
- Substanz der Gemeinde oder das _An-sich_ derselben zu sein, noch auch
- nur aus dieser Innerlichkeit in die Gegenständlichkeit des
- Vorstellens heraufzutreten, sondern wirkliches Selbst zu werden, sich
- in sich zu reflektieren und Subjekt zu sein. Dies ist also die
- Bewegung, welche er in seiner Gemeine vollbringt, oder dies ist das
- Leben desselben. Was dieser sich offenbarende Geist _an und für
- sich_ ist, wird daher nicht dadurch herausgebracht, daß sein reiches
- Leben in der Gemeine gleichsam aufgedreht und auf seinen ersten Faden
- zurückgeführt wird, etwa auf die Vorstellungen der ersten
- unvollkommnen Gemeine, oder gar auf das, was der wirkliche Mensch
- gesprochen hat. Dieser Zurückführung liegt der Instinkt zugrunde,
- auf den Begriff zu gehen; aber sie verwechselt den _Ursprung_ als das
- _unmittelbare Dasein_ der ersten Erscheinung mit der _Einfachheit_
- des _Begriffes_. Durch diese Verarmung des Lebens des Geistes, durch
- das Wegräumen der Vorstellung der Gemeine und ihres Tuns gegen ihre
- Vorstellung, entsteht daher statt des Begriffes vielmehr die bloße
- Äußerlichkeit und Einzelnheit, die geschichtliche Weise der
- unmittelbaren Erscheinung und die geistlose Erinnerung einer
- einzelnen gemeinten Gestalt und ihrer Vergangenheit.
- Der Geist ist Inhalt seines Bewußtseins zuerst in der Form _der
- reinen Substanz_, oder ist Inhalt seines reinen Bewußtseins. Dies
- Element des Denkens ist die Bewegung, zum Dasein oder der Einzelnheit
- herunterzusteigen. Die Mitte zwischen ihnen ist ihre synthetische
- Verbindung, das Bewußtsein des Anderswerdens oder das Vorstellen als
- solches. Das dritte ist die Rückkehr aus der Vorstellung und dem
- Anderssein oder das Element des Selbstbewußtseins selbst.--Diese drei
- Momente machen den Geist aus; sein Auseinandertreten in der
- Vorstellung besteht darin, auf eine _bestimmte_ Weise zu sein; diese
- Bestimmtheit aber ist nichts anderes als eines seiner Momente. Seine
- ausführliche Bewegung ist also diese, in jedem seiner Momente als in
- einem Elemente seine Natur auszubreiten; indem jeder dieser Kreise
- sich in sich vollendet, ist diese seine Reflexion in sich zugleich
- der Übergang in den andern. Die _Vorstellung_ macht die Mitte
- zwischen dem reinen Denken und dem Selbstbewußtsein als solchem aus,
- und ist nur _eine_ der Bestimmtheiten; zugleich aber, wie sich
- gezeigt, ist ihr Charakter, die synthetische Verbindung zu sein, über
- alle diese Elemente ausgebreitet und ihre gemeinschaftliche
- Bestimmtheit.
- Der Inhalt selbst, der zu betrachten ist, ist zum Teil schon als die
- Vorstellung des _unglücklichen_ und _glaubenden_ Bewußtseins
- vorgekommen;--in jenem aber in der Bestimmung des aus dem _Bewußtsein
- hervorgebrachten_ und _ersehnten_ Inhalts, worin der Geist sich nicht
- ersättigen noch Ruhe finden kann, weil er noch nicht _an sich_ oder
- als seine _Substanz_ sein Inhalt ist;--in diesem dagegen ist er als
- das selbstlose _Wesen_ der Welt oder als wesentlich
- _gegenständlicher_ Inhalt des Vorstellens betrachtet worden,--eines
- Vorstellens, das der Wirklichkeit überhaupt entflieht, und daher ohne
- die _Gewißheit des Selbstbewußtseins_ ist, die sich teils als
- Eitelkeit des Wissens, teils als reine Einsicht von ihm trennt.--Das
- Bewußtsein der Gemeine hingegen hat ihn zu seiner _Substan_z, ebenso
- als er ihre _Gewißheit_ des eignen Geistes ist.
- Der Geist zuerst als Substanz im _Elemente des reinen Denkens_
- vorgestellt, ist er hiemit unmittelbar das einfache sich selbst
- gleiche, ewige _Wesen_, das aber nicht diese abstrakte _Bedeutung_
- des Wesens, sondern die Bedeutung des absoluten Geistes hat. Allein
- der Geist ist dies, nicht Bedeutung, nicht das Innre, sondern das
- Wirkliche zu sein. Das einfache ewige Wesen daher würde nur dem
- leeren Worte nach Geist sein, wenn es bei der Vorstellung und dem
- Ausdrucke des einfachen ewigen Wesens bliebe. Das einfache Wesen
- aber, weil es die Abstraktion ist, ist es in der Tat das _Negative an
- sich selbst_, und zwar die Negativität des Denkens oder sie, wie sie
- im _Wesen_ an sich ist; d.h. es ist der absolute _Unterschied_ von
- sich, oder sein reines Anderswerden. Als _Wesen_ ist es nur _an
- sich_ oder für uns; aber indem diese Reinheit eben die Abstraktion
- oder Negativität ist, ist es _für sich selbst_, oder das _Selbst_,
- der _Begriff_.--Es ist also _gegenständlich_; und indem die
- Vorstellung die soeben ausgesprochne _Notwendigkeit_ des Begriffs als
- ein _Geschehen_ auffaßt und ausspricht, so wird gesagt werden, daß
- das ewige Wesen sich ein Anderes _erzeugt_. Aber in diesem
- Anderssein ist es ebenso unmittelbar in sich zurückgekehrt; denn der
- Unterschied ist der Unterschied _an sich_, d.h. er ist unmittelbar
- nur von sich selbst unterschieden, er ist also die in sich
- zurückgekehrte Einheit.
- Es unterscheiden sich also die drei Momente, des _Wesens_, des
- _Für-sich-seins_, welches das Anderssein des Wesens ist und für
- welches das Wesen ist, und des _Für-sich-seins_ oder
- Sich-selbst-wissens im _Andern_. Das Wesen schaut nur sich selbst in
- seinem Für-sich-sein an; es ist in dieser Entäußerung nur bei sich,
- das Für-sich-sein, das sich von dem Wesen ausschließt, ist das
- _Wissen_ des _Wesens seiner selbst_; es ist das Wort, das
- ausgesprochen den Aussprechenden entäußert und ausgeleert zurückläßt,
- aber ebenso unmittelbar vernommen ist, und nur dieses sich selbst
- Vernehmen ist das Dasein des Wortes. So daß die Unterschiede, die
- gemacht sind, ebenso unmittelbar aufgelöst, als sie gemacht, und
- ebenso unmittelbar gemacht, als sie aufgelöst sind, und das Wahre und
- Wirkliche eben diese in sich kreisende Bewegung ist.
- Diese Bewegung in sich selbst spricht das absolute Wesen als _Geist_
- aus; das absolute Wesen, das nicht als Geist erfaßt wird, ist nur das
- abstrakte Leere, so wie der Geist, der nicht als diese Bewegung
- erfaßt wird, nur ein leeres Wort ist. Indem seine _Momente_ in ihrer
- Reinheit gefaßt werden, sind sie die ruhelosen Begriffe, die nur sind,
- ihr Gegenteil an sich selbst zu sein und ihre Ruhe im Ganzen zu
- haben. Aber das _Vorstellen_ der Gemeine ist nicht dies
- _begreifende_ Denken; sondern hat den Inhalt ohne seine Notwendigkeit,
- und bringt statt der Form des Begriffes die natürlichen Verhältnisse
- von Vater und Sohn in das Reich des reinen Bewußtseins. Indem es so
- im Denken selbst sich _vorstellend_ verhält, ist ihm das Wesen zwar
- offenbar, aber die Momente desselben treten ihm um dieser
- synthetischen Vorstellung willen teils selbst auseinander, so daß sie
- nicht durch ihren eignen Begriff sich aufeinander beziehen, teils
- tritt es von diesem seinem reinen Gegenstand zurück, bezieht sich nur
- äußerlich auf ihn; er ist ihm von einem Fremden geoffenbart, und in
- diesem Gedanken des Geistes erkennt es nicht sich selbst, nicht die
- Natur des reinen Selbstbewußtseins. Insofern über die Form des
- Vorstellens und jener Verhältnisse, die aus dem Natürlichen
- hergenommen sind, und damit besonders auch darüber hinausgegangen
- werden muß, die Momente der Bewegung, die der Geist ist, für
- isolierte nichtwankende Substanzen oder Subjekte statt für
- übergehende Momente zu nehmen,--ist dies Hinausgehen, wie vorhin bei
- einer andern Seite erinnert wurde, für ein Drängen des Begriffes
- anzusehen; aber indem es nur Instinkt ist, verkennt es sich, verwirft
- mit der Form auch den Inhalt, und, was dasselbe ist, setzt ihn zu
- einer geschichtlichen Vorstellung und einem Erbstücke der Tradition
- herab; hierin ist das rein Äußerliche des Glaubens nur beibehalten,
- und damit als ein erkenntnisloses Totes, das _Innerliche_ desselben
- aber ist verschwunden, weil dies der Begriff wäre, der sich als
- Begriff weiß.
- Der absolute Geist, im _reinen Wesen_ vorgestellt, ist zwar nicht das
- _abstrakte_ reine Wesen, sondern dieses ist vielmehr ebendadurch, daß
- es im Geiste nur Moment ist, zum _Elemente_ herabgesunken. Die
- Darstellung des Geistes aber in diesem Elemente hat denselben Mangel
- der Form nach an sich, den das _Wesen_ als Wesen hat. Das Wesen ist
- das Abstrakte, und darum das Negative seiner Einfachheit, ein Anderes;
- ebenso der _Geist_ im Elemente des Wesens ist die _Form_ der
- _einfachen Einheit_, die darum ebenso wesentlich ein Anderswerden ist.
- --Oder was dasselbe ist, die Beziehung des ewigen Wesens auf sein
- Für-sich-sein ist die unmittelbar-einfache des reinen Denkens; in
- diesem _einfachen_ Anschauen seiner selbst im Andern ist also das
- _Anderssein_ nicht als solches gesetzt; es ist der Unterschied, wie
- er im reinen Denken unmittelbar _kein Unterschied_ ist; ein
- Anerkennen _der Liebe_, worin die beiden nicht ihrem Wesen nach sich
- _entgegensetzten_.--Der Geist, der im Elemente des reinen Denkens
- ausgesprochen ist, ist wesentlich selbst dieses, nicht in ihm nur,
- sondern _Wirklicher_ zu sein, denn in seinem Begriffe liegt selbst
- das _Anderssein_, d.h. das Aufheben des reinen nur gedachten
- Begriffes.
- Das Element des reinen Denkens, weil es das abstrakte ist, ist selbst
- vielmehr das _Andre_ seiner Einfachheit, und geht daher in das
- eigentliche Element des _Vorstellens_ über,--das Element, worin die
- Momente des reinen Begriffes ein _substantielles_ Dasein ebenso
- gegeneinander erhalten, als sie _Subjekte_ sind, die nicht für ein
- drittes die Gleichgültigkeit des Seins gegeneinander haben, sondern
- in sich reflektiert sich selbst voneinander absondern und
- entgegenstellen.
- Der also nur ewige oder abstrakte Geist wird sich _ein Anders_ oder
- tritt in das Dasein und unmittelbar in das _unmittelbare Dasein_. Er
- _erschafft_ also eine _Welt_. Dieses _Erschaffen_ ist das Wort der
- Vorstellung für den _Begriff_ selbst nach seiner absoluten Bewegung,
- oder dafür, daß das als absolut ausgesagte Einfache oder reine Denken,
- weil es das abstrakte ist, vielmehr das Negative und hiemit sich
- Entgegengesetzte oder _Andre_ ist;--oder weil, um dasselbe noch in
- einer andern Form zu sagen, weil das als _Wesen_ gesetzte die
- einfache _Unmittelbarkeit_ oder das _Sein_ ist, aber als
- Unmittelbarkeit oder Sein des Selbsts entbehrt und also, der
- Innerlichkeit ermangelnd, _passiv_ oder _Sein für Anderes_ ist.--Dies
- _Sein für Anderes_ ist zugleich _eine Welt_; der Geist in der
- Bestimmung des _Seins für Anderes_ ist das ruhige Bestehen der vorhin
- in das reine Denken eingeschlossenen Momente, also die Auflösung
- ihrer einfachen Allgemeinheit und das Auseinandergehen derselben in
- ihre eigne Besonderheit.
- Die Welt ist aber nicht nur dieser auseinander in die Vollständigkeit
- und deren äußere Ordnung geworfene Geist, sondern da er wesentlich
- das einfache Selbst ist, ist dieses an ihr ebenso vorhanden; der
- _daseiende_ Geist, der das einzelne Selbst ist, welches das
- Bewußtsein hat, und sich als Andres oder als Welt von sich
- unterscheidet.--Wie dieses einzelne Selbst so unmittelbar erst
- gesetzt ist, ist es noch nicht _Geist für sich_; es _ist_ also nicht
- _als_ Geist, es kann _unschuldig_, aber nicht wohl _gut_ genannt
- werden. Daß es in der Tat Selbst und Geist sei, muß es ebenso, wie
- das ewige Wesen sich als die Bewegung in seinem Anderssein sich
- selbst gleich zu sein darstellt, zunächst sich selbst ein _Anderes_
- werden. Indem dieser Geist bestimmt ist als erst unmittelbar
- daseiend oder als in die Mannigfaltigkeit seines Bewußtseins
- zerstreut, so ist sein Anderswerden das _In-sich_-gehen des Wissens
- überhaupt. Das unmittelbare Dasein schlägt in den Gedanken, oder das
- nur sinnliche Bewußtsein in das Bewußtsein des Gedankens um, und zwar,
- weil er der aus der Unmittelbarkeit herkommende oder _bedingte_
- Gedanke ist, ist er nicht das reine Wissen, sondern der Gedanke, der
- das Anderssein an ihm hat, und also der sich selbst entgegengesetzte
- Gedanke des _Guten_ und _Bösen_. Der Mensch wird so vorgestellt, daß
- es _geschehen_ ist, als etwas nicht Notwendiges,--daß er die Form der
- Sichselbstgleichheit durch das Pflücken vom Baume des Erkenntnisses
- des _Guten_ und _Bösen_ verlor und aus dem Zustande des unschuldigen
- Bewußtseins, aus der arbeitlos sich darbietenden Natur und dem
- Paradiese, dem Garten der Tiere, vertrieben wurde.
- Indem dies In-sich-gehen des daseienden Bewußtseins sich unmittelbar
- als das Sich-selbst-_ungleich_-werden bestimmt, so erscheint das
- _Böse_ als das erste Dasein des in sich gegangenen Bewußtseins; und
- weil die Gedanken des _Guten_ und _Bösen_ schlechthin
- entgegengesetzte und diese Entgegensetzung noch nicht aufgelöst ist,
- so ist dies Bewußtsein wesentlich nur das Böse. Zugleich aber ist um
- eben dieser Entgegensetzung willen auch das _gute_ Bewußtsein gegen
- es vorhanden, und ihr Verhältnis zueinander.--Insofern das
- unmittelbare Dasein in den _Gedanken_ umschlägt, und das
- _In-sich-sein_ teils selbst Denken, teils das Moment des
- _Anderswerdens_ des Wesens damit näher bestimmt ist, so kann das
- Bösewerden weiter rückwärts aus der daseienden Welt hinaus schon in
- das erste Reich des Denkens verlegt werden. Es kann also gesagt
- werden, daß schon der erstgeborne Lichtsohn, als in sich gehend, es
- sei, der abgefallen, aber an dessen Stelle sogleich ein anderer
- erzeugt worden. Solche bloß der Vorstellung, nicht dem Begriff
- angehörige Form wie _Abfallen_, ebenso wie _Sohn_, setzt übrigens die
- Momente des Begriffs ebenso umgekehrt in das Vorstellen herab, oder
- trägt das Vorstellen in das Reich des Gedankens hinüber.--Ebenso
- gleichgültig ist es, dem einfachen Gedanken des _Andersseins_ im
- ewigen Wesen noch eine Mannigfaltigkeit anderer Gestalten beizuordnen,
- und das _In-sich-gehen_ in diese zu verlegen. Diese Beiordnung muß
- darum zugleich gutgeheißen werden, weil dadurch dies Moment des
- _Andersseins_, wie es soll, die Verschiedenheit zugleich ausdrückt;
- und zwar nicht als Vielheit überhaupt, sondern zugleich als bestimmte
- Verschiedenheit, so daß der eine Teil, der Sohn, das einfache sich
- selbst als Wesen Wissende ist, der andre Teil aber, die Entäußerung
- des Für-sich-seins, die nur im Preise des Wesens lebt; in diesen Teil
- kann dann auch wieder das Zurücknehmen des entäußerten Für-sich-seins
- und das In-sich-gehen des Bösen gelegt werden. Insofern das
- Anderssein in zwei zerfällt, wäre der Geist in seinen Momenten
- bestimmter, und wenn sie gezählt werden, als Viereinigkeit, oder weil
- die Menge wieder selbst in zwei Teile, nämlich in gut gebliebne und
- böse gewordne zerfällt, gar als Fünfeinigkeit ausgedrückt.--Die
- Momente aber zu _zählen_ kann überhaupt als unnütz angesehen werden,
- indem teils das Unterschiedne selbst ebensosehr nur _eines_ ist,
- nämlich eben der _Gedanke_ des Unterschiedes, der nur _ein_ Gedanke
- ist, als er _dieses_ Unterschiedne, das zweite gegen das erste ist,
- --teils aber, weil der Gedanke, der das Viele in Eines befaßt, aus
- seiner Allgemeinheit aufgelöst und in mehr als drei oder vier
- Unterschiedne unterschieden werden muß;--welche Allgemeinheit gegen
- die absolute Bestimmtheit des abstrakten Eins, des Prinzips der Zahl,
- als Unbestimmtheit in der Beziehung auf die Zahl selbst erscheint, so
- daß nur von _Zahlen_ überhaupt, d.h. nicht von einer _Anzahl_ der
- Unterschiede die Rede sein könnte, also hier überhaupt an Zahl und
- ans Zählen zu denken ganz überflüssig, wie auch sonst der bloße
- Unterschied der Größe und Menge begrifflos und nichtssagend ist.
- Das _Gute_ und das _Böse_ waren die bestimmten Unterschiede des
- Gedankens, die sich ergaben. Indem ihr Gegensatz sich noch nicht
- aufgelöst, und sie als Wesen des Gedankens vorgestellt werden, deren
- jedes für sich selbstständig ist, so ist der Mensch das wesenlose
- Selbst und der synthetische Boden ihres Daseins und Kampfs. Aber
- diese allgemeinen Mächte gehören ebensosehr dem Selbst an, oder das
- Selbst ist ihre Wirklichkeit. Nach diesem Momente geschieht es also,
- daß, wie das Böse nichts anderes ist als das In-sich-gehen des
- natürlichen Daseins des Geistes, umgekehrt das Gute in die
- Wirklichkeit tritt und als ein daseiendes Selbstbewußtsein erscheint.
- --Was im rein gedachten Geiste als das _Anderswerden_ des göttlichen
- Wesens überhaupt nur angedeutet ist, tritt hier seiner Realisierung
- für das Vorstellen näher; sie besteht ihm in der Selbsterniedrigung
- des göttlichen Wesens, das auf seine Abstraktion und Unwirklichkeit
- Verzicht tut.--Die andere Seite, das Böse, nimmt das Vorstellen als
- ein dem göttlichen Wesen fremdes Geschehen; es in demselben selbst,
- _als seinen Zorn_ zu fassen, ist die höchste, härteste Anstrengung
- des mit sich selbst ringenden Vorstellens, die, da sie des Begriffs
- entbehrt, fruchtlos bleibt.
- Die Entfremdung des göttlichen Wesens ist also auf ihre gedoppelte
- Weise gesetzt; das Selbst des Geistes und sein einfacher Gedanke sind
- die beiden Momente, deren absolute Einheit der Geist selbst ist;
- seine Entfremdung besteht darin, daß sie auseinandertreten und das
- eine einen ungleichen Wert gegen das andre hat. Diese Ungleichheit
- ist darum die gedoppelte, und es entstehen zwei Verbindungen, deren
- gemeinschaftliche Momente die angegebnen sind. In der einen gilt das
- _göttliche Wesen_ als das Wesentliche, das natürliche Dasein aber und
- das Selbst als das Unwesentliche und Aufzuhebende; in der andern gilt
- dagegen das _Für-sich-sein_ als das Wesentliche, und das einfache
- Göttliche als das unwesentliche. Ihre noch leere Mitte ist das
- _Dasein_ überhaupt, die bloße Gemeinschaftlichkeit der beiden Momente
- derselben.
- Die Auflösung dieses Gegensatzes geschieht nicht sowohl durch den
- Kampf der beiden, die als getrennte und selbstständige Wesen
- vorgestellt sind. In ihrer _Selbstständigkeit_ liegt es, daß _an
- sich_, durch seinen Begriff, jedes an ihm selbst sich auflösen muß;
- der Kampf fällt erst dahin, wo beide aufhören, diese Vermischungen
- des Gedankens und des selbstständigen Daseins zu sein, und wo sie nur
- als Gedanken einander gegenüberstehen. Denn alsdenn sind sie als
- bestimmte Begriffe wesentlich nur in der entgegengesetzten Beziehung;
- als selbstständige hingegen haben sie außer der Entgegensetzung ihre
- Wesentlichkeit; ihre Bewegung ist also die freie und eigne ihrer
- selbst. Wie also die Bewegung beider die Bewegung _an sich_ ist,
- weil sie an ihnen selbst zu betrachten ist, so fängt sie auch
- dasjenige von beiden an, welches als das Ansichseiende gegen das
- andre bestimmt ist. Es wird dies als ein freiwilliges Tun
- vorgestellt; aber die Notwendigkeit seiner Entäußerung liegt in dem
- Begriffe, daß das Ansichseiende, welches nur im Gegensatze so
- bestimmt ist, eben darum nicht wahrhaftes Bestehen hat;--dasjenige
- also, dem nicht das Für-sich-sein, sondern das Einfache als das Wesen
- gilt, ist es, das sich selbst entäußert, in den Tod geht, und dadurch
- das absolute Wesen mit sich selbst versöhnt. Denn in dieser Bewegung
- stellt es sich als _Geist_ dar; das abstrakte Wesen ist sich
- entfremdet, es hat natürliches Dasein und selbstische Wirklichkeit;
- dies sein Anderssein oder seine sinnliche Gegenwart wird durch das
- zweite Anderswerden zurückgenommen und als aufgehobne, als
- _allgemeine_ gesetzt; dadurch ist das Wesen in ihr sich selbst
- geworden; das unmittelbare Dasein der Wirklichkeit hat aufgehört, ein
- ihm fremdes oder äußerliches zu sein, indem es aufgehobnes,
- allgemeines ist; dieser Tod ist daher sein Erstehen als Geist.
- Die aufgehobne unmittelbare Gegenwart des selbstbewußten Wesens ist
- es als allgemeines Selbstbewußtsein; dieser Begriff des aufgehobnen
- einzelnen Selbsts, das absolutes Wesen ist, drückt daher unmittelbar
- die Konstituierung einer Gemeinde aus, die, bisher im Vorstellen
- verweilend, itzt in sich als in das Selbst zurückkehrt; und der Geist
- geht somit aus dem zweiten Elemente seiner Bestimmung, dem Vorstellen,
- in das _dritte_, das Selbstbewußtsein als solches über.--Betrachten
- wir noch die Art, wie jenes Vorstellen sich in seinem Fortgange
- benimmt, so sehen wir zuerst dies ausgedrückt, daß das göttliche
- Wesen die menschliche Natur annimmt. Darin ist es schon
- _ausgesprochen_, daß _an sich_ beide nicht getrennt sind;--wie darin,
- daß das göttliche Wesen sich selbst _von Anfang_ entäußert, sein
- Dasein in sich geht und böse wird, es nicht ausgesprochen, aber darin
- _enthalten_ ist, daß _an sich_ dies böse Dasein nicht ein ihm Fremdes
- ist; das absolute Wesen hätte nur diesen leeren Namen, wenn es in
- Wahrheit ein ihm _Anderes_, wenn es einen _Abfall_ von ihm gäbe;--das
- Moment des _In-sich-seins_ macht vielmehr das wesentliche Moment des
- _Selbsts_ des Geistes aus.--Daß das _In-sich-sein_ und damit erst
- _Wirklichkeit_ dem Wesen selbst angehöre, dies, was für uns _Begriff_
- ist, und insofern es Begriff ist, erscheint dem vorstellenden
- Bewußtsein als ein unbegreifliches _Geschehen_; das _An-sich_ nimmt
- die Form des _gleichgültigen Seins_ für es an. Der Gedanke aber, daß
- jene sich zu fliehen scheinende Momente, des absoluten Wesens und des
- fürsichseienden Selbsts, nicht getrennt sind, erscheint diesem
- Vorstellen _auch_--denn es besitzt den wahren Inhalt--, aber nachher,
- in der Entäußerung des göttlichen Wesens, das Fleisch wird. Diese
- Vorstellung, die auf diese Weise noch _unmittelbar_ und daher nicht
- geistig ist, oder die menschliche Gestalt des Wesens nur erst als
- eine besondre, noch nicht allgemeine weiß, wird für dies Bewußtsein
- geistig in der Bewegung des gestalteten Wesens sein unmittelbares
- Dasein wieder aufzuopfern und zum Wesen zurückzukehren; das Wesen als
- _in sich reflektiertes_ ist erst der Geist.--Die _Versöhnung_ des
- göttlichen Wesens mit dem _Andern_ überhaupt und bestimmt mit dem
- _Gedanken_ desselben, dem _Bösen_, ist also hierin vorgestellt.--Wenn
- diese Versöhnung nach _ihrem Begriffe_ so ausgedrückt wird, daß sie
- darin bestehe, weil _an sich_ das _Böse dasselbe_ sei, was das _Gute_,
- oder auch das göttliche Wesen _dasselbe_, was die Natur in ihrem
- ganzen Umfange, so wie die Natur getrennt vom göttlichen Wesen nur
- das _Nichts_,--so ist dies als eine ungeistige Weise sich
- auszudrücken anzusehen, die notwendig Mißverständnisse erwecken muß.
- --Indem das Böse _dasselbe_ ist, was das Gute, ist eben das Böse
- nicht Böses noch das Gute Gutes, sondern beide sind vielmehr
- aufgehoben, das Böse überhaupt das insichseiende Für-sich-sein und
- das Gute das selbstlose Einfache. Indem so beide nach ihrem Begriffe
- ausgesprochen werden, erhellt zugleich ihre Einheit; denn das
- insichseiende Für-sich-sein ist das einfache Wissen; und das
- selbstlose Einfache ist ebenso das reine in sich seiende
- Für-sich-sein.--Sosehr daher gesagt werden muß, daß nach diesem ihrem
- Begriffe das Gute und Böse, d.h. insofern sie nicht das Gute und das
- Böse sind, _dasselbe_ seien, ebensosehr muß also gesagt werden, daß
- sie _nicht_ dasselbe, sondern schlechthin _verschieden_ sind, denn
- das einfache Für-sich-sein oder auch das reine Wissen sind
- gleicherweise die reine Negativität oder der absolute Unterschied an
- ihnen selbst.--Erst diese beiden Sätze vollenden das Ganze, und dem
- Behaupten und Versichern des ersten muß mit unüberwindlicher
- Hartnäckigkeit das Festhalten an dem andern gegenübertreten; indem
- beide gleich recht haben, haben beide gleich unrecht, und ihr Unrecht
- besteht darin, solche abstrakte Formen, wie _dasselbe_ und _nicht
- dasselbe_, die _Identität_ und die _Nichtidentität_ für etwas Wahres,
- Festes, Wirkliches zu nehmen und auf ihnen zu beruhen. Nicht das
- eine oder das andre hat Wahrheit, sondern eben ihre Bewegung, daß das
- einfache Dasselbe die Abstraktion und damit der absolute Unterschied,
- dieser aber als Unterschied an sich, von sich selbst unterschieden
- also die Sichselbstgleichheit ist. Ebendies ist der Fall mit der
- _Dieselbigkeit_ des göttlichen Wesens und der Natur überhaupt und der
- menschlichen insbesondre; jenes ist Natur, insofern es nicht Wesen
- ist; diese ist göttlich nach ihrem Wesen;--aber es ist der Geist,
- worin beide abstrakte Seiten, wie sie in Wahrheit sind, nämlich als
- _aufgehobne_ gesetzt sind,--ein Setzen, das nicht durch das Urteil
- und das geistlose _Ist_, die Kopula desselben, ausgedrückt werden
- kann.--Ebenso ist die Natur _nichts außer_ ihrem Wesen; aber dies
- Nichts selbst _ist_ ebensosehr; es ist die absolute Abstraktion, also
- das reine Denken oder In-sich-sein, und mit dem Momente seiner
- Entgegensetzung gegen die geistige Einheit ist es das _Böse_. Die
- Schwierigkeit, die in diesen Begriffen stattfindet, ist allein das
- Festhalten am _Ist_ und das Vergessen des Denkens, worin die Momente
- ebenso _sind_ als _nicht sind_,--nur die Bewegung sind, die der Geist
- ist.--Diese geistige Einheit oder die Einheit, worin die Unterschiede
- nur als Momente oder als aufgehobne sind, ist es, die für das
- vorstellende Bewußtsein in jener Versöhnung geworden, und indem sie
- die Allgemeinheit des Selbstbewußtseins ist, hat dieses aufgehört,
- vorstellendes zu sein; die Bewegung ist in es zurückgegangen.
- Der Geist ist also in dem dritten Elemente, im _allgemeinen
- Selbstbewußtsein_ gesetzt; er ist seine _Gemeinde_. Die Bewegung der
- Gemeinde als des Selbstbewußtseins, das sich von seiner Vorstellung
- unterscheidet, ist, das _hervorzubringen_, was _an sich_ geworden ist.
- Der gestorbne göttliche Mensch oder menschliche Gott ist _an sich_
- das allgemeine Selbstbewußtsein; er hat dies _für dies
- Selbstbewußtsein_ zu werden. Oder indem es die _eine_ Seite des
- Gegensatzes der Vorstellung ausmacht, nämlich die böse, der das
- natürliche Dasein und das einzelne Für-sich-sein als das Wesen gilt,
- so hat diese, die als selbstständig, noch nicht als Moment
- vorgestellt ist, um ihrer Selbstständigkeit willen an und für sie
- selbst sich zum Geiste zu erheben, oder die Bewegung desselben an ihr
- darzustellen.
- Sie _ist_ der _natürliche Geis_t; das Selbst hat aus dieser
- Natürlichkeit sich zurückzuziehen und in sich zu gehen, das hieße,
- _böse_ zu werden. Aber sie ist schon _an sich_ böse; das
- In-sich-gehen besteht daher darin, _sich zu überzeugen_, daß das
- natürliche Dasein das Böse ist. In das vorstellende Bewußtsein fällt
- das _daseiende_ Bösewerden und Bösesein der Welt, so wie die
- _daseiende_ Versöhnung des absoluten Wesens; in das
- _Selbstbewußtsein_ aber als solches fällt der Form nach dieses
- Vorgestellte nur als aufgehobnes Moment, denn das _Selbst_ ist das
- Negative; also das _Wissen_--ein Wissen, das ein reines Tun des
- Bewußtseins in sich selbst ist.--An dem Inhalte muß dies Moment des
- _Negativen_ gleichfalls sich ausdrücken. Indem nämlich das Wesen _an
- sich_ mit sich schon versöhnt und geistige Einheit ist, worin die
- Teile der Vorstellung _aufgehobne_ oder _Momente_ sind, so stellt
- sich dies dar, daß jeder Teil der Vorstellung hier die
- _entgegengesetzte_ Bedeutung erhält, als er vorher hatte; jede
- Bedeutung vervollständigt sich dadurch an der andern, und der Inhalt
- ist erst dadurch ein geistiger; indem die Bestimmtheit ebensosehr
- ihre entgegengesetzte ist, ist die Einheit im Anderssein, das
- Geistige, vollendet; wie sich für uns oder _an sich_ vorhin die
- entgegengesetzten Bedeutungen vereinigten, und selbst die abstrakten
- Formen des _Desselben_ und des _Nichtdesselben_, der _Identität_ und
- _Nichtidentität_ aufhoben.
- Wenn also in dem vorstellenden Bewußtsein das _Innerlichwerden_ des
- natürlichen Selbstbewußtseins das _daseiende Böse_ war, so ist das
- _Innerlichwerden_ im Elemente des Selbstbewußtseins das _Wissen_ von
- _dem Bösen_ als einem solchen, das _an sich_ im Dasein ist. Dies
- Wissen ist also allerdings ein Bösewerden, aber nur Werden des
- _Gedankens_ des _Bösen_, und ist darum als das erste Moment der
- Versöhnung anerkannt. Denn als ein Zurückgehen in sich aus der
- Unmittelbarkeit der Natur, die als das Böse bestimmt ist, ist es ein
- Verlassen derselben und das Absterben der Sünde. Nicht das
- natürliche Dasein als solches wird von dem Bewußtsein verlassen,
- sondern es zugleich als ein solches, das als Böses gewußt wird. Die
- unmittelbare Bewegung des _In-sich-gehens_ ist ebensosehr eine
- vermittelte;--sie setzt sich selbst voraus oder ist ihr eigner Grund;
- der Grund des In-sich-gehens ist nämlich, weil die Natur schon an
- sich in sich gegangen ist; um des Bösen willen muß der Mensch in sich
- gehen, aber das _Böse_ ist selbst das In-sich-gehen.--Diese erste
- Bewegung ist eben darum selbst nur die unmittelbare oder ihr
- _einfacher Begriff_, weil sie dasselbe, was ihr Grund ist. Die
- Bewegung oder das Anderswerden muß daher in seiner eigentlichem Form
- erst noch eintreten.
- Außer dieser Unmittelbarkeit ist also die _Vermittlung_ der
- Vorstellung notwendig. _An sich_ ist das _Wissen_ von der Natur als
- dem unwahren Dasein des Geistes, und diese in sich gewordne
- Allgemeinheit des Selbsts die Versöhnung des Geistes mit sich selbst.
- Dies _An-sich_ erhält für das nicht begreifende Selbstbewußtsein die
- Form eines _Seienden_ und _ihm Vorgestellten_. Das Begreifen also
- ist ihm nicht ein Ergreifen dieses Begriffes, der die aufgehobne
- Natürlichkeit als allgemeine also als mit sich selbst versöhnte weiß,
- sondern ein Ergreifen jener _Vorstellung_, daß durch das _Geschehen_
- der eignen Entäußerung des göttlichen Wesens, durch seine geschehene
- Menschwerdung und seinen Tod das göttliche Wesen mit seinem Dasein
- versöhnt ist.--Das Ergreifen dieser Vorstellung drückt nun bestimmter
- dasjenige aus, was vorhin in ihr das geistige Auferstehen genannt
- wurde, oder das Werden seines einzelnen Selbstbewußtseins zum
- Allgemeinen oder zur Gemeinde.--Der _Tod_ des göttlichen Menschen
- _als Tod_ ist die _abstrakte_ Negativität, das unmittelbare Resultat
- der Bewegung, die nur in die _natürliche_ Allgemeinheit sich endigt.
- Diese natürliche Bedeutung verliert er im geistigen Selbstbewußtsein,
- oder er wird sein soeben angegebner Begriff; der Tod wird von dem,
- was er unmittelbar bedeutet, von dem Nichtsein _dieses Einzelnen_
- verklärt zur _Allgemeinheit_ des Geistes, der in seiner Gemeine lebt,
- in ihr täglich stirbt und aufersteht.
- Dasjenige, was dem Elemente der _Vorstellung_ angehört, daß der
- absolute Geist als _ein einzelner_ oder vielmehr als ein _besonderer_
- an seinem Dasein die Natur des Geistes vorstellt, ist also hier in
- das Selbstbewußtsein selbst versetzt, in das in seinem _Anderssein_
- sich erhaltende Wissen; dies _stirbt_ daher nicht wirklich, wie der
- _Besondere vorgestellt_ wird, _wirklich_ gestorben zu sein, sondern
- seine Besonderheit erstirbt in seiner Allgemeinheit, das heißt, in
- seinem _Wissen_, welches das sich mit sich versöhnende Wesen ist.
- Das zunächst vorhergehende _Element des Vorstellens_ ist also hier
- als aufgehobnes gesetzt, oder es ist in das Selbst, in seinen Begriff,
- zurückgegangen; das in jenem nur Seiende ist zum Subjekte geworden.
- --Eben damit ist auch das _erste Element, das reine Denken_ und der
- in ihm ewige Geist nicht mehr jenseits des vorstellenden Bewußtseins
- noch des Selbsts, sondern die Rückkehr des Ganzen in sich ist eben
- dies, alle Momente in sich zu enthalten.--Der vom Selbst ergriffne
- Tod des Mittlers ist das Aufheben seiner _Gegenständlichkeit_ oder
- seines _besondern Für-sich-seins_; dies _besondre_ Für-sich-sein ist
- allgemeines Selbstbewußtsein geworden.--Auf der andern Seite ist das
- _Allgemeine_ eben dadurch Selbstbewußtsein, und der reine oder
- unwirkliche Geist des bloßen Denkens _wirklich_ geworden.--Der Tod
- des Mittlers ist Tod nicht nur der _natürlichen Seite_ desselben oder
- seines besondern Für-sich-seins, es stirbt nicht nur die vom Wesen
- abgezogne schon tote Hülle, sondern auch die _Abstraktion_ des
- göttlichen Wesens. Denn er ist, insofern sein Tod die Versöhnung
- noch nicht vollendet hat, das Einseitige, welches das Einfache des
- Denkens als das _Wesen_ weiß im Gegensatze gegen die Wirklichkeit;
- dies Extrem des Selbsts hat noch nicht gleichen Wert mit dem Wesen;
- dies hat das Selbst erst im Geiste. Der Tod dieser Vorstellung
- enthält also zugleich den Tod der _Abstraktion des göttlichen Wesens_,
- das nicht als Selbst gesetzt ist. Er ist das schmerzliche Gefühl
- des unglücklichen Bewußtseins, daß _Gott selbst gestorben_ ist.
- Dieser harte Ausdruck ist der Ausdruck des innersten
- Sich-einfach-wissens, die Rückkehr des Bewußtseins in die Tiefe der
- Nacht des Ich = Ich, die nichts außer ihr mehr unterscheidet und weiß.
- Dies Gefühl ist also in der Tat der Verlust der _Substanz_ und
- ihres Gegenübertretens gegen das Bewußtsein; aber zugleich ist es die
- reine _Subjektivität_ der Substanz, oder die reine Gewißheit seiner
- Selbst, die ihr als dem Gegenstände oder dem Unmittelbaren oder dem
- reinen Wesen fehlte. Dies Wissen also ist die _Begeistung_, wodurch
- die Substanz Subjekt, ihre Abstraktion und Leblosigkeit gestorben,
- sie also _wirklich_ und einfaches und allgemeines Selbstbewußtsein
- geworden ist.
- So ist also der Geist _sich selbst_ wissender Geist; er weiß _sich_,
- das, was ihm Gegenstand ist, ist, oder seine Vorstellung ist der
- wahre absolute _Inhalt_; er drückt, wie wir sahen, den Geist selbst
- aus. Er ist zugleich nicht nur _Inhalt_ des Selbstbewußtseins und
- nicht nur _für es_ Gegenstand, sondern er ist auch _wirklicher Geist_.
- Er ist dies, indem er die drei Elemente seiner Natur durchlauft;
- diese Bewegung durch sich selbst hindurch macht seine Wirklichkeit
- aus;--was sich bewegt, ist er, er ist das Subjekt der Bewegung, und
- er ist ebenso _das Bewegen_ selbst, oder die Substanz, durch welche
- das Subjekt hindurchgeht. Wie uns der Begriff des Geistes geworden
- war, als wir in die Religion eintraten, nämlich als die Bewegung des
- seiner selbst gewissen Geistes, der dem Bösen verzeiht und darin
- zugleich von seiner eignen Einfachheit und harten Unwandelbarkeit
- abläßt, oder die Bewegung, daß das absolut _Entgegengesetzte_ sich
- als _dasselbe_ erkennt und dies Erkennen als das _Ja_ zwischen diesen
- Extremen hervorbricht,--diesen Begriff _schaut_ das religiöse
- Bewußtsein, dem das absolute Wesen offenbar, _an_, und hebt die
- _Unterscheidung_ seines _Selbsts_ von seinem _Angeschauten_ auf, ist
- wie es das Subjekt ist, so auch die Substanz, und _ist_ also selbst
- der Geist, eben weil und insofern es diese Bewegung ist.
- Vollendet aber ist diese Gemeinde noch nicht in diesem ihrem
- Selbstbewußtsein; ihr Inhalt ist überhaupt in der Form des
- _Vorstellens_ für sie, und diese Entzweiung hat auch die _wirkliche
- Geistigkeit_ derselben, ihre Rückkehr aus ihrem Vorstellen, noch an
- ihr, wie das Element des reinen Denkens selbst damit behaftet war.
- Sie hat nicht auch das Bewußtsein über das, was sie ist; sie ist das
- geistige Selbstbewußtsein, das sich nicht als dieses Gegenstand ist,
- oder sich nicht zum Bewußtsein seiner selbst aufschließt; sondern
- insofern sie Bewußtsein ist, hat sie Vorstellungen, die betrachtet
- wurden.--Wir sehen das Selbstbewußtsein auf seinem letzten
- Wendungspunkte sich _innerlich_ werden und zum _Wissen_ des
- _In-sich-seins_ gelangen; wir sehen es sein natürliches Dasein
- entäußern, und die reine Negativität gewinnen. Aber die _positive_
- Bedeutung, daß nämlich diese Negativität oder reine _Innerlichkeit_
- des _Wissens_ ebensosehr das _sichselbstgleiche Wesen_ ist, oder daß
- die Substanz hierin dazu gelangt, absolutes Selbstbewußtsein zu sein,
- dies ist ein _Anderes_ für das andächtige Bewußtsein. Es ergreift
- diese Seite, daß das reine Innerlichwerden des Wissens _an sich_ die
- absolute Einfachheit oder die Substanz ist, als die Vorstellung von
- etwas, das nicht dem _Begriffe_ nach so ist, sondern als die Handlung
- einer _fremden_ Genugtuung. Oder es ist nicht dies für es, daß diese
- Tiefe des reinen Selbsts die Gewalt ist, wodurch das _abstrakte
- Wesen_ aus seiner Abstraktion herabgezogen und durch die Macht dieser
- reinen Andacht zum Selbst erhoben wird.--Das Tun des Selbsts behält
- dadurch diese negative Bedeutung gegen es, weil die Entäußerung der
- Substanz von ihrer Seite ein _An-sich_ für jenes ist, das es nicht
- ebenso erfaßt und begreift, oder nicht in _seinem_ Tun als solchem
- findet.--Indem _an sich_ diese Einheit des Wesens und des Selbsts
- zustande gekommen, so hat das Bewußtsein auch noch diese
- _Vorstellung_ seiner Versöhnung, aber als Vorstellung. Es erlangt
- die Befriedigung dadurch, daß es seiner reinen Negativität die
- positive Bedeutung der Einheit seiner mit dem Wesen _äußerlich_
- hinzufügt; seine Befriedigung bleibt also selbst mit dem Gegensatze
- eines Jenseits behaftet. Seine eigne Versöhnung tritt daher als ein
- _Fernes_ in sein Bewußtsein ein, als ein Fernes der _Zukunft_, wie
- die Versöhnung, die das andere _Selbst_ vollbrachte, als eine Ferne
- der _Vergangenheit_ erscheint. So wie der _einzelne_ göttliche
- Mensch einen _ansich_seienden Vater und nur eine _wirkliche_ Mutter
- hat, so hat auch der allgemeine göttliche Mensch, die Gemeinde, ihr
- _eignes Tun_ und _Wissen_ zu ihrem Vater, zu ihrer Mutter aber die
- _ewige Liebe_, die sie nur _fühlt_, nicht aber in ihrem Bewußtsein
- als wirklichen unmittelbaren _Gegenstand_ anschaut. Ihre Versöhnung
- ist daher in ihrem Herzen, aber mit ihrem Bewußtsein noch entzweit,
- und ihre Wirklichkeit noch gebrochen. Was als das _An-sich_ oder die
- Seite der _reinen Vermittlung_ in ihr Bewußtsein tritt, ist die
- jenseits liegende Versöhnung; was aber als _gegenwärtig_, als die
- Seite der _Unmittelbarkeit_ und des _Daseins_, ist die Welt, die ihre
- Verklärung noch zu gewarten hat. Sie ist wohl _an sich_ versöhnt mit
- dem Wesen; und vom _Wesen_ wird wohl gewußt, daß es den Gegenstand
- nicht mehr als sich entfremdet erkennt, sondern in seiner Liebe als
- sich gleich. Aber für das Selbstbewußtsein hat diese unmittelbare
- Gegenwart noch nicht Geistsgestalt. Der Geist der Gemeinde ist so in
- seinem unmittelbaren Bewußtsein getrennt von seinem religiösen, das
- zwar es ausspricht, daß sie _an sich_ nicht getrennt seien, aber ein
- _An-sich_, das nicht realisiert, oder noch nicht ebenso absolutes
- Für-sich-sein geworden.
- VIII. Das absolute Wissen
- Der Geist der offenbaren Religion hat sein Bewußtsein als solches
- noch nicht überwunden, oder, was dasselbe ist, sein wirkliches
- Selbstbewußtsein ist nicht der Gegenstand seines Bewußtseins; er
- selbst überhaupt und die in ihm sich unterscheidenden Momente fallen
- in das Vorstellen und in die Form der Gegenständlichkeit. Der
- _Inhalt_ des Vorstellens ist der absolute Geist; und es ist allein
- noch um das Aufheben dieser bloßen Form zu tun, oder vielmehr weil
- sie dem _Bewußtsein als solchem_ angehört, muß ihre Wahrheit schon in
- den Gestaltungen desselben sich ergeben haben.--Diese Überwindung des
- Gegenstandes des Bewußtseins ist nicht als das einseitige zu nehmen,
- daß er sich als in das Selbst zurückkehrend zeigte, sondern
- bestimmter so, daß er sowohl als solcher sich ihm als verschwindend
- darstellte, als noch vielmehr, daß die Entäußerung des
- Selbstbewußtseins es ist, welche die Dingheit setzt, und daß diese
- Entäußerung nicht nur negative, sondern positive Bedeutung, sie nicht
- nur für uns oder an sich, sondern für es selbst hat. _Für es_ hat das
- Negative des Gegenstandes oder dessen Sich-selbst-aufheben dadurch
- die positive Bedeutung, oder es _weiß_ diese Nichtigkeit desselben
- dadurch einerseits, daß es sich selbst entäußert,--denn in dieser
- Entäußerung setzt es _sich_ als Gegenstand, oder den Gegenstand um
- der untrennbaren Einheit des _Für-sich-seins_ willen als sich selbst.
- Andererseits liegt hierin zugleich dies andre Moment, daß es diese
- Entäußerung und Gegenständlichkeit ebensosehr auch aufgehoben und in
- sich zurückgenommen hat, also in _seinem_ Anderssein als solchem bei
- sich ist.--Dies ist die Bewegung des _Bewußtseins_, und dieses ist
- darin die Totalität seiner Momente.--Es muß sich ebenso zu dem
- Gegenstande nach der Totalität seiner Bestimmungen verhalten, und ihn
- nach jeder derselben so erfaßt haben. Diese Totalität seiner
- Bestimmungen macht _ihn an sich_ zum geistigen Wesen, und für das
- Bewußtsein wird er dies in Wahrheit durch das Auffassen einer jeden
- einzelnen derselben, als des Selbsts, oder durch das obengenannte
- geistige Verhalten zu ihnen.
- Der Gegenstand ist also teils _unmittelbares_ Sein, oder ein Ding
- überhaupt, was dem unmittelbaren Bewußtsein entspricht; teils ein
- Anderswerden seiner, sein Verhältnis, oder _Sein für Anderes_ und
- _Für-sich-sein_, die Bestimmtheit, was der _Wahrnehmung_; teils
- _Wesen_ oder als Allgemeines, was dem Verstande entspricht. Er ist,
- als Ganzes, der Schluß oder die Bewegung des Allgemeinen durch die
- Bestimmung zur Einzelnheit, wie die umgekehrte, von der Einzelnheit
- durch sie als aufgehobne oder die Bestimmung zum Allgemeinen.--Nach
- diesen drei Bestimmungen also muß das Bewußtsein ihn als sich selbst
- wissen. Es ist dies jedoch nicht das Wissen als reines Begreifen des
- Gegenstandes, von dem die Rede ist; sondern dies Wissen soll nur in
- seinem Werden oder in seinen Momenten nach der Seite aufgezeigt
- werden, die dem Bewußtsein als solchem angehört, und die Momente des
- eigentlichen Begriffes oder reinen Wissens in der Form von
- Gestaltungen des Bewußtseins. Darum erscheint der Gegenstand im
- Bewußtsein als solchem noch nicht als die geistige Wesenheit, wie sie
- von uns soeben ausgesprochen wurde, und sein Verhalten zu ihm ist
- nicht die Betrachtung desselben in dieser Totalität als solcher, noch
- in ihrer reinen Begriffsform, sondern teils Gestalt des Bewußtseins
- überhaupt, teils eine Anzahl solcher Gestalten, die _wir_
- zusammennehmen, und in welchen die Totalität der Momente des
- Gegenstandes und des Verhaltens des Bewußtseins nur aufgelöst in ihre
- Momente aufgezeigt werden kann.
- Es ist hiemit für diese Seite des Erfassens des Gegenstandes, wie es
- in der Gestalt des Bewußtseins ist, nur an die frühem Gestalten
- desselben zu erinnern, die schon vorgekommen sind.--In Ansehung des
- Gegenstandes also, insofern er unmittelbar, ein _gleichgültiges Sein_
- ist, so sahen wir die beobachtende Vernunft in diesem gleichgültigen
- Dinge sich selbst _suchen_ und _finden_, d.h. ihres Tuns als eines
- ebenso äußerlichen sich bewußt sein, als sie des Gegenstands nur als
- eines unmittelbaren bewußt ist.--Wir sahen auch auf ihrer Spitze ihre
- Bestimmung in dem unendlichen Urteile aussprechen, daß das _Sein des
- Ich ein Ding ist_. _-_ Und zwar ein sinnliches unmittelbares Ding:
- wenn Ich _Seele_ genannt wird, so ist es zwar auch als Ding
- vorgestellt, aber als ein unsichtbares, unfehlbares u.s.f., in der
- Tat also nicht als unmittelbares Sein, und nicht als das, was man
- unter einem Dinge meint.--Jenes Urteil, so genommen, wie es
- unmittelbar lautet, ist es geistlos oder vielmehr das Geistlose
- selbst. Seinem _Begriffe_ nach aber ist es in der Tat das
- Geistreichste, und dieses _Innre_ desselben, das an ihm noch nicht
- _vorhanden_ ist, ist es, was die beiden andern zu betrachtenden
- Momente aussprechen.
- _Das Ding ist Ich_; in der Tat ist in diesem unendlichen Urteile das
- Ding aufgehoben; es ist nichts an sich; es hat nur Bedeutung im
- Verhältnisse, nur _durch Ich_ und _seine Beziehung_ auf dasselbe.
- --Dies Moment hat sich für das Bewußtsein in der reinen Einsicht und
- Aufklärung ergeben. Die Dinge sind schlechthin _nützlich_, und nur
- nach ihrer Nützlichkeit zu betrachten.--Das _gebildete_
- Selbstbewußtsein, das die Welt des sich entfremdeten Geistes
- durchlaufen, hat durch seine Entäußerung das Ding als sich selbst
- erzeugt, behält daher in ihm noch sich selbst, und weiß die
- Unselbstständigkeit desselben, oder daß das Ding _wesentlich_ nur
- _Sein für Anderes_ ist; oder vollständig das _Verhältnis_, d.h. das,
- was die Natur des Gegenstandes hier allein ausmacht, ausgedrückt, so
- gilt ihm das Ding als ein _fürsichseiendes_, es spricht die sinnliche
- Gewißheit als absolute Wahrheit aus, aber dies _Für-sich-sein_ selbst
- als Moment, das nur verschwindet, und in sein Gegenteil, in das
- preisgegebne Sein für anderes übergeht.
- Hierin ist aber das Wissen des Dinges noch nicht vollendet; es muß
- nicht nur nach der Unmittelbarkeit des Seins und nach der
- Bestimmtheit, sondern auch als _Wesen_ oder _Inneres_, als das Selbst
- gewußt werden. Dies ist in dem _moralischen Selbstbewußtsein_
- vorhanden. Dies weiß sein Wissen als die _absolute Wesenheit_, oder
- das _Sein_ schlechthin als den reinen Willen oder Wissen; es _ist_
- nichts als nur dieser Willen und Wissen; anderem kommt nur
- unwesentliches Sein, d.h. nicht _ansich_seiendes, nur seine leere
- Hülse zu. Insofern das moralische Bewußtsein das _Dasein_ in seiner
- Weltvorstellung aus dem Selbst entläßt, nimmt es dasselbe ebensosehr
- wieder in sich zurück. Als Gewissen ist es endlich nicht mehr dieses
- noch abwechselnde Stellen und Verstellen des Daseins und des Selbsts,
- sondern es weiß, daß sein _Dasein_ als solches diese reine Gewißheit
- seiner selbst ist; das gegenständliche Element, in welches es als
- handelnd sich hinausstellt, ist nichts anderes als das reine Wissen
- des Selbsts von sich.
- Dies sind die Momente, aus denen sich die Versöhnung des Geistes mit
- seinem eigentlichen Bewußtsein zusammensetzt; sie für sich sind
- einzeln, und ihre geistige Einheit allein ist es, welche die Kraft
- dieser Versöhnung ausmacht. Das letzte dieser Momente ist aber
- notwendig diese Einheit selbst, und verbindet, wie erhellt, sie in
- der Tat alle in sich. Der seiner selbst in seinem Dasein gewisse
- Geist hat zum Elemente des _Daseins_ nichts anderes als dies Wissen
- von sich; das Aussprechen, daß, was er tut, er nach Überzeugung von
- der Pflicht tut, diese seine Sprache ist das _Gelten_ seines Handelns.
- --Das Handeln ist das erste _ansich_seiende Trennen der Einfachheit
- des Begriffs und die Rückkehr aus dieser Trennung. Diese erste
- Bewegung schlägt in die zweite um, indem das Element des Anerkennens
- sich als _einfaches_ Wissen von der Pflicht gegen den _Unterschied_
- und die _Entzweiung_ setzt, die im Handeln als solchem liegt, und auf
- diese Weise eine eiserne Wirklichkeit gegen das Handeln bildet. In
- der Verzeihung sahen wir aber, wie diese Härte von sich selbst abläßt,
- und sich entäußert. Die Wirklichkeit hat also hier für das
- Selbstbewußtsein sowohl als _unmittelbares Dasein_ keine andere
- Bedeutung, als das reine Wissen zu sein;--ebenso als _bestimmtes_
- Dasein, oder als Verhältnis, ist das sich Gegenüberstehende ein
- Wissen teils von diesem rein einzelnen Selbst, teils von dem Wissen
- als allgemeinem. Hierin ist zugleich dies gesetzt, daß das _dritte_
- Moment, die _Allgemeinheit_ oder das _Wesen_ jedem der beiden
- gegenüberstehenden nur als _Wissen_ gilt; und den leeren noch übrigen
- Gegensatz heben sie endlich ebenso auf, und sind das Wissen des Ich =
- Ich; dieses _einzelne_ Selbst, das unmittelbar reines Wissen oder
- allgemeines ist.
- Diese Versöhnung des Bewußtseins mit dem Selbstbewußtsein zeigt sich
- hiemit von der gedoppelten Seite zustande gebracht, das einemal im
- religiösen Geiste, das anderemal im Bewußtsein selbst als solchem.
- Sie unterscheiden sich beide so voneinander, daß jene diese
- Versöhnung in der Form des _An-sich-seins_, diese in der Form des
- _Für-sich-seins_ ist. Wie sie betrachtet worden, fallen sie zunächst
- auseinander; das Bewußtsein ist in der Ordnung, in der uns seine
- Gestalten vorkamen, teils zu den einzelnen Momenten derselben, teils
- zu ihrer Vereinigung längst gekommen, ehe auch die Religion ihrem
- Gegenstande die Gestalt des wirklichen Selbstbewußtseins gab. Die
- Vereinigung beider Seiten ist noch nicht aufgezeigt; sie ist es,
- welche diese Reihe der Gestaltungen des Geistes beschließt; denn in
- ihr kommt der Geist dazu, sich zu wissen nicht nur, wie er _an sich_
- oder nach seinem absoluten _Inhalte_, noch nur wie er _für sich_ nach
- seiner inhaltslosen Form oder nach der Seite des Selbstbewußtseins,
- sondern wie er _an und für sich_ ist.
- Diese Vereinigung aber ist _an sich_ schon geschehen, zwar auch in
- der Religion, in der Rückkehr der Vorstellung in das Selbstbewußtsein,
- aber nicht nach der eigentlichen Form, denn die religiöse Seite ist
- die Seite des _An-sich_, welche der Bewegung des Selbstbewußtseins
- gegenübersteht. Die Vereinigung gehört daher dieser andern Seite an,
- die im Gegensatze die Seite der Reflexion in sich, also diejenige ist,
- die sich selbst und ihr Gegenteil, und nicht nur _an sich_ oder auf
- eine allgemeine Weise, sondern _für sich_ oder entwickelt und
- unterschieden enthält. Der Inhalt, so wie die andre Seite des
- selbstbewußten Geistes, insofern sie die _andre_ Seite ist, ist in
- ihrer Vollständigkeit vorhanden und aufgezeigt worden; die
- Vereinigung, welche noch fehlt, ist die einfache Einheit des Begriffs.
- Dieser ist an der Seite des Selbstbewußtseins selbst auch schon
- vorhanden; aber wie er im Vorhergehenden vorgekommen, hat er, wie
- alle übrigen Momente die Form, eine _besondere Gestalt_ des
- _Bewußtseins_ zu sein.--Er ist also derjenige Teil der Gestalt des
- seiner selbst gewissen Geistes, der in seinem Begriffe stehen bleibt,
- und die _schöne Seele_ genannt wurde. Sie ist nämlich sein Wissen
- von sich selbst, in seiner reinen durchsichtigen Einheit,--das
- Selbstbewußtsein, das dieses reine Wissen von dem _reinen
- In-sich-sein_ als den Geist weiß,--nicht nur die Anschauung des
- Göttlichen, sondern die Selbstanschauung desselben.--Indem dieser
- Begriff sich seiner Realisierung entgegengesetzt festhält, ist er die
- einseitige Gestalt, deren Verschwinden in leeren Dunst, aber auch
- ihre positive Entäußerung und Fortbewegung wir sahen. Durch diese
- Realisierung hebt sich das Auf-sich-beharren dieses gegenstandslosen
- Selbstbewußtseins, die _Bestimmtheit_ des Begriffs gegen seine
- _Erfüllung_ auf; sein Selbstbewußtsein gewinnt die Form der
- Allgemeinheit, und was ihm bleibt, ist sein wahrhafter Begriff, oder
- der Begriff, der seine Realisierung gewonnen; es ist er in seiner
- Wahrheit, nämlich in der Einheit mit seiner Entäußerung;--das Wissen
- von dem reinen Wissen, nicht als abstraktem _Wesen_, welches die
- Pflicht ist,--sondern von ihm als Wesen, das _dieses_ Wissen,
- _dieses_ reine Selbstbewußtsein, das also zugleich wahrhafter
- _Gegenstand_ ist, denn er ist das fürsichseiende Selbst.
- Seine Erfüllung gab sich dieser Begriff, einesteils im _handelnden_
- seiner selbst gewissen Geist, andernteils in der _Religion_: in der
- letztern gewann er den absoluten _Inhalt als Inhalt_ oder in der Form
- der _Vorstellung_, des Andersseins für das Bewußtsein; hingegen in
- jener Gestalt ist die Form das Selbst selber, denn sie enthält den
- _handelnden_ seiner selbst gewissen Geist, das Selbst führt das Leben
- des absoluten Geistes durch. Diese Gestalt ist, wie wir sehen, jener
- einfache Begriff, der aber sein ewiges _Wesen_ aufgibt, _da ist_,
- oder handelt. Das _Entzweien_ oder Hervortreten hat er an der
- _Reinheit des_ Begriffs, denn sie ist die absolute Abstraktion oder
- Negativität. Ebenso hat er das Element seiner Wirklichkeit oder des
- Seins in ihm, an dem reinen Wissen selbst, denn es ist die einfache
- _Unmittelbarkeit_, die ebenso _Sein_ und _Dasein_ als _Wesen_ ist,
- jenes das negative Denken, dies das positive Denken selbst. Dies
- Dasein ist endlich ebensosehr das aus ihm--wie als Dasein so als
- Pflicht--In-sich-reflektiert- oder _Böse-_sein. Dies In-sich-gehen
- macht den _Gegensatz_ des _Begriffs_ aus, und ist damit das Auftreten
- des _nichthandelnden, nichtwirklichen_ reinen Wissens des Wesens.
- Dies sein Auftreten in diesem Gegensatze aber ist die Teilnahme daran;
- das reine Wissen des Wesens hat sich _an sich_ seiner Einfachheit
- entäußert, denn es ist das _Entzweien_ oder die Negativität, die der
- Begriff ist; sofern dies Entzweien das _Für-sich-werden_ ist, ist es
- das Böse; sofern es das _An-sich_ ist, ist es das Gutbleibende.--Was
- nun zuerst _an sich_ geschieht, ist zugleich _für das Bewußtsein_ und
- ebenso selbst gedoppelt, sowohl _für es_, als es sein _Für-sich-sein_
- oder sein eignes Tun ist. Dasselbe, was schon _an sich_ gesetzt ist,
- wiederholt sich also itzt als Wissen des Bewußtseins von ihm, und
- bewußtes Tun. Jedes läßt für das andere von der Selbstständigkeit
- der Bestimmtheit, in der es gegen es auftritt, ab. Dies Ablassen ist
- dasselbe Verzichttun auf die Einseitigkeit des Begriffs, das _an
- sich_ den Anfang ausmachte, aber es ist nunmehr _sein_ Verzichttun,
- so wie der Begriff, auf welchen es Verzicht tut, der seinige ist.
- --Jenes _An-sich_ des Anfangs ist als Negativität in Wahrheit
- ebensosehr das _vermittelte_; so wie es in Wahrheit ist, _setzt_ es
- sich also itzt, und das _Negative_ ist als _Bestimmtheit_ eines jeden
- für das andere und an sich das sich selbst aufhebende. Der eine der
- beiden Teile des Gegensatzes ist die Ungleichheit des
- _In-sich-in-seiner-Einzelnheit-seins_ gegen die Allgemeinheit,--der
- andere die Ungleichheit seiner abstrakten Allgemeinheit gegen das
- Selbst; jenes stirbt seinem Für-sich-sein ab und entäußert, bekennt
- sich; dieses entsagt der Härte seiner abstrakten Allgemeinheit, und
- stirbt damit seinem unlebendigen Selbst und seiner unbewegten
- Allgemeinheit ab; so daß also jenes durch das Moment der
- Allgemeinheit, die Wesen ist, und dieses durch die Allgemeinheit, die
- Selbst ist, sich ergänzt hat. Durch diese Bewegung des Handelns ist
- der Geist--der so erst Geist ist, daß er _da ist_, sein Dasein in den
- _Gedanken_ und dadurch in die absolute _Entgegensetzung_ erhebt, und
- aus dieser eben durch sie und in ihr selbst zurückkehrt--als reine
- Allgemeinheit des Wissens, welches Selbstbewußtsein ist, als
- Selbstbewußtsein, das einfache Einheit des Wissens ist,
- hervorgetreten.
- Was also in der Religion _Inhalt_ oder Form des Vorstellens eines
- _Andern_ war, dasselbe ist hier eignes _Tun_ des _Selbsts_; der
- Begriff verbindet es, daß der _Inhalt_ eignes _Tun_ des _Selbsts_ ist;
- --denn dieser Begriff ist, wie wir sehen, das Wissen des Tuns des
- Selbsts in sich als aller Wesenheit und alles Daseins, das Wissen von
- _diesem Subjekte_ als der _Substanz_, und von der Substanz als diesem
- Wissen seines Tuns.--Was wir hier hinzugetan, ist allein teils die
- _Versammlung_ der einzelnen Momente, deren jedes in seinem Prinzipe
- das Leben des ganzen Geistes darstellt, teils das Festhalten des
- Begriffes in der Form des Begriffes, dessen Inhalt sich in jenen
- Momenten, und der sich in der Form einer _Gestalt des Bewußtseins_
- schon selbst ergeben hätte.
- Diese letzte Gestalt des Geistes, der Geist, der seinem vollständigen
- und wahren Inhalte zugleich die Form des Selbsts gibt, und dadurch
- seinen Begriff ebenso realisiert, als er in dieser Realisierung in
- seinem Begriffe bleibt, ist das absolute Wissen; es ist der sich in
- Geistsgestalt wissende Geist oder das _begreifende Wissen_. Die
- _Wahrheit_ ist nicht nur _an sich_ vollkommen der _Gewißheit_ gleich,
- sondern hat auch die _Gestalt_ der Gewißheit seiner selbst, oder sie
- ist in ihrem Dasein, das heißt, für den wissenden Geist in der _Form_
- des Wissens seiner selbst. Die Wahrheit ist der _Inhalt_, der in der
- Religion seiner Gewißheit noch ungleich ist. Diese Gleichheit aber
- ist darin, daß der Inhalt die Gestalt des Selbsts erhalten. Dadurch
- ist dasjenige zum Elemente des Daseins oder zur _Form der
- Gegenständlichkeit_ für das Bewußtsein geworden, was das Wesen selbst
- ist; nämlich der _Begriff_. Der Geist in diesem Elemente dem
- Bewußtsein _erscheinend_, oder was hier dasselbe ist, darin von ihm
- hervorgebracht, _ist die Wissenschaft_.
- Die Natur, Momente und Bewegung dieses Wissens hat sich also so
- ergeben, daß es das reine _Für-sich-sein_ des Selbstbewußtseins ist;
- es ist Ich, das _dieses_ und kein anderes _Ich_ und das ebenso
- unmittelbar _vermittelt_ oder aufgehobenes _allgemeines_ Ich ist.--Es
- hat einen _Inhalt_, den es von sich _unterscheidet_; denn es ist die
- reine Negativität oder das Sich-entzweien; es ist _Bewußtsein_.
- Dieser Inhalt ist in seinem Unterschiede selbst das Ich, denn er ist
- die Bewegung des Sich-selbst-aufhebens, oder dieselbe reine
- Negativität, die Ich ist. Ich ist in ihm als unterschiedenem in sich
- reflektiert; der Inhalt ist allein dadurch _begriffen_, daß Ich in
- seinem Anderssein bei sich selbst ist. Dieser Inhalt bestimmter
- angegeben, ist er nichts anders als die soeben ausgesprochene
- Bewegung selbst; denn er ist der Geist, der sich selbst und zwar _für
- sich_ als Geist durchläuft, dadurch, daß er die Gestalt des Begriffes
- in seiner Gegenständlichkeit hat.
- Was aber das _Dasein_ dieses Begriffs betrifft, so erscheint in der
- Zeit und Wirklichkeit die _Wissenschaft_ nicht eher, als bis der
- Geist zu diesem Bewußtsein über sich gekommen ist. Als der Geist,
- der weiß, was er ist, existiert er früher nicht, und sonst nirgends
- als nach Vollendung der Arbeit, seine unvollkommene Gestaltung zu
- bezwingen, sich für sein Bewußtsein die Gestalt seines Wesens zu
- verschaffen, und auf diese Weise _sein Selbstbewußtsein_ mit seinem
- _Bewußtsein_ auszugleichen.--Der an und für sich seiende Geist in
- seinen Momenten unterschieden, ist _fürsich_seiendes Wissen, das
- _Begreifen_ überhaupt, das als solches die _Substanz_ noch nicht
- erreicht hat oder nicht an sich selbst abolutes Wissen ist.
- In der Wirklichkeit ist nun die wissende Substanz früher da als die
- Form oder Begriffsgestalt derselben. Denn die Substanz ist das noch
- unentwickelte _An-sich_ oder der Grund und Begriff in seiner noch
- unbewegten Einfachheit, also die _Innerlichkeit_ oder das Selbst des
- Geistes, das noch nicht _da ist_. Was _da ist_, ist als das noch
- unentwickelte Einfache und Unmittelbare, oder der Gegenstand des
- _vorstellenden Be_wußtseins überhaupt. Das Erkennen, weil es das
- geistige Bewußtsein ist, dem, was _an sich ist_, nur insofern ist,
- als es _Sein für_ das _Selbst_ und Sein des _Selbstes_ oder Begriff
- ist, hat aus diesem Grunde zuerst nur einen armen Gegenstand, gegen
- welchen die Substanz und deren Bewußtsein reicher ist. Die
- Offenbarkeit, die sie in diesem hat, ist in der Tat Verborgenheit,
- denn sie ist das noch _selbstlose Sein_, und offenbar ist sich nur
- die Gewißheit seiner selbst. Zuerst gehören dem _Selbst_bewußtsein
- daher von der Substanz nur die _abstrakten Momente_ an; aber indem
- diese als die reinen Bewegungen sich selbst weitertreiben, bereichert
- es sich, bis es die ganze Substanz dem Bewußtsein entrissen, den
- ganzen Bau ihrer Wesenheiten in sich gesogen, und--indem dieses
- negative Verhalten zur Gegenständlichkeit ebensosehr positiv, Setzen
- ist--sie aus sich erzeugt und damit für das Bewußtsein zugleich
- wieder hergestellt hat. In dem _Begriffe_, der sich als Begriff weiß,
- treten hiemit die _Momente_ früher auf als das _erfüllte Ganze_,
- dessen Werden die Bewegung jener Momente ist. In dem _Bewußtsein_
- dagegen ist das Ganze, aber unbegriffne, früher als die Momente.--Die
- _Zeit_ ist der _Begriff_ selbst, der _da ist_ und als leere
- Anschauung sich dem Bewußtsein vorstellt; deswegen erscheint der
- Geist notwendig in der Zeit, und er erscheint so lange in der Zeit,
- als er nicht seinen reinen Begriff _erfaßt_, das heißt, nicht die
- Zeit tilgt. Sie ist das _äußere_ angeschaute vom Selbst _nicht
- erfaßte_ reine Selbst, der nur angeschaute Begriff; indem dieser sich
- selbst erfaßt, hebt er seine Zeitform auf, begreift das Anschauen,
- und ist begriffnes und begreifendes Anschauen.--Die Zeit erscheint
- daher als das Schicksal und die Notwendigkeit des Geistes, der nicht
- in sich vollendet ist,--die Notwendigkeit, den Anteil, den das
- Selbstbewußtsein an dem Bewußtsein hat, zu bereichern, die
- _Unmittelbarkeit des An-sich_--die Form, in der die Substanz im
- Bewußtsein ist--in Bewegung zu setzen oder umgekehrt das An-sich als
- das _Innerliche_ genommen, das, was erst _innerlich_ ist, zu
- realisieren und zu offenbaren, d.h. es der Gewißheit seiner selbst zu
- vindizieren.
- Es muß aus diesem Grunde gesagt werden, daß nichts _gewußt_ wird, was
- nicht in der _Erfahrung_ ist, oder, wie dasselbe auch ausgedrückt
- wird, was nicht als _gefühlte Wahrheit, als innerlich geoffenbartes_
- Ewiges, als _geglaubtes_ Heiliges, oder welche Ausdrücke sonst
- gebraucht werden, vorhanden ist. Denn die Erfahrung ist eben dies,
- daß der Inhalt--und er ist der Geist--_an sich_, Substanz und also
- _Gegenstand_ des _Bewußtseins_ ist. Diese Substanz aber, die der
- Geist ist, ist das _Werden_ seiner zu dem, was er _an sich_ ist; und
- erst als dies sich in sich reflektierende Werden ist er an sich in
- Wahrheit _der Geist_. Er ist an sich die Bewegung, die das Erkennen
- ist,--die Verwandlung jenes _An-sichs_ in das _Für-sich_, der
- _Substanz_ in das _Subjekt_, des Gegenstands des _Bewußtseins_ in
- Gegenstand des _Selbstbewußtseins_, d.h. in ebensosehr aufgehobnen
- Gegenstand, oder in den _Begriff_. Sie ist der in sich zurückgehende
- Kreis, der seinen Anfang voraussetzt und ihn nur im Ende erreicht.
- --Insofern der Geist also notwendig dieses Unterscheiden in sich ist,
- tritt sein Ganzes angeschaut seinem einfachen Selbstbewußtsein
- gegenüber, und da also jenes das unterschiedene ist, so ist es
- unterschieden in seinen angeschauten reinen Begriff, in _die Zeit_,
- und in den Inhalt oder in das _An-sich_; die Substanz hat, als
- Subjekt, _die erst innere_ Notwendigkeit an ihr, sich an ihr selbst
- als das darzustellen, was sie _an sich_ ist, _als Geist._ Die
- vollendete gegenständliche Darstellung ist erst zugleich die
- Reflexion derselben oder das Werden derselben zum Selbst.--Eh daher
- der Geist nicht _an sich_, nicht als Weltgeist sich vollendet, kann
- er nicht als _selbstbewußter_ Geist seine Vollendung erreichen. Der
- Inhalt der Religion spricht darum früher in der Zeit, als die
- Wissenschaft, es aus, was der _Geist ist_, aber diese ist allein sein
- wahres Wissen von ihm selbst.
- Die Bewegung, die Form seines Wissens von sich hervorzutreiben, ist
- die Arbeit, die er als _wirkliche Geschichte_ vollbringt. Die
- religiöse Gemeine, insofern sie zuerst die Substanz des absoluten
- Geistes ist, ist das rohe Bewußtsein, das ein um so barbarischeres
- und härteres Dasein hat, je tiefer sein innerer Geist ist, und sein
- dumpfes Selbst eine um so härtere Arbeit mit seinem Wesen, dem ihm
- fremden Inhalte seines Bewußtseins. Erst nachdem es die Hoffnung
- aufgegeben, auf eine äußerliche, d.h. fremde Weise das Fremdsein
- aufzuheben, wendet es sich, weil die aufgehobne fremde Weise die
- Rückkehr ins Selbstbewußtsein ist, an sich selbst, an seine eigne
- Welt und Gegenwart, entdeckt sie als sein Eigentum und hat somit den
- ersten Schritt getan, aus der _Intellektualwelt_ herabzusteigen, oder
- vielmehr deren abstraktes Element mit dem wirklichen Selbst zu
- begeisten. Durch die Beobachtung einerseits findet es das Dasein als
- Gedanken und begreift dasselbe, und umgekehrt in seinem Denken das
- Dasein. Indem es so zunächst die unmittelbare _Einheit_ des
- _Denkens_ und _Seins_, des abstrakten Wesens und des Selbsts, selbst
- abstrakt ausgesprochen und das erste Lichtwesen _reiner_, nämlich als
- Einheit der Ausdehnung und des Seins--denn Ausdehnung ist die dem
- reinen Denken gleichere Einfachheit, denn das Licht ist--und hiemit
- im Gedanken die _Substanz_ des Aufgangs wieder erweckt hat, schaudert
- der Geist zugleich von dieser abstrakten Einheit, von dieser
- _selbstlosen_ Substantialität zurück, und behauptet die
- Individualität gegen sie. Erst aber nachdem er diese in der Bildung
- entäußert, dadurch sie zum Dasein gemacht und in allem Dasein sie
- durchgesetzt,--zum Gedanken der Nützlichkeit gekommen, und in der
- absoluten Freiheit das Dasein als seinen Willen erfaßt, kehrt er
- somit den Gedanken seiner innersten Tiefe heraus, und spricht das
- Wesen als Ich = Ich aus. Dies Ich = Ich ist aber die sich in sich
- selbst reflektierende Bewegung; denn indem diese Gleichheit als
- absolute Negativität der absolute Unterschied ist, so steht die
- Sichselbstgleichheit des Ich diesem reinen Unterschiede gegenüber,
- der als der reine und zugleich dem sich wissenden Selbst
- gegenständliche, als die _Zeit_ auszusprechen ist, so daß wie vorhin
- das Wesen als Einheit des Denkens und der Ausdehnung ausgesprochen
- wurde, es als Einheit des Denkens und der Zeit zu fassen wäre; aber
- der sich selbst überlaßne Unterschied, die ruheund haltlose Zeit
- fällt vielmehr in sich selbst zusammen; sie ist die gegenständliche
- Ruhe der _Ausdehnung_, diese aber ist die reine Gleichheit mit sich
- selbst, das Ich.--Oder Ich ist nicht nur das Selbst, sondern es ist
- die _Gleichheit des Selbsts mit sich_; diese Gleichheit aber ist die
- vollkommne und unmittelbare Einheit mit sich selbst, oder _dies
- Subjekt_ ist ebensosehr _die Substanz._ Die Substanz für sich allein
- wäre das inhaltsleere Anschauen oder das Anschauen eines Inhalts, der
- als bestimmter nur Akzidentalität hätte, und ohne Notwendigkeit wäre;
- die Substanz gälte nur insofern als das Absolute, als sie als die
- _absolute Einheit_ gedacht oder angeschaut wäre, und aller Inhalt
- müßte nach seiner Verschiedenheit außer ihr in die Reflexion fallen,
- die ihr nicht angehört, weil sie nicht Subjekt, nicht das über sich
- und sich in sich Reflektierende oder nicht als Geist begriffen wäre.
- Wenn doch von einem Inhalte gesprochen werden sollte, so wäre es
- teils nur, um ihn in den leeren Abgrund des Absoluten zu werfen,
- teils aber wäre er äußerlich aus der sinnlichen Wahrnehmung
- aufgerafft; das Wissen schiene zu Dingen, dem Unterschiede von ihm
- selbst, und dem Unterschiede mannigfaltiger Dinge gekommen zu sein,
- ohne daß man begriffe, wie und woher.
- Der Geist aber hat sich uns gezeigt, weder nur das Zurückziehen des
- Selbstbewußtseins in seine reine Innerlichkeit zu sein, noch die
- bloße Versenkung desselben in die Substanz und das Nichtsein seines
- Unterschiedes, sondern _diese Bewegung_ des Selbsts, das sich seiner
- selbst entäußert und sich in seine Substanz versenkt, und ebenso als
- Subjekt aus ihr in sich gegangen ist, und sie zum Gegenstande und
- Inhalte macht, als es diesen Unterschied der Gegenständlichkeit und
- des Inhalts aufhebt. Jene erste Reflexion aus der Unmittelbarkeit
- ist das sich Unterscheiden des Subjekts von seiner Substanz, oder der
- sich entzweiende Begriff, das In-sich-gehen und Werden des reinen Ich.
- Indem dieser Unterschied das reine Tun des Ich = Ich ist, ist der
- Begriff die Notwendigkeit und das Aufgehen des _Daseins_, das die
- Substanz zu seinem Wesen hat, und für sich besteht. Aber das
- Bestehen des Daseins für sich ist der in der Bestimmtheit gesetzte
- Begriff und dadurch ebenso seine Bewegung _an ihm selbst_, nieder in
- die einfache Substanz zu gehen, welche erst als diese Negativität und
- Bewegung Subjekt ist.--Weder hat Ich sich in der _Form_ des
- _Selbstbewußtseins_ gegen die Form der Substantialität und
- Gegenständlichkeit festzuhalten, als ob es Angst vor seiner
- Entäußerung hätte; die Kraft des Geistes ist vielmehr, in seiner
- Entäußerung sich selbst gleich zu bleiben, und als das _An-_ und
- _Fürsich_seiende, das _Für-sich-sein_ ebensosehr nur als Moment zu
- setzen wie das An-sich-sein,--noch ist es ein Drittes, das die
- Unterschiede in den Abgrund des Absoluten zurückwirft und ihre
- Gleichheit in demselben ausspricht, sondern das Wissen besteht
- vielmehr in dieser scheinbaren Untätigkeit, welche nur betrachtet,
- wie das Unterschiedne sich an ihm selbst bewegt und in seine Einheit
- zurückkehrt.
- In dem Wissen hat also der Geist die Bewegung seines Gestaltens
- beschlossen, insofern dasselbe mit dem unüberwundnen Unterschiede des
- Bewußtseins behaftet ist. Er hat das reine Element seines Daseins,
- den Begriff, gewonnen. Der Inhalt ist nach der _Freiheit_ seines
- _Seins_ das sich entäußernde Selbst, oder die _unmittelbare_ Einheit
- des Sich-selbst-wissens. Die reine Bewegung dieser Entäußerung macht,
- sie am Inhalte betrachtet, die _Notwendigkeit_ desselben aus. Der
- verschiedne Inhalt ist als _bestimmter_ im Verhältnisse, nicht an
- sich, und seine Unruhe, sich selbst aufzuheben, oder die
- _Negativität_; also ist die Notwendigkeit oder Verschiedenheit, wie
- das freie Sein, ebenso das Selbst, und in dieser selbstischen _Form_,
- worin das Dasein unmittelbar Gedanke ist, ist der Inhalt _Begriff_.
- Indem also der Geist den Begriff gewonnen, entfaltet er das Dasein
- und Bewegung in diesem Äther seines Lebens, und ist _Wissenschaft_.
- Die Momente seiner Bewegung stellen sich in ihr nicht mehr als
- bestimmte _Gestalten_ des _Bewußtseins_ dar, sondern indem der
- Unterschied desselben in das Selbst zurückgegangen, als _bestimmte
- Begriffe_, und als die organische in sich selbst gegründete Bewegung
- derselben. Wenn in der Phänomenologie des Geistes jedes Moment der
- Unterschied des Wissens und der Wahrheit und die Bewegung ist, in
- welcher er sich aufhebt, so enthält dagegen die Wissenschaft diesen
- Unterschied und dessen Aufheben nicht, sondern indem das Moment die
- Form des Begriffs hat, vereinigt es die gegenständliche Form der
- Wahrheit und des wissenden Selbsts in unmittelbarer Einheit. Das
- Moment tritt nicht als diese Bewegung auf, aus dem Bewußtsein oder
- der Vorstellung in das Selbstbewußtsein und umgekehrt herüber und
- hinüber zu gehen, sondern seine reine von seiner Erscheinung im
- Bewußtsein befreite Gestalt, der reine Begriff, und dessen
- Fortbewegung hängt allein an seiner reinen _Bestimmtheit_. Umgekehrt
- entspricht jedem abstrakten Momente der Wissenschaft eine Gestalt des
- erscheinenden Geistes überhaupt. Wie der daseiende Geist nicht
- reicher ist als sie, so ist er in seinem Inhalte auch nicht ärmer.
- Die reinen Begriffe der Wissenschaft in dieser Form von Gestalten des
- Bewußtseins zu erkennen, macht die Seite ihrer Realität aus, nach
- welcher ihr Wesen, der Begriff, der in ihr in seiner _einfachen_
- Vermittlung als _Denken_ gesetzt ist, die Momente dieser Vermittlung
- auseinanderschlägt und nach dem innern Gegensatze sich darstellt.
- Die Wissenschaft enthält in ihr selbst diese Notwendigkeit, der Form
- des reinen Begriffs sich zu entäußern, und den Übergang des Begriffes
- ins _Bewußtsein_. Denn der sich selbst wissende Geist, eben darum,
- daß er seinen Begriff erfaßt, ist er die unmittelbare Gleichheit mit
- sich selbst, welche in ihrem Unterschiede die _Gewißheit vom
- Unmittelbaren_ ist, oder das _sinnliche Bewußtsein_,--der Anfang, von
- dem wir ausgegangen; dieses Entlassen seiner aus der Form seines
- Selbsts ist die höchste Freiheit und Sicherheit seines Wissens von
- sich.
- Doch ist diese Entäußerung noch unvollkommen; sie drückt die
- _Beziehung_ der Gewißheit seiner selbst auf den Gegenstand aus, der
- eben darin, daß er in der Beziehung ist, seine völlige Freiheit nicht
- gewonnen hat. Das Wissen kennt nicht nur sich, sondern auch das
- Negative seiner selbst, oder seine Grenze. Seine Grenze wissen heißt
- sich aufzuopfern wissen. Diese Aufopferung ist die Entäußerung, in
- welcher der Geist sein Werden zum Geiste, in der Form des _freien
- zufälligen Geschehens_ darstellt, sein reines _Selbst_, als _die
- Zeit_ außer ihm, und ebenso sein _Sein_ als Raum anschauend. Dieses
- sein letzteres Werden, _die Natur_, ist sein lebendiges unmittelbares
- Werden; sie, der entäußerte Geist, ist in ihrem Dasein nichts als
- diese ewige Entäußerung ihres _Bestehens_ und die Bewegung, die das
- _Subjekt_ herstellt.
- Die andere Seite aber seines Werdens, die _Geschichte_, ist das
- _wissende_ sich _vermittelnde_ Werden--der an die Zeit entäußerte
- Geist; aber diese Entäußerung ist ebenso die Entäußerung ihrer selbst;
- das Negative ist das Negative seiner selbst. Dies Werden stellt
- eine träge Bewegung und Aufeinanderfolge von Geistern dar, eine
- Galerie von Bildern, deren jedes, mit dem vollständigen Reichtume des
- Geistes ausgestattet, eben darum sich so träge bewegt, weil das
- Selbst diesen ganzen Reichtum seiner Substanz zu durchdringen und zu
- verdauen hat. Indem seine Vollendung darin besteht, das, was _er
- ist_, seine Substanz, vollkommen zu _wissen_, so ist dies Wissen sein
- _In-sich-gehen_, in welchem er sein Dasein verläßt und seine Gestalt
- der Erinnerung übergibt. In seinem In-sich-gehen ist er in der Nacht
- seines Selbstbewußtseins versunken, sein verschwundnes Dasein aber
- ist in ihr aufbewahrt, und dies aufgehobne Dasein--das vorige, aber
- aus dem Wissen neugeborne--ist das neue Dasein, eine neue Welt und
- Geistesgestalt. In ihr hat er ebenso unbefangen von vornen bei ihrer
- Unmittelbarkeit anzufangen und sich von ihr auf wieder großzuziehen,
- als ob alles Vorhergehende für ihn verloren wäre und er aus der
- Erfahrung der frühern Geister nichts gelernt hätte. Aber die
- _Er-Innerung_ hat sie aufbewahrt und ist das Innre und die in der Tat
- höhere Form der Substanz. Wenn also dieser Geist seine Bildung, von
- sich nur auszugehen scheinend, wieder von vornen anfängt, so ist es
- zugleich auf einer höhern Stufe, daß er anfängt. Das Geisterreich,
- das auf diese Weise sich in dem Dasein gebildet, macht eine
- Aufeinanderfolge aus, worin einer den andern ablöste und jeder das
- Reich der Welt von dem vorhergehenden übernahm. Ihr Ziel ist die
- Offenbarung der Tiefe, und diese ist _der absolute Begriff_, diese
- Offenbarung ist hiemit das Aufheben seiner Tiefe oder seine
- _Ausdehnung_, die Negativität dieses insichseienden Ich, welche seine
- Entäußerung oder Substanz ist,--und seine _Zeit_, daß diese
- Entäußerung sich an ihr selbst entäußert und so in ihrer Ausdehnung
- ebenso in ihrer Tiefe, dem Selbst ist. _Das Ziel_, das absolute
- Wissen, oder der sich als Geist wissende Geist hat zu seinem Wege die
- Erinnerung der Geister, wie sie an ihnen selbst sind und die
- Organisation ihres Reiches vollbringen. Ihre Aufbewahrung nach der
- Seite ihres freien in der Form der Zufälligkeit erscheinenden Daseins
- ist die Geschichte, nach der Seite ihrer begriffnen Organisation aber
- die _Wissenschaft_ des _erscheinenden Wissens_; beide zusammen, die
- begriffne Geschichte, bilden die Erinnerung und die Schädelstätte des
- absoluten Geistes, die Wirklichkeit, Wahrheit und Gewißheit seines
- Throns, ohne den er das leblose Einsame wäre; nur--
- aus dem Kelche dieses Geisterreiches
- schäumt ihm seine Unendlichkeit.
- Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Phänomenologie des Geistes,
- von Georg Wilhelm Friedrich Hegel.
- End of the Project Gutenberg EBook of Phaenomenologie des Geistes, by
- Georg Wilhelm Friedrich Hegel
- *** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK PHAENOMENOLOGIE DES GEISTES ***
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