Quotations.ch
  Directory : Der Arme Heinrich
GUIDE SUPPORT US BLOG
  • Google
  • This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
  • to make the world's books discoverablc online.
  • It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
  • to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
  • are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
  • Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
  • publisher to a library and finally to you.
  • Usage guidelines
  • Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
  • public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
  • prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
  • We also ask that you:
  • + Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
  • personal, non-commercial purposes.
  • + Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
  • translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
  • use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
  • + Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
  • additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
  • + Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
  • because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
  • countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
  • any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
  • anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
  • Äbout Google Book Search
  • Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
  • discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
  • at |http: //books. google .com/l
  • Google
  • IJber dieses Buch
  • Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
  • Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
  • Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
  • das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
  • von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
  • und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
  • Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
  • nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
  • Nu tzungsrichtlinien
  • Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
  • zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese
  • Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
  • kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
  • Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
  • + Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
  • Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
  • + Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
  • über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
  • nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen
  • unter Umständen helfen.
  • + Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
  • dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
  • + Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
  • sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
  • öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
  • von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
  • ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
  • Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
  • Über Google Buchsuche
  • Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
  • Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen.
  • Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen.
  • 838
  • H33c
  • OS
  • 967.712
  • THE GIFT OF
  • ^3^
  • (7 5"
  • DER ARME HEINRICH
  • HERRN HARTMANNS VON AUE
  • ÜNI»
  • ZWEI JÜNGERE PROSALEGENDEN
  • VERWANDTEN INHALTES.
  • MIT ANMEEKUNGEN UND ABHANDlUNfiBN
  • VON
  • WILHELM WACKERNAGEL.
  • H E R A U 8 G E G R B E N
  • VON
  • W. TOISCHER.
  • BENNO SCHWABE, VERLAGSBUCHHANDLUNG.
  • 1885.
  • SeliMraigltaiiserisclie Rneltdriiekerei.
  • Vorrede.
  • Wackernagels Manuscript zum armen Heinrich, das ich
  • zur Herausgabe übernommen habe, ist ein grosser Quartband,
  • in den auch ein Exemplar der ersten (Text-) Ausgabe (Basel
  • 1855) eingebunden ist. Die Anordnung ist dieselbe wie in
  • dem vorliegenden Buche, nur dass die Anmerkungen auf
  • Blättern, zwischen welchen der Text sich befindet, ein-
  • gezeichnet sind.
  • Die Citate aus Walther sind nach der Ausgabe von
  • Wackernagel und Rieger (Giessen 1862) eingetragen : die
  • Anmerkungen müssen also von Wackernagel nach diesem Jahre
  • eingeschrieben sein. Aber die Arbeit geht sicher in frühere
  • Jahre zurück, denn das wesentlichste derselben war bei diesem
  • Eintragen bereits gethan. Aber die Sammlung wurde fort-
  • gesetzt, schwierigere Punkte auf's neue und wiederholt in Er-
  • wsegung gezogen und mit verschiedener Tinte und verschie-
  • dener Schrift sind Zusätze und BerichtigungSb nachgetragen:
  • bald länger, bald kürzer ; viele weiter ausgeführt, sehr häufig
  • blosse Citate hinzugefügt. So kann man das vorliegende Buch
  • mit Recht ein Werk jahrelangen Sammeins und Arbeitens
  • nennen und die Berechtigung des Druckes steht wohl ausser
  • Frage.
  • Aber Bedenken gab es doch. Im Manuscripte finden sich
  • vielfach, namentlich in der Einleitung und den Anmerkungen
  • O ^ p-^r^'-jjß
  • — IV —
  • bloss Schlagworte: ich musste die Sätze erst ergänzen. In
  • den meisten Fällen war das jedoch leicht; fast niemals war
  • ich über den Sinn der Worte im Zweifel, verhältnissmsessig
  • selten auch über die Wahl der Worte. Dass ich überall und
  • immer auch den Ausdruck und die Verbindung gefunden habe,
  • die Wackernagel im Sinne hatte, kann ich allerdings nicht
  • behaupten; dass ich mit eigenen Zusätzen sparsam war, wird
  • man dem Buche ansehen. Hätte W. es zum Drucke fertig
  • gemacht, der Text würde fliessender und abgerundeter sein.
  • Besonders gilt das von den Anmerkungen. Da ging die Kürze
  • W.'s am weitesten und ich habe da am wenigsten gethan die
  • angedeuteten Gedanken zu ergänzen, einmal weil ich die Worte
  • so für verständlich halte (an etwas schwierige Anmerkungen
  • zu den Werken Hartmanns sind wir ja schon gewcehnt) und
  • dann weil ich allzuviel hätte hinzuthun, ja umgestalten müssen,
  • um überall vollständige Sätze herauszubringen.
  • Und es sollte doch W.'s Werk bleiben. Wir verehren
  • in ihm einen der Altmeister unserer Wissenschaft und es ist
  • darum nicht ohne Interesse zu wissen, wie er über den Gegen-
  • stand dachte, wie er die Dichtung, der er ein besonderes
  • Studium gewidmet, vor seinen Zuhoerern interpretirt hat. Da
  • mussten alle Umgestaltungen fern bleiben, da mussten moeg-
  • lichst seine eigenen Worte beibehalten werden.
  • Ich hätte auch gar zu viel umwerfen müssen. Nament-
  • lich die Einleitung fordert zur Umgestaltung förmlich heraus.
  • Da stimmt manches mit W.'s Literaturgeschichte überein. Die
  • Charakteristik der drei grossen Epiker Hartmann, Wolfram,
  • Gottfried ist der in § 61 der LG. gegebenen sehr sehnlich;
  • der Abriss der Metrik, wie er hier gegeben ist, erscheint erst
  • in § 48 der LG. recht begründet und ausgeführt. Das also
  • hätte vielleicht hier wegbleiben können. Anderes erscheint
  • antiquirt. Sicher hätte W. da den neueren Forschungen
  • Rechnung getragen und die Abschnitte über Leben und Werke
  • Hartmanns würden unter seinen Händen eine andere Gestalt
  • erhalten haben. Wie weit aber seine Ansichten durch diese
  • neueren Untersuchungen umgestaltet worden wseren, kann man
  • nicht wissen. So viel WaBrscheinlichkeit die neueren An-
  • sichten über die Heimat Hartmanns für sich haben, Sicherheit
  • herrscht durchaus keine und es ist die Frage, ob W. nicht
  • daran festgehalten hätte, dass Hartmann der Ortenau ent-
  • stammt sei. Auch die Bestimmung der Reihenfolge der
  • Werke Hartmanns hat keine absolute Sicherheit. So musste
  • die Einleitung bleiben, wie W. sie geschrieben hat: alle
  • nöthig scheinenden Zusätze habe ich in eckige Klammern
  • gestellt.
  • Auch in der Abhandlung über die Sage war ein Zweifel
  • mceglich. Auf die Autoritset Virchow's hin waere wohl der
  • Anfang, der die detaillirte Beschreibung des Aussatzes giebt,
  • umzugestalten gewesen. Aber es sind vielleicht auch hier
  • verschiedene Meinungen moeglich und jedenfalls fühlte ich
  • mich auf diesem Gebiete zu sehr fremd, um weitgehende
  • Aenderungen vornehmen zu können und — aufrichtig gesagt,
  • ich wünschte diese Detailbeschreibung der scheusslichen Krank-
  • heit (nur diese) aus dem Buche ganz weg. Durch eine solche
  • wird erst, da die Krankheit selbst glücklicherweise unserer
  • Anschauung entrückt ist, Goethes bekanntes ürtheil über den
  • armen Heinrich gerechtfertigt. Desshalb wollte ich diesen
  • Theil nicht noch vermehren durch Citate oder Auszüge. Wer
  • will, möge sich aus den citirten Werken weitere Belehrung
  • holen.
  • /
  • — VI —
  • Auch dem Texte gegenüber bin ich moeglichst conservativ
  • verfahren. W. hat erst später die Varianten der St. Florianer
  • Bruchstücke eingetragen, aber nicht mehr für den Text alles
  • verwerthet. Ich habe die Varianten, wie sie W. eingetragen
  • hat, unter die Lesarten verwiesen und schon daraus ergeben
  • sich leicht einige Besserungen des Textes. Andere ergeben
  • sich erst, wenn man nach den Bruchstücken unsere vollstän-
  • digen Hss. beurtheilt. Unzweifelhaft ist A die bessere, B über-
  • arbeitet, aber diese Ueberarbeitung enthält doch öfter das
  • Richtige als man früher glaubte. Wenn also bestimmte Gründe
  • gegen A und für B sprechen, ist man genoethigt in diesem
  • das Ursprüngliche zu sehen, resp. nach diesem dasselbe zu
  • suchen. So ergaben sich z. B. die Besserungen von V. 33
  • und 353. Auch die Verszahl wird durch die Bruchstücke
  • verändert. Die zwei Verse nach 852 hat W. selbst schon
  • für echt anerkannt und herzustellen gesucht (wie ich glaube,
  • nicht glücklich), zwei Verse nach 78 erst als echt erwiesen;
  • ich würde auch noch die vier Verse nach 652 und 662 auf-
  • genommen haben: die Gesammtzahl der Verse betrüge dann
  • 1532. Ob das auch die ursprüngliche Anzahl der Verse ist,
  • kann ich freilich nicht behaupten, denn die Ueberlieferung des
  • Gedichtes ist eben „ ausgezeichnet schlecht, " und so bin ich auch
  • bei W.'s Zählung geblieben und habe auch in den Anmerkungen
  • meine Zusätze durch eckige Klammern getrennt. Nur in
  • einem Falle nicht. W. hat nämlich ursprünglich die ange-
  • zogenen Stellen auch ganz hingeschrieben, die nachgetragenen
  • bloss citirt; ich fühlte mich da veranlasst auch die Verse
  • beizusetzen. In der Abhandlung über die Sage dagegen er-
  • scheinen die nachgetragenen Stellen meist unter dem Strich.
  • Moeglich dass W. manchmal nach diesen Stellen den Text
  • — VII —
  • geändert hätte, aber wer kann das abgrenzen ? Hier ist auch
  • eine Abänderung schwieriger. Die Form ist hier viel voll-
  • endeter, theilweise sogar künstlerisch durchgebildet.
  • Diese Abhandlung, auf breitester Basis aufgebaut, lehrt
  • uns das Gedicht erst recht in seiner Gänze verstehen und
  • würdigen, nachdem die Anmerkungen uns im Verständniss des
  • Einzelnen weiter gebracht haben. Denn ich darf wohl be-
  • haupten, dass nicht bloss Anfänger, für die diese zunsechst
  • bestimmt sind, für die ich z. B. auch die Citate aus den An-
  • merkungen zum Iwein und Erec nachgetragen habe, neues
  • daraus lernen werden. So wird das Buch trotz der Mängel
  • der Form, die nach dem Tode des Verfassers ohne tief ein-
  • schneidende Umgestaltung nicht behoben werden konnten, eine
  • würdige Stelle neben den hervorragendsten commentirten Aus-
  • gaben mhd. Dichtungen einnehmen.
  • W. Toischer.
  • Einleitung.
  • Die Heimath Hartmanns von Aue ist Schwaben, das
  • nicht der einzige, aber doch ein hauptsächlicher Sitz der
  • Dichtkunst des „mittelhochdeutschen" Zeitraumes unserer
  • Litteraturgeschichte war. Dieser Vorrang war gegeben durch
  • das schwaebische Geschlecht der hohenstaufischen Koenige, und
  • er wurde behauptet durch zahlreiche Dichter, deren bedeu-
  • tendster Hartmann ist, und durch mehr als einen fürstlichen
  • Gönner der Dichtkunst. Dass dieses Schwaben die Heimath
  • Hartmanns war, wird nicht bewiesen durch den Beinamen
  • v Aue, der auch genugsam anderswo Anlass hätte; siche-
  • rer erscheint es schon durch die Sprache, die eine andre
  • als die der bairischen, der oesterreichischen, der fränkischen,
  • der thüringischen und der rheinischen Dichter und dieselbe ist,
  • die bei unzweifelhaft schwsebischen sich findet [über die Reime
  • pflach : sprach; bestreich : sweich, die Paul, Beiträge I, 539
  • gegen die fränkische Heimath Hartmanns anführt, s. z. A. H.
  • 1264]; am bestimmtesten aber erfahren wir es durch das
  • Zeugniss eines jüngeren Zeitgenossen oder Nachfolgers, Heinrich
  • von dem Thürlein, Krone 2353: als ich ez vil dicke las an
  • ^recJcCj — den von der Swähe lande uns hrähte ein tihtcere
  • — Hartman. Nun tritt auch eine Stelle des A. H. in ihr
  • rechtes Licht, Z. 1422. Auch ein Andrer hätte das sagen
  • können : aber doch treten diese Worte uns nseher, da sie Aus-
  • druck des gemüthlichen Behagens an der eigenen Heimath
  • sind. Findet sich jedoch nicht bei Hartmann selbst ein Wider-
  • spruch dagegen? Lieder 22, 19 (LB. 514, 15 [MSr.218, 20])
  • 1
  • — 2 —
  • und lebte min her Sdlatin und al sm her^ dien hrcehten mich
  • von Vranken niemer einen fuoz, — Aber ein Franke war er
  • gewiss nicht, denn es findet sich bei ihm keine der sehr be-
  • zeichnenden fränkischen Spracheigenheiten. Vielleicht ist mit
  • dem Worte Tranken Deutschland gemeint, oder wie das seit
  • der Karolingerzeit immer noch galt, das ganze christliche
  • Abendland. Noch jetzt gebraucht so den Namen der Orient
  • und ebenso erscheint er frühzeitig schon im Mittelalter, vgl.
  • Zv B. Liudprand Legat. XXXIII [Corp. scrip. bist. Byz. XI, 357]
  • von dem griechischen Kaiser Nicephorus: ex Francis^ quo
  • nomine tarn Latinos quam Teutones comprehendit,
  • ludum hdbuit: hier in dem Liede Hartmanns ist der Name
  • Franken gerade im Gegensatz zum Orient gebraucht, so dass
  • eine Benennung in dessen Art und Sinne wohl am Platze
  • ist. [Unabhängig von Wackernagel ist zu derselben Ansicht
  • gekommen E. Martin, s. A. f. d. A. I, 182].
  • Wir können die Heimath Hartmanns aber noch enger
  • begrenzen, indem wir zugleich und zuvor den Stand des
  • Dichters in Betracht ziehen.
  • Wo das Mittelalter dem Dichternamen einen Titel bei-
  • giebt, so giebt es denen bürgerlicher Abkunft den Titel meister,
  • und bezeichnet damit die Gelehrsamkeit (Gottfried von Strass-
  • burg, Konrad von Würzburg), denen adlicher Abkunft den
  • Titel her zur Bezeichnung des Standes (Herr Heinrich von Veld-
  • eke, Herr Wolfram von Eschenbach). In Heinrichs von dem
  • Thürlein Krone 2360 heisst es nun meister Hartman. Dem-
  • nach müsste unser Dichter bürgerlicher Abkunft gewesen sein.
  • Indess wird meister auch Adlichen beigelegt, nicht als Titel,
  • sondern als ehrendes Beiwort, namentlich ausgezeichneter Dich-
  • ter, wie spaeter in einer Stelle Gottfrieds von Strassburg. So
  • ist auch das meister Hartman Heinrichs zu verstehen [Vgl.
  • LG.2 128]. Denn Hartmann von Aue war nicht bürgerlichen
  • Standes. Geist und Darstellungsweise all seiner Dichtungen
  • ist ritterlich: wirklich nennen ihn die Hss. seiner Lieder
  • her und im Parz. 143, 21 min her Hartman von Ouwe
  • ~ 3 —
  • (Anrede); und die Bilder in den Liederhss. stellen ihn dar
  • zu Boss, für Turnier oder sonstigen Streit .gewappnet. Er
  • war demnach von Adel und zwar, wie wir von ihm selbst
  • erfahren, gleich den meisten Dichtern der Zeit vom niederen
  • Adel, aus dem Stande der Dienstmannen. A. H. 5 dienst-
  • man was er ze Ouwe. Und wiederholendlich in seinen Liedern
  • gedenkt er seines Herrn, indem er dessen Tod beklagt: 4, 23
  • [MSP. 206, 14] mich Mt ieswceret mines herren tot;
  • 11, 3 (LB. 512, 13) [MSP. 210, 23] sU mich der tot
  • beroubet hat des herren min. Daher ist er, wenn ihn Wolf-
  • ram und die Liederhss. Her Hartman von Ouwe nennen und
  • er selbst Greg. 3 von Ouwe Hartman sagt, damit nicht als
  • der wirkliche hochadliche Herr von Aue selbst bezeichnet,
  • sondern nur in kürzerer Weise als Dienstmann der Herren
  • von Aue, als von Aue abhängig, mit seinem Dienste dort
  • angesessen. Ebenso wird in Otto dem ßothen Konrads von
  • Würzburg ein Heinrich von Kempten genannt, der Dienst-
  • mann des Abtes von Kempten war. Hartmann selbst nennt
  • sich Iw. 29 ein Ouwcere, d. h. einen von den Leuten zu
  • Ouwe; ebenso sagen der Ouwcere Gottfried von Strassburg
  • und Rudolf von Ems.
  • Er war also von Ouwe, Wo in Schwaben lag nun
  • dieses? Es gab dort mehrere und mehr als ein so benanntes
  • Geschlecht. Der Freiherr Josef von Lassberg, der mit
  • grosser Beflissenheit darauf aus war, so viel Dichter als
  • moeglich an den Bodensee und in das alte Thurgau zu
  • bringen, hielt ßeichenau im üntersee für die Heimath Hart-
  • manns und glaubte, er sei aus dem Geschlechte derer von
  • Westerspül gewesen, die unterhalb Andelfingen am Einflüsse
  • der Thur in den Rhein angesessen und Lehnstrseger der
  • Abtei Reichenau waren, weil das Wappen, das die Stutt-
  • garter und die Pariser Liederhandschrift Hartmann geben,
  • eines ist mit dem der Herren von Westerspül. (S. Spicilegium
  • Vaticanum von Greith S. 162.) Das wurde mit Begierde
  • aufgegriffen von den Zürchern, weil dies Stück Landes jetzt
  • — 4 —
  • zu Zürich gehört. 1840 gab die dortige Museumsgesell-
  • schaft als Denkschrift zur Feier des 24. Juni eine Samm-
  • lung von Stil- und Schriftproben all der Männer, ,,die ge-
  • boren in Zürich oder fremdher gekommen und eingebürgert,
  • für Licht, Recht und Wahrheit, religioese und bürgerliche
  • Freiheit geredet und geschrieben und durch ihre Schriften
  • Zürichs Namen verherrlicht haben*: an die Spitze war
  • Hartmann von Aue gestellt.
  • Der Beweis vom Wappen ist aber nicht zuverlässige
  • ist oft nur ein Käthen auf Gerathewohl und lässt sich auch
  • anders deuten und brauchen. Der Gegenbeweis lässt sich
  • leicht aus dem A. H. liefern [s. Haupt, d. A. H. u. d.
  • Büchlein IX]. Da wird die Sage von einem Herrn von Aue^
  • offenbar einem Vorfahren von Hartmanns Herren behandelt.
  • Das war aber ein Ritter, der zuletzt seine Vermselung feiert,
  • also kein Abt von Reichenau.
  • Im Breisgau lag die Ortenau, wo noch jetzt eine gute
  • Stunde südlich von Freiburg Au mit der wüsten Stätte einer
  • alten Burg liegt. Hier hauste ein Geschlecht, das bei den
  • Herzogen von Zsehringen zu Lehen gieng; in Urkunden von
  • und um 1111 findet sich Heinricus de Oivon oder de Owa
  • als Zeuge einer Vergabung Bertholds IIL und seines Bruders
  • Eonrad an das Kloster St. Peter auf dem Schwarzwald und
  • selbst mit Vergabungen an eben dasselbe : Heinricus de Owon
  • curtem siiam, una cum domo et omnibm, quce ibi possidebaty
  • S. Petro donavit in prcesentia domini sui Berfholdi IIL et
  • fratris eius domini Cuonradi, Diese Nachrichten deuten
  • übereinstimmend auf den Helden unseres Gedichtes: s. Lach-
  • mann, Walther 197; Stselin und H. Schreiber in des letz-
  • teren Taschenbuch für Geschichte und Alterthum in Süd-
  • deutschland 1846, 403 ffg.; Stselins Wirtembergische Ge-
  • schichte 2, 762. Die Sage hatte diesen Heinricus verherr-
  • licht, Hartmanns Gedicht schildert ihn selbst als einen msech-
  • tigen Herren, der wol den fürsten gelich gewesen sei (Z. 43),
  • gerade wie da auch die Schenkungen in vergroessertem Mass-
  • stabe erscheinen (Z. 256).
  • Ein Dienstmann also dieser Zaehringischen Vasallen war
  • Hartmann. Dabei kommt noch zweierlei in Betracht, das
  • eine findet Erklserung, das andere dient zur Unterstützung.
  • Einmal nsemlich das Wappen, das die Handschriften Hart-
  • mann geben, ein Adlerkopf, wie ihn auch die Herren von
  • Westerspül führten. Die Zsehringer führten einen Adler,
  • (nicht Loewen): abgekürzt als Adlerkopf erinnert das an das
  • gleiche Wappen Freiburgs; „und das Freiburger Wappen
  • ist ohne Zweifel von den Zsehringern verliehen, woher auch
  • Hartmann das seinige haben mochte**: s. Stselin a. a. 0. Es
  • war allgemeine Sitte, dass Untergebene das Wappen des
  • Herrn trugen und dadurch eben sind Sprüchwörter und
  • Ausdrücke entstanden, wie z. B. bei Hartraann selbst Lie-
  • der 3, 3 [MSF. 205, 3]. Sit ich den sumer truoc riwe
  • unde klagen^ so ist mm tröst ze fröiden niht so guot, mm
  • sanc ensüle des winters wäpen tragen. Sodann kommt
  • zweitens in Betracht, dass unter den Herzogen von Zseh-
  • ringen, zu denen der Dichter nun auch in einem mittel-
  • baren Dienstverhseltnisse stand, gerade der zu der Zeit des
  • Dichters herrschende ein Freund der Dichtkunst war. Bert-
  • hold V., 1286—1218. S. in Schöpflins Cod. dipl. bist. Zar.
  • Bad. 77 die Schilderung durch einen Neffen, Abt Bert-
  • hold von Thennenbach: IngressiiS quippe curiam ducis, ipsum
  • cum ministris et militibus in Castro Friburg jucundum et
  • hilarem invenit, ludo et aleis quibusdam deditis, aliis vero
  • choreas ducentibus et ad vocem organi cantantibus. Ihm
  • ist auch gewidmet (dem edelen Zeringcere)^ der Alexander
  • Bertholds von Herboldsheim (im Breisgau), der uns verloren
  • ist, von dem uns Eudolf von Ems in seiner Alexandreis Nach-
  • richt gegeben hat. Eben derselbe Zsehringer wurde 1191 der
  • Gründer Berns ; der Name verrseth auch den dichterischen Zug,
  • denn er übertrug auf seine Gründung den in der Heldensage
  • gefeierten deutschen Namen von Verona: s. Z. f. d. Ä. 6, 157.
  • — 6 —
  • [Bauer und Freiherr von Ow haben Germ. XVI»
  • 155 flf. gezeigt, dass besser als jenes Dienstmannengeschlecht
  • im Breisgau ein bei Obernau am Neckar ansässiges Ge-
  • schlecht zu den Angaben im A. H. passe, in welchem
  • Hartmann denn doch wohl einen Ahnherrn des Geschlechts,
  • zu dem er selbst gehörte, gefeiert hat. Diese Aufstellungen
  • waren freilich nicht überzeugend. Die Schwächen derselben
  • sind dargelegt bei Schreyer, Untersuchungen über das Leben
  • und die Dichtungen Hartmanns v. Aue, Programm von Pforta
  • 1874, S. 2 — 1 0. Besser begründet und theil weise berichtigt wurde
  • die neue Meinung von Dr. Ludwig Schmid, des Minnesängers
  • Hartmann von Aue Stand, Heimath und Geschlecht, Tü-
  • bingen 1874. Das Dienstmannengeschlecht, dessen Stamm-
  • burg in dem heutigen Obernau am Neckar lag, war ab-
  • hängig von den Grafen von Hohenberg-Zollern, welche ihrer-
  • seits wiederum diese um Rotenburg gelegenen Besitzungen
  • vom Bisthum Bamberg zu Lehen hatten. Diesem Dienst-
  • mannengeschlecht waere Hartmann beizuzsehlen. Aber Schmid
  • hat (S. 103) aus dem XII. Jahrh. (1125—1133) am Neckar
  • auch mehrere Glieder eines freien Geschlechtes von Oiiwa
  • nachgewiesen, dem der arme Heinrich angehört haben kann:
  • wenn schon diese liberi homines von Outve auch Vasallen
  • eines Grafen von Zollern waren, so standen sie im Range
  • doch höher als das Dienstmannengeschlecht, und diese höhere
  • Rangordnung kann das fürsten gelich sehr wohl ausdrücken,
  • denn Sage und Dichtung kann auch hier etwas übertrieben
  • haben. Vielleicht bietet gerade die Missheirath des Herrn
  • Heinrich mit der Tochter des bümannes, da die Kinder der
  • ärgeren Hand folgten, s. Wackernagel z. A. H. 1497, die Ver-
  • bindung zwischen den beiden rangungleichen Geschlechtern?
  • Jedenfalls ist mit der Einrechnung Hartmanns in das Dienst-
  • mannengeschlecht in Obernau die Forderung Lachraanns
  • erfüllt (zu Walther S. 197): „Hartmanns Herr wird nur
  • dann können als nachgewiesen gelten, wenn was wir von
  • ihm wissen zutrifft, dass er um 1196 gestorben ist": Mar-
  • — 7 —
  • tin hat A. f. d. A. I, 127 einen Grafen von Hohenberg,
  • auf den dies zutrifft, nachgewiesen. So spricht wenigstens
  • grosse Wahrscheinlichkeit dafür, dass Hartmanns Heimath
  • am Neckar war. Volle Sicherheit herrscht freilich nicht.
  • Von den Einwänden, die dagegen erhoben wurden (Nau-
  • mann, Z. f. d. A. XXII, 26 ff.) fällt namentlich ins Ge-
  • wicht, dass kein Hartmann in dem Dienstmannengeschlecht
  • zu Obernau erscheint. Aus dem ^e A. H. 5 dienstman was
  • er ze Ouwe ist nichts zu gewinnen, denn diesem steht
  • nicht nur Greg. 3 u. Büchl. 1, 29 von Ouwe Hartman,
  • sondern im A. H. selbst noch die JEs. B gegenüber ein
  • dienstman von owe. Mit des Freiherrn v. Ow Erklärung
  • dieses Verses: „Ein Ritter . . . war Hartmann genannt und war
  • ein Dienstmann und war von Geburt ein Herr von Aue"
  • wird man aber natürlich auch nicht übereinstimmen.]
  • Hiemit sind wir schon an die Bestimmung der Zeit
  • herangetreten. Er lebte im Blüthenalter der mhd. Litteratur,
  • das freilich zumeist eben durch ihn herbeigeführt wurde.
  • Einige Zahlen lassen sich noch mit Bestimmtheit festsetzen,
  • allerdings in ziemlich engen Grenzen neben einander; etwas
  • weniges auch aus seinem Leben.
  • Er hat eine Kreuzfahrt mitgemacht, wie wir aus zwei darauf
  • bezüglichen Liedern ersehen: Lieder S. 9, 21 ffg. [MSF. 209,
  • 25 ff.] und 22, 4 fg. [MSF. 218, 5 ff.] (LB. 511 ff.) Indem
  • zweiten sind auch die schon angeführten Worte und lebte min
  • her Salatin und al sin her^ dien brcehten mich von Vranken
  • niemer einen fuo0. Saladin ist gestorben im März 1193. Mceg-
  • lich, ja wahrscheinlich ist die unrühmlich missglückte Kreuz-
  • fahrt von 1197, die jener Zsehringer Berthold mit anführte,
  • diejenige, die auch Hartmann mitmachte. Er war da noch
  • jung. In dem ersten seiner Büchlein, in welchem er sich
  • selber noch als jung und jugendlich bezeichnet (Z. 7 einen
  • jungelinc u. Z. 1483 ganze tugent und unsen sin, den vor-
  • dert mir noch niemen zuo: wan daz tvcer mir noch al ze
  • fruo: st sint von mtnen jären niht, den man der grözen
  • — 8 —
  • sinne giht) hat er bereits die Anschauungen der Kreuzfahrt
  • hinter sich: vgl. 351 fgg. [Dass diese Schilderung des Meeres
  • (es kommen zur angeführten Stelle noch Er. 7063 — 66,
  • 7791 — 97) nicht auf eigener Anschauung bei Gelegenheit
  • eines Kreuzzuges zu beruhen braucht, ist mehrfach hervor-
  • gehoben worden. Fischer, Germ. XX, 373 flf. meint, er
  • könne solche Anschauungen auf dem Bodensee gewonnen
  • haben; Martin a. a. 0. Hartmann könnte im Gefolge Fried-
  • richs von Hohenberg 1186 in Italien gewesen sein; Wil-
  • manns Z. f. d. A. 14, 155 Hartmann habe sich diese
  • Kenntniss erworben ,i entweder durch Schilderung oder Er-
  • zsehlung anderer oder durch eine Erfahrung, die dem Kreuz-
  • zug vorangieng". Dass diese Erwsehnung des Meeres in der
  • That nach keiner Seite hin einen Anhaltspunkt gewsehrt,
  • zeigen auch Naumann Z. f. d. A. 22, 36 fg. Schreyer a. a.
  • 0. S. 14. 17; und Sievers, Paul u. Braune Beitr. V, 547.]
  • Dass er um diese Zeit noch jung und noch im Beginn seiner
  • dichterischen Laufbahn war, bezeugt noch ein andrer Um-
  • stand. Wenn man seine epischen Gedichte mit dem Lan-
  • zelet Ulrichs von Zazikoven vergleicht, so ist deutlich,
  • dass durch dessen Vorgang und Beispiel Hartmann in die
  • Epik eingeführt worden ist. Der Lanzelet ist aber erst
  • in oder nach 1194 verfasst, denn Ulrich von Zazikoven
  • (9340) lernte das franzoesische Original durch einen der
  • Geisel kennen, die Eichard von England dem Kaiser Hein-
  • rich gestellt hatte, das war im Anfang des Jahres 1194.
  • Sodann als Wirnt von Gravenberg seinen Wigalois um
  • 1209 (Pfeiffers Ausgabe XIV) dichtete, waren Hartmanns
  • epische Dichtungen sämmtlich schon vorhanden : denn
  • sämratlich sind sie von diesem seinem Nachahmer benutzt.
  • Hartmann war noch am Leben: denn zu eben dieser Zeit
  • dichtete Gottfried von Strassburg seinen Tristan (LB. S. 657)
  • und darin wird Hartmanns als eines noch Lebenden Erwseh-
  • nung gethan. Wann er gestorben ist, lässt sich nicht be-
  • stimmen. Heinrich von dem Thürlein, dessen Krone frei-
  • — 9 —
  • lieh auf kein bestimmtes Jahr anzuberaumen ist [um 1220,
  • s. LG.^ 246] beklagt a. a. 0. Hartmanns Tod (nach 2942 war
  • Wirnt noch am Leben), und zwar, wie es scheint, als noch
  • nseher liegendes Ereigniss. Die dichterische Thsetigkeit Hart-
  • manns ist demnach durch die Jahre 1197 — 1209 bestimmt.
  • [Nach Wilmanns a. a. 0. ist das erste Büchlein vor dem
  • Winter 1194 verfasst. Naumann a; a. 0. vertheilt Hart-
  • manns Werke auf die Jahre 1192 — 1202.]
  • Ueber die Lebensumstände Hartmanns wissen wir
  • noch weniger. Andere Dichter von niederem Adel pflegten
  • dadurch, dass sie sich als „Fahrende**, als „Begehrende*
  • udgl. bezeichnen, Hindeutungen zu geben auf ihre Bedürf-
  • tigkeit, so Walther von der Vogelweide, so Wolfram von
  • Eschenbach. Klagen der Art finden sich bei Hartmann
  • nicht, bei ihm zeigt sich vielmehr ruhige Behaglichkeit.
  • Er führte auch kein Wanderleben, denn er gedenkt nirgend
  • eines Gönners, der ihn und seine Kunst unterstützt habe,
  • weist nicht einmal auf Berthold hin, spricht nur von seinem
  • eigentlichen und angeborenen Herren und zwar so, dass ein
  • Verhältniss inniger Liebe und Treue bestanden haben muss
  • (die Stellen oben S. 3). Auch dass er im A. H. eine Sage des
  • Geschlechtes behandelte, ist ein Beweis dafür. — Von der
  • Bildung, die seine Jugend ihm gegeben, werden wir nach-
  • her in anderem Zusammenhange sprechen; auch darin ist
  • er unterschieden von den meisten Genossen seiner Zeit.
  • [Hartmann diente, wie wir aus seinen Liedern sehen, erst
  • einer vornehmen Frau ohne Erfolg; 1195 starb sein Herr,
  • er gab nun auch den Minnedienst auf und nahm das Kreuz
  • (Nov./Dez.): da ist er bereits Ritter, wsehrend er den Erec
  • noch als tumber hneht verfasst hatte. 1196 knüpfte er
  • ein neues Verhältniss an, machte dann (1197) den Kreuz-
  • zug mit, von dem er 1198 zurückkehrte; nach einem Jahr
  • der huote heirathete er seine Dame. S. Wilmans a. a. 0.
  • Naumann a. a. 0.]
  • So viel oder so wenig von den zeitlichen und den
  • — 10 —
  • sonstigen äussei'en Verhältnissen seines Lebens. Jetzt
  • wollen wir ihn lediglich als Dichter und seine dich-
  • terischen Werke betrachten. Es scheint beinahe Alles
  • vollständig vorzuliegen, und nichts von irgend hoeherer Be-
  • deutung verloren gegangen zu sein. Einzelne Lieder mag
  • er vielleicht gesungen haben, deren Aufzeichnung noch nicht
  • wieder ans Licht gekommen ist, oder die ohne Aufzeich-
  • nung verklungen und entschwunden sind. Sicherlich ver-
  • loren sind seine Leiche. [Das erste Büchlein endigt mit
  • einem Leich Z. f. d. A. 4, 395; vgl. unten S. 11.] Leich war
  • im Unterschied von Lied eine lyrische Dichtung in einer
  • Beihe ungleicher, immer nur zweitheiliger Strophen, zu-
  • meist bestimmt für den Tanz. Der von Gliers (v. d. Hagen
  • MS. 1, 107b = LB. 989, 25) sagt Lebte der von Guotm-
  • iure, von Tum^ von Et^ge Heinrich, von Ouwe und der
  • von Eotenburc, da M von Hüsen Fridertch, die enkunden
  • üf ir eit ge^sellen niht ir scelekeit, die doch min frouwe
  • cdeine treit. Da^ wären alse guote man, daz man an
  • Zeichen ir genöz niemer me gevinden Jean; ir kunst was
  • dne mäze gros: doch enkundens alle niht min vrouwen
  • lobes hän beriht^ von der ze sprechen mir geschiht.
  • Zuvorderst trat Hartmann eben als Lyriker auf,
  • wie die meisten Dichter damals; ja die Mehrzahl war nur
  • Lyriker und gerade von den Schwaben. Und wie diese
  • Mehrzahl nur Minnedichtung übte, wie diese auch bei den
  • andern vorwaltete, ebenso bei Hartmann. Die Liebe ward
  • damals wie zu aller Zeit als der natürliche Hauptstofif er-
  • griffen und betrachtet. Es galt als Zeichen feiner Bildung
  • überhaupt, sich gelegentlich als Minnedichter zu versuchen,
  • wie wir z. B. auch sehen aus der Schilderung im A. H.
  • 71: und sanc vil wol von minnen. Von Hartmanns Minne-
  • dichtung spricht Gliers a. a. 0. ; Heinrich von dem Thür-
  • lein, der von Hartmanns Antheil an der epischen Dichtung
  • ausgegangen, preist ihn, und neben ihm Reinmar, dennoch
  • auch als Minnesänger, 2360 fgg. [Die Stelle bei Haupt d.
  • — 11 —
  • A. H. u. d. B. XIII ff.] Gleichwohl hat Hartmann nicht
  • bloss Minnelieder gedichtet, sondern seine Lieder sind auch
  • von religioesem Bezüge, und wsehrend Andre selbst die Kreuz-
  • lieder zu Minneliedern machten und nur von der Geliebten
  • zu reden wussten, that er das nicht und unterscheidet sich
  • mit dem ernsteren Gehalte seiner Dichtung da einmal selbst
  • ausdrücklich von den Minnesängern: 22, 20 [MSF. 218,
  • 21] = LB. 514, 16 ir minnesinger u. s. w.
  • Ausser den Liedern und Leichen hatte die mhd. Lyrik
  • noch eine dritte Form, die wir z. B. bei Walther von der
  • Vogelweide neben jenen beiden auch sehr zahlreich ange-
  • wendet, von ihm eigentlich erst recht ausgebildet und in
  • üebung gebracht finden, den Spruch. Dieser ist didactisch
  • und besteht nur aus einer Strophe, die auch untheilig sein
  • kann. Hartmann dichtete nur Lieder und Leiche; letztere
  • sind verloren, Sprüche sind weder erhalten noch bezeugt.
  • Er hat aber der lyrischen Reflexion einen anderen, selten
  • gebrauchten Ausdruck gegeben, den nach ihm auch Ulrich
  • von Lichtenstein anwendete, die Form des Büchleins. Es
  • ist das eine Weiterbildung des poetischen Briefes, der
  • Epistel, welche schon im 12. Jahrhundert gebraucht wurde.
  • Das Büchlein ist im Ganzen nach Art sonstiger Lehrdich-
  • tungen in Eeimpaaren verfasst, aber mit gelegentlicher
  • Häufung und Verschränkung der Reime, mit Veränderung
  • des Maasses, üebergang in die bewegteren Formen des
  • Liedes und des Leiches. Von Hartmann haben wir zwei
  • solche Büchlein, das zweite, kleinere (826 Zeilen) ist eine
  • Liebesklage und Betrachtungen über das Leid der Liebe;
  • das erste (1914 Zeilen) ist in jeder Rücksicht ausgeführter,
  • ein minnigliches Zwiegesprsech zwischen dem Herzen und
  • dem Leibe. Er ist noch „jungelinc^, es ist nach der Kreuz-
  • fahrt gedichtet [1195,- vor der Kreuzfahrt; s. oben S. 9.]
  • Herausgegeben sind diese Werke von Moriz Haupt, die
  • Lieder und Büchlein und der arme Heinrich Hartmanns
  • von Aue, Leipzig 1842. [2. Auflage besorgt v. E. Martin
  • — 12 —
  • 1881 enthält nur den A. H. und die Büchlein. Die Lieder
  • in MSF. 3. Auflage 1882.]
  • Fruchtbarer und bedeutender denn als Lyriker, bedeu-
  • tender auch ohne alle litterarhistorische Kücksicht war Hart-
  • mann auf dem Gebiete der Epik. Werfen wir einen Blick
  • auf die zwiefache Bildung, die er zum Dichten mitgebracht
  • und die ihn dazu befsehigte.
  • Die bewegenden Ideen der Zeit waren Eitterthum und
  • Kreuzzüge. Sie waren von Frankreich her nach Deutsch-
  • land gekommen, und die ganze Bildung der Edeln trug
  • dadurch seit dem 12. Jahrhundert eine oft sehr grell her-
  • vorstechende franzoesische Farbe. Im Turnierwesen, im Tanz
  • und anderen Vergnügungen, in Kleidung, in Speise und Trankt
  • in aller Sitte, in Sprache und Litteratur und hier sowohl
  • im Stoff als auch in der Darstellungsweise, überall waren die
  • Franzosen Muster. Auf dem Gebiete der Litteratur über-
  • holten die Deutschen das Muster freilich weit, ebenso wie
  • in der Baukunst.
  • Diese franzoesische Bildung aller Edeln hatte auch Hart-
  • mann, und ihr Einfluss auf die Litteratur ist durch ihn zwar
  • nicht zuerst herbeigeführt, aber doch wesentlich mit ver-
  • stärkt worden. In der Epik nun waren die franzcesischen
  • Romane brittischen Ursprungs von Kcenig Artus und der
  • Tafelrunde am verbreitetsten und beliebtesten. Der Haupt-
  • vertreter dieser Gattung war Chrestien von Troies. Der
  • erste deutsche Boman in dieser Eichtung war der Lanzelet
  • von Ulrich von Zazikoven [vgl. LG.^ 244], einem Thur-
  • gauer ?, etwa um 1195 gedichtet (s. oben S. 8.). Das Werk
  • ist von geringem Werthe. Es ist unbeholfen und in der
  • Sprache mehr, als seine Zeit bedingte, alterthümlich. Es
  • wäere auch wahrscheinlich wirkungslos dahingegangen, wie
  • es auch im weitern Verlaufe des Mittelalters ziemlich in
  • Vergessenheit gerathen ist, wenn nicht Hartmann dadurch
  • angeregt worden wäre. Aus mannigfachen Anklängen, die
  • haften geblieben sind, ist es unzweifelhaft, dass seine Werke
  • — 13 —
  • durch den Lanzelet eingeführt worden sind. Aber Ulrich
  • von Zazikoven hat nur das voraus, dass er den Weg ge-
  • wiesen hat, den nun Hartmann mit eigener und unendlich
  • überlegener Kraft und Kunst betrat. Er dichtete zuerst
  • und gleich den Erec nach Chrestien von Troies. Aus einer
  • freilich sehr fehlervollen und unvollständigen Hs. ist er
  • nicht ganz so gut als moBglich herausgegeben von M. Haupt,
  • Leipzig 1839 [zweite verbesserte Ausgabe mit Anmerkungen
  • von Haupt 1871.] Spseter ist der Iwein gedichtet (von dem
  • Leun^ Rudolf von Ems LB. 785, 28). Herausgegeben ist er
  • öfter, zuletzt von Benecke und Lachmann, Berlin 1827 und
  • 1843 ^1868 n877].
  • Der Iwein ist mit viel reicherer, reiferer Kunst gedichtet,
  • und doch ist er nicht viel spseter, nicht einmal ein Jahrzehnt
  • nach dem Erec gedichtet; so schnell und lebendig war die
  • Entwicklung der mhd. Litteratur. Der Erec ist frühestens
  • 1196 [1192] verfasst (nach dem Lanzelet). Der Iwein war
  • schon 1204 [1202] vorhanden, dönn Wolfram macht in
  • seinem Parzival, dessen sechstes Buch im Herbst 1204 ge-
  • dichtet ist (s. Lachmann, Walther S. 146) schon im 5. Buche
  • (253, 10) eine Anspielung auf die Geschichte Iweins, die be-
  • sonders in der Kürze, dass bloss der Name Lunete genannt wird,
  • nur mcBglich war, wenn er eine durch deutsche Dichtung ver-
  • mittelte Bekanntschaft voraussetzen durfte, wenn eben die Dich-
  • tung Hartmanns schon vorhanden war. Im dritten Buche (143,
  • 21 fgg.) findet sich eine ausgeführtere , auch Hartmann
  • nennende Beziehung auf dessen Erec. Wir werden den In-
  • halt dieser beiden wie der andern Dichtungen spseterhin, wo
  • der Anlass dazu sein wird, und zugleich die Eigenheit und
  • den Werth ihrer Composition zu beurtheilen haben. (Eine
  • Stelle des Iwein 3201 fgg. im LB. 561 ff.)
  • Die franzcBsische Bildung theilte Hartmann mit der
  • Menge seiner Standesgenossen. Wsehrend aber die übrigen
  • der Begel nach darauf eingeschränkt waren, und so einge-
  • schränkt, dass auch die meisten edlen Dichter nicht einmal
  • — 14 —
  • lesen und schreiben konnten und für beides auf die Hilfe
  • Andrer angewiesen waren, konnte Hartmann lesen und schrei-
  • ben, ja er besass eine gewisse Gelehrsamkeit, er konnte La-
  • teinisch und war nicht unvertraut mit der Bibel und auch
  • dem und jenem Erzeugniss der rcemischen Litteratur. All
  • das weist auf eine Klosterschule hin. Im Greg, findet sich
  • auch die Schilderung des Unterrichts in einer solchen und
  • des Widerspruches, in welchen die von aussen herangebrachte
  • Gelehrsamkeit mit der angeborenen ritterlichen Art edler
  • Jünglinge oft gerathen musste, des Kampfes, ob sie für
  • Zeitlebens bei der Geistlichkeit bleiben oder nach Vollendung
  • der Schule in die Welt zurücktreten sollten: Z. 1009 — 1025;
  • und dann, da er gleichsam aufgeschreckt, dem Abte erklärt
  • hat, er wolle auf ritterliche Abenteuer gehen, folgt ein Ge-
  • sprsech mit diesem: 1260 fgg. bis 1468.
  • Vielleicht, dass aus der kloesterlichen Jugendzeit noch
  • ein litterarisches üeberbleibsel uns erhalten ist in einem
  • Bruchstück eines religioes- moralischen Lehrgedichts (Docen
  • in Massmanns Denkraselem deutscher Sprache und Litteratur
  • 80 — 82; LB. 429). Es ist ungeschickt, was die metrische
  • Form betrifft, nicht überall klar im Ausdruck der Gedanken und
  • Empfindungen: aber in dieser Unklarheit zeigt sich ein ringendes
  • Talent und Gedanken und Empfindungen, wie sie oft sogar
  • wörtlich in derselben Ausdrucksweise in den vollständigen
  • und benannten Gedichten Hartmanns uns entgegentreten;
  • namentlich Berührungen mit dem ersten Büchlein (jungelinc)^
  • legen die Vermuthung nahe, dass Hartmann auch dieses
  • Stück und zwar in frühester Jugend gedichtet habe. [Dieses
  • Fragment ist von Scherer Q. F. 12, 102 fg. Trost in
  • Verzweiflung genannt und Z. f. d. A. XX, 346 ff. heraus-
  • gegeben worden. Er hat auch die Beziehungen zu Hart-
  • mann hervorgehoben und kommt S. 354 zu dem Schluss:
  • „Aus alle dem darf man aber vielleicht nicht einmal schlies-
  • sen, dass Hartmann das ältere Gedicht gekannt habe". Die
  • meisten Berührungen zeigt dieses Fragment aber zu der
  • — 15 —
  • spsßter aufgefundenen Einleitung zum Greg, (ich citiere im ff.
  • nach der kleineren Ausgabe von Paul, Halle 1882). Die
  • meisten Gedanken von ,, Trost** finden sich hier wieder,
  • theilweise auch in den gleichen Ausdrücken. Im Greg, wird
  • mehrfach hervorgehoben, dass der Sünder nur niemals dem
  • ^wwel sich ergeben, an Gottes Barmherzigkeit verzweifeln
  • dürfe (63. 70. 74. 166); etwas sehnliches liegt wohl auch im
  • Tr. 7 da^ er an gotes dienest deheinen zwtvel darf hart (statt
  • dienest würde ich ein anderes Wort erwarten). In beiden Ge-
  • dichten wird der Weg zur Seligkeit als beschwerlich {hungern
  • und friesen Tr. 13), das Weltleben (den gemeinlichen wec
  • Gr. 81) als angenehm geschildert (Gr. 84 jse heiz noch ze
  • kaU^ man vert in dne des libes not). Das herze verleitet den
  • Menschen zu letzterem (Tr. 49 ff. 66 ff. 137 ff; Gr. 1 ff*.)
  • auf Eath des Teufels (Tr. 68 der tiufel rcetet ml boeser dinge;
  • Gr. 7; 58 die der tiuvel verriet üf den wec der helle). Der
  • Mensch, der sündigt, ist verglichen dem Wanderer, der auf
  • dem Wege in die Hände der Feinde fällt (Tr. 90 ff. Gr. 99);
  • diese schlagen ihm tiefe Wunden (Tr. 104 si sluogen mir ein
  • verchwunden; Gr. 105 die marterltchen wunden; 140 sine verch-
  • wunden). Die Heilung erfolgt änemäsen (Tr. 130; Gr. 141),
  • Nachträglich werden die Wunden erklsert (Tr. 132 ff. Nu wil
  • ich iu sagen an disen stunden, welhez doch sm die wunden
  • — den ich an schaden niht moht enpfarn; Gr. 144 ff. nu hdn
  • ich iu niht geseit, welchez die wunden sint gewesen der er*sd
  • hüme ist genesen). Tr. 2 di hahent daz hoeser teil erchom
  • stimmt überein mit Gr. 25 hat danne den boesem teil erkom.
  • — Nimmt man zu den angeführten die von Scherer hervor-
  • gehobenen Uebereinstimmungen mit den übrigen Werken Hart-
  • manns, die ja Wackernagel für seine Vermuthung allein im
  • Auge hatte, hinzu, so wird man eine Beziehung zwischen den
  • beiden Dichtern nicht leugnen können. Von Härtmann aber
  • ist das Bruchstück gewiss nicht: wenn er es auch liebt, ein-
  • zelne Wendungen zu wiederholen, so sich selbst abschreiben
  • konnte er nicht. Ich glaube, auch einen andern nicht (die
  • — 16 —
  • Anführungen aus dem einen Liede im 2. Büchlein wird man
  • nicht entgegen halten). Die Einleitung zum Gr. trsegt zu sehr
  • den Charakter des Einheitlichen, Ursprünglichen an sich; die
  • Parabel ist besser mit dem üebrigen verbunden, und in der
  • Ausführung ist das biblische Vorbild deutlich bis in alle Ein-
  • zelnheiten sichtbar, gleich darauf 156 flf. folgt wieder eine bib-
  • lische Anspielung (Ez. 33, 11. 2 Petr. 3,9), dass ich eher glaube,
  • der Verfasser von Tr. sei ein im Versbau ungeschickter, weil
  • ungeübter („wortarm* Q. F. 12, 102) Nachahmer Hartmanns
  • (zwischen 1185 — 95 setzt Scherer das Fragment). Ich würde
  • es sogar für moeglich halten, wenn ich es auch nicht als
  • wahrscheinlich bezeichnen kann, dass das Buch, das ihm in
  • seiner Verzweiflung Trost brachte (nach Scherers Ergänzung
  • von V. 168) der Gregorius war.]
  • Aber auch Hartmann, wie Gregorius, er und sein Dichten,
  • sind aus dem Kloster in die ritterliche Standesart zurückge-
  • kehrt: so jedoch, dass der Erwerb seiner Knabenjahre ihm
  • darüber nicht verloren gegangen ist und er nicht ohne ein
  • gewisses Wohlgefallen seine Gelehrsamkeit verrseth. Z. B. im
  • Beginn des A. H. wie des Iwein nennt er sich geleret d. h.
  • so weit unterrichtet, dass er lesen konnte; im Erec 5218 wird
  • der Lucanus citiert, der im Mittelalter sehr viel galt; im
  • A. H. Hiob und die Propheten; selbst lateinische Citate ge-
  • braucht er, wie in jener lehrhaften Jugenddichtung, im A. H.
  • 92. 1357. Das ganze erste Büchlein gehört hieher. Der Streit
  • zwischen Herz und Leib ist ein minnigliches Gegenbild der geistli-
  • chen Streitgesprseche zwischen Seele und Leib, Conflictus animse
  • et corporis, deren es von Beda und anderen, spseteren gab, beliebt
  • als Belehrung und Erbauung. Und für zwei Gedichte hat er den
  • StoflF in eben dieser lateinisch gelehrten Eichtung gewonnen:
  • für die Legende vom heiligen Gregorius, eigentlich von dem
  • guoten sündsere, und für den A. H. (Ausgabe des Greg, von Lach-
  • mann, Berlin 1838) [kritischer Apparat dazu von Lachmann Z.
  • f. d. A. 5, 32 flf.; andere Ausgaben: von Bech, deutsche Classiker
  • des MA. V, Leipzig 1867; von Paul, Halle 1873; kleinere
  • — 17 —
  • Ausgabe von Paul, Halle 1882] eine Stelle aus Greg. 2579 flf.
  • LB. 513.
  • Der Gregorius ist ein kirchlicher Stoff, eine Legende, zu-
  • nsechst wahrscheinlich nach einer lateinischen Quelle bearbeitet,
  • vielleicht nach einem lateinischen Gedicht. Ein Bruchstück
  • eines solchen wurde zuerst veröffentlicht von Leo und dann
  • in den lateinischen Gedichten des 10. und 11. Jahrhunderts
  • von J. Grimm und Schmeller S. XLV fg. Es ist aber zweifel-
  • haft, ob es aus Hartmanns Gedicht übersetzt ist oder ob Hart-
  • mann aus ihm schöpfte. Jenes behauptete Leo, dieses Grimm.
  • Auch ein altfranzoesisches Gedicht haben wir, das dem Inhalte
  • nach ganz übereinstimmt, und es ist die Frage, ob nicht vielleicht
  • dieses Hartmanns Quelle war. Eine Hs. davon ist in Tours,
  • herausgegeben wurde es von V. Luzarche, Tours 1857.
  • [Vgl. LG.2 208; Strobl, Germ. 13, 188; Lippold, üeber die
  • Quelle d. Greg. Hartmanns v. Aue, Leipzig 1869; Köhler,
  • Germ. 15, 284; die Einleitungen der Ausgaben Pauls. Das
  • lateinische Gedicht ist eine Uebersetzung des Hartmannschen ;
  • dieser schöpfte wohl aus einem franzoesischen Werke, obschon
  • die von Luzarche publicirte Eecension nicht als seine unmittel-
  • bare Quelle erscheint.]
  • Auch der A. H., obwohl er eine heimathliche Sage, eine Ge-
  • schlechtssage seines Herrn behandelt, ist nicht aus mündlicher,
  • sondern aus schriftlicher, lateinischer Ueberlieferung geschöpft,
  • wie aus Z. 16 hervorgeht.
  • So tief indessen gieng die classisch- kirchliche Bildung
  • doch nicht, dass sie, wie bei manchem neueren das ganze Dich-
  • ten Hartmanns bis unten hin und von unten auf durchdrungen
  • hätte. Er nahm wohl auch Stoffe von daher, aber die Form-
  • gebung nicht. Der Greg, ist, soweit der hcefisch ritterliche
  • Ton zulässig war, in diesem ausgeführt und auch im A.
  • H. klingt er ein und an; er bildet durchweg die Grundlage,
  • auf die das Gelehrte nur stellenweis aufgetragen ist. Er ge-
  • braucht auch durchweg die Sprache der Hoefe, nicht die der
  • Kirche. Ein Wort ist genügendes Beispiel dafür. Wie nah
  • 2
  • - 18 —
  • hätte es ihm gelegen, gleich anderen lateinisch geschulten Dich-
  • tern der Zeit creatüre zu sagen; aber er spricht creatiure A. H.
  • 1199. Und die aufgetragene Gelehrsamkeit ist wohl auch
  • verwischt: wir werden sehen, dass die beiden lateinischen
  • Citate des A. H. trotz ihrem biblischen Aussehen doch nicht
  • aus der Bibel sind, sondern Missverständniss und Entstellung
  • zeigen.
  • Was nun die Reihenfolge der Werke Hartmanns be-
  • trifft, so Isege die Vermuthung nahe, dass Hartmann zuerst die mehr
  • geistlich gelehrten, dann die ritterlich und franzoesisch weltlichen
  • Gedichte; den Greg, und A. H. früher, den Brec und Iwein spaeter
  • gedichtet habe. Jene sind nseher bei der Klosterschule, diese
  • ganz von ihr abgelegen. Es würde das dem Gange seines
  • Lebens und seiner Bildung und auch dem Gange entsprechen,
  • den die ganze Litteratur selbst bei ihrem Uebertritt aus dem 12.
  • ins 13. Jahrhundert genommen hat: geistliche und weltliche
  • Dichtung, Legende und Roman. Aber so viel Scheinbares
  • das für sich haben mag, in Wirklichkeit ist es unrichtig.
  • Auf jenes vermuthete Jugendwerk, das bruchstückweise
  • erhaltene Lehrgedicht, ist zuerst und gleich der Erec ge-
  • folgt. Hier zeigt sich noch eine gewisse Abhängigkeit von
  • Ulrichs Lanzelet, in den übrigen Werken (Greg., A. H.) nicht
  • mehr so; spseter werden wir noch ein Merkmal der Unter-
  • scheidung kennen lernen. Wie aber die übrigen Werke zu
  • ordnen sind, wird sich schwerlich feststellen lassen. Beständen
  • auch zwischen diesen Verschiedenheiten in Sprache und Stil
  • und Versbau, in denen ein Fortschritt von Stufe zu Stufe
  • hoeherer Kunstvollendung sich zeigte, so sind diese nicht
  • mehr mit Sicherheit zu erkennen, da keines in eigent-
  • lich ganz guten Hss., keines mit Zuverlässigkeit der Echtheit
  • überliefert ist. Sie fallen aber innerhalb eines so kurzen Zeit-
  • raums so dicht hintereinander, dass wesentliche Verschieden-
  • heiten, erhebliche Fortschritte der Kunst kaum denkbar sind.
  • Von einer Eigenheit Hartmanns könnte man für diese
  • Frage der Eeihenfolge, die bei einem genaueren und theilnahms-
  • — 19 —
  • volleren Studium immerhin ihr Gewicht hat, Licht erwarten.
  • Hartmann naemlich liebt es Worte und Wendungen, Gedanken
  • und Empfindungen, Anschauungen und Bilder zu wiederholen.
  • Da meint man dann oft auf eine Spur zu kommen, in welchem Ge-
  • dicht er etwas zuerst gebraucht, in welchem sich selber nur
  • copiert habe, jenes wa3re dann das frühere, dieses das jüngere. Man
  • sieht sich aber jedesmal nur geneckt: denn gleich nachher
  • findet sich wieder eine andere Uebereinstimmung, in welcher
  • sich das Verhältniss umzukehren scheint und wieder das Gedicht,
  • das man noch für das jüngere gehalten hat, wie das ältere
  • und originalere klingt. Wir müssen es somit, auch was den
  • A. H. betrifft, dahin gestellt sein lassen, ob er vor dem Greg,
  • und dem Iwein, oder nach demselben abgefasst sei ; wir müssen
  • uns begnügen zu wissen, dass er ungefähr an die Grenzscheide
  • des 12. und 13. Jahrhunderts falle.
  • [üeber die Reihenfolge der Werke Hartmanns von Aue
  • handelt E. Naumann, Z. f. d. A. 22, 25 — 74. Darnach ist
  • der Erec 1192, der Greg. 1194, das erste Büchlein 1195,
  • der arme Heinrich 1198, das zweite Büchlein 1199, der
  • Iwein 1202 verfasst. Diese Reihenfolge ist grossentheils
  • nach stilistischen Merkmalen bestimmt und darum aus den
  • von Wackernagel namhaft gemachten Gründen nicht ab-
  • solut sicher. Aus der Einleitung zum Greg, ergiebt sich
  • auch kein sicherer Anhaltspunkt zur Bestimmung der Ab-
  • fassungszeit. — Dieselbe Reihenfolge wie Naumann ge-
  • winnt für die groesseren Werke Hartmanns Schreyer, (Unter-
  • suchungen über das Leben u. d. Dichtungen H. von Aue, Prog.
  • d. Landesschule Pforte 1874), der aber das zweite Büchlein
  • für ein Werk Gottfrieds hält und in der Bestimmung der Chro-
  • nologie der Lieder sowie der Jahreszahlen für die groesseren
  • Werke vielfach abweicht. Vgl. zu der Frage auch Wilmanns
  • a. a. 0. R. Heinzel Z. f. d. A. XV, 125 ff.; H. Paul Beitr. I, 535
  • ff. ; R. V. Muth, Wiener Sitzungsber. XCV, 661 ff. ; Ed. Sam-
  • haber, über die innere Chronologie der Lieder Hartmanns, Progr.
  • d. Gym. in Freistadt, 1873; Bechs Ausgaben. Die neueste Arbeit
  • — 20 —
  • „üeber die chronologische Folge der Dichtungen Hartmanns von
  • Aue'' von F. Kuff, Waidhofen a. d. Ybbs 1882 ist ganz belanglos.]
  • Zum Glück wird auch durch unsre Unwissenheit und
  • Ungewissheit über diese Einzeldinge etwas anderes, das von
  • groesserer Bedeutung ist, in seiner Gewissheit nicht beeinträch-
  • tigt, die Stellung nämlich, die Hartmann von Aue in der
  • litterarischen Bewegung seiner Zeit eingenommen hat, die
  • litterarhistorische Stellung, die er auch für uns, die
  • Nachkommen, noch einnimmt.
  • Mit Ablauf des 12. Jahrhunderts hatte sich als die eigent-
  • lich bezeichnende Schöpfung des mhd. Zeitraums neben der
  • Dichtung der Geistlichkeit und der des Volkes und alsobald
  • beide weit überragend die hoe fische Dichtkunst erhoben,
  • eine wahrhaft mit Bewusstsein geübte Kunst, hoefisch, weil sie
  • der Unterhaltung der Herren und Frauen bei Hofe dienen sollte
  • und demgemsess sich anschloss an die feinere Hofbildung und
  • mit dieser an die Muster, die Frankreich gab, von daher auch
  • die beliebtesten Stoffe und die Hauptgesetze der Tongebung
  • gewann, freilich nur (und das kann uns zum Tröste dienen)
  • um die Stoffe zu veredeln und die Form in aller Selbstän-
  • digkeit fort zu entwickeln. Eine Kunstdichtung also war es,
  • abgewandt von dem Leben des Volkes im Grossen und Ganzen,
  • eingeschränkt auf die Kreise der hoeheren Welt, aber hier
  • um so reicher und lebensvoller mit allen Adern festgewurzelt,
  • durchdrangen von Ritterlichkeit und Frauendienst und Feinheit
  • der Sitte. Unter den hoefischen Dichtern wurde im Mittelalter
  • selbst Heinrich von Veldeke immer vorangestellt, ein West-
  • fale [vielmehr Limburger, s. LG.^ 220], der um 1180 eine
  • Aeneide (ein antik gelehrter Stoff, aber nach Benoit und wie
  • sonst ein Ritterroman behandelt) und Minnelieder von groes-
  • serer Kunst und Genauigkeit des Vers- und Strophenbaues
  • dichtete. [Ausserdem ist von ihm ein Servatius erhalten, heraus-
  • gegeben V. Bormans, Maestrichtl858. Seine Eneide wurde her-
  • ausgegeben V. EttmüUer, 1852, von Behaghel 1882.] Aber er
  • hat nur das Verdienst des Stifters, er wurde gleich von den
  • — 21 —
  • nsecbsten Nachfolgern überholt, in der Lyrik von Eeinmar
  • von Hagenau oder dem Alten (so genannt im Gegensatz zu
  • Eeinmar von Zweter), und gar von Walther von der Vogel-
  • weide, in der Epik von Hartmann, von Wolfram von Eschen-
  • bach, von Gottfried von Strassburg.
  • Ich habe in der Lyrik Eeinmar' und Walther genannt,
  • Hartmann nicht, denn in der That, was Fülle und Man-
  • nigfaltigkeit der Ereignisse, was Gehalt und Form betrifft,
  • steht er hinter diesen zurück. Es ist weniger seine Sache, er
  • folgte mehr nur dem was Gebrauch war, als eigenem innerem
  • Trieb und Bedürfniss. Als Lyriker rühmt ihn ausser Gliers,
  • der bloss von seinen Leichen spricht, nur noch ein Dichter,
  • Heinrich von dem Thürlein in der Krone, 2360 fgg. und dessen
  • Lob verliert an Werth, da er ganz gedankenlos des unzweifel-
  • haft groesseren ganz vergessen hat, Walthers von der Vogel-
  • weide. Die Anerkennung aber des viel bedeutenderen, das
  • Hartmann für die Epik geleistet hat, kehrt mehrmals bei
  • Dichtern seiner Zeit und der Folgezeit wieder [vgl. Haupt,
  • Erec ^323 fg.], und bei solchen, die besser als Heinrich be-
  • rufen waren ein ürtheil abzugeben. Eudolf von Ems wirft
  • in zweien seiner epischen Dichtungen, dem Alexander, der
  • nach 1230, und dem Wilhelm von Orleans, der vor 1241 ver-
  • fasst ist, wohlgefällige Ueberblicke auf die gesammte hoefische
  • Ependichtung seines Zeitalters. Die Stelle aus dem Alexander
  • findet man bei v. d. Hagen, MS. 4, 865 — 867, die aus dem
  • Wilhelm von Orleans LB. 783: beidemal ist wesentlich das
  • Gleiche gesagt, [vgl. Germ. XXIV, 1 ff.; Paul und Braune
  • Beiträge III, 140 ff.]. Beidemale stellt er als Stifter an die
  • Spitze Heinrich von Veldeke, dann folgen als die eigentlichen
  • Häupter Hartmann, Wolfram und Gottfried, erst nach diesen
  • all die übrigen, nicht als die jüngeren, denn es ist darunter z. B.
  • auch Ulrich von Zazikoven, sondern nur als die minder gros-
  • sen, die nur die Menge ausmachen. Allerdings sind diese
  • drei die Häupter: durch die üebermacht ihrer Kunst ist das
  • mitlebende und die spseteren Geschlechter in ihre Nachfolge
  • — 22 —
  • gezogen worden, und sie haben, wie sie auf dem Gebiete der
  • Sagen von Artus und dem heiligen Gral zusammentrafen, dieses
  • für immer zu dem erkorensten Felde der hoefischen Epik ge-
  • macht; sie haben, wie jeder doch den gemeinsamen Stoflf
  • wieder auf andere Weise ergriff und gestaltete, in dieselbe
  • lebensvolle Verschiedenheit des Dichtens auch all die übrigen
  • eingelenkt. Aber nicht zufällig hat Rudolf von Ems wieder
  • beidemale Hartmann vorangestellt : er ist das zu oberst ragende
  • Haupt, er zeigt die epische Kunstdichtung des Mittelalters auf
  • dem Gipfel der sich selbst und andern genügenden Vollendung,
  • die Classizitset. Seine Haupttugend ist die mä^e. Die Stoffe,
  • die zu bewältigen sind, sind so einfach, dass sie mit Klar-
  • heit zu erzsehlen nothwendig ist, und doch wieder in sich so
  • mannigfaltig, dass die Erzsßhlung spannt und fesselt. Und er
  • erzsßhlt geordnet und in objectiver Anschaulichkeit. Nicht
  • ideelos sind seine Werke, sondern idealisch durchdrungen und
  • ganz von dem idealischen Kern heraus componiert: wir werden
  • davon spseter mehr zu sagen haben. Aber er stellt nicht die
  • Reflexion neben die Thatsachen und ebensowenig blosse Be-
  • schreibung neben die Erzsehlung (eine Ausnahme nachher); er
  • pflegt nicht über den Character seiner Personen zu sprechen,
  • sondern lässt sie selbst sich characterisieren durch ihr Handeln
  • und namentlich mit meisterhaftester Handhabung durch Ge-
  • sprsech und Selbstgesprsech. Sein Talent ist kein überquel-
  • lender Schatz, der Kreis, innerhalb dessen seine Anschauungen
  • sich bewegen, ein nicht gar weit gedehnter. Desshalb ist
  • von Gedicht zu Gedicht auch kein beweglicher Wechsel von
  • immer anderm und neuem zu bemerken, sondern wie die idea-
  • lische Erfassung wesentlich stsets gleichgeartet ist, so sind
  • auch in der Darstellung beständige Anklänge und Widerklänge.
  • Aber innerhalb der engeren Grenzen, welche seine Msessigung
  • ihm zieht, waltete er mit um so groesserer Sicherheit und Ge-
  • wandtheit und die Wiederholungen tragen nicht das Geprsege
  • der ünbeholfenheit, sondern einer künstlerischen Genüge an
  • dem, was einmal für gewisse Umstände als das treffendste
  • — 23 —
  • Bild und Wort ist erfunden und befunden worden. Diese
  • liebenswürdige Selbstentäusserung und Schlichtheit waltet bis
  • in die äusserlichste Äeusserlichkeit der Sprache. Er kannte
  • und konnte das Franzoesische und wir wissen aus Belegen ge-
  • nug, dass bei Hofe ein franzoesisch-deutsches Sprachgemenge
  • beliebt war, aber er giebt sich dem nicht hin, sondern gebraucht
  • ein reines Deutsch und das Franzoesische nur so weit, als es
  • unvermeidbar war, also nur ganz geläufige Ausdrücke (creatiure
  • A. H. 1199^ und namentlich die unentbehrlichen Fremd werte
  • des Turnierwesens (s. J. Grimm, kl. Sehr. 1, 363), das ein-
  • mal von Frankreich her erlernt war. Eine Ausnahme in diesem
  • wie in noch mehreren andern der bisher berührten Punkte
  • bildet nur der Erec, nach dem Klosterleben die erste seiner
  • Dichtungen. Hier gebraucht er noch mehr franzoesische Worte
  • als noethig, es finden sich langgestreckte Beschreibungen und
  • die Erzsehlung ist gestoert durch Reflexionen der subjectivsten
  • Art. Ich habe schon früher berührt, wie Hartmann im Erec
  • noch nicht ganz er selbst ist, noch abhängig ist vom Lanzelet
  • (gerade auch in diesen Stücken), welch ein Fortschritt aber
  • binnen kürzester Zeit von diesem zu seinen andern epischen
  • Gedichten gemacht ist.
  • Den zwei anderen, Wolfram und Gottfried, so gross in
  • seiner Art auch jeder von ihnen und in manchen Stücken
  • groesser als Hartmann sein mag, gebricht dennoch, damit
  • auch sie auf den Namen hcefischer Classiker Anspruch machen
  • könnten, bald die bald jene Dichtertugend.
  • Wolframs Hauptwerke sind der Parzival und eine den-
  • selben ergänzende Dichtung, Titurel, der nur bruchstücksweise
  • erhalten und wohl auch nur so gedichtet ist. [üeber Wolf-
  • rams Titurel 1 i eder, wie Müllenhoff sie bezeichnet hat, s. Stosch
  • Z. f. d. A. 25, 189 ff.] Der Parzival, der allein ganz ist,
  • ist grossartig durchdacht und angelegt, in der Anlage wahr-
  • haft ein Werk des Tiefsinns, und eben dieser Tiefsinn herrscht
  • auch ganz in Einzelheiten, aber eben nur in Einzelheiten; er
  • dichtet ohne Mass und Ebenmass, denn er dichtet ohne Ob-
  • — 24 —
  • jectivitset lediglich aus seiner eigenthümlichen Subjectivitaet
  • heraus, und seine Eigenthümlichkeit ist eine ebenso wunderbare
  • als wunderliche. Es findet sich ein unstaeter Wechsel tief-
  • heiligen Ernstes und halber Scherze, breitester Ausführung und
  • kurzer Abgebrochenheit ; er bemüht sich alles und jedes über
  • sich selbst hinaus in das Ungewoehnliche zu erheben, und
  • deshalb oder vielleicht auch nur aus spoettischer Neckerei ist
  • sein Deutsch buntscheckicht gemischt mitfranzcesischen Worten,
  • ja ganzen Versen in franzoesischer Sprache. Bei Hartmann
  • sind Dichter und Dichtung einander eben und gerecht, des-
  • halb kann auch der Dichter so ganz in seine Dichtung auf-
  • gehen: bei Wolfram mangelt diese Zusammenstimmung, sein
  • Streben geht über die Kraft hinaus, die er besitzt, oder doch
  • über die Mittel, die er braucht; Dichter und Dichtung decken
  • einander nicht und bald ragt so zu sagen der Dichter noch
  • über dßn Rand des Gedichtes, bald ist ein Theil des Gedichtes
  • von dem Dichter unberührt und unausgefüllt. Darum endlich
  • wenn Hartmann Stil besitzt, hat Wolfram nur Manier.
  • Blosse Manier und gleichfalls keinen Stil hat auch der
  • dritte, Gottfried, der Verfasser des Tristan. Denn auch
  • er ist, um einen solchen zu besitzen, nicht objectiv genug.
  • Er lässt gleichfalls nur seine Subjectivitset walten und die ist
  • nicht die des Ernstes und Tiefsinns, sondern vielmehr die einer
  • leichtfertigen Gesinnungslosigkeit. Er behandelt einen wol-
  • lüstigen Stoff. Man findet keine stockende Rede, sondern
  • diese fliesst unaufgehalten , aber auch im Ueberfluss; keine
  • Härte, kein Dunkel begegnet bei ihm, sondern alles ist heitere
  • Anmuth, aber hüpfend und tändelnd; seine Darstellung ist
  • glänzend, aber oft auch mit falschem Glänze blendend. Im-
  • mer geht er auf Zierlichkeit aus: selbst die Reflexionen,
  • die auch er keineswegs meidet, haben etwas zierliches, in
  • lyrischer Dichtart zierliches, um so mehr, da er stsets damit
  • auf der Oberfläche bleibt ; sogar dem Prunken mit Gelehrsamkeit,
  • das er liebt, verleiht er einen zierlichen Schimmer, und das
  • viele Franzoesisch , das auch er einmischt, bei ihm soll es
  • — 25 —
  • zierlich klingen. Der ganze Tristan hat etwas weibisches; so
  • hofgerecht er auch ist, so ist er doch nicht ritterlich: er ist
  • immer nur ein gelehrtes und feingebildetes Stadtkind. Gott-
  • fried ist hierin wie in allem der gerade Gegensatz Wolframs,
  • der seinen Stoff noch ritterlicher gemacht hat, als er an sich
  • schon war und den Leser von einem Speerbrechen zum:^andern
  • treibt: er aber wollte auch vor allen Dingen Ritter, dann erst
  • Dichter sein und die Gunst der Frauen nicht mit Gesänge,
  • sondern mit Speer und Schild verdienen: Parz. 115, 11 fg:
  • Schildes ambet ist min art. swä mm eilen st gespart^ swelhiu
  • mich minnet umhe sanc^ so dunJcet mich ir witise hranc, oh
  • ich guotes wibes minne ger, mag ich mit Schilde und oiich
  • mit sper verdienen niht ir minne solt, al dar nach st sie mir
  • holt. Hartmann hat auch hierin die rechte mä^e. Er ist
  • ritterlich gesinnt und ihm ist ein vollkommener Ritter
  • wie eine Zierde der Welt: er trsegt aber davon nicht mehr
  • in seine Dichtungen hinein, als ihm deren Stoff entgegenbringt,
  • er dichtet zuletzt doch nicht als Ritter, sondern als Mensch
  • und kann sich mit Liebe und Verständniss ebensowohl in das
  • Wesen niederer Personen und auch da in die Eigenart beider
  • Geschlechter versenken, wie, da er den A. H. dichtete, in die
  • ganze volle Denk- und Sprechweise eines ländlichen Ehepaares
  • und eines halb kindlichen, halb jungfräulichen Landmsedchens.
  • Nach all dem werden wir, wenn schon die Litteraturgeschichte
  • Hartmann und Wolfram und Gottfried neben einander als die
  • Häupter der hoefischen Epik zu nennen hat, in sehnlicher Weise
  • und mit sehnlichem Verhältniss neben einander, wie spseter im
  • Beginne unserer neueren Litteratur Lessing und Klopstock und
  • Wieland; wir werden nach all dem dennoch nicht anstehn,
  • mit Rudolf von Ems unter diesen dreien wieder Hartmann
  • den vordersten Rang einzuräumen. Im Vergleiche bloss mit
  • Wolfram hat das schon Gottfried selbst gethan, an einer Stelle
  • seines Tristan Sp. 117 — 119 der Ausgabe von Massmann
  • [v. 4619 ff. der Ausgabe von R. Bechstein], was Hartmann be-
  • trifft nur mit Gerechtigkeit, auch nicht ungerecht gegen
  • — 26 —
  • Wolfram, aber in hoehnisch bitterer Weise, gereizt durch die
  • allerdings ganz widerhaarig verschiedene Art, in welcher Wolf-
  • ram ihm entgegenstand, wsehrend ihm Hartmann bei weitem
  • weniger ferne und fremd, ja zum Theil schon ihm ein Muster
  • war (LB. 659 ff).
  • Wie vorher gesagt worden ist, die drei genannten Dich-
  • ter haben auf das mit und nach ihnen lebende Geschlecht
  • massgebend eingewirkt, sie sind der Mit- und Folgezeit für
  • die Wahl der Stoffe und für die Darstellungsweise die Vor-
  • bilder gewesen. Ihre Wirkung dauerte ununterbrochen bis an
  • das Ende des Jahrhunderts und theilweise noch darüber hinaus.
  • Wir haben hier bloss die besonderen Nachfolger Hartmanns
  • zu betrachten und wollen auch von diesen bloss die nennens-
  • wertheren namhaft machen. [Vgl. zum vorausgehenden LG.
  • § 61.]
  • Zunsechst erinnern wir noch einmal an Gottfried, der ja
  • selber Hartmann hoch genug stellt, dass man berechtigt wird,
  • den leichten Pluss seiner Erzsehlung auf den Vorgang Hart-
  • manns zurückzuführen, nur dass er die Leichtheit eben in
  • Leichtigkeit, die Anmuth in Ziererei gezogen hat, weil ihm
  • der Ernst des Gemuthes, weil ihm die Kitterlichkeit und zu-
  • gleich die Schlichtheit von Hartmanns Sinne abgieng. Gott-
  • frieds von Strassburg Werke (auch das Lyrische) sind heraus-
  • gegeben von V. d. Hagen, Breslau 1823. Die letzte Ausgabe
  • seines Tristan ist von Massmann, Leipzig 1843. [von K. Bech-
  • stein, Deutsche Classiker des Mittelalters 7 — 8 Band; 2. Auf-
  • lage Leipzig 1873.] Ferner ebenfalls noch bei Hartmanns
  • Lebzeiten dichtete Wirnt von Gravenberg, ein fränkischer
  • Eitter, um 1209, wie es scheint, noch ehe Gottfrieds Tristan
  • bekannt geworden ist, den Wigalois, auch einen Roman aus dem
  • Sagenkreise von Artus und der Tafelrunde. Sein Werk wird
  • als der ritter mit dem rade erwähnt im Renner 183b und
  • als da^ Bat von Rudolf von Ems: LB. 786, 17. Wirnt ist
  • nicht unbegabt, seine Dichtung ist stellenweise sogar gelungen
  • zu nennen, aber es ist durchweg beinahe widerwärtig durch
  • — 27 —
  • die eintoenige Art, in welcher er Absatz für Absatz seines
  • langen Gedichtes (11708 Z.) in gehaltlos reflectierende Worte
  • auslaufen lässt. Er hat das von Hartmann nicht, aber, über-
  • bietend, aus Ulrichs Lanzelet, wo stellenweise auch gerade so
  • die Keflexion angebracht ist. üeberhaupt hat er für die Kunst
  • des Dichtens wenig von Hartmann gelernt und doch ist nie-
  • mand sonst ein so entschieden eigentlicher Nachahmer. Ein-
  • zelne Wendungen und ganze Stellen aus Hartmanns Werken
  • sind wirklich in den Wigalois aufgenommen. Er hat sich in
  • alle Epen Hartmanns, vom Erec bis zum A. H. so hineinge-
  • lesen, dass ihm alles gegenwärtig im Sinn und auf der Zunge
  • liegt: aber er kommt über die blossen Beminiscenzen nicht
  • hinaus. Dadurch hat sein Werk einen gewissen Werth für
  • die Erklserung und Kritik der Hartmannischen Dichtungen.
  • Herausgegeben ist der Wigalois von Benecke, Berlin 1819
  • und von Pfeiffer, Leipzig 1847. [Das Verhältniss Wirnts zu
  • Hartmann behandeln Dr. H. Eckert, Programm d. Gym. zu
  • Stettin 1875; Meisner, Germ. XX, 421 ff; R. Medem, Progr. v.
  • Danzig 1880; R. Bethge, Wirnt v. Gravenberg, Berlin 1881.]
  • Ganz das gleiche gilt von einer betrsechtlich spseteren Dich-
  • tung, der Guten Frau, von einem ungenannten und unbe-
  • kannten Verfasser. Sie behandelt eine Sage, die wenn schon
  • mit ganz anderer äusseren Gestaltung doch ihrem idealen Ge-
  • halte nach in derselben -Richtung liegt mit dem A. H. Am
  • Schluss ist sie durch eine genealogische Anknüpfung in Ver-
  • bindung gebracht mit der Geschichte und Geschichtsdichtung
  • von Karl dem Grossen. Das Werk ist dürftig und ungeschickt
  • in der Darstellung und verrseth den schon begonnenen Verfall
  • der Kunst : um so mehr stechen nun durch Verschiedenheit der
  • Farbe die zahlreichen Stellen ab, die wörtlich aus den Ge-
  • dichten Hartmanns herausgeschrieben sind. Herausgegeben ist
  • es von Sommer in Haupts Z. f. d. A. 2, 392 fgg. Endlich
  • ist noch zu nennen Kon rad von Würz bürg, für die ältere
  • und die neuere Zeit der namhafteste unter allen Dichtern
  • Basels: er hat hier gelebt und in der Gunst Baselscher Edeln
  • — 28 —
  • und Bürger gedichtet, ist hier gestorben 1287, und hier wohl
  • auch geboren, nicht in Würzburg; sein Haus an der Ehein-
  • seite der Augustinergasse dem Museum gegenüber hatte den
  • Namen Wirjs^eburg [s. LG.^ 140; Wackernagel kl. Sehr. 1,
  • 297]. Er gebeert bereits ans Ende der mhd. Litteratur, war
  • aber bemüht die Kunst der früheren Geschlechter wieder her-
  • zustellen und neu am Leben zu erhalten. Die mit Geschick
  • und reicher eigener Begabung befolgten Muster waren ihm
  • Hartmann und Gottfried: letzterer that dem Muster Hart-
  • manns Eintrag und der Kedefluss geht oft über in Breite und
  • Tautologie. Dasjenige seiner zahlreichen und theilweise über-
  • aus umfangreichen Gedichte, das am meisten mit Absicht und
  • Bewusstsein an Hartmann sich anlehnt, ist der Engelhart oder
  • vielmehr von hohen triuwen. Der Stoff berührt sich mit dem
  • A. H., und dieser namentlich ist vielfach benutzt, wie wir
  • sehen werden. Herausgegeben ist der Engelhart von M. Haupt,
  • Leipzig 1844: ein Versuch aus einem durchweg entstellenden
  • Drucke des Jahres 1573 (Hss. fehlen) ein Gedicht des 13.
  • Jahrhunderts wieder herzustellen.
  • Gehen wir nun über zur Betrachtung des Armen Hein-
  • rich. Von der Sage, von ihren geschichtlichen Bezügen und
  • idealem Sinne, von der Art, in welcher Hartmann den gege-
  • benen Stoff aufgefasst und gestaltet habe, werden wir spseter
  • handeln. Jetzt wollen wir das Gedicht nur ganz für sich
  • betrachten. Es war bekannt und beliebt im Mittelalter, was
  • aber nicht wie bei manchem andern Werke schon durch die
  • Zahl und Beschaffenheit der Hss. bewiesen wird, denn wir
  • haben deren nur drei, alle drei sind jung und keine ist son-
  • derlich gut: die Strassburger stammt aus dem 14. Jahrhundert,
  • die Heidelberger gleichfalls aus dem 14., die Koloczaer aus
  • dem 15. Jahrhundert. Nur Bruchstücke einer Hs. aus dem
  • 13. Jahrhundert sind in St. Florian erhalten und abgedruckt
  • in Pfeiffers Germania 3, 347 fg. und enthalten Z. 646—652
  • und einzelne Verse und Versgruppen bis 888. Die Beliebtheit
  • ist aber bewiesen durch die wiederholte Benützung bei andern
  • k.
  • — 29 —
  • Dichtern, namentlich bei Konrad von Würzburg und in ge-
  • wisser Art noch mehr durch das Verhältniss, in welchem der
  • Text der Heidelberger und der Koloczaer Hs. zu dem der
  • Strassburger steht. Sie zeigen nsemlich eine durchgreifende
  • Umarbeitung: ein Versmacher (Dichter kann man nicht sagen)
  • des 14. Jahrhunderts hat seine Theilnahme damit beurkundet,
  • dass er, um nach seiner Ansicht die Dichtung schoener und
  • sinnreicher zu machen, sie gleichsam neu gedichtet hat, ge-
  • ändert, weggelassen, hin und wieder noch zugesetzt, nament-
  • lich einen ganz neuen Schluss: er lässt nämlich den A. H.
  • noch Mönch werden. Die Hss. haben dadurch Werth als Be-
  • leg des Portlebens der Dichtung, und für die Kritik sind sie
  • auch wichtig, da manchmal in der üeberarbeitung einzelne
  • Worte und Verse echter und richtiger festgehalten sind als
  • in der Strassburger Hs., die zwar keine üeberarbeitung bietet,
  • sondern den Urtext, aber nicht ohne Fehler, enthält: stammt
  • sie doch aus dem 14. Jahrhundert, wo die Sprache schon eine
  • ganz andre war als um 1200, und die Schreiber des Mittel-
  • alters schrieben diese stsets in die Sprache ihrer Zeit und ihre
  • Mundart um.
  • Ausgaben sind viele veranstaltet worden.
  • 1. Abdrücke der Hss. Die Strassburger Hs. wurde abge-
  • druckt durch Christoph Heinrich Müller in der Sammlung
  • deutscher Gedichte aus dem 12., 13. und 14. Jahrhundert, 3
  • Bände, Berlin 1784 fgg: der 1. Band enthält u. a. den A. H.
  • Gesondert abgedruckt wurde die Hs. dann durch die Brüder
  • Grimm, Berlin 1815. Die Koloczaer Hs. ist abgedruckt im
  • Koloczaer Codex altdeutscher Gedichte, herausgegeben vom
  • Grafen Mailäth und Köffinger, Pest 1817. Die Heidelberger
  • Hs. ist nicht eigens gedruckt, und es ist auch überflüssig,
  • da sie mit unerheblichen Abweichungen wörtlich mit dem
  • Koloczaer Codex stimmt, nur dass sie älter ist: beide stam-
  • men aus einer und derselben Urschrift.
  • 2. Kritische Bearbeitungen : Lachmann, Auswahl aus den
  • hochdeutschen Dichtern des 13. Jahrhunderts, Berlin 1820;
  • — 30 —
  • in meinem AM. LB. 1835 und 1839 [4873 S. 523]; Wil-
  • helm Müller, Göttingen 1842; Haupt, die Lieder und Büch-
  • lein und der arme Heinrich von Hartmann von Aue, Leipzig
  • 1842 [21881; s. oben S. 11.]. Meine Ausgabe [Basell855; ent-
  • hielt nur den Text] schliesst sich gleich den früheren wesent-
  • lich an die Strassburger Hs. an, nur in selteneren Fällen, wo
  • die üeberarbeitung das echtere bewahrt zu haben schien, wurde
  • deren Lesart der Vorrang gegeben; in den Anmerkungen sind
  • die Abweichungen der Hs. nur da angeführt, wo alle drei Hss.
  • abweichen und der fehlerhafte Text derselben entweder von
  • mir oder meinen Vorgsengern gebessert ist. [Ausgabe von
  • F. Bech in den deutschen Classikern des Mittelalters, 5. Bd,
  • Leipzig 1867, ^1873; in MüUenhoffs altdeutschen Sprachproben,
  • 3. Auflage Berlin 1878; mit Glossar von JB. Sdhtdz^ Leipzig
  • 1871; Her Hartmann v, d. Avs^ diu mcere vom armen Hein-
  • rich, Kiel 1880 giebt sich als Handschriften-Facsimile, ent-
  • hält aber den Hauptschen Text in imitierter alter Schreibweise ;
  • Ausgabe vonH- Paul, Altdeutsche Textbibliothek 3, Halle 1882.
  • Auch die meisten mhd. Lesebücher enthalten den A. H.]
  • Diese zahlreichen Ausgaben moegen dafür bürgen, dass
  • das Werk nicht bloss einen geschichtlich vergsenglichen und
  • vergangenen Werth hat, sondern einen dauernden, und dass
  • sein Reiz für Freunde der erzaehlenden Dichtung auch noch
  • jetzt besteht. Noch mehr ist das bewsehrt durch die eben-
  • so zahlreichen Erneuerungen, die die Dichtung ganz in
  • den Kreis unserer Litteratur hineingerückt haben oder doch
  • haben hineinrücken sollen. Der A. H. von Büsching, mit
  • Kupfern von Hegi, Zürich 1816 ist fast nur in die neuere
  • Orthographie umgeschrieben, voll von unverständlichen und was
  • noch schlimmer missverständlichen Alterthümlichkeiten. Eine
  • eigentliche üebersetzung hat Simrock gegeben, Berlin 1830
  • [besser im Altdeutschen Lesebuch in neudeutscher Sprache,
  • Stuttgart und Tübingen 1854, S. 261 flf.; dann zuletzt die '
  • üebersetzung Simrocks zugleich mit verwandten Gedichten und
  • Sagen, Heilbronn 1875. Der A. H. übersetzt von Marbach,
  • — 31 —
  • mit Holzschnitten, Leipzig 1850. Der A. H. mit 7 Zeichnungen
  • von J. V. Pührich, Leipzig 1877]. In Prosa hat G. Schwab das
  • Werk übersetzt : Buch der schcensten Geschichten und Sagen,
  • Theil 1, Stuttgart 1836. Simrocks Deutsche Volksbücher
  • Theil 6, Frankfurt 1847. Endlich ist der arme Heinrich noch
  • neu und frei mit bedeutend geringerem Umfange als bei U art-
  • mann (Abkürzung der dialogischen Theile) gedichtet worden
  • von Chamisso: eine seiner letzten, aber nicht gerade seiner
  • besten Arbeiten. [Eine italienische Uebersetzung erschien von
  • A. Baragiola, Bai tedesco medioevale. Der arme Heinrich von
  • H, V, Aue, Ilpovero Enrico^ versione inprosa. Strassburgo 1881.1
  • Metrischerer m. Die epischen Dichtungen des Volkes
  • sind Lieder, berechnet für Gesang und Begleitung von Saiten-
  • spiel. Daher sind auch gern in Strophen diejenigen umfang-
  • reicheren Epopoeien abgefasst, denen Heldenlieder des Volkes
  • zum Grunde liegen, die volksmsßssigen Epen : Nibelungen,
  • Gudrun. Sie selbst wurden nicht mehr gesungen. In hoefischer
  • Epik, die nicht an deutschem Volksgesang anknüpft, ist Stro-
  • phenbau selten, obwohl er sich findet, wie z. B. im Titurel.
  • Hier ist wie im Lehrgedicht, wie dann auch im Dialog des
  • Dramas in der Regel eine unsangbare, von vornherein nur
  • für das Lesen brauchbare, auf Lesen berechnete Form, die
  • (im Gegensatz zum Gesänge) rede im Gebrauch (A. H. 17;
  • lesen 23). Auch Hartmann gebraucht diese Form in seinen
  • epischen und seinen halb lehrhaften Dichtungen, den Büchlein,
  • hier sind sie nur stellenweis der mannigfaltiger belebten Form-
  • gebung der Lyrik nahe gebracht.
  • Das Versmass kann halbprosaisch genannt werden, inso-
  • fern zum Wesen der voll und eigentlich poetischen Form der
  • Gesang gebeert. Sie ist auch hervorgegangen aus der Prosa,
  • nur einer über das Gewoehnliche hinaus mit Wohlklang ge-
  • schmückten Prosa. Schon früh im Mittelalter wurde in latei-
  • nischer Prosa Satz für Satz mit Reimen durchflochten : s. z. B.
  • Vita St. Galli aus dem 8. Jahrhundert (Pertz, Mon. Germ,
  • bist. 2). Weiterhin wurde diese Art Prosa besonders beliebt
  • — 32 —
  • bei den Geschichtsschreibern in der Zeit der letzten Saechsi-
  • schen und zumal der Salischen Kaiser. Als Beispiel moege
  • dienen das Leben Meinwerks, Bischofs von Paderborn (Vita
  • Meimverci episcopi 1009—1036) cp. 52, Pertz 13, 140: Stu-
  • diorum muUiplicia sub eo floriierunt exercitia — quando ibi
  • musid ftierunt et dialectid, enituerunt rhetorici darique gram-
  • matici; quando magistri artium exercebant trivium (eben Gram-
  • matik, Rhetorik, Dialektik), quibus omne Studium erat circa
  • quadruvium (Geometrie, Arithmetik, Astronomie, Physik), ubi
  • mathematici (L arithmetici?) claruerunt et astronomid; ha-
  • bebantur phisici atque geometrici; viguit Oratius magnus et
  • Virgilius, Crispus ac Salustius et Urbanu^s Statius ; ludusque
  • fiiit Omnibus insudare versibus et dictaminibus iocundisque
  • cantibus u. s. w. So finden sich gewoehnlich obenhin vier
  • Accente, der Beim unmittelbar zweimal: es zeigt sich darin
  • Einfluss des Versbaues der deutschen Lieder und Leiche. Die
  • Zeit, wo diese lateinische Reimprosa im hoechsten Flor war,
  • war es gerade, wo auch die deutsche Litteratur vorzüglich in
  • den Händen der Geistlichkeit war und wo sie ihrem üeber-
  • tritte aus der ahd. in die mhd. Periode entgegengieng und
  • sich darauf vorbereitete. Und im 11. und 12. Jahrhundert
  • wurde diese Reimprosa auch ins Deutsche eingeführt, in
  • Erzsehlung und Lehre angewandt, in der rede, deren Prosa
  • stellen weis oder durch und durch so geschmückt war; auch
  • hier finden sich denn im Durchschnitt vier gehobene Silben
  • und meist Reimpaare: aber es finden sich auch mehr, auch
  • weniger Accente, auch mehr Reime und reimlose Zeilen.
  • Dieser Form nun bemächtigte sich die hoefische Dichtung
  • gleich bei ihrem ersten Entstehen. Schon Heinrich von Veld-
  • eke gebrauchte sie. Aber hier wurde diese . Form zu künst-
  • lerischer Regelung getrieben durch inneres Bedürfniss und von
  • aussen her durch franzoesisches Muster. Bei diesen z. B. bei
  • Chrestien von Troies finden sich acht- oder neunsylbige, viermal
  • gehobene, paarweis reimende Verse : dem sehnlich, nur mit den
  • Abweichungen, welche die deutsche Sprache gebietet, hat sich
  • — 33 —
  • nun auch in Deutschland aus der bisherigen ßeimprosa ein
  • eigentlicher Versbau entwickelt, die Form der Gedichte, die
  • auch jetzt noch rede war, unsangbare Epik und Didaktik.
  • Mit dieser Ausbildung des Versbaues war die Einführung noch
  • einer andern Genauigkeit verbunden. Bis auf Heinrich von
  • Veldeke war in der ßeimprosa wie in gesungenen Liedern
  • und Leichen der Reim oft nur ein ungefsehrer Gleichklang,
  • die reimenden Silben waren nicht gleich, sondern nur sehn-
  • lich und das beruhte auf Nachlässigkeit, aber auch auf Un-^
  • faehigkeit der Sprache. Jetzt wurde man hierin in Rede und
  • Lied sorgfältiger und strenger; die Sprache erleichterte das sehr.
  • Hartmann v. A. fällt mit den Anfängen seines Dichtens
  • noch in die Anfänge dieser neuen Vers- und Reimkunst. Da-
  • her finden sich bei ihm auch noch üeberreste der frühern
  • Kunstlosigkeit, falls nsemlich, wie vermuthet, jenes lehrhafte
  • Bruchstück aus einer Dichtung seiner kloesterlichen Jugend-
  • zeit herrührt. Es finden sich hier Verse, die noch fast nir-
  • gends das rechte Mass der Accente innehalten: es ist eben nur
  • noch Reimprosa. Der Reim ist zwar meist schon genau, aber doch
  • nicht überall. (Als Beispiel dient das im LB. 429 abgedruckte
  • Stück.) In all den spseteren Gedichten aber, d. h. in allen
  • denen, die mit Gewissheit sein Eigenthum sind, erscheint die
  • neue hoefische Kunst in all ihrer Fülle und Reinheit, genauer
  • Vers, genauer Reim. Nur was letzteren betrifft, ist der Erec
  • noch nicht ganz vollkommen. Hier findet sich z. B. 3303
  • mcm : Mn [vgl. Haupt z. Er. 241]; (späterhin z. B. nur
  • mom : hau, Mn : län; nur Wolfram von Eschenbach ist da-
  • rin nicht genau); 435 oehein : stein, 901 ruon : tuon;
  • spseter nur noch einmal Greg. 565 (xJiein : mein. Sonst findet
  • sich im Greg, und Iw. und A. H. nichts der Art (Haupt,
  • Erec XV).
  • Der Bau der Verse ist nicht so, wie wir jetzt diese
  • Versart behandeln, weil der Accent, die Grundlage alles deut-
  • schen Versbaues in der älteren Sprache anderen Gesetzen folgt
  • als jetzt. Das Nothwendige wollen wir in Kürze angeben.
  • 3
  • — 34 —
  • Die Hochtoene fallen wie jetzt auf alle einsylbigen Wur-
  • zelworte, auf die Wurzelsylben aller mehrsylbigen flectierten
  • oder abgeleiteten Worte und auf die Wurzelsylbe des ersten
  • Bestandtheils in Zusammensetzungen.
  • Die Tieftoene fallen auf den zweiten Theil von Zusammen-
  • setzungen und die voller lautenden Ableitungssylben , wie
  • -nisse, -unge udgl. Daneben zeigt aber die alte Sprache noch
  • Tieftoene unter mehrfachen Umständen, wo jetzt die Sylben
  • tonlos sind. Es haben sich aber im Portschritt vom Ahd.
  • zum Nhd. nicht bloss diese Qualitsets-, es haben sich auch
  • die Quantitsetsverhältnisse unserer Sprache geändert.
  • In zweisylbigen Worten, deren erste kurz und hochtonig
  • ist, ist die zweite, die Plexions- oder Ableitungssylbe, tonlos:
  • wäge^ zehen^ beliben, böte, jügenL Wenn die erste Sylbe lang
  • ist, so ist die zweite tieftonig: wäge, ^ehen^ belibe, röte, sügent,
  • wdlgen, süngm, aber nur wenn darauf eine tonlose Sylbe, ein
  • proklitisohes Wort oder eine Vorsylbe folgt: loägen den Up;
  • vor einem Hochton sinkt der Ton dieser Sylbe herab: wägen
  • ere unde Up, In dreisylbigen Worten, deren erste hochtonig
  • ist, ist die letzte tieftonig: wägende^ edele, Witege, löbete,
  • tügende, aber wieder nur wenn eine tonlose Sylbe darauf folgt :
  • smer tügende geniesen^ dagegen sine tügtmde prlsen,
  • Ist in dreisylbigen Worten die erste lang, so ruht der
  • Tiefton auf der zweiten: wägmde^ änderiu, ^tselen, dürftige,
  • Undlsehe. — Solche wie alle Tieftoene werden für den Vers-
  • bau den Hochtoenen gleich gerechnet: die einen wie die an-
  • dern helfen die jedesmal erforderliche Zahl der Hebungen her-
  • stellen.
  • In den Versbau der Lyrik war. mit Heinrich von Veld-
  • eke ein mehr gleichmsessig geregelter Rhythmus gekommen,
  • als die früheren Zeiten schon gekannt hatten: zwischen je zwei
  • Hebungen durfte nur eine Senkung stehen; ob auch vor der
  • ersten Hebung, war für gewoehnlich gleichgültig, also gleich-
  • gültig ob Jamben oder Trochseen den Vers bildeten. Doch
  • gab es Dichter, die auch hierauf achteten, wie Walther von
  • — 35 —
  • der Vogelweide. Es bedingte das auch die groessere Kunst
  • des Gesanges. Nicht so war es in der Epik, wo auch beim
  • Gesänge der Vortrag ein kunstloserer war, wo aber meist nicht
  • einmal mehr gesungen, sondern nur noch gesagt, nur noch
  • gelesen ward. In diesen Gedichten musste nur jeler Vers vier
  • Hebungen haben, gebildet durch Hochtoene und Tieftoene. Nur
  • diese waren nothwendig. So viel Sylben dann daneben ohne
  • Accent können gesprochen werden, so viel dürfen als Senkungen
  • sich daneben legen: dürfen, nicht müssen. Und so entstehen
  • wohl oft genug auch hier rein jambische und rein trochseische
  • Verse, weil zwischen, weil vor allen betonten Sylben unbetonte
  • liegen, und ab und zu Anapäste und Dactylen, weil die Be-
  • schaffenheit und Stellung der Worte eine zweisylbige Senkung
  • zulässt. Z. 1 ein rUter ,sd geleret wds^ Z. 2 däjsf er an den
  • w
  • bmchen las, Z. 28 swer Über des ändern schulde bite. Aber
  • dem am äussersten Ende gegenüber kommen ebenso wohl Verse
  • vor ohne alle Senkung, die bloss die 4 Hebungen, bloss 4
  • Sylben haben. Im A. H. findet sich dafür kein Beispiel, aber
  • im Erec 3298 fünf rouhcere, 5116 ouch wart £rec^ 6717
  • dar üf saiszer^ 7333 halp swaris, halp blanc; im Iwein 459
  • (Zsehne eines ungeheuren Menschen) lanc^ scharpf, gröis, breit
  • (915. 3734). Dazwischen stehen auf und ab Verse bald ohne
  • die eine, bald ohne die andere Senkung, und nicht selten sind
  • gerade .auch dann Worte als Hebungen gebraucht, deren Ton
  • nur ein sehr schwacher sein kann, die sonst eher tonlos, pro-
  • kli tisch sind: Z. 814 üs iuwem hüldhi; 1230 ein loch gände
  • va/nt, wo ein der Artikel, nicht Zahlwort ist.
  • Kegelmsessig je zwei solcher Verse reimen nun mit ein-
  • ander, unmittelbar, paarweise. Aber die Besonderheiten der
  • mhd. Quantitaet und Betonung führen auch in Betreff des
  • Reimes Abweichungen von dem jetzigen Verfahren mit sich.
  • Da zweisylbige Worte, deren erste kurz ist, auf der zweiten
  • aecentlos sind und bloss die Accente gezsehlt werden, so ha-
  • ben Reime mit dergleichen Worten denselben Werth als mit
  • einsylbigen, und bilden auch nur einen stumpfen Reim : Z. 23
  • — 36 —
  • fgg. lese : wese, göte : höte^ mite : bUe. Ebenso können drei-
  • sylbige Worte, deren zweite tieftonig und kurz ist (-i^) mit
  • den beiden letzten Sylben als stumpfer Reim verwendet wer-
  • den : Greg. 2579 dürftigen : verisigen. Dagegen bestellt der
  • klingende Reim aus Worten, deren erste Sylbe lang ist, trsegt
  • demgemsess zwei Hebungen, und ein solches Wort giebt die
  • volle Hälfte des Verses her: Z. 5. dienstman was er ze Oüwe;
  • er näm im mdnge schöuwe. Zweimal betont werden und des-
  • halb auch klingenden Reim geben die Worte mit drei kurzen
  • Sylben {^^^),. die aber bei Hartmann selten im Reim vor-
  • kommen: Iw. 617 hoch ündenidere die stimme gdp hin widere.
  • Hier aber, im Reim, am Schluss der Verse, ist der Tiefton
  • schwach, denn der Gegensatz einer nachfolgenden tonlosen Sylbe
  • fehlt und es ist bloss der Gegensatz der vorangehenden stark
  • . betonten vorhanden: die letzte Sylbe ist wohl auch tonlos»
  • so dass nur die Hebung der ersten Sylbe in Betracht kommt.
  • Das zeigen Verse, die auf dem klingenden Reimwort nur diese
  • eine Hebung tragen: Z. 549 war ümbe lästü uns niht
  • släfen? süs begtinden si st strafen. (Nicht slafen : strafen;
  • sonst gsebe das 5 Hebungen.)
  • In solcher Weise sind klingende Reimpaare von gleichem,
  • Werthe mit stumpfen, da ja beide die gleiche Zahl der He-
  • bungen gewsehren; sie sind auch in den epischen Gedichten
  • nach Zufall gemischt. Die Lyrik ist auch hierin sti:enger:
  • sie kann beiderlei Reime nur mit Ordnung wechseln lassen,
  • Strophe für Strophe muss die gleiche Mischung und Reihen-
  • folge einhalten.
  • Diess sind die Grundzüge der epischen Metrik. Durch-
  • aus erscheint Gesetzlichkeit und Gleichmass, aber mit Freiheit
  • und in Mannigfaltigkeit entwickelt. Der gleiche Charakter
  • gilt bis in die weiteren Einzelnheiten hinein.
  • Wir wollen nur noch einige wenige Punkte betrachten»
  • die theils bei allen Dichtern gelten, theils Eigenheiten sind»
  • welche Hartmann nicht so mit allen übrigen gemein hat.
  • Durchweg findet sich Beseitigung derjenigen Hiatus, die dem
  • — 37 —
  • deutschen Ohre widerstreben, d. h. auslautendes stummes e
  • vor unbetontem vocalischem Anlaut wird apocopiert oder ver-
  • schleift. Sodann herrscht besondere Strenge und Genauigkeit
  • am Schluss des Verses: auch die antiken Dichter gestatten
  • sich da nicht all die Freiheiten, die Auflösungen, die Zusäm-
  • menziehungen, die sie sich sonst erlauben, denn durch schär-
  • fere reinere Abgrenzung ist die Gestalt des Ganzen in ihrer
  • Schärfe und Reinheit gesichert. Im Deutschen macht der
  • Reim, damit sein Wohllaut nicht leide, doppelte Sorgfalt
  • noth wendig. Bei der Erklserung des Einzelnen werden wir
  • manche Functe, die darauf Bezug haben, berühren müssen.
  • Hier nur eins. Die vorletzte Sylbe, wenn sie gesenkt ist,
  • duldet keine Consonantenhäufung : z. B. nicht Up und güot,
  • sondern Up ünäe güot. Im Erec finden sich noch solche
  • Härten, z. B. 5282 wan dö weinde wip unt man [2. Aufl.
  • unde man] (Lachmann z. Iw. 4365); aber im A. H. heisst
  • es z. B. 672 mich lobet man unde wip, — Dafür nun herrscht
  • eine groessere Freiheit inmitten des Verses und gar zu Be-
  • ginn. Starke Tieftoene, ja selbst einsylbige Hochtoene, die un-
  • mittelbar zwischen zwei anderen Tcenen stehen, werden hinab-
  • gedrückt, wie bei uns: Z. 5 dienst man tväs er ze Ouwe; 729
  • und öuch der werlt nach völgende ist In Schlusssylben mit
  • stummem e vor Liquida, denen vocalischer Anlaut folgt, wird
  • das e syncopiert (Verschleifung): Z. 34 die ein ritter in stner
  • jugent Häufig wird auch das stumme e der Vorsilbe ge-
  • syncopiert: geselle wie gselle nach alamannischer Mundart,
  • oder es ist vielleicht auch ganz ohne ge- seile gesprochen wor-
  • den? Wir hätten dann niederdeutschen Einfluss anzunehmen
  • (Veldeke) [s. Haupt z. Er. 1969]. Im Anfang aber wird bei
  • Worten mit erster langer Sylbe (-i) der Hochton nicht ge-
  • rechnet: Z. 994 zwischen dem herren unde in drin; zweisyl-
  • bige Worte oder zwei Worte werden, sobald der Sinn unter-
  • geordnet ist, im Accent hinabgedrückt und stehen ganz in
  • der ersten Senkung und darauf erst kommt die erste Hebung.
  • Dergleichen mehrsylbiger Auflaut findet sich öfter, z. B. 108
  • — 38 —
  • unser süeze ist vermischet; 584 wan dun quceme nie in leider
  • loch.
  • Es ist einleuchtend, zu welch beweglicher Mannigfaltig-
  • keit sich so auf der Grundlage seiner Regeln der epische
  • Versbau entwickeln kann, wie ihm nach allen Seiten hin der
  • Wohllaut eröffnet und es ihm moeglich gemacht ist, mit ver-
  • schiedenem Ausdruck charakteristisch abzuwechseln. Ich meine
  • den epischen Versbau, wie er bei Hartmann von Aue und
  • seinen Zeitgenossen in dem Blütenalter der epischen Dichtung
  • uns entgegentritt. Bei dem namhaftesten des späteren Ge-
  • schlechtes, Konrad von Würzburg, ist er schon ganz anders
  • geartet: dieser behandelt den epischen Vers wie den lyrischen,
  • regelmsessig um einander gesenkt und gehoben und mit Aus-
  • nahme der selteneren Stellen, wo etwa eine spondaeische Zu-
  • sammensetzung ein unübersteigliches Hinderniss in den Weg
  • legte, Jamben. Da ist der Vers allerdings eintcenig genug
  • und wäre ganz zum Ermüden, wenn Konrad nicht wenigstens
  • eine Eigenheit, die unter seinen Vorgängern namentlich un-
  • seren Hartmann bezeichnet, auch in seine Dichtungen über-
  • tragen hätte. Das ist die ßeimbrechung, der Gebrauch den
  • Schluss eines Satzes nicht an das Ende, sondern in die Mitte
  • eines Reimpaares, hinter das erste Reimwort zu verlegen:
  • zwischen Satz und Vers herrscht dadurch dasselbe Verhält-
  • niss, das innerhalb des einzelnen Verses zwischen Worten und
  • Füssen herrscht: die Reimbrechung erscheint als eine Caesur
  • im weiter gedehnten Maassstab. Zusammenfallen von Satz-
  • schluss und Reimschluss tritt nur ein am Ende eines Ab-
  • schnittes, und ein solcher wird dadurch bezeichnet, wie am
  • Ende eines Verses Wortfuss und Versfuss, z. B. Z. 47 fgg. Sin
  • nanie u. s. w. Hartmann hat nicht als der erste, auch nicht
  • der einzige diese Eigenheit, sondern zunsechst vor ihm schon
  • Ulrich von Zazikoven in seinem Lanzelet und auch das schon
  • Heinrich von Veldeke: aber bei keinem sonst ist es mit so
  • beharrlicher Strenge, mit so deutlichem Bewusstsein, mit so
  • leichter Gewandtheit durchgeführt als bei Hartmann. Er
  • — 39 —
  • denn zumal ist für Konrad das Muster des gleichen Verfah-
  • rens gewesen. Es bricht dessen metrische Eintoenigkeit in
  • etwas: um wie viel mehr muss dieses neue Mittel der Be-
  • wegung und des Wechsels der hartmannischen Rede zu gute
  • kommen, der sonst schon eine solche Fülle des Lebens und
  • wohlgegliederter Mannigfaltigkeit inne wohnt?
  • DER ARME HEINRICH
  • HKEEN HAKTMANN8 VOK AUE.
  • r>^
  • DIZ IST VON DEM ARMEN HEINRICHE.
  • Ein ritter s6 geleret was,
  • daz er an den buochen las,
  • swaz er Aar an geschriben vant:
  • der was Hartman genant;
  • 5 dienstman was er ze Ouwe.
  • er nam im mange schouwe
  • an mislichen buochen:
  • 1. L&nz, 11S2 nter : sturmgiter,
  • "Wolfr. u. a. riter ohne Reim.
  • Hartm. Greg. 1331 ritter : bitter,
  • [s. Benecke und Lachmann zu Iw.
  • 42; Haupt z. Er. 8793].
  • geleret wohl auch in dem adj. abge-
  • schlossenem Sinne von gelehrt: Kehr.
  • 7584 um ein toiser arzat kom; der
  • was gelert uil wol. Herbort 18451
  • ein gelarter schulere. ßuol. 260, 4
  • di biscofe voölten zesamene Tcomen
  • unt ander gelerten (= Geistliche,
  • Walth. S. XVI). Als Particip =
  • unterrichtet: Wig. 276, 12 die (Ele-
  • fanten) künden entwichen unde
  • 8ten, mit strite gegen den tinden
  • gen: sus wären si geleret,
  • Krone 224 wan er so geleret
  • was, daz er die spräche künde.
  • Das nsßchste Merkmal, dass je-
  • mand Unterricht empfangen, war
  • die Kunst des Lesens [„geleret
  • hiess wer lesen konnte** Benecke
  • z. Iw. 21]: Ruol. 77, 7 selbe er
  • den brief las, wände er wole
  • geleret was. [der wol gelerte
  • Tristant an den brieten selber
  • las Heinr. v. Fr. Trist. 1408].
  • Wolfr. Wilh. 2, 21 swaz an den
  • buochen stet geschriben, des bin
  • ich künstelös bdiben: niht an-
  • ders ich geleret bin, wan, hän
  • ich kunst, die gxt mir sin, Greg.
  • 868 also der gelerte man an stner
  • tavele gelas. j. Tit. 1834 Ein
  • schriber wol geleret, Berth. 404,
  • 21 fg. Da hat er uns rehte mit
  • geflorierten buochstaben an daz
  • antlitze geschriben, — Daz ver-
  • stet ir gelerten Hute wol, aber
  • die ungelerten mügent sin niht
  • versten. Diu zwei ougen daz
  • sint zwei o. Ein H daz ist
  • niht ein rehter buochstabe u,
  • s. w.
  • 2. lesen an wie ^ ,schr%ben an,
  • 8 suochen an,
  • 6. schouwe act. Blick, Anblick;
  • pass. Aussehen, Gestalt.
  • 7. Goth. misso wechselseitig,
  • ahd. missi variu^ ; missi - missen :
  • miden^ mutare. Adj. misselich,
  • mislich verschiedenartig, verschie-
  • den, mannigfach. Nicht allen gleich
  • geläufig, H. sehr: im A. H. [167.
  • 992. 1473].
  • 44 —
  • dar an begunde er suochen,
  • ob er iht des fände,
  • 10 da mite er swaere stunde
  • möhte senfter machen,
  • und von s6 gewanten Sachen,
  • daz gotes eren töhte
  • und da mite er siqjü möhte
  • 15 gelieben den liuten.
  • nü beginnet er iu diuten
  • 8. hegunde nur umschreibend,
  • wie es oft gebraucht wird, auch von
  • Hartmann; im A. fl. [251. 482.
  • 859. 884. 999. 1208. 1219. 1258.
  • 1451]. Die Thffitigkeit ist mehr
  • in Leben und Bewegung gesetzt,
  • wenn nicht einfach nur deren Aus-
  • übung, Sondern Anfang und Fort-
  • schritt bezeichnet wird.
  • 9. Die Consonantenverbindungen
  • nd, ng, nJc verhindern den Um-
  • laut des u zu ü; die Verba dieser
  • Classe, auf deren Stammvocal mm,
  • nn, oder m und n mit einem an-
  • deren Consonanten folgt, haben da-
  • her nur die Vocale i, a, u [vgl.
  • Weinhold, mhd. Gr. 333].
  • Dieser und die folgenden Verse
  • sind nachgeahmt imWig. 8, 27 min
  • Jcunst diu was verborgen ie. die wolt
  • ich nu offen hie, ob ich mit mineni
  • munde möchte sware stunde
  • den liuten senfte machen,
  • und von solchen Sachen, daz
  • guot ze hcerene totere. Auch in Ge-
  • danken und Worten hier anklingend
  • Heinr. v. d. Thürlein, Krone 227.
  • 11. senfte das Gegen theil von
  • swcere, leicht , angenehm ; adv.
  • sanfte, Zeitwort senften A. H.
  • [637. 1036].
  • 12. von =: Gen. Z. 9.
  • gewant beschaffen: sus g. 410,
  • also g. 1268.
  • 13. daz und 14 da mite geht
  • auf iht von so gew. s. : dass es,
  • dass damit; vgl. 202. 411. 443.
  • 498. zu 741. — touc (noch im
  • 17. Jh. taug) tugen (tügen)
  • tohte : Pr. aus Impf. Grund-
  • bedeutung ist wohl: von Statten
  • gehn. Hier entweder nützen, die-
  • nen, wie 551. 889 oder ziemen,
  • angemessen sein, wie 1020. Der-
  • selbe Zweifel auch 330. Hier
  • jedoch eher das letztere; bei der
  • ersteren Bedeutung steht die Person
  • im Dativ, Sache mit ze: Lanzelet
  • 4166 swaz ze den eren tohte,
  • des was diu burc beraten.
  • 15. lieben lieb machen: 347.
  • möhte gelieben.
  • 16. Goth. thiuth (dienlich) gut :
  • diuten, tiuten verständlich ma-
  • chen, ausdeuten, übersetzen; Aus-
  • druck wofür sein, bedeuten; kund
  • thun, erzsehlen; zeigen, deuten.
  • Hier die .erste oder dritte Bedeu-
  • tung. Die Quelle war lateinisch,
  • deshalb ist auch eine Beziehung
  • auf diutisch vorhanden : ver-
  • deutschen.
  • 45 —
  • ein rede, die er geschriben vant.
  • dar umbe hat er sich genant,
  • daz er siner arbeit,
  • 20 die er dar an hat geleit,
  • iht äne lön belibe,
  • und swer nach sinem libe
  • si hoere sagen oder läse,
  • daz er im bitende wese
  • 25 der sele heiles hin ze gote.
  • 21. Die Strassburger Handschrift Niht, die Heidelberger und die
  • von Kölocza Ane Ion iht.
  • 17. rede Erzaehlung oder Lehre
  • in Reimprosa oder Reimpaaren.
  • Etwas unlogisch, denn eigentlich
  • meint er wohl nicht seine Quelle
  • als Eeimprosa, noch weniger, wenn
  • diuten s. y. a. erzählen ist, den
  • Stoff und Gegenstand seiner Er-
  • zählung, sondern sein eigenes Ge-
  • dicht, zu dem er den Stoff oder
  • die Quelle erst gestalten will; ge-
  • nauer also: in einer Rede, was
  • er geschrieben fand.
  • 19. arbeit Bemühung, Arbeit;
  • gewoehnlich Mühsal, Noth. Der
  • Genitiv gebeert zu Ion 21.
  • 20. müssig, wie 419 din triuwe,
  • die du hast; 738 iuwer rivwe,
  • die ir da hdbent umbe mich u. Ö.
  • arbeit legen an : Greg. 3818 Hart-
  • man, der sin arbeit an ditz getihte
  • hat geleit Ja Büchl. 2, 801 ich
  • lege und hän an ^ (die Geliebte)
  • geleit zwäre michel arbeit an libe
  • unde an muote,
  • 21. daz 'iht udgl. einem ne,
  • seltener einem ut non entsprechend.
  • Meist und zuerst im finalen, nicüt
  • in consecutivem Sinne; Ellipse von:
  • zu verhindern, dass. Diese Ellipse
  • niclit mehr so für daz Z. 24.
  • 22. lip mit leben zu belihen : die
  • Existenz,das Existierende ; vgl.unser
  • Leib und Leben, entleiben, nach
  • s. l, wie nach sime lebne. Nib.7,3.
  • [ Wernher v. Elmd, 49 an ein blat
  • gescribe daz man sin gedenke nach
  • sime libe].
  • 23. sagen, Gegensatz singen;
  • hoeren sagen, lesen hceren Gegen-
  • satz zu selbst lesen, Greg. 3823
  • die ez hcerent ode lesent, W. Gast
  • 1080 hoern und lesen.
  • 24k. besser bittende: Greg. 3824
  • daz ir bittende wesent. Häufige,
  • besonders H. beliebte Aufloesung.
  • [z. B. Iw. 4172 als ich des beitende
  • bin; 4906 diu mir ze herzen gende
  • sint], Sie dient zur Verstärkung
  • des besonderen Begriffes; der all-
  • gemeine Zeitbegriff und die Flexion
  • wird durch das Hilfswort aus-
  • gedrückt.
  • Nhd. ist von wcsen gebildet: We-
  • sen, ab- anwesend, gewesen, war.
  • 25. Gen. caus. und Dat. comm.:
  • Iw. 6008 do begunde ouch er ir
  • 46 —
  • man seit, er si sin selbes böte
  • unde erloese sich da mite,
  • swer über des andern schulde bite.
  • heiles hiten. — hin zei Worte
  • zu Gott gesendet, die Hand aus-
  • gestreckt.
  • 26. sui ipsius wie 248 sin sel-
  • bes muot 1070 von ir selber herzen.
  • Noch Hebr. 9, 7 Blut, das er
  • opferte für sein selbst und des
  • Volks Unwissenheit. [Sein eigener
  • Bote sein zrz in seinem eigenen In-
  • teresse handeln ; s. Dr. K. Schmuhi,
  • Beitrag zur Würdigung d. Stiles
  • Hartmanns v- Aue, Programm der
  • Lateinischen Schule in Halle a. S.
  • 1881, S. 16.]
  • 28. über Ausstreckung der be-
  • tenden und segnenden Hand, biten
  • über (bitten für) MS. 2, 157 a.
  • Er sol biten über mich, Rud. v.
  • E. Bari. 370, 36—39. Er sprach
  • ze gote sin gebet über des niuwen
  • küneges leben, daz im got heil
  • geruochte geben, dar nach bat er
  • über al die schar. Sonst für und
  • umbe. So auch in den anderen
  • Stellen , wo eben dieser Spruch
  • vorkommt: Hartm. selbst Greg.
  • 3401 wir haben daz von sime
  • (Gottes) geböte, swer umbe den
  • anderen bite, da Ices er sidi sel-
  • ben mite; Freid. 39, 18 'merket,
  • swer vür den andern bit^, sich
  • selben Iceset er da mite. Auch Hugo
  • V. Trimb. Renner 25 doch toil ich
  • ein büechelin, daz si da bi geden-
  • ken min, minen guoten friunden
  • tihten und mit rimen also berihten,
  • swelche ez lesen oder hceren
  • lesen, die suln miner sele wesen
  • gencedic: wan geschriben stät,
  • swer für des andern schulde bite,
  • stw selbes sele Ices er da mite. —
  • So ist der Eingang des Renner an-
  • klingend an den des A. H. ; so
  • auch der Schluss von Ulr. v. Turh.
  • Wilh. Hie hat daz buoch ein ende,
  • daz ich ze boten sende an si die
  • ez hceren lesen, daz sie mir bittende
  • wesen der sele heiles hin ze gote,
  • so mir kom des todes böte; und
  • das Vater Unser von Heinr. von
  • Krolewitz 4002 ff: der dise rede
  • hat geticht unde in diuschen bericht,
  • der ist Heinrich genant von Krole-
  • wiz uz Missenland, unde durch
  • daz muoz er sich hie nennen, daz
  • ist billich, daz man gedenke stn da
  • la, swer dise rede lesende si,
  • unde daz er im heiles wünsche
  • unde ouh des teiles, swes wir in
  • den Worten gern, daz in got ruche
  • des gewern unde daz er muze teil-
  • haft loerde aller dirre worte kraft
  • unde daz er ir dort vinde Ion unde
  • daz im iuwer bete don muze gar
  • zuo heile komen.
  • Ganz richtig der Ion Z. 21 ver-
  • standen: und 22 ist erklärend.
  • Hartmann selbst — er liebt Wie-
  • derholungen — hat einen sehnlichen
  • Eingang im Iw. und aßhnlich ist
  • der Schluss im Greg. Vielleicht
  • stand dergleichen auch im ErecV
  • der Anfang ist verloren. Iw. 21 ff:
  • ein riter, der g eieret was unde ez
  • an den buochen las, swenner stne
  • stunde niht baz beteenden künde.
  • — 47 —
  • Er las diz selbe msere,
  • 30 wie ein herre wsere
  • ze Swäben gesezzen;
  • an dem enwas vergezzen
  • deheiner der * tugent,
  • die ein ritter in siner jugent
  • 35 ze vollem lobe haben sol.
  • 30. Die Handschriften Wie daz : gebessert von Lachmann.
  • 33. Strassh. ES, Dekeine, HeideTb. t*. Kol, Aller : Lachmann in der
  • Auswahl Dekeiniu der tagende — jagende, bei JSaupt deheine wis der
  • tugent
  • daz er ouch tihtennes pftac (daz
  • man gerne hceren mac, da kert er
  • sinen vliz an ; er was genant Hart-
  • man und was ein Ouwisre), der
  • Uhte ditz mtsre. Hartmann denkt
  • an Leser in ferner Zukunft. —
  • Schluss des Greg.: H, der s«w ar-
  • beit an ditz getihte hat geleit got
  • und iu ze minnen, der gert daran
  • getüinnen ze lone von iu allen daz
  • ir iu lät gevallen, die ez hoerent
  • öde lesent , daz ir bittende
  • wesent, daz im diu scelde ge-
  • schehe daz er iu^h noch gesehe in
  • dem himeliiche. des sendet alle ge-
  • Itche disen guoten sündare (Greg.)
  • ze boten umb unser sware, daz
  • wir in disem eilende ein sceligez
  • ende nemen, als si da namen, des
  • gestiure uns got, amen. Der Un-
  • terschied hesteht darin, dass im Iw.
  • einfache Nennung, im Greg, und
  • A. H. eine zum Inhalt passende
  • Begründung steht: Fürbitte, dass
  • man wisse für wen. In diese Ge-
  • sinnung sind auch die angeführten
  • Nachahmer eingetreten. Vgl. den
  • Schluss von Cynewulfs Juliana Z.
  • 718 fgg.
  • 29. diz, ditze; diz : didaz. der
  • selbe dieser; daz selbe 393. disiu
  • selbe 166. dirre selbe 367.
  • 31. in Suevis. Nib. 325, 1 ez was
  • ein küniginne gesezzen über se.
  • 32 fgg. Anklänge an die Selbst-
  • schilderang Hiobs Cp. 29, 31.
  • 33. dehein mit pron. dem. der.
  • Iw. 375 und jach daz im nie mere
  • dehein der gast wäre komen, von
  • dem er hcete vernomen daz er även-
  • tiure suochte. 3728 sine rou dehein
  • daz guotj daz si an in hete geleit.
  • 4273 ichn hörte da ze hove sagen
  • von iu dehein daz mtsre, daz iuwer
  • iht wcere. Trist. 433, 28 niht durch
  • deheinen den bejac. MSF. 152, 17
  • sol mich diu werlt also vergän daz
  • ich deheinen den gewalt an minem
  • lieben friunde hän. Vgl. Nib. 131, 3.
  • ein (2«^ frouwe, die er noch nie ge-
  • sach, *Eracl. 1448 welch der tieveh
  • [Trist 258 (s. zu V. 38) an ime
  • brast aller tugende niht, der herre
  • haben solde zeigt, dass die Heidelb. u.
  • Kol. Hs. das ursprüngliche überlie-
  • fern : an dem was niht vergezzen aller
  • der tugende, der (ein) riter in sinei-
  • jugende ze ganzem lobe haben sol.]
  • 48 —
  • man sprach dö niemen also wol
  • in allen den landen,
  • er bete ze sinen banden
  • geburt und dar zuo ricbeit;
  • 40 oucb was sin tugent vil breit,
  • swie ganz sin babe waere,
  • sin burt unwandelbsere
  • und wol den fürsten gelicb,
  • docb was er unnäcb also rieb
  • 36. wol, haz spr, mit Dat. Lan-
  • zelet und bei Uartmann: Lieder
  • 5, 1 [MSF. 206, 20] swes vröide an
  • Quoten wiben stät, der sol in spre-
  • chen wol und wesen undertän u. a.
  • auch^wo*: Lieder 7, 16 [MSF. 208,
  • 4] ich spriche ir niuwan guot u. a.
  • 38 fgg. Nachgeahmt von Gottfr.
  • Trist. 247 fgg.
  • 39. geburt 45. 717; hurt 42.
  • Iw. 2089; — Erec 3810 ich hän
  • geburt noch daz guot, 9600 du^rch
  • daz in lebende was begraben mm
  • jugent unde min geburt. Iw. 1926
  • nü habent ir schcsne unde jugent,
  • geburt, richeit unde tugent xx.bl,
  • üngeburt A. H. 721. ungeborn
  • Greg. 2405. 2657.
  • 40. Erec 8543 des ist sin ere
  • vil breit wnd ze ganzem lobe er-
  • Tcant über elliu disiu lant, Engelh.
  • 820 wie was so breit ir schcene,
  • ir adel und ir tugent. Kehr. 8074
  • daz wurden breitiu mcere, Iw, 2904
  • daz sich iuwer ere breite unde
  • niere. Parz. 123, 18 des wart sin
  • lob von wiben wit,
  • 41. ganz vollständig, vollkom-
  • men: 63. 768. 788. 837.
  • 42. ica'ndel Rückgang, Tausch ;
  • Fehler, Boeses: wandelbare boese.
  • tadelhaft. Iw. 199 in der werlde
  • ist manec man valsch und wandeU
  • beere, der gerne biderbe wcere, wan
  • daz in sin herze enlät, unwandel-
  • beere untadlich, gut: 1172. Iw. 3252
  • swie manhaft er doch wcere und
  • swie unwanddbcere an libe unde
  • an sinne,
  • 43. fürsten die zunaechst dem
  • Koenige stehen, denen die Wahl
  • desselben zukommt: Herzoge, Land-
  • und Markgrafen. Dem Adel der
  • Fürsten gleich: Erec 288 sin b(srde
  • was vil herlich, einem edeln manne
  • glich, 1320 ir gebaerde was, vü
  • bliuclich, einer mägde gelich, Greg.
  • 2756 sieht und unzefüeret ist din
  • här und din lieh eime gemasten
  • fräze glich, geliehen Erec 2815 daz
  • man begunde geliehen sine^uoistuom
  • Sälomöne, — Eine Nachahmung der
  • StelleWigal. 137, 13. an siner geburt
  • tcas er groz, vil wol der fürsten
  • genöz, Meier. 3247 fgg. er ist von
  • geburte groz, wol aller künige genöz,
  • 44. nach beinahe 1203; unnäch
  • hebt die Annseherung an die Ueber-
  • einstimmung auf, kaum =: nicht.
  • Parz. 224, 27 sin reise unnäch
  • was so groz des tages, do er Ithe-
  • ren schöz.
  • — 49 —
  • 45 der geburt und des guotes
  • 86 der eren und des muotes.
  • Sin name was gar erkennelich:
  • er hiez der herre Heinrich
  • und was von Ouwe geborn.
  • 50 sin herze häte versworn
  • valsch und alle törperheit,
  • und behielt ouch vaste den eit
  • 46. mtiot Kraft des Denkens,
  • Empfindens, Wollens. Im Znsam-
  • menhang hier ist es diejenige Ge-
  • sinnung, die dem blossen Besitze
  • Yon Adel und Beichthnm entge-
  • gengesetzt und zum Ehrenerwerb
  • behilflich ist. Gegensatz dazn guot
  • Iw. 2905 irte iuch etswenne dez
  • guot michel ha/iiier danne der muot,
  • n4 mugt ir mit dem guote volzie-
  • hen dem muote; lip Iw. 5472 wie
  • selten ich daz toip, beide ir muot
  • und ir Itp, immer geprise; wort
  • Iw. 3125 siniu wort diu sint
  • guot: von den scheidet sich der
  • muot; werc Iw. 1505 daz er an
  • ctMen dingen wü volbringen mit
  • den werken ^nen muot; gebärde
  • Iw. 4387 do nam er ir beider war,
  • ir gebcerde und ir muotes n. a.
  • 47. Wig. 31, 8 &r het erworben,
  • daz sin nam von siner tugende
  • was erJsant; vgl. 137, 10 ir namen
  • man erkande in dem lande verre.
  • Aber erkennelich (Wolfr. Wilh.
  • 48, 9) sonst erkennecltch s. v. a.
  • erkennbar; adv, erkenneclichen act.
  • erkennend: Farz. 258, 2 do Par-
  • zival gruoz gein ir sprach, an in
  • si erkenneclichen sach : er was der
  • schcenste übr.elliu lant; da von si
  • in schiere het erkant. Daher besser
  • wohl erkanüich, das öfter im
  • Sinne von erkannt steht: W. Tit.
  • 104, 4 erkantliu mare ; BarL 162, 2
  • daa erkantltche gewant. [Der Vers
  • hier mnss nach B lanten : ^n name
  • der was erkennelich s. Haapt z.
  • Er. 5500.]
  • 51. valsch Unredlichkeit, Tren-
  • losigkeit. Betrag.
  • törper {dörper — p nd., t assim.)
  • Bauer, bänerisch roher Mensch,
  • törpel Tölpel: vilain im Gegen-
  • satz zu cou>rtois, hövisch, törper^
  • heit der Gegensatz von hövesch^
  • heit: bäaerisches Wesen, rohes
  • Benehmen, sittliche Rohheit: Iw.
  • 7121 heten si do gevohten ze rosse
  • mitten swerten, des st niene gerten,
  • daz wcere der armen rosse tot : von
  • diu was in beiden not, daz si die
  • dörperheit vermiten und daz si ze
  • vuoze striten.
  • 52. Welchen Blick wirft das
  • auf die Sittlichkeit des Adels!
  • (Ans Ps. 14, 4. vgl. Mos. m. 19, 12.)
  • vaste adv. zu veste, vgl. harte,
  • ange, sanfte, swäre, dräte, späte,
  • schöne, suoze; spat, fast, schon,
  • fest : 1207 ; Iw. 3470 st hafte zei-
  • nem aste diu pfert beidiu vaste;
  • Greg. 2884 do slief er also vaste.
  • behalten unversehrt erhalten.
  • 4
  • 50 —
  • statte unz an sin ende.
  • äu alle missewende
  • 55 stuont sin %re und sin leben.
  • im was der rehte wünsch gegeben
  • ze werltlichen eren;
  • die künde er wol gemeren
  • mit aller hande reiner tugent.
  • 60 er was ein bluome der jugent,
  • der werlte fröude ein Spiegelglas,
  • stseter triuwe ein adamas,
  • 53. sUßte, nicht State : adv. Acc,
  • wie unser stcets adv. Gen.
  • .54. missewende Wendung ins
  • B(Bse: Unthat, Unglück, Tadel. Hier
  • 1 oder 3 ; auch sonst äne m. häufig.
  • daz an missewende allez dtn
  • (Gottes) werc stdt Erec 5797 Wig.
  • 36, 23 nu gab im got in ^ner jugent
  • Schemen lip und ganze tugent : die
  • behielt er an ^n ende, äne misse-
  • wende lebt er in siner kintheit.
  • 56. wünsch das Vermcegen et-
  • was ausserordentliches zu schaffen,
  • auch personif. (Odhin Oski) [s.
  • J. Grimm Myth. I, 114—118,
  • Nachtr. III, 50 — 55.]; kraft dieses
  • Vermoegens ausgesprochenes Begeh-
  • ren (nhd. abgeschwächt); Inbegriff
  • des Schoensten, Besten, Vollkom-
  • mensten, Ideal : Konrad Alexius
  • 142 im hcete got den wünsch ge-
  • geben ue erweiter dinge; wünsch"
  • leben 393. Iw. 44. Büchl. 2, 79.
  • [vjunschwint Greg. 615 wunsch-
  • spil Er. 8530. — Ueber Wunsch
  • und tounsch bei Hartmann aus-
  • fdhrUch Schmuhl a. a. 0. 25 f.]
  • 59. reine rein ; vollkommen, gut,
  • schoen: 296. 938.
  • 58—60. G. Frau 1474 der mute
  • uz erkorne was ein zil der eren:
  • die künde er wol gemeren mit dller
  • hande tugende. er was ein bluome
  • der jugende.
  • Nun eine Keihe von Metaphern.
  • 60. 656 ein bluome in dime
  • künne, Pilatus 115 (Ma/ria) aller
  • wibe bluome; Walth. 35, 9 [35, 15]
  • d&r DUrnge bluome schinet dur
  • den sne; Parz. 122, 13 aller manne
  • schoene ein bluomen kränz.
  • 60—61. Konr. Engelh. 5303
  • Dieterich — über dl dn künne
  • ein Spiegel unde ein bluome schein.
  • 5731. du bist der schcenheit ie ge-
  • sin ein Spiegel unde ein bluo-
  • me; Alex. 138 er wart ein spiegel
  • richer tugent und aller erenblu>ome.
  • Reinm. der Alte MS. 1, 182 a
  • der Spiegel miner froiden ist
  • verlorn [= MSF. 168, 12 ndner
  • tounnen spiegel derst verlorn.]'^
  • Helbl. 10, 4 der engel spiegel schouwe
  • bistü erweltiu küniginne. [der
  • werlte fröude ein sp. = „ein
  • leuchtendes Abbild dessen, was die
  • Welt an Freuden bieten kann**
  • Schmuhl a. a. 0. 19.]
  • 62. Härte des Diamants hervor-
  • gehoben Er. 8427 J^rec im antwur-
  • — 51 —
  • ein ganziu kröne der zuht.
  • er was der nöthaften fluht,
  • 65 ein schilt siner mäge,
  • der milte ein glichiu wäge: ,
  • ime enwart über noch gebrast,
  • er truoc den arbeitsamen last
  • 68. Besserung Lachmanns : Heidelb, u. Koh die arbeit als ein last,
  • Strassb, der ersamen last
  • ten began als ein unverzagter man
  • des herze doch vü steete toas und
  • vester danne der adamas ; von dem
  • man solhe kraft seit, und wurde
  • der adamas geleit zwischen zwein
  • bergen stähelin (wie möhte dez
  • wunder grcezer sin?), die zemüele
  • er kleine, e man ez dem steine
  • iender möhte erkiesen an. dannoch
  • hete dirre man ze kekhdt stceteren
  • muot ; da von daz einer slähte bluot
  • disen stein geweichen mac (Bocks-
  • blnt): so künde ouch 6m des tödes slac
  • niht »inen muot betmngen noch üf
  • zageheit bringen. Als Bild der
  • Beständigkeit : Iw. 3257 der tu ein
  • rechter adamas ritterlicher tugende
  • was; MSF. 144, 27 ganzer tugende
  • ein adamas S. ülr. 249 der wären
  • mmne ein adamas. Der adam
  • macht den, der ihn trsegt, getreu:
  • M. Altswert, Kittel S. 43 ig. Die
  • adamast hant craft und art. Wer
  • uf erden nie getrüw wart, Der
  • sie hat der mtioz getruw sin —
  • Ach richer got, durch dl din gut
  • Gib der lieben stet fest gemüt. —
  • Er ist aber auch das Sinnbild der
  • Hartnäckigkeit: Sacharja 7, 12.
  • 63. Alle an Wohlgezogenheit
  • überragend und überstralend : Wig.
  • 144, 34 er was ein kröne unde
  • ein dach rehter riterschefte; MS.
  • 2, 394^ wip sint der tugende
  • ein kröne) guoter dinge ein über-
  • dach.
  • 64. Diut. 2, 291 (Maria) du da
  • bist ein fluht aller, die sich fer-
  • wurchet hant.
  • 65. Beaflor 105, 37 mit diner
  • güete du mir bist ein schilt vitr
  • dl der vinde nit.
  • 66. Das Geld wurde gewogen:
  • Helbl. 7, 344 (Kriegszug der Müde)
  • ir banier wiz, dar inne gemalt ein
  • wäge , dar uf rötez golt gewegen,
  • daz iz ab riset. Aber Hartmann
  • meint hier ein Gleichmass der Er-
  • wägung zwischen Geben und Be-
  • halten, so dass ihm nichts blieb,
  • wo zu geben, nichts mangelte, wo
  • zu haben geziemte.
  • 67. überwerden, gebresten un-
  • persoenl. mit Dat. und Gen.: Iw.
  • 6880 in was diu kampfzit also
  • na, daz in der tage zuo ir vart
  • enweder gebrast noch über wart,
  • und kömen ze rehten ziten. —
  • Vgl. Walth. 50, 13 fg. [104, 33 ff.]
  • 68. last nicht die Fülle wie
  • Wig. 211, 40 ir kiusche truoc der
  • eren last; Gottfr. Lobges. 54, 8
  • du swebest oben ob aller eren bürde;
  • £w. 2636 ez hete der schänden
  • — 52 —
  • der eren über rücke.
  • 70 er was des rätös brücke
  • und sanc vil wol von minnen.
  • . alsus kund er gewinnen
  • der werlte lop unde pris.
  • er was hübesch und dar zuo wis.
  • last sxnen ruke überladen. Arbeit-
  • sam (mit Anstrengung nnd Mühe
  • verbunden) : Erec 2746 üf ere leit
  • er arbeit.
  • Tragen zum Tragen * auf sich
  • nehmen.
  • 69. mher mit Acc. : über rucke
  • tragen sich aufladen, auf sich neh-
  • men, eigentlich wie bildlich: Wig.
  • 189, 16 ein schilt er ze schirmen
  • truoc, da hiet ein man an genuoc
  • ze tragen über sinem rüke; Gudr.
  • 627, 2 daz er über rücke truoc den
  • grözen last, wier sich gerieche an
  • Hetelen der leide [vgl. Martins
  • Anm.]; Helbl. 6, 133 des treit er
  • über rucke die burcgräfschaft ze
  • Brücke u. a.
  • 70. HimmL Jerus. Diemer, deut-
  • sche Ged. d. XI. u. XII. Jahrh.
  • 368, 12 di (Märtyrer) sint unser
  • berucge: si sulen unsich laiten
  • üz tifen arbaiten ze der himelisgen
  • Jerusalem, Abr. a. S. Ol. Jud. 4, 285
  • Das Wort Pontifex hat doch den
  • Namen a ponte, von der Brücke;
  • welche ein eigentliches Sinnbild
  • eines Moemischen Päbstes, massen
  • dieser auch wie eine Brücke durch
  • Jedermann zu dienen sich selbst
  • verzehren thut, [„er wusste mit
  • seinem Rathe über Schwierigkeiten
  • hinwegzuhelfen" Bech.]
  • [71. Vgl. LG, § 43, 28. 25.]
  • 73. werlt; der werlt nicht aber
  • Gottes lop und pris wie 81 und
  • Erec 9946 gepriset und geeret;
  • Iw. 3751 si begunden an in keren
  • den lop unde den pris, er wäre
  • biderbe hövesch unde wis:
  • 74. hövisch, hübisch Gegensatz
  • zu törperlichj wie cotirtois und
  • vilain, hövisch unde ujts Aeusseres
  • und Inneres : Lanz. 27 der (L.) was
  • hübsch unde uns, H. häufig : Iw.
  • 3356 wart er ie Mvesch unde ujis,
  • wart er ie edel unde rieh, dem ist
  • er nü vil ungelich.
  • Diese Charakterschilderung Hein-
  • richs ist vor Augen gestanden
  • dem Dichter der Rabenschlacht:
  • 911 Diner Hute und diner mäge
  • war du ein meien tac, der
  • milt ein glichiu wäge;
  • 912 Du w(Br der tugent leige
  • schilt alle zit [Martin liest im
  • DH: der tutende heie sieht alle
  • zit] (Dietrichs Klage um Diether);
  • Dietrichs Flucht 2333 (Hug-
  • dietrich) er minte tugent unde
  • zuht, er was der nöthaften
  • fluht, der milte ein glichiu
  • wäge, ein tröst aller siner
  • mäge; im enwart über noch
  • gebrast; er was der rehten
  • triuwe ein ast, der zuht ein rehter
  • adamant; 9990 der milte ein
  • gelichiu wäge.
  • — OS-
  • TS
  • 75 D6 der herre Heinrich
  • also geniete sich
  • 6ren unde guotes
  • und froeliches muotes
  • [unde im werde lebete
  • ^ unde er suoze swebete]
  • und [=in] werltlicher wünne
  • 80 und [er] was über al sin künne
  • gepriset unde geßret:
  • sin höchmuot wart verkeret
  • in ein leben gar geneiget.
  • an ime wart erzeiget
  • 85 als euch an Äbsalöne,
  • 80. und] die HSS, Er. — Strassb. fiir alles ; Heidelb, w. KoL über
  • aUez 82. Besserung Haupts: Strassb. hoher muot; Heidelb, u.
  • Kol. daz wart im schire verkeret
  • 76. nieten, genieten reflexiv mit
  • dem Gen. (not): eifrig wozu oder
  • worin sein, sich befleissen, üben; in
  • Fülle gemessen, sich freuen, (nied-
  • lich); satt werden und aufgeben.
  • Hier erste und zweite Bedeutung.
  • 77. ere unde guot 363. 398.
  • 403. 495. 1431. Erec 9395. Walth.
  • 8, 17 fgg. [8, 14 ff.]
  • 78. Dahinter in der Heidelber-
  • ger nnd Koloczaer Hs. noch Und
  • in der werde (K. werlde) lebete
  • in dirre suze swebete 79. in werlt-
  • licher tounne. Und dergleichen
  • scheint bereits Eonrad von Würz-
  • burg vorgefunden zu haben: En-
  • gelh. 5298 mit disen dingen unde
  • dlsd Dieterich dö lebete, der e vü
  • schone swebete in werltlicher wünne
  • und über dl sin künne ein Spie-
  • gel unde ein bluome schein. Bei
  • Hartmann etwa unde im werde
  • l^ete (Walth. 14, 38 [bei Wack.
  • u. ß. 81, 10] allererst leb ich mir
  • werde) unde er suoze (in dirre
  • süeze?) swebete (oder lebte, swebte:
  • Lachm. z. Iw. 617) in werltlicher
  • wünne und er —
  • 80. für: z. B. Iw. 6053 daz
  • also gar ze prise stät vur mangen
  • ritter iuwer lip; Greg. 1812 da
  • von er da wart ze schalle und ze
  • prise für si alle; Heidelberger und
  • Koloczaer Hs. haben über und das
  • ist vorzuziehen, da auch Konrad a.
  • a. 0. 5302 hat über al ^n künne,
  • 82. Hiob Cp. 19. höchmuot:
  • Erec 1230 daz unrehter höchmuot
  • dem manne lihte schaden tuot;
  • zzi hoher muot A. H. 718 (Hoch-
  • muth 404). verkeren, verwandeln.
  • 83. Wig. 257, 23 din höchvart mrt
  • geneiget und din gewagt verkeret,
  • 85. alse ouch 128. 542; Erec
  • 9221 daz er gesach und sich ver-
  • san und gehörte alsam ouch e.
  • 54 —
  • daz diu üppige kröne
  • werltlicher süeze
  • vellet under füeze
  • ab ir besten werdekeit,
  • 90 als uns diu schrift hat geseit.
  • ez spricht an einer stat da
  • „media vita
  • in morte sumus":
  • daz bediutet sich alsus,
  • 95 daz wir in dem töde sweben,
  • s6 wir aller beste wsenen leben.
  • 88. ^Besserung Haupts: Strassb. Veliet nider vnder die f., Heidelb,
  • u. Köl. gezuckete (86 der die) nnder die f.
  • 86. Hieb 19, 9 Er hat meine
  • Ehre mir ausgezogen und die
  • Krone von meinem Haupt ge-
  • nommen; Krone vom Haupt ge-
  • fallen Jer. 13, 18. Klagel. 5, 16;
  • Jes. 28, 1. 3 (prächtige Krone mit
  • Füssen zertreten). — üppic (ob,
  • über) überflüssig, nnnütz, eitel;
  • übermüthig.
  • 88. under füeze wie 702; Iw.
  • 1578 81 (Minne) ist mit ir süeze
  • ml dicke under vüeze der Schanden
  • gevallen ; under füezen ligen Nib.
  • 1948, 1; R. V. Zw. MS. II,
  • 188» e daz er dich werfe under
  • eren vueze. — Vgl. zu Füssen
  • fallen, mit Füssen treten.
  • 89. werdekeit auch 117; gew.
  • wirdikeit; Ehre, "Würde, Herr-
  • lichkeit.
  • 90. Schrift, geschrift bedeutet
  • die heilige Schrift; aber die Verse
  • stammen aus einem Liede von
  • Notker Balbulus (f 912), das er
  • dichtete, als er auf der Martins-
  • brücke einen Menschen sterben sah;
  • Antiphone: Media vita in morte
  • sumus : quem quoerimus adjutorem,
  • nisi te, domine? qui pro peccatis
  • nostris juste irasceris, Sancte devs,
  • sancte fortis, sancte et misericors
  • salvator, Amarce morti ne tradas
  • nos. (Deutsch von Luther LB.
  • 2, 44 [vgl. Hoffmann v. Fallers-
  • ieben, Gesch. d. deutschen Kirchen-
  • liedes, S. 324.]) Oefter wird so die
  • hl. Schrift citirt, indem man nur
  • meinte, es stehe so in derselben:
  • vgl. Grieshaber Pred. XXII. [Lach-
  • mann Iw. S. 516.]
  • 91. sprichet s. Lachm. z. Iw.
  • 192. Haupt schreibt nach der
  • Strassburger Hds. stete : aber über-
  • all lautet bei Hartmann in be-
  • weisenden Keimen der Dat. stat,
  • 94. Iw. 3678 daz man niht be-
  • halten sol, daz verliuset sich
  • wol.
  • 95. sweben in der Luft (149),
  • auf dem Wasser, vom Wasser selbst
  • (wie fliezen)] bildlich Lanz. 5636
  • ir herze in riuioe swebete ; Stricker
  • 55 —
  • jrsÄi--
  • Dirre werlte veste,
  • ir stsete, unde ir beste
  • unde ir grceste magenkraft,
  • 100 diu stät äne meisterschaft.
  • des muge wir an der kerzen seB^n
  • ein wärez bilde geschehen,
  • daz si zeiner eschen wirt,
  • enmitten d6 si lieht birt.
  • 105 wir sin von brceden Sachen,
  • nü sehent, wie unser lachen
  • mit weinen erlischet.
  • unser süeze ist vermischet
  • mit bitterre gallen.
  • 110 unser bluome der muoz vallen,
  • I c,.
  • \\(^ 1
  • in Docens Miscellaneen 2, 219 ich
  • und die mit svnden leben und in
  • des tödes vnden sweben,
  • 99. Lanz. 1 12 ein mähtec magen ;
  • Iw. 1600 ir meinlich ungemach,
  • ir starkez ungemüete, Tautologi-
  • sche Zosammensetzang. LB. 341, 21
  • also chom dir diu magenchraft,
  • daz du tourde berehaft; ahd. für
  • waiestas; in Heinr. Kr. öfters.
  • 100. meister stärker als — nnd da-
  • dnrch Herr : meisterschaft Ueberwäl-
  • tignng, Bemeisterung, Herrschaft;
  • Kraft nnd Gewalt sich za behaupten.
  • 101. Krone 7046 Nu seht, me
  • ein herze tuot, diu aller gähes
  • erlischet : also wart gemischet in
  • ir vröuden herzensere, Wins-
  • becke 3 Sun, merke, me das ker-
  • zen lieht, die wUe ez brinnet,
  • svoi/ndet gar. geloube daz dir sam
  • geschiht von tage ze tage.
  • 103. esche wie weschen, flesche,
  • tesche.
  • 104. enmittetnen zeitlich in-
  • zwischen, wsehrend dessen, vgl. Erec
  • 6893. 8684 [2443 mit Haupts Anm.]
  • bern : schate bern [z. B. Walth.
  • 93, 12 = 94, 24 L. daz diu linde m^cere
  • mir küelen schaten beere] ; lieht bern
  • Büchl. 1, 1504 daz er (Karfunkel)
  • des vinstern nahtes lieht ber ; Freid.
  • 71, 7 diu kerze lieht den Hüten
  • birt, unz daz si selbe zaschen wirt.
  • 105. brcede 696. 1139. Sache:
  • wir sind gebrechlich; Kl. 900 du
  • bist von höhen Sachen (hoch) komen
  • unz an din ende; Substantivische
  • Umschreibung: Lampr. Alexander
  • 4239 mit listiclichen Sachen hiez
  • der herre machen erine bilede ge-
  • scaffen alse helide; Engelh. 5169
  • sin Up der wart gesundert vil gar
  • von schcenen Sachen (Schönheit).
  • 107. ccffßeatog yikmg IL 1, 599.
  • Od. 8, 326. 20, 346. Noch im
  • Bilde der Kerze.
  • 110. Jesaias 28, 1. Wehe —
  • der welken Blume, ihrer lieblichen
  • Herrlichkeit! — 4 das gleiche Bild.
  • - 56 —
  • so er aller grüenest wsenet sin.
  • an hern Heinriche wart wol schin:
  • der in dem hoehsten werde
  • lebet üf dirre erde, ^^^'
  • 115 derst der versmsehete vor gote.
  • er viel von sime geböte
  • ab stner besten werdekeit
  • in ein versmaehelichez leit:
  • in ergreif diu miselsuht.
  • 120 dO man die swseren gotes zuht
  • gesach an sinem l^be, _^ ^
  • mannß..unde wibe \^^
  • wart er d6 widerzaeme.
  • nü sehent, wie gar genseme
  • 114. Besserung Haupts: HSS, lebete, lebte
  • 112. scMn ahd. (mhd.) adj.:
  • 416 sin unwert tuot er mir schin ;
  • Bücbl. 1, 1095 der worte ich
  • tuen mit werken schin; 1899 daz
  • mir genauen werde schin [hern:
  • 8. z. Er. 3259]
  • 113. wert Würdigkeit, Herrlich-
  • keit, Ansehen: Gute Fran 1594
  • swer sich durch mich nideret
  • üf der erde, der kumt ze hohem
  • werde,
  • 116. Iw. 3413 ob er von uns
  • wirt gesunt [So nach BE abcd,
  • Lachm. liest ober wirdet gesunt],
  • Silv. 1415 daz ich mac von dir
  • genesen, Wig. 198, 28 nu hat der
  • ganze wille sich von dinem töde
  • gescheiden zwischen uns beiden,
  • 118. versmcehen gering schätzen,
  • geringschätzig behandeln; versnuB-
  • hdich was Geringschätzung mit sich
  • führt, schimpflich.
  • 120. zuht Züchtigung, Strafe.
  • 123. zemen ziemen und gefallen
  • gezmme wohlanständig und wohl-
  • gefällig; t(;ie26r;?^me nicht anstehend
  • unangemessen: Greg. 3382 mugei
  • ir doch minen lip sehen? der ist
  • so ungentsme den eren widerzaeme .
  • missföllig, widerwärtig A. H. 147^
  • Engelhard 5196 dö man in gesacl
  • so wandelbeeren an der hut, de
  • wart er »inem ißibe trüt und cUleti
  • sinen künden gar wider ztßme fun
  • den; Wig. 59, 6 swer deheineti
  • eit zebrach, swä man den iemer
  • me gesach, der was ungename
  • den Hüten widerzeeme, cUs der töi
  • sieche man, der von der werlt mr\
  • getan. [Heinr. v. Freib., hl. Krem
  • 131 dz waz got widrzeine vnd gai
  • vngenem.]
  • 124. genceme mit dem Dativ an
  • genehm; abs. schön 311; unge
  • name 1477. [gar ist zu streichen:
  • s. Haupt z. Er. 5500.]
  • 57 —
  • 125 er e der werlte wsere,
  • und wart nü alse unmsere,
  • daz in niemen gerne an sach;
  • alse ouch J6be geschach,
  • dem edeln und dem riehen,
  • 130 der ouch vil jsemerlichen
  • dem miste wart ze teile
  • mitten in sime heile.
  • Und d6 der arme Heinrich
  • alrest verstuont sich,
  • 135 daz er der werlte widerstuont,
  • als alle sine glichen tuont,
  • d5 schiet in sin bitter leit
  • von Jöbes gedultekeit.
  • 126. mcere wovon man viel
  • spricht nnd gerne spricht, herühmt,
  • herrlich, werth, lieb; unmcsre
  • gleichgültig, verhasst, verachtet.
  • 128 ff. Job ist einsylbig, latei-
  • nisch nnd deutsch. Heinrich von
  • des tödes gehngede 452 tödes:
  • Jöbes, 602 töde: Jobe,
  • 131. Hiob 2, 8 und sass in der
  • Asche; lai. sedens in sterquiUnio,
  • Winshecke 73, 6 dem miste Job ze
  • teile wart; Engelhard 6086 ich
  • fimeste biuwen einen mist dem ar-
  • men Jobe vil gelkh.
  • 132. enmittemen .-vgl. enzmschen,
  • enwec, enwiderstrtt. — heil Glück
  • anch in ganz irdischem Sinne 424.
  • 741.
  • 134. aller erest, alrerst, älreist
  • und alrest (418). dö alrest sobald
  • als: Bmehstück LB. 430, 32 dö
  • ich erste wart gebornj dö het min
  • herze üf mich gesworn, — sich
  • versttumt: 803.
  • 136. gelwh, geliche, adj. mit
  • Dat., snbst. mit pron. Gen. (des-
  • gleichen, dergleichen) oder Pron.
  • poss.: dn gelich 281 [vgl. Haupt
  • z. Er. 2323] ; BüchL 1, 253 daz er
  • dem tiuvel enteil stm altherrn wer-
  • den müeze und alle stne geliehen.
  • Khd. seines gleichen: LB. 1456,
  • 27 nit dins glichen; Luth. Auf
  • Erd ist nicht seins gleichen.
  • tuont Erec 7494 nu stoic, lieber
  • Hartman — ich tuon; Greg. 2248
  • jäne geschach mim libe nie deheiner
  • slahte guot unde ouch niemer ge-
  • tuot. Bekleidung des vertretenen
  • Zeitworts mit Acc. Iw. 5108 hern
  • Gäweinen minn ich : ich weiz wol,
  • also tuot er mich; Gen: Iw. 1379
  • wände sl ^ns tödes gerten, älsam
  • der wolf der schdfe tuot; Dat. Iw.
  • 138 und enschadest niemen me da
  • mite, danne du dir selbem tuost ;
  • Entsprechendes Adv. Wig. 39, 9
  • ichn rite uz in andriu lant, als
  • mm vater her in tet. Wie noiety,
  • facere.
  • — 58 —
  • wan ez leit J6b der guote
  • 140 mit gedultigem muote,
  • do ez ime ze lidenne geschach,
  • durch der s§le gemach .
  • den siechtuom und die swacheit,\
  • die er von der werlte leit;
  • 145 des lobet er got und frönte sich.
  • do tet der arme -^Heinrich
  • leider niender also:
  • wan er was trürec und unfrö.
  • sin swebendez herze daz verswanc;
  • 141. geschehen durch hoehere
  • Schicknng sich ereignen ; mit Dat.
  • zu Theil werden, zufallen, kommen
  • 1282 daz ir ze sterben niht ge-
  • schach; vergl. 289. 402. 1115. 1407
  • (Subj. Subst.). Sonst, wo als Sub-
  • jekt ein Infinitiv mit ze steht, be-
  • deutet es nothwendiges oder zu-
  • fälliges Thun, müssen, gerade : 293
  • diu ime ze lidenne geschach; 1288
  • im wäre ze weinenne geschehen;
  • Iw. 3367 M der lantstrdze di in
  • ze riten geschach. — Das ez ist auf
  • Z. 143 zu beziehen.
  • 143. swach schlecht, gering,
  • verachtet (krank, siech) : Iw. 3551
  • troum, wie wunderlich du bist!
  • du rrumhest riche in kurzer vrist
  • einen also swachen man, der nie
  • nach eren muot gewan. Adv.
  • swache 754. Zw. swa^chen entehren
  • (schwächen), gering achten: Iw.
  • 2485 ez swachet manec boßse man
  • den biderben swd er iemer kan,
  • Subst. swacheit Unehre, Schmach:
  • Iw. 3393 daz eim also prumen
  • man diu swacheit solte geschehn
  • daz er in den schänden wart
  • gesehn.
  • 146. do Gegensatz wie 318. 556.
  • 591: dagegen, aber.
  • 147. niender aus nio in eru;
  • vgl. niene.
  • 148. triirec unde unfro = 566.
  • Lanz. 7446. Bruchst. LB. 432, 14.
  • Er. 3135. Dagegen witziger Ge-
  • gensatz trürec unde vrö Greg. 1575.
  • Engelh. 5695. 6355.
  • 149. refl. versmngen : Kätzlerin
  • 2. Abth. 44, 19 und far yrr in
  • meinem muot, als ein zames välck-
  • lin tuot, das sich verschwingt also
  • ferr, das sein vermiszt sein rechter
  • herr. Swingen : Beinmar der Alte
  • MSF. 156, 12 ze fröiden swinget
  • sich min mu^t, als der valke en-
  • fluge tuot und der are en sweime;
  • intransitiv Wernher Marienleben
  • 171, 4 [1678 ein tübe swank do
  • dannen], MSF. 139, 25 nach der
  • min gedanc sere ranc unde swanc.
  • MS. 1, 206» also swang er wider
  • dar. Büheler Diokletian 1300 der
  • falk — swange und swange mit
  • grim und ach; ü f stoingenW Mher
  • 113, 1 [47, 9] u. a. So nun auch
  • verswingen. Oder versanc? vgl.
  • Heidelberger und Koloczaer Codex
  • — 59
  • J,
  • 150 sin swimmendiu fröude ertranc.
  • sin höchvart muoste Valien;
  • sin honec wart ze gallen.
  • f+»'q ein s winde vinster donreslac
  • ' zerbrach im sinen mitten tac;
  • 155 ein trüebez wölken unde die
  • Vv,JLtcl«iXji bedaht im siner sunnen blic. cM^ ^a.
  • er sente sich vil sSre,
  • daz er s6 manege §re
  • 149. 150. Besserung Lachtnanns: Strctssb. verswant — wart ertrant,
  • Heidelb, Köl, Sin swebende vroude im versanc sin swimmendez herze
  • daz ertranc
  • und Büchl. 1, 1715 von sinem hazze
  • ich nach versanc und doch versun-
  • ken wcsre, des half mir, daz ich niht
  • ertranc, gedinge üf liebiu rtuere.
  • 150. Wilh. 47, 22 »in herze in
  • jämer muose baden; Lanz. 5636
  • (s. zu 95) ir herze in riuwe swe-
  • bete, Fersoenliches Snbjekt Büchl.
  • 1, 1715. Jüngerer Titurel 1064
  • mm swebender trost der sinket,
  • 152. honec und galle (wie süeze
  • und gtüle 108) findet sich oft. [Greg.
  • 286. Iw. 1580. Walth. 17, 1 = 25,
  • 18 L.; 76, 5 = 124, 36 L. Vgl. daz
  • süege honec ist bitter Greg. 1332.]
  • [149 — 152 dichotomische Respon-
  • sion; s. Z. f. d. A. 24, 2.]
  • [153. vgl. Büchl. 1, 299.]
  • 154. mitter tac Mittag; ebenso
  • mitten naht: Dat. im Nhd. erstarrt.
  • 155. Nib. 425, 4 in (den Stein)
  • truogen küme zwelfe der küenen
  • hdde tmde snd,
  • die nndurchdringlich, dicht. Iw.
  • 575 von einer Linde: si ist breit,
  • hoch und also die, daz regen noch
  • der sunnen blic niemer dar durch
  • kumt.
  • 155—156. Hiob30, 15: Schrecken
  • hat sich gegen mich gekehret nnd
  • hat verfolget wie der Wind meine
  • Herrlichkeit nnd wie eine laufende
  • Wo Ike meinen glückseligen Stand.
  • Vgl. Jeremias 15, 19 ihre Sonne
  • soll bei hohem Tage untergehen,
  • dass beides ihr Ruhm nnd Freude
  • ein Ende haben soll. Büchl. 2, 18
  • mtner freuden sunne, diu ist
  • leider bedaht mit tötvinsterre
  • naht; Greg. 2327 ir vröuden sunne
  • was bedaht mit tötvinsterre naht.
  • Krone 7041 Der vröuden sunne,
  • diu gemein under dirre kurzwUe
  • schein, der gap ein ende ein vinster
  • naht, mit solher tunkel bedaht,
  • daz sie betruobte ir aller muot.
  • Noch nseher ebd. 11259 Siner
  • vröuden schin gar bedaht ein wöl-
  • ken tötvinster.
  • blic Glanz; Blitz; Blick. Glanz
  • 732; der sunnen blic Iw. 576.
  • Engelh. 5318.
  • 157. sich senen sich härmen:
  • Parzival 248, 16 ob in ein kumber
  • wecke, des was er davor niht ge-
  • went : ern hete sich niht vil gesent.
  • — 60 —
  • hinder im müeste läzen.
  • 160 verfluochet und verwäzen
  • wart vil ofte der tac,
  • da sin geburt ane lac.
  • Ein wenec fröuwet er sich doch
  • von eime tröste dannoch: dotJL <
  • 165 wan im wart dicke geseit,
  • daz disiu selbe siecheit
  • wsere vil mislich
  • und etelichiu genislich.
  • des wart vil maneger slahte
  • 170 sin gedinge und sin ahte.
  • er gedähte, daz er waere
  • vil lihte genisbsere,
  • und fuor also dräte
  • tf %/^
  • 160. Ahd. wazan anklagen, ver-
  • wäzen verdammen, verfluchen, ver-
  • wünschen (gewoßhnlich nur Parti-
  • cipium Perfekt!) : 798; in ver-
  • wünschenden Ausrufungen: Greg.
  • 1169 die vische sin verwäzen, daz
  • sin ment vräzen, do er üf den
  • se geworfen wart. Zu Grunde rich-
  • ten Erec 878 ir ietweder wolt ez
  • läzen, wan dem wäre verwäzen
  • heidiu sin ere und ouch daz leben.
  • 162. ligen an zeitlich Statt
  • finden. Winsbeckin 1, 5 gehcehet
  • si der siieze tac, da diu gehurt
  • von erste an lac. Hieb 3, 3 Der
  • Tag müsse verloren sein, darinnen
  • ich geboren bin, und die Nacht,
  • da man sprach, „es ist ein Männ-
  • lein empfangen. '^ Jeremias 20,
  • 14 fgg.
  • 166. siecheit 410. 911, Seuche
  • Krankheit Luc. 6, 18. mht 196. 282.
  • 168. genislich der genesen kann
  • 186. 190. 199. wie genisbare 172.
  • Hier bedeutet es das, wovon man
  • genesen kann. Heilbar hat dieselben
  • Bedeutungen.
  • 169. maneger sl, mancherlei,
  • mannigfach. Büchl. 1, 698 so du
  • an dem bette list und aller sargen
  • verpMist, so wache ich und ahte
  • vil harte maneger slahte, wie ich
  • ez bringe darzuo, daz si dinen
  • willen tuo, Subst. Titurel 49, 3
  • minne, du bist alze maneger slahte :
  • gar alle schribar künden nimer
  • volschriben din art noch din ahte,
  • 170. gedinge schw. m. st, f.
  • st. n. Gedanke, Denken? Hoffnung?
  • Besser hier die erste Bedeutung.
  • ahte Nachdenken (ahten Büchl.
  • 1, 697).
  • 173. drate (zu drajen drehen,
  • auch nacheilen) Büchl. 1, 1858
  • der selbe ist zollen tugenden laz,
  • ze den Untugenden drtßte, Adv.
  • dräte 1238. 1346; also dräte wie
  • alsbald [s. z. Er. 4321].
  • — 61 —
  • nach der arzäte rate
  • 175 gegen Munpasiliere.
  • da vant er vil schiere
  • niht wan den untröst,
  • daz er niemer würde erlöst.
  • Daz hörte er gar ungerne
  • 180 und fuor gegen Salerne
  • 174. arzät aus archiater.
  • nach Verlangen , Erwartung,
  • Zweck, Erfolg. 1167.
  • 175. Mona pessulani^s, pessu-
  • larius. Die medicinische Schule
  • daselbst wird zuerst 1137 erwähnt.
  • S. Jaffe de arte medica scßculi XIT
  • pag. 17 [u. Bibl. rer. germ. III, 592].
  • Vgl. G<ß8. Heisterbac. DiaL miraxi,
  • Vn, 24. In Monte Pessulano, ubi
  • fons est artis physic{Bjtanta8(Maria)
  • operatur sanitates in quadam sua
  • ecclesia, ut medici gratice inmdentes
  • etc. — Weim, Jahrb, 1, 453. Krone
  • 12513 zwen guot phisidn, so si beste
  • mähten sin, wart in gewunnen
  • schiere von MonpaMliere (Hs. Mon-
  • tailliere), F. Platter 145 fgg. (Mon-
  • peUer), In Mainz heisst ein Haus
  • Montbasilir, Mombasilir : Fichard,
  • Frankfurter Archiv UI, 348. [Vgl.
  • Haeser, Gesch. d. Medicin '1, 654 ff.]
  • [179. 1. mit Heidelb. u. Kol. Hs.
  • vü ungerne s. Haupt z. Er. 5500.]
  • 180. Eine Steigerung. Salerno
  • war die ältere und noch berühm-
  • tere Hochschule für Aerzte. Ihr
  • Ruhm reicht bis ins 10. Jahrhun-
  • dert zurück; förmlichere Fest-
  • setzungen erfolgen um 1100, 1150
  • und wieder durch Friedrich II.:
  • ein Loblied Aimeri's von Pe-
  • gnilain (Raynouard, P. d. Tr. 4,
  • 195) nach 1214, worin dieser König
  • unter dem Bilde eines Meisters von
  • Salerno dargestellt wird. Ihre
  • Thsetigkeit und ihr Ruhm reichte
  • bis in den germanischen Norden.
  • Adalbert von Bremen hatte, da er
  • starb (1072) einen Arzt von Sa-
  • lerno, Namens Adamatus, um sich:
  • Ad. von Bremen III, 64 Schol. 91.
  • Isengrimus in der ersten Hälfte,
  • Reinardus in der Mitte und Rein-
  • hart in der zweiten Hälfte des 12.
  • Jahrhunderts erzaehlen die vergeb-
  • liche Reise des Fuchses nach Sa-
  • lerno, um Heilmittel für den kran-
  • ken Löwen zu holen; Reinhard
  • 1874. 1888 wird Meister Bendin
  • zu Salerno genannt, der dem König
  • eine Latwerge schickt; s. auch
  • Jakob Grimm, Gedichte auf Fried-
  • rich I. S. 201 Verse des Archi-
  • poeta (1162 — 64) zum Ruhme der
  • Doctrina Salemi. Der kranke
  • Tristan lässt seiner Sicherheit we-
  • gen ausbreiten, dass er zu Salerne
  • wsere durch sines Ubes genist :
  • Gottfrieds Tristan 185, 16. Die
  • europseische Wirksamkeit geht bis
  • in neuere Jahrhunderte durch die
  • s. g. Schola Salernitana, eigentlich
  • Begimen Schola Salernitance, eine
  • Sammlung medicinischer, namentl.
  • diätetischer Regeln in leoninischen
  • Hexametern, s. Meiners Mittelalter
  • 2,413 fgg. [Haeser a. a. 0. % 645 ff.]
  • Ä^
  • }r^
  • — 62 —
  • und suocht ouch da dur ch ge nist
  • der wisen arzäte list.
  • den besten meister er da vant,
  • der Seite ime zehant
  • 185 ein seltsaene msere,
  • daz er genislich waere
  • und waer doch iemer ungenesen.
  • dö sprach er „wie mac daz wesen?
  • diu rede ist harte unmügelich.
  • 190 bin ich gnislich, s6 genise ich,
  • und swaz mir für wirt geleit
  • von guote oder von arbeit,
  • 189. Strassh. du redest
  • 181. genist: 240. Genesung.
  • Auch Heilmittel, Rettung, Lebens-
  • unterhalt.
  • 182. list Weisheit : auch Gottes
  • 1360; Kunst. Bei Aerzten beides:
  • 374; Bruchst. LB. 432, 4 waz
  • hüfet aller arzt list, sit diu
  • wunde so tif und verborgen ist?
  • 183. Contraction und Abtraction
  • von Haupt- und Adjectivsatz : 440
  • mit der genist statt diu genist mit
  • der [s. die Anm.].
  • 185. seltstene (ahd. unsäni de-
  • formis) selten, seltsam, wundersam
  • 1412. Zahl und Mengebegriff, wie
  • unser selten, hat es erst gegen
  • Ende des Mhd.: Engelhard 5151
  • im wurden här und ouch der hart
  • dünne und seltsane.
  • . 187. ungenesen 203; unrewert
  • 214; ungeschriben 1400; ungetan
  • Ruther 2277; ungemezzen W&iiher
  • 59, 5 [10, 3]; mit stürme ir niht
  • geschadet was Parz. 226, 17.
  • 189. diu rede ist: Engelhard
  • 6026 davon, geselle, dühte mich diu
  • rede gar unmügelich, diu mit mir
  • treip der engel. [vgl. Lachmann z.
  • Iw. 6372.]
  • mügelich was geschehen sollte,
  • recht und billig: Konrad Trojaner-
  • krieg 28. Berth. 249, 5. Unmüge-
  • lich was nicht so sein sollte, über-
  • mässig und ungewoehnlich : Ruol.
  • 291, 4 si slu^gen unmugeliche siege.
  • Berth. 392, 33 Wände ez unmüge-
  • liehen swtsr ist von der unmüge-
  • liehen unten die ez hat,
  • 190. Nicht genis' ich : eine Apo-
  • kope wssre nur dann mceglich,
  • wenn ich tonlos wsBre, dann aber
  • w»re es des Reimes auf unmüge-
  • lich nicht fehig. Durch diese Be-
  • tonung entsteht ein Hiatus, der
  • Yor betonten Sylben das deutsche
  • Ohr weniger verletzt. Iw. 3299
  • ich arme, wie genise ich, [Vgl.
  • Lachmann z. Iw. 318. 2943.]
  • 191. vür legen: andere, aber
  • verwandte Sinnlichkeit wie in un-
  • serem auferlegen : Behinderung des
  • Weges zum Ziel — Last.
  • — 63
  • daz trüwe ich vollebringen.*'
  • ^nü lät daz gedingen''
  • 195 sprach der meister aber dö.
  • ^iüwerre suhte ist also
  • (waz frumt, daz ichz iu kunt tuo?):
  • da hceret arzenie zuo, p .
  • aJ)
  • f
  • "^^ öj^ der wserent ir genislich.
  • 200 DU enist ab oieman sd rieh
  • noch von s6 starken sinnen,
  • icLG ^ '>vl(A ■m'VMafl. der si müg^gewinnen. iru ^ (X4\^
  • ^o^o(M u4/ dUJ^ dßs sint ir iemer ungenesen,
  • AU
  • Vvu
  • J
  • \ ( lM*C^^
  • V ^
  • h^
  • got welle dan der arzät wesen."
  • 205 D6 sprach der arme Heinrich
  • ^war umbe untrcfestent ir mich?
  • cAiwiv. ja hin ich guotes wol die kraft:
  • .^^^^^^.AA (M^ ir ei^w ellent iuwer meisterschaft
  • jiji ^rt^ und iuwer reht ouch brechen P^t f^
  • 210 und dar zuo versprechen
  • 200. Besserung Haupts: Strassb, aber; in Heidelb. u, Köl,
  • 188—209 gekürzt, 207. Strassb. Joch
  • 'Vw»'^''^^ ^Vv^-C^--'
  • t^
  • /VW
  • 193. trüwen, getrüwen unrefl.
  • mit blossem Infinitiv: 1152 ge-
  • truwent ir mim herren sinen ge-
  • sunt wider geben.
  • 194. dingen, gedingen denken;
  • Zuversicht haben, hoffen [s. z. 170
  • gedinge],
  • 195. aber sprechen erwiedern : 215.
  • 196. 216 tmd wäre der arzenie
  • cUsö.
  • 198. Dazu ist erforderlich : 230.
  • arzenie Heilmittel und Heilkunst;
  • arzatie. — arzeme, arzentuam, Zw.
  • arzenön, von Archigenes, Juvenal
  • Satiren 6, 236. 13, 98. 14, 252.
  • 199. der : vgl. 853.
  • 200. aber, abe, ab.
  • 201. sinne Weisheit 695. 802.
  • Sing, die wisheit und den sin
  • 860.
  • 202. der d. h. daz er : 13 daz =
  • daz ez.
  • 204.Genauer wBsregotenwelledan.
  • 206. untroestenwie 801 unminnen.
  • 207. kraft Menge, Fülle.
  • 209. reht Pflicht: 680. 1450;
  • 858 menschlich reht die Schranken,
  • die der Menschheit durch Gottes Ord-
  • nung gesetzt sind, also auch passiv.
  • brechen von dem Bild der Schranke
  • oder der Fessel hergenommen. 1284
  • si brach ir zuht unde ir site ; 858
  • unde menschlich reht zerbrach.
  • 210. versprechen, ver- im Sinne
  • der Fntfemung, der Beseitigung:
  • ablehnen, verreden.
  • — 64 —
  • beidiu min silber und min golt,
  • ich mache iuch mir also holt,
  • daz ir mich harte gerne nert.^
  • ,,mir wsere der wille unrewert** UM/«^vt^ ^rt/vl
  • 215 sprach der meister aber dö;
  • ^und wsere der arzenle also,
  • daz man si veile funde,
  • oder daz man st kimde
  • mit deheinen dingen erwerben,
  • 220 ich enlieze iuch niht verderben.
  • nu enmac des leider niht sin.
  • da von muoz iu diu helfe min
  • durch alle not sin versaget.
  • ir müestent haben eine maget,
  • 225 diu vollen hibsere
  • 211. Besserung Lachinanns: HSS. Beide; ebenso 275.
  • 224. Strassb. muezent, Heidelb, soldet, Koh scholdet 225. Heidelb^
  • KoL vriebere, Strassb. erbere: vgl. 447 und 1453.
  • 211. beidiu: 275 beidiu mit
  • stiure und mit bete; 590 beidiu
  • mit bete und mit drö. Neben bei-
  • diu kommt aach die Form beide
  • vor; nbd. beides.
  • 213. nern, ernern Bewirktings-
  • wort zu genesen: heilen, retten,
  • naehren.
  • 214. erwern mit dem Acc. nnd
  • Dat.: wehren, verwehren: 841. —
  • unrewert nicht zu wehren. Kehr.
  • 7099 unregangen: re für er nach
  • einsylbigen Pronomen und Par-
  • tikeln, die auf Yocal oder Liquida
  • ausgehen ; ebenso nach un : erster
  • Anlass dazu war wohl Yocal und r,
  • do rebeizte ist kein Hiatus, er retobte
  • keine misslautende Wiederholung.
  • 223. durch not nothwendiger
  • Weise.
  • 225. volle schw. m. schw. st. f*
  • Fülle, Vollkommenheit, Genüge:
  • adv. den vollen, die vollen, be- en-
  • ze vollen : vollen vollkommen, ge-
  • nug, sehr : 447 vollen htbare, 1177
  • vollen guot.
  • Die Abweichung der beiden Texte
  • (Vgl. nubiles — nobiles Tolc. Germ.
  • 8) deutet auf Aenderuug eines
  • ungewohnten Ausdrucks : Mbcere.
  • Gehlen hat Hartmann selbst:
  • Erec 5894 du bist vü wol zuo mir
  • gehU ; Iw. 2672 si was unz an die
  • zU niuwan nach wäne wol gehU;
  • 2809 eltche gehU; auch Wigalois
  • 157, 11 swenne sin tohter würde
  • gehU zeinem biderben manne. Das
  • sonst veraltete hibtere noch Lanze-
  • let 4996. In der Heidelberger und
  • Koloczaer Hs. steht vrtebare wie
  • — 65 —
  • und ouch des
  • 1453 vridt statt hträt. (irrten eigent-
  • lich loesen, kaufen, gr. ngCaa^ai^
  • lat. pretium,) [Scherer zeigte mir,
  • dass vrkbißre hier und 447 zu le-
  • sen ist. 225 erbcere A , vriebere
  • B ; 447 manbere A, (verbere B) :
  • die handschriftliche üeberlieferung
  • führt auf wlcfe^ere an heiden Stellen.
  • Dieses Wort ist hisher ana^ Xeyo-
  • fieyoy. Daraus erkisert sich die
  • Aenderung in A; vriebere kann
  • nicht von B gemacht sein, wie 447
  • zeigt, wo B selbst ändert, aber auf
  • dasselbe Wort führt. Vgl. 1453 B
  • vrtät, wo auch eine Aenderung von
  • i^tdt in Mrät wahrscheinlicher ist
  • als das umgekehrte. — Dass vridt
  • auch oberdeutsch ist,s.Schm. I^, 817.]
  • Die Strassburger Hs. (Haupt)
  • liest beidemal erbcere, Sie nahm
  • an dem Mbaere Anstoss wegen
  • der 8 Jahre 303 (Heidelb. und
  • Eol. Hs. 12), so dass also nach
  • den. 3 Jahren 351 das Msedchen
  • 11 — 12 Jahre alt ist. Ueberall
  • jedoch wird sie nicht bloss als
  • Kind, sondern auch als Jungfrau
  • bezeichnet (kint = Tochter, Msed-
  • chen) : ich bin ein maget 562 (224.
  • 446) ; als keusche Jungfrau : erbaere
  • gienge darauf um nichts weniger
  • als Mbaere, In Wirklichkeit hat
  • man die frühere Reife der Weiber
  • des Mittelalters in Betracht zu zie-
  • hen: durch die öfters wieder-
  • kehrende rechtliche Festsetzung ist
  • bezeugt, dass Msedchen mit 12 und
  • Knaben mit 14 Jahren zu ihren
  • Tagen gekommen^ d. h. mündig
  • seien; unter 12 Jahren dagegen
  • noch unter ihren Tagen seien : das
  • willen waere,
  • ist also die Grenze der Unmann-
  • barkeit und der Mannbarkeit. J.
  • Grimms RA. 412—415. Weis-
  • thümer 1, 278. Nach longobardi-
  • schem, sächsischem und friesischem
  • Rechte waren die Ehen 12J8ehri-
  • ger gültig und üblich: Weinhold,
  • Deutsche Frauen im Mittelalter
  • 191 [21. 294]. Nach dem Schwaben-
  • spiegel Landrecht 48 durften 14-
  • jaehrige Knaben und 12j8ehrige
  • Msedchen gültige Heirathen ein-
  • gehen. Heinrichs gemahele seihst
  • denkt sich ihren ledigen Stand Z.
  • 748 nur etwa noch zwei, hoechstens
  • 3 Jahre dauernd, also bis zu ihrem
  • 13. oder 14. Jahre. Larie, die
  • Wigalois nach längerem vergeb-
  • lichem Werben Andrer (99, 33)
  • sich zur Gemahlin erwirbt, ist erst
  • 13 Jahre alt: 99, 19. 125, 35.
  • 226, 11. Hildegunde ist, da Wal-
  • ther mit ihr als seiner Geliebten
  • flieht, nach der Didriks Saga 241
  • zwölQsehrig. In der Alexandersage
  • bei Lamprecht 5118 heisst es von
  • den blumengewachsenen Mssdchen,
  • mit denen die Griechen sich ver-
  • msehlten: rehte alse si haten aldir
  • umbe zvelif jär. Erec 9467 ein
  • kint wol einlif jär alt, das der
  • Liebhaber entführt. Und so ist
  • in Sage und Roman frühe Liebe
  • und Yermsehlung öfters wie ganz
  • selbstverständlich. Aber auch in
  • der Geschichte begegnen die Bei-
  • spiele zahlreich genug. „Gertrud,
  • die Gemahlinn Herzog Heinrichs
  • des Stolzen von Baiern, war erst
  • 14J8ehrig, als sie ihm Heinrich den
  • Loewen gebar ; letzterer heirathete
  • 5
  • 66
  • tnH tU-t
  • daz sl dea tot durch iuch lite.
  • nu enist ez uiht der Hute site,
  • daz ez iemen gerne tuo.
  • 230 so hoert ouch anders niht dar zuo
  • niwan der maget herzen bluot:
  • daz wfer für iuwer suht guot"
  • Nu erkante der arme Heinrich,
  • daz daz wtere unmügelich,
  • 235 da,z lernen den erwürbe,
  • der gerne für in atärbe.
  • alsuB was im der trSst benomen,
  • . (vv— üf den er dar was komen,
  • und dar nach fär die selben friet
  • 210 Mt er ze siner genist
  • deheiii gedinge m^re.
  • des wart stn berzesgre
  • also kreftec unde gröz,
  • die englische Ecsnigstochter Ma-
  • thilde in deren 12. Jahre." Sttelins
  • "Wärtembergisohe GeBchiehte2,782.
  • Mathilde wurde noch nicht drei'
  • zehnjsihrig mit Heinrich 1. ver-
  • msehlt, Hedwig von Meran ^wälf'
  • JKhrig mit Heinrich (demBGertigen)
  • von Schlesien. Sidonie von Boeh-
  • men vermcelilte Bich im 14. Jahre
  • mit Albrecht von Sachsen. Beatrix,
  • die Tochter Eönig Philipps, wnrde
  • in ihrem zwölften, die heilige EU-
  • mheüi im 13. Jahre vermiehlt.
  • 397. durch cansai , nicht in-
  • Btmmental: om enrentwillen.
  • 228. es?
  • 230. nichts als nnr, bitter irO'
  • niBch : niht anders wan 446. 451 ;
  • 734 wttde enhät niht me verlm^
  • wan beide sUe mtde Hp. Vgl,
  • MSR 151, 9 fg. 157, 35.
  • 232. guot für wie 720 es e.
  • frumt tugent noch ere für A
  • tat niht mere dan ttngeburt w
  • untugent : Bestimmnng,
  • 237. tröst freudige Zoveraich'
  • die Znversicht anf Heilang ,
  • welcher er —
  • 238. «/■mitVerrücknngnndV*
  • körznng des eigentlichen Ansdmc
  • vor Substantiven der Ik'wartai
  • statt vor dem, welches den Gege
  • stand der Erwartnog bezeiehni
  • Correct Büchl. 1, 1115 ich u
  • dehetTter freude ieftwi durch lod
  • äf ander minne; dagegen Er
  • 4371 das hdn ich ander» rü
  • getan uan üf ritterechefte wo»
  • \. durch w&n üf ritterschafl.
  • 239. für vorwärts in der Ze
  • von — an: 686 für dise stitnt, 9!
  • für dise stunde.
  • -V tW,4AXfj-«
  • — 67 —
  • OA/^
  • daz in des aller meist verdrOz,
  • 245 ob er langer solte leben.
  • nü fuor er heim und begunde geben
  • sin erbe und euch sin varnde guot, Itca^ r/^( «^X«.
  • als in dd sin selbes muot
  • unde wiser rät ISrte,
  • 250 da erz aller beste bekSrte.
  • er begunde bescheidenlichen
  • stn armen früinde liehen
  • und trdst euch frdmede armen,
  • daz sich got erbarmen
  • 255 geruochte über der sele heil;
  • gotes hiusern viel daz ander teil.
  • f
  • Vt/wvn^-v^ fift^.
  • •.-v\.
  • 247. erbe ererbtes Grnndeigen-
  • thum im Gregensatze zu Uhen und
  • varndem gtiote, denn beim Lehen
  • galt eigentlich auch kein Erbrecht,
  • und die Fahrhabe mag jeder Ein-
  • zelne erst persoenlich erwerben
  • [vgl. Iw. 7658].
  • 250. bekerte anwendete. 976 daz
  • enw€Br niht wol bekeret. bewenden
  • 1441.
  • 251. bescheiden nach Gebühr
  • nnd Umständen handelnd , ver-
  • ständig, klug; einer, der alles wohl
  • zu unterscheiden und jedes an sei-
  • nen Ort zu stellen weiss. Noch
  • Abraham a Santa Clara Judas 6,
  • 447 ein Politicus muss auf der
  • Welt haXb so und halb so sein,
  • wawn er wül fortkommen, und
  • sokhe LetUe seind bescheiden und
  • klug; die können die Segel richten
  • nach dem Wind, Freidanks Be-
  • scheidenheit. BescheidenlkTienüMcli
  • 258, mit Verstand, nach Gebühr,
  • 80 dass er zugleich die natürlichen
  • Ansprüche der Blutsverwandten und
  • das Bedürfniss auch der Nichtver-
  • wandten berücksichtigte. Unser
  • bescheiden schliesst sich an das
  • reflexive Zeitwort an.
  • 255. riMchen, geruochen acht-
  • sam, bedacht, besorgt sein, Rück-
  • sicht nehmen, wünschen: mit Gen.
  • 413. 1361; wollen, wählen, ge-
  • ruhen: mit dem Infinitiv. So
  • hier. Und so wie hier wird es
  • besonders oft gebraucht, wo got
  • das Subjekt ist; auch 1361. Von
  • ruoch, ruoche Acht, Bedacht, Be-
  • sorgung, Sorgfalt, Sorge: ruchlos,
  • 256. gotes hüs Kirche, Erlöster,
  • Spital u. dgl.
  • Valien mit dem Dativ, gewoehn-
  • lich gevallen zufallen, zu Theil
  • werden: 1518 als müez ez uns
  • allen ze jungest gevallen, —
  • Schenkungen des Heinricus de
  • Owe an das Kloster S. Peter auf
  • dem Schwarzwalde curtem suam
  • cum domo et omnibus, quce ibi
  • possidebat. Für die Verdienstlich-
  • keit solcher Vergebungen und Ent-
  • alsus sß tet er sich abe
  • bescheidenlichen s!ner habe
  • 11DZ an ein geriute:
  • 260 dar flöch er die liute.
  • disiu jfemerUche geschibt,
  • diu was stn eines klage nibt:
  • in klageten elliu diu lant,
  • da er inne was erkant,
  • 265 nnd ouch von Mmden landen,
  • die in näcb sage erkanden.
  • Der 6 diz gerinte
  • und der ez dannocb binte,
  • 265. frömdea Besserung Haupts: Strassb. den; tn HeideVi.
  • Kol. 261—266 im$gef<älen. 267. Besserung Ladmanns: Strai
  • fehlt S; Heidelb. Kol. Der daz selbe gereute
  • ävsaernngen nnd toq der Unxobl
  • nnd dem Reichthnm. der Öottes-
  • hänser fiudet sicli ein reott voller
  • nnd bezeichnender Änsdmok dieser
  • Zeitstiminnng in einem Uedichte
  • des 12. Jahrhunderts hei Hutmann
  • (kein Schwabe) von dem heiligen
  • Glauben (Credo) 3194 fgg. LB.
  • 429, 14 fgg.
  • 267. sS hinter dem ersten Worte :
  • 1165 da von SÖ »ot ich disen tot
  • hän für eine süeze not ; alsus not
  • ein Btfirkerea so.
  • RefleiiTes abe tuon mit dem
  • Oen. sich entänssem, entechlagen:
  • 1106.
  • 259. genute: 267. 1443; Iw.
  • 8285 niwoeriute: Waldboden, der
  • dnrcb Änsrenten der Bäume in
  • Ban.and nmgeschaffen worden. 268
  • Üeberarb. der daz selbe geriute in
  • dem wilden walde biute. Orts-
  • namen wie BUti, Rente, Eent,
  • Baierrent, Gerenth (Erenth), Rütti,
  • GrStli. In Baiern ist Gerent <
  • Name vieler einzeln liegeo'
  • Banernhöfe, deren Besitser dt
  • die Gerentinaier, Kreitmayer, N
  • renther.
  • 260. Gegenstand nnd Ziel
  • Fliehens.
  • 261. Von geschehen: gesch
  • Schicknng, Znfall, ßreignias.
  • 262. sin eines wie rin selbes
  • 263. klagen transitiv: 3
  • eüt« Umlant.
  • 264. erkennen kennen lern
  • kennen 266. 596. 1380: erkant
  • kannt {bekennen kennen lern
  • kennen).
  • 366. daz ick von sag^iool
  • not erkenne 595; si eng^ub
  • niemens sage danne ir selber ou^
  • 1392 ; vgl. Altnordisch saga.
  • 268. dannoch d. i. danne no
  • Muuxn nnd bäwen: das Ja
  • bestellen (gruw), wohnen, Wohnt
  • errichten.
  • — 69 —
  • daz was ein frier büman,
  • 270 der vil selten ie gewan
  • dehein gröz ungemach;
  • daz andern büren doch geschach,
  • die wirs geherret wären,
  • und,si die niht verbären ^^^j,
  • 275 beidiü mit stiure und mit bete,
  • swaz dirre gebüre gerne tete,
  • des dühte sinen herren gnuoc;
  • dar zuo er in übertrüoc,
  • daz er dehein arbeit
  • 272. Besserung Haupts: HSS. geburen, gebovren, gebowern
  • 274. Besserung Lachmanns bei Haupt: Strassb, Vnd sin do, Heidelb,
  • Kol, so fii des
  • 269. bÜTfnan Bauer; hier und
  • 367 s. y. a. meier 295, der den
  • Grand nnd Boden eines andern
  • als Päcliter bant (erst 1442 wird
  • es sein eigen): so wird in Süd-
  • dentschland noch das Wort Bau-
  • mann gebraucht ; Ackerknecht :
  • Parz. 119, 2 tV büliute unde ir
  • enken Acker- und Yiehknechte.
  • fri ist von Wichtigkeit für den
  • Ausgang der Geschichte : 1497.
  • 270. selten ie d. h. nie: selten
  • 348.
  • 272. &Mr stm. Haus : Vogelbauer ;
  • gebik', gdmre Mitbewohner, Nach-
  • bar, Dor^^nosse, Bauer : bure, bür
  • Bauer (nicht mit -er von bauen ab-
  • geleitet).
  • 273. wirSf mrser,
  • geherret wie geküniget, geliutet,
  • geUmdet; Infinitiv wir mugen uns
  • niM geherren baz : Meleranz 6634.
  • 274. und si; nach und statt
  • des relativen Pronomens das per-
  • Msnliche [s. Haupt z. Er. 702b].
  • die bezieht sich auf herre : Iw. 458
  • er was starke gezan, als ein eber,
  • niht als ein truxn: üzerhalb des
  • mundes tür ragten si im hervür ;
  • Parz. 807, 13 in dem pcUas — der
  • wol gekerzet was, die harte
  • lichte brunnen; Reinmar von Zwe-
  • ter MS. n, 199» swer wol ge-
  • wibet ist und üf ein ander wendet
  • sinen muot, [Vgl. Benecke z. Iw.
  • 458 und Haupt z. Er. 7814.]
  • verbern : wieder das ver- der Ent-
  • fernung, der Beseitigung: nicht
  • haben, unterlassen, verschonen.
  • 275. ^i{«r6 Stütze, Unterstützung,
  • Abgabe. &e^e Bitte; nötbete. Ausser
  • dem Pachtzins waren noch ausser-
  • ordentliche Abgaben zu entrichten.
  • 276. Gen. Dat. fem. Sing, und
  • Gen. Plur. dirre aus disere : Nom.
  • masc. Sing, aus diser. Ebenso
  • disse und ditze aus dises.
  • 278. übertragen mit dem Acc.
  • und Gen. (Nachsatz mit daz) : über-
  • heben, dagegen sicherstellen.
  • — 70 —
  • 280 von frömdem gewalte leit.
  • des was deheiner stn geltch
  • in dem lande also rtch.
  • zno deme zöch sich
  • stn herre^ der arme Heinrich.
  • 285 swaz er in het 6 gespart,
  • wie wol daz nü gedienet wart,
  • und wie schöne er stn gen6z!
  • wan in vil lützel des verdröz,
  • swaz im geschach durch in.
  • 290 er hete die triuwe und euch den sin,
  • daz er vil willecllchen leit
  • den kumber und die arbeit,
  • diu ime ze Itdenne geschach.
  • er schuof ime rtch gemach.
  • 295 Got hete dem meier gegeben
  • nach stner aht ein reinez leben:
  • 285. Strassb. in hette g., Heidelb. Kol. im vor hatte verspart
  • 289. Besserung Haupts: Strassb, Swaz im zno lidende g. ; in Heideib.
  • und Kol. fehlen 287—294.
  • 283. zog sich zurück, begab sich :
  • 789. [vgl. Hanpt. z. Er. 1585]
  • 285. sparn anch mit persoen-
  • lichem Object; schonen.
  • 286. dienen transitiv mit Dienst
  • vergelten; durch Dienst erwerben,
  • verdienen: 384.
  • 288. lützel =L niht: 401. 969.
  • Wie selten 270.
  • 289. zn Theil ward, zufiel: 141.
  • 291. toille guter Wille, Greneigt-
  • heit: tmlUc, mllidkh 900. 1421;
  • adv. gern 1251.
  • 294. gemach m. n. Ruhe, .Be-
  • quemlichkeit, Pflege; Wohnung.
  • Ungemach noch jetzt in dem ab-
  • stracten Sinne.
  • 295. der meier und diu meierin
  • 1437. Lat. maiar der oberste unter
  • den Knechten oder Hoerigen oder
  • Dienern eines Herrn, namentlich
  • in der Landwirthschaft ; einer der
  • fremdes Land als Pächter baut,
  • und persoenlich frei ist, 269. In
  • beiden Bedeutungen wird das Wort
  • noch jetzt gebraucht. Das Wort Meier
  • und allerlei Zusammensetzungen da-
  • mit findet sich als Eigenname sehr
  • häufig — ursprünglich waren es
  • Bauemnamen. Abraham a S. Clara,
  • Judas 4, 326 Hans Oberma'^, Gregor
  • Untermayr und Lenz Mittermayr,
  • drei wolgesessene Bauern.
  • 296. ahte activ Beachtung udgL;
  • passiv Art, Stand,yerhältnis8e udgL
  • reine gut, schoen: 59.
  • — 71
  • er hete ein wol erbeiten lip
  • und ein wol werbendez wip;
  • dar zuo het er scboeniu kint,
  • 300 diu gar des mannes fröude sint,
  • unde bete, s6 man saget,
  • under den kinden eine maget,
  • ein kint von abte jären.
  • daz künde wol gebären
  • 305 s6 rebte güetlicben:
  • diu wolte nie entwtcben
  • von ir berren einen fuoz;
  • umbe sine bulde und sinen gruoz,
  • so diente si ime alle wege
  • 310 mit ir güetlicben pflege.
  • si was oucb s6 genseme, *i •- -- •
  • j /daz si wol gezseme
  • ze kinde dem riebe
  • an ir wsetlicbe.
  • 803. Heidelb. Kol. Wol von zwelf iaren
  • fV
  • 314. /S^ras85. werliche,
  • Heidelb. mit schöner wetliche oder werliche, Kol. mit schöner wertliche
  • 297. beUen zwingen, führen;
  • leben, leiten, lip beiten: lip erbei-
  • ten [anstrengen; zu sich erbeiten,
  • nSich anstrengen, hemühen, abhär-
  • ten** Belege hei Lexer. erbeiter lip
  • „abgehärteter, an Anstrengung ge-
  • woehnter Körper**.]
  • 298. werben eine Kreislinie be-
  • schreiben: sichnmthun, thsetig sein.
  • 301. 80 man saget, so man seit
  • Bekräftigung dorch Bemfnng auf
  • die Ueberliefdrnng, häufig im £rec,
  • im Greg, und Iw. nirgend.
  • 802—803. kint Tochter, maget.
  • Iw. 4470 ich hän ein tohter, ein
  • kint: daz ist ein harte schceniu
  • mögt. Der Doppelsinn ist hier
  • von Bedeutung.
  • 304. gebären sich benehmen:
  • Gebserde.
  • 305. gHetlich, guotlich adj. s.
  • V. a. guot^ freundlich 310. 349;
  • adv. auch 1491.
  • 307. Vgl ne — pas [Gr. III,
  • 748.]
  • 311. gen(sme schoen: 124.
  • 312. geziemt hätte.
  • 313. Gothisch reiks Kcenig, reiki
  • Reich: ahd. (mhd.) richi beides:
  • Koenig LB. 256, 4 dar scal er
  • vorra demo rihhe az rahhu stan-
  • tan, vor dem Kaiser: der Kaiser
  • das Hoechste auf Erden und oft
  • wird das Wott zur Bezeichnung
  • desselben gebraucht : Walth. 82, 21
  • [L. 15, 35] Do er den tievd do ge-
  • 72
  • 315 Die andern heten den sin,
  • daz si ze rehter mäze in
  • wol gemiden künden:
  • do flöcli st zallen stunden
  • zuo ime und niender anders war. ^ni^'^u-f
  • 320 si was sin kurzewile gar. ^rvu>t «^rtw^^
  • st hete gar ir gemüete
  • mit reiner kindes güete
  • an ir herren gewant,
  • daz man st zallen ztten vant
  • 325 under ir herren fuoze.
  • sus wonte diu suoze (^'>n^>xl
  • ir herren ze allen ztten bt.
  • dar zuo liebet er st,
  • swä.mite er ouch mohte;
  • 330 und daz dem kinde tohte ^^^ liL.&jilS^^
  • ZJL C^ L ^ ^>- ^^^ 'vvw
  • ^
  • — r f
  • 330. Stra^BhS^xA das kinden wol dohte, Heidelb, Köl, daz der meide tochte
  • schände daz nie heiser haz gestreit
  • J. Grimm, kl. Schriften 1, 336.
  • 314. wät : watltch schoen. Erec
  • 8291 diu -swachest under den w%-
  • ben, diu zierte wol ein riche mit
  • ir watliche,
  • 316. mit Beobachtung des schick-
  • lichen Maasses, so dass sie ihm zwar
  • nicht zu nahe kamen, aber sich auch
  • nicht gar zu auffällig ferne hielten.
  • 318. do Gegensatz: 146.
  • 320. kurze Zeit; Zeitkürzung,
  • Kurzweil.
  • 325. ihrem Herren unten zu
  • Füssen ? Vgl. 88. Beaflor 237, 13
  • under die meze er im viel. — Aber
  • zu erklaeren aus 462.
  • 326. wonen bleiben , sein: bi
  • oder mite wonen mit Dat. nahe
  • sein, ausharren bei, zugehoeren:
  • 594 mir wont iedoch diu witze
  • M. — suoz neben siieze wie hart
  • neben herte, vast, gäch, swär, war,
  • Tcunt u. s. f. Die einsylbigen For-
  • men sind meist die selteneren. Reim.
  • süeze passiv lieblich, angenehm;
  • activ freundlich. Auch von Men-
  • schen, auch von Gott wird das
  • Wort gebraucht : ersteres hier und
  • 480, letzteres 348 von gotes gebe
  • ein süezer geist; 1360 got — durch
  • sinen süezen list. Oft ist es un-
  • gewiss, ob activ oder passiv. Subst.
  • süeze Süsse, Annehmlichkeit 87.701.
  • 328. lieben transitiv zu Hebe,
  • Freude machen, Freundlichkeit er-
  • weisen: 975 ir hänt uns vil verre
  • geliebet und geeret. [Vgl. Lachmann
  • z. Iw. 4194.]
  • 330. tohte diente oder ange-
  • messen war : 13. Der Plur. kinden
  • würde tohte, also auch möhte for-
  • — 73 —
  • zuo ir kintlichen spil,
  • des gap der herre ir vil.
  • ouch half in s§re, daz diu kint
  • sö lihte ze gewenenne sint.
  • 335 er gewan ir, swaz er veile vant,
  • Spiegel unde härbant,
  • und swaz kinden liep sol sin,
  • gürtel unde vingerlin.
  • mit dienste bräht ers üf die vart,
  • 340 daz si im also heimlich wart,
  • daz er si sin gemahele hiez.
  • diu guote maget in liez
  • V
  • l '. C "
  • 337. HSS. solte, scholde
  • Heiddb. Koh gemale
  • därn. In beiden Texten ist wegen
  • dem ir 331 geändert. Aber z. B.
  • Iw. 2890 ein wtp, die man hat
  • erkant in diso stiBtem muote ; 4615
  • ein wip , diu sere sorget umb ir
  • ere; Büchl. 2, 518 von etslicheni
  • vnbe, vü siUzer an ir libe, diu etc.
  • Kint männlich: Mose 63, 35 [bei
  • Diemer 90, 36] duo daz chint
  • (Joseph) chom muoder (: bruoder).
  • 331. ir, weil kint weiblich dem
  • Sinne nach.
  • 333. helfen mit dem Acc. nnd
  • (gewcßhnlich) Adv. niht , waz n.
  • dgl. nntzen. Sprüchwort Iw. 3321
  • nu erzeicte der töre zehant, daz
  • der töre tmd diu kint vil Uhte ze
  • wenenne aint (Kinder nnd Narren
  • sprechen die Wahrheit). Hier ist
  • ans richtigem üefühle der Narr
  • w^gelassen.
  • 335. gemnnen anschaffen, kau-
  • fen 444.
  • 336. härbant Wigamnr 2702.
  • 4926. Bintiska 1, 374.
  • 341. Strassb, immer gemahel,
  • 338. vingerlin Dintiska 1 , 389 fg.
  • 339. üf die vart dahin, so weit :
  • mit komen nnd bringen,
  • 340. heim Hans : heimelich, heim-
  • lich einheimisch y familiaris, ver-
  • traut, geheim.
  • 341. mahelen sprechen (gericht-
  • lich, rechtlich); verloben: Willi-
  • ram HL. 53, 14 in sinemo mahel-
  • tage, dö er imo selbem^ mahelta
  • mit demo mdemen sines heiligen
  • bluotes die ecclesiam, Gemahele
  • Verlobter , Verlobte , Bräutigam,
  • Braut: so hier. Aber auch schon
  • im ahd., da Verloebniss und Ehe-
  • abschluss ursprünglich eins waren
  • (s. Z. f. d. A. 2, 548 fgg.) , hat
  • es die Bedeutung Gatte nnd Gat-
  • tin, wie umgekehrt brüt auch s.
  • V. a. Eheweib. — Gemahele ist
  • der Regel nach schw. (1446).
  • Hier ist es unflectirt: gleichsam
  • angeführter Vocativus. So öfter bei
  • heizen: (s. mhd. Wb. I, 658 fg.)
  • LB. 498, 16 ir heizent mich meister
  • - 74 —
  • CXA^
  • WWW.
  • beliben selten eine:
  • er dühte si vil reine.
  • 345 swie starke irjäaz geriete ^ • ^
  • diu kindische mi^te,
  • iedoch geliebte irz aller meist
  • von gotes gebe ein süezer geist.
  • Ii- dienst was sd güetlich.
  • 350 diS d6 der arme Heinrich
  • driu jär da getwelte ol^<\^L^^^^
  • nnde ime gequelte
  • cL«,
  • r-
  • iSC'wC^*^!
  • \ o.
  • CU.
  • cj
  • 352. Strdssb, Unn in got gequelte, Heidelb, Kol, got vil sere quelte.
  • und herro; Parzival 303, 16 ich heize
  • herre einen man, von dem ich
  • manec urbor hän; Walther 39, 3
  • [11, 11] daz wir in hiezen herre
  • unde vor im knieten ; Gudrun 564, 3
  • wan si in da hiezen herre. Suchen-
  • wirth 31, 116 er rait also verre,
  • daz mxin in nimmer haisset herre,
  • Flore 4051 do ich ^ min amie
  • hiez; 4505 die maget man beginnet
  • heizen frouwe; Reinke 1, 7 IFeber-
  • schrift %mde Brunen mit vrunt-
  • liken worden wilkome het. — Eben-
  • so bei nennen: Parz. 280, 9 der
  • sich der rUer rot nante; 397, 6
  • sin tohter er dö frouwe hiez; W.
  • Wh. 181, 17 man sol mich ein
  • zage mtne kunftUche tage dar nach
  • immer nennen, schelten: Rosen-
  • garten 1739 swie so daz du mich
  • sehntest verzageter Dieterich. Noch
  • Luther, Buch der Richter 6, 24'
  • Da bauete Cfideon daselbst dem
  • Herrn einen Altar und hiess ihn :
  • Der Herr des Friedens. Ev. Lucas
  • 6, 46 Was heisst ihr mich aber
  • Herr Herr (xvgie, xvgis); Ev^
  • Johannes 13, 13 (wie oben) ihr
  • heisset mich Meister und Herr
  • (gr. Nom., lat. Voc.) ; 1. Petri 3, 6
  • Wie die Sara Abraham gehorsam
  • war und hiess ihn Herr (xvqiov);
  • Hosea 2, 16 Alsdann wirst du
  • mich heissen mein Mann, und mich
  • niht mehr mein Baal Tieissen. Vgl.
  • auch Kellers Fstnsp. ü, 947.
  • 343. selten = nie.
  • 345. starke sehr, geriete Con-
  • junctiv abhängig von swie.
  • 346. miete Belohnung 644 ; Be-
  • zahlung; Beschenkung: so hier; Be-
  • stechung : und zwar für geschehene
  • und noch erwartete Leistungen.
  • 347« lieben transitiv zu liep,.
  • liep machen: 15.
  • 351. tweln transitiv verzagen,
  • aufhalten; intransitiv zagen, sich
  • aufhalten, weilen.
  • 352. Die Strassburger Hs. führt
  • zunächst auf : unde im got gequelte
  • [so in der 1. Aufl. und bei Haupt].
  • Besser wird man lesen unde ime
  • gequelte oder unde er ime gequelte,
  • so dass im den lip s. v. a. sich:^
  • vgl. den Up Nib. 667, 2. öreg.
  • 2510. Echr. 4901 der man wol
  • — 75 —
  • mit grözem jämer den lip,
  • nü saz der meier und sin wtp
  • 355 unde ir tohter, diu maget,
  • von der ich iu % hän gesaget,
  • bt im in ir unmüezekeit
  • und begunden klagen ir herren leit.
  • diu klage tet in michel ndt:
  • 360 wan si vorhten, daz sin tot ^ju^^^^-y^
  • si s^re solte letzen
  • und vil gar entsetzen twc^^. :^v^
  • 6ren unde guotes,
  • und daz herters muotes
  • 365 würde ein ander herre.
  • da wint des im der lip gerte;
  • Nib. 806, 2. Walther 95, 9 [L.
  • =: 94, 12 W.] wan ein wunder-
  • aUez mp, diu getroste mir den
  • Up; Nib. 2048, 2. 1090, 4. 1203, 3.
  • 1460, 3. Gudrun 637, 2. Up steht
  • noch müssiger Greg. 724. 1046
  • nu enlie sin ungetoizzen toip nie
  • geruowen ir Up von tägUcher
  • trage, jämer ist der Schmerz, den
  • man von sich selbst empfindet,
  • Herzeleid, nicht ein von aussen
  • ' her angethaner Schmerz : 875. 911.
  • 930. Und queln wird gewoehnlich,
  • auch von Hartmann so rückbezüg-
  • lich gebraucht: Leid und Klage
  • haben. Erec 8095 wie du queltest
  • amen Up, oh du möhtest wizzen
  • ^ HDcH, vjaz dir hie geschehen soll
  • 6140 dö gehörte er daz vnp mit
  • ruofe guelen ir Up, 8325 tvie
  • dise edelen frouuoen mit jämer
  • qudewt den Up, Wig. 127, 13 war
  • urnbe qüelt ir iuwern Up? waz
  • leides ist iu hie geschehen ? Tristan
  • 81, 19 sus quelte daz vil süeze
  • wip ir jungen schanen suezen lip
  • mit alsd klageUcher not. Mone
  • Altdeutsche Schauspiele 140 daz
  • du so quelst den Üb din. Vgl.
  • auch Gudrun 927, 1 ritter unde
  • meide quelten dö den Up, Ruther
  • 3814 Dar stat rotheres mf vnde
  • quelit den erlichin lif 3842 Bi
  • deme saz rotheres wih vnde qudlite
  • ir lib. Wernher Marienleben 153, 9
  • [424] harte quelte si ir Up. Und
  • so ist qUfCln noch öfter mit Up
  • verbunden; aber auch einfach mit
  • dem reflexiven Fürworte: Trist.
  • 67, 5 ach süeze mttoter: toie du
  • dich mit klage nu quelst, daz weiz
  • ich wol; Silvester 965 vast unde
  • j(BinerUclie queln sach rmin sich
  • die vil armen, [Es ist wohl zu
  • lesen (mit B 353) und im got ge-
  • quälte mit grözen seren sinen Up,]
  • 359. that ihnen Noethigung an,
  • war nothwendig, sie mussten wohl
  • klagen.
  • 361. laz, lass: letzen hemmen,
  • verhindern, berauben, schädigen.
  • — 76
  • wCy-^»«. ^ a
  • ■+•*"»
  • < *■* •■»»
  • si gedähten als6 verre,
  • U^ anz dirre selbe büman
  • alsus fragen began.
  • Er sprach , lieber herre min,
  • 370 möht ez mit iuwern hulden sin,
  • ich frägete vil gerne :
  • so vil ze Salerne
  • von arzenien meister ist,
  • wie kumt, daz ir deheines list
  • 375 ze iuwerme ungesunde
  • niht geraten künde?
  • herre, des wundert mich.*
  • dö holte der arme Heinrich
  • tiefen sfift von herzen
  • 380 mit bitterlichem smerzen;
  • mit solher riuwe er d6 sprach,
  • daz ime der süft daz wort zerbrach.
  • 367. Strassb, Bitze daz, Heidelh. Köl, Daz 379. Besserung
  • Haupts: Heidelh, Kol, Einen t. sanfz (snftzj, Strassb, Tieffen siufzen
  • 382. Besserung Haupts: Strassb. siußse; Heidelb, u. Kol. ändern sonst.
  • 366. so lange. Sonst wie verre
  • allein, auch also verre, s.v. a. sehr:
  • 928. 974. 1073 ; also verre 1000.1 112.
  • 370. hulde zu holt, Geneigtheit,
  • Erlanbniss, Ergebenheit: mit iur
  • wem hulden mit eurer Erlanbniss :
  • an iuwern hulden 684. bt iuwern
  • hulden 1138. Dnrch die Form des
  • Plnrals tritt eine Belebung d^s Abs-
  • tractums ein. Meleranz 1932 fg.
  • möht daz in iuwern hulden sin,
  • ich wolt iuch gerne fragen etc.
  • 372. Da, da doch. Iw. 2346.
  • Walther 138, 6 [62, 9]. Beaflor
  • 229, 25 so sere si wären verstricket
  • in irjären mit liebe und mit muote,
  • alhie diu süeze guote M ir lieben
  • Wirte saz, daz si im niht sagete daz.
  • 373. meister Genitiv , Subject
  • ist vil wie aus dem ist hervorgeht.
  • 375. gesunt (adj. sc. lip) 1153.
  • 1495.
  • 377. Eine Nachahmung der
  • Sprechweise niederer Leute? Bone-
  • rius 82, 40 wenn ir singent so gar
  • herlich, so ist iuwer stimme gelich
  • der stimme die min esel hat: so
  • manent ir mich üf der stat an
  • minen esel. herre min , mich
  • wundert, wie daz müge sin,
  • daz iuwer stimme so gelich mis
  • esels ist; daz wundert mich.
  • 379. siufte, siufze; süft 382.
  • 474. u. a.
  • 381. riuwe Betrübniss nicht
  • bloss über selbstgethanes, sondern
  • — 77 —
  • k
  • W'N.
  • ,Ich hän disen schemeliclien spot
  • vil wol gedienet umbe got.
  • 385 wan du saehe wol hie vor,
  • daz höh offen stuont min tor
  • nach werltlicher wünne,
  • und daz niemen in sime künne
  • sinen willen baz hele dan ich;
  • 390 und was daz doch unmügelich :
  • wan ich enhete niht gar. iw o A
  • d6 nam ich sin vil kleine war,
  • der mir daz selbe wunschleben
  • von sinen gnaden hete gegeben.
  • 391. Strassb. niut vil gar, Heidelb, Kol, Minen willen hat ich
  • mit vrowen gar
  • sc->'\v\- --^-^i '■ t '
  • v\.
  • ..-^' k
  • f\\ *.'!•»*■
  • ^-\v*.- V
  • Wt--w.- I ^
  • überhaupt geschehenes. Noch öfter.
  • [477. 501. 1002.]
  • 383. schemelich schämenswerth,
  • schmsehlich , schändlich : scheme-
  • Ikhe not 456. spot Schmach :
  • „Schande und Spott**, [vgl. Iw.
  • 4501 fg. hob ich den lästerlichen
  • spot verdienet iender umbe got,]
  • 384. dienen, gedienen transitiv
  • verdienen : 286. — umbe vor der
  • betheiligten und zurückwirkenden
  • Substanz, bei, gegenüber, von : wir
  • sagen noch „verdienen um**.
  • 386. höhe — Das Bild herge-
  • nommen vom Fallthor einer Burg ?
  • Oder nach Psalm 23, 9 Attollite
  • portcis, principes, vestras, et ele-
  • vamini portee (ßternäles, et in-
  • troibit rex gloria ; Prov. 17,
  • 19 qui exdltat ostium, quaerit
  • ruinam,
  • 387. in Erwartung: 1166 da
  • von so sol ich disen tot hdn für
  • eine siiezenndt nächsus gemssem
  • Um,
  • 391. (vgl. 399) Der Hardegger
  • MS. 2, 135» „Biz guot ist min
  • und teil ez ouch eigenllche hän"
  • daz ist ein wort gemeine und
  • triuget doch vil inanigen man
  • etc. Dietmar der Setzer ebd.
  • 174* lÄp unde guot daz ist von
  • got ein lehen. Herzog Ernst 2
  • süt dirre werlde freude ist — ein
  • lehen unde unstteter kouf. Frei-
  • dank 74, 19 Ezn hat nietnan eigen-
  • Schaft, niuwan got mit ^ner kraft :
  • lip, sele, ere unde guot, deist dllez
  • lehnen, sme man tuot. Martina
  • 123, 41 fgg. lehenmMn: Nikolaus
  • von Basel S. 16; vgl. Erec 10085
  • fP. — gar ist nachgestellt wie 320 si
  • was sin kurzemle gar,
  • 392. kleine adj. zum subst. war
  • Acht, Aufmerksamkeit; war nemen
  • nicht: wahrnehmen, sondern Acht
  • haben, kleine s. v. a. keine: adv.
  • kleine s. v. a. nicht: 697 daz ich
  • üfdiz brcede leben ahte harte Meine,
  • Ebenso lützel und selten.
  • U ti
  • 78 —
  • 395 daz herze mir d5 also stuont,
  • als alle werlttOren tuont,
  • den daz saget ir muot,
  • daz si gre unde guot
  • äne got mügen hän.
  • 400 sus troug euch mich min tumber wän,
  • wan ich in Ifitzel ane sach,
  • von des genäden mir geschach
  • vil eren unde guotes.
  • d5 d6 des höhen muotes
  • 405 den höhen portenaer verdröz,
  • die sselden porte er mir beslOz,
  • da knm ich leider niemer in:
  • daz verworhte mir min tumber sin.
  • got hat durch räche an mich geleit
  • 410 ein sus gewante siech eit,
  • die niemen mag erloesen.
  • 396. alle von der Welt be-
  • thoerten. Correcter: als ez allen
  • werlttören tuot 136 daz er der
  • werlte mderstitont, als alle dne
  • glichen tuont; Verrückung des
  • Snbjects in der Vergleichnng : Ruol.
  • 183, 4 daz her allenthalben vor im
  • swant, sam der sunne tuot den sni,
  • 397. 764 anders hat mir min
  • muot verjehen.
  • 398 fg. Walther 8, 17 [8, 14]
  • fgg. diu zwei sint ere und varnde
  • guot, daz dicke einander schaden
  • tuot; daz drite istgotes hui de,
  • der zweier iibergulde, diewolteich
  • gerne in einen schrtn. ja leider
  • des enmac niht dn, daz gu>ot und
  • werltlich ire und gotes hulde mere
  • zesamen in ein herze kommen,
  • 405. Die Strassbnrger Hs. hat
  • hedroz : hedriezen anch (rreg. 2000;
  • hedröz: beslöz ein Reim der Art,
  • wie die von W. Grimm zur öe-
  • schicbte des Reimes 83 fg. be-
  • sprochenen; vgl. 1115.
  • 405 fg. "Geber Der Salden tor
  • s. [Wackernagel] Z. f. d. A. II,
  • 535 ff.; zu den dort angefahrten
  • Stellen noch MSP. 58, 37 stron«
  • im diu porte ist vor verspart,
  • 408. 639 ja toütü aXlez din
  • heil an uns vertoürken wider got,
  • 409. rechen strafen ; räche Strafe
  • öfters so von Gott gebraucht, an
  • mich geleit: ligen an einem eigen
  • sein und sich an ihm zeigen : legen
  • an einem zu eigen geben und an
  • ihm erweisen.
  • 411. erlcesen von der niemand
  • frei machen kann (Elranke erloesen :
  • Greg. 3606). Helj. 2110 (64,14) «Äan
  • is san thiu lefhed losot. Heilen
  • Kranke und Krankheit vgl. So-
  • phokles, Oedipus Tyrannus 813 fg.
  • — 79 —
  • I VA<.% ^« V «>
  • nü versmsehent mich die boesen;
  • die biderben ruochent min niht.
  • swie boese er ist, der mich gesiht,
  • 415 des b muoz ich dannoch sin:
  • sin unwert tuet er mir schin;
  • er wirfet diu ougen abe mir.
  • nü schinet grste an dir
  • diu triuwe, die du hast,
  • 420 daz du mich siechen bt dir last
  • und von mir niht enfliuhest.
  • swie du mich niht enschiuhest, ^ci.
  • swie ich niemen liep si danne dir,
  • swie vil dtns heiles st@ an mir,
  • 425 du vertrüegest doch wol minen tot.
  • nü wes unwert und wes n6t
  • wart ie zer werlte merre?
  • 412. Strassb. versmahent, Heidelb, Kol. nu versmahe ich den b.
  • 423. Besserung Leichmanns: Strassb. Vnd swie, Heidelb. Kol. Wie
  • gerne daz ich si bi dir
  • » 1-1
  • 412 ig. Hiob|19, 13 fL
  • 412. Anch Hartmann braucht
  • versmahen nur intransitiv; Erec
  • 9005 d(M dühte in tosrlich getan
  • und wölde im versmahen (: gähen).
  • Bücmein 1, 420, (enphMen:) lä dir
  • nM versmahen nun dienst und mine
  • friuntsohaft; 114f daz im rät ver-
  • smahetOgähet) ;Mw. 4651 iusolte
  • versmähen daz gemeine nächgähen.
  • 413. Ahd. bidarbi ; biderbe^
  • bieder; bedSrben gebrauchen. Zn
  • darben {ri^neip) brauchen : brauch-
  • bar, nütze; von Personen tüchtig,
  • brav: vgl. frum.
  • 414 fg. boese 412 schlecht, ge-
  • ring [vgl. Benecke z. Iw. 38]. Er
  • findet und nennt mich noch boeser.
  • Freidank 89, 5 Stoie bceslkh ieman
  • hat getan, er wil doch sinen
  • boesern hän. MSF. 22, 35 Der
  • muoz ouch mir der boeser sin.
  • 416. unwert Verachtung pass.
  • 426. schtn 112.
  • 418. scMnen, schtn werden, nü
  • erste nun erst recht, nun, so wie
  • noch nie, wie sonst nicht mceglich :
  • 1296 nü bin ich älrest tot.
  • 419. Häufung wie 20 siner
  • arbeit, die er daran hat geleit.
  • 424. auf mich begründet sei,
  • auf mir beruhe.
  • 426. nü vor Fragen : 1027 Nü
  • wer m>ohte volgesagen die herzeriuwe
  • und daz klagen?
  • 427. eigentlich merre (inerere)
  • und h^rre. Aber Hartmann ge-
  • braucht herre: verre 365 u. a.
  • — 80
  • hie vor was ich dtn herre
  • und bin dln dfirftige ntl, ötiv^^v vtM^
  • 430 min lieber friunt, nä koufest du
  • und mtn gemahele und diu wtp
  • an mir den Swigen Hp,
  • daz du mich säechea bt dir last.
  • des du mich gefräget hast,
  • 435 daz sage ich dir vil gerne.
  • ich kan ze Salerne
  • keinen meister vinden,
  • der sich min underwinden
  • ii tX- cCUc-aj' getörste oder wolte.
  • " 440 mit der genist ich solle
  • 43G. 437. Straggb. Ich kam zao s. Do knnde ich kein m., Heidelb.
  • Kol. ichiL kottde zu %. Einen m. nirgen v. 440. Heidüb. Kol.
  • g, der ich, Strassb. wan do mit iah
  • -v^tXv.—
  • [ ; werre, gewerre;
  • Erec. 5Ö75. 8762. 8832.
  • verre kommt im Er. 36 mal, im
  • Iw, 31 mal vor.] Ebenso ist anch
  • merTe gekürzt Merre gtaamr:
  • 1406 fts enwart nie fröude merre ;
  • meiste grcesste: 709. 1164.
  • 429. dürßige Bettler^ dürfti-
  • gimie. Ebenso arme, blinde, heir
  • lige, sieche, üumbe, tumbe, vAse
  • Q. a. [ygl. Benecke z. Iv. 6403.]
  • 430. koufen erwerben, verdienen
  • wn .' 662 daz kaufest an wns beiden.
  • 436. hon ist gefordert dnrch
  • den pnesentischen Gang, den die
  • Eede bis 444 nimmt. (Nibelnngen
  • 14, 3). Ze Salerne wie 372. 852.
  • nnd 1018. Lachmann, Iwein S.
  • 514 ['505, zu 3873*)] verlangt Z.
  • 436 und 1018 zw» : ieh künde zm
  • Sälerfie und und bereit si(3\ zuo
  • Säieme. Freilich ist ze nicht zn
  • betonen (Warnm aber nicht? Wei-
  • ther 77, 6 armmati ei der werlti
  • (Lachmann [13, 10] gegen die Hss.
  • zuo)\ 27, 13 werben zi der mül
  • (Lachmann [65, 13] gegen die Hes.
  • zuo); Greg. 3619), vielmehr mit
  • Salerne zu verschmelzen: ehsnsc
  • samne oft genng nnd hm Hartmann
  • selbst: Erec 812. 816. 9084. Bnchl,
  • 1, 908; im Zäricher RichtbHef n.
  • a. Zürich, d. h. ze Zürich; Zo-
  • vingen Weiathümer 1, 181.
  • 438. underwinden reflexiv mit
  • demOen.der Sache oderFenion : übet
  • sich nehmen wofür zu sorgen mit
  • Thua oder Leiden, sich annehmen.
  • 439. tar, getar, turren (impf.]
  • den Mnth haben, sich anterstehen;
  • dürfen, rr ist ans rs entstanden:
  • tarste, turst Kühnheit: gr. Sä^aos.
  • 440. Das Substantiv ist in den
  • Adjectivsatz gezogen wie 183; Iir.
  • — 81
  • miner sühte genesen,
  • daz müeste ein solch sache wesen,
  • die in der werlte nieman
  • mit nihte gewinnen kan.
  • 445 mir wart niht anders da gesaget,
  • wan ich müeste haben eine maget,
  • diu vollen hibsere
  • und euch des willen wsere,
  • daz si den tot durch mich lite
  • 450 und man si zuo dem herzen snite,
  • und mir wsere niht anders guot
  • wan von ir herzen daz bluot.
  • nü ist genuoc unmügelich,
  • daz ir deheiniu durch mich
  • 455 gerne lide den tot.
  • des muozjch schemeliche not
  • tragen unz an min ende.
  • daz mirz got schiere sende!*
  • 446. Besserung Haupts: Strassb, Wan daz ich m. han, Heidelh,
  • KoL ich Bolde haben 447. Strassb, die volle manbere; Heidelb,
  • KoL Die in dem willen were daz si niht verbere: vgl. 225,
  • 6347 wir niüezen rnorne an tu
  • gesehn, der [gesehn den bei Lach-
  • mann; vgl. die Anm.] jämer unz
  • an dise vrist , an nianegem
  • hie geschehen ist; Veldeke MS.
  • 1, 37^ [MSF. 62, 29] so haben ir
  • willen die vögele da singen [«tio
  • xoiyov s. Haupt z. Er. 5414];
  • Hahns Stricker 13, 32 dem glichet
  • der ungehiure , der tiufel in
  • dem fiure und in der helle hat ^n
  • wesen; Gr. Rudolf 27, 6 in der
  • nacht sie dö wolden sich heben
  • — von der kemmenatin, daz golt
  • sie ZV samene trvgen; Nibelungen
  • 359, 5 für alle di si körnen, di
  • muosen in des jehn. [Man wird
  • mit Haupt nach A lesen müssen
  • wan da mite ich solte ; 183 ist
  • auch einfacher: Er fand da den
  • besten Meister. Dieser . . .]
  • 441. ebenso nhd. eines Kindes
  • genesen.
  • 450. in sie schnitte, um an das
  • Herz zu gelangen: 1092 ich snide
  • dich zem herzen und brich ez le-
  • bende uz dir,
  • 453. gemässigter Ausdruck einer
  • stärker gemeinten Steigerung: 1147
  • genuoc tiure; 1172 gnuog unwan-
  • delbare; auch Nachstellung des
  • genuoc findet sich wie nhd.
  • 458. vgl. Freidank 156, 3 got
  • schiere uns daz sende.
  • 6
  • — 82 —
  • ''i ^ - ^ U'i*^ Kiwi ^
  • C\ lAMiVt - av
  • t^TT
  • Cm-iv uUV-
  • Daz er dem vater hete gesaget,
  • 460 daz erhörte euch diu reine maget :
  • wan ez hete diu vil süeze
  • ir lieben herren füeze
  • stände in ir schözen.
  • man möhte wol genözen
  • 465 ir kintlich gemüete
  • hin ze der engel güete.
  • siner rede nam si war
  • unde marhte si euch gar;
  • si enquam von ir herzen nie,
  • 470 unz man des nahtes släfen gie.
  • dö si zir vater füezen lac
  • und euch ir muoter, so si pflac,
  • und si beide entsliefen,
  • manegen süft tiefen
  • 475 holte 81 von herzen.
  • umbe ir herren smerzen
  • iic^ \iciL. wart ir riuwe also gröz,
  • daz ir ougen regen begöz
  • der släfenden füeze.
  • 480 sus erwahte si diu süeze.
  • ^U^tJu^VlTL
  • 474. Besserung Haupts: Kol. softz, Heidelh, sun£s, Strassb, siufzea
  • 480. So Lachmann; Br, Grimm sus erwache te sie: Strassb, fehlt si,
  • Heidelb. Kol» do erwachten die snzen
  • 460. vgl. nhd. unerhcert.
  • 464. genoz gleich irgend worin;
  • genözen gleich stellen, verglei-
  • chen.
  • 468. merkte sie sich.
  • 472. ländlich einfach, am
  • Fnssende des elterlichen Bettes:
  • 479.
  • 478. 1415 daz im daz lachen
  • begöz der regen von den ougen
  • und oft. [Er. 8320 der ougen regen;
  • 8659 der regen ir von den ougen
  • flöz ; Greg. 42 der ougen regen
  • vloz nider üf die bettewät ; 3311
  • der ougen flöz regens tm ir wät
  • begöz ; 3501 siner ougen ünde da-
  • zu dann auch A. H. 518. Vgl.
  • Schmuhl a. a. 0. 7].
  • 480. erwecken erwahte wie
  • decken dahte, merken marhte;
  • — erwachen erwachete erwachte
  • 482.
  • 83
  • A / ,
  • D6 sl der trehene enpfunden,
  • si erwachten und begunden
  • si fragen, waz ir waere
  • und welher hande swsere i- \ c : r
  • 485 Sl als5 stille möhte klagen.
  • nu enwolte si es in niht sagen.
  • und dö ir vater aber tete
  • vil manege drd unde bete,
  • daz si ez ime wolte sagen,
  • 490 Sl sprach „ir möhtent mit mir klagen.
  • waz möht uns me gewerren
  • danne umb unsern herren,
  • daz wir den suln Verliesen
  • und mit ime verkiesen cuv- r : u,.
  • 495 beide guot und §re?
  • wir gewinnen niemer mere
  • deheinen herren als6 guot,
  • der uns tuo, daz er uns tuot.*'
  • Si sprächen „tohter, du hast war.
  • 500 nü frumt uns leider niht ein här
  • unser riuwe und din klage.
  • liebez kint, da von gedage. S c^n
  • 1 /- " •:
  • . t
  • /(.:
  • 481. trähen, trehene, — enp finden
  • (entvinden) nicht mit dem Acc,
  • sondern gleich andern Zeitwörtern,
  • die solch eine geistige oder seeli-
  • sche Thsetigkeit bezeichnen, mit
  • Gen. cans.
  • 483. euphemistische Kürze: was
  • ihr übles geschehen wsere; nhd.
  • was ist dir?
  • 491. werten (zu wirs 9) tr. ver-
  • wirren, intr. mit dem Dat. stoeren,
  • hindern, schaden^ verdriessen.
  • 492. unibe gegenseitige Be-
  • ziehung: in unserm Yerhäitniss
  • zum Herrn; 897 ez möhte in
  • { V
  • umbe ir herren vil harte wol ge^
  • werren.
  • 494. kiesen waehlen, sehen : ver-
  • kiesen wegsehen und nicht er-
  • wählen ; verachten, verzichten, ver-
  • zeihen.
  • 499. war Substantiv : für war,
  • ze wäre, war haben die Wahrheit
  • gesagt haben, Recht haben; —
  • wahrhaft. ^•
  • 500. Versinnliohung der Ver-
  • neinung; vgl. 1101 geriuwet ez
  • dich häres breit; 1196 si schämte
  • sich niht häres groz, [Anm. zu
  • 1082.]
  • — 84
  • VtA
  • \ V >*
  • ez ist uns. also leit so dir.
  • leider, nü enmuge wir
  • 505 ime ze keinen staten komen.
  • got der hat in uns benomen:
  • het ez i^men anders getan,
  • der müeste unsern fluoch hän.*
  • Alsus gesweigten si sl dö. Su
  • 510 die naht bleip si unfr^
  • und morne allen den tac.
  • swes iemen anders pflac,
  • diz enquam von ir herzen nie,
  • unz man des andern nabtes gie
  • 515 slä^fen nach gewonheit.
  • d^ si sich hefe geleit
  • an ir alte bettestat,
  • si bereite aber ein bat
  • mit weinenden ougen:
  • 520 wan si truoc tougen
  • nähe in ir gemüete
  • die aller meisten güete.
  • .-'» V'k » «■* * «v
  • I
  • 6^ C - Ol % ^iV.
  • 505. State passlicher Ort oder
  • Zeitpunkt, gnte Gelegenheit (stunde
  • und State machet diebe) ; Hilfe:
  • ze staten kotnen, auch mit per-
  • soenlichem Snbject.
  • 509. swige sweic : geswetgen
  • Ö55. 591.
  • 511. nwrgene, morne, morgen,
  • morn morgen (heute), und naechst-
  • folgender Tag : morne den tac wie
  • 526.
  • al nicht die Gesammtheit vieler
  • gleichartigen Substantive, sondern
  • eine einzige in der Gesammtheit
  • ihrer Theile: ganz.
  • 515. diu gewonheit, dass sie zu
  • ihrer Eltern Füssen lag: 471 fg.;
  • 517.
  • 517. Stelle im Bett.
  • 518. netzte mit Thrsßnenstroemen
  • die Füsse der Eltern: 478 fg. von
  • sinen trehenen wart ein bat MSF.
  • 131, 7. Winsbecke 64, 1 uz ougen
  • muoste er wangen baden Wins-
  • beckin 17, 10 du muost diu wange
  • üz ougen baden. Winsbecke 73, 4
  • man sach si dine füeze beuten mit
  • zähem für der Sünden scheiden.
  • 521. eng eingeschlossen , fest
  • und tief: Walther 107, 17 [114, 19]
  • 8Ö hän ich ouch im vil nähen
  • in mim herzen eine stcU gegeben.
  • MSF. 154, 11 und ich die lieben
  • äne mäze minne, näher dan in
  • dem herzen mm. Ulrich von Lich-
  • lenstein, 45, 16 wie nähen ich
  • — 85 —
  • a * s>u
  • die ich von kinde ie vernam.
  • welch kint getete euch ie alsam?
  • 525 des einen si sich gar verwac, ^
  • geleo^tes morn^ den tac,
  • daz si benagen ir leben
  • umbe ir herren wolte geben.
  • Von dem gedanke wart si d6
  • 530 vil ringes muotes unde frd
  • und hete deheine sorge me.
  • wan ein vorhte tete ir we,
  • s6 siz ir herren sagte,
  • daz er dar an verzagte, ?
  • 535 und swenne siz in allen drin
  • getaete kunt, daz st an in
  • der gehenge niht enfunde,
  • daz mans ir iht gunde. ^^'^
  • Des wart s6 gröz ir ungehabe,
  • 540 daz ir vater dar abe
  • O-t ^4.v*-
  • \.-.
  • A
  • / I c--^ —
  • ^•^^ C-^ V, f i
  • .1
  • v-t-\
  • 532. Besserung Haupts: Strassh. eine vorhte die tet, Heidelb,
  • Kol, eine klage die tet
  • si hcm getragen nu lange in
  • mtnem muote,
  • 523. 584 dun quceme nie in
  • leider loch; 920 ichn gesüme iuch
  • niemer tac,
  • 525. verwegen reflexiv mit Ge-
  • nitiv: sich anf die Glückswage
  • legen, sich wozn entschliessen :
  • nhd. Participinm Perfecti verwegen.
  • [1. betoac nach Hanpt z. Er.
  • 2965.]
  • 526. geleben erlehen.
  • 527. benamen mit Namen, um
  • es ausdrücklich and nachdrück-
  • lich zu sagen, namentlich, vor-
  • . züglich, fürwahr, gewiss : 1248.
  • ^[„Es ist ein Liehlingswort
  • Hartmanns** s. Benecke z. Iw.
  • 154.]
  • 530. ringe leicht.
  • [534 dar an verzagen s. Benecke
  • z. Iw. 1400.]
  • 537. hengen die Zügel hangen
  • lassen, freien Lanf gehen; zu-
  • geben, geschehen lassen: gehenge;
  • verhengen (die. Zügel verhän-
  • gen): Verhängniss göttlicher Zu-
  • 538. gan gestatte: 628 u. ö.
  • 539. gehaben reflexiv sich be-
  • finden und benehmen (gehab dich
  • wohl: vale); gehabe Haltung, Be-
  • nehmen, Aussehn; ungehabe übles
  • GebsBrden, Klage, Leidwesen.
  • — 86 —
  • unde ir muoter wart erwaht
  • als ouch an der vordem naht.
  • st rihten sich üf zuo ir
  • und sprächen »sich, waz wirret dir?
  • 545 du bist vil alwaere,
  • C/ift,^ dAK cic^ ^fv^it^ ^gy^ ^g ^jßlj g5 manege swsere
  • a.^;:- u. w \^ Ivtx ^u^ von solher klage hast an genomen,
  • K ,. ^ der niemen mac zeim ende komen.
  • r war umbe lästü uns niht släfen?*
  • ■i
  • 550 sus begunden si st strafen;
  • waz ir diu klage töhte,
  • die niemen doch enmöhte
  • verenden noch gebüezen?
  • sus wänden st die süezen
  • 555 gesweigen an der selben stunt:
  • d6 was ir wille in vil unkunt.
  • i^M:^
  • 546. dich] Heidelb. Kol, dir, fehlt Strassb.
  • zem, Heidelb. Köl, zu
  • 548. Strassb.
  • 544. sich lebhafte Anrede und
  • Gegenrede.
  • .545. cUwcere ganz wahrhaft;
  • einfältig, albern: 1169.
  • 546. -^ Hartmann gebraucht im-
  • mer nnd die Anderen gewoehnlich
  • an nemen mit doppeltem Accnsativ,
  • Person von an, Sache von nemen
  • regiert: z. B. Gregorins 901 daz
  • sich der artner man name daz
  • hint an; Iw. 6146 daz sich Me
  • vor wtp noch man neme deheinen
  • gast an; der Genitiv unten 873
  • durch Attraction. Ebenso wird an-
  • bieten gebraucht: Iw. 5943 und
  • bot si die herber ge an; 6800 do
  • bot in der wirt an stne toMer
  • und sin lant; Nibelungen 523, 1
  • ir muoter bot ir dienest in vil
  • güetlkhen an, anlegen: Lanzelet |
  • 3755 do leiten si »n an gar sinen
  • harnasch. an-ziehen: Iw. 2873
  • manec ziuhet sich daz an; 7574
  • swaz iren ich mich ane züge. Beim
  • Passivum persoenlicher Accusativ:
  • G. Frau 432 wer hat dich ane
  • bräht disen wüln und distn muot ? :
  • Büchl. 1, .541 ais mkh von dir
  • wirt ane bräht; Wig. 179, 18 daz-
  • selbe viur warf si in an: 13
  • swaz ez wart geworfen an; Iw.
  • 6307 ist iuch diu armuot an ge-
  • bor n,
  • 548. ende und ein ende: hon,
  • geben, nemen, komen ze ; hier
  • s. V. a. verenden 558, beendigen
  • d. h. ihrem Anlass ein Ende
  • machen.
  • 553. baz, bezzer, buoze, büeten,
  • 556. do Gegensatz: 146.
  • — 87 —
  • V-Cv^cXi^t
  • Sus antwurte in diu maget:
  • «als uns min herre hat gesaget,
  • s6 mac man in vil wol ernern.
  • 560 zwäre, ir weit mirz danne wern,
  • so bin ich ze der arzenie guot.
  • ich bin ein maget und hän den muot:
  • e ich in sehe verderben,
  • ich wil e für in sterben.*
  • 565 Von dirre rede wurdens dö
  • trürec unde unfrö
  • 561. Strassb. zuo sinre, Heidelb, Kol, Zn siner arzedie bin ich
  • gut 563. Strassb, sihe; Heidelb, Kol, liezze, 564 wolde
  • 565. Heidelb, Kol, Von dem gedanken wurden do; Strassb, wurden
  • sin do 566. Strassb, Trurig beide vnd, Heidelb, Kol, beide truric
  • 558. mm herre, monsieur : 618.
  • 749. 758. Ebenso min frouwe,
  • tnadaine : von abwesenden und auch
  • in Beziehung auf mehrere Besitzende
  • [wo wir unser erwarten würden].
  • 560. zwäre Inteijection wie z.
  • B. auch 777 ; Adv. 649. Erec 7447
  • zwäre sage ich tu daz u. ö.
  • 561. arzenie s. 198.
  • 563. Denselben Fehler haben
  • die Hss. Erec 3175 für in wil ich
  • sterben, e ich in sihe verderben,
  • und Büchl. 1, 1837 ich wcene e
  • wazzer unde walt und diu erde
  • verbrinne — e ich von dir die
  • sinne benim, Jß) verlangt aber
  • den Conjunotiv, des Prsesens wie
  • in der Erzählung des PrsBteritums,
  • z. B. Erec 3991 c im iht gewerre,
  • so wü ich kiesen den tot; Iw.
  • 2230 I des niht ensüle geschehn,
  • ich läze mir e nemen den lip;
  • 4476 zwäre, e verlius ich daz guot
  • und wäge den Itp, e st immer
  • werde Siw wip, Erec 2926 ritter-
  • liche stuont sin muot, e er wip
  • genceme und hin heim hsme; Greg.
  • 1037 «Imw Mnt er werte dem hit-
  • term hunger aMe tage niewan mit
  • sinem bejage, e er daz kint funde
  • Beaflor 33, 13 fg. dem lieben gote
  • ich vergihe, daz ich ml vür dich
  • sterben, e ich dich läze verderben,
  • [Vgl. Bock, Über einige Fälle
  • des Conjunctivs im Mhd. QF,
  • XXVII, 25 fg. die von e ab-
  • hängigen Adverbialsätze der Zeit.]
  • 565. wurdens do.
  • 566. Die Lesart der Strassburger
  • Handschrift ist vielleicht doch bei-
  • zubehalten: Erec 3135 frouwe
  • EnUe wart do beide truric unde
  • unfrö; Einschaltung wie Engel-
  • hard 5574 biz im die friunde beide
  • ab giengen und die dienestman;
  • Häufung wie Iw. 5098 do antwurt
  • er und sin wip beidiu guot unde
  • lip beide in sine gewalt [s. Lach-
  • manns Anm. : auch er hält die Les-
  • art der Strassburger Hs. für richtig.]
  • 88 —
  • Zat^^
  • YV». %.Mr^ l^iOL
  • V,
  • beide muoter unde vater.
  • sine tohter die bat er,
  • daz si die rede lieze
  • 570 und ir herren gehieze,
  • . daz si geleisten möhte,
  • w wan ir diz niht entöhte.
  • ,, Tohter, du bist ein kint,
  • und dine triuwe die sint
  • 575 ze gröz an disen dingen.
  • du enmaht es niht für bringen,
  • als du uns hie hast verjehen.
  • du hast des tödes niht gesehen.
  • swenn ez dir kumt uf die frist, J.c^-w.^
  • 580 daz des dehein rät ist, . t^'-
  • du enmüezest sterben,
  • und möhtst du danne erwerben,
  • du lebetest gemer dannoch:
  • wan dun quseme nie in leider loch.
  • 567. Heidelh, KoL Ir muter vnd ir v. 573. HSS, Er sprach t.
  • 584. Strassb. in oie, Heidelh. KoL Du queme nie in leit 1.
  • 568. bat er : vater 641 : An-
  • lehnung mit Apocope und Ver-
  • schleifung 592 tohter: moht er,
  • vgl. Beaflor 198, 35 fg. (vater:
  • bat er,)
  • 570. geheizen verheissen 644.
  • 572. touc geht wohl von Statten,
  • gelingt: weil sie das doch nicht
  • würde vollbringen können, ihr doch
  • nicht moeglich sein würde.
  • 580. rät Abhilfe , Befreiung,
  • Hilfe dagegen: 915 nune mag ez
  • ander rät ^n,
  • 582. düj nicht duzi also er-
  • werben intransitiv, umkehren.
  • 584. loch Grube, Grab. P. Ger-
  • hard 47, 5 in des Grabes Loch
  • versenken und verscharren ; 94, 3
  • er hat mich aus dem Loch und
  • sichren Todesjoch mit seiner Hand
  • genommen, Alamannisch verlochen
  • begraben. Helleloch Martina 216, 84.
  • Henneloch (?) Hölle: Schmeller
  • 1, 338 [*1304] Ich sehe euch schon
  • im Henneloch beim Kasperl von
  • Kreilhofen (Teufel); vgl. Narren-
  • schiff 3, 4 Der ist ein narr, der
  • samJet guot und hat dar by keyn
  • fryd noch mtwt und weyss nit,
  • wem er solches spart, so er zuom
  • finstren keller fart. Das Bei-
  • wort leit gebraucht sehnlich der
  • Marner v. d. Hagen MS. 2, 253^ :
  • swer dar in (in Schande und Laster)
  • kumt, der ist in leidez hol ge-
  • schoben.
  • — 89 —
  • 585 da von tuo zuo dinen munt;
  • und wirstö für dise stunt
  • der rede iemer mere lüt,
  • ez gät dir üf dine hüt.*'
  • Alsus so wände er si dö
  • 590 beidiu mit bete und mit drö
  • gesweigen: d$ enmohter.
  • sus aiitwurt iiöe sin tdhter.
  • , Vater min, swie tump ich si,
  • mir wont iedoch diu witze bi,
  • 595 daz ich von sage wol die not
  • erkenne, daz des libes tot
  • ist starc unde strenge,
  • swer ouch dann die lenge
  • mit arbeiten leben sol,
  • 600 dem ist iedoch niht ze wol.
  • wan swenne er hie geringet i^vv^
  • und üf sin alter bringet
  • den lip mit michelre not,
  • so muoz er liden doch den tot.
  • 605 ist ime diu sele danne verlorn,
  • s6 wsere er bezzer ungeborn.
  • ez ist mir komen üf daz zil
  • (des ich got iemer loben wil),
  • daz ich den jungen lip mac geben
  • 610 umbe daz §wige lebc|n.
  • 590. Heidelb, Kol, beide, Strassb, Bede
  • [yy.
  • oi
  • 59L 1264 gesprechent mich,
  • „ierre ja enmach ich^,
  • 593 ff. Lamprecht , Tochter
  • Syon 2827. Sme tumb ich doch
  • anders si, mir ist iedoch diu wis-
  • heit M, daz ich u. s. w. Vgl.
  • Winsbecke 58, 1 fg.
  • 597. unlieblich nnd unfreundlich.
  • 598. otich aber auch: 820.
  • 600. durchaus nicht wohl.
  • 601. 793 solhen hü fliehen ... mit
  • dem m^an ringet unde ie ranc,
  • 605. dann verlorn oder danne
  • vlorn,
  • 606. guot; bezzer 1005. liep;
  • lieber 755.
  • 607. zil Endpunkt in Raum und
  • Zeit : es ist für mich dahin gekommen.
  • ^^^tf^.t-'V*'».
  • Cdy^X-
  • V7W
  • Is fgi lX c*^
  • \
  • \
  • "Via
  • tX y^i
  • — 90 —
  • nü sult ir mirz niht Jeiden. \t^[ c/i Aä-^
  • ich wil mir unde iu beiden
  • " vil harte wol mite varn. ^^ ; tL^
  • ich mag iuch eine wol bewäm
  • 615 vor schaden und vor leide,
  • als ich iu nü bescheide.
  • ir hänt gre unde guot:
  • daz m^et mines herren mu^t, ^^a^^^^o
  • wan er iu leit nie gesprach ^ AoSeu.
  • «V
  • IX
  • .4T
  • Vrvvi.
  • 620 und ouch daz guot nie abe gebrach, y^^ ^cdw
  • ape georacn. y^,
  • 1: 'vtik^;,;[7.
  • die wtle daz er leben sj
  • s6 st§t iuwer sache wol
  • und läze wir den sterben,
  • s6 müezen wir verderben.
  • 625 den wil ich uns fristen
  • mit also schoenen listen,
  • da mite wir alle sin genesen. ^aacXU^ t^^-X
  • nü gunnent mirs: wan ez muoz wesen.^
  • Diu muoter weinende sprach,
  • 630 dö si der tohter ernst ersach,
  • «gedenke, tohter, liebez kint,
  • wie gröz die arbeite sint,
  • die ich durch dich erliten hän,
  • und lä mich bezzern Ion enpfän,
  • 635 dan ich dich hoare sprechen.
  • du wilt min herze brechen.
  • senfte mir der rede ein teil.
  • 613. verfahren mit, handeln an.
  • [616. 8. Benecke z. Iw. 1107.]
  • 618. daz Accnsativ: meinen
  • die Ursache woran sein (eigent-
  • lich im Sinne haben, bezwecken).
  • 625. noch anf längere frist er-
  • halten.
  • 626. list Ennst wunderbarer
  • Art, schcene euphemistisch begü-
  • tigend: Nibelungen 437, 3 (Sieg-
  • frieds Zauberkraft) von dnen
  • schcenen listen het er kraft genuoc,
  • dag er mit dem Sprunge den künic
  • Gunthere truoc.
  • 627. von Leid und Noth er-
  • rettet sind.
  • 637. leicht machen, angenehm
  • machen, mildern : 738 ein teil (adv.
  • aber mit Gen.) etwas; eigentlich
  • msessigend , verkleinernd : 832 ;
  • — 91 —
  • ja wiitu ^llez din heil
  • an uns verwürken wider got.
  • 640 wan gedenkest dti an sin gebot?
  • ja gebot er unde bat er,
  • daz man muoter unde vater
  • minne und ere biete,
  • und geheizet daz ze miete,
  • 645 daz der sele rät werde
  • und lanclip üf der erde.
  • du gihest, du wellest dm leben
  • umb unser beider fröude geben:
  • du wilt zwäre uns beiden
  • 650 daz leben vaste leiden:
  • wan daz din vater unde ouch ich
  • gerne leben, daz ist' durch dich.
  • ja soltü, liebiu tohter min,
  • unser beider fröude sin,
  • 638. Strassb, Joch; Heidelh. Kol. du wilt 646. Strassb,
  • laoge leben, Heidelb. Köl, vnd ein lanch leben, FL lanc lip 647,
  • Fl, iehest; Heidelb. Kol, gibst; Strassb, sprichest 648. i^. durch
  • — frowede 649. Fl, iedoch statt zwäre 651. wan und ouch
  • fehlen Fl,, Heidelb, u, Kol, 653. Strassb, Joch; Heidelb, Kol,
  • Du solt
  • kHa^^-^^-
  • ironisch übergleitend in die Ver-
  • stärkung wie etwas: 1114; vor
  • Comparativ960; vor 2fe 827. 1124.
  • 639. Gott gegenüber.
  • 640. Aus wände, wände ne,
  • wanne, wan ? Die Frage =: Im-
  • perativ und Optativ. Auch mit
  • Imp. und Gondic. Vgl. lat. quin
  • aus quidni, [Beuecke z. Iw. 2214.
  • Mhd. Wb. III, 499]
  • 641. biten und gebieten Gegen-
  • satz 1460 vgL 1464; es wird sprüch-
  • wörtlich so verbunden und die Ab-
  • dchwächung geht bis zur Tauto-
  • logie: biten = gebieten.
  • 645. rät Hilfe : 917 iuwer wirt
  • vil guot rät,
  • 646. lancleben 712 ; lanclip 1514.
  • Durch die Florianer Bruchstücke
  • ist lanclip hier bezeugt wie 1514»
  • die Strassburger Es. hat lange
  • leben; die Heidelberger und Ko-
  • loczaer ein lanch leben wie lanc-
  • leben 712; ebenso die Hs. Büchl.
  • 2, 116 (Haupt lanclip),
  • 6.52. Fl. hat noch: waz schölte
  • vns lip vn gvt, roas schölte vns
  • werltUch mvt, swenne wir din en-
  • b, dvne
  • — 92 —
  • 655 gar unsers libes wünne,
  • ein bluome in dime künne,
  • unsers alters ein stap.
  • und lästü uns über din grap
  • ^juX^ ggßten von dinen schulden,
  • 660 du muost von gotes hulden
  • iemer sin gescheiden.
  • daz koufest an uns beiden *
  • ^Muoter, ich getrüwe dir
  • und minem vater her ze mir
  • 665 aller der geuäden wol,
  • der vater unde muoter sol
  • leisten ir kinde,
  • als ich ez wol bevinde
  • an iu ällertegelich.
  • 670 vonjuwern gnaden hau ich
  • die sele und einen scfioenen lip.
  • mich lobet man unde wip,
  • ^Ule
  • r-
  • I \— - . ..
  • <
  • 663. HSS, Siu sprach m.
  • (auch FL 9)
  • 671. Heidelb. Köl. fehlt die
  • 657. Dieser Tropus kommt öfter
  • vor; vgl. Ruoi. 258, 4. Er stammt
  • aus Tob. 5, 23 Baculum senectutis
  • nostrcB.
  • 658. über: gesten Bewegung;
  • 847, 849 oh.
  • 659. 813 von minen schulden
  • durch meine Verschuldung, 1505
  • von ir schulden durch ihr Ver-
  • dienst: es bezeichnet nur ein be-
  • wirkendes Zuthun.
  • 662. 430 nü koufest du — an mir
  • den ewigen lip, — Die Heidel-
  • berger und Koloczaer Hss. haben
  • noch: Wiltu uns tochter wesen
  • gut, so soltu die rede und ouch
  • den mut Durch unsers herren
  • -t, i~
  • 1
  • £w
  • \A
  • hulde lan, die ich von dir ver-
  • numen han. Die Fiorianer Bruch-
  • stücke: wesen gvt, so scholt dv
  • rede vn den mvt»
  • 666. Attraction.
  • 668. bevinde kennen lerne, er-
  • fahre.
  • 669. cUlero tagö gilich; meist
  • unflectirt und mit dem Genitiv ge-
  • braucht bezeichnet es die Gesammt-
  • heit und jedes Einzelne. Substan-
  • tiv : manno gilih, menneglich (nhd.
  • männiglich) allerö manno gtlth,
  • aller menneglich, Mhd. sind diese
  • Bildungen meist veraltet; am häu-
  • figsten begegnet noch tegeltch,
  • aller tegeltch, adv. (acc.)
  • \ cl .. \-r».vv<..1Uil MiiX I f cLu
  • . V l^^^
  • A / A
  • •H
  • .^.^
  • ^' r
  • ^ V\ ^'^W ft \,A
  • ^n^ u^
  • — fs/
  • i.
  • ^
  • — 93 —
  • und alle, die mich sehende sint,
  • sprechent, ich si daz schoenste kint,
  • 675 daz si zer werlte haben gesehen.
  • wem solt ich der ^enaden Jehen /vt/w^ ^ Kt tcjL Jiai
  • me dan iu zwein nach gote ? ' ^4cu.\i ajy^d^
  • des s61 ich nach iuwerm geböte
  • iemer me vil gerne stan.
  • 680 wie michel reht ich dar zuo hän! ^^^ ^cic^ . nn^
  • muoter, sseligez wip, (y^.^^ avt^^<.
  • Sit ich nü s§le unde lip ^^^ uc^/cf
  • von iuwern genäden hän,
  • sO läntz an iuwern hulden stän,
  • 685 daz ich euch die beide
  • von dem tiuvel scheide
  • und mich gote müe^e ge^en. jC^^c^c^*-^ ryyiA'f
  • ja ist dirre werlte leben ^ ^
  • niuwan der sele verlust.
  • 690 ouch hat mich werltlich gelust
  • unz her noch niht berüeret,
  • der hin zer helle füeret.
  • nü wil ich gote genäde sagen, da^^ k ^ a ^^ ^^
  • daz er in minen jungen tagen
  • 695 mir die sinne hat gegeben, i-c^Ü a.^. ö^
  • daz ich üf diz broede leben vr ^ ;• ff
  • ahte harte kleine. , j
  • ich wil mich alsus reine
  • antwürten in gotes gewalt. Wü-t^x e.<.'C^-Uyr%(£,^^
  • 673. Fl, fehlt und 674. Fl. fehlt sprechent, so auch Heidelb,
  • Kol, (daz ich) 675. Fl, zir lebene; Heidelb, Kol. ie; Strassb, zer
  • weite 676. Fl. schölte — gnaden 677. FL niewan iv; Heidelb,
  • Kol, Wan euch 678. Fl, schol ich ze 679. Fl, fehlt me
  • 680. Fl, ich des hau 688. Strassb, Joch; Heidelb, Kol. dirre
  • kranken werlde leben Daz ist der
  • 677. vgl. Büchl. 1, 1448.
  • 681. Sinn einer Beschwoerung.
  • Ebenso 736.
  • 684. 370 tnöht ez mit iuwern
  • hulden sin,
  • 693. genäde sagen auch 1014.
  • — 94 —
  • Ci^P^
  • it
  • t f C <^£« C
  • 700 ich färbte, solt ich werden alt,
  • daz mich der werlte süeze
  • zuhte under^üeze, 'yt^ Ir^rri^.
  • als si vil manegen hat gezogen,
  • den ouch ir süeze hat betrogen:
  • 705 s6 würde ich übte gote entsaget.
  • gote müeze ez sin geklaget,
  • ^ daz ich unz morne leben sol,
  • mir behaget diu werlt niht s6 wol.
  • ir meiste liep ist herzeleit:
  • 710 daz sl iu für war geseit;
  • ir süezer Idn ein bitter not,
  • ir lancleben ein gaeher tot.
  • wir hän niht gewisses me
  • wan hiute wol und morne we,
  • 715 und i6 ze jungest der t^t.
  • daz ist ein jsemerlicbiu not.
  • ez enschirmet geburt noch guot,
  • schoene, sterke, höher muot;
  • ez enfrumt tugent noch ere
  • 702. Besserung Haupts: HSS. vnder die f. 712. Besserung
  • der Br. G^rimm : Heidelh. Köl, ist der gehe tot; Strassb. ein bitter tot
  • 718. Besserung Haupts: Strassb, sterke noch hoher; Heidelb, Kol.
  • Sterke wiser 719. Strassb. weder t.; Heidelb. Köl, t. vnd e.
  • 702. under füeze wie 88.
  • 705. entsagen los sagen , los
  • machen von, entziehen: gewöhn-
  • lich reflexiv sich entsagen.
  • 709. meiste groesste, wie 1164.
  • Freude, Leid, herzeliep 1413.
  • 713. Ein häufiger in mannig-
  • fachen, aber stsBts sehnlichen For-
  • men wechselnder Gedanke. Iw.
  • 3407 ich weis das als minen tot;
  • Lanzelet 5881 daz ist gewis sam
  • der tot; Freidank 177, 13 (aus d.
  • A. Heinr.?) uoir enhahen niht ge-
  • wisses me wan den tot: daz tuot
  • mir we.
  • 714. wol und we alliterirend
  • wie liep und leit : hiute liep, mor-
  • gen leit häufig.
  • 715. Constructionswechsel, wie
  • namentlich auf wan gern ein No-
  • minativ folgt.
  • 717. geburt Adel: 39.
  • 719. tugent muss hier, wenn
  • der Gedanke nicht schief heraus-
  • kommen soll, in der abgeschwäch-
  • ten Bedeutung gemeint sein, die
  • 95 —
  • .•• C'4.'L^C^.-/'\ /^ ^■^■'^
  • u-<-^
  • 5 { c/Ä.' cu^y^
  • 720 für deD tot niht mere
  • dan ungeburt und untugent.
  • unser leben und unser jugent
  • ist ein nebel unde ein stoup;
  • unser stsgte bibent als ein loup.
  • 725 er ist ein vil verschaffen gouch,
  • der gerne in sich vazzt den rouch,
  • ez si wip oder man,
  • der diz niht wol bedenken kan
  • und euch der werlt n&ch volgende ist. \ i c^tL l Aa.'^
  • Ciu,^ ^^^ ^^ ^^8 ist über den fülen mist ^
  • der pfeller hie gespreitet:
  • swen nfi der Wie verleitet,
  • der ist zuo der helle geborn
  • unde enhät niht me verlorn
  • ihm der Weltsinn des 13. Jahr-
  • hnnderts gegeben hatte: feine Sitte.
  • Berthold 1, 96, 24 (Gottysei und
  • habe alle Tugend und verlange sie
  • deshalb auch von den Menschen).
  • Er meinet aber niht die tugent,
  • daz eteliche Uute tugent heizent.
  • So einer eine hotschaft hovelichen
  • gewerhen kan oder eine schüzzet
  • tragen kan oder einer einen hecher
  • hovelichen gehieten kan unde die
  • hende gezogenliche gehaben kan
  • oder für sich gelegen kan, so
  • sprechend eteliche Mute: „wech!
  • toekh ein wolgezogen kneht daz ist
  • (oder man oder frouwej! daz ist
  • gar ein tugentltcher mensche: we,
  • wie tugentliche er kan gehären !^
  • Sich, diu ti^gent ist vor gote ein
  • gespötte und engevellet gote ze
  • nihte. Sich, der tugende ähtet got
  • niht: wan also leret man einen
  • hunt wol, daz er die füeze für sich
  • habet und daz er schone gebäret.
  • 720. /wr Zweckbestimmung, wie
  • 232 guot für: gegen.
  • 724. In den Vergleiche!^ steht
  • ein vor den Stoffnamen, oder ist
  • loup Blatt? (Nib. 388, 3 grüene
  • alsam ein gras „Wir sagen jetzt:
  • grün, wie Gras, aber der unbe-
  • stimmte Artikel macht den Ver-
  • gleich anschaulicher, weil er uns
  • zwingt an einen einzelnen, bestimm-
  • ten Grasfleck zu denken. So heisst es
  • auch swarz, alsam ein kol wie Kohle;
  • lüter, sam ein is wie Eis, wtzer,
  • danne ein sne u. s. w." Zupitza,
  • Einf. i. d. Stud. d. mhd. S. 69.]
  • 725. verschaffen übel und zum
  • Verderben geschaffen ; Walther
  • 123, 12 [L. 41, 4 verdorben],
  • gouch Kuckuck, Narr,
  • 731. paXliolum, pallium: pfel-
  • 161, pfellel, pfeller, pfelle,
  • 732. blic Glanz.
  • 734. 735. Ironische Umschrei-
  • bung: 230.
  • /3t vJU^ U r. t^
  • ro
  • ^. '■ ^^ ' <•■ iCl
  • -^ »l-L-t^x.
  • <^rt..v vv^
  • 96
  • DO.
  • 735 wan beide sSle unde lip.
  • nü gedenkent, sseligez wip,
  • miieterlicher triüwe
  • Ci.-,xcU^ und senftent iuwer riuwe,
  • die ir da habent umbe mich:
  • 740 s6 bedenket ouch der vater sich,
  • .^-^h weiz wol, der mir heiles^^gan/" da-o
  • er ist ein alsd biderber man,
  • daz er erkennet wol, daz ir
  • unlange doch mit mir Oy\^
  • 745 iuwer fröude mügent hän,
  • ob ich joi^h lebende bestän.
  • belibe ich äne man bi iu
  • zwei jär oder driu,
  • sd ist min herre lihte tot,
  • 750 und koment in so gröze nOt
  • 741. Strcissb. daz er; 741—745. Heidelb. Köl. Der ist ein also
  • wiser man daz er seiden vil wol gan Nu wizzet ir wol daz ir ewer
  • vreude mit mir Niht lenger muget gehan
  • /^
  • QLA^tA^^
  • 1a U.^ L^^olx^
  • 741. Wie daz ich zusammenge-
  • zogen wird in deich; daz ist in
  • deist: dest (deiswär, deswar); daz
  • ez in deiz, dez, ebenso, obschon
  • von den Hss. seltener bezeichnet,
  • daz er (ahd. auch noch ir) in deir :
  • eine Hs. des Iw. 5955 [Lachmann
  • z. Nib. 1070, 4]; oder der: Iw.
  • 2088 wan ez entohte deheime za-
  • gen, der minen herren hat erslagen.
  • Anderswo unsicher z. B. a. Heinr. 202
  • wo Haupt der schreibt: aber vgl.
  • 13. 411. 443, 498; Erec 7444 so
  • trat ez also lise, daz niemen wcer
  • so wtse, der ze deheiner stunde
  • den trit gehceren künde; Iw. 7899
  • welch guot toip wcsre von den
  • siten , die ir ze vlize begundet
  • hiten, diu iht versagen künde eim
  • also süezen munde ? 4090 ich weiz
  • ir zwene, und ouch niht im, an
  • den so volleclichen ste diu tugent
  • und diu manheit, die sich so starke
  • arbeit durch mich armen ncem/en an;
  • 4107 nennet mir danne ms die zwene
  • umbe diez so ste, der ietweder so
  • vrum st, daz er eine vcehte wider
  • dr% ; Erec 7949 locer si danne so ge-
  • tan, dar umbe ich solde erwinden;
  • Büchl. 2, 256 diu freude ist ubele
  • veile, die ich imer gekoufe also,
  • da von min frowe werde unfro*
  • 746. ja auh: goth. jah, ahd.
  • jouh, joh, ja. Und, auch, in con-
  • cessiven Sätzen; Bekräftigung jö.
  • bestän stehn bleiben, bleiben,,
  • wie stän s. v. a. sein.
  • 748. oder hcechstens drei.
  • V^Vrt>ww
  • n OVKTtA^^i^
  • L4--
  • \r^y\/\yyrv/^CA^^
  • Vv
  • 97 —
  • cC^
  • U^tt/^
  • 1'.
  • ^--v^ ov-
  • vil lihte von armuot, (
  • daz ir mir alsolhez ^uot %^<^L
  • zeinem manne niht mpgent geben,
  • $^ ^^^>/£(ich enmüeze alse swa<|he leben, i^ vz^^ahICTcI
  • 755 daz ich iu lieber wserfe tot.
  • nü swig wir aber den u6t,
  • ( //«, j
  • ■ "l « ^' / l-v »■■
  • ) l
  • k:Aa
  • Ov^
  • daz uns niht enwerre!
  • und uns min lieber herre
  • wer und also lange lebe,
  • 760 unz daz man mich zeim manne gebe,
  • der riebe si unde wert:
  • s6 ist geschehen, des ir da gert,
  • und wgenent, mir si wol geschehen.
  • anders hat mir min muot verjehen.
  • 765 wirt er mir liep, daz ist ein not;
  • wirt er mir leit, daz ist der tot.
  • äa^'.K %v^ wan s5 hän ich iemer leit
  • 756. Strassb. verswigen; Heidelh, Kol. swige wir dirre grozen n.
  • i
  • 754. swctche schlecht, gering:
  • 143.
  • 755. wenn ich gestorben wcere :
  • 606.
  • 756. simgen toir, simge wir, —
  • verswigen hat den Acc. und dop-
  • pelten Acc. : Büchlein 1,99 unz ich
  • sA mtnen muot versweic; Iw. 540
  • daz versunc mich niht; Greg. 2170
  • dazn hat er nüch niht versteigen;
  • Passiv mit dem Acc. der Person:
  • Erec 4928 daz sol iuch unver-
  • swigen sin; Iw. 4447 ez ist iuch
  • nützer verswigen; Lanzelet 337
  • daz dich dtn name vnrt verswigen
  • ^9398 des sint si lobes unversmgen).
  • Dagegen stvtgen wird mit dem Ge-
  • nitiv construirt: Erec 7024 dö
  • man der rede gar gesweic; 8390
  • der künec ein ujüe des gesweic.
  • 757. Und nehmen wir den Fall
  • an, dass: daz conditional.
  • 759. wem w»hren, auch mit
  • persoenlichem Snbject: lebend blei-
  • ben ndgl.; transitiv (758 uns Acc):
  • gleichsam nus mit ebenso fort-
  • währendem Leben aushalten, [s.
  • Benecke zu Iw. 5343.]
  • 76 1 . ivert absolut : von hohem Wer-
  • the,herrlich,ausgezeichnet, vornehm.
  • 763. mir geschihet wol, übele
  • unpersoenlich.
  • 764. 397 den daz saget ir muot,
  • 766. Des er gert, daz ist der
  • tot und verderbet manegen Up,
  • MSF. 178, 29.
  • , 767. wan nicht Begründung
  • (denn) , sondern Bekräftigung:
  • wahrlich; fast nur den LFebergang
  • bezeichnend. Enim, nam, yccg,
  • 7
  • — 98 —
  • 772.
  • und bin mit ganzer arbeit
  • gescheiden von gemache
  • 770 mit maneger hande sache,
  • diu den wiben wirret /^
  • und si an fröuden irret,
  • nü setzt mich in den vollen rät,
  • der da niemer zergdt.
  • 775 min gert ein frier büman,
  • dem ich wol mines libes gan.
  • zwäre, dem sult ir mich geben:
  • s6 ist geschaffet wol min leben.
  • Strassb, zuo; Heidelh, AbZ. an
  • 6^ '^
  • •^ C4^
  • ^
  • :u
  • . c
  • 768. ganziu fröude 788. 837:
  • nichts als, voll.
  • 772. irren stören, hindern, Die
  • Strassburger Hs. hat zuo, die Hei-
  • delberger nnd Koloczaer an. Letz-
  • teres ist vorzuziehen. Irren mit
  • dem Genitiv der Sache: z. ß.
  • Warnung 662 waz in ze helle
  • imrretj daz si aller freuden irret;
  • wenn eine Prseposition steht, so
  • steht immer an z. B. Hartmann
  • selbst, Greg. 1027 er hete noch
  • gelernet rm, wan daz er wart girret
  • dran; [Leutold v. Seven 269, 30
  • rir Lachm. Walth. 52, 7] daz mich,
  • frouwe, an fröiden irret, daz ist
  • iuwer lip.
  • 773. 780 rät in seiner sinnlichen
  • Bedeutung (Hausrath , Vorrath,
  • Geraeth) : Zurüstung, Gersethschaft,
  • Vorrath, Lebensunterhalt und Habe.
  • 774. zergän vergehen 809. 1149.
  • 775. Christus als Bräutigam
  • seiner Gemeinde: biblisch; Hohes
  • Lied. Bräutigam der einzelnen
  • Seele wird Christus zuerst wohl
  • nur genannt nach der Anschauungs-
  • und Ausdrucks weise der Nonnen-
  • kloester, deren Bewohnerinnen an-
  • statt eines irdischen Geliebten dem
  • himmlischen sich widmeten. Der
  • Eintritt in's Kloster galt als Ver-
  • loebniss, der Tod als Vermaehlung.
  • Vgl. z. B. Caesar Heisterbacensis,
  • Dialogus miraculorum IV, 39
  • In provincia nostra qucedam ex.
  • stitit pu£Ua nubiJis ac formosa
  • divitunique fiUa, Quam cum pa-
  • rentes tradere vellent tnarito, renuit
  • illa dicens: Non nubam alteri viro
  • nisi sponso coelesti domino meo
  • Jesu, Hier ist diese Ausdrncks-
  • weise übertragen auf den Tod einer
  • zwar nicht geistlichen Jungfrau,
  • die aber auch gleich einer geist-
  • lichen auf einen irdLschen Ehe-
  • bund verzichtet. Es ist das zu-
  • rückzuführen auf den geistlichen
  • Verfasser von Hartmanns lateini-
  • scher Urschrift.
  • 776. mich gönne.
  • 778. schaffen, schwach flectirt,
  • ahd. scaffon von scaf GeschafFen-
  • heit, Beschaffenheit , gesetzliche
  • — 99 —
  • f^
  • '' r
  • im get sin pfiuoc harte wol ;
  • 780 sin hof ist alles rätes vol;
  • da enstirbet ros noch daz rint;
  • da enmüent diu weinenden kint;
  • da enist ze heiz noch ze kalt;
  • da wirt von jären niemen alt:
  • 785 der alte wirt junger;
  • da enist durst noch hunger;
  • da enist deheiner slahte leit:
  • da ist ganziu fröude an arbeit.
  • 781. Strassb, weder ros noch rint; KoL Donen muet ros noch
  • die r. ; Heidelh, Da en mevt ros noch r.
  • Strassh, mügent; Heidelh. KoL Noch die
  • Heidelh. Din ist; Strassh. weder ze heis
  • weder durst n. h.; Strassh. frost
  • 782. Lachmann müejent;
  • 783. Kol. Den ist;
  • 786. Heidelh. KoL
  • Ordnung: schaffen also festsetzen,
  • hestellen, einrichten.
  • 779. pfluoc das hezeichnende
  • Hauptmerkmal des ganzen Acker-
  • baulebens: der pfliwc get kommt
  • öfters vor : er wird gleichsam per-
  • soenlich lebend gedacht.
  • 780. hof ein umschlossener Kaum,
  • zunsechst der beim Hause ; der In-
  • begriff des Besitzes an Grund-
  • stücken und Gebäuden; halb tau-
  • tologisch ist dann die Verbindung
  • Haus und Hof; endlich bedeutet
  • es Herrensitz (mit Ausschluss der
  • Pächter und der Hoerigen); Aufent-
  • haltsort eines Fürsten.
  • 781. Bei unde und noch tritt
  • der Artikel nur zum zweiten Worte:
  • Iw. 3215 heide vreude unde den
  • sin; 6192 cleider unt ter lip; 2555
  • in enirte ros noch der muot ; 5407
  • ottch ensparten s* lip noch den
  • muot u. a. [vgl. Haupt z. Er. 8239].
  • 782. Hartmann gebraucht zu-
  • weilen ne ohne niht : 1096. Hier
  • wegen des Ebenmasses der Kede:
  • vorher und nachher en — noch. Vgl.
  • Walther 124, 7 [55, 5].
  • müejen beschweren , Verdruss
  • machen.
  • [783. Greg. P. 84 der enhät
  • ze heiz noch ze kalt; Er. 1926
  • da wart nie halt noch heiz.]
  • 786. durst (nicht firost) mit der
  • Koloczaer und Heidelberger Hs.:
  • vgl. 783.
  • 788. B. Mose 36, 3 [Diemer
  • 45, 8] : so lool den gehornen, der
  • den chan garnen, daz er wart ir
  • genoz , die da sizzent in siner
  • schoz (Abrahams), die nemuot
  • hungir noch durst, hizze
  • noch uro st; die ne horent ge-
  • hage, die sehent niwan genade;
  • da ist urides unde wnne, swaz
  • wir erdenchen chunnen. Vom
  • verlornen Sohne (Karajans Sprach-
  • denkmseler S. 52 fg.): So heizzet
  • i* - * -• ■• - . i'
  • 100 —
  • h ^ •" '■•■
  • V. -•- ■•^ Vv.
  • - •,
  • c
  • ze dem wil ich mich ziehen
  • 790 und solhen bü fliehen,
  • den daz fiur und der hagel sieht
  • und der wäcabe tweht, ]yA.ü<^^
  • mit dem man ringet unde ie ranc.
  • swaz man daz jär alse lanc
  • 795 dar üf gearbeiten mac,
  • daz verliuset schiere ein halber tac.
  • den bü den wil ich läzen;
  • er si von mir verwäzen.
  • ir minnent mich: deist billich.
  • 800 nü sihe ich gerne, daz mich
  • iwer minne iht unminne. "»vv^^^ / c.^
  • vv-t.^ — . ob ir iuch rehter sinne
  • vccÖ/a-.^ an mir verstau kunnent,
  • und ob ir mir gunnent
  • 805 guotes unde eren,
  • sö läzent mich keren
  • 799. Besserung Lachmanns: Straub, das ist; Heidelh, u, KoL
  • kürzen 799 — 806^ 805. Besserung Haupts: Strassb, Beide g.
  • 'H
  • ./
  • V
  • l *-
  • ■7 «y
  • er si wisen in daz schone para-
  • dise. da ist liep unde lieht, da ist
  • dehein ungenade niht; da ist minne
  • ane nit, urovde ane strit, da ist
  • lip ane tot, genade ane not, dan
  • ist urost noch hungir, dane
  • brennet si div sunne, dane
  • altet nieman: wan si schulen
  • immir iugent han. da ist dehein
  • angist. der engele sanges urovwent
  • sich die menege. da ist aller
  • genaden stcete,
  • 789. wie 283 zuo de^ne zöch
  • sich sin herre, der arme Heinrich.
  • 790. büman 269. bu Bestellung
  • des Feldes ; Land, das man bant
  • und bewohnt ; Wobnnng ; Bau einer
  • solchen; Gebäude. Hier Land, eben-
  • so 797.
  • 791. Zeugma.
  • 794. so lang als es ist, das
  • ganze lange Jahr hindurch.
  • 796. Verliesen zu Grunde rich-
  • ten, verderben.
  • schiere in kurzer Zeit, gleich,
  • bald.
  • büMe schnell.
  • 798. verwäzen 160.
  • 799. billich aus bildeHich: bilde
  • Vorbild: geziemend; recht, insofern
  • man nicht sowohl auf Gesetz und
  • Vertrag als auf Sitte und Umstände
  • Rücksicht nimmt : reht und billich
  • wie lat. iwstum et (squum.
  • 101 —
  • ze unserm herren Jesu Krist,
  • des gnade also stsete ist,
  • daz si niemer zergät,
  • 810 unde ouch zuo mir armen hat
  • also gröze minne
  • als zeiner küneginne.
  • ich sol von minen schulden
  • üz iuwern hulden
  • 815 niemer Komen, wil ez got.
  • ez ist gewisse sin gebot,
  • daz ich iu si undertän,
  • wan ich den lip von iu hän:
  • daz leist ich äne riuwe.
  • 820 ouch sol ich mine triuwe
  • an mir selber niht brechen,
  • ich hörte ie daz sprechen:
  • swer den andern fröuwet s6,
  • daz er selbe wirt unfrö,
  • 825 und swer den andern kroenet-
  • und sich selben hoenet, k^
  • der triuwen ist ein teil ze vil.
  • gerne ich iu des volgen wil,
  • daz ich iu triuwe leiste,
  • 830 und mir selber doch die meiste,
  • weit ir mir wenden min heil,
  • s6 läz ich iuch vil lihte ein teil
  • dJU^.*-^ c^ f >'-^^ 5ä>
  • '^ C-t*-
  • U
  • CL.'K. C ü"
  • ^ c^u a-»* cLl.
  • 827. FL wen si ouch zevil; Heidelb, Köl, Der trewe der si
  • gar ze vil 828. Fl, wie gerne; Heidelh. KoL dnrch recht
  • 830. FL fehlt und 832. Fl. fehlt vil lihte; Heidelb. KoL zwar
  • ich laz euch ein teil
  • 813—830 fehlen in der Heidel-
  • berger und Eoloczaer Handschrift,
  • sie finden sich aber dort hinter 677.
  • 820. ouch, aber auch: 598.
  • 825. kröne 63: krcenen über
  • alle andern auszeichnen.
  • 826. Der Ehre beraubt. Vgl.
  • Walther 122, 17—18 [40, 24 fg.]
  • 828. volgen bloss mit dem Ge-
  • nitiv der Sache 1017.
  • 830. und doch: aber: 854.
  • l^v*
  • F
  • >i
  • '\ Cii\. ^t•^-*
  • — 102 —
  • e nach mir geweinen,
  • ich enwelle mir erscheinen,- AjL
  • 835 wes ich mir selber schiüdec bin.
  • ich wil iemer da hin,
  • da ich ganze fröude vinde.
  • ir hänt doch me kinde:
  • diu länt iuwer fröude sin,
  • 840 und getroestent ir iuch min.
  • wan mir mac daz nieman erwern,
  • .1 ,
  • I < <
  • V^,>; ^V.
  • Ixr ^Lv^
  • zwäre, ich enwelle ernern
  • minen herren unde mich.
  • muoter, ja hörte ich dich
  • 845 klagen unde sprechen e,
  • vv. \A^vu tsete dime herzen we,
  • ^ soltest du ob mime grabe stän.
  • des wirst du harte wol erlän:
  • du stäst ob mime grabe niht.
  • 850 wan da mir der tot geschiht,
  • daz enlät dich niemen sehen:
  • ez sol ze Salerne geschehen.
  • 835. Fl. fehlt selber; Fl, schuldic 837. FL volle fröwede;
  • volle auch Heidelb, Kol, 838. FL habet ouch; Heidelh, Kol.
  • habet noch 844. Strctssb. loch; Heidelb. Kol. ich horte
  • 851. Fl. niman 852. Fl. schol
  • 834. erschine , erschein werde
  • sichtbar: erscheinen, zeigen, er-
  • weisen.
  • 836. für immer.
  • 840. getrcesten (aus Zuversicht
  • auf Ersatz) worauf verzichten, ver-
  • schmerzen.
  • 851. Verräckung der demon-
  • strativen Beziehung : da lässt dichs
  • niemand sehen.
  • 852. zSalerne: 1018; s. zu 436.
  • Nach 852 hat Fl. noch da schol:
  • die Strassburger Hs. JDo sol uns
  • viere der tot Icesen Von der hellen
  • und von den geisten bcesen; Pfeif-
  • fer vermuthet (Germania 3, 350)
  • von den hellegeisten bcesen und ver-
  • gleicht Erec 1822 daz er dnen
  • s weher alten zweier hiuser lieze
  • walten. Besser da sol nü schiere
  • der tot mich loesen von der hellenot,
  • [Bech nimmt die Lesart der Strass-
  • burger Hs. auf (861 fg,); Paul
  • liest: da sol uns viere der tot
  • loesen von aller slahte not: das
  • schliesst sich enger an die Hss.
  • — 103
  • 852» [da sol nu schiere der tot
  • ^ mich loesen von der hellenöt.]
  • des tödes des genese wir,
  • und ich doch verre baz dan ir."
  • 855 Dö si daz kint dö sähen
  • ze. dem töde s6 gähen
  • und^z s6 wislichen sprach
  • unde menschlich reht zerbrach,
  • si begunden ahten under in,
  • ^ 860 daz die wisheit und den sin
  • niemgr erzeigen künde
  • kein zunge in kindes munde:
  • si jähen, daz der heileg geist
  • der rede wsere^ir volleist, ^., a c v. ..
  • 856. Besserung Haupts; Lachmann sus, Stra^ssh, sa, Heidelb,
  • KoL also 862. FL dechein; Heidelh, dehein; Kol, deheine
  • 863. Fl, Heidelh, sie iahen; Kol. sie sahen; Strassb. sii sprachen. —
  • HSS, heilige
  • an als W.'s Vorschlag (der zweite
  • Vers nach ^ 840 ff. : Morgen hilf et
  • uns min got tiz von aller slachte not)
  • und auch der Gedanke des fg. Vers-
  • paares scheint dies vorauszusetzen.]
  • 858. reht wieder passiv: die
  • Schranken hrach, die der Mensch-
  • heit durch Gottes Ordnung gesetzt
  • sind, reht brecJien Pflicht ver-
  • letzen 209.
  • 859. ähten erwaegen.
  • 863. Wernher Marienlehen 163,
  • 19 und 181, 29 der heilig geist
  • [Fei&lik 1157 den der heilige geist
  • heslöz 2881 daz was der heilige
  • geisty^ Keinmar von Zweter MS.
  • II, 177b t 218b ]. Zu Anfange von
  • Turheims Willehalm in derWol-
  • fenhüttler Hs. heiligeist; im 14.
  • Jahrhundert war zu Frankfurt ein
  • Bürgergeschlecht Heilgeist : s.
  • Fichard 1, 236. 264 fgg. Walther
  • 80, 15 [78, 3 heilegestez ; vgl. die
  • Anmerkung] Hss. den heilegestes,
  • den heiligeist: I. des heiligeistes.
  • Ebenso almdhtigot : Blaubeurer
  • Predigthandschrift 2 a. 15 b. 43 h.
  • 55 a. 58 b. 73 a. alniehtigot Gries-
  • habers Vaterländisches aus dem
  • Geb. der Lit. etc. 267. 275. 278 al-
  • maÄ%o*is: BlaubeurerPredigthand-
  • schrift 16 a.; Dat. aJmahtigote
  • Massmanns Abschwoerungsformeln
  • 126 [MSD. XCIV, 27]. Auch der
  • heilic Krist Greg. 1152. MS. II
  • 216 b. Ob auch unten 1365 ?
  • [heilegeist: volleist Ar ist, heim. 37
  • 8. Lexer I, 1212.]
  • 864. volleist stf. m. Vervoll-
  • ständigung; Hilfe; Bestsetigung.
  • 104
  • 865 der ouch Sönte Niclauses pflac,
  • d6 er in der wagen lac, -n ;■ ■ <•
  • und in die w!sheit IMe,
  • daz er ze gote kerte
  • sin kintlieh gemnete ;
  • 870 sich bedähte ir güete
  • daz st niht enwolten
  • si wenden noch ensolten,
  • jv.' ':^ des si sich bete an genomen:
  • der wille si ir von gote komen.
  • Ms von jämer erkalte in der Itp,
  • dö der meier und sin wip
  • vw an dem bette säz^
  • und vil gar vergäz'en
  • durch des kindes mintje
  • 880 der Zungen und der sinne
  • sä ze der selben stunde.
  • b65. Besserung Lachmanns: Kol. seale Niolaoa; Stratsb. sancte
  • Nielaweses; Hädelb. eente Nycolaus; Fl. »ante 8G9. Slroiä). Sin
  • kiatlicbe güete 870. Strassb. nnil dahten in ir gemnete', • Heidell
  • Kol. si )]edaht«D siuli in irre gote; FI. sich bedahte 881. Bessentn
  • Haupts: Strassb. So; Heidelh. Kol. An den selben stnoden also da
  • sie en künden
  • 865. sancti, iante, sente. — Jacor
  • bne a Voragine Leg. anr. cp. 3 Hie
  • prima die, cum halnearetur, erectus
  • sletit m pdvi. Ittsiiper qaarta et
  • sexta feria (Uittwocb nnd Freitag,
  • Fasttage der alten Kircbe) tantum
  • settielmgebatubera. Vgl. Passional
  • K. 6 ff. von »ante Nicola» einem
  • bischove. Er gilt alsKinderfreund:
  • Botea.MitbelfBrd.Cbristgescheuke.
  • 869. kintUeh gemute Beidelb.
  • Kol. richtig.
  • 870. Lies sich bedähle ir ffüele.
  • 872. B. Mose 31, 14 [Diemer
  • 36, 5] luv urowe nine teolde noch
  • uerdiilten aeolde. MSF. 70, 1
  • doch wäre ich gern hin an da
  • eil da si da sol und Idnen wii
  • Walth. 143, 15 [64, 2ü] L)h ma
  • der guoten niht vwgeeeen noc
  • ensol. Beaflor 78, 27 den ich s
  • wolde nemen oder mlde; 1S6, 3
  • tg. (ios er niht lenger solde bt
  • liben noch enwolde. HSF. 176, 1
  • ich getar dich niht gebiten noc
  • enkan. Znm zweiten Hilfsnort ii
  • der Infinitiv zn ergänzen.
  • 873. des Attraction (fies, daz]
  • annemen mit doppelten Äcc. £.54<
  • lf*81. sä s. Banpt z. Er. 8076
  • — 105 —
  • ir enwederz enkunde
  • ei nee wort gesprechen.
  • daz gegihte begunde brechen
  • 885 die muoter von leide.
  • sus gesäzen si beide
  • riuwec unde unfrö,
  • unz si sich bedähten do,
  • waz in ir trüreu töhte:
  • ^flu 890 86 man ir doch niht enmöhte
  • benemen ir willen unde ir muot,
  • so enwsere in niht also guot,
  • s6 ^az sl irs wol gunden,
  • wan Sl doch niht enkunden
  • 895 ir niemer werden äne baz.
  • 883. Strassh. Ein einig; Heidelh, Kol, Ein wort niht
  • 885. Fl, Heidelh. Kol, vor 886. Fl, sie 888. Fl, vnz dz sie
  • 882. enwederz Nentrum zi: Mann
  • und Weib: weder z — daz ander
  • Walther 111, 22 [46, 25].
  • 883. Ahd. nur einlc s. GrafFs
  • Sprachschatz 1, 327 fg. Mhd.
  • einec und ein einec: Benecke z.
  • Iw. 3286. Einec z. B. Berthold
  • daz got in einre naht einen engel
  • Mez hundert tusent und ahtzic
  • tüsent menschen zuo töde slahen
  • durch einigen menschen, der got
  • schalt; 61, 1. 192,31. 235, 4 ü. ö.
  • Noch Luther Jer. 44, 26 durch
  • einiges Menschen Mund; Arnos
  • 9, 1 dass keiner entfliehen, noch
  • eimger davon entgehen soll; Offenh.
  • 7, 1 noch über einigen Baum
  • [vgl. Bech 2. Iw. 3287]. Ein einec
  • z, B. Lanzelet 5140 ein einte man
  • wart niht gewar wan eines andern;
  • Berthold 270, 31 mähtü danne
  • einen einigen tac der edeln sele in
  • der Wochen niht gearbeiten? 82,
  • 33 ein einigez naschen'^ Her-
  • man von Fritslar 202, 14 daz her
  • von eime einigen worte volgete
  • gote. Bei Hartmann Iw. 3287
  • dane vand er nie me Hute niuwan
  • einigen man, und wan einen eini-
  • gen man. — Hier deutet die
  • Ueberarbeitung auf das blosse
  • einec; das ein einig der Strasshur-
  • ger Hs. dürfte sich kaum zu der
  • Verneinung , womit der Satz be-
  • ginnt, fügen, und. diese eher ein
  • dehein oder kein anstatt des ein
  • fordern.
  • 884. gtgen eigentlich in zit-
  • ternde Bewegung setzen: giht
  • Zuckungen, Krämpfe, Gicht: ge-
  • gihte Krampf, Gicht. Beaflor 69, 2
  • vor zorne si daz giht brach,
  • 895. äne wesen , werden mit
  • Gen.; so auch, gleichsam adj., ohne
  • 106 —
  • enpfiengen si der rede haz,
  • ez möhte in umbe ir herren
  • vil harte wol gewerren,
  • und verviengen anders niht da mite.
  • 900 mit vil willeclichem site
  • jähen si beide d6,
  • daz si der rede wseren frö.
  • lÄcW^ Des frönte sich diu reine maget.
  • dö ez vil küme was getaget,
  • 905 dö gie si, da ir herre slief.
  • sin trütgemahele ime rief;
  • si sprach «herre, släfent ir?"
  • «nein ich, gemahele. sage mir,
  • wie bistü hiute also frao?**
  • 910 «herre, da twinget mich derzao
  • der jämer inwerr siecheit."
  • «gemahele, daz ist dir leit:
  • daz erzeigest du an mir wpl,
  • als ez dir got vergelten sol.
  • 912. Strassh. Er sprach gemahel; Heidelb. Köl. daz weiz ich wol
  • 904. tagen auch mit Jiaben, er-
  • tagen mit wesen verbunden, wo-
  • durch es deutlicher als Inchoativum
  • hervortritt.
  • 906. trütgemahele auch 1490:
  • vgl. trütfriunt, trütgeselle, trüt-
  • gespil, trütsun udgl.
  • 908. nein ich, nein ez udgL
  • ebenso ja. Vgl. prov. non il afr.
  • nenil; hoc prov. oc, afr. o-oil, oui,
  • 909. fruo adv., und frü^e adj.
  • mit wesen d. i. früh auf sein;
  • wenn das Adv. steht, so hat wesen
  • den volleren Sinn einer Bewegung.
  • 910. da im Beginne von Aus-
  • kunft gebenden Antworten: Hin-
  • weisung auf den mangelnden Be-
  • griff.
  • wesen und werden; Genetiv voran:
  • ougen äne,
  • 896. Vgl. Widerwillen udgl.
  • fassen.
  • 897. Wechselbeziehung: im Ver-
  • hältniss zu ihrem Herren.
  • 899. vervähen fassen und vor-
  • wärts schaffen; zu Wege bringen,
  • ausrichten: Eraclius 2533 wände
  • er vervie da lützel mite; gewoehn-
  • lich ist das Subject eine Sache
  • (Object Person). In der Bedeutung
  • nützen: 947.
  • 900. Geneigten Willens, freund-
  • lich: 1421.
  • Site: 1412 mit vil seltsanen
  • siten: mit site oder siten adv.
  • der Art und Weise.
  • 107 —
  • v^ V*'Wv/-^^
  • 915 nune mag es ander rät sin.*
  • ^entriuwen, lieber herre min,
  • iuwer wirt vil guot rät.
  • Sit ez alsiis umbe iuch stät,
  • daz man in gehelfen mac,
  • 920 ichn gesüme iuch niemer tac.
  • herre, ir hänt uns doch gesaget,
  • ob ir hetent eine maget,
  • diu gerne den tot durch iuch lite,
  • da soltent ir genesen mite.
  • 925 diu wil ich, weiz got, selbe sin:
  • iwer leben ist nützer dan daz min.**
  • DO gnadete ir der herre
  • des willen harte verre,
  • und ervoUeten im diu ougen ,
  • 930 von jämer aM tougen. accAA-^ «-^^
  • er sprach „gemahele, ja ist ^er tot
  • iedoch niht ein senftiu not,
  • 915. Strassb. Nu mag es dekeln ander; Heidelb. Köl. iz rat niht
  • gesin 931, Heidelb. Kol. ia en ist; Strassb. ioch ist
  • 6515 nüne mohte der grdve me
  • im selben meister gesin; Iw. 7684
  • wirne kunnen leider baz; 3020
  • done torst ich vrägen vürbaz. Vgl.
  • iX4.lC
  • t>v>v
  • 915. 939. ne steht ohne zweite
  • Verneinung beim Comparativ (an-
  • der) und folgendem loan oder niu-
  • wan: Lieder 16, 20 [214, 29] sin
  • git dem l%be lönes me wan trüren ;
  • Büchl. 1, 169 dar an getoinne [1.
  • engmnne) ich danne me, wan daz
  • mir wirt wirs dan e; Iw. 8013
  • sine weiz von iu — zer werlde
  • mere, wan daz irz der ritter mit-
  • tem lewen sit ; Iw. 7542 nune mac
  • ich anders wan alsä. Greg. 2933
  • ern het andern gemach, niwan der
  • himel was sm dach. Der Satz mit
  • wan ist weggelassen: Erec 6282
  • nu enmohte im diu guote vor grö-
  • zem unmuote und vor herzensere
  • geantwurten mere: st sprach — ;
  • Fundgruben 1, 275—277.
  • 916. in triuwen, triuwen, trü-
  • wen, nhd. traun.
  • 920. gesümen hinhalten , auf-
  • halten.
  • [926 =: Iw. 4323, vgl. Iw.
  • 7316.]
  • 927. gendden s. v. a. genäde
  • sagen 693 und 1014; auch mit dem
  • Dat. und Gen.
  • 928. verre sehr: 974. 1073.
  • 929. ervoUeten im oder d'ougen
  • [fast gleich Greg. 2669 ; vgl. Lach-
  • mann z. Iw. 6514].
  • - 108 —
  • V ^n
  • als du dir lihte hast gedäht.
  • du hast mich des wol innen bräht:
  • 935 möhtestü, du hülfest mir.
  • des gnüeget mich wol von dir.
  • ich erkenne dinen süezen muot;
  • din Wille ist reine unde guot:
  • ich ensol oüch mg von dir gern.
  • 940 du mäht mich des niht wol gewern,
  • daz du da gesprochen hast.
  • die triuwe, die du an mir begast,
  • die sol dir vergelten got.
  • diz wser der lantljute spot, ^ u-. .x^ <> / l. JLl^
  • 945 swaz ich für dise stunde i (^c
  • Ä arzenlen underwunde, ^ "^
  • und mich doch niht vervienge,
  • wan als ez doch ergienge.
  • gemahele, du tuost als diu kint,
  • 950 diu da gsehes muotes sint:
  • swaz den kumt in den muot,
  • ez si übel oder guot,
  • 939. Strassb. ouch niut me; Heidelb. Kol. lehn sol an dich niht gern
  • 934. innen bringen Bewirknngs-
  • wort zn innen werden,
  • 936. genüegen genug sein oder
  • dünken, mit dem Dat. oder (Hart-
  • mann) mit dem Acc. und Gen.,
  • meist nnpersoenlich.
  • 938. vollkommen, gut, schoen:
  • rein unde guot begegnet öfter.
  • 940. Luther, Ps. 20, 6 der Herr
  • gewißhre dich aller deiner Bitte»
  • von wer Mann: zum Herren
  • machen?
  • 944. lantvolc, — Hut, — r Hute,
  • — man. 'Einwohnerschaft eines
  • Landes , Einwohner ; Einwohner
  • des üeimathlandes , Landsmann,
  • Landsleute. ^n< Heimath: ze lande
  • 1347 ; sin lantliut 1427.
  • 945. für: 239.
  • 946. underwinden üher sich
  • nehmen zu thun oder zu leiden.
  • 947. und da doch; wahrend:
  • 1252; vgl. 1088 unde temporal
  • und conditional: wenn. Nebensatz
  • ist an I^ebensatz beigeordnet, statt
  • untergeordnet.
  • 948. ausser wie es dennoch er-
  • gienge: dennoch d. h. auch wenn
  • ich kein Heilmittel mehr ver-
  • suchte.
  • 109 —
  • dar zuo ist in alles gäch,
  • und geriwet si sere dar nach.
  • 955 gemahele, also tuost ouch du.
  • der rede ist dir ze muote nü:
  • der die von dir nemen wolte,
  • so manz danne enden solte,
  • ■
  • s6 geriuwez dich vil lihte doch/
  • 960 und daz si sich ein teil noch
  • baz bedsehte, des bat er.
  • er sprach ^din muoter und din vater,
  • die enmugen din niht wol enbern.
  • ichn sol ouch niht ir leides gern, cU^ii^^ ^u- <
  • 965 die mir ie gnäde täten, a*. -^ r - vyC^U^
  • swaz si dir beide raten, '
  • liebiu gemahele, daz tuo.^
  • hie mite lachete er dar zuo,
  • wan er lutzel sich versach,
  • 970 daz doch sider d6 geschach.
  • Sus sprach er zuo der guoter.
  • der vater und diu muoter
  • 953. Besserung Lachmanns: Stra^sb, allen; Heidelb, Kol, wirt
  • in vil g. 964. Heidelb, KoL ichn wil; Strassb, Ich sol
  • 967. Strassb, Liebe; Heidelb, Kol. Liebes kint des volge dn
  • :A
  • 953. alles gänzlich, gar.
  • 956. mir ist ein dinc ze muote
  • liegt mir im Sinn, wird von mir
  • gewünscht, gewollt; nnperscenlich
  • mir ist ze muote ich bin so nnd
  • so gesinnt oder gestimmt ; mit dem
  • Gen. cans. mir ist eines dinges ze
  • muote ich bin gesinnt, beabsichtige,
  • ich wünsche etwas. So anch bei
  • Hartmann ; 978 statt des Gen. ein
  • Nachsatz mit dae; Beinmar von
  • Zweter MS. 11. 209» dö im der
  • reis ze muote wart; Nibelungen
  • 59, 1 des enist mir niht ze muote.
  • rede Gegenstand der Rede, Sache,
  • Ding: 1458, 1465.
  • 957. der = swer, si quis, wie
  • lat. qui.
  • 959. flittge, flouc, flugen, flüge, I
  • geflogen; riuwe, rou, ruwen, rtuwe,
  • gerouwen.
  • 971. Syntactische Assimilation,
  • die darin besteht, dass das Adjec*
  • tivnm dieselbe Endung erhält wie
  • der Artikel. Anlass ist hier der
  • Reim. Dasselbe begegnet aber
  • auch innerhalb des Verses, z. B.
  • Greg. 1035 dem bitterem hunger.
  • — 110 —
  • sprächen ^lieber herre,
  • ir hänt uns vil verre
  • 975 geliebet unde geeret:
  • daz enwser niht wol bekeret, cxm, c^ tw-em^^^
  • v^^rUi^ wir engeltenz iu mit guote. , ^
  • unser tohter ist ze muote, W'"*'
  • daz si den tot durch iuch dol: ol^dic^^
  • 980 des gunne wir ir harte wol.
  • ez ist hiute der dritte tac,
  • ^vw^^w^cv 4vd tv^vL^r^ daz si uns allez ane lac,
  • i daz wir ir sin gunden:
  • nü hat siz an uns funden.
  • 985 nü läz iuch got mit ir genesen:
  • 5>t. vu*^ii.v>tf. ovv. wir wellen ir durch iuch entwesen/
  • ^ vtAaUUc.^. k^o im sin gemahele d6 bot
  • "^ für sinen siechtuom ir tot
  • unde man ir ernst ersach,
  • 990 d6 wart dö michel ungemach
  • und jsemerlich gebserde.
  • mislichiu beswserde
  • huop sich dö under in,
  • zwischen dem herren unde in drin.
  • 995 ir vater unde ir muoter die
  • 991. 992. Heidelb. Koh Rvweclich gebere vnd misliche swere;
  • Strassb, Manige misliche beswerde
  • 975. lieben s. 328.
  • 976. beJceren: 250.
  • 977. guot Gutes 1015. 1447,
  • 979. doln ertragen, leiden, dul-
  • den {duU Geduld, zu dol): lat.
  • tuli, gr. raXciü),
  • 982. ällez (s. alles 953) immer-
  • fort, immer: mundartlich auch als,
  • ane ligen angelegentlich bitten
  • (in den Ohren liegen , auf dem
  • Halse liegen). Anliegen.
  • 985. mit instrum.
  • 986. ent' zur Bezeichnung der
  • Trennung.
  • 992. mislich vei'schiedenartig,
  • mannigfach: 7.
  • beswcerde Betrübniss.
  • 994. zwischen obschon sich eins
  • und drei gegenüberstehen.
  • 995. die. Sonst werden zwei
  • Substantive verschiedenen Ge-
  • schlechts, auch Personen, neutral
  • zusammengefasst : wir zwei , st
  • beidiu udgl. ; singularisch theilen-
  • 111 —
  • '^IjÜ
  • CAav
  • erhuoben michel weinen hie:
  • des Weinens tet in michel not
  • umb ir vil lieben kindes tot.
  • nü begunde ouch der herre
  • 1000 gedenken also verre
  • an des kindes triuwe,
  • -*^ und begreif in ouch ein riuwe, l\
  • daz er sere w^in4 began.
  • und zwtvelte vaste dran,
  • 1005 weder ez bezzer getan
  • möhte sin oder verlän.
  • von vorhten weinde ouch diu maget:
  • si wände, er wäre dran verzaget.
  • sus wären si alle unfrö.
  • 1010 si gerten keines dankes d6.
  • Aai t V
  • der Ausdruck auch 882 enwederz
  • (dgl. noch). Demnach müsste ei-
  • gentlich stehen diu. Aber ebenso:
  • 685 die beide : scheide ; 886 leide :
  • si beide und 1409 weide : beide.
  • Oh es auch anderswo im Reim
  • vorkommt ? Ausserhalb des Reimes
  • begegnet es öfter: die 963. 1438;
  • beide 567. Es hängt das zusam-
  • men mit der auch sonst schon im
  • Mhd. eintretenden Schwächung des
  • tu in ie und e,
  • 997. ein dinc tuot mir not
  • (Noethigung) : 359 diu klage tet in
  • michel not (sie mussten wohl kla-
  • gen); unpersoenlich mir tuot not
  • ^nes dinges wie mir ist not eines
  • dinges. Vgl. mir ist ze muote 956.
  • 1006. weder uter; weder — oder
  • utrum — an. Aber es kommt auch
  • in directer Frage vor: 1064.
  • 1010. Heidelberger und Kolo-
  • czaer Hss. lassen 1007—1010 weg.
  • Aber 1007. 1008 sind nothwendig
  • wegen 994 in drin : 995 vater und
  • muoter, 999 der Tierre, nun 1007
  • ouch diu maget. 1009. 1010 stehen
  • als Zusammenfassung und Ab-
  • schluss. Die Strassburger Hs. liest
  • 1010 dankes : alle — si — dankes ?
  • Vielleicht keines tanzes ? Tanz
  • ist die oft vorangestellte Aeusse-
  • rung des Frohsinns : man saxih da
  • selten freuden schal, ez wäre bu-
  • hurt oder tanz Parz. 242, 5; was
  • ir freude am tanze groz, Gdwän
  • noch minre hie verdroz 640, 11 ;
  • tanzen unde singen zergät mit
  • sargen gar Walther 75, 13 [124,
  • 22] (vgl. 21, 19 [19, 37]. 17, 23
  • [25, 10]. 167,12 [114, 36]. MS. II,
  • 139^. Hartmann selbst gebraucht
  • unten 1142 = Greg. 3228 diese
  • launige Wendung, wie er derglei-
  • chen liebt. Vgl. auch Luc. 7, 32.
  • Matth. 11, 17 und über Tänze der
  • Seligen: Basel XIV. Jh. S. 384.
  • Die französische Sprache bezeichnet
  • — 112 —
  • Ze jungest dö bedähte sich
  • ir herre, der arme Heinrich,
  • und begunde sagen in
  • gröze gnäde allen drin
  • 1015 der triuwen und des guotes:
  • diu maget wart riches muotes,
  • daz ers gevolgete gerne;
  • und bereite sich ze Salerne,
  • so er schiereste mohte.
  • 1020 swaz ouch der megde tohte,
  • daz wart vil schiere bereit,
  • schoeniu pfert und richiu kleit,
  • diu si getruoc nie vor der zit:
  • hermin unde samit,
  • eine tiefere Missstimmnng durch
  • Verdruss oder Trauer sprichwört-
  • lich mit dem AuHdrncke „Je n'ai
  • pas le coeur ä la danse et au
  • plaisir,^ [Bech meint, der Vers
  • bedeute vielleicht „sie hatten genug
  • des Leides ** (?) oder es sei tanzes
  • oder sanges zu lesen. Das Mhd.
  • Wh. I, 354» erklärt keines als ab-
  • häng. Gen. von dankes, „keines
  • wollte dem andern nachgeben, im
  • ze danke wesen". — Keine dieser
  • Erklärungen und Emendationen
  • befriedigt. Der Abschnitt ist wohl bei
  • 1009 anzusetzen: vgl. 971. 1049.
  • 1305 u. a. V. 1010 ist zum folgen-
  • den Satze zu ziehen (nach dö ist:
  • zu setzen), das si bezieht sich dann
  • wie ir 1012, in 1013 im Gegensatz
  • zum Herrn auf die Drei (1014);
  • denn dem dat^es gern entspricht
  • doch wohl gnäde sagen 1014.]
  • 1016. rtche freudenreich , be-
  • glückt: von Personen und mit
  • muot verbunden.
  • 1018. ze zugleich Zweck und
  • Raum : für, auf Salerno. Vgl. ich
  • snide dich zem herzen 1092. 450.
  • 1020. tohte brauchbar und schick-
  • lich war, diente und ziemte. 1020
  • und gar 1026 doch wohl hesser
  • [als niaget] megede oder megde, wie
  • die Strassburger Hs. hat ; Heidelb.
  • Kol. 7}ieide : Erec 1321 einer mägdS
  • gelkh ; Greg. 2302 nach der magde
  • (so Lachmann mit der Vatic. Hs.;
  • die Wiener maget) rate,
  • 1022. pfert: für die Reise, be-
  • stimmt zum Reiten für die Jung-
  • frau; ros bedeutet Streitross und
  • Wagenpferd, pfert ist entstanden
  • aus paraveredys, parafredus, pare-
  • fridus, pharefritj pherfrit, pferft,
  • pferit, pfert.
  • 1023. diu dergleichen wie : 106 1 .
  • 1024. hermin von härm, härme;
  • Stoffadjective auch substantivisch
  • st. n.
  • samit mlat. samitum^TLgvJ^afiirog
  • sechsfsedig.
  • — 113 —
  • 1025 den besten zobel, den man vant,
  • daz was der megde gewant.
  • Nu wer möhte volgesagen
  • die herzeriuwe und daz klagen
  • unde ir muoter grimmez leit
  • 1030 und ouch des vater arbeit?
  • ez wser wol under in beiden
  • ein jsemerlichez scheiden,
  • dO si ir liebez kint von in
  • gefrumten s6 gesundez hin
  • 1035 nimer m§ ze sehenne in den tot,
  • wan daz in senftet ir not
  • diu reine gotes gäete,
  • von der doch daz gemüete
  • ouch dem 'jungen kinde quam,
  • 1040 daz ez den tot gerne nam.
  • ez was äne ir rät komen:
  • da von wart von ir herzen gnomen
  • alliu klage und swsere,
  • wan ez anders wunder wsere,
  • 1045 daz in ir herze niht zerbrach.
  • ^xt^vJu^ze liebe wart ir ungemach,
  • daz si dar nach deheine nOt
  • liten umbe.ir kindes tot.
  • Sus fuor gegen Salerne
  • 1050 froelich unde gerne
  • diu maget mit ir herren.
  • 1031. Strassb. Es enwere; in Heidelb, u. Kol, fehlen 1031. 1032.
  • 1046. Besserung Haupts: Strassb. die liebe; Heidelb. Kol. was in
  • 1025. Attraction des Haupt-
  • satzes an den Nebensatz.
  • 1027. volle — vol — klagen,
  • loben, tuen etc. vollebringen 1066 ;
  • vollekotnen.
  • 1031. Conj. Impf, statt des
  • Plnsquampf. : 1044. 1052.
  • beide: vgl. zwischen 994.
  • 1034, frümen, frumen tr. be-
  • fördern, schicken, machen, thnn:
  • goth. fruma, lat. primus; frumen
  • intr. mit dem Dat. frommen : frum
  • tüchtig, gut.
  • [1046 = Er. 6685.]
  • 8
  • — 114 —
  • 1>V
  • d.>
  • waz möht ir nü geworren, ^^^^
  • wiu wan daz der wec s6 verre was,
  • daz si s6 lange genas? c^^- vc^t^ t' v
  • 1055 und do er si vollebrähte
  • hin, als er gedähte,
  • Vrr d^ er sinen meister vant,
  • dö wart ime zehant
  • vil froelichen gesaget,
  • 1060 er hete bräht eine maget,
  • die er in gewinnen hiez;
  • dar zuo er in st sehen liez.
  • Daz dühte in ungelouplich.
  • er sprach ,kint, weder hästü dich
  • ' -^noßö diss willen selbe bedäht?
  • od bistü üf die rede bräht
  • von bete od dines herren drö?*
  • diu maget antwurt im also,
  • 1065. Strasab. Dis 1066. 1067. Strassb. oder 1065—1067;
  • Heidelb, Kol. Dise rede selber an gennmen oder bistu hie zu bekumen
  • Von dines herren dro
  • i\.*
  • 1057. sinen meister d. h. den
  • Arzt, von dem in Beziehung auf
  • ihn der Leser schon früher ver-
  • nommen hat; ebenso 1343 sine
  • maget.
  • 1060. Besser jene: der Neben-
  • satz (falls nicht die s. v. a. qiuüis
  • wie 1023) fordert ein Fronomen
  • demonstrativum. Jener die Hin-
  • weisung auf Bewusstes, Bekanntes,
  • Benanntes: Iw. 2034 mtn herre
  • was biderbe gnuoc: aber jener, der
  • in da sluoc, der muose tiurre sin
  • daner; &ISO jener, derddnider
  • lac, dern möht im niht ee stauen
  • komen; 2558 dö er jenen holden
  • sach, der aUez guot verkerte (Keii) ;
  • Büchl. 2, 535 so ich ir phlegen
  • [H. ich vUgen] wolte und triuten,
  • als ich solte, so kom diu ander
  • guote nie uz minem muote, und
  • nante (ich sprach den Namen) ie
  • jene, der ich da bin, — Unzweifel-
  • hafter ist ein^ in jen>er zu ändern
  • 1187, denn die kemerMte ist doch
  • wohl eins mit dem heimlichen ge-
  • mach 1181; die Ueberarbeitung
  • hat hier auch der, [Wackernagel
  • selbst hat spsßter ein Fragezeichen
  • dazu gesetzt.]
  • 1061. gewinnen herbeischaffen,
  • anschaffen: Heilmittel 202 ; kaufen
  • 835.
  • 1065. diss auch 1253. 1256.
  • Strassb. Hs. dis; die Schreibung
  • diss Nib. 297, 2 B. C. und bei
  • 115 —
  • fr-t/5 C^Ci'^
  • daz si die selben rsete uJ^t-vou
  • 1070 von ir selber herzen tsete.
  • Des nam in michel wunder,
  • und fuorte si besunder
  • und beswuorji yjLierre,
  • ob ir iht ir herre
  • 1075 die rede bete üz erdröt.
  • er sprach „kint, dir ist n6t,
  • daz du dich beratest baz,
  • und sage dir rehte, umbe waz.
  • ob du den tot liden muost
  • 1080 und daz niht vil gerne tuest,
  • s8 ist din junger lip tot,
  • und &umt uns leider niht ein bröt.
  • nu enhil mich dines willen niht.
  • ich sage dir, wie dir geschiht.
  • VArf^
  • •-\ y\
  • i I •■
  • 1
  • C M, C- C
  • Herrn, von Fritslar S. 580. Eine
  • Erweiterung oder Umstellung (vgl.
  • dirre für diser Nom. Sing, und dize
  • fär diz) disse Wigal. 52, 37. Klage
  • 651 G. Eine Kürzung aus dides
  • (vgl. diz aus didaz) ditz in Hss. :
  • des Erec 3786 Greg. Marienleg.
  • 197, 69; ditze Greg. Wig. 144, 38.
  • Biss auch in Haupts Erec 3786.
  • 5599. 9621.
  • 1070. rät tiMfi sonst s. v. a.
  • rät geben (ttum oft in der Bedeu-
  • tung geben) : hier rät tuon ein
  • Ausdruck wie not tuon; tot tuon
  • 1216, flehe und bete tuon 1334: Um-
  • schreibung eines einfachen den Be-
  • griff des Substantivs enthaltenden
  • Zeitworts: tot tuon s. v. a. tceten
  • u. s. w. Bat Entschluss: ze rate
  • werden heschliessen.
  • 1072. besimder in's Abgeson-
  • derte hin: abseits.
  • 1077. berqfien refl. (mit Gen.)
  • mit sich zu Käthe gehen^ sich be-
  • denken, sich besinnen.
  • 1078. und sage Ellipse des ich :
  • öfter so vor nachfolgendem ellipti-
  • schem Fragesatz: vgl. neizwä, wten,
  • nhd. geschweige.
  • 1080. Der Arzt hatte gesagt
  • (226 fgg.) diu — des vjtllen wäre,
  • daz si den tot erlite, und dass
  • sie es gerne thun müsse; vgl.
  • 236.
  • 1082. niht ein brot; sehnlich
  • wie 500 niht ein här u. a. nur
  • mehr der Herrensprache angehoerig,'
  • [vgl. Gr. in, 728 ff. und J. Zingerle,
  • Ueber die bildliche Verstärkung
  • der Negation bei mhd. Dichtern,
  • Sitzungsberichte der k. Acad. der
  • Wissenschaften in Wien, phil. bist.
  • XXXIX, 414—477.]
  • 1083. dines willen hängt ab von
  • niht; heln wird mit doppeltem
  • Accusativ verbunden.
  • 116 —
  • 1085 ich ziuhe dich uz rehte bl6z,
  • und Wirt diu schäme harte gröz,
  • die du von schulden danne hast
  • unde nacket vor mir stäst.
  • ich binde dir bein und arme:
  • 1090 ob dich din lip erbarme,
  • so bedenke disen smerzen.
  • ich snide dich zem herzen
  • und brich ez lebende üz dir:
  • fröuweltn, nü sage mir,
  • 1095 wie din muot dar umbe ste.
  • L^ezn geschach kinde als6 we,
  • ^ als dir muoz von mir geschehen,
  • daz ich ez tuon sol unde sehen,
  • da hän ich michel angest zuo:
  • 1100 nü gedenke selbe ouch dar zuo.
  • geriuwet ez dich häres breit,
  • sO hän ich min arbeit
  • unde du den lip verlorn."
  • vil tiure wart si aber besworn,
  • 1093. Strassb. vzer; Heidelh, Kol. von
  • 1092. zerschneide dich nm an
  • das Herz zu gelangen, s. 450.
  • 1094. Die ehrende Anrede ver-
  • ehlichter wie lediger Weiber war
  • frouwe, geringeren Standes fröu-
  • weltn (vgl . nhd. Fränlein !):Walthers
  • Lied an eine nicht vornehme Ge-
  • liebte beginnt Herzeliehez frouwe-
  • lin 100, 19 [49, 25] ; derselbe Be-
  • ginn eines namenlosen Liedes von
  • gleicher Art ebd. 200,21 [Xin, 11].
  • Im verächtlichen Tone wird fröu-
  • weltn auch gegen Vornehmere ge-
  • braucht: V\rigalois 61, 19 wider
  • die juncfroun er dö sprach „ir
  • sult loizzen, fröuweltn, dirre kleine
  • hunt ist nun." — Hier bedeutet
  • es ein Bauer nmsedchen.
  • 1096. Freiheit der einfachen
  • Verneinung wie 782.
  • 1101. här 500; Genitiv wie
  • 1196 niht häres gröz,
  • 1103. verlorn hat bei arbeit
  • einen anderen Sinn als bei lip : un-
  • nütz thun: bete 1307. arbeit Ver-
  • liesen und verlorn arbeit begegnet
  • überaus oft: verlorene, vergebliche
  • Mühe.
  • 1104. tiure Uten, klagen, ma-
  • nen, beswern grossen Werth worauf
  • legend, mit Dringlichkeit bitten u.
  • s. w., hoch und theuer schwopren.
  • I
  • — 117 —
  • 1105 si erkante sich vil stsete,
  • daz 81 sichs abe taete.
  • Diu maget lachende sprach,
  • wan si sich des wol versach,
  • ir hülfe des tages der töt
  • 1110 üz werltlicher not,
  • »got 16ne iu, lieber herre,
  • daz ir mir also verre
  • hänt die wärheit gesagei--^'C , ,
  • entriwen, ich bin 6In teil verzaget: '*
  • 1115 mir ist ein zwivel beschehen.
  • ich wil iu rehte bejehen,
  • wie der zwivel ist getan,
  • K^den ich nü gewunnen hän.
  • /^ch förhte, daz unser arbeit
  • 1120 gar von iuwerr zageheit
  • under wegen belibe^
  • iwer r^de gezsSme eim wfbe. llu^vtL^
  • ir sint eines hasen genöz.
  • iwer angest ist ein teil ze groz
  • 1110. Strassb, vzer; in Heidelh, u, Köl, 1107 — 1118 gekürzt,
  • 1115. Strassb, beschehen
  • V ^ '-
  • 1105. sie kannte, wnsste sich:
  • mit Genitiv, prsßdic. 1380 die er
  • erkande der scelden und der
  • giiete; 1135 daz ich mich weste
  • des muotes also veste,
  • 1115. geschehen mit dem Dativ
  • zu Theil werden: ein Zweifel ge-
  • kommen. Besser [als ist zwivel
  • geschehen, wie in der 1 . Auflage
  • stand] wäre ein zmfel beschehen,
  • wie Erec 9174 ob im kein zmvel
  • geschach; die Heidelb. Kol. Hss.
  • haben Einen zwifel ich gewunnen
  • han; beschehen liest die Strassb.
  • Hs. Der Reim ist wie 763.
  • 1116. bßjehen bekennen, beich-
  • ten (bigihtj: spöttischer Rede-
  • ton.
  • 1121, under wegen mitten auf
  • dem Wege, unterwegs: under we-
  • gen bellen nicht zum Ziele ge-
  • langen.
  • [1122. Vgl. Büchl. 2, 484 so
  • zcem mm herze den wtben,]
  • 1123. genözen 464. getwerges,
  • risen genöz klein wie ein Zwerg,
  • gross wie ein Riese; eines tören
  • genöz d. i. ein Thor; eines hasen
  • genöz ein Hase.
  • — 118 —
  • 1125 dar umbe, daz ich sterben sol.
  • deswär, ir bandeint ez niht wol
  • mit iuwer grözen meisterschaft.
  • ich bin ein wip und hän die kraft:
  • geturrent ir mich sniden,
  • 1130 ich getar ez wol erliden.
  • die engesltche arbeit,
  • die ir mir vor hänt geseit,
  • die hän ich wol an iuch vernomen.
  • '"X^^.^yr%A^ ^ zwar, ich enwsere her niht komen,
  • 1135 wan daz ich mich weste
  • des muotes als6 veste,
  • daz ich ez wol mac dulden.
  • mir ist, bi iuwern hulden,
  • diu broede varwe gar benomen
  • IHO und ein muot also vester komen,
  • daz ich als engesltche stän,
  • als ich ze tanze süle gän;
  • wan dehein not sd gröz ist,
  • diu sich in eines tages frist
  • 1H5 an mime libe geenden mac,
  • mich endunke, daz der eine tac
  • genuoc tiure si gegeben
  • umbe daz ewige leben,
  • daz da niemer zergät.
  • 1150 iu enmac, als min muot stät,
  • an mir niht gewerren.
  • getrüwent ir mim herren
  • 1143. Besserung Haupts: Strassb. Wände kein; Heidelb. Kol,
  • Wie groz daz min angest ist der tot sich in einer vrist — mich
  • dnnket
  • 1126. ez handeln es treiben,
  • handeln.
  • 1131. engesÜHch, engeslich Angst
  • erregend; 1141 engesltche Angst
  • empfindend.
  • 1138. mit iuwern htUden mit
  • eurer Erlaubniss 370.
  • 1147. thener genug, nm einen
  • hinreichend d. h. sehr hohen Preis
  • dahingegeben.
  • — 119 —
  • sinen gesunt wider geben
  • und mir daz ewige leben,
  • 1155 durch got, daz tuont enzit:
  • länt sehen, welch meister ir sit.
  • mich reizet vaste dar zuo.
  • ich weiz wol, durch wen ich ez tuo:
  • in des namen ez geschehen sol,
  • 1160 der erkennet dienst harte wol
  • und läts euch ungelönet niht.
  • ich weiz wol, daz er selbe gibt,
  • swer grözen dienst leiste,
  • des lön si ouch der meiste.
  • 1165 da von so sol ich disen t6t
  • hän für eine süezen not
  • nach sus gewissem Idne.
  • liez ich die himelkröne,
  • 1153. Besserung Lachmanns: Strassb, Sine gesunde; in Heidelh.
  • u, Kol, fehlen 1149 — 1154, 1161. Besserung Lachmanns: Strassb.
  • Vnd lat sin onch; Heidelb. Kol. Er let sin 1166. Strassb. a&ze;
  • in Heidelb. u. Kol. fehlen 1165 — 1170.
  • 1 155. durch got elliptischer Zn-
  • mf nnd Aasrnf (ich bitte nm Gottes
  • Willen) : vor Imperativen 1482
  • nu rät mir alle durch got; vor
  • Fragen; vor Antworten (Er. 7930
  • durch got, nü saget waz? 7939
  • mugt ir mirz durch got nü sagen?
  • 7513 we, nein ez, durch got.]
  • 1157. rize, reiz : reizen reizen,
  • locken ; nnpersoenl. verlangen.
  • 1160. erkennen mit Lob oder
  • Dank anerkennen : erkenntlich s.
  • v. a. dankbar.
  • 1161. läts: es ist von Ionen
  • abhängig, anch mit dem Dat. und
  • Gen. wird es verbunden: Walther
  • 119, 18 [121, 14] des tvirt M sel-
  • chen eren ungelönet niht; MSF.
  • 45, 26 daz si dem ungelönet lat;
  • Greg. 1222 der deheiner guottät
  • niemer ungelönet lat ; MSF. (Hart-
  • mann) 205, 8 ich wü ir anders
  • ungefluochet län; ebd. 208, 11 8l
  • — ungevdschet län ; ebd. 208, 3 sl wil
  • mir ungelönet län; Erec 4845 daz
  • man sin tmgespottet lie; Beaflor
  • 80, 17 ^^ ungespottet min; Gott-
  • fried von Neifen 49, 21. [Vgl.
  • Haupt z. Er. 979.]
  • 1162. Wahrscheinlich ein Bezug
  • auf Luc. VI, 35 benefacite et
  • mutuum date, nihil inde sperantes,
  • et erit merces vestra multa.
  • 1168. 1293 muoz ich alsus ver-
  • lorn hän die rtchen himdkröne?
  • „Die Krone der Gerechten", „die
  • — 120 —
  • I
  • f
  • I
  • I
  • [i:
  • -
  • »ih-
  • I
  • s6 het ich alwseren sin,
  • 1170 wan ich doch lihtes künnes bin/
  • Nu vernam er, daz si wsere
  • gnuog unwandelbsere,
  • und fuorte si wider dan
  • hin zuo dem siechen man
  • 1175 und sprach zuo ir herren
  • ,uns kan daz niht gewerren,
  • iwer maget ensi vollen guot.
  • nü hänt froelichen muot:
  • ich mache iuch schiere gesunt.''
  • 1180 hin fuort er si zestunt
  • in sin heimlich gemach,
  • da es ir herre niht ensach,
  • und beslöz im vor die tür
  • und warf einen rigel für:
  • 1185 er enwolte in niht sehen län,
  • wie ir ende solte ergän.
  • 1183. Besserung Lachmanns: Strassb. in vor der; Heidelb, Ko
  • Einen rigel warf er für die tnr der arme h einrieb beleip da für
  • Krone des ewigen Lebens** ndgl.
  • [z. B. 2. Tim. 4, 8 Corona justi-
  • UcB, quam reddet mihi Dominum
  • z= o r^g &i>xaioffvvijg (Triq)avog, öV
  • anoöü)ff€i> fjLOi 6 xv^to^]. axiq)avog
  • Kranz als Preis des Siegers im
  • Wettlauf ndgl. Das lat. Corona
  • verstand aber das Mittelalter als
  • den koeniglichen Schmuck, deutsch
  • hröne. Ausdrücklich ist die Bede
  • von koeniglichen Kronen, von gol-
  • denen Kronen u. s. w. Damit
  • stimmen aucb die Darstellungen
  • der bildenden Kunst. [S. DW. V,
  • 2361. 2366 fg.]
  • 1170. lihte auch wertblos, ge-
  • ring: llhtez künne geringe Her-
  • kunft, niederes Greschlecht: ,Ich
  • wsere eine Thoerin, wenn ich, da
  • Bauemkind, mir die Gelegenhe
  • entgehen liesse, eine Koenigin 2
  • werden.*
  • 1171. vernetnen verstehen, w;
  • noch überoft in Luthers Bibel.
  • 1181. Äciw Gegensatz zu Fremd«
  • heimlich was Andern unzugänglic
  • ist ; in den privatesten Theil sein<
  • Wohnung.
  • 1183. vor besliezen: ebenso vc
  • verbergen, vor ver stein mit dei
  • Dativ.
  • 1184. n^e? Balken: Nibelung€
  • 612, 4 der edel hünec dö seil
  • vil wol beslöz die türe: starh.
  • rigele zwene warf er balde det
  • füre.
  • — 121 —
  • In siner kemenäten,
  • die er vil wol beraten
  • mit schoener arzenie vant,
  • 1190 er hiez die maget alzehant
  • abe ziehen diu kleit.
  • des was si frö und gemeit:
  • 81 zarte diu kleider in der nät.
  • schiere stuont si äne wät
  • 1195 und wart nacket unde blöz:
  • si schämte sich niht häres gröz.
  • Do si der meister ane sach,
  • in sime herzen er des jach,
  • daz schoener cr§atiure
  • 1187. Strassb, In einer; Heidelb. Kdl, In der 1189.
  • muthung Haupts: Strassb, Mit sinre; Heidelb, Kol, Von guter
  • 1187. lies jener? s. zu 1060. 1 weise auch von Seide oder
  • Ver-
  • von
  • [Das Fragezeichen hat Wackernagel
  • spater zu jener gesetzt, mit Blei-
  • stift ist dann siner darüber ge-
  • schrieben.]
  • kemenäte caminata , heizbares
  • Haus (Eemnat) oder Zimmer, s.v.a.
  • Stube (Bad), Wohngemach, nament-
  • lich der Frauen (Frauenzimmer) ;
  • Schlafgemach (für Kranke, Alte);
  • Kindbette: ze kemenäte gän ; sonst-
  • wie vorbehaltener bequemer Raum:
  • hier Studierstube.
  • 1188. beraten mit rät versehen,
  • ausrüsten.
  • 1192. goth. gamaids gebrech-
  • lich, ahd. gimeit vergeblich, thoe-
  • richt, übermüthig; mhd. freudig,
  • keck; dessen man sich freut: lieb-
  • lich u. s. w. [bei Hartmann nur
  • noch im Er. und 1. Büchl.: s.
  • flaupt z. Er. 12].
  • 1193. Statt der Knöpfe hatte
  • man Schnüre und Fseden, die theil-
  • Gold waren. Das Ein- und Aus-
  • schnüren (najen) wird oft erwähnt.
  • Man that es sich selbst, das Weib
  • dem Manne, besonders galt es auch
  • als Ehren- und Liebesdienst, den
  • eine Frau der andern oder einem
  • Herren erweist. [Vgl. Mhd. Wb.
  • n, 1, 304a und A. Schulz, das
  • hoefische Leben z. Zeit der Minne-
  • singer I, 189.]
  • 1197. Meleranz 1973 fg. der
  • Jäger dicke an in sach: in sinem
  • herzen er des jach; 5958. Do er
  • Meleranzen sach, in sinem herzen
  • er des jach.
  • 1199. creaUure: sonst findet
  • sich im A. H. kein franzoesisch
  • und es ist deshalb doppelt auf-
  • fällig, dass nicht das lat. creatüre
  • steht. — Es gibt das ein rechtes
  • Beispiel wie Wirnt nachahmt,
  • Wig. 130, Sß dö er den wurm
  • rehte ersach, in sinem herzen er
  • — 122 —
  • 1200 al der werlte waere tiure.
  • gar sere erbarmete si in,
  • daz im daz herze und der sin
  • vil nach was dar an verzaget.
  • nu ersach diu guote maget
  • 1205 einen höhen tisch da stän:
  • da hiez si der meister üf gän.
  • dar üf er st vil vaste bant
  • und begunde nemen in die haut
  • ein. scharpfez mezzer, daz da lac,
  • 1210 des er ze solhen dingen pflac.
  • ez was lang unde breit,
  • wan daz ez so wol niht ensneit,
  • als im wsere liep gewesen.
  • dö si niht solte genesen,
  • 1215 do erbarmete in ir nOt,
  • und wolte ir sanfte tuen den tot.
  • Nu lac da bi in ein
  • harte guot wetzestein:
  • da begunde erz ane strichen
  • 1220 harte müezecltchen,
  • da bt wetzen, daz erhörte,
  • 1221. Besserung Lachnianns: Strassb. Do bi onch w.; Heiddb.
  • KoL Do er daz strichen h. sine vreude gar verstörte
  • des jach, daz so ungehiure de-
  • Keine kreatiure ie gestehe dehein
  • num,
  • 1200. selten, d. h. gar nicht
  • vorhanden.
  • 1203. nach, vil nächj immer
  • mit dem Indicativ Plosqnamper-
  • fecti oder Imperfecti.
  • 1207. vaste fest: 52.
  • 1216. sanfte leicht: 11. Nibe-
  • lungen 882, 2 dö sltwc in (eher)
  • mit dem swerte Kriemhüde man:
  • ez het ein ander jegere so sanfte
  • niht getan : leicht hier für Sieg-
  • fried, dort für das Msedchen.
  • 1217. Iw. 581 ob dem brunne
  • stet ein harte zierlicher stein, under^
  • sazt mit vieren marmelinen Heren:
  • anch bier ist der zweite Yers ganz
  • gefüllt mit den übrigen Worten.
  • Anders Wirnts Art proclitisch die
  • Worte in den Reim zn setzen, z.
  • B. 137, 16 fgg. guoter bOrge het
  • er dru disiu lac so nahen M \ dem
  • sewe, daz er rehte für \ der frou-
  • wen kemenäten tür sluoc, als ee
  • — 123 —
  • der ir fröude störte,
  • der arme Heinrich, hin für,
  • da er stuont vor der tür,
  • 1225 und erbarmete in vil söre,
  • daz er si niemer mere
  • lebende solte gesehen.
  • nü begunde er suochen unde spehen,
  • unze daz er durch die want
  • 1230 ein loch gände vant,
  • und ersach st durch die schrunden
  • nacket und gebunden.
  • Ir 11p der was vil minneclich.
  • nü sach er si an unde sich
  • 1235 und gewan einen niuwen muot.
  • in dühte dö daz niht guot,
  • des er § gedäht häte,
  • und verkerte vil dräte
  • sin altez gemfiete
  • 1240 in eine niuwe güete.
  • Nü er st alse schoene sach,
  • wider sich selben er d6 sprach
  • 1237. 1238. Strassh, Des er do e gedahte — vil getrabte; in
  • Heidelb, u. Köl, feUen 1233—1240,
  • udnt was, der mdne lüterlichen
  • schein, nü sahen si, wä vor in
  • ein I schiffeltn flöz üf dem se,
  • 1222. Satsverschrankang wie
  • 1340. Parz. 230, 21 in den
  • pcUas kom gegangen, der da wart
  • wol enpfangen, Purziväl der lieht-
  • gevar, von im, der in sanie
  • dar,
  • 1231. schrinden st. v. bersten,
  • sieb spalten.
  • 1238. Dräte für Hartmann, der
  • auch das seltnere adj. drate noch
  • gebrancbt (BücbL 1, 1858 der selbe
  • ist zollen lügenden laz, ze den Un-
  • tugenden dreete), ein Lieblingswort ;
  • 173. 1346. Strassb. Hs. bat ge-
  • trate [daraus ergibt sieb gedräte
  • s. Hanpt z. Er. 5500]; besonders
  • gern wird es wie 173 verbunden
  • mit steigerndem also oder a^s:
  • Greg. 511. 2286. 2301. 3136. Iw.
  • nur 3432; vgl. also holde, als
  • balde (nbd. alsbald) Iw. 3457. Greg.
  • 2345.
  • 1242. sprechen wider Wechsel-
  • seitigkeit, nicht zn, sondern mit,
  • Gesprsecb mit sich selbst.
  • — 124 —
  • ,dü hast ein tumben gedanc,
  • daz du sunder sinen danc
  • 1245 gerst ze lebenne einen tac,
  • wider den niemen niht enmac.
  • du enweist ouch rehte, waz du tuost,
  • Sit du benamen sterben muost,
  • daz du diz lesterliche leben,
  • 1250 daz dir got hat gegeben,
  • niht vil willeclichen treist,
  • unde ouch dar zuo enweist,
  • ob dich diss kindes tot ernert.
  • swaz dir got hat beschert,
  • 1255 daz lä dir allez geschehen.
  • ich enwil diss kindes t5t niht sehen/
  • Des bewag er sich zehant
  • und begunde bdzen an die want:
  • er hiez sich läzen dar in.
  • 1260 der meister sprach „ich enbin
  • nü niht müezec dar zuo,
  • daz ich iu iht üf tuo.*
  • „nein, meister, gesprechent mich.*
  • 1253. Strassb. dis; Heidelb. Köl. des 1256. Strassb. dis;
  • Heidelb, Köl. dunen macht ires todes niht gesehen 1263. Besse-
  • rung Lachmanns: Strassb, Nein herre meister; in Heidelb. u, Köl,
  • fehlen 1263, 1264,
  • 1244. danc Geneigtheit, Wille :
  • mit danke, dankes freiwillig, gern ;
  • äne, sunder, über, under, wider —
  • danc wider Willen, Undankes.
  • 1248. benamen für wahr: 527.
  • 1249. lasier Schmach, Schimpf:
  • laster unde spot 1351. lasterlich
  • schmaehlich [: 383. 456].
  • 1252. und da doch^ wsehrend:
  • 947.
  • dar zuo zu dem, nicht einmal.
  • 1254.. beschern zatheilen, ver-
  • hängen: Snhj. immer Gott.
  • 1257. bewegen reflexiv mit dem
  • Genitiv sich seitwärts bewegen:
  • verzichten ; sich auf die Glückswage
  • legen, entschliessen : verwegen 525.
  • 1259. sich , weil lazen pass.
  • verstanden ist, das Snbject also
  • dasselbe bleibt.
  • 1263. 1266. sprechen transitiv,
  • sprechen mit.
  • — 125
  • „herre, ja enmach ich.
  • 1265 beitent, unz daz diz erge.**
  • „nein, gesprechent mich e.*
  • „nü sagent mirz her durch die want.^
  • Ja ist ez niht also gewant/
  • Zehant dö liez er in dar in.
  • 1270 dö gie der arme Heinrich hin,
  • da er die maget gebunden sach.
  • zuo dem meister er dö sprach
  • 9 diz kint ist also wünneclich:
  • zwäre, ja enmach ich
  • 1275 sinen tdt niht gesehen.
  • gotes Wille müeze an mir geschehen:
  • 1264. Strassb, Herre sprach er ioch enmag ich 1266. Strassb,
  • Nein herre meister gesprechent; Heidelb. KoL Neina meister sprechet
  • (KoL besprechet) 1268. Strassb. loch; in Heidelb. u. KoL fehlen
  • 1267. 1268. 1274. Strassb. Zwar ioch; Heidelb. Köl. weizgot nu;
  • alle drei enmag ich
  • 1264. ]L, weil gesprechen
  • fortgefallen, vgl. 591.
  • 1264. 1274. mach nicht fnac
  • oder mag (Hss.) wie Iw. 4098
  • (wo Lachmanns Anmerkung S.
  • 467 fgg. zu vergleichen ist, die
  • nnr zn verschiedenartiges mit ein-
  • ander bespricht) der dewedern
  • tmch ich und Erec 3921 wände
  • so enmakh (Hs. mag) er : wenn in
  • stnmpfreimenden Versen die beiden
  • letzten Hebungen unmittelbar neben
  • einander stehn (mdc, ich), die letzte
  • HebuDg ein einsylbiges, vocalisch
  • anlautendes Wort (ich) undder Vocal
  • der vorletzten kurz ist (fndc), so darf
  • diese auf keinen einfachen Conso-
  • nanten ausgehn (mäCy mag), weil
  • man sonst verleitet würde, einen
  • zweisylbigen stumpfen Reim an-
  • zunehmen, wie vater : bat er 568
  • (derselbe Grund, aus welchen 190
  • genise ich mit Hiatus zu sprechen,
  • nicht zu elidieren ist: vgl. Lach-
  • mann z. Iw. 818. 2943); wohl aber
  • auf eine Consonantenverbindung,
  • so denn auch mit ch: mach. Ch
  • ist in solchen Fällen der ahd. alt-
  • alamann. Laut, der auch mhd. noch
  • keineswegs ungeläufig war, wie wir
  • aus den Hss. sehen. £r findet sich
  • selbst hin und wieder noch bei
  • Dichtern im Reim: Lanzelet 5523
  • burch : durch. Hartmann selbst
  • Iw. 3474 bestreich : sweich und
  • 4431 p flach : ersach: Lachmann,
  • der doch Iw. 4098 mach schreibt,
  • will hier überall ändern.
  • 1268. gewant beschaffen: 12.
  • 410.
  • — 126
  • wir suln si wider üf län.
  • als ich mit iu gedinget hän,
  • daz Silber, daz wil ich iu geben.
  • 1280 ir sult die maget läzen leben. ^
  • Dd diu maget rehte ersach,
  • daz ir ze sterben niht geschach,
  • da was ir muot beswseret mite,
  • si brach ir zuht unde ir site:
  • 1285 st gram unde roufte sich.
  • ir gebserde wart s6 jsemerlich,
  • daz si niemen hete gesehen,
  • im wsere ze weinenne geschehen.
  • 1285. Strassh. Zuo grime zart siu sich vnd roufte; Hddelh. KoL
  • Sie roufte vnd kratzte
  • 1278. 134Ö. dingen verabreden,
  • sich verbindlich machen.
  • 1282. dass es ihr nicht zu Theil
  • ward zu sterben ; 1288 er hätte
  • weinen müssen: 141.
  • 1285. Die Strassbnrger Hs. allein
  • könnte auf die Besserung führen.
  • Ze grimme roufte si sich: grimme
  • Lanzelet 5261 z= Erec 5346 diu
  • bitter leides grimme; ze grimme
  • Adv. wie ze mäze, ze rehte, ze
  • vUze udgl. Die Heidelberger und
  • Eol. Hs. allein wird bestsetigt darch
  • Ortnit V, 43 [bei Amelnng 389, 3]
  • sich krazte unde roufte diu frouwe
  • minnecltch; Erec 5323 zekratzet
  • und zeroufet heb sich daz liehelöse
  • [Htplöse] wip. Beide Hss. zusam-
  • men führen auf die gegebene Bes-
  • serung. Grimmen oder krimmen
  • kratzen findet sich Eabenschlacht
  • 894 hende unde fUeze grimmen er
  • hegan; Schretel u. Wasserb. 232
  • hizen krimm^en unde kratzen'^ 241
  • €z beiz, ez krazte in unde kram;
  • 258 nü kratzä kraz! nu krimmä
  • kr im! 260 sie krazten unde krum-
  • men einander also grimmiclich;
  • Wigamur 1478 Er kraczt vnd gran;
  • Bühelers sieben weisen Meister 4731
  • 8y zerzerret vnd zerkrame sich ; 7146
  • zuo stunt si sich zerzert und kram
  • ir antiit und ir cleider rieh;
  • Narrenschiff 52, 34 (zwei zänkische
  • Eheleute) criminor te , kratznor a
  • te [criminor te , cracinor a te
  • Scheidts Grobianus 3996]; andere
  • Stellen Lachmann z. d. Nib. S.
  • 10. — Des Inhaltes wegen ist zu
  • vergleichen Erec 5757 (Enite, als
  • Erec scheinbar todt) diu guote, nü
  • viel st iüber in unde kusten. dar
  • nach sluoc st sich zen brüsten und
  • kustin aber unde schre; ir ander
  • wort was we owe, daz har si
  • vaste uz brach, an ir ltb& si sich
  • räch nach toiplichem site: wan hie
  • rechent si sich mite, swaz in ze
  • leide geschiht, da toider tuont die
  • guoten niht, wan daz siz pJüegent
  • — 127 —
  • Vil bitterlichen si scbrS
  • 1290 „we mir vil armen unde ow§!
  • wie sol ez mir nu ergän?
  • muoz ich alsus verlorn hän
  • die riehen himelkröneP
  • diu wsere mir ze 16ne
  • 1295 gegeben umbe dise ndt.
  • nü bin ich alr§st tot.
  • owg, gewaltiger Krist!
  • waz gren uns benomen ist,
  • minem herren unde mir!
  • 1300 nu enbirt er und ich enbir
  • der eren, der uns was gedäht.
  • ob diz wsere voUebräht,
  • s5 wsere ime der lip genesen
  • und müeste ich iemer sselec wesen/
  • 1305 Sus bat si gnuoc umbe den tÖt.
  • dö wart ir nie dernäch sö not,
  • sl verlüre gar ir bete.
  • dO niemen durch st dd niht tete,
  • dö huop Sl an ein schelten.
  • 1310 Sl sprach «ich muoz engelten
  • 1291. Besserung Lachmanns: Strassh. nu gar ergan; Heidelb,
  • KoL Daz ich ie wart gebom nn han ich alrerst verlorn
  • enblanden ougen unde handen mit
  • träJienen und mit hantsiegen, wan
  • «I anders niht enmegen.
  • 1295. kein worden: 1302.
  • 1296. aller erest: erst recht,
  • nun eigentlich; nü erste 418.
  • 1301. Entweder die uns zuge-
  • dacht waren : ich gedenke dir eines
  • dinges; oder auf die wir gedacht,
  • die wir bezweckt und erwartet
  • hatten : unpersoenlich mk ist gedäht
  • wird mit dem Genitiv verbunden.
  • 1306. mir ist, mir wirdet not
  • mit dem Genitiv oder nach oder
  • ZUG: dringendes Verlangen; not
  • ist adj. verstanden: so; comp.
  • nceter,
  • 1307. Verliesen vergeblich thun :
  • 1103; verlorene Mühe.
  • 1308. tuon durch um jemandes
  • willen thun, bei seinem Thun auf
  • jemand achten.
  • 1309. Auch bei Infinitiven, die
  • ungewQßhnlicher Weise und nur
  • gelegentlich als Substantive stehn,
  • steht ein.
  • — 128 —
  • mines herren zageheit.
  • mir hänt die liute misseseit:
  • daz hän ich selbe wol ersehen.
  • ich hörte ie die liute jehen,
  • 1315 ir wserent biderbe unde guot
  • und hetent vesten mannes muot:
  • s6 helf mir got, si hänt gelogen.
  • diu werlt was ie an iu betrogen:
  • ir wärent ie alle iuwer tage
  • 1320 und sint ouch noch ein werltzage.
  • des nim ich wol da bi war:
  • daz ich doch Itden getar,
  • des enturrent ir niht dulden.
  • herre, von weihen schulden
  • 1325 erschräken t ir, dö man mich baut?
  • ez was doch ein dickiu want
  • enzwischen iu unde mir.
  • herre min, geturrent ir
  • einen frömden tot niht vertragen?
  • 1330 ich wil iu geheizen unde sagen,
  • daz iu niemen niht entuot,
  • und ist iu nütze unde guot.**
  • 1323. Strassb, Daz engetürrent; Heidelh, Kol, Des entravt er
  • niht verdulden
  • 1311. zageheit Genitiv.
  • 1318. werlt s. v. a. die liute
  • 1314; ebenso 125.
  • 1 320. zage eigentlich Hase (goth.
  • tagl Haar hd. zagel Schwanz, gr.
  • daffvnovg Rauchfuss); es wird nur
  • noch bildlich = Feigling gebraucht,
  • wie auch hase selbst die Bedeutung
  • mitunter hat : 1123 eines hosen ge-
  • nöz. Zage ist ein häufiges und
  • besonders ehrenrühriges Scheltwort:
  • Lex Salica 30, 5 si quis alterum
  • lepore clamaverit, CXX dinarios,
  • qui faciunt solidos iii^ culpaMlis
  • judicetur. — JRehter zage, haser
  • zage, arger zage, zage nuere (Ni-
  • belungen 2080, 1) werltzage, äiet-
  • zage wie dietschalc , volcdegen,
  • Landlügner, Gaudieb udgL [werlt-
  • zage auch Er. 4657].
  • 1327. enzmschen in ambobus.
  • 1329. vertragen ein sittliches
  • Ertragen, geschehen und sich ge-
  • fallen lassen.
  • — 129 —
  • Swie vil si flehe unde bete
  • unde ouch scheltens getete,
  • 1335 daz enmohte ir niht frum wesen:
  • si muoste iedoch genesen.
  • swa? dö scheltennes ergie,
  • der arme Heinrich ez enpfie,
  • als ein frumer ritter sol,
  • 1840 tugentlichen unde wol,
  • dem schoener zühte niht gebrast.
  • und dö der gnädelöse gast
  • sine maget wider kleite
  • 1333. Strdssb. fluche unde bete; in Heidelb, u. Kol, fehlen
  • 13SS—1336,
  • 1333. Strassb. Hs. hat fl^he.
  • Flüeche sind weder in den voran-
  • gegangenen Worten der Jnng&an
  • noch überhaupt in ihrer Art be-
  • gründet: lies flehe (schelten unde
  • fluchen) LB. 1, 406, 18 (Fund-
  • gruben 2, 164, 32 fluchen vnd
  • böse antwrte muste ir sin vner-
  • cJmnt), Krone 9075 swaz man an
  • in bewande beide vlehe unde bet,
  • dar umbe er emoederz tet; 11288
  • er kerte vlehe unde bete an sie;
  • Tristan 123,22 mine vlehe und mine
  • bete; Eraclius 80 si fleheten unde
  • bäten; Freidank 2, 20 man. muoz
  • im flehen unde Uten; H. Ernst
  • 4731 ; Meleranz 7302 beide si flehet
  • unde bat; Gute Frau 743 der
  • gräve vlehete unde bat; Wigalois
  • 85, 39 (oben 1307) sine mohte in
  • niht so vil geladen, sine verlüre
  • ir flehen unde ir bet; Flore 5777
  • daz flehen unde diu bete, daz ir
  • Claris getete, daz gienc in einen
  • stein und in ir herze dl ein ; Me-
  • leranz 8920 ez half ir fleheri noch
  • ir bete gen im niht,
  • 1335. fru7n st. m. Nutzen,
  • Vortheil : frum wesen, werden
  • nützlich sein, werden.
  • 1338. nahm es so auf.
  • 1339. /Vwmadj. tüchtig, wacker,
  • gut.
  • 1341. schoener zühte Meleranz
  • 5282 mit schoenen zühten niht ze
  • balt was diu tnaget wol getan,
  • niht gebrast : Meleranz 79»^8 zuo^
  • ir saz der werde gast, dem ganzer
  • tugent nie gebrast. Aus der all-
  • gemeinen Betrachtung ist wieder
  • in die Erzsehlung eingelenkt. Erec
  • 837 s% vähten, als den Hüten touc,.
  • die es diu grimme not bat; noch
  • naeher Greg. 1785 nü behaget im
  • diu vrowe wol, als einem manne
  • ein wip sol, an der nihtes gebrast,.
  • 1342. gendde Gottes Hilfe und
  • Erbarmen, Glück; wn^ewa^ Strafe
  • Gottes, Unglück.
  • gast Fremdling.
  • 9
  • — 130 —
  • und den arzät bereite,
  • 1345 als er gedinget häte,
  • dö fuor er gar dräte
  • wider heim ze lande.
  • swie wol er dö erkande,
  • daz er da heime funde
  • 1350 mit gemeinem munde
  • niuwan laster unde spot,
  • daz liez er liuterlich an got.
  • Nu bete sich diu guote maget
  • s6 verweinet und verklaget,
  • 1355 vil nähe bin unz an den tot.
  • do erkande ir triuwe unde ir not
  • cordis speculator,
  • vor dem debeines herzen tor
  • fürnames niht beslozzen ist.
  • 1360 stt er durch sinen süezen list
  • an in beiden des geruochte,'
  • daz er si versuochte
  • rebt also volleclicben
  • sam JOben den rtcbeh,
  • 1344. reiten z»hlen, berechnen,
  • bezahlen; bereiten bezahlen, Per-
  • sonen und Geld.
  • [1346 1. er gedräte — s. Hanpt
  • z. Er. 5500.]
  • 1347. heim ze lande: 1379^
  • Tautologie.
  • 1350. ein gemeiner munt 1466,
  • der Mund Aller; Beaflor 100, 32.
  • 119, 36. 180, 8. Meleranz 6136.
  • 1352. Idzen an überlassen, an-
  • heimstellen.
  • [1353 ff. nachgeahmt in Wig. 59,
  • 15 ff. ^t^ het sich diu reine maget
  • beidiu verweinet und verklaget, daz
  • si vil küme mohte leben»]
  • 1357. Weisheit Salomons 1, 6
  • cordis scrutatoTy Herzenskündiger.
  • Das Versehen ist nicht der Hss.,
  • sondern Hartmanns selbst. Den
  • entsprechenden deutschen Ausdruck
  • gebraucht er Büchl. 1 , 553 : durch
  • daz han ich »i genannt, des herzen
  • spehare.
  • 1359. ahd. furi nem>an hervor-
  • heben, auszeichnen: furonomenes
  • furenomes vorzugsweise, eigentlich
  • gänzlich; mhd. vürnamens, —
  • names u. s. f. ganz und gar, ge-
  • woßhnliche Bekräftigung einer Ver-
  • neinung.
  • 131 —
  • 1365 do erzeigte der heilige Krist,
  • wie liep ime triuwe ist,
  • und schiet si d6 beide
  • von allem ir leide
  • und machete in da zestunt
  • 1370 reine unde wol gesunt.
  • Alsus bezzerte sich
  • der guote herre Heinrich,
  • daz .er üf sinem wege
  • von unsers herren gotes pflege
  • 1375 harte schoene worden was,
  • daz er vil gar genas,
  • als von zweinzec jären.
  • d6 si sus erfröuwet wären,
  • 1366. Strassb, Wie 1. ime trüwe un erbermde ist; Heidelh, KoL
  • wie 1. im trewe ist 1377. HSS. und was als vor
  • 1366. So die Heidelb. und Kol.
  • Hs., unterstützt durch Wigalois
  • 134, 15 zuo zir gesellen was ir
  • gächy daz si den tot mit im da
  • kür: da Met si niht die werlt für
  • genomen gar für eigen, si mohte
  • Ithte erzeigen got ir herze unde ir
  • muot, wand er übel un^ guot er-
  • kennet, e dan ez geschiht ; vor den
  • werken er wol siht, swazdaz mensche
  • tuon wü, Sinem gewalte ist niht
  • ze vil, er reiner got bekande wol,
  • daz ir herze was triuwen vol.
  • wände im triuwe liep ist, do
  • lie er si in kurzer frist vinden ir
  • vil lieben man. Triuwe A.H. 1001.
  • 1015.% Engelhard Eingang 153.
  • 5445. 6465 fgg.; Unten (Amicus)
  • 93. 101; Kistener 3. 1059. 1142
  • fgg. Die Strassb. Hs. hat triuwe
  • und erbermdevind allerdings kommt
  • hier ausser der Treue der Jung-
  • frau auch das Erbarmen Heinrichs
  • (milte Silvester 1050 fgg. 1158) in
  • Betracht; nur ist erbermde dann
  • in bermde zu bessern : bärmde Er.
  • 5807. — Haupt liest nur erbermde^
  • die doch auf keinen Fall allein zu
  • nennen ist.
  • 1369. Man würde hier vielleicht
  • das zeitliche do erwarten, die
  • Strassburger Hs. und Haupt lesen
  • wirklich so; die Heidelberger und
  • Kol. Hs. ändern 1369—1386. Es
  • heisst aber immer sonst, auch bei
  • Hartmann immer, da ze stunde:
  • Erec 4943. 6073. 8157. 9624.
  • 9666. Greg. 1038. 2706; da ze-
  • stunt Erec 3349. 3424. Iw. 3429.
  • Greg. 278. 378. 3613 der wart da
  • zestunt von sinem kuniber gesunt.
  • Da hat hier lediglich demonstra-
  • tiven Sinn, den eines demonstra-
  • tiven Fürworts: zu der Stunde.
  • 1377. Die Hss. lesen vor (Vgl.
  • Konr. Troj. 10787 er was an kref-
  • — 132 —
  • do enböt erz beim ze lande
  • 1380 den, die er erkande
  • ' der sselden und der güete,
  • daz si in ir gemüete
  • sines gelückes wseren frö.
  • von schulden muosten si dö
  • 1385 von den genäden fröude hän,
  • die got bäte an ime getan.
  • Sine friunde die besten,
  • die sine kunft westen,
  • die riten unde giengen.
  • ten und an tugent als er vor
  • drizic jären was) : aber 34 und 60
  • ist von seiner Jugent die Rede und
  • jetzt ist er nur 3 — 4 Jahre älter.
  • Er müsste also in die Kindheit
  • zurückversetzt sein, was hier nicht
  • am Orte ist, wenn schon das an-
  • derswo vorkommt. Inglinga Saga
  • Cp. 29 erzsehlt von einem nordi-
  • schen Koenig Ann (Ön), der seine
  • 9 Söhne nach einander dem Odhin
  • opfert und mit jeder Opferung um
  • 10 Jahre jünger, mit der letzten wie-
  • der ein Jüngling wird. Nur als bild-
  • liche Bezeichnung der neuen Rein-
  • heit (2 Koen. 5, 14 von Naeman
  • „und sein Fleisch ward wieder er-
  • stattet wie ein Fleisch eines jungen
  • Knaben und ward rein"; Kaiser-
  • chronik 7966 von Constantin bei der
  • Taufe ja wart im der Itp sin alse
  • ein niwe gehornez chindelin) ist es
  • auch nicht zu verstehn, denn da
  • würden nicht so die Jahre gezählt
  • sein. Dagegen kommt auch sonst
  • „wie von zwanzig Jahren" zur
  • Bezeichnang von Jugendschoenheit
  • und Kraft vor: Ganz allgemein:
  • «Zwanzig Jahr ein Jüngeling".
  • Froschm. I, 2, 15 Aurum potabile
  • — ein alten verlebten Mann
  • — Machts wider jung, gesund
  • und atark — Als wenn er wer
  • von zwenzig Jahren, Märchen
  • 147. — Von wie oben 303 ein.
  • hint von ahte jdren; Erec 9477
  • wan wir dö beidiu wären junc
  • von glichen jären ; Büchlein 1, 1483
  • si sint von minen jären niht, den
  • man der grözen sinne giht; Wal-
  • ther 48, 16 [27, 3] und ist doch
  • von den jären, daz er niht en-
  • wahset mere; Meyer und Mooyer,
  • Altd. Dichtungen, 78» c er (Wein>
  • eins halben järs wirt alt, so wirt
  • er also gestalt, also wcer er von
  • drizic jären. Der Vers aber wird
  • gefüger und nicht ungefüge der
  • Satzbau (vgl. 1221 fgg. 133T
  • fgg.) wenn man liest genas, als
  • (zurück auf schcene 1375) von
  • zweinzec jären,
  • 1379. heim ze lande [: 1347]
  • Beaflor 126, 17 und vuoren heim
  • ze lande,
  • 1381. goth. sels X9*l^^^S' salic
  • gut, wohlgeartet, s(slde Güte, Wohl-
  • geartetheit.
  • — 133 —
  • 1390 durch daz si in enpfiengen,
  • gegen im wol dri tage.
  • si engeloubten niemens sage '
  • danne ir selber ougen.
  • si kurn diu gotes tougen
  • 1395 an sime schcenen übe. '^
  • dem meier und sinem wibe,
  • den mac man wol gelouben,
  • man welle si rehtes roliben,
  • daz st da heime niht beliben.
  • 1400 si ist iemer ungeschriben,
  • diu fröude, die st bäten,
  • wan st got bete beraten
  • mit lieber ougen weide:
  • die gäben in dö beide
  • 1405 ir tohter unde ir berre.
  • ez enwart nie fröude merre,
  • danne in beiden was geschehen,
  • dö st bäten gesehen,
  • daz st gesunt wären.
  • 1410 si enwesten wie gebären.
  • ir gruoz wart spähe undersniten
  • 1410. Besserung Lachmanns: Strassb, wie siu g.; Heidelh, Koh
  • kürzen 1406 — 1410, 1411. Strassb, spehe; Heidelb. Köl, Der gruz
  • was vnder sn.
  • 1391. Es war üblich, dem Schei-
  • denden drei Tagereisen weit das Ge-
  • leite zu geben, dem Heimkehrenden
  • ebenso weit entgegen zn kommen,
  • daher anch der bestimmte Artikel
  • Oreg. 3595 «i fuoren engegen im
  • sä — die drte tageweide, d. h. die
  • in solchen Fällen üblichen. [Er. 2896
  • nnd reit gegen im dri tage; 10011
  • so Uten sin enphahen engegen im
  • wol drie tage], — wol eine tage-
  • weide Beaflor 109, 39.
  • 1394. tougen wird besonders
  • gern gebraucht von den geheim-
  • nissvollen Wnnderkräften und
  • Wunderthaten Gottes.
  • 1400. ungeschriben wie unge-
  • nesen 187.
  • 1403. Weide der Aagen. Wünne
  • eigentlich Wiesenland.
  • 1410. Meleranz 2943 er enweste
  • wie gebären vor fröuden,
  • 1411. Die richtige Adverbial-
  • form zn dem Adj. spcehe ist nur
  • — 134 —
  • mit vil seltssenen siten:
  • ir herzeliep wart also gröz,
  • daz in daz lachen begöz
  • 1415 der regen von den ougen.
  • diu rede ist äne lougen:
  • 91 kusten ir tohter munt
  • etewaz me dan dristunt.
  • Do enpfiengen st die Swäbe
  • 1420 mit lobelicher gäbe:
  • daz was ir willeclicher gruoz.
  • got weiz wol, den Swäben muoz
  • ieglich biderber man jehen,
  • der si da heime hat gesehen,
  • 1413. Besserwng Haupts: Strassb. herze liebe; Heidelb, Kol. Mit
  • drivalder vrende groz
  • spähe, bestätigt durch Servatius
  • 568 nähe : daz racional was spähe
  • gezieret unde gefuoge. Doch ist
  • nicht zu verschweigen, dass auch
  • spcehe als Adv. mehrfach beglaubigt
  • ist: Nibelungen 1119,4 si fuorten
  • guotiu kleider vil harte spcehe ge-
  • sniten; Tristan 122, 5 tvie spcehe
  • se organieret! und im Reime Lau-
  • gensteins Martina LB. 1, 999, 33
  • und pfliget so spehe menger hande
  • wehe; und dass Hartmann selbst
  • neben swäre die umlautende Form
  • swcere adverbial gebraucht s. Lach-
  • mann z. Iw. 7300. Ebenso heisst
  • es immer stcete.
  • undersniten. Die Freude der
  • Edeln an sohoenen Kleidern war
  • überaus gross. Wir sehen das aus
  • den vielen Beschreibungen in den
  • Gedichten und in allerhand Bild-
  • lichkeiten der Sprache [s. Wacker-
  • nagel: kl. Seh. I, 192 ff.]. So ist
  • auch das undersnit^ hergenommen
  • von der Sitte verschiedene Stoffe
  • und Farben halb und halb oder
  • neben oder streifenweis durch ein-
  • ander gehn zu lassen, was man
  • teilen , undersniden , parrieren
  • nannte.
  • 1412. auf seltsame Weise: m»t
  • vil willecUchefin site 900.
  • 1416. lougen st. n. und f. Laug-
  • nung: äne lougen unläugbar, wahr.
  • 1418. dristunt dreimal. Yeldeke
  • Aeneis 340, 27 her huste sie wol
  • dristunt an ir minnecMtchen munt
  • von liebe und dorch minne, £rac-
  • lius 3544 er druhte ez (das vinger-
  • lin von der Greliebten) an sinen
  • munt kurzer frist wol dristunt.
  • 1419 fgg. vgl Hiob Cp. 42.
  • Swäp wie Suebus, Sahse wie
  • Saxo.
  • 1421. wilUclich geneigten Wil-
  • lens, freundlich: 900; 1425.
  • — 135 —
  • 1425 daz bezzers willen niene wart.
  • als in an siner heimvart
  • sin lantliut «enphienge,
  • wie ez dar nach ergienge,
  • waz mag ich da von sprechen m§P
  • 1430 wan er. wart rtcher vil dan e
  • des guotes und der eren.
  • daz begunde er allez keren
  • stseteclichen hin ze gote
  • unde warte sime geböte
  • 1435 baz, danne er e taete.
  • des isl sin Sre staete.
  • Der meier und diu meierin,
  • die heten euch vil wol umb in
  • verdienet ere unde guot.
  • 1440 ouch het er niht s6 valschen muot,
  • si hetenz harte wol bewant.
  • er gap in ze eigen daz lant,
  • daz breite geriute,
  • die erde und die liute,
  • 1425. Besserung Haupts: Strassb, wille nie enwart; Heidelb.
  • KoL Daz grozer vreude nie wart 1426. Strassb, ime
  • 1428. Strassb. Vnd wie; Heidelb. KoL 1426—1428 Swie es an iren
  • (KoL irem) heimvart Vurbaz ergienge oder wie sie in enpfiengen {KoL
  • enpfinge)
  • 1425. niene aus niht ne, deshalb
  • Gen. — Gndr. 393,2 da^ er so guoten
  • willen (Geneigtheit, Freandlichkeit)
  • da ze hove gewan.
  • 1434. warten Acht haben, na-
  • mentlich als Diener: aufwarten.
  • Mit dem Genitiv und mit dem
  • Dativ verbunden.
  • 1441. bewant angewendet, bei
  • ihm angebracht : vgl. bekeren 250.
  • 1443. Nicht bloss Gegensatz zn
  • der früheren Beengung durch den
  • Wald. Die breite Ebnung des
  • Bodens ist Erforderniss und Er-
  • gebniss des Ackerbaues: svQvg von
  • aQovga {ccgovga evfßsVa II. IS, 541) ;
  • kipreittd, gebreite Sprachschatz III,
  • 298. Mhd.Wb.I,237a; Ruol.63, 3
  • manige breite huöbe; Winsbecke
  • 45, 4 si machent breite huoben
  • smal (80, 4 min htu)begelt smal
  • unde breit) 'y Freidank 120, 5
  • breitiu eigen = Winsbecke 45, 4
  • WeinholdSpicilegium formularum 8.
  • — 136
  • 1445 da er da siecher üfe lac.
  • siaer gemahelen er do pflac
  • mit guote und mit gemache
  • und mit aller slahte sache
  • als siner frouwen oder baz:
  • 1450 daz reht gebot ime däz.
  • Nu begunden im die wisen
  • raten unde prisen
  • umb elichen hirät.
  • ungesamnet was der rät.
  • 1455 er seite in dö sinen muot:
  • er wolte, diuht ez si guot,
  • nach sinen friunden senden
  • und. die rede mit in enden,
  • swaz si es ime rieten.
  • 1460 biten und gebieten
  • hiez er allenthalben dar,
  • die sines wertes nsemen war.
  • do er si alle dar gewan,
  • beide mäge unde man,
  • 1465 dö tet er in die rede kunt.
  • 1453. Köl. Heidelh, Vmbe eliche (elich) vriat
  • ^wa; in Heidelb, u, Kol. fehlen 1469 — 1462,
  • 1459. Strassh.
  • 1453. hien sich verehlichen :
  • hirät stm. f. Vermaehlung, eigent-
  • lich Znrüstang zur Yerehlichnng.
  • ewe, € Recht, Gesetz: Eheband;
  • elich gesetzmsessig : ehelich.
  • 1454x ungesamnet nneinig: sa-
  • menen vereinigen.
  • 1458. 1465. rede Sache als Ge-
  • genstand des Sprechens: 956.
  • 1459—1462 fehlen Heidelb. und
  • Kol. Hss. ; Strassb. Swa siu es
  • eime: Lachmann und Haapt swar
  • si ime, wohin, zu welchem Weibe
  • sie ihm rathen möchten. Indess
  • ist dieses nicht die erste und haupt-
  • sächliche Frage, sondern, wie Z.
  • 1467 zeigt, ob er heirathen solle.
  • Darum ist die Aenderung vorzu-
  • ziehen, die nseher bei den Buch-
  • staben der Hs. bleibt : Swaz si es ime;
  • es Gen. caus., in der Sache, dazu.
  • 1460. biten die möge, gebieten
  • den man Z. 1464. S. zu Z. 641.
  • 1463. zusammengebracht hatte.
  • 1465. Der Versammlung obliegt
  • Berathung, Beistimmung, Bekräf-
  • tigung, Zeugniss. Tac. Germ. 18
  • Intersunt parentes et propin-^
  • 137 —
  • DU sprach ein gemeiner munt,
  • ez waere reht unde zit.
  • hie huop sich ein michel strit
  • an dem rate under in:
  • 1470 dirre riet her, der ander hin,
  • als ie die liute täten,
  • da si da solten raten.
  • D6 ir rät was s6 mislich,
  • dö sprach der arme Heinrich
  • 1475 ^iu ist allen wol kunt,
  • daz ich vor kurzer stunt
  • was vil ungenseme,
  • den liuten widerzaeme.
  • nu enschiuht mich weder man noch wip:
  • 1480 mir hat gegeben gesunden lip
  • unsers herren gebot.
  • nü rät mir alle durch got,
  • von dem ich die genäde hän,
  • die mir got hat getan,
  • 1485 daz ich gesunt worden bin,
  • wie ich^ verschulde wider in."
  • Si sprächen ^nement einön muot,
  • daz im lip unde guot
  • iemer undertsenec si.*'
  • 1490 sin trütgemahele stuont da bi;
  • 1476. Besserung Haupts: Strassb, Vch herren ist; Heidelh. KoL
  • Nu ist euch; ebenso 1493,
  • qui. Beaflor 73, 15 fgg. Der
  • Name jeder rechtlichen, auch einer
  • solchen Versammlung und Bespre-
  • chung ist mahel : mahelen sprechen
  • und verloben, gemahele Verlobte.
  • 1467. dt allein würde es for-
  • dern.
  • 1470. vgl. Cynewulf Elene 547
  • 1475. 1493. Das von der Strass-
  • burger Hs. dargebotene iu herren
  • (zu lesen Herrn ist) dürfte doch
  • der Sprechweise der Zeit ange-
  • messener sein als das nackte iu,
  • 1483. Voranstellung des Adjec-
  • tivsatzes wie 1221. von durch : 1494.
  • 1486. verschulden eine Schuld
  • abtragen, vergelten.
  • — 138 —
  • die er vil gfietltch ane sach.
  • er umbevienc st unde sprach
  • ,iu ist allen wol gesaget,
  • daz ich von dirre guoten maget
  • 1495 minen gesunt wider hän,
  • die ir hie sehent bi mir stän.
  • nü ist si fri, als ich da bin:
  • nü raet mir aller mtn sin,
  • daz ich si ze wtbe neme.
  • 1500 got gebe, daz es iuch wol gezeme:
  • 1500. Strassb. es mir; Heidelb, iz euh wol; KoL ich uch wol
  • 1493 fgg. Erec 6187 ,än dinc
  • ist wol schtn, daz muget ir wol
  • schouwen an dirre frouwen. swä
  • si der ritter habe genomen oder
  • sme si her si komen, si ist bena-
  • men ein edel wip: daz zeigt ir
  • wünneclicher lip, nü sprechet, waz
  • ist iuwer rät? ir wizzet wol wie
  • ez mir stdt, daz ich ane wip bin,
  • nü ratet vaste mir min sin, daz
  • ich si ze wtbe neme, mich dunJcet,
  • daz st wol gezeme ze frouwen üher
  • min lant, ich habe kurze an ir
  • erkantj d ist mir gnuoc wol ge-
  • born, ouch hat si mir erkorn ml-
  • nes herzen rät ze vnbe, nü Ute ich
  • daz ez belibe in iuwerm rate äne
  • haz (vil gerne wil ich immer daz
  • umb iuch verschulden unz ich
  • lebe), dazz iu äne widerstrebe ge-
  • liche wol gevälleJ nü rieten s/i imz
  • alle,
  • 1497. Dass das Msedchen zwar
  • von bäuerischer aber freier Her-
  • kunft war, ist schon früher aus-
  • und nachdrücklieh gesagt: ein
  • frier büman 269; das Msedchen
  • selbst ist sich dessen bewusst und
  • legt Werth darauf: 775 min gert
  • ein frier büman, Heinrich aber
  • war hoßheren Standes, vom Adel.
  • Nach dem vorherrschenden Rechts-
  • brauch war es allerdings eine
  • Missheirath. Die Kinder folgten
  • der ärgeren Hand, sie waren weder
  • Standesgenossen noch Erben des
  • Vaters. Abweichungen in's Mildere,
  • auch nach rechtlichen Festsetzun-
  • gen: Krauts Privatrecht § 57. Hier
  • ist das Ganze zwar sagenhaft, aber
  • auch so ist es ein Beleg der An-
  • sicht , dass auch Abweichungen
  • moeglich waren.
  • 1500. zemen mit dem Acc. und
  • Genitiv angemessen dünken, ge-
  • feUen: Erec 3581 ein ros — des
  • in aller beste gezam; püchl. 1, 268
  • daz in des välsches wol gezimet,
  • daz er sich dünget riche, so er ein
  • mp beswiche; 1137 so daz — in des
  • wol gezimet, daz er nütze rcete an
  • sich nimet; Iw. 64 mänlich im die
  • vreude nam, der in do aller beste
  • gezam; 3079 in gezimt der arbeit
  • deste baz; 3757 si wünschten vlv-
  • zeclichen, daz si des beidiu zaeme,
  • — 139 —
  • s6 wil ich si ze wibe hän.
  • zwäre, mac daz niht ergän,
  • s6 wil ich sterben äne wip,
  • wan ich ere unde lip
  • 1505 hän von ir schulden,
  • bl unsers herren hulden
  • wil ich iuch biten alle,
  • daz ez iu wol gevalle.'*
  • Nu sprächen si alle geliche,
  • 1510 bede arm und riche,
  • ez W2ßre ein michel fuoge.
  • da wären pfaffen gnuoge:
  • daz in ir vrouwe msme; Greg.
  • 1116 daz der knabe Gregorius mit
  • sinen spilgenözen quam , da st
  • spilnes gezam; Gute Frau 726 vnl
  • iuch des du/rch mich gezemen ; 1421
  • weit ir (möge unde W/an) mir einen
  • man geben, den kieset, als es
  • iuch gezeme, daz ich in durch
  • iuwern mllen neme. VgL ebd.
  • 2205 von Bleis diu grcevinne, diu
  • ist rieh unde wert, oh ir min
  • Hut ze vrouwen gert , gev eilet
  • si den allen, si muoz ou^h mir
  • gevallen. Also auch Büchl. 2, 411
  • Sit mir nü dehein list nütze da
  • für ist, ichn müeze mir nemen
  • daz ein under übelen dingen zwein,
  • swie mir dewederez gezeme, so ist
  • reht daz ich daz bezzer neme un-
  • richtig: 1. mich dewederes, Nibe-
  • lungen 1101, 2. 1182, 4. (1185, 2?)
  • 1637, 2. EracHus 85. 1289. 1297.
  • 4451. 4679. 4952.
  • 1509. geliche Adv. verstärkt
  • die Zusammenfassung: alle insge-
  • sammt; auch beide geltche beide-
  • sammt; 1515 sz geliche sie zu-
  • sammen.
  • 1511. fuoge Schicklichkeit.
  • 1512. Pfaffe: ein böser Sinn
  • ist diesem Worte erst durch die
  • Beformation zugekommen, wo die-
  • ser altübliche Titel der Geistlichen
  • der alten Kirche in Gegensatz trat
  • zu den Prädicanten der neuen. Im
  • Mittelalter bedeutet es Geistlicher,
  • Weltgeistlicher, Priester, im Ge-
  • gensatz zu Mönch; lat. jpajpa Vater,
  • Bischof: so auch in goth. Urkun-
  • den; ahd. phaffe Weltgeistlicher.
  • Beaflor 87, 4 der bischof si zesa-
  • men gap. da was manic krumber
  • stap, dö diu hirät geschach. Der
  • geistliche Verfasser von Hartmanns
  • Quelle wird schon ebenso die kirch-
  • liche Trauung als das einzige er-
  • wsehnt haben. Für die Anschau-
  • ung und im Gebrauch der Laien
  • war sie das nicht. Die Vermaeh-
  • lung war eine rein bürgerliche
  • Rechtshandlung, bei den christ-
  • lichen wie einst bei den heidni-
  • schen Germanen und die kirchliche
  • Einsegnung, der man sich allge-
  • mach bequemte, war so sehr etwas
  • nur nachtrsegliches, dass sie häafig
  • 140
  • die gäben si ime ze wibe.
  • nach süezem lanclibe,
  • 1515 d6 besäzen st geliche
  • daz ewige riebe,
  • als müeze ez uns allen
  • ze jungest gevallen.
  • 1513. Schluss nach Heidelb, u. Kol.
  • Die gaben sie im zu einer [elichen] kone.
  • nach werltUcher wone
  • Wolden sie beide niht.
  • zweier engel zuversihl
  • Schein an in beiden,
  • do sie sich mnsten scheiden.
  • £r hette sie wol beslafen
  • nach werltlichem schafen:
  • Vor gote sichs {HSS, er sichez) getroster {Heidelb.
  • getroste).
  • er tet sie (HSS, sich) in ein kloster
  • Und bevalch sich der vrien
  • gotes mnter sente marien
  • Da bi in einen tum.
  • wie mocht er immer baz getun?
  • Da verdienten sie beide geliche
  • daz vrone himelriche.
  • Daz Ion muez (uns) allen
  • ze jungest gevallen,
  • Daz sie da genamen.
  • des helfe uns got. amen.
  • [Durch siner martir ere.
  • nu en ist der rede niht mere.]
  • erst am Morgen nach dem Beilager
  • geschah. Aber der civilrechtliche
  • Vorgang war schon an und für
  • sich so feierlich, dass auch ihm die
  • T\'eihe und die Kraft nicht abgieng.
  • Wie das zu Heinrichs Zeit in
  • Schwaben geschah, darüber haben
  • wir eine gleichzeitige Aufzeichnung.
  • LB. 1, 365.
  • 1515. besitzen zum Wohnsitz
  • erhalten.
  • (1513 Heidelb. Kol. hone, goth.
  • qvinö^ ahd. quenä^ mhd. kone:
  • yvytj, 1514. wone: ahd. giwona
  • Gewohnheit.)
  • 1518. gevallen zufallen , zu
  • Theil werden; seltener Valien:
  • 256.
  • — 141 —
  • der lön, den si da nämen,
  • 1520 des helfe uns got. amen.
  • 1519. Absoluter Nominativ, wie
  • ganz häufig bei solchem Bau des
  • Satzes. Vgl. den Schluss des Erec
  • 10124 ff.: wan er nach eren lebte
  • und so, daz im got gehte mit
  • väterlichem Idne, nach der werlt
  • kröne, im und sinem wtbe, mit dem
  • ewegen Übe. durch got des bitet
  • alle, daz uns des Ion gevalle, der
  • uns hat ze holden (daz ist golt
  • übergolden) nach disem eilende,
  • hie hat diz getihte ein ende; des
  • Gregorius 3828 ff.: des sendet
  • alle geliche disen guoten sün-
  • dcere ze boten umb unser sware,
  • daz wir in disem, eilende ein
  • sceligez ende nemen, als 8l da
  • nänien, des gestiure uns got,
  • amen,
  • (Heidelb. Kol. getroesten refl. mit
  • Gen. verzichten und Verlust, Ent-
  • behrung verschmerzen: 840.
  • tuom domus, Dom, Domberren-
  • stift in Naßhe und Verbindung mit
  • einem Frauenkloster. Zwiege-
  • schlechtige KloBster vgl. Caesar
  • Heisterb. Dial. Mirac IV, 93
  • Miles quidam dives et honestus
  • more ecclesiastico ab u^ore sua
  • separatus, ad quandam domum
  • ordinis nostri gratia conversionis
  • venit, Cui omnia sua contulit,
  • tali pacto, ut domus eadem uocori,
  • quoad viveret, certam assignaret
  • pensionem, qtuß in loco religioso
  • vitam promiserat ducere religiosam.
  • Die Gattin, des Geschehenen reuig,
  • macht wiederholt vergebliche Ver-
  • suche den Gatten in Welt und
  • Ehe zurückzuführen.)
  • •♦—
  • Einleitung zu den zwei Beigaben.
  • Abgesehen von Stoffen, welche mit dem von Hartmanns
  • Dichtung im innigsten Zusammenhange stehn, betreten wir
  • mit den beiden Erzsehlungen S. Silvester und Amicus und
  • Amelius ein ganz anderes Gebiet der Litteratur des deutschen
  • Mittelalters.
  • Der Verfasser des ersten ist Hermann von Fritzlar, ein
  • Hesse, der wohl ein Laie, aber doch sehr belesen war.
  • 1343 — 49 verfasste er sein Buch von der Heiligen Leben.
  • Es sind Legenden, geordnet nach der im Kalender gegebenen
  • Reihenfolge der Heiligentage. Er richtet sich dabei auch
  • nicht nach dem bürgerlichen, sondern dem Kirchenjahr, so
  • dass S. Andreas den Anfang macht. Er gibt aber nicht bloss
  • die Legenden, sondern er verwebt allerlei erbauliche Zuthaten
  • darein, nicht gerade immer in Bezug auf den Heiligen, dessen
  • Leben eben behandelt wird, sondern auch sonstwie auf die
  • Zeit, in welche dessen Tag ßlllt. Ein Beispiel ist S. Sil-
  • vester, wo noch Weihnachtsbetrachtungen angeknüpft sind.
  • Sie sind geschöpft aus den Predigten und Schriften der My-
  • stiker seiner Zeit. Bestimmt sind sie zum Lesen oder zum
  • Vorlesen, zur Erbauung Einzelner und kloesterlicher Convente,
  • namentlich für Frauenkloester. Hauptgelegenheit dazu gab
  • die Zeit über Tisch, wo von jeher in allen Kloestem Lesungen
  • vorgeschrieben waren. Als eine solche Tischrede sollte am
  • S. Silvester Tage diese Erzsehlung gelten und zwar am Schluss
  • der CoUazje ( : CoUatio = Malzeit und Vorlesung dabei).
  • — 144 —
  • »Der Seele Trost" ist im 14./15. Jahrhundert entstan-
  • den. Der Verfasser ist unbekannt. Wenn die Handschrift,
  • woraus ich die eine Erzaehlung herausgegeben habe, bei der
  • ursprünglichen Sprachforra bleibt, so stammte der Verfasser
  • vom Niederrhein. Das ganze Werk ist eine Tugendlehre nach
  • den 10 Geboten. Es erstrebt Veranschaulichung ihrer Glau-
  • bens- und Sittenregeln durch mancherlei Erzsehlungen von
  • mehr oder minder legendenhafter Art. Amicus und Amelius
  • dient als Beispiel der Treue.
  • Die Sprache der beiden Erzaehlungen ist nicht hoch-
  • deutsch, sondern mitteldeutsch. Diese Bezeichnung begreift
  • die Mannigfaltigkeit der Mundarten des mittleren Deutsch-
  • lands, räumlich und ihrem Wesen nach in der Mitte zwischen
  • Hochdeutsch und Niederdeutsch und bald zu diesem bald zu
  • jenem mehr hinneigend. Es ist von geschichtlicher Bedeutung
  • für die Entwickelung der jetzigen Schriftsprache. Auch das
  • Obersächsische, woraus zunaechst und hauptsächlich das Nhd.
  • hervorgegangen ist, ist eine md. Mundart, und so finden wir
  • vieles von dem, was bezeichnende Eigenheit des Nhd. ist,
  • schon in diesem älteren Md. vorgebildet und vorbereitet.
  • In folgenden Punkten (ich kann hier nur Hauptpunkte
  • und durchgehende Dinge erwsehnen) weicht die Sprache bei-
  • der Denkmaeler vom Mhd. ab.
  • An Stelle der Diphthonge stehen einfache Längen, ifür
  • ie wie Jcrw, ü für uo wie tun. Der Umlaut von ä ist nicht
  • ce sondern e : were; die andern Vocale und Diphthonge sind
  • nicht umgelautet: töten, sunde^ Jcrü^e, froude, betrüben. Be-
  • züglich der Consonanten tritt namentlich an Stelle von ht
  • cht z. B. hnecht.
  • Darin sind beide übereinstimmend. „Der Seele Trost*
  • hat noch seine mundartlichen Besonderheiten, und zwar ent-
  • hält er mehr Einmischung des Nd. e tritt an die Stelle von
  • i : vertreben, o steht für u : dorch, koste ; ebenso o für ü : konig^
  • dore ; ö für uo, üe : beroren. Hinter langen Vocalen steht
  • als Beilaut i : rait, broit, huis, guit. Und hiebei ist noch
  • — 145 —
  • eine vorzüglich merkenswerthe Eigenheit hervorzuheben: es
  • findet sich auch drait, hoif, doir = mhd. trat, hof^ tür, es
  • ist also bereits Verlängerung betonter Kürzen eingetreten.
  • Ferner findet sich oft müssige Anhängung eines stummen
  • e : falsche, jare^ betröge. Von Consonanten findet sich s statt
  • js : das udgl.; p statt pf: neppe, Jcempen^ pert; d statt t :
  • daufen, steden. Aber das alles ist nicht mit Gleichmaessig-
  • keit durchgeführt, es ist eine schwebende Mischmundart. So
  • findet sich für bluot bloit und bluit; das i steht keineswegs
  • überall; auch hier wie bei dem Hessen findet sich viel statt
  • vil, aber auch liep^ ja siech statt sich, neben betröge auch
  • mocht; neben neppe auch napf, neben hempe auch Jcemphen
  • u. s. f.
  • Mit den bisherigen Bemerkungen haben wir nur Dinge
  • der Lautlehre ins Auge gefasst. Aber auch in den Worten,
  • die gebraucht werden, zeigen sich mannigfache Abweichungen
  • dieser md. Mundarten vom Hd. jener Zeit, und auch darin
  • Voranfänge des Nhd. Davon werden wir besser in Anmer-
  • kungen zu den einzelnen Stellen handeln.
  • 10
  • 8ANCT SILVESTER.
  • TISCHREDE
  • AUS DEM BUCH VON DER HEILIGEN LEBEN
  • VON HERMANN VON FRITZLAR,
  • r*^
  • Pfeiffers Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts
  • Ij 41—44.
  • SANCTE SILVESTERS TAG.
  • Ir sult wizzen, daz dirre babist was arm, und me
  • 4anne zwenzig bebiste vor ime, di warn alle arm. Aber
  • wie her riebe wart, daz bort. (S. 42.) Ein keiser was
  • ÄU Rome, der hiz Constantinus. Der was ein vient krist-
  • ens glouben, und wo her kristine lute begreif, da liz her 5
  • si toten. Des nachtes, do her lag uf sinem bette, do
  • quam ein engel und brachte ein vaz mit wazzere und
  • schut iz uf in, und her wart zu male uzsetzie. Do sante
  • he noch allen den erzeten, di her gelangen mochte in aller
  • -der werlde, und nimant künde ime gehelfen. Do quamen 10
  • wise meistere von Erichen lande und sprachen, bete her
  • junger kinde blutes also vil, daz her dinne stunde wan an
  • sinen hals, so solde her gesunt werden. Do liz her vahen
  • alle di kindere, di under muter suge warn, als verre, als
  • her si gereichen mochte mit romescher gewalt, und fürte 15
  • Sancte wie sancti ; im Text steht
  • ^ente,
  • 1. papa (phaffe) ; aitrom. Nom.
  • 8, auch die Wandlung des p ivl h
  • rom.: pdbes, bäbes; päbest wie
  • probest. An Stelle des stummen
  • e ist noch ein i getreten.
  • 3. her für er ist md. und nd.;
  • 9 he,
  • 4. kristen adj. christianus,
  • Krist davon Kristen ; Christenheit,
  • Christentuom,
  • 5. wo nicht Fragewort, sondern
  • conditional relativ, idncunque : swä
  • aus so wä. Ebenso wird wer u.
  • 8. w. gebraucht, wie im Nhd. — 6
  • aus ä: noch 9; wonde 151, 6;
  • do 152, 16.
  • 7. vaz Gre&ess; vgl. Kauchfass,
  • Tintenfass.
  • 8. ze male auf einmal, zusam-
  • men, gänzlich, gar sehr (158, 12).
  • 12. da inne zusammengezogen
  • in dinne, wan nur für bis.
  • 14. suc, sügen : Säugung, Säuge-
  • zeit.
  • — 150 —
  • si zu Rome unde wolde si verterben. Di vetere und di
  • mutere der kindere volgeten nach mit grozeme geschreie.
  • Sie rizzen ire kleidere und rouften uz ir har und kratzeten
  • ire wangen, als in den landen site ist. Diz jamer schal
  • 5 über alle di stat zu Rome. Do iz vor den keiser quam,
  • do vregete her, waz deme volke were, daz si also jemer-
  • lichen teten. Do Seiten si ime, daz iz di vetere und di
  • mutere weren der kinder, di man solde toten. Do
  • sprach her „di keisere han ein gesetze getan, wer un-
  • 10 schuldig blut guzet oder kinder tötet, er si di swert ge-
  • zihen mugen, der sul sterben des todes. Diz gesetzede
  • wolle wir halden. Des enwollen di gote nit, daz durch
  • min lebin also vil lute betrubit werden und sterben* und
  • gebot, daz man in di kinder wider gebe und Silbers und
  • 15 goldes dar zu alse vile, daz si mit frouden quemen in ir
  • hus. Dise barmherzikeit behagete gote. Do der keiser
  • lag in sinem bette und ime di uzsetzikeit sere we tet, daz
  • her weder slafen noch ligen noch sitzen mochte, do irschein
  • ime sente Peter und sente Paulus und sprachen „gegruzet
  • 20 sistu, Constantinus! * Do sprach her ^wer ist daz?** Do
  • Seiten si ime „wir sin di forsten von Rome und wollen
  • dich leren, daz du gesunt wirdest. Du salt senden nach
  • deme babiste hi zu Rome: der heizet Silvester; der sal
  • dich gesunt machen.* Do verswunden si, und der keiser
  • 25 wart sere vro unde was doch betrübet, wan her nicht
  • wiste, wo her was, und sante uz in alle laut und gebot,
  • wer in ime brechte, deme wolde her geben gut und ere.
  • 7. Bei Pfeiffer Da
  • 1. Bei dem md. Schwanken
  • zwischen hd. t und nd. d steht
  • öftier auch t wo hd. d,
  • 1—3. mutere, kindere, grozeme,
  • kleidere u.s.f. kein massiges e^sondern
  • es ist nnr nicht apocopiert wie mhd.
  • 4. Groessere Lebhaftigkeit des
  • Gebserdens bei den Südländern.
  • 6. vregen: ahd. freginan; goth.
  • fraihnan. '
  • 10. er — 6.
  • di = die, diu,
  • 12. wollen Angleichnng des
  • Vocals.
  • 22. sal, Salt: Angleich ung sol,
  • solt.
  • — 151 —
  • Do was seate Silvester wol zwenzig mile von Rome in
  • eime grozen gebirge und erbeitete da mit sinen pfafifen
  • daz ertriche, daz si sich generten. Do quamen des keisers
  • knechte und vregeten in, wi her hize. Do sprach her
  • ^ich heize Silvester.** Do wurden si sere vro und namen 5»
  • in und brachten in deme keisere. Do wende sente Sil-
  • vester, daz her in marteren wolde, und was vro. Der
  • keiser sprach ,mir irschinen hint zwene gote: di Seiten
  • mir, du soldes mich gesunt (S. 43.) machen.* Do hate
  • her eine gemalte tafelen: da stunt sente Peter und sente 10»
  • Paulus ane; und sprach „di zwene, di dir erschin, waren
  • dise also gestalt?* Do sprach her ,ja.* Do sprach Sil-
  • vester ^iz waren nit gote: si sin gotis knechte ; der heizet
  • einer Petrus und der ander Paulus. * Do sprach Silvester
  • zu Constantino ^wiltu gesunt werden, so mus du dri ding 15-
  • tun. Daz erste: du salt an Kristum glouben. Daz
  • andere: du salt dich lazen toufen. Daz dritte: du salt
  • alle di apgote lazen zubrechen, di in Rome sint und in
  • Romer lande." Do sprach Constantinus „an Kristum zu
  • gloubene und mich lazen toufen, daz ist mir licht zu tunne : 20^
  • aber di edelen apgote, daz ich di laze zubrechen, di unser
  • eidern ane gebetet han, daz ist mir swer zu tune. Doch
  • ist iz mir bezzer, daz ich iz tun, wan daz ich also ge-
  • quellt wurde und stürbe** und gebot bi übe und bi gute,
  • daz man di apgote alle brechen solde, und wer des nit 25
  • entete bi drin tagen, über den solde gen daz romische ur-
  • teil. Also wart Constantinus getouft von sente Silvestro
  • und vil Romere und herren mit ime. Do diz sin muter
  • gehorte sente Helena, do wart si sere betrübet und sante
  • 10. 11. Petrus und Paulus
  • die Schutzheiligen Roms: Cassio-
  • dor Var. Epist. XI, 13. Wir ha-
  • ben ein lateinisches Lied des 5.
  • Jahrhunderts, das in der ersten
  • Strophe an Rom, in der zweiten
  • an Petrus, in der dritten an Pau-
  • lus gerichtet ist: Niebuhr, Rheini-
  • sches Museum III, 8.
  • 18. abgot eigentlich n. , hier
  • (flex.) m. Der von dem rechten
  • (ihott getrennte, verschiedene Grötze.
  • 20. licht — lihte, wie 22 swer
  • — sware.
  • — 152 —
  • ime einen brif und vil smelicher wort dar inne, also daz
  • her begoukelt were und zoubernisse volgete. Do machte
  • sich Constantinus uf mit sancto Silvestro, und namen mit
  • in heilige lute, di gestetiget und gevestent waren in dem
  • 5 glouben, und füren zu Jerusalem zu sente Helenen. Do
  • nam si di wisesten Juden zu samene, di si vinden mochte,
  • und hilt eine groze disputazien wider sente Silvestern,
  • also daz di Juden namen einen grozen ossen und sprachen
  • ime sulche wort in sin ore, daz her starb. Aber si in-
  • 10 mochten in nit wider lebende gemachen. Do sprach sente
  • Silvester „vile lute kunnen wol toten: aber Kristus kan
  • alleine lebende gemachen** unde sprach „ich gebite dir in
  • dem namen unses herren Jesu Kristi, daz du lebist.*'
  • Und der osse wart gesunt und starg alse vore. Do be-
  • 15 karte sich sente Helena und der Juden vile mit ir, und
  • funden da daz heilige kruze, do lang vone were zu sagende,
  • und sniten iz an dru stucke. Ein teil bleip zu Jerusalem;
  • daz ander teil fürten di meistere gen Constantinopels : wan
  • si waren ouch gewest bi der disputazien; daz dritte teil
  • 20 fürte Constantinus zu Eome mit grozen eren und sente
  • Silvester mit ime. Do gap der keiser uf sine keiserliche
  • gewalt sente Silvestro und vil vor sine fuze und nam di
  • krönen des riches von sinen fuzen und enduchte sich nit
  • wirdig sin si zu nemene von den henden und erloubite
  • 25 den bebisten und den bischoven und den pristeren gut zu
  • 1. smceJielich — smelich.
  • 4. vesten und vestenen; festene
  • 153, 4. vestenunge,
  • 7. disputäzje wie 154, 23 col-
  • lazje, Purgaz u. s. w.
  • 8. .SS für hs: osse»
  • 9. solich sulch; e aus iu,
  • 12. gebite d. i. gebiete, gebiute,
  • 13. unser, er als Nominativ-
  • endung; unser getreue Bundesgott.
  • 14. It, nt — Id, nd : wolde, konde ;
  • rt — rd: horde; ebenso rk — rg:
  • starg; nk — ng: kräng 160, 10;
  • drang 160, 14.
  • bekeren bekärde. c zz c und a ;
  • von (B Bücklant ä: leeren lärte;
  • Anwendung auch auf e: karte,
  • 16. Aus sagenne wird sagende
  • wie aus minner minder; 161, 10
  • vollkoniend^,
  • 19. schw. Part. Perfecti gewest,
  • 22. vor = vür.
  • — 153 —
  • liabene. Do wart ein stimme gehört über allez ßome : di
  • sprach ,hute ist di galle und di vergift gegozzen in di
  • heiligen (S.44.) kristenheit*. Und wizzet, daz diz ist noch
  • ein wurzele und ein gruntfestene alles kriges zwischen den
  • bebisten und den keisern. Wie Constantinus lebite und stürbe 5
  • und sante Silvester, da enwil ich nit me vone sprechen.
  • Von deme nuwen gebornen kinde. Man vreget, war
  • umme got nit e mensche wurde, dan er tet. Daz sint
  • vir Sache. Di erste ist umme sunde, di da was in der
  • werlde. Di ander sache was di menie der bosheit der 10
  • werlde. Di dritte sache was: di heilige drivaldikeit di
  • hate dise zit vor gesatzit. Die virde sache: wer got zu
  • haut mensche worden, do Adam di sunde getan hate, so
  • were von der lenge der zit der werke und der bilde unses
  • herren vergezzen, und weren kalt worden unde uninnig 15
  • in der lute herzen * daz got di begerunge der propheten
  • gereizete, und di noch geboren suUen werden, erweckete
  • und geinnigete. Do sprichit Paulus „do di fuUede der zit
  • quam, do sante got sinen sun."
  • Ein ander vrage ist, ab die ewige geburt des ewigen 20
  • wortis in der sele keine kreature zu gründe versten muge.
  • Alse verre, alse dise geburt got an gehört, also ist si un-
  • verstentlich allen kreaturen : aber alse verre, also si frucht-
  • ber ist und nutzber und di sele heliget und einiget mit
  • gote, alse verre ist si verstentlich. 25
  • 9. ist stumme
  • 1. Die Ortsnamen sind Gen.
  • neutrius.
  • 4. kric , kriec eigentlich ein
  • Streit nicht mit Waffen.
  • 7. nüwen Adj. statt des Adv. :
  • sjntactische Angleichnng.
  • 9. aus umhe wird umme.
  • 9. 10. Sünde und Sünden-
  • lust.
  • 15. uninnig nicht im Innersten
  • wohnend.
  • 16.* Und so ward die Geburt
  • verzogen damit . .
  • 18. innigen andächtig machen.
  • 20. ah öbe, ob.
  • 23. 24. fruhtbeere, nutzbare.
  • 24. ei wird zusammengezogen
  • in e: aus heiligen heiigen. Helge,
  • — 154 —
  • Ein ander vrage ist, ab der vater von himelriche sin
  • ewigez wort muge gesprochen in der sele, daz is di sele
  • nit enpfinde oder wizze. Diz merket. Dise lute sint
  • zweierleie. Di einen sint gemeine lute und grobe lute
  • 5 und sint wartende dirre geburte : wan si sint zu uzer und
  • zustrowet und sint doch in der gnade gotis. In disen wirt
  • dicke geborn daz ewige wort, daz si is nicht enwizzen*
  • Iz sind ander lute: di sint vernunftige lute unde sint stet-
  • liche wonde in der inrekeit irre sele und sint beitende und
  • 10 wartende des ewigen wortis. In disen wil der vater sin wort
  • nummer gesprochen sunder ir gefulen und ir bekennen.
  • Nu ist aber ein vrage, ab ein mensche immer in diseme
  • lebene also vollekomen möge werden, daz her ane under-
  • laz gefule der ewigen geburt und si verste. Wizzit, daz
  • 15 vil voUekomenheit ist, di got der sele wol gebin mochte
  • und gerne gebe: aber di sele enheldet sich dar zu nicht
  • und ubit sich dar zu nicht. Dar umme enlidet mensliche
  • krancheit nit, daz der mensche stetecliche gefule unde be-
  • kenne dise geburt. Got mochte ez aber wol der sele geben
  • 20 zu einer sunderlichen gäbe, als man hoffen mag von unser
  • vrowen und von den aposteln, daz si einen steten vorworf
  • heten in irre Vernunft.
  • Nu ende wir dise collazien in der warheit, di wir vor
  • gesprochen han, und bitet got vur mich. AmeN.
  • 2. Ewigen wort
  • 4. gemeine zur grossen tief
  • stehenden Menge gehoerig.
  • gerop, grop dick; ungeschickt,
  • nngebildet.
  • 9. wonde wie sende.
  • ir flectiert.
  • 11. unifner, nummer.
  • fülen, füelen so viel als enpfinden
  • 3. Mit Genitiv 14, wie enpfinden.
  • 17. sl wechselt mit seht (släfen
  • udgl.): menschlich,
  • 20. hoffen s. v. a. wcenen, ge-
  • dingen, versehen; hoffenunge,
  • 21 . vürwurf — ■ vorworf Object.
  • Dass sie Ein — , nur diess eine.
  • 23 fg. Er meint die Wahr-
  • haftigkeit alles Vorgetragenen.
  • AMICU8 UND AMELIÜ8.
  • AUS DER SEELE TROST.
  • Durch Carove in dem Taschenbuch fiir Freunde altdeutscher
  • Zeit und Kunst auf das Jahr 1816, S. 343—348.
  • AMICÜS UND AMELIÜS.
  • Liebes kint, du salt nit ungetruwe sin noch falsche.
  • Wem das du gelobest truwe, dem saltu truwe halden und
  • leisten. Nim ein exempel an zwein gesellen: do von wil
  • ich dir sagen.
  • Zwei kinder worden geboren in eim lande: die hatte 5
  • got glich gemacht, das niemants eins vor dem andern
  • mocht erkennen. Der ein was eins grefen sone, und der
  • ander was eins ritters sone. Die kinder dauft der babst
  • zu Bome und nante des grefen son Amelius und des rit-
  • ters son Amicus, und der babst gap in zwen neppe, glich 10
  • gemacht von edelem holze. Und disse zwei kinder gelob-
  • ten getrue geselschaft zu sin; diwil das sie lebten, so sei-
  • den sie sich nit scheiden.
  • Amicus fatter starb, und die ungetruwen heren ent-
  • fremten im alles sins vatter erbe und guit: do enwuste 15
  • er kein wegk und wanderte zu sins gesellen Amelius. Den
  • 8. Bei Carovi ein
  • 2. Ell. Wem es ist, dass —
  • 6. 160, 6. nieman — niemant
  • (149, 10) niemants mundartlich
  • niemez. Ausgefallene Yerneinnng
  • mit niM, Nichts aas nihtes niht.
  • In der Unterscheidung liegt
  • eine gewisse Bevorzugung dessen,
  • was man herauserkennt, vor dem,
  • wovon man es unterscheidet : er-
  • kennen vor,
  • 7. Statt gräve grefe d. i. greefe.
  • Mlat. (gr.) graphio , der zuerst
  • fränkische Name des Gerichtsvor-
  • sitzers, wie graphia eine ßechts-
  • schrift und grapMarius (greffier)
  • Gerichtsschreiber. Ahd. gräpjo
  • und grävo, mhd. gräve, md. grefe,
  • grebe,
  • 12. getrue Ausfall des w: vgl.
  • 158, 6 gescheen, 17 geseen u. a.
  • 16. Ellipse von ämä; vgl. unser:
  • zu Meiers udgl.
  • — 158 —
  • enfant er nit da heim: wan Amelius was gewandert zu
  • Amicus hus und wolde in drosten. Des enwußte Amicus
  • nit. Also sucht ir einer den andern von steden zu steden
  • wol ein ganz jare. (8. 344,) ünder des qwam er in eins
  • 5 ritters hus: der gab im sin dochter. Dar nach, da die
  • brutschaft gescheen was, do ließ Amicus nit abe, er suchte
  • sin gesellen Amelius. Do begegnet im ein bilgerin: dem
  • gab Amicus sin rock uff das, das er got bede, das er sin
  • gesellen finden mochte, und Amicus bat den bilgerin, ab
  • 10 er Amelius irgent sehe, das er im nach folgen wolde gein
  • Paris. Des selben tages beqwam dem pilgerin Amelius
  • zu mal in bösen snoden kleidern und was an dem antlitz
  • gestalt als Amicus. Do wonte der bilgerin, daß eß Ami-
  • cus were. Do wunderte er sich sere, war sin pert und
  • 15 sin cleider komen were. Da sprach Amelius zu dem bil-
  • gerin „Du umb wanderst vil landes umb: hastu min ge-
  • sellen Amicus irgent geseen?* Da sprach der pilgerin
  • „war umb fragestu mich umb Amicus? du bist doch Ami-
  • cus und gebe mir hude dissen rock und fraget mich umb
  • 20 dinen gesellen Amelius. Da hette du pert und knecht:
  • war sint die nu komen?* Do sprach er „ich bin nit Ami-
  • cus : ich bin im glich an dem antlitz, und ich heiß Ame-
  • lius." Do sprach der pilgerin ,du findest Amicus zu Paris."
  • Und da fant er in, und in wart beiden wal zu müde; sie
  • 25 helsten und kosten sich einander und zogen beid in konig
  • 11. qwam der
  • 6. brütschaft Vermsehlung.
  • 10. tihd. wergin irgendwo: iergen,
  • irgen, irgent, niergen, nirgen,
  • nirgent md. : hd. iender, niender.
  • dus nämlicli demselben zn sa-
  • gen, dass.
  • 12. ze male auf einmal, zu-
  • sammen, gänzlich (149, 8), gar,
  • sehr.
  • 19. frü0? fragen schw. wie
  • wägen : aber es heisst anch fragen^
  • anch diess wird schw. gebraucht,
  • könnte aber auch wie tragen st.
  • flectiert werden, Impf, früg^ wie es
  • jetzt heisst. Md. wie Goth. 2. p.
  • Impf, mit t [S. Weinhold, mhd.
  • Gr. 357.] Die Aenderung fra-
  • getest wsere grammatisch einfacher,
  • Isege aber den Buchstaben ferner.
  • 24. ahd. wala — wola, wol.
  • — 159 —
  • Karulus hoif. (S. 345.) Der konig entphing sie zu sim
  • hpifgesinde, und sie dienten im also woU, das sie men-
  • liehen liep hatte.
  • Dar nach zu einer zit zoch Amicus heim zu siner
  • husfrauwen und ließ Amelius bliben in des koninges hoif. 5
  • Do hatte der konig ein dochter: die hatte Amelius liep.
  • Zu einer zit betröge Amelius die bekarunge, das er die
  • Jungfrau wen allein hatte, und det ir gewalt: des was sie
  • sere betrübet. Da was in dem hoife ein grefe: dem was
  • Amelius sunderlichen fruntliche; dem saget Amelius sin 10
  • heimlichkeit und fraget in raits. Zu eim tage bewiste
  • der grefe untruwe und melte in vor dem konig. Der
  • konig wart zornig und fraget die dochter umb die sach.
  • Sie sprach, der grefe solt das bezugen, und künde das nit
  • gethun. Do sprach der konig „üwer einer sal den an- 15
  • dern besten zo kemphen.** Disse mere vernam Amicus
  • und zoich hin vor des koniges hoif und fragete Amelius
  • umb die sach, und Amelius bekant iß vor im, das er der
  • Jungfrau wen gewalt hatte getan. Do sprach er „so hastu
  • böse fechten, wan du schuldig bist. Auch wil ich dir ein 20
  • truwe bewisen: nim min phert, min kleider und min
  • knecht und far hinne zu miner huisfrauwen: sie enkennet
  • dich nit. Ich wil hie vor dich kempen. Ist, das ich
  • sterben, so behalt dir das wip; ist, das mir got hilft, so
  • kome Widder zu mir.^ Das geschach, das Amelius reit 25
  • zu Amicus hus und zu siner huisfrauwen. und sie ent-
  • phieng in vor iren man, wan er (S, 346.) also geschaffen
  • was als Amicus. ünder des gewan Amicus den kamp.
  • Des abendes, wan sie slafen gingen, so nam Amelius sin
  • swert und leit iß zwischen sie beide, und er sprach zu ir 30
  • 2. im] yn 8. Jungfrau we 9. graffe 17. zoith
  • 22. hiene huisfrane
  • 3. erstarrter Accusativ.
  • 7. bekarunge — hekorunge.
  • kiesen, körn.
  • 20. Aiich doch (auch gleichwohl).
  • 30. Es war Sitte, wenn ein
  • Mann bei einem Weibe schlief, das
  • — 160 —
  • »berorestu mich, e ich wisse, wie iß minem gesellen gee^.
  • iß kost dich din leben. ^ Dar nach qwam im ein bode^
  • das er komen solde zu sim gesellen. Und er det sin clei-
  • der wider an, und der konig gab im sin dochter. Disse
  • 5 dinge verholten Amicus und Amelius under ine, daß iß-
  • niemants wüste.
  • Dar nach über ein lang zit, da plaget got Amicus,.
  • das er maletsch wart. Da ging sin huisfrauwe mit alle
  • iren frunden und dreibe in uß alle sim gude, und er was
  • 10 kräng und übel gestalt, und kein mensche wolt mit im
  • zu schicken han. Do must er werden ein betteler und
  • ging von huse zu huse umb sin broit, und er enhatte-
  • nit mere von sim gude dan den napf, den im der babst
  • hatt gegeben : dar uß drang und aße er. Do wanderte er
  • 15 zu sins gesellen hus und wolde sehen, ob er in nit kennen
  • wolde. Do qwam er vor sin doir und rief , Gebet dem
  • armen maletschen icht dorch gott. ^ Da hatt Amelius den
  • napph, den im der babst hatte gegeben, vor im uff dem
  • disse stan. Do sprach er zu sim knecht „nim den napph
  • 20 und gip dem armen menschen, was da inne ist, in sinen
  • napph, das er drink, und gib im auch dar zu, das er
  • esse. " Der knecht det also. Do der knecht wider qwam,
  • do sprach er also zu sim heren „Here, der man hatte ein
  • napph: der ist (S. 347.) gestalt glich uwerm napf.* Do
  • 25 der here das* horte, do stund er uff von dem dische und
  • 11. hen 15. zu fehlt ,
  • er nicht berühren wollte oder
  • sollte, dass er ein blosses Sehwert
  • zwischen beide legte, so Sigurd,
  • da er für Gnnnar Brynhild gewon-
  • nen hatte, und sonst oft in nordi-
  • scher, deutscher, englischer, fran-
  • zoßsischer, italienischer Sagen- und
  • Mserchendichtung. Aber es war
  • auch in der Wirklichkeit in Ge-
  • brauch, wennschon es als gesetz-
  • liche Vorschrift nirgend vorkommt.
  • 1477 Vermaehlung des Kaisers Max
  • mit Maria von Burgund durch
  • Procuration ; Ludwig, P£alzgraf Ton
  • Yeldenz, beschritt mit Stiefeln und
  • Sporen das Brautbett und legte ein
  • nacktes Schwert zwischen sich und
  • die Braut.
  • 19. disse wie 162, 8 kufiheit.
  • — 161 —
  • drait vor die dore zu dem man und nam in in sine arme
  • und koste in vor sinen munt und sprach ^Amicus, min
  • lieber frunt, bis got und mir wilkome ! Alles, das ich han,
  • das ist din.* Da fraget er, wie er so arm were worden.
  • Do sprach er „nu mich got geplaget hait mit diser sucht, 5
  • derumb versmahet mich min huisfrauwe und alle mine
  • fnmde und haut mich vertreben." Da sprach Amelius
  • „du Salt bi mir bliben, die wile du lebest.*' Also det
  • Amicus und diente got mit grosser innigkeit. Do wolt
  • unser here volkomende truwe ane in profen, und er sant 10
  • sinen heiigen engel zu Amicus, und der sprach zu im
  • „Wiltu gesunt werden, so gang zu dim gesellen Amelius
  • und sage im, das er sin zwei kinder dode und besprenge
  • dich mit dem bloide: so wirdestu gesunt.* Da Amicus
  • Amelius das sagete, do wart er beide betrübet und er- 15
  • fraüet: er was betrübt, wan im swer was sin eigen kinder
  • zu doden, und er was erfraüet, das sin geselle gesunt
  • mocht werden. Eines tages, do sin huisfrauwe in der
  • kirchen was, do ging er in sin kamer, do sin kinder in
  • lagen uff dem bette. Da lachten sie in an. Da sprach 20
  • er zu in betrubiglichen »Ach, lieben kinder, ir lachent
  • mich an:^ ir wüßt nit, das ich uch doden sah* Und er
  • zoich sin swert uß und doit sin kinder und sprach „0
  • here Jesu Christ, siech diese martel an und verwisse iß
  • mir nit, wan ich iß thun dorch recht truwe. ** Und er 25
  • nam das bluit und besprewet Amicus da mide, und Ami-
  • cus wart gesunt, und die frauwe enwist iß nit, das ir
  • kinder doit waren. (S. 348.) Da was Amelius frolich,
  • 10. ym
  • 3. wesefiy icis — bin, bis.
  • wüleTcome wülekomen : ahd.
  • wülikomo.
  • 6. verstmeTien — versmähen.
  • 13. d. h. dich hesprenge, nicht
  • Imperativ, s. 26.
  • 22. wüßt Angleichung aus
  • icizzet. Nhd. wüsste, wi$8Ste.
  • 24. Mhd. vertotz : strafe mich
  • nicht dafür.
  • 26. sprcejen , sprcewen , md.
  • sprewen spritzen, stieben, intr. und
  • transitiv.
  • 11
  • ~ 162 —
  • das sin gesell gesunt was worden, und doch ging er be-
  • trublich in die kamern, da die kinder inne lagen. Da er
  • sie an sach, da lachten die kinder beide und spielten,
  • und iglichs bete sinen vatter an, und iglichs hatte einen
  • 5 roden strymeln umb den hals als ein syden faden : die be-
  • hielden sie, diwil sie lebten. Da danket Amelius unserm
  • lieben heren und saget disse ding siner huisfrauwen. Do
  • gelobte sie kußheit unserm lieben heren: die wolde sie
  • halden biß in iren doit.
  • Do- die zwen frunde doit waren, do grub man jigli-
  • chem ein grap. Do vil das ein grap ine. Do wolden die
  • lüde wissen, was das bedudet, und gruben das grap ufF
  • und funden da nicht in. Da grub man das ander grab uff:
  • do waren sie beide inne komen zu samen. Und Amicus wip,
  • 15 die in vertreibe, der brach der tufel den hals enzwei.
  • Liebe kint, dis sal dir ein lere sin, und bis getruwe.
  • 10. zwev 11.
  • 10
  • zwey
  • ynne
  • 4. d. h. hob die Hände zn ihm
  • empor.
  • 4 fgg. Mserchen der Brüder
  • Grimm 126, von der Prinzessin, die
  • Köpfe abnehmen und wieder auf-
  • setzen kann, wobei nichts bemerkt
  • wird, als wie ein rother Faden um
  • den Hals. GoBthe hat das auch im
  • Faust benützt (XU, 219). Sage
  • von Pabst Leo III. beim Monachus
  • S. Galli I, 26 Divino vero nutu
  • conterriti sunt et retracti, ne ocu-
  • los eins eruerent, set rasoriis per
  • medios inciderent. — Innocentiam
  • vero beati Leonis paptB ita dona-
  • tor et restitutor sanitatis appro-
  • havit, ut post illam pcenalem et
  • crudeUssimam incisionem clariores,
  • quam antea fuerint, ei condonaverit
  • oculoSy excepto quod in Signum vir-
  • tutis illius puleherrima cicatrix
  • in niodum fUi tenuissimi turturinas
  • acies niveo candore decorabat,
  • 5. strime Streif, Striemen.
  • 14. vgl. Greg. Tur. de Glor.
  • Confess. Cp. 32 und Hist. Franc.
  • 1, 42 von einem Ehepaar zu Ar-
  • vemi d. h. Clermont, das in Liebe
  • und zugleich in keuscher Enthalt-
  • samkeit lebt ; da sie, das eine bald
  • nach dem andern sterben, und je-
  • des in sein Grab gelegt wird, das
  • eine an der Süd-, das andere an
  • der Nordwand des Kirchhofs, finden
  • sich des Morgens nach dem zweiten
  • Begräbniss die beiden Grseber dicht
  • zusammen : ideirco nunc incol(B
  • duos amantes vocitant et summo
  • vener antur honore. (Gemeint sind
  • die hl. Injuriosus und Scholastica.)
  • Abhandlung.
  • Hartmann sagt Z. 17 ciw rede die er geschriben vant;
  • Z. 29 er las di^ selbe mcere: sein Gedicht beruht also auf
  • üeberlieferung, Sage. Und so war es die Weise der echten
  • Epik und aller guten Epiker, und nur die geringeren in den
  • Zeiten des Verfalls der Poesie gaben ihre eigene Erfindung
  • (Nachahmer Hartmanns). Sache und Verdienst jener war
  • bloss die Erfassung der Thatsachen und des idealischen Ge-
  • haltes und die auf diesem zwiefachen Grund beruhende Dar-
  • stellung.
  • Wir müssen also Hartmanns Gedicht im Verhältniss zu
  • der üeberlieferung betrachten und da haben wir
  • 1. Die allgemeine geschichtliche Grundlage: Aussatz
  • und dessen Heilung wie in der Geschichte;
  • 2. Die sagenhafte Ausbildung und Anwendung dieses
  • geschichtlichen Stoffes: Andere Sagen vom Aussatz und von
  • dessen Heilung;
  • 3. Die Sage vom Armen Heinrich und Hartmanns Dar-
  • stellung derselben.
  • I. Aussatz und dessen Heilung innerhalb der Geschichte.
  • Wir haben da theils thatsächliche Wirklichkeiten zu be-
  • rücksichtigen, theils solche bloss der Meinung, denn auch die
  • letzteren gehoeren zu der geschichtlichen Grundlage. Es ist
  • gerade kein reizender Gegenstand, aber es ist nicht wohl er-
  • — 164 —
  • lässlich und lässt uns auch Blicke thun auf manche anzie-
  • hende Eigenthümlichkeit des Mittelalters.
  • Bekanntlich haben auch die Krankheiten ihre Geschichte
  • und ihre Geographie. Wie bei dem einzelnen Menschen ge-
  • wisse Krankheiten den ganzen Leib ergreifen, zu jeder Lebens-
  • zeit vorkommen, wohl auch das ganze Leben von Anfang bis
  • zu Ende begleiten, andere dagegen auf einzelne Lei bestheile
  • beschränkt sind oder auf einzelne Altersstufen, ebenso ist es
  • bei dem Gesammtleibe der ganzen Menschheit: es gibt Krank-
  • heiten, die überall und zu allen Zeiten vorkommen, Krank-
  • heiten, die örtlich eingegrenzt eine bestimmte Heimath, einen
  • gewissen Sitz haben, Krankheiten, die je nach der wechseln-
  • den Verstimmung dieses Gesammtleibes bloss zeitweise er-
  • scheinen und so lange dauern, bis sie gänzlich verschwinden
  • oder in eine neue Verstimmung, eine neue Krankheit übergehen.
  • Solch ein räumlich und zeitlich begrenztes üebel der
  • Menschheit ist der Aussatz: er hatte seinen bestimmten Aus-
  • gangspunkt im Eaume, erhielt weitere Verpflanzung im Eaum
  • und durch die Zeiten, wurde wieder auf gewisse Länder ein-
  • gegrenzt und hat in anderen sein Ende gefunden.
  • Mit der Veränderung des Raumes und dem Wechsel der
  • Zeit nahm er auch verschiedene Gestaltung an.
  • Es ist eine Hautkrankheit, fürchterlich in ihren Erschei-
  • nungen und ihren Wirkungen, doppelt fürchterlich, weil sie
  • ansteckend ist und sich vererbt.
  • Die Heimath des Aussatzes ist Aegypten, das auch das
  • Mutterland der Pest ist. Äegypti peculiare hoc mdlum Pli-
  • nius H. N. 26, 5. Est elephas morbus, qui propter flumina
  • Niti gignittir Aegypto in media nee prceterea usquam. Lucret.
  • 6, 1112. Dort pflegt sie in ihrer entsetzlichsten Gestalt zu
  • erscheinen und diese heisst Lepra cegyptiaca; elephantiasis
  • (Grroseonim)^ der knollige Aussatz. ^) Ein gelehrter Arzt gibt
  • ^) Hirsch, Handbuch der hist.-geogr. Pathologie, 2 Bde., Erlangen
  • 1860—64, 1, 301 ff. [Nach K. Virchow, die krankhaften Geschwülste,
  • Berlin 1863, 1, 296 ff. ist Elephantiaäs (Arabum) ganz verschieden vom
  • — 165 —
  • davon folgende Beschreibung (Die Sitten, Gebräuche und
  • Krankheiten der alten Hebraeer von Trusen, Breslau 1853,
  • S. 166 fg.): „Nach längere Zeit bestehenden Vorboten, als
  • braunen, dunkeln, unempfindlichen Hautflecken, Anschwellun-
  • gen der Achsel- und Leistendrüsen, Alopecie (Ausfallen der
  • Haare) etc. tritt gewoehnlich ein viertägiges Fieber hinzu, ehe
  • die Elephantiasis erscheint. Mit dem Ausbruche der Krank-
  • heit wird das Ansehen des Kranken durch eine erdfahle,
  • dunkle Gesichtsfarbe fürchterlich entstellt, die Augenlider
  • schwellen oedematoes an (Oedem, Wassergeschwulst, örtliche
  • Haut Wassersucht), werden runzlich und knollig, die wirkliche
  • Form des Auges wird rund, der Blick stier, wild, matt, das
  • Gesicht aufgeschwollen, die Haut an der Stirn gespannt, glän-
  • zend, knollig, die Kopf- und Barthaare sowie die Augenbrau-
  • nen färben (entfilrben?) sich, werden weiss, wollig, fallen aus,
  • und die Sehkraft vermindert sich. Nach mehrjaehrigem Be-
  • stehen der Krankheit bilden sich nun die Knollen in der
  • Haut, daher der Name Elephantiasis. Es erscheinen naemlich
  • an den Ohren, an den Wangen, an den Lippen, an der Stirn
  • und spseter in allen Theilen des Körpers anfänglich kleine,
  • spseter grcessere, unempfindliche, rcethliche, schmutziggelbe
  • Knollen von der Grcesse einer Erbse bis zu der eines Hühner-
  • eies, zwischen denen die Haut rissig wird und Spalten be-
  • kommt. Besonders entstellt wird durch diese Auswüchse der
  • Unterfuss, der mit Einschluss der Zehen so ungeheuer gross
  • wird, dass er einem Elephantenfusse sehr sehnlich sieht. Spseter
  • arten diese Knollen in boesartige, krebshafte Geschwüre aus,
  • die den sj^philitischen sehnein, durch ihr Nichtschmerzen sich
  • aber von diesen unterscheiden. Sie bluten leicht, enthalten
  • schwammige Auswüchse und eine hoechst stinkende Jauche,
  • sie fressen in die Tiefe, ergreifen die Knochen und richten
  • Aussatz, welcher nur durch eine Verwechslung ebenfalls Elephantiasis,
  • spaßt er zum Unterschied E. Graecorum genannt worden ist. Auf die
  • Lepra kommt Virchow 2, 494—531 ausführlich zu sprechen, mehrfach
  • von dem obigen Texte abweichend.]
  • — 166 —
  • oft noch vor dem Tode, der durch Gangrsen (Brand) der Glie-
  • der und allgemeine Cachexie (Beeinträchtigung der Emsehrung)
  • erfolgt, grosse Zerstoerung an.*
  • Von Aegypten kam dieser Aussatz mit den auswandern-
  • den Israeliten zunaechst in den südwestlichen Theil Asiens.
  • Eine altsegyptische üeberlieferung stellt diesen Auszug selbst
  • so dar, als seien die Israeliten, eben weil sie alle aussätzig
  • waren und weil der Koenig das Land von ihnen reinigen wollte,
  • ausgetrieben worden. ^)
  • Die trockene Hitze Vorderasiens war günstiger für die
  • Hautthsetigkeit als die Luft in den feuchten Niederungen
  • Aegyptens. Der Aussatz nahm darum hier auch eine andere,
  • etwas mildere Gestalt an. (3 M. 13 und 14): Lepra mosaica
  • oder Hebrceorum oder Morphcea cdba^ der weisse Aussatz. ^)
  • Eine Beschreibung gibt Trusen a. a. 0. S. 165 fg.: „Oft Jahre
  • lang vor dem wirklichen Ausbruche der Krankheit zeigen sich
  • weisse, gelbliche, unempfindliche, in der Tiefe der Haut lie-
  • gende Flecken, besonders an den Genitalien oder im Gesicht,
  • an der Stirn, an den Gliedern, wobei die Haupthaare zugleich
  • die Farbe der Flecken annehmen. Spseter dringen diese Flecken
  • durchs Zellgewebe bis zu den Muskeln und Knochen, die
  • Haare werden weiss, wollig, gehen aus, es bilden sich harte,
  • gallertartige Geschwülste im Zellgewebe, die Haut wird hart,
  • rauh und rissig, es quillt Lymphe hervor, die grosse Borken
  • bildet, welche sich von Zeit zu Zeit lostrennen und unter
  • welchen oft übelriechende, schwammige Geschwüre sitzen.
  • Spa3terhin schwellen die Nägel auf, krümmen sich, fallen ab,
  • *) Manetho bei Joseph Apion. 1, 26 (Selig Cassel im Weimarer
  • Jahrbuch 1, 425. [Der Aufsatz ist erweitert unter dem Titel erschienen:
  • Die Symbolik des Blutes und der arme Heinrich von Hartmann von
  • Aue. Von D. Paulus Cassei, Berlin 1882. Da findet sich die Stelle
  • S. 159.] Vgl. Müller Hyksos S. 6 fg. [Moderne Geschichtsforschung
  • stellt den Aufenthalt der Juden in Aegypten in Zweifel : s. B. Stade, üesch.
  • des Volkes Israel S. 128. Dagegen H.Brugsch, Deutsche Revue VIII, 48 tf.J
  • 2) Das Talmudische Buch von dem Aussatz: Wagenseils Belehrung
  • der Jüdisch-Teutschen Rede und Schreibart S. 1 ffg.
  • — 167 —
  • es bildet sich Entropium, blutendes Zahnfleisch, verstopfte
  • Nase und starker Speichelfluss. Der Urin ist weiss, dick,
  • fettig, molkig. Stumpfheit der Sinne, grosse Schwäche und
  • Magerkeit, coUikartige Diarrhoeen, Oedem, allgemeine Wasser-
  • sucht und Zehrfieber beschliessen die Leiden der Unglück-
  • lichen.* Ausser den Vorschriften, wie zu verfahren gegen
  • Aussätzige (Levit. 13. 14.) finden sich dafür zahlreiche ge-
  • schichtlich belegende Stellen des alten wie des neuen Testa-
  • mentes: Hiob, der arme Lazarus (Ev. Lucas 16) sind die be-
  • kanntesten. Dieser Aussatz scheint den Juden auch noch
  • lange nach ihrer letzten Zerstreuung besonders eigen geblie-
  • ben zu sein. Dafür spricht die regelmasssig wiederkehrende
  • Verwünschung in den mannigfaltig ihnen vorgeschriebenen
  • Eidesformeln des Mittelalters. Um 1200 LB. 1, 495 Unde
  • ob du unrechte sveris, dais dich di muselsuhi histe, di Naa-
  • mannen lis und Jezi bestunt. Schw. Sp. LR. 215.
  • Von Aegypten kam der Aussatz auch nordwärts nach
  • Griechenland, und er wurde auch hier gemaessigt, aber bei
  • der climatischen Verschiedenheit auf andre Weise, als in Sy-
  • rien und Arabien. Wir haben davon Beschreibungen der alt-
  • franzoesischen Aerzte. Die jetzt sogenannte Lepra Grcecorum^
  • den schuppichten Aussatz beschreibt Trusen 166: „Oft acht
  • Wochen vor dem Ausbruche desselben geht neben der Tinea ma-
  • ligna^ dem Herpes exedens und der Alopecie ein Tertiairfieber
  • vorher, hierauf breiten sich die fressenden Flechten immer
  • mehr aus, die zwischenliegende Haut wird roth, entzündet,
  • brennend, es bilden sich dicke, trockene, harte Borken, die
  • abfallen um sich wieder aufs Neue zu bilden. Die Nsegel
  • werden dick, spalten sich, der Appetit ist lange Zeit noch
  • gut, aber der Durst heftig, und unter Marasmus und Nerven-
  • zulällen erfolgt der Tod.* Wegen der schuppichten Art des
  • Ausschlags heisst der Aussatz überhaupt dann Xhtpa : Xiizoc,
  • Schuppe. Nach Tansanias 5, 5, 5 hätte die Stadt Lepreiis
  • oder Lepreum in Elis den Namen davon, dass die ersten An-
  • wohner des Landes von der Lepra befallen worden sind.
  • — 168 —
  • In Persieii war sowohl der weisse als der schuppichte
  • Aussatz: Herodot 1, 138 og äv di rcov daTcov Xhzprjv tj
  • Weitere Ausbreitung fand der Aussatz mit den Fort-
  • schritten der Roemischen Weltherrschaft. Unter Pompeius
  • kam er nach Italien. Plinius H. N. 26, 5 nennt bloss die
  • Elephantiasis als aus Aegypten eingeschleppt und Et hie
  • quidem morbus celeriter in Itdlia restmcttis est. Er hat wahr-
  • scheinlich die glücklichen Behandlungen im Sinn, um derent-
  • willen der eben damals in Rom lebende Asclepiades gerühmt
  • wird: Plutarch, Symposiaca problemata 2, 22. Es scheint
  • jedoch die Krankheit nicht gerade so bald wieder erloschen
  • zu sein und auch nicht bloss Elephantiasis gewesen zu sein.
  • Denn von da ab berühren diese Krankheit alle ärztlichen
  • Schriftsteller fort und fort, und die Beschreibungen und die
  • Mittel ergeben, dass alle drei Hauptarten neben einander und
  • in einander verfliessend vorkamen, wie es natürlich war bei
  • der hin und her gehenden Menschenbewegung des Roemer-
  • reiches.
  • Im Mittelalter sodann fand der Aussatz Ausdehnung über
  • ganz Europa bis zu dem äussersten Norden hin. ^) Es war
  • da die Meinung, dass die Pilgerfahrten nach dem Morgen-
  • lande, dass die Kreuzzüge ihn gebracht hätten. Aber in der
  • Weise ist das nicht richtig. Wir haben mehr als ein Zeug-
  • niss schon aus der Zeit und dem Reiche der Karolinger und
  • schon der Merowinger bis zurück schon in das 6. Jahrhundert;
  • schon das Edictum Rotharis (643) weiss, dass der Aussatz
  • unter den Longobarden vorkam. Er war ein Erbe von den
  • Roemern her in den roemischen Provinzen und da ist die Völ-
  • kerwanderung zu berücksichtigen, die die germanischen Stämme
  • auch den tiefsten Süden Europas und den Saum Asiens be-
  • rühren Hess; und ebenso die Juden. Die spseteren Pilger-
  • *) Hensler, Vom abendländischen Aussatze im Mittelalter, Ham-
  • burg 1790.
  • — 169 —
  • fahrten nach Jerusalem und S. Jakob und die Kreuzzüge
  • waren gleichsam nur eine Auffrischung, immer neue Einschlep-
  • pung und gesteigerte Verbreitung. (Widuk. 3, 61.) Wir
  • werden die Bezüge auf das Pilgerwesen kennen lernen. Dass
  • aber unter den germanischen und romanischen Völkern der
  • Aussatz nicht daheim war, und unter jenen noch spseter als
  • unter diesen, ist mehrfach ersichtlich.
  • Es war ein Gemisch der anderswo verschiedenen Krank-
  • heitsformen. ^) Konrad von Würzburg im Engelhard 5150
  • fgg. beschreibt ihn folgender Massen: „im wurden Mr und
  • ouch der hart dünne und seltscene. sin otigen, als ich wcene,
  • begunden sich ze gilwen, als oh si cezen milwen^ so vielen
  • HZ die huwen drohe, sin varwe^ diu da vor ze lohe was
  • liutscelic unde guot, diu wart noch roeter danne ein hluot und
  • gap vil egebceren scMn. diu lüter süeze stimme sin wart un-
  • mäzen heiser. — an füezen unde an henden wären im die
  • ballen so gänzlich in gevallen^ daz mich sin immer umndert."
  • Unter den deutschen Benennungen herrscht grosse Man-
  • nigfaltigkeit. Zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Ge-
  • genden, je wie die Krankheit neu kam, wurden neue Aus-
  • drücke dafür gesucht und darunter waren mehrere, ja über-
  • wiegend, von fremdem Ursprung, wsehrend sich, wenn die
  • Krankheit alteinheimisch gewesen wsere, ein einziger allge-
  • mein gangbar würde festgesetzt haben. Diess letztere ist
  • wirklich auch beinahe geschehen, nachdem die Krankheit schon
  • eine Reihe von Jahrhunderten bestanden und sich heimisch
  • gemacht hatte. Vielerlei Worte gab es dafür neben einander
  • in den Anfangszeiten. Gothisch heisst thrutsfill als Subst.
  • Aussatz, Adj. aussätzig, thriutan wehthun (verdriessen) ; alts.
  • häf = goth. hamf, verstümmelt (vom Abfaulen der äusseren
  • Glieder); ags. hreof; ahd. hrüf, w/*lepra, Hob leprosus (Graffs
  • Sprachschatz 4,1155; 6,305), riöbsuhtig (6,142), rwößHepra
  • *) Sprengeis Versuch einer pragmatischen (Teschichte der Arznei-
  • kunde 2, 486.
  • — 170 —
  • (4, 1155 und Schlettstädter Glossen 26, 50, in Haupts Z. f.
  • d. A. 5, 354): Elefantinus morbus i, lepra . que inmodum
  • cutis elefantum . in cute hominum coaceruatur. diutisce riuhet
  • (:riubehb?). Anderswo hriubl Scabies, hruf pustula papula
  • (Blatter), hriuva pestis (Gr. 4, 1155): Ausschlag, Beulen,
  • Ansteckung. ^) Mundartlich ist Rufe oder Riefe = schorfarti-
  • ger Ausschlag und Schorf auf heilenden Wunden (Stalder
  • 2, 289; vgl. Schmeller 3, 62 [^II, 67] Abr. a. S. C. 5, 104).
  • Bei Otfried und Tatian heisst ein Aussätziger homgibruader
  • (Gr. 3, 301): wohl wegen der hornartigen Hautverhärtung. ^
  • Stadtrecht von Meran vom J. 1317 (Haupts Z. f. d. A. 6, 416)
  • homvdl die dem Absonderungshaus der Aussätzigen zugewie-
  • senen Einkünfte, die Gefälle desselben. Ein weiterer Name
  • hat seinen Anlass in einer Namensverwechslung, die schon
  • früher im Lateinischen stattfand. Die Gelbsucht nämlich
  • heisst regius morbus (oder aurugo) und bei Hieronymus und
  • in einem Briefe des heiligen Bonifacius wird dieser Ausdruck
  • für Aussatz gebraucht: Rettbergs Kirchengeschichte Deutsch-
  • lands 1, 417. So wurde nun auch der deutsche Name Kelo-
  • suht gebraucht: Gr. 6, 141. Regius morbus kelasuht; kele-
  • suht Schlettstädter Glossen 15, 21; gelsuht Sumerlaten 15, 1 ;
  • Regiits i. gelesuht Z. f. d. A. 3, 378. Äurugo^ gelesuht ebd.
  • 369; el&phantum gelesuht Diut. 3, 183; auf den Aussatz über-
  • tragen: morbus elephantinus Gr. 6, 142; elefantia helahesuM
  • Sumerlaten 7, 12. (Regim morbus lancsuht Z. f. d. A. 3,
  • 476; vgl. Gr. 6, 141). Endlich noch ein Fremdwort. Im
  • Latein des Mittelalters kommt der Ausdruck misellus (miser)
  • nicht als medicinische, sondern als gemüthliche Bezeichnung
  • *) In der mittelalterlichen Sammlung zu Basel befindet sich ein
  • doppelseitiger Siegelstempel von Serpentinstein (zweier Pilger) ; auf der
  • einen Seite Albertus de Luckendorp p. s. s. um einen Schild mit einem
  • Herzen; auf der andern ein Schild mit einer alten 4 (-2-), dahinter ein
  • Krückstab (wie im Siegel von S. Jakob an d. Birs), von dem zwei
  • Glocken herunter hangen, Umschrift Jacobus de Lynde, Grub,
  • 2) Reinmar von Zweter bei v. d. Hagen MS. 2, 218^ hornbruoder
  • als Name eines MönchordensV
  • - 171 —
  • vor (s. du Cmige; vgl. ebd. misellinus und Selig Cassel, a. a.
  • 0.472 [Symb. 222]; Notker um 1000 übersetzt leprosus mit
  • misel und rmselohf (Gr. 2, 875) und schon im 9. Jahrhundert
  • begegnet für elephanticus morbus misalsuht Gr. 6, 141. Dieses
  • im Althochdeutschen noch seltenste Wort ist im Mittelhoch-
  • deutschen das geläufigste. Dazu trugen bei die Kreuzzüge,
  • der gesteigerte Einfluss von Seite Frankreichs, Pilgerfahrten
  • durch Frankreich und die Provence nach S. Jacob in Spanien :
  • Lepra misel Voc. opt. 36, 88; Morphea miselglich ebd. 36,
  • 14; miselsiech Ulr. Tristan 553, 30; MisdsuM (z. B. a. Heinr.)
  • miselsühfic; Leprosm misilsuhtiger Gl. Trev. 7, 9. Summ.
  • Heinr. 253. Beziehung auf mischelm, mislm? LB. 1, 500,
  • 34. 40. bemüsden beflecken, beschmieren Gesammt-Abenteuer
  • 1, 215. Grimm Wb. 1, 1463. (= bunt? alts. misllc). Die
  • Aneignung des fremden Ausdrucks wurde vollkommen durch
  • ablautende Aenderung, die in Bezug steht mit masar, knorri-
  • ger Auswuchs im Holz (Gr. 2, 875) und mäsa Narbe, Fleck
  • (Gr. 2, 861): masilsuktig Wernher vom Niederrhein 3, 25.
  • 39, 31. 34; muselsuht LB. 1, 495, 7 (Judeneid); (müselsuht
  • morphea Voc. v. 1429 Schmeller 2, 633 pi, 1671]).
  • Kaiserchronik 5672 muselsuhtic [bei Diemer miselsulitic].
  • Es ist dies die herrschende Benennung: die Krankheit war
  • jetzt schon ein altgewohntes üebel, so herrscht Ein Name
  • durchaus vor. Nsechstdem erscheint erst mhd. ein entschie-
  • den romanischer Ausdruck. Aus Male aptus (vgl. unpässlich)
  • entstand fr. malade, altfr. nom. m^lats das prsegnant für aus-
  • sätzig gebraucht wird: rnalä^ G. Frau 2631 {PI m^üceze)^
  • maloz Kistener 721, malätes ülr. von Türheim Tristan 551,
  • 21, malätsch Schwaben-Spiegel 215, 22, mdletsch Amicus und
  • Amelius; ohne s: malait Hagens Reimchronik 434 fgg., malat
  • (maylich) Kellers Erzählungen 155, 24. Gengenbach S. 634.
  • malat Elisab. 7382 u. ö. (s. d. Glossar von Rieger). Voc. v.
  • 1618 (Schm. 2, 564 [^I, 1584]). maljsey elephantia, lepra;
  • Phil, von Sittewald 1, 468 (6. Ges., Höllen-Kinder) der
  • Aussatz und Maltzey. Gleichzeitig ward im Niederländischen,
  • — 172 —
  • auch dort vielleicht unter Mitwirkung des Franzoesischen, ein
  • anderes Fremdwort üblich. Lamms als Aussätziger ward
  • mlat. auch appellativ gebraucht (du Gange), wie noch span.
  • Id^aro, italiänisch lazzarone Bettler; altfr. prov. laeer, ladres
  • Aussätziger (Diez Wb. 201). Mndl. lazers, lasers: Kauslers
  • Denkmailer altndl. Sprache und Litteratur 1, 483; lazerie
  • Aussatz: Horae belg. 2, 96 fg. (Nr. 31) [„die gewoehnliche
  • Benennung der Aussätzigen im Mnl. war: lazerich, lasforus
  • und malcetsch" Hoffmann a. a. 0. 98]. Von noch anderen
  • und zwar wieder deutschen Namen gleich nachher.
  • Schon diese Worte können die Ausbreitung der Krank-
  • heit durch das Europa des Mittelalters und den Gang, wel-
  • chen die Ausbreitung genommen hat, veranschaulichen. Mit
  • dem Ende des Mittelalters beerte auch sie zu wüthen auf, sie
  • wurde abgelcest durch eine andere ansteckende Krankheit, in
  • die sie bei mancher Verwandschaft, die zwischen beiden be-
  • steht, leichtlich übergehen konnte, die Lustseuche. ^) Seitdem
  • besteht sie wohl in ihren früheren und ürsitzen, dem Mor-
  • genland und Aegypten noch fort ; in Europa ist sie, im allge-
  • meinen betrachtet, eine sporadische Seltenheit. Nur an den
  • äussersten Säumen ist sie noch in üeberresten epidemisch
  • haften geblieben: die s. g. Krimische Krankheit, Lepra tau-
  • rica, und die Lepra horealis oder die Radesyge (bcese Seuche)
  • in Schweden und Norwegen, den Faroeer Inseln und Island
  • werden von den Aerzten als Aussatzformen betrachtet. Mit
  • der Beschreibung auch dieser Scheusslichkeiten wollen wu:
  • die Leser verschonen.
  • Lebensweise der Aussätzigen.
  • Das Leben, zu dem die Aussätzigen genoethigt waren,
  • das Verfahren, das gegen sie beobachtet wurde, war ein Ergeb-
  • niss nicht bloss des natürlichen Abscheus und nicht bloss der
  • ») S. Sprengel a. a. 0. 492. 647.
  • — 173 —
  • Furcht, ^) durch Umgang und Berührung angesteckt zu wer-
  • den, sondern auch der ebenso natürlichen und der durch die
  • biblische Ueberlieferung geheiligten Ansicht, dass diese Krank-
  • heit die Strafe sei für eine Gott besonders missfällige Sünde.
  • Mirjam wurde mit dem Aussatze geschlagen wegen auflehnen-
  • der Worte gegen Mose (4 M. 12, 10), Gehasi, der Diener des
  • Elias wegen Geldgier und Betrugs (2 Kcen. 5, 27), Koenig
  • Usia von Juda wegen Ungebserdigkeit gegen die Priester
  • (2 Chr. 26, 19; vgl. 2 Kcen. 15, 5, — s. Cassel a. a. 0. 430
  • [Symb. 165]). Auch die Perser hegten denselben Glauben:
  • Herodot 1, 138 „und nach ihrer Behauptung hat er das we-
  • gen eines Vergehens gegen die Sonne.* Dieser zusammenwir-
  • kenden Gründe wegen waren die Aussätzigen bei den Persern
  • wie bei den Israeliten gemieden und abgesondert und ausge-
  • stossen. Herodot: „Wo ein Bürger die Lepra oder den weissen
  • Aussatz hat, kommt dieser nicht in die Stadt, noch gesellt
  • er sich zu den andern Personen. — Auch treiben sie jeden
  • Fremden, der davon ergriffen wird, eiligst aus ihrem Lande."
  • Israeliten: Mose 3, 13. 4, 12.
  • Ganz so verfuhr man nun auch und mit der äussersten
  • Strenge im christlichen Mittelalter, und hier um so mehr, als
  • das mosaische Vorbild und die levitischen Vorschriften immer
  • noch für voll verbindlich erachtet wurden.
  • Wo die Aussätzigen den Gesunden zu nahe kamen, wur-
  • den sie mit Härte zurückgetrieben. Karls des Grossen drittes
  • Capitulare von 789, cp. 20 handelt De leprosis^ ut se nmi
  • intermisceant dlio populo, Tristan kommt verkleidet zu Is6t:
  • diu künegm mit jsome sprach „Farams, dm miselsiechen slach:
  • er tvonet mir gar ze nahen M" dar gierigen starker knappen
  • drt und hieeen in balde üz schaben; sie sluogen üf in mit
  • ir stoben: Ulrich von Türheim Tristan 553, 30. Vgl. Sieben
  • ^) Nach dem Renner 238» konnte einer aussätzig werden durch
  • Furcht vor dem Aussatz: Nv schreibt vns meister auicenne Daz einer
  • die vzsatz vorhte so hart, Daz einer vor vorhten vzsetzik wart»
  • — 174 —
  • w. Meister 8565 flf. Kistener 790. ^) Zu Augsburg war im
  • Stadtrecht (1276) S. 47 unter den Obliegenheiten des Hen-
  • kers, er solle alle ftssetzet üe der stat triben, dag si ander
  • den bürgern iht gangen. Zu Calais gieng die bürgerliche
  • Ausschliessung so weit, dass wo einer aussätzig war, fortan
  • die ganze Familie das Bürgerrecht einbüsste (die Krankheit
  • war ansteckend, erblich): Mem. de la Soc. d'hist. de Geneve
  • 1, 102. Sie waren ausgeschlossen vom Gottesdienst der Ge-
  • meinde, und durften nicht mit dieser zusammen das Abend-
  • mal nehmen. Pabst Gregorius IL antwortete auf eine An-
  • frage des heiligen Bonifacius (epist. 24): Leprosis autem, si
  • fideles Ghristiani fuerint^ dominici corporis et sanguinis par-
  • tidpatio tribuatur^ cum sanis autem convivia celebrare prohi-
  • beantur; genauere Bestimmung gab Pabst Zacharias (epist.
  • 76): De his^ qui regio morbo vexantur^ inquisisti, sive homines
  • sive equi sint, quid fadendum sit de iUis — in milder Un-
  • terscheidung zwischen angeborenem und erst spaeter ausgebro-
  • chenem üebel : Si homines ex nativitate auf genere istitis morbi
  • sunt, hi extra civitatem conversari debebunt, eleemosinam vero
  • acdpiendam a populo non vetari. Si autem contigerü mag-
  • num vel parvum non nativitate^ sed superveniente cegritudine
  • vexari, non est projiciendus, sed si possibile est^ curandm,
  • attamen in ecclesia, dum ad communionem venerü, post om-
  • nium suppletionem erit ingressurus ad partidpandum munus,
  • Pferde seien zu verschütten (vgl. die aussätzigen Kleider
  • und Häuser des levitischen Gesetzes). Die Aussätzigen hatten
  • auch einen besonderen Begrsebnissort : Ottocar Cp. 26. Die
  • Vorbilder der letzt angeführten Züge gab das alte Testament.
  • König üsia „ward Verstössen vom Hause des Herrn;* „und
  • sie begruben ihn bei seine Vseter im Acker bei dem
  • Begrsebniss der Koenige: denn sie sprachen: „Er ist aussätzig*."
  • 2 Chr. 26, 21. 23. Ausserdem wird noch berichtet, dass statt
  • ^) Austreibung aus der Stadt s. Ochs 2, 253. Aerztliohe Unter-
  • suchung der als veitsiech verzeichneten: ebd. 453 fg.
  • — 175 —
  • seiner selbst sein Sohn Jotham regiert habe, Usia also auch
  • das Kcenigthum verloren habe: 2 Koen. 15, 5. 2 Chr. 26, 21.
  • Dem sehnlich verfuhr das Mittelalter. Sachsenspiegel LB. 3, 54
  • „Lamen man noch meselseJcen man noch den, die in des paves
  • ban mit rehte komen is, den ne mut man nicht to honinge
  • kiesen. = Schwaben-Spiegel LR. 102. Geschichtliche Belege
  • vom Verlust einer schon innegehabten Herrschaft sind mir
  • nicht bekannt; vielmehr Beispiele von aussätzigen Fürsten, die
  • nun um so milder gegen andere Aussätzige waren; M6moires
  • et documents publiös par la Society d'histoire et d'archöologie
  • de Geneve 1, 105. Grimm A. H. 165. Chron. Novalic. II, 5.
  • Einem aussätzigen Bischof wird ein Nachfolger bestellt : Adam
  • von Bremen II, 62. üeber Kcenig Balduin von Jerusalem
  • werden wir spseter sprechen. Auch die Sage berichtet solche
  • Fälle. Amicus 160, 8 da ging sin huisfrauwe mit alle iren
  • frunden und dreibe in uß alle sim gude; Dieterich von Bra-
  • bant in Konrads Engelhard 5216 im wart enmlchet mi ge-
  • waU an litUen unde an lande. Beidemal aber ist das nur die be-
  • gleitende Folge einer anderen Härte, die den Aussätzigen zu
  • treffen pflegte, und die noch empfindlicher war als alle die
  • bisher besprochenen Zurückweisungen und Ausschliessungen:
  • die abscheu volle Entfremdung, in die selbst die nsechsten
  • Freunde, selbst die naechsten Verwandten, selbst Weib und
  • Kind sich zurückzuziehen pflegten. (A. Heinr., Engelhard.)
  • Selbst die Familie mochte ihn nicht mehr als ihr angehcerig
  • betrachten und erkennen, und es blieb da nicht bei solch
  • einem bloss gemüthlichen Missverhalten, sondern das hatte
  • auch rechtliche Gestalt und Geltung. Bei den Longobarden
  • verlor, wer aussätzig ward, sofort das Recht der eigenen freien
  • Verfügung über seine Habe: Ed. Roth. 176 Si quis leprosus
  • fiierit effectus^ et cognitum fueritjudidvelpopulo, quia certa
  • sit rei veritas, et expuhm sit a civitoite vel a casa sua, ita
  • ut Salus inhabitety nati sit Uli licentia res suas alienare aut
  • thingare (letztwillig vermachen) cuilibet personce. Bei ihm
  • galt auch kein Erbrecht noch Recht ein Lehen anzutreten:
  • — 176 —
  • SSp. LR. 1, 4 D« meselseke man ne iintveit weder Un noch
  • erve. Hevet Jiet aver tmtvangen er der suke, he behalt it unde
  • erft it als ein ander man; der Schwabenspiegel kennt das
  • nicht, im Süden galt ein menschlicheres Verfehren. Auch in
  • Zürich wollte man den Aussätzigen das Erbrecht entziehen:
  • aber nach Befragung von Geistlichen und Laien wurde festge-
  • setzt, die Aussätzigen sollten nicht das ihnen von Gott aufer-
  • legte üebel in anderer Beziehung entgelten, sondern erbfsehig
  • sein: Urkunde von 1251 für das Siechenhaus von S. Jakob
  • an der Sihl nach Eaumers Geschichte der Hohenstaufen 6,
  • 534. Noch mehr, selbst das Band der Ehe, das sonst mit
  • seltenen und natürlich wohl begründeten Ausnahmen für un-
  • auflceslich galt, wurde durch den Aussatz des einen Gatten
  • geloest: Pippins Capit. V, 157, cp. 16 Si vir leprosm mulierem
  • habeat sanam, si vult ei donare commeatum, ut accipiat virum^
  • ipsa femina, si vult, accipiat. Similiter et vir. Nach einer
  • Verordnung des Pabstes Alexander III. von 1180 war die Ehe
  • nicht aufzuloesen, wohl aber das Eheverloebniss, worüber eine
  • Verordnung Pabst ürban III. von 1186 (s. C. J. Can, de Con-
  • jugio leprosorum). 1548 erfolgte eine Erkenntniss des Käthes
  • zu Basel, dass von wegen der malet^ey Ehegatten allein zu
  • Bett und Tisch dürfen gescheiden werden: Rechtsquellen von
  • Basel 1, 391.
  • Also der Aussätzige erbt nicht, kann kein Erbe verma-
  • chen und sein Weib darf schon bei seinen Lebzeiten einen
  • andern ehlichen. Dem war allerdings nicht überall so: der
  • A. Heinrich z. B. verfügt unbeschränkt über Hab und Gut.
  • Wo es aber so ist, erscheint somit der Aussätzige als bürger-
  • lich todt (4 Mose 12, 12). In der That heisst es im Edict.
  • Rotharis a. a. 0. (176) quia in eodem die, qua/ndo a domo
  • expulsus est, tamquam mortutts habetur. lamen dum vixerit,
  • de rebus, quas dereliquerit (sein Eigenthum als Verlassenschaft),
  • pro mercedis intuitu nutriatur. ^) Dem wurde von der Kirche
  • ^) Erbe des aussätzig Gewordenen ist sofort und für spseter Er-
  • worbenes nach seinem Tode die Herrschaft. Weisth. 2, 41.
  • — 177 —
  • die entsprechende Form gegeben: sie führte den vom Aussatz
  • befallenen in die Kirche, las über ihn eine Todtenmesse, be-
  • sprengte ihn mit Weihwasser, kurz verrichtete alle Gebräuche,
  • die bei einem Leichenbegängniss üblich waren: Sprengel 2,
  • 492. Grimm A. H. 162 fg. Dieser Tod bei lebendigem
  • Leibe erinnert an ein Wort des älteren Plinius, H. N. 26, 1
  • sine dolore quidem iUos (morbos) et sine pemide vitce, sed
  • tanta foeditate, ut qucecunque mors prceferenda esset: die Aus-
  • sätzigen des Mittelalters waren todt, noch ehe sie gestorben
  • waren, und wurden um so weniger durch den Tod erloest.
  • Die bisher geschilderten Lebensverhältnisse sind kurz
  • zusammengefasst in einigen Wendungen, die hie und da in
  • Urkunden sich finden, welche die Aussätzigen betreffen:
  • Leprosorum eoctra communionem äliorum hominum degeneium
  • (Mones Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 2, 263) ;
  • leprosi a deo percmsi, qui extra communionem a fade po-
  • puli sunt projeeti (Moehsens Geschichte der Wissenschaften
  • in der Mark Brandenburg 282). Wir lassen zunsechst wei-
  • tere Benennungen zu den früher schon angeführten und er-
  • klserten folgen. An die Spitze können wir hier denjenigen
  • stellen, auf welchen der jetzt bei uns allein gangbare Aus-
  • druck beruht. In dem Briefe des Pabstes Zacharias kommt
  • prcjiciendus vor: so viel wie prqjectus ist: ü^ssetze^ der hinaus-
  • gesetzte, ausgestossene, und zuweilen begegnet das schon im
  • Ahd. (Graffs Sprachsatz 6, 305 [Voc. S. Galli, bei Henning
  • 276 lebrosus uzseajsieoj): üzsazeo^ häufiger und geläufiger im
  • Mhd.: msetze Ulrich von Lichtenstein. Schm. 3, 297 üb-
  • setzet Elisabeth 8052 Büheler 7 w. Meister 8511 fgg. Augs-
  • burger St. ß. 47. Weitere Ableitungen dann: üzsetzic S.
  • Silv. 149, 8 (Engelh. 5149), Kellers Altd. Ged. 224 fg.
  • üzsetziheit. Aussatz als Name der Krankheit scheint im
  • Mittelalter noch nicht vorzukommen {üzsatz fem. Renner
  • 204a Renner 238» ? Aussetzei Schm. 3, 297) ; sonst heisst es
  • alterthümlich und mundartlich s. v. a. Tadel. Vielleicht dass
  • das naheliegende Wort Ausschlag mit bei der neuen Wort-
  • 12
  • - 178 —
  • umschoepfung gewirkt hat. Gleichartig gebildet, aber seltener
  • im Gebrauch ist ausmerTdg z. B. in Ulm ( JsBger 483). ^) Häu-
  • figer sind Verbindungen und Zusammensetzungen mit siech:
  • Die Aussiechen Regensburg (Schm. 3, 190 [^11, 214]; Acker-
  • siechen (Grimm A. H. 162); Landsiechen (Schm. 3, 190);
  • besonders die siechen an dem velde: (Lachmann Walther
  • 149, 48) Schreiber ürkundeobuch 1, 69. 87; leprosi in campo:
  • ßottweiler ürk. von 1285, Mones Zschr. 2, 263; wssetzigheit
  • uff dem velde Weisthümer 2, 41 ; vdtsieche : noch jetzt ein
  • verwünschendes Schimpfwort; und sundersiech: Keller Er-
  • zsehlungen 154, 27; sundersieche (Jaeger 483; Messmer das
  • Siechenhaus von Bern 4 fg.). Oder bedeutet das Wort sun-
  • dersiech nicht Absonderung, sondern Auszeichnung, Steigerung
  • (besonders)? wie sunder zitter grosses Zittern, sunderfriunt
  • vorzüglicher Freund. Ein anderes mit siech gebildetes Wort
  • scheint in anderer Weise den Begriff zu steigern: Wigalois
  • 59, 8 der was ungenrnne, den Muten widerzosme als der
  • tötsieche man, der von der werlt vnrt getan: einer der un-
  • heilbar ist, der nur den Tod erwarten darf; oder es ist eine
  • Beziehung auf jenen bürgerlichen Tod. Noch aber wird auch,
  • damit wir gleich alle Benennungen nun in Einem Zuge ab-
  • thun, das einfache Wort siech in dem prsegnanten Sinne von
  • sundersiech^ von aussätzig gebraucht, gerade wie das Lateini-
  • sche infvrmus (Beitra3ge der historischen Gesellschaft zu
  • Basel 4, 385. 387) und das Franzoesische malaz eigentlich
  • auch nur s. v. a. krank heisst. Li dieser Bedeutung ge-
  • braucht siech z. B. Ulrich von Türheim Trist. 553, 18 und
  • das Siechenhaus war von Alters her Leprosenhaus und be-
  • stimmt von einem Spital oder Krankenhaus verschieden
  • (Schm. 3, 190); Siechthum wurde ebenso verstanden: Abra-
  • ham a S. Clara, Judas 7, 234 Pfui pfui was für ein tvilder
  • und grauslicher Zustand ist der Aussatz, welchen wir in
  • nnserm Teutschland das Siechthum nennen! Es ist das eine
  • ^) Vgl. eusser ntter, ausser purger: Kellers Erzsehl. 157, 13.
  • — 179 —
  • prsQgnante Bedeutung, denn es ist die Ejankheit aller Krank-
  • heiten: Z. f. d. A. 4, 498 (LB. 1, 1109, 38) wceri ein
  • mensche vns als Sdlomon und stark als Sampson^ schom als
  • Äbsalon, und der mensche aüe die sterki^ alle die unsheit und
  • alle die sehceni verzarti, als ee muglich wcer, in aller der
  • siecheit, die elliu menschen hänt siechen und malMzen:
  • dennoch warn dem himelschen vatter löblicher . das der mensche
  • belibi an sünde, denne das er das alles lüti für sm sünd.
  • Vielleicht ist aber auch diese Benennung eine theils aus Er-
  • barmen, theils aus Scheu entsprungene Milderung, wie viele
  • andere deutsche und volksmaessige Krankheitsnamen nur Eu-
  • phemismen sind, mit denen man der eigentlichen Benennung
  • in eine Allgemeinheit hinein ausweicht. Und so haben wir
  • noch ein paar Namen, die letzten anzuführen, und die sind
  • entschieden von solcher erbarmungsvoller und wohlredender
  • Art. Wir kennen deren schon einen, miseüus, mesel, misel-
  • suht: sehnlich die armen siechen (Jsegers Ulm 483); die ar-
  • men veitsiechen (Zeuss Speier 18); noch öfter die guten
  • Leute, gu^te Hute Nibelungen 1001, 2; Mone 264; die arm>en
  • guoten Hute: Zeuss Speier 17 fg.; die armen Zw^ Weisthümer
  • 4, 288; guotliuthfis Mone 264; Gutleutman Philander von
  • Sittewald 1, 415 (6. Gesicht). — Wie gesagt, sind diese
  • Namen nicht bloss aus Erbarmen, -^sondern eben so wohl aus
  • Scheu in Anwendung gekommen. Auch die Kobolde udgl.
  • Wesen pflegt das Volk aus Furcht und zur Beschwichtigung
  • gute Leute, gute Gesellen, gute Nachbarn zu nennen: J.
  • Grimms Mythologie 425. 468. 492 fg. — Ich wiederhole
  • am Schluss dieser neuen Namenreihe die schon früher ge-
  • machte Bemerkung, dass nur deshalb deren so viele sind,
  • weil die Krankheit keine im deutschen Volk alteinheimische
  • ist, weil sie eingeschleppt und immer von frischem einge-
  • schleppt und erst nach und nach von Ort zu Ort des weiteren
  • ausgebreitet wurde.
  • Die Aussätzigen sind also projecti, mit Scheu und Ab-
  • scheu ausgesetzte, zu einem Leben ausserhalb des Lebens der
  • — 180 —
  • übrigen Welt verurtheilt. Die Art haben wir noch mit
  • einigen Zögen naeher zu schildern.
  • Das Einfachste war, dass der Einzelne eine einzelne
  • Wohnung fernab von den Menschen bezog. 3. M. 13, 46:
  • „Und so lange das Mal an ihm ist, soll er unrein sein, allein
  • wohnen und seine Wohnung soll ausser dem Lager sein*;
  • vgl. 4, 12, 14 fg. Usia wohnte in einem besonderem Hause:
  • 2. Kcen. 15, 5. 2. Chron. 26, 21. Das Edictum Rotharis^
  • 176: expulsas sit a civitate vel a casa sua, ita ut sohis in-
  • habitet, Dietrich bewohnt ein Haus auf einer Insel in dem
  • Wasser, das unter seiner Burg vorüberfloss: Engelh. 5220 fg»
  • Ein Altndl. Volkslied in Hoffmanns Hör. Belg. 2, 96: Mm
  • ghinc haer daer een huisken maJcen besiden des weechs dl van
  • der Straten. — Da^r in so lach si seven jaer, dat si noch
  • sornie noch mane en sach. Limb. Ch. 1374 (S. 83 fg.):
  • „Zu dieser Zeit, 5 oder 6 Jahre davor, war auf dem Main
  • (Insel?) ein Münch Barfusserordens ; der ward von den
  • Leuten aussätzig und war nicht rein. Der machte die besten
  • Lieder und Reihen in der Welt von Gedicht und Melodeien,
  • dass ihm niemand auf dem Rheinstrom oder in diesen Landen
  • wohl gleichen mochte. Und was er sung, das sungen die
  • Leute alle gern und alle Meister pfiffen und andere Spiel-
  • leute führten den Gesang ^und das Gedicht. Er sung diss
  • Lied: „Ich bin ausgesetzet; Man weiset mich armen vor die
  • Thür. Untreu ich spür Nun zu allen Zeiten.* Item sung
  • er »Mai, Mai, Mai, die wunnigliche Zeit Männiglichen Freude
  • geit Ohn mir. Wer meinte das?* Item sung er „Der Un-
  • treu ist mit mir gespielt.** Deren Lieder und Widergesang
  • machte er gar viel, und war das alles lustiglich zu beeren.*'
  • So war auch das Häuslein des kranken Tristan am See-
  • gestade: Grimm A. H. 166. Wo aber in einem Lande, an
  • einem Orte eine grcessere Anzahl von Aussätzigen war, wohn-
  • ten sie nach dem Triebe der Geselligkeit und bürgerlichen
  • Anordnung beisammen: viere vor dem Thore Jerusalems
  • 2. Koen. 7, 3. Vor dem Zionsthore von Jerusalem ist noch
  • — 181 —
  • jetzt eine ganze Pflanzstätte, ein Dorf von etwa 100 Hütten;
  • sie verheirathen und vermehren sich: Strauss, Sinai und Gol-
  • gatha, Berlin 1848, 234. Ebenso war es im europäischen
  • Mittelalter, dass die Aussätzigen öfters dorfweise zusammen
  • wohnten: Sprengel 491.
  • So abgesondert, rechtlos, besitzlos, hätten sie in ihrem
  • Elend zu Grunde gehen müssen, wenn nicht dem Abscheu
  • der Andern doch wieder das christliche Erbarmen sich beige-
  • sellt hätte. Sie bekamen Almosen. Pabst Zacharias schrieb
  • an Bonifacius ep. 76: extra civitatem conversari debebunt,
  • eleemosinam vero accipiendam a populo non vetan. Sie durften
  • auch auf Almosen gehn. (Amicus 160, 11.) Sie hatten jedoch
  • eine eigenthümliche Art der Kleidung oder Ausrüstung, wo-
  • ran sie zu erkennen waren, womit sie sich meldeten und
  • warnten, dass niemand unvorsichtiger ihnen zu nahe komme
  • und sie berühre. (Schlechte Kleidung: ülr. Tristan 553, 11
  • er slouf in bcese huderwät ; Kistener 735 dö shuf er in ein
  • gröwes Jcleit.) Sie hatten einen eigenthümlichen Hut und
  • eine Klapper : Kistener 729 eine Meffelöte und ein htiot,
  • die zwei hoßrent mich an; ülr. Tristan 553, 18 er nam eins
  • siechen Maffen (Tristan 3, 80); Mepfer Bühelers 7 w. Mei-
  • ster S. 191; chopffeUn Kellers Altd. Ged. 224, 25; hlepper-
  • Im Gengenbach 364. 634; oder eine Schelle: Horse Belg. 2,
  • Nr. 31, 10 men htterde haer enen gheselle, die haer al door
  • die minne van god soude clinken die lazarische belle^); einen
  • hölzernen Napf zum Essen und Trinken und um das Almosen
  • an Speise darin zu empfangen: Amicus 160, 23fgg. ülr. v.
  • *) Schelle eines durch die Fürbitte des hl. Petrus geheilten Aus-
  • sätzigen auf dem Altar des Petersberges geopfert : Chron. Mont. Ser.
  • 17, 10. [Hoffmann, Hör» Belg. 11, S. 97 fg.: „Die lazerische Belle
  • war ein gewoehnliches ehernes Glöcklein. Wie die Klapper
  • beschaffen war, erfahren wir aus einem alten Vocabularius (Hör. belg.
  • 7, 18) Interfusum, cUpspandere, äidtur instrumentum leprosorum cum
  • duabus vel tribus tabulis, cuitis sonitu excitantur homines ad benefi-
  • m.**]
  • — 182 —
  • Liecht. Frauendienst 329, 19 Die naht was ich in einer staty
  • dar inne ich mir bereiten bat umsetzen nepfe und swachiu
  • kleit ; 334, 18 den napf mm satzt ich verr hin dan und
  • sprach^ vrotae, da legt ez in (Speise), warn, ich leider vil siech
  • bin. Zu dem gleichen Zwecke hatten sie künstliche Hände
  • aus weisser Wolle: Sprengel 491: Abbildung ans den 7
  • weisen Meistern in Buschings Wöchentlichen Nachrichten
  • 1, 177.
  • Vor Häusern, wo sie besonderer Milde gewärtig waren,
  • fanden sie sich ein schaarenweis sich sammelnd und wohl zu
  • längerem Aufenthalte sich lagernd. Ulr. v. Licht. Frauen-
  • dienst 330, 9 berichtet von einemi fürstlichen Schlosse in
  • Oesterreich: wol drtzic üzsetzn oder me da säzen; 32 diu
  • hüsfrotve iezuo siech hie Ut, da von man uns vil oft hie git
  • Pfenninge unde spise genuoc. Daneben noch Umschweif auf
  • weiteren Bettel: 337, 26 da wir siechen gäzen hie, vü palde
  • ich ah dem berge gie in daz geu an siechen stat, da ich des
  • dimuosens pat. Bühelers 7 weise Meister 8549 Und do er
  • kam für das burgtor, do saszen ouch ander uzsetzd vor^ die
  • des almuosen nam^ent war; er satzt sich zuo der selben schar.
  • Speisung der Sundersiechen bei dem Seelgeraßth auf der
  • Wurmlinger Capelle: Zeitschrift für Culturgeschichte 1856,
  • 479.
  • Die Milde, die oft zugleich ein Abkaufen der Annaehe-
  • rung und des scheusslichen Anblickes war, gab reichliche
  • Spenden. Es geschah, dass sie sich durch den blossen Bettel
  • Reichthümer erwarben, die ihnen doch unnütz waren. So er-
  • klaert es sich, dass Philipp V. von Frankreich 1321 die Aus-
  • sätzigen seines Reiches beschuldigte, eine Verschwoerung mit
  • den Juden, ja mit den Türken eingegangen zu sein und die
  • Brunnen vergiftet zu haben und alle wollte verbrennen lassen,
  • eine Anzahl auch wirklich verbrennen Hess und ihr Vermögen
  • einzog (Sprengel 491. Möm. de la Soc. de Genöve 1, 106.
  • Muratori Antiq. Ital. 3, 2, 486. 500). Es war dem Koenige
  • schwerlich Ernst mit der aberwitzigen Anklage, er wollte nur
  • — 183 —
  • ihr vieles Qeld^). Noch ein anderer Zug lässt auf die Fülle
  • der Almosen schliessen. Der Aussatz wurde erlogen, es wurde
  • der Anschein durch Kunst hervorgebracht, das nun unver-
  • meidliche Zusammentreffen und Zusammenleben mit wirklich
  • Aussätzigen nicht gescheut, nur um des Gewinnes willen.
  • So wird aus Nürnberg berichtet, dass durch gewisse Kräuter
  • ein Ausschlag dem Aussatze aehnlich hervorgebracht werde:
  • Siebenkees Materialien zur Nürnberger Geschichte 2, 66?
  • (Hüllmanns Städte wesen des Mittelalters 4, 54) ; Abraham a.
  • S. Clara Judas 5, 106 Da ich nun in Mitte dieser Oedmiken
  • gestanden, redet mich ein bekannter Barbierer an, ich soll
  • mich doch von diesem gemssenlosen Lumpengesind nit be-
  • thceren lassen, als welches durch lauter Betrug und Falsch-
  • heit das Almosen von den Leuten erpresse ; er unsse nur gar
  • zu wohl, dass dieser lose Gesell der gesundeste Mensch, seine
  • Gestalt zwar dem Aussatz gleich sehe, aber in der Wahr^
  • heit seie nichts als die Falschheit: er nehme, wie ihm gar
  • zu wohl bekannt, Bohnenmehl, gedörrte Wurzel von Sauer-
  • ampf, die Suppen von gesottenen Ochsenfüssen, mach hieraus
  • eine Masse oder Teig, streich damit die Haut an, welches
  • nachmals der Tausende vor einen natürlichen Aussatz thue
  • halten,^) Anderswo kam dieser angestrichene oder sonst er-
  • trogene Aussatz nicht aus Geldgier, sondern um eines min-
  • niglichen Abenteuers willen in Anwendung. So Tristan um
  • seine Isot zu sehen und zu sprechen: ülr. v. Türheim 553,
  • 15 einen list den kunder: ein salbe er under ougen streich,
  • daz im sin liehtiu varwe entweich: er wart vil ungeschaffen,
  • er nam eins siechen klaffen u. s. w. Ulrich von Liechten-
  • stein, der es liebte, die Ritterromane in seinem Leben nach-
  • zuspielen und wirklich zu machen, erzaehlt in seinem Frauen-
  • dienste 336, 29 (LB. 1, 847, 30 ff.): Mir ist noch Mut diu
  • ^) Vgl. wie Ezzelin den Reichthum anderer Bettler erlistet : Cento
  • Nov. ant. 84.
  • 2) Auch solcher Betrüger wegen die wiederkehrenden serztlichen
  • Untersuchungen, Hüllm. 4, 55 fg.?
  • — 184 —
  • würze kunt, swelch man gencems reht in den munt, das er
  • da von geswülle gar, und das er wurde als misseva/r, daz er
  • wasr immer unbekant — Die selben würze het ich da. ich
  • het min har gevärbet grä u. s. w. Und so verkehrte er da
  • einige Tage lang mitten unter jenen mehr als 30 Aussätzigen
  • und ass z. B. mit von der in den Kreis gesetzten Speise;
  • 336, 5 (LB. 847, 6 ff.). Mir wart da gröz unvlät bekant.
  • die vinger manegem üz der hant warn also gefület abe, als
  • einem der tot in dem grabe gelegen ist wol hundert tage.
  • b% mtner wärheit ichz iu sage: ir ätem als ein hunt da
  • stanc, als si ir miselsuht betwanc. Ein Niederländisches Lied
  • berichtet von einem Maedchen, das sich 7 Jahre lang aus-
  • sätzig stellt, um so endlich in den Besitz ihres geliebten
  • Ritters zu gelangen: Hör. Belg. 2, 95 fgg. Eine Erzsehlung
  • von einer Jungfrau, die sich um ihre drei Liebhaber zu
  • prüfen, aussätzig stellt: Kellers Erzaehlungen 154 fgg.
  • Die Mildthsetigkeit begnügte sich aber nicht mit dem
  • blossen Almosengeben, womit wirklich auch solchen Armen
  • nur zum kleinsten Theile geholfen war. Der Drang nach
  • den selig machenden guten Werken der Barmherzigkeit und
  • zumal nach solchen, wo das eigene Wohlbefinden und Wohl-
  • behagen zum Opfer zu bringen war, übte oft auch an den
  • Aussätzigen eine Mildthsetigkeit im engeren und zugleich
  • volleren Sinne des Wortes, milde Thsetigkeit, unmittelbare
  • Handreichung, erleichternde und so viel moeglich heilende
  • Leibespflege. Dabei wurde freilich auch ein Verdienst ge-
  • sucht und Wollust empfunden in einer ekelhaften Naehe der
  • Berührung, die ebenso wohl ein Frevel genannt werden kann.
  • Viele Züge der Art werden von Personen hohen Standes be-
  • richtet, die sich auch hiedurch den Ruf und den Namen der
  • Heiligkeit erworben haben. Z. B. Richild, Graefin von Henne-
  • gau, Witwe Graf Balduins VI. von Flandern (f 1070) —
  • ende diendc daghelike den aermen ende namelike den laser*
  • schefi lieden, dien soe selue plach te dienne spade ende vroe,
  • soe dat soe van haerre armoede, van hären rappen (Räude,
  • — 185 —
  • Biefen), van hären bloede bedroopt was mmich waerf ghenotich,
  • met dat soese baedde ende dwouch, ende soe menich waerf na
  • dat selue ghinc baden in haer bat: ßeimchronik von Flandern
  • 1755 fgg. in Kauslers Denkmaelern 1, 59 fg. „Sibylle, die
  • Tochter Koenig Fulcos von Jerusalem (1131 — 42), reinigte
  • nicht bloss Aussätzige und mit Geschwüren Behaftete, son-
  • dern nahm auch (wenn es ihr zuwider ward), um sich an-
  • zufeuern, Wasser aus deren Badewannen in den Mund.*'
  • Raumer, Hohenstaufen 6, 535. Ohne Beleg Kausler 484:
  • „Ganz dasselbe (als von ßichild von Hennegau) wird von der
  • spseter erwsehnten Graefin Sibylla, der Gemahlin des Grafen
  • Dieterich (bei Iperius 643) erzsehlt*'. Die hl. Elisabeth,
  • Koenigstochter von Ungarn, Landgrsefin von Thüringen, geb.
  • 1207, gest. 1231, wusch am hohen Donnerstag den zu ihr
  • geladenen maladen Hände und Füsse, küsste sie an eissamer
  • stede, kniete vor ihnen nieder, setzte sich zu ihnen, troestete
  • und beschenkte sie: Graffs Diutiska 1,383; einmal nahm sie
  • auch eine Jungfrau zu sich, die miselsuchtic war, pflegte und
  • trug und wusch sie: ebd. 453. Eben dergleichen Dienst-
  • leistungen voll krankhafter Aufopferung that Ludwig IX.,
  • der Heilige, von Frankreich (1226—70); küsste ihnen die
  • geschwürbedeckten Hände und Füsse u. s. f. Sein Günstling,
  • Jean de Joinville, der Geschichtsschreiber, erzajhlt, wie er
  • das nicht habe nachthun können, habe der Eoenig gescholten
  • und al» er erwiederte, er wolle lieber 30 Todsünden be-
  • gangen haben als aussätzig sein, habe Ludwig gesagt, kein
  • Aussatz sei so schlimm als gesündigt zu haben: Sprengel 489,
  • wo auch Robert I. von Frankreich, Pabst Leo IX, Heinrich
  • IIL von England angeführt sind ; über den Bischof Arnulf von
  • Metz s. Paul. Diac. VI, 16; S. Otmar, MG. II, 42; über
  • S. Odilia, Grimm A. H. 177; vgl. Mömoires de Gene ve 105.
  • Diese geschichtlich belegte Handlungsweise wurde von
  • der Legende mannigfach in das Gebiet des Wunderbaren
  • hinübergeleitet. Der heil. Julianus legt einen erfrorenen
  • Aussätzigen, da er ihn am Feuer nicht erwärmen kann, in
  • — 186 —
  • sein eigenes Bett : dieser aber offenbart sich als ein von Gott
  • gesandter Engel, erhebt sich gen Himmel und verkündigt
  • dem Julianus Vergebung seiner Sünden: Leg. aurea 30, Pas-
  • sional S. 155. G. Rom. 18. Anderswo ist der Aussätzige
  • deutlich als Christus selbst bezeichnet. Caes. Heisterb., Dia-
  • logus miraculorum: 8, 31 de Theobaldo Comite (Campanice)
  • qtii in figura leprosi^ Christi pedes lavit; cap. 32 De epis-
  • copo, qui leprosi nares lingens, gemmam deddenteni suscepit;
  • cap. 33 Item de Episcopo Sahehurgensi qui leprosum com-
  • municans, vomitum eius sumpsit, cum sacramentum eiecisset
  • (Christus war in dieser Gestalt gekommen, um seinen Glauben
  • zu prüfen; ebenso in dem cap. 32 erzsehlten Falle ^). Abra-
  • ham a S. Clara 5, 105 fg. 19, 307 fg. Solche Erzsehlungen
  • kamen auf, weil Christus als sich selbst geschehen betrachtet,
  • was seinen Armen geschieht. Die Legende versinnlicht und
  • vergrcebert das.
  • Das wichtigste aber und das hauptsächlichste Werk, das
  • die Milde der Andern an den Aussätzigen that, war die
  • Stiftung eigener Anstalten ^), in denen sie unter einer bestimm-
  • ten Ordnung mit einander lebten und ihren Unterhalt fanden.
  • Solche Anstalten wurden gegründet von Einzelnen, von Kloe-
  • stern, Stadtgemeinden oder auch durch fortgesetzte Vergabungen.
  • Man findet dafür den Namen Si^cMits (Walth.6, 31 [= L.6,6]),
  • Siechenhaus (Schmeller 3, 190); miselhüs (Mono a. a. 0. 264);
  • *) Der Teufel in eines Aussätzigen Gestalt von einem frommen
  • Bischof gebadet und geschoren : Mon. S. Gall. 1, 22.
  • ^) Krankenhaus des h. Basilins zu Csesarea 370. Greg. Tar. glor.
  • confess. 86. S. Otmar MG. II, 42. Bnlle Pabst Urbans V. v. 1365:
  • Archiv d. Histor. Vereins f. Unterfranken 12 (1852) 93 ff. Besprechung
  • von Siechenhauspflegern zu Wtirzburg 1477: ebd. 98 ff. [Virchow, Die
  • krankhaften Geschwülste (Berlin 1863) 2, 506 Anm.: „Nach meinen
  • Nachforschungen über deutsche Aussatzhäuser finden sich solche schon
  • 636 in Verdau, Metz und Maestricht" (Arch. XX, 169); das zu S. Gallen
  • wurde vom heiligen Othmar (720—759) gegründet (ebenda XVIII, 142);
  • das zu S. ßartholomae unter dem Johannisberg 1109 (eb. 148. 286).
  • Auch in Bremen und Constanz gab es wahrscheinlich schon im 9. und
  • 10. Jahrhundert Sondersiech enhäuser (eb. XVIII, 144. XX, 188).]
  • — 187 —
  • maläjshüs (ebd.); guotlüthüs (ebd.); lateinisch leprosaria und
  • misellaria (du Gange) und infirmaria (Basler Beitrsege
  • 4, 387); franzoBsisch lep^'oserie, maldderie, fnaladiere (Möm.
  • de Geneve 106); provenzalisch mdlauteria (Sprengel 520
  • mälanterie).
  • Zunsechst gebeerte eine solche Anstalt natürlich für die
  • Einheimischen des Ortes, zu dem das Siechenhaus gebeerte
  • und von dessen Bürgerschaft oder Geistlichkeit die Stiftung
  • ausgegangen war: aber auch Fremde wurden dann aufge-
  • nommen, mussten sich jedoch eine Pfründe kaufen (Jsegers
  • Ulm 483. 485) oder sie wurden doch, wenn sie zuwanderten
  • z. B. als Pilger, für einige Tage aufgenommen und verpflegt
  • (Z. f. d. A. 4, 256).
  • Das Siechenhaus lag am Bande der Stadt oder gar noch
  • weiter ihres Weichbilds. Indem nun alle Einheimischen und
  • alle durchwandernden Fremden, die den Aussatz hatten, ge-
  • halten waren dort zu wohnen, so war dadurch deren Abson-
  • derung noch befestigt, und das Werk der Mildthsetigkeit in
  • zweckmsessiger Verbindung zugleich eine wohlbedachte Po-
  • lizeimassregel. Darum war es aber nicht minder für die
  • Kranken selbst eine grosse Wohlthat. Denn sie hatten durch
  • die zugewiesenen Einkünfte einen besser gesicherten Lebens-
  • unterhalt, und wenn sie dennoch zuweilen auf den Bettel
  • ausgiengen, so brachte das auch eine Abwechselung in ihr ein-
  • foermiges Leben ^). Der Zug des Mittelalters nach corpora-
  • tiver Gliederung und nach Autonomie war nun auch bei
  • ihnen geltend gemacht. Es kam vor, dass die Bewohner der
  • Siechenhäuser sich selbst ihre Meister waehlen durften (Möm.
  • de Geneve 112 fg.) oder dass der Meister doch aus ihrer
  • Mitte gewsehlt ward (Messmer 5) und namentlich eins ward
  • ihnen zu Theil, was den vereinzelt wohnenden Aussätzigen
  • abgieng: waehrend diese auch aus der kirchlichen Gemein-
  • schaft, wenigstens von dem Besuch des Gottesdienstes ausge-
  • ») Basel 14. Jh., S. 73 fg.
  • — 188 —
  • schlössen waren, waren bei den Siechenhäusern der Regel
  • nach eigene Kirchen, die lediglich der Andacht ihrer Be-
  • wohner gewidmet waren (M6m. de Geneve 103. Das Siechen-
  • haus von Bern von Messmer 5. Mone 263. Jseger 483).
  • Dergleichen Siechenhäuser waren überall, wo man nur
  • hinblickt (Hüllmann 55), an manchen Orten auch mehr als
  • eines, hie und dort in einem ganzen Land deren tausende.
  • Zu Basel waren im 13. Jahrhundert zwei, eines das zum
  • Kloster S. Alban gebeerte: Schoen Eck; die aus der Stadt
  • in das Klostergebiet dahin führende Gasse hiess Maläzgasse,
  • daraus Maletzgasse, Malzgasse (Beitrsege der Basler Hist. Ge-
  • sellschaft 384 fg.; Basel, 14. Jh. S. 103. 72 fg.); das zweite
  • noch unterhalb der Leonhardskirche. Genf hatte zwei oder
  • drei: M6m. 107 fg. London sechs: ebd. 104. Als Ludwig
  • VIII. von Frankreich starb (1226), verfügte er letzt willig:
  • Item donamus et legamus dttobus milUbus domorum lepro-
  • sorum decem millia librarum, videlicet cuilibet earum centum
  • solidos: ebd.
  • Die regelrechte Verbindung mit einer Kirche, die hin und
  • wieder geltende Besorgung durch einen geistlichen Orden und
  • der ganze Sinn, in welchem diese wie alle sehnliche Stiftun-
  • gen für die Kranken und die Armen geschahen, gaben diesen
  • Anstalten einen halb geistlichen, fast kloesterlichen Charakter.
  • Es findet sich darum auch selbst der Name „Gotteshaus**:
  • Basler Beitrsege 4, 387. Sie waren auch gewoehnlich ein-
  • zelnen Heiligen gewidipet und nach ihnen benannt. In der
  • Schweiz hatten öfter mit Rücksicht auf die Pilger, die nach
  • Gompostella pilgerten (Kisteners Jakobsbrüder), die Siechen-
  • häuser S. Jakob zum Schutzpatron, der selbst als Pilger dar-
  • gestellt wurde: Basler Beitrsege 388; bei Zürich S. Jakob
  • an der Sihl. In der Mark Brandenburg waren sie S. Georg
  • geweiht: Moehsen 281 fg.; die Legende hat nichts dahin
  • bezügliches. Zu W"ien war das Siechenhaus S. Hieb geweiht :
  • Haupts Z. f. d. A. 4, 255. Und auch der andere berühmte
  • Aussätzige der heiligen Schrift, der neutestamentliche Laza-
  • — 189 —
  • rus, war vielfach Schutzpatron, und dieser in noch viel
  • weiter ausgedehntem Maasse, nicht bloss so örtlich beschränkt
  • wie Hieb dort auf Wien. Koenig Balduin IV. von Jerusalem
  • (1173 — 1183) von seiner ersten Jugend an aussätzig, gründete
  • den Ritterorden des heiligen Lazarus, der die Pflege der
  • Aussätzigen sich zur Aufgabe machte , dessen Ordens-
  • meister immer ein Aussätziger war. Nach Frankreich wurde
  • er verpflanzt durch Ludwig den Heiligen, der 12 Lazariten
  • mit sich heimbrachte, damit sie hier ebenso wie im
  • Morgenlande sich der Leproserien annehmen möchten. In
  • der Schweiz sind schon seit Beginn des 13. Jahrhunderts an
  • verschiedenen Orten Lazaritenhäuser, domus fratrum S. Lazari,
  • domus S. Lazari gestiftet worden, zu Seedorf im Land Uri,
  • zu Gfenn und Schlatt im Zürichbiet (Mittheilungen der An-
  • tiquarischen Gesellschaft 1855): ein Anlass mehr, dass die
  • Aussätzigen selbst sich Lazarus nannten, und Aussatz laserye.
  • Der Orden besteht noch im Koenigreich Sardinien, ohne
  • die ursprüngliche Verpflichtung. Wir haben noch den Namen
  • Lazareth. Die Siechenhäuser selbst wurden, als der Aussatz
  • zu erlöschen begann, zu Aufenthaltsörtern anderer mit ekel-
  • haften, unheilbaren ansteckenden Krankheiten behafteten.
  • (Moehsen 283).
  • Die Aussätzigen waren aber nicht darum in diese von
  • den Spitselern verschiedenen und gesonderten Siechenhäuser
  • eingeschlossen worden, weil man sie wie die Kranken in den
  • Spitselem heilen wollte, sondern weil man sie als unheilbar
  • betrachtete. An dieser Krankheit war von jeher und im Al-
  • terthum schon die Kunst der Aerzte zu Schanden geworden.
  • Bei den griechischen wie bei den roemischen Aerzten findet
  • man eine Reihe sich gegenseitig aufhebender Widersprüche
  • über die physiologischen und pathologischen Gründe, in der
  • Diagnose selbst und so auch in der Behandlung. Manche
  • haben sich durch glückliche Kuren einen Namen gemacht,
  • wie z.B. Aretaeus (Trusen 175); Asclepiades s. o. S. 168. Aber
  • sei es, dass dennoch auch sie das Rechte nicht getroffen hatten,
  • — 190 —
  • sei es, dass ihre Nachfolger es doch noch besser zu trefifen
  • meinten, nach ihnen wurden wieder andere Versuche gemacht
  • das Uebel zu fassen. Nicht besser war es im Mittelalter, bei
  • den arabischen Aerzten wie bei denen des Abendlandes. Hier
  • werden als die ersten, welche den Aussatz nur richtig be-
  • schrieben haben, Gilbert von England und Theodorich von
  • Cervia (in Italien), beide erst im 13. Jahrhundert lebend, ge-
  • rühmt: Sprengel 2, 527. 552; nach ihnen wieder im 14./15.
  • Jh. Valescus von Taranta, ein Portugiese, zu Montpellier; er
  • hat zuerst wahrgenommen, dass die Krankheit sich nur von
  • der Mutter, nicht vom Vater auf die Kinder forterbe. ^)
  • Kurz nie und nirgend war der Krankheit beizukommen.
  • Wenn Pabst Zacharias an Bonifacius schreibt (ep. 76),
  • *) Ein Heilmittel angegeben im Knnstbnch: Strassburger Hs. A.
  • VI, 19 (15. Jh.) Bl. 167 Wiltu machen zwei wasser die luter sint ah
  • ein brun und wenne man si vnder einander tut so werdent si als ge-
  • lepti milch Die sint die tugende der wasser die erste für die vssezikeit
  • ob mans dar an strichet, die andri für die rüden ob tnan si dar an
  • strichet, die dritte für die masen. die merdi wen die sune hat ver-
  • brant, die fünfte zu den wunden ob ma/ns dar in leit, Es timchet
  • ouch die frouwen schSn die sich damit bestrichent vnder den äugen
  • oder an den Hb es ist ouch zu aller vnrenikeit gut» Nim zu dem ersten
  • Silber gletti und stos si in einem mürsel und nim ein schon plmnnen
  • die nüt smaltzig si vnd tu starken gfden essich dar in vnd die süber
  • gletti dar in vnd las es wol erwallen und feim es schSn vnd tu es in
  • ein gleselin das vssant vnd innan glasurt si und tek si wol zu vnd las
  • fii denne stan ij oder iij tag so es ie Unger stat so es ie besser ist vnd
  • wirt vnd schon vnd sich es denne dur ein tuchlin in glas so wirt es
  • gar schSn vnd wenne es dene gesitzet in dem glas iij tag oder iiij wiltu
  • es den gar schon han ie diker du es ab gussest in ein ander glas ie
  • schöner es wirt, Dis ist das ander wasser nim in ein schSn phannen
  • die nüt sm^tzig sig luter brun wasser vnd tu ein hant vol saltz dar
  • in vnd las es bas sieden den das erst das litigricum wasser vnd schum
  • es lool vnd (b) tu es ovch in ein uberlazurt krusen vnd las es stcm vnd
  • gesitzen als da^ vorder vnd sig es ovch durch ein tüch in ein glas vnd
  • wenne du es vnder enander miscJiest so wirt es als milch vnd nim
  • alweges des littigricum (i. e. lithargyricum) wassers zwurent als vil als
  • des saltz wassers.
  • — 191 —
  • falls jemand vom Aussatz befallen werde, non est p-oji-
  • , sed si possibile est, curandus, so ist damit eigent-
  • lich schon die Unmoeglichkeit angedeutet die Krankheit zu
  • heilen und ebenso werden diejenigen, die sie ererbt haben, als
  • unheilbar angesehen, denn diese werden als von vornherein
  • projidendi bezeichnet. Der A. Heinrich fand weder zu Mont-
  • pellier noch zu Salemo ärztliche Hilfe, selbst an diesen zwei
  • Hauptstatten der Arzneikunst nicht. Deshalb, wie die levi-
  • tische Gesetzgebung 3 Mose 13. 14. den Kranken sich über-
  • lässt, ob er von selbst gesund werde und so lange das nicht,
  • ihn absondert; wandte ebenso das Mittelalter, was man einzig
  • mit Gewissheit von der Zweckmässigkeit des Verfahrens that,
  • die Absonderung an, damit wenigstens Andere nicht angesteckt
  • werden.
  • Doch galt der Aussatz nicht für gänzlich unheilbar, nur
  • unheilbar durch Menschenkunst und Mittel der Art, wie sie
  • sonst bei Krankheiten angewendet wurden. Er galt für heil-
  • bar durch ein unmittelbares Eingreifen des Hoechsten. Er war
  • unmittelbar von Gott verhängt als Strafe für schwere Sünde:
  • «r denn kann auch die Strafe wieder von den Menschen neh-
  • men als Richter, als hcechster Arzt (2. M. 15, 26). So
  • wurde Mirjam geheilt, da Mose für sie betete: 4. M. 12, 13.
  • „Mose aber schrie zu dem Herrn und sprach: Ach Gott, heile
  • sie!*' Ebenso wurde Naeman geheilt, da er vertrauend auf
  • die von Elisa verheissene Hilfe Gottes, sich siebenmal in dem
  • Wasser des heiligen Flusses, des Jordan, tauft: 2. Koen. 5, 14.
  • Und so berichten noch zahlreiche Legenden des Mittelalters
  • von Heilungen des Aussatzes als Wundern, die Gott durch
  • seine Glaubenshelden thut: s. Selig Cassel 437 [Symb. 172 fg.]
  • Godehard Bischof von Hildesheim 1022 — 1039. Werinus,
  • Sohn einer armen Wittwe zu Meginbrun „partim paralisi,
  • partim lepra vexabatur distortisque membrorum nervis a tota
  • corporea formationis utilitate dissolvehatur : manus enim cum
  • brachiis et genua cum pedihus et tibiis putrido tumore et pro-
  • fltienti sanio manabant, adeo ut nee gresmim quoquo modo
  • — 192 —
  • movere vel saltim reptando passet tisquam prodire" Vom'
  • Bischof mitgenommen genest er durch dessen Fürbitte nacb
  • und nach und kann noch Jahrzehnde lang in capeüa episco-
  • pali incolumis dienen, nisi qmd quasi in testimonium virttdis
  • dei in semet ipso certe in cruribtts et in maniJms ipsas mem-
  • brorum torturas et ut ita dicam gibbos qiiosdam cunctis se
  • vidmtibus ostendit: Wolfherii vita G. episcopi: Pertz MG.
  • 13, 209. 210. Oder wenn der Aussatz als Strafe einer Sünde
  • verhängt war, so weicht er bei reumüthigem Bekenntniss:
  • Crescencia: Kaiserchronik 11909. 12377. 12660. 12740. Man
  • wendet sich zu Gott und hofft Hilfe zu erlangen durch Beten,.
  • Fasten, Almosengeben: Büheler 7 w. Meister S. 196. Vgl.
  • Kellers Aid. Ged. 227; Legende v. d. hl. Enimia, Bartsch
  • Denkm. d. Prov. Litt. S. 215—270. Einzelnausgabe v. Sachs,
  • Berlin 1857.
  • Neben dem Glauben steht aber alle Zeit der Aberglaube
  • und verkehrt das Gebet in eine Beschwoerung, die Gott Ge-
  • walt antbun soll, und braucht Zaubermittel um durch sie eine
  • ausserordentliche, aussernatürliche Wirkung, wie sie den Men-
  • schen versagt und Gott vorbehalten ist, zu erzwingen. Auch
  • Zaubermittel gegen den Aussatz wurden geglaubt und ver-
  • sucht. Die Schlange, die überall im Zauber vorkommt, spielt
  • auch hier die Hauptrolle. Eine Heilmittellehre des 14. Jahr-
  • hunderts von Franz von Piemont, der vermuthlich Professor
  • in Neapel war, empfiehlt gegen die lepra tyria^ den weissen
  • Aussatz, den Genuss gewisser Schlangen wie in beschwerlichen
  • Geburten Stellen aus Davids Psalmen: Sprengel 2, 382. Die
  • Gesta ßomanorum (13. Jh.) 151 berichten von einem Kaiser-
  • sohn, der aus Versehen Wein trinkt, in den eine Schlange ge-
  • schlüpft war. Sie bleibt 3 Tage sein Inneres schmerzlich
  • nagend in ihm : quarto die vomitum fecit et cum vomitu et
  • veneno interiori serpentem projedt und dadurch wird er ge-
  • heilt [Cassel, Symb. 177]. Ein anderes, ganz nach Art der
  • immer noch im Schwange gehenden sympathischen Mittel
  • theilt aus einer Heilmittellehre, ich weiss nicht welches Jahr-
  • — 193 —
  • hunderts, Mone mit im Anzeiger 7, 424 Nota^ si transit le-
  • prosus aliquant viam vel in camera vel per aliquam partem,
  • et sequitur eum nudipes homo et calcat super vestigia ipsius
  • leprosi, qui ibi ivit nudis pedibu^, ipse sanus erit etiam le-
  • prosus in suis pedihus. Ob bloss an den Füssen? Die Füsse
  • sind der Hauptsitz der Krankheit, mit dessen Keinigung die
  • ganze Krankheit beseitigt erscheint : sie heisst ja elephantiasis
  • wegen der Verunstaltung des Fusses, s. o. S. 165 [die Stelle ist
  • wohl aufzufassen: so wird auch der Gesunde aussätzig an den
  • Füssen]. Auch die Zauberkraft des Blickes glaubte man hier
  • wirksam: Renner 204 a ir (der Augen) vroelich scMn den
  • slangen toetet, wolve schrecket, strümeier brüetety üjssaz erwecket
  • (= Tod) und ander krefte hat gar vil, Volksmärchen der
  • Serben (16) wissen, wie der Aussatz durch Baden im Wasser
  • eines Zauberbrunnens geheilt wurde. ^)
  • Alle diese Mittel kommen aber nur vereinzelt vor. Eine
  • Art zauberhafter Heilung aber war gleichmsessig durch alle
  • Zeitalter und alle Völker hin verbreitet, ein Mittel, das um
  • so wirksamer scheinen musste, je grauenhafter und grausamer
  • es war.
  • Der Aussatz ist eine Krankheit, die dem Tode gleich
  • ist: 4. Mose 12, 12 Aarou von Mirjam „dass diese nicht sei
  • wie ein Todtes, das von seiner Mutter Leibe kommt; es hat
  • schon die Hälfte ihres Fleisches gefressen*'; es ist der Aus-
  • satz die hoechste Unreinheit des Leibes, verschuldet durch
  • Seelenunreinheit. Als die hoechste Reinheit aber erscheint die
  • Natur des in jeder Art noch unbefleckten Kindes: 2. Kcen.
  • 5, 14 von Naeman: „und sein Fleisch ward wieder erstattet,
  • wie ein Fleisch eines jungen Knaben und ward rein" (Kai-
  • serchr. 7966. Gesta Rom. 151). Der Quell alles Lebens im
  • Leibe ist das Blut und so ist dem Aberglauben das einzige
  • Heilmittel des Aussatzes das Blut eines unschuldigen Kindes.
  • (Vgl. Cassel a. a. 0., 408 ff.), [Symb. 158 ff.].
  • *) Aussatz durch Beischlaf entäussert: Gesta Romanorum 151.
  • 13
  • — 194 —
  • Blut und zwar Menschenblut (ohne Angabe, dass Kinder-
  • blut) gegen den Aussatz ist ein Mittel so alt als die Krank-
  • heit selbst und aus der gleichen Heimath. Plinius H. N. 26, 5
  • sagt von der Elephantiasis: Äegypti pecuUare hoc malum et
  • cum in reges *incidisset, populis fmiehre : quippe in balineis
  • solia temperabantur humano sanguine ad medidnam eam.
  • Vgl. Pentamerone 3, 9; Grimm A. Heinr. 173. Auch für
  • andere hartnäckige oder sonst unheilbare üebel ist Blut (Kin-
  • derblut) gebraucht und an dessen Heilkraft geglaubt worden.
  • Mathaeus, Kanzler von Sizilien, gebrauchte es zu Ende des
  • 12. Jahrhunderts gegen die Fussgicht: Petri d'Ebulo Carmen
  • de motibus Siculis 1, 994 Smpe Idboranti cum nil succurrere
  • posset, Humano tepuit sanguine gutta pedum. ^) Gegen das
  • fallende Weh sollte ebenso Blut helfen: die Koemer tranken
  • das noch warme Blut getoedteter Gladiatoren: Celsus de Medi-
  • cina 3, 23. Tertullian Apologet, adv. gentes cp. 9. Noch
  • bis auf neuere Zeiten, bis auf uns, auch hier zu Lande würde
  • Blut als Heilmittel gebraucht: J. Grimms Mythologie 1835,
  • Anhang S. GL VII. [Cassel, Symb. 178 flf. Noch 1749 gieng*
  • in Paris „die Kode, der Koenig nehme Bäder in Kinder-
  • blut, um seine durch Ausschweifungen zerrüttete Gesundheit
  • wieder herzustellen**: Oncken, Zeitalter Friedrichs d. Grossen 1,
  • 446]. Ohne Nennung einer bestimmten Krankheit wird Hei-
  • lung durch Kinderblut berichtet in der Sage von der Blut-
  • kutsche in Antwerpen. Das ist ein schcener Wagen, darin
  • sitzt eine Frau, welche die noch spset auf der Strasse spielen-
  • den Kinder zu sich lockt und mit Gewalt weit weg in ein
  • grosses Schloss nimmt. „Da schneidet man ihnen an beiden
  • Füssen die grosse Zehe ab und lässt sie todt bluten. Das
  • Blut aber dient einem Koenige, der an einer schlimmen Krank-
  • heit leidet, zum Bade.** Die Kinder, deren Blut ihn heilen
  • ^) Auch eins der Bilder stellt ihn das Mittel brauchend dar ; üeber-
  • schrift: Quotiescunque Bigamus — sein Name im Gedicht — dolorem
  • podagricum patiehatur, interfeciis piieris pedes suos in sanguinem eorum
  • mittebat: Sinner Catal. 2, 173. Vgl. auch das Wort „Blutbad.**
  • — 195 —
  • kann, müssen unter 7 Jahren alt sein (bis 7 Jahre die eigent-
  • liche Kindheit). Niederländische Sagen von Joh. Wilh. Wolf,
  • S. 523. Stricker, Pfaff Amis 857: Zum Herzog von Loth-
  • ringen, der viel kranke mäge unde man hat, kommt Amis als
  • Arzt; der versammelt die Kranken: Nuo get äne mich hin dan,
  • unt besprechet iuch da hl, welcher der siechist si under in;
  • den tuot mir kunt: so sU ir iesä gesunt den selben ivil ich
  • toeten unt hilßu von iuwem noeten mit sinem bluote hie zehant
  • u. s. f. Von den Ungarn berichtet die Chronik Abt ßeginos
  • von Prüm (f 915) B. 2 z. Jahre 889 (Pertz l) Sanguinem bi-
  • bunt, corda hominum, quos capiunt, particulatim dividentes,
  • veluti pro rcmedio devorant. Der Sage von Siegfrieds Ermor-
  • dung auf Anstiften Brünhilds giebt das altdaenische Volkslied
  • solche Wendung. W. Grimms Altdaen. Heldenlieder S. 33.
  • Brynhild ist krank: ,Ich weiss auf der Welt für die Krank-
  • heit mein nimmermehr einen ßath. Ausser ich habe Sivard
  • des. hurtgen Gesellen sein fothes Herzens Blut." Namentlich
  • ist Blut oft gegen die Blindheit angewendet worden. Legende
  • und Sage weiss davon. Longinus Leg. aur. 47: cumexinfir-
  • mitate vel senectute oculi eius caligassent, de sanguine Christi
  • per lanceam decurrente fortuito oculos suos tetigit et protinus
  • clare indit; Walther Lachmann 37, 14. [Wack. u. R. 197,
  • 27] Simrock 1, 220. Christophorus Leg. aur. 100. Josephus,
  • der Hüter des hl. Grals, war verwundet von einer Lanze, die
  • ein Engel ihm in den Schenkel geschleudert hatte; er zeigt
  • «ines Tages dem K. Enclach und dessen Gemahlin und deren
  • Bruder Seraflas den Kasten, worin der Gral war. Seraflas
  • lüftet den Schleier dös hei). Gefässes und da wurde er blind.
  • „Plötzlich erschien ein Engel, welcher die Lanze aus dem
  • Schenkel des Joseph zog, das ausstroemende Blut in einer
  • Kapsel auffieng, damit die Wunde salbte und auch die Augen
  • des Seraflas bestrich. Alsbald wurden beide geheilt." Litis-
  • ^) Die naechstfolgende 523 fg. von einem Kinde, das bei Brüssel
  • «in Mann ins Korn lockt; der will ihm eben die grossen Zehen abschnei-
  • den, als der Vater dazu kommt.
  • — 196 —
  • toire du sainct greaal^ Büschings Erzsehlungen des Mittelalters
  • 1, 398 fg. Schach Nameh des Firdusi: Durch den Zauber
  • des Diw Sefid ist Schach Cawus sammt seinem ganzen Heer
  • erblindet und kann nur genesen, wenn er mit drei Tropfen
  • Blutes von demselben Diw die Augen netzt. Rustem schafft
  • ihm dessen Herz und Cawus genest: Görres, Heldenbuch von
  • Iran 1, 180—183 (Schack Heldensagen von Firdusi S. 243.
  • 248.) ^)
  • So kommt das Blut in mannigfaltiger Heilkraft in Sage
  • und Legende vor. Daneben auch Dinge, die als das Reinste
  • erscheinen, rein durch die Unschuld und die Heiligkeit dessen,
  • von dem sie kommen. Herod, 2, 111: Phero, Sohn und Nach-
  • folger des Sesostris ward zur Strafe für eine Frevelthat blind
  • und blieb es 10 Jahre; im 11. erhält er eine Weissagung, er
  • werde wieder sehend werden, wenn er sich die Augen mit
  • dem Harn einer Frau wüsche, die ihrem Gatten getreu und
  • von anderen Männern unberührt wsere. Weder von der eige-
  • nen noch von allen anderen, wo er es versucht, nützt das
  • Mittel, bis endlich auf eine. Er verbrennt alle die andern
  • und nimmt diese eine zur Gattin. Aehnlich ist die Heilung
  • eines kranken Koenigs durch die Milch einer mühsam gefun-
  • denen treuen Frau: Grimm, A.Heinrich 218. [Wolfr. Wilh.
  • 154, 20 flf. man inöht nf eine wunden ir Jciusche han gebun-
  • deti]. Ein Wanderer, dem beide Augen ausgestochen waren,
  • wird wieder sehend, weil ihm Nachts der Thau vom Himmel
  • darauf gefallen: Maerchen der Brüder Grimm 107. Vgl. Nor-
  • wegische Volksmserchen 2, 168 fgg. Heilung eines Aussätzi-
  • gen durch Bestreichung mit der Hand eines todtgeborenen^
  • also gewiss ganz sündenfreien Kindes: Carpentier v. miselli
  • (Herschel). In dem apocryph. Evang. infantiae salvatoris
  • ^) Jernslan Lazarewitsch heilt mit der Galle des Freizaren Feuer-
  • Schild Flammenlanze die geblendeten Augen des Zaren Kartaus, seines
  • Vaters des Fürsten Lasar Lasarewitsch und zwölf Ritter : Dietrichs
  • Russische Volksmserchen S. 233. 242. vgl. S. 241 "Wiederbelebung eines
  • Todten durch die Galle.
  • — 197 —
  • cp. 17 und cp. 31 (Cod. apocryph. ed. Thilo pg. 83. 103) wird
  • der Aussatz geheilt durch Waschung mit dem Wasser, in
  • welchem das Christuskind gebadet wurde. [Vgl. Kindheit
  • Jesu QP. XLIII, V. 2170 ff. und Kochendörfers Einl. S. 39 fg.].
  • Andere auch an Christus angeknüpfte Legenden: Kaiser Ti-
  • berius, K. Titus, K. Vespasian, die aussätzig oder sonst krank
  • waren, wurden geheilt durch den Anblick des Bildes, welches
  • Christus von sich in das Schweisstuch der heil. Veronica ab-
  • gedrückt hatte: W. Grimm, die Sage vom Ursprung der
  • Christusbilder S. 6 fg. 9. 11 fgg. Ebenso wurde Koenig Ab-
  • garus von Edessa, der den Aussatz oder sonst eine unheilbare
  • Krankheit hatte, durch das Bild des Heilandes gesund: ebd.
  • 26 fgg.
  • Die heilende Wirkung, die in dem Lebensquell, dem
  • Blut, und die in dem völlig Reinen und Schuldlosen liegt;
  • beide sind vereinigt indem als Heilmittel gegen den Aussatz
  • das Blut von Kindern oder keuschen Jungfrauen gebraucht
  • wird. Wir haben vorher eine Stelle erwsehnt aus Plin. H.
  • N. , wo Menschenblut als Heilmittel angegeben wird: eine
  • spsetere jüdische Ueberlieferung erwsehnt mit genauerer Be-
  • stimmung Kinderblut. Wo es nsemlich in der hl. Schrift
  • heisst (2. Mose 2, 23): ,, Lange Zeit aber darnach starb der
  • Koenig in Egypten. Und die Kinder Israel seufzten** u. s. f.,
  • wird diess in einer Auslegung des 7. Jahrhunderts, dem Midrasch,
  • so gedeutet, ,der Koenig sei nicht gestorben, sondern hätte den
  • Aussatz bekommen: ein Aussätziger sei s. v. a. ein Todter;
  • da hätten die Priester ihm Heilung versprochen, wenn er sich
  • Morgens und Abends im Blute von 150 Kindern badete. Zu
  • diesem Zwecke entriss er den geknechteten Israeliten ihre
  • Kinder und darum hätten sie geächzt, bis Gott ihn aus Er-
  • barmen mit ihnen geheilt habe": Selig Cassel S. 432 [Synib.
  • 167]. In einem altfr. ßitterroman (Eist de Giglan de Galles
  • et Geoffroy de Maience, cp. 19) kommt ein aussätziger Riese
  • vor, der, um sich in Kinderblut zu baden, schon das Blut
  • von 8 in eine Schüssel gesammelt hat: Grimm A. H. 181.
  • — 198 —
  • Histoire du S. Greaal: eine edle Frau, die aussätzig ist, hat
  • zur Heilung noethig einen Napf mit dem Blut einer Jung-
  • frau, qtd fast vierge en voulente et en cßuvre; die Schwester
  • Percevals lässt sich aus Erbarmen eine Ader öffnen und füllt
  • so den Napf, stirbt aber von der Entkräftung: Grimm
  • A. H. 180.
  • Schon diese romanhaften, sagenhaften Beispiele beweisen*
  • dass die Ansicht herrschte, dass man wirklich den Glauben
  • hegte, solche unheilbare Krankheiten könnten durch Blut ge-
  • heilt werden, und das war nicht bloss eine Ansicht, die
  • etwa nur im Roman sich äusserte, im Leben aber unwirksam
  • blieb. Wir finden diese Ansicht auch inmitten der Aerzte
  • und sonst der Naturgelehrten, und sie ist somit gewiss auch
  • mehr als einmal zur That gemacht worden. Noch Paracel-
  • sus in seinen Paragraphen 1, 6 cp. 4 führt als Recept gegen
  • die lepra auf dosis sanguinis hutnani, semel in mense, und
  • noch nach ihm Bacon von Verulam als alte Vorschrift, die
  • er nicht eigentlich verwirft, Historia vitse et mortis cp. 9:
  • Ab antiqiio receptum est bdlneum ex sanguine infantium
  • sanare lepram et cames jam corruptas restituere^ adeo ut hoc
  • ipsum fuerit regihus quibusdam invidice apud plebem. (Selig
  • Cassel 442 [Symb. 180].) Im Mittelalter waren sehr häufig
  • die Aerzte Juden ; von solchen Aerzten ist zu verstehen, wenn
  • erzsehlt wird, dass dem aussätzigen Pabst Innocens VIIL
  • Juden ein Blutdestillat als Heilmittel empfohlen haben (Cas-
  • sel 443 [vgl. Symb. 157]); so wird auch im Volksmserchen
  • von Hirlanda Cp. 2 berichtet: Koenig Richard von England
  • war aussätzig, jüdische Aerzte baden ihn im Blut eines neu-
  • gebornen Kindes. In einer Darstellung der Legende von
  • Constantinus und Silvester (Grimm A. H. 219) sind es
  • jüdische Aerzte, die den Rath geben. Rechnet man hiezu
  • noch, dass unter den Juden, wie es scheint, der Aussatz noch
  • lange als häufiges Erbübel fortgedauert hat, so fällt ein neues
  • Licht auf die fort und fort und überall wiederkehrenden Er-
  • zsehlungen, wie von den Juden Christenkinder aufgefangen
  • — 199 —
  • und ihnen das Blut sei abgezapft worden^). Wie darin ein
  • Anlass zu immer sich erneuernden Judenverfolgungen war,
  • so hat denn wohl auch den christlichen Aussätzigen gegen-
  • über die Furcht, sie möchten zum Behuf ihrer Heilung Kinder
  • entführen und morden, dazu mitgewirkt, dass man sie in so
  • unerbittlich strenger Weise abgesondert leben Hess und sich
  • in jeglicher Art ferne hielt.
  • II. Sagenhafte Ausbildung und Anwendung des
  • geschichtlichen Stoffes,
  • der mit dem Aussatz und dessen üblicher und vermeintlicher
  • Heilung durch unschuldiges Blut gegeben war.
  • Allerdings sind auch schon Sagen und Legenden genug
  • angeführt, um aus ihnen die in Betreff des Aussatzes walten-
  • den Meinungen zu belegen: jetzt haben wir solche Sagen zu
  • betrachten, in deren Organismus jene Heilungsart des Aus-
  • satzes ein wesentliches Glied, ja den Kern ausmacht, nicht
  • bloss nebenzu vorkommt, sondern nothwendig dazu gehoert,
  • um der religiös sittlichen Idee des Ganzen dichterische Ge-
  • stalt zu geben. Ausser dem armen Heinrich selbst kommen
  • da nur noch zwei in Betracht, die von Amicus und Amelius
  • und die von Constantinus und Silvester.
  • Die Legende von Kaiser Constantin und dem Pabst Sil-
  • vester (1, 314 — 335) veranschaulicht die Erhebung des Chri-
  • stenthums zum herrschenden Glauben des Roemischen Reiches.
  • Der hiebei zunaechst liegende Gegensatz zwischen Heidenthum
  • und Christenthum tritt uns in dem entgegen, was Constantin
  • selber erlebt und thut ; daneben der Gegensatz gegen den
  • anderen älteren Glauben, das Judenthum, in der Disputation
  • 1) Grimm A. H. 173. Cassel 443 [Symb. 133 fP.]. Christenblut,
  • Heilmittel der Juden : Räumers Est. 5, 107 fg, Bern 1286. Gemeiner
  • Reg. Chr. 3, 573 (1475). Basel 14. Jh. S. 170. Grimm Sag. 1, 455.
  • 456.
  • — 200 —
  • zwischen Silvester und den jüdischen Meistern, auf deren
  • Seite die eigene Mutter des Kaisers, Helena steht. (Disp.
  • Silv. mit den Juden 315.) Legendenhaft verbunden mit dem
  • Siege des Christenthums ist die Erhebung des Pabstthums zu
  • weltlicher Macht und zu einem Ansehen noch hoeher als die
  • Würde des Kaisers: die bekannte Donatio Constantini, deren
  • Vorspiegelung von psebstlicher Seite- so viel Unheil über das
  • Kcemische Reich des Mittelalters gebracht hat. Die ent-
  • scheidende Wende aber des Ganzen und die Hauptsache ist
  • Constantins Krankheit und Heilung : dieser eine Zug ist auch
  • der älteste, der sich bis in's 9., ja bis in's 6. Jahrhundert
  • zurückverfolgen lässt^), wsehrend das üebrige sich erst nach
  • und nach bis zur vollständigen Ausbildung und kaum früher
  • als im 12. Jahrhundert so zusammengefunden hat. Deutsche
  • Darstellungen (vgl. W. Grimm, Sylvester XII) aus lateinischen
  • Quellen finden sich in der Kaiserchronik (1147), in der
  • Weltchronik von Jansen dem Enenkel, gegen 1300 (v.d. Hagen
  • Gesammtabenteuer 2, 583 fgg.), gleichzeitig in dem Passional
  • und in einem eigenen Gedichte Konrads von Würzburg Sil-
  • vester u. a. (ßeali di Francia; Schiltberger : Grimm A. H.
  • 179 fg.). Besonders zu bemerken ist die Kölnische Keim-
  • chronik von Gottfried Hagen 1270, die von dem beabsichtig-
  • ten Blutbade nichts erzsehlt, sondern wo der Aussatz gerades
  • Wegs durch die Taufe geheilt wird (S. 19), und die Darstel-
  • lung in dem prosaischen Heiligenleben Hermanns von Fritzlar
  • 1343 — 49, die den Misston, welchen die Gibellinische Partei
  • in der Schenkung Constantins empfand, bis in die Legende
  • hinein klingen lässt. Den wehrufenden Engel kennt schon
  • ein Spruch Walthers von der Vogelweide S. 16 fg. [25, 11]
  • (vgl. Haupts Anmerkung S. 148 und Massmann Kaiserchronik
  • 3, 866). Künc Constanün der gap so vil — ^ehant der
  • enget lüte schre „owe, owe, 0em dritten we! e stuont diu
  • ^) Massmann Kaiserchronik 3, 855. Eine Beziehung darf aber
  • schon bei (jregor von Tours Hist. fr. 2, 31 angenommen werden.
  • — 201 —
  • kristenheit mit mhten schöne : der ist nü ein giß gevallen,
  • ir honec ist worden ^seiner gdllen: das wirt der tverlt her
  • fläch vil leit,"
  • Amicus und Amelius ist eine weit verzweigte, vielfach sich
  • umgestaltende Sage von zwei Freunden^), deren Treue sich
  • in wechselseitigen Aufopferungen erprobt; die Hauptprobe
  • aber, mit deren Lcesung sich alles loest und nach all den
  • Missgeschicken das Leben beider den glücklichen Ausgang
  • findet, ist die Heilung des Aussätzigen durch das Blut der
  • eigenen Kinder des Freundes. Die ältesten Darstellungen
  • der Sage von Amicus und Amelius sind aus dem 12./13.
  • Jahrhundert und auch hier lateinisch: Haupt Engelhard VIII
  • fg. An sie schliesst sich an ein altfranzoesisches Epos Amis
  • et Amiles (herausgegeben von Hofmann) und der Seele Trost,
  • eine Legenden- und Novellensammlung des 14. oder 15. Jahr-
  • hunderts, eine Tugendlehre nach den 10 Geboten. Andere
  • Darstellungen tauschen neben sonstigen groesseren und ge-
  • ringeren, nie aber wesentlichen Abweichungen auch die Na-
  • men (Athis und Prophilias: W. Grimm S. 47): Konrad von
  • Würzburg, Engelhard und Dietrich; 7 weise Meister (um 1400)
  • Alexander und Ludwig; zur selben Zeit Kunz Kistener Jakob,
  • ein edler Bair und ein Schwabe aus Heierloch ohne Namen,
  • befreundet auf einer Pilgerfahrt nach S. Jacob von Compostella
  • (Bezüge des Pilgerwesens und des hl. Jacobus auf den Aus-
  • satz sind schon früher erwsehnt); Pamphilus Gengenbach um-
  • gearbeitet und gedruckt 1520 von zweien Jakobsbrüdern. Auch
  • in der Chronik des Lübecker Dominikaners Hermann Korner
  • (1431) findet sich die Erzsehlung von Amelius und Amicus:
  • Pfeiffer Germ. IX, 261 fgg. [Vgl. E. Köjbing, zur Ueberlieferung
  • der Sage von Amicus und Amelius, Paul u. Braune, Beitr. IV,
  • 271 ff.] Ueber die weitere Verbreitung der Legende von den
  • beiden treuen Jakobsbrüdern s. R. Kcehler, Germ. X. 447
  • ff. Vergleiche auch das Msehrchen vom getreuen Johannes,
  • ') W. Grimm Athis und Proph. S. 46 fgg.
  • — 202 —
  • Brüder Grimm 6 (Herr und Diener, Versteinerung, Kinder-
  • blut und Wiederbelebung der Kinder); Msehrchen von den
  • zwei Brüdern 60 (Versteinerung, Schlaf bei der Gemahlin
  • des Bruders, Toedtung durch denselben und V^iederbelebung).
  • Betrachten wir nach diesen kurzen litterarischen Angaben
  • Gehalt und Sinn der beiden Legenden nseher.
  • In beiden ist nach alter biblisch begründeter Anschauung
  • der Aussatz ein Strafgericht Gottes. Constantin wird aus-
  • sätzig; weil er das Christenthum und die Christenheit ver-
  • folgt; Amicus weil er in betrüglicher Weise das Gottesurtheil
  • des Kampfes für seinen Freund bestanden hat: die Legende
  • spricht das zwar nicht aus, aber es ist so zu verstehen, weil
  • sonst die Ereignisse ohne den rechten fortlaufenden Zusammen-
  • hang aus einander fallen würden. (7 weise Meister: als Ver-
  • mittelung der Strafe Gift, das ihm die erzürnte Gemahlin
  • giebt.) Und wiederum nach alter, auch biblischer, aber eben-
  • so wohl auch heidnischer Anschauung soll in beiden Erzseh-
  • lungen das Strafgericht aufgehoben und der Zorn der be-
  • leidigten Gottheit versoehnt werden durch ein Opfer: denn
  • nicht bloss die abergläubisch arzneilichen, auch und viel-
  • mehr diese hcehere religicese Bedeutung hat hier und hat be-
  • sonders deutlich in Amicus und Amelius die Toedtung der
  • Kinder.
  • Passen wir zunsechst Amicus und Amelius in's Auge.
  • Es ist ein oft wiederkehrender Zug, dass die Gottheit einem
  • Menschen die Opferung seiner selbst oder statt seiner selbst
  • des Liebsten, das er hat, auferlegt, dass sie aber, sobald der
  • Mensch mit einer zugleich gehorsamen und freien Ergebung
  • seines Willens zum Werke schreitet, ihm das Werk, erlässt,
  • die Gesinnung für die That annimmt (vgl. Erec 3Ö3), das
  • ungeschehene Opfer als geschehen gelten und es .so auch
  • wirken lässt, so dass das frühere Geheiss nur als c|iine Prü-
  • fung erscheint. Das älteste und ein biblisches Beispliel haben
  • wir in der unvollzogenen Opferung Isaacs ; dann j aus der
  • griechischen Sagenwelt in dem Opfer zu Aulis, wo
  • iLgamem-
  • (
  • — 203 —
  • non der Artemis die eigene Tochter darbringen will (Euripi-
  • des stellt die Iphigenie gern und freiwillig sterbend hin),
  • die aber selbst das Opfer entrückt und an die Stelle der
  • Jungfrau eine Hinde setzt; und eben daher die Sage von
  • Alcestis: Admetos, Koenig zu Pherae in Thessalien, soll nach
  • Apollos Verwendung bei den Schicksalsgöttinnen dem -ihm
  • bestimmten Tod entgehen, wenn ein anderer Mensch für ihn
  • sterben wolle; da niemand sonst bereit ist, so erbietet sich
  • seine Gattin dazu und schon hat Thanatos sie entführt: da
  • aber sendet Köre sie zurück (Apollodor 1, 9, 15) oder (nach
  • Euripides) es entreisst sie Hercules im Kampf den Händen
  • des Thanatos, und Kcenig und Kceniginn, beide dürfen sich des
  • wiedergeschenkten Lebens freuen. In all dem und mit einem
  • Zuge insbesondere zu der letzten Sage stimmend Amicus und
  • Amelius. Die Opferung geschieht auf göttliches Geheiss:
  • zwar ist es bei Kunz Kistener ein Waldbruder, aber in den
  • 7 weisen Meistern eine Stimme von Gott, welche das Blut
  • der Kinder des Freundes als Heilmittel bezeichnet ; bei der
  • Prosalegende und Konrad von Würzburg ist es ein von Gott
  • gesendeter Engel ; in der lateinischen Erzählung Raphael, der
  • Erzengel, welcher nach altjüdischer Ansicht über die Heilun-
  • gen gesetzt ist (Cassel 444 [Symb. 183]) und deshalb auch
  • im Buch Tobias eine so wirksame Thsetigkeit übt.
  • Es ist das recht ein Beleg, wie arglos der Aberglaube
  • an die Heilkraft des Blutes hingenommen wurde, dass Gott
  • und seine Engel selbst solche Dinge befehlen müssen. Aber
  • wie dort Alcestis der Gewalt des Todes, der sie bereits ver-
  • fallen war, nach dem Tode selbst das Opfer entrissen oder
  • von ihm zurückgegeben wird und Admetos gleichwohl leben
  • bleibt, so werden hier die Kinder, nachdem ihr Lebensblut
  • schon geflossen ist und den Freund des Vaters geheilt hat,
  • wieder belebt. Es wird aber so das Opfer zurückgegeben,
  • weil Gott auch nur wie dort den Glauben und Gehorsam
  • Abrahams (1. Mose 22, 12), so hier die Treue hat prüfen
  • wollen, ob sie vollkommen sei, und weil sie die Probe be-
  • — 204 —
  • standen hat : Do wdlt unser here volkomende trmve ane in
  • profen [161, 10]. So ist natürlich besonders dieser Gipfel-
  • punkt der Legende die Ursache, dass die verschiedenen Be-
  • arbeitungen derselben sich als eine Erzsehlung von der Treue
  • bezeichnen: die Prosa im Eingang und am Ende; Konrad
  • V071 höhen triuwen; Kistener Von grosser truwen.
  • Einen ganz andern Sinn hat das Opfer und die Nicht-
  • vollziehung desselben und die gleichwohl erfolgende Heilung
  • in der Legende von Constantin und Silvester. In Amicus
  • und Amelius, wo der Aussatz die Strafe für eine üebelthat
  • der Treue, für eine Ausschreitung der Tugend ist, kann auch
  • ein Engel selbst au^ das Blut der Kinder als die Heilung
  • hinweisen: Constantin wird um eines groesseren Vergehens,
  • um der Verfolgung des Christenthums willen mit dem Aus-
  • satze gestraft, der Engel Gottes schüttet denselben als eine
  • Schale des Zornes über ihn aus, und die ihm zu dem Bad
  • im Kinderblut rathen, sind heidnische Meister oder die Prie-
  • ster des Heidenthums (jüdische Aerzte: Grimm A. Heinrich
  • 219). Da ist denn auch von Ergebung und Freiwilligkeit
  • auf Seiten derer, die das Opfer trifft, keine Rede : die Kinder
  • werden geraubt und deren Eltern wehklagen. Also kann auch
  • nicht von Erlassung des Opfers, weil statt des Werkes der
  • Wille dazu genügt, die Rede sein. Was hier als die Wen-
  • dung eingreift, das heidnisch gewaltsame Opfer beseitigt und
  • ohne dasselbe die Heilung herbeiführt, ist das Erbarmen des
  • Kaisers, die milte^ wie es Konrad von Würzburg nennt (1050
  • fgg. 1158), das Erbarmen, das ihn lieber auf die Heilung
  • Verzicht leisten als das Opfer vollziehen lässt. Wälscher
  • Gast 6223 fgg. Eine dem ganz sehnliche Erzsehlung kennt
  • das Morgenland, Persien: Saadis Rosenthal 1, 26 (Olearius
  • S. 26 fg.). Aber für Constantin wird die Heilung als Lohn
  • des Entsagens damit nur herbeigeführt, nur eingeleitet: voll-
  • endet, wirklich wird sie erst durch die Bekehrung zum
  • Christenglauben und die Waschung in dem reinen Bad der
  • Taufe: Hagen berichtet sogar nur hiervon, nichts von dem
  • — 205 —
  • yersuchten und wieder aufgegebenen Blutbade. Heilung schon
  • durch den Glauben findet man auch in anderen Legenden,
  • so nach der einfachsten Darstellung der Legende von Ab-
  • garus von Edessa, die Eusebius gibt, wird dieser dadurch
  • vom Aussatze geheilt, dass er sich zum Glauben an Christus
  • wendet: W. Grimm S. 26. Als der Aussatz im spanischen
  • Suevenreiche im 6. Jahrhundert herrschend wurde und der
  • Sohn des Koenigs selbst erkrankt: genist er und der Aussatz
  • erlischt, da sich das koenigliche Haus von der Arianischen
  • Ketzerei zur ßechtgläubigkeit bekehrt: Gregor von Tours de
  • Miraculis S. Martini 1, 11. Zeichen der Bekehrung aber
  • ist die Taufe: die Heilung- aussätziger Heiden hierdurch kam
  • auch sonst vor: Cassel S. 437 [Symb. 173]. Damit ver-
  • gleichen die alten Erzsehlungen schon selbst (Cassel a. a. 0.)
  • die Reinigung Naemans durch die heiligen Fluthen des
  • Jordans (Konrad 1791).
  • Dass Constantin genest, sowie er sich bekehrt und ge-
  • tauft wird, erweckt eine Vermuthung über den Ursprung der
  • ganzen Legende. Dem Mittelalter war es geläufig , die
  • Sünde oder den Unglauben als einen Aussatz zu betrachten
  • (synnum seöce Cyneo Juliana 65 syrme gesohte 624) , das
  • groesste Seelenübel durch das groesste Uebel des Leibes, das
  • man kannte, zu versinnlichen. Laster und Sünden: diu laster
  • sul wir vertreiben: si henement uns gäisflich zuht; si sint
  • der s&le miselsuht: Heinrich von dem Gem. Leben 312 vgl.
  • Cajsar Heisterb. III, 43 Anmerkung; Joh. Nider, Tractatus
  • de morali lepra; Walther 6, 6 [6, 31]. Berthold von der
  • üzset/sdJceit bei Pfeiffer S. 110 fgg. meint Sünde und Ketzerei;
  • eine Predigt um 1200 LB. 1, 499 fgg. stellt Reinigung von
  • den Sünden, Bekehrung von dem Unglauben als eine Heilung
  • des Aussatzes dar. Das Heilmittel ist hier auch Blut, nsem-
  • lich das Blut Christi: Predigt in der Strassburger Hs. D, 3
  • (fehlt in Grieshabers Ausgabe derselben Sammlung) 101a
  • Werlich der hilnig wer ein getrmver friunt der einen vs-
  • setdgen Jcneht hette Vnd daz der niemer mohte gesunt wer-
  • — 206 —
  • den ef* badete danne in dez hüniges bluot Und daz der
  • Icünig danne sm blaof vergüsse daz der hneht dar inne badete
  • Sich selig mensch wer ist der getruweste friunt (b) den du
  • yergent hast oder yemer gewinnest Daz ist got von hümel
  • Wanne der hat dich geiveschen mit sime heiligerb bittot von
  • diner vssetzikeit die an diner sei ist daz ist von dinen dot-
  • Sünden, Sonst gilt als Heilmittel das heilige und reine Wasser
  • der Thraenen, welche die Reue vergiesst: allegorische Erzseh-
  • lung der Gesta Romanorum 94. Endlich aber wieder das
  • Taufbad. Gregor Turon. H. Fr. 2, 31 sagt von der Bekeh-
  • rung Chlodwigs Rex ergo poposdt se baptizari; procedit noviis
  • Constantinus ad lavacrnm, deleturus leproe veteris morbum sor-
  • dentesque maculas gestas antiquitus recenti latice (Nass) dele-
  • turus. Gregor ist gestorben 594: schon im 6. Jahrhundert war
  • es also in Frankreich moeglich, den Aussatz so als Gleichniss
  • zu gebrauchen: neben jener Erzsehlung von den Sueven ist
  • das das früheste Zeugniss für das germanisch-romanische
  • Mittelalter. Nach all dem ist es sehr wohl mceglich, ja
  • wahrscheinlich, dass auch Constantins wie hier Chlodwigs
  • Bekehrung zuerst nur bildlicher Weise als eine Heilung des
  • Aussatzes sei dargestellt worden und erst durch Missverständ-
  • niss oder durch Vergroeberung der Allegorie daraus eine Er-
  • zsehlung von wirklichem Aussatze u. s. f. hervorgegangen sei.
  • III. Die Sage vom armen Heinrich und Hartmanns Darstellung.
  • Der Aussatz ist beim armen Heinrich Strafe wie bei
  • Amicus und wie bei Constantin, Strafe für seinen bloss welt-
  • lichen, durch die Welt von Gott abgezogenen Sinn: die
  • swceren gotes zuht 120; freilich ist die Strafe wie überall
  • ein Prüfungs- und Erziehungsmittel: zuht kommt von ziehen.
  • Aber wsehrend im Amicus und Amelius die Genesung nur das
  • Werk und der Lohn der Treue ist und in Constantin und
  • Silvester nur der Lohn der erbarmenden Entsagung und der
  • — 207 —
  • Bekehrung zu Gott, waltet in der Sage vom A. H. dieses
  • beides zugleich, Treue und Lohn auf der Seite des Maed-
  • chens, das freien Willens sich als Opfer darstellt, das aber
  • am Leben bleibt und dennoch seinem Herrn die Gesundheit
  • verschafft, Erbarmen und Lohn auf der Seite des Herrn, der
  • noch im letzt entscheidenden Augenblicke auf die Genesung
  • verzichtet, aber eben deswegen genest. Diess Zusammenwirken
  • der Treue und des Erbarmens hebt der Schreiber der Strass-
  • burger Hs. hervor 1366 Do emöigete der heilige crist Wie
  • liep ime triuwe vnd erbermde ist, wsehrend die Heidelberger
  • und Koloczaer Hss. mit Hervorhebung bloss der Treue wie
  • dort in den Gedichten aus der Amicussage, mit Benennung
  • bloss der Treue, die allerdings hier das Erbarmen mit in sich
  • schliesst (das ist die von mir vorgezogene Leeart), wie liep
  • ime triuwe ist. Im Wigalois (der voll von Reminiscenzen
  • aus Hartmann ist) 134, 15 heisst es von einer Frau, die
  • durch ein Abenteuer von ihrem Herren getrennt ist: jsuo zir
  • gesellen was ir gäch, das si den tot mit im da kür: da Met
  • sie niht die werlt für genomefi ga/r für eigen, si mohte lihte
  • erzeigen got ir herze unde ir muot, wand er übel unde guot er-
  • kennet e dan ez geschiht: vor den werken er wol siht, swaz daz
  • mensche tuon wiL sinem gewalte ist niht ze vil. er reiner got
  • bekande wol, daz ir herze was triuwen vol. wände im triuwe
  • liep ist^ dö lie er si in kurzer frist vinden ir vil lieben man.
  • Will man der Strassburger Hs., die sonst immer die bessere
  • ist, auch hier ihr Vorrecht angedeihen lassen, so muss man
  • doch etwas ändern: une liep im triuwe und bermde ist: die
  • kürzere Form bärmde Erec 5807. Haupt liest me liep im
  • erbermde ist: das Erbarmen allein ist doch auf keinen Fall
  • zu nennen, denn das schliesst die Treue nicht in sich.
  • Gleichviel aber, wie an dieser Stelle zu lesen sei, die
  • Heilung ist zwiefach begründet: die Sage ist bedeutsamer
  • und das ist ein dichterischer Vortheil. Die nun eingreifende
  • Gottheit ist nicht so ein blosser deus ex machina; das
  • Wunder ist eine Art von natürlicher Nothwendigkeit: dem
  • — 208 —
  • Msedchen, das sterben will, damit der Herr in Gesundheit lebe,
  • und dem, da es schon an der Schwelle des Todes steht, mit
  • Gewalt das Leben wieder aufgedrungen wird, dem Herrn, der
  • schon die Genesung fast in der Hand hat, ,und dennoch lieber
  • in Siechthum weiter leben will, nur damit die Jungfrau nicht
  • sterbe; es muss ihnen beiden für eine so grosse und eine
  • so zusammenwirkende Selbstaufopferung die Entschsedigung
  • werden, dass auch ohne den Tod des Kindes der Herr genest.
  • Der Herr Heinrich von Aue nun, von dem die Sage diess
  • erzsehlt, ist, da er zu den Vorfahren von Hartmanns Dienst-
  • herren gebeert hat, ebensowohl eine geschichtliche Person als
  • Constantin der Grosse. Das geschichtlich wahrhafte Samen-
  • korn der über letztern erzsehlten Legende ist die Art von
  • Bekehrung zum Christenthum, durch welche Constantin dem
  • neuen Glauben die Herrschaft verliehen hat: was von der
  • Sage vom armen Heinrich wahrhaft sei, ob eine wunderbar
  • leichte und plötzliche Heilung vom Aussatz, ob vielleicht nur
  • die Vermsehlung des hochedlen Herrn mit einem Bauern-
  • mffidchen, die man sich nur durch so wunderbare Vorgänge
  • erklaeren konnte, das vermoegen wir jetzt nicht mehr zu er-
  • mitteln, und ist zuletzt auch gleichgültig. Wie schon in der
  • Einleitung mitgetheilt, in Urkunden von und um 1111 ist
  • bezeugt, dass ein Heinricus de Owa oder de Owen .Verga-
  • bungen an das Kloster S. Peter auf dem Schwarzwalde macht:
  • den Herrensitz selbst, von welchem er den Namen hatte,
  • curtein stiam cum domo et omnibtis, quce ibi possidebat:
  • Gedicht 246 — 256 nü fuor er heim und begunde gebebt
  • sin erbe und ouch sin vamde guot; armen Verwandten
  • und fremden Armen: gotes hiu^ern viel das ander teil.
  • Jener Heinricus kann ganz wohl der arme Heinrich sein und
  • man darf keine Einwendung daher machen, dass von 1111
  • bis um 1200, wo Hartmann lebte, ein zu kurzer Zeitraum
  • sei, als dass sich eine Sage hätte bilden können. In Zeiten,
  • wo die Dichtung noch aus der Sage schöpft, geht die Sagen-
  • bildung, gleich als wollte sie den Bedürfnissen der Dichtung
  • — 209 —
  • entgegen kommen , schnelleren Ganges vorwärts. Herzog
  • Ernst II. von Schwaben war gestorben 1030: schon um 1150
  • war er der Held einer Sage und einer Dichtung, die ihn in
  • ganz ungeschichtliche Verhältnisse gerückt, aus einem Her-
  • zoge von Schwaben zum Herzoge von Baiern, aus dem Stief-
  • sohne Koenig Konrad IL zum Stiefsohne Kaiser Otto I. ge-
  • macht hatte u. s. f. Dass aber die Sage vom armen Hein-
  • rich ihre Ausbildung erst im Verlaufe des 12. Jahrhunderts
  • gefunden hat, in der Gestalt, die wir kennen, nicht älter
  • sei, beweist die Hereinziehung von Montpellier und Salerno:
  • der Ruhm der Aerzte von Salerno geht freilich bis in das
  • 10.- Jahrhundert zurück, aber die förmlicheren Festsetzungen
  • der Schule daselbst, die den Euhm erst recht begründeten, ge-
  • schahen nicht früher als um 1100 und 1150; der medicini-
  • schen Schule von Montpellier aber geschieht gar erst im
  • Jahre 1153 die früheste Erwsehnung.
  • Ob man eine weitere Verbreitung und Fortdauer der
  • Sage annehmen darf? Des Gedichtes wohl, aber die Sage
  • war doch zu örtlich, zu sehr blosse Geschlechtssage. Indess
  • ist es auffallend, wie der Name Armer Heinrich gleichsam
  • sprichwörtlich geworden ist. Zwar der arme Heinrich (Grimm
  • A. Heinr. S. 211) in Wolframs hl. Wilhelm 241, 18, das
  • Pathen- und Wunschkind des alten Heimerich von Narbonne
  • kann hier nicht in Betracht kommen: das stammt schon aus
  • der franzoesischen Dichtung, wo es pautore oder chetif heisst
  • (Wolfram 241, 16 ffg. 263, 18. 328, 24); und er heisst eben
  • Heimerich, nicht Heinrich, wie prov. altfr. Aimeric, nicht
  • Enric : Aimeric ist aber Amahich. Eher kommt in Betracht,
  • wenn man den auch litterarischen Verkehr erwsegt, der zur
  • Hohenstaufenzeit zwischen Deutschland und Italien bestand,
  • dass ein aus Florenz gebürtiger, zu Bologna gebildeter Mönch,
  • Henricus Septimellensis (Settimello), der am Ende des 12.
  • Jahrhunderts lebte und Verfasser ist einer grossen lateinischen
  • Elegie de diversüate fortunce^ und der zwar ohne alle Be-
  • ziehung auf unsere deutsche Sage sich miser Henricus, Hen-
  • — 210 —
  • ricus miserrimus nennt, und dass die Strassburger Hs. dieses
  • Gedicht überschreibt Pauper Henricus (Grimm A. Heinr. 212.
  • Massmann Denkmaeler 6. In der Strassburger Hs. A. VI.
  • 19. 14./15. Jahrhundert ist diese üeberschrift erst von einer
  • Hand des 16./17. Jahrhunderts beigesetzt). Vgl. Caes. Heisterb.
  • IV, 79: Qtiid illa hora dictunis es, pauper Henrice? In
  • fränkischen Urkunden von 1334 findet sich Ueinncus dictus
  • der arnie Heinrich, vicarius in Hange; 1335 und 1340 der
  • arm Hein/rieh genant Keiner von Pibra: Archiv des Histo-
  • rischen Vereins von ünterfranken 12, 110. Noch entschie-
  • dener, Heinrich LaufFenberg, Priester zu Freiburg im Breis-
  • gau, seit 1445 zu Strassburg, Verfasser zahlreicher geistlicher
  • Lieder und anderer Dichtungen geistlichen Inhalts, nennt sich
  • in Handschriften zu Strassburg, die er selbst geschrieben hat,
  • bald Heinricus miser, bald auf deutsch Ich armer Heinrich
  • (Massmann S. 5). Und so mag es auch seinen sagenhaften
  • Bezug und Anlass haben, dass eine Pflanze, die ehemals in
  • Salbenform gegen den Aussatz gebraucht wurde, den alt-
  • volksmsessigen Namen Guter Heinrich, Jieria honi Henrici
  • führt: Grimm A. Heinr. 214 (Myth. 1163 fg.).
  • Betrachten wir schliesslich noch die Dichtung, die Hart-
  • mann von Aue aus dem ihm überlieferten Stoffe geschaffen hat.
  • Goethe in seinen Tag- und Jahresheften 1811 (Werke
  • 32, 73) sagt: »Ebenso brachte mir Buschings armer Hein-
  • rich, ein an und für sich betrachtet hcechst schätzenswerthes
  • Gedicht, physisch-aisthetischen Schmerz. Den Ekel gegen
  • einen aussätzigen Herrn, für den sich das wackerste Msedchen
  • aufopfert, wird man schwerlich los ; wie denn durchaus ein
  • Jahrhundert, wo die widerwärtigste Krankheit in einem fort
  • Motive zu leidenschaftlichen Liebes- und Kitterthaten reichen
  • muss, uns mit Abscheu erfüllt. Die dort einem Heroismus
  • zu Grunde liegende schreckliche Krankheit wirkt wenigstens
  • auf mich so gewaltsam, dass ich mich vom blossen Berühren
  • eines solchen Buchs schon angesteckt glaube.** Wir wollen
  • nicht wegen der grundlosen Behauptung rechten, dass der
  • — 211 —
  • Aussatz damals in einem fort Motive zu leidenschaftlichen
  • Liebes- und Eitterthaten hätte reichen müssen, die Haupt-
  • sache ist ja doch der physisch-ajsthetische Widerwille gegen
  • dieses eine Gedicht, auch dieser ist grundlos und unbillig.
  • Er würde begründet sein, wenn Hartmann irgendwie mit
  • einer Beschreibung des üebels beschwerlich fiele. Konrad
  • von Würzburg Engelhard 5150 flf. gibt eine solche, und man
  • mag sogar diesen Dichter deshalb entschuldigen, weil der
  • Anblick des Uebels ein alltseglich gewohnter war und es all-
  • gemeine Neigung der Epiker ist, die Erzsehlung durch Schil-
  • derung zu unterbrechen. Auch ist Hartmann von dieser
  • Neigung nicht überall frei (Erec): dennoch enthält er sich
  • hier aller und jeder Schilderung der Krankheit selbst,
  • nur Z. 119 in ergreif diu miselsuht; dann im ganzen wei-
  • teren Verlauf nur die Wirkungen auf Heinrichs Gemüth und
  • das Verhalten der Welt zu ihm. Er beobachtet gerade die
  • zarteste Schonung, eine viel zartere als selbst Sophokles im
  • Philoctet, der selbst den Zuschauern von der Bühne nicht die
  • Aufzahlung und den Anblick all der Leiden und ihrer ekel-
  • haften Zubehoer und das Anhoeren der Schmerzenslaute des
  • Kranken geschenkt hat. Und so Mit gerade nach der Seite
  • hin, von welcher Goethe den Tadel entnimmt, ein Lob, das
  • den Dichter vor Zeitgenossen und vor früheren Dichtem be-
  • vorzugt.
  • Ueberhaupt , wenn Hartmann irgendwo wegen seiner
  • Zartheit, seiner Feinheit, wegen des Gedankengehaltes und
  • der maassvollen Behandlung zu rühmen ist, die dem Ge-
  • dankengehalt Durchsichtigkeit giebt, dann ist es im armen
  • Heinrich. Er hat den idealischen Sinn der Ueberlieferung
  • nicht verkannt, wie Gottfried und so manch anderer Dichter,
  • nicht verdunkelt, wie Wolfram: mit Klarheit hat er ihn er-
  • kannt und lässt er ihn erkennen, und was dann ganz sein
  • Werk und sein Verdienst ist, er handhabt ihn auf eine Weise,
  • die schwerlich so schon in der Ueberlieferung auch nur an-
  • gedeutet lag. Wir haben hier eine bezeichnende Eigenthüm-
  • — 212 —
  • lichkeit Hartmanns zu berühren, die in all seinen epischen
  • Dichtungen und zumal im A. H. sich kund giebt, und die
  • seine Wahl gerade auf diese seine Stoffe geleitet hat, weil
  • sie an diesen allein sich kund geben konnte.
  • Hartmann liebt es naemlich und übt das überall, zuerst
  • einen Streit und dann die Yerscehnung sittlicher Oegensätze
  • vorzuführen. Eine kurze Inhaltsangabe seiner Werke soll das
  • zeigen. Erec, ein Ritter der Tafelrunde, gewinnt auf aben-
  • teuerliche Weise die schoene Enite zur Gemahlinn; da über
  • den Freuden der Liebe vergisst er alsbald seiner früheren
  • Heldenhaftigkeity so dass endlich Enite selbst mit schwerem
  • Herzen ihn aus der träumerischen Verweichlichung auf-
  • schrecken muss. Es beginnt nun eine Reihe von Abenteuern,
  • welche Erec, da er um jener Anmahnung willen Misstrauen
  • in seine Gemahlinn gesetzt hat, zu ebenso vielen Proben ihrer
  • Liebe und ihres Gehorsams macht. Beide aber bewsehren
  • sich, er in harten Kämpfen, sie in weicher Geduld, und beide
  • feiern zum Schluss eine neue, nur um so festere und reinere
  • Vereinigung. Umgekehrt und mehr gewoehnlicher Art ist
  • das Verhältniss von Mann und Weib im Iwein. Auch dieser
  • erringt durch Abenteuer ein schoenes, an Land und Leuten
  • mächtiges Weib, Laudine; einmal, zurückgekehrt an Artus
  • Hof, versäumt er in der Lust der Ritterlichkeit die von der
  • Gemahlin ihm gesetzte Frist: sie, erzürnt, sagt ihm den
  • Liebesbund wieder auf: der Schmerz darüber stürzt ihn in
  • Wahnsinn. Nachdem er geheilt worden, muss er doch
  • erst lange Irrfahrt und manche schwere Prüfung dulden, bis
  • Laudine wieder ausgescehnt und so auch hier die Liebe wieder
  • eins ist mit dem Heldenthume. Ernster, tiefer greifend
  • ist das entsprechende Verhältniss im heil. Gregorius; hier
  • drückt schon der Titel, den Hartmann selbst der Dichtung
  • eigentlich gegeben hat, der gtiofe sündcere, die gleiche Be-
  • trachtungsweise aus. Gregorius, den Bruder und Schwester
  • sündlich mit einander erzeugt haben, entzieht sich dem geist-
  • lichen Leben, für welches er bestimmt ist, um der Ritter-
  • — 213 —
  • Schaft willen, trotz den Warnungen seines frommen Pflegers.
  • Durch Ritterschaft wird er, unerkannt und nicht erkennend,
  • der Gemahl seiner Mutter, die damit auch ihr Gelübde, ehe-
  • los zu bleiben, bricht. Sie freuen sich der Freuden des Lei-
  • bes, die doch ein Verderben ihrer Seele sind: da plötzlich
  • offenbart sich das Geheimniss, und das hoechste Leid des
  • Leibes wie der Seele kommt über sie. Nun wenden sich,
  • dem Leib keine Wollust, aber der Seele ein Heil, beide Gat-
  • ten zur ßeue und Busse, er zu dem härtesten Büsserleben,
  • das nur ein geistlicher Mensch führen mochte, auf einsamem
  • Fels im wilden Meere. So Gott gegeben, werden Seele und
  • Leib gerettet, und nachdem er durch wunderbare Weisung
  • zum Haupte aller Geistlichkeit erkoren worden, kann er sich
  • noch auf Erden in heiliger Lauterkeit mit der Gattinn und
  • Mutter wiederum vereinen. Hier liegt also der Streit und
  • die Versoehnung darin, dass das weltliche Kitterthum gegen
  • die Gläubigkeit, die Wollust des Leibes gegen das Heil der
  • Seele ankämpft und erliegt. Endlich am schcensten, am
  • reichsten, weil der Zwiespalt ein verschiedenartiger und dop-
  • pelter und so auch dessen Aufhebung in sich symmetrisch
  • doppelt ist, im armen Heinrich. Heinrich reich an den
  • Gutern und an jeglicher Tugend dieser Welt, aber arm an
  • geistlichem Gute, arm durch die Schuld der Nichtachtung
  • Gottes wird dafür heimgesucht mit der Strafe und der Prü-
  • fung des Aussatzes. Er traegt das aber nicht mit Geduld;
  • auch die Entäusserung all seiner Habe ist mehr ein Werk
  • der Verzweifelung als der Ergebung. Ihm steht gegenüber
  • die Tochter des Meiers, bei dem er Zuflucht gesucht: sie ist
  • irdisch arm aber geistlich desto reicher; aus der Fülle dieses
  • Eeichthums kommt auch der Entschluss, sich für ihren Herrn
  • zu opfern. Eben jedoch, da es geschehen soll, tritt in Hein-
  • richs Gemuthe der Umschlag ein: er entschliesst sich dem
  • Willen Gottes ohne solch einen grausamen Eingriff sich zu
  • fügen, das Msßdchen also am Leben zu lassen. Gottes Gnade
  • belohnt ihn: er gelangt wunderbar auch so zur Genesung
  • — 214 —
  • und mit der Geuesung wieder zu deu alteu Gätem und Ehren,
  • ja wie Hiob zu noch groesserem Reichthum; bleibt aber nun
  • unwandelbar Gott zugeweodet : nun ist er an Leib und Seele
  • reich. Und auch der Jungfrau wird ihr Lohn : ihr Wille ist
  • für die Tbat genommen worden, und indem Heinrich dankbar
  • sie zur Gemahlinu waehlt, wird ihr zu dem inneren Beichthum,
  • den sie von je besessen, nun auch der äussere noch gegeben,
  • Gut und Ehren.
  • So hat der Arme Heinrich bei aller Einfachheit und
  • Kürze des Verlaufes doch unter sämmtlichen epischen Ge-
  • dichten Hartmanns die großsste Fülle und Mannigfaltigkeit
  • der Composition. Dazu kommt noch ein anderer Vorzug,
  • üeberall zeigt sich psychologische Feinheit und Beweglich-
  • keit und Kunst der Charakteristik, die gelegentlich auch naiv
  • schalkhaften Zügen nicht sproede aus dem Wege geht, sobald
  • damit Personen und Umstände treffend können bezeichnet
  • werden. Es zeigt sich das bei Hartmann überall, besonders
  • aber wiederum im armen Heinrich: hier ist die eigenthüm-
  • liche Kunst Hartmanns mit vorzüglicher Liebe und Hinge-
  • bung entfaltet. Als Mittel der Charakteristik dienen nicht
  • Ereignisse, deren sind zu wenige und zu wenig wechselnde;
  • sondern Bede, Selbstgespraech und Zwiegespraech. Diese sind
  • ausführlich ohne breit zu sein. Folgt man aber dem In-
  • halte und den Wendungen derselben mit Aufmerksamkeit,
  • so gewahrt man eine Auffassung der Sage, die sicherlich nicht
  • so überliefert war. Die üeberlieferung brauchte die Treue
  • und das Erbarmen zuverlässig nur als Werke einer über-
  • menschlichen Frömmigkeit. Hartmann aber lässt mit Fein-
  • heit noch ein andres, halb jedoch verdecktes Licht darauf
  • fallen. Je leidenschaftlicher das Maedchen sein Verlangen
  • von dieser Erde fort nach dem Himmel ausspricht, desto
  • deutlicher schimmert hindurch, dass dieses Verlangen doch
  • nicht der erste und eigentliche Anstoss eines Entschlusses
  • gewesen sei, dass sie den ersten Beweggrund nur vor sich
  • selbst verbergen, dass sie nicht bloss die Eltern, sondern ge-
  • — 215 —
  • wissermaassen sich selbst mit überreden will: der erste und
  • natürliche Anstoss zu ihrer That ist ihre Liebe zu dem, der
  • sie ja seine gemahele, seine Braut nennt. Dieser Mischung
  • der Beweggründe willen ist das Msedchen auch auf eine
  • Mittelstufe des Alters gesetzt, sie ist sowohl Jcint als maget:
  • als Teint verlangt sie schwärmerisch nach dem Himmel, als
  • maget nach irdischer Liebe. Dem entsprechend hat auch das
  • Erbarmen des a. Heinrich ausser dem hoeheren rein religiösen
  • Grunde auch einen irdischen: der Entschluss kommt ihm
  • erst, da er und weil er seine kindliche Braut in ihrer ganzen
  • Schoenheit sieht, und, eine Feinheit mehr, wieder eine Selbst-
  • überredung, er bestärkt sich in dem Entschlüsse noch durch
  • den Zweifel, ob denn wirklich der Tod des Kindes ihn
  • auch retten würde: ein Zweifel, der bei der allgemeinen
  • üeberzeugung von der Wirksamkeit dieses Mittels keine Be-
  • rechtigung hatte. Durch diese Einmischung rein mensch-
  • licher Züge hat Hartmann offenbar die ganze Geschichte auch
  • uns menschlich nseher gerückt, unserm Verständniss, unserer
  • Empfindung zugänglicher gemacht. Hätte er ganz und gar
  • die Sache nur als Legende dargestellt, so dass das Doppel-
  • opfer nur um des Himmels willen geschsehe: wir würden die
  • Erzsehlung mit Verwunderung und halb mit Grauen, aber
  • ohne tiefere Theilnahme, ohne Erwärmung des Herzens hin-
  • nehmen.
  • Sowohl dieser menschlichen Motivirung willen als in
  • Rücksicht auf die vorher besprochene Versoehnung der Ge-
  • gensätze ist die Art, wie die spsetere Ueberarbeitung den
  • Schluss des Gedichtes geändert hat, als eine durchaus unge-
  • hcerige und hoechst unglückliche zu bezeichnen. Hier werden
  • die beiden wohl vermsehlt, aber nicht um als Vermsehlte mit
  • einander zu leben, sondern sie geht in ein Kloster, er in ein
  • Domherrenstift. In der Amicus und Amelius Sage mag wohl
  • solch ein mönchischer Ausgang am Platze sein: da gelobt
  • Amelius Weib, nachdem ihre Kinder so wunderbar wieder
  • belebt worden waren, ewige Keuschheit und bei K. Kistener
  • — 216 —
  • bauen die zwei Jakobsbruder ein Kloster Gnadau, halb Mönchs-
  • halb Nonnenkloster, und beziehen es mit den Ihrigen und
  • werdent heilig in der M, Hier ist nichts vorausgegangen,
  • das dem widersprseche, ja sie dürfen wohl in dem erschüttern-
  • den Wunder, das vorausgegangen ist, ein Geheiss erblickwi,
  • sich von der AUtaeglichkeit dieser Welt abzulcesen. Im a.
  • Heinrich aber, wo niemand bereits gestorben und dann wie-
  • der belebt ist, wo was geschehen ist, auch aus irdischer
  • Liebe geschehen ist, wo die Symmetrie der Composition eine
  • irdische Beglückung auch der Jungfrau fordert ; hier ist kein
  • anderer Ausgang als dieser hellere an seinem Platz: ein süsses
  • langes Leben der beiden hie auf Erden, und dann als ge-
  • meinsamer Lohn das ewige Leben im Himmelreich.
  • -<>aS)S<0*«-
  • Eegister.
  • (Die fettgedruckten Zahlen bezeichnen die Seitenzahl, die übrigen die Anmerkungen
  • zum A. H.)
  • abe tuon refl. m. Gen.
  • 257.
  • ahte 170. 296.
  • al 511.
  • dir est 134.
  • älware 545.
  • allertegelich 669.
  • Amicus und Amelius
  • 157 ff. die Sage 201 fg.
  • äne iverden Sdb,
  • an- nevien, -bieten mit
  • 2 Acc. 546.
  • arbeit 19. 20.
  • Artikel bei unde, noch
  • nur beim zweiten
  • Wort 781.
  • arzenie 198.
  • Aussatz, Arten und
  • Verbreitung 163 ff.
  • Namen dafür in
  • Deutschland 169 ff.
  • 177 ff. Leben der
  • Aussätzigen 172 ff.
  • Mildthaetigkeit Aus-
  • sätzigen gegenüber
  • 181 ff. Heilungsver-
  • suche 189 ff. Sünde
  • als Aussatz der Seele
  • 205 fg.
  • bedriezen 405.
  • begunde umschreibend
  • 8.
  • behalten 52.
  • beidiu, beide 211.
  • benamen 527.
  • bereiten 1344.
  • bern 104.
  • Berns Gründung 5.
  • bescheiden 251.
  • beschern 1254.
  • bestän 746.
  • bewegen 1257.
  • biderbe 413. '
  • Mlich 799.
  • Mten über- vür- umbe-
  • 28. biten und ge-
  • bieten 641. 1460.
  • flehen und biten
  • 1333.
  • biuwen 268.
  • blic 156.
  • bluome der jugent 60.
  • Blut als Heilmittel
  • 193 ff. 203.
  • bcese 414.
  • breit 40. 1443.
  • brücke des rdtes 70.
  • bü 790.
  • Büchlein 11.
  • büezen 553.
  • büman 269.
  • bür 272.
  • Christns als Bräuti-
  • gam der Seele 775.
  • Constantin und Silve-
  • ster 199 ff. 204 ff.
  • constructio x«r« avvs-
  • aiv 274. 330.
  • Contraction u. Attrac-
  • tion von Haupt- und
  • Adjectivsatz 183.
  • creatiure 18.
  • da ze stunde 1369.
  • danCj äne d, 1244.
  • daz iht = ne 21.
  • dehein mit Pron. dem.
  • 33.
  • der 741.
  • Diamant, Bild der Be-
  • ständigkeit; macht
  • getreu 62.
  • die 155.
  • dichotomische Respon-
  • sion 149.
  • dienen 286. 384.
  • Dietrichs Flucht 74.
  • diss, ditz 1065.
  • diuten 16.
  • dö 146.
  • doln 979.
  • dräte 173. 1238.
  • dristunt küssen 1418.
  • durch 227. durch got
  • 1155.
  • dürftige 429.
  • 15
  • 218 —
  • € mit CoDJ. 563.
  • miec, ein einec 883.
  • Enjambement 1217.
  • enmitten 104.
  • enpfinden m. Gen. 481.
  • entsagen 705.
  • erbe 247.
  • erbeiten 297.
  • ere unde guot 77. 398.
  • erkant 264.
  • erkennelich 47.
  • erlcesen (Kranke) 411.
  • erwern 214.
  • ^an;? 41.
  • gebresten 67.
  • 272.
  • gedinge 170, gedingen
  • gehoben 539. [194.
  • geherren 273.
  • gehien 225.
  • Geleite von drei Tag-
  • reisen 1391.
  • geleret 1.
  • ^eZwjÄ 43. 136.
  • gemach 294.
  • gemahele 341. 1465.
  • gemeit 1192.
  • gendden 927.
  • gencenie 124.
  • genisUch 168.
  • genist 181.
  • 464. 1123.
  • genüegen 936.
  • genuoc (dient zur Stei-
  • gerung) 953.
  • geriute 259.
  • geschehen 141.
  • geschiht 261.
  • getrcesien 840.
  • gewern 940.
  • ^tVif, gegihte 884.
  • //ot6S /tili; 256.
  • Gottfried von Strass-
  • burg 24 fg. 26.
  • <7rdt7e 157 a.
  • güetUch 305.
  • ^wo* /wr- 232.
  • Gute Frau 27.
  • hdrbant 336.
  • Hartmann von Aue:
  • Heimath 1 ff.; Stand
  • 2; Leben 7 ff.; Wap-
  • pen 5; Reihenfolge
  • seiner Werke 18 ff.;
  • als Epiker 12; als
  • Lyriker 10; 21; seine
  • Bildung 13 ff. ; seine
  • litterarhistorische
  • Stellung 20 ; 22 ;
  • Kunst der Charak-
  • teristik 214 ; seine
  • iiiäze 22; 25; meidet
  • fremde Worte 23 ;
  • 1199; genaue Reime
  • 33 ; Reimbrechung
  • 38; liebt Wiederho-
  • lungen 28 ; 19 ; 22.
  • Armer Heinrich:
  • Hss. 28; Umarbei-
  • tung 29; Ausgaben
  • 29; Uebersetzungen
  • 30 ; beliebt im Mit-
  • telalter 28 ; derName
  • weit verbreitet 209;
  • die Sage 206; Hart-
  • manns Behandlung
  • 211 ; 213; Goethes Ur-
  • theil 210.
  • Gregorius : Quelle 17.
  • Inhalt 212.
  • Erec Inhalt 212.
  • Iwein Inhalt 212.
  • heil 132.
  • heiligeist 863.
  • heimlich 340. 1181.
  • Heinrich von Ane 4.
  • 208.
  • Heinrich von Ejrole-
  • witz 28.
  • Heinrich von Veldeke
  • 20. 33. 34.
  • heiraths^hig sind
  • Msßdchen mit 12,
  • Knaben mit 14 Jah-
  • ren 225.
  • helfen 333.
  • heln mit 2 Acc. 1083.
  • hengen 537.
  • Herman von Fritzlar,
  • von der Helligen
  • Leben 143.
  • herre 427.
  • hibcere 225.
  • hirät 1453.
  • hochmuot 82.
  • hof 780.
  • hövisch unde wis 74.
  • hoefischeDichtkunst 20.
  • honec und gcUle 152.
  • Hugo von Trimberg 28.
  • hulde, mit iuwern h,
  • 370.
  • irren an- 772.
  • jänier 352.
  • jener 1060.
  • jö, joch 746.
  • Job 128.
  • kemendte 1187,
  • Konrad von Würzburg
  • 27. Metrik 38; En-
  • gelhard 28.
  • kraft 207.
  • — 219 —
  • krimmen 1285.
  • kröne der zuht 63 ; der
  • Gerechtigkeit 1168;
  • bildlich auch 86.
  • ImicUp 646.
  • lantinan 944.
  • last 68.
  • Lazariten 189.
  • legen an- 409.
  • Leich 10.
  • lesen an- 2.
  • letzen 361.
  • lieben 15. 328. 347.
  • ligen an 162.
  • Up 22. 352.
  • 7ts^ 182. 626.
  • loch 584.
  • Zw^^-e; 288.
  • inagenkraft 99.
  • malielen 341.
  • wi^re, unnusre 126.
  • Mannbarkeit, Beginn
  • derselben 225.
  • meier 295.
  • nieinen 618.
  • Meisterschaft 100.
  • >/i€rre 427.
  • Metrische Form der
  • hoefischen Epen 31 ff.
  • vüete 346.
  • mislich 7.
  • niissewende 54.
  • Missheirathen, dabei
  • folgen die Kinder der
  • ärgeren Hand 1497.
  • mitteldeutsche Sprache
  • 144.
  • mitter tag 154.
  • Montpellier 175.
  • muot 46.
  • nach 44. 387.
  • ncBJen 1193.
  • nc ohne zweite Ver-
  • neinung 915.
  • ne-pas 307.
  • nern 213.
  • St Nicolaus 865.
  • nieten 76.
  • niender 147.
  • m/it ctw 6r6*, em Aar
  • 1082.
  • niht wan 230.
  • wö^ werden, wesen
  • 1306; «won 359. 997.
  • Notker Balbulus 90.
  • nü vor Fragen 426;
  • nü erste 418.
  • Pacht, Pächter 269.
  • 275. 295.
  • Particip mit Hilfszeit-
  • wort 24.
  • pfa/fe 1512.
  • Pfeiler 731.
  • pfert und ros 1022.
  • Pleonasmus 20. 419.
  • prisen vür-, über- 80.
  • Pron. pers. für rel. nach
  • und 274.
  • queln 352.
  • Babenschlacht 74.
  • räche 409.
  • rät 580. 645. 773. r.
  • tuon 1070.
  • rede 17. 31.
  • regen der ougen 478.
  • reÄ* brechen 209. 858.
  • Beimprosa 31.
  • reine 59.
  • ncÄc 313.
  • nY^er 1.
  • riuwe 381.
  • Budolf V. Ems 21.
  • rwocÄew 255.
  • Büti, Bütli 259.
  • Sache 105.
  • Sagenbildung 208.
  • SaJerno 180.
  • Sauden tor 405.
  • samit 1024.
  • schaffen 778.
  • schemelich 383.
  • Schenkungen an Got-
  • teshäuser 256.
  • scÄi7i 9?ia//6 65.
  • schinwerden, tuon 112.
  • schouwe 6.
  • hl. Schrift irrthümlich
  • citiert 90. schlecht
  • citiert 1357.
  • Schrift, geschrift 90.
  • der Seele Trost 144.
  • selten 343. s. ie 270.
  • seltscene 185.
  • scwew 157.
  • sew/*te 11.
  • siecheit 166.
  • Siechenhäuser 186.
  • St. Silvester 149 ff. 199.
  • 202 ff.
  • sin selbes 26.
  • sinne 201.
  • Sittlichkeit des Adels
  • im MA. 52.
  • spcehe 1411.
  • sparn 285.
  • Spiegelglas der werlte
  • fröude 60.
  • spot 383.
  • sprechen wol, baz 36.
  • Spruch 11.
  • — 220 —
  • stat 91.
  • State 505.
  • State 53.
  • stiure und bete 275.
  • Strophenbau in epi-
  • schen Gedichten 31.
  • Substantiv in den Adj.-
  • Satz gezogen 440.
  • unflectiert bei heizen,
  • nennen, scJielten 341.
  • süeze 326.
  • sunne der vröuden 155.
  • swach, swachen 143.
  • tar 439.
  • ein teil (etwas) 637.
  • tiure fnten 1104.
  • der Tod das gewisseste
  • 713.
  • törper, törperheit 51.
  • touc 13.
  • tragen über rücke 69.
  • tröst 237.
  • Trost in Verzweiflung
  • 14. 33.
  • trürec imde unfrö 148.
  • trüt- 906.
  • truwen 193.
  • tugent 719.
  • tuon Vertreter des vor-
  • ausgehenden Ver-
  • bums 136.
  • tweln 351.
  • über werden 67.
  • übertragen 278.
  • üf die vart 339.
  • Ulrich V. Tärheim 28.
  • Ulrich V. Zazikoven
  • 8. 12.
  • wnbe 384.
  • underwinden 438.
  • midersniten 1411.
  • unmügelich 189.
  • t^nnoc?^ 44.
  • üppic 86.
  • uwrewer* 214.
  • univandelbcere 42.
  • vollen, gevallen 256.
  • valsch 51.
  • Vöwfe, "^jes^c 52.
  • t^erfeern 274.
  • Vergleiche mitetw 724.
  • cerkeren 82.
  • verkiesen 494.
  • Verliesen 796.
  • Vermaehlung bürger-
  • liche Rechtshand-
  • lung 1512.
  • verschaffen 725.
  • verschulden 1486.
  • versinälien 412.
  • versiYKßlien, rersmcehe-
  • lieh 118.
  • versprechen 210.
  • Versschluss (nidch ich)
  • 1264.
  • verswigen 756.
  • verswingen 149.
  • vervalien 899.
  • yerti;4?cw 160.
  • verwegen 525.
  • t'oZZc 225.
  • volleist 864.
  • //wÄ< der 'ndtlmften 64.
  • fragen, fragen 158a.
  • FmnZ;ew 2.
  • «?na* 225.
  • vriebasre 225.
  • frouwe, fröuwelin
  • 1094.
  • /rttwien 1034.
  • /rwo wescn 909.
  • wnder yüc^^c 88.
  • i'tirnam68 1359.
  • wd^c der mt7te 66.
  • tüan (wahrlich) 767.
  • tüopen tragen 5.
  • ti?ar 392.
  • toarten 1434.
  • weetUcJie 314.
  • tcßrftcn 298.
  • werdekeit 89.
  • werlttöre 396.
  • werltza^e 1320.
  • lüern 759.
  • werren 491.
  • w?er< 113.
  • « 24.
  • mderzceme 123.
  • Wimt von Grafenberg
  • 8. 26. (Vgl. 9. 43.
  • 47. 83 u. ö).
  • Wolfram von Eschen-
  • bach 23 fg. 25.
  • «üonew />t, mtfe 326.
  • tounsch 56.
  • wwndtfrn 377.
  • -?a^e 1320.
  • £rß auch betont 436.
  • verschmolzen mit
  • dem fg. Wort 436.
  • zemen 1500.
  • £?*?, komen üfdaz - 607.
  • zwanzig Jahre - Jüng-
  • lingsalter 1377.
  • UNIV. OF MICHIOAM,
  • r^ 23 1912