- Hildebrandslied
- unbekannt
- Exportiert aus Wikisource am 11. Juni 2021
- Das Hildebrandslied ist eines der frühesten Textzeugnisse in deutscher Sprache. Das überkommene Fragment wird in der Murhardschen Bibliothek in Kassel aufbewahrt; es ist als eine Abschrift des 9. Jahrhunderts (810-820 oder 4. Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts) in einem Kodex aus der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts tradiert.
- Das Hildebrandslied ist das einzige überlieferte Beispiel für den altdeutschen Heldengesang. Dargestellt ist eine Episode aus dem Sagenkreis um Dietrich von Bern, eine Zweikampf-Situation zwischen Hildebrand und seinem Sohn Hadubrand; da der Schluss verloren ist, kann nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden, ob das Ende tragisch gestaltet war.
- Das Stabreimgedicht besteht aus stark rhythmisierten Langzeilen, von denen 68 erhalten sind.
- Althochdeutsch
- [1]
- Ik gıhorta dat ſeggen
- dat ſih urhettun ænon muotın •
- hıltıbrant entı hadubrant untar herıun tuem •
- ſunu fatarungo • ıro ſaro rıhtun •
- garutun ſe ıro gudhamun • gurtun ſih • ıro • ſuert ana •
- helıdoſ ubar rınga do ſie to dero hıltu rıtun •
- hıltıbrant gımahalta herıbranteſ ſunu • her uuaſ heroro man
- feraheſ frotoro • her fragen gıſtuont
- fohem uuortum • ƿer ſin fater ƿarı
- fıreo ın folche … •
- eddo ƿelıhheſ cnuoſleſ du ſiſ •
- ıbu du mı enan ſageſ ık mı de odre uuet
- chınd ın chunıncrıche • chud ıſt mın al ırmındeot •
- hadubrant gımahalta hıltıbranteſ ſunu •
- dat ſagetun mı uſere lıutı
- alte antı frote dea erhına ƿarun •
- dat hıltıbrant hættı mın fater • ıh heıttu hadubrant •
- forn her oſtar gıhueıt floh her otachreſ nıd
- hına mıtı theotrıhhe entı ſinero degano fılu •
- her fur laet ın lante luttıla ſitten
- prut ın bure barn unƿahſan
- arbeo laoſa • her raet oſtar hına
- deſ ſid detrıhhe darba gıſtuontum
- fatereſ mıneſ • dat uuaſ ſo frıuntlaoſ man
- her ƿaſ otachre ummet tırrı
- degano dechıſto untı deotrıchhe
- darba gıſtontun her ƿaſ eo folcheſ at ente ımo ƿaſ eo peh&a tı leop •
- chud uuaſ her … • chonnem mannum
- nı ƿanıu ıh ıu lıb habbe … •
- ƿettu ırmıngot quad [2] hıltıbrant obana ab hevane
- dat du neo dana halt mıt ſuſ ſippan man
- dınc nı gıleıtoſ … •
- ƿant her do ar arme ƿuntane bauga
- cheıſurıngu gıtan • ſo ımo ſe der chunıng gap
- huneo truhtın • dat ıh dır ıt nu bı huldı gıbu •
- hadubrant gımahalta hıltıbranteſ ſunu •
- mıt geru ſcal man geba ınfahan
- ort ƿıdar orte … •
- du bıſt dır alter hun ummet ſpaher
- ſpenıſ mıh mıt dınem ƿuortun ƿılı mıh dınu ſperu ƿerpan •
- pıſt alſo gıalt& man ſo du eƿın ınƿıt fortoſ •
- dat ſagetun mı ſeolıdante
- ƿeſtar ubar ƿentılſeo dat ınan ƿıc furnam •
- tot ıſt hıltıbrant herıbranteſ ſuno •
- hıltıbrant gımahalta herıbranteſ ſuno •
- ƿela gıſihu ıh ın dınem hruſtım
- dat du habeſ heme herron goten
- dat du noh bı deſemo rıche reccheo nı ƿurtı •
- ƿelaga nu ƿaltant got quad hıltıbrant ƿeƿurt ſkıhıt •
- ıh ƿallota ſumaro entı ƿıntro ſehſtıc ur lante •
- dar man mıh eo ſcerıta ın folc ſceotantero
- ſo man mır at burc enıgeru • banun nı gıfaſta •
- nu ſcal mıh ſuaſat chınd • ſuertu hauƿan
- breton mıt ſinu bıllıu eddo ıh ımo tı banın ƿerdan •
- doh maht du nu aodlıhho ıbu dır dın ellen taoc •
- ın ſuſ heremo man hruſtı gıƿınnan
- rauba bıhrahanen • ıbu du dar enıc reht habeſ •
- der ſi doh nu argoſto quad hıltıbrant oſtar lıuto
- der dır nu ƿıgeſ ƿarne nu dıh eſ ſo ƿel luſtıt •
- gudea gımeınun nıuſe de mottı •
- ƿerdar ſih hıutu dero hregılo rumen muottı •
- erdo deſero brunnono bedero uualtan •
- do lettun ſe ærıſt aſckım ſcrıtan
- ſcarpen ſcurım dat ın dem ſcıltım ſtont •
- do ſtoptun to ſamane ſtaım bort chludun •
- heƿun harmlıcco huıtte ſcıltı •
- untı ımo ıro lıntun luttılo ƿurtun •
- gıƿıgan mıtı ƿabnum …
- Neuhochdeutsche Übersetzung
- Ich hörte das sagen,
- dass sich als Herausforderer einzeln mühten:
- Hildebrand und Hadubrand zwischen zwei Heeren.
- Sohn und Vater richteten ihre Rüstung,
- strafften ihre Kampfgewänder, gürteten sich ihre Schwerter um,
- die Helden, über die Rüstung, als sie zu dem Kampf ritten.
- Hildebrand sagte, Heribrands Sohn, er war der ältere Mann,
- des Lebens erfahrener, er begann zu fragen,
- mit wenigen Worten, wer sein Vater gewesen sei
- unter den Menschen im Volke...
- "...oder aus welchem Volke du bist
- wenn Du mir einen nennst, kenne ich die anderen
- Menschen im Reich, bekannt ist mir die ganze Menschheit".
- Hadubrand sagte, Hildebrands Sohn:
- "Das sagten mir unsere Leute,
- alte und weise, die früher schon da lebten,
- dass Hildebrand mein Vater heiße, ich heiße Hadubrand.
- Vormals ist er nach Osten geritten, er floh den Zorn Odoakers,
- dorthin mit Dietrich und vielen seiner Kämpfer.
- Er ließ im Lande arm zurück
- die Frau in der Hütte und den unerwachsenen Sohn
- erbelos: Er ritt nach Osten hin.
- Deswegen erlitt seither Dietrich die Abwesenheit
- meines Vaters: Der war ein so freundloser Mann.
- Er zürnte Odoaker unmäßig,
- der liebste der Kämpfer Dietrichs.
- Er war immer an der Spitze des Heeres, ihm war immer der Kampf zu lieb,
- Bekannt war er...den Tapfersten.
- Ich glaube nicht, daß er noch lebt..."
- "Weißt Du Gott", sprach Hildebrand, "oben vom Himmel,
- daß du niemals solchermaßen verwandte Männer
- in eine Angelegenheit hast geraten lassen!"
- Er wand sich dann von den Armen gewundene Ringe ab,
- aus kaiserlichem Gold gemacht, wie sie ihm der König gab,
- der Herrscher der Hunnen. "Das gebe ich dir nun aus Freundschaft!"
- Hadubrant, Hildebrands Sohn, sagte:
- "Mit dem Speer soll man Geschenke annehmen,
- Spitze gegen Spitze!
- Du dünkst dich, alter Hunne, unmäßig schlau.
- Verlockst mich mit deinen Worten, willst deinen Speer nach mir werfen.
- Du bist ein so alter Mann, wie du ewig Betrug im Sinn hast.
- Das sagten mir Seeleute,
- westlich über dem Ozean, dass ihn ein Kampf hinnahm:
- Tot ist Hildebrand, Heribrands Sohn!"
- Hildebrand, Heribrands Sohn, sagte:
- "Wohl sehe ich an deiner Rüstung,
- daß du daheim einen guten Herrn hast,
- daß du in diesem Reich noch nie vertrieben wurdest.
- Wohlan, nun walte Gott, sagte Hildebrand, Unheil geschieht:
- Ich wanderte 60 Sommer und Winter außer Landes;
- wo man mich immer in das Heer der Kämpfer einordnete.
- Wenn man mir an jedweder Burg den Tod nicht beibringen konnte:
- Nun soll mich das eigene Kind mit dem Schwerte schlagen,
- niederschmettern mit der Klinge, oder aber ich werde ihm zum Töter.
- Du kannst wohl leicht -wenn deine Kraft (dir) ausreicht-
- von einem so alten Mann eine Rüstung gewinnen,
- Beute rauben, wenn Du da irgendein Recht hast.
- Der sei doch nun der feigste, sagte Hildebrand, von den Ostleuten,
- der dir nun den Kampf verweigerte, wo es dich doch so sehr gelüstet,
- nach gemeinsamem Kampf; (nun) versuche wer mag,
- wer von beiden heute das Gewand lassen muß
- und dieser Brünnen beider walten (wird)."
- Dann ließen sie zuerst die Eschenlanzen bersten
- in scharfem Kampf, daß sie in den Schilden steckten.
- Da ritten sie gegeneinander, spalteten farbige Schilde,
- schlugen gefährlich auf weiße Schilde,
- bis ihnen ihre Lindenschilde zu Bruch gingen,
- zerstört von den Waffen...
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